■■^mKt
IJürHl-Commentar zinn Alten Testament
Mari 1 , Dodekapropheton
j.CJiMoJir (P(^i.iil Sijrbeck) in Tiibingfen
Ipresenteb to
^be Xibrari^
ottbe
^niversit^ of Toronto
b^
The Department of Oriental
Languages
for use in the
Oriental Seminar.
KURZER HAND-COMMENTAR
ZUM
ALTEN TESTAMENT
IN VERBINDUNG
MIT
I. BENZINGER, A. BERTHOLET,
K. BUDDE, B. DUHM, E HOLZINGER, G. WILDEBOER
HERAUSGEGEBEN
VON
D. KARL MARTI
OED. PROFESSOR DER THEOLOGIE AN DER UNIYERBITÄT BERN.
ABTEILUNG XIII:
DAS DODEKAPROPHETON.
TUBINGEN
VERLAG VON J. C. B. MOHR (PAUL SIEBECK)
1904.
n
o» ^♦•
L5BRARY
DAS
DODEKAPROPHETON
ERKLÄRT
VON
D. KARL MARTI
ORD. PROFESSOR DER THEOLOGIE IN BERN.
i^^v..-.- ' !°gi'>*"^>y^A^.'.Tj
DAT5
AUG 2 4 ,987
MMaa**— *-at>'*' •' •>'>• ■" ^*
..— . — - ^..n.i-Mr
TUBINGEN
VERLAG VON J. C. B. MOHR (PAUL SIEBEOK)
1904.
Ic .
Das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen
behält sich die Verlagsbuchhandlung vor.
Druck von W. Drugulin in Leipzig.
■
Inhalt V Inhalt
INHALT.
Seite
Sigla XII
Allgemeine Einleitung.
I. Stellung des Zwölfprophetenbuchs im Kanon und Reihenfolge der einzelnen
Prophetenschriften innerhalb der Sammlung XIII
II. Alte Kachrichten über das Vorhandensein der Sammlung und die Ergebnisse
der Exegese über ihren Abschluss XIV
III. Bedeutung des Zwölfprophetenbuchs für die Geschichte der israelitischen
Religion XV
IV. Allgemeine Litteratur XVI
<
Hosea.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Hosea 1
II. Das ursprüngliche Hoseabuch 2
1) Das Leben Hoseas 2
2) Die Zeit Hoseas 3
3) Die prophetische Thätigkeit Hoseas 4
III. Die sekundären Elemente des Hoseabuches 8
1) Vorbemerkung 8
2) Die von Juda handelnden Stellen 8
3) Die Heilsverkündigungen 9
IV. Die Entstehung des Hoseabuches 10
V. Litteratur 11
Erklärung.
Die Überschrift des ganzen Buches ll 13
1. Einleitender erzählender Abschnitt: Die traurigen häuslichen Erlebnisse Hoseas,
ein Abbild der Untreue Israels 1 2 — 2 3 14
a) Die neue Überschrift 1 2^ 16
b) Die Gattin und die Kinder des Propheten 16
c) Ein späterer Anhang: Die Verheissung einer herrlichen Zeit mit neuen
Namen an Stelle der von Hosea gegebenen Unglücksnamen 2 1-3 ... 20
2. Die Strafe Israels für seine Untreue und Ausblicke auf die herrliche Zeit seiner
Wiederbegnadigung 2 4-25 * . . . . 22
a) 2 4-15^ Die Bestrafung Israels für seine Sünde 22
b) 2 15*^-25 Die Anbahnung und Herstellung einer neuen glücklichen und un-
verbrüchlichen Verbindung zwischen Jahwe und Israel 27
3. Eine zweite Heirat des Propheten, um Israels Verhältnis zu Jahwe darzu-
stellen Cap. 3 33
Inhalt VI Inhalt
Seite
4. Das Fehlen der Gotteserkenntnis ist das Unglück der Israeliten 4 1-18 ... 38
a) Die Sittenlosigkeit im Leben der Israeliten 4 1-10 38
b) Die Unsittlichkeit im Kultus der Israeliten 4 11-19 42
5. Die Priester und der Hof bringen Israel ins Verderben 5 1—6 3 46
a) Das Gericht über die Obrigkeit wegen des Kultus, zu dem sie das Volk
verführt 5 1-9 46
b) Die Rechtlosigkeit und innere Auflösung sind soweit vorgeschritten, dass
eine Heilung unmöglich ist 5 10-14 49
c) Ein tröstlicher späterer Anhang, der einen Ausblick auf die glückliche
Zukunft der Wiedervereinigung mit Jahwe thut 5 15—6 3 52
6. Die Unverbesserlichkeit der Israeliten 6 4 — 7 7 55
7. Die Einfalt der Israeliten, die nicht merken, dass es mit ihnen zu Ende gekt,
und dem Verderben noch entgegen rennen 7 8 — 8 3 61
8. Die widerrechtliche Regierung und der verkehrte Gottesdienst von Samarien
8 4-14 65
9. An Stelle des heidnischen Festjubels auf den Höhen tritt für Israel die Trauer
im heidnischen Lande 9 1-9 70
10. Der heidnische Kultus bringt Israel das Verderben 9 10-17 75
11. Die Vernichtung des Kultus mit seinem ganzen Apparate 10 1-8 ...... 78
12. Das Unheil, das Israel säte, wird es ernten 10 9-15 81
13. Israels Undank gegen alle Liebe und Wohlthaten Jahwes zwingt Jahwe zur
Vernichtung seines Volkes 11 1-11 85
14. Israels Charakter ist von Anfang an nur List und Treulosigkeit 12 1-15 . . . 91
15. Israel und Jahwe einst, jetzt und in Zukunft 13 1 — 14 ] 99
16. Ein späterer Anhang: Aufforderung zur bussfertigen Umkehr zu Jahwe und
Verheissung der Vergebung und herrlichen Glückes 14 2-10 104
Joel.
Einleitung.
I. Autor und Inhalt des Buches 109
II. Einheitlichkeit und Entstehungszeit des Buches 111
III. Charakter und Bedeutung des Buches 113
IV. Litteratur 115
Erklärung.
Erster Teil 1 2 — 2 17: Beschreibung der durch eine Heuschreckenplage verursachten
Not und Aufforderung zur Abhaltung eines allgemeinen Buss- und Fasttages . 116
Zweiter Teil 2 18 — 4 21: Die gnädige, Hettung aus der Not, reichen Schadenersatz
und die herrlichste Zukunft verheissende Antwort Jahwes auf das Bussgebet
seines Volkes 131
Arnos.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Arnos 144
n. Der Prophet Amos und seine Bedeutung 145
1) Herkunft und Zeit des Propheten 145
2) Die prophetische Thätigkeit und die religionsgeschichtliche Bedeutung Arnos' 147
III. Die Entstehung des Amosbuches 150
1) Der Grundstock des Buches 150
2) Die sekundären Elemente des Buches 151
3) Der AVerdeprozess und der Abschluss des Buches 152
IV. Litteratur 153
Inhalt VII Inhalt
Seite
Erklärung.
Überschrift und Einführunf^ l 1 2 155
Erster 'I\)il: Die Ankündigung d(;s (üerichts über die Nacht)arn Israels und über
Israel selber 1 3— 2 16 158
A. Gegen die Nachbarn Israels 1 3 — 2 5 158
1) Clegen Damaskus 1 3-5 158
a) Gegen die Philister 1 6-8 160
b) Gegen Tyrus 1 9f IGl
c) Gegen Edom 1 11 f. 162
2) Gegen die Ammoniter 1 13-15 163
3) Gegen Moab 2 1-3 164
d) Gegen Juda 2 4f. 165
B. Gegen Israel 2 6-16 166
1) Die Sünde der Israeliten : gewissenlose Justiz, Bedrückung der Armen, Scham-
und Sittenlosigkeit 2 6-8 166
2) Die Grösse der Schuld: ihre Sünden stehen im geraden Gegensatz zu Jahwes
Thaten und Willen 2 9—12 168
3) Die Strafe: völlige Zerstörung des Reiches, der niemand entrinnen wird
2 13-16 169
Zweiter Teil: Eingehendere Begründung und Darlegung des Gerichts 3 1 — 6 14 . 172
1) Die religiöse Illusion der Israeliten 3 1-3 172
2) Die feste innere Gewissheit des Propheten, von Jahwe zu seinem Sprecher
berufen zu sein 3 4-8 173
3) Aufruf der heidnischen Städte als Zeugen gegen das tolle Treiben und die
Rechtlosigkeit in Samarien 3 9-11 175
4) Die winzigen Überbleibsel beim Gericht 312 176
5) Die Zertrümmerung der israelitischen Heiligtümer und Paläste 3 13-15 . . 177
6) Das Gericht über die üppigen Frauen Samariens 4 1-3 179
7) Das Missfallen Jahwes an dem „Gottesdienst" der Israeliten 4 4-13 .... 180
8) Wehklage über den nahen Untergang Israels 5 1-3 186
9) Nicht Kultus, sondern Religion und Moral führen zum Leben 5 4-6 14 15 . 187
10) Gegen die ungerechte Justiz und Bereicherung der Grossen in Israel
5 7-13 16 17 190
11) Der Tag Jahwes, ein Tag des Unglücks für die Israeliten trotz ihrem eifrigen
Kultus 5 18-27 194
12) Wehe den sorglosen Schlemmern ! Der böse Tag ist nahe 6 1-7 198
13) Decimierung der Bevölkerung durch Krieg und Pest 6 8-10 203
14) Nochmals Ankündigung des Gerichts über die tolle Wirtschaft in Israel, die alle
rechtlichen Ordnungen verkehrt und sich über die Schäden im Staate durch
kleine Erfolge hinwegtäuscht 6 11-14 205
Dritter Teil : Eine Reihe von Visionen unterbrochen durch die Erzählung von dem
Erlebnis Amos' in Bethel und ausgestattet mit einem Anhang über das blei-
bende Glück der einst kommenden Tage 7 1 — 9 15 207
1) Die erste Vision : die Heuschrecken 7 1-3 207
2) Die zweite Vision : das verzehrende Feuer 7 4-6 209
3) Die dritte Vision : das Blei 7 7-9 210
4) Die Erzählung von dem Auftritt in Bethel 7 10-17 211
5) Das vierte Gesicht: der Korb mit reifem Obst 8 1-3 .....*.... 214
6) Ein Konglomerat von Stücken verschiedener Herkunft 8 4-14 ..... 215
7) Das letzte Gesicht : Jahwe zerstört selbst sein Heiligtum und vernichtet die
Israeliten, seine Verehrer 9 1-7 220
8) Ein fremder Anhang: Ein Ausblick in die messianische Zeit 9 8-15 . . . 224
Inhalt VIII Inhalt
Seite
Obadja.
Einleitung.
I. Die Zusammensetzung des Buches 228
II. Die Zeit der Entstehung des altern Teiles 229
III. Die Zeit der Entstehung des Anhangs 230
IV. Die Entstehung des Ganzen 230
V. Litteratur 231
Erklärung.
I. Der ältere Teil der Prophetie v. i '*ß--14 15*^ 231
a) Der Untergang Edoms V. l'^P -9 231
b) Die Schuld Edoms, die ihm den Untergang brachte v. 10-14 15*^ .... 235
II. Der spätere Anhang: Der Trost, den die Zukunft den Judäern bringen wird
V. 15^ 16-21 237
Jona.
Einleitung.
I. Inhalt und Zusammensetzung des Buches 241
II. Charakter und Materie der Erzählung 244
III. Entstehungszeit und Bedeutung des Buches 247
IV. Litteratur 248
Erklärung.
I. Jonas Ungehorsam gegen den göttlichen Befehl, seine Flucht und Zurückbringung
Cap. 1 und 2 248
II. Jonas Sendung nach Ninive und sein Unwille über die Verschonung der Stadt
Cap. 3 und 4 254
Micha.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Micha 258
II. Der Prophet Micha und seine Bedeutung 259
1) Herkunft und Zeit des Propheten 259
2) Die prophetische Thätigkeit und die Bedeutung Michas 261
III. Die Entstehung des Michabuches 262
1) Der Grundstock des Buches 262
2) Die sekundären Elemente des Buches 262
3) Der Werdeprozess und der Abschluss des Buches 262
IV. Litteratur 264
Erklärung.
Die Überschrift 265
Erster Teil: Das kommende Gericht 1 2— 3 12 265
1. Jahwes Erscheinen zum Weltgericht 1 2-4 ... 265
2. Das Gericht über Samarien und Jerusalem 1 5-16 . . 266
3. Die Habgier der Grossen und die Strafe für dieselbe 2 1-5 272
4. Die Scheinheiligkeit der Grossen, die im eigenen Lande wie Feinde schalten
2 6-11 274
5. Die Gottlosigkeit der Richter und Führer des Volks 3 1-4 277
6. Die Selbstsucht der falschen Propheten 3 5-8 278
Inhalt JX ^"^^^^
Seite
7. Die Strafe für die Gottlosigkeit und Verblendung der Führer des Volks ist
der Untergang .lerusalems B 9-12 ^'^
Zweiter Teil: Das Heil der messianischen Zeit Cap. 4f 280
1. Die universale Bedeutung Zions am Ende der Tage 4 1-5 281
2. Die Sammlung der Zerstreuten und die \Vied(^raufrichtung der früheren Herr-
schaft auf Zioii 4 6-8 283
3. Das Exil ist der Weg zur Jlettung Zions 4 9 10 284
4. Die Versammlung und Vernichtung der Völker vor Jerusalem 4 11-13 . . . 285
5. Aufforderung an Zion, über die bevorstehende Eroberung Jerusalems zu trauern
4 14 • : • • -^"^
6 Die Weissagung von dem künftigen messianischen Herrscher aus Davids Stamm
5 1-5 ;•..•• ^'^^
7. Der von Jahwe wunderbar gesegnete Eest Jakobs, der Sieger über die Völker
56-8 289
8. Die Vernichtung des Kriegsmaterials und des heidnischen Kultusapparates im
Endgericht 5 9-14 290
Dritter Teil: Das Ausbleiben des Heils wegen der Verderbtheit Israels und das Ge-
bet der Gemeinde um Gottes Gnade Cap. 6f 291
1. Die Forderungen, die Jahwe an seine Bekenner stellt, 6 1-8 291
2. Jerusalems Ungerechtigkeit und Bestrafung 6 9-16 294
3. Zions Klage über die Verderbtheit ihrer Kinder 7 1-6 296
4. Das der Erhörung gewisse Gebet der Gemeinde um Gottes Gnade 7 7-20 . . 298
a) Der Psalm 7 7-13 IS'^ 19^: Die Erhöhung Zions über die Heidenwelt . . 298
b) Der Psalm 7 14-18^ 19^ 20: Ein Gebet Israels um Gottes Gnade .... 300
Nahum.
Einleitung.
I. Die Zusammensetzung des Buches ^^^
II. Die Prophetie jSTahums über den Untergang Ninives und ihre Bedeutung . . 304
III. Die sekundären Elemente im Buche Nahum und die Entstehung des ganzen
Buches 306
IV. Litteratur • 307
Erklärung.
Die Überschrift 1 1 307
I. Die Eache Jahwes an seinen Feinden, das Bruchstück eines alphabetischen Psalms
12-10 308
II. Die Verkündigung des Heils, das für Zion anbricht 11213213 314
III. Das Orakel von Nineves Untergang 1 11 14 2 2 4—3 19 315
a) Das Thema des Orakels : Jahwe hat über Nineve den Untergang verhängt,
weil es Böses gegen Jerusalem im Schilde führte 11114 31o
b) Eroberung und Plünderung Nineves 2 2 4-14 316
c) Nineve fällt zur Strafe für seine Sünden 3 1-7 , , . , 319
d) Nineve ist kein besseres Los beschieden als No-Amon in Ägypten 3 8-11 . 321
e) Kein Mittel giebt es, Nineves Fall zu verhindern 3 12-19 322
Habakkuk.
Einleitung.
- I. Die Zusammensetzung des Buches 326
II. Entstehung der einzelnen Bestandteile 326
III. Die Entstehung des ganzen Buches 327
IV. Litteratur 331
Inhalt X Inhalt
Seite
Erklärung.
Erster Teil: Die Ankündigung der Chaldäer und ihres Untergangs Cap. 1 und 2 . 331
1. Den Ausgleich der dem Frommen unverständlichen gegenwärtigen Zustände
bringt die Zukunft 1 2-4 12^ 13 2 1-4 333
2. Die Ankündigung des Erscheinens der Chaldäer auf dem Schauplatz der Ge-
schichte 1 5-10 (11 12'0 14-16 (17) 337
3. Eine Reihe von Weherufen gegen die Gottlosen 2 5-20 342
Zweiter Teil: Das Erscheinen Jahwes zum Weltgericht Cap. 3 348
Zephanja.
Einleitung.
I. Inhalt und Zusammensetzung des Buches 357
II. Die Entstehung und der Autor der Gerichtsdrohung Cap. If. 358
III. Die Entstehung der Heilsverkündigung Cap. 3 und des ganzen Buches . . 360
IV. Litteratur ". 360
Erklärung.
Überschrift ll 361
A. Die Gerichtsdrohung 1 2 — 2 15 361
1. Der Tag Jahwes, der Juda bevorsteht 12-18 361
2. Das Gericht, das über alle Völker ergeht, Cap. 2 366
B. Die Heilsverheissung Cap. 3 372
a) 3 1-7 : Jerusalems Verdorbenheit 372
b) 3 8-13: Die Rettung Jerusalems am Tage des Völkergerichts 374
c) 3 14-20: Die Herrlichkeit des geretteten Jerusalems 376
Haggai.
Einleitung.
I. Das Buch, sein Inhalt und seine Entstehung 378
IL Der Prophet, seine Zeit und seine Bedeutung 379
III. Litteratur 381
Erklärung.
1. Die erste Prophetie Haggais: die Aufforderung zum Bau des Tempels, und ihre
Folgen Cap. 1 381
2. Die zweite Prophetie : Die Herrlichkeit des neuen Tempels 2 1-9 385
3. Die dritte Prophetie: Der mit dem Tempelbau beginnende Segen 2 10-19 . , . 386
4. Die vierte Prophetie: Untergang der heidnischen Reiche und Serubbabels Er-
höhung 2 20-23 390
Sacharja.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Sacharja 391
IL Das Buch und die Bedeutung Sacharjas, des Zeitgenossen Serubbabels . . . 393
1. Das Buch Sach 1 — 8 und seine Entstehung . . 393
2. Der Prophet Sacharja und seine Bedeutung 394
III. Das Buch und die Bedeutung Deuterosacharjas 396
1. Entstehung und Einheit von Sach 9 — 14 396
2. Die Bedeutung Dtsach's 397
IV. Litteratur 398
Inhalt XI Inhalt
Erklärung. ^^^^^
A. Der erste Teil des Buches Cap. 1—8 399
1. Die Einleitung: Aufforderung zur Umk(;hr zu Jahwe, dessen Worte unver-
gänglich sind, 1 1-6 399
2. Ein Cyclus von acht Visionen, ahgeschlosscn durch eine sinnbildliche Hand-
lung 1 7—6 15 400
Die erste Vision: Jahwes Liebeseit'er für Zion 1 8-17 401
Die zweite und die dritte Vision: Die V(;rnichtung der heidnischen Mächte
und die Herrlichkeit Jerusalems 2 1-17 401
Die vierte und die fünfte Vision: Die Vorbereitung des Heiles in Juda
durch Gottes Gnade und Fürsorge 3 1 — 4 14 408
Die sechste und die siebente Vision: Die Heinigung des Landes von Sündern
und Sünde 51-11 416
Die achte Vision: Die Ausfahrt der "Wagen zur Ausrichtung des Zorn-
gerichts Jahwes an den Heiden 6 1-8 418
Die Herstellung einer Krone für Serubbabel 6 9-15 420
3. Jahwes Forderungen und Verheissungen dargelegt im Anschluss an eine An-
frage über die Fasttaore 7 1—8 23 421
B. Der zweite Teil des Buches Cap. 9 — 14 426
I. Sturz der Weltmacht und Aufrichtung des Reiches Gottes 9 1 — 11 3 . , . . 426
1. Die Herstellung des messianischen Reichs mit dem Friedenskönig in Zion
9 1-10 426
2. Die Heimkehr der Diaspora in die herrlich gesegnete Heimat nach der Be-
< siegung der griechischen Weltmacht 9 11-17 430
3. Von Jahwe, nicht von Teraphim und Wahrsagern kommt der Segen 10 1 2 . 433
4. Der Sturz der gottlosen Fremdherrschaft 10 3 — 11 3 434
II. Darstellung des Treibens der Regenten und Bedrohung des ruchlosen Hirten
114-17 13 7-9 437
III. Jerusalems Rettung und herrliche Zukunft 121—13 6 141-21 443
1. Jerusalems Rettung vor dem Ansturm der Heiden, seine reuevolle Erkenntnis
einer schweren Schuld und seine Befreiung von aller Sünde und Unreinheit
121—13 6 443
2. Jerusalems Rettung aus den Händen der Heiden und seine Erhebung zum
heiligen Zentrum der Welt 14 1-21 450
Maleachi.
Einleitung.
I. Das Buch, sein Inhalt und seine Entstehung 456
II. Der Prophet, seine Zeit und seine Bedeutung 457
III. Litteratur 460
Erklärung.
1. Jahwes Liebe zu Jakob 1 2-5 460
2. Die Unehrerbietigkeit der Priester gegen Jahwe 1 6 — 2 9 462
3. Gegen Treulosigkeit und Ehescheidung und gegen die Mischehen 2 10-16 . 468
4. Die Nähe von Gottes Kommen zum Gericht 2 17 — 3 5 472
5. Gegen den Betrug Jahwes in Unterschlagung oder mangelhafter Ablieferung
des Zehnten 3 6-12 474
6. Der Unterschied der Gottlosen und der Gottesfürchtigen im kommenden Ge-
richt 3 13-21 . 476
Ein Anhang: Die Sendung Elias 3 22-24 478
Alphabetisches Register 480
Sigla
XU
Sigla
VERZEICHNIS DER SIGLA.
Act =
-' Acta, Apostelge-
Jak — Jakob
usbrief.
Na — Nahum.
schichte.
Jdc Judices.
Neh — Nehemia.
Am =
: Arnos.
Jdt — Judith.
IS'um — Numeri.
Apk -
: Apokalypse.
Jer — Jeremia.
Ob — Obadja.
Bar =
: Baruch.
Jes — Jesaja.
Phl — Philipperbrief.
Chr —
Chronik.
Jo — Joel.
Phm — Philemonbrief.
Cnt =
: Canticum.
Joh — Johannes.
Prv — Proverbia.
Dan =
-- Daniel.
Jon = Jona.
Ps — Psalmen.
Dtn —
Deuteronomium.
Jos — Josua.
Pt = Petrusbriefe.
Eph —
Epheserbrief.
JSir = Jesus Sirach.
Keg = Beges.
Esr —
Esra.
Jud — Judasbrief.
Bm — Bömerbrief.
Est —
Esther.
Koh — Kohelet.
Et = Ruth. .
Ex —
Exodus.
Kol = Kolosserbrief.
Sach — Sacharja.
Gal —
Gal at erbrief.
Kor — Korintherbriefe.
Sam = Samuel.
Gen —
Genesis.
Lev — Leviticus.
Sap = SapientiaSalomonis.
Hab —
Habakuk.
Lk — Lukas.
Th — Thessalonicherbriefe.
Hag -
Haggai.
Mak — Makkabäer.
Thr -— Threni.
Hbr —
Hebräerbrief.
Mal — Maleachi.
Tim — Timotheusbriefe.
Hes —
Hesekiel.
Mch — Micha.
Tit — Titusbrief.
Hi —
Hiob.
Mk — Markus.
Tob —Tobias.
Hos —
Hosea.
Mt =- Matthäus.
Zph == Zephanja.
BL
== Schenkel's Bibel-Lexikon.
ZSchw
— Meili's Theol. Zeitschrift aus
HbA
— Riehm's Handwörterbuch des
der Schweiz.
bibl. Altertums.
ZhTh =
= Zeitschr. für historische Theo-
JdTh
— Jahrb. f. deutsche Theologie.
logie.
JpTh
= Jahrbücher f. pro test.Theologie.
ZlTh =
= Zeitschr. für lutherische Theo-
KBW
— Guthe's Kurzes Bibelwörter-
logie und Kirche.
buch.
ZPK =
= Zeitschr. für Prot. u. Kirche.
MNDPy — Mittheil. u. Nachr. des Deutsch.
ZTh =
= Tübinger Zeitschr. f. Theologie.
Palästina-Vereins.
ZThK =
= Zeitschr. für Theol. u. Kirche.
RE
— Herzog's Real-Encyklop.
ZWL =
= Luthardt's Zeitschr. für kirchl.
SBOT
— Haupt's Sacred Books of the
Wissenschaft u. kirchl. Leben.
Old Testament.
ZwTh =
= Hilgenfeld's Zeitschrift f. wissen-
StK
— Theol. Studien u. Kritiken.
schaftl. Theologie.
stw
— Theol. Studien aus Württem-
ZATW =
= Stade's Zeitschr. f. alttestamentl.
berg.
Wissenschaft.
ThJ
— Tübinger Theol. Jahrb.
ZDMG =
= Zeitschr. der Deutsch. Morgenl.
ThLZ
— Theol. Litteraturzeitung.
Gesellschaft.
ThT
— Theol. Tijdschrift.
ZDPV =
= Zeitschr. des Deutsch. Palästina-
Vereins.
1
Allgemeine Einleitung I XUI Allgemeine Einleitung I
Allgemeine Einleitung.
I. Stellung des Zwölfprophetenbuchs im Kanon und Reihenfolge der ein-
zelnen Prophetenschriften innerhalb der Sammlung. Dass die Sanamlung der
Prophetenschriften, welche im Zwölfprophetenbuch vereinigt sind, schon in relativ
alter Zeit als eine zusammengehörige Einheit betrachtet wurde , lässt sich aus ver-
schiedenen Anzeichen erschliessen. Neben anderem, das unter II Erwähnung finden
soll, ^spricht dafür das stete Zusammenbleiben der „Zwölfe", trotzdem weder ihre
Stellung im Kanon des AT's noch ihre Reihenfolge im Innern der Sammlung selbst
eine feste war. Jetzt steht das Buch im hebr. AT unter den sog. prophetae poste-
riores hinter Hesekiel, aber der Talmud (Barajtha Baba Bathra fol. 14'^ j weiss von
einer Anordnung, die das Dodekapropheton wohl an vierter Stelle liess, aber ihm
Jesaja unmittelbar voraufschickte , und in der griechischen Übersetzung der LXX
findet es sich an der Spitze der Prophetenschriften vor Jesaja, Jeremia und Hesekiel.
Welche Grründe diese Verschiebungen herbeiführten, ist nicht bekannt; höchstens
lässt sich vermuten , dass ein chronologisches Interesse bei der Voranstellung des
Zwölfprophetenbuches in der alexandrinischen Sammlung mitwirkte, weil man sich
sagen mochte, Hosea und Amos reichen ihrer Zeit nach über Jesaja zurück. Auch
das Schwanken der Peihenfolge im Innern des Dodekaprophetons hat die „Zwölfe"
nicht auseinander gerissen und verzettelt. In LXX sind nämlich die sechs ersten
folgendermassen geordnet: Hosea, Amos, Micha, Joel, Obadja, Jona, während die
sechs letzten keine Abweichung von dem hebr. AT aufweisen. Das Prinzip der An-
ordnung wird bei beiden das historische gewesen sein, obschon noch andre Momente
mitgewirkt haben müssen. Historische Gründe sind es doch wohl gewesen, dass Hosea,
Amos und Micha, die Propheten des 8. Jahrhunderts, in der ersten Hälfte, Haggai,
Sacharja und Maleachi, die nachexilischen Propheten, am Ende und die auch chrono-
logisch zwischen diese beiden Gruppen gehörigen Nahum, Habakkuk und Zephanja
in der Mitte der Reihe erscheinen. Hat die Anordnung nur bei den drei letzten genau
die wirkliche historische Beihenfolge getroffen, so mag die Ursache-für die Beihe:
Nahum, Habakkuk, Zephanja statt: Zephanja, Nahum, Habakkuk in ungenauer
Kenntnis oder eigenartiger Auffassung liegen. Dagegen haben für die Disposition
der sechs ersten im hebr. AT neben dem historischen Prinzip offenbar die Bücksicht
auf den Umfang und das Bestreben, israelitische und jüdische Propheten abwechseln
Allgemeine Einleitung I XIV Allgemeine Einleitung II
zu lassen, mit gewirkt, so dass der umfangreichere Hosea, und nicht der ältere Amos,
an die Spitze gestellt wurde und die Judäer Joel, Obadja, Micha jeweilen neben die
Israeliten Hosea, Amos (der, obwohl Judäer, wenigstens ausschliesslich in Israel
wirkte), Jona traten. Ob Hos 1 2^ als Ursaclie zur Voranstellung Hoseas mitgewirkt
hat oder am Ende erst eine Folge derselben ist, muss unentschieden bleiben, da die
Angabe auch eine näher liegende Beziehung haben kann (s. zu Hos 1 2'). In der
Griechischen Sammlung der LXX sind diese sechs der ältesten Periode zugerechneten
Propheten mit Konsequenz nach dem Umfang geordnet worden, nur dass man die
erzählende Schrift Jona an das Ende setzte. Vgl. CORNILL, Einleitung § 39.
IL Alte Nachrichten über das Vorhandensein der Sammlung und die Ergeb-
nisse der Exegese über ihren Abschluss. Der erste, der für das Vorhanden-
sein des Zwölfprophetenbuches Zeugnis ablegt, ist Jesus Sirach, der 49 10, nachdem
er in seinem „Preis der Väter der Vorzeit" Jesaja, Jeremia, Hesekiel, (Hiob) ge-
nannt hat, auch die zwölf Propheten, D^^^*'D5^ I^JJ D"^^^, erwähnt. Die Echtheit der
Stelle ist mit Unrecht von BÖHME (Z ATW 1887, 280) bezweifelt worden, s. NÖLDEKE
(ZATW 1888, 156) und den seither aufgefundenen hebr. Grundtext. Also existierte
zu Anfang des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts, um 200 v. Chr., eine Sammlung
prophetischer Schriften, die man „die zwölf Propheten" nannte. Dieser Titel ist lange
der übliche geblieben : aramäisch sagte man *1^J^ *'']n, das später zu "ID***]]? zusammen-
gezogen wurde; griechisch oi öwöexa Tipocp^Tat oderxo owoexaTrpocpYjTOV. Erst die Lateiner
reden von den Prophetae minores, „Kleinen Propheten", quia sermones eorum sunt
breves in eorum comparatione , qui majores ideo vocantur, quia prolixa volumina
condiderunt (AUGUSTINUS De civ. Dei 18 29). Auf eine noch frühere Zeit würde der
von Jesus Sirach bereits gekannte Anhang des Buches Mal 3 22-24 führen (vgl. JSir
48 lO), wenn diese Verse nicht nur als Auslegung zu Mal 3 1, sondern zugleich als
Schluss des Zwölfprophetenbuchs gedacht sind. Letzteres ist nicht unmöglich ; denn
die Verweisung auf das mosaische Gesetz und die Ankündigung des wiederkommen-
den Elias als des einzigen Propheten, der noch dem jüngsten Tag vorausgehen werde,
scheinen vorauszusetzen, dass die Peihe der geschichtlichen Propheten ihr Ende er-
reicht habe und Maleachi ihr letzter gewesen sei. Wie lang oder kurz vor 200 v. Chr.
aber dieser Zusatz entstanden ist, lässt sich nicht feststellen. Übrigens hängt auch
nicht viel daran , ob wir noch ein paar Jahrzehnte weiter ins dritte Jahrhundert zu-
rück das Vorhandensein einer Sammlung der zwölf Propheten nachweisen können
oder nicht. Es genügt zu konstatieren , dass um 200 v. Chr. ein Zwölfprophetenbuch
existierte. Dass dieses Buch auch später als eines gefasst wurde , ersieht man aus
den dem 1. christl. Jahrh. entstammenden Angaben der Gesammtsumme der kanonischen
Bücher auf 24 in Apk Esr 14 44, resp. auf 22 bei JoSEPHUS contra Ap. 1 8, welche
Zahlen die Einzelzählung der Zwölfe durchaus ausschliessen.
Mit diesem Zeugnis Jesus Sirachs ist aber keineswegs bewiesen, dass das Zwölf-
prophetenbuch bereits um 200 v. Chr. in der gegenwärtigen Gestalt und im gegen-
wärtigen Umfang vorlag. Der Text der einzelnen Bücher und die Grenzen ihres TJm-
fangs waren noch lange nicht festbestimmt. Man muss überhaupt den Gedanken fern-
halten , als ob damals schon irgend welche Autorität den Wortlaut für heilig erklärt
und über die genaue unveränderte Überlieferung gewacht hätte. Im Gegenteil war
man damals vielmehr bemüht, die Proplietien der vergangenen Jahrhunderte so heraus-
Allgemeine Einleitung II XV Allgemeine Einleitung III
zugeben, dass sie der Gegenwart dienten, und vor liereicherung durch neues Material
schreckte man keineswegs zurück. Was um 200 v. Chr. feststand, war die Zwölfzahl
der vereinigten Prophetenschriften, die den Grundstock der Sammlung bildeten. Aber
ausser diesem Grundstock, der zu einer relativen Festigkeit gelangt war, war alles
andre noch mehr oder weniger im Fluss und an die Känder seiner zwölf Abteilungen
konnten sich immer noch kleinere und grössere neue Elemente ansetzen. Den direkten
Beweis, dass sich diese Möglichkeit verwirklichte, liefert der Befund der Exegese.
Macht diese für viele Teile des Textes es höchstwahrscheinlich, dass sie erst aus dem
zweiten Jahrli. v. Chr., also einer späteren Periode als Jesus Sirach, herstammen, so
zeigt sie mit Sicherheit einzelne Stücke auf, die nur als Erzeugnisse des 2. Jahrh.
verstanden werden können. Es sei hier nur einerseits auf Sach 9 — 14 verwiesen, eine
Prophetenschrift, deren Entstehung nach allen Anzeichen in das Jahr 160 v, Chr.
fallen muss (s. Exegese und Sach Einl. 111), und andrerseits sei an Meli 5 4 f. er-
innert, an Verse, die mit ihrer Zählung von acht Makkabäern bereits Johannes Hyr-
kanus (135 — 104 v. Chr.) kennen, also um 135 v. Chr. entstanden sein müssen (vgl. zu
Mch 5 4f.). Dass die Anonymität die Einreihung der Prophetenschrift Sach 9—14 in
das Zwölfprophetenbuch erleichterte, sei ausdrücklich hervorgehoben, und dass man
sie gerade Sach 1 — 8 beigesellte, mag darin den Grund haben, dass beide von einzelnen
Führern und Leitern des Volkes handeln. Sach 1 — 8 von Josua und Serubbabel, Sach
9 — 14: von den bösen und dem guten Hirten, also Sach 9 — 14 als ein passendes Seiten-
stück , ja als eine gute Fortsetzung zu Sach 1 — 8 erscheinen konnte. Wie im Buche
Jesaja haben somit nach den Ergebnissen der Exegese auch im Dodekapropheton
Stücke noch Aufnahme gefunden, deren sicheres Datum bis nahe zum Ende des zweiten
Jahrhunderts hinabführt. Als frühestes Datum für das Vorhandensein unseres jetzigen
Zwölfprophetenbuchs kann darum die Wende des 2. und des 1. Jahrh. v. Chr. an-
genommen werden. Aber es ist dieser Zeitpunkt nur als rundes Datum zu fassen,
so dass auch noch später kleinere Änderungen und Einfügungen nicht ausgeschlossen
sind (s. z. B. zu Sach 12 7 f.).
III. Bedeutung des Zwölfprophetenbuchs für die Geschichte der israelitischen
Religion« Wie das Buch Jesaja ist das Zwölfprophetenbuch eine Bibliothek
prophetischer Schriften, die durch die verschiedenartigen Beigaben und Einschie-
bungen, welche zur Betonung und Hervorhebung der besondren Theologumena der
späteren Zeit, namentlich des zweiten Jahrhunderts, und zum richtigen Verständnis
der alten Bestandteile dienen, zu einem umfassenden prophetischen Beligionsbuch ge-
worden ist. Die Bedeutung dieser Sammlung ergiebt sich schon daraus, dass uns hier
wertvolle prophetische Dokumente aus sieben Jahrhunderten aufbewahrt sind, die,
weil sie meist sicher datierbar sind, unsere Kenntnis von der Geschichte des isra-
elitischen Prophetentums aufs mächtigste fördern und vertiefen, die uns mit den
verschiedenartigen Charakteren und grossen Persönlichkeiten unter den israelitischen
Propheten vertraut machen und uns einen'lEinblick in die bei Männern gleichen Standes
mögliche Mannigfaltigkeit gewähren. Vor allem verdanken wir dieser Sammlung
die Kunde von den beiden ältesten Propheten: Arnos (c. 750) und Hosea (c. 740),
sowie dann wieder von den zwei letzten (um nur die sicher datierbaren zu erwähnen),
Maleachi (c. 460) und Deuterosacharja (c. 160) , die beide in ihrer Eigenart hoch be-
deutsam sind. Aber keinen von allen möchte man missen, jeder wäre ein schmerz-
Allgemeine Einleitung III XVI Allgemeine Einleitung IV
lieber Verlust für die Geschichte des Prophetentums, ja für die Religion selbst. Jedes
Jahrhundert vom 8. bis zum 2. wird durch einen oder mehrere Vertreter belebt: das
8. ausser durch die bereits genannten Arnos und Hosea durch Micha, den jungem
Zeitgenossen Jesajas (c. 705), das 7. durch Zephanja (627/6), Nahum (c. 610) und Ha-
bakkuk (605), das 6. durch die beiden Zeitgenossen Haggai und Sacharja (c. 520), das
5. durch Obadja und Maleachi (1. Hälfte des 5. Jahrb.), das 4. durch Joel, das 3. durch
Jona und das 2. durch Deuterosacharja (c. 160). Dabei ist zu beachten, dass für die
letzten Jahrhunderte die mannigfachen sekundären Beigaben besonders in Betracht
fallen und eine reiche Illustration für sie bilden. Das Zwölfprophetenbuch übertrijßft
an Mannigfaltigkeit alle andern Prophetenschriften des AT's und darf ihnen auch in
Bezug auf Tiefe und Gehalt unbedingt gleichgesetzt werden.
IV. Allgemeine Litteratur. Commentare: F. Hitzig Die zwölf kleinen
Propheten 1838, 4. Auflage von H. Steiner 1881; H. EwALD Die Propheten des
Alten Bundes 2 I 1867, II und III 1868; C. F. Keil Bibl. Comm. über die zwölf
kleinen Propheten 1866, ^1888; C. VON ÜRELLI Das Buch Ezechiel und die zwölf
kleinen Propheten 1888, 2 1896; EdüARD Beuss Das Alte Testament, II. Band: Die
Propheten 1892; J. Wellhausen Skizzen und Vorarbeiten, fünftes Heft: Die kleinen
Propheten 1892, 3 1898; AV. NOWACK Die kleinen Propheten 1897, 21904 (diese neue
Auflage konnte erst von Hab an berücksichtigt werden); G. A. Smith The Book
of the Twelve Prophets I. Band ^1900, II. Band 4 1900. Übersetzungen
undMonographien zuText, Auslegung undTheologie: FeiedeiCH BÜCKERT
Hebräische Propheten 1831; Feed. Hitzig Die prophetischen Bücher des AT's 1854;
K. A. Völlers Das Dodekapropheton der Alexandriner 1880 und ZATW 1883,
219—272, 1884, 1 — 20; J. Z. SchüUEMANS-StekhOYEN De Alexandrijnsche Vertaling
van het Dodekapropheton 1887; P. VOLZ Die vorexilische Jahweprophetie 1897; H.
OoET Textus hebraici emendationes 1900, 136—150; Kael J. Geimm Euphemistic
Liturgical Appendixes in The Old Testament, Baltimore, 1901; Ed. SiEVEES Studien
zur hebr. Metrik, II: Textproben 1901 ; T. K. Cheyne Critica Biblica, Part II (1903),
119—198.
Hos Einleitung I 1 Hos Einleitung I
HOSEA.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Hosea.
Das Buch Hosea, das auch in der LXX an der Spitze des Zwölfprophetenbuches
steht (s. die allgemeine Einleitung zu dem Zwölfprophetenbuch), enthält in Cap. 1
und 3 erzählende Stücke, während die übrigen Capitel aus Reden bestehen. Man
unterscheidet daher gewöhnlich im Buche Hosea die beiden Teile: Cap. 1 — 3 und
Cap. 4 — 14, und hält dafür, dass sie auch aus verschiedenen Perioden der prophetischen
Thätigkeit Hoseas herstammen.
Diese Zweiteilung empfiehlt sich aber nicht. Erstens lässt sich nämlich die
Annahme nicht halten, dass Cap. 1 — 3 in einer früheren Periode als Cap. 4 — 14 aufge-
zeichnet seien (vgl. Vorbemerkung zu 1 2 — 2 3). Zweitens gehört das eigentümliche
Cap. 3 nicht zum ursprünglichen Bestände des Buches und ist daher nicht dazu ge-
eignet, einen Einschnitt in demselben zu markieren (vgl. Vorbemerkung zu Cap. 3).
Drittens endlich kann Cap. 2 seiner Form und seinem Inhalt nach nicht von den
Capp. 4 — 14 getrennt werden, mit denen es viel mehr gemein hat, als mit Cap. 1 und 3.
Es ist daher von einer Zerteilung des Buches abzusehen und das Buch als ein Ganzes
zu betrachten : Cap. 1 giebt einen erzählenden Vorbericht über die häuslichen Er-
lebnisse des Propheten und die folgenden Capitel eine Übersicht und Zusammen-
stellung der Beden Hoseas. Ein Ganzes nennen wir das Buch, aber nicht in dem
Sinne, als ob ein genauer und bestimmter Gedankenfortschritt die Reihenfolge der
einzelnen Stücke veranlasst hätte, wenn schon der ersten Bede, 2 4-15^, eine grund-
legende Bedeutung zukommt und der letzte Abschnitt, 131 — 141, einen guten zu-
sammenfassenden Abschluss bildet.
Ist somit die übliche Zweiteilung abzulehnen, so sind dagegen deutlich von der
als Ganzes sich darstellenden Grundschicht eine Anzahl Abschnitte abzulösen, die
nur als spätere Zusätze des Buches verstanden werden können. Auch die Sammlung
der Beden Hoseas ist nämlich nicht intakt und unvermehrt geblieben, sondern es sind
an dieselbe da und dort fremde Elemente geringeren und grösseren Umfangs angefügt
worden, und viel wichtiger als die Zerteilung des Buches ist die genaue Ausscheidung
Kurzer HC zum AT XIII 1
Hos Einleitung I 2 Hos Einleitung II 1
der ursprünglichen und der sekundären Elemente. Zur vorläufigen Orientierung seien
hier bloss die grösseren sekundären Elemente aufgeführt: 21-3 15^-25 3 1-5 5 15 — 6 3
11 lof. 14 2-10, und zugleich sei erwähnt, dass diese nicht alle von derselben Hand
herrühren. Über den Charakter und die Klassifizierung dieser Zusätze s. Ein-
leitung III, und für das Einzelne und die Ausscheidung auch der kleinsten fremden
Bestandteile vgl. die Erklärung.
II. Das ursprüngliche Hoseabuch.
1) Das Leben Iloseas. Über den Propheten Hosea sind wir lediglich durch
das Buch Hosea unterrichtet, da in keinem andern Buche des AT von ihm die Bede
ist. Den Namen HöSea (JJ^IH, LXX: 'Öar^l) hat er mit mehreren anderen alttesta-
mentlichen Männern gemein, unter denen die bekanntesten sind: Hosea bin Nun, der
Diener und Nachfolger Moses, = Josua, vgl. Num 13 16 (in LXX hier Aocrj) Dtn 32 44,
und Hosea ben Ela, der letzte König des nördlichen Beiches vgl. II Beg 15 30. Von
ihnen ist er dadurch unterschieden, dass er nach seinem Vater ^"1S2 (vgl. diesen
Namen auch Gen 26 34) als •''IJf?^"]^, Sohn Be'eri^s, näher bestimmt wird. Hosea
war Bürger des Nordreichs, das geht mit vollständiger Sicherheit aus dem Inhalt
seines Buches hervor. Er ist aufs beste unterrichtet über die politischen Zustände
und Verhältnisse dieses Beiches, er kennt das Thun und Lassen der Grossen und die
Intriguen der Parteien, die sich befehden und im Bündnisse mit Ägypten oder mit
Assur sich einen kräftigen Bückhalt zu verschaffen suchen. Auch greift er in seinen
Schilderungen niemals über die Grenzen des Nordreichs hinaus; so manche Ortlich-
keiten in seinen Worten genannt werden, niemals erscheint eine solche, die in Juda
gelegen ist. Endlich heisst bei ihm Nordisrael einfach das Land (vgl. 1 2) und
der König von Nordisrael unser König (vgl. 7 5). Gegen diese Gründe könnten
die Stellen, in denen Juda erwähnt wird, nicht aufkommen, selbst w^enn sie
dem ursprünglichen Hoseabuche angehörten. Dass dies aber nicht der Fall ist,
ergiebt sich aus der sonderbaren Art aller dieser Anspielungen auf Juda, s. die
Einleitung III, 2 und die Erklärung zu den dort aufgezählten Stellen; darum
ist auch die Annahme von Umbeeit und EwALD ohne Grund, dass Hosea sein Buch
in Juda niedergeschrieben habe, wohin er sich infolge der Feindschaft seiner Mit-
bürger habe flüchten müssen. Über die Stellung, die Hosea im bürgerlichen
Leben eingenommen hat, lässt sich nichts Sicheres sagen. Doch ist es wahrscheinlich,
wie DuHM (Theolog. der Propheten 130 f.) vermutet, dass Hosea den vornehmeren
Ständen angehört habe; dafür spricht seine Vertrautheit mit den Intriguen der Macht-
haber und dem Treiben der Priester, sowie seine Kenntnis der alten Geschichte.
Dass er dagegen speziell dem Priesterstande angehört habe, wie DuHM weiter an-
nehmen möchte, lässt sich nicht sicher erschliessen ; aber es ist zuzugeben, dass sich
gerade die Polemik gegen die Priester und deren unwürdige und gottvergessene Art
bei dieser Annahme aufs beste erklärte. Jedenfalls spricht es nicht gegen seine Zu-
gehörigkeit zum Priesterstande, dass er, wie man an seinen originell und fein ange-
v/andten Bildern sieht, das Leben der Natur wohl kannte und einen Einblick in die
alltäglichen Verhältnisse und Arbeiten des Landmanns und der Kleinbürger besass.
Über seine privaten Erlebnisse wissen wir nur, dass er mit Gomer bat Diblaim
verheiratet war, einer Frau, die sich in der Ehe als treulose Gattin erwies, und dass
Hos Einleitung II 1 3 Hos Einleitung II 2
er den drei Kindern, die von ihr geLoreu wurden, symbolische Namen gab: der erste
Sohn hiess Jizre'd, die Tochter Lo-Ruchama und der zweite Sohn Lo-Ammi (vgl.
Cap. 1). Gewöhnlich erzählt mau nun weiter, die ungetreue Gattin habe schliesslich
Hosea verlassen oder sei von ihm Verstössen und im Besitz eines fremden Mannes in
grosses Elend versunken, aber in seiner erbarmenden Liebe habe Hosea sie wieder
losgekauft, in sein Haus zurückgebracht und dort durch strenge Absonderung von
jedem Verkehr zu bessern gesucht. Jedoch diese ganze Geschichte mit Ausnahme
der Heirat von Gomer bat Diblaini und der Geburt der drei Kinder beruht auf un-
richtiger iluffassung von Cap. 3. Einmal ist zu bemerken, dass von einem Verlassen
des Gatten durch Gomer so wenig erzählt ist wie von ihrem Versinken in eine elende
Lage bei einem anderen Manne; über eine vermeintliche Spur einer solchen Nachricht
s. zu 2 3. Dann ist weiter zu sagen, dass Cap. 3 nicht von Gomer bat Diblaim redet,
sondern von einer zweiten Frau, die Hosea geheiratet haben soll, dass aber Cap. 3
nur eine Allegorie und daher nicht als Geschichte zu nehmen ist und dass endlich
Cap. 3 gar nicht zum ursprünglichen Hoseabuch gehört (vgl. Vorbemerkung zu
Cap. 3).
2) Die Zeit Hoseas. Trotzdem die Überschrift des Buches zur Bestimmung
der Zeit Hoseas ungeeignet ist (s. zu 1 1) , lässt sich genau feststellen , wann Hosea
gelebt und als Prophet gewirkt hat.
, Aus der Angabe 1 4, dass Hosea seinen erstgebornen Sohn Jezreel genannt
hat, um damit zu sagen, das Haus Jehus werde für die Blutschuld von Jezreel, d. h.
die Ausrottung des Hauses Omris, zu büssen haben, geht mit aller Sicherheit hervor,
dass zur Zeit der Geburt Jezreels die Dynastie Jehus noch am Huder w^ar. Also ist
Hosea Vater geworden und Prophet gewesen schon vor dem Jahre 743, in welchem
der letzte König aus der Dynastie Jehus, Sacharja, der Sohn Jerobeams IL, ent-
thront wurde. Es kann sich nur fragen, wie weit wir über dieses Datum zurückgehen
müssen. Sacharja hat nur sechs Monate regiert, sein Vater Jerobeam IL dagegen
von 782-— 743. Nach dem Inhalt der Worte Hoseas sind wir gezwungen, möglichst
nahe bei dem Datum des Sturzes der Dynastie Jehus zu bleiben und also die Geburt
Jezreels möglichst nahe an das Ende der Begierung Jerobeams IL zu rücken. Denn
im ganzen Buche Hosea findet sich kein Abschnitt, dessen Entstehung noch in die
Begierungszeit Jerobeams IL verlegt werden müsste; auch Cap. 1 und 2 4-15^ stammen
nicht, wie man gewöhnlich annimmt, mit Sicherheit aus der Zeit vor 743, da das hie-
für vorgebrachte Argument der Zweiteilung des Buches Hosea mit dieser dahinfällt
(s. oben unter I) und da Cap. 1 die dem Propheten erst später aufgegangene Be-
deutung seiner Ehe mit Gomer wiedergiebt, also w^ohl die Geburt Jezreels, aber nicht
die Aufzeichnung von Cap. 1 vor 743 angesetzt werden muss (vgl. Vorbemerkung zu
1 2—2 3).
Von den Abschnitten Cap. 4 — 14 wird gewöhnlich angenommen, dass sie alle
in die Zeit nach 743 weisen; und es ist auch sicher, dass sich in Cap. 4 — 14 die Zu-
stände und Verhältnisse wiederspiegeln, welche dem Sturze der Dynastie Jehus in
Israel folgten. Nach IIBeg 15 hat Sallum ben Jabes sich gegen Sacharja ver-
schworen und ihn ermordet. Sallum selber wurde aber nach bloss einmonatlicher
Begierung von Menahem ben Gadi ermordet. Menahem vermochte sich bis zu seinem
Tode auf dem Throne zu behaupten (743—737) und vererbte auch auf seinen Sohn
Hos Einleitung II 2 4 Hos Einleitung II 3
Pekachja die Herrschaft, aber er war gezwungen, sich die Hilfe des Assyrerkönigs
Tiglat-Pileser III. (745 — 727) durch eine Gabe von Tausend Talenten Silber zu er-
kaufen, um gegen die offenbar mächtige Partei, die sich wohl an Ägypten anlehnen
mochte, sich halten zu können. Diese Tributzahlung erfolgte nach den keilinschrift-
lichen Berichten im Jahre 738. Menahems Sohn Pekachja wurde dagegen nach kaum
zweijcähriger Hegierung (735) gestürzt und sein Mörder Pekach ben Hemalja, offenbar
das Haupt der antiassyrischen Partei, trat an seine Stelle als König. Pekach ist
wohlbekannt durch sein gegen Assyrien gerichtetes Bündnis mit Besin von Damaskus
und den erfolglosen syrisch-ephraimitischen Krieg gegen Juda vom Jahre 734. Von
diesen letzteren Ereignissen finden sich in Hosea keine Andeutungen; seine Thätig-
keit hat sich demnach, soweit wir Kunde haben, nicht bis 735 erstreckt. Dagegen
aber spiegeln sich in seinen Worten die zwischen 743 und 735 liegenden Ereignisse
wieder. Hosea spricht wiederholt von den Verschwörungen und Bevolutionen, durch
die neue Könige und Fürsten zur Herrschaft gelangten, vgl. 7 3-7 8 4 10 3 13 10 11,
von dem Bündnis mit Assur und Ägypten, vgl. nur 5 13 7 11 10 6 12 2; insbesondere
ist auch von dem Tribut an den Grosskönig (Tiglat-Pileser) die Bede 5 13 10 5 6 und
von der Ohnmacht des regierenden Königs, der wohl infolge der Abhängigkeit vom
Ausland und der Befehdung von der Gegenpartei nichts zu thun im Stande ist 10 3.
Nach diesen beiden letzten Anspielungen wirkte Hosea noch nach der Tributsendung
vom Jahre 738; aber ob wir noch über den Tod Menahems (737) hinabgehen müssen,
bleibt fraglich.
Somit ergeben sich uns mit Sicherheit für die prophetische Thätigkeit Hoseas
die beiden Daten: 1) Hosea ist schon Prophet gewesen vor dem Sturze des Hauses
Jehus im Jahre 743; das wird bewiesen durch die Benennung seines erstgebornen
Sohnes mit dem bedeutsamen Namen Jezreel. 2) Hosea ist noch prophetisch thätig
gewesen nach der Tributsendung Menahems an Tiglat-Pileser III. im Jahre 738, aber
nicht mehr unter der Begierung Pekachs, der 735 sich auf den Thron schwang; das
ergiebt sich aus dem Inhalt der Beden Hoseas. Damit stimmt es vortrefflich, dass
Hosea Gilead und Galiläa, die Tiglat-Pileser erst infolge des syrisch-ephraimitischen
Krieges erobert hat (II Beg 15 29), noch als integrierende Bestandteile des israelitischen
Beiches kennt (6 8 12 12). Ist demnach Hosea von vor 743 bis vor 735 Prophet
gewesen, so ist es immerhin möglich, dass nicht alle Prophetien, die das Hoseabuch
umfasst, erst nach 743 entstanden sind. Hosea ist schon bei der Geburt Jezreels
Prophet gewesen, daher können einzelne Stücke, die nicht direkt auf die Anarchie
nach dem Tode Jerob^ms IL hinweisen, aus dieser früheren Zeit datieren. Eine
sichere Scheidung ist schwer zu treffen, trägt auch nichts ein, da sich Hoseas Thätig-
keit nur auf so kurze Zeit erstreckt hat. Aber es ist doch auch nicht nötig, den Spiel-
raum noch mehr einzuengen und anzunehmen, dass uns nur Worte aus der Zeit nach
der Geburt der Kinder Hoseas aufbehalten seien.
3) Die prophetische Thäüglieit Hoseas. Wenn wir unter einem Propheten
nur einen Mann zu verstehen hätten, der mit Thaten und Beden vor dem Volke auf-
tritt, der in öffentlicher Versammlung mündlich den Hörern Gottes Auftrag aus-
richtet, so dürften wir wohl Hosea keinen Propheten nennen. Von grossen Thaten
Hoseas ist nicht die Bede und auch davon, dass er selber seine Worte seinen Zeit-
genossen vortrug, wissen wir nichts. Gleichwohl ist er Prophet d. h. ein Sprecher
Hos Einleitung II 3 5 Hos Einleitung II 3
Jahwes unter Israel, dem er den Willen Gottes kundthut. Das ist er schon bei der
Geburt Jezreels, der diesen Namen erhält, damit dadurch Gottes Gericht über das
Haus Jehus angekündigt werde, und das ist er aucli in seinen Worten von 2 4 — 14 1,
selbst wenn sie niemals von Hosea zum Volke gesprochen, sondern nur zur Lektüre
aufgeschrieben sind. Das letztere ist nilmlich höchst wahrscheinlich ; denn seine
Worte bestehen (abgesehen von dem Bericht über die Erlebnisse des Propheten) feamt
und sonders aus Dichtungen, die nicht den Eindruck von Volksreden machen, aber
vortrefflich geeignet erscheinen, zur Lektüre unter das Volk gebracht zu werden.
Daher darf man wohl auch annehmen, dass Hosea selber seine Dichtungen zusammen-
gestellt, mit der erzählenden Einleitung Cap. 1 zum Verständnis der Dichtungen und
zur Orientierung der Leser versehen und das Ganze den Zeitgenossen vorgelegt habe.
Eine chronologische Anordnung der einzelnen Dichtungen lässt sich nicht nachweisen;
alle passen in ihrer' ganzen Haltung am besten in die Jahre nach dem Sturze der
Dynastie Jehus bis vor den syrisch-ephraimitischen Krieg, wenn auch nicht ausge-
schlossen ist, dass einzelne schon vorher entstanden sind. Ebensowenig ist ein plan-
voller Gedankengang in der Anordnung der Dichtungen zu verfolgen, sodass man
gezwungen ist, von einzelnen Dichtungen und nicht von einer einzigen Dichtung zu
reden. Immerhin kann aber, wie schon (s. Einleitung I) bemerkt worden ist, nicht
verkannt werden, dass mit Absicht nicht nur der erzählende Vorbericht Cap. 1,
sondern auch die Dichtung 2 4-15% die auf alle folgenden ein starkes Schlaglicht wirft,
vorangestellt und dass ferner die abschliessende Dichtung 13 i — 14 1, die noch einmal
das Einst und Jetzt in Israel vergleicht und auf das unabänderlich feststehende Ende
hinweist, mit Überlegung an den Schluss gesetzt ist. Die einzelnen Dichtungen, die
zwischen diesen Endpunkten stehen, haben eben nicht nur einen einzelnen Gedanken
zur Darstellung gebracht, sondern sind lebendige und originelle Aussprachen, die in
immer neuen, oft sehr kühnen, aber treffenden Bildern die ganze Lage beleuchten,
bald mehr diese, bald mehr jene Seite erhellend. Es sind nicht mühsam gemachte
Gedichte, sondern unmittelbar dem Propheten erwachsene Darstellungen der ihm klar
aufgegangenen Wahrheit.
Der Grundton, der durch alle Dichtungen Hoseas hindurchklingt, ist Klage
und Schmerz darüber, dass die Israeliten es an Liebe und Treue gegen Jahwe
fehlen lassen und dass sie bei alledem nicht einsehen, wie sie sich an den ßand des
Verderbens gebracht haben. Dass aber die Israeliten keine Liebe zu Jahwe haben
und ihm die Treue nicht bewahren, beruht darauf, dass sie keine Gotteskenntnis
besitzen. Gotteskenntnis ist nach Hosea nicht Kenntnis von geschriebenem Gesetz,
sondern eine innere Empfindung des Wesens und Willens Gottes. Wer die sittlichen
Forderungen ausser Acht lässt, übertritt nicht nur Gebote, die ihm mehr oder weniger
als fremde gegenüberstehen, sondern verrät auch einen schweren Mangel an Pflicht-
gefühl, der deutlich zeigt, dass die rechte Stellung und das innige Verhältnis zu Gott
nicht vorhanden sind. Dies ist der Grundgedanke Hoseas und man kann daher den
Propheten, wie es schon geschehen ist, einen „Mystiker- und eine „Johannes-
Erscheinung" nennen (ValetON, Arnos und Hosea 202f.), immerhin darf nicht mehr
in diesen Ausdrücken gefunden werden, als dass damit der Art eines Amos gegen-
über, dem die absolute Macht des Guten aufgegangen ist und der das Sittliche in der
Keligion besonders betont, hervorgehoben werden soll, Hosea lege den Nachdruck
Hos Einleitung II 3 6 Hos Einleitung II 3
auf das lleligiöse, auf die (Quelle, aus der die Kraft zur Sittlichkeit, zum Thun des
Willens Gottes strömt. Hosea will nichts anderes als Amos, aber in dem Zurück-
gehen auf die AVurzeln des religiös-sittlichen Verhaltens bedeutet seine Auffassung
eine Vertiefung in der Erkenntnis des AVesens der wahren Eeligion. Wenn dagegen
NOWACK (Die Zukunftshoffnungen Israels in der assyr. Zeit S. 41) die Idee der die
Macht der Sünde überwindenden Liebe im Mittelpunkt des Gottesbegriffs des Hosea
stehend findet, so ist zu sagen, dass dies ein neutestamentlicher Gedanke ist, der sich
nur mit Zwang in den Text des Buches Hosea hineininterpretieren lässt. Hosea selber
verfährt nicht darnach und auch wenn man alle die späteren Zusätze für ursprünglich
hält, so bleibt trotzdem nur der Gedanke, dass Gott nach strenge verhängter und
lange vollzogener Strafe und dadurch bewirkter Besserung das Volk wieder
zurückführe.
Wie tief Hosea das Wesen der Religion versteht, beweist er dadurch, dass er
zur Veranschaulichung der Verbindung, die zwischen Jahwe und Israel bestehen
sollte, die Gemeinschaft der Ehe verwendet und durch diese Vergleichung ein Mittel
gewinnt^ um dem Volke die ganze Schwere seiner Sünde vorzuhalten. Hosea sieht
aber in der Ehe nicht nur ein Rechtsverhältnis, nach welchem die Gattin bloss als
ein Eigentum des Gatten in Betracht käme, sondern eine innige sittliche Liebes-
gemeinschaft. Ehebruch ist deshalb nicht nur Nichtbeachtung und IJbertretung eines
Eigentumsrechtes, sondern Verletzung der sittlichen Pflicht der Liebe und Hin-
gebung, und deshalb fällt der Abfall des Volkes von Jahwe viel schwerer ins Gewicht
und ist auch in ganz anderen Thaten schon begangen, als das Volk denkt. Durch die
Erkenntnis dieser Analogie, die zwischen seinem traurigen häuslichen Erlebnisse und
dem Verhalten Israels gegen Jahwe besteht, hat Hosea die alte semitische An-
schauung, dass das Verhältnis von Gottheit und Land nur ein naturhaftes sei, völlig
überwunden und durch die viel tiefere Auffassung abgelöst, dass ein ethisch-religiöses
Verhältnis Israel mit seinem Gotte Jahwe verknüpfe. Vgl. dazu auch Vorbemerkung
zu 1 2—2 3.
Das Bewusstsein, zu Liebe und Treue gegen Jahwe verpflichtet zu sein, fehlt
dem Volke; besässe es diese Erkenntnis, so würde es Gottes Willen erfüllen, den es
ohne geschriebene Gesetze verstände. Die gänzliche Entfremdung des Volkes von
Jahwe zeigt sich in seinem Kultus, der seiner Art und seinem Ursprung nach nicht
Jahwe, sondern Baal entspricht, nicht israelitisch, sondern kanaanitisch ist. Der Ur-
sprung der Entfremdung datiert daher von dem Übergang Israels in das Kulturland
Kanaan. Das ist im Munde Hoseas nicht ein historisches Urteil, das er auf Grund
geschichtlicher Studien fällt, sondern eine These, die aus der Beobachtung der that-
sächlichen Verhältnisse und der Erfahrung des tagtäglichen Lebens stammt. Sein
prophetischer Blick hat auch historisch richtig gesehen: der Opferdienst hat die von
Jahwe geforderte Verehrung durch Rechtthun und Liebeüben verdrängt, der Kultus
ist kein Zeichen der Liebe und Treue zu Jahwe, er ist vielmehr kanaanitischen Ur-
sprungs und Baaldienst. Im Einzelnen darf natürlich die Geschichtsbetrachtung
Hoseas nicht gepresst werden; wo er an besondere Züge aus der Geschichte der Ver-
gangenheit erinnert, haben ihm schwerlich schriftliche Aufzeichnungen vorgelegen,
sondern er hat seinen Stoff aus der mündlichen Erzählung des Volkes bekommen.
AVenn dabei manches an die Form, welche uns im Elohisten entgegentritt, gemahnt.
Hos Einleitung II 3 7 Hos Einleitung II 3
so ist doch nicht zu vergessen, dass auch eigentümliche Züge nicht fehlen, s. zu
118 12 4.
Der Kultus mit allem, was damit zusammenhiingt, mit den Greueln, die dabei
geübt werden, mit der Yerl)lendung über die wahren Forderungen Gottes und mit
dem Wahn, in den er die Israeliten in l^ezug auf ihre Stellung zu Jahwe einwiegt,
ist die Hauptsünde Israels. Nur mit Unrecht nimmt man an, dass llosea auch im
Königtum eine Quelle des Verderbens sehe und dass er der Vater der deutero-
nomistischen Verwerfung des Königtums sei. Denn Hosea hat nur das Treiben der
Könige und Beamten, die Revolutionen und Usurpationen, verurteilt, aber nicht die
Institution des Königtums selber. Mit den „Tagen Gibeas" 9 9 10 9 meint er nicht
die Entstehung des Königtums unter Saul, s. Vorbem. zu 10 9-15, und auch sonst
führt er nicht, wie die spätere deuteronomistische Anschauung, das Königtum auf
einen Abfall von Jahwe zurück, vgl. die Erklärung zu 8 4 10 und bes. zu 13 10 f.
Hosea selber hat das Bild von der Ehe nur verwendet, um dem A^olke die
Schwere der Sünde, die es durch seinen kanaanitischen Kultus verübt, vorzuhalten
und um ihm die Folgen eines solchen „ehebrecherischen" Treibens klar vor Augen
zu stellen (vgl. 2 4-15). Übrigens wussten die Israeliten wohl, welche Strafe auf ehe-
liche Untreue des Weibes gesetzt war, s. Gen 38 24 Dtn 22 22 Lev 20 10 und vgl. zu
Hos 2 5. Dies im Bilde weiter auszuführen und etwa die eigene Stimmung gegen die
ungetreue Gomer in genaue Parallele zu dem Verhalten Jahwes gegen sein unge-
treues Volk zu setzen, hat der Prophet unterlassen; zu einer solchen ausdrücklichen
Vergleichung steht ihm Gott viel zu hoch und seine Art ist nicht an der Art der
Menschen zu messen (11 9). Dass aber auf die fortgesetzte Untreue gegen Gott nur
Untergang folgen kann, ist für den Propheten keine Frage; darum kündet er in immer
neuen Wendungen dieses Ende des Volkes an. Dass Jahwe sich einst Israels wieder
erbarmen und einen neuen Bund mit ihm schliessen werde, hat Hosea nicht in Aus-
sicht gestellt. Steht im ursprünglichen Hoseabuche nichts davon, dass Hosea gegen
seine ungetreue Gattin Gomer noch Liebe empfunden und ihr durch Wiederannahme
bewiesen habe (s. II 1), so auch nichts davon, dass Jahwe ebenso mit Israel verfahren
werde. Damit hätte der Prophet sein Urteil über die Sünde des Volkes geradezu
zurückgenommen. Aber so sind die Propheten des 8. Jahrhunderts nicht gewesen,
dass sie mit einem Worte dem Volke den Untergang drohten und mit dem folgenden
ihm doch eine herrliche Zukunft verhiessen. Auch die Unterscheidung von zwei
Perioden in Hoseas Thätigkeit, eine frühere, in der nur von Gericht, und eine spätere,
in der er von einer künftigen Zurückführung aus der Verbannung gesprochen habe
(so Meinhold), ist unbegründet; denn sie beruht auf der unrichtigen Fassung von
Cap. 3, dass darin von der neuerwachten und auch thatsächlich erwiesenen Liebe
Hoseas zu der treulosen Gomer erzählt sei, s. zu Cap. 3. Für Hosea war das
Heil nicht an das Volk Israel gebunden, sondern an Jahwe; das Volk mag unter-
gehen (ja es muss untergehen, weil es so untreu ist), wenn nur Jahwe bleibt, dem
kann man getrost die Wege der Zukunft überlassen. Gerade bei Hosea, der so tief
in das Wesen Gottes eingedrungen und dem die Sünde des Volkes in ihrer ganzen
Schwere klar geworden ist, darf es doch nicht als ein Mangel, sondern als ein Zeichen
der Grösse beurteilt werden, dass ihm an Jahwes Bleiben genügte. Überdies reisst
man Hosea aus seiner Umgebung und den wirklichen Verhältnissen, unter denen er
Hos Einleitung II 3 8 Hos Einleitung III 2
lebte, heraus, wenn man ihn nicht nur seinen Zeitgenossen das Gericht verkünden,
sondern ihnen auch noch von Gottes fernen Zielen berichten lässt. Und schliesslich
hat doch der Prophet mit seinem klaren "Worte Hecht behalten: Israel hat die Strafe
getrofien, nicht von ihm ist das Heil gekommen, sondern von Jahwe; Gott hat unter
andern Völkern die hohe sittliche E-eligion aufgerichtet, deren Vorläufer die Pro-
pheten waren.
Ili. Die sekundären Elemente des Hoseabuches.
1) Yorbemerkung". Die spätere Zeit hat in den Propheten nicht nur die
Sprecher Jahwes an ihre Zeitgenossen gesehen, sondern dafür gehalten, dass ihr
Blick auch über die Grenzen ihres Landes und über die Spanne der kurzen Gegen-
wart weit hinausreiche. Nicht nur Israel allein sollte Hosea ins Auge fassen, er
rausste auch Juda in den Kreis seiner Betrachtung ziehen ; nicht nur von der Sünde
und dem Unglück der Gegenwart sollte er wissen, er musste auch die herrliche Be-
gnadigung und das Heil der fernen Endzeit kennen. Man wollte später nicht nur aus
der Geschichte der vergangenen Tage Lehren ziehen, sondern aus den Worten der
Propheten Belehrung über die Zukunft empfangen. So konnte es nicht anders sein,
als dass dem düsteren Bilde von der Strafe Israels die lichte Kehrseite der neuen
erwarteten Glückszeit gegenübergestellt wurde; erst so waren die Prophetenschriften
vollständig und konnten in der Synagoge als die Träger des spätjüdischen Glaubens
vorgelesen werden. Vgl. über diese Vermehrung und Bereicherung der prophetischen
Litteratur meinen Komm, zu Jesaja Einleit. III 1.
2) Die von Juda handelnden Stellen. Hosea ist ein Angehöriger des Nord-
reiches und seine Worte beziehen sich auf die Verhältnisse und Ereignisse in Ephraim.
Nun aber wird an einer Anzahl von Stellen auch Juda genannt und zwar überall in
einer so nebensächlichen Weise, dass es recht fraglich ist, ob Hosea überhaupt jemals
Bücksicht auf Juda genommen habe. Durchgeht man der Beihe nach die einzelnen
Stellen, so erkennt man, dass auch nicht ein einziges Mal Juda einen gesicherten
Platz im ursprünglichen Hoseabuch hat. Indem ich auf den Kommentar selber ver-
weise, begnüge ich mich, hier die Stellen einzeln mit ganz kurzen Bemerkungen zu
erwähnen :
1 1 werden die judäischen Könige in der Überschrift genannt, aber die ganze
Überschrift ist spätere Zuthat.
1 7 wird auf die Bettung, die Juda durch Gott von den Assyrern zu teil wird,
hingewiesen; aber der ganze Vers stört den Zusammenhang und stammt nicht von
Hosea.
2 2 erscheinen die Judäer neben den Israeliten, von beiden ist gesagt, dass sie
gemeinsam aus dem Exil nach Palästina zurückkehren werden ; aber der ganze Ab-
schnitt 2 1-3 ist ein späterer Zusatz.
4 15, wo Juda vor Versündigung gewarnt wird, ist ebenfalls längst als sekundär
erkannt (vgl. Stade Gesch. Isr. I, 577). '
5 5 verrät sich das Sätzchen über Juda schon durch das vorgesetzte D? als
später eingefügt, vgl. 6 11.
5 10 12 13 14 ist viermal HH^iT für ursprüngliches ^i??*lti^^ gesetzt; s. Vorbemerkung
zu 5 10-14.
Hos Einleitung III 2 9 Hos Einleitung III 3
6 4 ist Juda wieder an Stelle von Israel getreten.
6 11 ist ganz wie 5 5 zu beurteilen.
8 14 steht Juda wieder in einem Zusatz.
10 11 ist Juda zwischen Ephraim und Jakob sicher sekundär.
12 1^ und 3* endlich sind ebenfalls Glossen.
Nach dieser Übersicht ergiebt sich, dass die Rücksichtnahme auf Juda erst
durch eine spätere Bearbeitung in das Buch Hosea eingeführt ist.
3) Die Ileilsverkündigungen stehen nicht im Einklang mit dem Inhalt des
ursprünglichen Hoseabuches (s. il 3; beachte dort auch die Abweisung der von
Meinhold angenommenen späteren Periode Hoseas, in die manche der Heilsweis-
sagungen gehören sollten!). Hosea droht den Israeliten ein unbarmherziges Gericht:
Gott ruft Tod und Scheol mit allen ihren Qualen und Seuchen herbei, um seinem
Volke ein Ende zu bereiten (13 14); Jahwe ist der Heilige, den kein menschliches
Pathos schwach macht, er wird Israel vernichten (11 9 13 9). Nicht nur inhaltlich
passen die Abschnitte mit Heilsweissagungen nicht in den Gedankenkreis Hoseas,
sondern sie unterbrechen auch in störender Weise die Unheilsdrohungen oder
schwächen ihre Bedeutung ab ; ferner haben dieselben mehr oder weniger deutlich
das Exil zur Voraussetzung und zeigen sich in ihren Gedanken von späteren Pro-
pheten z. B. besonders von Hes abhängig. Von kleineren Hinzufügungen abgesehen,
sind< folgende Stücke als Heils Verkündigungen in Hosea später eingesetzt:
a) 2 1-3 die Verheissung einer neuen herrlichen Zeit: Israel und Juda kehren
zurück aus dem Exil und erhalten an Stelle der Unglücksnamen, die Hosea Cap. 1
für Israel geprägt hat, neue glückverkündende Namen. Der Abschnitt 2 1-3 ist somit
eine Ergänzung und Korrektur von Cap. 1, beigefügt vom Standpunkt der eschato-
logischen Hoffnung der nachexilischen Gemeinde ; vgl. Kommentar zu 2 1-3.
b) 2 15*^-25 die selige AViedervereinigung Israels mit Jahwe und die herrliche
Fruchtbarkeit des Landes. Der Abschnitt setzt das Exil voraus und spricht in An-
lehnung an Hes 20 34-38 von der Heimkehr Israels durch die syrisch-arabische Wüste
und dem wunderbaren Segen im Lande Kanaan; er ist ganz deutlich das in ver-
änderter Situation und späterer Zeit entworfene helle Gegenbild zu der Drohung,
welche 2 4-15'^ vom Propheten über die Israeliten gesprochen ist. Vgl. Vorbemerkung
zu 2l5'^-25, sowie die Erklärung des Abschnittes.
c) 3 1-5, die Erzählung von einer zweiten Heirat Hoseas, ist offenbar als ein
Pendant zu Cap. 1 gedacht, aber führt schon viel weiter als dieses Kapitel. Denn
während Cap. 1 nur die Strafe, und zwar als noch zukünftig, ins Auge fasst, über-
schaut Cap. 3 schon die ganze Geschichte Israels : sein langjähriges Exil und die
darauffolgende Rückkehr nach Palästina zur AYiedervereinigung mit Juda unter einem
Herrscher aus Davids Haus und zu einem herrlichen durch die Güte Jahwes reich-
lich gesegneten Leben. Der Verfasser von Cap. 3 hat offenbar Israel nicht gekannt,
als es noch im Lande war; es ist schon längst im Exil und nur seine einstige Bück-
kehr steht noch bevor. Der Verfasser verstand Cap. 1 als eine Allegorie auf die Ge-
schichte Judas und stellte in Cap. 3 ihr nach dem Muster von Hes 23 eine solche auf
die Geschichte Nordisraels zur Seite. Vgl. Vorbemerkung zu Cap. 3.
d) 5 15 — 6 3 5*^, ein hoffnungsvoller Ausblick auf die Umkehr Israels zu Jahwe
und die herrliche Aufnahme bei ihm, verrät sich durch den Widerspruch, in dem sein
Hos Einleitung III 3 10 Hos Einleitung lY
Inhalt zu dem Vorhergehenden steht, als später hinzugefügt, um der trostlosen Ver-
kündigung: b^'^'O Y^] 5 14, von dem späteren Glauben aus die nötige Korrektur bei-
zugeben. Vgl. Vorbemerkung zu 5 15 — 6 3.
e) 11 10 11, die Heimkehr aus dem Exil, wenn Jahwe das Zeichen giebt, soll
gerade wie 5 15—6 3 5^ dem gedrohten Verderben die einstige Wiederherstellung
gegenüberstellen; vgl. zu 11 10 11.
f) 14 2-10, ein glückverheissender Abschnitt, beschliesst das Buch, um auch
hier die düsteren Drohungen Hoseas zu mildern und an die herrliche Zukunft zu er-
innern, auf welche Israel in der nachexilischen Zeit wartete. In diesem Stücke ist
wieder ganz deutlich eine andere Situation vorausgesetzt als bei Hosea: die Strafe,
die für Hosea noch zu erwarten ist, ist bereits vollzogen ; schon damit ist die spätere
Entstehungszeit dieses Anhangs deutlich erwiesen. Vgl. im Übrigen Vorbemerkung
und Kommentar zu 14 2-10.
4) Endlich fehlt es auch im Buche Hosea nicht an kleineren Beifügungen, die
ursprünglich als Glossen oder sonstige Bemerkungen an den Hand gesetzt wurden,
nachher aber in den Text selbst hineingerieten. Dieselben können hier nicht aufge-
zählt werden, es sei vielmehr für dieselben auf den Kommentar selbst hingewiesen.
IV. Die Entstehung des Hoseabuches.
Durch die genaue Unterscheidung des ursprünglichen Hoseabuches von den
späteren Zusätzen ist bereits die Hauptsache über die Entstehung des Buches Hosea,
wie es uns heute vorliegt, gesagt. Wahrscheinlich hat der Prophet selber seine pro-
phetischen Worte zusammengestellt und mit dem erzählenden Vorbericht Cap. 1 ver-
sehen (s. II 3). Dieser Grundstock hat dann im Laufe der Zeit die verschiedenen
Vermehrungen (s.III) erfahren und namentlich sind diese nicht der alten Zeit, sondern
erst der Periode nach dem Exil zuzuschreiben. Gerade die spätere Zeit liebte solche
Bereicherung des Textes; so beweist der LXX-text zu Hos 13 4 (s. zu der Stelle),
dass noch zur Zeit der Herstellung der griechischen Übersetzung Zusätze in die
Manuskripte Aufnahme finden konnten.
Das ursprüngliche Hoseabuch ist nicht nur in Nodrisrael, sondern auch im
Südreiche bekannt geworden und zwar nicht erst durch Flüchtlinge, die sich nach
Juda wandten, als Hoseas Drohungen sich verwirklichten und die Katastrophe mit
dem Falle Samariens 722/1 hereinbrach. Es ist nämlich kaum zu bezweifeln, dass der
Prophet Jesaja bereits vorher die Dichtungen Hoseas kannte; denn er schliesst eine
seiner ältesten Prophetieen mit dem trostlosen Worte Hoseas ^''•^D ]'^iS!l, vgl. Hos 5 11
mit Jes 5 29, und ebenso mag ihm für seinen Pefrain in der Schilderung des drohenden
Gerichtstages Jahwes (Jes 2 6-22) Hos 10 8 das allerdings hier unerreichte Vorbild
gewesen sein, vgl. zu Jes 2 10 21. Dagegen kann die Jes 1 23 wiederkehrende Parono-
masie D^*1^1D '^^'y^ nicht nur Peminiscenz von Hos 9 15, sondern Verwendung der auch
Hosea zu Grunde liegenden sprichwörtlichen Eedensart sein.
Es läge nun die Annahme nahe, die Beziehungen auf Juda seien schon in früher
Zeit in das Hoseabuch eingetragen worden. Doch dem widerspricht die Art der
Mehrzahl dieser Stellen; so kann 1 7 doch erst geraume Zeit nach der Belagerung
Jerusalems durch Sanherib eingesetzt sein, zudem beruht dieser Einschub auf einer
Vorstellung der Prophetie, wie sie erst dann aufkam, als man die praktische Wirk-
I
I
Hos Einleitung IV 11 Hos Einleitung V
sarakeit der Propheten an ihren Zeitgenossen mehr oder weniger vergessen hatte und
in ihnen die Verkündiger verborgener Dinge der Zukunft sah. Ebenso weist sicher
in eine nachexilische Zeit der Juda erwähnende Zusatz 8 14, der die Anschauung des
späteren Judentums deutlich ausspricht (s. die Erklärung zu 8 14). Es kann also nicht
von einer judäischen vorexilisclien lledaktion (etwa unter Josia, wie OOKT ange-
nommen hat) resp. einer für Juda präparierten Ausgabe von Hosea die llede sein.
Die von Juda handelnden Stellen gehen vielmehr auf ein späteres gelehrtes Interesse
zurück, das sich den Propheten nicht anders denken konnte, als dass er auch Judas
Schicksal kennen und berücksichtigen musste.
Auch die übrigen Zusätze stammen nicht aus vorexilischer Zeit; denn sie alle
beruhen auf dem Glauben der nachexilischen Gemeinde. Ein bestimmtes Datum lässt
sich schwerlich für die Entstehung derselben angeben; aber jedenfalls muss man über
Hesekiel, Deutero- und Tritojesaja hinabgehen. Man wird sogar gut thun, wenn man
den Abschluss dieser redaktionellen Vermehrung erst in die griechische Zeit verlegt;
denn der letzte Vers des Hoseabuches 14 10 hat seine besten Parallelen in den Psalmen
und in den Proverbien. IJbrigens rühren die verschiedenen Zusätze nicht von einer
Hand her: so setzt Cap. 3 voraus, dass sich an Cap. 1 nicht bloss 2 4-15^, sondern auch
der heilverkündende Abschnitt 2 15^-25 anschloss; denn Cap. 3 bildet das Seitenstück
zu Cap. 1 2 4-15* + 2 15^-25. Ferner ist der Abschnitt 2 1-3 offenbar zu Ende von
Cap.'l erst nötig geworden, als Cap. 3 eingefügt war, denn es sollte nun auch der Er-
zählung Cap. 1 der kurze verheissende Abschluss nicht fehlen, den das parallele
Cap. 3 aufwies; übrigens zeigt auch die deutliche Anspielung auf die in 2 25 gegebene
Umdeutung der symbolischen Namen, dass 2 1-3 später als 2 15^-25 entstanden ist.
Ob die übrigen Zusätze tröstenden Inhalts einer Hand angehören oder nicht, ist schwer
zu sagen; jedenfalls sind sie von Anfang an für die betreffenden Stellen bestimmt,
und stammen sie nicht von einer Hand, so verbindet sie doch derselbe Zweck, nämlich
die Prophetieen Hoseas für die Lektüre in der Synagoge so zuzubereiten, dass der
Glaube der jüdischen Gemeinde in ihnen seinen Ausdruck finde. Auch am Buche
Hosea ist somit die Diaskeuase der Schriftgelehrten nicht unthätig vorübergegangen,
runter all diesen Änderungen und Erweiterungen hat der alte Text, der aus dem
achten Jahrhundert stammt, natürlich sehr gelitten. Man darf sich daher nicht wundern,
dass er an vielen Stellen kaum mehr in seiner ursprünglichen Gestalt aus den späteren
Zufügungen herauszuschälen und durch Ausschaltung der nachträglichen Umände-
rungen herzustellen ist; man hat im Gegenteil sich darüber zu freuen, dass doch noch
so vieles von den Prophetieen Hoseas heute verständlich ist, die lange Jahrhunderte
bis zur definitiven Zubereitung für die Vorlesung in der Synagoge der freien Be-
handlung der Besitzer der Texte ausgesetzt waren. Auch für Hosea, der vielleicht
den verdorbensten Text im ganzen AT aufweist, ist es höchst wichtig, dass uns in der
LXX das Zeugnis einer Textgestalt vorliegt, die weit über die Fixierung des maso-
retischen hebräischen Textes zurückreicht.
V. Litteratur.
Kommentare: AuGr. Simon Der Prophet Hosea erklärt und übersetzt 1851;
Aug. Wünsche Der Prophet Hosea übersetzt und erklärt mit Benutzung der Tar-
gumim und der jüdischen Ausleger Haschi, Aben Esra und David Kimchi 1868;
Hos EinleituDg V 12 Hos Einleitung V
W, NOWACK Der Prophet Hosea erklärt 1880; AntoN Scholz Comm. zum Buche des
Proph. Hos 1882; J. J. P. YaLETON jr., Arnos und Hosea, übersetzt von Fe. Karl
Echternacht 1898; T. K. Cheyne Hosea, with Notes and Introduction (stereotyped
edition) Cambridge 1899.
Monographieen und Abhandlungen: P. LnsTDER (nicht LiNDEN, wie der
Name überall durch Druckfehler lautet) Bemerkungen über einige Stellen im Pro-
pheten Hosea StK 1860, 739—749; K. A. P. TÖTTERMAN Varianten zum Profeten
Hosea (vorgetragen den 12. April 1875); OoRT ThT 1890, 345 £f. 480 ff.; Billeb Die
wichtigsten Sätze der alttestl. Kritik vom Standpunkt der Proph. Amos und Hosea
aus betrachtet 1893; J. Bachmann Alttest. Untersuchungen 1894 S. 1—37; Paul
Buben Critical Pemarks upon some passages of the O, T. London, 1896; PäUlVolz
Die vorexil. Jahweprophetie und der Messias 1897 S. 24 — 40; D. H. MÜLLER Strophen-
bau und Besponsion 1898 S. 24 — 35 ; Otto SeesEMANN Israel und Juda bei Amos und
Hosea 1898; Paul VOLZ Die Ehegeschichte Hosea's in ZwTh 1898, 321—335; T. K.
Cheyne TheExpositorJanuary 1897,41— 51, November 1897, 361—371; Karl J.Grimm
Euphemistic Liturgical Appendixes in The Old Test. Baltimore 1901 ; W. B. Smith
und K. Marti Artikel Hosea in Encycl. Biblica II (1901), 2119—2126; S. Oettli Amos
und Hosea 1901; E. SiEVERS Studien zur Hebr. Metrik. Zweiter Teil: Textproben
1901, 466—471 ; J. A. Bewer Text-critical Suggestions on Hosea 12 1 4 4 4 8 Isaiah 14 12^^
Psalm 11 1 in Journal of Biblic. Lit. 1902, 108—114; A. CONDAMIN Interpolations ou
Transpositions accidentelles? in Bevue Biblique 1902, 379—397; W. BlEDEL Alttest.
Untersuchungen I, 1902, 1 — 18 ; W. NowACK Die Zukunftshoffn. Israels in der assyr.
Zeit in „Theol. x4.bhandL" Festgabe für H. J. Holtzmann 1902, 33—59; 0. Procksch
Geschichtsbetrachtung bei den vorexil, Proph. 1902, bes. S. 14 — 28 und 118 — 134;
Böhmer Die Grundgedanken der Predigt Hosea's in ZwTh 1902, 1—24; JoH. Mein-
HOLD Studien zur israel. Beligionsgesch. Band 1 : Der heilige Best. Teil 1 : Elias
Amos Hosea Jesaja 1903.
Hos 1 1 13 Hos 1 1
Erklärung.
Die Überschrift des ganzen Buches 1 1.
Es braucht keine grosse Überlegung, um einzusehen, dass die Über-
schrift 1, jedenfalls so wie sie dasteht, nicht vom Propheten selber herrührt.
Einmal ist der Synchronismus, der hier für Jerobeam II. von Israel und die
judäischen Könige Usia, Jotham, Ahas und Hiskia behauptet wird, ein irriger.
Denn Jerobeam IL (etwa 782—743) ist höchstens ein Zeitgenosse Usias
(= Asarja vgl. zu Jes 6 i-is Vorbem.), der von 789—740 regierte, gewesen,
während die folgenden judäischen Könige lange nach Jerobeam IL gestorben
sind (Jotham 734, Ahas 721 und Hiskia 693). Dann aber ist es einem Nord-
israeliten, wie Hosea doch war, kaum jemals eingefallen, nach judäischen
Königen zu datieren. Endlich ist die Angabe, dass Hosea unter Jerobeam IL
Prophet gewesen sei, im besten Falle nur halb richtig; denn seine Reden führen
deutlich in die Zeiten nach dem Tode Jerobeams hinab, speziell in die Zeit
der inneren Wirren unter Sallum und Menahem (s. z. B. zu 7 3 7 8 4 10 3), und
wenn auch Cap. 1 von früheren häuslichen Ereignissen berichtet, so giebt es
das Verständnis derselben wieder, das der Prophet erst später gewonnen hat.
So könnte am Ende doch der Anfang nsü'p j;ti^in-^« n\'l ^üi^ n^n^'^2'^ ur-
sprünglich sein. Aber die Bezeichnung: Bas Wort Jahwes^ das an Hosea,
den Sohn Beeris, erging, passt nur schwier zu der Erzählung Cap. 1 (vgl. auch
Cap. 3) und ist auch für die übrigen Kapitel erst zu einer Zeit möglich, wo
das geschriebene Prophetenwort mit dem Worte Jahwes identifiziert wird.
In früherer Zeit galten die einzelnen Worte der Propheten als Gottes Wort,
wie die Entscheidungen und Weisungen der Priester am Heiligtum, weil ihre
Wahrheit sich unmittelbar den Hörern bezeugte. Den Propheten war die
Wahrheit offenbar, darum konnten sie Boten Jahwes sein und Worte reden,
die Worte Jahwes waren. Eine spätere Zeit, die Jahwes Willen in schrift-
licher Form zu fixieren versucht hatte, nannte dann, was von den Propheten
schriftlich vorhanden war, geradezu Wort Jahwes, und schliesslich wurde gar
alles, was die Propheten hinterlassen hatten, in den Augen der Apokalyptiker
und Eschatologen ein Gesicht (]1tn) der betreffenden Propheten. So hält unsere
Überschrift Wort Jahwes etc. die Mitte ein zwischen der älteren Bezeichnung
(vgl. Am 1 1 Jer 1 i), welche, was die Propheten sagten, auch wenn sie dabei
Hos 1 1 14 Hos 1 2
Gottes Willen verkündigten, noch als Worte der Propheten gelten Hess, und
der Jüngern, welche die Vision als das einzige, jedenfalls als das vornehmste
Mittel der Offenbarung betrachtete (s. zu Jes 1 i und vgl. Ob v. i). Die
Überschrift ist jedenfalls nachdeuteronomisch, da erst das Deuteronomium
den Versuch machte, das AVort Jahwes, wie es die Propheten verkündigten,
zusammenzufassen und schriftlich zu fixieren. Der Autor derselben hat die
mit Jes 1 1 übereinstimmende Datierung nach judäischen Königen hinzugefügt
und vielleicht die Angabe %ur Zeit des israelitischen Königs Jerobeam ben
Joas aus 1 4 erschlossen, nach welcher Stelle das Haus Jehus die Herrschaft
über Israel noch ausübte, als Jesreel, der erste Sohn Hoseas, geboren wurde
(vgh zu Y. 4). Wahrscheinlich lautete die alte, später vom Redaktor er-
weiterte Überschrift nach Analogie von Am 1 i (s. dort) und Jer 1 i einfach
n«S"]| j;^'in nni Worte (resp. Geschichte) Hoseas ben Beert Der Name des
Vaters Hoseas, Beeri^ ist doch schwerlich erfunden. Über den Namen
und die Person Hoseas s. Einleitung II 1.
I. Einleitender erzäiilender Abschnitt: Die traurigen häuslichen Erlebnisse
Hoseas, ein Abbild der Untreue Israels I 2-2 3.
Gewöhnlich nimmt man Cap. 1 — 3 als besonderen ersten Teil des Buches Hosea
zusammen, weil man Cap. 3 in gleicher Weise beurteilt, wie Cap. 1. Schon die längere
Rede Cap. 2, die dazwischen liegt, widerrät die gleiche Behandlung beider erzählenden
Capitel; manches andere kommt noch hinzu, sodass man gezwungen wird, Cap. 3 anders
zu verstehen als Cap. 1, s. unten zu Cap. 3 und vgl. auch Einl. 1.
Dass es sich in Cap. 1 um ein wirkliches Erlebnis und nicht um eine
blosse Allegorie handelt, kann nicht bezweifelt werden. Der Protest, der seit Hierony-
Mus bis in unsere Tage oftmals hiergegen erhoben worden ist, verfängt nicht; denn wenn
die geschichtliche Fassung für der Moral und dem Respekt gegen die Gottheit ins Ge-
sicht schlagend erklärt wird, so ist es noch viel weniger einzusehen, wie man dann an-
nehmen dürfte, der Prophet habe sich nicht gescheut, eine Allegorie mit solchem Inhalt
zu entwerfen. Das Kapitel erzählt, wie man ein wirkliches Erlebnis erzählt. Dabei ist
der Name der Gattin des Propheten genannt, und zwar ein Name, der ganz wie der Name
einer leibhaftigen Israelitin klingt und noch keine plausible allegorische Deutung ge-
funden hat (vgl. zu V. 4). Ebenso ist der für die Allegorie ganz wertlose, nur bei wirk-
licher Geschichte begreifliche Nebenumstand erwähnt, dass Lo-'Ammi erst geboren wurde,
als seine Schwester Lo-Ruchama entwöhnt war (1 8). Die symbolischen Namen der
Kinder: Jesreel, Lo-Ruchama und Lo-'Ammi, stören diese Auffassung nicht. Jesajas
Kinder Schear-jaschub (Jes 7 3) und Maher-schalal-chasch-baz (Jes 8 3) lebten doch wirk-
lich, trotz ihren ungewöhnlichen Namen. Es war offenbar nicht nur das Recht der Eltern,
sondern auch eine vielgeübte Gewohnheit unter den Israeliten, den Kindern bedeutungs-
volle Namen zu geben (vgl. Benzinger Archäol. S. 150 f.); dann aber braucht man sich
nicht zu wundern, dass auch die Propheten sich dieses Mittels bedienten, um ihren Ge-
danken Ausdruck zu verleihen. Der Anstoss an der historischen Fassung beruht
eigentlich nur darauf, dass man sich in die Darstellungsform des Propheten nicht zu
finden wusste. Es widerstrebte dem Gefühl anzunehmen, wie man nach dem Wortlaut
gezwungen zu sein vermeinte, Hosea habe rein zu dem didaktischen Zwecke, um den
Israeliten ihr schändliches Benehmen gegen Jahwe klar zu machen, Gomer bat Diblaim
heiraten und sich damit in namenloses häusliches Elend stürzen müssen. Aber man darf
nicht vergessen, dass die Darstellung die Auffassung wiedergiebt, welche Hosea schliess-
lich von seinem ehelichen Missgeschick gewann. Daher hat man die Thatsachen und
die nachträgliche Betrachtungsweise derselben auseinander zu halten. Hosea hat Gomer
Hos 12 15 Hos 1 2
bat Diblaim geliebt und geheiratet, ohne zu wissen, wie es um sie stehe und welches Herze-
leid sie ihm bereiten werde. Erst nachher ist ihm das Verständnis seines Erlebnisses auf-
gegangen und ist ihm dieses in die Beleuchtung getreten, unter welcher er es erzählt.
Nicht nur in der Auszeichnung seiner Kinder mit bedeutungsvollen Namen und in seinen
prophetischen Reden erfüllte er Jahwes Befehl, sondern, so ging es ihm später auf, auch
schon in der Heirat Gomers hatte er, ohne dass er es damals wusste, Gottes AVillen ge-
mäss gehandelt. Jahwe halte es so gewollt: Das, was Hosea erlebte, sollte das Abbild
dessen sein, was Jahwe an Israel erlebte, das Herzeleid, das ihm Gomer l)ereitete, sollte
ihm den tiefen Schmerz verständlich machen, den Jahwe über die Untreue Israels empfand
und ihn so befähigen, in ergreifender AVeise die Schwere der Sünde seinen Volksgenossen
vorzustellen.
Man darf gegen diese Auffassung des Kapitels als Darlegung der späteren Be-
trachtungsweise nicht einwenden, dass es die Art der Propheten sei, hinter die Ereignisse
zu sehen und Gottes Plan und Absichten zu verstehen. Gewiss wussten sie viele Ereig-
nisse und die AVeltlage viel besser zu deuten, als ihre Zeitgenossen, eben weil sie den
AVillen Jahwes kannten; aber nicht zum Voraus konnten sie jedes einzelne kleine Ereignis
mit diesem A\^illen in Verbindung und Einklang bringen und ihm unterordnen, noch viel
w^eniger alle einzelnen Begebenheiten vorauswissen. Erst eine spätere Zeit hat die Pro-
pheten zu Vorherwissern aller künftigen Ereignisse gemacht; daher finden sich so manche
Einschübe in den Schriften der Propheten und auch in der Tora (vgl. z. B. Hos 1 7 und
Ex 12 2).
Damit ist zugleich die Frage entschieden, ob Hosea erst dann ein Bewusstsein von
seinem prophetischen Berufe erlangte, als er die Bedeutung seiner Lebensschicksale ver-
stand.' Das Verhältnis ist vielmehr umgekehrt. Nicht sein Unglück bat ihn zum Prophe-
ten gemacht; sondern weil er Prophet war, hat er dasselbe verstehen lernen und den
Israeliten als Spiegel vorhalten können. Er ist schon Prophet, als sein erster Sohn ihm
geboren wurde, den er Jesreel nennt, um auf das bevorstehende Gericht hinzuweisen ; aber
erst später ist ihm klar geworden, wie auch seine häuslichen Erlebnisse von Bedeutung
sind und wie es schon die Fügung Jahwes war, dass er Gomer heiraten musste. AA^ann er
dieses Verständnis für den Zusammenhang seiner häuslichen Erlebnisse mit seinem pro-
phetischen Berufe gewonnen hat, ob bald nach der Geburt Jesreels oder erst nachdem ihm
alle drei Kinder geboren waren, ist nicht sicher auszumachen. Da aber die Namen Lo-
Ruchama und Lo-'Ammi nur denselben Gedanken wie Jesreel ausdrücken können, so ist
es wahrscheinlich, dass ihm dieses Verständnis erst nach der Gebuit der drei Kinder auf-
gegangen ist; es ist doch kaum anzunehmen, wie Meinhold mit Hecht hervorhebt, dass
Hosea, nachdem er einmal Gomer als Ehebrecherin erkannt hatte, noch länger mit ihr
Gemeinschaft gepflegt und die Kinder, „die er nicht für seine eigenen zu halten Anlass
hatte", mit bedeutungsvollen Namen ausgezeichnet hätte.
Seit Hosea ist es üblich geworden, das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volke
unter dem Bilde der Ehe darzustellen und für die Untreue gegen Gott njt als terminus
technicus zu gebrauchen, der auch um so bezeichnender ist, als bei den heidnischen Kulten
vielfach ein "ij im eigentlichen Sinne mitspielte. Hoseas trauriges Erlebnis hat demnach
nicht nur für den Propheten selber, sondern auch für die Folgezeit eine grosse Bedeutung
gewonnen, Hesekiel und Deuterojesaja haben das Bild der Ehe in mannigfacher AVeise
und Anwendung ausgeführt (vgl. z. B. Hes 16 und Jes 50 1-3 54 1-6), das Hohelied hat
ihm wohl die Aufnahme in den Kanon zu danken, und auch die neutestamentliche Dar-
stellung Christi und der Gemeinde als des Bräutigams und der Braut geht auf dasselbe
zurück (vgl. II Kor 11 2 Eph 5 27 Apk 19 7 ff.; siehe auch Mt 25 1 &. und Job 3 29). Zu
beachten ist dabei aber, dass der Prophet diese Vorstellung von der Ehegemeinschaft
nicht erfunden, sondern aus der Volksanschauung übernommen hat, welcher die Gottheit
als der Gatte (ba al) des Landes, das er fruchtbar machte, und das Land als das AVeib (die
be'ülä) der Gottheit galt (vgl. Smith-Stübe die Bei. der Semiten S. 77). Neu jedoch ist,
dass Hosea „mittelst dieser Vorstellung dem Land die ganze Schwere seines Vergehens
gegen Jahwe vorhielt", dass er also an Stelle des naturhaften Verständnisses jener Volks-
Hos 12 16 Hos 1 2
anschaiiung die Vorstellung von dem sittlich-religiösen Bande zwischen Gott und seinem
Volke gesetzt hat.
Die von Umbreit aufgebrachte, jüngst von Riedel wieder verteidigte Auffassung,
dass das Weib Hoseas keine Hure und keine Ehebrecherin, sondern nur eine Baalsver-
ehrerin gewesen sei und dass sie als solche ihre verschiedenen Qualifikationen :D"'iUt n^^is:,
D^^l"! na (s. zu 1 3) etc. erhalten habe, scheitert schon einfach daran, dass es dann rein
unverständlich bliebe, wie Hosea seine Kinder D"'i1it ^ib"* hätte nennen können; denn dass
sie eine Baalsverehrerin zur Mutter hatten, machte sie doch noch lange nicht zu Huren-
kindern weder im buchstäblichen noch im bildlichen Sinne. Auch wie man bei dieser
Auffassung 2 4 verstehen soll, ist unerfindlich.
Vgl. bes. P. VoLz, Die Ehegeschichte Hosea's in ZwTh 1898, 321—335; ferner s.
W. Riedel, Alttest. Untersuchungen 1902, 1 — 15: Die Ehe des Propheten Hosea.
a) Die neue Überschrift 2^ lässt sich trotz den Übersetzungen von Guthe
(bei Kautzsch), Wellh. und Nowack nicht mit dem Folgenden zu einem Satz
verbinden. Schon die Konstruktion (absolut vorausgesetztes Substantiv, ohne
dass irgend ein Nachdruck daraufliegt, mit folgendem 1, vgl. Ges.-Kautzsch^'
§ 143 d) ist hart, dann aber beweist die Wiederholung von Hin;; und J?C^in, dass
y. 2^ nicht auf das Vorausgehen von v. 2^ gerechnet hat; mit Oettli aber Hin^
j;tyin-^« zu streichen, ist gewaltsam. Die Worte K^inn nin^-l?'^ n^nn sind für
sich zu nehmen und bilden eine nachträglich eingefügte Überschrift für v. 2^-9,
welcher Abschnitt als Anfang der Offenbarung Gottes an Hosea 3 i-5 als einer
w^eiteren Offenbarung (vgl. 1iy 3 i) gegenübergestellt werden sollte. Dabei fällt
auch die Verbindung von l^"! mit ^ im Vergleich mit "^ij in v. i (n%"I "Wi^ "'"*l?'^
TI'^^) und in v. 2^ ("^ij ^DJSI) auf; doch bedeutet es schwerlich nur mit Hosea
reden, aber es ist auch kaum als durch = ^^? (s. Hag 1 i) zu fassen, sondern
will andeuten, dass die Stimme Jahwes sich im Innern der Propheten kundgab,
(vgl. II Sam 23 2 I Reg 22 28 und auch Sach 1 9 13 14). 1ä"1 ist verbum finitum,
für den Gebrauch des stat. constr, vor einem angelehnten selbständigen Satz
vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 130 d. Ap/y] Xoyou (LXX) fasst 11"! als 15"^, was die
Erklärung von 1^ erschwert; dagegen würde die Lesung des Infinitivs 1|"l die
Konstruktion erleichtern.
b) Die Gattin und die Rinder des Propheten 1 2^-9.
2''— 5 Die Heirat Gomers und die Geburt Jesreels. 2'^ Fallen
die Worte y. 2^ als Überschrift weg, so kann doch die Schrift nicht gut ein-
fach mit ^^i<'*l begonnen haben. Wie der Anfang ursprünglich gelautet hat,
etwa 1??JSl nä (vgl. Am 1 3), oder ob etwas vorausgegangen sei, lässt sich nicht
mehr feststellen. Die Vermutung von Hitzig, dass zur Zeit des israelitischen
Königs Jerobeam ben Joas aus y. i als alter Text zu IDS'^l zu nehmen sei, be-
friedigt nicht, da für die späteren Heden, die nach dem Tode Jerobeams ge-
sprochen sind, die entsprechende Datierung fehlt. Proleptisch wird die Gattin
Hoseas als D'^^ilit ^!^^?, als welche sie sich nachher in der Ehe auswies, be-
zeichnet; eine Hilt war sie zur Zeit der Heirat nicht, die schlimmen Anlagen
kamen erst nachher zum Vorschein, s. die Vorbemerkungen zu 1 2—2 3 S. 14f.
Ebenso proleptisch ist die Erwähnung der doch erst später gebornen Kinder.
n^i^ nj^b ist der gewöhnliche Ausdruck für heiraten^ hier erhält das Verb zeug-
matisch als paralleles Obj. D^^^l^i^^ ""ibM, = heirate dir ein Hurenweib und (be-
Hos 1 2 17 Hos 14
komme] Unrenkinder. Das '^3 denn ist von der späteren Erkenntnis des
Propheten aus gesagt: Der rro])liet musste eine 0*^;^! T\^)^ zur J^'rau haben,
weil das Land hurt von Jahwe weg d. li. die ]>ewohner des Landes ebenso un-
treu an Jahwe handelten, dem sie hätten nachfolgen sollen. Mit diesem
Worte hat der Prophet grundlegend lür alles Spätere sein Urteil über Israel
gesprochen. 3 Der Name der Gattin des Propheten D';'2?1"ri? Itti ver-
langte, wenn das Ganze eine Allegorie sein sollte, eine leicht erkennbare J^e-
deutung, die ihre Art und ihren Charakter kennzeichnete. Aber die dahin-
gehenden Erklärungsversuche (z. Y>, = consummala in fornicalione aüjue
perfecta filia voluptatis bei Hiekonymus u. A.) sind nicht geglückt und
viel zu weit hergeholt. Darum ist Gomer bat Diblajim als der wirkliche Name
der wirklichen Gattin Hoseas anzusehen; jedenfalls gilt dies von ^Dä und wahr-
scheinlich auch von D^bn*!"]!?, welches den Namen des Vaters Diblajim nennt
und schwerlich nur die Umschreibung einer Eigenschaft Gomers ist wie z. B.
^yilb^'n? (s. Ges.-Kaützsch27 § 128 v). Auf alle Fälle darf man nicht wie
EiEDEL D";^nTn?, auch wenn man in lyhyi an Feigenkuchen denken wollte, aus
der „Gomer mit den Feigenkuchen" eine solche „mit den Opferkuchen 'S
„die Kollyridianerin", also die Baalsverehrerin machen. Die D'^^?'^ sind nicht
ohne weiteres mit den D'^^^'^tJ 3 i zusammenzustellen; vgl. auch zu I Sam 25 18.
Vielleicht weist der Umstand, dass beide Namen nicht theophor sind, wie
Wellh. bemerkt, daraufhin, dass Gomer dem niederen Volke entstammte;
doch kann "\ö^ ein Hypokoristicon von ^n^löil, vgl. ''n^J resp. ^0^5, das II Reg
18 2 II Chr 29 i als Frauenname erscheint (so Biedel). 4 Zu der Kon-
struktion 'Ö^ tO??D 11J^ vgl. Ges.-Kautzsch27 § 143 d und zu der Bedeutung des
Plurals von 0*1 Blut, = Blutvergiessen, Mord, vgl. § 124n. Für no^D)?,
das nirgends im stat. absol. nachweisbar ist, liest man besser HD^D)?, stat. constr.
von n^^DI? =: Reich: Mit der Dynastie Jehus soll das israelitische Beich ein
Ende nehmen. Der erstgeborne Sohn Hoseas wird Ji%reel genannt.
Israel ist ein Jizre el (Jesreel). Diesen Namen verdient es in doppelter Hin-
sicht: einmal kennzeichnet das Blutvergiessen von Jesreel den Charakter der
Israeliten und dann erinnert die Ebene von Jesreel an das Gericht, das ihnen
dort bevorsteht v. 5. Jesreel ist der Name der bekannten Stadt in der nach
ihr benannten Ebene, welche der Kison durchfliesst, griechisch 'EaSpr^Xciv,
jetzt Zerin, vgl. Baedekee Palast.^ S. 270. Der dort begangene Mord ist die
blutige Ausrottung des Hauses Ahabs im Jahre 842 durch Jehu, den Feld-
hauptmann, der sich zum König aufwarf und dessen Familie bis auf die Zeit
Hoseas den israelitischen Thron inne hatte (II Reg 9 10). Noch ist jene Blut-
that ungerächt, die Schuld, die der Dynastie Jehus von ihrem Ursprung an an-
haftet, und durch die Israel eben ein Jesreel geworden ist, nicht gestraft. Es
sind demnach, als Hosea seinen Sohn Jesreel nannte, die Nimsiden, die
Dynastie Jehus, noch am Buder gewesen. Daraus ist aber nicht zu folgern,
dass dieser Teil von Hoseas Schrift noch zur Zeit Jerobeams IL nieder-
geschrieben sei. Hosea mochte später keine Veranlassung sehen, die damalige
Begründung der Benennung seines Erstgebornen zu verschweigen; denn die
auf den Fall der Dynastie Jehus (Jerobeam IL und sein Sohn Sacharja
Kurzer HC zum AT Xin 2
Hos 14 18 Hos 1 6
starben 743 v. Chr.) folgeuden Wirren konnten dem Propheten nicht anders
erscheinen denn als die letzten Zuckungen des mit dem Sturze der Nimsiden
zum Tode getroffenen israelitischen Reiches. Dass er wirklich die Jahre 743 ff.
so auffasste, zeigen seine Reden Cap. 4—14 deutlich, und der Untergang
Israels im Jahre 721 bewies, dass er recht sah, als er im Sturz der Nimsiden
den Anfang vom Ende erblickte. 5 In Jesreel aber ist das Gericht zu
erwarten. Denn Jesreel ist die alte Schlachtenebene (Jdc4 6ff. I Sam 31),
dort musste am Entscheidungstage der Schlag gegen die Israeliten geführt
werden. Wer die Feinde sind, die den Bogen d. h. die Streitmacht Israels
zerschmettern werden^ braucht Hosea nicht zu sagen; es können wie bei Arnos
nur die Assyrer sein. Wahrscheinlich ist aber v. 5 eingefügt in Rücksicht
darauf, dass Sacharja der Sohn Jerobeams in Jibleam, also in der Ebene
Jesreel, ermordet und damit die Dynastie Jehus gestürzt wurde (s. zu II Reg
15 10 vgl. LXX). Die Blutschuld von Jesreel y. 4 begründet den Namen
Jesreel viel besser als der Ort (Ebene Jesreel) der Strafe und ^^TXn D1*5 T\^T\\
ist eine Einleitung, die wenig Vertrauen erweckt (so Seesemann und
Meinhold).
Die Aussage von v. 4 ist für die Kenntnis der Auffassung des Propheten
ausserordentlich wichtig. Die Sünde, welche das Gericht über Israel fordert,
ist nicht die Verehrung fremder Götter, sondern die Missachtung einer sitt-
lichen Forderung. Zudem wird das Blutvergiessen von Jesreel für Hosea da-
durch um nichts besser, dass es im Namen Jahwes und zur Verteidigung
seiner Verehrung geschehen ist. Welch einen Wandel bekundet diese Beur-
teilung in der Auffassung der Forderungen Jahwes! Nach den Königsbüchern
ist die Ausrottung der Dynastie Ahabs auf Anstiften und unter dem Beifall
der eifrigsten Verehrer Jahwes erfolgt. Kein Geringerer als Elisa hat Jehu
zum Nachfolger Jorams ben Achab designiert (II Reg 9), und der Rechabite
Jonadab hat der That Jehus seine Anerkennung nicht versagt (II Reg 10 15).
In den Augen Hoseas ist aber diese von Propheten und Rechabiten gebilligte
That ein unerhörter Frevel, der noch nach hundert Jahren Ahndung erheischt.
Man sieht, wie die ethischen Forderungen die treibende Macht der Religion
werden und wie die Ethik der Mittelpunkt in dem Wesen Jahwes geworden
ist. Hosea ist kein Fanatiker, der im Namen der Kirche die Stimme des Ge-
wissens erstickt und den mit ungerechten Mitteln erreichten Zweck gutheissen
kann. Das Gute hat eine unbedingte Bedeutung, und nichts anderes als das
Gute will auch die wahre Religion Jahwes. Vgl. Maeti Gesch. der Israel.
Rel.4S. 133f. und 170f.
6 7 Die Geburt Lo-Ruchamas. 6 Der Name nDnr^<^ bildet
einen vollständigen Satz, HDn^^ ist verbum finitum, nicht verkürztes Partizip.
Die Tochter heisst demnach: sie ist nicht geliebt, erfährt keine Liebe, wie sie
sonst zwischen Verwandten, hier zwischen Vater und Kindern, besteht, vgl. zu
"l^^n*! T\XW Am 1 11. Sie wird Nichtgeliebt geheissen, weil auch Jahwe kein Ge-
fühl der Verwandtschaft mit Israel mehr empfindet und das Band der Liebe
zwischen Jahwe und den Israeliten zerschnitten ist. Zu der asyndetischen
Zusammenstellung zweier Verba finita ^"»pl^ ^b und DHIJ^ vgl. Ges.-Kautzsch27
Hos 16 19 . Hos 1 e
8 120 ff. Die letzten Worte ünb «l^« «b^r^3 bieten für den Zusammen-
ij CD V T T V i •
hang grosse Schwierigkeiten. JJie von G uthe, Wellh. und Nowack empfohlene
direkte Verbindung mit DH^S "Tiy ^''piS ^b, so dass ••? den Sinn eines b mit
folgendem Iniin. erliält, ist nur ein Notbehelf, der an dem empliatischen i<\^^
i<i^ij, 7H)lle Vei'zellmruj gewähren^ scheitert. Denn so käme der Sinn heraus,
dass Jahwe nur nicht mehr volle, aber doch halbe Vergebung gewähre, und
zudem würden die Liebeserweise eines Vaters gegen sein Kind nur auf das
Sündenvergeben eingeschränkt. Man muss mit den alten Versionen "'S adversativ
fassen, vgl. Ges.-Kautzsch27 § 163a und Stellen wie Gen 45 8 Ex 16 8 Rt 1 lo.
LXXund Vulgata haben aber dann eingesetzt, was man nach dem Zusammen-
hang erwartet, LXX: hX)C r\ dvTiTaoa6|X£vo; av-ciTdt$o[xai aüiotg, sondern ich
werde ihnen feindselig entgegentreten, und Vulgata, indem sie fc^t^i = ntf^J
nimmt: sed oblivione obliviscar eorum. Beides kann jedoch ^)^) nicht bedeuten,
es ist absolut = ^7^rÄ^^7^^/^ zu fassen, vgl. Ps 99 8 t^b^^ ^S, ein verzeihender Gott.
Die Worte sind daher zu übersetzen: nein^ sondern ich werde ihnen volle
Verzeihung gewähren, gehören ursprünglich nicht zu der Stelle, sondern w^oUen
wohl die ebenfalls später eingeschobenen Verse 2 i-3 vorbereiten. Sie sind
von jemand eingefügt, der es nicht verstehen konnte, wie Jahwe hier ein nicht-
verzeihender Gott heissen und Hosea nichts davon wissen sollte, dass Jahwe
die Exilierten einst zurückführen werde; sie korrigieren y. 6, wie 2 i-3 das
ganze vorangehende Cap. 1.
7 ist gleichfalls, wie v. e'^!^, ein Einschub. An dem Inhalt ist mit
Händen zu greifen, dass er sich auf die Rettung Jerusalems im Jahre 701 be-
zieht, die nicht durch eine von Hiskia gewonnene Schlacht, sondern durch eine
im assyrischen Heere ausgebrochene Pest oder durch Ereignisse im Osten des
assyrischen Reiches herbeigeführt wurde, welche Sanherib zum raschen Heim-
zug bewogen (vgl. Jes 37 36). Diese Rücksicht des Propheten auf Juda, um
das er sonst sich gar nicht kümmert, w^äre gerade so verwunderlich, wie die
genaue Vorhersagung dieses speziellen nach mehr denn 30 Jahren erst ein-
tretenden Ereignisses. Ein Späterer aber konnte finden, dass ein Prophet dies
habe wissen müssen. Auch in der Form ist der Vers kein Meisterwerk: Ich
werdedurchJ ahw e Rettung schaffen ist doch sehr auffallend, Jahwe ist ja selber
der Redende, und HDn^DS zwischen Bogen und Schwiert einerseits und Rossen
und Reitern anderseits nimmt sich nicht besonders gut aus; denn schwerlich
ist es mit M. Th. Houtsma (ZATW 1902, 329—331) als Bezeichnung einer
Waffe, ähnlich der Waffe des Gewittergottes, aufzufassen, sondern viel eher
wie 2 20 als Glosse im Einschub zu betrachten (so auch Sievees). Nach
LXX utoo? 'loüSa wird man rn^iT "^iSl für '^ il'^Ü lesen. Der Glossator hat an
den Parallelismus mit v. 6 b^'y^\ n*»? nicht gedacht, dem der MT aufhilft.
Über die von Juda handelnden Einschübe vgl. Einleitung III 2.
8 9 Die Geburt Lo-Ammis. 8 Das dritte Kind, ein Sohn, wurde
nach der Entwöhnung Lo-Ruchamas, also als diese 2—3 Jahre alt war (vgl.
Benzinger Archäol. S. 149), geboren. 9 Der Knabe wird Lo-Ammi =
Nichtmeinvolk genannt. Israel ist Lo-'Ammi. Damit ist die höchste Stufe der
Entfremdung zwischen Jahwe und den Israeliten ausgesprochen: Jesreel
Hos 19 20 Hos 2 1
deutet das Gericht für die Blutschuld des Hauses »Tehu an, Lo-Ruchama be-
sagt, dass Jahwe von Verwandtschaft mit ihnen nichts mehr empfindet, und Lo-
'Ammi, dass er sie auch nicht mehr als sein Volk, dem er wenn am Ende auch
nicht Liebe, so doch noch Sorge und Schutz schuldig wäre, ansehen kann, dass
er sich gänzlich von ihnen geschieden weiss. Demgemäss wird diese Namen-
gebung dahin erklärt, dass die Israeliten in Zukunft nicht mehr Jahwes Volk
sind und Jahwe nicht mehr ihr Gott ist. Das Band zwischen Jahwe und den
Israeliten ist ganz zerschnitten, er ist nicht mehr für sie da, nicht mehr ihr
Helfer und Beschützer. Man w4rd doch mit Wellh. Q5^'!^^iJ ^^ ^^^^\i ^^d
ich bin nicht euer Gott^ für DD^ njH« ^b '^\ zu lesen haben, trotzdem ausser
einigen Codd. der LXX die Versionen dem MT entsprechen und b 7VT\ = für
jemand sein Gen 31 42 bei E vorkommt; denn 2 25 zeugt dafür (vgl. auch Sach
8 8) und der Gegensatz in v. 9^ wird dadurch viel genauer (so auch Nowack).
Mit Y. 9^ wird die letzte Konsequenz gezogen aus der v. 2^t genannten
Sachlage.
c) Ein späterer Anhang: Die Verheissung einer herrlichen Zeit mit neuen
Namen an Stelle der von Hosea gegebenen Ilnglücksnamen 2 1-3.
Der Abschnitt 2 1-3 ist deutlich in Rücksicht auf 1 9 und das ganze erste Capitel
geschrieben ; denn die Yerheissung v. 1^ bezieht sich ausdrücklich auf den Namen "'teS?"«!?
(1 9), die den Israeliten gilt, und v. 2 und 3 haben alle drei Namen von Cap. 1, Jesreel,
Lo-Ruchama und Lo-^Ammi, vor Augen. Gleichwohl bereiten diese Yerse für den Zu-
sammenhang grosse Schwierigkeiten. Das „aber" oder „doch", mit dem die Übersetzungen
den Abschnitt einleiten, hat im Hebräischen keinen Grund, und ebenso stimmt der Inhalt
sehr wenig zu dem, was vorhergeht und was nachfolgt. Die Verse 1-3 reden nämlich
davon, dass einst die Israeliten in ungeheurer Menge vorhanden sein werden, dass sie
dann Kinder des lebendigen Gottes heissen, sich mit den Judäern vereinigen, unter einem
gemeinsamen Anführer aus dem Lande (s. Erklärung zu v. 2) wegziehen und von ihren
Brüdern freudig begrüsst und aufgenommen werden. Vorher und nachher ist aber nur
die schwerste Bedrohung der Israeliten zu lesen. Man hat darum daran gedacht, die
Verse seien von ihrem anderswo zu suchenden ursprünglichen Standort hierher ver-
schlagen, und sich auf die Heihenfolge in Em 9 25 26 berufen, um zu beweisen, dass sie
ursprünglich hinter 2 25 standen. Aber Paulus kann die Verse gruppieren, wie er will,
und giebt überdies E-m 9 25 26 nur Bruchstücke von Hos 2 25 und 2 1 wieder. Nimmt
man die Verse von ihrer jetzigen Stelle weg, so setzt man sich in "Widerspruch gegen die
unverkennbar beabsichtigte Anlehnung an 1 9 und fährt mit ihnen am Ende von Cap. 2
erst nicht besser, da der Schluss von 2 25 mit 2 1 tautologisch lautet. Es bleibt nichts
anderes übrig, als in den Versen einen Anhang zu sehen, der in gleichem Interesse ge-
macht ist, wie der Einschub des Schlusses von 1 6 Dn^ N'^S «b^J""^3. Es sollte sich schon
in Hosea zur Kompletierung und Korrektur der Unglücksverkündigung die Weissagung
des Heiles finden, welches einst nach den Worten Hesekiels (Cap. 37) durch die wunder-
bare Auferstehung des untergegangenen Volkes und die Vereinigung von Juda und Israel
herbeigeführt werden soll (ganz ebenso tritt Jes 2 1-4 zu Jes 1, Am 9 8-15 zu den Worten
des Propheten Amos). Eür die Entstehungszeit dieses Anhangs, der an Gedanken Hese-
kiels erinnert, darf nicht mit Oort die Zeit Josias in Anspruch genommen werden, mit
mehr Recht hat Giesebrecht (Beiträge zur Jesajakritik S. 214 — 216) denselben an das
Ende des Exils verlegt. Jedenfalls ist er nachhesekielisch, vielleicht sogar recht lange
nach Hesekiel entstanden, vgl. zu v. 25. Warum Oettli die Scheidung der Judäer und
Israeliten schon für die Exilszeit unwahrscheinlich nennt, sieht man angesichts Hes
37 19-22 nicht ein.
Metrisch lassen sich v. 1-3 als zwei Tetrastiche und ein Distichon auffassen.
1
Hos 2 1 21 Hos 2 2
1, das erste Tetrastich: die ungeraden Zeilen (t<b *il^« und '1D«;;2 be-
ginnend) sind kürzer als die geraden. bsito^""^;?^ wird hier, da es v. 2 neben
den nn^iT"'^^!! erscheint, die AngelwrifjcH des lYordrelchs meinen; die Ver-
heissung, dass sie an YmIiI dem Sande am Mee?' gleichkommen sollen, gilt zwar
Gesamtisrael, vgl. Gen 22 17 (eine deuteronomistische Stelle), 1 lieg 4 20 (nicht
älter als Gen 22 n) und Jes 48 19. ^Vi)^ Dipon, von LXX und Paulus Jim
9 26 mit Iv T(T> t6t:(o oü wiedergegeben, ist vielmehr in der Bedeutung von an-
stall dass zu verstehen. '^H"'?« "'iB Kinder des lebendigen Gottes d. h. seine
Angehörigen, seine Schützlinge und Lieblinge. Der lebendige Gott bildet den
Gegensatz zu den toten Götzen;. er ist der allein wahre Gott. Die Bezeichnung
des Gottes Israel mit "'n b^ ist nicht alt; sie erscheint von der Zeit desDeutero-
nomiums an, in welcher die Erkenntnis der Propheten von der Nichtigkeit der
fremden Götter und der alleinigen Wahrheit Jahwes fixiert wurde, vgl. Dtn
5 23 Jos 3 10 II Reg 19 4 I6 Jes 37 4 Ps 42 3 84 3. Die viel ältere Schwurformel
niHÜ ''H oder D\'l"b«n ^T\ negiert die Lebendigkeit der fremden Götter nicht.
2, das zweite Tetrastich. ^HiJ ^^\ ein gemeinsames Oberhaupt (ob aus
davidischem Geschlechte, wird nicht gesagt), wählen sich die vereinigten Juden
und Israeliten (vgl. Hes 37 2if.) |>"^«n"]p ^i^J^I und%iehen herauf aus dem Lande.
Diese Angabe wäre sofort verständlich, wenn man wüsste, was mit f "i^H ge-
meint sei. Ist es das heilige Land, dann könnte man an Eroberungen denken,
zu denen das geeinte Volk aus seinem Lande auszieht, oder an sein Ausrücken
aus allen Teilen des Landes zum Kampfe bei Jesreel. Aber für beides wäre
nSj; nicht der erwartete Ausdruck. Nach Jer 3 18, einer jungen Stelle, die
offenbar denselben Gedanken ausspricht, ist vielmehr n'jj; in dem gewöhnlichen
Sinne zu fassen, in dem es der terminus technicus geworden ist für den Zug
nach dem heiligen Lande und nach Jerusalem (vgl. Sach 14 16-18), und mit
l^isn die Fremde gemeint, in der sich Juden und Israeliten vereinigen und von
der sie unter einem gemeinsamen Anführer in die Heimat ziehen. An ein
einzelnes Land ist bei \^)^T\ nicht zu denken, auch in Hes 37 21, der Grund-
stelle für die hier und Jer 3 I8 vertretene Ansicht, sammelt Gott die Israeliten
D^inn l*^?)?, mitten heraus aus den Völkern^ und nimmt sie ^*'?D)?, von allen
Seiten^ zusammen, vgl. die ähnliche Erwartung Am 9 9 Jes 27 12. }^")Sn kann
nun wohl, wo es im Gegensatz zu T\iy[\ steht, geradezu die nichtjüdische Welt
bedeuten, vgl. '^y^T\ Dj; Esr 4 4 und die noch spätere Bedeutung des "[^ISn Dj;
als des Profanen, der dann als der Idiot, der Ungelehrte verstanden wurde,
in der Mischna z. B. Pirke 'Aböt 2 5. Doch wird es geratener sein, hier mit
DuHM (s. zu Jer 3 I8) eben unter Vergleichung dieser Stelle Jer 3 I8, die
]1ö^ Y"^^ als den Ort der Herkunft der Heimkehrenden nennt, den Plural
m^'l^ri"])?, aus den Ländern, zu lesen. Denn gross ist der Tag von Jesreel
kann in diesem Zusammenhang nicht auf den Gerichtstag über Israel (1 4 f.)
gehen, sondern muss eine Heilsbedeutung enthalten. Jesreel muss hier, wie
2 24 25, = Gott sät gefasst werden, und Der Tag , da Gott sät^ ist die herr-
liche erwartete Zeit des wunderbaren Wachstums der Israeliten, vgl. v. 1 und
V. 24 f.^ sowie auch Jer 31 27 f., s. ferner Jes 49 16-21 54 1-3 60 1-9. Der Ge-
danke, dass der Tag von Jesreel den Tag einer grossen siegreichen Schlacht
Hos 2 3 22 Hos 2 4
zur Aufrichtung eines jüdischen Reiches bedeute und also „für die Juden das-
selbe wäre, was der Tag von Gaza oder von Ipsos für die übrige Welt" (so
1)UHM zu Jer 3 18), liegt doch wohl ferner. 3, ein Distichon, das die Auf-
forderung enthält, die heimkehrenden Juden und Israeliten zu begrüssen. Die
Aufforderung ist an die bereits im Lande wohnenden Angehörigen des Volkes
gerichtet. Sie sollen ihre heimkehrenden Brüder und Schwestern, d. h. ihre
Volksgenossen auch als vollberechtigte Glieder des Volkes und als der gleichen
göttlichen Liebe teilhaftig anerkennen. Der Singular, den die LXX liest: xo}
döeXcpto ü[jLa)v xal xifj aSeXcp^j ufxdiv, ist nicht übel und bringt den ansprechen-
den Gedanken zum Ausdruck, dass die aus der Fremde Heimkehrenden die
früher Lo-'Ammi und Lo-ßuchama Geheissenen sind. Auf diese Weise ist der
Anschluss an Cap. 1, dessen Unglücksweissagung der Anhang 2 i-3 in eine
Heilsverheissung ausmünden lassen will, viel enger und sind alle drei Unglücks-
namen, Jesreel, Lo-'Ammi und Lo-Ruchama in glückbedeutende verwandelt.
Man lese daher DD'^n«^ und DDn1^^5^. Neuestens vermutet Meinhold in
V. 3 den verdorbenen Rest einer von Cap. 1 zu 2 4 überleitenden erzählenden
Notiz, die von der Verstossung Gomers berichtet habe und an die sich dann
die Rede 2 4ff. anschliessen könnte. Ursprünglich soll v. 3 etwa gelautet haben:
niDni N^ ^nnb^i ^^y ^b) b^V^V ••in^ IDi^l da sagte ich meinen Sölmen Jesreel und
Lo- Ammi und meiner- Tochter Lo-Ruchama. Aber abgesehen davon, dass es
reine Vermutung ist, Hosea habe einst von Gomers Schicksal weiteres erzählt,
beachtet Meinhold nicht, dass 2 4 ff. Jahwe redet, also sein v. 3 keine gute
Einleitung wäre.
2. Die Strafe Israels für seine Untreue und Ausblicke auf die herrliche
Zeit seiner Wiederbegnadigung 2 4—25.
Ausser geringen Beifügungen gehört v. 4 — 15^ Hosea an; viel fraglicher ist die
Herkunft von v. 15^-25, da hier ganz andre Gedanken und Gefühle Ausdruck finden als
V. 4-15% vgl. unten zu v. 15^-25.
a) 4—15^ Die Bestrafung Israels für seine Sünde. Jahwe redet; die
Kinder, zu denen er spricht, sind die Israeliten, und ihre Mutter ist das Land,
die Gesamtheit. Die ganze Rede, die ebenso wie Cap. 1 für die Darstellung
der Gedanken des Propheten grundlegenden Charakter hat, verläuft in zwölf
Tetrastichen von kurzen Zeilen.
4—7^ Die Sünde. 4, die erste Strophe: Hadert mit eurer Mutter,
hadert, Denn sie ist nicht mein Weib, Sie soll ihre freche Hurerei einstelle?!
Und ihre schamlos geübte Ehebrecherei. Mit ^3 ist nicht einfach in parenthe-
tischer Weise die Benennung Israels als Mutter der Israeliten und nicht als
Gattin Jahwes begründet, sondern der Grund angegeben, weshalb Israel die
ernsthaftesten Vorstellungen verdient, eben weil sie Jahwes Gattin nicht mehr
ist. Dazu passt aber die Fortsetzung 7W^^ i^b ^i^^\ in keiner Weise; denn sie
würde ja einen Vorwurf auf Jahwe selber legen, weil sie dem weil sie mit
andern es hält parallel gefasst werden müsste. TW""^ ^h ^^ilSlI ist daher eine
gutgemeinte, aber übelangebrachte Glosse zur Erklärung von ^P^"^^ ^"7 ^'^Tr%
Den Zweck der Vorstellungen geben die beiden letzten Stichen an, die wört-
Hos 2 4 23 Hos 2 7
lieh lauten: Sie soll we^thun ihr hurerisches Gebaren aus ihrem Angesicht
Und ihre Ehebrecherei von zwischen ihren Brüsten. Da von öchmuck im Ge-
sicht und zwischen den Brüsten als besonderes Kennzeichen für derartige Per-
sonen nichts bekannt ist (v. 15 kann dafür nicht zum Beweise genügen), da-
gegen eine freche Stirn und ein Gesicht, das keine Schamröte kennt, sowie
eine schamlos unverhülltc Brust wohl verständlich erscheint (vgl. Jer 3 3), so
wird die oben gegebene freiere Übersetzung dem Sinne genau entsprechen.
Die schamlos geübte Ifurercl und Khcbrecherei Israels ist sein Kultus, der
Hosea niclit als Jahwedienst, sondern als Verehrung der Baalim, als Götzen-
dienst, gilt, so sehr die Israeliten dabei Jahwe zu dienen vermeinen. Der
Kultus ist die Sünde Israels, er steht auf einer Linie mit der Untreue Gomers
gegen Hosea, s. zu v. 7'*.
5^*>«ß, die zweite Strophe: Sonst werde ich sie nackt ausziehen Und sie
so hinstellen^ wie sie am Tag ihrer Geburt war. Und werde ich sie der Steppe
gleich werden lassen Und sie einem dürren Boden gleich machen. Was Israel
war, ist es durch Jahwe geworden; kehrt es ihm den Rücken, so soll es in den
Zustand der Verlassenheit zurücksinken, in dem es am Anfang war. Nach
der Ausführung des Bildes, die Hes 16 giebt, scheint es ein Teil der Strafe
der Ehebrecherinnen gewesen zu sein, dass sie nackt und bloss ausgezogen und
an dßn Pranger gestellt wurden, vgl. Hes 16 38 f. In den zwei letzten
Stichen, wie in 1 2bT, erscheint Israel als Land; die Strafe der ehebrecherischen
Mutter wird als gänzliche Verödung des Landes zu einer regenlosen Steppe
geschildert. Die beiden Bilder für die Gesamtheit: Mutter und Land, gehen
neben einander her. Auch wir reden von der Mutter Helvetia und können
sowohl Helvetias, als auch Helvetiens Söhne sagen.
5'^T— 7% die dritte Strophe, kehrt wieder zu dem Bilde von y. 4 5^ zurück:
Und werde ich sie sterben lassen vor Durst Und ihren Kindern keine Liebe
erzeigen, Denn ihre Mutter hat Unzucht getrieben, Die sie unter dem Herzen
trug, sich der Schande ergeben. Die letzte Strafe der Ehebrecherin ist der
Tod, vgl. Dtn 22 22 Lev 20 10 Hes 16 40, der hier bei dem zwischen Land und
Mutter schwankenden Bilde durch Durst ^ durch Regenlosigkeit, angedroht
wird. 6 Zu DPin« N^ vgl. nDHI t^'W 6 ; zu der Lesart nnii< in einigen Codd.
Vgl. Ges.-Kaützsch2 7 § 52 n. Mit Unrecht beanstandet Nowack y. 6^;
worauf sollen sich denn die Suffixe in y. 7^ beziehen? Dagegen ist y. 6'^ eine
Glosse, die prosaisch mit aus 1 2 entlehntem Ausdruck die viel stärkere und
bessere Begründung y. 7^ vorwegnimmt. Dadurch wird man auch die beiden
auf einer Linie stehenden, nebeneinander unverträglichen "'S y. 6^ und y. 7^ los.
7^ Zu ni^^nin dem metaplastischen Perf. Hiph. von ti^lS, in der Bedeutung
Schande treiben, sich schandbar betragen., vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 72x und
78 b. DHIin, das Part. Kai von Hin mit Suff., heisst : die mit ihnen
TT' • TT '
schwanger war, die sie unter dem Herzen trug,
. 1^ — 15^ Die Strafe. Die Darlegung derselben verläuft in zwei Absätzen
V. 7^^-9 und V. 10-15. Jeder beginnt mit einer Präcisierung der Sünde und scbliesst
daran die entsprechende Strafe. Die Lust an den Liebhabern wird durch die Verunmög-
lichung jedes Verkehrs mit ihnen (v. 7^-9) und die Herleitung der Gaben des Landes von
Hos 2 7 24 Hos 2 8
ihnen durch den Entzug derselben und die völlige Verwüstung des Landes (v. 10-15) be-
straft. Der zweite Absatz giebt die Exposition des ersten.
7^ die vierte Strophe: [Off en] erklärte sie ja: ich will gehen Hinter
meinen Buhlen her^ Die Brot und Wasser mir geben, Wolle und Flachs, Öl
und Getränke. Hier wird nun deutlich gesagt, was der Prophet das ehe-
brecherische Treiben nennt, zu dem sich Israel offen bekennt und von dem es
nicht lassen zu wollen bestimmt erklärt. Israel will (beachte HD^^jl, nicht ein-
faches "JJ^iSl) den Buhlen nachlaufen, um durch sie Nahrung und Kleidung und
was es sonst für die Genüsse des Lebens darüber hinaus noch braucht, zu er-
werben. Die Buhlen, die Liebhaber, Israels, sind die Baale, wie früher die von
den Kanaanitern im Lande verehrten Gottheiten hiessen, wie aber Hosea die
an den verschiedenen Kultstätten lokalisierten Jahwes nennt (v. 15). Hosea
bezeichnet damit den Kultus der Israeliten als einen heidnischen. Er konnte
das, weil die Israeliten die Heiligtümer und Feste der Landesgötter, der
Baale, von den Kanaanitern übernommen hatten; zuerst werden sie wirklich
neben Jahwe diese Landesgötter verehrt haben, weil sie die Segnungen des
Landes von diesen abhängig glaubten; nach und nach, als sich Jahwe durch
die völlige Überwindung der Kanaaniter immer mehr auch als den Herrn des
Landes ausgewiesen hatte, wurden zwar an den alten kanaanitischen Heilig-
tümern Kultus und Feste zu Ehren Jahwes gefeiert. Aber die Art des Kultus
blieb kanaanitisch, und leicht konnte Jahwe an den verschiedenen Heilig-
tümern, die obendrein die alten Bilder, wenn schon jetzt als Jahwebilder ge-
fasst, behalten hatten, auf die Stufe der alten Landesgötter herabgezogen
werden. So lag gerade im Kultus, so sehr er Jahwe dargebracht galt, die
Gefahr des Heidentums nahe. Nach Ursprung und Art des Kultus urteilen
die Propheten daher richtig, wenn sie ihn fort und fort als Heidentum be-
trachtet haben, und Hosea kann mit Recht den Jahwedienst einen „Baals''-
dienst und das Laufen nach den Jahweheiligtümern ein „Baal nachlaufen"
nennen. Das Deuteronomium suchte später der immer wieder drohenden Ge-
fahr abzuhelfen, aber so, dass es den Kultus nach Jerusalem konzentrierte,
ihn also doch als legitimes Element anerkannte. Der Priesterkodex hat dasselbe
dann so betont, dass es den ersten Platz beanspruchte und der fremde Gast
schliesslich als der Herr im Hause schaltete und den wahren Herrn beinahe
ganz zum Tempel hinauswarf.
8, die fünfte Strophe, mit dem bei Strafankündigungen üblichen ]2\ be-
ginnend: Darum siehe ich will verzäunen Ihren Weg mit Dornen Und will ihre
Mauer mauern, Dass sie ihre Pfade nicht findet. Zu lf^ verzäunen vgl. Hi
1 10 und TJ-ID Hi 38 8. Für "^W^ ist mit LXX, Pesch. dem ganzen Kontext ge-
mäss T\y\y\y ihren Weg, zu lesen ; ferner ist niHIl mit Mappik zu punktieren, vgl.
Baee. Zu dem Bilde vgl. Hi 3 23 19 8 Thr 3 7 9; es ist hergenommen von der
Einhegung eines wilden oder brünstigen Tieres, dem der Ausbruch dadurch
unmöglich gemacht wird, dass die Stellen, wo es in einem Zaune durchzu-
brechen pflegte, mit Dornen verzäunt und die Risse in der Mauer, in die es
eingeschlossen war, vermauert werden (vgl. zu 1^5 II5 Hes 13 5 22 so), so dass
es den gewohnten Ausgang nicht mehr finden kann.
Hos 2 9 25 Hos 2 11
9% die sechste Strophe. Jahwe bringt so das Volk in die Lage, dass es
seinen Kultus einstellen muss: Und wird sie ihren Buhlen nachlaufen^ Sie wird
sie nicht erreichen^ Und wird sie sie suchen^ Sie wird sie nicht finden. HD'^l'j
knüpft die neue Aussage als Folge an das Vorhergehende an, aber ist selber
wieder enge mit dem imperfektischen Sätzchen zu verbinden, auf dem der Nach-
druck liegt: Dann mag sie lange noch so eifrig (beachte das Pi el ^y) ihren
Liebhabern nachlaufen^ sie wird sie nicht finden; ganz parallel damit sind die
beiden letzten kurzen Stichen der Strophe, wo mit Oettli nach LXX mindestens
DS^DH für ^^5D^ zu lesen ist. Auf welche Weise dem Volke der Kultus unmög-
lich gemacht wird, zeigt das Folgende (y. io-15): Jahwe entzieht ihnen, was es zu
den Feiern und Festen gebraucht. 9'^ unterbricht den Zusammenhang und
redet von Busse und Bekehrung, von denen v. loff. nichts zu verspüren ist.
Wellh. sagt zwar: „In der äussersten Not regt sich das Bewusstsein des Unter-
schiedes zwischen dem alten Jahwedienst und dem mit der Einwanderung über-
nommenen dionysischen Kultus"; aber dieses Bewusstsein bleibt nur einen
Augenblick wach. Auch stimmt der Ausdruck nicht zu der Fassung Hoseas:
Die Ehebrecherin hat noch ihren Mann, nur läuft sie Liebhabern nach, hier
aber hat sie bereits einen zweiten Mann; bei Hosea ist sie von ihrem Manne
eingehegt und kann nicht von Ort und Stelle, wie soll sie da erst noch zurück-
kehren müssen und können? Daher ist v. 9^ ein Einschub, der das Volk im
Exil zur Einsicht kommen lässt, dass es in der Heimat besser daran gewesen
sei. Damit verliert auch die von Ooet und Condamin vorgeschlagene Ver-
setzung von Y. 8 und 9 an das Ende hinter y. 15 jeden Grund; denn ohne y. 9^
wird man keine Lust haben, die vorbereitenden Verse y. 8 9 hinter ihre Expo-
sition V. 11-15, am wenigsten hinter den abschliessenden y. 15 zu setzen, und
ohnehin gehört die Drohung der Einhegung hinter die Aussage vom Hang den
Liebhabern nachzulaufen, während sie nach y. 15 zu spät kommt.
10, die siebente Strophe, nimmt die bereits y. 7 angedeutete falsche
Meinung von dem Ursprung der Gaben der Natur auf und bereitet den Boden
für die v. 11-15 exponierte Strafe, s. Vorbemerk, zu y. 7^-15\ Und sie^ sie weiss
nichts Dass ich es bin, der ihr gegeben Das Getreide, den Most und das Öl Und
ihr Silber in Menge geschenkt hat. TaVl Korn^ Most und Öl^ den drei hauptsäch-
lichsten Naturprodukten Kanaans, vgl. z. B. Dtn 7 13 11 u 12 17. Mit den
drei letzten Worten 'pj;?^ ^li^j; ^HJI ist im Kontext nichts Rechtes anzufangen.
Wellh. und Nowack beanstanden nur die zwei letzten Worte; ihre Gründe
sind entscheidend: der Plural ^t^j; hat kein Subj., es müsste fem. sing. Hilb^j;
gelesen werden, und ^J^5^, dem Baaf ist für Hosea, der den Plural D^^pj;!! ge-
braucht (s. Y. 15), ungewöhnlich. Aber auch nnn gehört zum Zusatz, denn es
klappt sehr unpassend nach, es müsste, wenn acht, neben ^03 stehen. Der Glos-
sator wollte, was hier gar nicht passt, als neue Sünde Israels hervorheben, dass
das von Jahwe geschenkte Silber und Gold zur Herstellung von* Baalsbildern
verwendet wui'de (vgl. 8 4 Jes 44 17), fügte also hinzu und Gold, ivoraus sie den
Baal seil. Bilder desselben anfertigten.
11, die achte Strophe: Darum will ich mein Getreide %u seiner Zeit
wieder nehmen Und meinen Most %u seiner Frist Und ihr entziehen ineine Wolle
Hos 2 11 26 Hos 2 14
und meinen Flachs, Womit sie ihre Blosse bedecken sollte. ^V\T\^^\ y\^)^ be-
deutet wiederkommen, zurückkommen, um zu nehmen s. Ges.-Kautzsch^?
§ 120 e, also: wieder nelwien. Die Suff, in inj?!^ und HX^IDS beziehen sich je
auf das vorangehende Nomen: wenn es die Zeit des Getreides, wenn es die
Jahreszeit des Mostes ist. nnilj^'nt^ niDD/ ist nicht vom Verbum ^ThtVi
abhängig, sondern gehört als Qualifikation, als eine Art Relativsatz zu den
beiden Substantiven '^"lö^ und ^V\^^ = Wolle und Flachs zur Bedeckung ihrer
Blosse, d. i. womit sie ihre Blosse bedecken sollte,
12 13, die neunte Strophe: Und so will ich ihre Scham aufdecken
Und keiner wird sie meiner Gewalt entreissen Und ich will all ihrer
Wonne ein Ende bereiten^ Ihrem Fest, ihrem Neumond und ihrem Sabbat.
nnj^l, und auf solche Weise (vgl. auch 5? 10 3), leitet die Folgen des Ent-
zugs der Mittel zu Nahrung und Kleidung (v. ii) ein: Fehlen Wolle und
Flachs, so bleibt ihre Blosse (il^^Di Stt. Xsy. = weibliche Scham) ungedeckt.
0''?0^? ""Tübi ^^or den Augen ihrer Liebhaber, ist eine sehr ungeschickte Ein-
fügung; die Liebhaber sind ja im Grunde in den Augen des Propheten
nichts, und wie sie nicht helfen können (v. 12^), so sehen sie auch nicht.
Zudem ist die Frau auch eingehegt und vom Verkehr mit ihren Buhlen
abgeschnitten. 13 Fehlen weiter Korn, Most und Ol, so hat es mit
den fröhlichen Feiertagen ein Ende, ^n ist das Fest mit Festzug und Reigen
am Heiligtum, besonders das Herbstfest, das fröhlichste und wichtigste der
jährlichen Hauptfeste. Vom Neumond und Sabbat spricht auch Am 8 5 (s. dort).
Man ersieht aus unserer Stelle, wie der alte Kultus einen fröhlichen Charakter
hatte und wie Sabbat und Neumond Tage ungezwungener Fröhlichkeit waren;
von der späteren Kasteiung (ti^Di '^^^V ^^^ Zwang, den man sich anthun musste)
wusste man nichts. Diese Feste gelten Hosea nicht als notwendiger Bestand-
teil der Jahwereligion; gewiss hat er soweit recht, als die mit dem Ackerbau
zusammenhangenden Feste kanaanitischen Ursprungs sind, ob aber alle Feste
überhaupt, bleibt die Frage. nn??1D bbl, und all ihren Festzeiten^ ist Glosse;
soll es die vorangehenden Festtage zusammenfassen, was an sich unnötig
erscheint, so ist das einleitende 1, und zwar, prosaisch; soll es dagegen die Auf-
zählung vermehren, so verrät es den späteren Standpunkt, dem alle in Lev 23
genannten D'^IJJID bekannt sind.
14% die zehnte Strophe: Und ich will ihren Weinstock und ihren Feigen-
baum verwüsten^ Von denen sie gesagt hat: Hurenlohn sind sie mir, Den mir
meine Buhlen gegeben. Weinstock und Feigenbaum werden noch besonders
genannt, weil sie gerade als die eigentlichen Gaben des Kulturlandes Kanaan
und das Geschenk der Baale galten. Wie alle andere Vegetation veröden auch
diese Pflanzungen, und nun hört von selber der fröhliche Kultus auf. Was die
Verödung herbeiführt, Dürre oder Krieg, oder beides zusammen, wird nicht
gesagt; genug, dass völlige Verwüstung kommt. Für HiHiS:, das sich nur
hier findet, wird man am besten die gewöhnliche Form ]5n^ lesen. An Stelle
der Gärten tritt die Wildnis; das besagt
14^, der Anfang der elften Strophe: Und ich will sie ^Qi\, die Wein- und
Feigenbaumgärten in Wildnis verwandeln , Dass die wilden Tiere darin ihre
Hos 2 U 27 Hos 2 15
Nahrung finden. Der Rest der Strophe felilt; LXX bietet noch: Lnd die
Vögel des Himmels Und das Gewürm der Erde. Unmöglich ist es nicht, dass
wir darin den Rest der Strophe liaben; sie würde der folgenden parallel gebaut
sein, in den letzten drei Stichen eine Erklärung des ersten geben. Doch kann
LXX diese Worte aus v. 20 hier eingetragen haben, um die zwei verloren ge-
gangenen oder unleserlich gewordenen Stichen zu ersetzen.
15'S die zwölfte Strophe, schliesst zusammenfassend die Strafankündigung
ab : Und ich icerde so an ihr die Tage der Baale strafen^ Wo sie ihnen opferte
Und sich dazu mit King und Geschmeide schmückte Und ihren Buhlen nach-
lief. Unter den Tagen der Baale ist nicht die Zeit, da man den Baalen diente,
zu verstehen, sondern bestimmter: die Festtage, die man den Baalen feierte,
die Fest- und Feiertage von v. 13. Hosea nennt sie Feste der „Baale", obschon
sie das Volk als Jahwefeste beging, weil sie ihm durch ihr heidnisches Gepräge
zu Baalstagen geworden waren und er so Jahwe auf die Stufe der Baalim, der
verschiedenen Lokalgottheiten, des Baal von dieser oder jener heiligen Stätte
degradiert sah; vgl. zu y. 7'\ Für ippri, den späteren term. teclm. für das
Darbringen des Räucheropfers, liest man besser mit Xowack das in der alten
Zeit gebräuchliche Pi. "l^J^H, opfern = das Opfer verbrennen, vgl. 4 13 11 2
Am 4 5. In njjni leitet das 1 consec. nicht die wirkliche zeitliche Folge des
*l^j5r>, sondern vielmehr die logisch aus der Absicht des Opferns sich ergeben-
den Veranstaltungen ein, also: sie opferte und schmückte sich dazu mit Ring
und Geschmeide. Dass man zum Feste sich schmückte, ist alte Sitte, s. Marti
Gesch. der Israel. Rel.4 S. 32; dass auch die Weiber am Fest sich beteiligten,
versteht sich von selbst, vgl. Ex 3 18 21 f., kann aber aus unserer Stelle nicht
besonders abgeleitet werden, da die Ehebrecherin, um die es sich hier handelt,
das gesamte Volk darstellt. Zu dem aTi. Xsy. H^^H, Geschmeide^ vgl. "hVs
Prv 25 12, wo auch daneben DU genannt ist.
b) 15^—25 Die Anbahnung und Herstellung* einer neuen glücklichen und un-
verbrüchlichen Verbindung zwischen Jahwe und Israel.
Diese Yerse gehen aus einem ganz anderen Ton als v. 4-1 5^ Dort spricht der Zorn
über die erlebte Untreue, hier der Schmerz der Liebe und die Hoffnung auf die Zukunft;
dort wird nur an Strafe gedacht, hier wird Besserung versucht und verheissen; dort ist
der Tod der ehebrecherischen Gattin und gänzliche Verödung des Landes das Ende,
hier selige AViedervereinigung und herrlichste Fruchtbarkeit. Dieser Wechsel könnte den
entgegengesetzten in der Seele des Propheten ringenden Gefühlen entspringen und der
verschiedenen Stimmung Ausdruck geben. Aber diese Annahme ist schon schwer, da die
Darlegungen nicht wie schwankende Erwägungen eines entweder — oder lauten, sondern
beide Gedankenreihen mit derselben Bestimmtheit als Jahwes Wort gegeben sind. Der
Prophet ist doch nicht blos ein Lyriker, der sich von seinen Stimmungen hinreissen lässt.
Und an Stelle des entweder — oder ein sowohl — als auch zu setzen, so dass beides vom
Propheten verkündet wäre, sowohl dass zunächst schwere Strafe erfolge, als auch dass
nachher aber die Uebermacht der Liebe hervorbreche, wird durch sachliche Widersprüche
verboten. Denn v. 4-15^ ist von Verwüstung des Landes, wo Israel wohnte, und vom
Untergang in demselben die Kede, v. 16 f. dagegen spricht von Wegführung in die
Wüste und von neuem Einzug in Kanaan. Dieser Widerspruch ist so offenkundig, dass
Wellh. sogar es für möglich halten will, „die Versetzung in die AVüste sei nur ein Aus-
druck für die gänzliche Desolation des heiligen Landes." Diese Möglichkeit ist aber doch
Hos 2 15 28 Hos 2 16
durch n"'ri?^i'l V. 16 und den verheissenen Einzug in die alte Heimat v. 17 ausgeschlossen
(vgl. zu V. 16 f.), und die Lösung der Schwierigkeiten bringt allein die Annahme, dass
V. 15^-25 eine spätere Hinzufügung sei, die die von Hosea gedrohte Verwüstung auf das
Exil deutet und die alte hoseanische Prophetie so vervollständigt, dass die als Exil gedeu-
tete Verödung nicht das Ende ist, wie Hosea verkündigte, sondern als der Durchgangs-
punkt zu einer herrlichen neuen Periode erscheint. So ergänzen und verbessern v. 1 5^^-25
die später als einseitig und unvollständig empfundene Weissagung Hoseas. Diese
Ergänzung weist die besonders seit Hesekiel in der Schilderung des eschatologischen Ge-
mäldes üblichen Züge auf: die Rückkehr ins heilige Land, Glück und Frieden in demselben,
ungetrübte Verbindung mit Jahwe und wunderbare Fruchtbarkeit des Landes; einige Züge
sind als Gegenbild zu der Drohung v. 4-15^ eigenartig formuliert v. 18 f. v. 20-25, s. die
Erklärung. Der Text hat mannigfach gelitten, besonders in den auf Israel gehenden
Suffixen; es wird statt der 2. pers. fem. sing, und der 3. masc. plur. überall die 3. pers.
fem. sing, herzustellen sein, vgl. unten die Auslegung.
Zu der hier behandelten Frage der Achtheit von 2 15*^-25 vgl. bes. P. Volz (Die
vorexil. Jahweprophetie und der Messias S. 25 — 29), der allerdings zu weit geht, wenn er
im ganzen Capitel nur v. 7 lOf. 14 13 15 (19) Hosea belässt; ferner s. K. J. Grimm, Liturgical
Appendixes in The 0. T. S. 63 — 67. Nowack, der in seinem Kommentar fast ganz P. Volz
zugestimmt hat, nimmt jetzt (Die Zukunftshoffnungen Israels in der assyr. Zeit S. 43) seine
Bedenken gegen 2 16 f. 20 ff. als nicht durchschlagende zurück.
Metrisch sind in v. 15*^-25 sieben Vierzeiler zu unterscheiden.
15''— 17 Die Heimführung durch die Wüste nach Kanaan.
15^ 16, die erste Strophe: Und mich hat sie vergessen^ ist Jahwes Spruch;
Darum siehe ich will sie locken Und sie in die Wüste führen Und ihr %u
Herzen reden. TiVö'ü ^Tli^l fasst kurz das Resultat, zu dem es mit Israel
gekommen ist, zusammen und kennzeichnet seine Situation. Der Ausdruck, der
viel milder als das Urteil Hoseas lautet, vgl. y. 4 7 (8 14 13 6, wo er wieder vor-
kommt, stammt er nicht Yon Hosea, s. zu diesen Stellen), ist vom Dtn an beliebt.
Gott haben sie vergessen im Exil, gemeint ist vor allem: seine Macht zu helfen,
wie in den Stellen Dtn 612811 14 isf. 32 I8, s. zu Jes 17 10. Auch r\)Tfi D^^
gebraucht Hosea nicht; vgl. zu 11 11, wo es allein ausser Cap. 2 vorkommt.
16 Bei der soeben gegebenen Fassung von Gott vergessen versteht man die
Fortsetzung mit ]5^; aber ist es denkbar, dass Hosea, der ganz andre ]2^ v. 8 11
kennt, so fortfahre? Das kann nur ein Späterer, vgl. die verwandte späte Stelle
mit p^l Jes 30 18; für die Propheten des 8. Jahrh. ist das „Gott vergessen
haben" ein Grund für Bestrafung und Gericht, aber nicht für die suchende
Gnade Gottes, vgl. zu Jes 30 18-26. H'^riDD von nriö, Pi. bereden^ verlocken^
locken^ ist hier im guten Sinne gebraucht, vgl. Jer 20 7, aber auch Ex 22 I6;
ein solches „Bereden" ist nötig, da Israel vergessen hat, dass Gott helfen
kann; die von Buhl vorgeschlagene Änderung in nnPÖD, ich werde ihre Fesseln
lösen, ist keine Verbesserung. "l^löH, die Wüste, in welche Jahwe sie führt,
ist „die Wüste der Völker" Ü^^VT} "\yTtp Hes 20 35 d. i. die syrisch-arabische
Wüste, welche die Heimziehenden aus dem Exil passieren müssen, wie einst die
aus Ägypten Befreiten. Die Geschichte Israels wiederholt sich: Gott kann
noch retten, wie einst aus Ägypten, so jetzt aus dem Exil; wie in der Wüste
einst Gott sich Israel kundgab, so wird er jetzt wieder es thun und ih?n %u
Herzen reden, und nachher folgt der Einzug in Kanaan, s. v. 17. Den besten
Kommentar zu den beiden letzten Stichen bildet Hes 20 34-38. Die Wüste ist
Hos 2 16 29 Hos 2 18
also nicht das Exil, auch nicht das verwüstete Kanaan, aber es ist auch nicht,
wie BuDDE erklärt, die Zurückversetzung in das Leben der Wüste als in die
einfachen und der ursprünglichen »lahwcTeligion mehr ents])reclienden Verhält-
nisse der Nomaden damit gemeint, und die Führung in die Wüste hat nicht
den Zweck der Strafe, sondern der Aufrichtung, des %u Herzen liedens^ hv 1?'^
1^ d. h. wie Jes 40 2 Rt 2 13 des Tröstens, des Mut und Hoffnung auf die Zu-
kunft Zusprechens.
17, die zweite Strophe: Und ich will ihr ihre Weinberge geben Und das
Thal Akor %ur Pforte der llo/fnung machen Und sie tvird dorlhin hinaufziehen
wie in den Tagen ihrer Jugend Und wie damals, als sie aus Ägypten herauf-
zog. Statt des unverständlichen \ D^tt, das von dort, nicht rfor^ heisst und selt-
sam genug als = von der Wüste aus (schon die Weinberge in Kanaan zu-
erteilen) erklärt wird, lies mit Oettli ''riD^I, wodurch auch die Konstruktion
gut verbessert wird, die jetzt ''^051 in den beiden ersten Stichen in verschiedener
Bedeutung {geben und zu etwas machen) und mit verschiedenem b {== Dativ
und = zu) voraussetzt; ferner ist mit Buhl nn^j; in nn^j; zu verbessern, w^ie das
nm^J? nahelegt und HÄ^ fordert, dem ein Verb der Bewegung vorausgehen
muss. übrigens zeigt auch die Unsicherheit, mit der die Übersetzer Hllijj;
gegenüberstehen, abgesehen von der unmöglichen Konstruktion mit HlSti^, dass
hier 'ein Fehler steckt: nach den einen soll HH^J^ fügsam sein^ nach den andern
demütig sein und wieder nach andern singen bedeuten, letzteres wegen des
einst beim Auszug am Meer gesungenen Liedes Ex 15. Der Sinn ist also
der: Israel soll seine Weinberge im gelobten Lande wiedererhalten; das Thal
Akor (vgl. Jos 7 24 26 15 7 Jes 65 lo), durch welches einst das Volk von Jericho
aus ins Gebirgsland einzog, soll ihm neuerdings zur Pforte der Hoffnung^ zu
einem Thore, durch das es zu herrlichem Glücke gelangt, werden, und dorthin
d. h. in das zur Pforte der guten Hoffnung gewordene Thal Akor zieht Israel
w^ieder hinauf. Der erste Stichos wird durch die drei folgenden erklärt. Mit
BuDDE njipn T\T\^ nach 2 14 und Hab 3 i7 in X\yi^T\ n*)S, Feigengarten, zu ändern
empfiehlt sich nicht, weil dies für Thal Akor eine allgemeinere Bedeutung „un-
fruchtbare Schluchten" voraussetzt und so das Verständnis von Höti^' erschwert,
TT '
ausserdem auch bereits den erst v. 23-25 ausgeführten Gedanken von der Frucht-
barkeit des Landes in der Zukunft vorwegnimmt. Zu dem Bilde vgl. das Thor
der Strafe im Koran Sure 23 79 und das Thor der Weisheit Ps 90 12 (nach
Wellh.'s Korrektur HöDH nn'? «nil).
T t T T t T :/
Vgl. zu v. 16f. Fr. Bühl in ZATW 1885, 179—181 und K. Büdde The Nomadic
Ideal in the 0. T. in The New World Dec. 1895.
18 19 Das völlige Vergessen der Baale; die dritte Strophe. 18
bietet im jetzigen Wortlaut nach allen Seiten hin Bedenken: die Form der
Anrede geht nicht an vor v. 19, wo wieder die übliche 3. pers. fem. erscheint;
der Inhalt ist so sonderbar, dass er gar kein Vertrauen erweckt. Man hat
wirklich mit Wellh. zu fragen, ob Jahwe jemals von den Israeliten mit "h^^^
mein Gemahl, angeredet wurde, und ob sie in der That zu ihm ''^"'fc<, mein Mann,
sagen sollten. „Baal" haben die Israeliten allerdings einst Jahwe genannt,
aber es sollte ihn nicht als „Gemahl", was es allerdings heissen kann, sondern
Hos 2 18 30 Hos 2 20
als „Herr", wohl als „Besitzer des Landes" bezeichnen; vgl. die Namen Isch-
ba'al, Meribaal. Dieser Gebrauch des in seinem Ursprung auf die bei den
Kanaanitern übliche Bezeichnung zurückgehenden Namens war später bei den
Israeliten verpönt, weshalb auch die oben angeführten Namen in Ischboschet,
Mephiboschet umgeändert wurden. Nicht nur die kleinliche Korrektur des
Sprachgebrauchs für „Gemahl" muss daher intendiert sein, wenn der Vers nicht
als Glosse mit Wellh. u. a. ausgeschieden sein will, sondern es muss irgend ein
wichtigerer Gedanke sich darin verbergen, der nicht nur den nominellen, sondern
den reellen Gegensatz zwischen Jahwe und Baal berührt. Diesem Desiderat
kommt LXX ein Stück weit entgegen, da sie für '^bv^ BaaXstji und beidemal
für die 2. pers. *'i5"!pn die 3. xaXsoct bietet, also den Plural D^'VJJ? und zweimal
S'jjpn gelesen hat; verfolgt man diesen Weg weiter, so liegt es in seiner Konse-
quenz, mit DuHM noch ^P'^^ in n^^J^^ (das b ist zu ^[Slpn] geworden, was dann
alle andern Verderbnisse im MT nach sich zog) und "hv^ Hy "^b in D^'pj^in'? 11J^ zu
verbessern. Jetzt erhält man die gehaltvolle Verheissung: Und an jenem
Tage^ ist Jahwes Spruch, ruft sie %u ihrem Mann Und ruft sie nicht mehr %u
den Baalen; in solcher Aussage ist n^'^i^ nicht anstössig (vgl. y. 4), und der
Sinn ist verständlich: Israel ist jetzt ein andres geworden, es kennt Jahwe und
hat kein Verlangen mehr nach den Baalen (vgl. y. 7 14). 19 gibt zu y. i8
nach Form und Inhalt eine gute Fortsetzung: man wird die Namen der Baale
nicht mehr in den Mund nehmen. Und ich entferne die Namen der Baale aus
ihrem Munde Und sie sollen nicht mehr mit ihrem Namen erwähnt werden.
Für DDtS^Ü, das auf der Linie des MT von y. 18 steht, also nur den Namen b^^
nicht mehr erwähnt sehen will, ist DHb^S zu lesen vgl. LXX und Sach 13 2.
D'^byinn ist soviel dem Sinne nach wie D^'S^X^H Sach 13 2: Von Götzendienst soll
in der messianischen Zeit (^^TIT] DV5 v. 18) keine Rede mehr sein.
20 Die Sicherheit und der Frieden des Landes; die vierte
Strophe, das Gegenbild von y. 14^ ^ Und ich schliesse für sie einen Bund
Mit dem Wilde des Feldes^ Und Bogen und Schwert %erbreche ich Und lasse
sie in Sicherheit wohnen. Für Dn'7, das die Erinnerung an andre Stellen z. B.
Hes 34 25 verschuldet hat, lies rh, ebenso /Tfinsc^n für D^nns^n (LXX ^"^n— ,
mit Angleichung an y. 21), s. die Vorbem. zu y. 15^-25. ^\T\T\ DI"? trifft sicher
den Sinn des Autors, möglicherweise aber ist es hier nachträglich eingefügt
nach Y. 18, wo es allerdings samt HIJlll'DfcJ^i auch entbehrlich ist. Für ein-
gefügt betrachte ich ferner die Vögel des Himmels und das Gewürm des Erd-
bodens^ deren Schaden ein Späterer ausdrücklich auch ausgeschlossen haben
wollte; vielleicht gehört dieser Zusatz zu y. i4^ (s. dort). Endlich passt zu
in^is; weder das Obj. nDH^D^ noch die Näherbestimmung l^njJiTJÖ, beides sind
Glossen zur Verdeutlichung der ohnehin verständlichen Aussage, vielleicht
hervorgerufen durch Lev 26 6 Hes 34 25 Ps 76 4; sonst müsste man auch hier,
wie Hes 34 25 Ps 76 4, T\'%^)^ lesen. Die Grundstelle zu y. 20 ist Lev 26 6, wo
alle Gedanken sich eben so wie hier neben einander finden; im Einzelnen vgl.
für die Sicherheit vor den wilden Tieren Hes 34 25 28 Jes 11 6-9 35 9, für das
Aufhören des Kriegs Jes 9 4 2 4 Sach 9 10 Ps 46 10 76 4, alles keine vor exi-
lischen Stellen.
Hos 2 21 31 Hos 2 23
21 22 Die feierliche Verlobung Jahwes mit Israel zu einem
ewigen Bunde; die fünfte Strophe. Dass wieder wie in v. 18 Israel
angeredet ist, kann auch hier nur auf Textverderbnis beruhen, und die Ursache
derselben lässt sich hier noch erkennen. Am Schluss von v. 22 ist zunächst
durch Versehen aus niiTTl« r\)n'2^ geworden "^"HN n^HM (s. zu v. 22j und diese
unrichtig eingedrungene 2. pers. hat die Änderung der vorangehenden Suff, der
3. pers. fem. sing, in die 2. pers. fem. sing, nach sich gezogen (in J jXX selbst in
V. 2o'>); es ist also überall in y. 21 f. n^^nb^n^l für "JJ^n — zu lesen und dasselbe
samt *h mit Duhm ein viertes Mal statt des blossen 1 vor "TOHS zu wieder-
holen. Und ick verlobe sie mir au/' ewige Zeiten Und ich verlobe sie mir
mit Recht und Gerechtigkeit Und ich verlobe sie mir mit Liebe und Erbarmen
Und ich verlobe sie mir mit Treue und Erkenntnis Jahwes. Dass diesmal die
Verlobung auf ewige Zeiten D^IJ^'p erfolgen soll, zeigt, dass die erste Verbin-
dung gelöst worden ist, seil, durch das Exil, das also auch hier vorausgesetzt
ist. Zu der Verheissung der neuen unverbrüchlichen Verbindung vgl. Hes 16 60,
bes. aber Jes 54 8-10 Jer 31 35-37. tOötÄ^pn^i pn^2 u. s. w. geschieht die Ver-
lobung, d. h. Recht und Gerechtigkeit, Liebe und Erbarmen, Treue und Jahwe-
erkenntnis bilden das Band, welches Jahwe und Israel vereinigt; dass damit
nicht nur einseitig Leistungen Gottes gemeint sind, zeigt die Jahweerkenntnis ,
die doch Israels Eigentum sein wird. Aber man hat zu bedenken, dass auch
da, wo es sich um Israels Leistungen handelt, alles Gottes Schenkung ist, und
dass besonders die Gotteserkenntnis hiervon keine Ausnahme macht, da sie
auf Gottes Kundgebung beruht vgl. zu y. i6 und s. Jer 31 33f. Hin^'D« nj^'H hat
hier einen etwas andern Sinn als bei Hosea, s. zu 4 1; hier meint es die Er-
kenntnis, die Israel gewinnt infolge der Thaten Gottes, all der Fürsorge, die
Jahwe ihm zu teil werden lässt, vgl. Ex 6 7 u. öfters. So läuft am Ende alles
auf Gottes Gabe und Thun hinaus: er verlobt sich Israel nach Recht und Ge-
rechtigkeit, welche befolgt werden, da Israel eine solche Stellung zukommt vgl.
Jes 1 27 61 8, in der Liebe und dem Erbarmen, die er zu Israel besitzt Ygl.
zu Jes 42 14 und 43 1-7, in der Treue, die er ihm in der Erfüllung der Ver-
heissungen bezeigt vgl. Dtn 32 4 Ps 33 4f. 89 34, und in Gottes er kenntnis , die
er eben durch solche treue Fürsorge für Israel bewirkt. Da Jahwe spricht,
ist nin;;-n« für "^n« (vgl. Jer 9 5) nicht sehr gut, aber gleichwohl zu behalten,
wie njn;:!! in 1 7. Dagegen erfordert der Parallelismus statt des Verbums nj;T1
ein Substantivum, also ÜJ^inv, das Verbum ist auch inhaltlich nicht passend,
denn nicht dann erst soll Israel Jahwe kennen lernen, es kennt ihn ja jetzt
schon von der Führung in die Wüste her y. 16 und macht von da bis in alle
Ewigkeit die Erfahrung seiner Güte und Liebe. Auch in dieser Ver-
heissung einer ewigen herrlichen Vereinigung zeigt sich der späte Ursprung
von Y. 1 5^^-25, die oben angeführten Parallelstellen stammen nicht aus vor-
exilischer Zeit.
23—25 Die grosse Fruchtbarkeit und der reiche Segen im
Lande. 23f., die sechste Strophe, schildert die völlige Harmonie, die
dann zwischen den physischen und geistigen Sphären herrschen wird; die
Natur entspricht den Wünschen Jizre eis, weil Jahwe in seiner Liebe zu seinem
Hos 2 23 32 Hos 2 25
Volk mit diesen übereinstimmt; alle erfüllt der eine AVunsch, Jizre'el zu segnen.
Dann tcerde ich dem Himmel willfahren Und er wird der Erde willfahren Ind.
die Erde wird dem Korn, Most und Öl willfahren Und sie (d. h. diese) werden
Jizre'el willfahren! Jahwe entscheidet in oberster Instanz; er hat die Natur-
ordnung durch sein Veto stille gestellt (v. n-u), gibt er sein Placet, so können
Himmel und Erde ihre Segnungen entfalten, vgl. die ähnliche Vorstellung Jes
45 8. In LXX fehlt das erste HiX^S; wahrscheinlich ist, wie in v. 18, auch
N^nn DI'^J und nin;;"Di<^ oder doch das letztere spätere Zuthat. Das Verb
nij^ bedeutet hier erhör en, dem Wunsche jemands willfahren mit dem direkten
Obj. der Person, vgl. Koh 10 i9 mit dem Obj. der Sache = gewähren. Die von
DuHM (s. zu Jer 14 22) vorgeschlagene Bedeutung besprechen (incantare) lässt
sich nicht belegen und passt zum vierten Stichos (v. 24^) nicht mehr. Denn
Jizreel ist wie 1 4 der Repräsentant Israels, wenn es auch hier in anderer Be-
deutung als dort gefasst wird, nämlich == der den Gott sät^ das neue Israel der
messianischen Zeit, vgl. v. 2 und bes. H^'^J^It v. 25. Die neue Fassung spricht
nur für verschiedenen Ursprung der beiden Stellen. Zu der Fruchtbarkeit
der messianischen Zeit vgl. Jo 4 18 Am 9 13.
25, die siebente Strophe: Und ich werde sie mir fruchtbar werden
lassen im Lande Und werde Lo-Ruchama Liebe erweisen, Und ich werde %u
Lo-Ammi sagen: mein Volk bist du, Und er wird sagen: mein Gott. Es handelt
sich hier nicht um ein „Einsäen im Lande", aus dem Exil und der Wüste ist
„sie" längst nach Kanaan heimgekehrt vgl. v. ißf.; y. 25 redet von der Mehrung
ihrer Angehörigen, ihrer Kinder in Palästina d. h. des im Lande angesiedelten
neuen Volkes. Wenn Palästina fruchtbar ist (y. 28 f.), kann es eine Fülle von
Bewohnern ernähren; daran soll es nicht fehlen: Jahwe lässt sie fruchtbar
werden im Lande; das Bild von der Frau für das Volk in seiner Gresamtheit
ist bis zu Ende festgehalten, die Änderung in ^JT'nj^'lt für 7\^V\ — mit Beziehung
des ^n — auf ^NJ^ir. (so Wellh., Güthe u. a.) ist durchaus verfehlt. Die Nation
wird fruchtbar sein im Lande, vgl. die genaue Parallele Jer 31 27; "h mir, nicht
den Baalim, den Götzen, werden ihre Glieder gedeihen, als D^^'^^5 y\\, Gottes-
kinder vgl. Mal 2 i5, nicht als D'^i^it ^iT_ 1 2 (2 6) vgl. Jes 57 4. So werden die
Israeliten rechte Jizrdeliten, d. h. von Gott gesät, Gotteskinder; sie, die vorher
„Ungeliebt", Lo-Euchama, oder „Nicht-mein-Volk", Lo-'Ammi, hiessen, werden
nun Gottes Liebe reichlich erfahren und sein Volk heissen, aber nun auch
Jahwe als ihren Gott anerkennen. Mit diesem Ausblick auf die Mehrung der
Volksmenge, welche den Späteren so wichtig ist vgl 2 i Jer 31 27 33 22, und
der ümdeutung der Namen, die Israel in Cap. 1 gegeben sind, in glückver-
heissende Benennungen schliesst das trostreiche Gegenbild zu der Gerichts-
verkündigung Hoseas v. 4~i5^ ab. 2 1-3 ist nicht, wie man schon wollte, eine
Fortsetzung, sondern eine kürzere Parallele dazu, s. oben zu y. 1-3, aber ohne
Zweifel später als 2 15^-25 entstanden, da sein ^^i^Vir. Dl'' das ^^^p^. und H'^nj^nn
Y. 24f., sein riDm und •'föj^ die Verheissung y. 25 deutlich voraussetzt und auch
die Gedanken von y. 1 auf y. 25 beruhen. Mit solch einem Schlüsse, wie ihn
Y. 15^-25 bietet, konnte sich das spätere Judentum über Hoseas Unheilspredigt
trösten.
Hos 3 1 33 Hos 3 1
3. Eine zweite Heirat des Propheten, um Israels Verhältnis zu Jahwe
darzustellen. Cap. 3.
Dieser neue erzälilonde Absclmitt (Jap. 3 berichtet, wie Hosea auf Befehl Jahwes
eine zweite Heirat eingeht; wir Lassen vor der Hand die Frage unentschieden, ob mit der
ihm untreu gewordenen Gomer bat Diblajim oder mit einer andern J/erson ähnlichen
Charakters. Für geraume Zeit hält der Prophet die Geheiratete in strenger Klausur, weil
Israel lange Zeit im Exil verweilen muss, bis es endlich heimkehren und Jahwes Güte
erfahren darf.
Der Inhalt dieser Erzählung schliesst die Möglichkeit aus, Cap. 3 als gerade Fort-
setzung von Cap. 2 zu betrachten. Cap. 3 ist ja vielmehr zum grossen Teile nur eine
knappe Wiederholung der Gedanken von Cap. 2. Daher hat man schon vermutet, Cap. 3
solle in der Erzählung das nachbringen, was in den Erlebnissen des Propheten den in
Cap. 2 bereits zu weit verfolgten Schicksalen Israels entspreche, oder man hat angenommen,
Cap. 3 habe seinen richtigen Platz hinter Cap. 1 und sei von da durch die Einschiebung
von Cap. 2 weggedrängt worden. Jedoch auch als Fortsetzung von Cap. 1 lässt sich Cap. 3
nicht verstehen. Meint Cap. 3 dieselbe Frau des Propheten, wie Cap. 1, so müsste doch
gesagt sein, dass mittlerweile Gomer den Propheten verlassen habe oder von ihm Verstössen
und die Frau eines anderen Mannes geworden sei, von welcher Zwischengeschichte aber
nichts zu lesen steht (über den missglückten Versuch, einen Rest davon in 2 3 zu finden s.
zu 2 3). Meint Cap. 3 eine andere Frau, so wird man hier nun fragen dürfen, warum der
unglückliche Prophet noch einmal die gleiche schlimme Erfahrung machen musste und
zwar zu keinem andern Zweck als beim ersten Mal, nämlich damit Israels Untreue gegen
Jahwe dargestellt werde. Auch wenn man, wofür aber hier der Wortlaut nicht spricht,
wieder in der Darstellung das nachträgliche Verständnis eines unglücklichen Erlebnisses
sehen wollte (s. oben zu Cap. 1 S. 14f.), so wäre doch irgendwie die Andeutung eines
Grundes für die Wiederholung zu erwarten.
Die Isoliertheit von Cap. 3 bekundet sich bei näherem Zusehen noch in manchen
Eigentümlichkeiten desselben, auf die Volz (ZwTh 1898, 328 — 332) hingewiesen hat.
1) Von Hosea ist nicht, wie in Cap. 1, in der 3., sondern in der 1. Person geredet, vgl.
"^S V. 1, niss; V. 2, nöLsj und •'i« v. S. 2) In Cap. 1 ist das Erlebnis das Wichtige, Gomer
und die Kinder sind Omina zum Verständnis von Gegenwart und Zukunft; in Cap. 3 liegt
der Nachdruck auf der Darstellung der Geschicke Israels und die Erzählung erscheint diesen
erst nachgebildet, vgl. das 3 in ni.T. nnn«3 nns v. 1 und das doppelte D'^ni D^ö; v. 3 f., das
im Grunde doch nur für Israel passt. Damit hängt es zusammen, dass hier kein Name für
die n^«, sei es nun Gomer oder eine andre, erscheint. Zu der Detailmalerei v. 2 s. die
Erklärung. 3) Die Darstellung ist nicht sorgfältig, wie dies öfters in sekundären Stücken
der Fall ist s. zu 1 7 2 22. So steht in der Rede Jahwes v. 1 n)n^ nnn« statt 'rinn« und
sieht V. 4 im Zusammenhang mit v. 3 aus wie Rede des Propheten an sein Weib. 4) Die
Aussage 3 l, dass die Israeliten sich den D^in« Q^'^"^^! zuwandten, steht mit dem Urteil
Hoseas im Widerspruch, für den die Ba'alim keine anderen Götter, sondern kanaanistische
Jahwebilder, ferner nur Holz oder Stein, also auch keine Götter sind. Übrigens ist der
ausserordentlich häufig gebrauchte Ausdruck mit Ausnahme ganz weniger Stellen (vgl.
Ex 20 3 23 13) nur in Dtn und Jer und in deuteronomistischen oder sonst von Dtn ab-
hängigen Stücken zu finden; vgl. bes. Jer 7 18 und s. unten zu 3 1. 5) Wenn 3 1 das Ob-
jekt der Liebe Jahwes ^«1^^. "»iS, die einzelnen Israeliten, sind, so erscheint das Bild völlig
verblasst, das in Cap. 1 und 2 festgehalten ist und Jahwe dasj^and resp. das gesamte Volk
gegenüberstellt. Vgl. zu b^^^) 'in noch unten S. 34.
Somit ergiebt sich, dass Cap. 3 nicht nur isoliert dasteht, sondern auch nicht von
Hosea herrührt. Die Frage, ob Cap. 3 von einer zweiten Frau des Propheten rede oder
nicht, ist daher ganz allein nach den Daten des Capitels zu lösen, ohne dass man sich
durch Rücksichten auf Cap. 1 und 2 leiten lässt. Und diese Daten sprechen unzweifelhaft
dafür, dass Jahwe dem Propheten aufgetragen hat, nicht die schon früher von ihm
Kurzer HC zum AT XTII 3
Hos 3 1 34 Hos 3 1
o-eheiratete Frau noch einmal zu heiraten, sondern eine zweite Heirat mit einer anderen
einzugehen, sei es dass die früher Geheiratete gestorben oder noch am Leben, vielleicht
noch seine Frau ist. Nur dieses Verständnis wird der Artikellosigkeit von n^«, eine Frau,
o-erecht und thut dem ni3Nl v. 2, das doch natürlicher von dem Brautkauf, als von dem
Loskauf aus fremder Gewalt oder gar aus Sklaverei steht, keine Gewalt an. Handelt es
sich bei der Heirat von Cap. 3 um die Heirat einer andern Frau als Gomer, so wird sich
nun auch der Sinn des ganzen Capitels feststellen lassen. Volz hat sich begnügt, Cap. 3
als allegorische Erzählung zu fassen, die der Geschichte von Cap. 1 beigegeben sei, und
zwar in einer Zeit, ,,da in Israel der Wunsch oder die Überzeugung von Jahwes neu-
erwachter Liebe rege geworden war". Aber so spielt doch wieder der dem Wortlaut wider-
sprechende Gedanke herein, als ob es sich um eine Wiederverheiratung mit Gomer handle.
Die Erzählung, die in der That Allegorie und nicht Geschichte sein will, wurde vielmehr
eingefügt zum Zwecke, das Schicksal Nordisraels darzustellen; denn der, welcher Cap. 3
einfügte, fasste, ohne sich an 1 4 f. zu stossen, Cap. 1 und 2 als Darstellung der Geschichte
Judas, und zu dieser Beigabe von Cap. 3 veranlasste ihn die Allegorie Hesekiels von den
beiden Frauen Ohola = Samarien und Oholiba= Jerusalem (Hes 23). ht<y^] "'in v. 1 ist
im engern Sinn von Nordisrael zu verstehen (wie 2 2), und jetzt bekommt auch das ^Up^^
D3^0 n^n ns v. 5 einen prägnanten Sinn. Nach dem Interpolator von Cap. 3 hatte somit
der Prophet zwei Frauen nebeneinander (vgl. Dtn 21 15): Gomer — Juda und n^« — Israel.
Cap. 1 (vom Interpolator als Allegorie aufgefasst) und Cap. 2 stellen das Geschick Judas,
Cap. 3 dasjenige Israels dar. Cap. 3 steht am richtigen Orte, denn es will die Israel be-
treffende Parallele zu Cap. 1 und 2 geben; es ist weder Fortsetzung von Cap. 1 noch von
Cap. 2, sondern das Seitenstück zu 1 2-9 2 4-25 (wohl zu merken: 2 15*^-25 inbegriffen),
also später als der unter allen Umständen schon nach exilische Anhang 2 15^^-25. Viel-
leicht geht auf den Interpolator von Cap. 3 auch die Überschrift 1 2^ zurück. Inter-
essant ist, dass bereits Hieronymüs ähnlich die beiden Frauen deutet, nur ist ihm um-
gekehrt Gomer das Nordreich und das andere Weib das Südreich (s. Riedel Alttest.
Untersuchungen S. 1 — 4).
1 Zu der 1. Person "^b^, in der hier, wie im ganzen Capitel, vom Propheten
gesprochen wird, vgl. in den Vorbemerkungen. 11J^ darf nicht mit 1D^''5
verbunden werden, sondern gehört zum folgenden Imperativ "^h vgl. Sach 1 17
11 15; besonders die letztere Stelle ist instruktiv, sie zeigt, dass wir zu über-
setzen haben: Geh noch ein Weib lieben! In der asyndetischen Zusammen-
stellung der beiden Imperative ^H^J "=1^ giebt der zweite den Zweck des ersten
an, vgl. 1 2 nj5 "TJ^. Lieben^ nicht heiraten ist hier gesagt mit Rücksicht
auf Jahwe, dessen Liebe der Prophet in seinem Thun darstellen soll, vgl. iinnt^S
T\)r\\ y. 1^ n^S ist unbestimmt = ein Weib; wäre ein schon genanntes
und bekanntes, also Gomer, gemeint, so müsste H^'J^n, das Weib, stehen. Die
Determination kann nicht durch die folgende Qualifikation ersetzt werden;
diese besagt nur, was für ein Weib er noch heiraten soll. Es soll J^"] ^^r}^, und
HDiiJJD sein; das zweite bedeutet ehebrecherisch^ dsiS erste geliebt von einem
andeim, LXX bietet dafür: dYaTcÄaav iiovT|pa, liest also yi ri^ni^, was soweit
es riDH^^ betrifft, zu billigen ist; also lese man jn ri^H^^ = liebend einen andern^
was allein den parallelen aktiven Partie. D^ys und •'DHi^ (^- 1^) entspricht; „rinriS
ist Korrektur, um Israel zu schonen" (Volz). Zu X\)T^_ in Jahwes Rede,
zu ^S'lti^'; ""i^, = die Israeliten im engern Sinn, und zu dem deuteronomistischen
Ausdruck ^^^T/^^ ÖNH^« vgl. Vorbemerkungen. ^^XS)^. ist dem Parallelismus
entsprechend Fortsetzung zu D"^;iö, nicht zu D"'"ini^; die Israeliten, nicht „die
andern Götter", sind hier die Liebhaber von Traubenkuchen geheissen (vgl.
Hos 3 1 35 Hos 3 2
zu dieser Charakterisierung^ auch noch zu v. 2 am Ende). Die Traubenhnchen
d. h. Weinbeerkuclien spielten offenbar im Kult der „andern (iötter" eine
wiclitige Rolle; am Feste und beim Opfer mochte man sie den Göttern dar-
bringen, vor allem aber selbst geniessen. Zu den zu »J(;s IG 7 (s. dort) ange-
führten Beispielen für die weite in Heidentum, Judentum und Christentum
nachweisbare Verbreitung dieser kultischen Festspeise, die in ihrem Ursprung
auf den Kultus eines Weinbau treibenden Volkes zurückgehen wird, sei hier
noch hinzugefügt, dass auch Jer 7 18 Kuchen im Kult der anderen Götter er-
wähnt sind und dass die Kollyridianerinnen den Brauch, den sie als heidnische
Araberinnen zu Ehren der Göttin Üzza übten, als Christinnen auf Maria über-
trugen und ihr die xoXXupLos^, Kuchen, opferten, s. Wellh. Arab. Heident.^
S. 38. Vgl. auch den Früchtenbrei nDlIH, eine Mischung von Kosinen, Zimmt
und Nüssen, beim heutigen Passa. Zu der Etymologie von H^'^^S =- etwas
Kompaktes, Festes (von 'ü'ü^ „feststampfen" = assyr. ussusu) vgl. Riedel
Alttest. Untersuch. 15 f. 2 Die Ausführung des Auftra2;s. mssi, von n"i3,
C O TVJVt' TT'
kaufen (vgl. Dtn 2 6), mit einem Dagesch in ^ zum Schutze des ^ vor *1 (vgl.
Ges.-Kautzsch27 § 20 h und König Lehrgeb. I S. 545), besagt, dass der
Prophet den üblichen IJlb, Kaufpreis, erlegte und damit die Frau erwarb, s.
Benzinger Archäol. S. 142. Das Suff. H geht auf die in y. i näher qualifizierte
XW\^. kann aber nicht beweisen, dass HLS^'S in y. i bereits von einem bestimmten
T • ' ' T •
Weibe verstanden werden müsse, n^?^! i^^ 2;u übersetzen: Da kaufte ich eine
resp. eine solche \ das Suffix hätte doch auch in y. i die 7W^ nicht bestimmt
wenn dort ausführlicher gesagt wäre: liebe eine ehebrecherische n^S und
heirate sie! vgl. das auf ein indeterminiertes Nomen bezügliche Suff. Jes 5 if.
Gegen die Fassung der unbestimmten TW^ als der früheren Gattin des Prophe-
ten, ist noch nebenbei zu erwähnen, dass das Gesetz (Dtn 24 1-4 Jer 3 i) die
Wiederverheiratung mit der eigenen entlassenen Frau, w^enn sie inzwischen
einen andern geheiratet hat, geradezu verbietet; dass dies Verbot eine Neue-
rung gegen die alte Sitte sei, ist aus II Sam 3 u nicht zu beweisen, da David
dort einfach auf seinem durch gesetzlichen Brautkauf erworbenen Rechte be-
steht (s. dort). Zudem ist von Entlassung der Gomer durch Hosea nichts be-
richtet, dann aber weiss man nicht, was der Kauf bedeuten soll; denn der an-
genommene Loskauf aus Sklaverei, von der nichts bekannt ist, hängt geradeso
in der Luft, wie die Meinung Riedels, es handle sich um die Miete (das soll
n"33 heissen) , d. h. um die Aussetzung eines reichlichen Jahresunterhaltes
für die aus dem Hause entwichene, aber wieder zurückgeholte Gomer. Allen
diesen Schwierigkeiten entgeht man, wenn man dem einfachen Wortlaut nach-
giebt, der von der Heirat einer andern, einer zweiten Frau spricht. Der
Kaufpreis besteht in fünfzehn Silberschekel, d. i. ungefähr 45 frs. oder 36 Mark,
und einem Chomer Gerste und einem Letek Gerste^ d. i. 546, 6 1, also beinahe
5 ^2 Hektoliter Gerste. Das Chomer ist nämlich dasselbe Mass wie Kor = 364, 4 1
(vgl. Hes 45 11 14) und Letek, das nur hier im AT vorkommt, wird von der
jüdischen Tradition als 1/2 Chomer bestimmt. Der Geldwert dieses Quantums
Gerste lässt sich nach II Reg 7 1 16 18 annähernd bestimmen. Elisa sagt dort,
nach der Aufhebung der Belagerung von Samarien solle man für einen Schekel
3*
Hos 3 2
36 Hos 3 3
(c. 3 frs.) 2 Sea Gerste bekommen. Da 1^2 Chomer = 45 Sea sind (vgl. Ben-
zinger Archäol. 184), besassen sie also den Wert von ungefähr 6772 frs. oder
54 Mark. Doch scheint Elisa keinen übermässig billigen, sondern einen über
der normalen Höhe stehenden Preis zu nennen (s. zu II Reg 7 1), so dass man
in gewöhnlichen Zeiten für einen Schekel wohl 3 Sea Gerste bekommen
mochte und die 1 V2 Chomer somit nur einen Wert von 45 frs. resp. 36 Mark
repräsentieren mochten. Die eine Hälfte wäre dann in Geld und die andre in
Naturalien erlegt worden, und der ganze Kaufpreis beliefe sich dann auf die
Summe von 30 Schekel = 90 frs., resp. 72 Mark, was nach Ex 21 32 genau dem
Werte eines Sklaven entspricht, aber bei der Heirat einer solchen Person
nicht auffallen kann. Wenn LXX an Stelle des D^yi^ ^nb veßsX otvoü,
einen Schlauch Wein, bietet, so ist anzunehmen, dass sie das sonst erst in der
Mischna vorkommende Mass '^rb nicht kannte und eine andere Naturalgabe
einsetzte, die vielleicht nach der ihr bekannten Sitte beim Brautkauf üblich
war. Die „Detailmalerei" in diesem Vers kann nicht für die Auffassung
der Erzählung als Geschichte ins Feld geführt werden, da es sich dabei nicht
um die Schilderung eines einzig-artigen Ereignisses, sondern der sich öfters
wiederholenden Gebräuche beim Brautkauf handelt. Ebenso verhält es sich
mit der Angabe y. 1, dass die Israeliten Weinbeerkuchen lieben. 3 zeigt,
wie wenig dem Erzähler auf die Geschichte dieser zweiten Ehe ankommt; denn
hier giebt er die letzte Nachricht über dieselbe, um dann zu der ihm allein
wichtigen Bedeutung überzugehen y. 4f. So wenig liegt ihm die Erzählung am
Herzen, dass er sie nicht zu Ende führt und uns nicht sagt, was der Gatte mit
der Gattin nach der langen Klausur, in die er sie versetzt, angefangen hat,
und dass er in der Eile, die er hat, auf die Geschicke Israels überzugehen,
jede Angabe vergisst, an wen Y. 4 f. gesprochen sind, die eben deshalb noch an
die neue Gattin gerichtet erscheinen. Die Erzählung ist der Geschichte Israels
nachgebildet, also Allegorie. Der Nachbildung von v. 4 gehört auch das ü^ü]
Ü^^'^ an, sowie die ganze Massregelung, welche die Gattin erfährt. "^b "^^lüi^,
du sollst mir d. h. als mir gehörend, als mein Eigentum bleiben; D^^/hat wie
Y. 4 die allgemeine Bedeutung bleiben, das „Wie?" erklärt das Folgende, das
„Wo?" versteht sich von selbst. Da wo sie ist oder wo der Gatte sie hinführt,
soll die Gattin ihm bleiben ohne jeden (sowohl illegitimen als auch legitimen)
Verkehr mit Männern. '^''b^ ''^^"ö?! kann nur das vorangehende ''inn ^b]
W^t^b erklären wollen: (^und ohne legitimen Verkehr mit einem Manne zu haben J
da auch ich zu dir , ist aber nicht vollständig erhalten. Denn es kann
nicht heissen: „so will auch ich mich gegen dich verhalten" (G. A. Smith),
noch: „gleichwohl bleibe ich dir gut" (Ewald). Die Konjektur, ^b^ für "^^ibs
(LiNDEE StK 1860, 739 f.), genügt nicht, da dies nicht: „ich ziehe weg" heissen
kann, wenn nicht "^Jöö dabei steht; die Vermutung von Oettli, ^'i^ sei als
Impera. zu fassen und '^J^ ''^S üy\ = „und auch seufze einmal!" oder ^b^ = „und
auch seufze nach mir!" zu lesen, ist höchst unwahrscheinlich. Eine direkte
Aussage wird erwartet, dass auch der Prophet mit seiner Gattin keinen Ver-
kehr haben werde. Dieser Erwartung wird die Ergänzung von i^D« ^b (da
auch ich zu dir) nicht eingehen werde gerecht, welche Aben Esea und Kimchi
Hos 3 3 37 Hos 3 4
für den Sinn empfehlen, Wj^^llh. und Staue (ZATW 1903, 1 Gl— 163) einfach
vor ^^'^h^ in den Text aufnehmen. Aber der Ausfall der beiden Worte erklärt
sich nicht leicht, auch wenn man mit Meinhold '^bt< i<b für «U« i<b einsetzt,
und ihre Aufnahme in den Text präjudiziert für die Zeit nach der Klausur in
unangenehmer Weise ein Kommen des Gatten zur Gattin, während die
Deutung v. 5 umgekehrt von einem Suchen Jahwes von Seiten der Israeliten
und einem Kommen dieser zu ihm spricht. Darum wird die Konjektur von
Steiner, gegen die sich diese beiden Bedenken nicht erheben, dass ^^yt< nach
''ifc? ausgefallen sei, auf dem richtigeren Wege sein, nur dass man dieses ^^y^
nicht nach, sondern statt ''li^^ und wohl auch "^b für '^^b^ zu lesen hat: da auch
ich nicht existiere für dich. Dass nach diesen „ehe"losen D"^^*! D'^ö'' der Gattin
eine glücklichere neue Zeit beschieden ist, ist aus der Deutung v. 4f. zu er-
schliessen. 4 Die Gattin, die einen andern liebt (y. i), wird mit strenger
Klausur bestraft, die Israeliten, die andern Göttern nachhängen (v. i), werden
ebenso damit bestraft, dass ihnen der Verkehr mit diesen unmöglich gemacht
wird. Die Israeliten haben sich in ihrer Abneigung von Jahwe, das ist der
Gedanke, von Juda getrennt, eigene Könige und Fürsten gesetzt und andern
Göttern gedient. Der mit dem Fall Samariens und der Exilierung 721 v. Chr.
beginnende Entzug dieser nichtdavidischen Könige und dieses Dienstes der
anderen Götter, die sie lieben, ist die Strafe. Hosea urteilt über die israeli-
tischen Könige anders, als dieses 3. Cap., s. zu 7 3-7 8 4. Ohne König und
ohne Fürst ist nicht auszuscheiden, auch y. 5 erwartet mit der Rückkehr zu
Jahwe zugleich die Restauration des davidischen Reiches, und dem Yerf. von
Cap. 3 wie allen Späteren gilt die Errichtung des nordisraelitischen König-
reichs als religiöse Sünde. Die Aufzählung ohne Opfer und ohne Mal-
stein und ohne Ephod und Teraphim nennt einige Specimina des israelitischen
Kultus, die dem Verf. als zum Kultus der andern Götter gehörend gelten und
auch ihm als einem Späteren noch sehr gut bekannt sein konnten, vgl. für
D^'Din Hes 21 21 Sach 10 2. Der Malstein, die Massebe^ ist das wichtige Kenn-
zeichen der heiligen Stätte, darum hier sachgemäss mit Opfer kombiniert (vgl.
Marti Gesch. der isr. Rel.^ S. 27 f.). Ephod und Teraphim sind nach der ge-
Avöhnlichen Ansicht aus wertvollerem und weniger wertvollem Stoff (Metall
oder Holz) hergestellte Gottesbilder (vgl. ebendort S. 28—30); aber nach der
gründlichen Untersuchung von Theodoee C. Foote (The Ephod: its Form
and Use, Baltimore 1902) ist "Tlö« eher eine Tasche, d. h. ein Instrument zur
Wahrsagung, eine xXYjpwxpi?, und die D^^DIi^ sind die dazu notwendigen Lose,
vielleicht Gottesbildchen (?). Ihr Ursprung reicht in die älteste Zeit zurück;
im Kult auf den „Höhen" fehlten sie nicht und dienten zum Wahrsagen und
Orakelspenden. Nach dem Dtn und Hesekiel galten aber diese Höhenheilig-
tümer als Kultstätten „anderer Götter"; ebenso denkt unser Verfasser, er
kündigt also in y. 4 nicht das Aufhören des Verkehrs zwischen Jahwe und
Israel an. Das wäre den Israeliten, die sich der Autor gar nicht mehr als
Jahwediener vorstellt, keine Strafe und nicht unerwünscht gewesen. Was sie
als Strafe empfanden, war die Unmöglichkeit des Verkehrs mit den „andern
Göttern*'-, denen sie in Kanaan dienten, war, dass sie im Exil diesen Göttern
Hos 3 4 38 Hos 4 1
nicht opfern noch von ihnen Orakel erhalten konnten. Erst nach und nach
erwacht in ihnen das Verlangen, zu Jahwe zurückzukehren; die Strafe hilft
ihnen zur Selbstbesinnung. 5 Die einstige Heimkehr der Israeliten aus
dem Exil zu ihrem Gott und dem legitimen „davidischen" Herrscherhause.
Wie Jahwe ihr Gott ist, den sie im Götzendienst verliessen, so ist David ihr
König, von dem sie einst abfielen. Mit der Rückkehr zu Jahwe zugleich er-
folgt Rückkehr zu David, denn sie vereinigen sich mit den Judäern (vgl. 2 2
und s. auch Am 9 ii). „David" ist der ideale König der Zukunft, der Messias
aus davidischem Geschlecht, vgl. Jer 30 9 Hes 34 23f. 37 24f. Zu 'bi^ nnsi,
= mit 107' freudiger Aufregung bebendem Herzen %u Jahwe eilen, vgl. Jer
33 9 Jes 60 5, ferner T\r\ in der ebenfalls späten Stelle Hos 11 ii. Zu
in^lD'^iJ vgl. Jer 31 11-13 und alle die Stellen, welche von der künftigen Segnung
Palästinas sprechen, s. z. B. 2 23 f. Am 9 13. D^p^^ nnHi^S, am Ende der
Tage, d. h. wenn einst die messianische Endzeit anbricht (s. zu Jes 2 2), gehört
zu in^ito: dem Glück, womit Jahwe in der herrlichen End%eit Palästina segnet;
mittelbar wird natürlich dadurch auch die Zeit der Heimkehr bestimmt. Bei
dieser herrlichen Güte Jahwes ist es mit der Neigung der Israeliten zu andern
Göttern und ihrer Liebhaberei für Weinbeerkuchen vorbei, jetzt suchen sie
Jahwe und eilen vor Freude bebend ihm und ihrem Glücke zu.
4. Das Fehlen der Gotteserkenntnis ist das Unglück der Israeliten 4 i-ig.
Eine Eigentümlichkeit dieses Kapitels, dessen Text namentlich am Ende in ausser-
ordentlich Versehrtem Zustande überliefert ist, besteht in dem Personenwechsel : v. 1
werden die Israeliten zum Hören des Jahwewortes -aufgefordert, das zunächst in der
dritten Person von den Israeliten redet. Plötzlich aber setzt v. 5, ohne dass eine andre
Person deutlich als angeredet eingeführt wird, die zweite Person Singularis ein in einem
Abschnitt, der das Gebaren der Priester schildert; die Fortsetzung dieser Schilderung geht
jedoch V. 7 wieder zur dritten Person über, die dann mit Ausnahme von v. 13^ 14^^ und
V. 15, wo sogar Sing, und Plur. der zweiten Person wechseln, (s. auch v. 17) festgehalten
wird. Ein solcher Personenwechsel ist unerträglich in einer doch einigermassen zu-
sammenhangenden Hede, als welche sich das Capitel giebt, in dem höchstens bei v. 12 ein
neuer Absatz zu machen ist. Da sich die Quelle dieser Verwirrung noch in der falschen
Lesung v. 6 rmy^ nri« ^^ statt ns;in-n« "^S aufdecken lässt, ist der Versuch nicht von der
Hand zu weisen, überall ausser in der Anrede v. 1 die dritte Person herzustellen ; weiteres
s. in der Erklärung. Dagegen ist der Wechsel der dritten Person Sing, und Plur., wo es
sich um ein DJ? handelt, nicht auffällig.
Die Prophetenrede verläuft, wie 2 4-15% in vierzeiligen Strophen. Allerdings haben
sich auch hier fremde Bestandteile eingenistet. Dass sich nicht überall ein sicheres
Resultat erzielen lässt, ist bei dem schlimmen Zustande des Textes nicht zu verwundern.
a) Die Sittenlosigkeit im Leben der Israeliten 4 1-10.
1—3 Die Gottlosigkeit und Ruchlosigkeit des Volkes. 1, die
erste Strophe: Hört das Wort Jahwes, ihr Israeliten! Denn einen Hader hat
Jahwe mit den Bewohnern des Landes; Denn es ist keine Treue und keine
Liebe Und keine Gotteserkenntnis im Lande, Zu 1''1 vgl. das Verb U^*l 2 4;
Jahwe hat eine Anklage zu erheben, einen Process zu führen mit den Be-
wohnern des Landes, vgl. ferner Mch 6 2 Jer 2 9. Denn was im Lande ge-
trieben wird, ist in völligem Widerspruch mit den Forderungen Jahwes. r.DN,
j
Hos 4 1 39 Hos 4 4
TreuCy und IDH, Liehc^ fehlen, die socialen humanen Pflichten der Wahrhaftig-
keit und Treue in Handel und Wandel und der Barmherzigkeit und Liebe
gegen die Hilfsbedürftigen und Notleidenden bleiben unerfüllt. Das ist auch
ein Beweis, dass die Gottcserkcrmtnis fehlt; denn wer diese besitzt, kennt
Gottes Willen und befolgt denselben in ethischem und humanem Verhalten
gegen seine Mitbürger. Die Gotteserkenntnis ist nicht einseitig intellektu-
alistisch gefasst; wer die Ethik in seinem Leben vermissen lässt, zeigt, dass er
nicht kennt, was Jiehgion ist, deren Wesen eben nicht in Intellektualismus,
sondern in dem Bewusstsein unbedingter Verpflichtung zur Erfüllung der
ethischen Forderungen Gottes besteht. In dieser tiefen Erfassung dessen,
was Religion ist, liegen die Wurzeln des prophetischen Universalismus; darum
kann Hosea auch Gottes erkenntnis sagen, meint aber übrigens durchaus
nichts anderes, wenn er von Jahwe erkenntnis spricht, vgl. 46 54 6 [3] 6 und
s. Marti Gesch. der Israel. Rel.^ S. 170 f.
2, die zweite Strophe: Man schwört und lügt^ Man mordet und stiehlt^
Man bricht die Ehe und übt Gewalt Und Blutthat reiht sich an Blulthat. Für
•i:}'1ö, das kein Subj. hat, lies ^1D"l, den Inf. abs., wie ihn die lebhafte Schilde-
rung auch im Vorangehenden im Sinne eines lateinischen Inf. historicus ver-
wendet, vgh Ges.-Kautzsch2 7 § 113£f. Dann bietet auch ^Vl) keine Schwierig-
keit mehr, sein Subj. ist DW, vgl. hierzu in 1 4. rht^ schwören z. B. bei
dem Abschluss eines Vertrages, und ti^'n?, lügen^ gehören zusammen: man
schwort falsch\ das ist das Gegenteil von ni^^J, gerade wie alles folgende zeigt,
dass keine "IDH im Lande wohnt, und das Ganze, dass es an Gotteserkenntnis
mangelt. Aus unserer Stelle ist nicht zu schliessen, dass Hosea den
Dekalog kennt, sondern vielmehr zu ersehen, dass der Dekalog die prophe-
tischen Forderungen zusammenfasst.
3 ist ein Einscliub, weil er den Zusammenhang von v. 4 mit v. 2 stört (s. zu v. 4),
weil er ferner ganz ähnlichen Zusätzen zu alten Stellen entspricht z. B. Am 8 8 Jer 4 28
23 10 und inhaltlich späten Gedanken über die Mitleidenschaft der Natur an der Gottlosig-
keit der Menschen Ausdruck verleiht, ohne dass doch von einer Dürre als Strafe die
Rede wäre, vgl. ausser den eben genannten Stellen Jer 12 4 (viell. die Grundstelle) Jo
1 10-12 18-20 Jes 33 9 24 3-6, endlich weil auch eine gewisse Übertreibung vorliegt, da
die ganze Erde samt dem Meere als leidend unter der Gottlosigkeit der Israeliten vor-
gestellt wird. Der Interpolator dachte offenbar, in v. 1 f. sei die Gottlosigkeit der Be-
wohner der Erde geschildert, und wollte in v. 3 das Gericht über dieselbe verkünden.
Der Vers bietet übrigens ebenfalls einen Vierzeiler: Darum ivird die Erde trauern Und
wird schmachten alles^ ivas darauf ivohnt, An Wild des Feldes und Vögeln des Himmels
Und selbst die Fische des Meeres werden dahingerafft. Die Erde wird trauern d. h. ihren
bunten Blumenflor verlieren, und in einfarbige Trauer sich hüllen; ebenso sollen wie die
Vegetation alle Tiere verschwinden, a in n*nn und ^'\)^^, = bestehend in vgl. Ges-Kautzsch27
§ 119i, spezifiziert das nn n^r-'?^ s. Gen 7 21 8 17 9 10 (PC). Die Bedeutung bis mit,
sogar für !i ist nicht erwiesen; der Interpolator denkt nicht an die Menschen.1 Djn ^^"^
ist nicht dahin abzuschwächen, dass man darunter Fische in versiegenden Bächen ver-
stehen kann ; vgl. dazu auch Num 11 22, wo ?)D«n in etwas andrem Sinne gebraucht ist.
4—8 Die Hauptschuld an der Sünde des Volks tragen die
Priester. 4, die dritte Strophe: Doch niemand soll hadern Und
rügen nur niemand, Ist doch das Volk wie der Pfaffe Und der Prophet wie
Hos 4 4 40 Hos 4 5
de?' Priester. Mit Dühm ist v. 4^ zu lesen: ]nä5 ^^''5^1 IDä? Dj;i; die Änderungen
am überlieferten Texte, die diese Konjektur vornimmt, sind leicht; für den
Anfang ist nur andre Wortabteilung nötig, im zweiten Teil ist von dem ver-
wischten ^^''^i wenigstens '^:2 noch sichtbar geblieben. Nach dem Sprichwort
qualis rex talis grex liegt auch in Israel die Schuld bei den Führern, den
Priestern, darum ist eigentlich das Volk nicht zu tadeln. Dieser Gedanke
schHesst sich gut nur an v. 2, die Schilderung der Ruchlosigkeit Israels, an,
nicht aber an v. 3, welcher von den verderblichen Folgen der Sünde Israels in
der ganzen Welt spricht. Darum ist v. 3 interpoliert (s. oben zu v. 3). Als
die offiziellen verantwortlichen Führer gelten Hosea die Priester, vgl. auch
V. 6; von ihnen schon einigermassen beeinflusst und abhängig, und daher viel
milder zu beurteilen, sind die Propheten, wie sie noch Hosea kennt, der natür-
lich Arnos nicht zu ihnen rechnet (vgl. übrigens zu 6 5), noch mehr gilt dies
von dem Volke, das auf die Leitung der Priester angewiesen ist. *1D'S ist
alte kanaanitisch-aramäische Bezeichnung des Priesters, vgl. kämira in den
Tell-el-Amarna-Briefen, sowie ^^IDiD in aramäischen Inschriften (z. B. auf einer
Inschrift aus Teima des 6. oder 5. Jahrh. v. Chr.) und das Syr. kumra. Sie
braucht hier noch nicht in üblem Sinne gemeint zu sein; im AT kommt sie
noch vor 10 5 Zph 1 4 II E.eg 23 5. Der masoretische Text, den auch
LXX schon voraussetzt, der also eine alte Verderbnis aufweist: „und dein
Volk ist wie die, welche mit dem Priester hadern", ist unhaltbar; es ist in den
Augen Hoseas doch kein Unglück und kein Verbrechen, mit den Priestern zu
hadern, er thut es ja nachher selber in ausgiebigster Weise. Und dass das
Volk gerade nicht sich gegen die Priester auflehnte, war sein Schaden. Die
oben vorgeschlagene Korrektur wird dem ursprünglichen Texte näher kommen
als die mannigfach sonst gemachten Konjekturen: \T}2T\ l^'^ö?? *'^J^1 = "^^ mein
Volk ist wie seine Pfaffen, o Priester!" (Beck, Wellh.i), ]nän ^JID^ "^rsyi = „da
mein Volk ist, wie du, o Priester!" (P. Rüben, Nowack, Wellh.^), "'n''*! ^tsyi
jnlsn == „da mit dir, o Priester, mein Hader ist" (Ooet, Guthe), ]nD ''^ ^*^? ^^J?l
= „da dein Volk, o Priester, gegen mich sich auflehnte" (W. R. Smith, The
Prophets2 S. 408), ]? n^D ?jt2j;i = „dein Volk ist nämlich so hadernd", als
Glosse zu Y. 4^ betrachtet (J. A. Bewer Journal of Bibl. Literat. 1902, 110 f.).
Alle diese Konjekturen sind von der unrichtigen Voraussetzung beherrscht,
als ob die Priester angeredet wären (s. Vorbemerbung); die beiden ersten
entsprechen aber inhaltlich dem Gedanken, den die oben vorgezogene Kon-
jektur besser wiedergiebt: Volk und Propheten sind wie die Priester, folgen
nur ihren Priestern. Einen ähnlichen Sinn nimmt auch die Konjektur von
MosAPP (ZATW 1885, 184f.) an: ]r}T V10D? Dyi, „das Volk priestert nur wie
seine Pfaffen", während John Tayloe (ZATW 1885, 300f.) mit dem MT aus-
zukommen glaubt.
5 6^ nehme ich zusammen als dem ursprünglichen Kontext fremden Bestandteil.
Schon die Anrede Ph'ä^) spricht für nachträgliche Einfügung, dann aber auch, dass sehr
schwer mit diesen Worten sonst was anzufangen ist. Ich fasse sie als eine Glosse zu v. 4
und 6^: Du wirst straucheln hei Tage (1. UW nnb^ri Wellh. vgl. LXX) und straucheln
wird auch der Prophet mit dir bei Nacht und ich werde schweigen (1. '•nb']], vgl. zu dem
Schweigen die Aufforderung v. 4^ und die Glosse Am 5 13, oder wenn es auf Gott zu
Hos 4 5 41 Hos 4 8
beziehen ist, Jes 42 14 63 14 64 11), wenn so mein Volk vernichtet wird (1. ^öli 13 D« für
das unmögliche 'i ^ös), weil es keine Erkenntnis hat. Zu dem Straucheln der Priester
und Propheten vgl. Jes 28 7f. ; Tag und Nacht sind vielleicht genannt, weil bei dem Pro-
pheten vornehmlich an Nachtgesichte gedacht ist, vgl. Sach 1 8 Jo .'3 1. Tjrj«, deine
Mutter^ als deine (der Priester) Genossenschaft zu fassen, ist nicht möglich (s. 2 4); die
Änderung in ?j"'iii, deine Söhne (Nowack) hilft wenig, wie auch die Konjekturen von Bach-
mann ("Jj^j; Ti"»»"! rn^^'^PS = ,,alle seine (des Propheten) Kinder will ich austilgen mit dir'')
und von Winckler (T]ör 'n'^öT T^Y^) = „in Nacht verkehre ich deinen Tag", vgl. LXX),
letztere als unhebräisch, sich nicht empfehlen.
6^ die vierte Strophe, setzt mit ''?, denn^ nämlich, v. 4 fort, indem sie
zur Begründung der Aufforderung von v. 4^ und in Exposition der Aussage
von V. 4^ erklärt, wie es zu der Ruchlosigkeit des Volkes, das den Priestern
folgt, kommen konnte: Denn die Erkenntnis haben sie verschmäht^ So ver-
schmähe ich sie^ mir Priester %u sein. Und sie vergassen die Weisung ihres
Gottes^ So vergesse ihre Kinder auch ich. Für iJpfc^J? rij/'in nns "»3 (Oettli
stellt mit Recht die Möglichkeit dieser Wortfolge in Frage) lese man "H« ''3
^DJjJö riJ^'^H; die Dittographie des H hat hier und dann auch in der Glosse y. 5
die Einführung der zweiten Person verschuldet, die nach v. 7 deutlich in die
dritte plur. wiederherzustellen ist; also 1. DD^^JSSI für das fehlerhafte ^^DSÖSI
(und zwar mit 1, das die besten Zeugen bieten, s. Baee-Delitzsch), ferner ^n2^*1.
Dn*n"^^, n3ti^*«1 und Dn^i3. Dass es sich um die Priester handelt, ist mit Unrecht
bezweifelt, da "h ]n5lp, wie v. 8, nur auf die Priester gehen kann. An üTV^'l
ist kein Anstoss zu nehmen; D^^^nb "^y^ sind gerade so die Angehörigen der
Priesterzunft, wie die Q'fc^''?^ ''^^ die der Prophetenzunft, wenn schon der Pegel
nach die Söhne ihrem Vater im Berufe folgten. Ein Doppeltes ist wichtig,
das aus diesem Verse zu entnehmen ist: einmal gelten Hosea die Priester des
Nordreichs als legitime Jahw^epriester, ihr Priesterrecht verlieren sie erst in-
folge der Versäumnis ihrer Pflichten; dann aber sieht Hosea den Beruf der
Priester nicht im Opfern, sondern darin, dass sie (jrotteserkenntnis (zu rij^'in s.
V. 1) und die Weisung Gottes besitzen und verbreiten, sie haben nicht eine
kultische, sondern eine religiös-sittliche Aufgabe.
7 8, die fünfte Strophe: Je mehr sie wurden, umsomehr sündigten sie
an mir, Ihre Ehre vertauschten sie gegen Schande, Von der Sünde meines
Volkes leben sie Und nach seiner Verschuldung haben sie Hunger. Keiner
unter den Priestern machte eine Ausnahme, so sehr die Priesterzunft auch sich
mehrte; im Gegenteil sie thaten alles, um ihre hohe Stellung zu verlieren: sie
vertauschten ihre Ehre d, h. Jahwes Priester zu sein und als solche viel höhere
Aufgaben zu haben, als die heidnischen Priester, vgl. v. 6, gegen Schande d. i.
gegen den kanaanitischen Kultus, vgl. Jer 2 ii. Statt TDS ich vertausche, das
auch hier, wie v. 6 gleich die Strafe androhte, aber dem Parallelismus dieser
Strophe zuwiderläuft (vgl. v. 8), ist mit Targ. und Pesch. ITpn, sie vertauschten,
zu lesen. Auch die Masora führt ^TDH als die ursprüngliche Les'art an unter
den Tikkune soferim, empfiehlt aber zugleich "^nl^S für DHI^?, was weniger ein-
leuchtend ist, obschon es den ebenfalls annehmbaren Gedanken ausspricht:
das, was meine Ehre ist, eben eine höhere Religiosität zu fordern, vertauschen
-sie gegen kanaanitischen Opferdienst. 8 erklärt v. 7 und sagt deutlich.
Hos 4 8 42 Hos 4 11
dass der Kultus die Sünde und Verschuldung Israels ist. Die Priester leben
von den Opfern des Volks, weil sie Anteil an den Opfergaben haben, und
darum befördern sie den Kultuseifer der Menge; sie sind gierig, haben Hunger
darnach, 1. ti^Di ^^^1» ^^s 1 ist als Dittographie des folgenden zu tilgen; es ist
unnötig, mit Ookt DC^DJ zu lesen, man müsste sonst mit Oettli auch noch I^^J?
herstellen. Mit unserer leichten Änderung ist der Text völlig klar, sodass man
auf keinen Fall zu den schon grammatisch unmöglichen Konjekturen von Bewer
greifen darf: iLi^Di «^1 U)\Vy fo«"' ^'öj; n«^n, was heissen soll: „meines Volkes
Sünde soll es verzehren (müsste ^n^p^^il stehen!) und ihre Schuld soll ihr Leben
wegnehmen." Von Sund- und Schuldopfern, die man in nwtsn und ]i3; hat
finden wollen, ist hier nicht die Rede; Amos und Hosea sehen im Kultus, der
das Volk in der Illusion festhält, dass damit Jahwe gedient sei, die Sünde, vgl.
Am 4 4 Hos 8 11.
9 10 Die allen gemeinsame Strafe, von der auch die Priester nicht
ausgenommen sind. Der Text ist verstümmelt und vermehrt. Ursprünglich
werden zwei Strophen die Strafe angekündigt haben. 9, die sechste
Strophe: Es soll ergehen wie dem Volk (so dem Propheten Und wie dem Pro-
pheten) so dem Priester: Ich suche an jedem heim seine Wege Und vergelte ihm
seine Thaten. Da die Strophe das Gegenstück zu v. 4 bildet, darf man vor
]?i!d5 den Ausfall oder die (zur Schonung der Propheten vorgenommene) Aus-
lassung von ^''?§51 iS^?$3 vermuten, hbvi!^ und ^y\ sind einander parallel, wie
unser Thun und Treiben. 10% der ßest der siebenten Strophe: Sie
werden essen und nicht satt werden, Huren und sich nicht mehren^ d. h.
Mangel an Nahrungsmitteln soll die Strafe sein für ihre unersättliche Gier
(vgl. Lev 26 26 Mch 6 u) und Kinderlosigkeit für ihre Hurerei. Es handelt
sich hier nicht speziell um kultische Unzucht, sondern es ist von ihr ganz all-
gemein die Eede; für das Hiph. ^itn, das nach Ex 34 1 6 zur Hurerei ver^leiten
bedeuten müsste, ist das Imperf. Kai ^ÜP. zu lesen, zu den gleichfalls fraglichen
Hiph.-Pormen y. 18 u. 5 3 s. zu den betreffenden Stellen. ^^^'^\ ist durch
Ex 1 12 in der Bedeutung sich ausbreiten, sich vermehren, erwiesen (vgl. auch
Syjvoiachus und Theodotion: 7rXYj9üv9y]aovTat) und im Zusammenhang treffend,
sodass die Änderung in vr\T\\ (Wellh., Nowack, Ooet) durchaus nicht am
Platze ist, die obendrein für das Hithp. von T\T\ die unbelegbare Bedeutung
„ein Vergnügen daran haben" annimmt, vgl. dagegen I Sam 29 4. Die
beiden letzten Zeilen der Strophe sind verloren, an ihrer Stelle bietet 10^ noch
eine Begründung der Strafe, die aber nichts Neues beibringt (vgl. y. if. 6) und
ihren sekundären Ursprung auch dadurch verrät, dass in der Rede Jahwes
Jahwe in dritter Person erscheint. Der Zusatz ist übrigens nicht einmal
vollständig; denn es fehlt das Objekt zu 'ib^'?, da man nicht T\)T\1 dafür halten
und übersetzen darf: „denn sie haben abgelassen (= ^ntj;, sehr fraglich), auf
Jahwe zu achten." Eher ginge es an, Ibt^^ mit dem folgenden nU| zu verbin-
den (so Oettli) ; „um an der Hurerei festzuhalten" ; aber bei der Härte der Ver-
bindung bleibt auch diese Auskunft fraglich, vgl. ferner zu y. ii.
b) Die Vnsittlichkeit im Kultus der Israeliten 4 ii-iJ).
11 sieht aus wie ein Sprichwort; nach den besten Zeugen fehlt \ vor y^_, s.
Hos 4 11 43 Hos 4 13
Baer-Delitzsch, demgeraäss wird HUT, wofür Hosea sonst D^^Ut gebraucht (vgl.
zu 6 10), hinzugefügt und nur der liest ursprünglich sein. Deshalb darf man
aber nt^| nicht mit dem Vorangehenden verbinden; denn der Satz: Wein und
Most benelnncn den Yerntand gehört wahrsclieinlich an das Ende von v. u, wo
er auch einen weniger allgemeinen Sinn bekommt, (s. zu v. u) und nu» ist ihm
offenbar im Blick auf v. 12-14 vorangestellt.
Der neue Absclmitt v. ii-i9 begann ursprünglich mit 12, der ersten
Strophe: Mein Volk he fragt seinen Baum Und sein Zweig giebl ihm Bescheid^
Denn der Geist der Hurerei hat es verfuhrt ^ Dass sie iceghuren von ihrem
Gott. Zu lesen ist ^nj^nn mit suff., das vor 1 leicht ausfallen konnte; der folgende
Plural entscheidet nicht für DJ^nn, wie gewöhnlich verbessert wird. "'Dy mein
Volk, klingt wehmütig und strafend zugleich; in Jahwes Volk ist ein hurerischer
Geist gefahren, es wurde seinem Gott untreu, dem es gehorchen und dienen
sollte (= nnP.p njj, vgl. l 2: ^yi^l^ njj), und mit dieser Untreue ist, wie dann
das Folgende zeigt , auch Hurerei im eigentlichen Sinne verbunden. Hier zu-
nächst handelt es sich noch um das Verlassen des wahren Jahwedienstes: statt
Jahwe um Orakel und Weisung zu fragen (Hjn;;:^ b^ü II Sam 2 1), wendet man
sich an Y)l, Kaum ist damit an hölzerne Gottesbilder, die es allerdings in Israel
gab, gedacht, sondern der in Altisrael unter den heiligen Bäumen geübte Kultus
gemeint, von dem auch y. 13^ spricht. In und bei den heiligen Bäumen hatte
die Gottheit ihre Behausung, vgL noch Jer 2 27, und dort spendete die Gottheit
ihre Orakel, vgl. die Orakel-Terebinthe Gen 12 6 Dtn 11 30, die Wahrsager-
Terebinthe Jdc 9 37 und die Debora-Palme Jdc 4 5. Hosea sieht in diesem alt-
israelitischen Gottesdienst, der im Sinne der Israeliten Jahwe galt, nur Heiden-
tum, und ebenso erscheint ihm auch der Gebrauch eines b'p^'O zur Ermittelung
eines Orakels als heidnisch. Wahrscheinlich ist in Parallelismus zu dem Baum
I^Jt bei b\^ü Staöy Bute^ an einen heiligen Baum in kleinerem Massstabe, resp. an
einen Zweig von demselben zu denken, der ins Erdreich oder in Wasser gesetzt
durch Grünen oder Verdorren wahrsagte, vgl. den Aaronstab Num 17 und zu
Jes 17 :!of. und s. Smith-Stübe S. 150. Ferner liegt es, hier an die nicht nur
den Semiten (s. zu Hes 21 26 f.), sondern auch den Skythen (Heeodot 4 67) und
den Germanen (Tacitus Germania 10) wohlbekannte ßhabdomantie und Belo-
mantie zu denken.
13% die zweite Strophe, schildert den israelitischen Gottesdienst unter
den heiligen Bäumen: Auf den Berggipfeln schlachten sie Und auf den Hügeln
räuchern sie Unter den Eichen und unter den Pappeln^ Unter den Terebinthen,
weil ihre Schatten so lustig. Die Bergeshöhen und die immergrünen Bäume
sind öfters zusammen erwähnt als die Stätten des volkstümlichen Kultus vgl.
Jer 2 20 3 10 I Reg 14 23 II 17 10. Hier werden nun einzelne dieser heiligen
Bäume genannt: ]1V^? und n^«, Eiche und Terebinthe, sind als heilige Gottes-
bäume wohlbekannt; Hill'?, das sich nur noch Gen 30 37 findel, ist dagegen
w-eniger sicher, wahrscheinlich aber ist es nach den alten Versionen unseres
Verses die Weisspappel^ populus alba vgl. Tkisteaim The Natural History of
the Bible'^ 389 f. An diesen heiligen Stätten halten sie gerne Gottesdienst
mit Schlachten (n?^, Pi., = iterativ: oft schlachten) und Bäuchern, ItDJ^ d. h.
Hos 4 13 44 Hos 4 15
Opfern s. zu Am 4 5; ihr Schatten ist ja so lustig wegen der heiligen Orgien,
die sie dort feiern, und der Kedeschen, mit denen sie dort zu thun haben,
vgl. V. 14.
IS*" 14^% die dritte Strophe: Darum mögen ihre Töchter huren Und ihre
Weiber die Ehe brechen^ Nicht strafe ich es an ihren Töchtern^ dass sie huren.
Und an ihren Weibern, dass sie die Ehe brechen, überall ist das Suff. DH" statt
DD" zu lesen, da sonst der G egensatz im folgenden oriJ^"*'? statt Dn"**? erforderte,
s. auch die Vorbemerkung zum ganzen Capitel. Schon der letzte Stichos in
V. 13^ hatte ahnen lassen, was beim israelitischen Gottesdienste getrieben
wurde; wenn infolge davon auch die Töchter und Weiber (n^5 i^i junges Weib,
braucht nicht Schwiegertochter zu sein) der Unzucht und Sinnlichkeit beim
Kultus und sonst verfallen, so ahndet Jahwe solches an ihnen nicht; sie sind
die Verführten, da die Väter und die Männer ihnen das Beispiel geben und in
solchem Treiben erst noch ein Stück Kultus erblicken wollen.
Diese Begründung der Straf losigkeit giebt M^^^ + U, die vierte Strophe:
Denn sie selber schleichen sich beiseite mit den Huren Und opfern mit den
Kedeschen zusammen^ Und das einsichtslose Volk kommt %u Fall, Wein und
Most benimmt den Verstand. Sie selber, DH, sind die Väter und Männer;
für das ungebräuchliche Pi. HIS*; ist mit Oettli nach Prv 18 i das Niph. ^T^B^
zu punktieren, sie sondern sich ab, gehen beiseite d. h. sie begeben sich IJo)
To5 tspoü Heeodot I, 199, verlassen den Bereich des Heiligtums, s. S^vnTH-
Stübe 122. Vgl. auch Duhm zu Jer 3 23. Die Kedeschen, in deren Gresell-
schaft sie die Opferfeste begehen (vgl. Ex 32 6), sind die geweihten Lustdirnen,
die sich im Dienste der Gottheit prostituieren, s. zu Dtn 23 isf. Wenn so
die Väter und Männer es treiben, kommt das einsichtslose Volk d. h. das junge
Volk und besonders die jungen Weiber zu Fall, zumal wenn Wein und Most,
die ja, wie bekannt, an den festlichen Tagen nicht fehlen vgl. Jes 28 i I Sam
1 14, den Alten wie den Jungen den Verstand benehmen. Durch den Zu-
sammenhang erhalten die beiden maschalartigen Stichen v. 14^ und v. ii einen
spezielleren Sinn und sind daher nicht als Glossen mit Nowackzu beanstanden.
Von 15 an bis zu Ende des Capitels ist der Text so verdorben überliefert, dass es
schwer gelingt, nur einigermassen sich hindurch zu finden. Jedenfalls ist mit v. 15 nichts
Rechtes anzufangen. Auf einmal soll Israel, von dem sonst in der dritten Person ge-
sprochen wird (v. 12 13), angeredet sein und doch Juda gewarnt werden; ebenso ist das
D«, wenn, für Hosea fraglich, für den doch Israels Hurerei feststeht. Man ist versucht,
"* ['^?^'7] '"^?^ ^^) ^^^^ hurerische Gesellschaft ist Israel [geivorden], zu lesen; aber der Ge-
brauch von Dt< in dieser Bedeutung ist nicht gesichert. Darum ist vielleicht eher v. 15^
als Glosse eines Späteren anzusehen , der in den Mund Hoseas eine Beziehung auf Juda,
ähnlich wie 1 7, legte: Wenn du, Israel, hurst, so möge doch Juda sich nicht versündigen,
und der den Gottesdienst Nordisraels als Hurerei d. h. als Abfall von dem in Juda treu
verehrten Jahwe beurteilte. Dieselbe Hand oder die eines noch Späteren hat dann auch
nach Am 5 5 die "Warnung vor dem Besuche der israelitischen Heiligtümer hinzugefügt.
Über b^b^n vgl. zu Am 4 4, über ]')^ r\^^ = h^'r\^2 s. zu Am 5 5^. Das letzte Glied warnt
deutlich vor dem Besuche Beer-Scheba's, sei es, dass die Anspielung auf Beer-Scheba*" in
dem Verb ^J^nis^ri"^«, etwa = schwört nicht den Siebenschivur, zu sehen, sei es, dass 5?nc^ "i«!in
ausgefallen ist; jedenfalls geht es nicht an, dieses letzte Sätzchen so mit den vorigen zu
koordinieren, dass nur das mit dem Besuche von Gilgal und Bethel gleichzeitige Schwören
beim Leben Jahwes verpönt sein sollte.
Hos 4 16 45 Hos 4 19
16 Der Anfang scheint alter Text zu sein; ich wage, 16^17 (ausgenommen
die zwei letzten Wörter) 18'' als fünfte hoseanische Strophe zu fassen: Demi
wie eine sVorrige Kuh Ist Israel st\)rri(j. Mit den (jl)l%en im Bunde ist Ephraim,
Eine Gesellschaft von Yxchern (1. mit Houtsma D"^SDb HD). Das "^3 schliesst an
die vierte Strophe v. 14 an, um die iin])ändige Art Israels zu zeichnen. Es
gleicht der störrigen Kuh, die das Joch abschüttelt, vgl auch Dtn 21 18 20 und
bes. Prv 7 11, wo rri^b von einem zügellosen Weibe gebraucht ist, und will von
Jahwe nichts wissen; dagegen ist es D''?^?^ "^on d. h. liiert, im Bunde mit den
Götzen, den Idolen, die, wenn es auch Jahwebilder sein sollen, für Hosea als
heidnisch gelten. Die Korrektur in 15O' s^^^* constr. von "150? ^^^ Genosse der
Idole (Wellh., Nowack), ist unnötig. Damit hängt zusammen, dass Israel
auch ei7ie Gesellschaft von Zechern ist, vgl. bei y. u zu y. 11, da es an den
kultischen Feiern des Volkes hoch herging. Ohne die oben angenommene
Änderung ist D5J^? 1D unverständlich, denn es kann weder ausgeartet ist ihr
Saufen (Ewald), noch ihr Saufen hat ein Ende (Orelli), bedeuten, und auch
es weicht ihr Wein seil. Rausch (Hitzig) passt nicht in den Zusammenhang.
Was übrig bleibt von v. 16 und 17, ist Glosse. 16*^ wird gewöhnlich, um einen
möglichen Zusammenhang herauszubringen, fragend gefasst; aber ursprüngliche Zu-
sammengehörigkeit wird schon durch nin^_ in der Jahwerede ausgeschlossen. Ich sehe
daher y. 16^ als spätere Einfügung an, die eine Weissagung für die glückliche Endzeit, wo
der Charakter und damit auch das Geschick Israels sich geändert hat, enthält, wie 2 1-3
(vgl. auch 3 0): nunmehr wird Jahwe sie iveiden wie ein Lamm auf iveiter Flur, sodass ez
an Schutz und Nahrung ihm nicht fehlt; das T\nv entspricht dem i<^m üV^ in der Parallel-
stelle Jes 30 23. In 17 ist ebenso l'^Tlin, lass es!, eine Glosse; es ist eine Aufforderung
an Juda resp. den Leser, das mit den Idolen liierte Ephraim doch gehen zu lassen, wenn
es denn nicht anders will, vgl. II Sam 16 11. Die Übersetzung der LXX I9r^xsv sauTw
GxavoaXa las l'p'n^in, wozu sie vielleicht in Ergänzung eines ursprünglichen D^p (siehe zu
V. 18^ 19) □"•yis^pö vermutete, da sie den Text dahin verstand, dass er sagte: mit den Götzen
im Bunde ist Ephraim, die es sich zu Gegenständen des Anstosses legte. Auch für
den Anfang von 18 hilft LXX nicht: r^psTtas Xavavaioü^ scheint, wenn es nicht einfach
geraten ist, D''iS?ipii inn vorauszusetzen, was aber nicht weiter führt. Vgl. oben die als Not-
behelf acceptierte Konjektur Houtsma's.
18 *" 19 bilden vermutlich die sechste Strophe, aber fast kein einziges
Wort ist ohne Bedenken, obschon LXX bereits im Allgemeinen den gleichen
Konsonantentext vor sich gehabt hat. Das Hiph. ^litri H^in, das man etwa zu
übersetzen hat: sie verayistalten Un%uchtor gierig ist auch v. 10 und 5 3 in Kai
zu verbessern, darum bleibt es hier ebenfalls unwahrscheinlich; ^^n übersetzt
LXX nicht, es ist schwerlich mit dem vorangehenden Worte als Pealal =
unnns zu lesen, sondern entweder als fehlerhafte Wiederholung zu entfernen
oder mit IIHS zusammen in OHS ^IHS, über alles lieben sie, zu verbessern, vgl.
Ges.-Kautzsch27 § 55 e. rr^iliD, mit unverständlichem Femininsuffix = ihre
Schilde, ist schwerlich ein Tropus für „ihre Fürsten"; LXX ex cppoaY[xaTo;
aurrj; scheint niS^lp gelesen zu haben, vgl. cppüay[ia = psj in Sach 11 3. Dies
verbessert man dann in Di^^:i):D und übersetzt: Schande ziehen sie ihrem Ruhme
vor d. h. Jahwe, der ihr Ruhm ist; aber der Gegensatz zu f>p^ wäre 1U3, nicht
]1«5. In V. 19 versteht man nni^^ (LXX las nriiS! ao sl) nicht; wer ist „sie"
und was soll die Objektspartikel? Für *l*]^, einbinden, erwartet man zu dem
Hos 4 19 46 Hos 5 l
femininen Subjekt nn das Femininum. Am Schluss ist für DHin^^p, das einen
nicht vorkommenden femininen Plural von n^J voraussetzt, nach LXX Dnin^JtSlp,
V07' ihren Altären^ zu lesen. Übersetzt man nun nach diesen zunächst unerläss-
lichen Verbesserungen, so gewinnt man trotzdem keinen annehmbaren Sinn:
sie huren drauf los^ ziehen Schande vor dem, der ihr Ruhm ist, Ein Sturm-
wind wickelt sie (?) ein in seine Flügel und sie werden ob ihren Altären zu
Schanden. Nicht besser sind die weiteren Konjekturen: Bachiviann schlägt
vor: nninintrs?:) w^t^ n^DiiDin Dn«iy:i nn nh^ö Dn^'^pö ^^p ^nn un« =- „sie lieben
Hauch (= Götzen), leichter sind ihre Stäbchen (vgl. ^pD y. 12) als ein Körnlein
(vgl. Am 9 9); der Wind führt sie hinweg auf seinen Fittigen und ob ihren
Altären werden sie zu Schanden" ; Winckler zieht DJIi^^ zum folgenden Vers
und übersetzt: „ihren Übermut — hinwegführt (?) ihn (1. Hhl« = ini«) der Wind
auf seinen Fittigen und sie werden zu Schanden werden von ihren Altären
weg"; Oettli liest V. 19^: H'^öiD? ön^'^^l nn DHI? = „es packt sie zusammen
der Wind, hebt sie empor auf seinen Flügeln." Vielleicht darf man mit
grösserem Eingriff in den offenbar seit Anfang verdorbenen Text unter Nicht-
berücksichtigung von ni^, das mir nach Jes 51 19 (vgl. nn 1?) hier vor nn
eingesetzt scheint, etwa folgendes als dem ursprünglichen Wortlaut näher
kommend vermuten : 0^3 (auch von Oort hineingesetzt, vgl. das von LXX ge-
botene axav^ocXa = D^^^i^Dp) ^'äi^^ \ Dn^iö nsn^ Dn^niii?)? I )i^p nns nin« | uj nij
II DninstöD = Sie alle hurten drauf los, Liebten über alles Schande; Vor
ihren Gärten (vgl. die Bäume v. 13) werden ihre Gesichter erröten, Und sie
werden sich schämen wegen ihrer Altäre. Jes 1 29 w^äre dann nur Nachbildung
unserer Stelle, vgl. dort.
5. Die Priester und der Hof bringen Israel ins Verderben 5 1—6 3.
Auch dieser Abschnitt verläuft wie Cap. 4 in zwei Absätzen: 5 1-9 und 5 10-14, die
aber durch den gemeinsamen Gedanken, dass die Obrigkeit das Unglück Israels ist, zu-
sammengehalten und durch einige freundlicher klingende, später beigefügte Yerse 5 15 — 6 3
abgeschlossen werden. Der späteren Bearbeitung gehört auch die Einführung von Juda in
diesem Abschnitte an; besonders deutlich liegt dies v. 5 zu Tage, ist aber auch für die
übrigen Stellen nicht zu bezweifeln, s. die Auslegung.
a) Das Gericht über die Obrigkeit wegen des Kultus, zu dem sie das Volk
verführt 5 1-9*
Die erste Strophe 1^: Hört dies, ihr Priester^ Und merkt auf, Israeliten!
Und ihr königlichen Beamten gebt acht! Denn euch gilt der Urteilsspruch!
^^)sn n^5 ist der königliche Hof, die obersten Beamten ; diese samt den Priestern
sollen aufmerken, denn tOSl^>sn Ulh, euch besonders gilt das Urteil. Wenn da-
neben die Israeliten insgesamt noch zum Aufhorchen aufgerufen werden, so
kann das die besondere Beziehung auf die Priester und den Hof nicht stören,
jedenfalls ist ^ h^^^\ n*"? nicht mit Oettli zu entfernen; denn die Israeliten
sollen hören, wie Jahwe mit ihren Autoritäten ins Gericht geht.
Die zweite Strophe 1^ 2: Denn eine Schlinge seid ihr geworden für
Mispa Und ein ausgespanntes Fangnetz auf dem Tabor Und die Fallgrube zu
Sittim macht ihr tief Und keine Besserung giebts für euch alle. *•? ist, wie in
4 1 das zweite ''3, nicht einfach recitativ, sondern den vorangehenden Stichos
4
Hos 5 1 47 Hos 5 5
erklärend und be^a^ündend: Das Urteil ergeht über Priester und Hof, denn an
ihnen liegt die Schuld. Sie besteht in den kultischen Orgien, die sie besonders
an den drei genannten heiligen Stätten eingerichtet haben und mit denen sie
das Volk zu Fall bringen (vgl. 4 u). Mit Mlspa ist wohl Mispa in Gilead ge-
meint, vgl. Jdc 10 17; es wird mit es-Salt zu identifizieren sein, in dessen Nähe
der Dschebel Osche liegt (vgl. Baedeker Palast.^ 162), welcher zum Tahor,
heute Dschebel et-^ör, östlich von Nazareth, ein passendes Gegenstück bihlet.
2 Für das unverständliche 5|p'^Dj;n D^toli^ Htont^^l hat man zu lesen D'^lSt^n nntr^l
^"'prn oder mit Umbreit, Wellh. u. a. ^p'^PJ^n D"^t2^n nnm = und die Grube
von Sittlin machlen sie lief, resp. nplö^ ^n rin^l und eine tiefe Grube in
Sitlim. Aus Num 25 i ist has-Sittim als der Lagerort bekannt, wo die Israe-
liten sich zu Ba al Pe or verführen liessen; es liegt Jericho gegenüber auf der
linken Seite des Jordans und war damals im Besitze Nordisraels vgl. zu Am
6 14. Schon die Vergangenheit legte es nahe, an diesem Platz die verführeri-
schen Kulte wieder aufleben zu lassen. Die Grube ist so gut ein Mittel zum
Fang der Tiere wie Falle und Net% vgl. Am 3 5 Jer 5 26 (corrig. Text). Für
"ID^'I:^, Zz/rA^ = Vollstrecker der Züchtigung, liest LXX 1d;;P TraiocDT-/;;, was den
Gedanken abschwächt, eher hat sie wohl recht mit oulcüv, D^^^b für D^Db. Jeden-
falls aber empfiehlt sich durch den Sinn, für ''iSI mit Chetne \)^\ zu lesen: Und
keine Besserung giebt's für euch alle^ jede Besserung ist ausgeschlossen.
Daran knüpft sehr gut an
die dritte Strophe 3^ 4*: Ich^ ich kenne die Ephraimiten Und die Israe-
liten sind mir nicht verborgen; Ihre Thaten machen es ihnen unmöglich^ Um-
%ukehren %u ihrem Gotte. Abgewendet von den vorher angeredeten Israeliten
schildert Jahwe jetzt ihre gänzlich verderbte Art. Zu lesen ist v. 4^ D^iH^ ^^,
vgl. das folgende D (so jetzt auch Oettli); zu der Konstruktion und dem Sinn
von ]T\^ mit folg. persönl. Obj. und b cum inJfin. vgl. z. B. Gen 20 6 Ex 3 19:
jemandem ettvas %u thun erlauben; das Thun und Treiben der Israeliten ist,
wie Jahwe wohl weiss, derart, dass jede Umkehr unmöglich ist. Zu dem Ge-
danken vgl. Jer 13 23 Bm 6 16 Joh 8 34. 3'' ist „eine matte, abschwächende
und völlig überflüssige Explikation, vielleicht aus 6 lo" (Wellh.), also Glosse
(so auch Nowack); Änderung von nny in nn^ (Wellh., Nowack, Oettli)
verlohnt sich nicht, was soll die Hervorhebung des du? Das j^/s^ will vielmehr
die böse Schilderung Israels auf die Gegenwart limitieren. Dagegen ist mit
Oettli H'^iJ für n^'^tn zu lesen, das H von nnj; ist doppelt geschrieben. 4^^ ist
eine ebenso überflüssige Explikation, wie v. 3^; es ist eine Glosse, die aus 4 12
stammt.
Die vierte Strophe 5 6: Der Stolz der Israeliten zeugt klar tcider sie
Und die Ephraimiten straucheln durch ihre Schuld. Mit ihren Schafen und
Rindern ziehn sie daher ^ Um mich zu suchen , ohne zu finden. Das klarste
Zeugnis gegen die Israeliten und den sichersten Beweis für ihre Unverbesser-
lichkeit legt ihr Hochmut ab, in dem sie ihr Thun und Treiben, ihren Kultus
und Gottesdienst, für Jahwe wohlgefällig ansehen und darum nicht von Ferne
an eine Umkehr denken (vgl. v. 4). n^j;"] mit folgendem V^M kann nur bedeuten:
offenes^ klares Zeugnis loider jemand ablegen; für HiJ^I ist wohl, da es sich nicht
Hos 5 5 48 Hos 5 7
um die Zukunft, sondern um gegenwärtige Beweise handelt, Tii)^] zu lesen. Was
im ersten Stichos der Is?'aelzten Stolz heisst, nennt Hosea im zweiten sar-
kastisch ihre Yei^fehlungy ihre Schuld., an der sie zu Falle kommen. ^i?$1li^^'!
vor D1"!)?iJl ist als stehengebliebenes Versehen eines Schreibers zu streichen.
Ebenso ist, wie auch Valeton erkannt hat, es strauchelte auch Juda wie sie
sekundär; die Glosse soll die Notiz bringen, dass auch Juda durch den
Dienst an den Höhen seinen Untergang verschuldet hat. Als Glosse verrät
sich das Sätzchen schon durch die Verbindungslosigkeit, dann durch das
nackte Perfectum ^^3 und endlich durch das DJ, das überall zeigt, wie
diese Juda betreffenden Aussagen nachgetragen sind, vgl. auch 6 ii. 6^
schildert das Treiben, das der Stolz der Israeliten ist: Sie kommen daher-
gezogen mit ihren Schafen und Rindern zum Opfer, um mich zu suchen. Hier
ist Jahwe auch im Munde Jahwes vielleicht haltbar; sie meinen „Jahwe", wie
sie sagen, zu opfern, doch liest man besser ''^'^i^?^ statt n5n;^"njj ^'i?.?'?. Mit
•l^^^p*; i^b\ ist kurz, aber kräftig das Vergebliche ihres Thuns gezeichnet. 6^
DHD *fyr\ bietet grosse Schwierigkeiten, da das Verbum nirgends sonst intransitiv
= sich entziehen^ sondern nur transitiv = ausziehen z. B. den Schuh Jes 20 2
Dtn 25 9, vorkommt. Auch wenn man gleichwohl übersetzt: er hat sich ihnen
entzogen^ so ist der Gedanke Hosea nicht entsprechend; denn nicht weil Jahwe
sich den Israeliten entzogen hat, ist er bei den Opfern nicht zu finden; dort ist
er überhaupt nicht zu suchen, Jahwe fordert andres als Opfer vgl. 6 6. Es wird
daher das Wort als Glosse zu betrachten sein, die auf v. 15 hinweisen soll, v>'0
von einer Entfernung Jahwes von Israel die Hede ist; y. 15 ist aber selber
sekundär, s. dort. Die Konjektur ^bn, vorübergleiten^ (Oort) hilft nicht viel.
Die fünfte Strophe 7 setzt in der ersten Hälfte noch die Schilderung
der Natur der Israeliten fort, begründet einerseits, warum jede Hoffnung auf
Besserung unmöglich und ein Jahwefinden ausgeschlossen ist, motiviert aber
damit andrerseits auch die in der zweiten Hälfte angedrohte Strafe. Zu lesen
ist "^^ statt mn^l und davor ein nach DHn leicht zu übersehendes oder am Ende
geradezu in dieses DHD verdorbenes DH"''?, vgl. auch otl zu Anfang in LXX,
ferner ^^\ vor D'^^S, das \ ist in dem i von H^^ untergegangen; zu dem Gebrauche
von ^^\ •••••'? im Sinne von denn nicht nur sondern sogar oder denn
, ... ja sogar vgl. Jes 65 16. Demnach lauten die beiden ersten Stichen: Denn
sie selber sind mir treulos geworden Und haben auch ein abtrünniges Ge-
schlecht in die Welt gesetzt d. h. es handelt sich nicht um einen einmaligen
Abfall, um eine einzelne abtrünnige Generation, sondern, da die zweite Genera-
tion ebenfalls D^'IJ abtrünnige sind, die ganz der Art der Eltern nachschlagen,
um eine völlig verseuchte Nation. D^lt D'^iS sind nicht uneheliche Kinder, son-
dem Kinder, die Jahwe fremd gegenüberstehen (vgl. 8 12); die Israeliten sollten
seine Kinder und Diener sein, aber der Abfall sitzt so tief, dass die neue
Generation von ihm schon nichts mehr weiss, seine richtige Verehrung nicht
kennt; für ihn sind sie ein ganz entartetes Bastardgeschlecht. Die Seuche ist
der von den Israeliten geübte Kultus; was Jahwe dagegen forderte, ist Liebe
und Treue vgl. 6 6 und s. Maeti Gesch. der isr. Rel.^ 178. 1^ schliesst sich
gut die Ankündigung von Strafe an, leider sind aber die beiden Stichen
Hos 5 7 49 Hos 5 10
vorstümmelt. ti^lh, Neumond, Neumond frier, ist doch kein passendes Subjekt
zu D^?^^''; vermutet man nach ipocjtfj-rj der LXX, das man als vermehrtes Ep'ja
= tyin betrachten wollte, 1 für "I, so ist es ebenso unbefriedigend, wenn man
li^inr? DSb^l, = er wird sie hindern ihre Felder zu pflügen, annimmt, als wenn
man blos ti^lh liest und dies als Objekt fasst: er wird sie verzehren, den Pflüger
samt ihren Ackern. Dagegen spricht das Pluralsuffix in üT['^\hT\, und nach dem
Folgenden erwartet man schon eine deutlichere Hinweisung auf den Krieg.
Wellh. denkt an l''in^ für ti^lh, dann bliebe Jahwe Subjekt: er wird sie ver-
zehren, er wird ihre Acker verwüsten. Besser scheint mir der Vorschlag von
OoET, IT^nti^D für ü^h zu lesen; dann aber wird hinter demselben noch ein Verb
ausgefallen sein, etwa ^''IH^'j oder Uinj.'j (ohne "ilij), so dass die Drohung lautete:
Nun so soll sie ver%ehren ein Vertilger Und sollen verwüstet werden ihre
Felder.
Die sechste Strophe 8 zeigt, wie das y. 7^ angekündigte Gericht sich
vollzieht. Selbst im Süden des israelitischen Reiches, in Benjamin, wird Alarm
geblasen; denn bis dahin dringt das von Norden hereinbrechende Verderben:
Stosst in die Posaune %u Gibea, In die Trompete %u Rama^ Schlagt Lärm in
Bethel, Es bebe Benjamin vor Schrecken! Gibea (vgl. auch 9 9 10 9) ist
Gibea-Benjamin, das heutige Teil- oder Tulel-el-fül (vgl. Jdc 19 13) am AVege
von Jerusalem nach Näbulus, an dem etwas nördlicher auch Rama^ das heutige
er-Räm, und Bethel^ das heutige Betin^ liegen, vgl. Bädeker Palast.^ 242 f.
]1« n^? ist schwerlich eine besondere Ortschaft, wie Sellin MNDPV 1899, 99f.
1900, 1—4 zu erweisen sucht, sondern nur eine auf Grund von Am 5 5 auch
hier eingedrungene Entstellung von ^S il'^S, vgl. auch 4 15; hier ist ^S n**? her-
zustellen, vielleicht sogar ^S H*^??, da doch bei einem Eigennamen die eupho-
nischen Gründe zur Weglassung des erforderlichen 21 kaum genügen, vgl.
übrigens Ges.-Kautzsch^' § 118g. Zu nsiti^ ^Vj?^ vgl. Am 3 6 Jo 2 i, zu
5|V^in ebenfalls Jo 2 i. Für ^^^Hi??, das aus Reminiscenz an Jdc 5 u ver-
schrieben erscheint, ist mit Wellh. u. a. n'^inn, set%t in Schrecken, oder nach
LXX l^oTY] (vgl. 11 11) noch einfacher ^^n;;, es %ittere vor Schrecken^ zu lesen;
vgl. Am 3 6.
Die siebente Strophe 9: Das Resultat ist die Verwüstung Nordisraels
und sicher trifft das gedrohte Gericht ein. Ephraim wird zur Wüste werden
Am Tage der Züchtigung, Über die Stämme Israels Verkünde ich Zuver-
lässiges, Ü1^?^f zeigt deutlich, dass nur die nordisraelitischen Stämme
gemeint sind, wie denn auch vorher Jerusalem nicht erwähnt ist. Um Juda
kümmert sich erst die spätere Bearbeitung s. zu v. 5. ? hat hier nicht
den Sinn von in^ unter ^ sondern von in Betreffe was angeht, in Sachen. Das
Perf. ''HJ^Iin = hiermit habe ich verkündet vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 106 i.
b) Die Rechtlosigkeit und innere Auflösung sind soweit vorgesehritten,
dass eine Heilung unmöglich ist 5 io-i4.
Dass hier nun mehrmals Juda erscheint, muss auffallen; bis hierher ergab sich,
dass dasselbe überall, wo es im Texte anzutreffen war, einer späteren Hand sein Dasein
verdankte, vgl. 1 7 22 4 15 5 5. Auch hier ist es nicht anders; denn 5 13 müsste 'prm\
auch hinter n^K^*l stehen, wenn wirklich hier Juda und Ephraim schon ursprünglich in
Kurzer HC zum AT XIII 4
Hos 5 10 50 Hos 5 13
Parallele gesetzt wären. Es ist demnacli auch hier, wie es nach allem, was wir bis dahin
von Hosea gelesen haben, nur natürlich ist, allein von Nordisrael die Rede gewesen und
für ni^in^ ist das ursprüngliche hi<']\i^) wieder herzustellen. Zu der Gerichtsankündiguug
für Ephraim in 5 1-9 tritt hier nicht die für Juda, sondern zu dem dort verurteilten kul-
tischen Schaden Israels wird hier das Urteil gefügt, das dasselbe Israel infolge seiner
moralischen und rechtlichen Verwahrlosung verdient. Ygl. Marti Gesch. der isr. Rel.*
119 und jetzt auch Nowack.
Die erste Strophe 10: Ute Machthaber Israels sind geworden Wie die^
die Marksteine verrücken; Die will ich überschütten^ Wie mit Wasser, mit
meinem Grimm. Lies ^^'^\ für TT]\T\\^ s. Vorbemerkung. Marksteinver-
Setzern gleich sind die israelitischen Fürsten geworden, nicht weil sie die
Grenzen des ganzen Reiches etwa verändert hätten, sondern weiV sie durch
Unrecht und Bedrückung ihre Untergebenen um ihr Eigentum bringen und
ihren eigenen Besitz erweitern. Vgl. Jes 5 8: das Wehe und Dtn 27 17: den
Fluch über derartiges Treiben, ferner Mch 2 2 Dtn 19 14. Diese ungerechten
Machthaber will Jahwe mit dem ganzen Schwall seines Zornes überschütten.
Die zweite Strophe 11, die weitere Darlegung der in Ephraim herrschen-
den ßechtlosigkeit: Bedrückung üben die Ephraimiten, Brechen das Becht;
Denn es hat Israel beliebt Nach%uwandeln dem Nichtigen. Für die Passiva
p^t^^j; und 'p^^^i (letzteres mit tOÖ^D = einer, dessen Recht gebrochen ist, vgl.
)ij; IM Jes 1 4) lies, da Ephraim „nicht beklagt, sondern gescholten" wird
(Wellh.), nach LXX die Activa p^j; und l^^h. Der zweite Teil ist nicht
sicher. Vermutlich ist ^«*1^^ nach 'p^'^IH absichtlich ausgelassen, weil hier
Israel nirgends erscheinen sollte, das ja sonst durch 1V!\7\\ ersetzt ist, oder
durch Versehen ausgefallen (vgl. die Ähnlichkeit mit ^'^^^IH). Zu der Konstruk-
tion von '?''«in mit folg. Perf. ohne \ vgl. Dtn 1 5: 1«? n^D ^^«IH. Mit 1?,
das sich noch Jes 28 lo i3 in der Verbindunor "s^ \^ findet, ist hier nichts an-
Ott- '
zufangen; als HJ^)? ist es nach Form und Inhalt nicht zu fassen; LXX über-
setzt oTcioco Ttüv [xaxaiajv, scheint also \^ (s. Hi 15 3i) = \^W vorauszusetzen.
Damit ist vielleicht wenigstens der Sinn nicht übel getroffen, da wohl irgend
eine Bezeichnung der Bealim, die nichts wert sind und besonders für Recht
und Sitte keine Bedeutung haben, zu erwarten ist.
Die dritte Strophe 12 13^^ schildert, wie in Israel die von Jahwe als
Strafe für die Rechtsverachtung herbeigeführte innere Fäulnis fühlbar wurde:
Doch ich bin wie die Motte für Ephraim Und wie der Wurmfrass für das
Haus Israel Und Ephraim wurde seine Krankheit gewahr Und Israel seine
Eiterung. Beidemal ist ^^'y^\ für 7XViT\\ zu lesen, s. Vorbemerkung. Wie
:2p1, Wurmfrass, Knochenfrass^ den menschlichen Organismus zerstört und
Eiterungen (*11tD) verursacht, so bereitet Jahwe dem staatlichen Organismus
die Auflösung und Zersetzung; gemeint sind die inneren Wirren in Nordisrael,
durch die die Ordnung im Staate zerstört wurde und die mit den Entthronun-
gen und Usurpationen die Grossen in verschiedene Parteiungen trennten; man
denke an die Entthronung und Ermordung Sacharjas durch Sallum und Sallums
durch Menahem! Die Krankheit ist oft als Bild gebraucht für die Verdorben-
heit und Gebrechlichkeit eines Staatswesens vgl. Jes 1 5f, 17 4 ii Jer 30 12 13.
Die vierte Strophe 13^P'\ das verkehrte Mittel, durch Anlehnung an
Hos 5 13 51 Hos 5 U
fremde Stützen die innere Krankheit zu heilen: Und es ging Ephraim %u Assur
Und Israel %wn Grosslwnig; Ah er der wird nicht im Stande sein, es zu heilen,
Und wird ihm die Eiterung nicht vertreif)en. Es ist die alte und immer neue
Geschichte, durcli äussere Stützen ein inneres Übel zu beseitigten, statt dem
kranken Gebilde im Innern gesunde und neue Kräfte zuzuführen: Kultus und
Politik statt Religion und Ethik. Wäre in unserm Abschnitt ursprüng-
lich auch von Juda die Rede gewesen, so müsste es hier als Subj. zu nb^^ da-
stehen, wie auch AVellh. und Oettli es geradezu nach H^l^^l in den Text ein-
setzen wollen. Aber dann muss man auf unbekannte Vorgänge rekurrieren,
da Juda schon vor Ahaz, der wegen äusserer Feinde Verbindung mit Assur
suchte, wegen innerer Schäden die Assyrer zu Hilfe gerufen hätte. Auch
würde man im Munde des Propheten die Anrede mit DD^ an Juda und Israel
zusammen doch schwerlich verstehen, und endlich würde die Einsetzung von
nn^iT den Stiches ungehörig verlängern. Es ergiebt sich somit auch hier
wieder, dass von Juda nicht die Rede ist; Subj. zu Th^'')_ ist D*;iDiJ, wenn man
nicht lieber für nb^^5 geradezu ^i^l^l*! einsetzen will, wie der genaue Parallelis-
mus zu V. is^^' zu erfordern scheint. Für nny, zu dem nicht IltD, sondern
fc^^n Subj. ist, lese man das transitive Hiph. 7^T\y (Wellh., i!sowACK, Oettli),
ferner für Ülh und DSD die hier überall vorher und nachher gebrauchte 3. pers.
sing, f^ und ^^^D; die 2. plur. stammt vom Bearbeiter, der Juda eingesetzt und
überall Israel und Juda vor Augen hat. n*]J T[|pD kann nach 10 6 (s. dort)
nur der assyrische König sein, der Vermutung von Win cklee (Musri, Meluhha,
Main I, 31 f, II, 5, vgl. jedoch jetzt auch KAT^ 150f.), dass nn[ri]^ ^^D b^, zum
König von Jathrib-Medina, also zum König des nordarabischen Reiches zu
lesen sei, ist daher ebenso wenig zu folgen, wie der von Hgivimel (Aufsätze u.
Abhandl. S. 313) und 0. Weber (in Mitteilungen der Vorderasiat. Gesellsch.
1901, 32), dass 2T das im Norden Arabiens zu suchende Reich Aribi sei.
Warum der Assyrerkönig DT 'Jj'^D heisst, ist nicht sicher; man denkt gewöhn-
lich an ein von D'1 abgeleitetes Nomen Streitbar, und in der That wäre König
Raufbold oder Kampfhahn keine so unpassende Bezeichnung für die assyrischen
Könige dieser Periode. Wahrscheinlich ist aber besser mit Cheyne (The Ex-
positor 1897 Nov. S. 364, 1898 April S. 320), W. Max Müllee (ZAT W 1897
S. 334—336) und W. Riedel (Alttest. Untersuchung. 17 f.) ni "^J^D resp. unter
Beibehaltung der in einem halben Nomen proprium leicht verständlichen
alten Nominalendung ^1 "^S^D = Grosskönig oder, wenn man der LXX lapsitx
folgt, D'J "^^D resp. tr\ "»sbl? = Hochkönig zu lesen. Das erste entspricht am
besten dem bekannten Titel sarru rabü des Assyrerkönigs, vgl. die hebr. Wieder-
gabe ^n^D "^I^^O Jes 36 4. Es leidet keinen Zweifel, dass Hosea hier an
den Tribut anspielt, den Menahem im Jahre 738 an den assyrischen Gross-
könig Tiglat-Pileser III. entrichtet hat, um seine Herrschaft in Israel zu
festigen (vgl. II Reg 15 I9f.). Damit ist aber auch die Zeit Hoseas genau be-
stimmt: seine Rede 5 io-i4 fällt nach 738, aber vor 735/4, wo Nordisrael mit
Syrien im Bunde gegen Assyrien auch Juda zum Eintritt in dieses antiassy-
rische Bündnis zwingen wollte.
Die fünfte Strophe 14 giebt den Grund, warum der assyrische Arzt nicht
4*
Hos 5 14 52 Hos 5 15
helfen kann: Denn ich bin tcie der Lowe für Ephraim Und wie der Leu für
das Jlaus Israel; Ich ich raube und gehe davon. Ich schleppe fort und niemand
rettet. „Wenn die Schuld bleibt, ist gegen das Verderben kein Kraut ge-
wachsen; Jahwe lässt sich nicht spotten. Die Motte wird nun ein Löwe, die
schleichende Gefahr wird acut, w4e es scheint, unter den Händen des herbei-
gerufenen assyrischen Arztes selber" (Wellh.). Für 7VV\T\\ ist auch hier ^i^'j'^l
zu lesen. Der Löwe heisst bxw wegen seines Gebrülls, l'^D^, sobald seine Mähne
gew^achsen ist. Zu dem Fortschleppen der Beute durch den Löwen vgl. 1 Sam
17 34. Jahwe ist es, der raubt, mag auch der Vollstrecker des Gerichts der
Assyrer sein; vgl. Jes 5 29, wo ebenso wie hier der Prophet mit ^''•iD X'i^\
abschliesst.
c) Ein tröstlicher späterer Anhang*, der einen Ausblick auf die glückliche
Zukunft der AViedervereinigung mit Jahwe thut 5 15—6 3.
Der Abschnitt 5 15 — 6 3 deutet die trostlose Verkündigung von 5 14, dass Jahwe
davonzieht und für Israel keine Rettung mehr ist, um, indem, er die gedrohte Vernichtung
und die Verlassenheit von Jahwe nur als vorübergehend fasst und auf einen ])estimmten
Zeitraum einschränkt: Der verstorbene Kranke lebt wieder auf nach wenig Tagen, wenn
er Jahwe ernstlich sucht. Das aber kann nicht als genuine Fortsetzung der nur zu be-
stimmt lautenden Worte Hoseas, sondern nur als späterer Zusatz von fremder Hand ge-
fasst werden^ der wie so mancher andere derartige Anhang (vgl. 2 1-3 15^-25) von dem
späteren Glauben aus die Korrektur der alten prophetischen Verkündigung geben und
der Unheilsdrohung die Glücksverheissung entgegenstellen soll, vgl. meinen Commentar
zu Jesaja Einleitung III 13 4 IV 5, ferner zu Am 9 8-15. Hosea hätte mit diesen "Worten
seiner Drohung geradezu die Spitze abgebrochen und in den Mund Jahwes eine sonder-
bare Selbstkorrektur gelegt. Dass es sich um Korrektur, nicht um ursprüngliche Weiter-
führung handelt, zeigt sich deutlich auch an vielen Einzelheiten: ij^s v. 15 nimmt "^^XT
von V. 14 wieder auf und schwächt seine Tragweite ab, wie f)"i^ 6 1 mit f)^p^< 5 14 ver-
fährt. Die V. 13f. als unmöglich hingestellte Heilung wird 6 if. in Aussicht genommen.
Hosea schloss mit ^'••iJö T'«, der Zusatz verkündet das Gegenteil. Auf eine spätere Her-
kunft weisen auch sprachliche Indicien; denn DH^ n^n und das Verb nn^ kommen nur in
späteren Schriften vor, s. die Auslegung. So innig und ergreifend die Worte dieses
Sündenbekenntnisses lauten, sie können deshalb nicht Hosea zugeschrieben werden; der
spätere Verfasser hat sich wohl Jer 3 22 ff. zum Vorbild genommen. Vgl. noch Schluss-
bemerkung zu 6 3.
Der ganze Zusatz, zu dem noch 6 5^ hinzuzunehmen ist, besteht aus fünf Strophen,
die sämtlich Tristiche sind, wenn wir die ersten Worte in 5 15 (vor n^« 15?) als Einleitung
für sich rechnen dürfen; andernfalls ist die erste Strophe ein Tetrastich.
Vgl. Marti Gesch. der isr. Rel.2 164 3 4 170 ; Cheyne in W. H. Smith's The Pro-
phets of Israel (New edition) XX f. ; Volz Die vorexil. Jahweprophetie 33 ; Grimm Euphem.
Liturg. Appendixes 69 — 72; ausserdem Giesebrecht Beiträge zur Jesajakritik 207—209.
15, die Einführung des Zusatzes und das erste Tristichon, giebt die
Korrektur zu v. 14'^ spec. zu dem wiederaufgenommenen "JJ^iSl: Ich gehe fort^
will zurückkehren an meinen Ort, (nun folgt das Tristichon :) Bis dass sie
stut%ig werden Und aufsuchen mein Angesicht, In ihrer Not nach mir suchen.
Handelt es sich v. 14 um ein Weggehen als solches, so wird hier nun limitierend
angegeben wohin: Jahwe geht ayi seinen Ort, worunter weder Jerusalem, noch
der Sinai, sondern nur der Himmel verstanden werden kann, vgl. Mch 1 3, Die
Vorstellung von dem "Wegzug Jahwes von seinem Volke während der Zeit des
Exils s. bei Hes 8 12 10 19 11 23 Sach 8 3. Die Gottveiiassenheit im Exil
Hos 5 15 53 Hos 6 3
bringt die Weggeführten da/u, dass sie stut^Uj werden^ ]. löb^^ oder löt?^'; von
Dö!J^ nach TjXX (Wellie. u. a.) für ^öti^«^ das weder in der J^cideutung von
sldi versclnddcn^ noch von die Schuld hiissen hier passt, die Bedeutung die
Schuld fühlen (Guthe) aber nirgends (auch niclit Ia»v 54 5 Sach 11 5j hat.
Die Folge des Stutzigwerdens wird das Sucdien Jahwes sein, daher Vwi^p2^, Perf.
mit 1 convers. urh "1?5 ist ein in den Psalmen beliebter Ausdruck vgl.
Ps 18 7 (= II Sani 22 7) 66 u 106 44 107 6 9 27, ausserdem Dtn 4 30 II dir 15 4
Jes 25 4 (späte Stelle); ebenso ist das Verb in^ nui* spät nachweisbar, im Kai
Prvll27,imPi. Hi7 2i8 5 245Prvl 28 7 15 817 1127 13 24 Ps632 78 34 Jes 26 9.
Zu der Form •'i:j"in^'^,, Imperf. auf ]r mit Suflf., vgl. Ges.-Kautzsch27 § 60 e.
6 1, das zweite Tristichon, beginnt das Sündenbekenntnis der einst im
Exil Jahwe suchenden Exulanten (das von LXX gebotene Xs^ovis; ist jedoch
nicht als IbN^ in den hebr. Text aufzunehmen, wie man auch nicht nötig hat,
nach ihr ^^h in riD^i zu ändern): Wohlan, lasst uns umkehren %ii Jahwe! Denn
er hat zerrissen und tcird uns heilen. Er hat geschlagen und wird uns ver-
binden. Lies mit Wellh. u. a. "^J^ mit \ (vgl. das vorangehende 1) entsprechend
dem Perf. ^"itD, das hier durchaus im Sinne von zerreissen^ %er fleischen zu
nehmen ist, während ^^'^ 5 14 in Parallele zu N'ü^iSl rauben bedeutet. Über
das Bild von der Krankheit s. zu 5 12 13^=^, zu SSI und tS^^n vgl. bes. Jes 3 7.
Unserm Tristichon liegt der tiefe Gedanke zu Grunde: Vor Gott giebt es
keine Flucht ausser zu ihm.
2, das dritte Tristichon, führt im Anschluss an den Gedanken von y. 1
aus, dass die Hilfe Jah^vesdem Bussfertigen in kurzer Frist zu teil werden soll:
Er wird uns beleben nach %wei Tagen, Am dritten Tage uns aufstehen lassen
Und wir werden leben vor ihm, Zwei^ drei Tage dient hier zur Bezeichnung
einer nicht genau bestimmbaren, aber kurzen Frist, vgl. auch zu Amis.
iTn und D^pn können sowohl vom Genesen- und Aufstehen-lassen von einer
Krankheit (vgl. das Kai 7\T\ genesen Jos 5 8), als auch Wiederaufleben- und
Auferstehen-lassen vom Tode (vgl. Jes 26 19) gebraucht werden. Ist nach y. 1
eher an blosse Krankheit zu denken, so spielt hier doch der Gedanke an den
Tod herein; denn der Verf. hebt am Schlüsse eigens das Leben vor Jahwe d. h.
unter seinen Augen, in seiner Hut (vgl. Gen 17 18), hervor. Der Sinn ist also:
Aus dem Exil, da das Volk dem Tode verfallen, so gut wie tot war, lebt Israel
wieder auf, und der Vers verbindet mit dem Inhalt von Hes 37 1-10 und Jes
53 den häufig ausgesprochenen Gedanken, dass sich Jahwe von denen finden
lässt, die ihn suchen, vgl. y. 3 Jes 55 6 f. Jer 29 13 f. Dtn 4 29 II Chr 15 2 15,
ferner auch Jahw^es Ungeduld und Drang zu helfen nach Jes 30 1 8 42 14. Die
Hilfe ist daher in nächster Zukunft zu erwarten. Zu der kirchlichen Be-
ziehung von Y. 2 auf die Auferstehung Jesu sagt Calyin mit Recht: sensus
nie videtur mihi nimium argutus.
3% das vierte Tristichon: So lasst uns erkennen, darnach jagen Nach
der Erkenntnis Jahwes! Sobald wir suchen, finden wir ihn. Zuerst die Auf-
forderung, die Bedingung zu erfüllen, die zu einem neuen Leben vor Jahw^e
führt, d. i. in ernstlichstem Eifer nach Jahweerkenntnis trachten; dann noch
einmal die Versicherung, dass Jahwe sofort sich wird finden lassen. Gottes-
Hos 6 3. 54 Hos 6 3
erkennlnis ist auch für Hosea das Fundament und die Grundforderung der
wahren Religiosität vgl. 4 i 6 6; aber hier klingen die Worte so, als ob man
dieselbe durch eifriges Studium von Tliora und Prophetenschriften erringen
sollte, wenn das nj;ni durch das folgende 'h nD^ll? erklärt und gesteigert wird.
Übrigens findet sich h ^"1*3 nur hier in übertragenem Sinn; ähnlich ist p*!^ '^D'l'l
Jes 51 1 und das neutestamentliche oicixsiv Phl 3 12 Rm 9 30 f. ]1:d} "inc^3
IN^ID „wie Morgenrot so sicher ist sein Aufgang" ist im Zusammenhang nicht
verständlich, besonders da nachher im Bilde für Jahwe an Stelle des Morgen-
rotes ein erquickender Regen tritt. LXX übersetzt den Schluss £i)py]ao|A£v ao-ov,
also ist ^ns^D^ oder ^iS^??4 zu lesen; entsprechend ist dann der Anfang mit
GiESEBRECHT ZU verbessern in ]5 U'irjl^'3: Wenn tvir suchen (5 15), finden wir
ihn sofort', vgl. zum Gedanken v. 2, ferner Prv 8 17 1 28 und zu ]?♦♦♦♦ 2 = so-
fort I Sam 9 13.
3''^-5^ das fünfte Tristichon, die Verheissung herrlichster Erquickung
und schönsten Glücks: Und er kommt uns wie der liegen^ Wie der Spätregen^
der die Erde erquickt^ Und unser Recht geht wie das Licht hervor. Für nni^
das man schwerlich als Verbum (=- befeuchten) zu ti^lp^D nehmen darf, da
niV das Nomen für den dem ti^lp^?? gegenüberstehenden Erühregen ist, das
man aber wegen des sonst nicht mehr passenden ]>")JS; auch wieder nicht als
Nomen fassen kann, ist mit Perles (Analekten S. 90) nach Jes 55 10 njT, =
tränken^ erquicken^ zu lesen. Wie der befruchtende Spätregen die Erde tränkt
und eine reiche Ernte verschafft, so wird Jahwe kommen als eine herrliche
Erquickung für das schmachtende Volk und ihm reichen Segen bringen; denn
jetzt bricht die Zeit an, da der njH^ HD^, das, was Jahwe wunderbar sprossen
lässt, zum Ruhme und zur Ehre Israels gereichen wird, vgl. Jes 4 2-6, die
Erntezeit, da Israel einheimst, was sein durch die Leiden des Exils verdienter
Lohn ist und was ihm mit Fug und Recht gehört. Diesen letzten die
Schilderung trefflich abschliessenden Gedanken drückt der Stichos 5^' aus,
den wir hierherzunehmen umsomehr Grund haben, als er v. 5 dem Zusammen-
hang fremd ist, hier aber ausgezeichnet passt. Die Wortabteilung des MT ist
nach der LXX dahin zu verbessern, dass das T von ?T^Döti^D als 3 vor *11S zu
setzen ist. Ferner aber ist anzunehmen, dass, ehe der Halbvers nach y. 5 ver-
schlagen wurde, UDÖ^D statt ''tDöti^ö zu lesen war. Unser Recht sagen die be-
kehrten Israeliten, das ist das Recht auf Erbarmen, auf Erhöhung und Glück,
von dem die Späteren gerne sprechen vgl. die späten Stellen Jes 1 27 und bes.
Jes 30 18-26. Gerade was Jes 30 18-26 exponiert, ist hier kurz zusammengefasst ;
fast zu jedem Gedanken von Hos 5 15—6 35^ findet sich dort eine Parallele,
vgl. z. B. zu ty?n und i^DI Jes 30 26, zu Hos 6 s^ß Jes 30 19 und zu Hos 6 5*^ Jes
30 is"^ 26». Jedenfalls erhellt aus diesem Vergleiche, dass die Gedanken von
Hos 5 15—6 35^ der späteren Zeit geläufig waren. Dass dagegen Hosea den
Israeliten ein Recht auf eine herrliche Zukunft zuerkannt hätte, ist völlig aus-
geschlossen. ^^:^;; "nl^^l Israels Recht geht auf wie die Sonne in herrlich-
strahlendem Glänze nach einem befruchtenden Regen.
Aus der Auslegung ergiebt sich, dass der Abschnitt 5 15—6 3 5'^ nach Form und
Inhalt der späten nachexilischen Zeit angehört; denn überall treten uns, darin Gedanken
Hos 6 3 55 Hos 6 3
entgegen, die den Späteren eigentümlich sind: das AufJe])en Israels aus dem Tode des
Exils 0 2, die sofortige Erhörung des Jahwe suchenden Israels 6 3**, die Aussicht und das
Recht Israels auf eine Zukunft liöchslen (ilückes fl 3*' 5'*, und die nächsten Parallelen für
den Ausdruck bietet die spätere Litteratur vgl. ausser den angeführten Stellen bes. noch
Prv 8 17. Dieses Resultat wird schliesslich noch bestätigt durch die gezwungene und
künstliche Erklärung, welche die Verteidiger der hoaeanischen Herkunft von diesem
Stücke geben. Nach Gieseiirecht soll die Aufforderung G 1-3 „nur als (;in Wunsch des
Propheten aufzufassen" sein; dieser möchte nämlich „sein Volk immer wieder auf den
rechten Weg zurückführen, welcher ihm neue göttliche Huld und Heilung bringen wird."
Dass dieser Wunsch jedoch unerfüllbar sei, werde der Prophet durch „die höhere gött-
liche Stimme" belehrt, die ihm in 6 4 sage, dass „ja doch alles vergeblich ist". Nach
Wellh. dagegen, dessen Auffassung Nowack teilt, sind die Worte 6 1-3 zwar Rede des
X^olkes, aber vom Propheten nur „als eine Eventualität, die vermutlicli eintreten wird,
wenn Jahwe sich zurückzieht", hingestellt, und ebenso „eventuell und zukünftig" soll die
Antwort Jahwes 6 4 zu fassen sein. Mit ihrer eventuellen Rede sollen ferner die Israeliten
in ihrer Oberflächlichkeit „der falschen Hoffnung" Ausdruck verleihen, „dass nun auch
gleich alles wieder gut sein werde", und darauf soll dann in 6 4 die abweisende Antwort
Jahwes vorliegen. Wo aber nur mit solcher Künstlichkeit dem Text ein in den Zusammen-
hang zur Not einzugliedernder Sinn abgewonnen und eine notdürftige Verbindung mit
6 4 hergestellt werden kann, ist es denn doch geratener, 6 4 wenn auch nicht direkt an
5 14 anzuschliessen, so doch als Fortsetzung im weiteren Sinne d. h. als auf der gleichen
Höhenlage mit 5 14 liegend zu betrachten und 5 15 — 6 3 -{- 5*^ als fremdes Gut auszu-
scheiden. Diese Lösung empfiehlt sich nicht nur durch ihre Einfachheit und die Analogie
so mancher ähnlicher si)äteren Einfügungen, sondern auch dadurch, dass sie davor be-
wahrt, dem Abschnitt Gewalt anzuthun, und ihm seinen klaren und tiefen Inhalt belässt.
6. Die Unverbesserlichkeit der Israeliten 6 4—7 7.
Unmöglich ist die Verbindung von 6 4 mit 5 14 nicht : Was könnte ich anders mit
dir anfangen als wie ein Löwe dich wegzutragen und zu verderben? Aber die Fort-
setzung, die sich zu dieser Verbindung nicht gut schickt, rät, mit 6 4 einen neuen Ab-
schnitt beginnen zu lassen. An die bedeutungsvoll an den Anfang gesetzten zwei Tetra-
sticha v. 4-6 über das Fehlschlagen jedes Versuches, Israel zu der wirklichen Erfüllung
der Forderungen Jahwes zu bringen, schliesst sich nicht übel die Schilderung der entsetz-
lichen Zustände in Israel an. Es ist nicht nötig, dieses Stück in einzelne Fragmente auf-
zulösen; vgl. auch zu 7 7. Die Beobachtung von Büdde (ZATW 1882, 32 f.), dass
6 7 — 7 4 die Form des Klageliedes an sich tragen, ist dahin zu modifizieren, dass auch hier
wieder von 6 4 — 7 7 die üblichen Tetrasticha Hoseas (und zwar im Ganzen zehn) vor-
liegen.
4, das erste Tetrastich, beginnt das Redestück mit der schmerzlichen
Frage, welche Mittel denn noch angewendet werden könnten, um Israel auf
den rechten Weg zu bringen, da bisher jede bessere Regung bei ihm sich nur
als vorübergehend erwiesen habe: Was kann ich dir denn noch, thun^ Ephraim!
Was kann ich dir denn noch thun^ Israel! Ist doch deine Liebe wie Morgen-
gewölk Und wie der Tau, der früh verschwindet. Zu lesen ist auch hier 'PSI'^^
für TV^7\\, dessen Einsetzung gerade so wie 5 13 das Pluralsuffix DD" nach sich
gezogen hat; 1. also ebenfalls ^"IDH und vgl. zu 5 io-i4. IDH, Liebe, ist auch
hier wie v. 6 nicht anders als 4 i, also von der Liebe zum Nächsten zu ver-
stehen, vgl. WiNTEE ZATW 1889, 215—218; diese Auffassung wird durch die
nachherige Schilderung des Verhaltens der Israeliten gegen die Mitmenschen
bewiesen. Dass man hier HOn als Liebe zu Gott deuten wollte, rührt davon
Hos 6 4 56 Hos 6 7
her, dass man eine Verbindung mit dem nicht als Einschub erkannten Ab-
schnitt 5 15-6 3 herzustellen suchte. Zu dem schönen Bilde von den Morgen-
wolken, die in Palästina rasch vor der aufgehenden Sonne verschwinden, und
dem Tau, der ebenso schnell vergeht, vgl ZDPV 1891, 110-112.
5* 6, das zweite Tetrastich, schliesst gut an v. 4 an: Darum weil die
bisherige Besserung je nur eine flüchtige war, habe ich bereits die schärfsten
Mittel angewandt (vgl. die Perfecta); denn nicht Opfer will ich, sondern eben
Liebe und Gotteserkenntnis. Das Tetrastich schaut wie v. 4 auf die Ver-
gangenheit zurück, die Jahwe die schmerzliche Gewissheit giebt, dass von
Israel nichts mehr für die Erfüllung seiner Forderungen zu hoffen ist. Darum
habe ich dich behauen durch die Propheten^ Dich erschlagen durch die Worte
meines Mundes; Denn Liebe begehre ich^ nicht Opfer, Und Gotteserkenntnis ,
nicht Brandopfer. Fälschlich macht Hitzig mit LXX D^i^^DiS zum Objekt
von ''ri^^n, während das parallele ''D""'ip{55 zeigt, dass sie vielmehr das Werk-
zeug sind, mit dem Jahwe dreingeschlagen hat. Wie in v, 4 (s. dazu) das
Pluralsuff, in Q?*!?^ nicht ursprünglich ist, so hat man wohl auch ^"^r^?*!!! für
Q'^^^^0 zu lesen, vielleicht ist sogar durch Haplographie das Suff. ^" bei *'n??n
verloren gegangen, vgl. das folgende !n und lies ^^r^!l?n. Wie durch ^^H in die
kompakte Masse von Gestein und Fels Höhlen und Stollen gelegt werden, so
hat Jahwe in dem Volke Risse und Lücken geschlagen. Immerhin entspräche
dem JJin besser das von Oettli zur Wahl gestellte 'f^riD, %er schmettern.
Propheten und Wort Gottes stehen durchaus parallel: das göttliche oder pro-
phetische Wort ist 5üva[jLi(;, eine reale Kraft, die eine zerstörende Wirkung
hat; vgL zu Jes 9 7. Da von der Vergangenheit die ßede ist, so ist an
Propheten wie Elia und Elisa zu denken, durch welche in der That eine grosse
Krisis eingeleitet wurde. Zu 5'' vgl. oben nach v. 3. Dass hier v. 5^ nicht
passt, zeigt schon das Imperf. ^^?^ Liest man aber auch das Perfectum, so
unterbricht er den Zusammenhang von v. 6 mit y. 5^, da y. 6 eben begründet,
warum so scharf gegen Israel Yorgegangen wurde. 6 bringt den klas-
sischen, einfachen und durchsichtigen Ausdruck für die Stellung der alten
Propheten zum Opferdienst, vgl. zu Am 5 21-27 Jes 1 10-17. Es ist daran nicht
herumzudeuten; denn ]p wird durch das unzweifelhafte )^b\ sicher als negativ
= weg von und nicht nur komparativ = mehr als erwiesen. Liebesübung (s.
zu Y. 4) und Gotteserkenntnis fordert Jahwe, Moral und Religion innig ver-
bunden, ja eins ohne das andere weder in rechter Weise vorhanden, noch über-
haupt als vollkommen zu denken (s. auch 4 1), aber nicht Opferkultus. Vgl.
Marti, Gesch. der isr. Rel.^ 4 § 36: Die Stellung der Propheten zum Kultus
S. 160—164. „Der Spruch erinnert an I Sam 15 22, ist aber doch sehr charak-
teristisch verschieden. Denn Samuel predigt dem Saul nichts weniger als IDH"
(Wellh.).
Mit 7 8, dem dritten Tetrastich, beginnt ein Sündenregister, das den
Kontrast zwischen dem Verhalten Israels und den Forderungen Jahwes in
seiner ganzen Grellheit zeigt und damit die Unverbesserlichkeit des Volkes
ausser jeden Zw^eifel setzt. Es wird dabei auf Thatsachen angespielt, die uns
nicht bekannt sind, weshalb uns auch diese Strophe nicht vollständig verstand-
Hos 6 7 57 . Hos 6 9
lieh ist. In 0*1^5? muss wegen des folgenden ÜU) ein Ortsname stecken; es kann
daher weder wie Adam, noch wie Menschen, nocli als oh sie Helden wären
übersetzt werden, was übrigens, auch wenn kein DC^ folgte, unhaltt)ar wäre.
Aber w^elcher Name ist darin zu suchen: D'l«^ ^^^ Edom, was gra})hisch, aber
nicht geogra|)hisch nalieliegt, D1^5? In Ar am, was dem folgenden Hj;'/^ näher
kommt, oder HDlW^l In Adma^ das aber untergegangen ist (vgl 11 8;? Bleibt
man einfach bei ü^^??, In Adam, so kann man an das heutige Teil ed-l)änuje
am Einiluss des Jabbok in den Jordan denken, ZDPV 1893, 14; aber Sicheres
gewinnt man auch so nicht für die Übersetzung und Erklärung: Sie aber haben
In den Vertrag nicht gehalten, Haben dort mir die Treue gebrochen.
Gllead Ist eine Burg von Ubelthatern, Voll von Blutspuren, Mit dem un-
sicheren Orte, der in DIS steckt, und mit Gilead sind offenbar kultische Stätten
gemeint, es handelt sich demnach um dem Jahweglauben durchaus wider-
sprechende kultische Gebräuche, die dort geübt wurden, vielleicht selbst um
Menschenopfer, vgl. 12 12 und 13 2. 8 Eine Stadt Gllead ist vielleicht
noch Jdc 10 17 (vgh auch 12 7 LXX AI.) erwähnt; mindestens genügt 12 12
nicht zum Beweise, um hier b'hl dafür einzusetzen, so Chetne (Encycl. bibl.
vgl. Gilead 2), der auch ]1S"iT52 für D*]JJ? gelesen haben möchte (vgh aber zu 4 lo).
Hält man den Text hier fest, so hat man die Stadt vielleicht wiederzufinden
in dem. heutigen GaViid südlich vom Jabbok (s. zu Jdc 10 17), was zu D"!« =
Teil ed-Dämlje nicht übel passt. Andre denken an Mispe Gilad (Ewald),
Kamot resp. Ramat Gilad (Buhl) oder Jabesch Gilad (Hitzig). D^D HB^JJ,
bespurt (denom. von Ilj^j; Ferse^ Fuss, Spur) von Blut, vielleicht ü^P^t? von ver-
gossenem Blut zu lesen (vgl. auch Oettli: D}?"n riSJ^J^), spricht wie die Übel-
th'dter für blutige, in Gilead verübte kultische Greuel. Es kann leicht sein,
dass solche Opfer im Zusammenhang mit Ereignissen dargebracht wurden, die
dazu führten, dass nachher Gileaditen unter den Helfershelfern Pekachs bei
der Ermordung Pekachjas waren (II Reg 15 25). Ist die gegebene Erklärung
nicht sicher, so sind es noch w^eniger die Vorschläge von Bachmann 0"^ DH'^^pJ^,
Ihre Fussstapfen sind Blut, von Rqben: ^^'^ r\'^'ni!l^ D^^s riDJ^y etwa = Menschen
betrügend und (für den Anfang von v. 9) Männer belauernd, und von Cheyne:
□•»J^ID n^^-}, eine Feste von Bösewichten.
9, das vierte Tetrastich, ist in ungutem Text überliefert: "'Sn = nl3n ist
fraglich, die Trennung des TXtiyä von "^"l"!, zu dem es doch wohl gehört, ohne
Beispiel und "\y\ '»sns als Prädikat zu I^H sehr hart. LXX hat ziemlich den-
selben Konsonantenbestand vor sich gehabt, nur scheint sie ti^'^S ^Tp\ (xal rj
W/ßc, aoo dv5p6;), ferner ^i^^n (Ixpo^av für "IDn) und endlich im Cod. Alex.
inti"! '^ "^I"!"! (6o6v xupLoo, "• als Abkürzung von niH'' gefasst) gelesen zu haben.
Vielleicht darf man darnach etwa vermuten: D*'inH3 oder) D'^in^ ^ti^iS ^^^nns
^'^)l HöT O HDD^ ^1^ Jin^Tl D^;nb ^is^^m (tr^« •'?? Und tele sich Bäuber verbergen
(oder Wie Banditen^ die jeden erschlagen), Verbargen sich Priester Und mor-
deten am Wege nach Sichern^ Ja verübten Frevel. Auch hier ist dann von
Hosea auf bestimmte Ereignisse angespielt; Sichem kommt aber nicht als
Asylstadt in Betracht, sondern weil an ihr die Strasse vorbeiführte, die den
Verkehr zwischen Norden und Süden und der Meeresküste vermittelte, oder
Hos 6 9 58 Hos 7 1
weil dort Priester als Parteigänger eines Königs oder Usurpators politische
Gegner überfielen. Ähnlich versteht und emendiert auch Oettli den Text,
nur dass er ^^HDI für "^^riD^, ferner ^*lDn für das von LXX an Stelle von inn
empfohlene ^^^!l^ und endlich in^iJTI erst nach HDDti^ liest, sodass bei ihm v. 9
besagt: „und wie eine Bande von Freibeutern rotteten sich Priester zusammen
am Wege nach Sichem und mordeten, ja verübten Schandthat". Weiter ent-
fernen sich vom überlieferten Texte die Vorschläge von P. Rüben: ^^1iT\ ü^yni
WV n»t ^ö''3ti^n mtil^ inT nn'' nnnn= „Räuberbanden waren versteckt in seinen
(d.i. Gileads) Bergen; wer nach Jericho hinabzog, mordeten sie. Früh machten
sie sich auf, verübten Frevel" (zu dem Anfang des Verses s. zu v. 8), und von
Cheyne: ^b^V ntst JlD'^Strn ^i^t^Il '^ ^11 n'':in3 Dny:n nnni =- „Und eine Gesellschaft
von Verrätern sind seine (d. i. Gileads) Priester, den Weg Jahwes verschmähen
sie. Früh sind sie auf um Frevel zu üben".
10, das fünfteTetrastich, spricht nun ganz deutlich ebenfalls von kultischen
Greueln: In Bethel sah ich Schauderhaftes ; Dort hat Ephraim gehurt, Israel
sich befleckt. Wegen des folgenden ü^ ist, da Hosea doch nicht ausser Landes
wohnt, ^^^"^•':1S für ^^^1ti^'^ T\'^'l'^ zu lesen; für h H^^t, das schwerlich ffutes He-
bräisch ist, ist einfach HJJ herzustellen. iTI^I?^^ (so mit Recht Kere) sind haar-
sträubende, horrende Dinge^ vgl. auch Jer 18 13; es sind die schauderhaften
Orgien in Bethel, vgl. 4 14.
11 scheint aus zwei verschiedenen Elementen zusammengesetzt, die aber beide
schwerlich dem ursprünglichen Kontexte angehören. nn!in^^"D^ ist eine Glosse, gerade wie
das Sätzchen 5 5*^^, das ebenfalls ein nn^in^'D-i enthält. Sie stammt ohne Zweifel von der
Hand dessen, der überall in die Reden Hoseas die Bezugnahme auch auf Juda eintrug,
bisweilen blos Israel in Juda verwandelnd wie z. B. 5 10-14, anderswo sich mit Einschüben
behelfend. Hier knüpft XXVu\\ D| an den Schluss von v. 10 an, um auch Juda als in gleiche
Sünde wie Israel gefallen hinzustellen. Der Best von v. 11 hat einen andern Ursprung:
Juda wird angeredet und nicht seine Gegenwart, sondern seine Zukunft ins Auge gefasst.
Dieses Element hält die Linie von 5 15 — 6 3 5^ von jenem Ausblick in das herrliche
Wiederfinden Jahwes, ein. Das ist deutlich aus ""öV nntJ^ "»n^tfi^n = nnenn ich im Geschick
meines Volkes die Wendung eintreten lasse (s. zu Am 9 14) zu ersehen und erhellt auch
aus den beiden ersten Wörtern von 7 1, die zu v. 11 hinübergehören als b«l^^.^ '^^ö^S (lies
nach £V tco der LXX n für 3) = ivenn ich Israel Seihing verschaffe, vgl. bes. 6 1. In diesem
Zusammenhang wird man am ehesten *^^ 1''iJ{^ n^ als einen Hinweis darauf zu fassen haben,
dass einst auch Nordisraeliten sich Juda anschliessen werden, vgl. zu 2 2 sowie Jes 9 23
49 6. Da die Glosse Jahwe sprechen lässt (vgl. ^3=itJ^2, ^i<ö^Si), so kann n^ nicht als er hat
bestellt gehalten werden, sondern wird n^^ als partic. pass. oder n^ (= ^nf^) 1. pers. sing,
perf. zu lesen sein: (Auch, Juda,) bestellt ist oder: bestellt habe ich Ernte dir, ivenn ich etc.
7i (von rh^) an; zu dem Anfang s. zu 6 ii), das sechste Tetrastich:
Offenkundig ist die Schuld Ephraims Und (sichtbar] die Bosheit Samariens,
Denn Diebe brechen ein in die Häuser^ Räuberbanden plündern auf den
Strassen. Das 1 vor n^ii rührt von der nachträglichen Eingliederung der
Glosse (s. zu 6 ii) in den Zusammenhang her, ebenso auch der Einschub -I^^S
\ Ij^l^, sie übten Trug^ um zu sagen, was einst an den Tag kommen soll, während
Y.i^ deutlich schildert, was schon am Tage liegt, vgl. das Imperf.^^in^^ mit dem Perf.
\ht^ und 1. mit LXX toti^ö. Das T7ug üben schliesst ja gerade das Offenkundig-
sein aus. Zwischen n^5 und i^in^ ist n*;55 oder nn*;? ausgefallen (beachte die
Hos 7 1 69 Hos 7 4
Ähnlichkeit der Buchstal)en ♦ • ♦ 1^ H ♦ ♦ ♦ ♦ ), das LXX noch gelesen hat, deren
TTpoc auTov eine Verschreibung für upo; ol/ov zu sein sclieint, und das für den
Sinn und den Parallelismus zu Y^r\^ nicht fehlen kann, v^d. Jo 2 9, wo das not-
wendige D'^nin? vorangeht (so auch Oettli). Schliosslicli hat man wohl dem ]\V
entsprechend mit der LXX den Singular ny"l zu lesen und davor vielleicht den
Ausfall von n^|l1!l, partic. fem. Niph., zu vermuten (dann ist auch TÖ^^ zu punk-
tieren). Meiniiold kommt von derselben Empfindung aus, dass ein Verbum
fehle, zu der Annahme, dass 't^ niV"^ ^^V,X] ^^ lesen sei. Sarnarien wird
hier genannt als die Hauptstadt Ephraims (vgl Jes 7 9) und Hauptsitz des
nachher geschilderten Treibens der Grossen, vgl. dazu auch Am 3 9 f.
2, das siebente Tetrastich: Und keiner sagt sich in seinem Herzen,
Dass ich Jeder ihrer Bosheiten gedenke. Sie sind schon so im Bann ihrer
Thaten, Dass diese offen vor meinen Augen geschehen. Der Sinn für Recht
und Gerechtigkeit ist ihnen gänzlich abhanden gekommen, sodass sie sich aus
ihren bösen Thaten gar kein Gewissen mehr machen: sie sagen sich nicht
einmal mehr, Jahwe werde sie strafen. Ihr böses Treiben lässt sie nicht mehr
los und sie verüben daher ohne jedes Bedenken ihre gottlosen Thaten am hellen
Tage. Die ganze Strophe exponiert den Anfang von y. i. nny bedeutet
bereits, schon, wie 8 8 10 3, und ^5? ist == umringen, einen Bannkreis um jmd.
ziehen^ jmd. in seinem Banne haben^ dass er nicht loskommt. Zur Ein-
leitung von ''n"|5J DHJ^T^S ist das recitative *•? gerade so unnötig, wie vor HJ^
vn ^y^ das kausale oder eine sonstige Bindepartikel.
Mit 3, der ersten Hälfte der achten Strophe, beginnt die Schilderung
der politischen Leidenschaften, die zum Sturze eines Königs nach dem andern
und zur völligen Anarchie führen. In ihrer Bosheit salben sie Könige
Und in ihrer Falschheit Fürsten. Die Erklärung hierfür giebt 8 4 : In böser
Treulosigkeit gegen Jahwe setzen sie sich eigene Fürsten ein und stürzen die
rechtmässige Obrigkeit. Die Worte sind die Einleitung zu der Darstellung
eines einzelnen Beispieles davon, wie sie mit ihren Königen verfahren, s. y. 5 f.
Mit Weilh., Nowack, Ooet ist ^TW1^\., sie salben, für ^^^*^^ sie erfreuen, zu
lesen, trotzdem letzteres auch schon die alten Versionen hier vorfanden; denn
ohne den Worten einen Zwang anzuthun, etwa damit, dass man übersetzt:
Voll Arglist halten sie den König und voll Heuchelei die Fürsten in guter
Laune (so Guthe), erhält man keine Verbindung mit dem Folgenden. Auch
verstände man nicht, warum dann y. 5, wenn es derselbe König wäre, ^i?^l? ge-
sagt würde.
4 ist zusammengesetzt aus zwei Glossen, da auch D^DSiö 0^)3, sie alle sind Ehe-
brecher, nicht als ursprünglicher Text zu halten ist, weil D^B«Jö nicht politische Treu-
brecher bedeutet und was eigentliche Ehebrecher in diesem Zusammenhang sollen, unver-
ständlich ist. Die erste Glosse : DH n^n l^an löS, sie gleichen einem glühenden Ofen (so ist
mit OoRT zu lesen, da *i^3ri überall sonst mascul. ist), gehört zu dem Anfang von v. 7.
Die zweite Glosse ist zu lesen: in^ön-"i:? piin ti^^^ö T^O ni3t5^^ nö^« D''ö« ]tt D^3, sie alle ge-
hören zu der Bäckerzunft: ein Bäcker stellt das Feueranfachen ein vom Kneten des Teiges
bis zu der Durchsäuerung desselben. Zu der Konstruktion "i'^;;» ^l'^?^!, Ergänzung des Ver-
bums durch das Partie, vgl. Ges.-Kautzsch27 § 120b. Die Glosse gehört zu v. 6, spec. zu
derfalsc}ienLesungDnE5«(s.zuv.6),sie erklärtiwie der Bäckermachen es die Grossen; wie jener
Hos 7 4 60 Hos 7 6
erst am Morgen, wenn der Teig durchsäuert ist, das Feuer im Ofen anfacht, so wissen auch
diese ihren Hass zu verheimlichen bis zum geeigneten Momente. Die zweite Glosse ist
später als die erste; Inhalt und Stellung verraten den glossatorischen Charakter von v. 4.
5 setzt Y. 3 fort; daran ist nicht zu zweifeln, wenn schon y. 5^ ganz un-
verständlich ist. Denn y. 5^ zeigt das Benehmen gegen unsern König d. h. den
rechtmässigen König und seine Fürsten bei irgend einem Feste. Hält man
UV" fest, so kann man an Krönungstag oder Geburtstag denken; doch ist ver-
mutlich DH dafür zu lesen und für D*'1*^, die Obj., nicht Subj. sind, deutlicher
auch ^y^\ zu setzen. Dann lauten die zwei letzten Zeilen der achten Strophe:
Sie machten unsern König krank Und unsere Fürsten an Glut von Wein. Zu
dem stat. constr. vor einer Präpos. in y^ttp HDn vgl. Ges.-Kautzsch27 § 130 a;
Oettli liest dafür ohne Not ]V. riDnD. Es handelt sich also um irgend eine
Festlichkeit, w^elche benutzt wurde, um den König zu stürzen, und der Vers
versetzt uns in eine Zeit, wo an Stelle des rechtmässigen Königs (1^?^^) noch
kein andrer zur unbestrittenen Herrschaft gelangt war, also wahrscheinlich in
die erste Zeit Menahems, der Sallum, den Mörder Sacharjas, des Sohnes
Jerobeams, nach einmonatlicher Regierung besiegte, aber offenbar selbst noch
nicht überall sich Anerkennung verschafft hatte (vgl, II Reg 15 isff.). Sacharja
ist es, den Hosea ^i?^?? nennt, und die Worte stammen etwa aus dem Jahre
742. Jedenfalls darf man D*»^*^ nicht zum Subj. nehmen und ^bnT\ schwerlich
innerlich ksrnsaitiv = krank werden isissen; Subj. müssen auch y, 5^ dieselben
sie sein, wie y. 3 und y. 6. Wie gesagt, ist y. 5*^ nicht zu verstehen. Die
gewöhnliche Fassung: Er %ieht seine Hand = pflegt Gemeinschaft mit Ge-
wissenlosen ist zu unsicher und setzt den König als Subjekt voraus; auch die
Vermutung von Ooet (s. Beilagen bei Kautzsch) befriedigt nicht. Eher liesse
sich, wenn y. 5^ die D*'*!*^ Subj. wären, der Vorschlag von Oettli hören: V^*ß^
D^i^^^n *'n"^. sie stärkten die Hände der Spötter\ aber "fl^ Spötter^ passt nicht gut
für Attentäter und ist überhaupt nur in späteren Stücken nachweisbar, auch
müsste man dann mit Oettli noch ^T\^^ lesen und verlöre den Anschluss an
Y. 6. Es wird daher y. 5^ eine verdorbene Glosse sein.
6, die neunte Strophe: Denn es brennt wie ein Ofen ihr Her%; Die gan%e
Nacht schläft ihr Zorn^ Arn Morgen flammt er auf Wie loderndes Feuer. Zu
lesen ist für das unhaltbare U^IJ?, sie brachten ?iahe, nach LXX dv£xau&r|aav
nicht mit Nowack IJ;*!:, obschon sie nachher IJ^'H mit demselben Verb wieder-
giebt, sondern nnjj, es ist entzündet, angefacht, vgl. Dtn 32 22; DlSISlp, durch
ihre Arglist^ ist eine erklärende Glosse und für DHSi^, ihr Bäcker, das die
zweite Glosse in y. 4 verschuldet hat, ist mit Targ., Pesch. DSt?, ihr Zorn, her-
zustellen, denn nur dieser, nicht aber der Bäcker, kann am Morgen aufflammen
wie loderndes Feuer. So gewannt man einen trefflichen Sinn: Wie in der
Nacht das Feuer im Ofen unter der Asche glimmt, am Morgen aber angefacht
wird, so verstehen die Verschwörer in der Nacht beim Feste ihre Zornglut zu
dämpfen, um sie am Morgen a^uflodern zu lassen, „w^enn alles seinen Rausch
ausschläft" (Wellh.). Wie sich )t^;;;;, es raucht, (W. R. SmTH) für ]tr;
nicht empfiehlt, wo von Nacht und Morgen die Rede ist, so befriedigen auch
andere Vorschläge nicht, die für den Anfang gemacht sind, weder der von
Hos 7 6 61 Hos 7 9
ScHOKR (bei Perles Analekteu 32 37) und Wei.i.ii.: ü^ lyi ü:ih l^^ns Dnip ^3,
ihr Jnnej^es ist wie ein Ofen, ihr Herz brennt in ihnen, was im besten I^'all eine
sehr unschöne Tautoloi^ie wäre, noch der von Oettli: nünSD Dnb "l^^ns Dnip ^3,
ihr Inneres ist wie ein Ofen, ihr ller% wie ein Jiauchfam/ (vgl. 13 3), was eine
recht sonderbare und selir wenig ansprechende Ausführung des sonst treffen-
den Bildes bedeutete.
7, die zehnte Strophe: Sie alle glühen vne ein Ofen Und verzehren ihre
Rieht er: AH ihre Könige fielen; Keiner unter ihnen sucht Hilfe hei mir. D^?
erweitert den Kreis derer, die von politischer Leidenschaft durchglüht sind ;
nicht nur die Verschwörer, die Sacharja gestürzt haben (v. 5), das ganze Volk
ist in Aufregung und an den Revolutionen beteiligt, durch welche jedesmal die
Obrigkeit weggefegt wird. Das Suff, in DHIl bezieht sich auf D^3; im ganzen
Volk ist keiner, der sich darauf besänne, wo die wahre Heilung zu suchen
wäre, sie meinen im fortwährenden Wechsel der Könige schliesslich den rech-
ten König zu bekommen, in der Politik das Glück zu finden, statt in der Reli-
gion. So lenkt Hosea am Schlüsse dieses Stückes wieder zu dem Gedanken
zurück, den er am Anfang kräftig hervorgehoben hat 6 4-6, und klingt noch
einmal der schmerzliche Ton von der Unverbesserlichkeit des Volkes durch.
7. Die Einfalt der Israeliten, die nicht merken, dass es mit ihnen zu Ende
geht, und dem Verderben noch entgegen rennen 7 8—8 3.
8, die erste Strophe: Ephraim^ unter den Völke?m Welkt es ab ^ Ephraim
wurde ein Aschenkuchen^ Ein nie umgewendeter. Im Vergleich zu den andern
Völkern, die jugendkräftig bleiben, erweist sich Ephraim als ein welkes ab-
sterbendes Volk, oder in anderm Bilde, es gleicht, da es von seiner verkehrten
Richtung nicht loskam, einem Aschenkuchen, der, weil er nicht umgewandt und
weggenommen wurde, verkohlt und unbrauchbar ist; vgl. den Kinderspielreim:
your bannocks are burning and ready for turning (Singer Deutsche Kinder-
spiele in Z. des Vereins für Volkskunde in Berlin 1903, 57) und zum Backen
der ni:ij; Benzin GER Archäol. 85 f. ^'J'^^O^ versteht man gewöhnlich, wie
LXX: oovsjjLiYVüxo, als er vermischt sich, vermengt sich, = Ephraim nimmt
heidnisches Wesen an im Verkehr mit den Völkern; aber dazu passt das
Folgende nicht. Darum ist mit Ewald an eine Ableitung von ^5 = b^\ welk
und alt, zu denken, am Ende sogar mit Oettli ^U";, es wird welk, zu lesen.
Zum Sinne vgl. 8 8.
9, die zweite Strophe: Fremde haben seine Kraft verzehrt Und es weiss
es nicht, Auch sein Haar ist schon grau geworden Und es weiss es nicht, Israel
merkt selber seine Schwäche nicht, hat keine Ahnung davon, dass es dem Ende
nahe ist. D'^IJ, Fremde, sind die Nichtisraeliten, Syrer und Assyrer, die
durch den schweren Tribut, den sie von Israel bezogen, und durch vierheerende
Einfälle die Kraft Israels schwächten. Man denke an Hazael II Reg 8 12
10 32 33 und Benhadad II Reg 13 a 7, und an Phul-Tiglatpilesar II Reg 15 19 f.
29. Für Hj^lJ, das sonst nicht intransitiv vorkommt, 1. Pu. Hj^lt es ist gestreut,
gesprengt worden Grauheit auf Israel d. h. bereits zeigt sich das Grauwerden
Hos 7 10 62 Hos 7 12
seiner Haare. Zu der Anwendung der verschiedenen Altersstufen des mensch-
lichen Lebens auf die Entwicklung eines Staates vgl. 11 i Jes 46 4.
10 ist eine Glosse; das zeigt schon das Dri\'i'b« T\)n\ in der Rede Jahwes, dann die
Entlehnung des Anfangs aus 5 5, endlich auch Inhalt und Form. Soll man nämlich über-
setzen: es wird zeugen (njj?l), so passt die Fortsetzung mit ihren Perfekten nicht dazu, für
die ^nilfi^^ «bl und ints^pn"] ^b) stehen müsste, und es käme in die Schilderung der Gegenwart
(V. 8 f.) ein unerwarteter Ausspruch über die Zukunft, unerwartet, weil bei dem Volke, das
ist, wie V. 8 f. gesagt wird, nichts mehr zu hoffen ist. Fasst man aber die Perfecta als
Perfecta, wie sie offenbar gemeint sind (so mit Recht Guthe), so tragen sie einen Gedanken
nach, der doch viel besser schon mit dem VI', ^b i<m (v. 9) ausgesprochen ist und darum
mehr nach einem Glossator, als nach Hosea aussieht. Wie schwer sich auch unser Vers
in den Kontext einreihen lässt, zeigt die gezwungene, sprachlich kaum haltbare Fassung
voD "IM in^ tih) als „Erweiterung und Erklärung des Subjektes" ('rfcjinli^^'ll^i) zu njy), die
"Wellh. und NowACK befürworten; v. 10 sollte dann besagen: „So zeugt denn der Stolz
Israels ihm ins Angesicht, dass (Nowack: und dass) sie nicht umgekehrt sind etc." Oettlt,
hier der dritte im Bunde, erklärt lieber v. 10^ als „Begründung" von v. 10^ und entfernt
darum die „störende" Copula "i von U^'^^b} als dittographischen Fehler. Worauf hierbei
nsr'psi zu beziehen wäre, wird von keinem gesagt, doch kaum darauf, dass sie grau werden
und nichts davon merkten; vgl. übrigens das ebenso unbestimmte n^r'rjS in Jer 3 10.
11, die dritte Strophe: Und es wurde Ephraim wie eine Taube, Eine
einfältige, unverständige; Den Ägyptern riefen sie, Nach Assyrien gingen sie.
Ein originelles und treffliches Bild! Wie es einer einfältigen Taube bei ihrem
Besitzer nicht gefällt und sie nicht wieder in ihren Schlag will, wo sie geborgen
wäre, sondern ziellos bald dahin bald dorthin fliegt und draussen herumirrt, so
hat es Ephraim gemacht, bald die Hilfe Ägyptens angerufen, bald nach Assyrien
sich gewendet. Jahwe verlassend schwankt es kopflos zwischen Ägypten und
Assur. Es brauchen nicht zwei ausgesprochene Parteien zu sein; bald hat die
Neigung nach Ägypten, bald die nach Assur die Oberhand, beidemal aber ist
es die Einfalt und Thorheit, die die rechte Hilfe nicht will.
12, die vierte Strophe: So oft sie ausfliegen, Werfe ich über sie mein
Net%, Wie Vögel des Himmels ziehe ich sie nieder. Binde sie an wegen ihrer
Bösartigkeit, Das Schicksal, das die Israeliten bei diesen Versuchen trifft: sie
laufen Jahwe, dem mächtigen und geschickten Vogelsteller, ins Gi-arn; denn er
wirft über sie, so oft (="lli^^?) sie aus dem Schlage ausfliegen, das Netz, zieht sie
wie gefangene Vögel mit dem Netze zu Boden und setzt sie gefangen, weil er
ihre Bösartigkeit kennt. Statt DTP'l^? das man als Hiph. von 1D'' mit unkontra-
hiertem "^ erklärt (Ges.-Kautzsch^' § 70b), gewöhnlich aber, weil sonst kein
Hiph. dieses Verbums belegbar ist, in das Pi. D^lDIliJ» = ^^^ züchtige sie, ver-
bessert, ist zu lesen D"iDJ?il = D*!ps^^, ich binde ^ ich fessle sie; die alte Schrift
kannte keine Vokalbuchstaben, die beiden "^ sind falsch eingesetzt, die Schrei-
bung mit einem ^^ statt mit zweien kommt bei Verben ^"b in der l.pers. sing,
imperf. auch sonst vor, vgl. z. B. 1Di<, ich sage, und Ges.-Kautzsch^" § 68 d f.
QH*]?^ y?^?? gemäss der Predigt an ihre Gemeinde, wie man gewöhnlich
übersetzt, ist nach Inhalt und Form unhaltbar. LXX scheint mit öXl^J^sw; ao-
TÄv nicht auf DHI^, sondern auf ein ursprüngliches DilJJ"J schliessen zu lassen,
s. VoLLEES (ZATW 1883, 250), der auf eine ähnliche Verwechslung von inp
mit ^r\'iV Ob 13 hinweist. Danach ist mit Oettli üriJJI ^J?, wegen ihrer Bös-
Hos 7 12 63 Hos 7 16
artiiikeit, zu lesen, was einen sehr guten Sinn ^!;iel)t: die bösartigen Tiere sperrt
Jahwe ein. Das übrig bleibende Dti^3 möclite ich am ehesten als eine erklärende
Glosse zu ^y fassen: weijen -= gemäss dem Ihifron ihrer Bösartigkeit. Das
Bild vom Netze Jahwes vgl. noch Hes 12 13 1 7 20 32 3 Hi 19 6; Hosea hat aber
bei der Anwendung desselben kaum eine Ahnung von dem Netz, das die Götter
nach dem babylonischen Öchöpfungsepos Marduk schenkten, „das Lngetüm
Tiämat zu fangen".
13, die fünfte Strophe: Weh ihnen, dass sie mir entwichen! Fluch ihnen,
dass sie mir untren wurden! Und ich, ich sollte sie freilassen, Und sie redeten
über mich Lügen, Die Strafe muss sie treffen, das Verderben über sie kommen,
weil sie Jahwe die Treue gebrochen. Er hält sie in sicherm Gewahrsam, er
kann sich nicht so wegwerfen, sie freizulassen (= D'lö« ^^^^\^ das als Frage der
Verwunderung zu fassen ist vgl. Ges.-Kautzsch^" § 150 a), da sie Lügen über
ihn redeten d. h. da sie seine Macht und seinen Willen ihnen zu helfen in Ab-
rede stellten, vgl. auch y. i5^.
14, die sechste Strophe: Und sie riefen nach mir nicht ton Her%en:
Denn sie heulen wegen . . . ., Wegen Getreide und Most rnt%en sie sich, Ganz
und gar abtrünnig sind sie von mir. Für ^^*''?^^'; 1. 'b'h^^, s. Ges.-Kaützsch^'
§ 70d und zu Jes 15 2. Der Sinn im Allgemeinen ist klar: Aufrichtig haben
sie niemals mich angerufen, denn so jämmerlich sie auch thaten, nicht um mich,
sondern um Getreide und Most war es ihnen zu thun, also ein Grund mehr, sie
nicht zu befreien vgL y. is^ Im Einzelnen aber ist manches fraglich: "^y
DHIDS^ö, „auf ihren Lagern", ist nicht verständlich, es kann sich schwerlich um
die Polster bei der Opfermahlzeit handeln, dann erwartet man für ^J^ vor dem
folgenden ^y wegen dieselbe Bedeutung und für Dnin?^*p etwas, das dem fol-
genden Getreide und Most entspräche; aber weder DHIIi^^p ihre Backschüsseln
(Smend), noch DH^^nsi^p ihre Viehhürden (Oettli) leuchtet ein. Für ^^i'Jliin^
das man durch Zusammenstellung mit dem Verbum 7V]^ = sich aufregen
erklären will, wird wohl mit LXX •mi2in*' zu lesen sein, das dann bedeutet: sie
machen sich Einschnitte ^ ritzen sich die Haut^ vgl. I Reg 18 28, nämlich um
dadurch Gott sich günstig zu stimmen, dass er ihre Bitte erhöre, s. zu Dtn 14 1
und Makti Gesch. der isr. Rel.4 36. '^^ T\\^"' ist schwer zu halten, da I^D mit
]P, nicht mit !! verbunden wird. LXX siratScu&TQaav sv sfxoi hat ^? lltp^ gelesen,
was sich ebenfalls wegen "»la nicht empfiehlt. Man wird daher mit Nowack etwa
••? \iO\ von *l*!D abti'ünnig sein, lesen können und vielleicht, da der Stichos sehr
kurz ist, in dem von LXX nicht gebotenen, also irgendwie durch ein Versehen
eingedrungenen '^HID', ich habe gezüchtigt, von y. 15 den Best des vierten Stichos
sehen dürfen: '^niD'' ''n no^ könnte auf ursprüngliches ''n Tto\ IIID zurückgehen,
wie oben in der Übersetzung vermutet ist.
15 16^"^ (bis nw), die siebente Strophe, zeigt, dass die Güte Jahwes
gerade so wenig ausrichtete, wie die Not y. u: Jahwe anerkennen sie nie, sie
sind immer gegen ihn. Habe ich aber ihre Arme gestärkt. So sinnen sie gegen
mich Böses; Sie wenden sich ab zu den Bealim, Sind geworden wie ein Bogen,
der trügt. Zu ^n"iD% das LXX nicht liest, s. zu y. h. Unter dev Stärkung
der Arme können politische und kriegerische Erfolge gemeint sein, wie sie
Hos 7 16 64 Hos 8 1
Jerobeam ben Joas davongetragen hat (vgl. II Reg 14 27), aber es kann sich
auch um Gewährung grosser Fruchtbarkeit handeln im Gegensatz zu dem
Mangel, auf den v. u hinweist. Die Hoffnung, dass solche Güte die Israeliten
zur Einsicht bringe, erwies sich als unrichtig; denn diese wussten diese För-
derung, die sie erfuhren, so zu deuten, dass sie nicht für Jahwe sprach, vgl.
auch V. i3'\ Sie leiteten offenbar den Segen von den Bealim ab, wie 16^'' zu ver-
stehen sein wird. Mit 'pjj tih ist nichts anzufangen, denn es kann nicht bedeuten:
fsie machen eine Wendung, aherj nicht aufwärts. ^J^ = Höhe ist nirgends
sicher, jedenfalls auch 11 7 nicht; ebenso darf man sich nicht auf II Sam 23 i
berufen s. LXX. Zu Jes 59 1 8 63 7 s. in diesem Comm. und zu den übrigen
Stellen beachte Ges.-Bühl ^^ unter ^J^ A. Die Konjekturen: 'p'^yin^ ^ = nicht
%nm Nut%en (Oort), ^^^yi'' ^ = sie haben keinen Nutzen davon (Valeton),
h^'^V' >^ '\'^V1\ oder '^'"^ynb \^\^\ ^h = sie werden zu Schanden werden^ keinen
Nutzen haben oder sie kehren nicht um, um Nutzen zu haben (Oettli), befrie-
digen alle mit ihrem Gedanken an den Nutzen nicht; dem Gedankenkreis
Hoseas näher liegt die Vermutung, b)) ^b sei eine absichtliche oder unabsicht-
liche Verderbnis für ^Vliri"^« oder D^^V^H'^i^ = sie wenden sich ab zu Baal
(vgl. 13 1) oder zu den Bealim (2 15). Sie sind geworden iT)?*! ri^f^S wie ein
Bogen y der triigt, vgl. auch Ps 78 57; d. h. wie ein Bogen, der dem Schützen
versagt oder den Pfeil in nicht gewollter Richtung abgiebt, so dass das Ziel
stets verfehlt wird, ist Israel, es macht alle Anstrengungen Jahw^es, mit ihm
zum Ziele zu gelangen, illusorisch und vergeblich. So bleibt für Jahwe nichts
übrig, als das treulose und widerspenstige Volk der Strafe zu überliefern
V. 16^P 8 3.
16^^ der Anfang der achten Strophe. Nur der erste Stichos ist sicher:
Es sollen daher ihre Fürsten fallen durchs Schwert d. h. entweder im Kriege,
der sich gegen Israel erhebt (8 3^), oder durch Hinrichtung, die der siegreiche
Feind an den Machthabern der Besiegten vollzieht; möglich ist es auch, dass
Hosea an die inneren Wirren denkt, in denen die Obrigkeit gestürzt wird (vgl.
V. 7) und die schliesslich zur Intervention des fremden Feindes führen. Die
Fortsetzung DJItS^'p Dj;?p infolge des Ingrimms ihrer Zunge ist unwahrschein-
lich, weil DJ^t sonst immer nur vom Zorne Gottes gebraucht wird und auch
ohnehin schwer zu verstehen ist, was diese Beifügung besagen sollte. Vermut-
lich stand ursprünglich dafür etwa zu lesen: DH^'tpDti^' ^pj/^D Wegen meines Zorns
ihre Bichter (s. v. 7) oder DH'^tpDtri D|bl? Ihr König und ihre Vorgesetzten.
16'^ ist schwerlich mehr als eine Glosse. U^'^h 1t, das ist ihr Hohn, wahrscheinlich
ihr Höhnen, ihr Prahlen, soll wohl ihre ingrimmigen Reden v. 16^ erklären. Oder ist ge-
meint der Hohn über sie? Nach Oort sind die beiden Wörter als Dittographie der vorher-
gehenden einfach zu streichen. Alles ist unsicher. Im Lande Äg7/pten ist ebenso wenig zu
verstehen: Im ersten Falle könnte man an die prahlerischen Reden der israelitischen Ge-
sandten in Ägypten denken; im zweiten besagte dann v. 16*^, wie man in Ägypten über
den Untergang Israels spottet. Aber warum ist hier nur von Ägypten die Rede, da sonst
bei Hosea Assur auf gleicher Linie mit Ägypten steht? LXX hatte schon denselben Text
vor sich. Vielleicht dachte der Glossator an die Wertlosigkeit des Bündnisses mit Ägypten
gegen Assur, von der Jesaja später gesprochen hat. Zu 1t, verkürztes n«t, ausser hier
nur noch Ps 132 12, vgl. Ges.-Kautzsch 2 7 § 34b. 8 1 2 betrachte ich ebenfalls als
spätere Zusätze, die in ungutem Zustande vom Rande in den Text gekommen sind. 1^ An
Hos 8 1 65 , Hos 8 4
deinen Gaumen (\) die Posdime! Wie ein Adler auf das Haus Jahnen ! ist sclion an sich un-
glaublich; denn die Posanne setzt man an den Mund und steckt sie nicht in den Gaumen,
und die Posaune im Gaumen schadet man schwerlich dem i Jause Jahwes. Aber auch der
Text ist nicht sicher, LXX übersetzt sl; xoAttov otuTÖiv on 77), scheint somit "ißy3 gelesen
zu haben. Dieser Spur folgt Ooiit, wenn er mit Herübernahme der zwei letzten Worte
von 7 16 als ursprünglich vermutet: nj.T. rr^n-^rö i^itl^sn ncy onb"; D^^p p«!i = „In Ägypten-
land werden sie Staub lecken (vgl. zu Jes 49 23), in Assnr weg vom Hause Jahwes." Aber
man erwartet doch solches nicht mehr von denen, die durch das Schwert gefallen sind.
Anders und wohl besser liest CHEYNE^(The Expositor 1897 Nov. S. 304): "icb^D nän b>ip üin
njiT n^n"^y = „Erhebe die Stimme mit Macht, wie eine Posaune gegen das Haus Jahwes!"
D"in konnte nach vorano^ehendem D^liJö ausfallen, nöU^ und "itS^iD sind auch nach Grätz ver-
schiedene Lesarten des ursprüngliclien "lötS^S und b« ist = 'pip, vgl. Jes 58 1, welche Stelle
jedenfalls Anlass zu dem Einschub hier gegeben hat, wenn sie nicht einfach als Rominiscenz
hierher versetzt war, also v. P in ursprünglicher Gestalt wie dort lautete: "^BltS^D 'ij^nii''?«
"1 "2rbv Tj^lp Din. 7\)r\\ n'^a spricht nicht für ursprünglichen Text; denn einmal redet
Jahwe selbst (vgl. auch v. l'^), und andererseits kann der Glossator den Ausdruck „Haus
Jahwes" für Kanaan 9 15 entlehnt haben, wo Jahwe das israelitische Land mein Haus
nennt. Zu 9 3 7\\7\\ px und 9 4 n)iT n"'S s. die Auslegung. 1^ ist umsomehr Glosse,
als es ohne die Interpolation v. P, die es begründet, keinen Halt hat. Auch ohnehin weist
NowACK mit Recht darauf hin, dass Hosea den Ausdruck iT'in für das religiöse Verhältnis
Jahwes zu Israel nicht kennt. JT^IS ist hier identisch mit nilD, beide sind als termini tech-
• I T '
nici im späteren Sinne gebraucht: T\^y^ ist soviel wie der Inbegriff der von Jahwe gefor-
derten religiösen Pflichten und niin ist gleich dem im Buche aufgezeichneten Gesetz.
2 schildert weiter das Benehmen der Israeliten, gerade wie in Jes 58 2 : Und (1. ^ vor "h,
vgl. 1 zu Ende von v. 1) mich rufen sie an: 0 Gott (1. mit LXX D\"i''?«, eventuell U\i^«
unser Gott) ! wir kennen dich. '^«•J^^ fehlt in LXX und ist deshalb wohl fälschlich aus v. 3
von einem Schreiber vorweggenommen. Der Sinn ist: Trotz allem Übertreten (v. l'^) wollen
sie doch meine Verehrer sein, als solche gelten, die mich kennen; die Interpolation denkt
an 7 14: C3^n ^^X ^pvrs'?. Das Imperfektum ^pyp. beschreibt einen immer sich wieder-
holenden Umstand, der zu dem im Perfektum ausgedrückten bereits vollendeten Abfall
hinzukommt. Der ganze Einschub v. 1 f. fordert in für Hosea ganz ungewohnter Weise
den Propheten aus Nachahmung von Jes 58 If. auf, gegen Israel laut die Stimme zu er-
heben, während doch sonst Jahwe es ist, der direkt durch den Propheten zum Volke spricht.
3, die zwei letzten Stichen der achten Strophe und zugleich der kräftige,
Schuld und Strafe in kurzem Wort zusammenfassende Abschluss des ganzen
Redestückes: Verschmäht hat Israel, was gut ist; So soll der Feind es ver-
folgen. n^J ist ein starker Ausdruck für verwerfen^ mit Indignation, Ver-
Schmähung von sich weisen, vgl. y. 5. Hlto = das Gute, das was ihm Heil
brächte. Zu dem seltsamen Suff. 1 am Imperf. in IS'IT vgl. Ges.-Kautzsch^?
§ 60 d, doch ist wohl ^nD"11^ zu lesen, wenn nicht gar D?"!"]*; herzustellen ist, vgl.
das folgende DH. Ist mit Ooet und Nowack wirklich nach LXX zu Anfang
des Verses ein "^3 einzusetzen, so ist es = fürwahr^ also noch einmal auf die
ganze Darlegung der einfältigen V^idersetzlichkeit Israels 7 8-I6 zurückweisend.
8. Die widerrechtliche Regierung und der verkehrte Gottesdienst von
Samarien 8 4—14.
4, die erste Strophe: Sie haben Könige eingesetzt, ohne meinen Auftrag,
Fürsten sich erwählt, ohne mein Wissen; Aus ihrem Silber und Gold haben sie
sich verfertigt Göt%en — zu ihrem Verderben. Auf dem Dri, das bei Hosea gerne
zu Anfang steht, liegt kein grosser Nachdruck, hier soll vielmehr betont werden?
Kurzer HC zum AT XIII 5
Hos 8 4 66 Hos 8 5
dass die Israeliten sich eine Obrigkeit gegen Willen und Wissen Jahwes ein-
setzten, also die rechtmässige Obrigkeit eigenmächtig stürzten. Damit weist
Hosea auf die inneren Wirren nach dem Tode Jerobeams IL hin, vgl. zu 7 3 7,
und nicht etwa auf die Reichsspaltung nach dem Tode Salomos. König und
Fürsten sind die staatliche Obrigkeit vgl. 7 3 i6 8 lo 13 lo. Zu ^iT'^H von
11b^, gebildet, wie wenn das Verbum yi^ lautete, vgl. Ges.-Kaützsch^? § 67 v.
Das zweite Hauptvergehen, das im Kultus besteht, konzentriert sich in den
U^yiV Götzen = den goldenen und silbernen Jahwebildern Nordisraels, vgl. zu
V. 5''^ 6^ Dass es Stierbilder waren, ersieht man aus v. 5 f., wo Hosea dafür die
verächtliche Bezeichnung ^^J^ Kalb gebraucht, vgl. „das goldene Kalb" in der
Wüste Ex 32 4 8 und die beiden „Kälber" in Bethel und Dan I Reg 12 28 f.
Hosea ist der erste, der gegen die Bilder opponiert, und zwar wie das Gesetz
Ex 20 23 34 17, gegen die goldenen und silbernen Gussbilder; aber seine Oppo-
sition geht tiefer, denn er sieht darin das ganze heidnische Wesen des israeli-
tischen Kultus repräsentiert. Die damit angekündigte Abneigung gegen die
Bilder hat nachmals im Dekalog und Dtn ihren klassischen Ausdruck und ihre
offiziell-theologischeBegründung gefunden vgl. Dtn4i2i5-i8 58 Ex204. D'^lp^S?
ist das zweite Objekt zu H'^j;, vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 117 ii. Für tT\T^ das
auf Silbe?' und Gold zu beziehen wäre, ist mit LXX der Plural ^ini^^ zu lesen:
Götzen zu nichts anderm gut, zu keinem andern Zweck, als dass sie ausgerottet
werden.
5^ 6^ die zweite Strophe: Ich verschmähe dein Kalb ^ Samarien, Ent-
brannt ist mein Zorn über es; Ja, in Splitter soll es zerfahren, Das Kalb von
Samarien. In zorniger direkter Anrede an Samarien d. i. an Nordisrael (vgl.
7 1 8 6 10 5 7 14 i) spricht Jahwe das Urteil über das Kalb von Samarien^ das
Jahwebild in Stiergestalt im Hauptheiligtum des Reiches zu Bethel vgl. 10 5
Am 7 13. Für Hit, dem man nicht die Bedeutung des Hiph. H'^Mn == es stinkt
geben darf, 1. mit Wellh. u. a. nitij oder wohl besser in gutem Kontrast zu
dem lltD h^'^'0^ Hit v. 3 mit Wincklee auch hier das Perf. Tin^t; ebenso ist 12 für
DS zu lesen, da letzteres erst infolge des Einschubs v. 5^ zur Überleitung ent-
standen ist. Q'^??ti^ Stt. Xsy., bedeutet wahrscheinlich Splitter^ Span, nach
dem talmud. ^^|^, Holzsplitter, und dem aram. ^^^^^ Span (s. Dalman Aram.-
neuhebr. Wb.). Das Kalb der Samarier bestand somit nicht aus massivem
Metall, sondern aus einem Holzkern mit Metallüberzug, wie das goldene Kalb,
das nach Ex 32 20 verbrannt wurde. Wenn das Kalb zu Samarien zersplittert
war, konnten immerhin seine Späne auch dem Feuer überliefert werden; aber
direkt ist hier von einem „Zerpulvertwerden", wie Luthee übersetzt, nichts
gesagt.
5^ ist eine Frage, die nicht in den Mund Jahwes passt und darum nicht in den ur-
sprünglichen Text gehört, ob man nun ]''j?i als Schuldlosigkeit oder als Freiheit von der Strafe^
TJngestraftheitj fasse, also ob man übersetze: wann endlich (das bedeutet ^b ^riö"lX^, wörtlich:
wie lange nicht . . . .) können sie Schuldlosigkeit erlangen, von der Schuld loskommen? oder:
wann endlich können sie TJn gestraf theit erhalten, von der Strafe loskommen ? So fragt nicht
der über das Kalb von Samarien in Zorn geratene Jahwe, sondern ein Späterer, dessen
Herz von "Wehmut über den Götzendienst und von Schmerz über die Gedankenlosigkeit
der Götzendiener, zu welchen er die Samarier von Anfang an rechnet und als welche er sie
Hos 8 5 67 Hos 8 8
auch in später Zeit noch sieht, erfüllt ist. Man vergleiche ganz ähnliche Einschübe in
Dtjesaja Jes 44 9-20 4<) G-8 und zu Samariens illegitimem Gottesdienst .les 27 <jf. L)ie
späteren Juden betrachteten die Samaritaner als völlige Ifeiden. Dassf v. 5*' eingeschoben
ist, hat auch Nowack erkannt. Dagegen sucht Ooht durch P]mendation zu helfen; aber
'rsnti^*» «Ipi b^v «b "'O?""'?^ = wann endlich tvird es (seil, das Kalb) ausgespieen tverden
können aus Israel ist schwerlich ein annehmbarer Text, abgesehen dass «IpJ Inf. Niph.
von «""p, speien, ein unerweisliches Niph. voraussetzt. 6"" gehurt zu v. 5'', ist also
ebenfalls noch Einschub. Hosea hat schon v. 4 gesagt, was das Bild ist und wer es ge-
macht hat; hier würde er nicht noch einmal darauf zurückkommen, und solche Gründe
anzugeben und solche Polemik zu treiben, ist nicht die Art Jahwes, sondern der Späteren,
die sich gerne, um die Thorheit der Bilderanbetung zu beweisen, auf die Entstellung der
Bilder durch Menschenhand berufen, vgl. Jes 44 9-20 46 6-8. Im Texte ist das vor
«in stehende unverständliche } vor tS^nn zu setzen oder besser mit Wellii. u. a. ganz zu
streichen. Mit Meinhold '^«"iti^»» in tJ^^X n^^ aus Menschenhand zu verändern, verlohnt sich
kaum. Dass v. 5^ 6^ eingeschoben sind, beweist auch der gute Zusammenhang, der
zwischen v. 5^ und v. 6^ besteht, und die Schwierigkeit, die ein Übergang von v. 5^ auf
v. 5'^ und von v. 6^ auf v. 6^ bereitet.
7abaß^ die dritte Strophe: Denn Wind säen sie, Und Sturm ernten sie,
Eine Saat, der kein Fruchthalm sprosst, Die keine Halmfrucht trägt. Gegen
die Masora, welche zu übersetzen wäre: Saat hat es nicht, Spross giebt nicht
Mehl (oder etwa nachRüCKEET: Halm giebt nicht Malm), also das Bild eigent-
lich verstanden haben wollte, ist mit Wellh. u. a. HD^ mit dem Vorhergehen-
den zu verbinden, so dass die Reime H??^ und n)??^. am Ende der Stichen stehen.
Ferner ist für das infolge der falschen Auffassung eingesetzte 1^ das richtige
n^ herzustellen und für XtäT "h^, das falsch auf HDiJ bezogen wurde, n^?n ^b:i
oder einfacher nt^'j; "hli (vgl zu dem Partie, mit "hll 7 8) zu lesen. Zu nnD^D,
der verlängerten Form für HD^D, Sturm, vgl Ges.-Kautzsch^' §90f und g.
Zu dem sprichwörtlich gewordenen Bilde von „Windsäen" und „Sturmernten"
vgl. 10 13 Mch 2 11; der Sinn ist: Nichtiges und eitles Treiben führt Vernich-
tung und Zerstörung herbei. Damit ist die Drohung der zweiten Strophe (v. 6^')
begründet, aber zugleich auch hinübergeleitet auf das Bild von der nöfj, dem
in Halmen stehenden Getreide ohne riD^ Spross und ohne HDj^., eig. Mehl, ohne
Fruchthalm und Halmfrucht. So steht das windige Israel da, wie eine im
Wachstum stillegestellte Saat, ein durch Vergilben oder Dürre abgestandenes
Getreidefeld; ein trauriger Anblick! Israel ist dem Absterben nahe vgl. 7 9.
7*^^ Der Schluss von v. 7: Würde es etivas tragen (wörtlich: vielleicht wird es etwas
tragen), Ausländer ivürden es verschlingen, erweist sich als Glosse; denn er nimmt das
Bild im eigentlichen Sinne und fügt zu der bestimmten Aussage die Möglichkeit einer
Ausnahme. Hoseas Anklage ist es, dass Israel infolge seines nichtigen Treibens einem
abgestandenen Kornfelde gleicht; aber dass er jemals geklagt hätte, dass Ausländer Israel
berauben, ist sehr die Frage, vgl. 5 7.
8 bietet drei Stichen der vierten Strophe; die Parallelzeile zum ersten
Stiches ist wahrscheinlich in 9^^ zu finden: Vernichtet ist Israel, Ephraim ver-
einsamt; Bereits ist es unter den Völkern geworden Zu einem wertlosen Ge-
schirr, Die Strophe zeigt, was für Folgen das Treiben Israels für seine Stellung
unter den Völkern hatte. In der Politik zählt es nicht mehr mit: es ist y^n;,
verschlungen, so viel wie nicht mehr vorhanden, oder "Sh I^IS, vereinsamt , d. h.
ganz auf sich gestellt, von allen verlassen. Für «ns, Wildesel v. 9, wozu man
Hos 8 8 68 Hos 8 11
gewöhnlich 1^ "IHIS als „eigensinnig" erklärt, lese ich, da zwar das Bild eines
eigensinnig sich vom Rudel abtrennenden Wildesels für Hosea wohl annehmbar,
aber im Zusammenhang sowohl hier, wie v. 9, unpassend wäre, die zu b^y^\
erforderliche Parallele D^IDiJ. Auch LXX hat ^^1ö nicht als Wildesel gedeutet,
vgl. dazu VoLLEKS, ZATW 1883, 252. Für ^INT ist der Singular n;n zu
lesen; Israel und Ephraim sind ein Volk. In diese verachtete Stellung
ist Israel durch die unaufhörlichen Revolutionen gekommen. Bald wird das
unbrauchbare, wertlose Gefäss zerschlagen werden. Zu 12 y^T} ^^ "h^ vgl.
Jer 22 28 48 38.
9 10^ die fünfte Strophe: Schon macht sich die Dekadenz in Israel
selber recht fühlbar, sie suchen schon selber fremde Hilfe^ sodass bald das
Revolutionieren ein Ende haben wird. Über v. 9^!^ s. oben zu y. 8, über y. lo^
unten nach y. lo^ Mit diesen Ausscheidungen lautet die Strophe: Denn sie
sind nach Assur gezogen^ Nach Ägypten^ um Liebesgeschenke zu geben ^ Und
sie werden bald aufhören %u salben \ Könige und Fürsten. Mit Wellh. ist
für D^.^IDiJ zu lesen D^^^^D, wie das parallele ^\^)^ abhängig von ?i^J^, =- nach
Ägypten; dann ist ferner für ^iJlH, das man als „dingen" erklärt, ^iH";, sie geben
zu setzen. Möglich ist auch zu lesen: ^linj nö^i:^p=yVÄCÄ Ägypten gaben sie D '^n^
d. i. Buhlschaften, Liebesgeschenke, Damit wird angespielt auf die Gesandt-
schaften und Gaben, womit Israel ein Bündnis mit Assur oder Ägypten zu
erlangen suchte vgl. 12 2. 10^ Dem masoretischen Texte, der, auch wenn
man mit Guthc statt ^^HJ, sie werden anfangen^ "bxy^ liest und übersetzt: sie
sollen gar bald sich winden unter dem Tribut an den König der Fürsten, d. h.
an den Grosskönig von Assur, sehr unwahrscheinlich klingt, ist der Text der
LXX weit vorzuziehen, der hebräisch gelautet hat: Dn'^l ^^D n'^rsD tOVD ^l^'^riM,
s. oben die Übersetzung und vgl. D'^lb^l *5j^)D 13 lo, ferner zum Salben auch der
Fürsten 7 3. DJ;d ist temporal = in wenig Zeit^ gar bald. Die Lust zum
Revoluzionieren werden ihnen Assur und Ägypten bald austreiben.
10^ kann man nur mit Zwang in den Kontext einordnen, das zeigt sich an der
verschiedenen Auffassung, die man dem D^inj^s hat geben wollen. Man verstand: ich
sammle sie seil, die Völker gegen Israel , aber davon fehlt das Wichtigste im Text ; oder :
ich enge sie ein sei es durch Wegführung ins Exil, sei es durch Bedrängung im eignen
Lande, aber diesen Sinn hat das Verb um nicht; oder man verändert den Text in D>*^5^
oder D>'öi« = ich ivercle sie zersprengen (so Oettli). Bleibt man bei dem Sinne, den \>Sp
wirklich hat, so heisst es: ich loerde sie jetzt sammeln, und vorausgesetzt ist, dass die zu
sammelnden zerstreut sind. Dieser Voraussetzung entspricht das vorangehende Sätzchen,
ob man es übersetzt: selbst wenn sie unter den Völkern (gemeint sind dann alle) Liebes-
gaben geben (1. liri^? oder besser nach LXX: selbst wenn sie unter die Völker dahingegeben
iverden (1. Hoph. ^^Pi^). Darnach liegt hier eine Verheissung vor, die dem ursprünglichen
Zusammenhang fremd ist, eine Glosse, die das sie zogen nach Assur vom Exil verstand
und verheisst, dass Jahwe die Diaspora aus allen Völkern sammeln wird. Mit dieser
Zwischenbemerkung richtet sich der Glossator an seine Zeitgenossen.
11 12, die sechste Strophe: Denn so viel Altäre sich auch Ephraim er-
richtet haty Es waren ihm Altäre zum Sündigest. Mag ich ihm noch so viel
Weisungen vorschreiben, Sie sind geachtet wie die eines ^ der sie nichts an-
geht. Der Kultus und die Missachtung der wahren göttlichen Forderungen
sind der Grund des Verfalls Israels. Das erste ^^tb ist als ein Versehen
Hos 8 11 69 Hos 8 13
eines Schreibers, der auf das Ende des zweiten Stichos sah, zu entfernen ( Wellh.
u. a.); die dafür von Orelli und Oettli vorgeschlagene Lesung t^tsn'p, = „zur
Entsündigung", setzt bei dem Volke ein Bewusstsein der Verschuldung voi'aus,
von dem wir bei Hosea das gerade Gegenteil lesen. Nicht die Vielheit der
Altäre im Gegensatz zu einem einzigen Altar wird missbilligt, sondern die
durch die Vervielfältigung bewirkte Verschlimmerung der an sich üblen Sache;
aller kultische Eifer ist vergeblich. 12 Für 12*i = zehntausend im späteren
Hebräisch, Kere ''?1, plur. von ^1 Menge, 1. mit Wellh. Dh und für ^n"Jin den
plur. "'HhlP.; w^eniger gut Geätz: ^T\'^T\ •'"ini. die Worte meines Gesetzes, was wie
der MT die Thora als Ganzes voraussetzt, während es sich hier um das
Schreiben einer Menge von Weisungen Jahwes handelt. Es gab also zur
Zeit Hoseas bereits geschriebene Thoroth; aber wie der Zusammenhang mit
V. 11 unzweifelhaft zeigt, es waren nicht Weisungen, die den Kultus betrafen,
sondern die rechte Gotteserkenntnis im Sinne Hoseas, sittliche und sociale
Vorschriften vermittelten. Zum Bew^eis für das Vorhandensein von Sammlungen
kultischer Gebote zu Hoseas Zeit ist der Vers nicht zu verwenden; am ehesten
ist an Aufzeichnungen zu denken, welche Bestimmungen enthielten, wie sie im
sog. Bundesbuch sich finden. iriö3 ist kurzer Ausdruck für 1t nilin 1D3
und 1J ist ein Fremder, der einem nichts zu befehlen hat, einen nichts angeht.
^13 (mit Ausnahme von y. is^t^^t), die siebente Strophe: Opfern ist ihnen
lieb und sie opferten. Fleisch und sie assen; Jetzt werde ich an ihre Schuld
denken Und sie für ihre Sünde bestrafen, ''^O?'?? d^s man als Ableitung
von in;, geben^ als Geschenke, Opfergaben oder vom späteren jüdischen IHIH,
sengen, rösten, als Brandopfer erklärt hat, ohne damit einen guten oder auch
nur halb wahrscheinlichen Sinn zu bekommen, ist Textverderbnis; der erste
Stichos mit Hinzunahme von V\"l\ und ^nst** ist zu lesen: ^nmt^l DH^ Vil\, V2fl.
schon DüHM (Theol. der Proph. S. 132), der allerdings Cn?ns als Pe'aral von
ins lesen wollte. Opfer und Feste sind den Israeliten lieb mit allem,
was damit zusammenhängt, aber nicht Jahwes Gebote (y. 12). Zum Fortfahren
in der gleichen Sünde fordert Amos die Israeliten (Am 4 4) und unserer Stelle
ähnlich Jeremia die Judäer auf Jer 7 21. Für solch eine verkehrte Art wird
die Strafe nicht ausbleiben, Jahw^e vergisst diese Sünde nicht, 1. die 1. pers.
lätS und IpSSI für *12r, und ^^^^\ Die 3. pers. ist eine Folge der Einfügung
von Y. 13^^.
13^1^ D^") S^ v:\j\\ verrät sich als Glosse nicht nur durch r\')j\\ in der Rede Jahwes,
sondern auch durch den Inhalt: denn dass Jahwe an den Opfern kein Gefallen hat, ist
doch deutlich genug und besser schon v. II gesagt (vgl. i^'ton^) und die Wiederholung
macht sich nur matt. Mit der Ankündigung, dass Jahwe jetzt strafen werde, schliesst
die Rede gut ab; wie er strafen wolle, ist hier nicht mehr nötig zu sagen. Ein Späterer
hat aber mit der Beifügung von 13^^, sie iverden nach Ägypten zurückkehren, daran er-
innert, dass darüber Hosea anderswo Auskunft giebt, vgl. 9 3. LXX hat dieses Randzitat
verstanden und es aus 9 3 noch weiter vermehrt. Jedenfalls läge es Hosea, wenn ihm
V. 13^T gehören sollte, fem sagen zu wollen, dass wie einst am Anfang so jetzt wieder zur
Einleitung einer neuen Phase der israelitischen Geschichte das Volk in das Land der
Knechtschaft Ägypten verpflanzt werde. Hosea setzt ja neben Ägypten immer Assur (s.
z. B. 93); Ägypten hat somit für ihn keine andere Bedeutung als Assur, beide sind in
gleicher Weise die Strafwerkzeuge Jahwes.
Hos 8 14 70 Hos 9 3
14 ist in mehr als einer Beziehung auffallend: Einmal erscheint hier Juda wieder,
das im ganzen Abschnitt 8 4-13 nie genannt war, dann werden ganz neue Sünden erwähnt,
nämlich für die Israeliten die Erbauung von ni^3\n, heidnischen Tempeln (s. weiter unten)
und für die Judäer die Anlage von festen Plätzen, und endlich ist die Strafe der Ver-
brennung dieser Bauten den Worten Amos' (z. B. Am 1 4) entlehnt. Der Vers ist offen-
bar eine Glosse und zwar eine sehr späte; denn der Autor derselben betrachtet die Er-
bauung von Burgen als einen Beweis des Mangels an rechtem Glauben und sieht die
Religion des Nordreichs als pures Heidentum an (vgl. auch zu v. o'^), ganz wie die nach-
exilische Judenschaft urteilte. Israel hat ja seinen Schöpfer (auch eine spätere von
Deuterojesaja an geläufige Bezeichnung für Jahwe, vgl. zu Jes 17 7 f.) verlassen, wenn es
also rilbjNT errichtete, so waren es heidnische Tempel wie Jo 4 5. Für n^nitol« ist
vniöl« zu lesen. Der Vers ist auch von Oort, Wellh. und Nowack als Glosse er-
T : : - '
kannt, ist aber entschieden später als die Zeit Josias, an welche Oort gedacht hat.
9. An Stelle des heidnischen Festjubels auf den Höhen tritt für Israel die
Trauer im heidnischen Lande 9 i— 9.
1, die erste Strophe: Freue dich nicht, Israel, Juble nicht wie die
Heiden, Dass du Buhllohn geliebt hast Auf allen Getreidetennen. Für ^'^r^S,
das sich durch die unsichere Stelle Hi 3 22 (s. dort) nicht schützen lässt, ist
nach fxir]5£ sücppaivoi) der LXX ^?^"^iS! zu lesen. D''öj;|, wie die Völker^ ist hier
so viel wie heidnisch. Der Kultus „ist durchaus dionysisch, wie die Griechen
sagen würden, heidnisch, wie Hosea sagt" (Wellh.). Die überlaute ausge-
lassene Freude, in welcher die Israeliten die religiösen Feste feiern, wider-
spricht der sittlichen Tiefe der prophetischen Auffassung der Religion. Was
die Israeliten von der Religion wünschten, waren nur die materiellen Segnungen
der Natur; diese nennt Hosea ])T\^ Buhllohn vgl. 2 u, d. h. Gaben, welche die
Israeliten für ihren eifrigen Kultus, der Hosea als ein kanaanitischer gilt, zu
empfangen meinen. Die Israeliten haben von Jahwe eine heidnische Vor-
stellung, ihr Kultus ist daher eine Untreue gegen ihren Gott, wie die Glosse
^''O^^J ^Vy^ 0**^! richtig erklärt. Auf allen Getreidetennen d. h. auf den
Bamoth, da man die Getreidetennen auf den Höhen anlegte, vgl. Jdc 611, wo
gleich auch wie hier v. 2 die Kelter neben der Tenne sich findet, und II Sam
24 18. Dort erhalten sie den Buhllohn, dort freuen sie sich über diese diony-
sischen Gaben. Mit '1^1 ^'S ist nicht der Grund der Abmahnung, sondern
der Gegenstand und die Ursache der Freude eingeleitet, vgl. Jes 14 29. Warum
alle ihre Freude über ihre geliebten Baalsgaben unbegründet ist, besagt erst
2 3, die zweite Strophe: Tenneund Kelter wer dennichts von ihfienwisseti
Und der Most soll sie im Stiche lassen. Ephraim wird wieder nach Ägypten
müssen Und in Assyrien werden sie Unreines zu essen haben. Nach LXX
oux l^vo) für D'iT, das man gleich sättigen zu fassen hätte, wofür aber Prv 10 21
(s. dort) nicht angeführt werden kann, ist DJ^"];; (Wellh. u. a.) oder D3;t (Ooet)
zu lesen, was zu dem parallelen ti^n? ver^leugnen, im Stiche lassen vortrefflich
passt. Ebenso ist nach LXX D^ für n| herzustellen. Zum Inhalt vgl. Am 5 11.
Wie es dazu kommt, dass der Segen des Landes von ihnen nichts mehr weiss,
erklärt 3, und zwar zunächst mit einer Glosse v. 3% die sich wiederum durch
den Gebrauch von TV\7yi, aber ohnedies auch durch die Vorwegnahme des in
V. 3^ ausgeführten Gedankens ankündigt. Ägypten und Assur stehen auch
Hos 9 3 71 Hos 9 6
hier nel)eneinander vgl. 7 ii 8 9 13. Die Freiride ist unrein, daher
auch alle Speise dort unrein ist. Der Grund liegt darin, dass im fremden
Lande es ihnen unmöglich sein wird, Jahwe zu opfern, s. v. 4 und Am 7 17.
4^, die dritte Strophe: Sic icerdim keinen Wein mir spenden Und kein
Opfer mir aufschichten^ Wie Trauerhrot ist ihr Hrot^ Alle, die davon essen,
werden unrein. L. mit Kuenen (Volks- und Weltrelig. 310—312), Wellh.
u. a. O*])?^ für Uir und ebenso UHlvh für UTh, Die Berechtigung zur Ände-
rung von T\)pi'^h und l'? in "h aber ergiebt sich aus der Erkenntnis, dass v. 3-^
Glosse ist; denn das dortige njn;; hat die Einsetzung desselben auch hier zur
Folge gehabt. Zu HW in v. 4'' u. v. 5 vgl. unten. Für DH^nnt 1. n;t, das
Suffix ist eine Folge der Verderbnis von n"]V|; sie werden angenehm sein, (je-
f allen, das ein Subjekt nötig hatte und zwar ein solches im Plural und mit
Suffix, weil es den Späteren bedenklich erschienen wäre zu sagen, dass alle
Opfer Jahwe nicht gefallen. Zu dem mildernden Suffix vgl. zu Jes 1 14 und
überhaupt die Schlussbem. zu Jes 1 io-i7. Der Sinn der Strophe ist:
Aller Kultus, der jetzt unter heidnischem Jubel mit fröhlichen Festschmause-
reien gefeiert wird, hat bald ein Ende; denn es folgt eine Zeit, da ihre Speise
der Trauerspeise gleicht, die unrein macht, und alle Jahwefeste ihnen unmög-
lich sind. Trauerbrot ist die Speise, die während der Trauer um einen Toten
genossen wird, von der ursprünglich zur Zeit der Totenverehrung wohl auch
dem Toten gespendet wurde. Der Protest des Jahweglaubens gegen die Toten-
verehrung drückt sich darin aus, dass das Trauerbrot für unrein gilt vgl. Dtn
26 14. Zu 'JJ^ij; = geordnet hinlegen^ aufschichten nämlich Opferstücke,
vgl. Lev 18 12.
4'^ scheint mir eine Glosse zu sein, die die beiden letzten Stichen der dritten
Strophe noch besonders begründen soll mit dem Hinweis darauf, dass im Exil die Nahrung
nicht durch Darbringung der Erstlinge und Zehnten etc. im Tempel geweiht werden kann.
Ihre Speise dient D?^?i^ für ihre Gier d. h. zur Stillung ihres Hungers, nur für dies, und
nichts kommt in das Haus Jahwes, was doch nicht „in irgend ein beliebiges Gotteshaus",
sondern nur „in den Tempel zu Jerusalem" heissen kann. Der Glossator kennt also die
Centralisation des Kultus in Jerusalem, denkt an das Exil der Judäer, und klagt wie Joel
hauptsächlich darüber, dass der Kultus unmöglich ist, vgl. Jo 1 13. 5 ist gleichfalls
schwerlich alt. Die direkte Anrede unterbricht ungut die Schilderung von dem Ergehen
der Israeliten v. 4^ und v. 6. Der Unterschied von "IS?1Ö und :in ist auch nicht deutlich :
T
1S?1D ist eigentlich die bestimmte Festzeit, sodass statt DI"« man lieber mit LXX den Plural
davor sähe, und in bezeichnet das Wallfahrtsfest, die drei jährlichen Hauptfeste, gerne
auch das Hauptfest y.ax' lEoyrjv: das Laubhüttenfest. Zu nPID 2 13 12 10 s. den Comm.
Gerade, wenn v. 4'^ die Klage über die Unmöglichkeit des Kultus das Hauptanliegen des
Glossators ist, wird auch die weitere Beifügung desselben oder eines andern verständlich :
was wollt ihr erst an den Festtagen Jahwes anfangen?
6, die vierte Strophe: Denn siehe bald %iehen sie nach Assur, Wird
Memphis sie begraben, Ihre Kostbarkeiten — Disteln treten an ihre Stelle,
Dornen wachsen in ihren Hütten. Noch einmal wird mit diesem Verse, deut-
licher als es V. 3 schon geschah, auf die bevorstehende Exilierung der Israe-
liten und Verödung ihres Landes hingewiesen. Ägypten hat für Hosea nicht
nur typische Bedeutung, er erwartet bei dem Zerfall Israels ein Eingreifen der
Grossmächte Assyrien und Ägypten, die beide ihren Vorteil aus der Vernich-
Hos 96 7^ Hqs9 7
tung des israelitischen Reiches zu ziehen suchen werden. Auch hier ist l^tS^J??
neben DI^^P, event. der Name einer assyrischen Stadt neben ^b, im Texte zu
erwarten; dies für "l^ü einzusetzen hat man um so mehr das Recht, als obn
Tt^'p unverständlich bleibt, ob man siezogen infolge der Katastrophe oder sie siiid
der Katastrophe entgangen übersetzt. Am besten liest man daher nach HIT
auch hier ein Partie, also entw. It^S ''?bh oder D'^D^n = siehe bald ziehen sie
nach Assur^ Wellh. u. a. ziehen das Imperf. O^;; vor. ^V^V-^ Q'll^P und
D^Bj^n ^b sind nur zwei verschiedene Lesarten; D"^n^D ist die Auflösung des als
Städtename unverstandenen und als Verderbnis aus der Abkürzung ':JD be-
trachteten ^b. Der Städtename ^b konnte um so eher verkannt werden, als
sonst überall im AT (vgl. z. B. Jes 19 13 Jer 2 16) diese Stadt ^i zu heissen
scheint; aber gerade, dass hier der richtige Name erhalten ist, spricht für die
Originalität des Stichos mit ^b. Nach dem Urteil der Agyptologen W. M.
Müller (Encycl. Bibl. Art. NOPH) und J. Hess (brieflich) kann nämlich nur
die Form ^b erklärt werden; sie allein entspricht dem ägypt. Mn-nfr, sprich:
Men-nüfer^ resp. mit später verschliffenem r Men-nüfe. wie denn auch die
Assyrer Me-im-pi d. i. Mempi, die Griechen Mejxcpi;, die Kopten Menbe, Mempe,
die Araber Manp und später Mäphe sagen. Danach ist es fraglich, ob die Form
^i, wo sie vorkommt, wirklich richtige Überlieferung sei und ob nicht vielleicht
doch eine andre Stadt gemeint sei oder eine Verwechslung vorliege. Zu Mm-
nüfe, wenn der Prophet dessen Bedeutung „Gute Ruh" kannte, passt vortreff-
lich die Lesart D^lSj^ri, das auch sonst dem farblosen, wohl blos bei der Über-
nahme in den Text zur Differenzierung entstandenen D^inj^n vorzuziehen ist.
Ebenso passt die Fortsetzung, wo von den Erben der Israeliten die Rede ist,
aufs beste zu der Aussage: Memphis wird sie begraben^ ihr Grab sein. löriD
DÖP5^, wofür seltsamer Weise LXX M.ayy.a.c,' to dpyupiov auiaiv, also einen
zweiten Eigennamen, und zwar den der palästinensischen Stadt DDDI? z. B. Jes
10 28, und „ihr Silber" ohne h bietet, ist unhaltbar, weil ein Plural erforderlich ist,
vgl. das Suff, in D!^T^, und weil b sehr eigentümlich prosaisch klingt. Wellh.,
NowACK, OoET, Oettli Icsen DSD2 "''^Dnts, ihre silbernen Kostbarkeiten oder
7 7 ^._.. __._7
Lieblinge 9 16, und verstehen darunter die silbernen Hausgötter; aber man
sieht nicht ein, warum sie nur „silbern" sind. Eher möchte DSD?^ eine nach
Jo 4 5 zu dem ursprünglichen DH'^'llDn)?, ihre Kleinodien^ eingesetzte Glosse sein.
Der Sinn wäre nicht schlecht: da, wo sie jetzt ihre Kleinodien haben, werden
bald Disteln gewachsen sein, Disteln statt Kleinodien werden ihre Häuser
zieren. Zu lesen ist ti^löp, nicht ti^lD'^p s. Baee-Delitzsch; ti^lDp und Hin
stehen auch Jes 34 13 nebeneinander. Unter ihren D"'bni< sind nicht heilige
Zelte auf den Höhen, sondern einfach ihre eigenen Hütten und Wohnungen
(vgl. II Sam 20 i) zu verstehen. Es handelt sich um gründlichste Verwüstung
und Verödung des Landes, vgl. auch Jes 34 13.
In 7—9 ist der Text in solcher Unordnung, dass zu einer einigermassen
sicheren Auffassung schwerlich zu gelangen ist. Übersetzt man den vorliegen-
den Text, so kommt man mit Grammatik und Sinn in böses Gedränge; von
Israel ist bald in der 3. pers. plur. JiJ;t^ v. 7, bald in der 3. sing. HDllJ y. 8, oder
auch in der 2. pers. sing. ^Ji^g v. 7 die Rede, und der Prophet selber erscheint
Hos 9 7 73 Hos 9 7
bald in der 3. pers., bald in der 1. pers. sing. ^'H'?« v. ö. Was den Sinn betrifft,
so weiss man nicht, ob von falschen Propheten d. h. von Gegnern Hoseas oder
von Hosea selber gesprochen ist und ob man J^T vom Erfahren der Strafe oder
vom Gelangen zu richtiger Einsicht verstehen soll. Man kommt über Ver-
mutungen nicht hinaus. Da X*'?^ ^'l"bs v. 8 nur als die grapliische Wiederliolung
von fc^^^Il-in h^)^ V. 7 erscheint, also aucli anzunehmen ist, dass in dem voraus-
gehenden Dj; D";nD« HDIIJ v. 8 mit dem zu ^«"Ijfc^l v. 7 parallelen D1*]ö« die Fort-
setzung von V. 7^ steckt, wage ich als fünfte Strophe zu vermuten T-^ S'"":
Die Zeit de?' Heimsuchung ist da. Die Zeit der Vergeltung ist da, Es erfährt
Israel meinen Z.orn, Es erfährt Ephraim meinen Groll. Man lese also: J^i;;
["^]pj;[l] DIID« [j;t] ^b:^[P] ^^^\\ J^T (vor D^^D« in Analogie zu dem doppelten
^^5 wiederholt) für ^^i;; wird in v. 7 von LXX bezeugt, die ein J^T mit ihrem
xaxaj&y]0£Tai wiedergiebt. Eventuell ist für ''Dljp auch ''öS herzustellen, wobei
keine Verwischung von p anzunehmen wäre. Diese Vermutung hat den
grossen Vorteil, dass sie einen guten Zusammenhang für sich und mit v. 6
bietet und dass sie von der unmöglichen Verbindung Dj; HD^ in v. 8 befreit, wo
man schwerlich übersetzen kann: Ephraim liegt auf der Lauer gegenüber
meinem Gott. Mit Cheyne aber zu lesen: \n'^«"DVD D^"lDS Höl^ = der Wächter
Ephraims^ der von meinem Gott bestellt ist^ empfiehlt sich doch auch nicht;
DJ;d kann nicht „von jmd. bestellt" heissen. In D^^, Vergeltung, kann eine
Anspielung an den Usurpator Schallum, den Mörder Sacharjas, liegen
(Wellh.). Es ist unverkennbar, dass das v. i beginnende Stück mit dieser
fünften Strophe gut abschliessen könnte; wahrscheinlich hat man aber doch
V. 7^ 8^ 9 hinzuzunehmen, wenn man nicht lieber darin ein besonderes kleines
Fragment sehen will, das die Entrüstung Hoseas über das entsetzliche Ver-
derben des Volkes darstellt. Ziehen wir die Verse zu v. iff., so erhalten wir
etwa folgendes nach 7^ als
sechste Strophe: Von Sinnen ist der Prophet, Rasend der Inspirierte
Wegen der Grösse ihrer Verschuldung Und weil gross ist ihre Sünde. Da
HD^'^D, auch wenn man es als Anfeindung fasst, keine gute Parallele zu jij;
bildet und es sehr leicht aus y. 8 an Stelle eines ähnlichen Wortes eingedrungen
sein kann, ist Drifc^tsn dafür zu vermuten; davor ist HST als 3- pers. fem. sing,
perf. mit dem Ton auf der vorletzten Silbe zu lesen und für die Konstruktion
ist darauf zu verweisen, dass öfters ein Infinitiv in einem Perfectum sich fort-
setzt, das unter der Rection der Einleitung des Infin., also hier des ^J?=1!^8"^J^,
steht, vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 114r. Hält man die Anrede an Israel fest,
wie sie in ^J^'iV vorliegt, so ist auch^^l^^t^^ zu lesen; besser wird aber die 3. pers.
plur. hergestellt, vgl. den Plural y. 9^ Durch niin \ä^^, Mann des Geistes,
wird es ausser Frage gestellt, dass nicht von den „falschen" Propheten die
Rede ist; der Mann des Geistes ist der Inspirierte, LXX avöpwuo; 6 Tivsüixaxo-
cpopoc;, wohl vor allem in dem Sinne, wie Jes 31 3 ni1 dem 1^21 gegenüberstellt,
= der Mann, der höhere, geistige, göttliche Einsicht hat und der durch die
höhere göttliche Macht in seinem Urteil sich erleuchten und leiten lässt. Ge-
meint ist Hosea selber; aber es kann dabei auch an Amos gedacht sein. Aus
den Prädikaten der Propheten: J^J^?, das man als verrückt wie II Reg 9 ii
Hos 9 7 74 Hos 9 9
verstehen wollte, und ^''IN, thoricht, hat man geschlossen, dass in diesen beiden
Stichen das Urteil des Volkes über Hosea zitiert werde und dass er selber
dann mit 1^1 l'l ^y fortfahre: Ja wohl verrückt! aber — wegen der Menge
u. s. w. (so Wellh.. Nowack). Doch hat die Annahme einer solchen liede und
G-egenrede etwas sehr Gezwungenes, sie geht auch davon aus, dass von An-
feindungen, die der Prophet erfahren habe, die Hede sei; aber dies ist nicht
mit Sicherheit v. 8 (s. dort) zu entnehmen. Darum liegt es doch näher, VJ^p
als rasend^ entsetzt über das, was der Prophet zu sehen bekommt, über das
schreckliche Verderben des Volkes, vgh Dtn 28 34, und dem entsprechend auch
b^\)^ als %'on Sinnen zu fassen. Die Raserei des Propheten ist nicht Zeichen
der Verrücktheit, sondern seiner sittlichen Entrüstung; das entsetzliche Treiben
bringt den „Mann des Geistes" zum Rasendwerden, kann ihm fast den Ver-
stand benehmen, soweit ist es mit dem Volke gekommen. Zu 8^ mit t^'^llj
von V. 8'^ s. oben zu v. 7-9 und bei v. 7=^.
8'' (ausser S^^J) enthält zwei Stichen einer siebenten Strophe: Fallen
des Yogelstellers sind gelegt anf allen Wegen^ Und Schlingen im Golteshause.
Zu lesen ist ^ "^y}^ und DN^l^tJ; erst das durch Verderbnis an die Spitze dieser
beiden Stichen verschlagene N^inj (s. zu v. 8*) hat die Einführung der Suffixe in
V^T^ und Vn^^ nach sich gezogen, ist auch der Anlass geworden zu der Meinung,
dass es sich um Nachstellungen gegen den Propheten handle, während in guter
Fortsetzung von v. 7^ vielmehr Exempel der Sündhaftigkeit des Volkes hier
beigebracht werden. Nicht über persönliche Anfeindung, sondern über die
entsetzlichen Verhältnisse im Volke ist der Prophet rasend. Zu den Nach-
stellungen auf allen Strassen vgl. 6 9. Dass auch in einem Grotteshause Fallen
gelegt werden konnten, beweist II Reg 10 18-28, und dass Ahnliches in den
Wirren des Nordreichs zur Zeit Hoseas vorgekommen sei, ist doch leicht zu
glauben. Zu n? vgl. Am 3 5; HD^ti^D, das in Parallele dazu steht, ist am
wahrscheinlichsten ebenfalls irgend ein Fanginstrument, nach dem Syrischen
am ehesten Fessel ^ Strick^ Schlinge ^ vielleicht Fuss eisen ^ vgl. syr. ^Dtp^D,
Fessel, DDD Ethpe. gefesselt sein. Möglicherweise ist es aber auch verdorben
aus niDt^D Hi 38 3i = Seile oder einem ihm ähnlichen Worte, weil man wegen
des S*'?5 ^i^^ Beziehung auf den Propheten darin finden und ein Nomen riDDti^)?
von Dtpto, befeinden^ darin sehen wollte. 9^ ist kein übler Abschluss der
Strophe: Schwere Schandthaten haben sie verübt , Wie einst %u Gibea ge-
schahen. Zu der Verbindung von ^p'^DJ^H mit einem anderen Verbum, dem es
dann adverbiell untergeordnet ist, vgl. Ges.-Kaützsch27 § 120h; mit ^HH^ zu-
sammen bedeutet es demnach: sie haben tief gemacht, schlecht gehandelt d.h.
aufs gründlichste schlecht gehandelt'., zu Wfü vgl. Ex 32 7. Da der adverbielle
und übertragene Gebrauch von p'^Jpi?)! nicht selten (vgl. Jes 29 15 31 6) und ein
kräftig abschliessendes Wort nach v. 8^' am Platze ist, braucht man nicht, um
die Bilder von y. 8^ fortzusetzen, mit Wellh., Nowack inTO, seine Grube
(haben sie tief gemacht), zu lesen (gegen das Suff. 1 s. zu v. 8'^), noch hat man
^p'^pyn wegen 5 2 zu verdächtigen. Über die Anspielung, die in wie in den
Tagen Gibeas liegt, vgl. Vorbemerkung zu 10 9-i5. Der Schluss ist etwas
abrupt; doch wenn die beiden letzten Strophen zu v. i-7^ genommen werden.
Hos 9 9 75 Hos 9 10
SO zeichnen sie die Stimmung des Propheten dem Treiben des Volkes gegenüber
und bilden eine trellliche Ergänzung und Begründung zu der düsteren Ankün-
digung von V. 7'S die nicht noch einmal wiederholt zu werden braucht. Nimmt
man aber die beiden Strophen als besonderes Stück, so wird man am Ende in der
That die Drohung der Strafe erwarten. Aber 9^' kann dafür niciit aufkommen, da
er offenbar aus 8 13 hierher versetzt ist und zwar schon in der auch hier nicht
in den Zusammenhang passenden 3. pers.; v. 9*' ist Glosse, eingesetzt um den
abrupten Schluss v. 9^^ durch eine beigefügte Drohung zu mildern.
Durch die Worte: Die Zeit der Heimsuchung ist da^ Israel soll meinen Zorn zu
spüren beJwmnien, v. 7, und die Darstellung der Stimmung des Propheten inmitten des
gründlich verdorbenen Volkes ist ein Einschnitt im Buche Hosea markiert. Es folgt nun
eine Reihe von Stücken, die darin einander ähnlich sind, dass sie von einem historischen
Thema ausgehen, wenn sie sich auch meist von der Vergangenheit bald wieder der Gegen-
wart zuwenden.
10. Der heidnische Kultus bringt Israel das Verderben 9 lo— 17.
10% die erste Strophe: Wie Trauben in der Wüste Fand ich einst Israel^
Wie eine Frühfeige am Feigenbaum Sah ich eure Väter. T\T\'^^^y^^ dessen Suff.
nur auf nii??n zu beziehen ist, müsste also besagen entw. in seinem ersten Triebe^
was aber eine Tautologie zu ni^^^ einschlösse, oder in seinem Anfang d. h. da
er no^ch jung war, wobei sich aber die Frage erhöbe, ob denn die Feigen eines
ganz jungen Baumes wirklich besser seien, als die eines ausgewachsenen; da
auch die beiden 2 sich unangenehm stossen, sehe ich in ^^*'ti^^^"l2 eine dem Zu-
sammenhang leidlich adaptierte Glosse, die erklären wollte, dass Jahwe die
Ahnen Israels so am Anfang gefunden habe. 1^103 ist nicht zu Tl^^SD,
sondern zu ü**55? ^^ ziehen, vgl. das paralL njSHS; wie erquickende Trauben in
der Wüste, wie eine wohlschmeckende Frühfeige als Leckerbissen geschätzt
Jes 28 4 Mch 7 i und darum ein Gegenstand des Wohlgefallens sind für den
Wanderer, der sie unvermutet trifft, so war auch Israel in der ersten Zeit an-
genehm und wert, vgl. auch Am 5 25. Wie diese glückliche Zeit ein rasches
Ende gefunden, zeigt
10^ die zweite Strophe: Sie kamen nach Baal Pcor, Da weihten sie sich
Baaly Und wurden so abscheulich Wie ihr Liebling. Iips ^J/? ist hier (s.
auch Dtn 4 3) Ortsname = liy^'n"^? resp. "liys by_'^ n"^5 d. h. Haus des auf dem
Berge Peor (Peor ist nicht Eigenname eines Gottes) verehrten Baal; die genaue
Lage ist unbekannt, aber sicher ist, dass sie im Osten des Jordan gegenüber
Yon Jericho zu suchen ist. Die Geschichte, an welche erinnert wird, findet sich
Num 25 1-4 vgl. auch Dtn 4 3. Dort zeigen sich die ersten Anfänge der Folge,
die der Übertritt Israels aus der Wüste in das Kulturland mit sich brachte;
dort beginnt der Baal-Kult, den Israel von Kanaan übernahm. Zu dem
Verbum ^Ijri, sie weihten sich^ vgl. ""Pt}, der Na%iräer. -Hl^^j Schande,
scheint zu dem später üblichen Ersatz von ^J?? durch nt^!! (vgl. n^2"ti^'"'J^ für
^j;?^«, s. zu II Sam 2 8 u. meine Gesch. der Israel. Rel.^ S. 80) den Anlass ge-
geben zu haben, wenn nicht auch hier vielmehr, was wegen des Verbums IIU^I
wahrscheinlich ist, erst eine spätere Hand H^^b für b'^jh. eingesetzt hat. D'^^^pti^,
Gegenstände des Absehens^ adjektivisch: abscheulich, muss deshalb aber nicht
Hos 9 10 76 Hos 9 13
auch Ersatz eines andern Wortes sein, wie Wellh. yermutet. ö?«!^? setzt
ein Nomen ^n^< voraus, das sonst Buhlschaft bedeutet Prv 7 18, wahrscheinlich
ist anders zu vokalisieren (s. Ges.-Buhl Lex. und W. M. Müller Asien u.
Europa S. 300f.); der Sinn jedoch kann nicht fraglich sein: wie ihr Liebling
d. i. Baal, vgl. auch ^ni?D 2 7.
11, die dritte Strophe: Ephraim gleicht den Vögeln^ Es verfliegt seine
Menge; Aus ist's mit Gebären und Schwangersein Und aus mit Empfängnis.
Dieses neue Bild, das Ephraim mit einem nach und nach verfliegenden Vogel-
schwarm vergleicht, ist vielleicht Hosea durch den Anklang von DllöiJ an
D'^1^^^, Schwingen eines Vogels, nahegelegt worden (Wellh.); es kündigt die
Strafe an, das allmählige Verschwinden Ephraims, dessen Anzeichen bereits in
der Unfruchtbarkeit ersichtlich sind. Zu dem prägnanten Gebrauch von p
= weg von, sodass nicht mehr ist^ vgl. Ges.-Kautzsch^^ g 119y; hier beginnt
damit sozusagen ein neuer Satz: aus ist's mit, nicht mehr giebt's. Für ]D|i
ist vielleicht mit Ges.-Buhl der Infin. ]b!l zu lesen, was n^^ besser entspricht.
16^ 12% die vierte Strophe: Auch wenn sie noch Kinder bekommen , So
werde ich die Lieblinge von ihrem Fleisch und Blut toten; Ja wenn sie ihre
Kinder gross%iehen, Ich werde sie kinderlos^ menschenarm machen. Der
Übergang von v. ii zu v. 12 wird aufs beste vermittelt, wenn v. 16^ (nicht auch
V. 16% den Wellh. und Nowack mit heraufnehmen, trotzdem er ein andres
Bild, nämlich das von einem Baume enthält,) vor v. 12 eingereiht wird; dann
ist zwischen der Drohung der Kinderlosigkeit v. 11 und dem Auf erziehen von
Kindern noch die Möglichkeit des Kinderbekommens für die Gegenwart offen
gelassen. Aber Kindersterben wird die Neugeborenen dahinraffen und wenn
sie auch welche durchbringen, so werden dieselben dennoch nicht das Mannes-
alter erreichen.
Das "'^ zu Anfang von v. 12^ ist steigernd = ja, seihst; dagegen leitet das "»3 12'^ eine
Glosse ein, die deutlich hervorheben will, dass wirklich auch über die Kinder das Unheil
kommt, eine Betonung, die einem Späteren wichtig war, weil ihm sonst feststand, dass die
Kinder nicht für die Eltern zu büssen haben. Das Suffix in Dn^ ist auf Dn^^3 zu beziehen
und Dil gehört dem Sinne nach zu DH^: denn wehe auch ihnen! In Dnö nVu^n, ivenn ich
- <~' VT V - • I '
von ihnen d. h. hier den Ephraimiten tveiche, fasst man wohl besser n^tJ? = "i^iD, als dass man
^^}^ liest und entw. tvenn ich von ihnen ausziehe oder von ihnen iceghliche übersetzt. Zu
dem Gedanken, dass Jahwe von Ephraim weicht, vgl. ebenfalls in einer Glosse 5 15.
In 13 steckt die fünfte Strophe. Was der MT bietet, ist aber in der
ersten Hälfte nicht zu übersetzen, ob man 11^ als Tgj^us (zwar sonst immer liJ
ohne 1 geschrieben) fasst und es zu ^Ty^^^ 11^'i^3 oder zu dem Hauptsatz zieht
(s. GuTHE bei Kautzsch in der Anmerk. und in den Beilagen) oder ob man ihm
mit HiTzia nach dem arabischen sawr die Bedeutung Palme giebt. Anders hat
LXX gelesen, nämlich sicher ^r^ oder "I^^J für 11^ und ViS für ni:n, und wohl
i •- TT VT : 7
auch njin? oder 'Trb^ für :inin"7«. Da danach die Vergleichung mit einem
Baume, „gepflanzt in einer Aue", im ursprünglichen Texte keinen Halt hat,
also auch Vermutungen wie 1^«3, „wie Lusthaine von Tyriern" (Ewald) oder
^1^«3, „wie eine Tamariske", ausser Betracht fallen, schlage ich vor zu lesen:
v:n n^ tw ^^^b ^n^«n ^^^^^ ons«
TT T .-- ..T •: •-!*
nn r^yyrb N^:5in h^^^^ ^^^ini
TT T«*-;— • »Ti« :
Hos 9 13 77 Hos 9 16
d. li. Eifhraiin sehe ich gleich einem Mann, Der sich zum JagdwUd gesetzt hat
seine Kinder; Denn Israel seiher führt hinaus Yjir Schlachtimg seine Kinder,
Mit der leichten Konjektur ^^'^ für 1^fc<? (1 ist falsche Dittographie) sind wir
nicht nur das unerträgliche, prosaische „wie ich gesehen habe" los, sondern
gewinnen auch einen ganz vortreffliclien Sinn: Ephraim gleicht einem Jägers-
mann, der auf seine eigenen Kinder Jagd macht, sie selber der Schlachtbank
ül)erliefert. Das ist ein Bihl in der Art Hoseas, das aufs beste das wüste
Treiben (vgl. zu v. 15) und die inneren Wirren charakterisiert und beurteilt, m
denen die Ephraimiten sich selber dezimieren und ausrotten.
14 wird auf einmal Jahwe angeredet: Gieb ihnen, Jahwe, was du gehen willst! Gieb
ihnen tln fruchtbaren Mutterschoss und trockene Brüste! Diese Aufforderung verstehen die
einen (Simson, Keil u. a.) als eine Steigerung der Drohung und als eine Äusserung der
„heiligen Entrüstung" des Propheten, während andere (Ewald, Nowack, Cheyne u. a.) darin
eine Bitte um Milderung der Strafe sehen wollen, eine Bitte, die der Proj)het „in einem
Anfalle von Verzweiflung und mit widerstrebender fast krampfhafter Sprache dennoch zu
äussern nicht umhin könne" und die seiner „tief gemütvollen Weise" entspreche. Die letz-
tere Auffassung ist offenbar die richtigere, nur ist es nicht Hosea selber, der um die Mil-
derung fleht, doch lieber durch Unfruchtbarkeit das Volk untergehen zu lassen, als dadurch,
dass es sich selber hinschlachtet, sondern ein späterer Glossator, dem vor der grässlichen
Schilderung des sich selbst verzehrenden Volkes schaudert. Hosea kann nicht so bitten,
er hat Unfruchtbarkeit bereits v. 11 in Aussicht gestellt und v. 13 spricht er von denen,
die SQlion leben. So ergreifend die Bitte wirkt, die verdiente Strafe zu vollziehen, aber
doch nicht in der grässlichsten Form, sie ist ein Fremdkörper im Text und unterbricht den
Zusammenhang. Vgl. zu dem Inhalt Hi 3 11 f. 16.
15% die sechste Strophe: All Ihre Bosheit Ist In Gllgal beisammen^ Ja
dort habe Ich sie hassen gelernt! Wegen Ihrer schändlichen Thaten Werde Ich
sie aus meinem Hause vertreiben. Warum Gilgal hier als das Zentrum und
der Kulminationspunkt der Sünde Ephraims genannt ist, lässt sich nicht sagen.
An ein politisches Ereignis könnte man im Zusammenhang mit y. 13 denken, aber
es liegt doch näher, an den Kultus in Gilgal zu denken vgl. 4 15 12 12. Dabei ist
es aber nicht ausgeschlossen, dass dort gerade entsetzliche Szenen vonMenschen-
opfer vorgekommen wären, auf welche auch v. 13 angespielt sein könnte, vgl.
noch 13 2. Solche Vorkommnisse würden aufs beste erklären, dass dort Jahwe
seinen Hass auf Ephraim geworfen hat. Aus meinem Hause d. h. aus dem
Lande Kanaan, das sein Haus ist, in dem er solche Greuel nicht dulden kann.
15'' 16^% die siebente Strophe: Ich werde nicht ferner sie lieben^ All
Ihre Führer sind Auf rühr er. Getroffen Ist Ephraim , Ihre Wurzel verdorrt.
Für ^pi« 1. ^piS vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 109 d; zu der Konstruktion des Hiph.
^"^pln mit folgendem Inf. (das ist Dn^Hi;?) ohne b vgl. Gen 412. Die Parono-
masie särim-sorerim ist auch Jes 1 23 verwendet. 16^°' T\^T\ geschlagen^
getroffen ist Ephraim, wie ein vom Blitz oder von der Sonnenglut (Ps 121 6)
zerschlagener Baum oder eine von einem Wurm (Jon 4 7) zum Dorren gebrachte
Pflanze. Das Bild erinnert an das von der abgestandenen Saat 8 7. So
sehr ist Ephraim getroffen, dass es bis in die Wurzel dürr, wir sagen faul ist,
also sicher absterben wird, wie v. ii-i3 verkündigt hat; ein kurzer kräftiger
Abschluss des Abschnittes v. loff.
IG'Ap Frucht tragen sie keine halte ich für eine unüberlegte Beigabe, ih Nachahmung
von 8 7; denn wo die Wurzel dürr, ist es selbstverständlich, dass keine Frucht zu finden
Hos 9 16 78 Hos 10 2
ist. Zu 16^ s. oben nach v. 11. 17 Wahrscheinlich ist v. 16^^^ mit v. 17 zusammen-
zunehmen d. h. stammt v. 17 von derselben Hand wie v. 16^!^. Glosse ist aber v. 17, weil
hier Jahwe nicht mehr redet, sondern ein anderer von ihm spricht, vgl. ^^^^5, wofür nach
LXX D'n'^i< zu lesen sein wird, und lb, und weil hier nicht mehr von der Ausrottung als
der Strafe Ephraims, sondern von seiner Zerstreuung unter die Völker die Rede ist. Auch
ist das Nichthören auf Jahwe als Grund der Verwerfung zu milde und zu blass nach allem,
was vorhergeht (vgl. bes. v. 15); fast scheint es, als sollte mit v. 17 die Antwort auf die
Bitte V. 14 gegeben werden: Jahwe wird die Ausrottung in Zerstreuung unter die Völker
ermässigen.
II. Die Vernichtung des Kultus mit seinem ganzen Apparate 10 i-8.
1^^°^, die erste Strophe: Ein üppiger Weinstock war Israel^ Schöne
Frucht trug er: Je mehr Früchte er trug. Desto mehr Altäre errichtete es.
Das sonst feminine ]^t ist hier entschieden als mascul. gebraucht, „wohl nur in
Analogie an die sonstige Behandlung der Bäume und grösseren Gewächse"
(Albrecht ZATW, 1896, 106 f.). Zu pj?i weithin sich ausbreitend^ vgl.
arabische Parallelen bei J. Barth Wurzeluntersuchungen 1902, 7. Für
n5^% das wohl „hinstellen", aber nicht „ansetzen" bedeutet, 1. HJSi, lieblich^
schöti, vgl. die ähnliche Verderbnis ^n"^^;^ für •'n^^j« Ps 119 30 (LXX sü&y]-
va)v). h vor 1^"]ö kann nicht gut nur als Auflösung der Status-constructus-
Verbindung V^Ö'-lh betrachtet werden; am besten liest man 1^, ihrn^ dafür;
dagegen ist 7 vor niHlEltp als Fehler zu entfernen. "Wiederum ist der Über-
gang in das fruchtbare Kanaan mit dem dort angenommenen Kultus gerade
wie 9 10 der Punkt, an dem der Niedergang Israels beginnt; die Kultur und
der Kultus Kanaans haben Israel verdorben, Glück und Reichtum, Übermut
und Abfall gebracht.
Ibß 2*^, die zweite Strophe: Je besser es seinem Lande erging ^ Desto
schönere Malsteine stellte es her. Es selber soll seinen Altären den Hals
brechen^ Seine Malsteine %ertrümmern. Die beiden ersten Stichen führen
noch den Gedanken der ersten Strophe weiter; man ersieht aus denselben, dass
die Masseben, Malsteine ^ neben Äschere und Altar die Wahrzeichen der heiligen
Stätte, nicht mehr die alten unbehauenen Steine waren, sondern künstlerisch
bearbeitet wurden; vgl. Marti, Gesch. der isr. Rel.^ 27f. 100. Mit den
zwei letzten Stichen geht Hosea über zur Ankündigung der Strafe. ^^^H kann
nicht Jahwe, der auch hier spricht, noch ein ungenannter Feind, sondern nur
Israel sein, das selber noch zu der Einsicht von der Nutzlosigkeit seines Kultus
kommen soll, wenn die Strafe hereinbricht und es über seine Götzen zu Schanden
wird vgl. Y. 6 8. Dass N^H wirklich Israel ist, wird nur verdunkelt durch den
Wechsel des Numerus, der aber erst infolge der eingedrungenen Glosse v. 2^
sich eingestellt hat ; man lese daher n^'pn, Vnin^lip und Vnil^D. ^1J^, eigent-
lich: das Genick brechen^ ist hier auf das Zertrümmern der Altäre übertragen,
vielleicht durch die gehörnten Stierköpfe an den Ecken der Altäre veranlasst
(Wellh.), vgl. auch die Hörner des Altars Am 3 14.
2^ Ihr Serz icar falsch, nun büssen sie; übrigens liest LXX auch hier wie 5 15 ^Itets^j
für ^ö^«;^, also: nun werden sie vernichtet. Diese Aussage unterbricht den Zusammen-
hang, denn die Altäre und Masseben v. 2 können nicht durch den ganz andersartigen Ein-
schub V. 2^ von denen in v. 1 getrennt sein; sie spricht aber auch ein Urteil aus, das nicht
Hos 10 2 79 Hos 10 5
Hoseas Meinung wiedorgiebt, denn Hosea hat nie daran gedaclii, den Israeliten ein
Sehwanken zwisehen Jahwe und Baal oder Heuchelei gegen Jahwe vorzuwerfen, für ihn
liefen sie I>aal nach und sie thaten dies mit aller Offenheit, ohne sich einen andern An-
schein geben zu wollen, wenn sie schon selber der Überzeugung waren, Jahwe zu verehren.
Das Urteil ist das eines Späteren, der in dem iföhendienst Nordisraels eine Heuchelei
sieht, da für ihn mit dem Abfall von Jerusalem aufrichtige .Jahweverehrung unvereinbar
erscheint.
3, die dritte Stroplie: Bercils sprechen sie ja schon: Wir haben keinen
Konig ; Denn der Könuj, den wir haben, Was thut er für uns'f Damit nennt
Hosea ein deutliches Symptom des Zerfalls und der Wertlosigkeit des von den
Israeliten geübten Kultus. Einen rechtmässigen König haben sie nicht mehr,
der ist gestürzt, und der Usurpator, ^^T\ (beachte den Artikel!, es scheint aber
allerdings etwas ausgefallen zu sein, etwa ein U^ I^S oder eine andere Näher-
bestimmung oder gar der Name), thut nichts für sie, kann vielleicht nichts für
sie thun, sei es, dass er noch um seine Herrschaft kämpfen muss, sei es, dass
er durch seine Abhängigkeit vom Ausland noch geradezu zu Erpressungen und
Erhebung von Steuern im eigenen Volke gezwungen ist, vgl. v. 5.
3^^ Denn wir haben Jaliive nicht gefürchtet ist eine spätere Glosse; so sprachen
Hoseas Zeitgenossen nicht, die ja meinten, in eifrigster Weise Jahwe zu dienen (vgl. v. if.
5 6), so erklärten sich die Juden nach dem Exil die königslose Zeit der jüdischen Gemeinde,
vgl. Esr 9 6 f. 4 scheint ebenfalls Glosse zu sein (so Nowack); denn die selbstverständ-
liche, darum nicht eigens zu gebende Antwort auf die rhetorische Frage v. s'^P ist: „Nichts !",
nicht aber eine Ausführung der Thätigkeit des Königs. Zudem ist v. 5 die richtige Fortführung
von V. 3, s. dort. Ein Glossator aber wollte auch die rhetorische Frage nicht unbeant-
wortet lassen, sagt uns daher, was die israelitischen Könige thaten: Nur Worte machen^
denen keine Thaten folgen, 1. isi für ilS"! (s. LXX, diein'l liest) und vgl. Jes 58 13; falsche
Eide schwören vgl. 4 2, nibx statt n^bx, inf. constr. statt absoL, steht wegen des Gleichklangs
mit n"l2 wie nin^ Jes 22 13, s. Ges.-Kautzsch2 7 § 75n; Verträge ahschliessen vgl. 5 13 7 11
8 9. Und die Folge von all ihrem Thun ist (vgl. niöl perf. consec): es blüht wie Giftblwnen
das Recht; wenn der Text richtig ist, so muss eine prägnante Ausdrucksweise angenommen
werden, die die Verwandlung des Rechtes in Gift einschliesst. Möglich ist, dass aber doch,
da diese Konstruktion des 3 sehr seltsam ist, ein anderes Wort für DSti^D zu lesen ist, viel-
leicht nsti^ö, Blutvergiessen (so eventuell Oettli), das der Glossator sich aus Jes 5 7 an-
geeignet haben kann und mit dem er auf das dortige Wortspiel nstS^D statt JOöU^ö hinweisen
will. Oder man hat einfach als Fortsetzung in der Schilderung des Thuns der Könige mit
NowACK nach Am 5 7 6 12 '0 t5^S"i^ '^bn], und in Gift das Recht verkehren, als ursprüng-
lichen Text zu vermuten. ^n'y 'ö^n bv ist 12 12 entnommen, es gehört zu tJ^i<l und kann
schon vom Glossator herrühren, wenn er wirklich '3 niD^i geschrieben hat; andernfalls ist
es erst eingesetzt, als die jetzige Lesart aus dem ursprünglichen Texte entstanden war.
5aba (^]3ig viip^!!), die vierte Strophe, zeigt, wie die Fortsetzung bis v. 6%
wieviel der König für sein Volk thut, soviel — dass es bereits in Ängsten uni
sein kostbarstes Heiligtuni ist: Um das Kalb von Bethel sind In Angst Die Ein-
wohner von Samarien^ Ja es sind darum In Trauer Seine Anhänger und seine
Pfaffen, Die masoret. Abteilung der Verse ist hier nicht gut; nach ^^y^^\ (s. zu
diesem Worte zu 4 4) sollte ein Einschnitt gemacht w^erden. Ferner ist statt
ni^^j;^ der Singular ^5V.^ zu lesen, wie die darauf bezüglichen Fronomina im
Folgenden beweisen und auch LXX zeigt; für ^^?"^l•'? ist auch hier wie 4 15 5 8
der verächtliche Name ]1« H"^? eingedrungen und ]5^ ist nach LXX aus dem
Plural ^)d^ verdorben. Endlich ist auch wohl ^^N"^ für h^'^ zu lesen, vgl. das
vorausgehende "^ in ''?. Vgl. zu diesen Verbesserungen auch Wellh., Nowack,
Hos 10 5 BO Hos 10 7
OoRT, Oettli. Die ganze Aussage aber steht noch unter der Direktion von
nr\)l V. 3: Bereits schon sind sie in Angst etc.; warum sie trauern, erklärt das
Folgende, das nach v. 6 sich noch lange nicht als den Höhepunkt des Unglücks
darstellt.
5^P 6% die fünfte Strophe: Sie wehklagen um seinen Schatz^ Dass er
ihm weggenommen ist. Aber auch es selber werden sie nach Assyrien bringen
Als Geschenk für den Grosskönig. Für ^^^^^ das nur vor Freude jubeln bedeutet,
ist mit Wellh., Oort u. a. ^b'^^l, wehklagen vgl. 7 u, zu lesen; das V^J^ davor ist
zu entfernen, v^eil erst eingesetzt, als man das die neue Strophe beginnende
Verb als Prädikat zu V1l:SD1 nahm und folc^endermassen verband: es ist darum
in Trauer sein Volk, während seine Pfaffen darüber jubeln. Warum sich
mit einem Mal das Suffix in IIID^ und ^2)30 auf löj; beziehen und daher IIDS'^X
0^1 ein Zusatz sein soll, wie Wellh,, Xowack und Oettli behaupten, ist nicht
einzusehen; die Ähnlichkeit von ISam4 22 kann das doch nicht beweisen. 111^3,
seine Herrlichkeit^ sein Reichtum^ bezeichnet hier am besten den Tempelschatz
zu Bethel, der zum Teil ja auch in allerlei Kostbarkeiten etc. bestehen mochte,
die dem Bilde umgehängt waren. Diese Herrlichkeit ist dem Bilde entzogen
worden, als Menahem mit 1000 Talenten Silbers den Abzug des Assyrerkönigs
und das Bündnis mit ihm erkaufte vgl. II Reg 15 19. 6^ Aber, sagt der
Prophet, es kommt noch besser: schliesslich werden sie das Kalb selbst als
Geschenk nach Assyrien bringen, es ist ja von Gold, wenigstens vergoldet, und
bald wird es an anderen Wertgegenständen fehlen. Für b'lV' inii^, was eine
mögliche Konstruktion immerhin wäre (das Verb im Passiv mit dem Obj. der
aktivischen Konstruktion, vgl. Ges.-Kautzsch27 g 121a), liest man besser /'?1''
= •1^ni\ vgl, LXX, Wellh. u. a. Zu yr ^^D vgl 5 i3.
6'' 7, die sechste Strophe. 6^ Schmach trägt Ephraim davon Und
%u Schanden wird Israel an seinem Götzen. Für niti^3 wird man nti^2 zu lesen
T : T V
haben, aber darf dann nicht mit Guthe bei Kautzsch ü'llöS davon abhängig
denken, die „Schande Ephraims" als Bezeichnung des goldenen Stierbildes
nehmen und zu nj?"; den Grosskönig als Subjekt setzen. Der König braucht
das Bild gar nicht zu holen, die Israeliten bringen es ihm selber y. 6^ in!J?D,
an seinem Plan^ ist mit Wellh. und Nowack in IS^J^ö oder V|?5^D an seinem
Götzen oder an seinen Götzen zu verbessern vgl. 4 17; nicht von der falschen
Politik, sondern von dem bösen Kultus ist hier das Verderben hergeleitet.
7 Bei der gegenwärtigen Wortfolge wäre der Einschnitt mit Athnach bei ]11Db^
zu machen; dann würden aber die Stichen ganz ungleich. Da aber H?^^ ]11Dti^'
nicht der König von Samarien heissen kann, stellt man am besten um HD*!^
]11D'^ "^I^D; das vergessene "^^ wurde von dem Abschreiber nachgebracht und
mit Suffix versehen. Also: Vernichtet ist der König von Samarien., Er gleicht
einem Splitter., der auf der Wasserfläche dahlntrelbt. ^^J^, das man mit
LXX (cppüYavov) als Reisig, Reisholz, fasst, ist nicht sicher; Wellh. denkt an
ein Derivat von DiJp, abschneiden, Geätz an ein solches von ^top, abrelssen, ab-
pflücken; s. noch zu Jo 1 7. Immer bliebe der Sinn, dass der König von der
Flut des Verderbens, die ihn zu Grunde richtet, willenlos fortgetrieben wird.
Anders denkt sich Cheyne (Encycl. Bibl. II, 2125 Anm.) den ursprünglichen
Hos 10 7 81 . Hos 10,9
Text; nach ihm sind ]nDty und ^^pID beides Verderbnisse für ^^\>ü und •'iö ^j;
D^D für D''1S^^ ]1S.*I, also: 7.erHÜ)rt ist das lleUUjlum seines KlYnujs (vgl. Am 7 13),
Der Sfol^ von Kithraint. Aber mit solcher Konjektur weicht man doch wohl
nicht nur zu weit von dem schon von LXX bezeugten Texte ab, sondern ge-
winnt auch blos einen Gedanken, der in v. 8^ schon eingeschlossen ist.
8, die siebente Strophe: Und verwiislet werden die Heilig lürner Israels,
Dornen luid Disteln wuchern auf ihren Altären, Und %u den Bergen wird man
sagen: Bedeckt uns! Und zu den Hügeln: Fallet über uns! nt^^n ])« ist ein
späterer Zusatz, der die Höhen kennzeichnen soll: sie sind Frevelhohen und die
Sünde Israels. Dieser Zusatz liegt auf der gleichen Höhe, wie die ständige
Umänderung von Beth-el in Beth-awen vgl. 4 15 5 8 10 5. Die Späteren, welche
nur das eine Heiligtum in Jerusalem anerkannten, sahen die nordisraelitischen
Höhen für nichts als Frevel und Sünde an. Mcht die modernen Kritiker, son-
dern diese alten Glossatoren und Redaktoren und ihre Gesinnungsgenossen
behandeln die vorexilische Geschichte nach einer „feststehenden Theorie".
Ebenso ist ThT'_ zugesetzt, um den zweiten Stichos dem vermehrten ersten an
Länge gleichmässiger zu machen; vgh zur Sache 9 6. Ergreifend und gross-
artig wird in den letzten zwei Stichen die Verzweiflung der Israeliten geschil-
dert. Im Schrecken vor dem furchtbaren Gericht, das sie trifft, sehen sie zu
spät < ein, dass ihre Altäre und Heiligtümer nicht helfen, und in der Verzweif-
lung rufen sie die Hügel und Berge, gerade die Stätten, die ihre Heiligtümer
tragen, nun auf, über ihnen zusammenzufallen und sie zu bedecken. Das ist das
Ende ihres Kultus, unter den Trümmern der Heiligtümer die, die ihn übten, zu
begraben. Vgl. die Anwendung dieser Worte Lk 23 so Apk Joh 6 18.
12. Das Unheil, das Israel säte, wird es ernten 10 9— 15.
Der Text des Abschnittes gehört zu den am schlimmsten erhaltenen des Buches
Hosea. Überall hat die spätere Zeit eingegriffen und mit ermahnenden und erklärenden
Worten dem Verständnis nachhelfen wollen. Aus diesen Zufügungen gilt es den alten Be-
stand herauszulösen; wenn dies nicht mit voller Sicherheit gelingt, so liegt das mit daran,
dass das später hinzugefügte Material den alten Bestand beschädigt hat. Die erste Strophe,
die in v. 9 f. steckt, vergleicht die Gegenwart Israels mit der Situation von Gibea, und die
folgenden Yerse zeigen, wie Israel sich selbst in diese schlimme Lage gebracht hat.
In V. 9 ist wieder wie 9 9 die Hede von den Tagen Giheas, Wellh., Smend und Nowack
sehen darin die Tage Sauls, der in Gibea wohnte, also des ersten Königs in Israel, und nehmen
an, dass Hosea die Stiftung des Königtums als Sünde betrachte und das Königtum als
solches verwerfe. Dem gegenüber ist aber hervorzuheben, dass gerade in unserem Abschnitt
nicht mehr vom Königtum gesprochen wird, als z. B. im vorausgehenden 10 1-8, wo der
Kultus das Hauptthema ist, vgl. v. 3 7. Dann aber ist aus anderen Stellen Hoseas nicht zu
entnehmen, dass er das Königtum als solches verwirft, auch aus 13 10 nicht (s. dort); im
Gegenteil ergiebt sich, dass er nur die Revolutionen und Usurpationen mit dem Sturz des
legitimen Königs verwirft, vgl. 7 3 5 8 4 10 10 3. Auch datiert Hosea den Anfang der Sünde
Israels nicht erst von dem Beginn der Königszeit, sondern bereits von dem Eintritt in das
Kulturland vgl. 9 10 10 1. Es wird also doch dabei bleiben müssen, dass Hosea mit den
Tagen Gibeas an das Ereignis anspielt, von dem uns in Jdc 19 — 21, wenn auch zum grossen
Teil in späterer Aufzeichnung (vgl. hierüber in diesem Kommentar Budde zu Jdc 19 — -21
S. 125 — 127), erzählt ist, an die Tage, da Benjamin wegen einer in Gibea vorgefallenen
Schandthat beinahe ausgerottet wurde. Wenn in 9 9 7\V'l-^r\ *ö''3 in den Zusammenhang
Kurier HC zum AT XIII 6
Hos 10 9 82 Hos 10 10
gehört, so ist auch dort viel eher auf eine schwere Schandthat als auf die blosse Stiftung
des Königtums hingewiesen. Der Sinn kann daher kaum ein andrer sein, als der, dass
jetzt die Tage Gibeas sich an Israel wiederholen, d. h. dass, wie dort einst die von allen
Seiten befehdeten Benjaminiten dem Untergang nahe waren, so jetzt die Israeliten. Über
die dadurch notwendig gewordenen Textänderungen s. Erklärung zu v. 9 f.
9 10 enthalten die erste Strophe, dazu aber manche Beigaben, s. die
Erklärung. 9 Als die beiden ersten Stichen sah ich früher (s. meine
Gesch. der isr. Re\.^ * S. 168) an: Wie einst Gibea ergeht es jet%t Israel: Krieg
ist gegen die Frevler-, ich las also 'i:il HDn^p ^^i^\ nj;n?n '^D^?. Da die Er-
gänzung von ^1^\ vor ^i^l^l für den Sinn gewagt erscheint, so ist einfacher blos
zu lesen rhyp_ ^y:r^^_ niDn'pp nj;n^n ^»^3 = Wie in den Tagen Gibeas ist Krieg
Gegen die Frevler, Alles Übrige im Verse ist fremde Beigabe: n^^tO^, das statt
riN^n falsch als 2. pers. perf. gelesen wurde, samt dem folgenden ^i^^t?^';, ist aus
V. 8 auch hier eingedrungen und hat zu der Änderung von '')?''? (s. 9 9) in *'D^p
geführt. Mit den Worten HDj; bis HJ/n^H weiss niemand was Rechtes anzu-
fangen, vgl. die Anmerkung bei Gtuthe-Kautzsch. Auch die Vermutung von
ßuBEN und NowACK, dass nJpn^D nj;niin D5^'^n-^l;^ fragend zu nehmen und ans
Ende zu setzen sei, sodass dastünde: „Dort traten wider mich (1. ^^j;) die Söhne
des Frevels auf, wird sie nicht in Gibea Krieg erreichen?" d. h. wird nicht bis
so weit in den Süden der Feind vordringen?, befriedigt keineswegs und geht
wieder von der unerweislichen, ja unrichtigen (s. Vorbemerkung zu v. 9-15)
Voraussetzung aus, dass schon Hosea das Königtum als solches verworfen
habe. Wenn dieser Gedanke irgend hier hereinspielen sollte, etwa auch ^tt^p
für ^D^? demselben seinen Ursprung verdankte, so ist dies eine Folge der Über-
arbeitung und ein Zeichen, dass die mit dem Kontext nicht in Verbindung zu
bringenden AVorte eben als fremder Bestandteil auszuscheiden sind, vgl. auch
ZU 13 10. "über die Tage Gibeas s. die Vorbemerkung zu y. 9-i5. Für
ni^j; 1. n'jlj;, vde auch einige Codd. bieten; s. auch y. 13. 10^''", der Schluss
der Strophe, setzt gut den vermuteten Anfang fort, indem er zeigt, wie der an-
gekündigte Krieg gegen die Frevler vorbereitet ist: Schon bin ich gekommen,
um sie zu straf en. Und sammle gegen sie Völker^ d. h. schon ziehe ich Völker
zusammen gegen Israel, wie einst die Israeliten zur Bestrafung der Benjami-
niten sich vereinigten. Zu lesen ist mit Ooet: D^'rsj; U'n'hv ^^^^\ ^^^l^). ^n«|,
vgL LXX cod. Alex. ^X&£v = -^X&ov. Dass Hosea nicht von einer Samm-
lung der Völker sprechen könne (Wellh., Nowack), ist angesichts der Ver-
gleichung der Israeliten seiner Zeit mit den Benjaminiten in den Tagen Gibeas
nicht abzusehen; auch redet Hosea nicht von den Völkern, noch weniger Yon
allen Völkern, und welche Völker er im Auge hat, ist doch auch keine Frage.
Vgl. auch Ü'I^V-^ 9 1.
10^1^, durch ihre Exilierung ivegen ihrer zwei Sünde)!, ist eine erklärende Glosse zu
V. 10^, wo der Glossator ü^ü^^), = und ich setze sie gefangen (von npx, vgl. zu 7 12'^), las.
Er sah darin eine Ankündigung der Exilierung, vgl. ^^ü^ — exiliert Jes 49 9, und bezeich-
net als den Grund derselben ihre zwei Sünden (1. Dniir i^iit LXX, Pesch., A^ulg. für nn^V,
das als sonst nicht gebräuchlicher Plural von ]]'^, Auge, gefasst oder mit Kere DPilj;, ihre
Furchen [?], gelesen keinen Sinn giebt). Unter den beiden Sünden sind nicht Kultus und
Königtum, sondern die beiden Kälber von Dan und Bethel gemeint, vgl. I Reg 12 28-30,
Hos 10 10 83 Hos 10 11
bes. V. 30% und Am 8 14. Was Hosea als Sünde Israels bezeichnet, ist etwas ganz andres,
s. z. B. 4 if. ; der Autor von v. lo''!^ ist ein Schüler der Deuteronomisten, so verrät aucli
der Inhalt die späte Herkunft der Glosse. Daran wird nichts geändert, wenn man
lieber, da ü^Ot< in der vermuteten Bedeutung unsicher ist, nach LXX D'iDjna, als sie gestraft
wurden, liest; nur las dann auch der Glossator dieses Verbum in v. 10*.
11% die zweite Strophe, beginnt die bis v. kj reichende Reclitfertigung
der Bezeiclinung der Israeliten als Thr^_ ^^^, worauf dann v. uf. die Schilderung
des V. of. in Aussicht gestellten Gerichtes folgt. Ephraim war ein vuM-
ge'^ähmtes Hlnd, Das zu dreschen Hehle, Und Ich legte ein Joch Auf seinen
schonen Nacken. Für hv_ "'^l^JJ, das schwerlich heissen kann: „ich ging als
Führer an seinem schönen Hals einher", aber auch keinen guten Sinn giebt,
wenn man versteht: „ich bin bisher an seinem schönen Hals vorübergegangen,
habe ihn verschont" (Guthe), oder mit Wellh. u. a. übersetzt: „ich komme
ihm über seinen schönen Nacken", wobei Hitzig sogar den Gedanken: „ich
will es besteigen" nicht ausschliesst, ist zu vermuten: ^^ h')^ "^pr\^V7} = Ich habe
ein Joch geführt d. h. gelegt auf seinen seh. N.; h)) ist vor ^j; verloren und in-
folge davon Kai statt Hiph. gelesen. Wem dabei die Hervorhebung des 11D
des Nackens, das man zwar nicht nur im Sinne von ästhetisch schön, sondern
auch von gutgebaut, fest, verstehen darf, Schwierigkeiten bereitet, kann sich
mit der Annahme helfen, dass :}^ID Verderbnis aus tolD, Jochhaken (vgl. zu Jes
9 3 und ZDPV 1889, 160), sei und vor ^y gehöre: ich legte den Jochhaken Auf
seinen Nacken. Der Sinn der Strophe ist: Israel glich einem wohlgezähmten
Rinde, das zu dreschen wünschte; nun sollte ihm auch die dem Dreschen voran-
gehende schwerere Arbeit des Pflügens und Ackerns auferlegt werden. Offen-
bar ist hier wieder an den Eintritt in das Ackerland gedacht, Israel trug Ver-
langen nach einem festen Wohnsitz im Kulturlande und Jahwe erfüllte ihm
den Wunsch. Zu dem sog. "^ compaginis in ""Mni^ s. Ges.-Kautzsch^^ g 901.
11'' 13aa^ (jig dritte Strophe: Ich spanne Ephraim ein, dass es pflüg e,
Jakob soll sich eggen; Sie aber haben Bosheit gepßügt, Frevel geerntet, n^?"]^?
nimmt ^y ''^l??^ von y. iP auf: ich spanne ein natürlich in den Pflug oder die
Egge; das Imperfektum erklärt sich als die sich wiederholende Ausführung
des Perf. in v. iP. Jedenfalls kann ^''S^l^? hier nicht reiten bedeuten, sondern
nur als Zugtier benutzen, einspannen (so Ges.-Buhl Lex. unter nD*l Hiph. 3j.
Im folgenden ist TTm\ wie überall in Hosea nachträglich erst eingesetzt, hier muss
es noch besonders zwischen Ephraim und Jakob auffallen; denn dass ohne
7T\^T\\ Ephraim gleichzeitig pflügen und eggen müsste (Oettli), ist nicht richtig.
Zu l'?"^^^^ s. Jes 28 24; 1^ ist = für sich, d. h. zu seinem Nutzen, um nachher
etwas zu dreschen zu haben, also um in Glück und Wohlbefinden zu leben.
13^ lese ich die 3. pers. plur.; die 2. pers. ist die Folge des Einschubs v. 12.
Ebenso wird an den Anfang vor W^T\ ein Vi^T[\, sie aber, zu setzen sein; vgl.
LXX iva Tt = Hob, das nicht notwendig Dublette von tdl y. 12 (am Ende) zu
sein braucht, sondern die unrichtige Lesung eines verblassten Wortes sein
kann. Der Sinn ist: Der Aufenthalt im Kulturland hatte die schlimmsten
Folgen; denn Bosheit war es, die sie säten, und Frevel, was sie davon zu
ernten hatten, also Schlechtigkeit und Ungerechtigkeit war ihr Thun und
Treiben. Das wohlgezähmte Rind (y. 1 1) entartete ganz und gar ; es zeigte sich die
6*
Hos 10 11 84 Hos 10 14
ganze Falschheit Israels gegen Jahwe, den sie verliessen, um Baal anzuhangen,
vgl. tyn? Y. 13^!^. Von der Strafe ist hier noch nicht die Rede. Zu dem Bilde
vgl. 8 7 Hi 4 8 15 35 Prv 22 8. Zu nn'jlj; = nb)y_ vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 90 g.
12 stammt nicht von Hosea, sondern von einem nachexilischen Redaktor, resp.
Inter^^olator, der Jer 4 3 gelesen hatte und hier meinte, den Lesern und Hörern die aus
dem Zusammenhang resultierende Mahnung ausdrücklich darlegen zu müssen; aber eine
ausgeführte Mahnung hat hier mitten in der Schilderung keinen Platz. Vgl. dazu auch
wieder n;in^_ in der Rede Jahwes! b in Hj^liJ^ könnte bei einem Späteren leichter als
bei Hosea das direkte Objekt einleiten; aber besser fasst man es dem parallelen ^ph ent-
sprechend als nach^ gemäss, also: Lasst eure Aussaat der Gerechtigkeit gemäss sein, d. h.
lebt, wie ihr sein sollt, gerecht und fromm. Der zweite Imperativ ^"i5ip giebt die Folge an:
so iverdet ihr eine der Frömmigkeit entsprechende Ernte bekommen^ vgl. Ges.-Kautzsch^'
§ 110 f. ■T'i DDb n'^i ist Reminiscenz aus Jer 4 3; wahrscheinlich ist aber kein Ein-
schnitt nach "i^i zu machen u. nach LXX nV"! für T\V], das man etwas gezwungen als „da
es Zeit ist" erklärt, zu lesen, also: brecht euch einen Neubruch der Erkenntnis (so auch
Oettli), indem ihr Jahive sucht, auf dasser komme und euch Heil regnen lasse, IV, = bis
dass, hat öfters wie hier den Sinn: danfi endlich; für niVl liest LXX ^"15, was möglich, aber
nicht sicher ist, da nil'' Nlü"' o^anz ähnlich in dem Einschub 6 3 sich wiederfindet und
V. 12 von derselben Hand wie 6 3 herstammen oder in Erinnerung an 6 3 hinzugefügt sein
kann. Ygl. auch Volz a. a. 0. S. 33 f., der aber mit Unrecht auch v. 13^ verdächtigt.
In 13 (von Df)^?« an) 14 steckt die vierte Strophe; als fremde Bestand-
teile sind leicht zu erkennen y. 13^ (s. unten) und die Vergleichung mit der Zer-
störung von Bet-Arbel in y. u, nur bleibt es fraglich, ob der ganze Rest yon
y. 14 hinzugesetzt ist. Hält man y. u^ als alten Text fest, so bekommt man den
Vierzeiler: Nun sollen sie die Frucht der Falschheit essen ^ Und Krieg slärm
erhebt sich in ihren Städten^ Alle ihre Festungen werden zerstört^ Die Mutter
über den Kindern zerschmettert. Der Parallelismus ist allerdings nicht ganz
gut; daher kann y. u^ ebenfalls eingefügt sein, dann ist der Parallelstichos zur
1. Zeile, y. i3=^ß, ausgefallen. Zu Anfang ist, wie in y. 13^°^ (s. dort), die 3.
pers. plur. zu lesen; vielleicht ist sogar das vorangehende DH nicht nur eine
Folge des Einschubs von y. 12, sondern darf man als ursprünglich vermuten
^^Dt^'*' nnj?, nun sollen sie essen d. h. zu kosten bekommen die Folgen ihrer
Falschheit, ihrer trügerischen Treulosigkeit gegen Jahwe, ihres Baaldienstes,
vgl. 12 1. M''^; Für D^iJl, das einem späten Abschreiber als aramäisches Partizip
in die Feder kam, ist DiJ] herzustellen, s. Ges.-Kautzsch^^ § 9b 23g 72'p. Zu
]1«^ vgl. Am 2 2. Für Dj; in ^''ISJ^^, das zu den folgenden Festungen nicht gut
passt, ist mit Wellh. u. a. "T^J? für erforderlich zu halten, aber nicht mit Suffix
der nach y. 13^ eingesetzten 2. pers. sing., sondern mit Suffix der 3. pers. plur.,
also 1. DTj;, ihre Stadt ^ oder DH^IJ^, ihre Städte^ und dem entsprechend auch
Dn*'*l^n^D, sowie natürlich ^W-V für Iti^^i". 14^ schildert, wie die fremden
Krieger gegen die wehrlosen Frauen und Kinder handeln: die Mutter, die sich
schützend über ihre Kinder beugt, wird samt diesen zerschmettert; vgl. zu DiS;
D^'^S'^Pj; Gen 32 12, zu dem Zerschmettern 14 1 Jes 13 16 Na 3 10.
Der Einschub 13*^ verrät sich sowohl dadurch, dass er mitten in die Schilderung
der Strafe noch einmal eine recht überflüssige Begründung bringt, als auch dadurch, dass
hier ein Grund genannt wird, der wohl in den Mund Jesajas Jes 27 22 8 9^11^30 15 16
passt, aber nicht in den Hoseas, der nicht vom y ertrauen Israels auf die eigenen Mittel,
sondern auf die Hilfsgenossen- Assur und Ägypten spricht. Übrigens ist nach LXX ^331S,
Hos 10 14 85 Hos 11 1
auf deine Wagen, statt ^3"!13, (iiif deinen Weg, zu lesen. 14''^ die geschichtliche An-
spielung auf eine Zerstörung Beth-Arbels durch Schalman, ist schwerlich als ursprünglich
zu halten. Sie ist viel zu lang für die in äusserst kna[)pen und prägnanten Sätzen gegebene
Darstellung Hoseas. Auch trägt sie zur Veranschaulichung im Grunde nicht viel bei,
V. 14^* ist schon deutlich genug. Auf welches Ereignis anges|)ielt wird, ist unsicher. Bei
Schalman können in Frage kommen die assyrischen Könige Salmanassar III. 782 — 77'5
und Salmanassar IV. 72() — 722, sowie der moabitische König Salamanu, der als Zeitgenosse
Tiglat-rilesers und somit auch Hoseas bekannt ist (s. KAT2 441); bei Beth-Arbel wird
man schwerlich an das viel zu weit abgelegene Arbela am Tigris denken dürfen, sondern
nur entweder an das heutige Irbid im Ostjordanlande oder an Irbid in Galiläa an der
Westseite des Sees Genezareth (vgl. Buhl Geogr. 219 256). Aber jede Kombination eines
Salman mit einem dieser beiden Beth-Arbel ist schwierig; selbst wenn mau mit Schrader
KAT- 440 — 442 nach II Reg 13 20 annehmen wollte, dass auch später, als in den Tagen
Joaz', worauf II Reg 13 20 geht, die Moabiter Raubzüge nach Israel unternommen haben,
bliebe die Zerstörung von Beth-Arbel in Galiläa durch den Moabiter Salamanu ein zu
geringfügiges Ereignis , um mit dem Untergang Israels verglichen zu werden. Aus der
Unsicherheit hilft auch nicht die Vermutung von Hitzig und Steiner, dass Schalman-
beth-Arbel zusammen als Ortsname zu fassen sei; denn ein Ort dieses Namens ist nicht
nachgewiesen. An bekannte Ereignisse denkt Cheyne (Encycl. Bibl. I o49f.), wenn er nach
LXX (cod. Vatic.) Dyi^; ri^n für 'psn")« n^a liest und für ]1^)^ vielmehr D^^^ vermutet;
er sieht also eine Anspielung an die Ermordung Sacharjas, des Sohnes Jerobeams U.,
durch Schallum (für lli^ vgl. nn^ Jdc 5 27) und hält dafür, dass der Interpolator damit
nach V. 14*^ die grausame Behandlung der Frauen von Tappuah durch Menahem kombi-
niert habe, s. II Reg 15 16 (vgl. dort). Jedenfalls entspricht auch so die historische An-
spielung nicht ganz v. 14^* und bleibt daher Interpolation.
15, die fünfte Strophe, verbindet sich gut unter Ausschluss der Glossen
mit der vierten Strophe und giebt den kräftigen Abschluss, in^dem sich nun
JahAve direkt an die Israeliten wendet: So werde ich mit euch verfahren, Ihr
Israeliten, Im Sturm ist verschwunden Der König von Israel. Tim lesen ist
nach LXX T\^V^ und b^^'0^ n^n für r\^V und b^Ti'^l, ebenso mit V^^ellh. wahr-
scheinlich iy.P5, im Sturm (vgl. Ij;'^ Jes 28 2), für ^n^*?, in der Morgenröte, das
schwerlich bedeuten kann: im Anfang des neu aufdämmernden Glückes, da
Hosea seine Zeit nicht als die Zeit des Morgenrotes, sondern des Abends und
Greisenalters Israels betrachtet, das aber auch mit der Verbesserung Ooet's
in^?, tcie das Morgenrot, nicht zu halten ist, da der Vergleich des Königs mit
dem Morgenrot doch, wo es sich um seinen Untergang handelt, wenig am Platze
ist. Auch hier hat ein Glossator eingegriffen; er musste zu dem strengen
Urteil über Israel, damit niemand zu sehr erschreckt werde, gleich wieder wie
V. 13'^ den Grund beifügen: D?riJ^1 nj;"^ ^5?P? worin man gewöhnlich einen super-
lativischen Ausdruck erblickt, vgl. Ges.-Kautzsch^^ § 133i, während wohl nur
eine Dittographie vorliegt.
13. Israels Undank gegen alle Liebe und Wohlthaten Jahwes zwingt Jahwe
zur Vernichtung seines Volkes II I— ii.
1 2^^'*, die erste Strophe: Als Israel jung war, gewann ich es lieb Und
seit Ägypten rief ich seinen Kindern; Aber Je mehr ich ihnen rief. Desto mehr
wandten sie sich von mir ab. Damit ist die ganze Geschichte Israels vom
Auszug aus Ägypten bis auf die Gegenwart Hoseas gekennzeichnet: einerseits
die von Ägypten an bewiesene Liebe Jahwes, andrerseits die immer grössere
Hos n 1 86 Hos 11 3
Entfremdung Israels von Jalnve. Die Ausführung von beidem geben die fol-
genden Strophen, zuletzt aber verkündet Jahwe das Gericht der Vernichtung.
Für "'iD^, meinem Sohn, das unhaltbar ist, weil Israel erst durch die Befreiung
aus Ägypten Jahwes Sohn wurde, also vorher es noch nicht war, setzen LXX
und Targum VJ?^, seinen (Israels) Kindern, den ^N"!'^^ ^^:n, Israeliten, voraus,
das mit Guthe und Nowack als ursprünglicli anzusehen ist; jedoch ist dabei
D';"i:iöp nicht lokal sondern temporal zu fassen: seit der Befreiung aus Ägypten
rief ich den Israeliten d. h. ich suchte sie mir nahe zu bringen und anhänglich
zu machen. Die Lesart "'i^'?, die sich von Ex 4 22 leiten lässt, ist schon Mt 2 15
vorausgesetzt; aber den Singular zu lesen verbietet schon der folgende Plural,
darum ist weder mit Winckler (Alttest. Untersuch. 182) in ^l^ lb, (rief ich)
ihm ^^mein Sohn^^ , noch mit Wellh. in H? "^^ (= ^l^^^- ^^ ^A ^^^0 zu verbessern.
2 Nach LXX ist ''i^li?? für ^S*]j5 zu lesen; vielleicht ist auch durch Haplographie
^ davor verloren, also ursprünglich ''i^ll??^ da gewesen. Für Dll'^^BI? bietet
wiederum LXX richtig DH ''5??? also zwei Wörter, wovon CH zum folgenden,
Satze gehört.
2^'^ 3% die zweite Strophe: Sie opfern den Baalen Und räuchern den
Bildern Und ich gängelte doch Ephraim Und nahm sie auf meine Arme.
DH und •'piS entsprechen einander; DH leitet die Aussage ein über die Ent-
fremdung von Jahwe, die so gross geworden ist, dass die Israeliten Baalsopfer
bringen und Bilderdienst üben, und mit ''piijl 3 beginnt der Satz, der dem Thun
der Israeliten gegenüberstellt, was Jahwe gethan hat: er hat sie doch gehen
gelehrt, gegängelt, zu dem Tiph'el ^nb^^in vgk Ges.-Kautzsch27 g 55h, doch
liest man vielleicht besser das Hiph. ^^nb^^H, als denominativ von ^51? ^^ hat sie
in seine Arme genommen, 1. mit LXX DnjPiJ (zu dem Wegfall des ^ vgl. 10 15
und zu dem Imperf., wenn nicht QHJPSJ vorzuziehen ist, nach Perf. vgl. l''?'^S
10 11) und ^T\))T\\ (1 ist aus Dittographie des folg. entstanden). Also: alle Sorgfalt
und Mühe hat Jahwe in seiner Liebe den Israeliten zu teil werden lassen, vgl.
Dtn 1 31 (32 11) Jes 63 9; ihr Dank ist Baalsdienst. Bemerkenswert ist, dass
Hosea die Baale den Bildern gleichsetzt, die doch Jahwebilder sein sollten
(Wellh.).
3b 4aa^ (jjg jj^ Anfang offenbar verstümmelte dritte Strophe, die ver-
mutungsweise etwa so ergänzt werden kann, dass vor D^H^^DI "^^ der Ausfall von
D'^riS'^^ ''S und dahinter der von "hT\0 oder dem folgenden "^^2n!|l noch entsprechen-
der "hVi^ (vielleicht in (Dn)*'n'? am Ende von v. 4^ erhalten) angenommen wird:
Und nicht anerkannten sie, dass ich sie trug, Dass ich sie heilte voti Krankheit
(oder in Krankheit)^ Mit menschliche?! Banden sie %og , Mit Seilen der Liebe.
Die Strophe schildert den Undank der Israeliten gegen alle Fürsorge und Hu-
manität, die sie von Jahwe zu erfahren hatten. Jahwe war ihr Arzt (vgl. Ex 15 26),
der sie vor Schaden bewahrte; zugleich aber hielt er sie dabei nicht streng, er
hat sie nicht als harter Herr mit Gewalt in seinen Dienst gezwungen, sondern
durch humane und liebevolle Behandlung sich zugethan machen wollen. Das
Bild 4 von den Menschenseilen und Liebesbanden ist doch, ohne dass man an
10 11 denken müsste, verständlich, besonders da der zweite Ausdruck: Bande,
welche die Liebe knüpft, den ersten: Bande, die Menschen zusammenhalten,
Hos 11 3 87 Hos 11 4
erklärt; immerhin wäre der Parallelismus besser, wenn man für D"l« mit
Gkätz, Cheyne non ///////, Frrun(/l/(/i/crit]ii^eu (liirfte. Mit Winckler (Alton
Forsch. III, 230 f.) an „Jjeder"seilo zu denken, weil □"[« Leder })edeute, und TlZTi^
in D?ps, = „ich will sie herunischlepjjen", zu verwandeln, so das8 hier bereits
von der Strafe die Rede wäre, ist doch schwerlich eine Verbesserung. Von der
Anwendung anderer Mittel als Liebe redet erst das Folgende.
4''^'' 5s die vierte Strophe: Dn umrde ich ihm zum Menschcnloier Imd
wandte mich i/e(jen ihn und überwiUtUjte ihn. Er soll nach Agyplenland zurück
Und Assur ist sein Könifj. ^^ns) setzt das ^j;t ^h\ v. 3*' fort; im übrigen ist der
masoretische Text unhaltbar, auch wenn man D*»*!?? für •'»^"!)D liest; denn das Joch
sitzt doch nicht auf den Kinnbacken, sondern auf dem Nacken. In der Über-
setzung ist teilweise nach LXX als Text vermutet: rh^ D«) DH« n???D n^ ^^7M
1^ ^5^NJ, vgl. LXX: (b; p7.Trt(^(ov avSpüD-iTo; = DHS n?^^ und o'jvr^aojxai auxoj ==
1^ b:^^^. Das bildet einen guten Gegensatz zu v. 3^\* An Stelle der Bewahrung
vor Krankheit treten Massregeln, durch die die undankbaren Israeliten dezi-
niiert und gestraft werden, aus dem Vater, der die Seinen beschützt, ist ein
Raufbold geworden, der unter den eigenen Leuten aufräumt; vgl. einen ähn-
lichen Gedanken 9 iif. 13 16. Schwierigkeiten bereitet bei dieser Vermutung
die Erklärung von UTVTb ^J^; es muss als fremder Bestandteil ausgeschaltet
werden: vielleicht ist es das zu y. 3'' vermutete, hierher verschlagene "»briD oder
die verdorbene Korrektur U'n'hv zu V^S im folgenden Stichos, oder dachte am
Ende ein Interpolator bei dem D'^^Jl Ti'2'Oj dass es sich nur um Backenstreiche
handle? ^j;, das LXX nicht kennt, ist falsche Dittographie des folgenden ^j;,
wie es umgekehrt 10 ii vor ^J* ausgefallen ist (s. dort); übrigens erwartet man
die Punktation DH'^nS oder ^TVrh (Oettli). Auch das vermutete vbiS: tOJ^l ist
in dem angenommenen bösen Sinne: ich wandte mich gegen ihn (vielleicht V7j;
zu lesen) nicht sicher, während die Herübernahme von S^ als 1^, sowie die
Lesung 'tDI^^J (vgl. vorangehendes 1) sich leicht erklärt. Dürfte man vns Ü^^\
^^5^^'^ U7id einer verzehrte den andern^ lesen, so hätte man eine gute Fort-
führung und Erklärung von Dltj; HJD?: Jahwe räumte unter ihnen auf, indem er
bewirkte, dass sie einander selber aufrieben; vgl. die Parallele Jes 9 19.
WiNCKLEE (s. zu V. 4^^) sieht ebenfalls in unserem Verse eine Darlegung der
Strafe, gewinnt aber, indem er auch den Text der LXX noch erheblich ändert,
folgende Aussage: D^^'S^ (yh)^) ton«l DH^n'? ^^ n[D]:D»D onb n^^«^ und übersetzt:
„und ich werde sein wie ein Maulkorb für ihre Kinnbacken und in Fesseln
will ich sie werfen (oder Fesseln will ich über sie — DiT'pi^ — werfen)." Man
sieht: Das aus n?D der LXX erschlossene HDDD, Bedeckung ^ soll Netzwerk^
also Maulkorb., bedeuten und das aus x7.l sTiij^Asf^ojxai der LXX (für tONI) auf-
genommene to^^^l soll dem assyrischen abuttu, Fessel, von einem Stamme abätu
(primae ^) entsprechen. Auch diese Zurechtlegung des Textes klingt mir
nicht wahrscheinlich; zudem kommen die Fesseln zu spät, wenn AVincklee
bereits v. 4^* von „in Fesseln heranschleppen" gesprochen sein lässt. Die
-gewöhnliche Auffassung nimmt dagegen an, dass hier die Schilderung der
Gütigkeit Jahwes sich fortsetze: zuerst soll von einer Erleichterung des Joches
die Rede sein, doch s. dagegen schon oben; dann versteht man das Folgende
Hos 11 4 88 Hos 11 7
von der Darbietung reichlicher Nahrung durch Jahwe, indem Dt? als adverbiell
gebrauchtes Substantiv gefasst wird = „und still zu ihm hingewandt gab ich
zu essen", oder indem man DSJ (resp. tDJSiJ) liest und S^ als 1^ zu b^'D^t^ herüber-
nimmt, also übersetzt: „ich neigte mich zu ihm", (resp. „ich reichte ihm dar,)
gab ihm zu essen." Aber 'p^DIS (Hii)h. von b^^ s. Ges.-Kautzsch2 7 § 68 i) ist
jedenfalls mit 1^ statt mit direktem Objekt sehr zweifelhaft; viel einfacher läse
man doch dafür I^DS V'?« ^^], ==-- „und ich reichte ihm hin seine IS^ahrung."
5^'^ schliesst sich auf alle Fälle besser an, wenn in y. 4 nicht mehr nur von der
Güte Jahwes die Rede war. eJahwe fällt über das unfolgsame Volk her, das
er aus Ägypten befreit hat, das aber nichts von ihm wissen will, und wird
es nun den Völkern preisgeben: Es soll wieder nach Ägypten zurück und Assur
soll sein König sein; das sind die beiden Mächte, die überall bei Hosea neben-
einander stehen als diejenigen, denen Israel anheimfällt, i^b könnte daher nicht
nur bei dem einen von beiden stehen; es gehört als 1^ zu v. 4. Hat LXX mit
D'l'lD« für f "jS"^JS; recht, so würde das neue Subj. den Singular 2^^] rechtfertigen
und man hätte dann vorher ür\b zu belassen und für vb^ und lb vielmehr Dn*"^?
und üTlb zu vermuten. 5^ ist nach dem Vorhergehenden eine so matte und
unnötige Begründung, dass sie nur von einem Glossator herrühren kann; vgl.
das D^nj;-; nj;-) •»isi? 10 15.
6 7, die fünfte Strophe: Es soll wüten das Schwert in seinen Städten
Und morden in seinen Festungen^ Da sich mein Volk an die Götzen gehängt
hat Und sie bei Baal alle eintreffen, V"1? ist keine gute Parellele zu V"3J^? und
giebt keinen guten Sinn, ob man darunter „Glieder des menschlichen Körpers",
„Aste eines Baumes", „Riegel" im eigentlichen Sinn oder im übertragenen =
„Fürsten" verstehe. Die Korrekturen von Oettli: Vn^"l!l, „seine Riegel", oder
vnn?, „seine junge Mannschaft", befriedigen auch nicht. Der Schaden im
Texte sitzt tiefer. Die Ähnlichkeit der drei Verba T\br\\ nn^:D*l und H^^Sl, sowie
der beiden Wörter Vlj;^ und ^"^21 lee^t die Annahme nahe, dass V^n nn^DI dem
t't: t-O " t-t:-:
V'IJ^D ThT\\ entspricht und wir also zwischen beiden zu wählen haben. Vi? ist
offenbar nichts als verdorbenes VIJ^?, also letzteres alter Text; dagegen ist
nn^?'! dem n^ni vorzuziehen, da H^ni (Perf. consec. von ^^n), losstürzen^ in die
Konstruktion und den Zusammenhang nicht passt und daher als alte, schon von
der LXX rja&£VY]a£v bezeugte, aber durch die Beifügung von T[Tb2\ verbesserte
Verderbnis anzusehen ist; vgl. auch Wellh. und Nowack. Zu nn^pl, aufreiben^
vertilgen, ist dann Tb'^^] eine treffliche Parallele. Für DH^nnj^löD, wegen
ihrer Anschläge , das wieder den Grund der Vernichtung hineinbringen sollte
(vgl. zu V. 5^), ist dem V^VJ^ parallel VJ^???!!, in seinen Festungen, und zwar
nicht durch Atnach von H^DiJI getrennt, zu lesen, vgl. 10 14; das von Ooet vor-
geschlagene Vrins?? liegt graphisch nicht näher. 7 •'nn^it:^'»'? n^S^bjri, fasst
man gewöhnlich = aufgehängt an den Abfall von mir d. h. es hat den Hang
von mir abzufallen; diese Übersetzung unterliegt aber schweren Bedenken, weil
die Orthographie von D'^^^^ri mit t^ sehr auffallend, seine Bedeutung sehr frag-
lich, die Fassung des Suff, in ''nn-.ti^p als sog. genitivus object. = „Abfall von
mir" sehr zweifelhaft und überhaupt die Verwendung von H^^ti^'D (sonst erst bei
Jeremia, zu Hos 14 5 s. den Komm.) hier kaum glaubhaft ist. Ich schlage daher
Hos 11 7 89 Hos 11 9
vor: D''!i!?5?"^iJ D'^l^^, mujesrhlossette an die Götzen^ (i'otzenmitiärujcr (sind mein
Volk); für den Sinn vgl. 4i7: D*^?^?^ mn. Die Verdeibnis von "^W D^l^i in
h D'^Sl'^n crklilrt sicli von selbst; dagegen ist "^n^ll^^ö, vielleicht ursprünglich
inD^ti^ö (s. LXX), nicht Textverder))nis, sondern al)sichtli(dier Ersatz für D"^2?V,
durch den gleich das Urteil über den G()tzendienst ausgesprochen werden sollte,
vgl. zu 10 io''P. Dieses Verständnis des Textes stimmt jedenfalls besser zum
Gedankenkreis Hoseas als die Vermutungen Oettli's: vnn^it^^'öp nsbi "^öj; „mein
Volk ist ermattet von wegen seiner Abtrünnigkeiten", oder ö? ''^s'pn ^öj; „hat
mich ermüdet mit s. A." Wie man v. ?'' übersetzen kann: „und mag man
ihnen ein aufwärts! zurufen, es strebt keiner empor", ist schwer verständlich;
aber ebensowenig ist es hebräisch, wenn man mit Oettli h'^ für ^J? und "IHS für
^V\\ liest und dann übersetzt: „zu einem Joch wird man es rufen, das niemand
nachher abhebt." LXX hat llp'' für ins^lp'' und in*' für "TH'' gelesen; ersteres
ward anzunehmen und D^'bjJ^n für ^j; (s. zu 7 16 11 2) zu lesen sein, sodass der
letzte Stichos etwa lautete "in;; ^Ip^ D*'^j;!?n"^S'S = und bei den Baalim treffen
sie alle ein^ d. h. bei Baal und seinen Festen fehlen sie nicht, den wissen sie
immer und regelmässig zu treffen; vgl. zu Hlp^ II Sam 1 6, für die Konstruktion
mit ~b^ Num 23 4 16. Etwas Ahnliches muss hier gestanden haben, auch wenn
die Vermutung unsicher bleibt; es könnte z. B. in in;; auch das zu D'^l'pi parallele
Verb nn^, sich vereinen^ zu sehen sein. Am wenigsten weiss ich mit DD1T ^b
anzufangen; das erforderliche Objekt fehlt und die absolute Fassung = empor-
streben hilft auch nicht. Es ist erst eine Folge der Textverderbnis ^3^"^JS; und
kaum wird etwas anderes als eine Randbemerkung, vielleicht auf das ^j^, Joch^
gelesene ^J^ bezüglich und in Erinnerung an v. 4 (vgl. oben Oettli), darin-
stecken.
8% die sechste Strophe: Wie werde ich dich dahingeben^ Ephraim , Dich
ins Verderben stürzen , Israel! Wie werde ich dich Adma gleichsetzen , Ein
Zeboim aus dir machen! Diese Worte als Verheissung zu fassen („Wie könnte
ich dich dahingehen" etc.) widerspricht dem Zusammenhang, der nach den
scharfen Drohungen (vgL nur v. 6) unmöglich die Zusicherung der Straflosig-
keit zulässt, steht aber auch im Gegensatz zu Hos 13 12—14 i, wo mitleidslose
Bestrafung in Aussicht gestellt ist. Zu "^''^jt, wie sehr!^ ist Jer 3 19 9 6, nicht
Gen 39 9 44 8 zu vergleichen. ]?p ist = preisgeben durch die parallelen
Verba \T\^ und D^'^ gesichert, vgL auch Gen 14 20 und zu Jes 64 6. Adma
und Zeboim sind das Paradigma gründlicher Zerstörung bei Hosea, wie Sodom
und Gomorrha bei Amos und Jesaja, vgl. Am 4 11 Jes 1 7-10. Hosea hat die
Kenntnis von dem Untergang dieser Städte durch eine von Gen 19 unabhängige
Tradition erlangt; ja es muss unsicher bleiben, ob diese Städte wirklich auch
als mit Sodom und Gomorrha untergegangen hier erwähnt sind. Sie sind wohl
erst aus unserer Stelle in deren Gesellschaft versetzt worden, vgl. Gen 10 19
14 2 8 Dtn 29 22.
8^ 9% die siebente Strophe: Mein Herz drückt es mir fast ab^ Zugleich
ist mein Mitgefühl entbrannt. Sollte ich nun meinen heissen Zorn nicht in
That U7nsetzen, Nicht den Schritt wagen, Ephraim zu vernichten ? Die Strophe
zeigt den tiefen Schmerz, der Jahwe erfüllt, dass er Israel, das ihm lieb war
Hos 11 8 90 Hos 11 9
(v. 1 4), jetzt vernichten rauss. Auch liier gilt das zu v. 8^ Bemerkte: Es kann
hier niclit auf einmal Hosea die Nichtausführung des Gerichtes in Aussicht
stellen. Wellh. hat darum v. s'' 9 als fremde Zuthat entfernen wollen, weil er
eben diesen Sinn darin fand; aber dieser Auffassung ist v. 9'^, der ebenfalls als
sekundär behandelt wird, nicht günstig, vgl. dort. ^^b "^h_)l "^Jönj bedeutet
wörtlich: Mem Jlerz hat sich in mir umgedreht^ wir sagen dafür: mir hat es
das Herz fast abgedrückt'^ zu ^JJ vgl. I Sam 25 36 Jer 8 18. Zu ^IDD? vgl.
Gen 43 30 I Reg 3 26; nach diesen beiden Stellen ist für ^)?^ni, Tröstungen, mit
Wellh. u. a. ^Dni, mein Mitgefühl^ zu lesen, was auch dem ^"^ besser parallel
ist, vgl. auch Lk 24 32. Aber dieses IVlitgefühl kann Jahwe nicht Herr
über sich werden lassen; das besagt 9\ n^?^J ^b ist eine Frage, gerade wie
13 14^^, = sollte ich nicht u. s. w., und n^ti^ij steht hier, wie 2 ii, zur Einleitung
einer dem früheren Verfahren entgegengesetzten Handlung an dem nämlichen
Objekte; sollte ich Ephraim nicht vernichten, wie ich es früher ins Leben rief
(v. i)? Doch ist zuzugeben, dass b "IWt^ möglicherweise eingesetzt ist, also ur-
sprünglich nur TiTW^ zu lesen war; die Zufügung geschah, weil man den ganzen
Passus, wie noch jetzt manche, im Widerspruch mit Hosea und insbes. mit
V. 9"^ als Verheissung fasste unter Verkennung der mit ^^y eingeleiteten Fragen.
Allerdings wäre man aber bei solcher Fassung, wenn eine abermalige Ver-
tilgung ausgeschlossen würde, gezwungen, überhaupt v. s^ und v. 9 mit Wellh.
Hosea abzusprechen.
9'\ die achte Strophe, bringt in kurzen Stichen, in denen jedes Wort
wichtig und betont ist, den Grund, warum Jahwe nicht vom Mitgefühl sich be-
herrschen lassen kann und die Vernichtung Ephraims vollstrecken muss: Denn
Gott bin ich Und nicht [Mensch, Heilig in deiner Mitte, Und sollte nicht ver-
tilgen? Da "T'J^^ «ins ^b\ schwerlich „und ich komme nicht in eine Stadt"
übersetzt werden kann und ^l^'J^n, = (und ich sollte nicht kommen) in Glut
(Zorngliit) trotz Jer 15 8 doch sehr fraglich bleibt, hängt die Emendation
dieses Schlusses, so wie die ganze Auffassung der Strophe von dem Sinn, den
t^^'njj hat, ab. Heisst Jahwe heilig inmitten Ephraims^ weil er darüber erhaben
wäre, dass er seinen Zorn in That umsetzte und an Ephraim die verdiente
Strafe vollziehen müsste? Ist es ein Zug der Heiligkeit Jahwes in Israel, dass
er nicht vertilgt? Das wäre eine durchaus eigenartige Auffassung von heilig
und ohne ethische Färbung; denn die Propheten haben Jahwes Zorn nie als
etwas Unethisches betrachtet. Das Ethische im prophetischen Begriff der
Heiligkeit liegt vielmehr darin, dass der Heilige nicht nur kultische Verstösse
bestraft und durch Kultus geehrt sein will, sondern dass er gegen die Sünde
reagiert und die Sünde wegschafft; vgl. zum Beweise Jes 6. Seine Verschieden-
heit von den Menschen beruht also darauf, dass er nicht, wie diese, der Sünde
gegenüber gleichgiltig ist und nicht etwa, wie ein schwacher Vater seinem un-
verbesserlichen Sohne gegenüber, von der Liebe übermannt wird, so dass er
seinen Ernst nie zeigen kann. Dieses menschliche Pathos, diese menschliche
Schwäche, ist dem Heiligen fern, so sehr es schmerzt, dass er strafen muss.
VgL ferner Maeti Gesch. der isr. Eel.^ S. 133. Nur so bekommt auch das
^Ijllpin einen besondern kräftigen Sinn = gerade in deiner Mitte bin ich heilig,
Hos 11 9 91 Hos 12 1
was kurz ausgedrückt dasselbe ])esa^t, wie Am 3 2: JJas Vorrecht, den Heiligen
in seiner Mitte zu haben, verleiht keinen Freibrief gegen die Sünde, sondern
involviert gerade die schärfste Bestrafung derselben. JJarnach lässt sich nun
auch mit grosser Wahrscheinlichkeit der Schluss emendieren: es ist entweder
mit Steiner undÜETTLi ^)l^^ für l'^y^ oder besser mit AVellh. unter Annahme
fehlerhafter l)ittogra])hie einfach ^V.^^, für Tj;^«US zu lesen. 1j;?i ist der wohl-
bekannte und si)äter im Dtn häuiig gebrauchte Ausdruck für wejj schal]' (tu, rer-
tilijcn. Das IJ/'?^ ^\ ^^^ ^^^ Frage zu fassen wie v. 9*': lind sollte iiicltl rer-
lllijen? Die Herübernahme von '''inS (v. lo) als ^^"jnt? zu v. 9 ((Joja', Wellh.;
ist verfehlt, gerade der absolute Gebrauch von Ij;? giebt einen wirksamen
Schluss.
10 11 sind auf alle Fälle eine späte Beifügung; sie schildert den Heimzug aus dem Exil
unter Anführung Jahwes, der laut zum Aufbruch und zur Sammlung aufruft, nach Stellen
wie Jes 60 8 ff. 49 17 f. Es soll mit dieser Beifügung auch hier gesagt sein, dass die von
Hosea gedrohte Vertilgung nicht das Ende sei, sondern dass einst eine Wiederherstellung
erfolgen werde. Das musste nach der Meinung der Späteren der Prophet eigentlich schon
wissen, und es war nötig, dies hier anzumerken, damit bei der Vorlesung die jüdische Ge-
meinde nicht nur die Hälfte der prophetischen Verkündigung vernehme. Man hat auch
hier grössere Emendationen vornehmen wollen, weil die Wiederholung derselben Aus-
drücke störend erschien. So will z. B. Oettli '^)^'^\ ^<'l^ ''3 als reine Wiederholung und
D;p D"^:! *1in'T als Zusammensetzung aus Trümmern der ersten drei Worte von v. 11 aus-
scheiden; aber mit Unrecht, da an einen Interpolator nicht so strenge Anforderungen zu
stellen sind. 10 Vl^^ T^^Ty^^ ""ins*, hinter Jaliive werden sie einherziehen, seil, bei der
Heimkehr aus dem Exil (der spätere Glossator kann sich die von Hosea angedrohte Ver-
tilgung nur als Exilierung vorstellen); denn Jahwe ist an ihrer Spitze. Wellh., der "»"^nisi
zu V. 9 zieht (s. dort), liest '^b\ für 12^;;, oder noch lieber D=ip^^; Volz dagegen zieht TJ.'2 zu
"'ins; und liest '"1S3 ns^r = Jahive ivird wie ein Löwe schreien (vgl. zu "iJ?^ Jer 51 38); beides
ist unnötig und entfernt den wichtigen einleitenden Gedanken, der Jahwe als den Führer
der Heimkehr nennt, dessen Ruf sie von allen Seiten folgen, das letztere vermehrt über-
dies noch die Wiederholung des Schreiens. Wie ein Löwe icird er brüllen (nicht:
wie hinter einem Löwen, der brüllt) wird nicht sagen wollen: wie die jungen Löwen dem
alten, der sie durch sein Gebrüll ruft, folgen, so folgen die Israeliten Jahwe, sondern nur,
dass Jahwe laut das Zeichen giebt, worauf die Israeliten sich sammeln, vgl. Jes 27 13,
wo mit der grossen Posaune zur Sammlung geblasen wird, und zu dem Brüllen Jahwes s.
Am 12 3 8 Jer 25 30 Jo 4 16. Demi er brüllt, so etc. erklärt v. 10^: Giebt Jahwe
das Zeichen, so gerät alles in Bewegung und Erregung sie zitterii, eilen herbei. D^i^
D*ö ist schwerlich = Söhne vom Meere d. i. Westen, aber noch wenio^er mit LXX = D"'D ^i2
i^Ä^rj, üoaxcDv, sondern wohl am ehesten = DJO ein, Bauleute von Westen^ zu fassen, vgl.
Jes 60 10. Jahwe giebt das Zeichen: da eilen sie herbei nach Palästina, auch an solchen
fehlt es nicht, die die in Trümmer gefallenen Bauten wieder aufrichten. 11 In hellen
Scharen und in grösster Eile kommen sie daher aus Ägypten und Assur (Syrien), wie
Vögel und Tauben in ihre Schläge, vgl. Jes 60 8. Für bv D^nn^in, ich bereite ihnen
Wohnung in (=bv'i), liest man besser b^ □"nn^^n ich bringe sie u'ieder in ihre Heimat, so
auch XowACK und Oettli. Auch ni.T Di<i, das wir bei Hosea im echten Text nicht
finden (s. zu 2 lö'O? spricht für den Zusatz von v. 10 f., gerade wie das nirT» in der dritten
Person im Gegensatz zu dem redenden Jahwe v. 1-9.
14. Israels Charakter ist von Anfang an nur List und Treulosigkeit 12 i— 15.
Cap. 12 gehört zu den schwierigsten Abschnitten des Buches Hosea. Dasselbe ent-
hält nämlich eine Beihe von Anspielungen auf die Patriarchenzeit, die uns zwar wohl
Hos 12 1 92 Hos 12 1
aus den Erzählungen der Genesis verständlich sind, aber doch im Zusammenhang recht
eigentümlich lauten. Man hat daher an eine selbständige, von der in der Genesis ver-
zeichneten Relation verschiedene Tradition gedacht, die nicht nur in Einzelheiten, sondern
auch in der Reihenfolge der Ereignisse ganz von der Genesis abweiche. Aber ehe man
zu diesem Auskunftsmittel greift, hat man doch darauf zu achten, ob sich auch wirklich
der ganze Abschnitt als einheitlich fassen lasse. Dies wird von E. Beer (Zu Hosea XII
in ZATW 1893, 281 — 293) angenommen, der am Schluss seiner Untersuchung erklärt, „das
12. Capitel enthalte eine w^ohlgegliederte Rede des Propheten". Es soll nämlich in dem
Capitel gezeigt sein, wie verschieden die Israeliten von ihrem Vater Jakob seien; dieser
habe nämlich um Verzeihung für seinen Betrug gefleht (v. 5), während jene sich ganz
anders benehmen, und darum werde es auch den Israeliten ganz anders ergehen, als ihrem
Vater Jakob, nämlich letzterer sei in seinen Nachkommen aus dem Exil befreit worden
(vgl. V. 7 13 14, w^elche Verse so kombiniert werden, dass die Befreiung der Nachkommen
aus Ägypten als die Rettung Jakobs aus Aram erscheinen soll), die Israeliten dagegen
müssen in das Exil zurück. Man wird mit Recht gegen diese Auffassung einwenden, dass
Hosea, wenn er diese Gegenüberstellung des Vaters Jakob und der Israeliten seiner Zeit
beabsichtigt hätte, dies schärfer und klarer hervorgehoben hätte, und die Annahme, die
Erfüllung der Zusage an Jakob in v. 5, dass er heimkehren werde, sei in der Befreiung seiner
Nachkommen aus Ägypten zu sehen, ist doch so gesucht, dass man zu Bedenken gegen
die ursprüngliche Einheitlichkeit von Gap. 12 sehr berechtigt ist. Diese Bedenken sind
auch von Procksch (Geschichtsbetrachtung u. geschichtl. Überlieferung bei den vorexil.
Proph. 1902, 19 — 23) nicht beseitigt, der die beiden Episoden aus dem Leben Jakobs nicht
so straff zusammenfasst, sondern als einzelne geschichtliche Beispiele für sich ansieht.
Die erste Episode 12 4 5 soll zeigen, wie „mit dem äusseren Sieg Jakobs eine innere
Niederlage verbunden sei, der Kampf mit der Gottheit bedeute nach der klaren Meinung
Hoseas die sittliche Umw^andlung Jakobs". In der zweiten Episode 12 13 f. soll der Ge-
danke ausgedrückt sein, „dass der tiefste Sinn der Heilsgeschichte nicht bei dem natür-
lichen Menschen Jakob, wo ihn das Volk suche, sondern bei Gott liege, der die Ge-
schichte Israels seit Ägypten im Geiste der Prophetie geleitet habe." Auch so einzeln
genommen passen die Gedanken nicht in den ursprünglichen Gedankengang, vgl. das
Folgende und die Erklärung. Wellh. hegt Verdacht gegen v. 5-7 und Nowack erklärt als
fremde Bestandteile v. 1^ 4*^-7 13 14; vgl. auch "W'i:nckler (Gesch. Isr. I, 59), der v. 4-6
von „einem frommen Bearbeiter" herleitet. Stärk (Studien II, 8), der v. 4*^-7, und Luther
(ZATW 1901, 67), der v. 5-7 für eingeschoben erklärt. Die Abgrenzung dieser Zuthaten
wird noch genauer geschehen müssen, so ist wohl v. 4^ als hoseanisch festzuhalten, aber
es werden noch andere auch von Nowack nicht beanstandete Teile auszuscheiden sein. Als
wichtiges formales Indicium sekundären Ursprungs erweist sich auch hier wieder die
Rede von Jahwe in der 3. Pers., vgl. v. 3^ 5 6 14. Im Übrigen erklärt sich die Ver-
mehrung sehr leicht: Die Anspielung auf den Vater Jakob gab einem Späteren Anlass,
diese Anspielung weiter zu führen und dabei einerseits das Urteil über Jakob zu mildern
und andrerseits die Hoffnung auf eine Restitution in der Zukunft zu erwecken.
1, der Anfang der ersten Strophe y. i^ und ein Zusatz über Juda. 1^
Mit Lug hat mich Ephraim Hingeben Und mit Trug das Haus Israel. Man hat
t:^n? und n)p*ip nicht auf ein spezielles Gebiet zu beziehen; die Treulosigkeit
der Israeliten gegen Jahwe äussert sich in Verlogenheit in Handel und
Wandel y. 2^ 9, in der Politik y. 2^ und im Kultus y. 12. Israels Charakterzug,
so stellt Hosea fest, ist Treulosigkeit. Vgl. zu t:^n? auch 10 13.
\h verrät sich als Zusatz sowohl dadurch, dass von Juda gehandelt wird, als auch
durch die Nennung Gottes in der 3. Person; in ursprünglichem Zusammenhang mit v. 1^
müsste man auch v. l'^ die erste Person erwarten, z. B. '•öj; für ^«'D^;. Wie man sieht, ist
es weder „pures Vorurteil" noch blosse Theorie, wenn auch hier der Satz über l^y^T^^ aus-
geschieden wird. Der Satz ist im ersten Teile schwerlich intakt erhalten; T^, von Tin =
Hos 12 1 93 Hos 12 2
frei umher schweifen Jer 2 31, giebt koinen Sinn, insbes. auch fiele die Präposition Dj; auf,
ob man übersetze: „Juda ist zügellos gegen Gott" oder „sperrt sich gegen die Gemein-
schaft mit Gott" (so CoRNiLL ZATW 1887, 288). LXX setzt voraus ^7« oyT ny; darnach
vermute ich unter Annahme unrichtiger Ifai)lographie von V als ursprünglichen Text:
'^S'Qj; Vl^^ "iV = woc/i ein Bekannter hei Gott, ihm noch nicht fremd, noch vertraut mit ihm.
NowACK stimmt bei; Oiottm dagegen erklärt D^ vy^ = vertraut mit für „nicht hebräisch",
aber schwerlich mit Recht, vgl. den Gebraucii von cy mit ]0«i v. l'-*, mit n^T = auf freund-
schaftlichem Fusse stehen mit jmd. Ps 50 18 Hi 34 9, und vermutet *?«"üj; Tita, „ist wider-
spenstig im Verkehr mit Gott", was jedoch auf der Voraussetzung berulit, dass auch der
Schluss von V. 1 zu ändern sei. Dort soll nämlich mit Cornim. (ZATW 1887, 285 — 289j
gelesen werden: "iJpiii Q""^"]!? ^5^] '^'^(^ ^^^ Hurern ziisammengejocht, oder nach Oettli viel-
leicht eher: «Dt3i heflecld sich in Gesellschaft von H., „da bei ID^ Ni. b erwartet wird."
Aber der ganze Anstoss an dem Gebrauche von D^^llp als Gottesname verschwindet, wenn
wir eine späte Stelle vor uns haben, vgl. Prv 9 10 30 3; der gute Parallelismus von ]9«i
zu VI) und von D^ti^np zu bs spricht für die Richtigkeit des Textes: Juda noch vertraut mit
Gott U7id dem Heiligen treu, und das günstige Urteil über Juda für die Zeit, da Israel
Jahwe schon untreu war, stimmt zu der Einfügung 1 7. Der Halbvers l'^ ist also der
Einschub eines späteren, der durch eine historische Notiz das scharfe Urteil v. 1^ auf
Nordisrael limitierte. Auch die neueste Zurechtlegung des Textes von J. A. Bewer kann
V. 1^ nicht als ursprünglichen Bestandteil retten, weil sie b^ und D^li^lip in der Rede
Jahwes festzuhalten zwingt. Bewer giebt nämlich ni^n'^l preis, liest dann h^ Dyi"; 1'V und
am Schlüsse *i)?i^i nach LXX und punktiert 'p'üV, = „Aber Gott kennt sie (die Israeliten)
noch Und Volk des Heiligen ist es genannt". Auch inhaltlich passt so v. l'^ nicht zwischen
V. 1^ und v. 2.
2^'', der Schluss der ersten Strophe: Ephraim liebt Wind Und läuft dem
Sturme nach, d. h. die Ephraimiten trachten dem nach, was nichtig, unfassbar
und unerreichbar ist; ihr Treiben ist ein nichtiges und eitles, n^l nj;i ist
schwerlich = den Wind weiden zu fassen, aber es wird auch nicht in y*] zu ver-
bessern sein: Genosse, Freund des Windes (so Oort), sondern am ehesten ist
darin wohl die dem späteren Kopisten vertrautere aramäische Schreibweise
für althebräisches H^h, Gefallen habend^ zu sehen, vgl. zu Jes 44 20; möglich ist
immerhin, dass beide Formen nj;i und Tvr\ schon zur Zeit Hoseas neben ein-
ander lebten, vgl. j;"] Genosse und Schulthess Gott. gel. Anz. 1902, 672. Da-
gegen wollen J. Barth (Wurzeluntersuch. 46 48) und Kautzsch (Die Ara-
maismen 1902, I, 81 — 83) für HJ^I, gern haben ^ und nj^n, weiden, eine gemein-
same Grundbedeutung beobachten, sich kümmern um annehmen. D^'^Tj^, Ost-
wind, vgl. 13 15 Hi 15 2 27 21; Hosea denkt bei nn an Ägypten, bei D"^1iJ, Ost-
wind, an Assur, also an die nichtsnutzige Allianzpolitik, von der er v. 2'^ deut-
lich spricht.
2aP'j, die zweite Strophe, ist vorn versehrt, das zu Dl'rc'?^ gehörende
Verb fehlt : Die gan%e Zeit , Lüge und Trug mehren sie, Mit Assur
schliessen sie einen Vertrag Und nach Ägypten führen sie Öl. Für "iü) 2T3,
Lüge und Gewalt, 1. nach LXX mit Ooet, Wellh. u. a. ^W) ^J|, Lüge und
Nichtigkeit, was dem Zusammenhang besser entspricht. Ebenso liest man
wohl besser n^in ^ii"]^_ für ri^'^ini n|1^_, da v. 2^ die Erklärung von y. 2^ ist, und
endlich n'^n Ji'pnV für n'^ni ^n^^ (Wellh., Nowack). Zu der Allianzpolitik s. 5 13
7 11. ]D^, Öl, war eines der wertvollsten Produkte des Landes, vgl. Dtn 8 8
Hes 16 19 27 17, und eignete sich daher sehr wohl zur Verwendung als Ge-
schenk, vgl. dazu Jes 30 6.
Hos 12 3 94 Hos 12 4
3^ ist eine Glosse. Die Änderung von nn^n^ in h^^"^] genügt nicht, um die "Worte
für Hosea, der sonst nur von Nordisrael spricht, zu retten; denn r{)p\h ist in der Rede
Jahwes unmöglich. Die Glosse stammt von andrer Pfand als v. l'', von einem Inter-
polator, der nicht nur eine historische Notiz Hosea in den Mund legen, sondern beifügen
wollte, dass Juda nicht vollkommen war, sondern auch ihm der Prozess gemacht wurde.
Die Glosse hat im Folgenden einige Textänderungen nach sich gezogen. Ursprünglich
lautete
3'' 4, die dritte Strophe, am Anfang ^ppi<] für ^p^h] und am Ende von
V. 3 'r^S'^to^'^j; für 1^ 2^p] : So werde ich bestrafen Jakob für seine Handlungs-
weise, Für seine Tliaten Israel. Im Mntterschoss überlistete er seinen Bruder
Und in seiner Manneskraft stritt er mit Gott. ^«"jt^"l"^J? ist hier notwendig für
1^ y^\ wegen der deutlichen Anspielung auf die Namen Jakob und Israel, die
in den Verben 1]>)l und niC^ von v. 4 vorliegt; die Verderbnis lag nach 4 9 nahe.
4 fasst nochmals die Art und Weise des Treibens der Israeliten zusammen,
indem gezeigt wird, wie bereits die Natur ihres Stammvaters, dem sie getreu
geblieben sind und der als ihr Typus gelten kann, Lug und Trug war. Diese
Natur war ihm schon eigen von Geburt an; denn im Mntterschoss überlistete
er seinen Binder. nj^J^ kann man nicht mit die Ferse halten übersetzen, da
diese Bedeutung dem Verbum nirgends zukommt und auch das blosse Halten
der Ferse seines Bruders Esau in Gen 25 26 nicht ein Betrügen desselben,
sondern nur den Neid über dessen Erstgeburt ausdrückt. Wie in Jer 9 3, wo
ebenfalls auf die Erzählungen über Jakob angespielt wird, hat nj^J^ den Sinn
von betrügen, überlisten. Zu der Aussage, dass Jakob seinen Bruder Esau schon
im Mutterschosse betrogen habe, findet sich aber in der schriftlich erhaltenen
Überlieferung kein Anlass. Denn das Persenhalten bei der Geburt Gen 25 26
ist, wie gesagt, kein Betrug und die beiden Anlässe, bei denen von Betrug
Esaus durch Jakob gesprochen wird (vgl. Gen 27 36), fallen nicht in die Zeit
der Geburt, nicht einmal in die der frühesten Jugend. Um nun aber zwischen
den Erzählungen der Genesis und der Anspielung in v. 4^ Einklang herzustellen,
darf man nicht wohl in lt?55, das zu 1i1^5 eine gute Parallele bildet, eine Text-
verderbnis vermuten, sondern man wird eher anzunehmen haben, dass Hosea
eine Tradition kannte und an dieselbe anspielt, welche in gröberer Weise die
Geburt der Zwillinge erzählte, vielleicht eine Tradition, die Gen 25 26 mit
Gen 38 27-30 kombinierte (so auch Gunkel Genesis'^ 262, vgl. ferner Stäek
Studien II, 7—13 und Luther ZATW 1901, 67). Nur als ein zweites
Beispiel für die Natur Jakobs kann v. 4'^: in seiner Manneskraft stritt er mit
Gott im Zusammenhang gefasst werden; wer darin ein Lob Jakobs sieht, muss
mit NowACK und Stäek y. 4^ als Zuthat abtrennen. Jedoch ist diese Abschei-
dung resp. ursprüngliche Verbindung mit dem Folgenden, wo dasselbe noch
einmal zu lesen ist, sehr unwahrscheinlich und der genaue ParpJlelismus zu
y. 4* fordert gebieterisch, dass y. 4*^ als ursprünglicher Text gefasst wird; D^^^^f
ist hier auch im Munde JahAves als Parallele zu Vn« durchaus am Platze: noch
nicht geboren betrog er seinen Bruder, als erwachsener kräftiger Mann nahm
er den Kampf sogar auf mit Gott. Es kann bei diesem Kampf mit Gott nur
auf eine Tradition angespielt sein, von der auch Gen 32 23-33 Kunde giebt;
aber die Version der Tradition, die Hosea im Sinne hat, liess offenbar Jakob
Hos 12 4 95 Hos 12 7
auch im Kampfe mit Gott ein Mittel der List anwenden, vgl. Holzingek zu
Gen 32 26 und Luthek ZATW 1901, GG. Hosea hat wahrscheinlich den
Kampf Jakobs mit Gott wie Gen 32 23-33 nach Penu el verlegt, v. 5 kann da-
gegen nicht angerufen werden, vgl. die Erklärung. Aus v. 4 ergieht sich, dass
Hosea die alten Jakol)er/illilungen kennt, aber in anderer Version als wie sie
vom Jahwisten, resp. Elohisten in der Genesis ül)erliefert sind.
5^°^ ist, wie auch Luther a. a. O. S. 67 vermutet (vgl. schon AVinckler Gesch. Jsr.
I, 59, der allerdings die Glosse unrichtig auf v. 4''-6 begrenzt), eine mildernde Glosse, nicht
Fortführung, zu v. 4'*, vgl. das abschwächende '^^<^ö für U^Tlh^ und die Wiederaufnahme
des Verbums n*i^ in "iti^jl Imperf. Kai von der Nebenform "ilt^, vgl. Gks.-Kautzsch^" § 72t.
Die Glosse lehnt sich ziemlich genau an den Wortlaut von Gen 32 29 (=.J) an; übrigens
ist dem DJ^ von Gen 32 29 und dem "nx v. 4^^ entsprechend mit Wellh. "n«, mit, für 'h^
zu lesen. 5^^ bis v. 7 hängt zusammen und wird durch v. 6, wo n)ri\ in der 3. Per-
son erscheint, als nicht zur Rede Jahwes v. 1 ff. gehörend erwiesen. Es ist demnach eine
Interpolation, die an ein anderes Ereignis aus dem Leben Jakobs erinnert, an die Theo-
jDhanie in Bethel, welche ein besseres Licht auf den Stammvater wirft. Grammatisch
hängt dieselbe nicht mit der Glosse v. 5^* zusammen, wird daher auch schwerlich von
derselben Hand wie v. 5^^- herstammen, obschon beide Stellen das harte Urteil v. 4 über
Jakob mildern wollen; jedenfalls darf sie aber in keiner Weise dahin gedeutet werden,
als ob der Interpolator für die Reihenfolge : Ringkampf (in Penu el) und Theophanie in
Bethel eintrete. Letzteres hat von Gall (xiltisrael. Kultstätten S. 97) unter der unhalt-
baren Voraussetzung, dass in v. 4 f. eine intakte Einheit vorliege, angenommen und in
Gen 3Ö 14 auch bei E dieselbe Anschauung einer Gotteserscheinung zu Bethel nach dem
Ringkampf in Penu el sehen wollen; vgl. jedoch die Commentare zu Gen 35 14 von Hol-
ziNGER und GuNKEL. Letzterer hat wohl ebenfalls Recht, wenn er vermutet, dass selbst
auch bei P die Betheioffenbarung ursprünglich beim Zuge Jakobs nach Aram, nicht bei
der Rückkehr geschehen ist (Gen. 2 342 f.). Über die Betheioffenbarung besagt nun
die Interpolation, dass Jakob iveinte wid Gott um Erbarmen flehte-, denn nur Jakob-Israel
kann Subjekt sein und das "1^ geht auf U^Tih^ v. 4, nicht auf '^^hip, da die Interpolation
V. 5^P-7 den Gotteskampf v. 4^ auf den Gebetskampf in Bethel deutet. Und in
Bethel (LXX hat auch hier aus Bethel wieder Bethawen gemacht: h tco or/co Qv) traf er
ihn; Subjekt ist hier noch Jakob. Zur Sache vgl. Gen 28 16. Dort redete mit ihm,
1. 1)SJ^ für ^i^J^, das aus falscher Auffassung des Suffixes in =i3t<^l?^. als Suff, der 1. pers. plur.
= ^3— entstanden sein wird; ferner lasse man mit Oort das dittographische ) vor D^ weg
und verbinde die drei Worte mit v. 6! Dadurch erhält man als Subj. zu "in"]^^ das in v. 6
explizierte T])jr\\ (s. dort). Die Imperfekta fallen zwar auf, müssen jedoch von der Ver-
gangenheit verstanden werden. 6 wird selbst auch von Procksch als Einschub er-
klärt. Lies n^n^ ohne ), das Dittographie des vorangehenden 1 ist. "lDt = Dtr s. Ex
3 15; besonders in späteren Stücken und in Psalmen ist "iDt beliebt vgl. Jes 26 8. Mit
Nachdruck ist hier gegenüber ü^rf7^_ v. 4 (resp. ^^^^ v. 5) der Gottesname : Jahive der Gott
der Heere, Jahwe ist sein Name gebraucht. 7 Wahrscheinlich ist auch hier noch
einmal das ] vor nniS! aus Dittographie entstanden. Endlich giebt v. 7 die Rede Jahwes,
die Jakob die Rückkehr verheisst. Die Verbindung 1\^T\ ^'n^«S = durch deinen Gott d. h.
mit Hilfe deines Gottes icirst du zurückkehren ist sehr fraglich. Wahrscheinlich ist ?]^^riS2
= in deine Zelte wirst du zurückkehren zu lesen, vgl. zu Vi 10. Auf nriJ|< liegt ein Nach-
druck: du wirst heimkehren, während andre im Exil sich verlieren; der Interpolator denkt
nicht sowohl an den Erzvater Jakob, als an seine seit 586 im Exil lebenden Nachkommen :
die sollen noch einmal alle in ihr Land zurückkehren und daselbst wohnen. Die Be-
dingung dafür ist, dass sie Ipn d. h. Fr'öynmigkeit (vgl. ipn ^^i.S Jes 57 1 und den Plural
Dnbn Neil 13 14) und toß^O d. h. göttliches Recht, die religiösen Ordnungen und Forde-
rungen (vgl. Jes 42 1 3 4 51 4), bewahren, also der jüdischen Religion treu bleiben, und
heständig auf ihren Gott hoffen, d. h. den Glauben an die Verheissungen einer herrlichen
Zeit im heiligen Lande nicht aufgeben.
Hos 12 8 96 Hos 12 10
8 9% die vierte Strophe: Kenaan: in seiner Hand ist falsche Wage, Er
liebt %u betrügen. Da spricht Ephraim: Ich bin doch reich geworden, Habe
mir ein Vej'mögen gemacht. Die Strophe führt die Schilderung Ephraims
fort, fügt an v. 4^ ein neues Beispiel für seine trügerische Art an. Die Israe-
liten sind im Grunde Kanaanäer, die sich kein Gewissen daraus machten, beim
Handel, den sie wohl lange als die Bewohner der Städte, wie auch später noch
die Phönizier, in Händen hatten, den Käufer zu übervorteilen und sich auf
ungerechte Weise zu bereichern. Die Art Kanaans spricht die Israeliten
ausserordentlich an; sie finden in den Kanaanäern ihr Ebenbild und beglück-
wünschen sich noch, dass sie sich auf kanaanitische Art Reichtum erworben
haben, vgl. Sach 11 5. Eür den bösen Ruf, den die phönizischen Händler in
der alten Welt genossen, vgl. Homee Odyssee XIV, 288 f. nDlö '^;t«ö
vgl. auch Am 8 5. Da p^Vh bedrücken bedeutet und dieser Sinn auch vor-
liegt, wo es mit übervorteilen, betrügen, nämlich durch Bedrückung, durch ge-
waltthätige Abdrückung des Lohnes, übersetzt werden kann, so ist vielleicht
mit Buhl ^^yh = verdreht, verkehrt handeln oder am besten mit Wellh. ^^i^.
= %ii betrügen zu lesen.
9^ fasst man als weitere Rede der Ephraimiten, in der sie nun im Gegensatz zu
v. 9^, wo ihnen die kanaanitiscben Mittel des Betruges ganz recht erscheinen, behaupten,
dass man ihnen in ihrem Handel kein strafwürdiges Vergehen nachweisen könne, und in
der sie eine Distinktion zwischen ]iy, Yer schul düng ^ und «bn, Sünde^ strafwürdiges Ver-
gehen^ machen sollen. Diese überfeine Distinktion klingt doch im Munde der Israeliten,
denen es nur um das Reichwerden zu thun ist und die sich in den Mitteln durchaus nicht
wählerisch zeigen (v. 9^), höchst auffallend. Darum wird der Text der LXX ursprünglich
sein, der VV^y für ^T^\, liy^ 1^ oder vielleicht nur ]iy^ für ]iy ^b, «^n für «pn voraussetzt:
all sein Eriverh reicht für die Sünde nicht aus, die er begangen, nämlich für die Sühnung
derselben. Zu syo mit h vgl. Num 11 22. Dieser Sinn, dass all ihr Besitz nicht ausreicht
ihre Seele zu lösen, erinnert an den ähnlichen Gedanken Henoch 63 10 Mk 8 36f.; zugleich
liegt aber auf der Hand, dass v. 9^ nicht die Rede der Ephraimiten fortsetzt, sondern eine
Zwischenbemerkung ist, die nicht Hosea selber, sondern ein frommer Leser gemacht hat,
Hosea nicht, weil er den ungerechten Mammon schon aus ganz andern Gründen als nur
wegen seiner Nutzlosigkeit verurteilt. 10 ist ebenfalls Einschub: v. 10^ ist aus 13 4
entlehnt, wo er seine feste Stelle hat, und v. 10*^ soll zwar nach den meisten Auslegern
von der Strafe sprechen, kann aber so unmittelbar nach der feierlichen Konstatierung.
dass Jahwe seit Agyptenland Israels Gott sei, nur eine abermalige Rettung verheissen.
Ich sehe daher in v. 10 eine Ausführung und Erklärung von v. 6 7 : Jahwe giebt den
Israeliten einst wieder Wohnung in ihrer Heimat, wohin sie aus dem Exil geführt werden
sollen. Q''S'iN2 bedeutet also hier so wenig, wie v. 7: in Nomadenzelten, sondern: iji Woh-
7mngen, vgl. „Israel zu deinen Zelten!" II Sam 20 1 I Reg 12 16, s. auch Hos 9 6. Not-
wendig ist bei dieser Auffassung die leichte Änderung von D''^^!^<S in ?j^^n»S!S = fw deijien
Zelten. ns^lD ''D"'3 bietet für jede Fassung Schwierigkeiten, wenn man es versteht
als wie in den Tagen eines Festes. Sieht man nämlich darin einen Hinweis auf die
Wüstenzeit, so kann das Fest nicht das Laubhüttenfest sein, denn dies ist das erst
im Kulturland mögliche Fest der Weinlese, bei dem man im Weinberg sich wohnlich ein-
richtete ; aber es kann auch das Passah nicht sein, denn, trotzdem die Israeliten in Ägypten
Urlaub verlangten, um in der Wüste Jahwe ein Fest zu feiern, weiss man nichts davon,
dass sie das Passah erst in der Wüste begingen, und von besondern Hütten ist dabei erst
gar keine Rede. Wenn endlich an die Festversammlung am Horeb gedacht werden sollte
(so GuTHE und Procksch), so müsste das durch irgend eine Näherbestimmung angedeutet
sein. Man hat sich darum auch bei dem vorliegenden Texte nicht beruhigt: Perles schlägt
Hos 12 10 97 Hos 12 12
dafür IV ^»""S vor, indem (;r Itt als falsche Dittographie von ""O betrachtet, und übersetzt:
lüie in den Tagen der Vorzeit \ aber IV steht niomaLs von der Vergangenheit, sondern nur
von der Zukunft. Budde (New World 18{)5 December) und jetzt auch Wellh. lesen "ö^s
Tj^n^iyi, lüie in den Tagen deiner Jugend^ vgl. 2 17, und Nowack zieht oblj; ''D"'3 vor. Dieser
letzte Vorschlag passt auch zu unserer Auffassung der Stelle, doch dürfte nach Targum
und einer pseudosaadjanis('hen Übersetzung (s. bei Peklks) vielmehr DlJ^ ^0''3 zu lesen sein
= lüie i7i den Tagen der Vorzeit, vgl. Jes 51 9 .Ter 4f> 26 d. h. in den Tagen der Königszeit
und vorher s. Meli 5 1. Allenfalls kommt man aber bei unserem Verständnis der Stelle
von der Rückführung in die Heimat selbst ohne Textänd(.'rung aus, wenn man in den fest-
gesetzten Tagen, zu der von Gott für die Wiederherstellung bestimmten Zeit übersetzt. Zu
dem Sinn von v. 10 vgl. 2 16 f., wo auch die Heimkehr aus dem Exil in dem Zusatz ver-
heissen ist. 11 begründet v. 10 mit dem Hinweis, dass Jahwe oft und viel durch
Propheten die Rettung aus dem Exil vorausverkündet habe; durch diesen Zusammenhang
mit V. 10 ist auch v. 11 als spätere Zufügung erwiesen, vgl. übrigens auch den schwerlich
alten Ausdruck ^H'^Sin ]1tn für prophetische Inspirierung (s. zu Jes 1 1 und Jo 3 1) und
das späte '^\'l für "bx (s. Hag 1 1 3 und zu Jes 20 2). Bei den Weissagungen von der Heim-
kehr aus dem Exil denkt der Interpolator wohl an Hesekiel und Deuterojesaja. bv
ist = "^N, wie öfters in späteren Stücken, wenn man nicht geradezu ""^IJ lesen will, s. LXX.
n?3nx bedeutet schwerlich: in Gleichnissen reden oder in Gl. reden lassen, was doch nicht
=^ vergleichen (Jes 40 18 25) ist. Eine andre Lesung z. B. nt2'n« = ü)[xoioji}r|V (LXX, vgl.
Jes 14 14) oder unter Hinzunahme von DX in v. 12 ?]?2S Hol« = „vernichte ich deine Mutter"
(Oettli) giebt keinen annehmbaren Sinn. Vermutlich liegt ein alter Fehler vor, vielleicht
ist rriöK als neues Obj. zu ^n^^l«? möglich: ich gab viele Gesichte und durch Propheten viele
Sprüche. Dem Sinne nach würde dies oder ähnliches passen.
12, die fünfte Strophe, erinnert an neue Vergehen Israels in Gilead und
Gilgal und verbindet damit die Ankündigung der Strafe. I?i Gilead haben sie
Greuel, ja Schande verübt, In Gilgal den Dämonen geopfert; So sollen auch ihre
Altäre %u Steinhaufen werden An den Gren%en der Felder, Das D«, wenn, ist
nicht zu halten, es ist nachträglich in den Text gekommen entweder als Ditto-
graphie von ]1^ (Geätz) oder um die Aussage zu mildern d.h. sie nur hypothetisch
zu geben und zugleich eine Satzverbindung mit dem durch D? eingeleiteten Nach-
satz herzustellen. Wahrscheinlich hat seine Einfügung ursprüngliches !a vor
"Ij;^^ verdrängt und ferner die Änderung ^H für ^b^j; nach sich gezogen (vgl.
auch Wellh.). Hosea spielt hier auf dasselbe Vergehen an, wie 6 8; die Ver-
bindunof mit h^^ macht es wahrscheinlich, dass es sich doch um kultische
Greuel handelt. Zu nj;'pil vgl. 6 8; auch hier hat man ^)}h^ zu behalten und
nicht mit Cheyne ]1« ^V^l^ in ]11S; n'^n^l ^^h} zu ändern. Da das Opfern von
Stieren keine abscheuliche Sünde ist und die LXX-Übersetzung von U^'^W mit
ap)(ovTs; (-= D'^I'^) in dem Worte kein 1 voraussetzt, so darf man nicht, was am
nächsten läge, D'"']!^'?, = den Stieren, vermuten^ sondern hat mit Hitzig u. a.
nn^^, den Dämonen, zu lesen. Zu Dnti^ vgl. Dtn 32 17 Ps 106 37. Zu ^J^?
müssen scheussliche Opfer geübt worden sein, vgl. auch 9 15. Die Korrek-
tur D'^ntS^^ empfiehlt sich auch durch y. 12^: wie dort D^^5 ein Wortspiel zu h^J^
bildet, so n'^ zu Dni^, also: wie sie in Gilgal den Sedim opfern, so sollen ihre
Altäre auch Gallim 'al sadaj werden. D? leitet die Strafankündigung ein,
es hat den Sinn von: zur Straf e\ vielleicht ist dahinter vrjl ausgefallen. byi
n'^ ^D^n bedeutet an den Grenzen der Felder, da offenbar durch Einschnitte
in das Terrain, durch Furchen = D^n, die Grenze eines Ackers bezeichnet
Kurzer HC zum AT XIH 7
Hos 12 12 98 Hos 13 1
wurde und dort auch der sorgfältige Bauer die im Grundstück gefundenen
Steine aufhäufte, vgl Jes 5 2 Mch 1 6 und die „Steiraerten" d. h. Steinhaufen,
die in einigen Gegenden der Schweiz die Grenzen zwischen zwei Weinbergen
bilden.
13 und 14 gehören zusammen, da v. 14 das Gegenstück zu v. 13 ist. Erscheint nun
in V. 14 Jahwe in 3. Person, so sind beide Verse als Einschub erwiesen. Auch der Inhalt
stempelt die Verse zur Glosse; denn in Zusammenhang mit v. 12 ist die Nachricht von
der Flucht Jakobs und der Rettung Israels aus Ägypten nicht zu bringen. Auch die von
Oettli vorgeschlagene Verpflanzung der beiden Verse hinter v. 5, worauf dann v. 7 6 zu
folgen hätten, kann die Verse nicht für Hosea retten, umsoweniger als auch v. 5-7 nicht
Hosea gehören. Diese Verbindung mit v. 5-7 beruht aber auf der richtigen Empfindung,
dass V. 13 f. mit jenen Glossen in eine Kategorie gehöre. Es ist in der That möglich, dass
der Glossator „dem Volk zur Beschämung das Verhalten und Schicksal von Stammvater
und Volk in Kontrast zu einander stellen" wollte. Glücklich kann man aber die Eorm
nicht nennen, denn „Weib" und „Prophet" bilden einen „höchst eigentümlichen" Gegen-
satz; es scheint fast, als ob dem bösen Prinzip das gute gegenübergestellt werden sollte
(Wellh., Nowack): Um ein AVeib diente der Stammvater, durch einen Propheten rettete
Jahwe sein Volk. Noch unglücklicher erscheint die Eorm, wenn nach Procksch Jakob
und Prophet kontrastieren sollen: Jakob, der natürliche Mensch, führt zur Knechtschaft,
der Prophet zur Hettung und Ereiheit. Diesen Gedanken könnte so gewunden nur
ein Späterer, nicht Hosea selbst ausdrücken. D*J« nitr, das Gefilde von Äram, findet
sich in den alten Quellen nicht; welchen geographischen Begriff der Glossator damit ver-
band, lässt sich nicht sagen. "^ip^ für hüten, scheint um des "lOtf^l v. 14 willen ge-
wählt zu sein und nicht an Nachtwachen erinnern zu wollen. Zu v. 13^ vgl. Gen
29 15-30. 14 Der Prophet ist natürlich Mose, diese Bezeichnung Moses spricht für
junge Herkunft der Stelle, vgl. Dtn 18 15 34 10. ^^^'^] ist v. 14 = die Israeliten, v. 13
= der Patriarch Israel- Jakob ; es ist auch sehr die Erage, ob Hosea Israel als Namen des
Stammvaters gebraucht hätte. *ito^i, behütet ivurde es, seil, auf der Wanderung von
Ägypten nach Kenaan.
15 setzt V. 12 fort und giebt in scharfer Zusammenfassung der Schuld
und der Strafe die abschliessende sechste Strophe. Der Text ist offenbar
verderbt; denn die Fassung von D'^^.^IDß als adverbielles Obj. ist nicht ein-
leuchtend, vgl. auchLXX: xal irapwpYiosv, das nachhinkende VJ'^^?, wie die auf
Jahwe bezogene 3. Pers. von \^^\ und ^^P] fällt auf und die Verbindung von
ti^^J mit Vip^ als Obj, ist unwahrscheinlich. Die Strophe ist verstümmelt und
infolge der Verbindung mit v. 14 die 1. Pers. der beiden letzten Verba in die
3. verwandelt, das Subj. V^'lt? am Ende hinzugesetzt und vielleicht das Suff.
der 1. Pers. in v. 15^ verloren. Vermutungsweise möchte ich vorschlagen: •'^D''3;?n
1^ n^'ti^« insiini "rrbii^t^ Ybv v»ni bt^^'^^ •'inn^^ d^ds (zu '^^nnD^i vgl. LXX xal Tiapoip-
• T T:v:liv t't tti •• t i • ' \ — -• ' ~ : r \ > \ ". - O i i
yiasv und Oettli, ebenso zu ^'^p^ statt des unverständlichen ts^lts*;, er schleudert^
s. LXX £x)(ü&y]a£Tai) = Jn Widerwillen hat mich Ephraim versetzt^ Erbitte-
rung mir Israel erregt, So schütte ich seine Blutschuld über es aus Und zahle
seine Schmach ihm heim. Die Zurückbeziehune von VD'l und ins^n auf y. 12^
O TT t ', V
liegt auf der Hand. Der Unmut Jahwes über das schmähliche Treiben und
Verhalten Israels lässt nichts andres übrig als die schärfste Bestrafung.
15. Israel und Jahwe einst, jetzt und in Zukunft 13 1— 14 1.
1—3 Die Änderung, die sich mit Ephraim vollzogen hat, führt
zum Untergang. 1, die erste Strophe. Der Text ist nicht völlig sicher,
Hos 13 1 99 Hos 13 2
LXX scheint für nm vielmehr IT] resp. DW oixauitxaxa und Dt^fc<M ohne fc<
(Djp^b^"^^ =. xal sjIcto atixa) gelesen zu haben; doch hilft beides nicht weiter und
die Übersetzungen von Aquila: cppfxr) und Symmachüs: Tfj6}io; sprechen für
nni, das allerdings Stt. Xsy. ist, aber nach dem Aramäischen nur Schrecken
bedeuten kann, vgl. auch DD*) Jer 49 24. Fraglich bleibt es, ob man nn"l als
Objekt zu 1?"n (= als Ephraim Schrecken redete) oder als Prädikat zu fassen
habe. Letzteres ist mit Hitzig, Reuss u. a. vorzuziehen, und wir erhalten da-
durch folgende Übersetzung: Wenn Ephraim redete, war es d. h. verbreitete
sich Schrecken, Es ragte hervor in Israel; Da verschuldete es sich durch Baal
Und starb ab. Dabei ist angenommen, dass für «^^ mit Ooet, Wellh. u. a.
S*"^^, ein Filrst^ oder das Partie. Niph. ^^^i, hervorragend^ zu lesen sei. Der
Sinn der zweiten Hälfte scheint auch hier, wie so oft bei Hosea: der Baalskult
hat die Kraft Israels gebrochen, so dass es jetzt eigentlich tot ist und nur
noch dahinsiecht vgl. 7 9 9 lo ii. Worauf aber v. i^ anspielt, was mit der
Führerstellung Ephraims in Israel gemeint ist, bleibt fraglich; Wellh. und
NowACK denken daran, Hosea könnte der Meinung gewesen sein, dass der
Baalsdienst die Ursache von dem Untergang der Macht und Herrlichkeit
Ephraims durch die Philister in den Tagen Elis war. Bei der Unsicherheit
des Textes von y. i^ lässt sich Gewissheit nicht erreichen, fällt doch auch die.
Unterscheidung von D^ISS und ^JSl'lb^l, die Hosea sonst als gleichbedeutend ge-
braucht, sehr auf; auch ist r\'Ci'^^ als vierter Stichos sehr kurz.
2% die zweite Strophe: Das gegenwärtige Geschlecht ist nicht besser;
es setzt die alte Sünde immer noch fort. Der Bilderdienst gilt Hosea für nichts
andres als Baalsdienst vgl. 11 2. Die beiden ersten Zeilen erwecken keine Be-
denken : Und jet%t noch sündigen sie in einem fort: Sie verfertigten sich ge-
gossene Bilder] vgl. das Verbot der Gussbilder, die als eine sträfliche Neue-
rung der von den Kanaanäern übernommenen Kultur verpönt sind. Ex 34 17
20 23. Dagegen ist der Rest der Strophe zweifelhaft; denn DiUr\3 für DJijnn?,
= nach ihrer Einsicht^ ist sprachlich schwerlich zu verteidigen, vgl. Ges.-
Kautzsch27 § 91 e, und sachlich, auch wenn man nach eigener Erfindung inter-
pretiert, nicht zu verstehen, da doch kaum der Gegensatz von Bildern, welche
Gott selber gegeben habe, in den Gedankengang passt. Wellh. und Nowack
lesen Dn^^DHS, nach ihrem Bilde, Beyan (brieflich) und Oettli nach Jes 44 1 3
□H'^iinns, in ihrer Gestalt\ aber dass die Israeliten Gottesbilder in Menschen-
gestalt verfertigt haben, hören wir nirgends und auch die LXX (xax' slxova
slSciXwv) hat kein Suffix gelesen, sondern nur| <n''^?ri? oder nj^DH? = in der
Gestalt (oder nach dem Bilde) von Götzen, so Guthe und Ooet. Nimmt man
nun die drei Wörter in Verbindung mit dem Vorangehenden: „Gussbilder
aus ihrem Silber nach dem Muster der Götzen", so versteht man wieder nicht,
welchen Unterschied Hosea hier statuiert zwischen „Gussbildern" und „Götzen",
die ihm doch naturgemäss sonst zusammenfallen vgl. 4 17. Auch die drei
letzten Worte: Handwerker arbeit ist es alles mit ihrem Singular stossen sich
mit der Fortsetzung, vgl. den Plural UTh, und heben nur einen im Vorher-
gehenden bereits ausgesprochenen Gedanken in schärferer Weise hervor, in-
dem sie daraus zugleich einen neuen Grund gegen den Götzendienst ableiten,
7*
Hos 13 2 100 Hos 13 4
der später in der Polemik üblich war (Jes 40 17-20 44 9-20 46 6-8) und auch
Hos 8 6 eingefügt ist (vgl. dort). Nach alledem ist zu vermuten, dass die Worte
DDp5P bis n^3 ein späterer Ersatz für zwei Stichen sind, welche etwa von der
Herstellung der Stierbilder für Jahwe handelten.
2'' 3, die dritte Strophe. Bei dem gegenwärtigen Texte ist v. 2'^ unver-
ständlich; denn niemand kann sagen, was es bedeuten soll: zu ihnen sind sie
sagende^ und trotz Wellh. ist schwer zu glauben, dass DH« ^Xyi\ heissen soll:
„Opferer aus dem Genus Mensch". Giebt es denn noch Opferer aus einem
andern Genus? DHS ^D^d: Mch 5 4, sowie die übric^en Ges.-Kautzsch^? § 1281
TT"«: ' O O
angeführten Stellen können diese Bedeutung hier nicht erweisen. Überhaupt
passt schwerlich vor den ernsten Schluss v. 3 der Spott über das Wider-
sinnige und Lächerliche, dass Menschen Kälber küssen. Somit ist D^S TOT
seine Bedeutung Menschenopfer er zu lassen und mit dem Vorausgehenden zu
verbinden. Die von Stade (ZATW 1883, 12) vorgeschlagene, von Nowack
gebilligte Ergänzung von D^^^^^; vor DH^ („Gott sagen sie zu ihnen") stellt nicht
den ursprüngKchen, sondern den in Rücksicht auf 14 4 (vgl. ^^N'l"'?« 1iy 1??fc^ri^^
'v) zurecht gemachten Text her; scheiden wir aber die sekundäre Beigabe
D"^1lpS DH^ [G^^"^^^] aus, so gelangen wir zum genuinen Bestand, der lautete DH
D"!« (oder \T\^\) ^Tyi\=^sie sind Menschenopfer er (oder opfern Menschen), Dies
wird richtiger sein, als w^enn wir annehmen, DH^ sei aus vorausgehendem vh und
folgendem DH fälschlich entstanden, weil man unrichtig D^'ip« punktierte, und
es sei als erste Zeile zu lesen: DI.S 'Tinr D^b« DH = Sie sind Emoriter,
TT": •'.•;•• J
Menschenopfer er \ die Emoriter sind zwar auch Jes 17 9 von der Masora ver-
kannt (s. dort), ohne Artikel stände hier das Wort, wie Hes 16 45, im Prädikat
und der Plural wäre so gut möglich wie D^:S^i3, D^'^ti^^D Am 9 7 DOSID Dtn 2 11.
CJ O . — -»7.. ,X
Vgl. zu den Emoritern auch Am 2 9. So oder anders ist hier in schärfster
Weise das Urteil über die Israeliten gefällt: sie sind Emoriter, vgl. 12 8, jeden-
falls treiben sie Menschenopfer; dass solche vorkamen, ist nach 9 13 15 6 10
zu erwarten, hier haben wir die direkte Aussage. Auch sonst ist ihr Kultus
durchaus emoritisch-kanaanitisch: Kälber küssen sie vgl. I ßeg 19 1 8, ferner
Hi 31 27; Kälber heissen die kleinen Stierbilder, das kostbarste, wohl nicht
das einzige, war das von Samarien 8 6. 3 Solche Degeneration, da man
Menschen opfert und Kälber küsst, verdient völlige Vernichtung: Da? um
werden sie sein wie Spreu von der Tenne Und wie Rauch aus dem Gitter.
Zu dem Bilde von der Spreu vgl. Jes 17 13 und bes. Dan 2 35; nach letzterer
Stelle, wie nach Ps 35 5: nn ^^^b }^to, ist ^yip\, das jedenfalls besser als Pu.
^VP^^. verweht werden^ gelesen wird, nicht nötig, in dem prägnanten ]p liegt
bereits bei diesem sprichwörtlichen Ausdruck der Begriff des Davonfliegens.
Jedenfalls ist aber zu Unrecht aus 6 4 der viel zu gute Vergleich der Israeliten
mit einer Morgenwolke oder mit Tau hier eingedrungen. Unter nnn« ist hier
nicht ein Fenster in der Seitenwand, sondern ein Loch im Dache zu verstehen,
durch das der Rauch abzieht.
4—11 Die Änderung im Verhältnis Jahwes zu Israel. 4, die
erste Strophe: Uiid ich bin Jahwe , dein Gott Seit der ägyptischen Zeit, Einen
Gott ausser mir kennst du nicht Und einen Helfer ausser mir giebt es nicht.
Hos 13 4 101 Hos 13.8
Die Worte erinnern an die Rettung aus Ägypten, wo Jahwe ßich als Helfer der
Israeliten erwiesen hat und diese ihn als solchen kennen gelernt haben. Die
LXX hat hier als IMus gegenüber dem niasoretisclien Text eine Verherrlichung
Jahwes aus den Wundern der Natur, schon die hebräische Vorlage der fjXX
wird den Passus autgewiesen haben; dass er hier ina masoretischen l^ext nicht
steht, kann uns zeigen, dass derartige Beifügungen nachträglich in die Texte
zu setzen beliebt war, wie wir auch aus den ähnlichen Stellen Am 4 i.i 5 8 9
9 5 6 wissen.
5 G% die zweite Strophe: Ich habe dichijeweidet in der Wüste Im Lande
der versengenden Glut. > Wie sie weideten, wurden sie satt; Waren sie satt, so
erhob sich ihr Uer%. Für ^'•r^yi'; ist nach LXX und Dn*'5;lü3 v. 6 zu lesen: ^'^nj?"!
ich habe dich geweidet d. h. mit Nahrung versorgt; das "^ zu Anfang stammt aus
falscher Dittographie des "^ von '•iS. Gedacht ist natürlich an die Versorgung
der Israeliten auf ihrem Zuge durch die Wüste nach Kanaan. 6^ Für
D]l*'j;']??D, gemäss ihrer Weide, liest man besser mit Wellh. DHIJ;*]? = wie sie
weideten. Übermut und Hochmut waren die Folgen der Sättigung und des
Überflusses, ein Gredanke, der nachmals vom Dtn öfters ausgeführt ist vgl. Dtn
8 11-15 31 20 32 15 18. Es ist auch hier kaum blos an die Wüstenwanderung,
sondern an das Wohnen im Lande Kanaan gedacht. 6'' ist eine nach diesen
deuteronomischen Stellen eingefügte Glosse Dtn 8 14 32 is, vgl. auch Hos 2 15;
mit )3"^J?, darum, würde Hosea die Strafe einleiten, nur ein Späterer sucht
nach einer Erklärung des einem Hosea völlig unbegreiflichen Abfalles der Is-
raeliten von Jahwe. Für Hosea bedeutet auch DS':> DT1 schon weit mehr, als
ein Vergessen Jahwes.
7 8% die dritte Strophe, beginnt die Schilderung, wie Jahwe aus einem
Versorger der Israeliten ihr V^erderber, aus einem Hirten ein Löwe, geworden
ist: So werde ich für sie wie ein Leu, Wie ein Panther am Wege laure ich auf,
Lch überfalle sie, wie eine der Jungen beraubte Bärin Und %erreisse das
Schloss ihres Hertens. Trotzdem der offenbare Niedergang der israelitischen
Macht bereits den Beginn der Strafe zeigt (s. 7 sf.), wird doch für NH^I, so wurde
ich, besser ^^^N'j, so werde ich, zu lesen sein (Wellh. u. a.), weil doch das
Folgende nicht von Vergangenem, sondern von der zukünftigen Strafe
redet. Für "W}^ von 1-iti^, das überall blicken und nirgends sicher auflauern
bedeutet, ist mit Meinhold nach Jer 5 6 npti^S = ich laure auf zu lesen. Die
alte Verderbnis in ^Iti^i^ fassen LXX, Pesch., Vulg. mit Hückeet u. a. = "\W^,
(am Wege nach) Assur. Zu den Bildern, die hier trefflich zu v. 4 5 kontrastieren,
wo Jahwe als Hirte und Israel als Herde erscheint, vgl. 5 12 i4. 8 Die
ihrer Ju?igen beraubte Bärin galt als besonders gefährlich II Sam 17 8, vgl.
auch Thr 3 10. 'll^lD bedeutet den Verschluss, hier also die Kammer, in
welcher sich das Herz befindet; DS^ 1i:iD ist demnach soviel wie ihr Brustkasten.
8'' 9, die vierte Strophe: Und Löwen des Waldes werden sie fressen,
Wilde Tiere sie %erßeischen. Ich richte dich zu Grunde, Israel; Denn iver
könnte dir helfen? Der erste Stiches ist in der masoretischen Fassung: und
ich werde sie dort wie eine Löwin fressen, dem zweiten nicht parallel; darum
lese man mit LXX: Ij;^ n^'ps D^ J^^DS^, vgl. Oort, Nowack, Oettli, aber lasse
Hos 13 8 102 Hos 13 13
mit Meinhold das beziehungslose ü^ weg, das auch, wenn man v. 7 "Vi^^i^ läse,
nicht verständlicher würde. Die Raubtiere treten hier selbständig und nicht
mehr als Bilder Jahwes auf; der Hirte schützt eben seine Herde nicht mehr.
9 Die gewöhnliche Übersetzung: Bern Verderben^ o Israel, ist es, dass du
gegen mich, gegen deine Hilfe, bist, ist unmöglich, enthält auch einen Gedanken,
der viel zu spät kommt (v. 6). Man lese einmal ^Pn^ als perf. proph. = „ich
habe dich bereits soviel als zu Grunde gerichtet" d. h. ich richte dich sicher
zu Grimde, und dann für ^^}^.!^ ''?"'^? am besten im Anschluss an Pesch. **)? "^S
TjntJ^n = Denn icer konnte dir helfen? wörtlich: wer wäre unter deinen Hel-
fern? vgl. Ps 118 7; ähnlich Oettli, nur mit unnötiger Weglassung von ''?.
Jedenfalls vermögen König und Fürsten nicht zu helfen, wie
10 11 die fünfte Strophe besagt: Wo ist denn dein König, dass er dir
helfe, Und all deine Fürsten, dass sie dir Recht schaffen? Ich gebe dir Konige
in meinem Zorn Und raffe sie himveg hi meinem Grimm, Für ^'^tjöb^l ?I*'*1JJ"^5?»
= „in allen deinen Städten und deine Beamten", ist mit Houtsma zu lesen:
tjJitoB^^'j ?jnto"^5y, denn die Städte sind hier wenig am Platze und „König und
Fürsten", nicht: „König und Richter" stellt Hosea in der Regel nebeneinander,
vgl. 7 3 8 10. Den Rest von v. lo halte ich für Glosse, schon wegen der pro-
saischen Anknüpfung mit Iti^t?, die erst nur eine gewundene Verbindung her-
stellt, dann aber auch, weil die Worte aus I Sam 8 6 entlehnt sind und das
ganze Königtum als eine Gott widerstreitende Institution verwerfen; s. dagegen
zu V. 11. %1X, nur noch v. 14, ist = n^fc^ wo? und ^^IDS dient der Verstärkung
der Frage. ^?T'^*^1 schlägt auf ^yä'\ö\ v. 4 zurück; Jahwe ist der einzige
Helfer, König und Fürsten sind es nicht; denn durch Gewalt allein sind sie
zur Macht gelangt und nur durch Gewaltüben und Unterdrückung können sie
eine Zeitlang am Ruder sich halten. Recht und Gerechtigkeit ist von ihnen
nicht zu erwarten. 11 denkt nicht an die ganze Geschichte der Königsherr-
schaft von ihrem Anfang an mit Samuel und Saul oder mit Jerobeam, sondern
an die Ereignisse der Gegenwart (beachte die Imperfekte!); die Revolutionen,
die den Israeliten Könige auf Könige bringen, sind nicht die Folge der Insti-
tution des Königtums, sondern des ganzen verdorbenen Wesens Israels, und in
diesem beständigen Wechsel manifestiert sich zugleich der Zorn Jahwes, der
zur Strafe ihnen einen neuen König giebt und diesen wieder wegrafft. In dieser
Aussage liegt kein Widerspruch gegen 7 3-6 und 8 4; denn die Usurpationen und
Revolutionen sind nicht nach Jahwes Willen, aber in seinem Zorn gebraucht
er sie als Mittel zur Vernichtung Israels. Vgl. ferner 8 lo 10 7 15.
12— 14 1 Israels Ende ist unabweislich, weil es seine Sünde
nicht los werden kann. Die fünf letzten Strophen schildern in ergreifender
Weise die Krisis, die infolge der unverbesserlichen Art Israels zum Tode statt
zum Leben führt, und die Jahwe noch befördert, weil alles Mitleid einem solchen
Volke gegenüber verschwinden muss.
J2 13aba^ die erste Strophe: Wohl verwahrt ist die Schuld Ephraims,
Gut verschlossen seine Sünde, Geburtswehen stellen sich wohl bei ihm ein,
Aber es ist ein unverständiges Kind. Die Schuld und Sünde Ephraims wird
mit einem im Beutel wohlverwahrten und unangetastet liegen bleibenden
Hos 13 13 103 Hos 13 15
Schatze verglichen; vgl. zu 111^, Itu Beutel elngeschitürt, Hi 14 17. Als ob sie
etwas wertvolles wäre, wird die Sünde gehütet: alles bleibt beim Alten, keine
Besserung ist eingetreten. Wohl stellt sich nach 13 bei diesem Zustand,
da die Sünde so ängstlich gehütet wird, eine Ki'isis ein, um ein ^[eues, eine
bessere Zeit, lieraufzubringen; es sind (lebnrls weiten für Ephi-aim (vgl. 1^),
„aber es wird doch nichts daraus, eine neue Kreatur kommt nicht zur Welt''
(Wellh.), weil es (1. t<^n"l, vgl. 1 in vorangehendem l'?) ein unverständiges Kind
ist. Die Erklärung und Folgen dieses Unverstandes und dieser Unver-
besserlichkeit zeigt Hosea im Folgenden.
j[3i.ß j[4a^ (jig zweite Strophe: Wenn es Zeit wäre ^ tritt es nicht In die
Geburtsscheide der Kinder, Sollte ich sie aus der Gewalt Scheols befreien, Sie
vom Tode loskaufen! Lies mit Ooet nj^3, %ur rechten Zeit, für nj;**'?; dagegen
ist D'^^5 gegen meine Gesch. der isr. Rel.^ S. 181 als durch das Versmass ge-
fordert zu halten, zu *1?^)? vgl. Jes 37 3. 14^ Soll in diesem kritischen Mo-
ment, wo Ephraim infolge seiner Unverbesserlichkeit die Kraft zur Neugeburt
fehlt und der Tod ihm bevorsteht, Jahwe helfend und rettend eingreifen! Das
ist unmöglich, wo man so als teuren Schatz die Sünde gehegt hat (v. 12) und
so unverständig ist, die Zeichen der kritischen Zeit nicht zu beachten (y. 13,
vgl. 7 9). Im Gegenteil, er lässt der Krisis ihren Lauf und beschleunigt durch
Hevbeirufung von Tod und Hölle ihren tödlichen Ausgang, ohne darüber Reue
zu empfinden. Das besagt
14'\ die dritte Strophe: Her mit deinen Seuchen, Tod! Her mit deiner
Pestilenz^ Scheoll Reue ist vor meinen Augen verschwunden Der
vierte Stichos, der zum dritten parallel gesagt haben wird, dass alles Mitleid
aus seinem Herzen entfernt sei, ist verloren. Die Anwendung, die Paulus 1 Kor
15 55 von diesen Worten macht, kann nicht für die Fassung in Hosea ent-
scheiden. Die Seuchen des Todes sind die mille viae leti, vgl. den Erstgebornen
des Todes Hi 18 13. nt?}:), Pest, ist bei den späteren Juden der Name eines
Dämons, vgl. Ps 91 6, sowie M. Schwab, Vocabulaire de FAngelologie S. 236
s. V. 3tDp und ^^^^ntop; zu der Form ^^tjjj, die das emphatische to wie eine Guttu-
ralis behandelt, vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 93 q. DHi, Reue, seil, über diesen
Verlauf der Krisis, empfindet Jahwe keine, vgl. Am 7 3 6.
15, die vierte Strophe: Würde es mitten im Riedgras grünen. Es kommt
doch ein Ostwind von der Wüste, Er zieht heran und vertrocknet seinen Born
Und bewirkt, dass seine Quellen versiegen. Das ^^in ist Ephraim, wie das
Wortspiel \^'^'^t^\ zeigt. Für D'^n« "^^ = „zwischen Brüdern", „unter Bruder-
stämmen", das unmöglich ist, weil Ephraim nicht nur einen Stamm, sondern
das ganze Nordreich bezeichnet, hat man mit Oort zu lesen -inS 'pS, zwischen
Riedgras (^ns ist ägypt. Lehnwort vgl. Gen 41 2 Jes 19 7), das freiwerdende D
ist mit dem folgenden Wort zu verbinden: i^"^1SD = grünend, fruchttragend.
Ob Hosea bei dem Bilde von der zwischen ägyptischem Nilgras gedeihenden
Pflanze an ägyptische Hilfe, aufweiche Ephraim hofft, denkt, mag dahingestellt
bleiben. Jedenfalls soll alles nichts helfen: ein Ostwind kommt von der Wüste
d. h. die Assyrer brechen ein ins Land. 7\\7\\ V\V\ ist Glosse zu D'^ljJ ; auch
hier spricht doch noch wie V. 14 Jahwe selber. Tb^ beginnt die dritte Zeile:
Hos 13 15 104 Hos 14 2
Zieht er seil, der Wind heran, so . . . .; n^j; kann so gut vom Wind, wie vom
Gewitter gebraucht werden. Für ti^'n;;, das jedenfalls unrichtig vokalisiert
ist, da nur das Verbum ti^5J zu Grunde liegen kann, und für ^in;; liest man
besser mit LXX die Hiph'ile : C^'^^l*' und n*'in\ Der Rest von v. 1 5 (von t^^in an)
verlässt das Bild, der Wind kann doch nicht Kleinodien rauben; es ist viel-
mehr eine Erklärung desselben und darum unzweifelhaft auch Glosse. S^in ist
der durch den Ostwind dargestellte Assyrer (nicht der König Israels, so Guthe
bei Kautzsch), und nach der Erklärung des Glossators bedeutet das Vertrock-
nen aller Quellen eine Plünderung aller Kostbarkeiten im Lande: Er wird den
Schatz aller kostbaren Kleinode rauben.
14 1, die fünfte Strophe: Verwüstet wird Samarien, Durch das Schwert
tverden sie fallen , Ihre Kinder werden zerschmettert Und ihre schwanger eii
Weiber aufgeschlitzt, Subjekt zu ^i^SI sind die Männer, auf sie geht das fol-
gende Suff. DH"; im letzten Stichos ist das masculine Singularsuffix unmöglich
und die masculine Verbalform nur haltbar, wenn das aktive Pi. gelesen würde.
Besser wird man also lesen: H^J^j^^n DH'^nliri (event. DH^ni'^in, vgl. H^^pin Jes 22 2
und s. Ges.-Kautzsch2 7 § 75 v). Für D^SP, sie soll es büssen, 1. nach LXX
(acpaviaÖTjasTai) Dl^ri, sie soll verwüstet werden, von Dö^ vgl. 5 15. '"^01? **?
^^^'^^?5 ist nach Inhalt und Form ein Einschub zur Erklärung, warum Samarien
büssen muss: nach dem Inhalt, denn viel deutlicher hat Hosea in 13 12 diesem
Stücke die Zusammenfassung der Schuld vorangestellt, und nach der Form,
denn auch hier spricht Jahwe selber, also müsste *'!? statt ^^7^^<? erwartet
werden, und das Perfekt nniD schaut auf die Rebellion gegen Jahwe als eine
vollendete Thatsache zurück, während der Prophet dieselbe noch im Vollzuge
sieht. Zum Zerschmettern der zarten Kinder vgl. 10 14 Nah 3 10 Ps 137 9,
zu der scheusslichen Behandlung der Frauen Am 1 13 II Reg 15 I6. Die
Verwüstung Samariens und das barbarische Hausen der siegreichen Feinde
unter Weibern und Kindern ist das Ende des Trauerspiels, dessen Anfang
Hosea erlebt und das er sich abwickeln sieht.
16. Ein späterer Anhang: Aufforderung zur bussfertigen Umkehr zu Jahwe
und Verheissung der Vergebung und herrlichen Glückes 14 2— 10.
Mit dem düsteren Ausblick 13 12 — 14 1 konnte man in späterer Zeit den Propheten
nicht schliessen lassen; es mussten die Yerheissungen der späteren Propheten, wie ab und
zu schon im Innern des Buches vgl. z. B. 2 If. 15^-25 3 1-5 5 15—6 3 11 10 f., besonders
hier am Ende noch einmal ihre Stelle finden. Diesem Bedürfnis ist durch die Hinzufügung
von 14 2-9 Rechnung getragen. In v. 2-4 wird Israel zur Umkehr aufgerufen und ihm das
Bussgebet, das es an Gott zu richten hat, vorgesprochen; ohne jede Einführung folgt v. 5-9
die gnädige Antwort Gottes mit der Verheissung einer neuen glücklichen Zeit. Den
Schluss bildet v. 10, der "Wunsch, die Lehre des Buches möchte Beherzigung finden.
Der Anhang lautet ganz anders als die Worte des Propheten: Hosea sagt 9 15: ich
werde Israel nicht mehr liehen, und 13 14: jede Reue über den Israel bereiteten Untergang
ist ausgeschlossen-, der Anhang sagt 14 5: Ich heile ihren Abfall, ich liehe sie aus freien
Stücken. Hosea hat nicht Worte, sondern Thaten von den Israeliten verlangt (vgl. bes.
4 If.); der Anhang fordert als Zeichen der Busse Worte (14 3). Hosea betont in seinen
Beden als die wichtigsten Güter die Gotteserkenntnis und das sittliche Verhalten gegenüber
dem Nächsten; der Anhang lässt in seinem Zukunftsbild das ethische Moment gänzlich
Hos 14 2 105 Hos 14 3
fehlen (14 5-9). Die Situation, von w(!lclier aus im Anlian^ das Gescliick Israels betrachtet
wird, ist eine andre als die, welche ilosea einninnnt: Für den Anhang ist die Strafe voll-
zogen (vgl. V. 2: P\h^j>), für Ilosea beginnt sie erst und ist sie in d<r Jfauptsache noch zu-
künftig (vgl. 5 5). In manchen Ausdrücken erinnert der Anhang an einzelne Stellen Ho-
seas (vgl. V. 4 U^^^l"* tih '« mit 18 4, ferner vgl. da^ Werk unserer Hände v. 4 mit 8 5 13 2),
aber besonders an die eingeschobene vStelle 5 15 — 0 :J, und an spatere Propheten, an Jesaja
(vgl. Jes 30 10 31 1 zu v. 4: n3")i «*? DlD"'?Vj und vornehmlich an Jeremia (vgl. .Ter 3 22 zu
V. 5: Dnü^ti^to ^<5"^S, ferner die (ranz ähnliche Kombination von Verheissung Jahwes und
Bussgebet Ephraims Jer 31 9-2 1). So bilderreich Hoseas Sprache ist, so dispaiate ]>ilder
häuft er nirjrends, wie sie v. 6-9 sich finden. Aus allen diesen Gründen kann der
Anhang nicht von Hosea herstammen, auch nicht einmal, wie Volz und Nowack anzu-
nehmen geneigt sind, in seiner Grundlage, da keine Analyse von v. 2-9 gelingen will. Er
ist eine von s])äterem Standpunkt aus nötig befundene Ergänzung, um nicht zu sagen
Korrektur Hoseas, ähnlich derjenigen Arnos' Am 9 8-15. Die genaue Zeit ihrer Entstehung
lässt sich nicht feststellen; aber an die Zeit vor Jeremia und dem Exil ist nicht zu denken,
vielleicht hat man noch weit hinter das Exil hinabzugeben. Der Autor des Anhanges
hat sich hauptsächlich an Gedanken Jeremias gehalten (vgl. ausser den oben erwähnten
Stellen noch Jer 3 12 zu v. 2, Jer 12 2 11 16 zu v. 7) und in Bezug auf die strophische
Form den Vierzeiler Hoseas nachgeahmt. Der Eünfzeiler v. 10 (s. die Erklärung) stammt
von einer andern, noch späteren Hand.
Vgl. bes. Cheyne in "W. H. Smith The Prophets^ p. XIX und in Expositor Xov.
1897, 363; P. Volz Messias S. 35—37; K. J. Grimm, Liturgie. Appendixes S. 91—93.
2—4 Aufforderung zur Busse. 2 3% die erste Strophe: Kehre
um^ Israel y %u Jahwe ^ deinem Gott, Denn durch deine Sünde bist du %u Fall
gekommen. Nehmet Worte mit euch Und kehret um %u Jahwe. Das Perf.
r\b^*3, du bist %u Fall gekommen, ist zu beachten; die Strafe für die Sünde ist
bereits eingetreten, steht nicht mehr bevor, vgl. 5 5 und s. Vorbemerkung.
Die Sünde, die Abkehr von Jahwe, hat den Fall verursacht, die Umkehr zu
Jahwe ist die notwendige Vorbedingung der Aufrichtung. Zu dieser Auffor-
derung nn^ti^ vgl. Jer 3 12 (14) 4 1. 3^ Eigentümlich spiritualistisch ist es,
dass bei der Umkehr nur Worte gefordert werden. Es sind wohl Worte der
Reue, des Sündenbekenntnisses, aber mit Worten allein hätte Hosea sich nicht
begnügt vgl. 4 if.; vielleicht liegt dem Autor auch ein Gegensatz zu den Opfern,
mit denen allein nach Hosea die Israeliten Jahwe gedient zu haben meinten
(5 6), im Sinne. Auch der Ausdruck: nehmet Worte mit euch! ist sonderbar;
man versteht ihn nur, wenn es sich bei der Umkehr um eine Rückkehr zum
Jahwedienst aus dem Exile handelt.
3^ die zweite Strophe: Saget zu ihm: Gan% verzeih die Schuld! Lass
uns Gutes erfahren und entrichten Die Frucht unserer Lippen! Das Buss-
gebet, das sie vor Jahwe sprechen sollen, enthält zunächst die Bitte um gänz-
liche Vergebung der Schuld; ]^j; ^^^n"^3; die Vorausstellung von "'PS in adver-
bieller Bedeutung, sowie das Imperf. statt des Impera. fällt auf, doch wird "^3
auch II Sam 1 9 Hi 27 3 so vorangestellt, s. Ges.-Kaützsch27 § 128 e. Dann
folgen die Bitte um Gewährung von Güte und das Gelübde von Danksagung
und Preis. :2lt0 T\p\ versteht man gewöhnlich = nimm Gutes resp. nimm Güte
an im Sinne von: „lass dich begütigen"; da dies nicht sehr hebräisch klingt,
liest man besser mit Oort und Oettli: niD nnpil = lass uns Gutes nehmen
d. h. von dir erfahren. Ganz unhaltbar ist U'^O??^ ^^'I?; denn es ist doch ein
Hos 14 3 106 Hos 14 6
ZU kühnes Bild, die Lippen als Farren, die man G ott darbringt, zu fassen. Man
lese mit LXX und Vulg. "'IS statt D^IB; dass die Frucht der Lippen Preis,
Danksagung und Gelübde des Gehorsams sind, lässt sich wohl verstehen, vgl.
übrigens den ähnlichen Ausdruck D'^HD'^ 2*^^ Jes 57 1 9.
4% die dritte Strophe: Assur soll uns nicht helfen ^ Auf Rossen wollen
wir nicht reiten Und nicht mehr sagen wir ,^unser Gott^^ Zu dem Machwerk
unserer Hände. Dieser letzte Teil des Bussgebetes enthält den förmlichen
Verzicht auf die verkehrte Politik und den verkehrten Kultus. Dabei ist Rück-
sicht genommen auf die Vorwürfe^ die Hosea gegen die Israeliten erhoben hat,
vgL z. B. 7 11 einerseits und 13 2 andrerseits; aber die Form beweist auch hier,
dass sie ein Späterer geschrieben hat, denn dass mit dem Reiten auf Rossen
das Bündnis mit Ägypten gemeint ist, kann nur verstehen, wer Jes 30 16 gelesen
hat, vgl. ferner I Reg 10 28 Hes 17 18. 4^ halte ich für Glosse im Anhang,
weil ^ll^'ij auch hier, wie 13 lO, keine gute Verbindung ist und der ganze Satz
von der Liebe Jahwes zu den von menschlicher Hilfe Entblössten, zu den
Waisen, eine sonderbare Begründung für die Bitte um Gnade Jahwes gegen
das einst verschuldete Volk darstellt.
5—9 Jahwes huldvolle Antwort mit der Verheissung seiner
reichen Segnungen für die Zukunft. 5^ 6% die erste Strophe: Ich
heile ihre Abkehr, Liebe sie aus freien Stücken; Ich werde wie Tau sein für
Israel, Es soll blühen wie eine Lilie. Der Anfang ist = Jer 3 22; die Abkehr
ist als Krankheit gefasst, von dieser Krankheit mit ihren Folgen (vgl. ^^3 y. 2)
heilt Jahwe Israel: die Sucht zum Abfall schwindet und an Stelle der Schäden
tritt reiches Glück. n^H^ steht hier adverbiell = aus freien Stücken vgl.
Dtn 23 24; die Liebe Jahwes zu Israel hat ihren Grund nur in Jahwes freiem
Willen, nicht in irgend welchen Leistungen Israels. Übrigens steht diese Aus-
sage von V. 5^ im strikten Gegensatz zu 9 5 13 14. 5^ gehört schwerlich
ursprünglich in den Kontext des Anhangs: der Sing. ^3)?p stösst sich mit dem
Pluralsuffix in v. 5^ und der Grund, dass sein Zorn jetzt verflogen sei, passt
nicht gut im Munde Jahwes zur Erklärung seiner freiwilligen Liebe, besser in
den eines Glossators, der sagen vv^ollte, warum diese freiwillige Liebe Jahwes
nicht früher wirksam geworden. Der Interpolator hatte wohl Jer 4 8 im Auge,
wo der Zorn Jahwes als Ursache der Verwüstung des Landes und der Trauer
der Bewohner erwähnt ist. 6^ Zu dem Vergleich mit der belebenden und
erfrischenden Wirkung des Taus vgl. Prv 19 12 Jes 26 19, s. auch Dtn 32 2.
Zu dem Rlühen wie die Lilien vgl. JSir 39 14.
In 6*^ 7, der zweiten Strophe, ist der Anfang zweifelhaft, da es sich fragt,
ob das Hebräische wirklich D^'^'l^ 7^'^T\ im Sinne unseres Wur%el schlagen
gebraucht hat. Doch hat offenbar LXX so verstanden (vgl. ßaXsT) und von
„Wurzeln der Lilie" ist auch in Pesch. JSir 39 14 die Bede. Am Jussiv ist
auch kein Anstoss zu nehmen, wenn man nachher ^7T\ unbeanstandet lässt.
Darum ist weder Wellh. zu folgen, der \^^\\ für "^'^^ vermutet und nun das fol-
gende vrilp^l*" ob;i als Glosse entfernen muss, noch Oettli beizustimmen, der
für '^^'i nach Hi 8 17 0|iD*'1 =- „es verflechten sich" lesen will. Dagegen ist mit
Wellh. u. a. ]1^?^3 als vom Schlüsse von v. 7 eingedrungen zu betrachten. Die
Hos 14 7 107 Ho8 14 9
Strophe lautet somit: Und es (Israel) soll seine Wurzeln sefdafjen, Es sollen
seine Schösslinf/e sich attsbi'eilen, Und seine Pracht sei (jleich der des Ölbaums
Und sein Duft wie der des Libanon, Zu 7 ob^l, sich ausbreiten, vgl. Jer
12 2. '^R?'^\ Schoss, und 1in, Pracht, kommen nur bei späteren Autoren vor,
für ersteres vgl. Hes 17 22 Jes 53 2 Hi 8 16 14 7 15 30 Ps 80 12, für letzteres Jes
30 30 Jer 22 18 Sacli 10 3 Dan 11 21 u. 0. Der Ölbaum, der Sommer und
Winter grünt, ist auch Jer 11 16 ein Bild Israels, vgl. ferner Ps 52 10 128 3.
Der Duft (ri'»*! vgl. Jer 48 11) des Libanon, auch Cnt 4 11 erwähnt, rührt hoT von
seinen Cedern vgl JSir 39 14 (Posch.); die Korrektur in HiD'? (s. 4 is) ist daher
unnötig.
8, die dritte Strophe: Sie werden heimkehren und wohnen in meinem
Schatten^ Werden sich laben an meinen Wonnen Und werden sprossen wie
ein Weinstock Und gerühmt wie der Libanonwein. Für "^l^"' lese man nach
LXX: Uti^'^1, für l^iJ mit Wellh. u. a. "h"^: denn die Israeliten können nicht im
Schatten des Baumes wohnen, mit dem sie selber verglichen sind v. 6 f., sondern
nur im Schatten des Sprechers d. i. Jahwes, übrigens ist hier deutlich von
einer Rückkehr aus dem Exile die Rede. Für ]n ^'^n*;, das man, auch für
unsern Autor zu prosaisch, = sie werden Getreide erziehen, fassen muss, liest
Oettli: 155 ^^7^ ^^^ tverden sein wie ein Garten; besser aber ist es, mit Peeles
das von der LXX neben ^■i]QO'^x(ii gebotene [le&üo&Yjaovxai zu beachten, nur
darf man dann zu ^"»IT, nicht jj"! als Obj. behalten, sondern muss dafür ]li^^ oder
]^'ip, wenn nicht gar ""^IV lesen. Diese Korrekturen: sie werden sich laben an
Fett oder: an meinen Wonnen, sind durch Ps 36 9 an die Hand gegeben, wo
V.8 wie hier ein Satz vomWohnen im Schatten Jahwes vorangeht. Wie der Psalm
denkt der Autor an das Wohnen der Israeliten als Gäste Jahwes im Schutze
des Tempels und an den Genuss all seiner Segnungen in der messianischen
Zeit. Vgl. zu Ps 36 9 f. Das Singularsuffix in IIDt = sein Ruhm oder sein
Duft (ist tcie der des Libanonweines) hat keine Beziehung; rein vermutungs-
weise ist oben in der Übersetzung ^13^1 angenommen. Anders, aber schwerhch
gut; hat OoRT die Schwierigkeiten zu heben gesucht, indem er teilweise im
Anschluss an LXX, deren Text aber schwankt, vorschlägt: ]T\:i V^1^\ l^^^i Ct^*!;
]D55 miD*; \'^_^ nsti^'l = „sie werden wohnen in seinem Schatten, sich nähren vom
Getreide, trunken werden vom Weine, sprossen wie ein Weinstock."
9, die vierte Strophe: Was hat Ephraim noch mit den Götzen zu
schaffen? Ich habe ihn erhört und gebe ihm festen Wohnsitz, Ich bin wie eine
grüne Cy presse. Bei mir findet sich seine Frucht. Für h, das nur auf Jahwe
zu beziehen wäre, der doch nie mit den Götzen was gemein hatte, ist nach LXX
aüTcL zu lesen: 1^ ; die Einsetzung eines \ vor W'y^vh (Guthe) ist unnötig. '^n'^^j;
^lin^iti^'«! kann schwerlich anders übersetzt werden als: ich habe erhört und will
es im Auge behalten; aber diese Fassung befriedigt nicht, bes. da dem ersten
Verb ein Suffix fehlt und die Bedeutung des zweiten = fürsorgend es ansehen
fraglich ist. Am besten liest man wohl: ^^n^^SI, VH"^;? ich habe ihn erhört und
gebe ihm Wohnung d. h. bleibende Wohnung in seinem Lande; vgl. die fast
gleiche Textverderbnis Hi 33 u (s. Duhm z. d. Stelle). Diese Verbesserung
liegt graphisch näher und ist sprachlich und sachlich besser als die von Oettli:
Hos 14 9 108 Hos 14 10
JliSntysl VPi^^V. „ich habe ihn gedemütigt und werde ihn erquicken." Volz ver-
mutet eine Anspielung auf 2 2;^ f.: ]yr\ I^ITH vn''^? „ich habe ihm Most und Ge-
treide gewährt", was aber die unwahrscheinliche Konstruktion von Hij; mit
doppeltem Obj. voraussetzt; deshalb verbessert Cheyne (Exposit. Times, April
1898): ^^^yn] )^y] "^n"^;;; '^:i^ „ich habe seinen Most und sein Getreide gewährt",
wobei immer noch das Perfektum auffällt, und AVellh. schlägt vor: in^P ^^S
initi^S'; „ich bin seine Anath und seine Äschere", was zwar zu den Götzen v. 9^
nicht übel passt, aber doch gesucht und darum fraglich erscheint. ^^tj steht
nachdrücklich: Ich, Jahwe, bin es, der alles Israel spendet. Erhörung,
bleibende AVohnung im Lande, reiche Erquickung, wie der Schatten einer
grünen Cypresse, und reichliche Nahrung. Zu lesen ist V1D für ^^1S; man
beachte das Wortspiel mit DI*!?«: durch Jahw^es Segen wird Ephraim ein
wahres Ephraim; die Baale dagegen, von denen Israel die Früchte des Feldes
herleitete, führten ins Unglück des Exiles. Damit ist gut der Anhang zu Hosea
abgeschlossen.
10, die Mahnung, die Lehren des Buches Hosea zu beherzigen, ist ein
noch späterer Zusatz, der ausser engem Zusammenhang mit y. 2-9 steht, sich
an die Leser richtet und die Gerechtigkeit Jahwes hervorhebt, während der
Anhang y. 2-9 auf Gottes freiwillige Liebe Gewicht legt. Der Fünfzeiler lautet:
Wer weise ist, de?' merke dies! Wer verständig ist, der sehe es ein! Gerade
sind die Wege Jahwes Und Gerechte gehen sicher darauf , Aber Frevler kommen
auf ihnen %u Fall. Der Inhalt von y. 10 mit der Betonung der "Weisheit und
des Wissens und mit der Scheidung der Menschen in die beiden Kategorien
von Gerechten und Ungerechten erinnert lebhaft an die Proverbien, vgl. Prv
11 5 15 19. Die Quintessenz, die der Autor unseres Verses aus dem Buche
Hosea gezogen hat, ist die Gerechtigkeit der göttlichen Leitung der mensch-
lichen Geschicke: Gerecht sind Jahwes Wege d. h. was Jahwe den Menschen
schickt, vgl. Dtn 32 4; für den Gerechten sind sie eine ebene Bahn (Jes 26 4),
dem Ungerechten stellen sie Hindernisse und Schwierigkeiten entgegen, dass
er fällt, vgl. Ps 36 5 13.
Jo Einleitung 1 109 Jo Einleitung J
JOEL.
Einleitung.
I. Autor und Inhalt des Buches.
Der Autor des Buches, das im hebräischen Kanon unter den Zwölf Propheten
die zweite, in der LXX dagegen die vierte Stelle einnimmt, ist nur in der Überschrift
1 1 genannt. Näheres lernen wir daraus nicht kennen, als dass er Joel, der Sohn
Petu'els (LXX : toü BaöouYjX), war. Die Beigabe des Yaternamens bürgt dafür, dass
Joel der wirkliche Name des Autors ist und nicht nur Umstellung von n^7^, um an-
zudeuten, wie einige Ausleger meinten, dass der Autor sich selbst für den von Maleachi
(3 1 23) angekündigten „Boten" resp. Elia gehalten habe oder von anderen dafür ge-
halten worden sei (vgl. auch zu Jo 2 23). Der Name Jö^el, den der Autor mit
verschiedenen in den nachexilischen Schriften (zu I Sam 8 2 vgl. diesen Comm.) ge-
nannten Personen gemein hat, ist in neuester Zeit zu einer gewissen Berühmtheit ge-
langt, weil man auf drei kleinen Tontäfelchen aus der Zeit Hammurabis das assyrische
Äquivalent Ja-a^-ve- (resp. Ja-ve- und Ja-ü'U7n-)üu gefunden hat (vgl. Fe. Delitzsch,
Babel und Bibel^ S. 46f. 76 — 79). Die Sache mag noch nicht völlig abgeklärt sein
(vgl. H- Gei]MME, „Unbewiesenes" S, 25—32); jedenfalls aber braucht niemand durch
das Vorkommen des Namens auf einem Tontäfelchen des dritten Jahrtausends be-
unruhigt zu werden, der Name allein thut's nicht: ob der Name Jahwe in ein hohes
Altertum zurückreicht und ob er wirklich von einem fremden Volke (und von welchem
auch immer) entlehnt ist oder nicht, Joel, = Jahwe ist Gott, hat in Israel zur Zeit
Joels eine ganz andere Bedeutung besessen, als in Babylonien zur Zeit Hammurabis.
Einigermassen wird uns der Autor bekannt aus seinem Buche. Denn wir er-
sehen daraus, dass er eine schwere Heuschreckenverwüstung des Landes erlebte, dass
er mit seinen Mitbürgern über die durch dieselbe verursachte Einstellung des Opfer-
kultus jammerte und mit ihnen die Angst teilte, die Heuschrecken* möchten die Vor-
boten des jüngsten Tages sein, ferner dass er die Einberufung eines allgemeinen
Fast- und Busstages in den Tempel empfahl, und endlich, dass er, nachdem Jahwe
das Gebet erhört und die Plage aufgehoben hatte, die Segnungen schilderte, die Gott
seinem Volke in Zukunft und besonders am jüngsten Tage, da vor Jerusalem über
Jo Einleitung I 110 Jo Einleitung I
die Heiden Gericht gehalten wird, in mannigfaltigster Weise wird zu teil werden
lassen. Man hat nicht den Eindruck, dass Joel seinen Mitbürgern gegenübersteht,
wie ein Arnos, Hosea, Jesaja oder Jeremia, als ein Prophet, der für eine andere An-
schauung kämpft, als sie die Menge besitzt. Speziell hat er kein Wort des Tadels
über irgend eine Sünde auszusprechen. Er erscheint mehr als der Wortführer der
Menge, der ihre Gedanken ausspricht und zu dem Mittel rät, das im Grunde allen
auf der Zunge liegt, und dann als der Redner und Dichter^ der in seinen Worten den
Trost zusammenfasst, den der Glaube der Gesamtheit enthält. Wenn die spätere
christliche Legende erzählt: ^v ix t^^ 77); tou Toüßrjv iv aYpo) BsOcüjjiopcov. h elpT^vr)
(XTreOave xai IxacpT] iy.E.1 (PSEUDO-EpiPHANIUS Yitae Prophetarum, s. bei Nestle Ma-
teralien I, 24), so weiss man nicht, wie sie zu dieser unrichtigen Nachricht kommt,
da Joel ohne Frage ein Judäer war. Über seine Lebenszeit s. unten II.
Der Inhalt des Buches ist die Schilderung einer schweren Heuschreckenplage,
die als der Vorbote des jüngsten Tages empfunden wurde ^ in ihren verschiedenen
Etappen und mit ihrer zunehmenden Not (1 2 — 2 17), sowie der Bericht über die von
Jahwe auf die Veranstaltung eines allgemeinen Buss- und Fasttages geschenkte Er-
rettung, über die sich Land und Leute, Menschen und Tiere freuen dürfen (2 18 — 2 24).
An diese Schilderung der schweren Vergangenheit und diesen Bericht über die be-
reits eingetretene Wendung zum Guten schliesst sich die Verheissung einer glück-
lichen Zukunft, in der die Israeliten nie mehr zu schänden werden: der Geist Jahwes
wird über sie ausgegossen und am Tage Jahwes werden sie in Jerusalem gerettet
sein, während an den Heiden im Thale Josaphat das Gericht vollzogen wird; mit der
herrlichsten Fruchtbarkeit wird das Land Israels in der Endzeit gesegnet sein,
während Ägypten und Edom veröden (2 25 — 4 21). Mit dieser Skizze des In-
halts ist einerseits der Standpunkt des Autors im Verlauf der Ereignisse, von denen
im Buche die Bede ist, festgestellt: In dem Zeitpunkte, da Joel das Wort ergreift,
gehört die Heuschreckenplage bereits der Vergangenheit an und vom ersten Worte
an (vgl. bes. 1 2-4) überschaut Joel die ganze Grösse der Kalamität, die er im folgenden
schildert; dagegen ist für ihn zukünftig der reiche, die Gegenwart weit hinter sich
lassende Segen an Gaben der Natur und des Geistes und die Bettung Jerusalems im
Endgericht, d. h. von 2 25 an bis zu Ende des Cap. 4 ist alles Weissagung. An-
dererseits ist mit der obigen Inhaltsangabe angedeutet, dass die Auffassungen zu
verwerfen sind, welche die Heuschrecken nur als Bilder für Kriegsheere betrachten
oder in Cap. 1 und 2 die Schilderung einer erst zukünftigen Kalamität sehen wollen.
So hat mit Unrecht HiLGENEELD (ZwTh 1866, 398—448: Das Judenthum im per-
sischen Zeitalter), indem er nach den vier Heuschreckennamen 1 4 auf vier Feldzüge
schliesst, an die persischen Expeditionen nach dem Westen^ die das Land ihrer
eigenen Unterthanen verwüstet haben sollten, in den Jahren 526 unter Kambyses,
484 unter Xerxes, 460 und 458 unter Artaxerxes I. Longimanus gedacht ; aber bei
Joel handelt es sich um wirkliche Heuschrecken, wie sich deutlich aus 2 2 ff. ergiebt,
wo die Heuschrecken mit Kriegern verglichen werden und nicht umgekehrt (vgl.
Vorbem. zu 2 2-11). Ebenso verfehlt wie diese Deutung auf Kriegerheere der Ver-
gangenheit ist die Beziehung der Schilderung 1 2 — 2 17 auf die Zukunft, sei es, dass
man mit HengSTENBERG (Christologie III, 137 — 166) in den Heuschrecken Bilder für
die Weltmächte (Assur-Babylon, Medoj)ersien, Griechenland undBom) sehen möchte,
Jo Einleitung I 1 1 1 -J^o Einleitung II
welche gegen Israel auftreüjii worden, sei es, dasB man mit Merx in Cap. 1 die Heu-
schrecken Heuschrecken sein lässt, aber in ihnen zukünftige, „apokalyptische" Tiere
nach Art von Apk Joh 9 3-11 sieht und in der IJarstellung des Jleuschrecken-
schwarmes von Cap. 2 eine Alh^gorie für die am Ende der Tage von Norden herein-
brechenden Heidenvölker entdc!cken will. Diesen Deutungen auf die Zukunft gegen-
über ist zu betonen, dasn Joel 1 2—2 17 Erlebtes, Vergangenes schildert, wieNowACK
mit liecht hervorhebt; in 1 2 mitMEllX an eine Anrede an die zukünftige Generation
des jüngsten '^Fages zu denken, ist doch an sich eine sonderbare Idee und angesichts
der ganzen folgenden Schilderung unhaltbar, speziell müsste Joel nach 116, wo er
sich mit den Angeredeten zusammenfasst (vgl. vor unseren Augen) , sich selber am
jüngsten Tage noch am Leben vorstellen. Der Schein einer Allegorie beruht nur
auf der Vorstellung Joels und seiner Mitbürger, dass die ins Land gefallenen Heu-
schrecken die Vorboten des jüngsten Tages seien. Diese Vorstellung ist es auch, die
Joel dazu geführt hat, die Schilderung der grossen erlebten Plage wirklicher Heu-
schrecken und der gnädigen Errettung aus derselben, als die Not aufs höchste ge-
stiegen war, zum Ausgangspunkt für seine Weissagung der herrlichen Kettung
Israels aus der letzten Not am jüngsten Tage zu nehmen. Nicht die Heuschrecken
allein, sondern das ganze Erlebnis wird ihm zum Bilde des grossen Tages der Zukunft.
II. Einheitlichkeit und Entstehungszeit des Buches.
<
Nachdem M. Veknes seine frühere Behauptung, dass Cap. If. und Cap. 3 f.. von
verschiedenen Verfassern herrühren, wieder soweit zurückgenommen hat, dass er zur
Not die einheitliche Herkunft der vier Capitel zugiebt (s. bei Nowack), ist diese
These neuerdings von EOTHSTEIN (in seiner Übersetzung von Deiyer's Einleitung in
die Litteratur des alten Testaments S. 333 f. Anm.) wieder aufgestellt worden, offenbar
ohne dass er von seinem Vorgänger wusste. Nach HOTHSTEIN soll der ältere, aus der
Zeit der Minderjährigkeit Joas' stammende Teil Cap. If., der Volk und Staat in un-
geschädigter politischer Integrität voraussetze, der als die Not der Zeit nur die furcht-
bare Heuschreckenplage samt der alles verzehrenden Dürre kenne und vielfach äusserst
lebendig und wirkungsvoll schildere oder geradezu schwungvoll tröste, nach dem Exil
vermehrt worden sein durch die Beifügung von Cap. 3f., welcher viel jüngere Teil
einen rein politischen Hintergrund, nämlich Zerrissenheit des Volkes und Verweilen
mindestens eines Teiles in der Fremde, erkennen lasse, ferner aber auch der Origi-
nalität entbehre und hauptsächlich von Beminiscenzen lebe. Vom Bedaktor, der
diese beiden aus so verschiedenen Zeiten stammenden Teile verbunden habe, soll Y. 20
in Cap. 2 eingefügt sein, der andeute, dass die Heuschreckenschwärme in Cap. If.
symbolisch als Hinweis auf den Einbruch feindlicher Scharen zu betrachten seien.
Diese These hat mit Becht keinen Anklang gefunden und ist schon von NowACK mit
zutreffenden Gründen widerlegt worden. Dass der erste Teil mit seiner Schilderung
der Heuschreckenplage die politischen Verhältnisse nicht berücksichtigt, der zweite
Teil dagegen, der die grossen Weltereignisse der Zukunft ins Augö fasst, sich mit
den Beziehungen Israels zu den Völkern beschäftigt, kann keine verschiedene
Situation des Autors beweisen. Ebenso ist es natürlich, dass der Autor, wo er das
eschatologische Gemälde der Zukunft entwirft, sich an die im Glauben der Israeliten
gegebenen Elemente hält, also weniger original erscheint, als wo er die eben erlebte
Jo Einleitung II 112 Jo Einleitung II
Heuschreckenplage schildert, dass dort die graue Theorie, hier das mannigfaltige
Leben sich kundgiebt. Übrigens sind die Unterschiede von ROTHSTEIN übertrieben:
in beiden Teilen steht der T\^7^l ÜV dem Autor vor Augen, von einer wirklich anderen
Situation oder staatlichen Einrichtung lässt der erste Teil nichts erkennen, auch er
redet nirgends von einem König und er bleibt unverständlich und unvollständig, wenn
er nicht als Folie zu dem zweiten Teile gefasst werden kann, der von einer noch viel
herrlicheren E-ettung Jerusalems handelt.
Ist das Buch einheitlich, gehört also der zweite von HOTHSTEIN in die nach-
exilische Zeit verlegte Teil zum Ganzen, so wird sich seine Abfassungszeit leicht
bestimmen lassen. Es ist nämlich schwerlich ein anderes Ereignis in der Gleschichte
Israels zu finden, das den Aussagen von 4 2 f. 17 gerecht wird, als die Eroberung und
Zerstörung Jerusalems vom Jahre 586. Damals haben die Heiden das Volk Jahwes
unter die Nationen zerstreut und sein Land zerstückt, damals haben die Fremden das
heilige Jerusalem betreten. Ungenügend ist für solche Aussagen die Berufung auf
die Nachricht von der Plünderung Jerusalems durch Philister und Araber IlChr 21 16 f.
Ohnehin weist noch so vieles mit aller Deutlichkeit auf die nachexilische Zeit. Juda
und Jerusalem bilden das ganze Israel; von Nordisrael ist nirgends die B^ede; ja der
Name Israel ist bereits auf Juda übertragen, so sehr ist der Gedanke an das einstige
Israel schon entschwunden, s. 2 27 4 2 16. Nur von einem einzigen Heiligtum ist die
Bede, von dem Tempel in Jerusalem, in dem sich das ganze Volk auf das durch die
Posaunen gegebene Signal versammelt 1 14 2 1 16. Das sind die Verhältnisse der
nachexilischen Gemeinde, die in Jerusalem und der nächsten Umgebung wohnt; der
Tempel ist wieder gebaut, die Stadt mit Mauern versehen (2 9) und der Kultus ein-
gerichtet. Damit kommen wir schon an das Ende des 5. Jahrhunderts, in die Zeit
nach dem Mauerbau und der Einführung des Gesetzes in Jerusalem durch Nehemia
und Esra; denn der Kultus ist für Joel die hauptsächlichste Angelegenheit des
Gemeinwesens, die Heuschreckenplage ist deshalb vor allem so schrecklich, weil sie
die Mittel zum Kultus und damit die Verbindung mit Jahwe, welche der Kultus mit
dem täglichen Opfer, Thamid = "^JpllJ nn^D, aufrecht erhält, zerstört 1 9 13 16 2 14.
Das ist eine Wertung des Kultus, die in der nachexilischen Gemeinde erst nach Esra-
Nehemia (für die Zeiten vorher vgl. Jes 56 10-12 Mal 1 6-14) durchdrang, aber von da
an, solange der Tempel bestand, lebendig blieb, vgl. z. B. Dan 8 11. Wie weit noch
über das Ende des fünften Jahrhunderts hinabzugehen ist, lässt sich schwerer be-
stimmen ; feste historische Ereignisse werden nicht erwähnt : Die Phönizier und
Philister sind auch noch von Deuterosacharja mit dem Gerichte bedroht Sach 9 2-7,
das zur Zeit Maleachis verwüstete (Mal 1 3) , aber später wieder erstarkte Edom
(Idumäa) ist noch im zweiten Jahrhundert der Gegenstand des Hasses Israels (s. zu
Jes 34), und Ägypten wird auch in der wohl aus dem 4. Jahrh. stammenden Weis-
sagung Jes 19 1-15 mit Verödung bedroht. Vielleicht ist aus dem Umstand, dass in
Jo 4 19 Ägypten noch bedroht wird, während später eine freundlichere Stimmung
gegen Ägypten Platz griff (vgl. Jes 19 16-25), zu schliessen, dass Joel noch vor der
Eroberung Ägyptens durch Artaxerxes III. Ochus im Jahre 343 v. Chr. und vor der
Unterwerfung durch Alexander den Grossen lebte, nämlich vor der Zeit, in der auch
die alte ägyptische Macht zusammenbrach, wie die anderen Israel feindlichen Beiche
Assyrien und Babylonien schon lange vorher, und endlich die gerechte Vergeltung
Jo Einleitung II 1 13 Jo Einleitung III
erfuhr für die Grausamkeit, womit sie am Anfang der israelitisclien Geschichte die
Israeliten bedrückte, vgl. zu 4 19. Damit stimmt gut aucli die Erwähnung der Jonier
«= Griechen (D'^^VH ^^IH 4 G), die erst in jüngeren Schriften auftauchen. Auch die
ganze Art und Gedankenwelt des Buches spricht für seine Entstehung um oder nach
400 V. Chr. Von der Beurteilung des Kultus, die ganz anders lautet als bei Arnos,
Hosea, Jesaja und Jeremia, ist bereits gesprochen. Ferner ist schon daran erinnert
(s. Einl. I), wie Joel auch darin von diesen Propheten verschieden ist, dass er seinen
Mitbürgern keine Rüge zu erteilen, keine sittlichen Schäden, keine J^Fängel an ilirer
Gottesverehrung zu strafen hat. Wohl ruft er seine Zeitgenossen zur Busse, auch
weiss er von den alten Propheten, dass dieselbe nicht mit dem Zerreissen der Kleider
abgemacht ist, sondern das Zerreissen der Herzen dazu gehört (2 13); aber schliesslich
läuft nach ihm doch die Busse auf nichts anderes hinaus als Fasten, Weinen und
Klagen (2 12). Und dann gehören alle die Züge seines eschatologischen Gemäldes
(Cap. 3f.) wie Geistesausgiessung, Bettung in Jerusalem, Völkergericht vor Jerusalem,
herrliche Fruchtbarkeit und bleibendes Wohnen Jahwes auf Zion zu den festesten
Bestandteilen der Hoffnung der nachexilischen jüdischen Gemeinde (vgl. die Aus-
legung). Ganz mit Unrecht hat man die glatte und fliessende Sprache Joels als
Zeichen seines Alters betrachten wollen; denn gerade diese Eigenschaften besitzen
die Worte der alten Propheten nicht und man hat sicher um 400 und auch später ein
fliessendes Hebräisch zu schreiben verstanden, in einer Zeit, wo die Chronik entstand
und so manche Prophetieen, welche wir jetzt als Zusätze in den alten Propheten-
schriften finden. Übrigens aber hat die gründliche Untersuchung des Sprach-
charakters Joels durch HOLZINGEE, den Beweis erbracht, dass im Buche Joel sichere
Kennzeichen des spätesten hebräischen Schrifttums nicht fehlen. Dazu sind die vielen
Beminiscenzen nicht zu vergessen, die namentlich den zweiten Teil des Buches aus-
zeichnen, aber auch im ersten nicht fehlen, und uns zeigen, dass wir das Werk eines
„Gelehrten, der in der alten Litteratur bewandert ist", vor uns haben.
Angesichts all dieser Argumente, die für eine Entstehung des Buches Jo um
400 V. Chr. sprechen, ist die von Ceedner aufgebrachte Annahme, dass Joel der
älteste unter den Propheten sei, deren Worte uns schriftlich erhalten sind, und dass
er ins neunte Jahrhundert und zwar in die Zeit der Minderjährigkeit des judaischen
Königs Joas gehöre, fallen zu lassen ; die Stellung Joels zwischen Hosea und Amos
ist kein Indicium für frühe Entstehung und wenn Juda zu Joels Zeit einen König,
auch nur einen minderjährigen, hatte und alle Bewohner des Landes, selbst Säuglinge
und Kinder, zur Feier des Busstages im Tempel zu erscheinen hatten, so konnte der
Köniff samt den Ü'^'y^ nicht unerwähnt bleiben und ihre Pflicht war es, vor allem Volk
zur Bettung aus der allgemeinen Kalamität beizutragen. Nicht einmal die Möglich-
keit einer vorexilischen Entstehungszeit bleibt übrig, wie denn auch in der That die
meisten Kritiker sich für nachexilische Herkunft ausgesprochen haben, so Vatke,
Merx, Stade, Kuenen, Cornill, Drivee, Wellh., Wildeboer, Nowack u. a.
III. Charakter und Bedeutung des Buches!
Der Charakter des Buches Joel ist sehr verschieden von dem einer gewöhn-
lichen Prophetenschrift. Wir haben in Jo nicht die Bede eines Propheten vor uns,
die er an seine Mitbürger gehalten und in der er sie zu irgend welchem ThuD an-
Kurzer HC zum AT XIII 8
Jo Einleitung III 114 Jo Einleitung III
getrieben hat, sondern die Schilderung eines Dichters, der ein wichtiges Erlebnis der
Gemeinde als das Abbild eines noch weit wichtigeren Ereignisses der Zukunft auf-
fasst und zugleich mit der Schilderung des Vergangenen die Gewissheit der Hoffnung
auf die Zukunft stärken und festigen will. So ist das Buch nicht Dichtung allein, es
hat noch etwas von prophetischer Art an sich; aber diese besteht nicht mehr in der
Absicht einer Änderung der praktischen Lebensweise, auch nicht einmal wie bei der
Trostschrift Deuterojesajas in der Absicht, den Volksgenossen den verlorenen Mut zu
erwecken und sie aus der Kleingläubigkeit und Verzweiflung aufzurütteln, sondern
sie besteht mehr in der Absicht zu belehren und in einer soeben gemachten Erfahrung
ein Beispiel für den von der Gemeinde geteilten Glauben aufzuzeigen. Es ist nicht
mehr die alte Art der Propheten, die das Volk auf eine höhere sittliche und religiöse
Stufe zu heben trachteten, sondern die Art eines Lehrers, der eine anerkannte Wahr-
heit den Gemeindegenossen klar und anschaulich zu machen sucht. Darum be-
schäftigen Joel auch die Verhältnisse der Gegenwart wenig und wir hören von den-
selben nur soviel, als mit der Bettung aus der Heuschreckenplage in Verbindung
steht, während die grossen Ereignisse der Zukunft seine Gedanken beherrschen.
Immerhin hat er offenbar unter seinen Zeitgenossen eine angesehene Stellung ein-
genommen, denn er war unter denen, die die Berufung des Buss- und Fasttages als
Mittel der Bettung von der äussersten Kalamität empfahlen und die Heuschrecken
als Vorboten des jüngsten Gerichtes und Abbilder der „nördlichen" Völkerscharen
deuteten (vgl. ''MÖl^n zu 2 20). Trotzdem er mehr Lehrer und Dichter ist, so fühlt er
sich dennoch als Prophet, weil er weiss (aus Kenntnis des Gesetzes und der Pro-
pheten), dass er Jahwes Wort verkündet. Die Unsicherheit dieser Stellung verrät
sich wohl auch in der unpräzisen Art seiner Darlegung, da er bald ganz im Namen
Jahwes spricht, dann aber daneben doch wieder Jahwe in der dritten Person einführt,
vgl. zu 1 6 u. öfters.
Der eigentümliche Charakter verleiht dem Buche gerade seine grosse Bedeu-
tung für die Geschichte der israelitischen Beligion. Wir sehen, wie aus den Pro-
pheten nach und nach Lehrer der Eschatologie und Dichter eschatologischer
Schilderungen geworden sind, und weil wir im Buche Jo nicht die originale Schöpfung
eines prophetischen Genies, sondern die Zusammenfassung des Glaubens der israeli-
tischen Gemeinde vor uns haben, so erfahren wir, welche Gedanken damals im
Vordergrunde standen und die Gemüter beschäftigten. Die Gemeinde stellt sich dar
als fest gegründet: von Götzendienst und Verehrung fremder Götter ist nichts zu
spüren, das Gesetz ist anerkannt und die Hauptsorge dreht sich um den Kultus, die
Gemeinde erwartet den Anbruch der herrlichen Zukunft in unmittelbarer Nähe und
die Gedanken an diese messianische Heilszeit schweben allen vor der Seele. Die
Bedeutung des Buches für die Gestalt und den Inhalt, welche die eschatologische
Hoffnung im Glauben der Gemeinde damals besass, wird noch dadurch erhöht, dass
es nicht nur eine Seite des Gemäldes darstellt, sondern alle Hauptzüge der eschato-
logischen Erwartung in einem instruktiven Kompendium zusammenfasst. So ist das
Buch Joel ein wichtiges Dokument für den Glauben der jüdischen Gemeinde nach
deren Konsolidierung durch Nehemia-Esra ; es zeigt uns, was die religiöse Gedanken-
welt nach der Einführung des Gesetzes bewegte, wie in derselben die Sorge für den
Kultus innig mit der Richtung auf die Eschatologie verbunden war. Zugleich
Jo Einleitung III 116 Jo Einleitung lY
erkennen wir, wie in der Gemeinde, deren Gedanken an der Zukunft hangen, der
Boden für die spätere apokalyptische Litteratur sich bereitet.
IV. Litteratur.
Kommentare: K. A. Credner Der Prophet Joel übersetzt und erklärt 1831 ;
Aug. Wünsche Die Weissagung des Proph. .loci übersetzt und erklärt 1872; ,J. A.
Karle Joel ben Pethuel propheta 1877; A. Merx Die Prophetie des Joel und ihre
Ausleger 1879; A. SCHOLZ Commentar zum Buche des Propheten Joel 1885; G. PreusS
Die Profetie Joels unter besonderer Rücksicht der Zeitfrage 1889; S. R. Driver
The Books of Joel and Amos (The Cambridge Bible) 1898.
Monographieen und Abhandlungen: E. W. Hengstenberg Christo-
logie des AT III, 137—193; HiLGENFELD ZwTh 1866, 398—448: Das Judentum im
persischen Zeitalter; Ed. Montet Etüde literaire et critique sur le livre du proph.
Joel 1877 und De recentt. disputt. de Joelis aetate 1880; Matthes ThT 1885, 34—66
129—160; 1887, 357-381; HOLZINGER ZATW 1889, 89—131: Sprachcharakter und
Abfassungszeit des Buches Joel ; Chetne's Encycl. Biblica Art. Joel.
8*
Jo 1 1 116 Jo 1 2
Erklärung,
Die Überschrift 1 1: Das Wort Jahwes , welches an Joel, den Sohn Petuels,
erging, nennt nur den Empfänger des göttlichen Wortes, ohne anzugeben,
wem dasselbe galt und wann dasselbe an den Propheten erging. Die Formel
'h^ iTH ^]ä^ "> in'l findet sich ebenso Hos 1 i Mch 1 i Zph 1 i und auch sonst
wird diese einfache Verbindung gerne gebraucht vgl. z. B. I Sam 15 lo II Sam
7 4 Jer 12 4 11. An der Ursprünglichkeit der Überschrift zu zweifeln hat man
hier keinen Grund; die Namen des Propheten und seines Vaters werden
doch kaum erfunden sein. S. über dieselben Einl. I.
Erster Teil
l3~2ir:
Beschreibung der durch eine Heuschreckenplage verursachten
Not und Aufforderung zur Abhaltung eines allgemeinen Buss-
und Fasttages.
Die Einleitung' las führt sofort in mediam rem, ja versetzt in die Situation, in
der das beispiellose und immer denkwürdige Ereignis, von welchem der Prophet reden
will, bereits seinen Höhepunkt erreicht hat: niemand im Lande hat schon früher einmal
erlebt, was er jetzt durchmachen musste, noch davon gehört, dass dergleichen in den Tagen
der Väter geschehen sei; darum soll man noch in den fernsten Zeiten von dieser Begeben-
heit erzählen.
2 Joel beginnt mit der auch sonst als Anfang beliebten Aufforderung
zum Hören, vgl. Am 3 i Hos 5 i. Nach dem vorliegenden Texte werden dabei
D''ij?^n und alle Bewohner des Landes angeredet. Mit dem Land ist Juda
gemeint, um das allein es sich bei Jo überall handelt vgl. 1 14 2 i 3 5 4 i 6 is
19 20; dagegen fragt es sich, ob D'';p|n hier die Greise, oder die Gemeindeältesten
bedeute. Dass die D^:ij?| 2 16 3 i, wo sie Kindern und Jünglingen gegenüber-
stehen, sicher Greise sind, ist kein Beweis, dass sie es auch hier v. 2 und v. i4
sein müssen; denn hier, wo sie allen Landesbewohnern gegenüberstehen, ist es
viel natürlicher, sie als die Ältesten, die Vorsteher, zu fassen, vgl. das schon
von Merx verglichene senalus populusque Romanus. Zudem liegt auch im
Inhalt der Frage, die nachher an die D**^!?!, aber wohl zu merken, nicht an sie
allein, gestellt wird, durchaus keine Nötigung, in ihnen Greise zu sehen; denn
Jol2 117 Jol4
wenn es Jo wirklich auf lange Erfahrung der Angeredeten ankäme, hätte er
nicht noch an die Gesamtheit appellieren dürfen. Überhaupt ist es ihm aber
nicht um eine eigentliche Anfrage, damit er Auskunft erhalte, sondern um eine
rhetorische Wendung zu thun, damit er sich Geliör und Aufmerksamkeit ver-
schalfe. Helässt man also D'^^iiJ^n im Texte, so kann trotz 2 16 3 i hier niclit mit
Wellh., Seesemann (Die Altesten im AT 1895 43 f.) u. a. (i reise übersetzt
werden; aber höchst wahrscheinlich ist das Wort nicht ursprünglich, sondern
nach dem Vorgang von v. u, wo man ^^^\>\ wegen der x\hnlichkeit der Stellen
aus 2 16 herübergenommen hat (s. zu v. u), erst nachträglich auch hier ein-
gedrungen. Für diese Annahme spricht ferner, dass f"Jijn ""^^^ h'2 in 2 i ohne
U^^T>\ steht und dass sonst überall die D'^^pt fehlen, trotzdem sie, falls sie hier
als die Gemeindevorsteher genannt wären, auch später erwähnt zu werden
verdienten. Nach Jo sind eben offenbar die Priester die Leiter der Gemeinde;
ob aus diesem richtigen Gefühl oder blos aus einer Reminiscenz an Hos 5 i
die von de Rossi verzeichnete Lesart D^'^niDH für D^'^j^t stammt, ist nicht aus-
zumachen. Endlich sei aber noch hervorgehoben, dass es nicht metrische
Gründe sind, welche mich zur Ausstossung von D'i^J^^n bewegen. Die beiden
Vershälften resp. Verszeilen werden allerdings dadurch einander völlig gleich
and Sievees behält in diesem Falle Eecht, wenn er die Cäsur in y. 2^ hinter
^^""Hjrül setzt, gegen Gunkel, der sie vor dieses Wort verlegt (vgl. bei Sievers,
Metrische Studien 1 470 f. 581); aber bei Jo darf man nicht mit einem genauen,
überall gleichmässig durchgeführten Metrum rechnen, seine Zeilen sind \^on
verschiedener Länge und gruppieren sich auch nicht in regelmässige Strophen,
nst, dies, in v. -2^ geht auf die folgende Frage, y. 2^, die sollen die Angeredeten
vernehmen. Die Antwort ist selbstverständlich und braucht nicht gegeben zu
werden: „Solches ist niemals geschehen". ilN't, das v. 2^ im Sinne von n8t| =
dergleichen steht, wird durch das Suff, in Tvhy^ v. 3 weitergeführt und endlich
durch Y. 4ff. erklärt. Bei disjunktiven Fragen steht in derEegel nurD«— n,
nicht wie hier und 4 4 DSl— H, doch vgl. Hi 21 4 und s. Ges.-Kautzsch^'
§ 150g. Väter, nl^JJ, sind die Vorfahren, wie Hos 9 lo. 3 T^'h)^ steht
mit Nachdruck voran, um anzudeuten, dass dies vor andern Dingen in der
Erinnerung fortzuleben verdient, und die Konstruktion des löD mit ^j; statt
mit dem gewöhnlichen direkten Objekt weist darauf hin, dass es sich nicht
nur um die Weitererzählung der nackten Thatsache, sondern auch um die
Folgerungen und Nutzanwendungen handelt, die sich aus dem Vorfall ergeben.
4 Die Thatsache, die „die eigentliche Grundlage der ganzen Weissagung"
bildet (Ceedner), ist die totale Verwüstung des ganzen Pflanzen-
wuchses durch Heuschreckenschwärme, die nach einander im Laufe
nicht nur eines Jahres (s. 2 25) ins Land eingefallen sind. Dieser allgemeine
Sinn von v. 4 ist klar, auch das ist ersichtlich, dass die vier verschiedenen
Heuschreckennamen keinen anderen als den rhetorischen Zweck haben, die
Aufeinanderfolge mehrerer Heuschreckenschwärme zu schildern und die von
diesen angerichtete Zerstörung und Verwüstung als eine vollständige hinzu-
stellen: was der erste Schwärm noch verschont hat, ist vom zweiten vernichtet
worden und so fort, bis alles kahl und leer war. Weniger bestimmt lassen sich
Jo 14 118 Jo 1 5
die einzelnen Namen erklären; allerdings ist zwar sicher, dass damit nicht die
Entwicklungsstadien, welche die Heuschrecke durchmacht, bezeichnet werden
sollen. Dies weist besonders gründlich Dkiver in seinem Commentar zu Joel
(1 4 und S. 82—91: Excursus on Locusts) nach; seine wichtigsten Argumente
sind: 1. der gewöhnliche Beobachter unterscheidet bei der Heuschrecke, wenn
er die Farben aus dem Spiele lässt, nur drei Stadien; 2. der gewöhnlichste Name
für Heuschrecke, n|"lN, müsste bei der Annahme, dass es sich um die Stadien
der Heuschrecke handle, das noch unreife Insekt bezeichnen; 3. die Reihen-
folge der vier Namen ist 2 25 eine andere, und 4. da die Heuschrecken auch
während ihrer Entwicklung, sobald sie den Eiern entschlüpft sind, sich immer
vorwärts bewegen, könnte nicht gesagt werden, dass sie im folgenden Stadium
das aufzehren, was sie im früheren Stadium verschont haben; durch die Vor-
wärtsbewegung sind sie ja ganz anderswohin geraten. Es bleibt nichts anderes
übrig: die vier Namen kommen hier nur als Synonyma für Heuschrecke in
Betracht, mögen sie auch ihrem Ursprung nach die Bezeichnungen besonderer
Heuschreckenarten und der eine unter ihnen (s. u. zu ph";) vielleicht die Be-
zeichnung der noch nicht ganz ausgewachsenen Heuschrecke sein: DJJ ist ausser
hier und 2 25 nur noch Am 4 9 und zwar als ein den Feigen- und Ölbäumen schäd-
liches Insekt erwähnt; vielleicht dachte man bei seinem Namen an Ableitung
von D55, dessen Bedeutung abschneiden man etwa auf kahlfressen der Bäume
bezog. n|iy, das gewöhnliche Wort für Heuschrecke, entspricht assyr. aribu;
die Ableitung von n^l viel sein^ wimmeln ist daher sehr unwahrscheinlich.
PIp;;, ausserin Jo(l4 2 25)nochAm7 1 (korrig. Text, s. dort) Na 3 15 I6 JerSl 1427
und Ps 105 34 genannt, ist, wenn Hieeonymüs zu Na 3 i5f. richtig attelabus
erklärt und LXX Jo 1 4 mit ßpou)(o? richtig übersetzt, die Heuschrecke im
letzten Stadium vor dem Abstreifen der Flügelscheiden, wo sie also noch nicht
völlig ausgewachsen ist und noch mehr hüpft als fliegt. Ob das Wort mit
pj^'j lecken {verschlingen?) zusammenhängt, ist sehr die Frage. ^''pn, noch
I Reg 8 37 (= II Chr 6 28) Ps 78 46 Jes 33 4 erwähnt und zwar überall in Ver-
bindung oder in Parallele mit einem anderen Heuschreckennamen, wird mit
dem Verb ^DH zusammenhangen, das Dtn 28 38 von der Thätigkeit der Heu-
schrecken gebraucht ist = vertilgen, und demnach eigentlich Vertilger be-
deuten. Vgl. die Lexx., sowie die Encycl. Biblica Art. Locusts und Guthe
KBW; ferner s. noch zu 2 20.
5—12 Die allgemeine Klage über die schreckliche Kalamität. Das ganze
Land traf die Not und alle Klassen der Bevölkerung hatten Grund zu klagen über das
Unglück. Der Prophet fordert selber in lebendiger Vergegenwärtigung der durch die
Verwüstung der Vegetation herbeigeführten Lage zu dieser gerechten Klage auf.
5—7 Zuerst haben allen Grund zu klagen die Weinliebhaber, denen
durch die Verwüstung des Weinstockes ihr geschätztes Genussmittel ent-
zogen ist. 5 ^^"'[>T\, wacht auf, seil, aus dem Taumel der Trunkenheit vgl.
Gen 9 24 Pro 23 35. Weder ein Tadel, noch ein Lob ist hier über den
Weintrinker ausgesprochen, in dem Worte IISÜ^ liegt für den Hebräer noch
kein Vorwurf (vgL auch Joh 2 10); dass aber das Laster der Trunkenheit ge-
billigt worden wäre, ist durchaus unrichtig, vgl. nur Jes 5 22 28 7 f. Prv 23 29-35.
Jol5 119 Jol7
Hier tritt in treireiidc^i Gegc^nsatz zu der Fi'ölilicdikeit der Weintrinker ihr
Klugen und Jiimmern; jetzt müssen sie nüclitern sein und hat ihre Freude ein
Ende. D'^ll^ti^ stellt gegen die Regel ohne Artikel in der Anrede, vgl. auch
Hos 13 14 etc. und Ges.-Kautzscii-^ § ]26e. D^Dj; ist offenbar ein Süss-
wein, entweder in dem Stadium unmittelbar nach der Kelterung == olvo; veo;
LXX Jes 49 26 oder durch irgend eine Weise der Zubereitung süss erhalten =
^Xuxu; olvo;, vgl. LXX ^Xüxaatxo; Jo 4 18 (vgl. Driver zu Am 9 13). niDi
D5^??p, er ist eurem Munde entzogen, vgl. das fast gleichbedeutende J^irp; v. i3.
Man darf daraus nicht schliessen, dass die Verwüstung unmittelbar vor der
Weinlese begonnen habe; der Wein kommt nicht in den Mund der Trinker,
w^enn der Weinstock schon im Frühling beim ersten Triebe zerstört wird, s.
V. 12. Wie die Zerstörung der Erntehoffnung sich vollzog, schildern 6 f.:
Eine feindliche Armee ist ins Land gefallen, ihre Zahl ist unermesslich und
ihre Ausrüstung vorti'efflich, Weinstock und Feigenbaum haben sie kahl
zurückgelassen. Es sind die Heuschrecken gemeint, sie heissen ein ''l-i Volk,
ein Heidenvolk^ wie Prv 30 25 f. die Ameisen und die Klippdachse ein Dj;, vgl.
auch 2 2 und bei Homer II. II 87 469 die iOvsa [icXiaadcDv oder [xuiawv. Was
die Zahllosigkeit ihrer Menge betrifft, so vgl. Jer 46 23 und die Berechnungen
moderner Reisender bei Driver (zur Stelle). ^?"!JS"^y in mein Land sind
sie eingefallen^ so spricht der Prophet, aber nicht im eigenen Namen, so dass es
etwa so viel hiesse wie „in mein Vaterland", da diese Auskunft zu v. 7 (mein
Weinstock und mein Feigenbaum) nicht Stich hält, auch nicht im Namen der
Gemeinde (y. 19 steht die Sache anders, s. dort), sondern im Namen Jahwes;
denn des Propheten Wort ist njn^ 11^ y. i. Mit Recht weist aber Merx auf
den unpräcisen Charakter in unserm Buche hin, in dem materiell Jahwe redet
und trotzdem Jahwe öfters in der dritten Person auch in der Rede erscheint,
ja selbst als andrer Sprecher eingeführt wird z. B. 2 12. Zu ^Tih^ y. 13 s. die
Erklärung. Für die zerstörende Kraft der Zähne der Heuschrecken
beweist der gewaltige Schaden, den sie anrichten; die Vergleichung mit Löwen-
zähnen ist darum nicht verwunderlich. HIJ^VnD, LXX p-uXai = Backzähne,
steht immer parallel mit U\W s. Prv 30 u Hi 29 17 Ps 58 7 (hier transponiert
nij;n^??). Vielleicht ist mit Sie^/ers nach LXX bezw. Symiviachus Vniy^nDI
^^'^n'j?, und seine Backzähne sind wie die eines Leuen, zu lesen. 7 Zu dem
Suffix in •^iDn und ^ni^n vd. zu ^^i^l« y. 6. nmh Db^ ist stärker als blosses
D^n, vgl, dazu und überhaupt zu y. 7^ Hos 2 14. ^D^fp'? ist unsicher; wahr-
scheinlich bedeutet es Zerknickung , vgl. LXX sU aoYxXaa[x6v und s. ^^J^. Hos
10 7. Trotz dem Singularsuffix und trotzdem Xl'^^^!^ sonst nur von den
Ranken des Weinstocks vorkommt (Gen 40 10 12), wird man das Abschälen und
Niederlegen {Hinwerfen), sowie das Weisswerden der Zweige auf Weinstock
und Feigenbaum zugleich beziehen müssen. Liest man mit Wellh. und
NowACK ^^hyir\\ ^W ns'^n, so ist der Suffixlosigkeit von 'T^'p^ni abgeholfen und
der Gedanke noch besser ausgedrückt, dass die Heuschrecken Weinstock und
Feigenbaum kahl abschälen und hinwerfen, nämlich die unessbaren Fragmente
von Rinde und Holz, sowie auch kleinere Zweige und junge i^ste. Zu U*'?/'^ =
weiss yyerden vgl. Ges.-Kautzsch^? § 53 d. Verwüstungen durch Heuschrecken,
Jo 1 7 120 Jo 1 9
wie die hier beschriebene, schildern ähnlich Beobachter aus alter Zeit (z. B.
Tacitus Annal. 15 5) und neuere Reisende.
8—12 Die Klage des Landes d. h. der ganzen Bevölkerung, weil infolge
der Verwüstung Speis- und Trankopfer nicht mehr dargebracht werden
können. 8 *h^ ist Impera. fem. von T^b^, wehklagen^ zu der Form vgl.
Ges.-Kautzsch27 § 631. Das Verb kommt nur hier vor im AT und ist ein
entschiedener Aramaismus = sb^^, dem aram. Äquivalent für hebr. ^''b^^ (vgl.
Kautzsch Die Aramaismen im AT 121), daher ein Zeichen der späten Her-
kunft des Buches Jo. Die Variante "^'pDS, traure^ in einem Codex (nach
DE Rossi) verrät offenbar ein Gefühl von dem Unhebräischen des Yerbums
"^^N. Es kann nur das Land angeredet sein; aber man vermisst doch ungern
seine ausdrückliche Nennung. Vielleicht ist ''^^li^, mein Land, hinter "h"^ aus-
gefallen ; eine Spur davon könnte in der Übersetzung der LXX Opr^vTjOov irpo; jxs
stecken, wenn upo; [xs auf ein zu "h^ verwischtes ^!^1i?? zurückzuführen wäre.
An dem Begriff nb^il!!, Jungfr^au, ist nicht herumzudeuten, dass daraus eine
Junge Fi' au wird. Sobald eine Jungfrau verlobt ist, gehört sie nach dem
israelitischen Rechte (vgl. die Gesetzesbestimmung Dtn 22 23-27 mit Dtn 22 22
einer- und mit Dtn 22 28 f. andrerseits) dem Verlobten, der darum ihr bj^? schon
vor der Hochzeit ist und im Falle, dass sie sich jung verlobte, T^'^y^V) ^J?3 ge-
nannt werden kann; vgl. das ähnliche D'^l'iJ^i i]'h^ Jer 3 4 Prv 2 17. Dass aber
das AT von der bräutlichen Liebe nichts wisse und darum der Schmerz einer
jugendlichen Braut um den verlorenen Bräutigam als Ausdruck des höchsten
Schmerzes kaum begreiflich sei (so auch Nowack), ist doch schon angesichts
Cnt 8 1 unrichtig. Also klagen soll das Land, wie eine junge Braut klagt über
den Tod ihres geliebten Bräutigams. Das tertium comparationis ist die Klage
über enttäuschte Hoffnungen: wie der Braut das erhoffte Glück entschwunden
ist, so sind die Erwartungen des Landes auf einen reichen Ertrag zu Schanden
geworden. Zum Anlegen des p'^ als Trauerzeichen vgl. Am 8 10. ^J?
i ^5^5 ist besser nicht mit p'^"ni^n, sondern mit einem virtuell in 2 von nV^iiin?
steckenden Infin. ni^^ zu verbinden: klage wie eine Jungfrau klagt um den
Verlobten ihrer Jugend, Als ein Landesunglück ist der Ausfall der
gesamten Ernte zu beklagen, besonders weil 9 nun das Material zu Speis- und
Trankopfer fehlt; da diese nämlich eine regelmässige und notwendige Be-
gleitung des Thamid d. h. des täglichen Morgen- und Abendbrandopfers sind
(Ex 29 38-42 Num 28 4-8), kann auch dies nicht in Ordnung dargebracht werden
und ist darum der ganze Kultus in Frage gestellt. Man sieht, wie diese
Wertung des Opfers, über das die Propheten vor dem Exil ganz anders urteilen
Am 5 21 ff. Hos 6 6 8 13 Jes 1 10-17 Jer 7, uns in die durch den PC geordnete
nachexilische Gemeinde führt, für die der Kultus im Tempel zu Jerusalem die
wichtigste Angelegenheit ist; man sieht aber auch, dass Joel nicht in die Reihe
der vorexilischen Propheten gehört. nn^p hat hier neben "^JD^, Trankopfer,
sicher nicht mehr den alten Sinn von Gabe und Opfer überhaupt, sondern ist
term. techn. für Speisopfer. Zur Mincha war Getreide, zum Nesek Wein,
und Ol erforderlich, vgl. v. 10 und s. Lev 2. T\)i]\ n"»? ist der Tempel in
Jerusalem: dass auch anderswo Opfer Jahwe dargebracht werden könnten,
Jo 1 9 121 Jo 110
ist keine Frage melir; die Zeiten vor dem Exil, in denen man im ganzen Lande
opfern durfte, gehören einer weit zurückliegenden Periode an. I^'ür '^H^ti^O
nin*' ist durcliLXX nstö TiII^^ID bezeugt und hier herzustellen (Mebx.Holzinger,
Nowack), vgl. auch v. 13; hier ])asst es besonders gut, da von dem Dienst am
Altar beim Darbringen der Opfer die Kede ist. Das Verb ni!^ kommt schon
in älterer Zeit vor von den Dienstleistungen eines Untergebenen gegen seinen
Vorgesetzten vgl. Gen 39 4 40 4, später von Dtn und Hes an ist es besonders
gerne vom Bedienen im kultischen Sinne, von dem Verrichten der priester-
lichen Funktionen gebraucht, wie hier. Es hat also eine engere und speziellere
Bedeutung als T^j; und bezeichnet das Administrieren beim Kultus (vgl.
HoLziNGER ZATW 1889, 101—104). Für welch ein Unglück man in der
spätjüdischen Zeit das Aufhören des Thamid ansah, lernt man auch aus Dan
8 n 11 31 12 11 und Josephtjs bell. jud. VI 2 i. 10 Der Grund der Ein-
stellung des Opfers ist eben die Verwüstung des Feldes. Die Paronomasieen
zwischen llti^ und Hlti^, nb^S und HD^t^, ti^'^'^IH und ti^lTH sind nicht zu verkennen.
n"l\^ bedeutet das freie Feld im Gegensatz zu der Stadt, HDI« den zum Acker-
VT O 'TT-:
bau verwendeten kultivierten Teil desselben. Das Land ist personifiziert, es
trauert vgl. Am 1 2, wie es jauchzt und jubelt, wenn es voll Früchte steht Ps
65 12-14. Unter der Verwüstung haben vor allem gelitten die drei Haupt-
pro'dukte des Landes Korn^ Most und Öl^ die gerade auch zum Opfer nötig
waren; vgl. über diese Produkte zu Hos 2 lo. ti^'''5in wird hier, wie im
folgenden überall, nicht von ti^5^ sondern als metaplastisches Hiph. von ti'D,
sich schämen y abzuleiten sein, also Beschämung erleiden bedeuten, was bei
Personen den Sinn von bestürzt dastehen^ bei Dingen den von fehlschlagen^
missraten y hat. Also lautet v. lo'^: Denn das Korn ist vericüstet^ der Most
missraten ^ das Öl verwelkt. llf. ist nicht ein neuer Absatz mit neuer
Aufforderung zur Klage, sondern besser Fortsetzung der Schilderung der
traurigen Lage; man fasse also W'^'y^^ und ^h'h^T] als Perf., nicht als Impera.
Die Lieferanten des auch für den Kultus notwendigen Korns , Weins und Öls
sind bestürzt, weil die Gewächse, aus denen sie diese Produkte ziehen, ver-
nichtet sind. Für D^'piä, Win%er^ genauer Wein- und Oliv eng artenpflan%er ^ hat
man nicht mit Nowack D*""!?):», Schnitter^ zu lesen. Vor Ht^H'^j; ist eine Pause
zu machen und von da bis zu Ende von y. ii wird die Bestürzung der D''1^^^,
Ackersleute , begründet, s. die ähnliche Konstruktion von y. 5'\ Den Grund
der Klage der D^piä bringt in andrer Konstruktion (statt 'i:i1 r^''?in '^? ]D5n"'?j;)
erst 12. In der Aufzählung der Bäume vermisst man den Ölbaum, dafür
werden neben dem y. 7 schon erwähnten Feigenbaum noch ]1)21, Granatapfel-
baumy IDH, Palme y und n^Dri, Apfelbaum^ aufgeführt, von denen der letztere
nur in späteren Büchern des AT erscheint (ausser hier noch Prv 25 ii und
Cnt 2 3 5 7 9 8 5). D? steht hier nicht steigernd = sogar, sondern als
Ersatz für das gewöhnliche 1 = auch, dazu, TVl^Ti "^^V'b'Ii^ das, weil es
ohne ] steht, nicht „alle übrigen Bäume des Feldes" übersetzt werden darf,
greift über die vorhergehende Aufzählung hinaus und scheint daher aus Y. 20
eingedrungen zu sein. ''?, zusammenfassend und weiterführend, entspricht
unserem ja oder mit einem Wort und leitet das abschliessende Sätzchen ein,
Jo 1 12 122 Jo 114
das die Summe zieht aus der vorangehenden Darlegung: Allgemeine Freud-
losigkeit ist die Folge der Landesverwüstung. li^^aljl mit folg. ]p ist
jjrägnante Konstruktion: beschämt ist die Freude (hier personificiert gedacht)
und gewichen weg von den Menschen, zu Schanden geworden meidet sie die
Menschen. Wo die Ernte fehlt, ist es mit der Freude aus (vgl. Jes 9 2 16 lo)
und was die Trauer für Joel so bitter macht, kein rechter Kultus mehr möglich,
s. auch V. 16.
13—20 Die Aufforderung zur Abhaltung eines allgemeinen Fast- und Bet-
tages, um Jahwe um Erbarmen anzuflehen. Die genaueste und beste Parallele zum
Verständnis der Veranstaltung eines solchen Busstages bietet Jon 3 5-9. Wie dort von
dem ninivitiscben Könige wird der Eusstag auch hier von der Obrigkeit d. h. von den
Priestern angeordnet. Das ist überhaupt die Regel bei ausserordentlichen öffentlichen
Busstagen vgl. I Eeg 21 9 12 Jer 36 9. Dass das Fasten an solch einem Busstage nicht
fehlen durfte, versteht sich von selbst, auch am grossen Versöhnungstag ist es officiell
(Lev 16 29), darum er ja auch Act 27 9 if] vrj'dTsia heisst. Das Fasten, ursprünglich eine
Vorbereitung auf den sacramentaien Genuss von heiligem Fleisch, ist mit der Zeit als
wirksames Mittel zur Unterstützung des Gebetes, besonders wenn Gottes Milde und Er-
barmen angefleht wird, üblich geworden, vgl. z. B. Neh 9 1 Dan 9 3, ferner s. 2 13f. und
zu Jes 1 13.
13 Die Priester als die Leiter des Volkes und die durch die Einstellung
des Kultus zunächst Betroffenen haben an der Spitze des ganzen Volkes um
Erbarmen zu flehen. n^H, legt an, steht hier absolut, das nach dem Zu-
sammenhang selbstverständliche Objekt ist p"^ vgl. v. 8 und Jes 32 ii; denn es
handelt sich um Trauer und Klasre. XSZ\^ Tilti^» vel. zu y. 9. Auch
während der Nacht sollen sie im Trauergewande bleiben zum Zeichen ernst-
lichster Busse, vgl. I Reg 21 27. Statt ^^^« 'D ist mit Meex nach LXX
D%n'bi< ö zu lesen; der Gegensatz zwischen ^'^'^^^ und D5^'^^^5 ist hier in jeder
Hinsicht falsch, ob der Prophet nun im eigenen Namen oder in dem der Ge-
meinde reden sollte, und erst recht unmöglich, wenn er hier wie sonst im
Namen Gottes spricht, vgl. zu ''^IN y. 6. \"l'^« ist unrichtige Lesung der Ab-
kürzung '\n^« oder 'n^«. Zu j;;?^; vgl. das gleichbedeutende mip; y. 5 und
zum ganzen y. is^ die Aussage y. 9^ 14 Di:? ^tT'lp, heiliget ein Fasten, ist
soYiel wie veranstaltet ein heiliges Fasten, vgl. das ähnliche Hönbl? ty^.p = die zum
Anfang des Krieges nötigen kultischen Ceremonien vornehmen. BeimFasten be-
durfte es aber schwerlich noch besondrer ceremonieller Weihen, um es zu be-
ginnen, es sollte ja gerade dem Gebete die rechte Weihe und Kraft verleihen, vgl.
die Vorbem. zu y. 13-20; der Sinn Yon ti^^l|5 ist hier also abgeschw^ächt. Hl??
steht hier im Sinne Yon t^lp ^^Ijpp, woran auch das Verb ^^<*]p erinnert ; anders
ist es gebraucht Am 5 21 und Jes 1 13 (s. dazu). D^^^pt ist hier auf keine
Weise, weder als Anrede, noch als Objekt gefasst, zu halten; sie sind nicht die
Anordner des Busstages, sondern die Priester, aber auch nicht die besonders
Einberufenen, da sie in dem unvermittelt folgenden pSH ^"^^V^ ^2 schon in-
begriffen sind. D'^^p] ist ein Einschub, für den man 2 I6 zum Vorbild nahm, s.
noch zu Y. 2 und vgl. auch Wellh., Nowack. Dagegen ist nun nicht mit
Wellh. ^öD«n, versammelt euch, für ^DD« zu lesen. Die Priester sind die An-
geredeten, sie sind es, die das Volk einberufen, und sie sprechen ganz wie 2 17,
im Namen des versammelten Volkes das folgende Gebet (so auch Meex).
Jo 1 14 123 Job 1 17
Am Scliluss von v. u ist 1b«'? für den Sinn zu supplieron; Pesch. liat das
richtig aufgeiasst und zum leichteren Verständnis o^iolo hinzugefügt.
15—20 Das (iebel, gesi)rochen im Namen des Volkes von den Priestern;
V. 15 ist nicht ein Angstschrei des Propheten und v. lefl'. sind nicht eine neue
Schilderung der Not, die der Prophet giebt. Die l^-iester sind die Redenden;
aber allerdings der Prophet sagt ihnen, was sie beten sollen. Wir vernehmen
daraus das wichtige Neue, dass die von den Heuschrecken herbeigeführte
Kalamität als der unmittelbare Vorbote einer noch viel grösseren Kalamität,
nämlich des grossen „Tages Jahwes", angesehen wurde. 15 ist ganz aus
Eeminiscenzen zusammengesetzt: v. 15^ = Hes 30 2'^P, da das dortige nn nichts
anderes ist als unser nn« ach, wehe; v. 15^^ = Jes 13 6 (s. zu der Stelle). Der Tag,
über den v. i5^ Klage und Entsetzen ausdrückt, wird v. 15*' als Tag Jahwes
bezeichnet und als gewaltiger Gerichtstag bestimmt. Über die alte Bedeutung
des Tages Jahwes s. Am 5 18, ebendort s. auch, wie Amos seine Bedeutung
umprägt; für Jo ist er ein längst fester Begriff, so dass er auch in der Anrede
an Jahwe nicht auffallen kann, er bezeichnet auch nicht mehr wie bei Amos
den Tag, da Jahw^e die Israeliten durch die Assyrer straft, sondern den Tag
des Weltgerichts über Israel und die Heiden, vgl. noch 2 ii 3 4. '•'n^p "It!^3
Nin;, er ist wie Gewalt, die vom Gewaltigen kommt (vgl. Jes 13 6) ist eine sprich-
wörtliche Redensart, die wahrscheinlich weniger specifisch israelitisch ist als
n\'l'^« n^sniDS, s. zu Am4ii. Die Paronomasie von 1t^ und "«T^ leitet beide
Wörter von demselben Etymon TW ab: eine Überwältigung, wde sie dem
Übergewaltigen entspricht; das kann für die Herkunft von ^"1^ nicht entscheiden.
Es wird dem ''"1^ ein alter semitischer Grottesname zu Grunde liegen. ^Nöldeke
(ZDMG 1886 735f.) und Hoefmann (Phöniz. Inschr. 53) dachten an Verwandt-
schaft mit lü (= Dämon), Zij^oiern (KAT^ 358) hält dagegen einen Zusammen-
hang mit assyr. sadit^ das als Bezeichnung babylonischer Götter vorkommt,
für mödich. Die iinderuno^ von ^"ti^ö in ^«Vöti^'^ wie ein verheerender Über-
fall durch „Ismaeliten" (so Cheyne Grit. Bibl. I 22 und Encycl. Bibl. Art.
Shaddai) ist unnötig und nicht glücklich. Die Befürchtung, dass der
Tag Jahwes bereits angebrochen sei oder doch unmittelbar bevorstehe, wird
durch die schreckliche Not erweckt, die 16 ff. von neuem beschrieben
wird. Ohne etwas dagegen thun zu können, mussten sie zusehen, wie ihnen die
Nahrung entzogen wurde. Die Ernte ist verloren und so hat es ein Ende mit
dem Kultus, ganz besonders mit dem Freudenjubel beim frohen Erntefest, vgh
V. 12. 17 Alle Hilfsmittel zum eigenen Unterhalt, wie zum Unterhalt des
Kultus fehlen; das wird der Sinn sein, den v. 17 im allgemeinen hat. Ausser-
ordentlich schwierig ist aber der Anfang; denn unter den vier ersten Wörtern
finden sich drei aTra; XsYojxsva. Gewöhnlich erklärt man ^t^^nj; nach einem ent-
sprechenden arab. Verb, äbisa = einschrumpfen, T\Vr\B nach dem ,syr. 1?;^,
U'^ = Korn, Saatkorn, und schliesslich nimmt man mit Ibn Ezra und David
KiMCHi ohne eine einleuchtende Ableitung von ^IJ, fegen, kehren,^üv nD"J5D
die Bedeutung Erdscholle an, sodass übersetzt wird: Eingeschrumpft sind die
Saatkörner unter ihren Schollen. Es wäre dann hier auf die regelmässig ein-
tretende Begleiterscheinung einer gewaltigen Heuschreckenplage, nämlich
Jo 1 17 124 Jo 1 18
auf die Dürre, hingewiesen, wie dies auch nachher v. 19 geschieht; vgl. Am 7 i 4.
Allenfalls kann dies der Sinn sein, obschon die a-na^ \o^Q\izvaL Bedenken er-
wecken und es einem nicht recht wohl ist bei dem „Verschrumpfen der Saat-
körner unter den Schollen''. Man hat darum auch schon anders sich zu helfen
versucht, so will Riedel (StK 1903) übersetzen: Staubig geworden sind die
Körner unter ihren Besen; nD^iiJD = Besen hat allerdings mehr für sich als
nD"i:iö= Scholle, vd. neuhebr. ^i:r:5, "n^^yCi, n^DlI^D bei Dalman Aram.-neuhebr.
Wörterbuch; ob aber das „Verstaubt werden unter den Besen" annehmbarer
ist als das „Verschrumpfen unter den Schollen", ist sehr zu bezweifeln. Sieht
man sich somit genötigt^ den Text für beschädigt zu halten, so ist der einzig
rationelle Weg der, den Merx eingeschlagen hat, nämlich auf LXX zurück-
zugehen. Dort steht nun eaxipxYjaav oaaaXsi; kizi zaXc, cpaivaig auTwv, was nach
Merx hebräischem DiTrtlt^ ...?.. .illlD W^ entspricht und zu übersetzen ist:
•! '• i \ TT J. , ,
„es stampfen die Rinder über ihren Krippen". Die Ähnlichkeit der beiden
Texte ist abgesehen von D nnn deutlich; aber eine Bemerkung über die Rinder
ist hier nicht am Platze^ da von ihnen v. is nochmals die Rede ist. Es genügt
also nicht, einfach den LXX-Text aufzunehmen; der hebr. Text, den LXX
vor Augen hatte, war offenbar schon verwischt und entstellt, auch war das
Sätzchen wohl in einer Abschrift vergessen gewesen, dann am Rande nach-
getragen und schliesslich bei neuer Abschrift an falscher Stelle in den Text
geraten; vgl. noch bei y. 18. Der Rest von y. 17 ist verständlicher, nur
darf man nicht mit Meex aus dem Xr^voi der LXX schliessen, dass Hin^ für
nii;i[)?l?] zu setzen und nachher eine Aussage über das Missraten von Wein
und Ol ausgefallen sei; denn Xyjvo; bedeutet nicht nur Kelter, sondern Trog
überhaupt vgl. Gen 30 38 4i (selbst Backtrog). Da zu ^Din^ Backtröge nicht
besonders passen, wird man nicht nillj^p vermuten, sondern sich bei nil^ö
(ohne ein zweites t3, das falsche Dittographie ist) beruhigen können, zumal HI^IlD
= Yorratskammer , Behälter , wenn nicht durch Hg 2 19, so doch durch das
Neuhebr. sicher gestellt ist und zu dem parallelen illl^l^^ vortrefflich passt.
Unter beiden darf man sich nicht grosse Scheunen und Kornspeicher vorstellen,
sondern viel bescheidenere Vorratskammern und Behälter; diese stehen leer und
sind zerfallen, weil das Getreide missraten ist und kein Grund, sie in Ordnung
zu bringen, Yorgelegen hat. 18 Die drei ersten Wörter sind mit Meex u. a.
nach LXX zu verbessern, da die Aussage „wie seufzt das Vieh?" den Tieren
ein sonderbares Prädikat beilegte und auch unklar bliebe, was unter njpnis zu
verstehen wäre, ob alle Tiere oder blos die Rinder, Schafe und Ziegen gemeint
seien. LXX bietet: xt diroÖTjaojisv eaüiotc; (lies: sv auxol;); also las sie: nn?5 HD
nisn^j y^cLS sollen wir in sie legen? Diese Frage kann sich an die Aussage
über die zerfallenen leeren Speicher anschliessen; das Suffix in HISH^ bezieht sich
dann auf ni1^« und nli:iD y. 17. Da aber immerhin das Zwischensätzchen
T ■•. I
\T\ t^'^nil ^2 unangenehm Suffix und Nomen trennt und nach demselben die
Frage sehr schwach klingt, so ist zu vermuten, dass an die Spitze Yon y. i8 der
Anfang von y. i7 in der von Meex verbesserten Gestalt oder in der noch
weitergehenden Änderung DH^rtns-^j; [PnniD] nn"lD W^y\r\ gehört; denn dann
handelt es sich bei njsn^ um die Krippen und der Sinn ist: enttäuscht stehen
Jo 1 18 125 Jo 2 1
die MimUicre hei Ihren Kripium; vhih HoUen wir in sie legend \ViZ\\ (für W"^ ^[S''?]
der LXX und ^C^3j; des MT) stösst sich hier so weni^' mit vorangehendem t^'^nin
wie in v. lof. Statt ni"lD (TjXX) dürfte sich nach M'J' die Lesung nillD oder
D^niD, Mmdtiere, empfehlen, da sonst die Rinder zweimal erscheinen (vgl. fol-
gendes IJJin) und bei Maultieren Stallfütterung nicht auffällt (I Reg 18 5, vgl.
auch Jes 1 3). ^jij (Niph. von ^Uj ist durch Est 3 15 in der guten Bedeu-
tung verwirrt, hesli'trzt sein gesichert (vgl. auch Ex 14 3); das von Mekx nach
dem sxXaoaav der LXX (OS iür Oi^) adoptierte Weinen der Rinder wird doch
gerade so verwerflich sein wie das Seufzen des Viehs des MT v. 18'*. Der
Grund der Bestürzung der Rinderherden: Dnb nj;ip \)^ ^^ ist nicht mit Sieveks
als prosaisches Einschiebsel zu verdächtigen; Joel liebt es, immer und immer
wieder die Verwüstung des Landes ausdrücklich hervorzuheben, vgl. die Sätz-
chen mit ''? V. 17 19 20. Ganz anders steht es bei einem Dichter wie Jeremia,
vgl. zu Jer 14 5 6. Für ^ö^^J? Missen, das sehr wenig hierher passt, ist nach
LXX (rjcpavto&Tiaav) mit Merx, Wellh. u. a. ^Äli^J, sie sind verwüstet, in trost-
losem Zustande, zu lesen; vgl. auch das unrichtige S in HHiSj und s. ebenso D^«
für DDti^ z. B. Hos 14 1 etc. Auch die Schafherden, die mit der dürfti^^sten
Nahrung auskommen, können nicht mehr durchgebracht werden. 19 Die
Priester reden im Namen des Volkes (s. Vorbem. zu v. 15-20) in der 1. Pers.
Sijig. „wie der Chor der griechischen Tragödie" (Mebx), wenn nicht am Ende
besser entsprechend U'^yj; und ^i\'l'^S* y. 16 und nn^5 v. I8 gerade7u Nljp; herzu-
stellen ist. ti^{5 ^11 d. T\yrb^, Feuer und Flamme, bezeichnen bildlich die Kitze
und Dürre, welche die Heuschreckenplage begleiten (vgl. y. 12). 20 Die
Not ist so gross, dass selbst die wilden Tiere (nicht nur die zahmen y. 17 f.) zu
Jahwe schreien; vgl. zu H'li^n, sich empor strecken, sich sehnen, LXX: av£j3A£']>a ^
Ps 42 2. Der Sing. fem. T^"^^ nach dem plural. Subj. ist möglich, vgl. Ges.-
Kautzsch27 § 145k, doch kann mit Nowack der Singul. riJ^nn gelesen werden.
D'.D •'i^'^DIS vgl. ebenfalls Ps 42 2. Ob nicht das mit y. 19^^°^ identische Schluss-
sätzchen zu streichen sei, lässt sich jedenfalls fragen, bes. da wenigstens nicht
alle walden Raubtiere das Verdorren der Weide, sondern das Versiegen der
Bäche plagt.
2 i-ir Dringende Aufforderung zur Beschleunigung der Einberufung der ge-
samten Bevölkerung in den Tempel: Jetzt ist es noch Zeit, aber Gefahr ist im
Verzug; denn die Vorboten des Tages Jahwes sind schon da, aber immerhin ist es
möglich, dass sich Jahwe durch Busse und Fasten erweichen lässt und das End-
gericht aufschiebt.
1 2^°^ (bis ^S'JX^l) Aufforderung, die Bevölkerung zu alarmieren,
da der Tag Jahwes unmittelbar bevorsteht. Die Worte y. 1 2^ ge-
hören nicht mehr zum Gebet 1 15-20, wie Merx annimmt, sondern es spricht
der Prophet und zwar, wie •»^'"jjj nn mit dem Suff, der 1. Pers. zeigt, im Namen
Jahwes (vgl. 1 6 zu ^^"|if?). Bei der unpräcisen Art Joels kann* die Verwendung
Jahwes statt des Suff, der 1. Pers. in dem zum festen term. techn. gewordenen
njiT DV hiergegen nicht ins Feld geführt werden, vgl. auch 1 15. Angeredet
sind die, welche das Amt des Posaunenblasens hatten, es sind die Priester, die
Leiter des Volkes, die die Gemeinde zusammenberufen. Sie sollen jetzt zu un-
Jo 2 1 126 Jo 2 2
gewohnter Zeit das Zeichen geben. Posaunenblasen und Lärmschlagen OV^'in)
sind militärische Signale (vgl. Am 3 6 und Hos 5 8 Num 10 9), wenn sie w^ohl
auch im Kultus Verwendung gefunden haben, vgl. Lev 23 24 25 9 Ex 19 16
Num 10 1-10; hier schimmert der militärische Anstrich noch durch, denn es
handelt sich um schwere Gefahr und die Vorboten derselben, die Heuschrecken,
werden im folgenden als ein grosses ins Land eingefallenes Kriegsheer ge-
schildert. ^t^T, es sollen erbittern, zusammenfahren alle Bewohner des
Landes: das Gebiet kann nicht gross sein, wenn das Signal von Zion im ganzen
Lande gehört wird, offenbar wird es von Station zu Station weitergegeben.
Das Zittern ist die Folge des Alarms, vgl. auch Am 3 6 Ex 19 16 (beidemal
nnn = 01). 2^°' ist das Subj. zu ^IIJJ *>?, die Trennung der Verse also ver-
fehlt. Das Original zu v. i'' 2^^* liegt Zph 1 I4f. vor, vgl. auch Hes 34 12; in letzter
Linie geht die Schilderung des Tages Jahwes als eines Tages der Dunkelheit
und Finsternis auf Am 5 18 zurück, s. auch oben zu 1 15.
2^!^(von in^'? an)— 11 Erneute Schilderung der eingetretenen Not.
Es ist nicht nur eine Parallele der bereits in Cap. 1 gegebenen Beschreibung, sondern eine
dem Fortschritt der inzwischen gewachsenen Not entsprechende Steigerung. So führen
uns V. 2^S^-il im Verlauf der vom Dichter lebendig vergegenwärtigten Not eine Etappe
weiter als Cap. 1. Schon 1 15 äussert die Gemeinde im Gebet die Besorgnis, die Heu-
schrecken könnten die Vorboten des Tages Jahwes sein, hier werden sie nun vom Pro-
pheten als solche bestimmt gezeichnet (vgl. bes. 2 11). Die Not ist aufs höchste gestiegen
und die Kraft und Macht der Yerwüster unwiderstehlich, schon sind sie nicht mehr bloss
im freien Felde, sondern auch in die Stadt eingedrungen. Die Schilderung beruht auf
richtiger Beobachtung, immerhin mischen sich in dieselbe auch der Phantasie entnommene
Züge, weil der Prophet in den Heuschrecken eben mehr als blosse Heuschrecken, nämlich
auch die von Jahwe gesandten Vorboten des Gerichts und die Vollstrecker des göttUchen
Willens sieht. „Apokalyptische" Heuschrecken sind sie aber weder im Sinne von Apk
Joh 9 3-11, noch in dem von Merx, der in der Schilderung eine Allegorie und in den Heu-
schrecken nur Bilder für Kriegsheere, nämlich für die apokalyptischen Nordvölker Hes 38 f.
sieht. Joel redet von wirklichen Heuschrecken und einer wirklichen Heuschreckenplage.
Es wäre doch ganz ungereimt, wenn Joel mit den Heuschrecken Krieger und Reiter
meinte und dann als Bild für das Bild (die Heuschrecken) die Abgebildeten (Rosse und
Reiter) brauchte v. 4 7. Das Hesse sich auch nicht mit der unpräcisen Art Joels verteidigen.
Umgekehrt ist es vielmehr ein treffliches Bild, wenn er die wirklichen Heuschrecken mit
einem unwiderstehlich vordringenden Kriegsheer vergleicht.
2aßb ^i^ Morgenrot ist ausgebreitet über den Bergen ein gross und zahl-
reich Volk U.S.W, schildert, wie ein herankommender Heuschreckenschwarm
zuerst sichtbar wird. Der helle Schein der von den Flügeln der Heuschrecken
zurückprallenden Sonnenstrahlen ist schon oft beobachtet worden (s. Belege
bei Ckedner 274), der Vergleich mit dem Morgenrot darf nicht dahin aus-
gedeutet werden, dass auch die Heuschrecken nur von Osten kommen konnten.
b^lD ist nicht Attribut zu in^, sondern Prädikat zu Dj;; Athnach steht daher
unrichtig bei nnnn. Über Dj; vgl. zu M-l 1 6; rir:i)l\ ^*1 °5? s. auch Ex 1 9
Dtn 7 1. Zu der Hervorhebung seiner Einzigartigkeit 'IJll ^nbS vgl.
Ex 10 14^, welche Stelle schon zeigt, dass man den Verf. nicht beim Wort
nehmen darf und dass er nur die von ihm erlebte Heuschreckenverheerung als
eine ganz ausserordentliche bezeichnen will. Für ^DV 1. ^pi\ die Schrei-
bung als Jussiv, der unmöglich ist, beruht wohl nur auf Verkennung der
Jo 2 2 127 Jo 2 7
Defektiv-Sclneibung, s. Ges.-Kautzscu'^^ 5^109(1; zu (^r^^ilnzen ist natürlich
r\Vr\b. 3 Die Verheerung", die die Heuschrecken anrichten. Zu Feuer und
Flamme als Begleiterscheinung der Heuschreckenplage s. 1 i9. Der Garten
Eden nur noch Hes 36 35, vgl. \)V^ ]? Gen 2 8; ähnlich ist der Garten Jahwes
Gen 13 lo Jes 51 w (in Parallele dazu ]1I?), vgl. noch die Bäume Edens Hes 31 9
16 18. ni:)öl2^ "linntt vgl. 4 19 Jer 12 10. '\b kann sich nur auf nn üj; be-
ziehen, gerade wie V^D^ und V"ins, es bedeutet aber nicht für ihn^ sondern hei
ihm. P>ei diesem Dj; und seiner Vollstreckung des Gerichts gab es keine nü*bD;
vgl. zu dem term. techn. nrj^^D = die dem Gericht Entronnenen 3 5 Ob v. 17
Jes 4 2. Auch die Schilderung von v. 3 ist naturgetreu: wo ein Heuschrecken-
schwarm sich niederlässb, da verschwindet die ganze Vegetation; vgl. ferner
Ex 10 15. 4—9 Die unaufhaltsame Vorwärtsbewegung der Heuschrecken,
die der eines mächtigen Heeres gleicht. 4 An Gestalt und Schnelligkeit
gleichen sie flössen und Keitern, vgl. auch unsern Ausdruck „Heupferd*' und
Hi 39 20 die umgekehrte Vergleichung des Pferdes mit der Heuschrecke.
Warum D'^ti^lD hier nur Ross und nicht Reiter bedeuten könne, ist nicht einzu-
• TT '
sehen; LXX hat schon ittttci? verstanden, und es handelt sich ja v. 4=^ nicht um
die Gestalt, sondern um den schnellen Lauf der Reiterei. Die Imperfekt-
formen auf ]r (y. 4-9) finden sich nicht nur in der älteren Litteratur; hier geben
sie der Schilderung durch ihre Wiederholung ein gewisses feierliches Ge-
präge. 5 Das beim Herankommen der Heuschrecken gehörte Geräusch
vergleicht y. 5^ zunächst mit dem dumpfen Wagengerassel, das man in der
Ferne vernimmt, wenn die Heuschrecken über die Berge daherschwirren, dann,
wenn sie näher kommen, mit dem Geknister der Flamme in den Stoppeln (vgl.
Jes 5 24 Na 1 lo), bis sie schliesslich y. 5^ wie ein gerüstetes Kriegsvolk er-
scheinen. Der Vers schildert lebendig die einzelnen Momente des Dramas
beim Heranzug der Heuschrecken: Horch! ein Wagengerassel, sie hüpfen über
die Spitzen der Berge, horch! ein Knistern der Feuerflamme in den Stoppeln,
sieh! ein gewaltig schlachtbereites Volk! Ahnliche Vergleiche für diese Er-
scheinung geben neuere Reisende, s. bei Crednee. Für das erste ^1p3 ist
nicht mit Merx bloss 2 zu lesen; ^1p? bedeutet horch! wie^ gerade wie blosses 3
= es ist wie, sieh! wie, ist. Zu ^^1V statt des erwarteten "^V\V vgl. ^^V „singt"
Num 21 17 neben ^^y „antwortet" ISam 12 3 und König Lehrgebäude 11 § 130,
3 a (S. 503). 6 Der Eindruck, den die Erscheinung der Heuschrecken auf
das Volk macht, ist Angst und Schrecken. Zu ^^n sich vor Angst winden vgl.
Jes 13 8 Mch 4 9 f. nn.SB (vom Verb l^^ö arab. fära = überwallen, kochen)
bedeutet Glan%^ Röte] Y^\) ist = %usammennehmen, während ^DS = eingehen ^
wegziehen bedeutet; daher ist hier nicht vom Erblassen, Erbleichen vor Angst
wie Jer 30 6, sondern vom Botwerden vor Entsetzen die Bede, vgl. Jes 13 8 „das
Flammengesicht" und unser: Die Angst treibt ihm das Blut ins Gesicht, und
man übersetze: alle Gesichter erglühen bei der drohenden Gefahr. - VgL übrigens
die gleichlautende Aussage Na 2 ii^, die neben Jes 13 s Joel Yorschwebt.
7 ff. Der Angriff der Heuschrecken gleicht dem eines wohlgeordneten Heeres,
s. auch Prv 30 27. |^n, laufen, ist hier = angreifen Hi 15 26 Ps 18 30. Durch
Teder zieht seinen Weg, vgl Jos 6 5, wird auch der allgemeine Sinn des
Jo2 7 128 Jo 2 10
parallelen letzten Gliedes von v. 7 festgestellt: Keine Verwirrung richten sie auf
ihrem Marsch in ihren Reihen an. Nur ist es die Frage, ob ]^D?j;'; den für die
Stelle notwendigen Sinn von verflechten hat; wo das Verb lonjj sonst vorkommt,
hängt es mit tOlD^, Pfands zusammen und die Annahme einer Grundbedeutung
verflechten ist nur Vermutung. Das Mch 7 3 vorkommende n^n^J^";, verdrehen ,
ist selber nicht sicher; besser wird man entweder mit Geätz nach LXX (IxxXi-
vojot) ]1t3^ etwa = sie schlagen eine abweichende Richtung ein (doch s. zu
Am 2 7), oder a<m ehesten mit Wellh. ]^ri^5?% sie kri'nnmen, verwirren (ihre
Wege nicht), lesen, vgl. Ps 146 9. Dnln"]S ist unter dem Einfluss des Gegen-
tones aus dem zu erwartenden DHln^liJ entstanden, ebenso Prv 9 15, vgL Stade
Gr. § 109. 8 Für ppHT., sie drängen, ist das von einigen Codd. gebotene
l^'POT.' ^^^ entfernen sich, das auch LXX liest, keine Verbesserung; vgl. pn^
auch Jdc 2 i8. Vergeblich ist es, die Heuschrecken mit Waffen am Vor-
rücken zu hindern (v. 8*^). h^) bedeutet nicht nur das unabsichtliche, sondern
auch das absichtliche „Fallen", vgl. z. B. Gen 24 64; also: sie werfen sich,
stürzen. lyis ist = durch, vgl. )lVnn nj;^ Gen 26 8, sowie unten v. 9, und wie
hier bei dem Verb h^) (aber vom unabsichtlichen Fallen) II Reg 1 2. vb^
kommt nur in späteren Schriften vor Neh 4 ii 17 II Ohr 23 lo 32 5 Hi 33 18 36 12,
es bedeutet Geschoss und ist das Äquivalent von D^^?, vgl. II Reg 11 11, die
Parallelstelle zu II Chr 23 10. ^V^^\ ^^ bedeutet nicht: „sie machen keine
Beute", sondern: sie brechen nicht ab, und zwar ist dazu nicht etwa „ihren
Weg" zu ergänzen, sodass etwa von dem Einschlagen einer neuen Richtung die
Rede wäre, sondern das Wort ist absolut zu fassen: sie lassen keinen Bruch in
ihren Reihen entstehen; sie stürzen sich durch die Zw^ischenräume der ihnen
entgegengehaltenen Waffen hindurch, schliessen aber nachher sofort ihre
Reihen. Die Lesung des Niph. ^V??^ ^ mit dem Sinne: sie werden nicht ver-
wundet, ist auch deshalb unnötig, weil ja doch in Wirklichkeit Verwundungen
nicht ausgeschlossen sind. Auch hier v. s^^ schildert Joel genau nach der Natur
wde 9, wo er vom Eindringen der Heuschrecken in die Häuser spricht, vgl.
HbA Art. Heuschrecken! 611, 2 625. Zu ^ptr; vgl. Jes 33 4 Na 2 5, zum Ein-
steigen in die Häuser vgl. Ex 10 6. 10 f. Die dem Eintreffen der Heu-
schrecken in der Hauptstadt vorangegangenen Zeichen: Erdbeben, Finsternis
und Donnerschläge, verleihen der hereingebrochenen Heuschreckenplage eine
erhöhte Bedeutung: die Heuschrecken sind zwar nur wirkliche Heuschrecken,
aber zugleich die unmittelbaren Vorboten des Tages Jahwes; vgh Vorbem. zu
V. 2-11. Dass das Gewitter in einem Regen sich entladen habe, ist nicht gesagt,
darum nicht wahrscheinlich, aber auch nicht nötig; es brachte Vorboten und
Zeichen genug. Jedenfalls kann man die Schilderung nicht so verstehen, dass
sie bloss von der Verdunkelung des Himmels durch die Heuschrecken spreche;
dann wäre das Donnern unverständlich und das Erdbeben eine starke Über-
treibung. Für die den Tag Jahwes begleitenden kosmischen Erscheinungen
vgl. Jes 13 10 13 Hes 32 7f., nach dem jetzigen Text auch Am 8 9f. (vgl. dort),
und im NT Mk 13 24 Mt 24 29, ferner s. die Parallelen in der babylonischen
Litteratur KATs 393. Das Suff, in V^dS kann sich nur auf das Heu-
T T J
schreckenheer beziehen, wie es denn in y. 11 seine deutliche Erklärung findet,
Jo2l0 129 Jo2l5
die auch die Ursache des Erdhebens etc. nachbringt: vor iiim liat die Erde
gebebt etc., weil Jahwe donnern Hess. ^ü^ vgl. den Cegensatz yij) v. 6.
11 "^^Ip inj, vgl. unser „laut geben", bezeichnet von Jaliwe ausgesagt: donnern,
donnern lassen, s. Ps 18 u 46 7 Am 1 2. l^^n sein (seil. Jahwes; Jleer sind
die V. 2-9 beschriebenen Heuschrecken, vgl. v. 2r>. Die drei mit "^3 einge-
leiteten Schlusssätzchen sind koordiniert, sie begründen, warum Jahwe auf so
ausserordentliche Weise mit Donner etc. sein Heer ankündigte. Diese Vor-
kehrungen sind angemessen der Grösse seines Heeres, der gewaltigen Menge
der Vollstrecker seines Vt'illens und den furchtbaren Ereignissen, die mit dem
Tage Jahwes eintreten. Zu ^^^^^\ und dem ganzen letzten Sätzchen vgl.
Mal 3 2 23 Jer 10 lo.
12—17 Aufforderung, die letzte Frist noch zur Umkehr zu be-
nutzen, ehe es zu spät ist. 12 Ausdrücklich wird hervorgehoben durch
nin^ D«:}, dass Jahwe selber dazu auffordert, nr\J^"D51 auch jet%t noch, wo die
Gefahr aufs höchste gestiegen ist, umzukehren. Zu Ij; "2^^ vgl. Am 4 6 und
Hos 14 2. Von gan%em Herzen sollen sie umkehren vgL Dtn 4 29 6 5; aber
die Zufügung mit Fasten und Weinen und Klagen zeigt, wie ferne Joel den
vorexilischen Propheten steht. So kennzeichnet auch Est 4 3 den Busstag, die
alten Propheten haben auf solche Zeichen wenig oder nichts gegeben und
anderes gefordert. Übrigens nennt Joel auch keine Sünden des Volks; seine
Mahnung läuft nur darauf hinaus: „haltet einen Busstag!'-', vgl. Wellh.,
NowACK. Zum Fasten vgl. 1 u, zu dem dasselbe begleitenden Weinen und
Klagen s. Sach 7 3, zu allen dreien nebeneinander Est 4 3. 13 setzt der
Prophet die Eede Jahwes fort, sie erklärend. Er weiss, dass das äussere
Zeichen der Trauer: das Zerreissen der Kleider, nicht genügt, sondern dass
eine innere Umkehr, ein Zerreissen des steinharten Herzens, nötig ist, vgl.
Hes 36 26 Sach 7 12, ferner s. Jer 4 4 Ps 51 19. Die Busse hat auch jetzt
noch Aussicht auf Erfolg, denn Jahwe ist barmherzig v. 13^ Fast wörtlich
gleich lautet Ex 34 6, nur dass für das dort zu IDIl hinzugefügte HD«! hier ganz
wie auch Jon 4 2 nj;"in-^j; Un)\ steht. Dn:i ist den vorangehenden Adjektiven
entsprechend Part. (Niph.) = einer, der Mitleid empfindet T^yy^V. wegen des
Unglücks; warum statt des Part. dasPerf. DH? zu lesen wäre (soHitzig, Nowack),
ist nicht einzusehen. Wenn Jahwe, wie er gnädig, barmherzig ist, auch Mitleid
im Unglück empfindet, so ist nicht gesagt, dass dies Mitleid in jedem Falle
wirksam werde. Das Part, stimmt ganz dazu, dass das göttliche Erbarmen 14
bloss als Eventualität ins Auge gefasst wird. V.IS^ "•? wer weiss = viel-
leicht findet sich auch II Sam 12 22, der ganze v. 14^ in Jon 3 9^ Qn?! ist
hier perf. consec. in Pausa: vielleicht hat er doch noch {1W\ = er kehrt um vom
mit der Sendung der Heuschrecken betretenen Wege zum Gericht) Er-
barmen. ^y\ l'^S^ni und lässt einen Segen hinter sich, wenn er nämlich
umkehrt. Speis- und Trankopfer für Jahwe euren Gott, Das Unpräzise im
Ausdruck zeigt sich auch hier bei TVWch für ^h. Die HDin besteht darin, dass
Gott wieder das Land seine Früchte zeitigen und so das Material zu den
Opfern bringen lässt, vgl. Dtn 7 13 16 10 15 17. In der nochmaligen Auf-
forderung einen Buss- und Bettag abzuhalten 15—17 gipfelt die ganze vorher-
Kurzer HC zum AT XIII 9
Jo 2 15 130 Jo 2 17
gehende Darlegung der Not und der auch jetzt noch bestehenden Möglichkeit
einer Abwendung des Unglücks. 15 ist zusammengesetzt aus 2 i^"" und 1 u^%
16 ist eine Ausführung der übrigen Worte von 1 14\ Dj;, Volk^ Bürgerschaft, und
Sljj, kultische Gemeinderersmnmlung, nennt die 1 u genannten \y^T\ ^^ti^'V b^b
als Bürger des politischen Gemeinwesens und als Glieder der religiösen Ge-
meinde. Zu dem Gebrauche von Slj^ vgl. bes. Holzinger ZATW 1889,
105f. An der Feier des sofort von den Priestern zu veranstaltenden ßuss-
und Bettages darf niemand fehlen, weder Greise, noch Kinder und Säuglinge,
selbst die Neuvermählten nicht, denen doch das Gesetz Dtn 24 5 sogar im Falle
eines Krieges eine Ausnahmestellung einräumte. Iin bedeutet hier in Parallele
zu HDn, Brautgemach, gerade wie Jdc 15 i, Brautkammer; HDn vgl. auch
Ps 19 6. Noch allgemeiner ist die Beteiligung am Busstag zu Ninive, da auch
die Tiere mitfasten und mittrauern Jon 3 7 f., aber auch bei dem in der lehr-
reichen Parallele Jdt 4 9-i5 geschilderten Fasten im Tempel. 17 ist nicht
Erzählung, sondern Fortsetzung der Anweisung des Propheten; der Übergang
von der Anrede an die Priester y. 16 zu ihrer Anführung in der 3. Pers. ist
durch die Jussive in v. 16^ erleichtert. Wie 1 15-20 sollen auch hier die Priester
im Namen der ganzen Gemeinde Jahwe um Erbarmen und Verschonung an-
flehen. Die Priester sollen den Platz einnehmen zwischen der Vorhalle des
Tempels, die entsprechend dem salomonischen Bau auch in dem Serubbabels
am Eingang des Tempelgebäudes sich befand (vgl. IReg 6 3), und dem grossen
Brandopfer-.4tor und zwar mit gegen das Heiligtum gerichtetem Angesicht.
Das Gebet ist kürzer, aber eindringlicher als 1 15-20. Als Motiv für die
Verschonung (D^in mit folg. ^j; vgl. z. B. Neh 13 22 Jo 4 11) wird vor Jahwe
geltend gemacht, dass er doch sein Volk, das ja sein Erbteil (nbnj) ist vgl. z. B.
Dtn 4 20 9 26 29, und sich selber nicht dem Spotte der Heiden preisgeben
möge. Gottes Ehre (bei Hes der Beweggrund, die Israeliten zu retten) wird
ja angetastet, wenn die Heiden sagen können: Wo ist ihr Gott? vgl. Ps 42 4 11
79 10 115 2. Auch versteht man sehr wohl die Empfindlichkeit der späteren
Juden dem Spott der Heiden gegenüber vgl. v. 27 '\ D5 b^V'öb kann nach
dem ganzen Zusammenhang nicht mit über sie herrschen übersetzt werden,
sondern nur mit über sie spotten. Von Fremdherrschaft ist nirgends die Rede,
sondern von Verspottung, s. v. 19 27^ Durch Hes 18 3 ist die Konstruktion von
^^D mit in (statt mit dem gewöhnlichen ^j;) auch für die Bedeutung spotten ge-
sichert (vgl. auch die Zusammenstellung von ^^lO^^ '^^lO'? J^^ ^^ ^» ^^^ hier),
sodass es unnötig ist, statt DM:i DSi zu lesen DMH? (Ges.-Buhl^^^ = %um Spott
unter den Heiden; vgl. auch Jdt 4 12.
Dass der Aufforderung des Propheten Folge gegeben und ein Busstag abgehalten
wurde, wird nicht erzählt, aber als selbstverständlich im Folgenden vorausgesetzt. Die
grosse allgemeine Bussfeier bewirkte den Umschwung in Jahwes Gesinnung, von dem
2 18 ff. erzählt und mit dem alle die herrlichen Yerheissungen zusammenhangen, welche
nun dem Volke Jahwes gegeben werden.
4
Jo 2 18 131 Jo 2 20
Zweiter Teil
2 18 4 21:
Die gnädige, Rettung aus der Not, reichen Schadenersatz und
die herrlichste Zukunft verheissende Antwort Jahwes auf das
Bussgebet seines Volkes.
18 Die Erzählung von dem Linschwuiif^ in Jahwes Gesinnung. Bei dem
Bussgebet des Volkes kommt Jahwes Liebe zum Durchbruch, sein Eifer wird
wach für sein Land (vgl. ''I^IS 1 6) und er übt Schonung an seinem Volke, vgl.
Jdt 4 13. s'p ^^p.]], und er eiferte für sein Land, erinnert uns daran, dass wir
mit Joel in der Zeit nach dem Exil stehen, wo Jahwes Eifer nicht mehr wie
früher ein Grund der Furcht (Ex 20 5 34 14), sondern der Hoffnung war, vgl.
z. B. Hes 36 5f. Jes 42 13 Sach 1 u 8 2 Jes 63 15 und in meinem Jesaja-Com-
mentar KH-C X zu Jes 9 6 S. 94f. Der unglückliche Vorschlag von
Meex, statt der Imperff. consecc. v. isf. Jussive zu lesen und demgemäss alles
von V. 18 bis zum Ende des Buches noch mit dem Gebete y. i?'^ zu verbinden,
hat mit Recht keinen Anklang gefunden; das Buch hätte bei dieser Fassung
keinen Schluss, es fehlte ja die Antwort auf die im Gebete 2 17— 4 2i ausge-
sprochenen Wünsche und der Leser bliebe in seinem Zweifel zwischen Himmel
und Erde hangen (Steiner, Nowack). Ausserdem ist es doch auch eine harte
Zumutung annehmen zu sollen, das vor Busse und Trauer zerknirschte Volk
habe gewagt, Jahwe die Antwort, die man von ihm wünschte, zu diktieren.
19 Jahwes Antwort beginnt mit der Versicherung vollständiger Er-
hörung: an Stelle der gegenwärtigen Not tritt reicher Uberfluss v. 19^ (vgl.
dazu 1 10-12) und die Heiden sollen keinen Grund haben, über sein Volk zu
spotten Y. 19^ (vgl. Y. 17). Diese gemessene und bestimmte allgemeine Aussage
wird im folgenden bis zu Ende des Buches noch im Einzelnen exponiert. Dass
dabei hie und da der Prophet das Wort nimmt d. h. im Namen Jahwes redet,
sodass Jahwe auch in seiner eigenen Rede in der 3. Pers. erscheint (z. B. y. 21
23 26 etc.), fällt bei dem unpräcisen Charakter des Buches nicht auf (vgl. zu 1 6)
und zeigt nur, wie die spätere Zeit zwischen Wort Jahwes und Wort der Pro-
pheten nicht unterschied.
20 Die Entfernung der Heuschrecken ist das erste, was zur Herbeiführung
fruchtbarer Zeiten geschehen muss und soll. ^^I^^H kann nichts anderes
als die Heuschrecken bezeichnen, wie alles Folgende in y. 20 zeigt; wie sie aber
zu diesem Namen kamen, ist fraglich. Schwerlich darf man daraus entnehmen,
dass die Heuschrecken aus Norden ins Land eingefallen seien; ist das nicht
rein unmöglich, so kommen die Heuschreckenschwärme in Judäa doch in der
Regel von Süden und Südosten. Ebenso ist unwahrscheinlich, dass "^^IS^n mit
6 Tücpojvixo; Act 27 u in Verbindung stehe, wie Hitzig u. a. annehmen; denn die
Zusammenstellung von ]1ö:i [^j;?] mit Tocpciv ist durchaus nicht gesichert (vgl.
Ex 14 2 9). Am natürlichsten ist es, in dem Nordischen eine Anspielung auf
den von Jeremia und Hesekiel gedrohten und von da an erwarteten Feind aus
9*
Jo2 20 132 Jo2 21
dem Norden zu sehen, vgl. Jer 1 u Hes 38 6 i5 39 2; Joel nennt die Heu-
schrecken so, weil er in ihnen die Vorboten des Tages Jahwes sieht, den nach
Hesekiel auch der Feind aus dem Norden einleitet. Die etymologische Her-
kunft hat ihre Bedeutung verloren, es ist ein apokalyptischer Begriff geworden,
der soviel sagt wie der Yorhote des jüngsten Gerichts (vgl. auch Einl. III). Zu
dem interessanten ßpoüjjo; sT«; Fcüy in LXX Am 7 i s. die Bemerkung zu
dieser Stelle. Die Ansicht Cheyne's, dass für ''ilD-in zu lesen sei ViD"n«l 1£b"n«1
' • : - T T V t 7 t
(vgl. V. 20^P) und dass v. 25 vor v. 20 gehöre (so Encycl. Bibl. Sp. 2496 Anm. 1)
oder dass "'jI^^iI nordarabische Völkerschaften meine, wie auch „Gog^' die-
selben repräsentiere, und dass in den Heuschreckennamen Anspielungen auf
diese dem Negeb benachbarten Völker liegen, z. B. in nni^< und ]>h^ auf 1"J?
und ^htlV (so Grit. Bibl. II, 129 f.), kann ich nicht teilen. Wohin die Heu-
schrecken entfernt werden, besagt v. 2o»ß: sie werden in ein dürres und ödes
Land d. i. in die Wüste jenseits der Südgrenzen Judas verjagt, sodass sein Vor-
trab (das bedeutet V^D und nicht: „die zuerst ins Land gefallenen Heu-
schrecken") in das Ostmeer d. i. das Tote Meer Hes 47 18 Sach 14 8 und sein
Nachtrab (nicht: „die Brut der ersten Heuschrecken") ins Westmeer d. i. das
Mittelländische Meer Dtn 11 24 34 2 Sach 14 8 stürzen. ^1D, = hebr. |^j5,
ist eigentlich aramäisch, es findet sich nur in späten Schriften II Ohr 20 1 6
Koh 3 11 7 2 12 13, s. Kautzsch Aramaismen 68. Die tautologischen Sätz-
chen 1ti^«5 n^J^I und injn? ^j;]!') können (vgl. noch besonders den nach dem Perf.
n^j;*! unmöglichen Jussiv ^VJTi) nebeneinander nicht bestehen; man wird aber
nicht mit Wellh. und Nowack das zweite zu verwerfen haben, da nicht einzu-
sehen wäre, was dazu hätte veranlassen können, das bekannte Wort mit dem
ungebräuchlichen Hin? zu erklären. Umgekehrt hat man mit Meex und Deivee
das erste als auf Jes 34 3 Am 4 10 beruhende Glosse auszuscheiden. Auch
ob das letzte Sätzchen T\]VVh b^^yp^ ''S ursprünglich ist, bezweifle ich; eine Be-
gründung erwartet niemand und dass v. 21 dasselbe von Jahwe aussagt, ist ihm
nicht günstig, da dort es nicht, wie man doch v. 20 zu verstehen gezwungen ist,
vom Handeln im Übermut gefasst werden kann. Ist es y. 20 nicht rein aus
Versehen aus y. 24 herübergenommen, so hat es jemand eingesetzt, der ganz
vergessen hat, dass von Heuschrecken die Bede ist, denen man keinen Übermut
vorwerfen kann, besonders da sie erst noch Jahwes Heer sind (y. 11 25), und der
in denselben die übermütigen Feinde Israels sieht, sei es die Chaldäer vgl.
Thr 1 9, oder den Judenfeind Dan 8 11 25. Zu der Schilderung der Ent-
fernung der Heuschrecken vgl. Ex 10 19.
21—24 Der neue Segen der Natur. Der Prophet unterbricht nur scheinbar die
Rede Jahwes, denn des Propheten Wort ist nichts anderes als Jahwes "Wort, s. zu v. 19.
Er fordert das Land, die Tiere und die Menschen auf zur Freude über die reichen Gaben
der Natur, die Jahwe bereits wieder gespendet hat. Die Perff. v. 21 22 23 sind nicht als
sog. perff. prophetica zu verstehen, sie zeigen vielmehr den Zeitpunkt an, den der Prophet
hier einnimmt. Wie in der Beschreibung der Not 1 2 — 2 17 der Prophet von Etappe zu
Etappe weiterschritt, so auch in der Erzählung von der Antwort Jahwes: Gott redete
nicht nur im Moment der höchsten Not v. 18-20, er redete auch später noch durch die
That und zugleich durch den Mund des Propheten. So blicken die Worte v. 21-23 schon
auf den in der Natur von Gott wiedergeschenkten Segen zurück. Das ist die wirkliche
Gegenwart des Propheten und erst was von v. 24 an folgt, ganz besonders Gap. 3 f. reden
Jo2 2l 133 .To2 23
von Zukünftigem, sind wirkliclie Weissaf^ung. Man liat darum auch nicht mit Nowack
Bedenken gegen die Ursprünglichkeil von v. 21-23 zu hegen; sie sind das notwendige licht-
volle Gegenhild zu der Aufforderung zur Klage in (^ap. 1.
21 ist das Get^enbild zu 1 lo. llber y,2\^: denn Jahwe hat (irosses (je-
Ihan, vgl. zu v. 2ü am Ende und s. Ps 126 2 3; nach dieser Psalmstelle sagt das
Sätzchen: freue dich, denn die sozusagen messianische Wendung hat bereits
begonnen. 22 vgl. 1 18-20; '^nb^ ist = XTi^ 1 20 und 1«C^'n, grünen^ wahr-
scheinlich denominativ von t<^"l, wie das Hiph. Gen 1 11, sonst kommt das
Verb nicht vor. Zu v. 22'^ vgh 1 7 12; vom Grünen der Wiesen ist der Prophet
von selbst zu den Bäumen des Feldes geführt und man hat nicht darüber zu
spintisieren, wie deren Früchte den Tieren zu Gute kommen. d'^^H, ihre
Kraft, d. h. soviel sie tragen können. 23 Die JV? ^5? sind wohl nicht nur
die Bewohner Jerusalems, sondern alle, die Jahwe im Tempel auf dem Zion
verehren; zu Zion als dem heiligen Berge vgl. 2 1 und zu Zion als der Mutter
aller Juden Ps 87. '^i^l^*? '"^I^^l^ wird von Targum (IDtn j'^D^fj^tt;, Vulg.
{pastor justUlae) und auch noch von Keil und Merx als „der Lehrer zur Ge-
rechtigkeit" erklärt; Meex sieht darin den von Dtn 18 ]5 18 verheissenen ^^^:;5,
sowie den Jes 30 19 genannten Lehrer (JT^I):^), und erkennt eine Parallele in dem
von Maleachi erst „einige Zeit nach Joel" angekündigten Boten resp. Elia
MaP3 1 23. Die Berufung auf Jes 30 19 ist jedenfalls unrichtig, denn dort ist
von keiner erst in Zukunft auftretenden Persönlichkeit die Bede, der n"llD ist
Jahwe selber, s. zu Jes 30 19. Aber überhaupt passt diese Erklärung nicht;
denn erstlich ist ^^^^, H^^lisn für „Lehrer der Gerechtigkeit" kein gutes
Hebräisch und dann bleibt diese Ankündigung im näheren und weiteren Zu-
sammenhang ganz vereinzelt; man denke bes. an die Nachbarschaft von Früh-
und Spätregen in v. 23^ Verbessert wird diese Erklärung nicht, wenn man in
dem „Lehrer der G-erechtigkeit" mit De Hoop Scheeeer (ThT XIX, 578f.)
gar die Heuschreckenplage, die das Volk zur Gerechtigkeit geführt habe,
sehen, noch wenn man mit yon Orelli Joel selbst darin erkennen will, weil
nach IBeg 8 36 IlChr 6 27 „der Erhörung des Gebets um Begen erst eine
göttliche Belehrung über den guten Weg vorausgehen" müsse. Bei diesen
Erklärungen wird die Beziehung zu den Gedanken Joels wohl enger; aber sie
ist auf zu künstliche Weise angeknüpft. Ganz erhebliche Bedenken sprechen
auch gegen die gewöhnliche x\uffassung, welche in Hllisn den Frühregen findet
(so auch Wellh., Nowack u. a.). Denn einmal heisst sonst der Frühregen
immer n'11\ nicht Vr\yCi\ auch an der einzigen Stelle, w^o sonst noch nilD als
Frühregen vorkommen soll (Ps 84?), ist diese Bedeutung sehr fraglich (vgl.
dieLXX) und überhaupt der Text sehr zweifelhaft, s. DüHjM KH-C zu Ps 84?.
Dann ist man bei dieser Erklärung gezwungen, den Text von v. 23'' zu ändern,
nämlich das dortige n*)lD zu entfernen und ausserdem noch U'äl, dem allge-
meinen Ausdruck für Regen, die spezielle Bedeutung von Winterregen zu geben,
welche sich auch durch Esr 10 13 nicht belegen lässt, da es dort nur auf die
Regengüsse ankommt und nicht darauf, dass es Winterregengüsse sind. Endlich
ist es einigermassen gesucht, wie man die Hervorhebung des Frühregens vor
dem nachher noch einmal genannten Regen zu rechtfertigen sucht. Es soll
Jo 2 23 134 Jo 2 26
nämlich diesem Frühregen die Bedeutung beigelegt werden, dass er als der
erste Regen, der nach der Heuschreckenplage gefallen sei, die Empfindung ge-
weckt habe, es sei jetzt wieder das richtige Verhältnis zwischen Jahwe und
seinem Volke hergestellt. Liesse sich dies Letztere am Ende noch hören, so
heisst eben n"j1)3n nicht der Regen und auch keine einzige alte Version hat es
hier so übersetzt. Die älteste Version LXX mit ihren Tochterversionen und
mit Pesch. giebt das hier gelesene Wort mit Speise wieder (LXX: xa j3pa)[X7.Ta,
Pesch: !Jb.x.QjJLso) ; darnach ist zu vermuten, dass statt rcilDH das diesem graphisch
sehr nahekommende ]1töri = Nahrung, Speise (s. IlChr 1123 Gen 45 23, auch
aram. Dan 4 9 is) zu lesen ist (soOoet, vgl. auchMEEx; weniger gut Wünsche-
ts^^^ Fettes, Völlers: nnsn IlSamlSs). Das stiebt einen trefflichen Sinn
und ein gutes Gegenbild zu 1 I6; denn gerade dass Jahwe ihnen wieder die
Nahrung spendete, ist das Wichtige, worüber sie sich freuen dürfen (s. auch
1 12 am Ende), und das diente li^^'rii %ur Rechtfertigung , d.h. zum Zeichen,
dass das richtige Verhältnis zwischen Jahwe und seinem Volke wieder her-
gestellt sei. Diesen Sinn von Rechtfertigung, Genug thuung hat TX\>yi Jes 54 17
Dan 9 7, ja es ist geradezu = Heil Jes 46 12; man wird daher nicht, wie ich bei
Kautzsch übersetzte, die weniger gut erklärbare Bedeutung in rechtem Mass
annehmen dürfen. Dass bei der Lesung )1t)2n und der entsprechenden
Fassung von y. 23^ die Portsetzung nicht gut sei, ist mit Unrecht von Nowack
behauptet; im Gegenteil: nicht nur schon jetzt hat Jahwe die nötige Nahrung
gespendet, sondern auch für die Zukunft durch regelrechten Regen vortrefflich
gesorgt, sodass wieder Kufen und Keltern sich füllen werden, vgl. Lev 26 4
Dtn 11 14. Dass n"!lD auch y. 23^^ nicht Prühregen bedeuten kann, versteht sich
von selbst; aber die Verderbnis aus ursprünglichem niV erklärt sich hier bei
vorausgehendem D und nach in y. 23^ eingedrungenem n*llD leicht. LXX las
noch das richtige ni1\ Das allgemeine Wort D^J, Regen, wird durch die in
Apposition dazu tretenden wichtigsten Regen erklärt: durch den Frühregen
ni1\ der im Herbst die Erde für die Aussaat erweicht, und den Spätregen
ti^lp^l?, der vor der Ernte zur Ausreifung des Getreides nötig ist Für
]1t^S15, das wohl in Zeitbestimmungen „im ersten Monat'* bedeuten kann, aber
hier unverständlich und befremdlich ist, hat man nach LXX, Pesch. ]1ti^^^13
resp. ni1ti^i^"1|, wenn nicht geradezu njlti^t^l^? J^^ 1 26 = wie ehedem, wie früher
zu lesen. 24 schliesst sich vortrefflich an y. 23 an; er besagt, was die
Folgen der regelmässigen Regen sein w^erden: das Gegenbild von 1 10-12. Zu
^^'^'^T]^ überströmen, vgl. auch 4 13, sonst kommt das Verb nur noch Ps 65 10
vor. Das Ol wurde in alter Zeit wie die Trauben in Keltern getreten, vgl.
Mch 6 15 und Gethsemane = „Ülkelter" (s. Dalman Gr. S. 152); übrigens s.
Art. Ölbaum in Guthe's KBW.
25—27 Der reiche Überfluss wird allen Spott für immer verstummen lassen.
25 Zu dem „Ich'' des Sprechers s. zu y. 19, vgl. auch zu 1 6. Voller Ersatz für
den von den Heuschrecken angerichteten Schaden wird verheissen; damit
schlägt V. 25 auf 1 4 zurück. Über die Heuschreckennamen und ihre Reihen-
folge s. zu 1 4. Der Plural D^;t|^'n, die Jahre, zeigt, dass sich die Heu-
schreckenplage über mehr als ein einziges Jahr erstreckte. 26 Die
Jo 2 26 135 Jo 3 1
reichen Gaben Jahwes werden bei den .Juden grossen Jubel und Preis ihres
Gottes hervorrufen; ^^H, ein altes Wort vgl. ü^b^^r\ Jdc 9 27, ist auch für den Lob-
preis Gottes im Kultus des zweiten Tempels gebräucblich geblieben. fc^'''??^'?
dient zur Näherbestimmung von Hk^JJ, vgl. Ges.-KautzscU'^^ g ll4o. Mit
Recht wird v. 20'^ als unglückliche und hier störende Vorwegnahme des gleicli-
lautendeu Siitzchens in v. 27, das dort am rechten Platze ist, von Wellh. und
NowACK gestrichen. 27 Die wunderbare Hilfe Jahwes bringt Israel zur
Erkenntnis, dass ihm Jahwe als der Helfer, ausser dem es keinen andern giebt,
immer gegenwärtig ist, und verleiht ihm die Gewissheit, dass es nimmermehr zu
Schanden wird. Das Gebet v. 17 ist in herrlichster Weise erhört (vgl. auch
V. 19''). Es ist die Verheissung Dtjes's, die Joel hier reproduziert, vgl. Jes 45 5
6 17; aber auch sonst finden sich einzelne Elemente dieses Verses öfters: Ich
bin Jahwe, euer Gott, beginnt den Dekalog Ex 20 2 Dtn 5 6, ist in Hes der
ständige Refrain und kehrt auch im PC häufig wieder; 11^ \'^\ vgl. ausser
Jes 45 5 6 18 auch Dtn 4 35 39 IReg 8 60. ^i5?^i?^% wie hier das Volk genannt
wird, ist der Ehrenname, der nach dem Verschwinden des Nordreichs und
namentlich nach dem Exil auf Juda übertragen wurde.
3 1-5 Die Ausgiessung des Geistes und die Rettung der Israeliten in Jeru-
salem am Tage Jahwes. Dass hier nun, wie schon 2 25-27, wirkliche Weissagung gegeben
wird, ist schon in der Vorbemerkung zu 2 21-24 hervorgehoben. Hernach einmal (s.zu ]2"*inx
V. 1) folgt die Geistesausgiessung über die Israeliten, dadurch werden sie zu treuen Jüngern
und wahren Kindern Jahwes und erfahren als solche die Rettung, wenn die Welt am Tage
Jahwes gerichtet wird. Die Heuschrecken sah man als Vorboten des Weltuntergangs an;
jetzt sind die Heuschrecken verschwunden, aber der Gedanke an den Tag Jahwes ist ge-
blieben. Man ersieht daraus, dass nicht erst die Heuschreckenplage die Vorstellung von
dem Weltgerichte erweckt hat, sondern dass diese Vorstellung in dem Gedankenkreise des
Propheten und seiner Zeitgenossen schon vorher einen festen Platz einnahm; der Tag
Jahwes gehört als wichtiger Bestandteil zu den Anschauungen der nachexilischen Ge-
meinde, er ist ein Stück ihres Glaubens. Man fürchtet sich vor ihm, weil er eine gewaltige
Krisis heraufführt, man hofft und freut sich auf ihn, weil er die endgiltige Verherrlichung
Israels bringt; darum hielt man den Busstag, als er nahe schien, und sehnt sich dann,
wenn die Gefahr vorüber ist, doch wieder nach ihm. Wie diese Vorstellung vom Tage
Jahwes hat Joel auch die übrigen Züge in seiner Schilderung der eschatologischen Zu-
kunft der nachexilischen Dogmatik entnommen; seine Darstellung ist aber darum be-
sonders wichtig, weil sie uns ein Kompendium der Eschatologie giebt, in dem die seit
Hesekiel aufgekommenen Zukunftserwartungen zusammengefasst sind.
1 über n^ni mit folgendem Verbum finitum, = dann, vgl. zu Jes 2 2.
1?"*'"!0^ bedeutet hernach, hierauf, und zwar ist die Meinung hier nicht: un-
mittelbar hernach, sondern: hernach einmal. Das Ereignis, welchem einmal
die Geistesausgiessung folgen wird, ist die Verwirklichung des in 2 24-27 ver-
heissenen materiellen Wohlergehens. Die Geistesausgiessung im Sinne
von bleibender Ausrüstung mit dem Geiste Gottes kennt erst die spätere Zeit;
diese Erwartung geht zurück auf Jeremias Verheissung eines Herzens, das
Gott kennt, vgl. Jer 24 7 31 33 32 29, und auf Hesekiels Ausführung dieser Ver-
heissung Hes 11 19, wo von einem neuen Geist die Rede ist; weitere Beleg-
stellen für die mit dem Exil aufgekommene Erwartung der Geistesausgiessung
sind Hes 36 26 27 39 29 Jes 44 3 32 15 Sach 12 10; vgl. meinen Jes-Commentar
zu Jes 11 2 und S. 113. Die Geistesausgiessung erstreckt sich 1^5"^?"^J^»
Jo 3 1 136 Jo3 5
über alles Fleisch^ ein Ausdruck, der hier weder die Tierwelt, wie z. B. Gen 6 17,
noch die Heidenwelt, wie Jes 49 26 Ps 56 5 vgl. mit v. 12, einschliessen kann,
sondern notwendigerweise auf Israel einzuschränken ist, da in der folgenden
Spezifizierung von "lt!^Ii"^3 nur von Israeliten die Rede ist (vgl. das Erstaunen
darüber, dass der heilige Geist auch Heiden gegeben wird, Act 10 45). Der
Ausdruck hat übrigens später ganz die Bedeutung von jedermann erhalten,
vgl. JSir 8 19, sodass man nicht mehr auf den Sinn von 1*^2 reflektierte; es ist
daher jedenfalls unnötig, mit Cheyne "W2 als eine Abkürzung für 'rsib^^ n^5
anzusehen. Aus Jes 31 3 (s. dort) ersieht man, welche hohe Verheissung in der
Ausgiessung des Geistes auf das Fleisch liegt. Hier wird ihr die Wirkung zu-
geschrieben, den Menschen zum Weissagen zu befähigen, ihn zum Propheten,
zum Kenner des Willens Jahwes Jer 31 30-33, zu machen, vgl. auch zu Jes 11 2
44 3. Prophezeien^ Träume haben und Gesichte sehen sind hier als Synonyma
zu verstehen (für die Träume des Propheten vgl. Num 12 6, für die Gesichte
vgl. die Überschriften Jes 1 1 Ob y. 1) und w^oUen auch nicht als besondere Art
der prophetischen Erleuchtung für die verschiedenen Altersstufen genannt
sein. 2 D^l, und auch, hebt noch ausdrücklich hervor, dass selbst die in
untergeordnetster Stellung befindlichen Israeliten von der Geistesausgiessung
nicht ausgeschlossen sein werden. Die Knechte und Mägde sind nämlich in
Sklaverei geratene Israeliten, vgl. Neh 5 2. "^n^iTriS übersetzt LXX in v. 1
und y. 2 mit «tto toü Tivcuixaio; {xoo (ebenso Act 2 17 I8), aus dogmatischem Inter-
esse, um deutlich zu sagen, dass Gott nicht allen seinen Geist ausgegossen
habe. 3f. die Zeichen am Himmel und auf Erden, die dann als Vorboten
des Tages Jahwes erscheinen. Wie die antike Welt in ausserordentlichen
Naturerscheinungen die Ankündigung grosser Ereignisse erblickte (vgl. nur
LiYius), so gehen auch dem grössten Ereignisse der Zukunft Wunder zeichen y
D'^riDID, voran, vgl. zu 2 10 und s. die Zusammenstellung der in der spätjüdischen
Litteratur genannten Vorzeichen bei Maeti Gesch. der isr. Bel.^ 297. Blut
und Feuer und Rauchsäulen weisen auf Krieg, vgl. Hes 38 22 und s. Mt 24 6
Mc 13 7 f.; es sind die Zeichen auf Erden. Zu ]^j; niirp^n vgl zu Cnt 3 6. 4
nennt die Zeichen am Himmel, vgl. Am 89 Jes 13 10 34 4 Hes 32 7f., sowie
Mt 24 29. Zu Y. 4^ vgl. den genau entsprechenden Halbvers Mal 3 23^ s. auch
2 11. 5 Die Jahwebekenner werden gerettet am Tage des Gerichts, dies
ist deutlich der Sinn von y. 5^; wer '^ ü^2 ^"\]>\ Jahwe anruft, eigentlich: Jahwes
Namen beim Kultus ausruft s. zu Jes 12 4, ist ein ßekenner der jüdischen Re-
ligion. Somit ist die Rettung den Israeliten verheissen; was folgt (y. 5^^), be-
gründet und exponiert diese Verheissung. Einmal wird gesagt, dass auf dem
Berge Zion und in Jerusalem T\'^'h^ d. h. Rettung ist, also die dort Wohnenden
vom Gericht nicht betroffen werden. Zu nto'^b'ö, das auch hier durchaus term.
techn. für die dem Endgericht entronnenen Israeliten ist, s. zu Jes 4 2. Mit
'^ ^t?JJ "\ä^^ braucht Joel nicht auf Ob y. 17 hinzuweisen, Jerusalem ist häufig
Rettung verheissen. Dann wird im letzten Sätzchen hinzugefügt, dass auch
noch andere als die in Jerusalem Wohnenden gerettet werden; schwerlich
kann ein anderer Gedanke in Ul D^n''1^5^ liegen. Aber wie ist die Konstruktion
dieses Sätzchens zu verstehen? Steiner, Wellh., Nowack fassen D''1^*li^5
Jo3 5 137 Jo4 2
parallel mit Dbl^^iT?, sodass die D^'T^ili^ als „die einzelnen an verschiedenen Orten
Entrinnenden" der geschlossenen Schar der in Jerusalem Geretteten gegenül)er-
stehen sollen, und ei'i'änzen dann aus v. 5*'^ dazu: ntO'''?D n\"in = „in .Jerusalem
und bei den Entronnenen ist Rettung." Doch diese Krgäiizung über den
Zwischensatz "^ >5 "^^t?? hinweg ist jedenfalls hart, die Parallelisierung von
„in Jerusalem" und „bei den Entronnenen" gezwungen und die Aussage
„bei den Entronnenen ist ßettung" enthält eine 'J^autologie. Darum ist viel-
mehr D^'T'^llö^^ als Parallele zu T\^'h^ n\in zu nehmen; der T'lti^ ist ia auch
der dem Gericht Entronnene und wesentlich gleichbedeutend mit lO'bö (vgl.
beide Worte nebeneinander Jer 42 17 44 u Ob v. u), er braucht daher
keine T\'^'^b^ mehr. Weiter folgt nun daraus, dass in 1^1 l^fc? das Subj. zu
D''T"!^5 zu sehen ist und dass man zu übersetzen hat: Und %u den Entronnenen
gehört^ wen Jahwe ruft. Dass es sich um die Diasporajuden handelt, ist nicht
zu bezweifeln, und die Vorstellung ist dann ähnlich, wie Jes 66 I9f. oder wie
Jes 27 i2f. (s. zu beiden Stellen), wo Jahwe nach dem Gericht die Israeliten
aus der Diaspora sammelt, vgl. auch Jo 4 7. LXX scheint nach ihrem xal
£üaYysXLC6fjL£vot D"'1i*^5?^ für D^TI^D' gelesen zu haben, vielleicht hat sie aber
nur so „zu lesen geglaubt" (Merx); jedenfalls wird unsere Stelle nicht ver-
ständlicher, wenn man mit Oort D''*1^5^5 dafür einsetzt. Act 2 17-21
schliesst die Wiedergabe von Gap. 3 mit v. 5^ ab; Act 2 39 nimmt aber offenbar
Rücksicht auf Jo 3 5^^ In Em 10 13 wird Jo 3 5^ allgemein gefasst und zum
Beweise verwendet, dass auch den Heiden das Heil bestimmt sei.
Cap. 3 hat kurz die Hauptsache: die Rettung der Israeliten beim Weltgericht, vor-
weggenommen; Cap. 4 exponiert diese Weissagung, indem genauer dargelegt wird, wie
sich das Weltgericht an den Nachbarn und an den ferneren Heidenvölkern vollzieht.
4 1-8 Die Sammlung aller Yölker im Thal Josaphat und das Gericht an den
Phöniziern und Philistern. 1 ^'2 schliesst das ganze Capitel an 3 5 an: die
Israeliten werden gerettet werden; denn das Gericht über die Heiden steht
bevor. Man sieht an dieser Verbindung, wie es für den Grlauben feststeht, dass
die Kehrseite des Gerichts über die Heiden das Heil Israels ist. In jenen
Tagen und in jener Zeit findet sich gerade so Jer 33 15 50 4 20. Zu HUti^ 2^ti^S
(das Hiph. des Kere ist unnötig) vgl. Am 9 14. Die entscheidende Wendung im
Geschicke Judas und Jerusalems ist noch immer nicht eingetreten, die ärm-
lichen und gedrückten Verhältnisse der nachexilischen Gemeinde können nicht
als Anfang derselben betrachtet werden; die wahre „messianische" Wendung
bringt das Weltgericht. 2 Das Thal Josaphat^ in welches Jahwe alle
Völker zum Gerichte versammelt, ist nicht das Thal, wo König Josaphat einen
grossen Sieg über Moabiter, Ammoniter und Meunäer davongetragen haben solL
da dasselbe vielmehr den Namen H^n^n pDj; (= Wädi Bereiküt bei Thekoa)
trägt. Die spätere Tradition identifiziert es mit dem Kidronthal, für das seit
dem 4. Jahrh. nach Chr. auch die Benennung Josaphatthal nachweisbar ist
(s. Buhl Geogr. Paläst. 93, vgl. auch Baedeker Paläst. ^ 92). Aber die Un-
richtigkeit dieser Tradition ergiebt sich schon aus der Bezeichnung pDj;, da
im ]1"inp 'pn; kein Raum für ein pDj; ist. Insoweit hat jedoch die Tradition recht^
als sie das Thal in der Nähe Jerusalems sucht; denn seit Hesekiel erwartet
Jo4 2 138 Jo4 4
man das Weltgericht vor Jerusalem, vgl. Hes 38f. Sach 9 14-16 12 i-9 Dan 11 45,
s. auch zu Jes 10 12 12 24-27 66 6. Nur ist Thal Josaphat nicht der wirkliche
Eigenname des Orts des Weltgerichtes, sondern^ wie die Wortspiele (v. 2'' und
V. 12) und der zweite Name 'p^"inn pDj; (v. u) zeigen, eine um der Bedeutung von
Josaphat (= Jahwe richtet) willen freigewählte Bezeichnung. Man hat also
kein Thal Josaphat auf der Karte zu suchen ; wo es in der Nähe von Jerusalem
zu suchen wäre, hätte auch Joel selber kaum gewusst. ''O^O? bedeutet wie
2 17 das Volk; h)^'^\^^ ist sein Ehrenname, s. zu 2 27. Der Relativsatz ^^\^
DM-15 ^*l^D wird durch den Hauptsatz \\hy\ "^:^1«"n«l fortgeführt. Diese Worte
gehen deutlich nicht auf eine blosse Brandschatzung Judas durch den Raubzug
von ins Land einfallenden Feinden, wie eine solche unter Joram durch Philister
und Araber stattgefunden haben soll (II Ohr 21 lef.), sondern auf die gänzliche
Eroberung und totale Besitznahme des Landes durch die Chaldäer. Für Joel
ist der Untergang Judas und die Wegführung ins Exil ein Ereignis der Ver-
gangenheit und zugleich der grösste Frevel, den die Heiden begingen. Wie
frevelhaft die Feinde mit dem Volke Jahwes umsprangen, führt 3 näher aus.
Nach der antiken Kriegssitte wurde die Beute verteilt, indem man um die Ge-
fangenen das Los warf; zu ^1l:i V\\ von 11^ (hier mit 'h)^ = ^JJ konstruiert), vgl.
Nah 3 10 Ob V. 11. Die einem jeden zugefallene Beute wurde um den schnö-
desten Preis weggegeben, wenn nur die Lust und Genusssucht befriedigt werden
konnte. Einen Knaben gab man her n^1^5 um eine Hure, nicht um sie zu be-
halten, sondern um sie zu gebrauchen; Pesch. und Targum erklären doch wohl
ni1^5 richtig mit H^l^n •^Jti^? = „als Lohn für eine Hilt", auch LXX versteht die
Stelle so. Bei dem unpräcisen Charakter Joels ist man nicht gezwungen, die
beiden IS in den parallelen Sätzchen von v. 3^ ganz gleich zu fassen und darum
mit OoET und Nowack ]1t?S5, um Speise, für n^l^? zu vermuten. Zu der Ver-
bindung von nut und ]"iyvgl. Hos 4 11. ^n^;l wird beigefügt sein, um zu
sagen, dass sie ein Mädchen hergaben zur Bezahlung für Wein, den sie sofort
verzechten. Vgl. die hübsche Geschichte zu diesem Verse in Midrasch Echa I
46 bei Dalman Aram. Textproben 21 f. 4 beginnt die Apostrophierung
der Phönizier und Philister, denen genaue Vergeltung ihrer an den Judäern
verübten Ungerechtigkeiten in Aussicht gestellt wird (y. 4-8). D5"! gehört
nicht zu DPS allein, sondern zum ganzen Satz; es fügt nicht zu anderen Völkern
neue hinzu, sondern steigert den Gedanken: Und auch giebts bei dem Gericht
keine Ausnahme und keine Möglichkeit zu entrinnen für einzelne Völker, spe-
ziell nicht für Phönizier und Philister. Dass die Fracke "h Dnt^TTD = was
wollt ihr mir (thun)? zu erklären ist, ergiebt sich aus ihrer Wiederaufnahme
und Exposition in den beiden disjunktiven Gliedern v. 4^. 'ö T\'h'h^ 'pä, alle
Kreise (oder Bezirke) Philistäas, bedeutet das ganze Philistergebiet, das in
alter Zeit in fünf Fürstentümer zerfiel Jdc 3 3 I Sam 6 4 Jos 13 2 f., später nach
der Zerstörung von Gat wohl nur noch vier umfasste, s. zu Am 1 6-8; zum Aus-
druck vgl. uaaa TakikaXa dXXocpüXwv IMak 5 15, wo gleichfalls Tyrus und Sidon
vorhergeht. Die Doppelfrage y. 4^ ist rhetorisch: Wie ihr denkt, ob ihr
meint, erfahrenes Unrecht zu vergelten, oder ob ihr ohne Grund einen Angriff
machen wollt, thut nichts zur Sache und die Strafe für das, was ihr gethan
Jo4 4 139 Jo4 9
habt (DD^D^, vgl. auch v. 5 f.), schreitet schnell. Zu niHD bp_ vgl. Jes 6 26 und
zu ^^^^ 2^\^r\ vgl. Ob V. 15 Ps 7 17 Jdc 9 57 I Sam 25 39. 5 Plünderung
Judas ist der erste Vorwurf. Zwar wird nicht notwendig mit mein Silber etc.
auf eine Plünderung des Tenii)elschatzes hingewiesen, es kann sich allgemeiner
um den wertvollsten ]iesitz der .J udäer in iliren Häusern handeln. Auch □D'*':'D^n
bezeichnet nicht notw^endig die TernjHd, sondern el)ensogut die PaUisle^ vgl.
Am 8 6 Jes 13 22 Dan 1 4. Aber es ist immerhin wahrscheinlich, dass an die
Wegführung der Lade Jahwes und ihre Unterbringung im Tempel fvgl.
Hos 8 14) Dagons gedacht ist I Sam 4f. Diese alte Sünde werden die Philister
noch büssen müssen, vgl. auch v. 19. 6 Ein zweiter Vorwurf ist der Ver-
kauf von Juden und Jerusalemern in die Sklaverei. Die D'^^vn ^^2, Jawanier,
sind die Jonier, die Griechen, s. Gen 10 2 4 Hes 27 13 Jes 66 19 Sach 9 13; hier
kommen sie als Sklavenhändler in Betracht, die die gekauften Judäer weitweg
von ihrer Heimat bringen. Auf was für ein Ereignis v. 5f. sich bezieht, ist
nicht zu sagen; jedenfalls darf man auch hier, wie v. 2 (s. dort), nicht an die
Plünderung Jerusalems durch Philister und Araber IlChr 21 lef. denken, da
dort die Phönizier nicht dabei waren. Wahrscheinlich hat Joel überhaupt
nicht ein einzelnes Ereignis im Sinn, sondern denkt an das ganze Verhalten
der Philister und Phönizier gegen die Judäer, wobei v. 5 auf die ersteren und
ihre Raubzüge in der alten Zeit (man denke an die Wegnahme der Lade
Jahwes!) und y. 6 auf die letzteren zu beziehen ist. Als Sklavenhändler sind die
Phönizier bekannt Hes 27 13, vgl. auch Am 1 9 I Mak 3 4i II 8 11. 7f. Die
Strafe erfolgt genau nach dem Vergeltungsrecht; auch dies scheint dafür zu
sprechen, dass Joel kein einzelnes historisches Ereignis, für das er Strafe
drohte, im Auge hat, sondern dass er die Abrechnung für die ganze Ver-
gangenheit in Aussicht stellt. Die in die weite Ferne verkauften judäischen
Sklaven stört Jahwe auf (vgl. zu D"^i''J?D Jes 13 17) und verleiht ihnen so die
Kraft, die Sklaverei abzuschütteln und in die Heimat zu ziehen. 8 Die
Phönizier haben die Juden nach Nordwesten verkauft, jetzt sollen sie selbst
dafür nach Südosten in Sklaverei kommen; denn die Juden, in deren Besitz sie
fallen (T^ 15» Jdc 2 14), werden sie den D';i^5^, den Sabäern, an ein weit ent-
legenes Volk, verkaufen. Die Sabäer sind als ein wichtiges Handelsvolk im AT
wohlbekannt, vgL Hes 27 22 f 38 13 Hi 6 19 Ps 72 10, und ihre Heimat Arabia
felix gilt auch Jer 6 20 als ein fernes Land (vgl. auch KAT^ 149); man wird
daher nicht nach LXX mit Merx, Ooet, JSTowack ^2^^ sU aly^fxaXcüaiav, in Ge-
fangenschaft, zu lesen haben. Die Indetermination von ''lü spricht nicht gegen
die vorhergehende Nennung eines bestimmten Volkes. Auffallender ist der
Wechsel von / und "'?«, aber es kann damit gesagt sein wollen, dass die Sabäer
nur die Zwischenhändler sind, die ihre Ware an ein weit entferntes Volk ab-
setzen, also: sie verkaufen sie den Sabäern %u Händen eines weit entfernten
Volkes; pim '•ir'?« entspricht genau v. 6^ 151 ^7}\ '? eine feierliche Be-
stätigungsformel wie Jes 1 2 Ob y. i8; hier leitet Joel das Recht dazu wohl ab
aus dem Gesetz der göttlichen Vergeltung, das ihm nicht zweifelhaft ist.
4 9-17 Die Vollstreckung des Gerichts an den Heiden im Tliale Josapliat.
Nach der Digression zu den Phöniziern und Philistern (v. 4-8) wird der Ge-
Jo 4 9 140 Jo 4 13
danke von v. i-3 wieder aufgenommen. 9 Herolde werden unter die Völker
gesandt, um diese zum Kriege mit Israel aufzufordern; solche Herolde stehen
Gott immer zur Verfügung. nst, dies, bezieht sich auf das Folgende, das
aber nicht genau den Wortlaut des Aufrufs, welchen die Herolde ergehen
lassen sollen, wiedergiebt. Wohl gehören dazu die Worte nipnbö •ity*'nj5, weihet
einen Krieg d. h. trefft die zum Kriege nötigen kultischen Vorbereitungen
(Mch 3 5 Jer 6 4 vgl. zu Jes 13 3 und s. Schwallt Sem. Kriegsaltertümer 1, 47),
wie auch v. lo; dagegen ist v. 9^ direkt an die Herolde gerichtet. Es zeigt sich
darin wieder die unpräcise Art Joels, die ohne Bedenken Worte an die Herolde
mit solchen an die Völker und mit Aussagen über diese (so v. 9^P) mischt. ^"l'^J/«!,
weckt auf (aus der Ruhe des Friedens die Helden)^ ist transitiv wie v. 7 Hag 1 u
Jer 51 11. 10 Es gilt einen Entscheidungskampf, darum sollen die Heiden
aufs beste sich waffnen und selbst die Werkzeuge des Friedens in Kriegswaffen
umschmieden. In der messianischen Zeit wird das Gegenteil geschehen, s. zu
Jes 2 4 Mch 4 3. ti^^nn, nach der Bildung (s. Stade Gr. § 217a) = der in-
tensiv Schwache, der Schwächling, ermanne sich und spreche: ein Held bin
ich, 11 W'\^^ welches Verb nur hier vorkommt, wird von LXX, Targ. und
Posch, mit „versammelt euch" übersetzt; aber diese Übersetzung beruht auf
blosser Vermutung. Die Vergleichung des arab. ^ü, „zu Hilfe kommen", führt
zu keinem im Zusammenhang passenden Sinn; es ist daher entweder mit Grätz,
Driver Vki^'^n, eilt, oder noch besser mit Wellh., Nowack ^n^y, wacht auf, auf
(vgl. mj;;; v. 12 und ^1^3;n v. 9), zu lesen. Für ^iJSjP^T, dessen dritte Person
nicht verständlich ist, lese man ^i^^j^ni, und sammelt euch. In v. 11^' unter-
bricht der Prophet Jahwes Rede v. 9 ff. mit einer an Jahwe gerichteten Bitte:
Dorthin seil, in das Thal Josaphat, wo die Völker sich sammeln, führe, Jahwe,
deine Helden d. h. die Engel, die himmlischen Heere, vgl. Sach 14 5 Ps 103 20,
hinab; nn^n ist Impera. Hiph. (s. Ges.-Kautzsch-^ § 64h) von dem aram. nni
= T]\ Aber auch für Joel scheint mir eine derartige Unterbrechung zu hart,
zumal ni2^ erst im folgenden v. 12 seine Erklärung findet und rinin nicht hebr.,
sondern aramäisch ist. Lieber sehe ich daher in den Worten die zu dem fälsch-
lich von T1J abgeleiteten n"| v. 13 an den Rand gesetzte Glosse oder Bitte eines
späteren Lesers, wenn nicht etwa eine Textverderbnis vorliegt, da LXX ähn-
lich wie zu Ende von v. 10 hier gelesen hat: 6 Tipau; ioxo) [i-aj^TiiTj;, dessen letzte
Worte hebr. 11211 H^Jl'; entsprechen, übrigens ist es die Vorstellung der späteren
Zeit, dass Jahwe zur Besiegung der Feinde seine Helden herabführt, vgl.
Sach 14 5 und zu Jes 30 so, sowie zu Jo 4 is. Jedenfalls ist aus v. 11^ nicht zu
schliessen, wie Meex will, dass alles von 2 17— 4 21 als Gebet der Gemeinde ge-
dacht sei. 12 schliesst sich gut an v. 11^ an. T\^T^^ Niph. von 1^^, wie Jer 6 22,
und 6?^_ wie Hos 2 2. Mit v. 12*^ wird auch der JSTame des Thaies erklärt
vgl. V. 2. 13 Die mit der Vollziehung des Gerichts Beauftragten sind
nicht die Juden, sondern Jahwes himmlische Diener, die ihm jederzeit zu Ge-
bote stehen, gerade wie die Herolde v. 9. Hier sind diese himmlischen Helden
als Schnitter und Keltertreter dargestellt, beides Bilder, die für Besiegung
feindlicher Heere auch sonst gebräuchlich sind; für das Bild von der Ernte
vgl. Jes 17 5, für das vom Keltern der Trauben Jes 63 1-3, für beide Apk
Jo 4 13 141 Jo 4 lö
Joli 14 14-20. Die Siehe/, '^JD, (im AT nur noch .ler 50 i6j lieisst heute
noch bei den Arabern manijal, v^^l. ZDI^V 18BG, 39. n"i (s. oben zu v. ii'^j,
stantpfl, ist von Hl"!, treten (hier: die Kelterj, iiiclit von IT, länatjsteujeUy ab-
zuleiten. ^*'?i?'«] '^'p^'^T} wird aus 2 24 hier fälschlich einj^etragen sein, da das
Überströmen der Kufen zum Kin halten im Keltern und nicht, wie das HS^D "^3
ri5, zum raschen IJeginn des Keltern einladet. Erst wenn man das Sätzchen
ausschaltet, lässt sich in dem folgenden DOJ^l '^?"5 **? ^^^^ Suffix auf die Volker
ringsum (v. 12) und nicht auf D'^^fj^'n die Kufen beziehen. Die Völker verdienen
den Untergang im Weltgericht, wie die erste Menschheit in der Sintflut, durch
ihre Bosheit, vgl. Gen 6 5. 14—16 schildert der Prophet das Völker-
gedränge im Thale Josaphat und das Gericht, das unter Verfinsterung des
Himmels durch Jahwes Einschreiten (natürlich mit seinen Heerscharen) an
den Heiden vollstreckt wird. Der Plural und die Wiederholung von 0*^^1011
zeigen die grosse Menge der sich versammelndenVölker an, vgl.GES.-KAUXZscH^^
§ 123 e, und der Ausruf malt das Entsetzen des Propheten über diese Masse,
vgl. § 147 c. Das Thal Josaphat (v. 2 12) heisst hier f^inn pöj; d. i. Thal der
Entscheidung (vgl. LXX xt]^ olxyj;) und keineswegs mit zu v. 13 durchaus nicht
passendem Bilde „Thal des Dreschschlittens"; zu dem Gedanken vgl. Jes 10 22.
15 nennt wieder die Zeichen, die den bevorstehenden Tag Jahwes einleiten,
wLe 2 10 3 4, s. dort. 16 Jahwes Erscheinen mit seiner Heerschar ward
unter dem Bilde eines Gewitters dargestellt, vgl. Jes 28 2 29 6-8 30 3of. Mit
NowACK Y. 16^* als Glosse aus Am 1 2 zu verdächtigen, liegt kein Grund vor
(s. zu Am 1 2). Dass Joel übrigens auch hier, wie anderswo, seine Vorbilder
eifrig benützt, ist wohl zuzugeben; aber für Ursprünglichkeit von v. 16^'=' spricht
deutlich 2 ii^ Zu v. le^ß vgl. 2 io\ Ausdrücklich hebt y. le"^ hervor, dass
Israel von Jahwe geschützt wird, vgl. Jes 4 6 30 29-33 ; non?? und t1j;D sind in
der Psalmensprache beliebte Termini, vgl. Ps 14 6 46 2 27 2 31 5 43 2. 17
Die Folgerung, die Israel aus solcher Rettung ziehen wird, nennt Jahwe selber;
Israel wird erkennen, dass Jahwe sein Gott ist (vgl. 2 27) und dass Jerusalem
heilig d. h. unantastbar für alle Feinde und unnahbar für die profanen Heiden
bleibt (vgl. Hes 39 7 28f. Jes 52 1 Ob y. 17 Sach 9 8 14 21). Zu |1^^!i JDtr vgl.
2 27: ^«"ity"^ nnpü und Jes 8 I8.
4 18— .^l Der herrliche Segen des Landes Israels in der Endzeit und die Ver-
ödung von Ägypten und Edom. Die Schilderung der wunderbaren Fruchtbar-
keit Palästinas an jenem Tage^ d. h. in der messianischen Zeit, ist ein beliebtes
Thema der Eschatologiker, vgl. zu Hos 2 23-25 14 6-8 Am 9 13. 18^ (bis
^^n) lautet fast gleich wie Am 9 13^ Die Bäche Judas werden dann nicht
mehr vertrocknen wie 1 20, sondern jederzeit reichlich Wasser bieten. Zu
der Quelle y die vom Hause Jahwes ausgeht, vgl. die Grundstelle Hes 47 1-12
und dann Sach 14 8; an ersterer Stelle fliesst sie nach Osten, an letzterer teilt
sie sich nach Osten und nach Westen. Hier y. i8^ bewässert sie D^^^n ^nj'HJS,
das Akazienthal. Ein Thal dieses JN^amens ist in alter Zeit unbekannt; die
Akazienaue im Osten des Jordans (Num 33 49) kann nicht in Frage kommen.
Das heutige wädi es-sant, das dem Namen durchaus entspricht, liegt doch zu
fern von Jerusalem, es beginnt erst westlich von Betlilehem und führt nach
Jo 4 18 142 Jo 4 21
Askalon hinab. Wahrscheinlich soll der Name nicht der gebräuchliche geo-
graphische Eigenname, sondern, wie Ebene Josaphat und }*^in v. 12 14, eine
poetische Bezeichnung sein für ein dürres wasserarmes Thal, in dem bloss
Akazien wachsen. Dann empfiehlt es sich, darin die Bezeichnung der Fort-
setzung des Kidronthales zu sehen, das sich durch die Wüste Juda hindurch
südostwärts in das Tote Meer hinabzieht. Offenbar meint auch Hes 47, auf
dessen Verheissung v. 18*' beruht, dieses Thal, und der Sinn ist an beiden Orten
derselbe: In der messianischenZeit wird durch die Segensquelle, die vom Tempel
ausgeht, selbst die unfruchtbare Wüste Juda in herrliches fruchtbares Land
umgewandelt. Vgl. auch Apk Joh 22 if. 19 Zu dem Glücke Judas bildet
die Verödung von Edom und Ägypten die Folie. Dass Edom grell mit Juda
kontrastieren soll, ist nicht zu verwundern; kein Volk war nach dem Exil den
Juden so verhasst, wie die Edomiter, vgl. zu Am 1 11 f. Ob y. 1-21 Mal 1 2-5.
Zu der Schuld: HH^iT ''^S DDH?? wegen der Frevelthaten an den Judäern, giebt
Ob V. 10-14 den besten Kommentar, vgl. ÜpT^ ^^HiJ DI?nD Ob v. 10. Warum aber
Ägypten hier neben Edom erscheint, liegt nicht so offen zu Tage. Schwerlich
hat man nur daran zu denken, dass Joel, wie er von der Tempelquelle als dem
Grunde der Fruchtbarkeit Judas sprach, das vom Nil fruchtbar gemachte
Ägypten in den Sinn kam und er nun, um den Gedanken an die Gleichwertig-
keit von Ägypten mit Juda fernzuhalten, die Drohungen wiederholte, die
Hes 29 9 12 32 15 über Ägypten ausgesprochen sind, vgl. auch Sach 14 isf. Viel-
mehr hat Joel bei dem "^ "2 D??n)?, das auch auf die Ägypter geht, die einstige
Bedrückung im Auge, die Israel im Diensthause Ägypten erlebte; alle anderen
Völker, die Israel bedrückten, hat die Strafe erreicht, das assyrische und das
chaldäische Reich sind zerstört, nur Ägypten hat niemals dafür büssen müssen
und besteht immer noch ungebrochen weiter, darum ward mit ihm endlich in
der Endzeit Abrechnung gehalten. Dass hier Misraim nicht Ägypten, sondern
nordarabisches Musri (und erst noch „altertümlich für Edom gebraucht*') sei
(KAT^ 147), ist schwer zu glauben. Das letzte Scätzchen mit 1^« betrachte
ich als Glosse; OSl^, zu dem natürlich Edomiter und Ägypter Subj. sein müssen,
ist grammatisch hart, da vorher die Länder genannt sind und nachher erst
noch in ihrem (seil, der Edomiter und Ägypter) Land folgt, und die lose Ver-
bindung mit 1^'IS spricht auch eher für eine Glosse, als für einen ursprünglichen
Bestandteil. Die Glosse denkt mit dem Vergiessen unschuldigen Blutes^ soweit
dies Ägypten angeht, an die Massregeln des Pharaos gegen die hebräischen
Knäblein Ex 1 15-22. 20 21^ hebt noch einmal im Kontrast zu v. 19 das
herrliche Los von Juda und Jerusalem hervor: Juda aber wird immerdar be-
wohnt sein Und Jerusalem auf Geschlecht und Geschlecht Und Jahwe bleibt
wohnen auf dem Zion; das letzte Sätzchen begründet y. 20 : Jahwes Wohnen-
bleiben auf dem Zion ist die Bürgschaft für das unaufhörliche Glück Judas
und Jerusalems. Zu Üi^n, bewohnt sein^ vgl. Jes 13 20 Sach 9 5. 21^ ist
ebenfalls Glosse, wie y. i9^P, und schliesst an die dort genannte Schuld die Ver-
sicherung der Bestrafung an. Als Glosse hebt sich y. 21^ deutlich von der Um-
gebung dadurch ab, dass hier Jahwe selber redet, während vorher und nachher
der Prophet spricht und dort daher Jahwe in der 3. Person erscheint (y. 18 21^).
Jo 4 21 143 Jo 4 21
Um einen solchen Wechsel, wie ihn gerade v. 21 aufweist, l)ei einem und dem-
selben Autor für möglich zu halten, genügt die Erinnerung an den unpräcisen
Charakter von »loel nicht. Mit DD'1 wird auf fc^'^pj D"! in v. 19 liingewiesen,
das Suff, bezieht sich auf die Judäer: ihr unschuldig vergossenes lUut. Für
''H'^iPi, das den Sinn von rein sprevken (z. E. Hi 9 28) oder ungestruft lassen
(z. B. Ex 20 7) hat, aber nur mit persönlichem Obj. vorkommt, ist beidemal
''nöj^^ (so LXX und Pesch. wenigstens das erstemal) =-- rächen zu lesen (so
auch Wellh.). Das allein giebt einen verständlichen Sinn: ich werde rächen
ihr Bluty das ich bisher nicht gerächt habe^ während die Übersetzung: „ich er-
kläre i. B. für unantastbar, das ich zuvor nicht für unantastbar erklärt habe''
(Merx), für •'n'^jPi einen nicht nachweisbaren Sinn postuliert, die Fassung von
Steiner: „und ich sollte ungestraft lassen ihr Blut? ich lasse es nicht unge-
straft" eine sehr unglückliche Frage voraussetzt und das Perf. wie ein Imperf.
wiedergiebt, und die blosse Änderung des ersten ^n'^JP^ (NowackJ: „und ich will
ihr Blut rächen, nicht werde ich ungestraft lassen" ebenfalls das zweite Perf.
so zu fassen genötigt ist, als wenn das Imperf. ^(P51S"^^^ dastände. Alle diese
gezwungenen Erklärungen ist man los mit der genannten doppeltenVerbesserung
in '^n^j?^ und dann giebt die Glosse die klare Begründung zu dem verschiedenen
Lose von Juda und von Edom-Agypten in der messianischen Zeit.
Am Einleitung I 144 Am Einleitung I
AMOS.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Arnos.
Das Buch Arnos, das im hebräischen Kanon an dritter, in der LXX an zweiter
Stelle dem Zwölfprophetenbuche eingereiht ist, wird zum ersten Male im Buche
Tobit 2 6 genannt, wo die wahrscheinlich sekundäre Stelle: Am 8 10^°^ zitiert wird.
Aber dass es nicht erst im ersten Jahrhundert vor Chr., in dem wahrscheinlich Tobit
verfasst ist, sondern schon um 200 v. Chr. ein Buch Amos gab, bezeugt JSir 49 10,
wo von D'^i^'^Ilin "ii^^l Q"^^^ (o^ otüoexa irpocp^xai) gesprochen wird. Wie das Buch
Amos damals beschaffen war, speziell ob es bereits die jetzige Gestalt besass, lässt
sich aus JSir 49 10 natürlich nicht erschliessen. Sind demnach die direkten Zeug-
nisse für das Buch Amos sehr spät, so lässt sich andererseits schon früh eine Be-
kanntschaft mit den Eeden und dadurch mit der Thätigkeit des Propheten Amos
nachweisen. Höchst wahrscheinlich ist Hosea zu seiner Beurteilung der Lage in
Israel durch das Auftreten Amos' in Bethel mit angeregt worden ; mit Sicherheit aber
lässt sich vermuten, dass Jesaja die Rede Arnos' 4 4-13 kannte, da Jes 9 7—10 4 +
5 25-30 in mehrfacher Hinsicht an dieselbe erinnert, vgl. nur den Befrain bei Amos:
n)ni n«; nj; Dnn^ t^b) mit dem bei Jesaia: iT^tDi IT TOI IS« ntT t^b mrb^^l: ausser-
dem s. die Vorbem. zu 5 4—6 14 15 am Ende und zu 6 3. Immerhin wird man sagen
können, dass zwischen diesen Endpunkten: dem 8. Jahrh. (Jesaja) und dem 1. Jahrh.
(Tobit) das Buch Amos so geworden ist, wie es jetzt uns vorliegt. Da aus der
Zwischenzeit keine Zeugnisse uns vorliegen, sind wir auf die Betrachtung des Buches
selbst angewiesen.
Von selbst gliedert sich das Buch in die drei Teile: 1) Gap. If.: Die Ankün-
digung des Gerichts über die Nachbarn Israels und über Israel selber; 2) Gap. 3—6:
eine Eeihe von Reden und Redestücken, die äusserlich in zwei Gruppen zerfallen,
deren erste durch dreimaliges H^H nn'in'n« ilj;^^ 3 1 4 1 5 1, deren zweite durch drei-
maliges Mn 5 7 (s. die Auslegung) 5 18 6 1 zusammengehalten ist; und 3) Gap. 7—9:
eine Reihe von fünf Visionen, unterbrochen durch die Erzählung von dem Erlebnis
des Propheten in Bethel und ausgestattet mit einem Ausblick auf das Glück der
Am Einleitung I 145 Am Einleitung II 1
kommenden Tage. „Das ist eine scbematische Disposition" (lllEDEL), wie man sofort
bemerkt; sie geht also wohl sowenig auf den Propheten zurück, wie Jes 1—39 oder
auch nur Jes 1—12 auf Jesaja. Dieser Schluss wird durchaus bestätigt, wenn man
auf die Elemente, aus denen das Buch zusammengesetzt ist, achtet. Denn auch hier
finden sich manche Stücke, die einer späteren Zeit als der Lebenszeit Amos' an-
gehören. Es seien hier vorläufig nur erwähnt aus dem ersten Teile die Bedrohungen
von Gaza, Tyrus, Edom und Juda 1 6-12 2 4-6, aus dem zweiten (Cap. 3— G) 4 12^^ 13
5 8 f. 13 26 6 2 und aus dem dritten (Cap. 7—9) 8 8 9 5f. 9 8-15. Weiteres s. Einl. III
und in der Auslegung.
K II. Der Prophet Arnos und seine Bedeutung.
1) Herkunft und Zeit des Propheten. Ausser dem Propheten ist keine Person
des Alten Testaments bekannt, die den Namen 'Arnos (DIDJ^, nicht zu verwechseln mit
^1D«, 'Ämö§j dem Vater Jesajas) getragen hätte. Aus 7 10-17 ist zu entnehmen, dass
Amos Schafhirt und Sykomorenpflanzer war (s. zu 7 14) und dass er aus Juda stammte
(7 12). Die Bedenken, die man gegen diesen letzteren Schluss erhoben hat, sind hin-
fällig; denn wenn Amasja (712) zu Amos auch nicht sagt: „kehre heim in das Land
Juda", sondern: „mach' dich davon in das Land Juda", so ist einerseits zu be-
merken, dass dies deutlich ein Heimschicken ist, andererseits aber zu beachten, dass
es völlig unverständlich und sonderbar bliebe, wenn Amasja einen ihm widerwärtigen
israelitischen Propheten den Judäern auf den Hals hetzte. Es liegt darum auch kein
Grund vor, an der Angabe der Überschrift 1 1 zu zweifeln, dass Amos aus Thekoa in
Juda stammte. Wenn in Thekoa Sykomoren nicht gediehen , so gab es in der Nähe
im Osten und Westen (am Toten Meer oder in der Schephela) zur Sykomorenzucht ge-
eignete Gegenden, die die nomadisierenden Schafhirten leicht erreichen konnten, s.
zu 7 14 und vgl. für Sykomoren in der Schephela IBeg 10 27. Wenn aber neuerdings
Cheyne (Encycl. Bibl. Art. Prophetic Literature § 35 und Critica Bibl. II, 133 f.)
den Heimatort des Propheten, Thekoa, nach dem Süden Palästinas verlegt und damit
Amos zu einem Kind des Negeb macht, so hängt dies mit seiner Theorie zusammen,
dass an ausserordentlich vielen Stellen des alttestamentlichen Textes Verderbnisse für
Namen aus der Gegend und aus der Nachbarschaft von Südpalästina vorliegen, unter
denen neben Kusch, Ismael, Missur namentlich Jerachmeel eine Eolle spiele. Diese
Theorie erscheint weder im Allgemeinen noch speziell für Amos begründet. Es ist
doch viel verlangt, wenn selbst Bethel und ]nöti^ 6 1 (]1"löl^ gelesen) im Süden von
Juda wieder gesucht werden sollen, wenn D^'Tpi^ 1 1 aus D'TIT]! = „Sohn ßachims"
d. h. „Jerachmeels" entstanden sein, wenn njIDinn 4 3 in n^SDnT verbessert und
B 25-27 als dem Original nahekommender Text gelesen werden soll : nn^Öl D^^n^in
''n^büim : hi^v^^'"^ VP"^ bt^^m^^) üd^d ddh« ^«li^:ii t hi^'p^ n^? D-^nnj; ^nrbn ^^-Dn^jn
: "i:i1 nin*' ID« ribSOnn*» DDH« = „Brachtet ihr mir Schlacht opfer und Speisopfer an
den Festen von Arabien, Israeliten? So sollen euch Maakat und Jerachmeel und
Kain und Ismael forttragen, und ich werde euch nach Jerachmeel ins Exil weg-
führen." Es ist wohl Cheyne zuzugeben, dass der Text des ATs vielfach verdorben
ist; aber ein Universalheilmittel bilden Jerachmeel und Genossen nicht, und so sehr
Ciieyne's Verdienste um das Verständnis des ATs anerkannt werden müssen, auf
diesem neuesten Wege kann man ihm nicht folgen und die Heimat Amos' wird das
Kurzor HC zum AT Xlil 10
Am Einleitung 11 1 146 Am Einleitung 11 1
ci/wa 2 Stunden südlich von Bethlehem gelegene judäische Städtchen Thekoa
bleiben.
Gegen die judäische Herkunft des Propheten kann kein Argument darin ge-
funden werden, dass in den alten Bestandteilen des Buches jede Bücksicht auf Juda
fehlt, vgl. die Exegese zu 2 4f. 3 1 6 1 11 14. Diese Eigentümlichkeit in den Beden
des Propheten hängt mit der besonderen Mission zusammen, die er zu erfüllen hatte;
vgl. unten Einl. II 2. Ebensowenig aber wäre es berechtigt, wenn die wunderbare
Originalität der Gedanken, die Klarheit und Frische der Darstellung und ihre
poetische Form dafür wollten geltend gemacht werden, dass ihr Autor nicht aus den
einfachen Verhältnissen eines Schafhirten und Sykomorenzüchters hervorgegangen
sein könne. Wer so urteilt, kennt das Landleben und das Landvolk nicht und ver-
gisst, dass Geist und Bildung nicht nur innerhalb der Mauern einer Stadt und in den
Kreisen der Vornehmen sich finden, dass sie auch nicht nur auf der Schulbank oder
im Studierzimmer gewonnen werden. Übrigens ist mit Becht schon oft darauf 'hin-
gewiesen worden, dass in manchem seiner Bilder die Vertrautheit mit dem Leben und
den Erlebnissen eines Hirten und Landmannes deutlich sich kundgiebt, vgl. 2 13
3 4f. 12 4 1-3 5 17 19 6 12 7 1 f. 4 8 if.
Dass die Wirksamkeit des Propheten Amos in die Zeit Jerobeams IL (782 —
743) fällt, ergiebt sich aus 7 10-17, nach welchem Berichte der Oberpriester von Bethel
an den König Jerobeam Meldung macht von dem Auftreten des Propheten in Bethel.
Es ist demnach auch die sekundäre Notiz in der Überschrift, dass Amos „zur Zeit
des judäischen Königs Uzzia und des israelitischen Königs Jerobeam ben Joas seine
Offenbarung über Israel empfangen habe", diesmal richtig; diese Angabe war eben
leicht aus 7 10-17 zu entnehmen und dass Ilzzia von Juda (789—740 v. Chr.) und Je-
robeam IL (782 — 743 v. Chr.) Zeitgenossen w^aren, Hess sich unschwer aus der histo-
rischen Überlieferung des ATs erschliessen. Da die weitere Datierung: zwei Jahre
vor dem Erdbeben (1 1) ebenfalls keine selbständige Überlieferung ist (s. zu 1 l), kann
sie zur genaueren Fixierung der prophetischen Thätigkeit Amos^ innerhalb der langen
Begierungsdauer Jerobeams IL nicht dienen. Wir sind, um zu diesem Ziele zu ge-
langen, auf andere Erwägungen angewiesen. Aus den Beden des Propheten ergiebt
sich, dass man zu seiner Zeit in Israel auf grosse Erfolge zurückblicken konnte und
man sich in sicherer und ungefährdeter Lage fühlte, vgl. 5 14. Das Beich hatte wieder
beinahe seine alten Grenzen gewonnen , denn es dehnte sich aus von der Strasse nach
Hamath bis zum Bache der, Äraba s. 6 14. Infolge des politischen Aufschwungs hatte
der Beichtum im Lande zugenommen, aber damit waren auch Verschwendung und
Üppigkeit bei den Vornehmen und Beichen eingekehrt und die Armen hatten unter
dem Hochmut und Drucke, der Vergewaltigung und Bücksichtslosigkeit derselben zu
leiden. Diese Verhältnisse lassen uns erkennen, dass Amos nicht am Anfang der Be-
gierung Jerobeams II. gewirkt hat. Denn obschon bereits Joas, der Vater Jerobeams,
über die Syrer gesiegt hat (II Beg 13 25), ist es doch erst Jerobeam IL gelungen, den
Krieg mit den Aramäern siegreich zu beendigen. Dieser für Israel glückliche Aus-
gang des langen Kampfes war neben der Thatkraft Jerobeams IL hauptsächlich den
Assyrern zu danken, die nun wieder ihre Feldzüge nach dem "Westen aufnahmen und
besonders die Aramäer bedrängten. Solche Züge sind schon von Bamman-nirari IlL
(812—783) und Salmanassar III. (783—773) bezeugt; aber auch ihre Nachfolger
Am Einleitung II 1 147 Am Einleitung II 2
Assurdan (773—755) und Assur-iurari (755—745) ha])en Züge nach Westen nach Cha-
tarika (== Hadrach) in den Jahren 772, 765, 755 und nacli Arpad im Jahre 751 aus-
geführt (s. WiNCKLER in KHC zum AT: Buch der Könige S. 202). Es wird daher
erst von Jerobeam II. i)erichtet, dass er die Grenzen Israels in vollem Umfange
wieder herstellte (II Jleg 14 23-29). Wir können deshalb sicher annehmen, dass Amos
erst in der zweiten Ilillfte der Hegierung Jerobeams II. als Prophet auftrat, also nach
760, und wir dürfen rund 750 als seine Zahl nennen. Auf Grund dieser grossen welt-
historischen Ereignisse liisst es sich wohl verstehen, wie Amos allen Nachbarn Israels
mit dem Vernichtungsgerichte droht und den Israeliten selber deutlich die Assyrer
als die Feinde bezeichnet, welche ihrem Staate ein Ende bereiten und die Bevölkerung
wegschleppen werden. Von diesen Vorstössen der assyrischen Macht hat man natür-
lich auch unter den Schafhirten von Thekoa gehört und wenn dem Propheten klar
geworden war, dass Jahwe das Treiben der Israeliten nicht länger dulden könne, so
boten sich die Assyrer als das AVerkzeug Jahwes von selber dar. Gegen diese
Fixierung hat allein ElhoKST Einsprache erhoben und das Buch Amos aus dem An-
fang der Begierungszeit Josias (638—621) hergeleitet. Damals soll im Anschluss an
die Legende, dass ein Prophet Amos von Thekoa unter Jerobeam II. als Bussprediger
gewirkt habe, ein frommer Schriftsteller im Geiste jenes Amos die Beden des Buches
geschrieben haben, um durch diese Einkleidung in den an die Ephraimiten gerichteten
Prophetenworten um so besser seine jadäischen Mitbürger mahnen zu können. Diese
Annahme hat mit Recht keinen Anklang gefunden; an sich ist es doch eine sehr ge-
zwungene Vorstellung, die hier von der Entstehung des Buches gegeben wird, und
dann fusst Elhorst hauptsächlich noch für seine Annahme auf sekundären Stellen,
wie 1 2 2 4 5 26 (vgl. auch dagegen VOLZ in ThLZ 1900, 289—292).
2) Die prophetische Thätigkeit und die religionsgeschichUiche Bedeutung
AniOS\ Amos will nicht mit denen, die man in Israel Propheten nannte, und mit
Angehörigen der Prophetenzunft in eine Linie gestellt sein und lehnt darum von sich
auch den Titel eines N^HJ ab (7 14), er ist von der Ausübung seines Berufes als Schaf-
hirte weggenommen und mit einem bestimmten Auftrag Jahwes nach Bethel gesandt
worden, den er an Israel auszurichten hatte (7 15). Er lautete: Weissagung der Zer-
störung des israelitischen Reiches und der Wegführung des Volkes in die Fremde,
wo es seinen Untergang finden soll. Amos hat diesem Bufe Jahwes Folge geleistet
und wie es ihm dabei ergangen ist, wird 7 10-17 erzählt. Dass er nachher nochmals
öffentlich aufgetreten ist, erfahren wir nicht; dagegen sind seine Worte, die uns im
Buche Amos aufbehalten sind, ein Zeugnis dafür, dass er nicht nur damals am Feste
mündlich sich seines Auftrags entledigt hat. Es ist doch schwerlich anzunehmen,
dass die Beden des Propheten nur von einem Fremden, der sie in Bethel angehört
hatte, aus dem Gedächtnis aufgezeichnet seien. Es ist nur natürlich, dass Amos
selber sie nachträglich niedergeschrieben hat, und dann hat er dabei keinen anderen
Zweck verfolgt, als den, welchen er bei seinem Auftreten in Bethel hatte: er wollte
auch bei der Aufzeichnung seiner Worte den Auftrag Jahwes an Israel erfüllen.
Dass er dabei nicht genau die Bede verbotenus niedergeschrieben hat, wie er sie in
Bethel gehalten hat, versteht sich von selber; es war ihm um die Sache zu thun,
nicht um eine diplomatisch genaue Wiedergabe seiner Worte. Darum werden wir
auch nicht zu der Annahme gezwungen sein, dass alle seine im Buche Amos auf-
10*
Am Einleitung II 2 148 Am Einleitung 11 2
gezeichneten Reden wirklich in Bethel gehalten worden seien. Wenigstens kommt es
mir vor, dass die in ihrer Einfachheit so grossartige und doch wieder so tiefe „Rede"
3 4-8 nicht in den Festlärm des Volkes zu Bethel passt, selbst dann nicht, wenn man
sie als Rechtfertigung des Propheten gegen die Abweisung durch den Oberpriester
ansieht. Aber eine Scheidung in wirklich gehaltene Reden und in nachträglich hinzu-
gekommene Stücke wird schwerlich durchführbar sein. Andererseits machen manche
Abschnitte durchaus den Eindruck, dass sie bloss das Thema oder die Quintessenz
einer längeren Ausführung wiedergeben sollen, vgl. z. B. 3 2. Aus diesem praktischen
Zwecke der Aufzeichnung erklärt es sich auch vollständig, dass, trotzdem sie in Juda
erfolgte, doch keine Rücksicht auf Juda genommen wird.
Amos wird wahrscheinlich seine Worte in Flugblättern haben ausgehen lassen ;
eins wird die alten Bestandteile von Cap. If. (die sechs zehnzeiligen Strophen), ein
anderes die fünf Visionen aus Cap. 7 — 9 enthalten haben, und das alte Gut von
Cap. 3-— 6 mag ursprünglich auf vier oder fünf oder noch mehr Blättern unter die
Menge gebracht worden sein. Die Frage, ob Amos habe schreiben können, ist
durchaus müssig; jedenfalls hat es in Thekoa Schreiber gegeben, die imstande waren,
Amos' Weissagungen aufzuzeichnen, wie es in jeder Ortschaft auch nicht an solchen
gefehlt haben wird, die derartige Flugblätter dem Volke vorzulesen verstanden.
Gehört bei Amos die schriftliche Aufzeichnung zur Erfüllung seiner prophe-
tischen Aufgabe, so begreift man, wie er der erste Prophet geworden ist, dessen
Worte uns schriftlich erhalten sind. Aber auch in anderer Hinsicht ist Amos der
Anfänger einer neuen Periode. Es mag ja Männer vor ihm gegeben haben, die in
ähnlicher Weise die ächte israelitische Sitte und Religion gegen das kanaanäische
Wesen mit seinem unsittlichen Kultus und Luxus verteidigten, Amos weist selber auf
Propheten und Nasiräer hin (2 11); er ist der erste in der Reihe dieser grossen
Männer des israelitischen Altertums, den wir genauer kennen und von dessen Ge-
danken wir bestimmtes wissen, und er ist nicht der kleinste unter ihnen. Man weiss
nicht, was man mehr an diesem Hirten von Thekoa bewundern muss, die wunderbare
Klarheit und Frische oder die grossartige Einfachheit und Tiefe seiner Gedanken
oder am Ende die Weite des Gesichtskreises, den ihm die klare Gewissheit über das
wahre Wesen der israelitischen Religion eröffnet hat. In ein paar einfachen Sätzen
lässt sich Amos' Grundanschauung charakterisieren: Religion und Sittlichkeit, Jahwe
und Gut fallen nicht auseinander; wer Jahwe dient und verehrt, übt das Recht und
thut das Gute, und erst da ist wahre Religion, wo die Sittlichkeit ihr Bestand ver-
leiht und ihr Wesen ausmacht. Jahwe aber ist die lebendige Kraft und die per-
sönliche Macht, die diese sittliche Ordnung vertritt und nach derselben über das
Leben und das Geschick der Völker entscheidet (s. bes. zu 5 4-6 14 15). Man sieht,
welche Konsequenzen diese energische Hervorhebung der unbedingten Geltung des
Sittlichen und Guten in der Jahwereligion haben muss ; Amos sind sie aufgegangen :
Jahwe ist nicht der Gott Israels allein, weder an Israels Macht noch an seine Grenzen
gebunden; er ist der Herr aller Mächte (Hlfc^lJ^ Hin^ 5 15), die Assyrer können sein
Werkzeug sein ; er ist der Richter auch über Aram, Ammon und Moab, nicht etwa,
weil sie den Kultus Jahwes, sondern weil sie humane sittliche Pflichten ausser
Acht Hessen ; er hat nicht nur Israel aus Ägypten geführt, sondern auch den andern
Völkern ihre Wohnsitze gegeben 9 7. Man versteht von da aus das Urteil, das Amos
Am Einleitung TT 2 149 Am Einleitung 11 2
über Tsrael spricht: Jahwe hasst den kultischen Lärm und das Gepränge der Opferfeste
und vernichtet eine Gesellschaft, die so versunken ist, dass sie Sitte und Hecht nicht
mehr kennt. Es kann aber auch niemand verborgen bleiben, wie in diesem Glauben
des Amos der Monotheismus seiner Kraft, wenn auch nicht seinem Namen nach vor-
handen ist, und welch ganz anderer Monotheismus als der, zu dem die Priester in
Babylonien und Ägypten gelangt sein sollen! Dort in Babylonien und Ägypten eine
monotheistische Spekulation, die keine Kraft besitzt und vollständig gleichgiltig ist
gegen den Polytheismus der Menge, deren Götter diese Theorie allegorisiert und in
einen allgemeinen Begriff auflöst, hier bei den Propheten in Israel ein kräftiger und
lebendiger Glaube an Jahwe, der neben sich keine Götter duldet, der eifersüchtig
über seine alleinige Verehrung wacht und als Alleinherr die Geschicke der Menschen
leitet. Eine Verwandtschaft und Abhängigkeit zwischen dem Monotheismus in Babel
und in der Bibel giebt es nicht ; der radikal verschiedene Ursprung ist der Grund
der Verschiedenheit. Dort in Ägypten und Babel ist der Monotheismus Theorie,
hier in Israel Kraft und Leben; dort das Ergebnis einer spekulierenden Abstraktion,
gewonnen durch eine Fusion der Götter, hier die Empfindung eines höheren Wesens,
das Innewerden seiner sittlichen und geistigen Macht, erwachsen aus einer sittlichen
und religiösen Vertiefung, aus einer innigeren Vereinigung mit einem besonderen
Gott, der eben nicht verschwindet und sich auflöst, sondern der lebendige bleibt und
als den einzig lebendigen sich erweist. Dort der leere Begriff des Monotheismus, hier
schon, ohne dass das AYort geprägt ist, die Fülle von Kraft und von Leben, die diesem
Glauben, wo er wahrer Glauben ist, innewohnen muss. Wie lebendig aber Jahwe
als Kraft von Amos erfahren wurde, zeigt der trotz seiner Einfachheit vielleicht
grossartigste Abschnitt 3 4-8 : Gott ist nicht nur eine Hypothese des Verstandes,
sondern seine Erkenntnis eine Wirkung der Kundgebung Gottes selber. Amos
ist einer der wichtigsten Marksteine in der Geschichte der Beligion. Er hat mit der
energischen Betonung der einfachen, ihm wunderbar klar aufgegangenen Wahrheit
von der engen und notwendigen Zusammengehörigkeit von Beligion und Sittlichkeit
den sittlich-religiösen Monotheismus begründet und damit die geistige und sittliche
Art der wahren Eeligion sichergestellt; die Volksreligion ist im Prinzip überwunden,
er hat sie als der erste auf eine höhere Stufe gehoben, indem er die sittlichen Ele-
mente derselben heraushob und deren Alleingiltigkeit entdeckte.
Dass bei dieser Vertiefung der israelitischen Beligion alte Namen einen neuen
Inhalt und eine andere Bedeutung erhielten, versteht sich von selber. An die neue
Bedeutung von nii<5^ ^jn^, das man früher wohl als den Gott der israelitischen Heere
verstand, das jetzt aber Jahwe als den Herrn aller Mächte bezeichnete, ist schon er-
innert (s. auch zu 5 15). Ebenso hat 21tD, gut, eine absolute Bedeutung bekommen, es
ist nicht mehr bloss das Erspriessliche, das Angenehme, das Zweckmässige oder das
einem geschriebenen Gesetze Entsprechende, sondern das, was dem unbedingten
Willen Gottes entspricht, der das Sittliche überall fordert. Der Tag Jahwes (UV
nin^) endlich ist nicht mehr der Tag, wo der partikularistische Gott Israels gegen
die Feinde seines Volkes siegt, sondern der Tag, an dem Jahwe, der Gott der sitt-
lichen Macht und der Gerechtigkeit, triumphiert auch gegen Israel. Für Amos ist
die Vernichtung, die er Israel drohen und prophezeien muss, nicht der Zusammen-
bruch, sondern die Bestätigung der Wahrheit seines Glaubens. Damit sind wir vor
Am Einleitung II 2 150 Am Einleitung III 1
die Frage gestellt, wie sich Amos die Zukunft der Eeligion Jahwes gedacht habe,
wenn Israel vernichtet sei. Auskunft erhalten wir nicht in 9 8-15, denn diese Verse
stammen nicht von Amos (s. die Erklärung) ; aber auch nirgends sonst vernehmen
wir die Gedanken des Propheten hierüber. Wir sind auf Vermutung angewiesen :
"Wahrscheinlich existierte diese Frage für Amos gar nicht; er hat vertrauensvoll die
Zukunft der Macht Jahwes überlassen, die ja nicht auf Israel beschränkt ist (9 7),
welches die Bedeutung und die Aufgabe seiner Prärogative so schmählich verkannt
hat (s. zu 3 2). Oder spielt, wie MeinhOLD anzunehmen geneigt ist, mit herein der
Hintergedanke, dass Juda doch bestehen bleibe, und hat der Gedanke an diesen Rest
dem Propheten es erleichtert, seine schonungslosen Konsequenzen über. Israel zu
ziehen? Amos nennt Juda nicht; es mag sein, dass es in Juda, zumal in der von
der Hauptstadt entfernt liegenden Provinz, wirklich noch besser stand als in Israel,
das ja bald Hosea, der Bürger des Nordreichs, in viel schwärzeren Farben schildert
als Amos, und dass Amos daher seine Heimat und ganz Juda günstiger beurteilen
durfte als Israel. Trotzdem ist schwerlich dieser Hintergedanke bei Amos lebendig ge-
wesen. Nicht die vermeintlich oder vermutlich besseren Verhältnisse Judas können
erst einem Amos den Mut geben, schonungslos den Auftrag seines Gottes an Israel
auszurichten ; dieser Mut ist die Frucht seines Glaubens an Jahwe und an seine
Macht, ein Mut, der auch nicht zurückgeschreckt wäre, denselben Auftrag an seine
eigenen Mitbürger auszurichten, vielleicht wohl mit grösserem Schmerze, aber nicht
mit Verzweiflung an der Sache Jahwes.
111. Die Entstehung des Amosbuches.
1) Der Grundstock des Buches sind die vom Propheten Amos selber her-
rührenden Bestandteile. Und zwar sind dieselben von ihm in schriftlicher Auf-
zeichnung wohl als eine Reihe einzelner Flugblätter (s. Eiul. II 2) auf die Nachwelt
gekommen; die Annahme bloss mündlicher Überlieferung, welche ElEDEL und Bau-
MANN bevorzugen, kann nicht damit begründet werden, dass sie die spätere Verwir-
rung des Buches einfacher und leichter erkläre; denn die Verwirrung ist lange nicht
in dem Masse vorhanden, wie Baumank (und auch vor ihm Löhk) annimmt, und
Elhoest, der für sein aus der Zeit Josias abgeleitetes Amosbuch eine kaum ge-
ringere Unordnung vermutet hat, glaubt dieselbe ohne Zuhilfenahme mündlicher
Überlieferung erklären zu können. Zu diesem Grundstock gehören die von allen
Erweiterungen, Interpolationen und Änderungen infolge weiterer Eingriffe ge-
reinigten Beden des Propheten, wie sie die folgende Auslegung herauszuschälen
versucht.
Fraglich ist es, ob der erzählende Abschnitt 710-17 zu diesem Grund-
stock zu rechnen ist. Auf alle Fälle liegt in demselben glaubwürdige Überlieferung
vor; denn die ganze Begebenheit ist so eigenartig und die Worte von Amasja und
Amos so charakteristisch, dass an eine Erfindung gar nicht zu denken ist. Ge-
wöhnlich führt man als Grund, der gegen die Autorschaft von i^mos sprechen soll,
an, dass 7 10-17 von Amos in der dritten Person gehandelt wird, während er vorher
und nachher in der ersten erscheine 7 1-9 8 1 ff. Dieser Grund ist aber keineswegs
durchschlagend; denn 7 1 ff. 8 1 ff. erzählt Amos nicht, sondern er giebt die Bede
wieder, in der er allerdings von seinen Gesichten berichtet hat. Also in 7 10-17 haben
Am Einleitung III 1 151 . Am Einleitung III 2
wir die Erzählung von den Ereignissen, die sich an das Auftreten Arnos' in Bethel,
wohl speziell an die Rede, in der er dort über seine Visionen referierte, angeschlossen
haben, und diese Erzälilung wird ganz naturgcmäss in dritter Person gegeben, wie
die Erzählung Iloseas Cap. 1 (zu Hos Cap. 3, das eben auch nicht als einfache Er-
zählung, sondern als prophetische Ilede gedacht ist, vgl. den Comm.), während der
Auszug, resp. die nachträgliche Niederschrift der in Eethel gehaltenen Rede die Form
der Rede beibehält. Ob von Anfang an 7 10-17 seine jetzige Stellung einnahm oder
an eine andere Stelle gehörte, ist nicht sicher zu entscheiden; mir will es vorkommen,
dass sie am besten an den Schluss nach 9 7 passte (nicht vor 7 1, wie Baumann ver-
mutet), von wo sie natürlich wegrücken musste, als der Anhang 9 8-15 angebracht
werden sollte. Vgl. noch die Vorbem. zu 7 10-17.
Hervorzuheben ist an dieser Stelle noch, dass die Rücksichtnahme auf Juda
auch da, wo sie in kleinen Bemerkungen wie 3 l 6 l jetzt vorliegt, dem Grundstock
ursprünglich fremd ist, und dass sich in demselben keine Anklänge an litterarische
Quellen finden. Die Anspielungen auf Ereignisse des Altertums (manche sind erst
später hinzugefügt, so z. B. 2 10) gehen nicht auf Lektüre, sondern auf mündliche
Überlieferung zurück, vgl. zu 2 9 4 11 5 25.
Der Grundstock der Buches umfasste somit:
, a) Die Ankündigung des Gerichtes über Damaskus, Ammon, Moab, die Nach-
barn Israels, und über Israel selber, die in sechs zehnzeiligen Strophen verläuft 1 3-5
13-15 2 1-3 6-8 9-11 (excl. V. 10) 13-16.
b) Eine Reihe von „Reden" des Propheten Arnos in vierzeiligen Strophen
mit Ausnahme von 3 12, wo ein siebenzeiliges Fragment vorzuliegen scheint, und von
4 1-3, wo zwei Sechszeiler die Apostrophe an die Frauen von Samarien ausmachen,
in Cap. 3 — 6 (über die sekundären Elemente s. im folgenden Abschnitt 2).
c) Die Visionen Arnos und die historische Bemerkung über den Eindruck,
den die Erzählung dieser Visionen auf den Oberpriester von Bethel machte. Die
Reihenfolge des Textes war ursprünglich: 7 1-9 8 1-3 9 1-4 7 7 10-17. Wie die histo-
rische Notiz ist auch die Erzählung über die Visionen in Prosa gegeben, nur die
letzte Vision mündet aus in fünf Tetrastichen 9 1-4 7.
Einiges alte Gut mag auch in dem Geröll von 8 4-14 enthalten sein, das sich
hier zwischen die vierte und fünfte Vision eingeschoben hat, wohl aber besser seiner
Art nach zu Cap. 3—6 gehörte.
2) Die sekundären Elemente des Buches. Alsbald nach der Niederschrift
wird der Text durch spätere Abschreiber Verderbnisse erfahren und kleinere Bei-
fügungen bekommen haben. Aber es waren dies unabsichtliche Änderungen oder
kurze Bemerkungen, die dem Verständnis dienen sollten. Denn auch bei Arnos tritt
uns wieder dieselbe Thatsache, wie bei Jesaja und Hosea, entgegen, dass alle
grösseren Zuthaten deutlich nachexilischen Charakter haben (vgl. Jes Einl. III 3
S. XVIII und Hos Einl. IV S. lOf.). Das kann eine Übersicht der hauptsächlichsten
sekundären Elemente am besten beweisen.
a) Die auf Juda Rücksicht nehmenden Stellen : 2 4f. 3 1^ 6 1 (z.T., s. die
Auslegung), gehen nicht etwa auf eine imaginäre Ausgabe Amos^ für das Süd-
reich zurück, sondern setzen deutlich das Deuteronomium und die infolge der
Am Einleitung III 2 152 Am Einleitung III 3
Verachtung der Thora eingetretene Zerstörung Jerusalems voraus (2 4 f. und 6 1 vgl.
mit 6 2).
b) Die historischen Einfügungen zeigen samt und sonders das gelehrte Inter-
esse, das man nach dem Exil an den Schriften der Propheten nahm: Unter den
Nachbarn, die mit dem Gericht bedroht wurden, durften Gaza (die Philister), Tyrus
(die Phönizier) und die Edomiter nicht fehlen 1 6-12; es sind dies gerade die Völker,
die in dem späten Buche Joels 4 4 19 als dem Gerichte verfallen erwähnt werden,
und was 1 11 über Edom gesagt wird, ist erst nach dem Exile verständlich. Zudem
erreichte man durch die Einfügung dieser drei Nachbarn, wenn man Juda und Israel,
wie billig, zusammennahm, die beliebte Siebenzahl der Völker. Wenn von der Besitz-
nahme Kanaans die Bede ist, so darf die Bettung aus Ägypten mit der vierzig-
jährigen Wüstenreise nicht fehlen, darum trat 2 10 als Zusatz zu 2 9, mussten 5 25 die
vierzig Jahre ausdrücklich erwähnt sein; w^ar von Propheten die Bede, so konnte
die Widerspenstigkeit des Volkes gegen dieselben nicht unterdrückt werden, s. den
Zusatz 2 12 zu 2 11. Gelehrt ist auch die Einfügung von 6 2, vgl. Jes 10 9-11, und
von 5 26.
c) Das spezifisch nachexilische theologische Interesse verraten Glossen, wie
die Doxologieen Gottes aus der Natur und Geschichte 413 5 8f. 9 5 6, die Theorie
über das Vorauswissen aller Ereignisse durch die Propheten 3 7, die IJmdeutung der
Hungersnot ins Geistige 8 11-14. Nachexilische Herkunft bekundet auch die Glosse
5 13 vom Schweigen des Weisen in böser Zeit (s. die Auslegung), die Zwischen-
bemerkung 8 8 von dem Beben der Erde über die Sünde der Israeliten (s. zu 8 8) und
die Vorbemerkung, die zur Einleitung des ganzen Buches dient 1 2 (s. dazu).
d) Endlich ist die Heils Verkündigung 9 8-15 ohne Erage ein Produkt der
nachexilischen Zeit, sie setzt ja den Sturz der davidischen Dynastie und das Exil
voraus, vgl. die Vorbemerkung zu 9 8-15.
Über weitere Zuthaten, wie die Auslegung in 4 7 oder die Überleitung 3 3,
siehe den Commentar, wo auch die kleinsten sekundären Elemente kenntlich ge-
macht sind.
3) Der Werdeprozess und der Abschluss des Buches. Über die Geschichte
des Buches von dem Dasein des Grundstockes bis zur Entstehung der jetzigen Ge-
stalt ist nur soviel zu sagen, dass die Hauptzugaben erst nach dem Exil zu dem
Grundstock hinzugekommen sind. Jesaja hat sicher Kenntnis von Amos' Prophetieen
besessen (s. Einl. I) , aber damit ist nicht gesagt, dass schon damals die den Grund-
stock des Buches bildenden Abschnitte zu einem Ganzen zusammengestellt waren.
Die Vermutung, dass bereits Amos selber die Vereinigung und Disposition vor-
genommen habe, ist zwar nicht durchaus fernzuhalten. Immerhin erklärt sich leichter,
wie 8 4-14 nach 8 3 verschlagen werden konnte, wenn das Ganze nicht von Anfang
fest disponiert war, sondern die einzelnen Stücke für sich existierten. "Wann dann
zum erstenmal die verschiedenen Stücke gesammelt wurden, lässt sich schwerlich
ausmachen; man darf vielleicht an die Zeit Jesajas denken, als das Nordreich ge-
fallen war und man ein grosses Interesse haben musste, die Prophetieen Amos' zu
besitzen, welche sich so genau bewahrheitet hatten. Mag sich die Disposition des
zweiten Teiles Cap. 3—6 schon damals an die Stichworte H^H ^llJ'nn'niSI ^J^D^ 3 1 4 1
5 1 und Mn 5 7 18 61 gehalten haben, oder mag diese Markierung der vier Capitel
Am Einleitung III 3 153 Am Einleitung TV
erst nachträglich erfolgt sein, man versteht sehr wohl, warum 3 1-8 an den Anfang
gestellt wurde, und hegreift, wie G 8-14 den Schluss bil len konnte (vgl. noch Vorbem.
zu 3 1—6 U). Natürlich war mit dieser Sammlung der Werde[)roce88 nicht abge-
schlossen; besonders erklärt sich die Verwirrung, in der Cap. 5 auf uns gekommen
ist, erst von einem Zeitpunkt aus, da die dort vereinigten liedestücke nicht mehr ge-
sondert, sondern nach- oder nebeneinander aufgeschrieben waren (v^l. Vorbem. zu
5 4-6 U 15). Bemerkenswert ist, dass im Buche Amos die heilverkundenden Zu-
thaten mit Ausnahme des Schlusses eigentlich ganz fehlen, höchstens ist etwa wie
4 12 eine allzuscharf klingende Drohung durch eine mildere ersetzt; das mag damit
zusammenhangen, dass die Prophetie Amos' sich nur auf Nordisrael bezieht. Später
als dann auch für Israel eine Zukunft in der Vereinigung mit Juda erwart^^t wurde,
als man die Propheten sozusagen als allwissend betrachtete und ihre Schriften haupt-
sächlich zur Belehrung über die Endzeit las, sind offenbar die grösseren Einschübe
in Cap. If., die dem Verständnis des Ganzen zur Wegleitung dienende Einführung
1 2 und besonders der versöhnende Schluss 9 8-15 hinzugefügt worden. Für diese ab-
schliessende Eedaktion lässt sich wieder kein engbegrenztes festes Datum angeben;
doch führt die Parallele der Einschübe in Cap. 1 (Philister, Phönizier, Edom) mit
Joel schon in das vierte Jahrhundert und die Aussage 9 9 von dem Sammeln der
Israeliten im Exil hat ihre nächste Parallele in dem noch späteren Jes 27 12. Wenn
wir' darum rund das vierte Jahrhundert als die Zeit des Abschlusses der Redaktion
annehmen, so ist Amos eines der ersten Prophetenbücher gewesen, die ihren Ab-
sehluss gefunden haben. Es kann daher Amos in jetziger Gestalt (abgesehen von
späteren Textverderbnissen) sehr wohl schon Jesus Sirach bekannt gewesen sein,
der von dem Zwölfprophetenbuch spricht (JSir49l0), und nicht erst Tobit, der
übrigens mit seinem Zitat von 8 10 dafür Zeugnis ablegt, dass der unsichere Abschnitt
8 4-14 in seinem Amosbuche nicht fehlte (vgl. Tob 2 6).
IV. Litteratur.
Kommentare: G. Baue Der Prophet Amos erklärt 1847; J. J. P. Vale-
TON jr. Amos und Hosea (deutsch) 1898; S. E. Dbiver Joel and Amos, with Intro-
duction and Notes (stereotyped edition) Cambridge 1898.
Monographieen und Abhandlungen: H. GoRT De profet Amos ThT
1880, 114—159; G. HoFEMANN Versuche zu Amos ZATW 1883, 87—126; H. WiNCKLER
Alttest. Untersuchungen 1892, 183—185 ; H. BiLLEB Die wichtigsten Sätze der neueren
alttest. Kritik vom Standpunkte der Proph. Amos und Hosea aus betrachtet 1893;
W. E. Smith The Prophets of Israel (new edition) 1895, 90—143 ; S. ÜETTLI Der
Kultus bei Amos und Hosea in Greifswalder Studien 1895, 1—34; Albert Tesch
Setzt der Prophet Amos autoritatives Gesetz voraus? 1895; K. BuDDE Die Über-
schrift des Buches Amos und des Propheten Heimat in Semitic Studies in Memory
of Alex. Kohut 1897, 106—110; ebenda auch S. 133—137: Zur Erklärung von Amos 6 10
von B. Felsenthal; P. Volz Die vorexil. Jahweprophetie 1897, 17—24; 0. Seese-
MANN Israel und Juda bei Amos und Hosea 1898; T. K. Cheyne Amos in Encycl.
Bibl. I (1899), 147—158; H. J. ElhoRST De profetie van Amos 1900; x4lbert Con-
DAMIN Le pretendu „fil a plomb" de la vision d'Amos in Revue Biblique Oct. 1900
(8 Seiten); S. Oettli Amos und Hosea 1901; K. J. Grimm Euphem. Lit. Append.
Am Einleitung IV 154 Am Einleitung: IV
in The 0. T. (Baltimore) 1901, 77 fF. 88—91; Max Löhr Untersuchungen zum Buch
Amos 1901; Ed. Sievers Studien zur hebr. Metrik, zweiter Teil: Textproben 1901,
472—479; A. CONDAMIN Les Chants lyriques des Prophetes in Hevue Biblique Juillet
1901, I. Amos (13 Seiten); W. NowACK Die ZukunftshofFnungen Israels in „Theol.
Abhandl.« Festgabe für H. J. Holtzmann 1902, 33—59; W. EiEDEL Alttest. Unter-
suchungen I, 1902, 19—36: Bemerkungen zum Buche Amos; 0. Procksch Geschichts-
betrachtung etc. bei den vorexil. Proph. 1902, bes. S. 7—13 und 104—118; J. A.
Bewer Critical Notes on Amos 2 7 and 8 4 in AJSL Jan. 1903; BÖHMER Die Eigen-
art der proph. Heilspredigt des Amos in StK 1903, 35—47; T. K. Cheyne Critica
Biblica II (1903), 133—145; J. Meinhold Studien zur Israel. Religionsgesch. I 1
(1903), 33—63; Er. Baumann Der Aufbau der Amosreden 1903.
Am 1 1 1 55 Am 1 i
Erklärung.
Überschrift und Einführung
Die Überschrift 1 bestimmt den Autor, seine Herkunft und seine Zeit.
Dass sie jedoch nicht aus einem Gusse ist, ergiebt sich schon aus der „Doppelt-
heit der mit "l^t< beginnenden Sätze", von denen der zweite über den ersten
hinweg auf nn"! zurückgreift (König Einl. S. 307). Zu diesem grammati-
kalischen Grunde tritt der sachliche, dass die der Verbindung Worte schauen
zu Grunde liegende Vorstellung von der Aufgabe des Propheten und der Art
seiner Inspiration eine späte ist, s. zu Jes 1 i und Hos 1 1. Demnach ist zu-
nächst die doppelte chronologische Fixierung des Auftretens 'Amos' nach der
Regierungszeit sowohl des judäischen Königs XJzzia (789—740 v. Chr.), als
auch des israelitischen Königs Jarobam, der durch die Beifügung ben Joasch
zum Unterschiede von Jarobam I. ben Nabat als der zweite (782—743 v. Chr.)
gekennzeichnet wird, trotz ihrer Richtigkeit (s. Einl. II 1) gerade so eine nach-
trägliche Beifügung, wie die entsprechenden Angaben Hos 1 i Jes 1 i etc.
Aber auch nicht einmal der Rest von v. i^, zwei Jahre vor dem Erdbeben, lässt
sich als ursprünglich halten: die Datierung nach einem zukünftigen Ereignis
ist ein untrügliches Zeichen späterer Herkunft, es müsste denn Amos erst
Jahre hernach seine Prophezeiungen aufgezeichnet haben; dann müsste aber
auch das Erdbeben, da dergleichen Naturereignisse in Palästina keine Selten-
heit sind (vgl. 4 ii), ein ganz ausserordentlich heftiges gewesen sein, sodass es
einfach als das Erdbeben bezeichnet und zum Ausgangspunkt einer Ära ge-
macht werden konnte. Von einem solchen Erdbeben aus der Zeit Uzzias ver-
nimmt man jedoch erst Sach 14 5 und zwar in einer Notiz, die auf alle Fälle
um manche Jahrhunderte jünger ist als Uzzia, und die zudem höchst wahr-
scheinlich entweder direkt aus unserer Stelle (Am 1 i'^) erschlossen oder aus
demselben schriftgelehrten Triebe, wie die Bemerkung in v: l^ entsprungen
(s. zu Sach 14 5), also als Tochter oder Schwester von v. i^ zu einer unab-
hängigen Zeugnisabgabe ebenso ungeeignet ist, wie die wunderbare Erzählung
von diesem Erdbeben bei Josephus Ant. IX 10, 4, die vielmehr ein prächtiges
Beispiel von dem Interesse ist, welches die letzten vorchristlichen Jahrhunderte
an der ausschmückenden Exegese der heiligen Schriften nahmen. Ein unab-
Am 1 1 156 Am 1 1
hängiges Zeugnis für ein heftiges historisches Erdbeben zur Zeit Uzzias
giebt es somit niclit, mit dem epochemachenden Erdbeben in v. i^ ist vielmehr
das im Buche Amos 8 8 9 5 geweissagte gemeint. Nach seiner eigenen
Weissagung hat aber der Prophet Amos selber auch nicht einmal nachträglich
noch datiert, da er weit Grösseres in Aussicht stellte und die Wahrheit seiner
Verkündigung nicht an das Eintreffen eines Erdbebens knüpfte (s. übrigens zu
8 8 9 6); diese Datierung rührt von einem Schriftgelehrten her, der in 8 8 9 5
die Weissagung eines Erdbebens sah und die zwei Jahre, die bis zu demselben
noch verfliessen sollten, durch irgendwelche exegetische Künstelei aus dem
zweimaligen: ich werde es ihm nicht länger mehr übersehen in 7 8 8 2, vielleicht
durch Berechnung der von 8 2 angegebenen Frist auf höchstens ein Jahr (von
f p zu I^V)' ableitete. So GT. Hoffmann ZATW 1883, 123 und Cheyne Encycl.
Bibl. Art. Amos § 4. Der Sinn der schriftgelehrten Glosse ist daher: %wei
Jahre vor dem 8 8 9 5 geweissagten Erdbeben.
Zu den sekundären Elementen von Y. i gehört endlich auch der erste
Relativsatz D'^ljP^? 7VT\ ^"ä^^ der „auf Amos als auf einen Gewesenen zurück-
sieht" (Wellh.), aber dann nicht „von einem Zeitgenossen herrührt", sondern
von einem Schriftgelehrten aus 7 uf. gewonnen ist, also nicht von einem spä-
teren Stadium im Leben Amos', da er Prophet war, auf sein früheres, da er
Schafzüchter war, sondern von einer Periode, die nach Amos fällt, auf das
Zeitalter des Propheten zurückblickt, demnach auch nichts davon sagt, dass
Amos je seinen Beruf definitiv aufgegeben habe. Ausser dem ^^'^ nötigt zu
dieser Auffassung die eigentümliche Stellung von J^lpHD, das allein verständlich
ist, wenn es unmittelbar an DIDj; angeschlossen wird, so dass wir J^lpriJ? D1DJJ
haben wie Jdc 12 8 DH^ n^Sö |^D{;^, w^ährend die Verbindung von J^IpPtp mit dem
Relativsatz eine eigentlich verschrobene Konstruktion voraussetzt, für deren
Wahl anstatt des einfachen und natürlichen j;ipn ^np'ilD n^^ 'j; oder y.lpnp ^p'ün 'j;
oder J^lpn? "y^^ D'^lp^n IP 'V auch nicht der leiseste Grund ersichtlich ist. Vgl.
für diese Zurechtlegung von v. i^ die ausführliche Begründung bei Budde Die
Überschrift des Buches Amos und des Propheten Heimat in Semitic Studies
in Memory of A. Kohut 1897, 106—110.
Die Überschrift lautete somit ursprünglich nur J^'^'pH)? DIDJ^ "»in^ Worte
Amos aus Tekoa. Damit ist auch die judäische Herkunft gegenüber der An-
nahme Ooet's, dass Amos von Hause aus Nordisraelit gewesen sei, sicher-
gestellt; denn ein nordisraelitisches Tekoa ist unbekannt und die gegen die
judäische Herkunft erhobenen Gründe sind nicht stichhaltig, s. zu 7 12 u. Auch
vermag ich der Annahme Cheyne's, dass es ein Tekoa im Negeb gab, so wenig
zu folgen, wie seiner Konjektur, dass D'^Tpi^ aus D'TlTp, „Sohn ßachims" =
Jerachmeels, verdorben und Amos also ein Kind des Negeb sei (Critica bibl.
II, 133 f). Es handelt sich hier um das bekannte Tekoa, einige Meilen südlich
von Bethlehem, noch heute trägt die ßuinenstätte chirbet Tekua den alten
Namen (vgl. Bädeker Pal.^ S. 130); es ist dieselbe Stadt, aus welcher Joab
die „weise Frau" beschickte, damit sie bei David zu Gunsten Absaloms Für-
sprache einlege II Sam 14 1-20. Die Glosse D'^np'in iTH "l!^^ besagt nach
7 14, dass Amos unter den Schaf%üchtern d. h. selbst ein Schafzüchter war.
Am 1 1 167 Am 1 2
An der Lesart ist nicht zu zweifeln; denn einmal spriclit die "Übersetzung der
LXX, die ü^lpl als Ortsnamen fasste, mit ihrem aus h Nofxx7.p£i|x verdorbenen
£v 'Axxo(p£i}x für die Richtigkeit des Textes und dann liegt es in dem Zu-
sammenhange von 7 14 f. näher, an einen Schafzüchter, als an einen Rinder-
hirten zu denken, also eher das dortige "lj?121 zu beanstanden (s. zu d. St.). Das
Wort nj?i, nur noch II Reg 3 4 von dem moabitischen König Mescha gebraucht,
erklärt sich aufs beste nach dem arabischen nakad, welches eine wegen der
Hässlichkeit sprichwörtliche, aber wegen der Feinheit der Wolle geschätzte
Art Schafe bezeichnet, es ist das Denominativum von einem entsprechenden
im AT nicht vorkommenden, aber wahrscheinlich in Z. 30 der Mescha -Inschrift
zu lesenden Ipi, wie Ij^lB von IJJZij und bedeutet demnach den Schafhirten oder
Schafzüchter.
Die Einführung 2, ein regelmässig gebauter dreihebiger Vierzeiler, dem
zur Anknüpfung an die Überschrift löN'l vorgesetzt ist, dient der Wegleitung
zum richtigen Verständnis des ganzen Buches. Der Leser soll nämlich nicht
seine Kenntnisse über die Zustände zur Zeit Arnos' und über die hohe und
kraftvolle Gestalt dieses Propheten mehren und dadurch im Innersten ergriffen
werden, sondern Belehrung über die Ereignisse der letzten Zeit empfangen,
also die Gerichtsverkündigung als eschatologische auffassen. Zu diesem Zwecke
ist Yon der Redaktion hier zu Anfang v. 2 hinzugefügt, wie am Schlüsse des
Buches das Komplement dazu, die Schilderung des Glückes der Endzeit, nicht
vergessen wird. Den sekundären Ursprung von v. 2 haben ebenso Cheyne in
der Introduction p. XVI zu der neuen Ausgabe von W. R. Smith The Prophets
of Israel 1895, vgl. auch seinen Art. Amos § 8 in Encycl. BibL, und Volz Die
vorexilische Jahweprophetie und der Messias S. 19 f. erkannt. Die Gründe sind
mannigfaltig: Das Auffallende, dass das Gericht, welches Nordisrael trifft, von
Zion ausgeht, während von Amos sonst nirgends Zion und Juda ein Vorzug
zuerkannt wird und dem Propheten Jahwe doch zu Bethel erscheint (9 i), hebt
sich nur, wenn die nachexilische Vorstellung von der hervorragenden Be-
deutung Zions als der einzigen Kultusstätte Jahwes zu Grunde liegt. Die
Vorstellung Baüäiann's von Zion als „dem ehrwürdigen Sitz der einstigen na-
tionalen Herrlichkeit, also nicht als dem kultischen sondern staatlichen idealen
Mittelpunkt" ist Amos unbekannt. Auf eine späte Zeit weist auch die Art, wie
das Bild vom Gewitter für das Gericht ausgeführt wird: „die paradoxe Wir-
kung" des Gewitters, „dass Kraut und Bäume welken und verdorren", zeigt
die Vertrautheit der Theologie mit diesem Bilde und die Festigkeit des Be-
griffes, den man bereits von dem Gericht hat. Endlich ist aber v. 2^ identisch
mit Jo 4 16, wo die Worte durchaus in den Zusammenhang passen, und die
elegischen Töne von v. 2^ stimmen nicht besonders gut zu den nachfolgenden
strengen Schilderungen des Gerichts, sondern erinnern vielmehl* im Ausdruck
an spätere Schriftstellen, vgl. Na 1 4 Jo 1 lo 12 19 f. Jer 23 lo^ß (Einschub).
Die beiden ersten Zeilen der Einführungsstrophe zeigen den Standpunkt
der nachexilischen Gemeinde, die Jahwe nicht mehr, wie das Volk vor dem
Exil, an den verschiedenen heiligen Stätten des Landes fand, seinen wahren
Wohnort aber auch nicht, wie Jer 25 30, in der Höhe sah, sondern ihn enge an
Am 1 2 158 Am 1^3
den Zion knüpfte; vgl. zu Jo 4 16. Die Wirkung des Gericlitsdonners
Jahwes zeigt sich in der Trauer der Auen der Hirten und dem Verdorren des
Gipfels des Karmels d. h. in der völligen Verwüstung des Landes; die Blüten
und Früchte sind gleichsam der Freudenjubel des Landes, die Verödung bietet
den Anblick der Trauer. Die Verwüstung ist so vollständig, dass selbst die
berühmten Prachtwaldungen des Karmels (Jes 35 2) verdorren.
Erster Teil:
Die Ankündigung des Gerichts über die Nachbarn Israels und
über Israel selber
1 3—2 16.
Dieser erste Teil, der die Einleitung zu den folgenden Capiteln, welche die Sünde
Israels darlegen (Cap. 3 — 6), bildet, hat mehrfache Erweiterungen erfahren. Zu den ur-
sprünglich allein genannten drei Nachbarn: Damaskus, Ammon und Moab, sind spater
hinzugefügt: Gaza, Tyrus, Edom und Juda (16-12 2 4-6). Den ausführlichen Nachweis
für diese Auffassung s. unten; aber schon hier darf erwähnt werden, dass erst mit Aus-
scheidung von Gaza, Tyrus, Edom und Juda die Reihenfolge eine natürliche wird und
dass sich dann diese ganze Einleitung in zwei Hälften zerlegt, von denen die eine die drei
Nachbarn Damaskus, Ammon und Moab, die andere, dem Hauptgewicht, das Israel zu-
kommt, entsprechend, dieses Nordreich allein, und zwar viel genauer, behandelt. Der
ursprüngliche Bestand umfasst sechs zehnzeilige Strophen, je eine ist den Nachbarn, drei
den Israeliten gewidmet.
A. Gegen die Nachbarn Israels 13—2 5.
1) Geg^en Damaskus 1 3-5. Das um 950 vor Chr. von Rezon gegründete
(s. I Reg 11 23-25) damaskenische Reich war im 9. Jahrh. unter Benhadad I. (Bir-'idri)
885 — 844 die Hauptmacht in Syrien geworden und blieb sie unter dem Nachfolger Rezons,
Hasael (844 — etwa 804), ziemlich bis ans Ende des Jahrhunderts. Damals erwehrte sich
Damaskus nicht nur erfolgreich der assyrischen Angriffe, sondern hat es auch Israel das
ostjordanische Gebiet entrissen und selbst im "Westen so übel gehaust (vgl. II Reg 8 12
10 32 f. 13 3 7), dass die Erinnerung daran noch zu den Zeiten Amos' überaus lebendig
war, obschon es inzwischen den israelitischen Königen Joas ben Joahas (797 — 783) und
Jerobeam II. (782 — 743) geglückt war, die Damaskener zu besiegen und das von ihnen be-
setzte Gebiet zurückzuerobern (II Reg 14 25 f.). Die Macht des damaskenischen Reiches
war einigermassen um die Wende des 9. und 8. Jahrhunderts gesunken. Der Sohn Hasaels,
Benhadad II. (nach den Inschriften Mari'), der bis 774 regierte, war schon 803 dem Assyrer-
könig Ramman-nirari III. (812 — 783) tributpflichtig geworden; so hatte der assj^ische
Druck die israelitischen Erfolge begünstigt. Nach dem Tode Benhadads II. kam in Da-
maskus der Vater des letzten syrischen, aus Jes 7 18 bekannten Königs Resin (= Rezon)
auf den Thron. Vgl. "Winckler im Anhang Kurzer HC zum AT IX, 201-^209.
3 Die Einleitungsformel T\\T\\ IDS nä, die sich regelmässig zu Anfang
einer ein neues Volk bedrohenden Rede v. 69iii3 2i46 wiederholt, steht wie
die abschliessende Formel T\\7\\ [''^^^5] '^öij, die im Text nicht mit derselben
Eegelmässigkeit geboten wird v. 5 8 i5 2 3, ausserhalb des strophischen Schemas.
Bis 2 9 beginnt jeder Zehnzeiler mit den stereotypen Worten: Wegen dreier
Frevel der Damaskener lind wegen vierer wende ich es nicht zurück. Was das
1i— , eSy bedeutet, wird aus dem folgenden, v. 4f., klar; in unheimlicher Un-
Amis 159 Amis
bestimmtheit niniint es voraus, was „den Propheten so beschäftigt, dass er an
nichts anderes denkt" (Wellii.). Sclion längst ist es beschh)ssen, schon längst
hätte es hereinbrechen sollen; aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, Jahwe
nimmt sein Gericht gewiss (beachte das energische Imperfekt!) nicht zurück,
vgl. zu n"^tj^n Jes 43 13 14 27 Num 23 20. Der Grund des Gerichts sind die
Frevel, deren sich die Damaskener schuldig gemacht haben, drei, vier also
eine unbegrenzte und deshalb umsomehr erschreckende Anzahl (vgl. zu Jes 17 6
und Ges.-Kautzsch27 § 134s, König Stilistik etc. S. 163), als schon ein einziger
Frevel zur Verdammnis genügte. Ein typisches Beispiel dieser Frevel
geben die zwei folgenden Zeilen, v. 3^ wo um des Metrums willen njj'piri'n« un-
mittelbar hinter DtJ^H zu stellen ist: Weil sie Gilead gedroschen halfen Mit
Dreschwagen von Eisen, LXX scheint das Mangelhafte des jetzigen Textes
gefühlt zu haben, ihre Verbesserung durch Einsetzung von illin vor IJ^'p^H be-
ruht aber auf falscher Uniformierung mit v. 13 und kann daher auch die nahe-
liegende Konjektur nj^^^H nn von Zenner und Condamin der einfachen Um-
stellung gegenüber nicht empfehlen. Gilead, im Osten des Jordans, hatte am
meisten von den syrischen Angriifen gelitten; die Damaskener hatten es un-
menschlich behandelt (vgh Vorbemerkung), was hier unter dem Bilde des
Dreschens mit eisernen Dreschwagen dargestellt ist; s. Jes 21 10 41 15 und über
Dreschmaschinen s. zu Jes 28 27. Nicht die Eroberung Gileads als solche,
sondern die dabei verübten Grausamkeiten fordern Jahwes Gericht v. 4 f.
heraus : 4 So schleudere ich Feuer in Hasaels Haus, Dass es fresse die
Frunkgebäude Benhadads. \ mit Perf. consec. knüpft eng an ^^5''^« s'? an: ich
werde es riicht rückgängig machen, so dass ich vielmehr etc., und exponiert
somit das unbestimmte es von v. 3. Das Feuer bedeutet die Kriegesfackel (vgl.
Num 21 28), die verwüstend und verbrennend das damaskenische Reich samt
seiner Dynastie und seinen Palästen zerstört. Hasael und Benhadad als die
Namen der schlimmsten Bedrücker Israels (s. Vorbemerkung zu y. 3-5) re-
präsentieren das damaskenische Königshaus. 5 Die vier letzten Zeilen
der Strophe sind verstellt: der Parallelismus der jetzigen zweiten und dritten
Zeile (aus xal xaiaxo^w in LXX darf man nicht auf ein Verb ^Tk^'^TS^ für "^IDini
schliessen, da dieses Wort von LXX auch in v. 8 verkannt wird) und die
sachgemässe Klimax, nach welcher der Fall der wichtigsten Stadt unmittelbar
vor die Deportation des Volkes gehört, fordern, dass man die erste Zeile an
dritte Stelle rückt (so auch Lohe und Baumann): Und rotte aus den Bürger
aus Bikat'Awen Und den Scepterträger aus Bet-Eden Und breche den Bieget
von Damaskus Und fort wandert das Volk Arams nach Kir. Die Ortlichkeiten
Bitiat'Awen und Bet-Eden sind nicht sicher: die Identifikation von Bik'ai-
Awen mit dem in der sog. Bekä'a, dem Thale zwischen Libanon und Anti-
libanos, gelegenen Baalbek beruht auf dem kaum stringenten Schlüsse, dass
Ba albek gleich Bik at-Awen sei, weil Ba'albek bei den griechisch-römischen
Autoren Heliopolis heisse und die LXX an unserer Stelle 'ßv lese, welches
auch dem Namen des ägyptischen Heliopolis, An, Anu, entspreche (vgh
Jer 43 13). Für Bet-Eden hat man zwar ein assyrisches Äquivalent; aber das
bekannte (vgl. zu Jes 37 12) Bit-Adini, eine aramäische Landschaft an den
Am 1 5 160 Am 1 6
Ufern des oberen Euphrat in der Nähe von Charan (wie LXX auch hier mit
ihrem avopwv Xappav voraussetzt) lag viel zu weit von Damaskus entfernt und
war zu Arnos' Zeit längst in den Händen der Assyrer, vgl. Winckler Alttest.
Untersuch. S. 183. Dagegen könnte ein anderes nähergelegenes Blt-Adini in
Betracht kommen, auf das Winckler (Altorient. Forsch. I, 104) hinweist,
während Hoffmann und Steiner an das bei Ma'lüla auf der Ostseite des
Antilibanos gelegene Dschubb 'Adin denken (vgl. Bädeker Paläst. ^ S. 392).
Alles ist unsicher, es ist selbst mit der Möglichkeit zu rechnen, dass ]1S „irgend
einen Gottesnamen verdeckt" (Wellh.) und man Hi^'ri''^ trotz der Punktation
]iy. statt ]l)l als TiapaSsiao«;, ^Lusthausen", zu fassen hat. Schwerlich aber ist
15« nj;jp:;i eine absichtliche Entstellung aus ]1V nj;jp? „Paradiesesthal" und
dieses, wie py TT'?, eine poetische Bezeichnung von Damaskus (so Wetzstein
in Delitzsch Jes^ S. 702). Es werden besondere, und zwar zum aramäischen
Reiche gehörige, Ortschaften gewesen sein; denn aus to^^ ijöin ist nicht zu
schliessen, dass Bet-Eden unabhängig war, weil v. 8 für Amos nichts beweisen
kann und der Parallelismus von Bürger und Scepter träger^ sowie auch der
Ausdruck selber nicht notwendig auf den oxyjtttoöj^o; ßaatXsü;, sondern nur auf
einen hohen Beamten, den Stabhalter = Statthalter, führt. Tbl ist der
stehende Terminus für die gezwungene Auswanderung = deportiert werden.
Die Deportation soll die Aramäer dahin zurückbringen, woher sie gekommen
sind; denn Tp ist nach 9 5 ihre Heimat, deren Lage nur im allgemeinen zu be-
stimmen ist: im fernen Osten neben Elam, s. zu Jes 22 6. In jenen Gegenden kennt
Arrian III 8, 5 Kaps;, Karer, die vielleicht mit Winckler (Altor. Forsch. II,
254 — 256) unserem l'^p resp. ^1p gleichzusetzen sind. Die Nachricht II Heg 16 9,
dass Damaskus wirklich nach Kir deportiert worden sei, ist keine historische
Angabe, sondern eine späte, der LXX noch unbekannte Folgerung der
Schriftgelehrsamkeit aus unserer Stelle.
a) Gegen die Philister 1 6-8. Von der philistäischen Pentapolis, als
deren wichtigste Stadt Gaza vorangestellt ist, wird nur Gat nicht erwähnt; das hat man
aus der historischen Lage zur Zeit des Propheten erklären und sich besonders auf die
Einnahme Gats durch den Syrerkönig Hasael II Heg 12 18 berufen wollen. Aber Er-
oberung ist noch nicht identisch mit Zerstörung. Dies ist bei Gat wohl zu beachten ; denn
es könnte sonst nicht 711 noch einmal von Sargon zerstört werden (s. zu 6 2). Die As-
syrer scheinen damals nun gründlich verfahren zu sein; denn von da an verschwindet Gat
aus der Geschichte: es fehlt in allen späteren Aufzählungen der philistäischen Städte
Zph 2 4 Jer 47 5 Sach 9 5 f., und wo es noch erwähnt wird, wie z. B. IChr 18 1 II 11 8
26 6, handelt es sich um die alte Zeit vor 711. Die „historische Situation" von v. 6-8 ist
somit jedenfalls die nach 711, also nach Amos; aber wir haben weit hinunterzugehen,
dazu führen nicht nur die genannten Parallelen aus den Propheten, sondern vor allem
auch die Übereinstimmung mit Jo 4 4-6, einer Stelle, die offenbar dem Interpolator die
Gedanken zu v. 6-10 geliehen hat. Das Einzige, was v. 6-10 Eigentümliches an sich
haben, nämlich die Deportation, ist Jo 4 6 entnommen; das Übrige ist sämtlich, die
Namen und einige allgemeine Ausdrücke, wie ^y IJ ^''^Ü ausgenommen, aus Amos ent-
lehnt. Das "Wort gegen die Philister ist daher ein Produkt der Schriftgelehrsamkeit,
ganz wie Jer 47, aus einem spätem Jahrh. Amos sollte als ein rechter Prophet, wie
Hesekiel (Hes 25 15-17), das Schicksal der Philister vorausgeschaut haben, dessen Ver-
wirklichung man damals als die Vorstufe des Anbruchs der Heilszeit erwartete (vgl. auch
Jes 11 12-16).
Am 1 6 161 Am 1 9
6 Die Scliriftgelehrsamkeit des Interpolators zeigt sich schon hier : Den
Vorwurf, den er gegen die Philister erhebt, hat er aus Jer 13 19 entnommen;
die dort genannten Städte des Negeb haben auf die Philister als die (Jbelthäter
und die Edomiter als ihre Helfershelfer geführt, die als die immerwährenden
Feinde der Israeliten gerne die aus deren Dörfern Weggeführten in Empfang
nahmen und der Sklaverei überlieferten. Sind die Ortschaften im Negeb men-
schenleer (Jer 13 19), so war es eine T]ük^ ril'pj, eine vollsländuje Deporlalton,
eine Wegführung ganzer Dörfer (Ewald). "^'•^ipH^ d. h. um sie auszuliefern
als Sklaven und Sklavinnen in die Hände der Edomiter, die sie behalten oder
weiter verkaufen mochten. 7 ist nach y. 4 u 2 2 gebildet, wie 8^ nach v. 5.
Asdod hat sich nach der assyrischen Zerstörung im Jahre 711 im Gegensatz
zu Gat wieder erholt, vgl. Neh 4 i, und entspricht dem heutigen Esdüd, nahe
der Küste etwa in der Mitte zwischen Gaza und Joppe (Bädeker Palast.^
145). Askalon ist das heutige ' Askalän am Meere auf dem halben Wege von
Gaza nach Esdüd (Bädeker Palast.^ 143 f.). Über die drei Städte Gaza, As-
kalon und Asdod vgl. auch L. Gautier Souvenirs de Terre Sainte S. 97—
138. Zu '^j; T n^^n v. s'^ ist zu vergleichen Jes 1 25 Sach 13 7 Ps 81 15 und
^j; T niDj in Hes 25 16, wo auch unser n"'1«!^ sich findet. Ekron^ heute
'Akir, die nördlichste der vier genannten Philisterstädte, liegt nordöstlich von
Esdüd etwas mehr vom Meere entfernt. D^nii^'?ö n^'ISti^ bezeichnet nicht
die übrigen ausser den genannten Philistern, sondern den überhaupt noch
existierenden Rest von ihnen (wofür Arnos iT^inif? sagt 9 i), sodass man mit
Ewald zu übersetzen hat: dass die letzten Philistäer d.h. auch der letzte
Mann derselben verschwinden: vgl. auch zu Hes 25 16. ^'^'^ steht nur hier
in der Unterschrift neben T\)7V^ es fehlt in der LXX und wird daher nicht auf
Rechnung des Interpolators, sondern eines Abschreibers zu setzen sein.
Diese Worte gegen Philistäa haben eschatologischen Sinn (vgl. den Schluss der
Yorbem. zu v. 6-8). Man kann in keiner Weise die assyrischen Expeditionen gegen die
Philister zwischen 734 u. 701 als Erfüllung dieser Weissagung betrachten, da die Könige
von Gaza, Askalon, Asdod und Ekron als tributpflichtig in den Inschriften Asarhaddons
und Asurbanipals erscheinen (s. Schrader KAT^ 356) und ihre Städte als wichtige öfters
auch in den Makkabäerbüchern erwähnt sind (vgl. z. B. FaCa I Mak 11 61 f., 'AjxaXcov
1 Mak 10 86, "ACwto; I Mak 10 77 f., 'Axxapwv I Mak 10 89).
b) (jregenTyrusl9f. Schon der fragmentarische Charakter dieses Droh-
wortes gegen Tyrus, sowie der fast vollständige Parallelismus mit v. 6-8 (zu v. 9^P vgl.
Auslegung) weist nicht auf den originalen Propheten Arnos, der auch, wo er dieselben
Drohungen auszusprechen hat, kraftvoll zu variieren versteht (vgl. 1 3-5 mit 1 13-15 und
2 1-3), sondern auf den gedankenarmen Interpolator hin, dem es beinahe genügt, wenn er
den neuen Namen in die Liste der vom Endgericht getroffenen Völker eingesetzt hat.
Dazu kommt, dass der gegen Tyrus erhobene Vorwurf gerade so wie der gegen Philistäa
auf Jo 4 4-6 zurückgeht. Darum haben Wellh. und Nowack einigermassen an der Ur-
sprünglichkeit gezweifelt, Cheyne (Encycl. Bibl. Art. Amos §8), Dühm (zu Jer 17 27)^
LöHR und Baümann dieselbe mit Recht nicht angenommen.
9 Aus der kleinen Variation D"l''-iDn für "V^ürh ÜV^^yn darf man kaum für
T • I - • t - I T l "
den Verf. die Meinung ableiten, als wolle er Tyrus im Gegensatz zu den Phi^
listern nur den Sklavenhandel und nicht auch den Menschenraub vorwerfen»
Da die Variation auch das Metrum stört, das der Interpolator doch sonst
Kurzer HG zum AT XIII 11
Am 1 9 162 Amin
richtig zu handhaben versteht, ist eher an ein Versehen zu denken und v. 9
ganz wie v. 6^ zu lesen. Ebenfalls für das Metrum, aber auch für den Sinn
bietet D"^n« nnn nDJ N^I Schwierigkeiten; denn es fehlt ihm der parallele Stichos
und dann weiss man nicht, wie man den Bruderbund zu erklären hat. Nach
dem Zusammenhang hat man ihn doch auf Tyrus und Israel zu beziehen; aber
man kann ihn weder von der Freundschaft zwischen Hiram und David resp.
Salomo, noch von der Verschwägerung der beiden Königshäuser durch die
Heirat von Ahab und Isebel verstehen. Denn auch wenn die Fürsten sich
Brüder nennen (IReg 9 13 20 32) und die Dynastieen einander verwandt sind,
ist es noch lange nicht gesagt, dass die Unterthanen Bruderpflichten haben.
Und gerade jene Verschwägerung war in ihren Folgen am wenigsten geeignet,
zwischen Tyrus und Israel ein brüderliches Gefühl auf das folgende Jahr-
hundert zu vererben. Man denke an Elia und Elisa! Kommt man mit dem
Bund zwischen Tyrus und Israel nicht durch, so darf man dem Zusammenhang
nicht dadurch Gewalt anthun, dass man den Bruderbund auf das brüderliche
Verhältnis zwischen den Tyriern und andern Phöniziern bezieht (so Nowack,
G. A. SjsnTH), sondern man hat den Zusammenhang nicht für ursprünglich an-
zusehen, also V. 9^ß aus demselben zu lösen. Als Glosse in v. 9 f. lässt sich nun
D'^ni:? n^'ll mpj ^b\ auf die Edomiter beziehen, die der Pflichten (H^'ISl bedeutet
auch hier die von Religions wegen auferlegte Verpflichtung, die religiöse Pflicht)
gegen die Brüder d. h. gegen die Israeliten nicht gedachten; es ist derselbe
Gedanke, der auch v. ii ausgesprochen ist, und die Glosse gehört entweder
als Erklärung zu v. ii oder um schon bei y. 9 das Verhalten Edoms zu zeichnen,
zu Dll«^ V. 9. Zu 10 vgl. V. 7.
Zu der Gerichtsdrohung über Tyrus vgl. ausser Je 4 4-6 noch Hes 26 i—
28 19 29 17-21 Jer 47 4 und bes. Sach 9 3f.
C) Gegen E dorn 1 11 f. Zu der Unvollständigkeit der Strophe (acht statt
zehn Zeilen, in v. 9 f. sechs statt zehn) gesellt sich hier als durchschlagender Grund für
die Nichtursprüngliclikeit der Umstand, dass der den Edomitern gemachte Vorwurf der
grausamen und erbarmungslosen Verfolgung der Israeliten den Thatsachen der alten Ge-
schichte widerspricht, dagegen nach dem Exil durchaus verständlich ist (s. zu v. 11).
Darum sind diese Verse bestimmt als Einschub erklärt von "Wellh., Nowack, Cheyne u. a.;
auch G. A. Smith muss hier das Gewicht der Gründe anerkennen.
11 Edom wird das Gericht gedroht, weil es mit dem Schwert in der Hand
seinen Bruder verfolgte Und sein Verwandtschaftsgefühl erstickte, Weil es
seinen Zorn auf immer bewahrte Und an seinem Grimm immerfort festhielt.
Für ^"l^^l, „und es raubte" seil, sein Zorn, was einen auffallenden Subjekts -
Wechsel in nn^, ^ItD^ und niJJIf^ einschlösse, ist trotz Hi 16 9 {^^ 1B«) nach dem
Parallelismus von 1DJ und 1)?^ Jer 3 5 und nach Pesch. , Vulg. mit Olshausen
(zu Ps 103 9) u. a. 1b^5 und er bewahrte, ferner für die seltsame Wiederauf-
nahme von ininj; in dem Suff, n— (ohne Mappik s. Ges.-Kautzsch27 § 58 g)
von Tr\^]!i vielmehr nach Jer 3 5 H^J^ 1D^ zu lesen (Wellh., Nowack:, Oettli).
VJpnn, der Form nach eine einsilbige Nominalbildung mit dem einen kurzen
Vokal auch im Plural wie D^J^nc^ vgl Stade Gr. § 327b 1, geht auf Dnn Mutter-
leib zurück und bedeutet doch wohl (s. aber Nöldeke ZDMG 1886, 151 f., der
bei der gewöhnlichen Bedeutung Erbarmen stehen bleiben will,) das Verwandt-
Amin 163 Am 115
Schaftsgefühl; zu Vljni nn^ ist das parallele tvyii nn^ die religiösen Gefühle
ersticken Mal 2 8 zu vergleichen, s. W. R. Smith Kinsli. and Marriage S. 28 f.
Zu den hier den Edoniitern gemachten Vorwürfen eines unauslöschlichen
Zornes und einer unaufhörlichen herzlosen Verfolgung der Israeliten lag zur
Zeit Arnos', wie überhaupt vor dem Exil kein Grund vor. Zu Anklagen hatten
viel eher die Edomiter Anlass, sie waren ja den Judäern unterworfen und
weder die Befreiung unter Joram (II Reg 8 20-22), noch die späteren Kämpfe
unter Amazja und Asarja (II Reg 14 7 22) lassen eine solche Sprache ver-
stehen, zumal in der älteren Litteratur sich nirgends eine solche feindselige
Stimmung gegen Edom kundgiebt, wenn es auch an Zeugnissen für die Rivalität
beider Völker nicht fehlt, vgl. Gen25 22f. 27 4of. 32 7—33 17. Ganz anders
wurde es seit der chaldäischen Zeit. „Damals befanden sich die Judäer wirk-
lich in einer bemitleidenswerten Lage, aber die Edomiter erstickten ihr Mit-
leid und benutzten die Gelegenheit, um alte und längst verjährte Schuld grausam
an ihren wehrlosen Brüdern zu rächen. Damals entstand jene nachhaltige
Entrüstung gegen sie, welche sich in sovielen späteren Drohweissagungen Luft
macht" (Wellh.). Vgl. Hes 25 12-14 35 Ob v. lo-u Thr 4 21 f. Ps 137 7 Mal 1 4
Jo 4 19 Jer 49 7-22 Jes 34 5-17. Auch das Bewusstsein, dass Edom ein Bruder
Jakobs sei, war nach dem Exile lebendig, s. Ob y. 10 12 Mal 1 2. 12 Die
Namen Ternan und Bosra weisen gleichfalls auf die spätere Zeit Zur Zeit
Amos' wäre Sela zu nennen gewesen; Teman und Bosra erscheinen abgesehen
von Gen 36, dessen vorexilische Herkunft fraglich ist, nur in späteren Schriften:
Teman, entweder eine Landschaft oder Stadt im nordwestlichen Edom, noch
Hes 25 13 Ob v. 9 Jer 49 7 20, und Bosra, das jetzige Busera (= Klein-Bosra)
südlich von et-Tafile im SO. des Toten Meeres (Bädekee Palast.^ S. 208),
I Chr 1 44 Jer 49 13 22 Jes 34 6.
2) Gegen die Ammoniter 1 13-15. Diese Drohweissagung schliesst über
die ganze Interpolation v. 6-12 hinweg gut an die Gerichtsverkündigung v. 3-5 an: nach
Damaskus kommt Ammon an die Eeihe, nicht Gaza, Tyrus oder Edom; der Vorwurf ist
wie V. 3 ein konkreter: die scheusslichste Behandlung desselben Gileads, das von den Ara-
mäern heimgesucht war, und diese erst noch ohne einen wirklichen Grund, nur um ihr
Gebiet zu vergrössern.
13 Da ]1ISj; •'^n die ständige Bezeichnung (ausser Ps 83 8 und ISam 11 11)
ist, hat man der Versuchung zu widerstehen, in Analogie zu 2 1 6 bloss ]1ÄJJ zu
lesen. Weil sie die Schwangeren Gileads aufschlitzten ^ Nur um ihre
Grenzen %u erweitern. Zu dieser barbarischen, auch von arabischen Stämmen
in ihren Fehden geübten Kriegsführung vgL II Reg 8 12 15 16 Hos 14 1. 14
So lege ich Feuer an die Ringmauer von Rabba^ Dass es fresse seine Pracht-
gebäude Beim Kriegsgeschrei am Tage der Schlacht^ Beim Wetter am Tage
des Wirbelwinds, Zu v. 14^ vgl. y. 4; zu ""H^n, Hiph. von T\T mit assimiliertem %
s. Ges.-Kautzsch27 § 71. nzn, vollständig ]1)Sj; ^^^ n?n, die Hauptstadt der
Ammoniter, die später nach Ptolemäus IL Philadelphus (283—247 v. Chr.),
der sie neu hatte bauen lassen, eine Zeitlang Philadelphia hiess, ist das heutige
'Amman (Bädekee Paläst. ^ 169). n;;nn ist das Kriegsgeschrei, und die
letzte Zeile vergleicht den feindlichen Angriff und Sturm mit dem Toben eines
gewaltigen Gewitters (s. auch Jes 28 2). 15 Dann zieht ihr König mit
11*
Am 1 15 164 Am 2 2
den Gefangenen davon. Er mit seinen Fürsten zusammen, nblH? ?j^n bedeutet:
er zieht unter den Deportierten (das ist n^l5), als einer der Deportierten weg.
Man darf sich nicht mit Guthe bei Kautzsch, Nowack, Oort (Emendationes
S. 141), CoNDAMiN von den Versionen, die nach dem von unserer Stelle ab-
hängigen Verse Jer 49 3 (s. zu d. St.) auch hier Dä^)p gelesen und für S^n ein
Vinä eingesetzt haben, zur Emendation von Am 1 15 verleiten lassen; denn Y"^
passt viel besser zu einem König, als zu einem Gotte, auch wenn Spätere von
(D\n^«n) b^ nb^ sprechen I Chr 24 5 Jer 48 7.
3) Gegen Moab 2 l-3. Der Frevel, weswegen die Moabiter bedroht werden,
ist von ilinen nicht an den Israeliten, sondern an den Edomitern verübt; deutlich ergiebt
sich hieraus, dass für Arnos die Macht Jahwes über die Grenzen Israels hinausreicht, und
aus der Art des vorgeworfenen Frevels ersieht man, dass Jahwe über die Erfüllung der
humanen sittlichen Pflichten wacht, vgl. meine Gesch. der israel. Rel.-» S. 170. Denn es
ist eine Verletzung dieser humanen Pflichten, dass die Moabiter die Gebeine des edomi-
tischen Königs zu Kalk verbrannten, ihn also eines Grabes beraubten (s. zu v. 1). Die
Strophe ist vollständig und regelmässig gebaut, nur hat man eine ähnliche Umstellung,
wie in 1 3, vorzunehmen, nämlich, wie dort IS^i'SrTn», hier l^l^b an das Ende der dritten
Zeile hinter IDIl!^ zu versetzen.
IT*
1 Nach dem stereotypen Eingang folgt auch hier sofort ein typisches Bei-
spiel des Frevels der Moabiter: Weil sie verbrannten zu Kalk Die Gebeine des
Königs von Edom. Die Voraufnahme von y')^^ empfiehlt sich von selber viel
mehr als die Lesung von Zenker "V)^h D^S: „Weil er Königsgebeine ver-
brannte, Menschen (verbrannte) zu Kalk'' und als die von Condamin HI^^JJ
1^^ DH« "^^bb: „Weil sie verbrannten Gebeine dem Moloch, Menschen einem
Dämon". Die Schwere des Frevels versteht man, wenn man daran denkt,
dass nach der alten Vorstellung die Seele eines Unbegrabenen oder des
Grabes Beraubten keine Ruhe findet und als Gespenst umgehen muss. Dass
das Verbrennen der Leichen Sauls und der Sauliden (es war auch kein
Verbrennen zu Kalk) ganz anderen Gefühlen entsprang, zeigt die darauf-
folgende Sammlung und Bestattung der Gebeine derselben I Sam 31 ii-i3.
Welches Königs Grab so unmenschlich zerstört wurde, ist nicht bekannt; dass
es jener König war, der den Feldzug Jorams und Josaphats gegen Moab mit-
machte (vgl. II Reg 3 26), ist nicht durchaus ausgeschlossen, wenn schon jenes
Ereignis weit hinter Amos liegt. 2 So schleudere ich Feuer gegen Kir-
Moab, Dass es fresse ihre Burgen; wenn vor DiJlD nicht irgend ein Städtename
ausgefallen ist, so ist ri1*1j>>n , das heutige Kurejät nordwestlich vom alten Dibon
(s. Bädeker Paläst. 5 176), als damalige Hauptstadt zu betrachten, vgl. Jer 48 24 4i
und Mesa'-Inschrift Z. 13. Am besten setzt man aber mit Meinhold HVIp als
l^p (oder als ^yi) vor n«lD (vgl. zu Kir- resp. 'Ar-Moab Jes 15 i) und liest
iTniiDI« für pn niiDI«, vgl. l u. Und es stirbt Moab im Getümmel, Beim
Kriegsgeschrei, beim Posaunenschall d. h. Moab erliegt dem Angriff des
Feindes (vgl. die viel spätere Darstellung von Moabs Untergang Jes 25 ii),
wie Ammon 1 u. Jl«!^^ ist nicht mit Hoeemann als „alter J^ame etwa der
Akropolis von n«1ö ly" zu verstehen (zu \^^'ä ^^1^ s. zu Jer 48 45), aber ebenso-
wenig ist mit WiNCKLER (Alttest. Untersuch. 184) )C^| für ]1«C^3 zu lesen und
dasselbe zu ninp (dann ohne Artikel) zu ziehen, sodass man bei Kerijjot an
Am 2 2 165 Am 2 4
das im Hauran zwischen ßosra und Salchad gelegene el-Kureje (Bädeker
Palast.^ S. 190) denken müsste; JlSli^ bedeutet das Kiiegsgetümmely Kampf-
getöse (vgl. Hos 10 u Jer 25 3i), das sich erhebt, wenn das Kriegsgeschrei er-
schallt und die Posaunen zum Angriff blasen. IDIt:^ ist das gekrümmte Signal-
horn, ursprünglich Widderhorn, im Unterschied von der geraden Trompete
(ni^il^n), deren Form man auf dem Titusbogen sieht, s. die Abbild, in Kurzer
H-C Exoduj S. 124 und vgl. Benzinger Archäol. S. 276 f. 3 Und ich
rotte aus den Regenten aus seiner Mitte Und all seine Fürsten erschlage ich
mit ihm. Die femininen Suffixe fassen ItJID als Land, während es v. 2 mit dem
maskulinen HD als Volk behandelt; für T\^^\^ wird man aber mit Nowack ^"ity
ZU lesen haben, dessen Suffix sich wie das von löj? auf tODIL^^ beziehen muss.
lODIti^ bedeutet den Regenten^ den Herrscher^ wobei es unausgemacht bleibt, ob
er selbständig (vgl. die D'^DllJ^ in Israel vor der Königszeit Jdc 16 3i, ferner
Mch 4 14) oder abhängig ist; deshalb kann aus dem Ausdruck nicht geschlossen
werden, dass Moab damals von Israel abhängig war; auch aus II Reg 14 25 ist
es nicht zu folgern.
d) Gegen Juda 24 f. Auch diese unvollständige, bloss achtzeilige (resp.
sechszeilige s. zu v. 4) Strophe gehört nicht dem Propheten Arnos. Es wird dem Leser
dieser Verse bei Inhalt und Form ganz deuteronomisch zu Mute: nicht eine einzelne fla-
grante Sünde, die als typisches Beispiel für einen der drei, vier Frevel gelten könnte, wird
Juda zum Vorwurf gemacht, sondern ganz allgemein, wie die Deuteronomiker und die
Späteren urteilen, von Verachtung der Thora Jahwes und von Götzendienst gesprochen;
n"jin und D^i^n sind dem Dtn beliebt (vgl. Dtn 4 44 45 17 19), wie das ^in« "^j^n im religiösen
Sinne (vgl. Dtn 43 614 819 etc.) und für 1ö^ braucht es keine Belege. Übrigens wäre,
wenn überhaupt Juda bedroht werden sollte, eine weniger gleichgiltige Behandlung zu
erwarten und wird durch diese Verse nur „die Überraschung abgeschwächt, dass das Ge-
witter schliesslich in Israel selber einschlägt, nachdem vorher die ihm verfeindeten Nachbar-
völker betroffen sind". Zudem kommt, dass auf Juda auch sonst nirgends vom Propheten
Amos besondere Rücksicht genommen ist (s. Einl. III 2) und dass njiT in der Rede Jahwes
gegen einen Autor wie Amos spricht (vgl. Vj^n] 7^)7}^ niin v. 4'^). Den späteren Ursprung
von V. 4f. erkannte zuerst Dühm (Theol. der Proph. S. 119), ihm stimmen bei Wellh.,
Cheyne, P. Volz, Nowack, G. A. Smith u. a., während Driver in seiner Ablehnung sich an
der Annahme festklammert, es müssten dergleichen deuteronomische Wendungen schon
vor dem Dtn in Umlauf gewesen sein. /
Die Zeit der Hinzufügung dieser Verse wird keine andere sein, als die für die be-
reits erkannten Interpolationen in Cap. 1; s. zu 1 6-8. Auch der Grund ist kein anderer:
Wollte man in dieser nach der Absicht des Interpolators resp. Redaktors eschatologischen
Übersicht einerseits keinen Nachbarn ausgeschlossen, andererseits aber eine Siebenzahl von
Völkern: Damaskus, Philistäa, Tyrus, Edom, Ammon, Moab und schliesslich als siebentes
Israel, aufgeführt haben, so sollte bei dem siebenten auch Juda, das mit Israel zusammen-
gehörte und doch zur Zeit Amos' neben Israel existierte, ausdrücklich genannt sein, wie
bei Hos 1 und 3, Hes 23 etc. Vgl. zu Hos Cap. 1—3.
4 niiT' nnin-n« D«D vgl. in der ebenfalls redaktionellen Stelle Jes 5 24^;
zum ganzen Vers vgl. II Reg 17 15. Die Thora und die Satzungen sind für den
Interpolator jedenfalls nicht mehr bloss mündliche. "1^1 U^V^W und es
führten sie vielmehr irre etc. ist formell mit seinem ^^^ prosaisch, inhaltlich
erklärende Auslegung zu dem Vorangehenden und passt auch metrisch nicht
in das sonst vom Interpolator festgehaltene Schema, sodass man diesen Satz,
wie das ähnliche Schlusssätzchen 1 9, als Glosse in dem Einschub wird be-
Am 2 4 166 Am 2 6
trachten müssen; ein ähnliches Gefühl hinsichtlich dieser "Worte hat Deiver
(Joel und Arnos S. 118 Anm.). Der angebliche Götzendienst der Väter
ist bei den Deuteronomikern und ihren Nachfolgern ein ständiges Thema, vgl.
nur Hes 16 und in den Ergänzungen zu den Schriften Jeremias und Baruchs
Jer 2 5 14 20 17 23 32 22 f. !}J5, Lüge, ist hier im Plural von den Götzen ge-
braucht, die nur Truggötter, Götter in der Einbildung, Wahngebilde sind;
eine gute Parallele bietet dazu D'^^5'3 == Hauch, Nichtigkeiten, Scheingötter.
Beide Ausdrücke gehören der Erkenntnis eines späteren Zeitalters an, zu der
Amos den festen Grund gelegt hat, vgL meine Gesch. der Israel. Rel.^ § 34.
5 Ausser 1 4 7 10 12 14 2 2 vgl. auch Jer 17 27^
B. Gegen Israel 2 6—16.
1) Die Sünde der Israeliten: gewissenlose Justiz, Bedrückung der Armen,
Scham- und Sittenlosigkeit 2 6-8. Erste zehnzeilige Strophe mit der üb-
lichen Einleitung TV\T\l lötjl Hä, aber ohne abschliessende Formel, vgl. zu 1 3.
6 Mit dem stereotypen Anfang (s. 1 3) beginnt Amos auch hier. Um so
grösser ist die Überraschung, dass es sich nicht um das Gericht über ein neues
Nachbarvolk, sondern über Israel selber handelt. Der Unterschied wird auch
sofort klar: nicht in wenigen Worten, wie bei den Nachbarn, werden Sünde,
Schuld und Strafe geschildert, über Israel bleibt das Gewitter stehen und fährt
es mit seiner ganzen Wucht, mit gewaltigem Schwall und heftigem Gekrache
nieder. Weil sie den Gerechten um Geld verkaufen Und den Armen um
ein Paar Schuhe^ tadelt die schlimme Rechtspflege, ein von den Propheten oft
erhobener Vorwurf, vgl. z. B. Jes 1 23 3 uf. 5 23. Die Richter sind der Be-
stechung zugänglich: um Geld, das sie als 1T\)^ empfangen, verkaufen sie den
p'^'l? (ohne Artikel = jeden, der ein p^'l? ist, also wesentlich in gleichem Sinne,
wie der Plural D'^^'U, D^'UJ^ in y. 7), den der Recht hat (vgl. zu diesem alten Sinne
von p'^'l^ zu Jes 5 23), d. h. das Urteil über ihn, sie verurteilen ihn. Im parallelen
Stichos entspricht dem p^^^ der ]'i^?^J, der Bedürftige, dem ^ das ^i:n?^5 (vgl.
JSir 7 18 LXX £v und Ivsxsv) und dem ^D| das D^bj^i, ein Paar Sandalen;
demnach bildet dieser zweite Stichos die steigernde Erklärung des ersten: zwei
ganze Sandalen genügen zur Bestechung des Richters, dass er einen unschul-
digen Armen verurteilt. D'l^S?? scheint also sprichwörtliche Redensart für eine
Bagatellsache zu sein; so lässt es sich wohl auch mit Wellh. ISam 12 3 ver-
stehen, wo mit LXX '^n ^^ D^bs^il für 12 "^^''j; ühv^\ zu lesen ist, vgl. das Citat im
hebr. JSir 46 19. Eine etwas andere Vorstellung läge zu Grunde, wenn mit
HoPEMANN (ZAT W 1883, 97-99) und G. H. Box (Expository Times 1901 Mai
p. 377 f.) die Schuhe als Symbol des Besitzrechtes nach Rt 4 7 Ps 60 10 zu ver-
stehen wären; dann sagte Amos, dass sich die Richter nicht nur mit barem
Geld, sondern auch schon mit dem indirekten, vielleicht noch verführerischeren
Wert einer Art Anwartschaft oder Hypothek auf das Gut des armen Ange-
klagten resp. (wenn man noch mit Hoeemann "\0,V als Landertrag fassen wollte
Jos 5 11 f.) mit dem vom Gläubiger dem Richter cedierten Ernteertrag des
Schuldnerackers bestechen Hessen. Auf alle Fälle scheint es sich um die Be-
Am 2 6 167 Am 2 7
stechlichkeit zu handeln; denn die Fassung, dass die Richter in striktem Fest-
halten am gestrengen Recht einen bloss die Bagatelle eines Paars Sandalen
schuldenden Armen in die Sklaverei verkauften (II Reg 4 i Mt 18 25), muss
*13D zeugmatisch, zuerst mehr bildlich, dann buchstäblich, nehmen, was Schwierig-
keiten bereitet, obschon der Gedanke, dass das Sittliche und Humane höher
stehen als das Gesetzliche, gewiss der Anschauung Amos' entspräche. 7'
charakterisiert in engem Anschluss an v. 6 die rücksichtslose Härte, die unter
den Israeliten (es sind nicht nur die Richter, sondern allgemein sie gemeint)
gegen die Armen geübt wird: Sie zertreten das Haupt der Niedrigen Und
unterdrücken die Elenden. Mit dem MT ist nicht auszukommen: Für ^j; müsste
mindestens "^« gelesen werden, wenn man ^«^ mit lechzen^ gieren übersetzen
wollte (vgl. Koh 1 5), dann wäre „ein Gieren nach den Erdkrümchen auf dem
Haupte der Niedrigen" immer noch eine unnatürliche Übertreibung; und „den
Weg der Elenden ablenken" heisst doch auch nicht: ihr Recht beugen, noch:
sie in den Abgrund stossen. LXX giebt eine doppelte Übersetzung der ersten
Zeile: 1) xot Traiouvia stiI tov )(oüv t^; y^j^ ^- 2) xal lxovo6XiCov zXo, xscpaXa?
TTTCDj^aiv; die beiden Verba entsprechen ^^5^, das danach entschieden als zer-
treten (vgl. ^^ Gen 3 15) zu fassen ist, und LXX lässt somit die Wahl zwischen
den beiden Ergänzungen des MT. Nach 8 4 wird man nicht schwanken, dass
]>*lJS!"1?5?"'?y eine spätere Hinzufügung ist und das einzige ursprüngliche Objekt
des Partizips nur D'^^^ trsiS sein kann. Die Einführung des Objekts mit ^
(Gen 3 15 dagegen direkt t^MI ^^) ist nach Analogie der Verba j;?^ und "äy^
zu erklären, deren Objekt auch bald mit ^ eingeleitet, bald direkt steht;
übrigens wird darin der übertragene Gebrauch angedeutet und das Haupt
zertreten ganz den Sinn von das Angesicht zermalmen C^iD ]ni^, s. zu Jes 3 lo),
d. h. die Rechte der Armen zertreten, haben. Ahnlicher Sinn muss dem
parallelen Stiches zukommen; darum ist für das unverständliche "riTl, da es
nicht l^'l, Rechte (so Steiner) bedeutet und bei Festhalten an \)^\ erst pD zu lesen
wäre, vgl. Jes 10 2, vielmehr mit Oort das Verb ^T\y\ zu lesen und mit Weg-
lassung des aus v. 8 5 12 hier eingedrungenen \^\ zu übersetzen: Und sie zer-
stampfen die Elenden (vgl. Jes 63 3); vielleicht ist ein dem ti^«1 paralleles ^^D
(vgl. Jes 3 15) vor D^IJV ausgefallen; das Gesicht {dii^ Persönlichkeit) der Elenden.
Anders vermutet J. A. Bewer für v. 7** den Ausfall von ^^11 hinter "^l^^ und liest:
D^h ^1 ^^11 l^^«""^?r'^? D"'D«fc^n = „sie zerstampfen zu Erdenstaub und zertreten
den Ärmsten der Armen". 7^ 8 Als die Sünde erschwerendes Moment
kommt hinzu, dass das gewissenlos erworbene Gut auf schäm- und sittenlose
Weise verjubelt wird. Einmal wird damit der Lohn für den Besuch der Ke-
deschen bestritten, die sich im Dienste der Gottheit und ihr zu Ehren prosti-
tuieren s. zu Dtn 23 isf., eine von den Kanaanäern übernommene Institution
an den israelitischen Heiligtümern s. zu Hos 4 14. Dass es sieh nicht um ge-
wöhnliche Unsittlichkeit handelt, beweist der Schlusssatz; was aber dieses
Jahwe ins Gesicht schlagende Treiben noch besonders in seiner Verwerflich-
keit zeigt, ist nicht die unnatürliche Sittenlosigkeit (I Kor 5 1), denn es braucht
nicht dieselbe n^JJJi zu sein (der Artikel ist generell), sondern die Öffentlichkeit
und Schamlosigkeit, mit welcher sich Vater und Sohn demselben ohne Scheu
Am 2 7 168 Am 2 9
ergeben: Und ein Mann und sein Vater gehen %ur Dirne, Um meinen heiligen
Namen %u entweihen. ]V.^h stellt als Zweck hin, was die notwendige Folge
ihres Treibens ist: ganz ungeniert treiben es Vater und Sohn, ohne ein Be-
wusstsein davon zu haben, wie sie dem innersten Wesen Jahwes widersprechen.
8 Überhaupt kümmern sich die Israeliten nicht um die sittlichen Forderungen,
die Jahwe stellt: Und auf gepfändeten Gewändern strecken sie sich Und Wein
der Gestraften zechen sie. Die an sich nicht gerade unrichtigen, aber kaum
vollständig richtigen (es handelt sich schwerlich nur um Gelage an heiliger
Stätte, vgl. 4 2) über das Metrum hinausschiessenden Beifügungen ri5|tt"'?3 ^^«
und D^^'^^S n*^?, wofür in der Eede Jahwes, da doch nicht Götzentempel ge-
meint sind, erst noch ''H^? stehen sollte, schwächen den Sinn nur ab; denn wider-
rechtlicher Gebrauch fremden Eigentums und Zechen von geraubtem Wein
sind doch nicht nur im Heiligtum, sondern auch anderswo von Jahwe verboten,
und nach Amos wacht Jahwe ebensosehr über das bürgerliche Leben, wie über
das Verhalten beim „Gottesdienst". Die letzten Worte beider Zeilen sind
daher sekundäre Erklärungen, vielleicht veranlasst durch Hos4u; zu dem
Fehlen des !l vor "^ n*"? s. zu Jes 3 6 und vgl. Ges.-Kautzsch^? § 118g. Was
die Sünde konstituiert, ist nicht der Ort, sondern die Art ihres Treibens: Ge-
pfändete Gewänder sind nicht Eigentum des Gläubigers, musste doch ein als
Pfand gegebenes Obergewand dem Schuldner vor Einbruch der Nacht zurück-
erstattet werden, vgl. Ex 22 25f. Dtn 24 ii-is; sie aber gebrauchen solche
Pfänder als Eigentum, auf denselben lagern sie sich zum Mahle. ^'^\ ist in-
transitiv = sich ausstrecken, sich eine H^D, ein Lager bereiten, sich betten, so
haben schon Targum, Aquila, Stmmachus, Theodotion, Hiebonymus, wie die
Rabbinen übersetzt; eventuell kann man mit Oettli ^ts"; (intransitives Kai)
lesen oder mit Ooet und Nowack ^j; streichen, dagegen sind die Text-
änderungen von Ewald: V^l = sie warfen das Los, Siegekied-Stade: ^)}V s.
Jer 2 20, unnötig und unwahrscheinlich. Das sich Lagern zum Mahle passt
vortrefflich zum Weinzechen der letzten Zeile. Die Decken liefern die Ge-
pfändeten und den Wein rf?^ ungerecht Gestraften] so dient die Ausbeutung
der Niedrigen und Armen den Richtern und Grossen zu ihren Gelagen.
2) Die Grösse der Schuld: ihre Sünden stehen im geraden Gegensatz zu
Jahwes Thaten und Willen 2 9-13. Zweite Strophe, die mit Hjn;; Diji abge-
schlossen wird; v. lo 12 sind Interpolationen, s. die Erklärung.
9 Welch ein Undank und Ungehorsam: Die Israeliten lieben kanaanäisches
Wesen, Jahwe aber hat die Kanaanäer ausgerottet! Und ich habe doch ver-
nichtet Die Amoriter vor euch her^ Die so hochgewachsen wie Cedern Und so
stark waren wie Eichen^ Ja ich vernichtete ihre Frucht in der Höhe Und ihre
Wurzel in der Tiefe. Für DH'^^öp, aus ihrer Gegenwart d. h. so dass sie ihnen
Platz machten, lesen einige MSS DD'iiöp; hier erschiene zwar bei der steigenden
Lebendigkeit der Rede erst der nachherige Übergang von der objektiven Kon-
statierung zur direkten Rüge ganz motiviert (Baue), besser wird man jedoch
von Anfang der Strophe an die Anrede lesen. Amoriter ist auch im Elohisten,
wie hier die Bezeichnung der gesamten vorisraelitischen Bevölkerung zu beiden
Seiten des Jordans, vgl. auch zu Jes 17 9. Die Schilderung ist hyperbolisch
Am 2 9 169 Am 2 13
(v^l. König Stilistik R. 70). es glichen nicht alle Arnoriter den Enakitorn
(Num 13 32) oder Og dem Köni^]^ von Basan (Dtn 3 ii), doch vojl. Dtn 1 28.
Ausrottung von Frucht nnd Wurzel ist eine sprichwörtliche Redensart für
radikale Ausrottung, für Ausrottung mit Stumpf und Stiel, man hat nicht mit
Zenner nach Stamm, Asten und Zweigen zu fragen und den Ausfall eines
Gliedes anzunehmen; vgl Hos 9 ig Jes 37 31 Hi 18 16 Eschmuriazar-Inschr.
Z. 11 f. ]l? in bv.'Oip und nnnp ist partitiv = an jedem Teil des Ohen
oder Unten. 10 verrät sich nicht nur durch seine prosaische Form Tvgl.
bes. das dreimalige "HS), sondern auch durch seine hinter v. 9 auffallende Stel-
lung als Nachtrag eines späteren, dem der Hinweis auf den Auszug aus Ägypten
hier nicht fehlen durfte, der aber in der Eile vergass, dass es Amos auf den
"Widerspruch zwischen der Ausrottung der Amoriter durch Jahwe und der
Annahme amoritischer Art durch die Israeliten ankam. Zu den vierzig Jahren
s. 5 25. 11 Und ich erweckte aus euren Söhnen Propheten Und aus euren
Jünglingen Nasiräer, Ist dem etwa nicht so, Ihr Israeliten? Die Verbindung
von V. 11 mit v. 9 erleichtert das Verständnis: Die Propheten und Nasiräer
sind die von Gott erweckten Männer, die für die ächte israelitische Sitte und
Eeligion eintraten und gegen das amoritisch-kanaanäische Wesen mit seinem
unsittlichen Kultus und Luxus protestierten. Amos denkt wohl an Propheten
wie Elia und Elisa und an Nasiräer nach der Art der Rekabiten. Die Nasiräer
sind von Jahwe erweckt wie die Propheten, sie sind nicht von Geburt an dazu
bestimmt, haben auch nicht nur auf bestimmte Zeit das Nasiräat übernommen,
wie man es später zur asketischen Übung sich selber auferlegte; vgl. die Archäo-
logieen von Benzingee S. 429—431 und Nowack II S. 133—138, sowie meine
Gesch. der israel. Rel.^ S. 81 122. Beachtenswert ist es ferner, dass Amos die
Priester nicht nennt; aber sie verdienten wohl in seinen Augen keine besondere
Ehrenerwähnung, jedenfalls wäre eine solche für Amazia, den Oberpriester zu
Bethel, übel angebracht gewesen, vgl. 7 10-17. 12 kommt nach der kräf-
tigen abschliessenden Frage v. 11^ ganz verspätet, passt aber auch nach v. 11*
nicht in den Zusammenhang; denn die Frage v. 11^ will von den Israeliten nicht
ein Geständnis ihrer offenbaren Sünden, sondern eine Anerkennung dessen,
was Jahwe an ihnen gethan hat. Der Vers ist ausserdem für das Metrum über-
schüssig, also aus allen diesen Gründen die Bemerkung eines Späteren, der
den Tadel über die Widerspenstigkeit des Volkes gegen das prophetische
Wort hier nicht vermissen wollte. Zu dem Inhalt vgl. 7 13 I6 Jes 30 10 f. Mch 2 6
Jerll2i.
3) Die Strafe: YÖllig^e Zerstörung des Reiches, der niemand entrinnen wird
2 13-16. Die dritte Strophe, wieder mit HJiT DfcJ^J abgeschlossen.
Die Hauptschwierigkeit für das Verständnis von 13 liegt in dem Verbum
V^V.'Q, P'J?n, das im AT sonst nicht vorkommt, njjj; Ps 55 4 und hfJJ^^D Ps 66 11,
wofür LXX beidemal öXi^i; hat, darf man nicht vergleichen, weil der Text
dort schwerlich intakt (s. zu den beiden Stellen) und eine in den Psalmen
schliesslich nicht unmögliche aramäische Form p^ij; = hebr. p^iiJ enge sein^ Hiph.
bedrängen für Amos doch unannehmbar ist. Darum sind diejenigen Fassungen
unwahrscheinlich, welche dieses Verbum mit niederdrücken (Ewald), quetschen
Am 2 13 170 Am 2 13
(Güthe) und dergl. übersetzen. Nun bietet sich zur Erklärung von p\y ein
arab. Verbum 'dka, II. Form 'ajjaka^ in der Bedeutung von vociferari^ und
schon Aquila übersetzt hier TpiCY)Oü) und xpfCst, vgl. auch Hieronymus' stridere.
Nimmt man diese Bedeutung mit J. D.Michaelis, Jüsti undHoppMANN (ZATW
1883, 100 f.) hier an, so bekommt man einen passenden Sinn: Siehe ich mache
es krachen unter euch. Wie der Wagen, überladen mit Garben, zusammen-
kracht\ weniger gut ist es, wenn man mit Hofemann n^JJJ als Dreschwagen fasst
und nsbipn von der Tenne versteht: „Da wo ihr grade steht, werd ich euch
aufkreischen machen, wie der Dreschwagen die schwadenerfüllte (Tenne)
ächzen macht". Von letzterer Fassung wäre es nur wenig verschieden, wenn
man lieber das von Ges.-Bühl^^ erwähnte arab. 'akka, zerschneiden, vergliche:
„Ich will euch an Ort und Stelle zerschneiden, wie der Dreschwagen zer-
schneidet"; aber hiezu fehlt in den Versionen jeder Anhalt. Ebenso verhält es
sich, wenn man von der Variante xa)Xua> im Cod. Alex, der LXX für das ge-
wöhnliche xuXiü) absehen darf, mit der Erklärung von Wetzstein (ZATW
1883, 278f.), der unter Vergleichung des arab. 'äka (med. 1), hemmen, übersetzt:
„Ich werde es unter euch zum Stocken bringen, wie das Dreschrad stockt
(d. h. sich nicht mehr umdreht), das sich mit Halmen verstopft hat". Schliess-
lich ist auch, der Fassung von p^ij; = TpiCstv die von Hitzig vorgeschlagene, von
Steiner, Reuss, Wellh., Nowack acceptierte Korrektur von p*»}?)? in p^'Bö und
von p^'J^ri in p^öH nicht vorzuziehen: „Siehe ich lasse den Boden unter euch
schwanken, wie der Wagen schwankt, der voll ist von Garben" ; es sollte doch
bei Schiller trotz allem eigentlich heissen: „schwer herein schwankt der
Wagen sohle cht geladen". Der Sinn des Verses ist also vermutlich der:
Beim angekündigten Gericht brechen alle Stützen des Reiches mit Gekrach
zusammen (vgl. Jes 3 i), wie ein zu schwer beladener Wagen; wo immer die
Israeliten stehen, stürzt der Boden ein und sind sie verloren, können also der
Katastrophe nicht entrinnen, wie v. i4f. ausgeführt wird. Zu DD'^rinn = an Ort
und Stelle, wo ihr euch befindet vgl. Ex 16 29 Hi 40 12; zu der eigentümlichen
Anwendung des sog. Dativus ethicus in n^ nt|l^ön, der sich voll ist, hier wohl
mit dem Sinne: der überfüllt ist, s. Ewald Lehrb.s § 315a. Der Einwand
gegen die Deutung von Thy^, als Erntewagen (Jes 28 28 bedeutet Th^^ Dresch-
wagen)^ dass es in Palästina dergleichen in alter Zeit gerade so wenig gegeben
habe, wie jetzt, ist nicht berechtigt; denn mag man auch das geschnittene Ge-
treide in bergiger Gegend stets durch Menschen, oder bei weiten Entfernungen
auf Maultieren, Eseln, Kamelen heimgeschafft haben, so ist es schwer zu
glauben, dass ein Volk, das Wagen für den Umzug ganzer Familien (Gen 46 5)
und solche zu landwirtschaftlichen Zwecken (ISam 67-u) kannte, dieselben
wenigstens in ebener Landschaft (wie heute in den ebengelegenen deutschen
Kolonien ZDPV 1886, 40) nicht auch zur Einführung der Garben sollte ge-
braucht haben (G. A. Smith). In solcher Gegend kann sie Amos gesehen haben;
übrigens vergleicht ein Dichter in den Hudhailitenliedern (165 7) das Rollen
des Gewitters mit dem Gerassel schwerbeladener Wagen des Nordlandes, ob-
schon die Araber keine Wagen kannten (Wellh.). Bei dem plötzlichen
Zusammenbruch bringen weder Schnelligkeit, noch Stärke, noch Heldenmut
Am 2 13 171 Am 2 16
— — I ■ - I ■ ■ ■ — - ■ ■ ■ ■- i-^. ■ -- ■■ ■ .^ ■ ■ - , ^_,^
Rettung: 14^ Da geht verloren die Zußucht dem Schnellen, er weiss nicht wohin,
da sich ihm nirgends Schutz bietet, vgl. die Nachahmung Jer 25 35, Und der
Starke kann seine Kraft nicht brauchen eigentlich: festigen, wofür wir sagen:
zusammennehmen d. h. hier entfalten, anwenden, brauchen, vgh Na 2 2. 14'' 15
= vier Zeilen: Und der Held rettet sein Leben nicht Und der Bogenschütz halt
nicht Stand y Und der Schnellfüssige kann nicht entrinnen, 1. to^D'; mit LXX,
Targ., Vulg. für tO^D';, zu dem die Masora hier offenbar von der folgenden Zeile
ItS^DJ herüberzieht, anderswo aber auch bloss in Gedanken ergänzt, s. Hi 20 20
Ps 33 17. Und der Berittene sein Leben nicht retten. Das Auffallende der
dreimaligen Wiederholung des gleichen Ausdrucks Iti^D^ to^)?'; hat man nicht
mit Zeijdner, Nowack durch Weglassung von v. u^-ie^ fern zu halten; die
Wiederholung kennzeichnet vielleicht mit Absicht das gleiche Schicksal, das
alle trifft, und das Fehlen von v. 15 in einzelnen griechischen Codices beruht
wohl auf dem Abirren des Schreibers von dem Ende des v. 14 auf das gleich-
lautende Ende von v. 15. Übrigens ist v. u^ allgemeiner zu fassen, während
V. 14*^ 15 von einzelnen „Waffengattungen" spricht: von der Garde, den Schützen,
den Schnellläufern und den Berittenen. 16 Und auch der Mutigste, nicht
etwa bloss die Zaghaften, unter den Helden, d. i. den Streitern, Ergreift nackt
die.Flucht an jenem Tag d. i. sucht das Heil in der Flucht. Zu I^S ^^^if?, eigent-
lich: fest seines Herzens d. h. der Unverzagteste, Mutigste, vgl. Ges.-Kautzsch^?
§ 128x und s. zu l^ij^ "15? J^^ 1 4. Wahrscheinlich ist jedoch Wincklek's An-
stoss am Texte (Alttest. Untersuch. 184f.) berechtigt, aber deswegen ist nicht
mehr als das von LXX gebotene ou jjly] supyjasi (resp. eops&rj) in den Text auf-
zunehmen (vielleicht ohne Dn.in??): ^"^^\ ^b \^h f^l?«] = Und der Mutigste wird
nicht (unter den Helden) gefunden (sondern auf der Flucht v. i6^). Wegen der
Ähnlichkeit mit den beiden ersten Worten wurde fc^^ö"; «^ von einem Schreiber
übersehen. DIIJ^ bedeutet nicht: splitternackt, sondern: ohne Waffen, die
er wegwirft, und ohne die die Flucht hindernden Kleider; im Satze ist es sog.
Zustandsadjektiv, eine Näherbestimmung der Handlung vgl. Ges.-Kautzsch27
§ 118 n. An jenem Tag d. h. am Tage des von Amos als demnächst herein-
brechend verkündigten Gerichts, am Tage Jahwes, der nicht, wie die Israeliten
erwarteten, den Nachbarn Verderben und Israel Rettung, sondern auch diesem
den Untergang bringen wird. Hier haben wir die Grundstelle der Schilderung
des in der israelitischen Religion bei den Propheten und nachher bei den
Theologen der jüdischen Gemeinde und Diaskeuasten der prophetischen
Schriften so ausserordentlich wichtigen Tages Jahwes, vgl. meine Gesch. des
israeh Rel.^ § 40. „Das Wetter*', das am Tage Jahwes losbricht, „ist ein
Kriegswetter" (Wellh.), vgl. 1 4 5 14 15 2 2 3 bes. 1 14^ 2 2^; als die Vollstrecker
des Gerichts hat Amos die Assyrer im Auge, ohne sie zu nennen. S. zu 5 18
und vgl. Jes 2 6-22.
Am 3 1 172 Am 3 2
Zweiter Teil:
Eingehendere Begründung und Darlegung des Gerichts
3 1-6 14.
Durch die dreifache "Wiederholung einerseits von mn nn'iH'n« lytttt^ 3 1 4 1 5 1,
andererseits von '•in 5 7 (s. die Ausleg^ung) 5 18 6 1 scheint dieser Abschnitt in sechs Reden
zerlegt zu werden; aber bei genauerer Prüfung ergiebt sich, dass eine viel grössere Zahl
von Redestücken zu unterscheiden ist. Auch nicht einmal den Beginn einer neuen Rede-
gruppe zeichnet diese Einleitung an; denn wenn man überhaupt solche Gruppen unter-
scheiden will, so gehört 4 1-3 zu dem Vorhergehenden 3 9-15, wo gleichfalls die Bedrückung
der Niedrigen und das luxuriöse Treiben in Samarien mit dem Gerichte bedroht werden,
während das folgende Stück, 4 4-12, an das ganze Volk gerichtet ist und den israelitischen'
Kultus verurteilt. Im Ganzen sind folgende Stücke zu unterscheiden: 1) 3 1-3; 2) 3 4-8;
3) 3 9-11; 4) 312: 5) 3 13-15; 6) 4 1-3; 7) 4 4-12(13); 8) 5 1-3; 9) 5 4-6 14f.; 10) 5 7-12
(exe. 8 f.) 16f.; 11) 5 18-27; 12) 6 1-7; 13) 6 8-10 und 14) 6 11-14.
Die einzelnen Stücke, z. T. nur fragmentarisch erhalten, sind selbständig, wenn
natürlich auch das gleiche Thema in verschiedenen Reden behandelt werden kann. Ein
genauer Plan ist bei der Zusammenstellung nicht durchgeführt; doch versteht man, warum
1) und 2) voranstehen, warum 3), 4), 5) und 6) zusammengehören und von 7) gefolgt sind,
ebenso warum die beiden "Wehe 11) und 12) nebeneinander erscheinen, und warum 13) und
14) den Schluss bilden. S. die Erklärung.
1) Die religiöse Illusion der Israeliten 3 i-3. Die Meinung der Israeliten
ist, als Volk Jahwes vor dem Verderben gesichert zu sein; aber sie ziehen aus ihrer
Prärogative einen falschen Schluss, denn im Gegenteil: sind sie Jahwe besser bekannt, als
andere Völker, so kennt er auch ihre Sünden besser und trifft sie um so schwerere Strafe.
Sekundär sind v. 1^ u. v. 3, s. die Auslegung.
1 Die erste Person im zweiten Halbvers vor Ibsb stimmt nicht zu der
dritten im ersten; ebenso zeigt die Wiederholung des bv. vor nriDl^ön, dass v. i*^
eine erklärende Glosse zu üybvi ist. Der Glossator wollte dafür sorgen, dass
nicht etwa Nordisrael aus y. 2 gegenüber Juda das Recht ableite, sich allein
für von Gott auserwählt zu halten; vgl. die ähnliche Glosse 2 lo. Was übrig
bleibt, ist die prosaische (wenn man nicht vorzieht, nur ''5!l T\\ni I^THIS; ^)fü^
b^^"^), Höret dasWort Jahwes, Ihr Israeliten, [LXX vielleicht richtig ^«Ib^l H''?]
für ursprünglich zu halten) Einleitung zu dem Tetrastich 2: Nur euch kenne
ich Vor allen Geschlechtern auf Erden d. h. niemand kenne ich so gut wie euch
von allen Völkern (nnsiÄ^p wie Gen 12 3 28 u Mch 2 s Jer 8 3), Darum — strafe
ich an euch Alle eure Missethaten, Damit hat Amos mit einem Schlage seine
Auffassung von dem Verhältnis zwischen Jahwe und Israel beleuchtet und sein
Verständnis desselben als eines sittlichen klar gemacht. Die Prärogative
Israels ist kein Ruhekissen zur Einschläferung des Gewissens, sondern, richtig
verstanden, eine treibende Kraft zur Erfüllung der einfachsten wie der höchsten
Pflichten; daraus erwächst, wie dann Dtjes darstellt, für Israel selbst das
Privileg, zum Heile der Welt zu leiden (s. meinen Comm. zu Jes XXI). Man
sieht, wie gut dieses Wort, das eine neue Religionsphase inauguriert, und das
daher nicht bloss dem Buche Amos, sondern der ganzen israelitischen Prophetie
bis zu Deuterojesaja als Motto dienen könnte, an die Spitze der Redesammlung
Am 3 2 173 Am 3 5
Cap. 3—6 passt. Vgl. ferner über Bedeutung und Tragweite dieses Wortes
meine Gesch. der israel. ßel.^ S. 151.
3 Der Inhalt von v. 3 fällt sehr gegen v. 2 ab; denn es ist doch eine zu platte
Wahrheit, dass zwei, die desselben Weges gehen, zusammengeir offen sein müssen. Versieht
man aber nyirüS ^Ph'i als ohne sich verabredet zu haben, so leidet der Vers darunter, dass
doch zwei auch zufallig ohne Verabredung desselben Weges gehen können. Nun bietet
LXX: iav |xt] Yvwc^ijojatv iaüio-j;, hat also ^yni^ gelesen; das ist offenbar die ursprüng-
liche Lesart, denn das lässt sich hören: Gehen zwei zusammen, ohne dass sie einander
kennen?, einander wohlbekannt sind; im Orient wird man wohl noch weniger als bei uns
auf einsamer Reise sich einen wildfremden Menschen als ungewuchten Begleiter gefallen
lassen. Bei dieser Fassung ergiebt sich die Möglichkeit eines Zusammenhangs mit v. 2,
V. 3 soll V. 2* (vgl. =iVl1i und '•r^JfT) erklären: wie nur zwei, die sich wohl kennen, zusammen-
gehen, so verhält es sich auch bei Jahwe und Israel, Jahwe kennt also Israel ganz genau.
Doch auch so kann v. 3 nur als Glosse betrachtet werden, weil die vom Propheten in v. 2^
konstatierte Thatsache nicht von Ferne durch die Israeliten bezweifelt wird, darum auch
die Begründung von v. 3, die an sich seltsam ist, nicht nötig hat. Ausserdem scheint den
Glossator noch der Wunsch geleitet zu haben, durch v. 3 eine Verbindung zwischen v. 2
und V. 4-8 herzustellen. Formell ist dies gelungen, aber inhaltlich ist v. 3 so matt, dass
er vor v. 4 den Eindruck von v. 4-8 nur abschwächen kann.
2) Die feste innere Gewisslieit des Propheten, von Jahwe zu seinem
Sprecher berufen zu sein 3 4—8. Die in ihrer Einfachheit unscheinbare, aber in
ihrem Gehalt grossartige (s. zu v. 8) Darlegung, v. 4-8, ersetzt, was bei anderen Propheten
die '„Inaugural Vision" bietet: sie giebt die Berufung Arnos' zum Propheten (vgl. die ebenso
einfache Darstellung 7 15) und rechtfertigt sein Auftreten als Sprecher Jahwes. Es ist ein
innerer Drang, den Arnos verspürt: Jahwe hat zu ihm geredet, darum muss er sein Sprecher
sein. Das ist für Amos eine so natürliche Folge, wie für die Leute z. B. dass sie zu-
sammenfahren, wenn Sturm geläutet wird, dass sie erschrecken, wenn der Löwe brüllt.
Durch die Fülle der Beispiele will Amos den Zusammenhang von Ursache und Wirkung
recht deutlich machen, damit man um so besser verstehe, wie eine innere Nötigung ihn
treibt, als Sprecher Jahwes aufzutreten; vgl. dazu die ergreifende Darstellung bei Jer 20 7-12.
Einen weiteren Zweck sollen die Worte nicht haben; genug, dass man weiss: Amos ist von
Jahwe berufen, verkündet also Jahwes Botschaft. Nach dem Motto v. 2 haben v. 4-8 hier
am Anfang einer Redesammlung eine gute Stelle.
Der Abschnitt enthält vier kurzzeilige Tetrasticha; v. 7 ist sekundär, vgl. unten.
4, die erste Strophe: Brüllt ein Löwe im Walde, Ohne dass Beute für
ihn da ist? Giebt ein Jungleu laut aus seiner Höhle, Ausser dass er einen
Fang gethan hat? Beide Fragen sind nicht identisch: die zweite spricht sicher
Yon dem „behaglichen Brüllen, mit welchem der Löwe in seiner Höhle den Raub
verzehrt" (Bacte), die erste von dem Gebrüll, mit welchem er auf die sichere
Beute losstürzt, vgl.Jes 5 29^ Hes 22 25 IPt 5 8; aber in beiden Fragen ist die
Beute, die sicher erhoffte oder die schon weggeschleppte, die Ursache und das
Brüllen die Wirkung. Amos will sagen: Das Brüllen des Löwen hat immer
seinen Grund, mehr aber nicht; denn jede AUegorisierung, etwa dass dem
Löwen Jahwe und der Beute Israel entspreche, ist falsch.
5, die zweite Strophe: Fällt ein Vogel zur Erde, Ohne dass ein Wurf holz
für ihn da ist d. h. ihn trifft? Springt die Falle auf vom Boden, Ohne dass
sie wir/dich was fängt? n?i fehlt in LXX, es ist unverständlich in der ersten
Zeile, also offenbar durch Versehen eines Schreibers hereingekommen, dessen
Au^en von hv auf HD nhv'T] v. 5'^ abirrten. Darum ist auch die Verbesserung in
Am 3 5 174 Am 3 7
''Jö (Perles) unnötig. ^0^ ist jedenfalls ein Instrument, das bei der
Vogeljagd verwendet wurde, und zwar wurde bei seinem Gebrauch der Vogel
getroffen, dass er zur Erde fiel. Deshalb hat es alle Wahrscheinlichkeit für
sich, dass es das Wurfholz, der Bumerang ist, dessen Bild man auf ägyptischen
Darstellungen der Vogeljagd findet, s. Erman Agypt. 322 f. und W. Max Müller
Asien u. Europa 123f. und vgl. Ges.-Buhl^3. n?, das Klappnetz, die Falle,
ist eine andere Vorrichtung zum Vogelfang, deren Abbildung sich gleichfalls
auf ägyptischen Denkmälern findet, s. Erman a. a. 0. S. 325; es ist eine Vogel-
falle, zwei mit bauschigem Netz bespannte Rahmen, die, wie Buchdeckel ver-
bunden, an der Axe irgend einen Mechanismus tragen, der bei Berührung durch
einen Vogel die beiden Rahmen aufspringen (vgl. ThT:) und zusammenklappen
macht, sodass der Vogel im Netze gefangen ist. Hier zu allegorisieren :
der gefangene Vogel == Israel, das Klappnetz = das Verderben, das Wurf-
holz = die Sündhaftigkeit (so Hitzig), ist geradezu geschmacklos; aber ebenso
ist es gründlich falsch, wenn Lohe verkennt, dass es sich v. 4 und v. 5 je um
zwei verschiedene Fälle handelt, und wenn er daher v. 4^ und v. 5^ für nicht
ursprünglich ansieht.
6, die dritte Strophe: Oder wird das Hörn geblasen in einer Stadt,
Ohne dass die Leute zusammenfahren? Oder geschieht ein Unglück in einer
Stadt, Und Jahwe hätte es nicht gewirkt? Zwei Beispiele aus dem Menschen-
leben nach den vier aus der Tierwelt. DS führt hier die Pragenreihe fort,
ohne dass ein Gegensatz zu den vorhergehenden Fragen darin liegt, vgl. Ges.-
Kautzsch27 §150h. über IDIti^, Alarmhorn, s. zu 2 2; übrigens wurde der
Schofar später auch als „geistliches und friedliches Instrument" (Wellh.) ge-
braucht, z. B. zur Bekanntmachung des Beginns des Jobeljahrs Lev 25 9, vgl.
auch Jo 2 15 Ps 81 4. Auch v. 6^ gehört zu den Beispielen für den Zu-
sammenhang von Ursache und Wirkung: Wenn ein öffentliches Unglück ge-
schieht, so ist es von Jahwe gewirkt; das soll keine Belehrung sein, es ist die
Überzeugung des Volkes, wie des Propheten (vgl. II Sam 21 i), mag auch das
Volk diesem Zusammenhang nicht die richtige Beachtung leihen und bloss mit
Opfern, statt mit Gehorsam dem Unglück zu begegnen suchen, vgl. 4 6-12. Man
darf darum auch nicht in v. 6^ eine Nebenpointe der ganzen Darlegung sehen,
alles ist vielmehr auf v. 8^ zugespitzt.
7 stört auf unerträgliche Weise die Gedankenfolge und erweist sich auch durch
seine von v. 4-6 und 8 abweichende Struktur, wie durch seine theologische Haltung als
sekundär. Schon das ^3 zeigt an, dass eine Erklärung zu v. 6*^ und 8^ gegeben werden soll.
Diese geht aber aus von dem Gedanken, dass Gott den Propheten alles und jedes zum
Voraus ofienbart habe, ruht also auf der späten Ansicht, dass man aus den Worten der
Propheten die Ereignisse der Zukunft er^chliessen könne. Wie HD ausser Gen 49 6 erst
von Jeremia ab (Jer 6 11 15 17, vgl. ferner bes. die sekundäre Stelle Jer 23 18 22) gebrauch*
lieh ist und speziell niD nbj, ein Geheimnis enthüllen, nur noch Prv 11 13 20 19 25 9 vor-
kommt, so ist auch seine Knechte die Propheten ein von den Deuteronomikern an beliebter
Ausdruck, vgl. II Reg 17 Vö 23 21 10 24 2 Hes 38 17 Sach 1 6 Jer 7 25 25 4 26 5 29 19 35 15
(sämtlich sekundär) Dan 9 10 (auch hier in sekundärem Abschnitt), Nach allen Anzeichen
ist daher v. 7 eine Glosse (so auch Löhr, Baümann). Die Änderung von ^31 in ]3 (Oort)
vermag dieses Urteil nicht umzustossen. Auch die Umstellung von v. 7 und 8 (Oettli)
hilft nicht.
Am 3 8 175 . Am 3 9
8, die vierte Strophe: Der Löwe brüllt, Wer sollte sich nicht fürchten?
Der Herr Jahwe redete Wer sollte nicht weissagen? Mit diesen kurzen, schla-
genden Worten schliesst der Prophet ab: in v. 8^ konstatiert er, gleichsam das
Facit aus den sechs „rhetorischen" Fragen v. 4-6 in eine Aussage zusammen-
fassend, dasselbe zwingende Gesetz von Ursache und Wirkung auch für die
Beziehungen zwischen der Tier- und Menschenwelt, um dann sofort in v. 8^ zum
Höchsten aufzusteigen und die Anwendung, auf die die ganze Gedankenreihe
hinzielt und von der aus dieselbe mit einem Schlage helles Licht bekommt,
daran anzuknüpfen: Innere Nötigung treibt zum Sprechen, wenn Jahwe zu
einem geredet. Dass er sich selber meint als den, der Jahwes Rede vernommen
hat, braucht er nicht hinzuzufügen. Damit hat Amos sein Recht, als Prophet
aufzutreten, begründet. Es ist eine schlimme Verkennung des ganzen Ab-
schnitts, wenn man mit Wellh. und Nowack «nr. in lin;, „wer sollte nicht
erschrecken?", ändert. Dadurch wird dem Abschnitt die Spitze abgebrochen,
ihm der tiefe Gehalt geraubt und die grossartige Parallele von dem gleich un-
widerstehlichen Zwang, den das Gebrüll des Löwen, wie Jahwes Wort auf
den Hörer ausübt, auf eine matte Wortparallele herabgedrückt, als ob man
einfach immer niH'' an Stelle von TV'^^^ setzen könnte.
3) Aufruf der heidnischen Städte als Zeugen gegen das tolle Treiben und
die RechtlosigliClt in Samarien 3 9-ll. Wellh. fasst den Sinn treffend zu-
sammen: „sogar die Grossstädter der Philister (s. jedoch zu v. 9) und Ägypter, die doch
auch nicht blöde sind und schon etwas vertragen können, würden staunen, wenn sie „die
tolle Wirtschaft und die Rechtlosigkeit" in Samarien sähen." Der Abschnitt, der
mit dem vorhergehenden in keinem direkten Zusammenhang steht, zerfällt in drei
Vierzeiler.
9^^% die erste Strophe, ruft die heidnischen Grossstädter auf den Berg
Samariens zusammen: Ruft's aus auf den Palästen in Assur Und auf den Pa-
lästen im Lande Ägypten Und sagt: Kommet zusammen Auf dem Berge von
Samarien, Aufgefordert ist zum Herbeirufen der Heiden, wer irgendwie rufen
kann; die zweite Person Plur. ersetzt hier unser unbestimmtes „man", vgl.
Jes 40 1. ^j; fasst man am besten im nächstliegenden Sinn von auf vgl.
Mt 10 27: xYjpü^axs kvX xtov ScDjiaxwv, oder = wö^r die Paläste hin\ öffentlich
sollen die Bewohner der heidnischen Grossstädte aufgerufen werden. Zu
"2 niiDI«, stat. constr. mit einem durch Präposition eingeleiteten Nomen, vgl.
GES.-kAUTZSCH27 § 130 a. Für IH^NS ist nach LXX y^m^ zu lesen
(WiNCKLEE, OoET, Oettli); die Stadt Asdod entspricht nicht dem Lande
Ägypten, und wenn Amos sonst nirgends Assur nennt, so ist das kein Grund,
dass er es auch hier nicht erwähnt. nöSI leitet den Inhalt des Rufes ein;
natürlich ist es der Prophet, der zum Aufruf auffordert. Für '^ "^y^'^V. ist
nach LXX mit Ooet, Wellh., Nowack, Lohe, Oettli '^ 1iT^52 zu lesen, vgl.
4 1 6 1, da die Herbeigerufenen nicht von den Samarien umgebenden Bergen
aus, sondern in dem auf einer Anhöhe gelegenen Samarien selbst (vgl. Jes 28 i)
das Treiben der Samarier kennen lernen sollen.
9'*^ 10, die zweite Strophe: Herbeigekommen sollen sich die Heiden von
der Recht- und Sittenlosigkeit in Samarien überzeugen: Und seht das wilde
Treiben daselbst an Und die Bedrückung in seiner Mitte, Und sie wissen gar
Am 3 Ö 176 Am 3 12
nicht mehr zu thun, was recht ist, Sie, die sich aufhäufen Gewaltthat und
Frevel. niD^riD, die Getümmel, das Getöse, bezeichnet hier nicht bloss,
wie Prv 15 16 das Leben in Saus und Braus, sondern auch die Wirren, die in-
folge der Q'p^^JJ, Gewaltthaten, in der Stadt herrschen, vgl. 4i; die beiden
Plurale sind intensiv zu fassen und heben hervor, dass solch tolles Treiben
immer an der Tagesordnung ist, vgl. Ges.-Kautzsch^? § 124e. 10 ist von
denen, die den Aufruf an die Heiden ausrichten, an diese gesprochen: und so-
weit ist es mit der Heillosigkeit der Samarier schon gekommen, dass ihnen die
sittlichen Begriife gänzlich abhanden gekommen sind, ein Zustand, über den
selbst die Heiden sich entsetzen müssen^ welchen also, was wohl zu beachten
ist, Amos sittliche Einsicht nicht abspricht, vgl. auch die Damaskus, Ammon,
Moab zum Vorwurf gemachten Verbrechen 1 3 13 2 i. TWT)^^ DSi trennt das Subj.,
V. 10^, von dem Prädikat, v. io% und stösst sich auch mit der erst v. ii folgenden
Einführung Jahwes als des Redenden ^ darum ist es als Glosse auszuscheiden,
ebenso wie das den letzten Stichos überfüllende, ohnehin in v. 9-ii schon oft
genug vorkommende Wort DiTnl^DISS, das meint sagen zu müssen, dass die
Samarier die durch Gewaltthat und Frevel erlangten Schätze in ihren Palästen
aufhäufen. ^J^T ^ steht prägnant: alle Einsicht fehlt ihnen, sie haben
gar kein Bewusstsein mehr von ihrer Schlechtigkeit, machen sich kein Gewissen
mehr aus ihren schlechten Handlungen, die ihnen ganz zur anderen Natur ge-
worden sind. Zu r\Xp\ vgl. II Sam 15 3 Jes 26 lo 59 u.
11, die dritte Strophe: die Ankündigung der Strafe: Darum so spricht
der Herr Jahwe: Not geht rings durch das Land, Und heruntergerissen wird
dir deine Wehr, Und ausgeplilndert werden deine Paläste, Für ^^^D^i, mit
dem man keinen Sinn herausbringt („Bedrängnis und ringsum das Land''), ist
mit Steiner u. a. zu lesen: inb"; durchstreifen, durchkreisen vgl. Ps 59 15, also:
Not geht rings durch das Land, vielleicht ist nach LXX "^^l« dein Land herzu-
stellen. Die Not rührt vom Feinde her, gleichwohl wird man besser "^ nicht
als Feind fassen; Samarias ty Wehr, d. i. seine feste Schutzmauer, w^ird vom
Hügel, auf dem die Stadt liegt, heruntergerissen, 1. Il^n für "in.in mit Wellh. u. a.
und vgl. zur ganzen Aussage Jes 28 i. Endlich werden seine Schätze (v. lo) in
seinen Palästen geraubt; zu ^lüi für ^inj vgl. Ges.-Kaützsch^^ § 67t.
4) Die winzigen Überbleibsel beim Gericht 3 12. Dass v. 12 nicht mehr
zum vorhergehenden Stücke v. 9-11 gehört, zeigt ausser der neuen Einleitung "lö« nä
Ti)T\\ der Umstand, dass die direkte Anrede an Samarien aufgegeben und dafür die dritte
Person gebraucht ist. Auch ist nicht sowohl auf die Rechtlosigkeit, als auf die Luxuriosität
der Israeliten hingewiesen. Doch kann hierauf kein grosses Gewicht gelegt werden, da wir
es mit einem Fragment zu thun haben, das, wie v. 11, den Abschluss einer kleinen Rede
des Propheten bildete und gerade wegen seiner Ähnlichkeit mit v. 11 hier eingereiht wurde.
Übrigens war diese Rede auch gegen die Grossen der Hauptstadt gerichtet; warum man
nämlich 'U^ D^nti^*n nicht mit dem Vorangehenden verbinden dürfte (so Hoffmann, Welle.,
Löhr), ist nicht einzusehen. Das Fragment umfasst, von der Einleitung abgesehen,
sieben kurze Zeilen.
12 Wie der Hirt rettet Aus des Löwen Bachen zwei Beinchen Oder ein
Läppchen vom Ohr, So werden gerettet die Israeliten, Sie, die weich sitzen in
Samarien Auf dem Kissen des Buhbettes Und auf dem Höcker des Diwans*
Die Hoffnung auf Rettung, die die üppigen Grossen in Samarien haben 5 14
Am 3 12 177 Am 3 13
6 1 3, ist eitler Wahn. Ihre „Rettung" gleicht derjenigen eines vom Löwen zer-
rissenen und aufgezehrten Tieres, von dem der Hirt etwa noch 0^5^*13 ^r\^ zwei
LJnlerschmkel, Wddcnheine oder ]tS"'?n3 ein Ohrlilppvlum^ also die winzigsten und
elendesten Teile „rettet" (z. B. um sie seinem Herrn zum Zeugnis vorlegen zu
können, dass ein wildes Tier das vermisste Stück zeirissen habe, vgl. Gen 31 39
Ex 22 12). Geradeso wird man von den Grossen in Samarien, die sich so weich
gebettet haben und so sicher füJilen, bald nur noch die geringsten Überreste
finden. Mit n{S5D!l ist so wenig anzufangen, wie mit pC^^H?. Zwar erklärt
man nSö gewöhnlich als die Ecke^ den Ehrenplatz des Polsters, das an der
der Thüre gegenüberliegenden Wand ausgebreitet war; dort durfte aber doch
der Hausherr gelegentlich sitzen. Und p^^'^ soll „seidener Damast, wie er in
Damaskus verfertigt wurde", bedeuten; aber pl^JJ'n ist nicht pb^lj"! (mit t^!), wie
auch arab. dlmaks mit Damaskus nichts zu thun hat. Daher ist man zur Kon-
jektur gezw^ungen und wird für nSD mit Encycl. Bibl. Art. Bed § 5 H'^DIJ Kissen
(s. zu Jes 21 5) und für pt??^'! mit Duhm ill^^l Hocker (vgl. Jes 30 6) zu lesen
haben; letzteres kommt graphisch dem masor. Texte so nahe wie möglich und
ist ein trefflicher Ausdruck für die dicken schwellenden Polster eines Diwans,
so dass man es allen anderen Verbesserungsvorschlägen (Cheyne: ^^C^'p
= KissenS^^, Grätz, Nowack: n^^Dti^ />^^ä^ Jdc 4 is) vorzuziehen hat. Der
üppige städtische Luxus war dem an die einfache ländliche Sitte jgewöhnten
Propheten von Tekö'^ aufs höchste zuwider.
5) Die Zertrümmerung der israelitischen Heiligtümer und Paläste 3 13-15.
Auch V. 13-15 stehen wieder nicht in direktem Zusammenhang mit dem Vorausgehenden.
Die Verbindung, die Hoffmann durch die Fassung des Schlusses von v. 12 (von D^n^*n an)
als Anrede an die Grossen von Samarien versucht, scheitert an der Unmöglichkeit, dass
die Samarier gegen sich selber zeugen sollen; und wenn Löhr unsern Versen „sicher" als
ursprüngliche Stellung den Platz nach v. 11 und vor v. 12 glaubt zuweisen zu können, so
übersieht er, dass nach der Anrede an Samarien in v. 11 das ij;o^ nicht über diesen Vers
hinweg an die heidnischen Grossstädter gerichtet sein könnte. Auch wenn man mit Bau-
mann nur v. 13 vor v. 11 setzt, heben sich die Schwierigkeiten nicht, s. u. die Erklärung
zu V.. 13. Wir haben vielmehr in v. 13-15 wieder ein selbständiges Fragment aus einer
Gerichtsdrohung des Propheten und zwar ist dasselbe eingebettet in fremdes Gut, das dem
Fragment eine festere Stellung geben, sollte. Zu dem ursprünglichen Bestände gehört
jedenfalls das Tetrastich v. 15; fraglicher ist, was von v. 13 14 ursprünglich ist. Wellh.
und NowACii beanstanden v. 14*^, Löhr auch v. 13'^; v. 14^ soll nämlich dem Zusammen-
hange völlig fremd sein, da dieser von Samarien und nicht von Bethel handle. Aber das
geht von der irrtümlichen Voraussetzung aus, dass v. 13-15 ursprünglich mit v. 9-11 zu-
sammengehören. Zudem ist die Konstruktion von v. 14^^ so sonderbar gewunden, dass von
V. 14 viel eher der zweite Teil zu halten ist. Dann handelte es sich in der Hede, von der
hier ein Fragment vorliegt, um die Verwüstung, mit der das Gericht unter den Heilig-
tümern V. 14^ und unter den Prachtbauten in Israel v. 15 aufräumt: Das Wertvollste im
Lande wird vernichtet. Zu den vier Zeilen von v. 15 bleiben also Amos namentlich noch
die drei weiteren Zeilen in v. 14^ Das Übrige, nicht nur v. 13*^, sondern auch v. 13^ 14%
ist sekundär; s. die Erklärung.
13 Wer die Angeredeten sind, die hören und gegen das Haus Jakob als
T^eugen auftreten sollen, bleibt unklar; vermutlich denkt der Redaktor, wie
viele Exegeten (so auch Baumann s. o. Vorbemerkung), an die v. 9 f. herbei-
gerufenen heidnischen Grossstädter. Dabei verrät sich dann der sekundäre
Kurzer HC zum AT XIII 12
Am 3 13 178 Am 3 15
Ursprung schon dadurch, dass sie ja nach v. 9 sehen sollten, wie die Samarier
ärger als Heiden sind, also auch keine Belehrung mehr brauchten, um als
Zeugen aufzutreten. Vielleicht aber hat der Redaktor die v. 9 vom Propheten
Aufgerufenen im Sinne, die nun weiter noch gegen das Haus Jakob als Zeugen
der V. 14 f. ausgesprochenen Droliung dienen sollen. Sei dem, wie ihm wolle, so
kann Amos nicht über v. iif. auf v. 9 f. zurückgreifen, das ist nur einem Re-
daktor zuzutrauen, der sein ^y^^ nach 3 i 4 i 5 i gebildet hat. Dazu kommt,
dass ^"pT. ^^ für das gewöhnliche ^^^\ H"'? sich bei Amos nur noch in der
ebenfalls sekundären Stelle 9 8^ findet. Zu y. 13'^ bemerkt Löhr mit Recht
die Hypertrophie in der Bezeichnung Jahwes; übrigens ist diese einzigartige
Fülle gerade hier nicht am Platze, wo es sich nur um eine Aufforderung zum
Zeugnisablegen handelt, und nimmt v. 13^ eine eigenartige Doppelstellung ein,
da er zu v. 13^ gehört, aber auch wieder v. i4f. einzuleiten hat, obschon v. 15
noch einmal ein nin;;"D^'^ folgt. Das Epitheton Jahwes niwnt^n \n"^« findet
sich noch 6 14, ohne Artikel 4 13 5 14 15 16 27 6 8, ohne \'l'^S (aber mit Artikel;
9 5. Auf Amos geht der Gebrauch dieses Gottesnamens zurück in 5 15 i6 27
6 8; über die Bedeutung vgl. zu 5 15. 14 Die Konstruktion: die Sünden
Israels an ihm heimsuchen statt an Israel seine Sünden heimsuchen ist sehr
gezwungen, zumal wenn dann nochmals TpD folgt; y. 14^ ist Redaktorenarbeit,
vgl. zu npD D1^2 Ex 32 34 und zu '?«"it^'^"^i?ti^Ö Am 2 6. Mit v. i4^^ scheint ur-
sprünglicher Text einzusetzen: Dann suche ich die Massebe von Bethel heim,
^ Und abgeschlagen werden die Homer des Altars, Dass sie zu Boden
fallen. Zu Bethel, dem heutigen Betin, einem elenden Dorfe am Wege von
Jerusalem nach Näbulus (Bädeker Pal.^ 243), befand sich zu Amos' Zeit das
angesehenste und populärste Heiligtum, das unter specieller königlicher Pro-
tektion stand (7101344 f. 55 vgl. auch Hos 4 15 10 1 5). Da von mehreren Al-
tären an einem Heiligtum nichts bekannt ist, auch nachher nur von nitisn die
Rede ist, so hat man wohl mit Stade und von Gall (altisr. Kultst. 100 f.) nn^n
die Massebe für niHap zu lesen« Die zweite Zeile, die etwa gelautet haben mag:
„dass sie völlig zertrümmere", ist verloren. Die Hörner, diese wichtigen
Bestandteile eines Altars (vgl. I Reg 1 5of. 2 28 Jer 17 i Hes 43 1 5 20 Lev 4 7
18 25 30 34 und s. meine Gesch. der isr. Rel.* S. 35 f.), sollen abgeschlagen
werden. 15 Neben den Heiligtümern sollen aber auch die privaten
Prachtbauten zerstört werden: Und ich zerschlage die Winterhäuser Mitsamt
den Sommerhäusern, Und es gehen zu Grunde die Elfenbeinhäuser Und ver-
schwinden die Ebenholzhäuser. Zu den Winterhäusern vgl. Jer 36 22 und zu
den Sommerhäusern den ganz entsprechenden Ausdruck ^^''^J n^H auf der mit
Amos gleichzeitigen aramäischen Zendschirli-Inschrift des Bar-Rekub Z. 19.
Der Singular ist kollektiv, wie aus y. 15"^ erhellt. j^n ^n? sind Häuser, in
deren Wände zur Verzierung Elfenbein eingelegt ist, vgl. IReg 22 39 Ps 45 9
Odyssee 4 72f. Diesen können nicht D^^'l D^'ri^ „viele Häuser" entsprechen, so
matt hat ein Amos nicht geschlossen; es ist zu lesen: D'':?nn ^n^ Ebenholzhäuser
d. h. solche, die mit D^;nn Ebenholz (s. Hes 27 15) verziert waren. Die Kunst
des Einlegens von Ebenholz und Elfenbein wird wie der Name für Ebenholz
(ägypt. hbnl ZDMG 1892, 114) von den Ägyptern entlehnt sein, vgl. Eeman
Am 3 15 17<) Am 4 3
Ägypten G05. n)r\l DS^J ist itussertialb des Metrums stehender Abschluss,
wie 2 16 4 3 u. öfters.
()) Das Gericht ül)er <lie üppigen rraiicn Samariciis 4 \-:i. Zwei
Strophen zu je sechs Zeilen. Vgl. (his Pendant hierzu Jes 3 i6— 4 i.
1, die erste Strophe: Die Mitschuhl der Frauen an der Bedrückung der
Niedrigen. J/ört dies Wort, ihr lUisariHkühe, Die ihr auf dem llarij von Samaria
haust , Die ihr die Nledrujen bedrückt, Die ihr die Armen %u Grunde richtet,
Die ihr %u euren Eheherren sagt: Schaff herf)eiy dass wir Gelage hatten! Da
Basan, die fruchtbare Landschaft im Osten des galiläischen Meeres, nicht nur
wegen seiner Eichenwälder (Jes 2 i3 Hes 27 6 Sach 11 2), sondern auch wegen
seines Mastviehs (Hes 39 is) berühmt war, so ist die derbe Bezeichnung Hasans-
kühe, die sich auf dem Berg von Samarien mästen, ausserordentlich treffend
für die Frauen zu Samaria, die an nichts als an Essen und Vergnügen denken
und mit ihrer Genusssucht und Schwelgerei, zu deren Befriedigung die Männer
auf alle Wege die Mittel beschaffen müssen, die Armen ruinieren. Zu
dem Maskulinum ^j;p^ in Beziehung auf Feminina, für n:j;??^, s. Ges.-Kautzsch^^
§ 144a; dagegen ist Dn*'^!«^ in ]n — zu verbessern. Zu dem Imperat. ener-
gicus T^''':^r\ vgl. Ges.-Kautzsch27 § 48 i. Wie nni^p das Gelage, Gastmahl
überhaupt bezeichnet, so ist hier HJ?^*? auch allgemeiner zu fassen: damit wir
Gelage^ Gastereien halten.
2 3, die zweite Strophe: Die Strafe. 2 Geschworen hat Jahwe
('^J'lS ist nachLXX zu entfernen) bei seiner Heiligkeit: Siehe, es kommen Tage
über euch (1. l?''^^), Da hebt man eure Nase empor mit Haken Und euer Hinter-
teil mit Harpunen. Jahw e schwört, vgl. 6 8 8 7, bei seiner Heiligkeit d. h. so
wahr er heilig ist; das bedeutet, dass seine Majestät, die für Arnos in der For-
derung der Sittlichkeit und in der Leitung der Völker nach der Erfüllung dieser
Forderung besteht, für die Wahrheit seiner Drohung bürgt. Die Worte
Siehe, es kommen Tage sind eine beliebte Formel geworden, vgl. 8 ii 9 13
ISam 2 31 II Reg 20 17 und öfters in sekundären Abschnitten des Buches Jer
z. B. Jer 7 32 9 24 16 u etc. Die Konstruktion D^ns ^^; lässt sich als
unpersönliches Passiv mit Unterordnung des Subjekts grammatisch erklären
= „ihr werdet gehoben" (vgl. Ges.-Kautzsch^^ § 121a), aber schwerlich hier in
prophetischer Rede rechtfertigen; weit vorzuziehen ist die von Duhm vorge-
schlagene Änderung des DDn« in ]DÖ«, eure Nase, dem dann auch pnnn«, euer
Hinterteil, aufs beste entspricht. nii^ und niTD bezeichnen zum Unter-
schied von den maskulinen Pluralen D^i^ Prv 22 5 und Dn;p (z. B. Jes 34 13),
= Dornen, die künstlich bereiteten Dornen, also die Haken, Harpunen (vgl.
Ges.-Kautzsch2 7 § 87 0). Das sind aber nicht Instrumente, die nur beim Fisch-
fang Verwendung finden. Es wäre doch ein zu seltsamer Übergang in ein
anderes Bild, wenn die Frauen, die erst als fette Basanskühe auf dem Berg
Samariens dargestellt waren, nun auf einmal als Fische im Wasser erschienen;
über n:in s. bei y. 3. Auch die LXX hat hier nichts von der Fischerei ge-
T
funden. Man bleibt dagegen im Bilde, wenn man an die Wegschaffung der
Kadaver der gemästeten „Basanskühe" denkt, denen in Nase und Hinterteil
Haken eingesetzt werden, um sie hinauszuschleppen. Zu 3 ist aus v. 2
12*
Am 4 3 180 Am 4 4
njn Innüberzunelimen, dafür aber ]^'1 Dünger und dementsprechend dann für
D"':^^D=l, rmd Risse ^ dem kein passender Sinn abzugewinnen ist, li^lD^ und Mist zu
lesen. Also lauten die zwei letzten Zeilen: Als Dünge?* und Mist werdet ihr
hinausgeschleppt (für njS^jrn wird das Hoph. njS'J^n zu lesen sein, vgl. LXX
und 6 10) Und nackt hingeworfen werden. Das ist der richtige Schluss zu dem
derben Anfang: Es kommt die Zeit, da euch üppigen „Basanskühe" die
äusserste Schmach und Schande trifft, das letzte ist, dass ihr wie die Kadaver
von verendeten Tieren als Dünger auf die Felder hinausgeschafft werdet, vgl.
hiezu Jer 9 19-21. Man erkennt an diesen Worten, wie tief Amos das Treiben
der Frauen zu Samarien verabscheut. Bei dieser Fassung ist nicht nur
das der Durchführung des Bildes widersprechende H^H, das zudem Stt. Xsy. ist,
vermieden, sondern auch D'^^'JÖ^ durch die leichte Änderung in ti^lD^ (vgl.
Mal 2 3) verständlich geworden. Denn Breschen und Lücken in der Stadt-
mauer passen weder zu „geangelten Fischen", noch dienen sie in erster Linie
als Thore für Fliehende, so sucht sie in Umkehrung von Jos 6 5 20 nur die
spätere Glosse n^?5 n^S zu erklären. Am schwierigsten sind die letzten
Worte, V. 3^: für njriD'^^n ist zwar die passivische Aussprache jriD^t^n das ge-
gebene, vgl. LXX und textkrit. Anm. bei Kautzsch, dann liegt aber bei einem
„Hingeworfen werden" der Gedanke an Exilierung ferne (für unsere Fassung
dagegen vgl. Jes 34 3 Jer 36 30) und ist daher bei njIDinn nicht nach einem
Länder- oder Ortsnamen (Armenien, Hadad Rimmon oder dergleichen) als
Ort des Exils zu suchen; es könnte höchstens der Name eines Feldes bei
Samaria sein, aber vermutlich ist dieses unverständliche Wort in rilD"^^, nackt^
zu verbessern, wofür in yopivai (v. 3^ LXX, wohl kaum eine blosse Verderbnis
aus Y^vr]) noch ein Zeuge vorliegt. Lohe dagegen vermutet, was einen andern
Anfang voraussetzte, ]1"10C^ niiD"iS"ns ^^bt^n^ „man stürzt die Paläste von
Samaria".
7) Das Missfallen Jahwes an dem „Gottesdienst" der Israeliten 4 4-i3.
Die Rede ist an das ganze Volk, nicht bloss, wie die unmittelbar vorangehenden an eine
Klasse desselben gerichtet und vielleicht bei dem Opferfeste in Bethel an die Israeliten ge-
halten (vgl. das kommt nach Bethel v. 4). Die Israeliten sind in einer grossen Illusion
befangen: die Religion geht ihnen ganz und gar im Kultus auf; Jahwe und seinem Sprecher
Amos ist diese Art, die sich durch Opfer und Feste der religiösen Pflichten entledigt er-
achtet, aber um Gerechtigkeit und Sittlichkeit sich nicht kümmert, ein Frevel. Wie in
dem Motto 3 2 tritt hier deutlich der durchaus sittliche Charakter der Prophetenreligion
hervor; Recht und Sitte sind der Kern und das Wesen der Religion, der Kultus ist nur
die Schale und seine Wertschätzung, wenn der Kern fehlt, ein Frevel. Darum fordert der
Prophet die Israeliten in bitterer Ironie zu immer eifrigerem Kultus und Freveln auf; ihr
habt ja allen Grund, sagt er ihnen, diesen Kultus zu lieben, Jahwe hat euch ja sein Wohl-
gefallen und seine Zufriedenheit kundgethan mit allerlei — Heimsuchungen und Plagen.
Alles hat euch die Augen über Jahwe und seinen Willen nicht geöffnet, ihr seid nicht zu
ihm umgekehrt. Darum Leider fehlt der Schluss der Rede, der offenbar eine
völlige Vernichtung drohte. Im zweiten Teile v. 6-11 schliesst jede Strophe ab mit dem
immer schwerer anklagenden Refrain: Und doch kehrtet ihr nicht zu mir um. Vgl.
als Seitenstück zu dieser Rede Jes 1 2-17 und zu dem mittleren Teile die grossartige, viel-
leicht durch unsern Refrain mit angeregte Prophetie Jesajas von den Stufen des göttlichen
Gerichts Jes 9 7 — 10 4 5 25-30. Man darf aber nicht mit Meinhold nach Jes 9 7 ff. auch
die Worte Am 4 6-1 1 als Weissagung für die Zukunft verstehen.
Am 4 4 181 Am 4 4
Ganz erhalten sind von' der Kede des Arnos sieben Vierzeiler: v. 4-11 (zu v. 7 s.
die Erklärunj^), von dem achten ist bloss die erste Zeile v. 12^ noch vorhanden; denn an
Stelle des Schlusses ist ein fremder Zusatz v. 12'' n getreten, s. zu v. 12 f.
4, die erste Strophe: Koinint nach Heikel und frevelt, Nach (ilUfal und
frei^elt viel, Und hrlmjt am Morgen eure Opfer Und am dritten Tay eure
Zehnten! Zu ^f)iy\ ist aus der ersten Zeile ^«:i /u ergänzen und dem Pa-
rallelismus gemäss mit Oettli \ vor ^isin einzusetzen. Während Beihel als das
heutige Beiln sicher identifiziert ist (s. zu 3 u), schwanken die Ausleger, wo
sie ^J^iin suchen sollen. Der Artikel zeigt, dass das Wort ursprünglich appel-
lative Bedeutung hatte: bjS? ist ein Steinkreis, eine mit Steinen umfriedigte
heilige Stätte, ein sog. Kromlech (vgh meine Gesch. der Israel. Rel. ' S. 28 30);
daraus erklärt sich auch, dass verschiedene Ortschaften nach dem in ihrer
Nähe befindlichen Steinkreis den Namen Gilgal erhalten konnten. Das hier,
wie auch 5 5 Hos 4 i5 neben ßethel genannte Gilgal (vgl. noch Hos 9 15 12 i2j
muss im 8. Jahrh. eine wichtige heilige nordisraelitische Stätte gewesen sein.
Nun ergiebt sich aus der Erzählung von Elias letzter Reise II Reg 2 i-8, dass
man auf dem Wege von Gilgal an den Jordan die Ortschaften ßethel und
Jericho berührte, dass es also neben dem bekannten Gilgal bei Jericho, wo
Josua nach dem Übergang über den Jordan sein Hauptquartier aufgeschlagen
hatte (Jos 4 i9f. 9 6 etc.), ein anderes Gilgal bei Bethel gab, und nach II Reg 4 38
war dieses Gilgal nicht nur der Wohnort Elisas, sondern es befand sich dort
gerade wie in Bethel eine Ansiedlung der D^'S'^D^H ^y^. Danach ist anzunehmen,
dass es eine wichtige und heilige Stätte war, und da sich nun auf einer Anhöhe
nördlich von Bethel und südwestlich von Silo eine nicht unbedeutende Ortschaft
Dschildschiljä findet, hat man hier das alte Gilgal zu suchen und nicht an das
Gilgal bei Jericho zu denken, für welches neuerdings von Gall Altisr. Kultst.
S. 78 — 83 eintritt; vgl. Art. Gilgal in Encycl. Bibl. Bei dem fragwürdigen
Texte von Dtn 11 30 hat es keinen Wert, mit Schlatter (Zur Topogr. und
Gesch. Pal. 246 — 264) und Bühl (Geogr. 202 f.) unser Gilgal nach den Ruinen
von Dschuledschil bei Sichem zu verlegen, vgl. Bertholet zu Dtn 11 so. Der
Frevel besteht nicht etwa darin, dass zu Bethel und Gilgal anderen Göttern
Verehrung erwiesen worden wäre, sondern darin, dass den Israeliten im Opfer
die ganze Religion aufgeht, s. die Vorbem. zu v. 4-i3. Fahrt nur fort in
eurem gewohnten Treiben, so ruft der Prophet den Israeliten v. 4^ zu: bringt
am Morgen nach eurer Ankunft eure Opfer dar und am dritten Tag (s. Ex
19 15) eure Zehnten! (so auch Wellh., Nowack). Das Fest dauerte somit
mindestens drei Tage, den Tag, an dessen Abend man eintraf, mitgerechnet.
Man darf nicht Ij^lnb und D'^p; ^^^^^ = „jeden Morgen'' und „alle drei Tage''
fassen; für die distributive Bedeutung wäre der Plural oder die Wiederholung
des Ausdrucks nötig, s. Ges.-Kautzsch^^ § 123 cd. Ferner, läge dann in der
Forderung des Propheten eine unmögliche Übertreibung, und dass in der alten
Zeit nur alle drei Jahre gezehntet wurde, ist nicht wahrscheinlich; aus Dtn 14 28
folgt dies nicht im mindesten. Über den Zehnten, der in alter Zeit ein Brauch,
später eine geregelte Institution war, s. zu Dtn 14 22-29 Lev 27 30-33, ferner vgl.
W. R. Smith-Stübe Rel. der Sem. 190 — 196, Benzinger ArchäoL 460 f.
Am 4 5 182 Am 4 8
5, die zweite Stroplie: Und verbrennt vom Gesäuerten Lobopfer Und
ruft Freigaben aus mit lauter Stimme! Denn so liebt ihr es ja, ihr Israeliten,
Ist der Sprach des Herrn Jahwe. Für den Inf. 1t?p, der allerdings das
Verbum finitum fortsetzen kann (vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 113z), sich hier aber
in der Reihe von Imperativen wenig empfiehlt, liest man am besten mit Ookt,
NowACK den Impera. 11tSj5. Auch hier schildert Arnos wie v. 4'^ die den
Israeliten beliebte Praxis, nicht etwas Gesetzwidriges (Wellh.: „der Begrijft'
ist ihm unbekannt"). Zum HD);, also zu den Opferstücken von einem geschlach-
teten Tier v. 4, pflegten die Israeliten als n"]in, Lobopfer , Kuchen von ge-
säuer tejn Brot, }^pn, in die Flamme zu werfen, als Duft und Rauch aufsteigen
%u lassen, "itsj^. Das Gesäuerte war somit nicht zu aller Zeit beim Opfer
verpönt, vgl. ISam 10 i3 Lev 7i3 23 17 und s. zu Lev 2ii und 7 12-15. Neben
den Opfern, zu denen man durch Gelübde oder durch heiligen Brauch, wie den
des Zehnten verpflichtet ist, bringt man Hinn^i, freiwillige Opfer, Freigaben
dar, die man laut ausruft, damit die Leute herbeikommen, denen man Anteil
am Opferschmause gewähren will, gerade wie die Pharisäer beim Almosen-
geben vor sich posaunen lassen Mt 6 2. Das ist ein Gottesdienst, wie ihn die
Israeliten lieben, wie sie ihn selbst erwählt haben, aber nicht, wie ihn Jahwe
liebt und fordert, vgl. ni?^':'» D^tr:« D^l^D Jes 29 13 f.
6, die dritte Strophe: Und dabei habe ich euch gegeben Leere Zähne in
allen euren Städten Und Brotmangel in allen euren Ortschaften , Und doch
kehrtet ihr nicht %u mir um, spricht Jahwe. Damit beginnt Amos zu zeigen, was
Jahwe bei dem Kultuseifer der Israeliten that. D51 gehört zum ganzen Satz =
„und dazu kommt", also: und dabei habe ich euch deutlich zu erkennen gegeben,
wieviel mir euer Kultus wert ist, ich habe euch dafür eine Plage nach der
andern geschickt, zuerst eine im ganzen Lande, in Städten und Dörfern, ge-
fühlte Hungersnot, die Amos durch Reinheit der Zähne d. h. leere Zähne,
Zähne, die nichts zu beissen haben, und Mangel an Brot nachdrücklich genug
kennzeichnet; vgl. auch Vorbem. zu v. 4-13. ^^^1 und trotz alledem kehrtet
ihr doch nicht zu mir um. Bei allem Kultuseifer hatten sie Gott verlassen,
waren sie abgefallen, vgl. V^B y. 4, ein Gefühl von der Verpflichtung zur Übung
von Recht und Gerechtigkeit und eine ernste Erfüllung dieser Pflichten wären
eine Umkehr zu Jahwe; njj ^\^ ist mehr als ^« ^"^^^ da nj; besagt, dass das ^W
bis %u Jahwe, nicht nur ^^, in der Richtung auf ihn zu, erfolgt.
7^°^ (bis zu D^^n) 8, die vierte Strophe: Und dabei habe ich euch den
Regen verweigert. Und es schwankten %wei, drei Städte %u einer Stadt, Um
Wasser zu trinken, und wurden nicht satt. Und doch kehrtet ihr nicht zu mir
um, spricht Jahwe. Die zweite Plage war Begenlosigkeit, die zu dem
Hunger den nicht minder fühlbaren Durst gesellte. Über Üü^^ vgl. zu Jo 2 23 ;
sein Ausbleiben, seine Verweigerung (V^^, zurückhalten, verweigeiii) durch
Jahwe, ist eine grosse Kalamität, vgl. was über den Winter 1894/5 von Jeru-
salem berichtet wird MNDPV 1895, 44. Infolge der Regenlosigkeit zur Zeit
Amos' geschah es (v. 8). dass die Einwohner von zwei, drei Städten (zu der
Zahlenklimax vgl. zu 1 3) zu einer anderen glücklicher situierten d. h. mit
besseren Cisternen versehenen Stadt lyj d. h. vor Durst ermattet und erschöpft
Am 4 8 183 Am 4 lo
unsicheren Ganges lunsvhwankUm^ aber auch dort ihren Durst nicht stillen
konnten, da auch die tiefsten und besten Cisternen wasserlos und alle Quellen
versiegt waren.
Zu dieser Strophe bildet 7^^^'' (von "iiyn an) eine Randglosse, die der Erklärunj^ von
V. 8 dienen soll. Der Glossator erklärt sich nämlich den J^esuch der einen Stadt durch ein
l)aar andere nicht aus der günstigem Lage und den besseren Cisternen, sondern aus der
Bevorzugung dieser Stadt durch Jahwe, indem er, v. 7^^ limitierend, annimmt, es sei doch
strichweise und dabei gerade über die betreffende Stadt Regen gefallen. Femer aber denkt
er beim Entzug des Regens nicht an die Regengüsse überhaupt, sondern speziell an den
sog. Spätregen ti^lp^ö, der innerholh der drei Monate vor der Ernte, in den Monaten März
und April vor der im Mai und Juni eingeheimsten Ernte, zu fallen pflegt und von dem
das Gedeihen und die Reife des Getreides abhängt. Übrigens hat der Glossator melir die
Unfruchtbarkeit des Feldes (vgl. v. 7^'), als das Verschmachten der Menschen vor iJurst im
Auge, wie er auch nicht eine vergangene, sondern eine noch zukünftige Plage scliildern
will; denn "»rTi^öni kann angesichts der folgenden Imperfekta nicht als frequentatives Per-
fekt (Ges.-Kaützsch27 § 112h Anm. , Driver Hebrew Tenses^ § 114) genommen werden.
Für n^pön ist mit LXX "T'pöuS; zu lesen, vgl. Ges.'Kaützsch27 § 144c.
9, die fünfte Strophe: Ich schickte euch die Plage des Kornbrandes und
der Gilbe^ Ich verwüstete eure Gärten und Weinberge, Eure Feigen- und Öl-
bäume frassen die Heuschrecken, Und doch kehrtet ihr yiicht zu mir um,
spricht Jahwe, jl^"^^ und ]1p"3!l, wie hier, noch Dtn 28 22 Ißeg 8 57 Hag 2 17
irChr 6 28 nebeneinander, bezeichnen das Schwarzwerden, den Brand des Gre-
treides infolge von ungünstiger Witterung und das Gelbwerden der Gewächse,
die Gilbe, den Mehltau; für niB"in, das unverständlich bleibt, ist mit Wellh. u. a.
■ri:2"inn, ich verwüstete, zu lesen. Zu DT^in s. Jo 1 4.
10, die sechste Strophe: Ich schickte unter euch eine Pest Zugleich mit
der Gefangennahme eurer Rosse Und Hess aufsteigen den Gestank eures
Lagers, Und doch kehrtet ihr nicht %u mir um, spricht Jahwe, Zu Hungersnot
und Dürre mit all ihrem Gefolge trat noch ein unglücklicher Krieg, der den
Verlust der Pferde, dieses wertvollen und schwer zu beschaffenden Kriegs-
materials, brachte und in dem die Mannschaft durch die Pest heimgesucht
wurde. Nach den assyrischen Eponymenlisten hat die Pest (niutanu = das
Sterben) in den Jahren 803, 765 und 759 v. Chr. grassiert, s. Scheadee KAT^
481 — 485; vermutlich hat die Pest in einem der beiden letzten Jahre auf Syrien
und Palästina übergegriffen, gerade als Israel mit Aram im Kriege lag.
D"'."5^p Tjnns ist eine Glosse, die an die heilige Geschichte von den ägyptischen
Plagen erinnert, aber nicht eine medizinische Belehrung über die Heimat der
Pest oder das besonders heftige Auftreten derselben in Ägypten geben will.
Solche historische Erinnerungen sind den Späteren beliebt, vgl. Jes 10 24-27.
Aber auch ich tötete eure Jungmannschaft mit dem Schwert ist nicht ur-
sprünglich; denn einmal wäre D ^ZVi Dj; als Fortsetzung ausserordentlich hart,
man müsste denn annehmen, dass es sich auch um ein Töten. der gefangenen
Rosse handle, und dann braucht das Schwert nicht zu töten, wo die Pest wütet.
Der Zusatz erklärt sich als ein Komplement zu der Gefangennahme der Rosse,
die einem Späteren nur verständlich schien, wenn die Mannschaft im Kampfe
gefallen war. Anderes besagt aber Amos: Jahwe sandte gegen euch eine Pest
zugleich mit der (Dj; ist soviel wie "nsi und gleichzeitig die) Gefangennahme
Am 4 10 184 Am 4 12
eurer ßosse. Von in der Schlacht Gefallenen redet er nicht, sie kamen neben
den von der Pest Dahingerafften nicht in Betracht, ging doch von dem Lager
infolge der vielen noch unbegrabenen Leichen ein Geruch der Verwesung aus.
Das ^ vor DDDSSS venät diese jedenfalls unnötige Beifügung als Glosse; sie
konnten den Gestank doch nur mit der J^ase riechen.
11, die siebente Strophe: Ich richtete unter euch eine Zerstörung aUy
Wie die Zerstörung von Sodom und Gomorrha^ Und ihr wäret, wie ein aus
dem Feuer gerissenes Brandscheit, Und doch kehrtet ihr nicht zu mir um,
spricht Jahwe. Gewöhnlich versteht man diese Schilderung von einem Erd-
beben^ auf das Arnos als auf die schwerste Heimsuchung und Züchtigung
zurückblicke. Aber das passt doch weder zu der Zerstörung von Sodom und
Gomorrha, noch zu dem Bilde von einem aus dem Feuer gerissenen Brand-
scheit; auch könnte es nicht das 1 i erwähnte Erdbeben sein, denn hier ist es
ein bereits erlebtes, dort ein erst in zwei Jahren zu erwartendes, vgl. übrigens
zu 1 1. Die Zerstörung ist vielmehr deutlich eine Zerstörung durch Krieg, vgl.
zu D'no npöHD:: Jes l 7 und zu l^iN Jes 7 4. Der Krieg hat Israel so verheert,
wie Feuer und Schw^efel etc. Sodom und Gomorrha. Nur mit knapper Not ist
Israel dem völligen Untergang entronnen; Amos spielt auf eine Situation an,
wie sie Jes 1 7 schildert, Amos denkt an die Syrerkriege, Jesaja an die Ver-
heerung Judas durch die Assyrer, s. meine Erklärung zu Jes 1 7. Da hier
Amos das einzige Mal D\n'b« statt r\)r\l gebrauchte, dazu noch in einer Rede
Jahwes, so ist DNI'^S als sekundär anzusehen, es dürfte wie die beiden "n^^ nach
der ganz gleichlautenden Formel in dem exilischen Jes 13 19 (vgl. auch
Jer 50 40) hier eingesetzt und daher als ursprünglich '?5 'D n^BnDS herzustellen
sein, vgl. ausser Jes 1 7 noch Dtn 29 22 Jer 49 is. Daher dürfte es auch zu ge-
fährlich sein, mit Wellh. auf dieses D\n^^ die Vermutung zu stützen, „dass
eine alte und nicht specifisch israelitische Redensart (in D%n^« ^???1??) vor-
liege"; dass die Israeliten die Grundzüge ihrer Erzählung Gen 18 19 von den
Bew^ohnern des Landes übernommen haben, kann ja gleichwohl richtig sein.
?I?n, umkehren, ist nicht mit direktem Objekt konstruiert, sondern mit ?, um
zu sagen, dass an, unter den Israeliten eine Umkehrung vollzogen wurde,
vgl. n T\^T[ z. B. IlSam 23 10: D'^n^bö? '^!:] „er richtete unter den Philistern
eine Niederlage an". Der erste Stichos ist sehr kurz, es scheint nach DDS etwas
ausgefallen zu sein. Zu dem aus dem Kriegsbrande geretteten I^N vgl.
neben Jes 7 4 auch bes. Sach 3 2.
12 beginnt, wie man erwartet, mit ]5^, darum, der üblichen Einleitung
der Ankündigung des Gerichts vgl. 3 11; denn nachdem alle Mittel nichts ge-
fruchtet haben, um die Israeliten zur Besinnung zu bringen, bleibt nichts
übrig als der verdammende Urteilsspruch und die Ankündigung der Exekution,
wie 2 13-16 3 11. Dazu ist aber nur noch die Einleitung, y. 12% die erste Zeile
der achten Strophe, erhalten: Dai^um werde ich so mit dir verfahren, Israel.
Was folgt, kann nicht die Fortsetzung sein; denn ehe man fortfahren kann:
weil ich dir solches thun will, so mache dich bereit etc., muss gesagt sein, was
dieses solches, nst, ist; aber auch sonst passt y. 12^ nicht zu y. 4-12^, da man
hier nicht erst noch eine Aufforderung, sich zur Begegnung mit Jahwe bereit
Am 4 12 185 Am 4 13
ZU maclien, f^jebrauchen kann, als ol) die Frevler sich zur Exekution noch be-
sonders vorbereiten niüssten. Somit bricht der ursprüngliche Zusammenhang
mit V. 12=^ ab; der Zusatz v. 12'' 1.) scheint zwar (s. aber unten zu v. 12'' 13) mit
seinem nst noch auf den urs})rünglichen Schliiss Rücksicht zu nehmen, ist aber
doch an die Stelle desselben getreten. L(")hr hat nun vermutet, dass von dem
Fragment 3 u^' 15 wenigstens v. u^ zu dem verlorenen Stücke unserer Rede ge-
höre. Mit den drei Zeilen von 3 14'' (für ''H'li??^ wäre dann ^p^^ zu lesen) er-
hielte man dann das ganze achte Tetrastich und die Ankündigung der Zer-
störung der Heiligtümer zu Bethel würde nicht übel auf den Anfang der Rede
(4 4f.) zurückblicken und auch dem Tenor der Gedanken entsprechen: Weil
euer Kultus nur Frevel ist und ihr mit nichts davon abzubringen seid, so wird
auch der ganze kultische Apparat vernichtet. Aber trotzdem, um als Abschluss
der ganzen Rede zu dienen, wären diese Worte selbst mit Hinzunahme von
3 15, die zwar mit ihrer Rücksicht auf den Luxus einen neuen, in 4 4-12 nicht
berührten Gedanken hereinbrächten, zu schwach; nach all den vorangegangenen
Plagen muss ein viel härterer Schlag erfolgen, der nicht nur die Vernichtung
der Kultusstätten und eventuell der privaten Prachtbauten, sondern des
ganzen Staatsgebäudes herbeiführt (vgl. 5 2). Somit wäre 3 14'^ höchstens ein
Stück des leider verlorenen Schlusses von 4 4-i2^ Auch der Vorschlag
von 'Baumann , 521-27 auf 4 12-'' folgen zulassen, scheint .mir nicht richtig, 's.
zu 5 21 ff.
Der Zusatz 12^ 13 hat nicht die Situation der Hörer des Arnos, sondern die der
späteren Leser der prophetischen "Weissagungen im i^uge. Es handelt sich für den Autor
desselben nicht mehr um das Gericht über die Israeliten, sondern um das letzte Gericht,
in dem zwar auch Israel zu leiden hat, aber doch vornehmlich die Heiden, und aus dem
Israel herrlich hervorgehen soll. Vielleicht sind von ihm daher die Schilderungen v. 6-11
auch als Weissagungen für die Endzeit gefasst worden und sein nst bezieht sich auf die
dort genannten Heimsuchungen; übrigens war den Späteren der Begriff des Endgerichts
so geläufig, dass man ihnen das nst gar nicht genauer zu exponieren hatte: Es umfasste
alles, was Gott in Zukunft an Israel thun w^ill, Gericht und Heil, Leiden und Rettung,
und um daran zu erinnern, genügte die Schilderung der Plagen v. 6-1 1 vollständig. Um
in dem letzten Gericht Gott zu begegnen, y^sly Bereitmachung, ]13n, nötig, wie einst zur
ersten Begegnung am Sinai, vgl. Ex 19 15; interessant ist, dass im Hebr. der Mischna ]]'2
12^ die Bedeutung hat: „sich in andächtige Stimmung versetzen" und dass später njJ3
geradezu = „Andacht" ist. Auch in dein Gott, Israel, erkennt man, wenn man v. 13
beachtet, den späteren Autor: Jahwe ist Israels Gott, wenn auch der Schöpfer und Herr
des Alls. So verbindet die spätere jüdische Lehre Universalismus und Partikularismus
miteinander; ganz anders hat der Prophet Amos 3 2 gesprochen und die Prärogative Israels
gedeutet, bei Amos spürt man die Innigkeit und den Ernst der Religion, bei den Spätem
die Kälte von Logik und Theorie. 13 gehört derselben Zeit, wenn auch vielleicht
nicht derselben Hand wie v. 1 2^ an. Doch ist bei den späteren Redaktoren und Diaskeuasten,
die die prophetischen Stoffe zur Erbauung der Gemeinde redigierten, der Übergang von
der ersten Person (v. 12^) zu der dritten (v. 13) eher möglich, als bei einem originalen
Autor. Jedenfalls soll v. 7 3 die Forderung der Vorbereitung auf die Begegnung mit Gott
(in V. 12'^) begründen, vgl. "'S. Charakteristisch ist, wie dies geschieht: kein Wort ver-
nimmt man von sittlichen Pflichten, nur nebenbei ist von Gottes Allwissenheit, die auch
der Menschen Gedanken kenne, die Rede, die Hauptsache ist die Hervorhebung von
Gottes Erhabenheit und Allmacht auf dem Gebiete der Natur; die Nebeneinanderstellun
von Allwissenheit und Allmacht mutet einen an, wie die Aufzählung der Eigenschaften
Ciottes in christlichen Katechismen und älteren Dogmatiken. Doxologieen aus den Werken
Am 4 13 186 Am 5 3
der Natur sind in der israelitischen E-eligion erst seit Deuterojesaja aufgekommen, vgl.
meine Gesch. der isr. Rel.'* S. 142f., wurden aber dann als Zugaben zu alten Texten be-
liebt, vgl. 5 8 9 9 5 6 Hos 13 4 (LXX). Abgesehen von dem wie eine Unterschrift
sich ausnehmenden v. 13^ macht die Doxologie ein Tetra stich aus: Denn siehe, er ist
der Bildner der Berge (vgl. Jos 45 18 Jer 10 16) und der Schöpfer des Windes (zu «in neben
'1^'' vgl. Jes 43 1 7 45 18) Und kann dem Menschen Jamdthmi, was er sinnt (vgl. n't2^ I Sam 116
Ps 104 34 zu dem aTi. Xey. n^, wofür übrigens Hjeronymüs auch noch n^b' gelesen hat,
und zu der ganzen Aussage Jer 11 20: „Jahwe» prüft Nieren und Herz"; vielleicht ist jedoch
nach Targ. mit Grätz und Cheyne ^n'^3;o, sein Thun, zu lesen) , Er schafft Morgenrot und
Finsternis (1. nach LXX mit Nowack riS"'V^; denn weder die Übersetzung: „er macht
das Morgenrot zum Dunkel" durch finstere aufsteigende AVolken, noch: „er macht die
Finsternis zum Morgenrot" ist zu empfehlen, ein b wäre doch hiezu nötig, vgl. auch Ges.-
Kautzsch^? § 116g N 2), Und schreitet über die Höhen der Erde dahin, was seine Allmacht
und Erhabenheit hervorheben soll, vgl. Mch 1 3 Hi 9 8, ferner Dtn 32 13 Jes 58 14.
Zu V. 13'^ der Marke eines solchen Zusatzes, s. 5 8 9 6 und vgl. zu Jes 48 2 51 15 54 5.
8) Wehklage über den nahen Untergang Israels 5 1-3. Mit v. 4 ff. haben
diese Verse so wenig direkten Zusammenhang, wie mit 4 4-12; sie stehen für sich, der
Prophet stimmt in ihnen die Totenklage über Israel an, dessen Untergang ihm gewiss ist.
Wahrscheinlich ist trotz der eigenen Einleitung (v. 3^*) auch v. 3^'^^ zur Totenklage zu
rechnen; dann haben wir, da v. 1 als Einführung ausser Betracht fällt, zwei Vierzeiler,
die so gebaut sind, dass je die zweite und vierte Zeile nur zweihebig, die übrigen drei-
hebig sind, oder, wenn wir wollen, vier durch Cäsur in einen längeren und einen kürzeren
Hemistich getrennte Langzeilen. Zu diesem sog. Klna-Metrum vgl. in meinem Commentar
zu Jes S. 17.
Ob die Einführung 1: Höret dies Wort^ das ich über euch erhebe als
eine Totenklage, Haus Israel! von Arnos oder von der Redaktion herrührt, ist
schwer auszumachen, aber auch ziemlich gieichgiltig; jedenfalls fällt sie ausser-
halb des Metrums und die Ankündigung des folgenden Wortes als einer nyp,
wie sie der Relativsatz giebt, kann den Eindruck nur abschwächen.
2, das erste Tetrastich: Gefallen ist, steht nicht mehr auf Die Jungfrau
Israel, Ist hingestreckt auf die eigne Flur^ Keiner richtet sie auf. Durch
die asyndetisch angefügten Zustandssätze D^.p ^^pin"^?^ und H^'^pp ptjl werden
die Hauptverba nböi und TW'^'l erklärt, es ist ein Fall, ein Hingeworfensein,
von dem sie sich nicht mehr erheben kann, von dem es auch überhaupt kein
Aufrichten mehr giebt; tot liegt sie auf der eignen Flur, d. h. im eigenen
Lande ist sie von dem übermächtigen Feinde erschlagen — die Jungfrau
Israel, ^^?"1b^'l 7b\T\^ (zu dieser im Hebräischen üblichen Annexion statt Appo-
sition s. Ges.-Kaützsch2' § 128k und vgl. zu Jes 1 8). übrigens haben wir hier
das älteste erhaltene Beispiel von der Personifikation eines Volkes oder einer
Stadt als weibliches Wesen (Driver) ; aus der Darstellung als Jungfrau, H^IHin,
darf aber hier wohl nicht geschlossen werden, dass Israel bis dahin unbesiegt
gewesen sei, dieselbe giebt vielmehr der Trauer über ihren frühen Tod
Ausdruck.
3, das zweite Tetrastich: Die Stadt, die mit tausend ins Feld %ieht.
Behält hundert übrng. Und die Stadt, die mit hundert ins Feld %ieht^ Behält
%ehn übrig, zeigt deutlich, dass der Krieg den Tod Israels herbeiführt. Die
Fähnlein, die die einzelnen Ortschaften, nicht mehr, wie in der alten Zeit, die
Geschlechter und Stämme, stellen, werden im Kampf bis auf den zehnten Mann
aufgerieben. Wie die besondere Einführung (v. 3^*) dieser Strophe schon wegen
Am 5 3 1B7 Arn 5 4
des unverständlichen ^3 unbrauchbar ist, so ist auch mit ^t<lb^^ r\^2h am Schlüsse
nichts anzufangen. Nimmt man diese Worte mit der Kinrührung, wozu sie am
ehesten passen (so Lcmii), zusammen, so ersieht man sofort, wie ^^"l^ "I??ij5 HD ''3
b^^'^^ r\^2b nin'' eine bei der Einluguiig in den laufenden Text zerrissene Rand-
bemerkung von der Hand dessen ist, der alle neuen Anfänge mit dieser Formel
auszeichnen zu müssen meinte und der auch in v. 3 einen solchen Neuanfang
sehen wollte, vgl. die r^lT}] *1DS Hb in Ca]). 1 und 2 vor fast jeder Strophe, ferner
in 3 12 und bes. 5 4. Darum darf man nicht mit Nowack "" n'^^b hinter das
zweite HS?? in die Strophe einsetzen; man hat vielmehr den Anfang der dritten
Zeile wie den Anfang der ersten zu lesen: '^7} "^^J^HI, das Auge des Abschreibers
irrte leicht von dem ersten Wort auf das zweite mit dem gleichen Buchstaben
beginnende hinüber. ^h^ und HiJD sind als von nS^I'H abhängiger Kasus
der Art und Weise = zu tausend^ zu hundert zu fassen, vgl. Ewald Ijehrb. d.
hebr. Spr. § 279 I 2a und König Syntax § 332k; wahrscheinlich ist diese Ver-
bindung nach ihrer Entstehung zum Verständnis in die ursprüngliche ßeihen-
folge n^JJ^'' ^^iSi Tj;n „die Stadt, deren Auszüger tausend sind" aufzulösen, vgl.
das ähnliche 13^? f n^« 2 i6.
9) Nicht liultus, sondern Religion und Moral führen zum Leben 5 4-^6 14 15.
Der Text von v. 4-17 bietet ein schlimmes Durcheinander von verschiedenen Ele-
menten. Am leichtesten sind die fremden Bestandteile auszuscheiden, nämlich ausser
kleineren Zusätzen 1) die Doxologie Gottes aus den "Werken der Schöpfung v. 8 f. und
2) die weise Bemerkung vom Schweigen in böser Zeit v. 13, welche den Propheten, wenn
er dieselbe geschrieben hätte, mit sich selber in Widerspruch setzte, da er gerade in der
schlimmsten Situation zu Bethel als Sprecher Jahwes auftrat; s. zu diesen Versen. Aber
auch was übrig bleibt, zeigt keinen geordneten Gedankengang. Ein Bruch desselben liegt
zwischen v. 6 und v. 7, ohnehin scheint er angedeutet durch bi|!"n''n^, LXX: h'^^y^\ ^^5?'» das
vermutlich der Rest der bekannten Eingangsformel eines neuen Abschnittes ist (s. zu v. 3).
Ebenso erwartet niemand auf v. 12 die Mahnung von v. 14, sondern die Ankündigung der
Strafe, auch hier wird ein Zusatz (v. 13) den Bruch markieren. Endlich passt v. 16 mit
seinem ]pb in keiner Weise als Fortsetzung von v. 15, der den Israeliten bei rechtlichem
und sittlichem Verhalten die Gnade Jahwes in Aussicht stellt. Es sind somit vier Stücke
zu unterscheiden: 1) v. 4-6, 2) v. 7-13 (excl. v. 8f. 13), 3) v. 14f. und 4) v. 16f. Vergleicht
man dieselben, so kann es einem nicht entgehen, dass 1) und 3j nach Inhalt und Form
sicher zusammengehören und dass mit grosser Wahrscheinlichkeit auch 2) und 4) Stücke
einer Bede sind, die sich v. 16 mit seinem ]?^ vortrefflich an v. Vi anschliesst. Somit
haben wir zwei verschiedene Beden zu unterscheiden: 1) v. 4-6 14 15 und 2) v. 7 10-12
16 17, von denen die zweite aber nicht vollständig ist (s. bes. zu v. 11).
Die Unordnung im Texte ist daraus zu erklären, dass ein Abschreiber, nachdem
er die beiden Strophen mit ^lU^I"! v. 4^ und v. 6 geschrieben hatte, den ebenfalls mit ^115^")'^
beginnenden Abschnitt v. 14f. übersah resp. meinte, bereits kopiert zu haben, nachher aber
seinen Fehler bemerkte und die vergessenen Verse in den leeren Baum zwischen oder
unter den vertikalen Kolumnen, von denen die eine etwa v. 1-6, die andere v. 7-12 resp. 13
enthalten mochte, nachtrug, und dass dann ein folgender Abschreiber diesen Nachtrag in
den Text der zweiten Kolumne hinter v. 13 einschob.
Diese Zurechtlegung des Textes, die v. 14f. als ursprünglichen Bestandteil anerkennt
und sowohl den richtigen Standort dieser Verse nachweisen, als auch die Versetzung an
die gegenwärtige Stelle erklären kann, verdient den Vorzug vor dem Vorschlage, v. 14 f.
entweder ganz (Valeton Amos und Hosea S. 35 113, Volz, Nowack, Cheyn^, Löhr) oder
teilweise (v. 15 Oort) als Einschub zu betrachten. S. weiter die Erklärung dieser
Verse.
Am 5 4 188 Am 5 5
Der Abschnitt 5 4-6 14f. ist, so einfadi er lautet, von der grössten AVichtigkeit;
denn gerade in seiner Einfachheit Hegt zum Teil seine Grösse. Ausserordentlich wichtig
ist es zunächst, dass Arnos hier einmal nicht Anklagen gegen die Israeliten vorbringt,
sondern direkte Forderungen stellt. Wer nun aber eine Menge von Vorschriften erwartet,
sieht sich enttäuscht; denn was Arnos fordert, ist allein: suchet Jahwe und snchet das
Gute, und zwar gelten diese beiden Sätze gemäss der Folge, die an ihre Erfüllung ge-
knüpft ist, dem Propheten erst noch als im Grunde nur einer. Jahwe und Gut, Religion
und Sittlichkeit, fallen Amos nicht als zwei von einander unabhängige Grössen auseinander;
er anerkennt so wenig eine unabhängige Religion, wie sie seine Zeitgenossen mit ihrem
Kultus allein übten, als eine unabhängige Moral, wie sie unsere Modernen für möglich
halten. Für ihn giebt es wahre Religiosität nicht, wo sie nicht Sittlichkeit wirkt, und
wird das Gute erst da wirklich und wahrhaft geübt, wo das Gefühl der religiösen Ver-
pflichtung, ein innerer Drang zum Gutesthun treibt, ähnlich dem Zwang, der ihn zum
Sprecher Jahwes macht, s. 3 8. Wem diese einfache Forderung als zu allgemein und un-
bestimmt vorkommt, dem ist noch nicht die Hoheit der mit Amos so kräftig und rein
einsetzenden Religion der Propheten gegenüber der israelitischen Yolksreligion mit ihrem
„heidnischen" Kultus und der späteren Gesetzesreligion mit ihrer gelehrten Weisheit recht
klar aufgegangen und der denkt nicht daran, dass die schönsten Vorschriften nichts
fruchten, wo nicht ein Funke göttlicher Kraft das sittliche Leben erweckt und immer neu
stärkt. Gerade diese Einfachheit der Forderung neben der Identifikation von Religion und
Sittlichkeit, ohne dass eins in das andere aufgeht, ist das Grossartige an Amos; zu ver-
gleichen ist die Einfachheit des Evangeliums bei Jesus.
An den Besitz der wahren Religion knüpft Amos das Lebest d. h. das Verschont-
werden vom Gericht, die Rettung, das Heil. Hier liegt im Keime vor die ganze Ent-
wicklung von dem jesajanischen: ^^tp^T\ ^?^ ^3 U''p^^n i^b DX (Jes 7 9) zu dem johanneischen
6 TTiateucüv £i; auTov ou xpivsxai (Joh 3 18). Wsls Jessijsi glauben heisst, nennt Amos
Jahwe oder das Gute suchen-, überhaupt erscheint Jesaja auf Schritt und Tritt von dem
Propheten Amos angeregt und darum dient er vortrefflich zum Verständnis der Reden
seines Vorgängers. Vgl. meinen Commentar zu Jes S. 65 70 (zu Jes 6 3) und S. 74 78 (zu
Jes 7 9^), sowie meine Gesch. der israel. Rel.* S. 169f.
Der Abschnitt 5 4-6 14f. umfasst nach Abzug der sekundären Bereicherungen (s. die
Erklärung) vier Tetrastiche.
4^ bringt die übliche Einleitung eines neuen Stückes, das nicht schon an
seiner Spitze ein ^V^p trägt, s. zu v. 3. Wahrscheinlich hat diese Beifügung die
Änderung des ursprünglichen nin;i"ns W'^^, in '^i^ti^'1'1 (y. 4*^) nach sich gezogen;
es ist doch der Wechsel auffallend, man müsste denn annehmen, dass der
Prophet in v. 6 die Aufforderung Jahwes in v. 4'^ bestätigen wollte. Die
erste Strophe umfasst 4'' 5^: Suchet Jahwe (s. zu y. 4^) und lebt! Und suchet
nicht Bethel! Und nach Gilgal kommt nicht Und nach Beerseba zieht nicht
hinüber l Der erste Imperativ •lti^'"l"l nennt die Bedingung, der zweite \^X\\ die
Folge ihrer Erfüllung, s. Ges.-Kautzsch^" § 110 f. Zu dem Sinn von t^h^
vgL 13? "IW in dem Refrain 4e-ii und zu iTH, leben^ die Vorbemerkung. Be-
achtenswert ist, wie Jahwe zu den Heiligtümern in Bethel etc., die zwar auch
Jahwe geweiht sind und an denen die Israeliten nur Jahwe opfern wollen, in
Gegensatz gestellt wird: Jahwe verlangt eben ganz anderes als Opfer; ihn soll
man suchen, sein Wort zu vernehmen, seinen Willen zu hören und sein Wesen
kennen zu lernen verlangen. Die Opfer an den heiligsten Stätten bringen nicht
näher zu Jahwe 5^ über Bethel und Gilgal s. zu 4 4. Beerseba, nach
dem man selbst zu wallfahrten pflegte, lag im äussersten Süden von Juda, man
musste also die Grenzen von Israel überschreiten (155^); es war daselbst nicht
Am 5 5 189 Am 5 lö
nur ein besonderer Kultus (8 4), sondern die Wallfahrt dorthin und das Opfer
daselbst erschienen offenbar besonders wirksam. Noch heute findet man dort
einige (nach Gautiek, Souvenir de Terre-Sainte S. 151 f., drei) wohlerhaltene
Cisternen. Über Wallfahrten an ferne Heiligtümer vgl. zu Jes 2 3 57 9''; über
Beerseba überhaupt s. von Gall Altisrael. Kultstätten 44 — 51.
5'* ist ein späterer Zusatz: das "'S giebt keinen Sinn im Zusammenhang, man kann
doch nach Gilgal wallfahrten, auch wenn es einst der Deportation verfällt; die Wortspiele
passen noch dazu wenig zu der ernsten Rede des Propheten, der auch andere Gründe hat,
um vom Besuche Gilgals und Bethels abzumahnen, und dann sollte ja ein ähnlicher Grund
für Beerseba genannt sein. Über solche Wortspiele vgl. zu Jes 10 27''-32. In v. 5^^'^ wird
mit dem Gleichklang zwischen nh^ rh^ und '^J^in und in v. o'^3 mit dem doppelten Gegen-
satz, in dem ]jx als „Götzentum" und als „Unheil" zu b^ stehen kann, gespielt. Wellii.
hat beides gut nachgeahmt, wenn er übersetzt: „denn Gilgal wird zum Galgen gehen und
Bethel wird des Teufels werden."
6 (mit Ausnahme von ^«"n^'n'p am Schluss) die zweite Strophe: Suchet
Jahwe — und lebt! Dass nicht ausbreche eine Flamme Ein Feuer im Hause
Josephs Und fresse, ohne dass einer löscht. Für t^^^?^ vh^, wozu man Jahwe
als Subjekt suppliert, ihn also mit Feuer verglichen sein, aber nachher das
Feuer selber fressen lässt („dass er nicht das Haus Josephs überfalle wie
Feuer und dieses um sich fresse") ist weder mit Geätz, Gunning: ^^^ n^^',
noch mit Wellh.: 2 ti^S vh^^, noch mit Nowack: ti^'^^2 n''^\ sondern mit Duhm
(Encycl. Bibl. III, 3799): t^^S ^nb thr^ zu lesen, das nicht nur graphisch dem
masor. Texte am nächsten kommt, sondern auch dem Metrum trefflich auf-
hilft. *"ipl'' n''5 ist Bezeichnung des ganzen ßeiches Ephraim geworden, da
Joseph der Hauptstamm desselben war, s. noch 5 15 6 6. Zu ^^"n''^^ s. die
Vorbemerkung S. 187; es ist der Rest der Einführungsformel für den mit v. 7
beginnenden neuen Abschnitt.
Über 7—13 s. unten nach v. 15.
14, die dritte Strophe: Suchet das Gute und nicht das Böse, Damit ihr
am Leben bleibt, Und Jahwe wird dann mit euch sein, Wie ihr jet%t wähnt.
Des Metrums wegen ist das den Späteren so beliebte (vgl. nur 4 13) T^^Z't 'h'?«
als Einschub zu betrachten, ti^l"! steht hier nun mit einem abstrakten Objekt
wie Jes 1 i7: tDöti^)^ W^^\ aus der strikten Parallele mit den Anfäno;en der
vorigen Strophen ersieht man, wie für Amos Jahwe und HltS zusammengehören
(s. die Vorbemerkung S. 188). Ebenso ergiebt sich daraus, wie aus der zweiten
Zeile V. i5, dass für Amos gut mehr heisst als „zweckmässig," „erspriesslich",
dass er einen viel höheren Begriff von demselben hat, ja wir dürfen, wenn wir
uns seiner Vorwürfe gegen die Nachbarn Israels erinnern Cap. If., sagen, dass
sich ihm mit dem Begriff „gut" etwas Unbedingtes, Absolutes verbindet.
Zu bs kann der für den Sinn aus dem Vorhergehenden leicht zu erschliessende
Jussiv fehlen, s. Ges.-Kautzsch27 § 152 g; der Jussiv ^T1 steht im Nachsatz zu
dem Imperativ, wie v. 4 und 6 der Impera. Vill. üri"]DS 1l^V*3, ihre Be-
hauptung, dass Jahwe mit ihnen sei, ist jetzt nur ein Wahn, vgl. zu 3 2 5 18,
wahr würde sie erst, wenn sie Jahwe und dem Guten nachjagten.
15, die vierte Strophe: Hasst das Böse und liebt das Gute Und schafft
dem Recht Geltung im Thor, Vielleicht wird Jahwe gnädig sein. Der Gott der
Am 5 15 190 Am 5 7
Heere dem Reste Josephs, bringt noch einmal mit anderer, durch v. I5^ß noch
zur Verdeutlichung erweiterter Wendung die eine Forderung und zugleich
auch die Exposition des an die Erfüllung der Forderung gebundenen Lebens.
Jjeben bedeutet Gnade Jahwes für den liest d. h. für das, was nach all den
Kalamitäten (4 6-ii 7 3 6) von Joseph noch übrig geblieben ist. Der Ausdruck
Rest Josephs steht nicht im Widerspruch mit dem Luxus der Grossen, die sich
auf Kosten der Armen bereichern, und mit der Vertrauensseligkeit der Politiker,
die bereits den Anbruch einer neuen Zeit zu sehen meinen. "h}^ zieht
nicht die Folge des dem Guten Nachjagens in Zweifel, sondern ist vom Pro-
pheten gesetzt, weil ihm die Erfüllung seiner Forderung hypothetisch ist.
Zu y^T}, Hiph. von ^?;, aufstellen, Geltung schaffen (einer Sache) vgl. das
Gegenteil T\^IT\ in v. 7. illS^^i \n'?S gehört wie v. 16 in einen anderen Stichos
als niiT. Der Beiname der Gott der Heere, abgekürzt bloss ni«5^ ('^J.'T)' ist in
seiner ursprünglichen Bedeutung nicht sicher erklärt; Schwallt (semit. Kriegs-
altertümer S. 5) denkt an: „Herr der Kriegsdämonen". Soviel empfiehlt sich
mindestens, darin ein kriegerisches Prädikat zu sehen. Zunächst dachte man
an die Heere Israels; Amos giebt dem Begriff einen andern Inhalt = Gott
aller Mächte, auch z. B. der assyrischen Heere, vgl. Maeti Gesch. der isr. Rel.4
139 f. Auf einen Zusammenhang mit dem in Jerusalem von David unter-
gebrachten niiT ]11« reflektiert Amos nicht, wie Meinhold (a. a. 0. 58 — 61)
vermutet.
Es ist nicht zu verkennen, dass die vier Strophen eine Klimax bilden, die eine
immer genauere Exposition des 7\\7]\ ti^l'^ und des T\\U. d. h. der beiden Seiten des Grund-
gedankens: ^^ni n;i,n^"niS! =iti^1^, giebt. Darum ist der Anstoss, den Yolz und Nowack an ]?to^
v. 14 nehmen, nicht berechtigt, es exponiert das einfache ) von vni. Ebenso ist die Ent-
fernung von V. 6*^ durch Löhr (v. 14 f. betrachtet er ebenfalls ganz mit Unrecht als Inter-
polation) nicht zu billigen; denn, wenn „der Gedanke an eine Abwendung der Katastrophe
völlig ausserhalb der Erwartung des Amos gelegen ist", so kann Amos nicht nur niemals
das Thema VT\) n)rt^_"nx ^t^ii behandelt haben, sondern es muss ihm auch die ganze Rede
4 4-12 mit dem Refrain: und doch kehrtet ihr nicht zu mir um abgesprochen werden. Es
ist eben ganz was anderes, jemand zu sagen, was zu seinem Frieden diente, als ihm, wo
man immer mehr die Erfahrung von seiner radikalen Verderbnis macht, eine herrliche
Zukunft in den prächtigsten Farben zu schildern und bestimmt in Aussicht zu stellen.
Letzteres hat Amos nie gethan.
10) Gegen die ungerechte Justiz und Bereicherung der Grossen in Israel
5 V-13 16 17.
Als fremde Bestandteile sind auszuscheiden v. 8 f. und v. 13 (s. die Erklärung); was
übrig bleibt, ist keine vollständige Rede, denn in v. 11 (s. dort) klafft eine Lücke. Auch
sonst kann man zweifeln, ob nicht vielleicht noch anderes fehlt. Nimmt man den Verlust
in V. 11 auf zwei Stichen an, so erhält man sechs Vierzeiler: v. 7 und 10; v. IP; v. ll'^;
V. 12; V. 16^; v. 16^ 17.
7, die zwei Anfangszeilen der ersten Strophe: Sie verkehren das Recht
in Wej'mut Und werfen die Gerechtigkeit %u Roden, Das determinierte Partizip
D^iDDiin hat die Kraft eines Ausrufs und wird wie oft (z. B. 2 7) mit dem Verbum
finitum fortgesetzt, vgl. Ges.-Kautzsch^^ §126b; wegen der Fortsetzung mit
der 2. Pers. in v. ii hat der Ausruf die Bedeutung eines Anrufs, vielleicht ist
sogar mit G. A. Smith ein ^IH einzufügen wie v. is 6 i: Weh euch, die ihr das
Recht in Wermut verkehret etc. Die Justiz sollte wohlthuende Arznei für alle
Am 5 7 191 Am 5 10
Scliäden bringen wie einst im letzten Gericht (Mal y) 20), hier bietet sie Gift,
verkehrt das Recht in bitteres Unrecht /// \V(trmut mv'?, nach Tkistkam (The
Natural History of the Hil)h3 493) eine der verschiedenen Species von Arteniisia,
die alle wegen ihres bitteren Geschmackes wohlbekitnnt sind. Wie hier steht
Werrnul häutig als Bild für Bitteres und Hchädliches, vgl. G vi Dtn 29 ih Thr
3 15 19 Jer 9 1 6 23 15 rrv5 4 Apk JohB 11 (a'j;tvi'>o;); an der Richtigkeit des Textes
ist daher nicht zu zweifeln, LXX sucht durch gewaltsame x^ndei'ungen v. 7 in
notdürftigen Einklang mit v. 6 und v. 8 zu bringen. Zu |^")«b H'^in zu Boden
werben vgl. das Gegenteil :i"'?n v. 15.
Dass 8 f. den Zusammenhang stören, ist allgemein anerkannt, fast ebenso allgemein,
dass sie eine Glosse zu Jahwe in v. 6 sind, die eine Reihe von Epitheta zu einer Doxo-
losie zusammenstellt. Ähnlich wie 4 13 fehlt auch hier nicht die übliche Marke solcher
Interpolationen: 1ö^ n]in^., s. zu 4 13 und vgl. K. J. Grimm Liturg. Appendixes in the O.T.
(1901) S. 77f. 8 preist die Wundermacht Gottes in der Natur: Er ist's, der die
Plejaden (nach Stern und Hoffmann ZATW 1883, 107: den Sirius) und den Orio7i schuf,
vgl. diese beiden Namen auch nebeneinander Hi 9 9 38 31 ; Und die Finsternis in den
Morgen vericandelt. nio^^ ist wohl nicht, wie Jes 9 1 nach Nöldeke angenommen ist, ein
Compositum, sondern wie ni?DDn (s. zu Prv 1 20) und ni'p^in (s. zu Koh 1 17) eine Abstrakt-
form (1. niö^^) mit der Plural-Endung ni, entspricht also dem arab. zulamät und bedeutet
wie das lat. tenebrae einfach Finsternis. Und den Tag ivieder zur Nacht verfinstert.
Der die Wasser des Meeres herbeiruft, die also seiner Stimme gehorchen, vgl. Jes 48 13
Hi 38^4, Und sie ausschüttet auf die Oberfläche der Erde; es handelt sich hier nicht um
verheerende Überschwemmungen, auch nicht um das Steigen des Nils, den man nach
Jes 19 5 in D^^ hat sehen wollen; sondern, wie v. S^ Gott den Urheber des regelmässigen
Wechsels von Tag und Nacht nennt, ist hier an den Wechsel der Jahreszeiten gedacht:
Gott spendet der Erde zur rechten Zeit den fruchtbringenden Regen. Zu den Vorstellungen
über die Entstehung des Regens vgl. Jes 55 10 Hi 38 34-38 36 27-30. Das Imperf. mit 1
consec. D?öti^*l setzt gerade wie das Perf. X^m das vorangehende Partie, fort; letzteres be-
herrscht die ihm angelehnten Verba finita, die daher den Sinn eines griechischen Aoristus
erhalten: er hat es bis jetzt gethan, woraus zu folgern ist: er thut es immer; vgl. auch
Ges.-Kautzsch27 § 111 u. Zu 1ö^' nj,T_ s. Vorbem. zu v. 8f.; vgl. noch die Wieder-
holung von V. 8^ in 9 6. 9 erinnert an das Walten Gottes in der Geschichte, vgl.
Gott in Natur und Geschichte Jes 40 20-24. Der hebräische Text ist verderbt; nach LXX
& öiaipü)V auvxpifJLixöv ItzX loyß^ , xal TaXaiTTwptav eiri 6^upoj[xa lizä.^fst^ hat man für das
eine 1t2^ vielmehr nn^ und für «in; das Hiph. «"»n; zu lesen, weiter deutet ihr öiatpÄv = :i>>5ö
darauf, dass sie noch ein ö und nicht n als dritten Buchstaben der Zeile las. Darnach ist
etwa als ursprünglicher Text zu vermuten: «^n; n^nD-'py 11^1 ])l'bv ItJ^ b^£^n Er isfs, der
Zerstörung über Bürgert hereinbrechen lässt Und Ruin über feste Flätze herbeiführt. Zu
hv 'p^ön vgl. Jer 15 8; eventuell ist mit Ookt zu lesen: «^bööH = der wunderbare Zerstörung
bringt über die Burgen, vgl. Dtn 28 59. Zu nli^ neben nn^ vgl. Jes 51 19 59 7 60 18 Jer 48 3
und zu der Pausalform ty von \'V vgl. Gen 49 3 und Ges.-Kautszch27 § 29 u. Grössere
Änderungen erfordert die Emendation von Elhorst: )V'bv n^ 'j'^^ön der den Niedrigen er-
höht über den Starken, und n^ und tj?^ sind keine guten Gegensätze. Noch weniger empfiehlt
sich der Vorschlag vonHoFFMANN: „Der da aufgehen lässt (= J'^!lön in der unerweislichen
Bedeutung: aufblitzen lassen) den Taurus (1. ntJ^) nach der Capella (1. tr) und den Taurus
nach dem Vindemiator (1. "i^^^) untergehen lässt" («"^n;), da, wie Wellh. hervorhebt, diese
Aussage doch nach v. 8 nicht paradox genug, auch an dem Aufgang und Untergang dieser
Sterne in verschiedenen Monaten nichts Merkwürdiges ist und die griechischen Übersetzer
sowenig wie die Punktatoren hier Sternnamen erkannt haben.
10, Fortsetzung von v. 7, Schluss der ersten Strophe: Sie hassen im Thor
(1. i. im Gericht, weil dasselbe auf dem Thorplatz gehalten wird, den, der
Am 5 10 192 Am 5 12
Beweise erbringt. Und verabscheuen den Fürsprech des Schuldlosen, n^'DlD ist
einer, der seine Anklage mit Beweisen rechtfertigt und dem Gegner das Un-
recht aufdeckt; D^pri in'l ist der Sprecher, der Anwalt des Unschuldigen. Die
beiden Zeilen sind die beste i^'ortsetzung und Exposition von v. 7 : Das Recht
ist diesen Richtern Nebensache, darum sind ihnen klare Beweise des Anklägers
oder des Verteidigers verhasst.
ir^* (bis ^il2p), der Rest (zwei Zeilen) der zweiten Strophe: Darum weil
ihr den Geringen mit Füssen tretet Und Kornabgaben von ihm erhebl. Was
folgt, ist nicht unmittelbare Portsetzung: Bau von Quadersteinhäusern und
Vertreibung aus denselben schliessen nach Inhalt und Form sehr hart an y. ii^*
an; darum ist der Ausfall von zwei Zeilen zu vermuten, die den Übergang zu
Y. w"^^ herstellten. Wie die Zusammenfassung in y. ii^* zeigt, ist die Sünde der
Israeliten die Bedrückung und Ausbeutung der armen Fellachen, die der vor-
nehmen Herrschaft grosse Teile des geernteten Kornes (15) als Abgabe (n«'^??,
stat. constr. von HJSli^D) abzuliefern hatten; ein Symptom davon ist die unge-
rechte Rechtspflege, die y. 7 und y. lo hervorhoben. Für D?p^'D lies mit Wellh.
DDp12 (nicht: D^DIS), s. Ges.-Kautzsch2 7 § 61e; ähnliche Fälle der Beibehal-
tung des zu korrigierenden ^ neben der Korrektur D sind D'^D^^Di Neh 7 52 und
^DÜ^Dj; Neh 11 13, s. zu Esr 2 oo (zum Text).
Il^i^^, die dritte Strophe: Häuser aus Quadersteinen habt ihr gebaut,
Aber ihr werdet nicht darin wohnen; Reizende Weinberge habt ihr angelegt.
Aber den Wein daraus bekommt ihr nicht zu trinken. Die Erpressung gab
den Grossen die Mittel, an Stelle der gewöhnlichen Lehmhäuser schöne feste
Häuser aus Quadersteinen zu bauen (vgl. auch Jes 9 9) ; Steinbauten scheinen
eine Neuerung jener Zeit gewesen zu sein, doch soll ihnen der Luxus der neuen
Kultur nichts nützen, sowenig als die Anlage von reizenden Weinbergen (s. zu
Jes 27 2). Ahnliche Drohungen s. Dtn 28 30 Mch 6 15 Zph 1 13 und vgl. dazu
Am 9 14 Jes 65 21.
12, die vierte Strophe, giebt nochmals die Rechtfertigung des eben ge-
fällten Urteils: Denn ich weiss, wie viel eure Frevel Und wie zahlreich eure
Sünden sind (1. mit Wellh. D5^Stpn wegen des maskulinen D'^DI^i^, vgl. Jes 1 18),
Ihr vergewaltigt den Gerechten, nehmt Bestechung an. Und weist die A?ynen
ab im Gericht. Die beiden Sätze: ü^W^ Q'?*l und DD"^«!^!! ü^r^TJ sind das Ob-
jekt von "'nyn^^; freier schliessen sich daran die Partizipien in y. 12^ mit ihrer
Fortsetzung im Verbum finitum: sie bilden einen Ausruf wie v. 7 (s. dort), ob
wir ihn als direkte Anrede fassen oder nicht. ^IDä ist das Lösegeld, das
unter Umständen an Stelle der Todesstrafe auferlegt werden kann, s. Ex 21 30.
Es giebt aber Fälle, wo ein "IDä nicht angenommen werden darf Num 35 31;
das hindert jedoch die käuflichen Richter nicht, von einem reichen Mörder
„Lösegeld" anzunehmen, also durch Geld sich zur Umgehung der gesetz-
lichen Strafe bestechen zu lassen. Mit diesem gefälligen Verfahren gegen die
Reichen stimmt das Verhalten dem Armen gegenüber, der mit seiner Klage
abgewiesen wird (Htsn = abweisen, wegstossen, sodass er nicht Recht erhält,
vgl. Jes 10 2 Ps 27 9); das leitende Motiv ist immer dasselbe: die Habsucht.
Vgl. zur Sache auch 2 6 f. 3 9 f.
Am 5 13 193 Am 5 17
13 Darum wer m jener Zeit Jdur/ ist, vnrd schweigen; denn es wird böse Zeit sein.
Dieser Vers trägt alle Zeichen einer Interpolation an sich. Mit jD^ beginnt sonst Amos
die Ankündigung der Strafe (vgl. z. B. v. 11 16 )5 11 6 7), hier dagegen leitet es eine sehr
beiläufige Bemerkung ein, die sich noch dazu im Munde des l*ropheten Amos sehr wenig
empfehlen dürfte, abgesehen davon, dass die nachträgliche Begründung: „es ist böse Zeit"
nach den vorausgegangenen Schilderungen ausserordentlich matt und überflüssig ist. l^enn
Amos selber hat sich ja nicht weise gezeigt, er ist nicht bei seiner Herde geblieben, sondern
hat laut in Bethel seine Stimme erhoben. Er ist mit nichten ein Befürworter der neuer-
dings aufgekommenen Variation: „Wer die Wahrheit kennet und saget sie kühn, der ist
fürwahr doch noch fürchterlich grün." Aber der ganze Vers fasst nicht die Gegenwart ins
Auge, die Arnos v. 12 schildert, sondern jene Zeit d. h. die Zeit des Gerichts, auf welche
derinterpolator nicht nur die Drohungen des Propheten, sondern auch seine Schilderungen
der Gegenwart deutete, weshalb auch «\"i nyn nv "'S futurisch zu fassen ist, vgl. Mch 2 3.
Die beliebte Übersetzung „in solcher Zeit" ist eine unberechtigte Abschwächung, die
Sach 8 6 9 10 (s. dort) in keiner Weise befürworten. Die Bemerkung passt daher viel-
mehr in den Mund eines späteren Lesers, der Zeiten erlebte, wo die Abtrünnigen das
grosse Wort führten und die Frommen schweigen mussten, und der in diesen Nöten die
Wehen der messianischen Zeit erblickte. Man denke an die Zeiten Maleachis (vgl. z. B.
Mal 3 13-21) und Tritojesajas (z. B. Jes 57 1 63 18) oder der syrischen Verfolgung. In
alter Zeit war man überhaupt noch nicht so klug, wie denn das Verbum ^^3^n erst in
späterer Zeit ein Lieblingswort der Juden geworden ist. Der Vers ist somit nicht „nur
eine beiläufige Bemerkung" (Wellh.), sondern eine offenbare Glosse.
< Über 14 15 s. oben nach v. 6.
16% die fünfte Strophe, schliesst mit ]?b, das nicht das ]2h von v. 13,
sondern von v. ii wieder aufnimmt, gut an y. 12 an; der Grösse der Sünde ent-
spricht die Gewalt des Gerichtes: Damm so spricht Jahwe Der Gott der Heere,
der Herr: Auf allen Plät%en [ertönt) Klage Und auf allen Gassen ruft man:
weh, iveh! Es ist ein nationales Unglück, das Israel betrifft, darum auch eine
nationale Trauer auf allen Strassen und öffentlichen Plätzen, vgl. Jes 15 3.
irrin ist offenbar der übliche Laut der Klage, vgl. das ?/ hü, ü hü im modernen
syrischen Dialekt von Urmia (Socin) und unser oh, oh! Im Hebräischen ist
sonst Mn das gewöhnliche, vgl. Jer 22 18.
16'^ 17, die sechste Strophe: Man ruft den Feldarb euer zur Trauer
herbei Und %ur Klage die Totenliedkundigen. Und in allen Weinbergen (er-
tönt) Klage, Wenn ich durch deine Mitte ziehe. Für 'h^ n?Dp^ ist zu lesen 'b^\
nöpö. Bei dem allgemeinen Unglück werden alle zur Klage gerufen: der
Ackersmann, der draussen das Feld bestellt, wie der, der ein Totenkläger von
Profession ist, also solche, die der Totenklage kundig, wie die, die derselben
unkundig sind. Sonst sind es Klageweiber, von denen wir hören, ni^ripD und
niD^n Jer 9 16; aber auch die Höllenfahrt der Istar spricht von Klagemännern
neben den Klageweibern und Mt 9 23, wie Josephus bell. jud. III 9, 5 kennt
aoXTjxai bei der Totenklage. 17 Selbst da, wo sonst Jubel und Freude
herrschen, ist dann Trauer eingekehrt und kann die Totenklage nicht ver-
stummen. Die Weinlese war sonst die fröhlichste Zeit des Jahres, vgl. Jdc 9 27,
aber dann kann auch dort keine Freude mehr aufkommen, vgl. Jes 16 10.
Kurz und schlagend giebt die letzte Zeile an, wer das schreckliche Unglück
über Israel bringt: Jahwe ist es, der wie einst unter die Ägypter, jetzt unter
das eigene Volk fährt und als ein Zerstörer mitten durch dasselbe zieht, vgl.
Kurzer HC zum AT XIIT l-^
Am 5 17 194 Am 5 18
zu S "\2V Ex 12 12. Die abschliessende Formel nin*^ "löS steht ausserhalb
des strophischen Schemas, s. zu 1 3.
11) Der Tag Jahwes, ein Tag des Unglücks für die Israeliten trotz ihrem
eifrigen Kultns 5 i8-^y.
Die Rede beginnt mit einem Wehe Oin), wie die folgende 6 1 und vielleiclit auch
die vorhergehende (s. zu 5 7). Sie richtet sich gegen die Illusion, die im Vertrauen auf
die Jahwe mit Eifer gefeierten Feste nur eine licht- und glanzvolle Zukunft vor sich sieht.
Man erkennt aus der wiederholten Behandlung dieses Themas (s. 3 1 2 5 4 ff.), wie tief dieser
Wahn bei den Israeliten sass, aber auch, wie fest der Prophet von Jahwes Forderung
überzeugt war: Nicht Kultus, sondern Recht und Gerechtigkeit. Dies verdient besonders
hervorgehoben zu werden, w^eil unser Abschnitt die erste jener Prophetenstellen ist, welche
den Kultus verwerfen, vgl. Hos 6 6 Jes 1 10-17 Mch 6 6-8 Jer 7 21 f. Der Text ist
auch in diesem Stücke nicht ganz intakt überliefert, doch lassen sich die vier ersten Tetra-
sticha mit Sicherheit noch feststellen; dagegen erscheint die fünfte Strophe (v. 25) un-
vollständig und der Schluss überhaupt durch Zusätze erweitert, s. die Erklärung.
Die erste Strophe 18 4- 20'^* Weh deiien^ die sich den Tag Jahwes herbei-
wünschen! Wozu denn (hilft) euch der Tag Jahwes? Er ist Finsteimis und
nicht Licht Und Dunkel und ohne Glan%. Die Heraufnahme von v. 20^ empfiehlt
sich von selbst: sie vervollständigt aufs beste die Strophe v. 18 und entfernt die
Störung des Zusammenhangs, der doch v. 20 unmittelbar nach v. I8 verlangt.
Natürlich ist v. 20^ nichts anderes als eine Glosse mit einer Variante zu v. 3 8''^,
die bei ihrer Versetzung in den laufenden Text auch die vierte Zeile v. 20^ an
den unrichtigen Platz mitgezogen hat. Die kategorische Fassung '^"7^ "^I^n'S'in
IIS Y. 18 ist kräftiger und daher der rhetorischen Frage U1 ^^'St v. 20 vorzuziehen.
MH ist auch bei Jesaja beliebt als Einführung einer Gerichtsandrohung, vgl.
Jes 5 8 11 18 20 21 22. Der Tag Jahives^ der hier zum erstenmal erscheint,
ist ein Ausdruck, den nicht erst der Prophet Amos geprägt hat. Er ist dem
Volke wohlbekannt, hat aber durch Amos einen anderen Inhalt bekommen und
von da an in der Religionsgeschichte eine wichtige Bedeutung behalten. Nach
der Auffassung des Volkes war der Tag Jahwes ein Sieges- und Freudentag
Israels, ein Tag, da Jahwe zu Gunsten seines Volkes einschreitet, etwa wie
einst in Ägypten (vgl. die Anspielung in v. 17) oder wie bei den Siegen über die
Kanaaniter oder den grossen Schlachttagen, da David die Feinde zer-
schmetterte. Einen solchen Tag des Heils erwarten die Israeliten von der Zu-
kunft; diese Hoffnung beruht bei ihnen auf dem Glauben, dass Jahwes Macht
siegt und Jahwe nur auf ihrer Seite stehen kann, weil sie es ja an seinem Kultus
nicht fehlen lassen. Auch für den Propheten ist der Tag Jahwes ein Sieg
Jahwes; aber Jahwe, den der Prophet weit besser kennt, siegt, wenn er das
Gericht vollstreckt an seinem Volke, das sich gegen seine Grundforderungen
von Recht und Sittlichkeit vergangen hat und von diesen nichts wissen will.
Weil das Wesen der Religion bei den Propheten Übung der Sittlichkeit ist,
hat der Tag Jahwes bei ihnen einen ganz anderen Inhalt als in der Auffassung
des Volkes, das im Kultus seine religiösen Pflichten erfüllt glaubt. Vgl. hiezu
weiter meine Gesch. der Israelit. Rel.^ S 40 S. 180—186. Zu DD^ nrnöb
O VT ••■ T T
7V\7\\ DV = warum denn liegt euch so sehr am Tage Jahtves? vgl. Gen 27 46.
Licht und Finsternis sind sehr häufig gebrauchte Bilder für Glück und Un-
glück; vgl. auch Jo 2 2 4 14.
Am 5 19 195 Am 5 23
Die zweite Stroplie 19 hobt liervor, wie unmöglich es ist, dem Unglück
am Tage Jahwes zu entrinnen: Wie v)enn einer vor einem Löwen sich ßücfUel
Und es fällt ihn ein Bär an Oder er Iritt ins Haus und lehnt seine Hand an
die Wand Und es beisst ihn eine Schlange. ^^^^ leitet einen Nominalsatz ein
und hat den Sinn: Es geht euch gerade wie wenn etc. Zu der Determination
von ''INH, y^T\ und tt^niH vgl. Ges.-Kautzsch^? § 126 r. Nach sprichwörtlichen
Redensarten (vgl. A. Socin, Arab. Sprichw. u. Redensarten. Progr. der Uni-
versität Tübingen 1878. No. 148: Er floh vor dem Bären, da fiel er in die Oi-
sterne) schildert der Prophet, wie das Verderben am Tage Jahwes jeden ereilt,
auch den, der der ersten, ja selbst der zweiten Gefahr entronnen und in seinem
Hause sicher geborgen zu sein meint. Der Vers ist nicht als eine Reihe
zu fassen, sondern besagt, dass wer auch der ersten Gefahr entrinnt, in der
zweiten umkommt oder falls er auch aus dieser sich retten kann, sicher in der
dritten fällt.
20 a ist Glosse zu v. is^P; s. hierüber wie über y. 20^ zu v. 18.
In der dritten Strophe 21 22 spricht Jahwe selber das Urteil über den
Kultus, auf den die Israeliten sich verlassen, und zeigt so die ganze Haltlosig-
keit ihres Wahnes in eindrücklichster Weise: Ich hasse ^ ja verabscheue eure
Feste Und mag an eure Feiertage nicht riechen Und eure Opfergaben begehre
ich' nicht Und das Opfermahl von euren Mastkälbern sehe ich nicht an. ''S
m^V "^^"^'^JlP'Öi:^ V. 22** sticht sehr von seiner Umgebung ab: ni'pj; hat kein Suffix
und der ganze Vordersatz keinen Nachsatz; auch versteht sich das Darbringen
von selber. Am besten schaltet man dieses Sätzchen mit Dühm aus; es wird
die Glosse eines weisen Lesers sein, dem in einer Aufzählung von Opfern die
r!\h)i nicht fehlen durften. Zu dieser Verwerfung der Opfer vgl. den ähn-
lich lautenden Abschnitt Jes 1 11-u. Die Klimax ich hasse , ja verabscheue
zeigt den erregten Ernst des Propheten. HH nennt man das Fest, weil es mit
Umzügen und Tanz gefeiert wird; T\y^t hat hier noch den allgemeineren Sinn
von Festversammlung, Festfeier überhaupt, wie Jes 1 13 (s. dort). Zu
? D'^^n vgl. Lev 26 31 Jes 11 3. 22 HHi)?, später term. techn. für vege-
tabilisches Opfer, ist der allgemeinste Ausdruck für jedes Opfer = Gabe, s.
Jes 1 13. D^l^, das nur hier im Sing, gebraucht ist, bedeutet das mit einem
Opfermahl verbundene Schlachtopfer, vgl. zu Ex 20 24 ; die D'^i;^*'"!» Mastkälber
sind auch Jes 1 11 beim Opfer erwähnt.
Die vierte Strophe 23 24: Ebenso verhasst ist Jahwe der die Opferfeste
begleitende Lärm der Musik und Gesänge; was er fordert, ist Recht und Ge-
rechtigkeit. 23 Fort von mir mit dem Lärm eurer Lieder Und das Spiel
eurer Harfen mag ich nicht hören. Nach y. 21 f. 1. DD'^T^ und Q^^^l?! Es fehlte
also ganz natürlich beim Opferfeste nicht an Sang und Klang, an Lied und
Spiel, vgl. auch 8 10 Ex 32 6 17-19. Dass diese Musik ganz anderer Art war als
die spätere Tempelmusik und keine geistlichen Lieder wie die Psalmen ge-
sungen wurden, ist von selbst klar und ergiebt sich auch aus unserer Stelle;
die antike Religion hatte einen heiteren Charakter, einen anderen, als den, den
wir aus der Chronik für die Gemeinde des zweiten Tempels kennen lernen, vgl.
Smtth-Stübe Rel. der Sem. 200 — 202 und meine Gesch. der isr. Rel.^ 105 231.
ja* ,
Am 6 23 196 Am 5 26
'>'?;;p wörtlich: von auf mir = weil es mir lästig ist, vgl. Jes l u. 'piji, viell.
das ägypt. nefer Erman Ägypten 343, ist ein Saiteninstrument, wahrscheinlich
die Ilarfe^ vgl. Benzinger Archäol. 275 f. 24 Es ßute vielmehr wie Wasser
das Recht daher Und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach! Das \ bindet
diese Forderung (^^l ist als Jussiv Niph. von ^bj zu fassen) an die von v. 23,
nach dem Inhalt hat es den Sinn des Gegensatzes = vielmehr^ aber. Damit
ist auch die Fassung abgewiesen, die gegen den sonstigen G ebrauch von tDöC^I?
und nj^n^i in der Bedeutung von Recht und Gerechtigkeit, die die Israeliten
üben sollen (vgl. 5 7 15 6 12), darunter das Gericht und die strafende Gerechtig-
keit, die Jahwe vollstrecken werde, verstehen will. Der Sinn ist offenbar der:
Ununterbrochen, wie sich die Fluten eines ]iT^ ^HJ d. h. eines niemals, auch
im Sommer nicht versiegenden Baches mit derselben Stetigkeit daherwälzen,
soll in Israel Recht und Gerechtigkeit geübt werden; ganz ebenso schliesst
auch Jes 1 lef. seine parallele Rede gegen den Opferkult ab, vgl. auch noch
Jes 48 18.
In 25 ist noch der Anfang einer fünften Strophe erhalten: Habt ihr
mir denn Schlachtopfer gebracht In der Wüste, ihr Israeliten? Durch den
Singular verrät sich nn^jp^i als eingeschoben und zwar zu dem gleichen Zwecke,
wie V. 22^=' in den Text geraten ist (s. zu v. 22). Für den Interpolator durfte
neben dem Schlachtopfer das Speisopfer, was für ihn nnil? bedeutet, nicht
fehlen. Ebenso scheint das gelehrte, hier unnötige HJ^ Q^^y^l^ ^^st nachträg-
lich w^ie der ganze Vers 2 10 in den Text geraten, obwohl Amos die Tradition
von dem vierzigjährigen Aufenthalt in der Wüste schon gekannt haben mag;
denn es kann hier nur stören, wenn die opferlose Verehrung Jahwes genau
auf vierzig Jahre eingeschränkt wird. Die rhetorische Frage hebt es stark als
allgemein zugestandene Thatsache hervor, dass die Israeliten vor dem Eintritt
in das Kulturland Kanaan Jahwe nicht zu opfern pflegten; denn die Antwort
kann nur lauten : Nein! Opfer (darauf liegt der Nachdruck, nicht etwa auf
"h'^ darum steht auch Q'^H^I mit der Fragepartikel voran) habt ihr mir nicht ge-
bracht. Dazu ist nach dem ganzen Tenor der Rede zu ergänzen: und doch war
jene Zeit des Aufenthalts in der Wüste die goldene Zeit eines ungetrübten
Verhältnisses zwischen Jahwe und seinem Volke. Vgl. zu diesem Urteil der
Propheten Jer 2 2, sowie auch Jes 2 7. Der Vers, der die alte Beduinenreligion
Israels durch die Bauernreligion des Kulturlandes verdorben erklärt, ist von
grösster Wichtigkeit für die Geschichte der israelitischen Religion, aber auch
für die Frage nach der Entstehungszeit des Priesterkodex,- der gerade die
Kultusgesetzgebung auf Mose und den Sinai zurückführt; von einem solchen
Gesetzbuch kann Amos keine Ahnung gehabt haben, wie auch Jeremia noch
nichts davon weiss, vgl. Jer 7 21 f.
Über 26 gehen die Ansichten weit auseinander. Die Schwierigkeit liegt haupt-
sächlich in der Fassung von ont^b^il; denn es fragt sich, ob es als Fortsetzung von Dri^^T
v. 25 präterital oder wie ''H^'^f^T v. 27 futurisch zu verstehen ist. Die Befürworter der
präteritalen Bedeutung bleiben nun aber nicht bei der geraden Fortsetzung als Weiter-
führung der Frage von v. 25 stehen: Und habt ihr getragen etc., was besagen würde, dass
die Israeliten in vorkanaan'äischer Zeit nicht wie jetzt Götzendienst getrieben hätten;
sondern sie nehmen eine Fortsetzung gegensätzlicher Art an: vielmehr habt ihr getragen etc.
Am 5 26 197
.m o 2i
und finden darin die Aussap^e, dass die Israeliten in der Wüste dem Götzendienst gehuldigt
haben (so Hrrzia u. a.). Eine solche Konstruktion ist höchst fraglich, es wäre dann doch
ratsamer, mit Buddk (Rel. des V. Isr. bis zur Verbannung (52 7J) für Dn^ti'i^ gerade 'i t^hr\
habt ihr nicht getragen zu lesen. Aber in unseren Zusammenhang passt eine solche Aus-
sage in keiner Weise. Denn wenn man am Ende noch mit falscher Betonung des ^b statt
D'nnj in v. 25 eine Verbindung von v. 26 mit v. 25 konstruieren könnte: Die Opfer in der
Wüste galten nicht mir, sondern andern Göttern, wie sollte ein solcher Gedanke einen
Platz in der Rede finden, die die Nutzlosigkeit des Jahwe dargebrachten Kultus beweist?
Übrigens tragen die genannten Gottheiten babylonisch-assyrische Namen; wie sollten in
alter Zeit diese Götter bei einem Nomadenvolk Aufnahme gefunden haben? Wenn die
Tell-el-Amarnabriefe ein Bit-Ninib (Ninib = Saturn = Kewan) im Gebiete von Jerusalem
nennen, so ist das im Kulturlande Kanaan viel eher verständlich. Ebensowenig be-
friedigt die von Ewald, Schrader, Orelli, Driver, Oettli u. a. vertretene futurische Fas-
sung: So werdet ihr denn davontragen etc. Gemeint soll damit sein, dass die Israeliten die
von ihnen jetzt verehrten Götter bald mit sich ins Exil nehmen werden. Aber sonst
werden die Götter der Besiegten von den Siegern selber als Trophäen weggeführt Hos 10 5
Jes 46 2 Jer 48 7 49 3 (s. Hitzig, Wellh.), sonderbarer Weise hätten hier noch die Be-
siegten und die Sieger (Assyrer s. zu v. 27) dieselben Götter, und endlich wirft Amos seinen
Zeitgenossen niemals Götzendienst, sondern nur übertriebenen Jahwekultus vor; wenn sie
jedoch wirklich auch Götzendiener gewesen wären, dann wäre doch dies das schlagendste
Argument gegen ihre Hoffnung auf den Tag Jahwes gewesen und hätte nicht nur so
nebenbei Erwähnung gefunden (s. Steiner, Wellh., Nowack). Da also v. 26 nach
keifier Deutung in den ursprünglichen Zusammenhang passt, ist er mit Wellh., Cheyne,
Nowack, Löhr, Meinhold als Einschub zu betrachten, und zwar wird darin eine Anspielung
auf die späteren Bewohner Nordisraels zu sehen sein, die nach der Deportation der Israeliten
und der Ansiedlung fremder Völkerschaften Jahwe und assyrisch-babylonische Gottheiten
(darunter einen ni3D) verehrten, vgl. II Reg 17 28-34. Der Interpolator wollte mit v. 26
wirklich die gerade Fortsetzung von v. 25 als Frage geben: Haben die Israeliten in der
Wüste auch gleichzeitig Jahwe und den Götzen geopfert? «'^i ist vom ümhertragen in
der Prozession zu verstehen, s. Jer 10 5; vgl. die assyr. Abbildung einer solchen Prozession
bei Friedr. Delitzsch Babel und Bibel S. 20. ni3D und l^D sind nicht Appellativa
= Schrein und Gestell, sondern wirkliche Götternamen; auch die Masora fasst sie als solche,
denn sie vokalisiert sie mit den Vokalen von yip^ = Götze , wie sie andere Namen durch
die Vokale von n^2 Schande verunstaltete (z. B. "^j^ta s. zu Jes 30 33). n^Sp und ]y^ (so wird
zu punktieren sein) sind assyrisch-babylonische Götternamen, das erste : Sakkut (vgl. auch
II Reg 17 30 min niDD) ist Beiname des Gottes Ninib(?)- Saturn, das zweite: Kevan ist
Kaivänu (LXX hat Taicpav, aus Katcpav verdorben), der Gott Saturn ; Sakkut und Kaivänu
erscheinen nebeneinander wie hier in assyrischem Texte, vgl. Zimmern Beiträge zur Kenntnis
der Babyl. Relig. S. 10, s. auch Encycl. Bibl. Artikel Chiun. Auf eine Gestirngottheit weist
auch DD\n^x n?13 der Stern eures Gottes hin , das in LXX richtiger bei ]]''^ steht. Wahr-
scheinlich ist aber mit Wellh. D^N^'b« unmittelbar nach 1^5, entsprechend D?3^ö nach n^2p,
zu setzen und 3312 als Glosse zu ];^3, vielleicht auch Dp*"»^^* als Glosse zu D?'n'^i< (doch
kommt nach Zimmern Sahnu als Name des Kewän vor, KAT3 475), zu entfernen, also ur-
sprünglich zu lesen: und habt ihr zugleich euren König Sakkut (euren Sakkut-jnelek, vgl.
Adar-melek II Reg 17 31) U7id euren Gott Keivan, die ihr euch gemacht habt, in Prozession
umhergetragen? Vgl. zu v. 26 Schrader StK 1874, 324—332; KAT2 442; KATs 409f.;
Cheyne Expositor, Jan. 1897, 42—44; Winckler Mitteil, der Vorderasiat. Gesellsch.
1901, 316.
27 enthält wahrscheinlich ein echtes Stück des Propheten, zwei Zeilen:
Und ich werde euch ve? bannen weit hinter Damaskus^ Sagt Jahwe der Gott
der Heere. 1^^ ist eine gedankenlose Beifügung eines Schreibers, der die
Formel von 4 13 5 8 9 6 vor sich zu haben meinte. Die beiden Zeilen bilden
kaum die unmittelbare Fortsetzung von v. 25, jedenfalls müsste man mindestens
Am 5 27 198 Am 6 1
Ausfall eines ]2b nach Ü^h (falls man nicht dieses aus ]5b verschrieben ansehen
will) und Änderung der Konstruktion nach Einfügung der Glosse v. 26 an-
nehmen und als ursprünglichen Text vermuten: D?'??^ 15^ Darum verbanne ich
euch etc. Zur Not könnte Arnos mit diesem kurzen schlagenden Worte seine
Rede abgeschlossen haben: Ganz anders war's früher, darum weg mit euch ins
Exil! Aber daneben bleibt die Wahrscheinlichkeit, dass etwa vier Zeilen
(Schluss der Strophe v. 25 und Anfang der Strophe v. 26) ausgefallen seien und
dass die sechste Strophe mit ]Db l)egann, woran sich dann "'n^jn'j ohne Schwierig-
keit anfüo;te. p)^1Tb T[^h7\'Ci weit hinter Damaskus , wörtlich: „in eine
Gegend (]P partitiv) weiterhin als Damaskus, über Damaskus hinaus", ist trotz
der für eine Weissagung natürlichen Unbestimmtheit bestimmt genug, um die
Hörer verstehen zu lassen, dass die Assyrer die Vollstrecker des Gerichts sein
werden. Genaueres über den Ort, wo die deportierten Israeliten nachher von
den Assyrern w^irklich angesiedelt würden, kann man der Stelle nicht ent-
nehmen. Vgl. über „den Verbleib der zehn Stämme Israels" H. Winckler
alttest. Untersuch. 108—110.
12) Wehe den sorglosen Schlemmern! Der böse Tag ist nahe 6 i-r.
Der Abschnitt bildet das genaue Seitenstück zu dem vorigen, es beginnt wie 5 18-27
mit '•in und schliesst mit der Drohung der Deportation. Dort wünschen die Israeliten den
Tag Jahwes herbei, den sie sich in ihrem blinden Wahne in den glänzendsten Farben aus-
malen; hier leben sie herrlich und in Freuden und merken in ihrem Leichtsinne den Ernst
der Zeiten nicht, hören nicht, welche Stunde geschlagen hat, der böse Tag ist ja nach
ihrem Wähnen in weitester Ferne. Auch in diesem Abschnitt hat der Text gelitten
durch das Eindringen fremder Bestandteile, s. zu v. 1 2 6 und die Verderbnis am Ende s.
zu V. 7; als ursprünglicher Bestand sind vier Tetrastiche zu erkennen.
Die erste Strophe 1 (teilweise) 3: Wehe den Sorglosen auf dem Berge
Samariens^ Den Ausgezeichnetsten des ersten der Völker, Die den bösen Tag
in weiter Ferne wähnen. Und ihr schafft doch Frevel und Gewaltthat herbei.
Die Erwähnung von ]1*^ ist hier ganz ungehörig; es ist weder eine beiläufige
Bemerkung, mit der Arnos in seiner Strafrede gegen die Grossen von Samarien
auch seine Heimat streifen will, noch eine Korrektur, sondern samt dem voran-
gehenden D*>i5«^n und dem folgenden \ eine spätere Hinzufügung, aber nicht
von Amos selber, aus Anlass eines ganz und gar imaginären Besuches in Je-
rusalem, in seine Rede eingeflickt, sondern von der Hand dessen, der von Amos
auch Juda berücksichtigt sehen wollte, s. zu 2 4 f. und zu 3 1. Amos hat keine
Ausgabe seiner Keden für die nachexilische Gemeinde besorgt, das verstanden
die Späteren besser. Die Herren von Samarien nennt Amos weiter die Aus-
gezeichnetsten des ersten der Völker d.h. die Creme des Volkes, das an der Spitze
der Nationen steht; •'^J^^ sind „die durch Stiche, Punkte kenntlich gemachten",
wahrscheinlich ursprünglich „die durch die Tätowierung von den Übrigen
Unterschiedenen" (vgl. St. A. Cook Israel and Totemism in the Jewish Quar-
terly Review April 1902, 421), also die Prämierten, distincti (vgl. arab. nakib =
Führ er y Häuptling), die Leute von Namen im Gegensatz zu dem namenlosenVolke,
vgl. IChr 1231; und zwar sind sie erst noch die Auslese, der Adel des vornehmsten,
des ersten der Völker, vgL Num 24 20. Man kann nicht verkennen, dass diese
Bezeichnung ironisch gemeint ist, vgl. 3 2. Mit 'fc^^ r\'^^ UT\b ^isn^l ist nichts
Am 6 1 199 Am 6 3
Rechtes anzufangen, am wenigsten im Zusaninienhang mit v. i^'^; denn zu der
Übersetzung „und denen das Reich Israel zuströmt", die sprachlich einen
harten Anschluss und eine merkwürdige Unterscheithing der Herren in Sa-
marien von dem Reiche Israel voraussetzt, müsste das Wichtigste ergänzt
werden: „um sich richten zu lassen" (Nowack) oder „um ihnen nach den Augen
zu sehen" (Valeton). Verständiger wäre die Konjektur Oettli's: '\^\ r\^2 "hV2^
(vgl. Jdc 9 7) „und Herren des Reiches Israel" oder 'toi n'^an (nt^r\) üribt<2] (vgl
Sach 12 8) „und den Halbgöttern im Hause Israel". Näher aber liegt es, darin
eine Glosse zu ]lnnto in:|l äni, das man fasste = die sich auf den Berg Samariens
verlassen, zu sehen und, "^ für das in alter Schrift ihm ähnliche D einsetzend, zu
lesen = '^Nltol n'^n ^'^^«?^ und f%ivar) auf die Götter des Hauses Israel, Eine
gute Parallele bietet liiezu Jes 10 9-ii bes. die Glosse v. lo, und von den
„Göttern" Israels sprach auch die Glosse in Am 5 26. 2 wird nicht nur
von BiCKELL, ScHEADEE, Wellh. u. a., sondcm auch von Oettli als Glosse
anerkannt. Anders zu urteilen ist in der That nicht geraten, da die assyrische
Eroberung der hier erwähnten Städte erst nach Amos stattfand: n:ib3 (= 1i^3
Jes 10 9) = KuUani in Nordsyrien (dessen Lage noch nicht näher bestimmt
ist, s. RoGEES History of Babyh and Assyria II 1900, 121) ist 738 von Tiglat-
pilesar erobert; riDH, hier die grosse genannt, am Orontes fiel 720 in die Hände
Sstrgons (s. Rogees a. a. 0. S. 154) und ebenso ist das philistäische n?, das
schon die Tell-el-Amarnabriefe kennen, jedoch seiner genaueren Lage nach
noch nicht bestimmt ist, 711 von Sargon bezwungen worden. Vgl. KAT2 S. 444f.
Wie Jer 7 12 die Judäer nach Silo geschickt werden, um an dem Schicksal
des Gotteshauses, das einst daselbst stand, das des Tempels von Jerusalem zu
ersehen, so sollen hier (was nur ein Späterer verlangen konnte) die Israeliten
an den Ruinen von Kalne, Hamat und Gat ihr eigenes Ergehen lernen. Dieser
Sinn zwingt vom Schluss des Verses den Gedanken zu fordern, dass das Reich
Israel nicht besser sei als die genannten Städte resp. Reiche = Tb^T\ nioSpisn,
welche Bezeichnung sich schon für sich nicht etwa auf Israel und Juda be-
ziehen könnte. Man hat daher mit Geigee u. a. hinter D"'nltori das Subj. DP«
einzusetzen und in den letzten zwei Wörtern die Suffixe zu vertauschen
(1. D^nii)? D?^^^) : seid ihr Israeliten etwa besser als diese Reiche oder ist euer
Gebiet grösser als ihr Gebiet? Der masoret. Text beruht auf dogmatischer
Korrektur, die den Anstoss der Spätem an der Herabsetzung Israels unter
die Heiden beseitigt, s. Guthe bei Kautzsch. Diese Gründe, welche v. 2 als
Glosse auszuscheiden empfehlen, vermehrt noch der weit bessere Anschluss,
den 3 an v. 1, als an v. 2 besitzt, s. die Übersetzung von v. 3 oben zu y. 1.
An dem Texte y^ ÜVb D^'n?? wird man festhalten können, wörtlich : die in Bezug
auf den Unglückstag Wegstosser sind d. h. die ihn recht ferne glauben, ja sein
Kommen für unmöglich halten. Zu D^^iD vgl. Jes 66 5, wo allein im AT dies
Verb noch vorkommt; Oettli will an beiden Stellen*, ohne dass der Sinn ge-
ändert würde, ü^^.^ü, Hiph. von inj entweichen, lesen. In diesem Wahne,
dass der böse Tag ferne sei, sind sie befangen, trotzdem sie [alles thun, ihn
herbeizuziehen, vgh ganz dieselbe Gedankenverbindung Jes 5i8f.; gewöhnlich
übersetzt man: Und ihr rückt doch nahe das Sitzen (seil, zum Gericht) die
Am 6 3 200 Am 6 4
' II -—1^ ■ ■ - - ., — — ■ - .
Herrschaft der Gewalt. Aber die Gewaltherrschaft ist nicht erst nahe, sondern
bereits an der Tagesordnung (vgl. z. B. 3 lo 5 7 10-12); daher wird in HDC^ ein
alter Fehler (LXX liest schon diese Konsonanten) vorliegen und dafür etwa
das graphisch w^enig verschiedene \ It^ zu lesen sein, vgl. für die Verbindung
von "iä und DDH 3 10 Hab 1 3 Jer 67 = Frevel und Gewaltlhat schafft ihr
herbei; für den Sinn s. 3 10. Der erforderliche Gegensatz zu W^,yö wird durch
diese Passung nicht gestört: Das Unglück halten sie fern, aber Unrecht und
Gewalt üben sie gern, die das Gericht herausfordern; sollte da der böse
Tag auf sich warten lassen? Der Vorschlag Oettlls, tOH^ statt n^l^ = „das
Scepter der Gewalt" (vgl. das Gegenteil Ps 45 7) zu lesen, leidet unter dem-
selben inhaltlichen Bedenken, wie r\'l'ü\ auch das Verbum ]^^iin passt wenig zu
dem Objekt D^n tODC^. Letzteres gilt doch wohl ebenso von Meinhold's Vor-
schlag: DDH tD5^ = „das Scepter des Frondiensts". Ganz anderes findet
Siegfried-Stabe in diesem Verse, nämlich einen neuen Hinweis auf die Opfer,
und zwar nicht auf die Opfer als solche, sondern auf das Material derselben,
das aus unrechtem Gut besteht. Nach 5 25 empfiehlt sich dieser Gedanke
nicht besonders. Um zu ihm zu gelangen, muss erst noch nach LXX n^t^ für
r\'2'^ und ebenso nach ihrem £0)(6[X£vol (in Cod. Alex, erhalten, sonst zu spy^ojisvoi
verdorben) D^'^jp für D'^'IJD gelesen, ferner mit Hoeemann Dl^b = täglich und
nsi^ =- sabbatlich gefasst und endlich ]^li^*"'5ri =-= ihr opfert^ bringt dar ver-
standen werden. Somit wäre etwa zu übersetzen: „Die täglich unrecht Gut ge-
loben Und am Sabbat Gewaltthat d. h. durch Gewaltthat Erpresstes opfern".
Dass damit ein guter Sinn für v. 3 gewonnen sei, wird man kaum behaupten
wollen. Etwas besser steht es, wenn man mit Dl"^^ und ri|^ nicht künstelt und
für n^!^ die oben vorgeschlagene Korrektur annimmt; denn dann besagt die
Stelle: Die Gelübde thun für den bösen Tag d. h. für ihn, weil sie ihn für ferne
halten, alles Mögliche geloben, gleichsam die grössten Wetten eingehen. Und
ihr opfert doch Frevel und Gewaltthat^ die Jahwe mit dem Gerichtstag sobald
wie möglich bestrafen muss. Doch scheint die Anspielung auf die Opfer nach
der gründlichen Behandlung in 5 I8-27 sich hier weniger zu empfehlen, sodass
die übliche Fassung von ]W^-^t!\ und die Beibehaltung von ü^'l^ön (s. oben) vor-
zuziehen sein wird. Ganz unglücklich kommt auch mir wie Meinhold die
Emendation vor, die Riedel vorschlägt: DDH ilin^b Vti^^ni yi D1^^ D'^liDH, was
heissen soll: „die ihr täglich böse (unrechtmässige) Abgabe fordert und jeden
Sabbat gewaltthätige Erpressungen einfordert".
Die zweite Strophe 4 beginnt die Schilderung des Luxus und der
Schwelgerei dieser Herren von Samarien: Sie liegen auf Elfenbeinlagern Und
sind ausgestreckt auf ihre Diwane, Sie essen die Lämmer aus der Herde weg
Und die Kälber aus dem Stalle. TaVl den Elfenbeinlagern d. h. mit eingelegtem
Elfenbein verzierten Lagern vgl. die Elfenbeinhäuser 3 15, sowie die elfen-
beinernen Buhebetten und Prachtsessel von Elfenbein, die Sanherib vonHiskia
erhält KAT^ 293. Für D'^nitp nimmt Wellh. nach dem arab. und syr.
Sprachgebrauch die Bedeutung: losgelassen = ausgelassen, an; aber nach dem
Gebrauch des Verbums im Hebräischen (vgl. Hes 17 6 23 15) und dem parallelen
D*'?Dtyn ist die gewöhnliche Fassung: ausgestreckt vorzuziehen. Die Vornehmen
Am 6 4 201 Arn ♦) T)
von Samarien vermögen sich nicht inelir nacli alter Sitte beim Essen auf ihrem
Sitze aufrecht zu erlialten (vgl. Gciii 27 19 Jdc 19 6 1 öam 20 o I Jteg 1.'5 20), nach
neuer Mode, die vom Ausland hereingekommen ist, üe(jon sie zu Tisch, ein
Zeichen der Verweichlichung und Schwelgerei für den Propheten, der darum
das Wort D'^n'ltp hlngeschüUet gebraucht. Später ist das zu Tische liegen all-
gemeine Sitte geworden, vgl. Mt 10 9. „Dem Amos thut sein Vieh leid,
wie dem Eumaios Od. 14 81 92" Hoitmann; ja, aber noch mehr ist er entrüstet
über die Üppigkeit und Schwelgerei der Vornehmen, die kein Mass kennen,
so dass bald kein Lamm mehr bei der Herde und kein Kalb melir im Maststall
zu finden ist. 'PDiJ mit folg. ]p resp. "^Jlnp bedeutet hier: ausessen, auch das letzte
Lamm etc. wegessen.
Die dritte Strophe 5 6^: An ihren Banketten dürfen Musik und Wein
nicht fehlen, vgl. Jes 5 11 f. 22 24 9. Sie phantasieren zum Klange der Harfe,
Meinen wie David sich aufs Singen %u verstehen, Sie trinken den Wein aus
den Krügen Und ver salben die feinsten Öle. Der Sinn des nur hier vor-
kommenden Verbums tDlö ist nicht sicher; wahrscheinlich bedeutet es ur-
sprünglich %erreissen, abreissen und wird übertragen gebraucht vom ab-
gerissen reden, hier wäre es dann verächtlicher Ausdruck für improvisieren,
phantasieren (so Bühl im Lex.), etwa = unserem leiern^ faseln, fohlen, vgl.
dazu das arab. färit = Improvisator und 'afrata filkauli = übermässig schnell
sprechen, s. Deiver Joel and Amos 236. Sie begleiten also mit extemporiertem
Geleier den Klang der Harfe. Andere lassen weniger gut die Schmausenden
selbst in die Harfen greifen, wenn sie DID als die Saiten reissen (über der
Mündung des Nablium), mit dem Plektron schrammen oder kratzen fassen, so
HoFFMANN, Völlers (ZATW 1883, 267), Siegeried- Stade. Zu %\ s. zu
5 23, wo auch in Parallele dazu l'^l^ steht. Schwerlich kann auch Amos in
V. 5^ sagen wollen, dass die samarischen Adeligen bei ihren Gelagen Instru-
mentenerfinder waren, und doch kann der Text kaum etwas anderes heissen
als: sie erfinden sich wie David Musikinstrumente. Giebt man dagegen 1^^' "^^S
die Bedeutung von Melodieen, so widerspricht diese Annahme allen Stellen,
wo dieses Wort vorkommt; denn "V^ "^Ss bedeutet überall Musikinstrumente.
Offenbar steckt daher im Text (ganz besonders in ''^3) ein Fehler; die LXX
mit ihrem unbegreiflichen Texte (s. ZATW 1883, 267) hilft hier zur Emen-
dation wenig, und die Korrektur Nowack's (:"^3 für ''5?|, also allerlei Lieder)
befriedigt nicht. In Ermangelung eines Bessern lese ich zögernd mit der
leichten Änderung des D von on'? in b^ und mit ebenso leichter Konjektur für
"h^ folgenden Text: 1^t^!l h^^'^rh ^l^^n^ n'^HB = wie David meinen sie sich auf
das Singen %u verstehen, wörtlich: sie halten sich David gleich im Verständnis
des Gesanges; zu h^^^^X] mit folg. n vgl. Dan 1 4 17, ferner s. II Chr 30 22. Das
giebt einen guten Sinn: Obschon sie in ihrem Gejohle nicht einmal Takt zu
halten verstehen, bilden sie sich ein, grosse Sänger, am Ende gar Komponisten
zu- sein wie David. Der Vergleich mit David ist nicht mit J. P. Peters,
WiNCKLER, Cheyne, Löhr ZU Streichen; trotz der Ironie, die darin liegt (s. auch
V. 1^«), ersieht man daraus, dass die alte Tradition David nicht als Dichter oder
Komponisten geisthcher, sondern weltlicher Lieder betrachtete. Vgl. II Sam 23 1
Am 6 5 202 Am 6 7
und W. R. Smith-Rothstein Das alte Test. 208 f. Jedenfalls bleibt mein Vor-
schlag dem überlieferten Texte näher als der von Cheyne (Exposit. Times
April 1898): T^ h)p) ^m)^\] ^ni^j ^n-^j; Dn.tSlDH = Die da spielen auf Pauke
und Harfe Und sich freuen beim Schall der Lieder. 6^ Zu D nnt!^ trinken
t T T
^i?/^ Vgl. Gen 44 5 und s. GtES.-Kautzsch^^ §119m Anm. pitp ist der Mischkrug, er
braucht nicht aus edelm Metall zu sein; es kommt den Magnaten von Samarien
beim Wein vor allem auf die Quantität an, darum lassen sie ihn sich nicht erst
in die Trinkbecher giessen. Die Lesart der LXX (lov 5iüXio[i£vov olvov = pj^tö
s. Jes 25 6) geläuterten Wein ist so wenig dem MT vorzuziehen, wie die Kon-
jektur von Ooet: ]*;;i 'PT^? abgegossene, abge%apfte Weine (vgl. Jer 48 ii), da
die Bedeutung von D nn^ von etwas trinken zwar möglich, vgl. Prv 9 5, da-
gegen die Verbindung ]i;; "^p^^ö sehr unwahrscheinlich ist; mit ßecht fordert
Oettli dafür pl^iD ]^^p und findet den massoretischen Text unbedenklich.
Bei den Ölen, mit denen sie sich zu den Schmausereien salben (vgl. zu dieser
Sitte Jes 61 3 Ps 23 5 Koh 9 7 f. Lk 7 38 46), ist ihnen die Qualität natürlich
von grösserer Wichtigkeit; dass sie dabei auch mit der Quantität nicht kargten,
zeigt der Ausdruck: H^D mit direktem Obj. d. h. sie versalben das feinste Ol,
sie brauchen es auf. Diese feine Gesellschaft braucht die feinsten Ole. Löhk
will V. 6^ vor V. 5 stellen, weil dann v. 6^ besser sich anschliesse. Aber v. 6^ ge-
hört gar nicht hierher: die Schlemmer und Leichtsinnigen sind y. i-6^ so ge-
schildert, dass ihnen zu viel Ehre geschähe, wenn man für nötig hielte noch
eigens zu sagen, dass sie sich über den Schaden Josephs nicht härmen. 6^ ge-
hört zu V. 13 (s. dort); er ist von einem Abschreiber in die falsche Kolumne
gerechnet worden. Nun schliesst sich auch
die vierte Strophe 7 mit der Strafandrohung vortrefflich an: Die nobeln
Samarier, die an der Spitze der Völker (D'llil n'^l^'^^l y. i) marschieren, sich in
allem für Ausbünde halten (y. 5) und für die nur das Beste gut genug ist (il"^^«*!
D'^iDC^ Y. 6), sollen den ersten Platz behalten — an der Spitze der Deportierten
(vgl. D'^bil "ä^ky^ mit dem Jl'^l^'^l y. i und y. 6). Darum werden sie jet%t in die
Verbannung wandern An der Spitze der Verbannten Und ein Ende
wird es haben mit dem Gekreisch der Ausgestreckten, Am Ende der zweiten
Zeile ist ein Wort, wahrscheinlich ein Verb, verloren gegangen (Duhm). In
der dritten Zeile ist die Paronomasie deutlich, die gleichen Laute kehren in
neuer Kombination wieder. npD ist stat. constr. von nni? lautes Geschrei des
Jubels wie hier, oder des Jammers wie Jer 16 5; gemeint ist das Gejohle und
Gesänge von y. 5, und D'^nntp sind dieselben wie y. 4. An „unflätige" Ausge-
lassenheit (Guthe) in einem spezielleren Sinne ist hier nicht gedacht; es ist
genug, wenn sie zechen und schmausen, schreien und johlen ausgestreckt auf
ihren Sophas. Das wird jetzt mit einem Mal anders, wenn sie ins Exil wandern.
Zu der Übersetzung der LXX vgl. Vollees ZATW 1883, 268. Als vierte
Zeile ist mit Wellh. in seiner Übersetzung aus y. 8 heraufzunehmen: njn^"Dtj:i
n'i^y^ Nn'?« = Spricht Jahive der Gott der Heere, vgl. 5 27. Diese Worte über-
laden Y. 8 und fehlen deshalb wohl in LXX, die ihre richtige Stelle am Ende
von Y. 7 nicht erkannte.
Am 6 8 20:5 Am 6 10
13) Dccimieriing der Bevölkerung diirch Krieg und Pesl 0 h-io.
Der Abschnitt ist teilweise in sehr verdorbenem Text auf uns gekommen, s. v. 10^;
es ist darum nicht wunderbar, dass die drei Tetrastiche, die er enthält, der Exegese manche
Schwierigkeiten bereiten. LJbrigens wird man aber nicht mit Wei^mi. v. 9 f. abtrennen
dürfen; denn die Verbindung mit 5 3 wäre nicht besser als mit (i 8: dort wie hier liandelt
es sich um Krieg, in dessen Gefolge erst nach v. 9 f. die Test die übriggelassene Bevölkerung
auf ein Minimum herabsetzt. Oettli's Umstellung der Verse in die Reihenfolge v. 7 11 8
9 10 hilft nichts; dass aber v. 9 f. „allgemein als Einschub erkannt" sei, wie Louk behauptet,
ißt mir nicht bekannt.
8 bildet mit Ausscheidung der für den Abschluss von v. 7 in Anspruch
genommenen Worte (s. zu y. 7) die erste Strophe, in der Jahwe seinem Al)-
scheu über den Stolz der Samarier Ausdruck verleiht und ihre Stadt mit Er-
oberung bedroht: Geschworen hat Jahwe OJ'l^J, das in LXX fehlt, ist in den,
Text geratenes Kere zu TV\JV_) bei seiner Seele: Ich verabscheue den Stolz
Jakobs Und seine Paläste hasse ich Und darum gehe ich preis die Stadt und
was sich drinn findet. Zu dem Schwur Jahwes vgl. 4 2; für ^fcjriD lies nj^.ri^,
8. 5 10, die Änderung in ^^jn^ könnte eine Milderung beabsichtigen (s. auch zu
V. 2), weil den späteren Juden, die ja ihren eigenen Stolz hatten, ^Jf^HD zu stark
vorkommen mochte (so Geiger Urschrift etc. 349). Für Amos selber ist kein
Ausdruck zu stark; er hat ja v. 1-7 den Stolz Jakobs sarkastisch genug ge-
schildert und bereits kein Hehl daraus gemacht, wie er ihre Paläste beurteilt,
vgl. 3 15 5 11 und s. überhaupt 3 2. TJ? die Stadt seil. Samarien (vgl. v. 1)
fällt mit allem, was sie birgt, allen Bewohnern und allem Reichtum und Luxus
dem Eroberer in die Hände, sodass er darüber nach Gutdünken verfügen kann;
das besagt l'^ilDH. Die Bürgerschaft mit den Nobeln an der Spitze wird depor-
tiert, das ist nach 5 27 6 7 selbstverständlich; unter den Zurückgelassenen wird
die Pest aufräumen, s. das Folgende.
9 10*'=^ (bis n^5n"]p), die zweite Strophe: Und sollten dann zehn Männer
übrig sein In einem Hause ^ so werden sie sterben^ [Und nur wenige bleiben
vorhanden] Um die Toten aus dem Hause zu schaffen. Absichtlich ist des
Beispiels wegen eine grosse Zahl gewählt, = sollten es selbst zehn in einem
Hause sein; aber es ist nicht daraus zu schliessen, dass für gewöhnlich zehn
Männer in einem Hause sich fanden. Der Anfang von 10 ist nicht zu ver-
stehen: Und hebt ihn auf sein Vetter und sein Verbrenner. über die jüdische
Auffassung von ^"IDD = Mutterbruder vgl. B. Felsenthal Sem. Studies in
Memory of Kohut S. 133 — 137. Wen bezeichnen die Singularsuffixe und wer
ist der Verbrenner, wenn ^^DD wirklich = ^"l'^D ist? Da die Kremation der
Leichen nicht die Regel war (nur bei Verbrechern wird sie angewendet, vgl.
Lev 20 14 21 9 Jos 7 15 25 und s. auch Gen 38 24; ausserdem ist sie noch er-
wähnt bei Saul und seinen Söhnen I Sam 31 12), so. wird es auch keinen Ver-
brennungsbeamten gegeben haben; ebenso wird man schwerlich einen besondern
^"iDö gebraucht haben, um zu Ehren der Toten „den Leichenbrand" anzuzünden,
s. zu Jer 34 5 und vgl. II Chr 16 14 21 19. Man erwartet am ehesten eine Aus-
sage, dass nur noch ganz wenige übrig bleiben, um die vielen Toten hinaus-
zuschaffen. Darf man vielleicht vermuten: IBpt? "\V\ 1t?!Ä^?1 Und übrig wird
bleiben ein Geschlecht von geringer Zahl oder 1DDD T\V, ^)^'^^ Und der Rest
Am 6 10 204 Am 6 10
seines (d. i. Jakobs) Geschlechls sind wenige d. h. nur ein kleiner Rest bleibt
am Leben? Man vgl. hiezu Jes 10 19. 0''^??^, Gebeine, zur Bezeichnung
der Leichen ist auffallend, LXX scheint Drib:^5? ilu^e Gebeine gelesen zu haben,
das dürfte auf ein ursprüngliches DH^ = ö^'HO, die Toten, zurückweisen; denn
ijy ist leicht aus dem vorausgehenden S^^ entstanden. Eine andere Ver-
mutung hat Riedel (a. a. 0. 25—27), der liest: nDi:!)?^ in '^^^)\ = dann bringt
man Korb (II Reg 10 7) und Besen (vgl. bei Jo 1 17), um die Gebeine aus dem
Hause zu schaffen. Aber dass nicht die Toten von v. 9 Subj. zu ^^)^) sind, sollte
doch angedeutet sein.
lO^P'', die dritte Strophe, schildert die superstitiöse Angst und Furcht,
die auch die Verschonten in der schrecklichen Zeit des allgemeinen Sterbens
durchzittert, und malt ergreifend die düstere Stimmung, die auf dem Lande
bei diesem Gottesgericht liegt: Und er spricht %u dem, der im innersten Räume
des Hauses ist: \ Ist noch jemand bei dir am Leben? Und der spricht: Nein!
I Dann spricht er: Still! Ja nicht \ Den Namen Jahwes aussprechen! TaVl dem
ersten und dritten 1)?S*l ist einer der wenigen Übriggebliebenen, denen die Auf-
gabe zufällt die Toten zu begraben (s. v. lo^«), Subjekt, eben der Betreffende,
der bei der Ausübung seiner traurigen Thätigkeit im innersten Hause noch
einen am Leben trifft, vgl. Ges.-Kautzsch^' §144d, zu dem zweiten dagegen
der Gefundene (nach Riedel soll der im Innern des Hauses auch einer von
denen sein, die gegangen sind, um das Haus zu reinigen, während der andere
Redende draussen bleibt, um dann den im Korb ihm übergebenen Unrat fort-
zutragen). In den innersten Raum des Hauses (vgl. zu Ö'JWT auch I Sam 24 4
und Jes 14 15, wo von dem entlegensten Teile einer Höhle und Scheols die
Rede ist) hat sich der letzte am Leben gelassene Bewohner geflüchtet, weil er
dort am ersten glaubte, vor dem zürnenden Gott, der durch sein Volk zieht 5 17,
verborgen zu bleiben; aber auch dort hat der ihn Findende noch Angst, das
blosse Aussprechen des Namens Jahwes könnte schon die Aufmerksamkeit
Gottes erregen und so seinen Zorn auf den bisher Verschonten herbeirufen.
In dieser Angst lebt der alte Glaube fort, dass der Name eine Macht hat über
den Träger desselben z. B. ihn zu „zitieren", vgl. auch Jes 19 17; daher ist es
nicht erlaubt (nefas est = b ^^^, vgl. Ges.-Kautzsch^? § 1141), den Gottesnamen
auf seine Lippen zu nehmen, in Zeiten, wo man den Zorn Gottes zu fühlen hat,
und darum gebietet eben der Fragende sofort Schweigen (DH still! wie 8 3
Zph 1 7 Hab 2 20 Sach 2 17, vgl. auch Jdc 3 19 Neh 811), wie der Gefragte
Miene macht, seinem Dö« (= nein! es lebt keiner mehr ausser mir im Hause!)
eine Formel beizufügen, in der der Gottesname vorkommt. Unsere Stelle
ist vielfach misverstanden; aber es ist ebenso unrichtig, wenn OoßT das ^b "^3
r[)r> Dty^l TStn^ hier nicht am Platze findet, wie wenn Giesebkecht (die alttest.
Schätzung des Gottesnamens S. 128) DD^ 1)?«1 für „gänzlich überflüssig, ja un-
möglich" hält, und die umfassenden Textänderungen, welche Ooet und Zeijdner
vornehmen, zerstören nur den tiefen Eindruck, den diese kurze, aber höchst
lebendige und anschauliche Schilderung des Gottesgerichtes, das ganze Familien
aussterben lässt und über die einsamen Überlebenden eine unheimliche Angst
ausbreitet, in jedem Gemüte hinterlässt.
Am 6 U 205 Am 6 13
14) Nochmals Aiiküiulif^iin^ des Berichts über die tolle Wiitschari in Israel,
die alle recliUicIien Ordiiiiii^eii verkehrt und sich über die Schad<'ii im Staate
durch kleine l]rrol{^c hinwej^tauscht 0 ii-l4. V^i^l. 3 9-ii.
Der Abschnitt ist selbständig, auch wenn er nur ein Jiruchstück sein sollte. Das
Letztere ist nicht aus dem ^3 am Anfang zu schliessen, das bloss redaktionell sein kann
und einen notdürftigen Zusammenhang mit v. 8-10 herstellen will; eher erwartete man
am Schluss noch eine weitere Ausführung des gedrohten Gerichts, doch kann das Ergebnis
dieses AngrilTs von Osten nach v. 11 auch so nicht zweifelhaft sein. Das Stück besteht
aus vier Tetrastichen, von denen das erste und dritte einen Stichos zu wonig, das vierte
dagegen eine Überfüllung zeigt; der Mangel der dritten Strophe hebt sich aufs beste durch
Herübernahme von v. 6^^. S. übrigens die Erklärung. Die Umstellungen, die Baumann
in V. 11-14 vornimmt (v. 13 v. 12^ v. 8, dann v. 14 v. 11 v. 12'^ v. 9 f.), bringen keine bessere
Anordnung zu stände.
11, die erste Strophe: Siehe schon gebielet Jahwe Und er
schlägt das grosse Haus in Trümmer Und das kleine Haus in Splitter, Zu ^?
vgl. die Vorbemerkung. Der genaue Parallelismus der beiden letzten Stichen
zeigt, dass der zweite Stichos ausgefallen ist; er wird etwa besagt haben, dass
Jahwe einen furchtbaren Feind (gemeint sind die Assyrer, s. zu 5 27) herbei-
ruft, vgl. V. 14. Eben dieser Herbeigerufene, dem Jahwe Befehl erteilt, ist das
Subjekt von nSH. Das grosse und das kleine Haus sind nicht mit den älteren
Erklärern und Wellh. von den beiden Reichen Israel und Juda, sondern
im eigentlichen Sinne zu verstehen, vgl. 3 15; gross und klein ist der Ausdruck
für „alle", weder die Paläste der Vornehmen, noch die bescheideneren Häuser
der einfachen Bürger sollen der Zerstörung entgehen, ü'^p'^pi, Trümmer ^ und
D'^yp!! eig. Risse ^ sind zweites Objekt zu nSH.
12, die zweite Strophe: Laufen etwa auf dem Felsen Rosse Oder wird
mit Rindern das Meer gepflügte Dass ihr das Recht %u Gift verkehrt Und die
Frucht der Gerechtigkeit %u Wermut? So ist alles in Israel auf den Kopf ge-
stellt, alle natürliche Ordnung der Dinge verkehrt, wie wenn man die Rosse an
Stelle der Gemsen auf die Felsen verpflanzen oder mit Kühen das Meer statt
das Land pflügen wollte. Diese unvernünftige verkehrte Welt begründet das
in V. 11 angekündigte Gericht. Für das sinnlose Pflügt man mit Rindern? mit
dem anstössigen Plural D'»1p^ ist mit J. D. Michaelis D^ *ip22 ti^"in^"D« zu lesen
(s. oben die Übersetzung). Zu t^^i^l Gift vgl. Hos 10 4 und zu HJJ^^, wie zu
V. 12*^ überhaupt vgl. 5 7. Die Frucht der Gerechtigkeit sollte Arznei und
Heilung bringen, statt dessen erleidet der Unschuldige Unrecht und Gewalt,
S. 5 7.
13^ 6'' 13^, die dritte Strophe: Ihr^ die ihr euch freut wegen Lodebar
Und euch um den Schaden Josephs nicht künunert^ Die ihr sprecht: Haben wir
nicht durch unsere Kraft Uns Karnajim wieder gewonnen? Die Hereinnahme
von V. 6^ und gerade unmittelbar nach v. la^ rechtfertigt sich von selbst. Jetzt
setzt diese Strophe auf das Vortrefflichste die Schilderung der verkehrten
Welt in Israel fort: Kleine, nicht der Rede werte äussere Erfolge lassen sie
den inneren Schaden, den Ruin Josephs, nicht achten. Jetzt sehen wir aus dem
Zusammenhang deutlich, was Amos unter dem Schaden Josephs verstellt, eben
die völlige Vorkehrung aller rechtlichen Ordnung im Innern. Dafür hat man
Am 6 13 206 Am 6 14
in Israel kein Auge, darum kümmert man sich nicht; dergleichen Sorgen und
Kummer vertreibt der Jubel über den Gewinn von „Wertenlos" (inT ^b) und
,,Hornussen" (ü151i2)j zwei Ortschaften in Gilead, deren Namen gerade bei ihrer
appellativen Fassung drastisch wirken, weil l^"! i^b (s. II Sam 17 27, = I^T ^b
II Sam 19 4f. und = ^:ilb Jos 13 26), im Osten von Mahanaim gelegen, die Ort-
schaft als „wertlos" bezeichnet und D";51(2 (= Kapvaiv I Mak 5 26 43 vgh Gen 14 5)
wohl schon durch den Gegensatz zwischen dem Namen „Hörner" und seiner
bedeutungslosen Wirklichkeit sarkastisch klingt. Die gewöhnliche, auch von
GuTHE festgehaltene rein appellativische Fassung = „Trugbild" und „Hörner"
setzt eine höchst seltsame Phrase voraus: durch eigene Kraft Hörner nehmen,
da ja Hörner nur Metapher für Kraft sind (vgl. Wellh.), und fällt sehr gegen
das zuerst von Geätz empfohlene Verständnis dieser Namen als nomina propria
ab. Dass wir sonst keine Nachricht über die Eroberung von Lodebar und
Karnaim haben, ist nicht entscheidend ; beide liegen in Gilead und Gilead war
immer der Schauplatz und Gegenstand des Krieges zwischen Aram und Israel.
Grössere Erfolge hatte Israel aber schon vor diesen kleineren neuen Erfolgen
davongetragen, vgl. v. 14, auch 5 14 und s. II Reg 14 25.
14, die vierte Strophe: Denn stehe ich stelle auf gegen euch^ Ihr Is-
raeliten, ein Volky Das wird euch bedräiigen von der Strasse nach Hamat Bis
%um Bache der Araba. Unter den Israeliten herrscht auch in der Be-
urteilung der politischen Lage verkehrte Welt, sie freuen sich, wo kein Grund
zur Freude ist y. 13, das begründet y. 14, der darum mit ^^ denn beginnt. Die
Stellung von ni«5!ä N'l'^^J n]n;;"Dij!i ist auffallend, ja unmöglich; so lässt sich denn
doch das allerdings mit Absicht ans Ende gesetzte •'in nicht von seinem Verb
trennen. Das Sätzchen, das übrigens auch noch in der ächten LXX fehlt, ist
als Fremdkörper aus unserer Strophe auszuscheiden. Das Volk, das
Jahwe gegen die Israeliten auf die Beine stellt, ist ohne Namen bekannt genug,
es sind die Assyrer (s. zu 5 27); die w^erden Israel von der Nordgrenze bis in
den äussersten Süden seines Reiches bedrängen, also nirgends wird sich Israel
in seinem ganzen Gebiete gegen die Assyrer halten können. Die Nordgrenze
ist oft wie hier mit riDH «U^ö bezeichnet, vgl. IReg 8 65 II 14 25, d. h. von da,
wo man nach Hamat (s. zu y. 2) geht. Im Süden wird nicht die Grenze gegen
Juda, sondern die im Ostjordanland genannt, weil sie dort weiter nach Süden
führt. Der Hlil^n ^Hi ist allerdings nicht sicher bestimmbar. Vergleicht man
die Nachricht II Reg 14 25, dass Jerobeam IL das Gebiet Israels wieder her-
gestellt habe von der Strasse nach Hamat bis zum Meer der Araba d. h. dem
Toten Meer, so könnte man geneigt sein, einen Wädi an der Nordostseite dieses
Meeres als den Nachal der Araba anzusehen. Abei da nach Jes 15 7 (s. dort)
im Süden des Toten Meeres ein D'<ni5?n bT\\, wahrscheinlich der heutige Wädi
el-Achsa, sich findet, so hat es viel für sich, die beiden fast gleichnamigen
Wädi zu identifizieren; möglicherweise liegt sogar in dem SüofXüiv der LXX
ein Fingerzeig, dass man hier auch ö^ni?jn i zu lesen, also sicher den Weiden-
bach von Jes 15 7 wiederzufinden hat. Jedenfalls macht die allgemeine Angabe
II Reg 14 25 diese Deutung nicht unmöglich, und wenn Wellh. erklärt: Den
D*»:;!"!?^?! bx\\ „kann Amos nicht meinen, er muss durchaus Juda (y. 1 11) ein-
Am6U 207 Am 7 1
begreifeu'S und daher verniiitet,ursprün)^'licli sei hier die. Judii mit eiiischlicsseude
allgemeine ideale Südgrenze D^'i:ip bn^ (IReg 8 65 IlChr 7 8) genannt gewesen,
so ist einfach zu sagen, dass dieses Urteil auf falschen Prämissen beruht; denn
V. 1 (im ursprünglichen Text) und v. ii ist nichts von Juda zu lesen und der
Befund von v. 14 bestätigt diese Fassung, es harmoniert also die Grenz-
bestimmung in V. 14 vortrefflich mit der sonstigen Haltung des Propheten
Amos: er hat überall auch in 6 ii-i4 nur Israel im Auge.
Dritter Teil:
Eine Reihe von Visionen unterbrochen durch die Erzählung
von dem Erlebnis Arnos' in Bethel und ausgestattet mit einem
Anhang über das bleibende Glück der einst kommenden Tage
7 1-9 15.
Das unterscheidende Merkmal dieses dritten Teiles ist, dass er in der Hauptsache
erzählende Abschnitte und dem entsprechend Prosa bietet. Schon der Versuch einer
den Inhalt zusammenfassenden Überschrift zeigt, wie merkwürdig ungleichartig die hier
vereinigten Stücke sind. Aber nicht nur wird die Erzählung von den Visionen durch den
Bericht über das Auftreten Arnos' in Bethel unterbrochen und am Schluss durch einen
prophetischen Anhang bereichert, sondern auch die erzählenden Stücke selber tragen ver-
schiedenen Charakter; über die Visionen berichtet Amos selber in der ersten Person, in
der Erzählung von seinem Auftreten in Bethel aber erscheint er in der dritten Person.
Deswegen aber sofort anzunehmen, 7 10-17 sei ein fremdes Element, und an der Geschicht-
lichkeit desselben zu zweifeln, liegt kein Grund vor, s. Einleitung III 1. Dagegen ist der
Anhang seiner Herkunft und seinem Inhalt nach dem Propheten Amos fremd, s. zu 9 8-15.
Ausserdem hat sich an die Erzählung der einzelnen Visionen mancherlei Geröll ange-
schlossen, das z. T. Bruchstücke von Reden des Propheten Amos, z. T. aber auch Orna-
mentstücke späterer Zeit enthält, vgl. zu 8 4-14- und 9 5 f.
Es sind fünf Visionen, von denen die fünfte 9 1 ff. in etwas anderer AVeise als die
vier ersten eingeleitet ist. Die Vision ist ein psychologisches Ereignis; das lässt sich nicht
mit dem Hinweis auf ''iSin 7 14 7 8 1 und Ti^Si 9 1 und der Behauptung in Abrede stellen,
dass mit solcher Erklärung n«*i umgedeutet werde. Dieses psychologische Ereignis kann
durch äussere Wahrnehmungen ausgelöst, aber auch nur durch die mächtige Vergegen-
wärtigung der bereits im Innern schlummernden Überzeugung veranlasst sein. In beiden
Fällen ist die im Innern des Propheten vorhandene Wahrheit das Primäre, die sich, wie
z. B. bei Jesaja in der Inauguralvision, mit überwältigender Kraft und nun in völliger
Klarheit Durchbruch verschafft oder wie bei Amos (bes. in 7 1 4 8 l) überall in den Er-
lebnissen, z. T. auch in scheinbar geringfügigen, den verborgenen Sinn und Willen Jahwes
zu verstehen und zu deuten lehrt oder endlich in lebhafter anschaulicher Darstellung wie
bei Amos 9 l£f. und in Sacharja zum Ausdruck kommt. Nicht die Visionen, am wenigsten
die Gap. 7 erzählten, haben Amos zum Propheten gemacht; weil er Prophet war, hatte er
solche „Visionen". Vgl. über Amos' Berufung zu 3 4-8 und ferner über den psychologischen
Charakter der Vision meine Bemerkungen zu Jes 6 im Gommentar S. 69 f. und meine
Studien zu Sacharja StK 1892 bes. S. 233— 242, ausserdem W. R. Smith Pröphets of Israel2
S. 219—224.
1) Die erste Vision: die Heuschrecken 7 1-3. 1 Dass es sich nicht um
visionäre, sondern um leibhaftige Heuschrecken handelt, zeigt sich hier be-
sonders deutlich an den Zeitbestimmungen von v. i. Die einleitende Formel
''iSin n*2 so Hess mich schauen, die v. 4 7 8 i wiederkehrt (vgl. noch Sach 3 i
Am 7 1 208 Am 7 2
Jer 24 i), hat hier den Sinn: Jahwe Hess mich in folgenden^ etwas Bedeutungs-
volles schauen. ^i'lfcj wird auch hier wie z. ß. in 6 8 als das Kere zu dem
folgenden HliT sekundär sein; es ist überall in dieser Einleitungsformel von
LXX nicht sicher bezeugt. Statt 1?1% wozu man das gewöhnlich ergänzte
Subj. njiT auch wirklich im Texte sehen möchte, ist 1^^^ = sTrtYovY), Brut zu lesen
und das zweite ti^J^^ in p^^ = [:ipou;(oi, ausgeschlüpfte Heuschrecken (s. Jo 1 4)
zu verbessern, beides nach LXX mit Hoefmann, Guthe, Wellh. Kl. Proph.^.
Also ist zu übersetzen: Es zeigte sich Heuschreckenhrut^ als das Frühlingsgras
aufzugehen begann (oder vielleicht: als das Frühlingsgras aufwuchs^ da wahr-
scheinlich T\"b^ und TbT\T\ Dubletten sind und ni^^5 zu lesen ist, so Baumann),
und ausgeschlüpfte Heuschrecken nach dem Grasschnitt des Königs. 7j\}l "'ni-i
(auch Na 3 17), viell. mit dem denominativen •»-:- gebildetes Collectivum = Heu-
schreckenschwarm y s. Ges.-Kautzsch^^ §86i, König Lehrgebäude II S. 119
und vgl. targ. fc^DI-l. trj:^ ist das durch den ti^lp^)?, Spätregen, d. h. den in
den Monaten März und April vor der Ernte fallenden Hegen, hervorgerufene
Frühlingsgras, also der neue, aber auch der letzte Wuchs. Auf diesen hatte
nach dem Ausdruck '^^T\ ""y der König ein erstes Anrecht; denn "^J^^sn nj be-
zeichnet den Grasschnitt des Königs und nicht die Schafschur, da die Schafe
der Könige zu keiner besonderen Zeit Wolle zu tragen pflegen und „die Heu-
schrecken keine Wolle fressen" (Wellh.), und der König bezog demnach eine
Abgabe von diesem Frühlingswuchs, die sog. Königsmahd, wohl zum Unter-
halt der Kriegsrosse (I Reg 18 5). Ahnliche Abgaben vom Weideland forderten
später auch die römischen Herrscher Syriens im Monat Nisan, vgl. Smith-
StIjbe Rel. der Semiten S. 191. Dass Gras geschnitten wurde, bezeugt doch
auch Ps 72 6, und dass Stallfütterung im Allgemeinen im Orient nicht üblich
ist, schliesst sie für die königlichen Marställe nicht aus. Es war somit ein
kritischer Moment, in w^elchem die Heuschreckennot drohte ; gerade in dem
Zeitpunkt waren die Larven ausgeschlüpft, um nun das Zerstörungswerk zu
beginnen, wo das letzte Gras sprosst vor dem „langen traurigen Fasten-
Semester", das dem Vieh bes. in einem trockenen Sommer bevorsteht, s. ZDPV
1881, 83. Immerhin ist es aber nicht unwahrscheinlich, dass y. i^ eine Glosse
ist zur Erklärung von t^Jj^: siehe ^iph ist (das Gras) nach der Zeit des t^lp^ö;
man lese t^^lpbisn T\)l in« für IT^DH n^i in«, vgl. Volz ThLZ 1900, 292. Die
interessante Übersetzung der LXX von v. i'^: xal l§ou ßpoü/o? si; F^y (:n:i "in«
für Mil lesend) 6 ßaaiXsu^, zeigt, welche Gedanken ihrer Zeit geläufig waren.
2 Für das sowohl in der Berichterstattung unmögliche, als auch zum Vorder-
satz, insbes. zum temporalen, für ^t^) untaugliche n^?"D« 7\^T\\ (= und es wird,
wenn vollendet hat) ist entweder mit Toeeey (Journ. of Bibl. Lit. 1894, 63),
Deiver und Wellh. unter minimer Änderung des Konsonantentextes C* ist
nach \ weggefallen) zu lesen: n^5D «n Nn'jT = als sie («n = «in d. h. [h y. i, die
ausgeschlüpften Heuschrecken) nun daran waren^ das Kraut im Lande weg-
zufressen, oder es ist nV?"D« als Verschreibung des folgenden Wortes zu ent-
fernen und kurz und gut zu vermuten: ^DS^ ^T^*l und als sie das Kraut im Lande
fressen wollten (vgl. Baumann). Da tritt Amos als Fürbitter für sein Volk ein
bei Jahwe, wie Mose bei den Plagen in Ägypten für Pharao nach der Erzählung
Am 7 3 209 Am 7 6
von Exodus, vgl. ferner Abraham Gen 18 22-33, Mose Ex 17 8-13, Samuel
ISam 7, Jeremia Jer 15 1 (s. dort): «^Tl'^p vergieb doch! Wie (eigentlich: als
welches; ''D ist Zustandskasus wie Dllj; 2 I6) soll Jakob beslehen, da es doch so
gering ist! ]1tDjj, kleln^ gering d. h. an Hilfsmitteln und Hilfsquellen arm, sodass
es eine solche Plage, eine solche Kalamität nicht aushalten könnte. 3 Gott
nimmt diese Fürbitte an: Jahwe Hess es sich reuen; ,^es soll nlchl ge-
schehen'-', sprach Jahwe. Die Konstruktion '^j; Dn; ganz wie Ex 32 u; n«t dies
bezieht sich auf die mit den Heuschrecken intendierte Kalamität, die auch zu
n\in Subi. ist: sie soll sich nicht verwirklichen.
2) Die zweite Vision: das verzehrende Feuer 7 4-6. 4 Über das erste
^:h^ s. zu V. 1, auch das zweite ist von LXX nicht sicher bezeugt, also wohl wie
das erste als in den Text geratenes Kere zu beurteilen. Da !l n"^"! mit je-
mand einen Prozess führen bedeutet, so ist ^^^ mit «"ijj zu verbinden, wie denn
auch die Konstruktion mit der S entsprechenden Präposition im Arabischen
bei den Verben des ßufens zur Einleitung des Objekts gewöhnlich ist (vgl.
^lo)und imHebräischen D^n «"ijj (s. darüber zu Jesl2 4) häufig genug vorkommt.
Es ist statt der direkten Konstruktion die Konstruktion mit 2 angewandt, vgl.
21 '?jDn 4 11. D t^'ijj heisst somit eigentl.: rufen mit dem und dem Ruf, also hier
mit C^S: Feuer herbeirufen. Dagegen ist nn absolut, wie Jes 3 13, = Prozess
führen, hier, da Jahwe, der ihn führt, Ankläger, Richter und Vollstrecker in
einer Person ist, = richten, Gericht halten, strafen. Der Sinn von y. 4^? ist
daher: Siehe, es rief gerade Jahwe %um Strafen Feuer herbei. Es ist deshalb
unnötig, mit Ewald, Hitzig, Wellh., Nowack, «njp von «IjJ = 7r\\> abzuleiten
und zu übersetzen: Jahwe nahte zu strafen mit Feuer. Einfacher aber ist es,
da das Subj. niH^ unleidlich nachhinkt, als ursprünglichen Text zu vermuten:
^^ nn.'j rrp nin, siehe, es kam gerade Feuer heran um zu strafen d. h. es trat
gerade eine Hitze (denn das bedeutet ^^) ein; die falsche Dittographie des n
von nn^ hat die Lesung ^^^ und die Beifügung von r\)J\l verschuldet. Der
Lesung tr« y^'yvh Nnp = rufend der Feuerflamme Hi 18 5 (oder tr« :i^l?^? cf.
Gen 3 24 = dem Feuerkerub?), wie Riedel konjiziert, ist das femin. Geschlecht
des folgenden ^5«r\5 nicht günstig. Zu der Hitze neben der Heuschreckenplage
vgl. 4 7 neben 4 9. Die Folge dieser Hitze war das Versiegen der Quellen,
die aus der n^n Dlnn, dem grossen Ocean kommen (Gen 7 11), auf welchem wie
eine verankerte Insel die Erde ruht; bereits auch Hessen sich w^eitere Folgen
voraussehen, auf welche n^D^I, Perf. mit 1 convers. hinweist: das Feuer wollte
verzehren p^nn'n«, doch wohl am besten: das angebaute Grundstück, das be-
baute Ackerfeld. Schon flössen die Quellen nicht mehr, jetzt sollte auch alles
Getreide und alles Angepflanzte von der Hitze versengt werden. Die Fassung
von p^n ist nicht ganz klar; LXX bietet xr^ |j.£pi5a xoptoü, doch hilft diese Bei-
fügung von 7\Yj:\ sowenig wie Hoeemann's Lesung p^nn = Kiesel. Man wird
bei p^n = Ackerfeld stehen bleiben müssen und daran zu denken haben, wie
bei anhaltender Dürre leicht im Felde Feuer aufgehen und alle Vegetation
versengen konnte, vgl. Jo 1 I9f. Dass die Reihenfolge eine umgekehrte sein
müsste, erst das Verdorren der Vegetation und dann das Versiegen der Quellen,
ist nicht einzusehen. Zu 5 6 vgl. v. 2f., sr^in halt ein! steht für )^yTbx^ v. 2;
KuiÄüi UU zum AT :iLlll 14
Am 7 6 210 Am 7 8
auch jetzt ändert Jahwe auf die Fürbitte Arnos' seinen Entschluss: die Hitze
liess nach und das Ausserste wurde abgewendet.
3) Die dritte Vision: das l]lei 7 7-9.
Im Unterschied von den zwei ersten Visionen, in denen Amos die hereinbrechende
Kalamität selber sieht, schaut er hier nur ein Symbol. Das ist verständlich, wenn man
bedenkt, dass er dort die Gegenwart sah und durch seine Fürbitte die Gefahr noch ab-
wandte, dass ihm hier dagegen Zukünftiges offenbar wird. Während der Sinn des Symbols
mannigfache Deutung erfahren hat, besteht über das, was damit geweissagt wird, kein
Zweifel : es ist die Zerstörung der heiligen Stätten Israels und der Sturz seines Königs-
hauses. Vgl. bes. A. CoNDAMiN, le pretendu "fil ä plomb" de la vision d'Amos (Revue
biblique Oct. 1900), ferner W. Riedel Alttest. Untersuchungen (1902) S. 27—33.
7 Die Auslassung des ersten "^JS und die Änderung von HDin in HDln
(Wellh., Nowack, Oettli) ist notwendig, wenn "^^i$ als Senkblei verstanden
wird, da eine Mauer des Bleis eben noch nicht eine lotrechte Mauer ist.
Sicherer ist die von der LXX empfohlene Textänderung; es ist nämlich, y. i
und 4 konform, ''J^S (resp. Hin;;, s. zu v. i) vor n^T}] zu setzen, vielleicht sogar
auch an seiner jetzigen Stelle ein ursprüngliches W^t^i zu vermuten, vgl. dvrjp
eoTYixo); im Cod. Alex, (weitere Zeugen s. ZATW 1883, 269). Danach ergiebt
sich: So liess Jahwe mich sehen: siehe es stand einer auf einer Mauer von
'Anäk (eventuell bloss: auf einer Mauer) und in seiner Hand hielt er 'Anäk.
Doch soll kein Gewicht auf ^^t^ gelegt sein; nach dem MT ist es Jahwe selber,
der dort steht. Aber was ist "^JJ«? Jedenfalls ein Metall: LXX fasst es als
dSdcfia? Stahly nach den übrigen semitischen Sprachen, welche sämtlich dieses
Wort aufweisen, zieht man gewöhnlich Blei not ^ obschon in diesen Sprachen
auch anderes Metall z. B. Zinn so bezeichnet wird. Von den alten Versionen
ist keine auf die Bedeutung Bleilot gekommen, von der die modernen Erklärer
sagen, dass der Zusammenhang sie lehre. Diese Nötigung ist mit Recht von
CoNDAMiN, neuerdings auch von Riedel, bestritten. Einmal passt die Bei-
fügung von "^J« mit dieser Bedeutung nicht zu n)?in, weshalb eben einige (s.
oben) ij^S dort streichen. Dann aber braucht man das Bleilot bei der Errich-
tung, nicht bei der Zerstörung der Gebäude, wie man nach v. 8 f. behaupten
will^ und endlich, wenn die Anwendung des Bleilots als ein Bild für die Unter-
suchung, ob in Israel nichts Krummes sich finde, angesehen wird, bringt man
den in diesen Visionen des Gerichts fremden Gedanken herein, als ob die
Schuld Israels noch erst zu konstatieren sei. Es ist also mit Condamin fest-
zuhalten, dass "q^S nicht Bleilot sondern irgend ein Metall, ein besonders hartes
(nach LXX Stahl) oder ein besonders schweres (nach den verwandten Sprachen
Blei) bedeute. Baumann geht wohl zu weit, wenn er ^JfcJ nttin"'?j; y^t^ entfernt
und V. 7 nur liest: "HiS IT^n n^HI Hin^ ^:h^ ^^«nn Hä. 8 deutet dem Propheten
das Gesehene mit den Worten: Siehe ^ ich lege Blei (eventuell Stahl oder ein
anderes Metall) mitten in mein Volk Israel^ ich werde ihm nicht weiter ver-
zeihen. Nach den Parallelen v. 2 thü und v. 5 ^"in kann inj? hier nichts Anderes
als verzeihen^ Schonung gewähren bedeuten. Dieses Versagen weiterer Scho-
nung fordert, dass 'j^S "qi« U'p irgendwie den Anfang des Gerichts oder dieses
Gericht selber ankündige. Vielleicht ist es doch nicht nur ein Wortspiel, wenn
die Talmudisten darin von H^JI^ „Bedrückung" gesprochen finden; es könnte
Am 7 8 211 Am 7 10
dann mit Blei der schwere Druck, dei* auf das Volk von Feindeshand gelegt
wird, gemeint sein. Doch wird man noch besser mit Condamin zur Vergleichung
die Stellen herbeizielien, in denen von einer eisernen Säule, einer ehernen
Mauer die Rede ist, vgl. Jer 1 18 15 20 Hes 4 3, und in *^J« das Symbol der un-
widerstehlichen Macht erblicken, mit der sich ein Feind (natürlich Assur s. zu
5 27) inmitten des Landes unvertrei])lich festsetzt (als eine Mauer von hartem
Metall) und Eisen und Stahl, unbesiegbare Waffen, in seiner Hand führend
Zerstörung und Verwüstung verbreitet. Bei dieser Erklärung hat man bei
"^)^ nur eher nach LXX an Stahl, doa[xac, als an Blei zu denken und erhält
damit auch eine Möglichkeit, den Text '^JJl^ ^^*^n y. 7 festzuhalten. Also einen
unbesieglichenMann mit Eisen und Schwert (vgl. ^^n v. 9) sieht Amos v. 7, und
V. 8 erklärt ihm, dass dieser Mann sein Schwert gegen Israel kehrt, da Jahwe
nicht weiter Schonung gewährt. Den gleichen Sinn hat es, aber ein
reines Wortspiel ist es, wenn Riedel daran denkt, ^JiS „Zinn" sei nur deshalb
gewählt, weil es an '^JJ^J (== J^??^? Pi- "^on HD^, von dem wenigstens das Pu. sicher
zu belegen ist) „ich will zerschlagen" erinnere. 9 zeigt, wie diese un-
widerstehliche Macht in Israel schaltet: die höchsten und heiligsten Güter, die
Israel kennt, werden vernichtet, die Heiligtümer zerstört und das Königshaus
gestürzt. niD| gebraucht Amos ohne jede schlimme Nebenbedeutung; an eine
Unterscheidung von legitimen und illegitimen Heiligtümern Jahwes, wie sie
später das Dtn vornimmt, denkt er nicht, der ganze Kultus hat ein Ende und
damit die Illusion, die sich an ihn anklammert. P0^^ auch y. 16, soll nicht
auch Juda einschliessen, sondern ist als Name des nächsten Ahnen Jakobs
nichts als eine andere Bezeichnung für das parallele ^i??"3ij^% über das die Fa-
milie Jerobeams regiert, gerade wie bei Hosea D'^'lDIS! und h^"\^\ in Parallele
stehen (s. auch Meinhold Studien zur isr. Religionsgesch. I, 1 S. 49 f.).
4) Die Erzählung von dem Auftritt in Bethel 7 10-iy.
S. über diesen Einschub oben die Vorbemerkung zu 7 1 — 9 15 und Einl. III 1.
Den Grund, warum die Erzählung an dieser Stelle eingeschoben wurde, hat Wellh. darin
gesehen, dass „die Äusserung 7 9, eine Lästerung gegen Gott und den König, dem Priester
zu seinem Vorgehen Anlass gab". Möglich sei auch, dass „der Priester eben an diesem
Punkte die Rede des Sehers unterbrach". Ursprünglich gehörte jedoch der Abschnitt an
das Ende, also nach 9 7, vgl. Einl. III 1.
Im übrigen ist dieser erzählende Abschnitt von der grössten "Wichtigkeit; denn er
giebt uns Kunde davon, dass Amos in Bethel aufgetreten ist und in den Jubel der dort
zum Feste versammelten Menge die Botschaft Jahwes vom Untergang Israels hineingerufen
hat. Dann aber lernen wir auch aus diesem Konflikt zwischen Priester und Prophet, wie
damals die Priester das Prophetentum beurteilten und wie wenig Verständnis die offizielle
Religion der in Amos sich ankündenden neuen Phase der prophetischen Religion ent-
gegenbrachte.
10 11 Der Rapport an den König. 10 Amasja ist der Priester von
Bethel d. h. der Oberpriester; die andern Priester, die neben ihm am Heiligtum
fungierten, waren seine Untergebenen. "über Bethel s. zu 3 u. Die
Meldung an den Herrscher des Landes lautet: "IUI '^l'hv^ l^jj eine Verschwörung
hat Amos gegen dich angezettelt mitten in Israel. Aufforderung zum Aufruhr
sieht Amasja in den Worten des Propheten, die Erinnerung an die Sendung
Elisas an den Nimsiden Jehu II Reg 9 1 ff. konnte ihm diese Deutung em-
11*
Am 7 10 212 A.m 7 U
pfehlen. Das Land kann alle seine Worte nicht fassen, dieses Bild ist
hergenommen von dem Füllen eines Gefässes, in das man zu viel hineinstopfen
will. AVie solches das Gefäss zum Bersten bringt, so geht der Staat aus den
Fugen, wenn alle diese aufrührerischen Reden weiter geduldet werden. 11^
enthält keine falsche Interpretation der Worte des Propheten. Was beim
Sturze der Dynastie dem Träger der Krone bevorstand, konnte nicht zweifel-
haft sein, vgl. die Angst Alias' Jes 7 2; dagegen hat Amos die Deportation,
V. ll^ nicht unmittelbar vorher gedroht, s. jedoch 5 27 6 7 und vgl. die Vor-
bemerkung zu 7 10-17.
12 13 Die Ausweisung des Propheten. 12 Amasja wartet die
königlichen Weisungen nicht ab — jedenfalls ist von solchen nichts be-
richtet — , sondern schreitet als getreuer Diener des Staates in heiligem Eifer
selber ein und sucht durch Ausweisung den fremden Seher zum Schweigen in
Israel zu bringen. Er nennt Amos r\p, Seher (eine Bezeichnung, die wie das
parallele n«h in vorexilischer Litteratur selten ist, vgl. Jes 30 lo Mch 3 7
IISam24ii), offenbar mit Rücksicht auf die Visionen und gewiss auch mit
einem leichten Anflug von Ironie = Hellseher, der du allein von allen Menschen
zu sehen vermeinst. Mache, dass du fortkommst ins Land Juda, und suche
dort dein Brot und prophezeie dort! Zu dem sog. Dativus ethicus in ^^TIIS s.
Ges.-Kautzsch27 § 119 s. Amasja sieht in Amos nichts anderes als den Ange-
hörigen einer Prophetengilde, der das Prophezeien als seine Profession übe,
um von den milden Gaben, die man solchen Propheten für ihre Dienste zu
spenden pflegte, zu leben (Mch 3 5 ii). Darum weist er ihn in seine Heimat,
nach Juda, zurück, dort mag er seinetwegen am Ende auch gegen Jerobeam
predigen, jedenfalls solle er dort seine Wirksamkeit entfalten, denn er werde
dort vor der eigenen Thür noch genug zu wischen finden und, wenn er denn so
gut sehe, doch zuerst den Balken in seinem Auge und bei seinen Leuten sehen.
S. noch zu V. 14. 13 zeigt das hohe Amtsbewusstsein des am Staatstempel
angestellten Priesters. In Bethel (zu 'p^Tl^? = "ns s. zu 2 8) aber darfst du
nicht länger prophezeien; denn das ist ein Königsheiligtum und ein Reichs-
tempel. Wir würden für HD^Dö n^n Staatskirche sagen. Es war demnach in
T T I - - O
Bethel ein auf Staatskosten errichteter und unterhaltener Tempel, nicht ein
Privatheiligtum, noch ein Tempel einer einzelnen Stadt. Allerdings gehörte in
die Hof- und officielle Staatskirche Amos nicht, der weder das „aus Rück-
sicht auf den König" noch das „5ia tov cpoßov toü Xaoü" (Mt 26 5 Joh 7 13)
kannte.
14—17 Die Antwort des Propheten. Zuerst 14 stellt Amos
fest, dass er nicht, wie Amasja meint, zur Prophetenzunft gehört, sondern einen
anderen Beruf treibt und von diesem, nicht von milden Gaben lebt. Ich
bin kein Prophet, nicht das, was Amasja und was man damals allgemein unter
einem ^^"^nj sich vorstellte, auch kein Angehöriger der Prophetenzunft, dieser
Prophetengenossenschaften, die als Familien beisammen wohnten, deren An-
gehöriger daher „Prophetensohn" i^"*??')! hiess. Dass Amos von den Propheten
nicht gering denkt, ersieht man aus 2 ii; aber allerdings er gehört nicht in
ihre Reihe und wenn später er und Männer seiner Art „Propheten" genannt
Am 7 14 213 Am7j6
werden, so geschieht das oline seinen Willen. Über die Prophetengilden und
die neue Phase des Prophetentunis, die mit Arnos auf den Plan tritt, s. meine
Gesch. der israel. Rel.^ § 31 S. 121 ff. Sondern Sckafhirt hin ich und
Sykomorenzüchter. Statt 1j?12, das als denominativura von Ijj^ Amos im
Widerspruch mit v. 15, wo nur von )«:J Schmalvieh die Rede ist, und mit 1 i
(s. dort zu D'^npi?) zu einem Hinderhirten macht, ist nj?i: = Schafhirt (s. zu 1 i j
zu lesen, vgl. LXX aluoXo;, Ziegenhirt; die Verderbnis von i in n und von *T
in 1 ist leicht verständlich. dS13, Stt. Xe^., hat nach dem Äthiop. und
Arab., wo öalas eine Feigen- resp. Maulbeerfeigenart bezeichnet, die Bedeu-
tung von mit Feigen zu thun haben, Feigen ziehen, und nöp^ (griech. dasselbe
Wort oüxajxivo;) ist der Maulbeerfeigenbaum, die Sykomore. Die LXX giebt
mit ihrer Übersetzung: xvi^cov auxdtjxiva, Maulbeeren kneif end, ritzend, die wich-
tigste Thätigkeit des Sykomorenpflanzers an; denn um die Maulbeeren geniess-
bar zu machen, müssen sie vor der Reife am Baume mit einem Nagel oder
Eisen punktiert, geritzt werden, dann fliesst ein Teil des herben Saftes ab und
der zurückbleibende kommt in Zuckergährung. Jedenfalls sind Maulbeeren
keine vornehme Speise, vgl. Tkisteam Natural History of the Bible^ (1889)
S. 397—400, RiEHM HbA und Guthe Kurzes Bibelwörterbuch sub Maulbeere,
EncycL bibl. sub Figtree.
Wenn Grätz und Oort hauptsächlich auch aus der Angabe, dass Amos Sykomoren-
züchter gewesen sei, schliessen wollen, Amos sei kein Judäer gewesen, so mag es richtig
sein, dass Klima und Boden von Thekoa auch damals für Sykomoren ungeeignet waren,
aber gleichwohl nötigt die Stelle uns nicht zu diesem Schlüsse; denn die Schafhirten von
Thekoa nomadisierten mit ihren Herden, und so weit ist es von Thekoa nicht bis zum
Toten Meere oder zur Schephela (vgl. IReg 10 27), dass sie nicht dort Landstücke ihr
eigen nennen konnten, welche zur Maulbeerfeigenzucht warm genug waren. Noch viel
weniger Gewicht zur Bestätigung der Annahme nichtjudäischer Herkunft des Propheten
kann dem beigemessen werden, dass Amasja v. 12 nicht sagt: kehre zurück in das Land
Juda. So hätte er gew^iss sagen können, aber nicht sagen müssen; dass er Amos heim-
schickt, klingt deutlich genug aus seinen Worten, vgl. zu v. 12, ferner zu 1 1.
Weiter betont Amos 15, |dass auch jetzt der Grund zur „Unterbrechung
seines ordentlichen Berufes" die aussergewöhnliche Aufgabe ist, mit der ihn
Jahwe betraut hat. Nicht irgend ein willkürlicher Entschluss oder gar das
Verlangen nach milden Gaben, sondern Jahwe (zur Hervorhebung bei beiden
Verben gesetzt) führte ihn nach Bethel und gab ihm auch den Auftrag zu
sprechen, vgl. 3 8. Amos wäre noch jetzt bei seiner Herde, hinter derselben als
Hirte, wenn ihn nicht Jahwe von dort i^'^T\)^y^) weggenommen hätte. "!?S ist
schwerlich hier = an die Adresse zu fassen, sondern = ^j; über, wie v. 16; die
Abschreiber haben "^{J und ^y vielfach promiscue gebraucht. Endlich
16 f. wiederholt Amos seine Weissagung, aber so, dass er Amasja zeigt, welches
Geschick ihm beim Untergang des Staates widerfahre. nrij^"! Und nun
seih da ich dir nicht zu gehorchen habe, sondern Jahwes Wort zu verkünden
geschickt bin. Eine denkwürdige Begegnung! Der Schafhirt von Thekoa ist
der Bote Jahwes an den Oberpriester von Bethel! Der Priester will dem
Hirten das Wort verbieten, weil er darin eine Lästerung Gottes und des
Königs sieht, und muss doch von ihm sein Urteil, das Jahwe gesprochen hat,
vernehmen. ^^^n wird doch, wenn es auch kein verächtlicher Ausdruck
Am 7 16 214 Am 8 2
ist, besagen sollen: (Du sagst,) ich solle nicht Worte verschwenden über das
Haus Isaaks. Winckler's niDS (nach v. 9) für n**? ist unnötig. 17 Dem
Wort des Priesters setzt der Prophet das Wort Jahwes entgegen, das ein rich-
tiges dreihebiges Tetrastich umfasst: Deine Frau wird %ur Ilure in der Stadt,
Deine Söhne und Töchter fallen durch das Schwert, Dein Grund und Boden
wird mit der Messschnur verteilt werden. Du selber aber wirst auf unreinem
Boden sterben. Bei der Eroberung wird die Frau des Oberpriesters in der
Stadt, da sie die vornehmste war, der Schändung durch die Feinde anheim-
fallen, vgl. Jesl3i6 Sachl4 2; dafür ist Hit „ein beleidigender Ausdruck"
(Wellh.). Die Kinder trifft der Tod; Amasja selber wird deportiert: sein
Grund und Boden, der offenbar weit und gross war, und auf dem er wohl sich
ein schönes Grab in Aussicht genommen hatte, wird mit der Messschnur aus-
gemessen, um an neue Ansiedler verteilt zu werden, vgl. Mch 2 4 Jer 6 12
II Reg 17 24; er selber wird im Exil sterben und in unreinem Boden begraben.
Die Fremde heisst unrein, weil man dort von Jahwes Angesicht fern ist, dort
Jahwe keine Opfer und Feste feiert und darum auch keine reine, durch die
Weihe auf Jahwes Altar geheiligte Speise zu essen bekommt, vgl. Hos 9 3-5
Gen 4 14 16 I Sam 26 19. Die letzten Worte 'IUI ^^l^l^M sind störend, denn
sie bringen nichts Neues, was nicht schon in y. 17 gesagt wäre; ausserdem be-
ziehen sie sich nicht speziell auf Amasja und endlich sind sie identisch mit
V. 11^ Sie werden deshalb späterer Zusatz sein, damit Amasjas Meldung an
den König v. 11 wirklich in diesem Punkte genau die Worte des Propheten
wiedergebe. „Merkwürdig, was ein Prophet im alten Israel alles sagen
durfte; dem Amos geschah offenbar nichts" (Wellh.). Anders war es schon
zur Zeit Jeremias und Urias, s. Jer 26, bes. v. 22-24.
5) Das vierte Gesicht: der Korb mit reifem Obst 8 1-3.
Wie in der dritten Vision 7 7-9 sieht Arnos auch hier ein Symbol. Aber es besteht
zwischen dem Symbol und dem, was es bedeutet, kein blosser Gleichklang, sondern ein
sachlicher Zusammenhang. Der Korb mit dem reifen Obst erinnert an das Ende des
Jahres, vgl. Ex 34 22, so ist auch für Israel der Herbst, das Ende herbeigekommen, vgl.
die von Wellh. zitierte instruktive Parallele Mt 13 29: 6 OepKjfxöc auvTsXsta alüjvo; laxtv,
ferner kann man an das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum erinnern Lk 13 6-9 ;
Jahwe lässt sich durch Amos nicht mehr zur Geduld bitten v. 2 (vgl. mit 7 2 5), der de-
finitive Untergang Israels steht unmittelbar bevor. Vgl. die Nachbildung dieser
Vision in Jer 24.
1 leitet die Vision ein wie 7 1 4 7, s. dort. ^1(5 hat etymologisch mit
}^j5 nichts zu thun, es bedeutet eigentlich Hitze, Sommer, vgl. Gen 8 22, dann
auch, wie hier II Sam 16 1 2 u. sonst häufig, Sommerobst, Sommer fruchte,
2 ist gebildet wie 7 8; deshalb muss aber nicht mit Gr. Hoffmann und Guthe
"p'lj^n für >^^T\ gelesen werden, "(^^j^n ist nur das Symbol für ^jpn, das Ende; das
Wortspiel unterstützt die Symbolik, vgl. auch Jer 1 11 f. Der Portschritt in
den Visionen ist deutlich: die dritte Vision kündigte die Überwältigung durch
unwiderstehliche Feinde, die Zerstörung der Heiligtümer und den Sturz der
Dynastie an, die vierte definiert die Katastrophe als das definitive Ende des
Volkes: das Ende ist gekommen über (zu 'h^ für ^J^ s. zu 7 15) mein Volk Israel.
Später hat dieser Begriff ^j; in der Eschatologie eine wichtige Rolle gespielt,
Am 8 3 215 Am 8 4
Vgl. Dan 8 17 19 9 26 11 27 35 40 12 4 6 13. 3 beschreibt näher die Art und
Weise des „Endes'': Statt des Freudenjubels erliebt sich trauriges Wimmern
und allerorten liegen die Leichen der Erschlagenen. Das wird im Allgemeinen
der Sinn sein, im Einzelnen bleibt jedoch manches unsicher. Für niT^, welcher
Plural sonst nicht vorkommt und nur die einzelnen lAeder bedeuten könnte,
ist mit HoFEMANN, Wellh. und den Neueren, auch Oettli, T\T\^ Sängerinnen
zu lesen; denn „Lieder können nicht heulen". Riedel will nach LXX cpaxvfi-
fiaxa nillp, Balken, herstellen; aber Hab 2 ii reicht nicht hin, das Bild von den
„heulenden Balken" glaubhaft zu machen. ^;p'n ist hier der Palast, nicht
der Tempel; es handelt sich hier nicht um Tempelsängerinnen, sondern um
Palastsängerinnen, die sich wie in Ägypten (Eeman Ägypten S. 340—346;
auch in Samarien beim Gelage der vornehmen Reichen vor den Gästen pro-
duzierten, vgl. 6 5. Da Jahwe schon v. 2'^ als Sprecher eingeführt ist und
spricht, ist die neue Angabe T\)TV\ •^i'^^^ ^^) überflüssig; auch das i^^T\7] D1'5 ist
schwerlich ursprünglich, da durch v. 2^ der Zeitpunkt bereits bestimmt und als
nahe bevorstehend bezeichnet ist, also der Nachdruck, der durch die Stellung
am Ende auf t^^HH W^ gelegt ist, nur einen Grund hat, wenn Sinje?ien Tag des
Gerichts, den die spätere Eschatologie am Ende der Tage erwartete, gedacht
werden soll. Um v. 3^* auf die Endzeit zu deuten, ist somit '^^T\':\ DI'? mit D«:j
njiT •'^'IS hinzugefügt, vielleicht auch bloss, um zu markieren, dass die ebenso
beginnenden Verse 9 f. die Erklärung zu y. 3^* bieten, vgl. zu v. 9 f. Für
DH '5]''^^n fehlt eine befriedigende Deutung. Die Übersetzung Güthe's: man
tcirft sie schweigend hin^ ist in keiner Weise zu rechtfertigen; denn nicht nur
ist die unbestimmte Fassung des Subjektes unsicher und das Objekt einge-
tragen, sondern auch DH sonst überall ein Imperativ (== still! vgl. 6 10), niemals
ein Adverb. Sollte Jahwe Subjekt sein, so wäre die I.Person, die von der
LXX geboten wird, erforderlich; aber dann passt wieder DH gar nicht. Liest
man mit Oettli den Impera. DH "JJ^li^n: Zahlreich sind die Leichen allenthalben:
wirf hin! pst! und erklärt: „So wird man sprechen, weil man an ordentliche
Bestattung nicht mehr denken kann", so ist der Beziehungslosigkeit der beiden
Wörter nur wenig abgeholfen und trotz 6 10 die Kürze des Ausdrucks so gross,
dass er ohne Kommentar unverständlich bleibt. Zieht man mit Oort ^^T\ vor:
allenthalhen sind in Metige Leichen hingestreckt, so gewinnt man nur ein
ziemlich bedeutungsloses Prädikat zu dem bereits vollständigen Satz und muss
obendrein noch mit Oobt DH entfernen, da es auch an den Anfang von v. 4
nicht passt. So bleibt DH "^^^ViT\ denn unverständlich; der Text ist offenbar sehr
verdorben, vgl. noch zu v. 11. Aber auch ohne diese beiden Wörter schliesst
die Schilderung des Untergangs Israels mit zwei kurzen, aber inhaltsreichen,
Grauen erweckenden Zügen ab: Es wimmern die Sängerinnen des Palastes,
Viel sind der Leichen allerorten. Gewimmer und Tod ist das Ende.
6) Ein Konglomerat von Stücken verschiedener Herliunft 8 4-14.
4—8 ein Drohwort an die reichen Kornwucherer, ein selb-
ständiges Stück, das in seiner Grundlage v. 45 7 auf Amos zurückgehen wird.
Es ist ähnlich aufgebaut, wie 41-3; nur bricht es, wenn es ganz erhalten ist,
mit dem kräftigen Schwüre Jahwes, dergleichen Thaten nimmer zu vergessen
Am 8 4 216 Am 8 6
(v. 7), ab, ohne eigens die Art und Weise der Strafe zu nennen. Den ersten
Vierzeiler bilden v. 4 und v. 5% den zweiten y. 5'' und v. 7; die ungeraden Zeilen
sind vier-, die geraden dreihebig. Eventuell lassen sich die Worte auch in vier
Distichen (v. 4; v. 5^; v. 5'^; v. 7) zerlegen. 4 Hört dies^ die ihr den Be-
dürftigen zertretet Und die Armen im Lande vergewaltigt, nst bezieht sich,
wie T[\T\ l^'inTl« 3 1 4 1 5 1, auf das Folgende, speziell auf den folgenden Schwur
V. 7, wie 4 1 auf 4 2. Zu D'^DStS^'n vgl. 2 7; für H^inti^^'j, das man als synkopierten
Inf. Hiph. = n^lStÄ^n^^, um aufhören zu machen, erklärt, vgl. Ges.-Kautzsch^^
§ 53 q, das aber mit seinem "J sehr lose sich anschliesst, ist nicht mit Hoffmann
nsu^b^, und gar am Sabbat, sondern nach LXX (xal xaTaSuvotaxeüovxs; vgl. 4 1)
mit NowACK D^(?^J^n zu lesen. Durch diese Herstellung werden Form und In-
halt verbessert. J. A. Bewee zieht auch hier wie 2 7 (s. dort) vor, ^i^ihj nach pS
einzusetzen (: sie bedrücken die Armen des Landes)^ und rechnet H'^iatÄ^^ (ohne b),
dem er den Sinn von „gänzlich" giebt, zum Vorhergehenden. Kein Grund
liegt vor, mit Kere "'D^ für ''UJJ zu lesen, vgl. 2 7 und Rahlfs ''^j; und IJj; in den
Psalmen. 5^ Die ihr sagt: Wann ist doch der Neumond vorüber, dass
wir Getreide verkaufen, Und der Sabbat, dass wir Korn aufthun! Bei dem
denominativen Hiph. HT^K^J ist das Nomen 15^ nicht am Platze; es fehlt mit
Recht in LXX. Das Korn aufthun ist prägnanter Ausdruck für die Kornsäcke
öffnen und das Korn zum Verkaufe bereithalten. Neumond und Sabbat
sind im alten Israel Feiertage, da ruhen die Geschäfte und sind die Speicher
und Buden geschlossen; deswegen waren es noch nicht, wie später, Tage ab-
soluter Ruhe, vgl. II Reg 4 23, aber die Kornwucherer mit ihren Krämerseelen,
denen an nichts als am Geschäft und am Gewinn gelegen war, befiel am Neu-
mond und Sabbat die blasierte Sonntagnachmittagslangeweile. 5^ setzt
der Prophet ein, um mit seinen Worten in ihrer Rede fortfahrend die wahre
Art dieser Kornjuden zu kennzeichnen, die sich nicht nach ehrlichen Ge-
schäften und redlicher Arbeit, sondern nach dem unrechtmässigen Gewinne
sehnen, welchen sie aus ihrem Handel durch Übervorteilung der Armen er-
zielen: Um das Mass zu verkleinern und den Preis zu steig om Und die trü-
gerische Wage zu fälschen. Das Epha, das übliche Getreidemass, machen sie
klein, dagegen vergrössern sie das Schekel, das Gewicht, womit das Geld ge-
wogen wird, das der Käufer als Preis des Getreides bezahlt; ausserdem be-
trügen sie die Käufer dabei noch durch Verwendung falscher Wage beim
Abwägen des Geldes. Proleptisch heisst die Wage HD'ip ''^]^^, eine trügerische
Wage, sie wird das durch die Fälschung, welche die Kornverkäufer damit vor-
nehmen. Für T\)'s!T\ von n^J^, einem sekundären von HJJ? abgeleiteten Verbum,
wdrd man besser mit Wellh. rtj^^^, Inf. Pi. von njJJ, punktieren. Zur Sache
vgl. die Verurteilung der Unehrlichkeit im Handel Dtn 25 13-I6 Lev 19 35 36
Hes 45 10-12 Prv 20 10. 6 Der Anschluss von v. 6^ an y. 4 f. ist unver-
ständlich: nicht um den Ankauf von Armen und Bedürftigen ist es den Korn-
wucherern zu thun, sondern um den Verkauf ihrer Vorräte und das Heraus-
schlagen eines möglichst hohen Preises (Wellh., Nowack, Oettli). Wegen
der Ähnlichkeit mit 2 6 ist daher anzunehmen, dass die Worte als Glosse zu
n^D^l^n, das sich v. 4 und 2 7 findet, aus jener Stelle hierher an den Rand ver-
Arno 6 217 Am 8 8
setzt und nacliträjrlich bei der Aufnalime in den Kontext zur Angleichung durch
nii|p^, um zu kavfeUy eingeleitet Avurden. Zu dem Sinne v^l. 2 6. 6^ Und
den Abfall vom Korn wollen wir verkaufen, könnte nach Form (1. Pers. plur.)
und Inhalt zur Rede der Kornvvuclierer gehören; da jedoch das Sätzchen
weder in noch nach ¥.5**, wo es allenfalls hingehören könnte, eine passende
Stelle findet und die Annalime, dass es der Rest eines grösseren verlorenen
neuen Teiles der Rede der Kornwucherer sei, durch den jetzigen Fundort
hinter den Worten des Propheten v. 5*' und hinter der Glosse v. 6* niclit em-
pfohlen wird, sieht man darin am besten eine Randglosse zu v. 6^, die besagen
wollte, dass die Wucherer nicht nur schlechtes Mass und Gewicht führten,
sondern auch schlechte Ware, selbst Getreideabfall, verkauften, und die dann
im Gefolge der Glosse v. 6% die zu v. 4 gehört, in den Text kam. 7 schliesst
gut an V. 5 an: Der Prophet kennt das Treiben und den Sinn der Korn-
wucherer, Jahwe natürlich auch; darum kann die Strafe nicht ausbleiben:
Jahwe hat geschworen bei dem Stol%e Jakobs: Nie und nimmer icerde ich all
eure Thalen vergessen. Zu lesen ist, der Anrede v. 4 entsprechend, mit LXX
das Suff, der 2. Person Plur. DD'^'^J?)?. Jahwe, wie 4 2 und 6 8 durch himmel-
schreiende Ungerechtigkeit zum Schwüre veranlasst, schwört hier bei dem
Stolze Jakobs y 6 8 bedeutet dies den von Jahwe verabscheuten Hochmut
Jakobs; ist Ipt^ ]1S^ hier ebenso zufassen, so schwört Jahwe „höhnisch bei der
unabänderlichen Thatsache" dieses israelitischen Hochmuts (Wellh. u. a.).
Doch scheint es nicht ausgeschlossen, dass hier der Ausdruck eine etwas kon-
kretere Bedeutung hat und Jahwe selber als den Stolz Jakobs bezeichnen soll,
wie er das auch thatsächlich war, vgl. 5 u 18. Jahwe schwört dann auch hier,
wie 4 2 und 6 8, bei sich selber, der Sarkasmus ist bei dieser Fassung noch
schärfer, wenn Jahwe schwört: so wahr ich der Stolz Jakobs bin^ vergesse ich
nie eure Thaten, und der Kontrast zwischen Jahwe, auf den die Israeliten so
stolz sind, und Jahwe, der ihre Ungerechtigkeit nicht ungestraft lässt, erinnert
mächtig an den ähnlichen Ausspruch 3 2.
8 Mit der wohlverständlichen Ankündigung v. 7 kann das Stück v. 4-7 abschliessen ;
jedenfalls aber gehört v. 8 niclit mehr dazu. In den Mund Jahwes passte hier wohl die
Weissagung, dass er durch ein Erdbeben die entsetzliche Ungerechtigkeit ahnden werde,
nicht aber die Rechtfertigung über dessen Eintreten. Auch sprachlich ist die Verbindung
nicht einfach; denn T\^\'bv bezieht sich sachlich natürlich auf das v. 4 f. geschilderte Treiben
der Kornwucherer, müsste aber in engem Anschluss an v. 7, wo dieses Treiben mit DD^fe^Jö
zusammengefasst ist, n^«-^S? lauten. Die Frage: Soll daroh nicht die Erde erheben Und
alle ihre Bewohner in Trauer geraten? ist darum von einem Späteren hinzugefügt, der in
der Trauer über das Treiben der Gottlosen dem Gedanken Ausdruck verleihen will, dass
über solche Bosheit und Sünde die Erde selber in Beben und alle Menschen in Wehklagen
geraten müssen; vgl. das Erdbeben bei der Kreuzigung Jesu Mt 27 51, und überhaupt zu
der Anschauung, dass die Erde Anteil nimmt an dem Treiben ihrer Bewohner, wg\, zu
Jes 1 2^ und bes. Jes 24 19 f. Über psn tiiin als Ausdruck des Erdbebens s. zu I Sam 14 15.
I V T T - I •
Erst nachträglich ist zu dem sekundären Element, v. 8% aus 9 5 der Rest unseres Verses
herübergenommen ; aber die Ausmalung des Erdbebens passt nicht zu der Frage v. 8^,
während sie in 9 5 am Platze ist. Der Text ist verdorben, nach 9 5 ist ni<"'3 für "lio zu
lesen; mit nif^l^i^ wissen die Ausleger nichts Rechtes anzufangen, s. die Anmerkungen bei
Kautzsch; Hoffmann wollte n^'iii^, = sich auftürmen, lesen und Riedel will nti^"]^i1 im
Sinne von „herausgetrieben werden", „über die Ufer treten" nehmen (vgl. ferner zu 9 5).
Am 8 8 218 Am 8 11
Alles befriedigt nicht, das Wort gehört, wie 9 5 und LXX, wo es fehlt, zeigen, nicht in
den Text, npiril ist Schreibfehler für nyj^^il, wie das Kere liest. Für den Sinn vgl. zu 9 5.
9 1() Die Schilderung des grossen Gerichtstages als eines
Tages der Finsternis und der Trauer. Ausser der Einleitungsformel,
V. 9*^, bieten diese Verse zwei regelmässig gebaute Vierzeiler. Sie scheinen einem Ge-
dicht, welches den kommenden ünglückstag schilderte, entnommen und beigefügt zu sein,
um als Erklärung von v. 3^ ('??^'!} nil'^ ^^''r'^'ü'l) zu dienen, was denn auch die dort v. 3^ so-
fort folgende gleichlautende Einleitungsformel noch andeutet. Von Arnos stammt die
Schilderung wohl nicht: der Gerichtstag, den er verkündet, bringt nicht nur Trauer wie
um den einzigen Sohn und ist nicht nur wie ein bitterer Tag. Man hat sich daher nicht
den Kopf zu zerbrechen, ob die Sonnenfinsternis vom 9. Februar 784 oder die vom 15. Juni
763 V. Chr. die Anregung zu dieser Schilderung gegeben habe.
9 Mit der Einleitungsformel: Und es geschieht an jenem Tage, ist der
Spruch des Herrn Jahwe, schafft der Interpolator die Möglichkeit, das Zitat
mit '^n^^nni im Perf. consec. besrinnen zu lassen. Dass Zeichen am Himmel
den Tag Jahwes, vor allem auch den jüngsten Tag, begleiten, ist eine dem alten
und neuen Testament geläufige Vorstellung, vgl. Jes 13 lo Jo 2 lo 4 15 und
Maeti Gesch. der Israel. Rel.* § 69 S. 297; so heisst es hier: Ich lasse die Sonne
am Mittag untergehen Und über die Erde Finsternis eintreten am hellen Tage.
Für 11« DV2 liest Cheyne nach J er 15 9 das verständlichere DV 11^?. 10
Mit Angst und Trauer erfüllte eine Sonnenfinsternis die unkundigen Leute des
Altertums, dieselbe Wirkung wird der ünglückstag auf alle ausüben: Eure
Feste wandle ich um in Trauer Und all eure Lieder in Totenklage, Ich lege
an alle Hüfte das Trauergewand Und auf jegliches Haupt eine Glatze, Ich
mache, dass es ist wie Trauer um den einzigen Sohn Und das Ende davon wie ein
bitterer Tag. Mit den Festen, die fröhliche Tage sind, ist es aus, statt der
Jubelgesänge ertönen Trauerklänge. Das Anlegen des p'^, des rauhen Haar-
tuches, und das Scheren einer Glatze (vom Gesetze Dtn 14 i verboten) sind
Zeichen der Trauer, vgl. z. B. Hes 7 18 Jes 15 2 f. Jer 48 37. Als bitterste
Trauer gilt die Trauer um den einzigen Sohn, vgl. Jer 6 26 Sach 12 lo; in ähn-
licher Lage wird man sich, wenn das Unglück hereinbricht, befinden. Das
femin. Suff, in H'^riD^ und nn'iini?? entspricht unserem es (Ges.-Kautzsch27
§ 135 p), = die durch das Unglück herbeigeführte Lage. Das Ende davon
(„das Ende vom Lied" Wellh.) ist keine Aufhebung des Unglücks. Wo die
Sonne des Glücks am hellsten scheint, bricht die Nacht des Unglücks herein
und es folgt darauf kein Morgen eines glücklichen Tages.
11—14 Der Hunger nach dem Worte Jahwes und das Ver-
schmachten der blühenden Jugend. NachdenEinleitungsformelnv.il
und V. 13 scheint der Abschnitt in zwei selbsländige Stücke zu zerfallen, die, wie unsere
Überschrift zeigt, zwei besondere Themata behandeln. Aber diese von Wellh. und Nowack
befolgte reinliche Scheidung zwischen v. 11 f. als späterer Zuthat und v. 13f. als ursprüng-
lichem Texte beraubt das zweite Stück des nötigen Anfangs, der vielleicht in Elementen
von V. 11 f. wenigstens zum Teil noch zu finden ist. Gewiss aber kann einem Amos nicht
ein Spielen mit dem Durst zugetraut werden, dass dieser zuerst vom figürlichen und dann
vom eigentlichen zu verstehen wäre. Es wird daher, da v. 13 f. den ursprünglicheren Cha-
rakter tragen, geraten sein, die Elemente für sekundär zu halten, welche vom figürlichen
Durste handeln, also v. 11^ und v. 12^. Was übrig bleibt, kann mit Abzug der Ein-
leitungsformeln zu Anfang von v. 13 Fragment eines von Amos herrührenden Kedestückes
sein. Vielleicht ist dieses hier eingefügt zur Erklärung von v. 3^', wie v. 9 f. zur Erklärung
Am 8 11 219 Am 8 14
von V. 3* (s. oben zu v. 9f.), und ist selbst das unverständliclie DH "^'^ti^n v. 3 noch
eine Spur, dass dorthin vom Sammler das Stück mit Ul np, ^nnblf^n^, v. 11-14, gestellt
sein wollte.
Die Umdeutnng auf den figürlichen Hunger weist auf eine tiefe Erkenntnis von dem
Werte des Wortes Gottes und dem Bedürfnis der Memschcnscele hin, vgl. Dtn 8 3 Joh 4 34;
sie könnte auf denselben zurückgelicn, der in v. 8'^ seinen Schmerz über die Bosheit und
Sünde bekundet. Wenn man die Verse ganz auf Amos zurückführen dürfte, wäre darin
eine Antwort auf die Abweisung seines prophetischen AVortes durch Amasja in Bethel
7 10-17 zu sehen. Die Israeliten werden einst noch die Not, ohne Gottes Wort zu sein^
erleben müssen, vgl. Sauls Lage I Sam 28 6.
11* wird alter Text sein, die gleiche Einleitungsformel kommt auch 4 2
vor und an dem Hiph. Tii'ht^T^ ist kein Anstoss zu nehmen, da es auch Ex 8 17
bezeugt ist. Den Gebrauch mit 2JJ1 als Obj. vgl. auch Hes 14 13. Dagegen
fehlt der parallele Stichos zu p«!i ^j;i "^rin^ti^n'i, der etwa gelautet haben
mochte: Und einen Durst unter all seine Bewohner. 11^ ist umdeutende
Glosse, s. die Vorbemerkung zu v. 11-14 und beachte n)T\] in der Rede Jahwes;
nach LXX, Pesch., Vulg. ist 15"! für ^'ll^ zu lesen, wie auch einige MSS. u.
V. 12 bieten. 12% Da werden sie von einem Meere %um andern wanken
Und vom Norden zum Osten umherschweifen (^t^^lti^^ ist zum zweiten Stichos zu
ziehen), gehört zum ursprünglichen Texte; zu ^))) vgl. 4 8. D^"*iy D'^p meint vom
Toten Meer zum Mittelmeer, das Tote Meer ist auch II Reg 14 25 die Grenze
des Nordreichs; dass dem Norden gegenüber der Osten erscheint, erklärt sich
daraus, dass mit dem Toten Meer bereits der Süden genannt ist. Von
ti^j55^ an gehört 12^^ wieder zu der in der Vorbemerkung gekennzeichneten üm-
deutung, die dem DJ'IJ^ D^^lp auch den weiteren Sinn: „von einem Ende der Erde
zum andern" beilegen mochte; zu dem Senden und Reisen nach Orakeln vgl.
Dtn 30 11-14 Jes 57 9 10. Übrigens scheint dieser Zusatz einige zum alten Be-
stand gehörige Stichen verdrängt zu haben, die etwa von dem Verhungern der
Bewohner des Landes gesprochen haben mögen. Der durch Einschub und
Ausfall unterbrochene Zusammenhang wird notdürftig hergestellt durch Ein-
fügung von ^^'nT^ D1*5 zu Anfang von 13, was allerdings zu dem D*»!?^^ v. 11 wenig
passt. Gesagt wird, dass der von Jahwe geschickten Hungersnot auch die im
blühendsten und kräftigsten Alter Stehenden erliegen: Es werden ohnmächtig
die schönen Mädchen Und die jungen Männer vor Durst. Das Hitpa. T\)t\'^T\7\
von ^bj;, bedecken, verhüllen, bedeutet sich verhüllen = es wird ihnen schwarz
vor den Augen, sie fallen in Ohnmacht, vgl. das Pu. Jes 51 20 und das Arabische
^^S' i^^' In 14 ist wahrscheinlich der letzte Stichos an die Spitze zu
stellen, wodurch wenigstens der deutliche Parallelismus zwischen Dan und
Beerseba zu seinem Rechte kommt: Und sie fallen und stehen nicht wieder
auf, Sie, die bei dem, Gott von Bethel schwören, Und die da sagen: so wahr
dein Gott lebt, Dan! Und so wahr dein Patron lebt^ Beersebai Die Beschrei-
bung der Israeliten mit dem Partie. D'^J^^l^^H und dem dasselbe fortsetzenden
Verbum fin. ^^DJJ zeigt die Verblendung, in welcher sie leben, und bringt nach-
träglich den Grund, warum sie dem Untergang anheimfallen. Der Kultus ist
ihre Illusion, er wiegt sie in frohe Hoffnungen auf die Zukunft ein und ver-
schliesst ihnen den Blick für die wahren Forderungen Jahwes. Das ist das
Am 8 14 220 Am 9 1
Ceterum censeo des Propheten, vgl. z. B. 5 21-27. Es handelt sich so wenig, wie
sonst bei Arnos, um Götzendienst, sondern nm den Kultuseifer für Jahwe.
Auch spricht der Propliet nicht nur gegen diesen Kultus, weil man Jahwe in
einem Bilde verehrte; in Dan und Beerseba hatte man ebenfalls Bilder von
Jahwe, ohne dass der Prophet ein missbilligendes Wort gebraucht. Der Aus-
druck: „die Schuld von Samarien" verurteilt dagegen von späterem Standpunkt
aus die in Nordisrael geübte bildliche Darstellung Jahwes, die von Jerobeam
eingeführt galt. ]11)^y meint nicht wie bei Amos 4261 die Stadt Samarien,
sondern das ganze Nordreich; als dessen Schuld gilt den Späteren das Gottes-
bild von Bethel, vgl. zu Hos 10 10 „die beiden Sünden" seil, von Bethel und
Dan. Amos hatte offenbar einen unverfänglichen Ausdruck gebraucht, ver-
mutlich '?i5?"n"'? ^«, vgl. Gen 31 13 (so Wellh., Cheyne Art. Amos in Encycl.
Bibl.). Diese Annahme wird besser sein, als die von W. B. Smith, Stade u. a.
vorgeschlagene Lesung ni^'i^ für riDl^S, wobei man an die von Ahab in Sa-
marien errichtete Äschere zu denken hätte I Reg 16 33 II 13 6. Das
Schwören bei einem Gott kennzeichnet die Verehrung, die man ihm zollt, die
Zugehörigkeit zur Gemeinschaft seiner Verehrer vgl. Dtn 6 13 10 20 Jer 4 2
5 7 12 16 Zph 1 5 Jes 48 1. Dan nennt das altberühmte (s. Jdc 18 30)
Heiligtum im Norden des Landes, in der Nähe von Caesarea Philippi, heute
Tell-el-Kädi. Zuletzt wird noch Beerseba als wichtige heilige Stätte ge-
nannt, vgl. 5 5; der Schwur 'rj'i'] ''ri ist unverständlich, denn man kann weder
beim Leben der Reise = Wallfahrt nach Beerseba, noch bei dem der Weise
= des Rituals von Beerseba schwören. Das ^ von "jlT ist offenbar Suff, der
2. pers., und 11 ist in 11 Liebling^ besonderer Schutzgott (vgl. HJ^I Hi 17 21) zu
verbessern, so Hoefmann, Winckler (Altorient. Forsch. I, 194f.), Cheyne,
VON Gall (Altisr. Kultstätten 49), Oettli; weniger gut vermutet Wellh. ^I^f?
= beim Leben deines Quells. 111 als Epitheton Gottes findet sich in Eigen-
namen wie '^lll und ^njlll (etwa = Jahwe ist mein Patron) und so versteht
Winckler Hin ^«1« in Z. 12 der Mesa'-inschrift = den Altar ihres (seil, der
Stadt) Schutzpatrons. Jahwe ist sowohl der Gott von Bethel, wie der Gott
von Dan und der Patron von Beerseba, aber er offenbarte sich an den be-
sonderen von den Kanaanäern übernommenen Kultstätten in einer besonderen
Weise, s. Marti Gesch. der Israel. ReL^ § 25 S. 87 f. Jahwe ist der Stolz
der Israeliten, und dieser Hochmut bringt sie zu Fall.
7) Das letzte Gesicht: Jahwe zerstört selbst sein Heiligtum und vernichtet
die Israeliten, seine Verehrer 9 1-7.
Die beiden ersten Gesichte zeigten, wie Jahwe auf des Propheten Fürsprache hin
noch Schonung übte, das dritte kündigte die Zerstörung an und das vierte meldete, dass
die Zeit des Endes gekommen sei, das fünfte schildert das abschliessende Gericht: Die
Israeliten sind zu Bethel beim Heiligtum zum Feste versammelt; Jahwe selber zerstört
das heilige Gebäude und erklärt, dass er sein Volk vollständig zu vernichten im
Sinne habe.
1—4 Die Erzählung über das Gesicht und die Erklärung
Jahwes. 1 Der Prophet sieht Jahwe nstöiT^j; :i?i d. h. stehend bei
(nicht: auf, vgl. IReg 13 1 Gen 24 13) dem Altar des Tempels zu Bethel, diesem
wichtigsten Heiligtum des Nordreichs, vgl. 7 13; Jahwe ist natürlich von über-
Am Ol 221 Am 9 2
menschlicher Grösse, er überragt den Altar weit. Die Fortsetzung bietet
mancherlei Schwierigkeiten: Man weiss nicht, an wen Jahwe den I^efehl
richtet, doch kaum an den Propheten, der ja nicht an den Knauf des Tempels
hinaufreicht, aber wohl auch nicht an einen Engel, von dessen JJasein der
Prophet nichts bemerkt, und dann sieht man nicht ein, warum nachher von
Hhn« an Jahwe alles selber ausrichtet. Es hat daher vieles für sich, dass mit
VI V '
VoLz ThLZ 1900, Sp. 291 "Jjn für Tjn zu lesen und 1D«*5 vor D^^^ni, das selber
aus einer Verbalform in der 1. Person verdorben ist, zu stellen sei; demnach
fährt die Erzählung von der Vision fort: Und er seil. Jahwe schlug den Knauf
und es erbebten (1. Tl) die Schwellen und er sprach, 1ir\ö?, in Ex 25 3i etc.
eine kugelförmige Verzierung am Schaft und an den Armen des goldenen
Leuchters, bedeutet wie Zph 2 u (s. dort) die Säulenknäufe, die Kapitale, auf
denen die Balken des Daches ruhen. Werden diese Kapitale mit gewaltiger
Wucht zerschlagen, so gerät das ganze Gebäude ins Wanken, bis in die Funda-
mente erbebt es und stürzt schliesslich ein, wie das Heiligtum Dagons, dessen
Säulen Simson brach (Jdc 16 29f.). Unter den D^'öp hat man daher, wie überall,
die Unterschwellen und nicht die Oberschwellen zu verstehen. Schon sieht
der Prophet das Heiligtum unter den Schlägen Jahwes wanken; was Jahwe im
Sinn hat, erklärt er dem Propheten, der Vision geht auch hier die Audition zur
Seite. Es sind vier Tetrasticha, die die göttliche Erklärung, dass die Is-
raeliten dem definitiven Untergang geweiht sind, geben: v. i (von Dj;^:i^ an) -4.
Das erste Tetrastich ist in der ersten Zeile nur in beschädigtem Texte er-
halten: D^3 ty«15 QJZ??^ (so ist die am besten bezeugte Lesart, nicht W^^y)
übersetzt man gewöhnlich: %er schmettere sie (wen? die Schwellen? oder die
bereits zerschlagenen Kapitale?) auf ihrer aller (wessen? der Kapitale? der
Israeliten?) Haupt! die Form Dj;^? ist zwar Impera. c. suff., aber nicht durch
Zurückziehung des Tones aus Dy^!l abzuleiten (so Ges.-Kaützsch^^ § 61g),
sondern auf 1Dj;!J!l zurückzuführen, wie Dn:iini 9 4 auf 1Dn:inni, vgl. iDnpi?? Ps 73 6,
d. h. das Suffix ist an den konsonantisch auslautenden Imperativ getreten und
das Pathach bei dem jetzigen Suffix hat sich parasitisch eingeschlichen nach
dem Wegfall von 1, wie in Dn^ini, s. M. L. Maegolis AJSL 1902, October 45—
t^ ' -ATT-;-' '
48. Auf richtiger Fährte zur Emendation dürfte Volz sein, der ^J?11|l DJ???^
D^3 = ich werde im Erdbeben sie alle %er schmettern vorschlägt, wobei aller-
dings, da V?? niemals zerschmettern heisst, sein weiterer Vorschlag D^S^l^J
besser diesem Sinne entspricht. Vielleicht ist aber dem ^IHiJ im zweiten
Stiches parallel das Pi. j;^?« = ich töte eigentl. ist schneide ab (den Lebens-
faden), vgl. Jes 38 12 Hi 6 9, ohne Suffix, das die LXX nicht kennt, zu lesen,
sodass der ganze Vierzeiler lautet: Ich töte im Gedröhne (von dem zusammen-
stürzenden Heiligtum, vgl. Jes 29 6, oder im Erdbeben) sie alle, die zum Feste
hier versammelt sind, Und was übrig bleibt von ihnen^ bringe ich um mit dem
Schwert^ Kein einziger unter ihnen soll entrinnen Und auch nicht ein Flücht-
ling sich retten. Den Vers mit Löhr und Stäek (StK 1903, 157 ff.) auseinander
zu reissen, liegt somit kein Grund vor. 2—4 Wohin sie auch fliehen, sie
werden dem göttlichen Zorne nicht entrinnen; Jahwes Macht reicht überall
hin, vgl. hiezu bes. die berühmte Stelle von Gottes Allgegenwart Ps 139 7-12.
Am 9 2 222 Am 9 5
2, die zweite Strophe: Wenn sie in Scheol durchbrechen^ So langt sie meine
Hand von dort heraus, Und wenn sie in den Himmel hinaufsteigen, So hole
ich sie von dort herunter, inn sq. 3, durchbrechen, sich durchzwängen z. B.
durch ein Loch in einer Wand Hes 8 8 12 5 7 12, vgl. auch Jon 1 13, ist hier
passend vom „durch die Öffnung, die durch die Erde in die Unterwelt führt,
sich durcharbeiten" gebraucht; Scheol, der äusserste Gegensatz zum Himmel,
Avie Jes 7 11. 3, die dritte Strophe, nennt zwei andere, einander in
gleicher Weise gegenübergestellte entfernte und unzugängliche Verstecke, den
Karmel mit seinen Höhlen und seinem dichtbewaldeten Gipfel, wo schliesslich
ein Flüchtling noch zuletzt im Lande sich zu bergen hoffen konnte, und die
Tiefe des Meeresgrundes: Und wenn sie auf dem Gipfel des Karmel sich ver-
stecken, So spüre ich dort sie auf und hole sie her. Und wenn sie sich vor
meinen Blicken auf dem Meeresgrund verbergen. So befehle ich der Meer-
schlänge dort, sie zu beissen. ])? in D^p kann nicht nur den Ausgangspunkt
angeben, sondern ebensogut, wie in nnnp, partitiven Sinn haben: an jedem
Teile dort, überall dort. ti^nin, die Schlange, ist das mythologische Meer-
ungeheuer, das im Grunde des Meeres schlummert, aber immer wieder, trotz-
dem es einst besiegt worden ist, zu neuem Toben erwacht und von Jahwe
erweckt werden kann. Diese Anspielung zeigt, wie seit alter Zeit die Vor-
stellung von dem Meeresdrachen, diesem personifizierten Meer, in Israel be-
kannt war, vgl. ferner zu Jes 51 9f. Hi 9 13 26 12, und s. Günkel Schöpf, und
Chaos S. 81 f.; zugleich ersieht man aber auch, wie früh die babylonische Mytho-
logie durch die prophetische Erkenntnis von der Allmacht Jahwes überwunden
ist. 4, die vierte Strophe: Vom Schwert der Feinde mögen sie verschont
werden, da man sie in Gefangenschaft führen will, aber dem Schwerte Gottes
werden sie nicht entrinnen: Und wenn sie vor ihren Feinden her in die Ge-
fangenschaft ziehen, So befehle ich dort dem Schwerte, sie totzuschlagen. Ich
richte mein Auge auf sie Zum Bösen und nicht zum Guten. nn^n*"« ''^D^
vor ihren Feinden d. h. von ihnen getrieben, wie eine Herde vgl. Thr 1 5. Ein
menschlicher Eeind macht am Ende noch Gefangene, Gottes Zorn ruht nicht,
bis sie alle vernichtet sind; die Israeliten haben von der Illusion zu lassen, dass
sie meinen, Jahwe sei mit ihnen, er ist ihr Feind geworden und nicht ihr Heil,
sondern ihr Untergang ist jetzt sein Ziel, das er nicht aus den Augen verliert.
5 6, eine spätere Interpolation, die ähnlich wie die Doxologien 4 13 5 8f. eine
Reihe von Epitheta Gottes zusammenstellt, um seine Allmacht aus den Wundern der Natur
zu illustrieren. Der sekundäre Ursprung giebt sich auch hier deutlich zu erkennen; der
Anechluss an v. 4 fehlt: in v. 4 redet Jahwe, in v. 5 f. wird er beschrieben; ebenso ist keine
Verbindung mit v. 7 vorhanden, der auf die Gedanken von v. 4 zurückgreift; endlich fehlt
auch hier die Marke solcher Einschübe iDtt^ 7]\t}\ nicht, vgl. zu 4 13 5 8f. und siehe auch
K. J. Grimm a. a. 0. S. 77 f. Metrisch sind die beiden Verse zwei gutgebaute drei-
hebige Tetrasticha; zu v. 5^T s. die Erklärung. 5 Und der Herr Jahwe der Heere,
Der die Erde anrührt, sodass sie wogt Und sich überall hebt wie der Strom Und loieder
sinkt wie der Strom Ägyptens. Das Sätzchen nn ''nt5^1''"Vr ^^nsi scheint mir nicht wetren
des Metrums, obwohl dies meinen Eindruck bestätigt, sondern deshalb, weil hier in der
Naturschilderung der Gedanke an die Trauer der Menschen fernliegt und die Verbindung
von nn^y; mit iloril eine Zwischenbemerkung nicht gut verträgt, erst nachträglich einge-
schoben; es ist aus 8 8, wo es am Platze ist, herübergenommen, nachdem dort die Glosse
Am 0 5 223 Am 9 7
8 S'^ aus 9 5'^ eingedrimgen war. Dct Vers scliildert das Erdbeben, das unter Begleitung
von Sturm und Gewitter infolge der Berührung der Erde durch Jahwe eintritt. Es ist
ganz übel angebracht, wenn Riedel an dem einfachen nfc<';3 Anstoss nimmt, das ja gerade
durch die Beifügung des parallelen Stichos deutlich genug als „der Strom", der Nil,
Ägyptens erklärt wird; die Änderung in 1«2 und die gelehrten Zeugnisse dafür, dass bei
Erdbeben die Q,uellen auszutreten ])flegon, sind hier gänzlich unnötig. 0 Der im
Himmel seine Söller (1. rn^by oder in;^_y, das o ist Dittographie des vorangehenden t) er-
baut Und seinem Geivölbe auf Erden einen festen Grund ge<jehen hat^ Der die Wasser des
Meeres herbeiruft Und sie ausschüttet auf die Oberfläche der Erde, ni^« kann hier nur das
Himmelsgewölbe bedeuten, das sonst T^)") genannt wird; das iiraYYsXtav der LXX ist offen-
bar aus (TTpaYYOtXiav verdorben (ThLZ 1888, Sp. 417) und der hebr. Text daher nicht zu
verbessern, vgl. LXX zu Jes 58 6. Das Weltbild ist das bes. aus Gen 1 wohlbekannte, vgl.
Gen 1 6 20, ferner Ps 104 3 und s. die Abbildung bei Holztnger Gen S. 18. (>^ ist
identisch mit 5 8; siehe dort. Die Partizipien sind indifferent in Bezug auf die An-
gabe, ob eine Handlung abgeschlossen sei oder nicht; sie können daher perfektisch oder
präsentiscli (z. B. «Ilpn = der Rufer, der bis dahin rief und ferner rufen kann) gefasst und
mit einem Perf. sowohl, wie mit einem Imperf. mit Vav consec. fortgesetzt werden.
7, das letzte Wort Jahwes und seines Propheten an die Is-
raeliten, führt den Gedanken von y. i-4 weiter und begründet ihn: y. i-4 zer-
störte die Illusion der Israeliten, Yon Jahwe nur Heil erwarten zu dürfen, y. 7
spricht ihnen auch jegliche Prärogative Yor andern Völkern ab: die verachteten
Kuschiten sind am Ende Jahwe soviel wert wie die Israeliten und wie die Ge-
schichte der Israeliten hat er auch die Geschichte der andern Völker geleitet.
Die Berufung auf die Errettung aus Ägypten ist hinfällig. Der Ausspruch ist
die Spitze der Gedanken des Arnos, die scharf formulierte Konsequenz der-
selben; weder hat sich der Prophet vom Affekt zu dieser Erklärung fortreissen
lassen, noch stellt er sich in Widerspruch gegen früher Gesagtes. Auch 3 2
liegt der Gedanke ganz fern, dass Jahwe an Israel gebunden sei; die Wirklich-
keit einer Prärogative Israels müsste sich in ganz anderem Verhalten gegen
Jahwe erweisen, s. zu 3 2. Und wenn Israel bisweilen Jahwes Volk heisst (7 15
8 2), so gebraucht der Prophet den üblichen Ausdruck und seine wahre Er-
kenntnis tritt in y. 7 zu Tage. Nicht ein Widerspruch in den Gedanken des
Propheten tritt hier hervor, sondern der Gegensatz seiner tief sittlich-religiösen
Auffassung zu der des israelitischen Volkes hat sich ihm immer klarer heraus-
gestellt. Die Prärogative Israels ist eine vermeintliche; mit einem anderen
Volk kann Jahwe seinen Plan verwirklichen. So traurig für Israel das Wort
Y. 7 klingt, so lautet es nicht trostlos für die Sache Jahwes, welche der Prophet
vertritt. Es ermöglicht eine Hoffnung für die Zukunft; mit diesem Ausblick,
der nur angedeutet, nicht ausgeführt ist, schliesst Amos. Den Israeliten, die
dem Untergang geweiht sind, die weiteren Wege Gottes zu offenbaren, war für
ihn nicht der mindeste Anlass. Seid ihr mi?* nicht wie die Kuschiten, Ihr
Israeliten ? ist Jahwes Spruch; Habe ich nicht Israel aus Ägyptenland heraus-
geführt Und die Philister aus Kaphtor und die Aramäer aus Kir ? Die Ku-
schiten oder Äthiopier (s. zu Gen 10 6) werden hier den Israeliten gegenüber-
gestellt wohl einerseits als ein weitentferntes und andererseits als ein verachtetes
schwarzfarbiges Sklavenvolk (vgl. Jer 13 23), das trotzdem Jahwe so nahe und
so wertvoll ist, wie die Israeliten. 1inD3 ist wahrscheinlich Kreta, LXX
bietet dafür Kappadocien; über die Heimat der Philister = Purasati s. zu
Am 9 7 224 Am 9 8
Jdc 3 3. Über y^^ die Heimat der Aramäer, d. h. wohl der damascenisclien,
vgl. zu Vb, Dieses letzte gewichtige Wort des Propheten bildet ein vier-
hebiges Tetrastich.
8) Ein fremder Anhang: Ein Ausblick in die messianisciie Zeit 9 8-i5.
Der Anhang ist hinzugefügt, um die schweren Drohungen und Verkündigungen
des Gerichts, die gerade am Schlüsse so scharf lauten, zu mildern und zu korrigieren.
Nicht anders denn als Korrektur kann es verstanden werden, wenn v. 8-12 die v. 1-4 mit
Deutlichkeit hervorgehobene Vernichtung aller Israeliten darauf einschränkt, dass die
Drohung nur das sündige E,eich und nur die Sünder treffe, vgl. speziell, was von den
Augen Jahwes v. 8 und v. 4 und was von dem Schwerte v. 10 und v. 1 gesagt ist. Eine
Korrektur ist es auch, wenn v. 13-15 eine Zukunft herrlicher Fruchtbarkeit des Landes
schildert, mit der gleichen Formel wie 8 11-14 eingeleitet, wo die Hungersnot und auch
das Verschmachten der blühendsten Jugend in Aussicht gestellt ist. Ebenso soll die
Wiederaufrichtung des davidischen Reiches v. 1 1 f. dem scharfen Urteil v. 7 entgegentreten.
So schliesst schon der Inhalt die Möglichkeit aus, diesen Anhang auf den Propheten
Amos zurückzuführen. Arnos müsste „sich selbst völlig vergessen" haben, um auf einmal
„Rosen und Lavendel statt Blut und Eisen" auszuteilen (Wellh.). Hier hilft es nicht, mit
dem angenommenen hypothetischen Charakter diese so bestimmt lautenden einander ent-
gegengesetzten Verkündigungen für den einen Amos zu retten, und ob viele in der Para-
doxie der hier ausgesprochenen Hoffnung einen Beweis für den göttlichen Ursprung der
Prophetie sehen werden, ist doch zu bezweifeln. Auch im Einzelnen tritt deutlich ein
anderer Standpunkt hervor, als der ist, den Amos einnimmt, vgl. nur die Bezeichnung des
Nordreichs als „des sündigen Reiches" (s. zu v. 8), die zerfallene Hütte Davids, die uns ins
Exil weist (s. zu v. 11), und den Ausdruck nnif^ Siu^, der ebenfalls die Zeit des Exils voraus-
setzt (s. zu V. 14). Weiteres s. in der Erklärung. Eine solche Korrektur konnte ein
Späterer hier anbringen, weil die spätere Theologie von der Zukunft ganz anders als Amos
dachte; dieser Theologie ist der Stoff entnommen, ihr konform musste ja auch Amos ge-
w^eissagt haben, wenn man seine Worte in der jüdischen Synagoge vorlesen wollte.
Vgl. bes. G. A. Smith The Twelve Prophets I?, 189—195; Cheyne The Expositor
1897, 44—47; K. J. Grimm a. a. 0. 88—91.
8—10 Nur die Sünder werden ausgerottet, die Guten aber be-
wahrt; die Korrektur zu y. i-4. Von einem Parallelismus der Stichen, wie
überhaupt von poetischer Form ist hier wenig zu merken; doch wird man jeden
der drei Verse als ein Tetrastich fassen dürfen, allerdings das dritte mit recht
kurzen Zeilen. 8 Siehe die Augen des Herrn Jahwe richten sich gegen
das sündige Reich ^ Dass ich es von der Erdoberfläche vertilge. Jedoch ist's
nicht so, dass ich ganz vertilge Das Haus Jakobs, ist der Spruch Jahwes, Da
Jahwe spricht, sollte man '>;"';;, meine Augen, ohne HliT ''J'llJ^ erwarten (Ooet
liest nin^ DiJ^ ''y^); aber so genau darf man bei den Späteren nicht sein, be-
sonders da vielleicht ein gewisser Nachdruck auf TWn^ ''^'T« liegen soll. Mit
dem sündigen Reich (vgl. JSir 47 21: DDH Hd'pdD), auf das die Augen Jahwes
gerichtet sind (vgl. dazu v. 4^) , ist das Nordreich im Unterschied von Juda
gemeint, das also „das fromme Reich" ist. Aber auf Juda nimmt Amos keine
Rücksicht (s. zu 2 4 f. 3 1 6 1), jedenfalls passt solche Wertung der beiden Reiche
viel eher zum Chronisten, der von „dem sündigen Reiche" nur noch spricht,
wenn es absolut nötig ist, als zu Amos. npr n"«?, wie b^^Ü\ n^? in v. 9, ist
nicht Nordisrael wie bei Amos 5 1 4 7 2 5 und Jesaja 9 7, sondern nach späterem
Sprachgebrauch das Reich Juda, zu dem de jure auch der Norden gehörte,
vgl. Jes 14 1 Jer 5 20 Ob v. nf. ^h ''? DD«, jedoch durchaus nicht, leitet
Am 0 8 225 Am 9 11
die eigentliche Korrektur ein, die liier eine direkte Negation von v. i-4 be-
deutet, wo ausdrücklich gesagt ist, dass kein Einziger mit dem Leben davon
kommt, auch der nicht, der von dem Feinde in die Gefangenschaft geführt
werden sollte. Das Gegenteil führt der v. 8^ begründende Vers 9 aus: Denn
siehe, ich gebe Befehl Und schüttle die Israeliten unter allen Völkern,
Gleichwie Getreide im Siebe geschüttelt wird Und dabei kein gutes Korn zur
Erde fällt. Hier ist doch die Rettung der Guten aus dem Exil verheissen,
wo sie nach v. 4 das Schwert erschlagen soll; hier ist das Exil und zwar, was
zu beachten ist im Gegensatz zu 5 27 und als Zeichen der späten Herkunft, das
Exil unter allen Völkern nicht das Ende, auch nicht der Durchgangspunkt
zum Tode, sondern zum Leben. Nur Staub und Spreu fallen zur Erde, das
Korn wird im Siebe bewahrt. Mit rrjDS ist das heute ghirbäl (J^ji) genannte
Sieb gemeint, dessen „Augen so eng sind, dass es nur Staub, Erde, Spreu,
flache oder beim Dreschen zerrissene Körner, aber keine guten, normal ge-
• •
bildeten durchfallen lässt" (vgl. Wetzstein über die Siebe in ZDPV 1891,
1—7, bes. S. 3 und 7 Anm. 2). Die Voraussetzung bei dieser Erklärung, dass
1TO, das gute Korn, den Kern, bedeutet, ist doch nicht unmöglich; 11"1^ ist
eigentlich der Knoten, woraus jedenfalls ebensogut, wenn nicht besser die Be-
deutung Fruchtknoten, Getreidekern, als die eines kleinen kompakten Steines
(? II Sam 17 13) sich ableiten lässt. Einen fremden Gedanken bringt man
herein, wenn man 11"l^ hier als Stein und Hins als das Grosssieb fasst, welches
die guten Körner durchlässt, aber Stroh und Steine zurückbehält, die man
dann mit der Hand zusammennimmt und nochmals auf die Tenne wirft, damit
sie noch einmal unter die Dreschmaschine kommen (so Peeuschen ZATW
1895, 24f., ähnlich schon Hoeemann ZATW 1883, 125). Denn der Zusammen-
hang fordert nicht die Darlegung der Durchführung der Strafe im Gericht,
sondern der Bewahrung in demselben. Kein gutes Korn geht im Exil unter
allen Völkern verloren, das besagt v. 9; ganz parallel ist Jes 27 12 die Aussage,
dass einst vom Euphrat bis nach Ägypten das Getreide ausgeklopft und die
guten Körner, die Juden, einzeln gesammelt werden. Die Konstruktion
ist auch hier, wie y. s, nicht glatt: auf ich befehle erwartet man Ausführung
durch andere, aber Jahwe thut es selber: ich schüttle, 10 Die Sünder
dagegen sollen umkommen: Durch das Schwert sollen sterben Alle Sünder
ineines Volkes, Die da sagen : es naht und sehreitet nicht vor Bis zu uns das
Unglück. Zu lesen ist mit Ookt u. a. ^^nj; D^j^n^i mPi, denn das Hiph. ^^^7) be*
deutet immer herzuführen, ebenso ist D'^*lipn in der Bedeutung entgegentreten
fraglich, und statt I^IJ^n bezeugt LXX nur das bessere ^l^lj;. Die Sünder sind
die Gottlosen, die an eine Strafe nicht glauben und vor jedem Unglück sich
sicher fühlen; solche gab es zu allen Zeiten, vgl. nur Jes 5 19 Jer 23 17 und
8. auch Mal 2 17.
11 12 Die Wiederaufrichtung des davidischen Reiches; die
Korrektur zu v. 7 : Dass Israel eine Prärogative vor allen Völkern zukommt^ ,
wird sich an jenem Tag d. i. in der messianischen Endzeit erweisen. In v. 11
mag man ein Tetrastich, in v. 12 ein Tristichon sehen. 11 An jenem Tag
richte ich die verfallene Hütte Davids wieder auf Und bessere ihre Mauerrisse
Kurzer HC zum AT XiU 15
Am 9 11 226 Am 9 14
aus Und richte ihre Trümmer wieder auf Und baue sie auf, wie sie in der Vor-
%eit war. Die Suff, sind in Unordnung; nach LXX, wie nach der Grammatik
ist zu lesen n^'ribnni n'^^lB (Wellh.). Wegen des Pluralsuff. \ry den Plural
th^liX] "1 näD zu lesen (so Hofpmann, Guthe bei Kautzsch), ist ein Missgriff.
Die Hütte Davids ist das davidische Reich und nicht die einzelnen davidischen
Gebäulichkeiten; dieses Reich ist im Verfall, liegt in Ruinen und Trümmern,
die Zeit seines Bestandes gehört den Tagen der Vorzeit. So kann nicht Amos
sprechen, sondern nur ein Späterer, für den das Exil und der Fall des da-
vidischen Reiches historische Thatsachen der Vergangenheit sind. 12
Wiederum ist die Konstruktion nicht ganz concinn, denn, wer die sie sind, ist
nicht gesagt; gemeint sind aber ohne Zweifel die Herrscher des davidischen
Hauses, die dann die Regierung führen, Dass sie den Rest Edoms in Besitz
bekommen Und alle die Völker , über die mein Name genannt war^ Ist der
Spruch Jahwes^ der solches thut. Das davidische Reich soll in seiner ganzen
früheren Ausdehnung hergestellt werden, vgl. Ps 60 8-12. Edom ist nicht das
Edom zu Amos' Zeit, sondern das durch schwere Heimsuchungen reduzierte
Edom, von dem z. B. auch Mal 1 3 4 spricht; darauf weist der Ausdruck Rest
Edoms und damit zugleich auf die späte Herkunft unserer Stelle. Alle
die Völker y über die mein Name genannt war^ sind die einst von David unter-
worfenen; durch ihn ist Jahwes Name über sie genannt , d. h. sie sind in seinen
Besitz, unter seine Herrschaft gekommen (vgl. z. B. Jer 7 10 Jes 63 19 Dan
9 18 19). Schon in den Tell-el-Amarna-briefen bedeutet: „seinen Namen nieder-
legen auf ein Land" nichts anderes als „es für sich in Besitz nehmen" s. ZDP V
1890, 140. Interessant ist der Wortlaut der LXX (cod. B): ottü); IxCititt)-
ocüaiv Ol xaiaXotTToi xwv dv&pwTicüv, was die hebr. Lesart D*]« n-*lfc^^ ^^IT ]^^^
voraussetzt. Act 15 17, wo diese Verse zitiert werden, fehlt auch das notwendige
Obj. Tov xupiov nicht, das nun aus dem NT auch in den cod. A der LXX ein-
gedrungen ist. Über einen ähnlichen Fall s. zu Ps 14 3. Jedenfalls hat man
aber den hebr. Text nicht darnach zu ändern. Vgl. hiezu Drivee.
13—15 Die herrliche Fruchtbarkeit des Landes in der mes-
sianischen Zeit; die Korrektur zu 8 ii-u (s. Vorbem. zu 9 8-15). 13 be-
ginnt wie 811: Siehe Tage kommen^ ist Jahwes Spruch ^ hierauf folgt das
Tetrastich: Da drängt sich der Pflüg er (1. tS^linn LXX) mit dem Schnitter Und
der Keltertreter mit dem, der den Samen streut^ Und es triefen die Berge
von Most Und alle Hügel zerfliessen. Wie Lev 26 5 schildert v. 13^ die SchnelKg-
keit des Wachstums und die E-eichlichkeit des kaum zu bewältigenden Ertrags
und V. 13^ wie die fast gleichlautende Verheissung Jo 4 18 die Fülle an Milch
und Wein. In der messianischen Zeit ist alles gesteigert: das Tempo des
Wachstums und das Quantum der Ernte; Verschmachten infolge von Durst ist
dann nicht mehr möglich, vgl. 8 13. 14, ein zweites Tetrastich: Und ich
führe im Geschick meines Volkes Israel die Wendung herbei^ das bedeutet "iW
T\\l)ä trotz Pkeuschen ZATW 1895, 1—74, vgl. zu Hi 42 10 (auch wenn diese
Stelle nicht vorexilisch ist) und Hes 16 53; dass aber hier damit die Restitution
aus dem Exil eingeschlossen ist, leidet keinen Zweifel. Also erweist auch v. 14
die Anhänge v. 8-15 als nachexilisch. Und sie werden in Trümmer liegende
Am 9 14 227 Am 9 15
Städte außauen und darin wohnen^ Sie werden Weinberge pßanzen und den
Wein daraus trinken. Und Gärten antegen und deren Frucht gemessen. Vgl.
die entgegengesetzte Ankündigung 4 9 5 n JJtn 28 30 33 30, aber auch die gleich-
lautende Verheissung Jes 65 21. 15, vielleicht auch ein Tetrastich: Und
ich pflanze sie in ihr Land ein Und nicht mehr sollen sie ausgerissen werden
Aus ihrem Lande, das ich ihnen gab, Hat Jahwe dein Gott gesprochen. Auch
dieser letzte Vers zeigt, dass wir das Produkt eines späten Autors vor uns
haben, der mit der Exilierung als einer vollendeten Thatsache rechnen muss;
die von ihm verheissene Wiederansiedlung im von Gott für immer gegebenen
Lande annulliert in kräftiger Weise die trostlose Ankündigung des Unter-
gangs Israels, selbst des ins Exil gelangenden Teiles desselben v. 4. Vgl. die
ähnlichen Verheissungen Jer 32 4i Hes 34 28 Jes 60 21 Jo 3 20. T'7^^ '^'''^^
dein Gott, wie auch 4 12 in einem späteren Zusatz (s. dort), ist von LXX der
gewöhnlichen Formel gleichgemacht: xupio; 6 Oco? uavtoxpaKDp.
Auf Schritt und Tritt zeigt sich die sekundäre Herkunft von v. 8-15. Wir mögen es
beklagen, dass die Worte der alten Propheten nur in solcher Umkleidung auf uns ge-
kommen sind; aber vielleicht haben wir es gerade diesen fremden Zuthaten zu danken,
dass wir von diesen Propheten überhaupt wissen und dass uns die so gewaltigen Worte
eines Amos nicht verloren sind.
1
r^*
Ob Einleitung I 228 Ob Einleitung I
OBADJA.
Einleitung,
I. Die Zusammensetzung des Buches« So klein das Buch Obadja (das
vierte in der Sammlung der Zwölf Propheten des hebr. AT's, das fünfte nach der
Reihenfolge der LXX) ist, so ist es doch nicht aus einem Gusse. Aufs klarste lassen
sich ein älterer Teil und ein späterer Anhang unterscheiden. Der ältere Teil um-
fasst V. 1-5 (s. zu V. 1 und v. 5 die Exegese) 7^^* 10-14 (zu v. 12 s. Exegese) 15^; sein
Inhalt giebt die prophetische Beurteilung einer soeben über Edom hereingebrochenen
Katastrophe: die Nachbarn, mit denen Edom bisher in Frieden lebte, haben es plötz-
lich überfallen und aus seiner Heimat vertrieben; dieses Unglück hat Edom durch
sein Verhalten gegen Juda verdient, als es gemeinsame Sache machte mit den Bar-
baren, die Jerusalem eroberten und Juda den Untergang brachten. Der spätere
Anhang besteht aus den Versen 16-21. Dieser Anhang tröstet Israel über das herbe
Geschick, welches es einst betroffen hat und noch immer in seinen Folgen schmerzt,
mit der Verkündigung des Gerichts über alle Völker und besonders über Edom,
sowie mit der Weissagung von der herrlichen Wiederherstellung Juda-Israels in
seinem alten Umfang. Endlich sind noch einer dritten Hand zuzuweisen die Verse
8 9 und 15^, die zusammengehalten sind durch den Begriff des Tages Jahwes, die
keine sichere Stellung im ursprünglichen Zusammenhang haben (s. zu v. 8 f. und v. 15^)
und die, wie weder der Verf. von v. 1-14, noch der von v. 16-21 es thut, die Verse 1-7
als Schilderung einer zukünftigen Katastrophe Edoms fassen. Von kleineren
Glossen und von Varianten ist auch unser Text nicht verschont geblieben, vgl. in
dieser Hinsicht die Exegese z. B. zu v. 5 6 7^? v. 12 v. 19-21. Wo so deutlich wie
bei Ob die verschiedenen Bestandteile sich von einander durch Form und Inhalt
unterscheiden (s. Nachweis in der Auslegung, bes. Vorbem. zu v. 15* 16-21), kann
weder gelegentliche Wiederholung derselben Ausdrücke (sog. responsio und inclusio)
die Einheitlichkeit beweisen, noch der Umstand, dass es gelingt, den Text in dem
Schema von Strophen und Antistrophen unterzubringen (vgl. die Disposition des
Textes bei CoNDAMDSf).
Ob Einleitung II 220 Ob Einleitung II
II. Die Zeit der Entstehung des älteren Teiles (v. 1-5 7^^^' lo-u 15';. Die
beiden Ereignisse, von welcben die Rode ist: Jerusalems Eroberung durch Barbaren
unter Edoms Teilnahme und die Vertreibung Edoms aus seinem Lande durch die
arabischen Nachbarn, müssen die Bestimmung der Entstehungszeit ermöglichen.
Das erste Ereignis führt uns mit aller Sicherheit auf das Jahr 586, da Jerusalem von den
Chaldiiern erobert wurde; dass damals die Edomiter beteiligt waren, erhellt klar aus
Hes 35, vgl. auch Ps 137 7 Thr 4 21 f. Wenn man dagegen noch die von der Chronik
II 21 16 f. erzählte Eroberung Jerusalems durch Philister und Araber zur Zeit des
Königs Joram vorzieht, so giebt man ohne Grund ein durchaus sicheres historisches
Ereignis auf und stützt sich auf eine nur in einer späten und als Geschichtsquelle
nicht sehr zuverlässigen Schrift überlieferte zweifelhafte Notiz, die erst nicht einmal
allen Requisiten entspricht, da darin von einer Beteiligung der Edomiter nichts ver-
lautet. Ebenso werden wenige geneigt sein, WiNCKLEE (Altorient. Forsch. II, 455
und KAT3 294 f.) beizustimmen, der an die Neh 1 3 erwähnte Zerstörung Jerusalems
denkt, von der er annimmt, dass sie unter Darius etwa um 500 erfolgte zur Strafe für
die Mitbeteiligung an dem jonischen Aufstande und dass die Edomiter, Moabiter
und Ammoniter im Auftrage des persischen Königs die Exekution vollzogen. Denn
Neh 1 3 ist schwerlich ein Zeugnis für eine um 500 erfolgte Zerstörung, die Annahme,
dass das 20. Jahr Neh 1 1 auf Darius' zwanzigstes ßegierungsjahr gehe, ist zu un-
sicher und so bleibt die Zerstörung unter Darius und erst recht die Exekution durch
die Edomiter etc. einstweilen blosse Vermutung. Es wird sein Bewenden dabei
haben müssen, dass Ob v. 10-14 auf die Eroberung Jerusalems im Jahre 586 geht.
Nicht so bestimmt ist das Datum der Katastrophe zu fixieren, die Edom traf. Aus
DiODOE XIX, 94 ist allerdings bekannt, dass im Jahre 312 v. Chr. Petra von Arabern
besessen war; aber wir werden um eine geraume Zeit über dieses Datum zurück-
gehen dürfen. Einen Fingerzeig kann uns Mal 1 1-5 geben, der Edom als ödes und
verwüstetes Gebiet hinstellt. Es ist daher wahrscheinlich, dass Ob v. 1-14 15^ unge-
fähr in dieselbe Zeit mit Maleachi zu verlegen ist, also wohl in die erste Hälfte des
5. Jahrhunderts (so auch "Wellh. und NowacK). Da Ob v. 1-14 15^ gleichzeitig mit
der Katastrophe Edoms ist (vgl. Vorbem. zu v. 1^^-14 15^) und Mal 1 1-5 auf eine
vollendete Thatsache hinweist, so wird Obadja etwas früher als Maleachi sein und
wir haben somit den kräftigen Verstoss der arabischen Völkerschaften, die diesmal
nicht bloss eine Razzia in edomitisches Gebiet unternahmen, sondern die Edomiter
über ihre Grenzen hinaus verdrängten, in den Anfang des fünften Jahrhunderts zu
verlegen.
Diese Datierung wird in keiner Weise umgestossen dadurch, dass in Jer 49 sich
einige Verse aus Obadja wiederfinden. Das Verhältnis zwischen Jer 49 7-22 und
Ob V. 1-14 15^ ist scheinbar ein kompliziertes; denn einerseits ergiebt sich bei einer
Vergleichung, dass die Verse bei Ob „einen durchaus logischen und guten Zusammen-
hang und ursprüngliches Gefüge zeigen, während wir bei Jer disjectä membra poetae
mosaikartig in Eigenes eingesetzt finden" (Coenill), vgl. Ob v. 1-4= Jer 49 14-16, Ob v. 5
= Jer 49 9, und dass sich Jer 49 1 6^ deutlich nur als eine Zusammenziehung von Ob v. 4 ver-
stehen lässt (vgl. das bei Jer „in der Luft schwebende" D^D); andererseits lässt sich
nicht in Abrede stellen, dass Jer 49 15 gegenüber Ob v. 2 den besseren Text aufweist.
Letzterem Umstände darf aber kein entscheidendes Gewicht beigelegt werden, weil
Ob Einleitung IT 230 Ob Einleitung TV
der Text in Obadja erst nach der Benutzung durch den Verf. von Jer 49 verdorben
sein kann (vgl. zu v. 2). Man hat also auch nicht den Schluss zu ziehen, dass beide
Prophetieen auf eine dritte, auf einen vermutlichen Urobadja, zurückgehen, den Ob
genau und treu, Jer aber mit grosser Freiheit wiedergebe. Sondern man hat sich
dabei zu beruhigen, dass Ob v. 1-14 15'^ das Original ist und der Verf. von Jer 49 7-22
es benutzt hat. Jer 49 7-22 ist nun keineswegs ein Produkt des Propheten Jeremia,
sondern gehört seinem Ursprung nach in eine viel spätere Zeit, etwa ins 3. oder
2. Jahrb., s. DuHM Jer S. XX. Folglich ergiebt sich von Seiten der Prophetie über
Edom in Jer 49 nicht die geringste Schwierigkeit für die Ansetzung von Ob v. 1-14 15'^
in den Anfang des 5. Jahrhunderts.
III. Die Zeit der Entstehung des Anhangs (v. I6-21) ist viel schwerer genau
zu bestimmen, da er einesteils auf den in der jüdischen Gemeinde des zweiten
Tempels gehegten eschatologischen Erwartungen beruht, also allgemeinen Inhalts
ist, andernteils aber Anspielungen bietet, die wegen des unsicheren Textes in
V. 18-21 schwer zu fassen sind. HiTZia wird allerdings dem richtigen Datum nahe
kommen, wenn er an das Jahr 312 denkt, obschon seine Gründe hiefür sich nicht
halten lassen. Er deutet nämlich n^^H'^nn H^J auf die von Ptolemaeus Lagi in die
Kastelle Ägyptens weggeführten palästinensischen Juden (JOSEPHUS Archäol. XII
1, 1, contra Apion. II, 4), bringt Ob v. 1 (HiTZIG scheidet nicht zwischen Grund-
stock und Anhang) in Verbindung mit dem Befehl zum Feldzug wider Petra, den
Antigonus unmittelbar nach der Verheerung des palästinensischen Küstenstriches
durch Ptolemäus erliess, und vermutet, dass der Verf. einer der Deportierten vom
Jahre 312 war und in einem Kastell (H^H 7)111) Ägyptens seine Prophetie über
Edom schrieb. NowACK macht mit Recht gegen diese Annahme geltend, dass in
Petra um 312 keine Edomiter mehr, sondern Araber sassen und dass auch sonst
bei richtiger Auslegung von v. 1-7 diese Hypothese dahinfalle. Ist somit das spe-
zielle Datum 312 aufzugeben, so wird doch der Anhang erst um diese Zeit, resp.
etwas später im dritten oder zweiten Jahrhundert entstanden sein. Ist auf 1*1DD
= Kleinasien (s. zu v. 20) ein Verlass, so gab es zur Zeit der Abfassung eine be-
deutende jüdische Diaspora in Kleinasien , was in diese späteren Jahrhunderte
hinabweist. Genauer ins zweite Jahrhundert werden wir geführt, wenn die
Hoffnungen auf Ausdehnung des Gebietes durch die Erfolge der Makkabäer er-
weckt sind: 165 hat Judas Makkabäus Hebron als Mittelpunkt der Edomiter be-
kriegt (I Mak 5 3 65) und 126 hat sie Johannes Hyrkanus vollständig besiegt. Vgl.
auch Jes 34.
IV. Die Entstehung des Ganzen verlief, wie sich aus dem Gesagten ergiebt,
in sehr einfacher Weise: In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts ist die Prophetie
über die Katastrophe Edoms entstanden, wahrscheinlich verfasst von einem pro-
phetischen Manne Namens Obadja; denn die Überschrift „Gesicht Obadjas" wird
wohl zu dem Grundstock gehören. Im 2. Jahrh. fügte ein Autor die tröstliche Ver-
heissung an, dass nun Edom wirklich zu büssen habe für seinen an Juda verübten
Frevel und dass für Juda die Zeit bleibender Blüte beginne. Kurz nachher wird ein
Dritter die Verse 8 f. und 15* eingeschoben haben, der andeuten wollte, dass sowohl
V. 1-7, wie auch v. 16-21 als Weissagung auf den Tag Jahwes verstanden werden
sollen. Zu v. 8 f. mag er die Anregung von Jer 49 7 bekommen haben, wie es
Ob Einleitung IV 231 Ob v. 1
möglieb ist, dass der Autor des Anhangs bereits Jer 49 7-22 kannte, vgl. v. 16 mit
Jer 49 12.
V. Liltcratiir: P. C. CasPAKI Der Prophet Obadja ausgelegt 1842; T. T. Pe-
ROWNE Obadjah and Jonah, Cambridge 189H (Stereotyped Kdition) ; Fkanz DELITZSCH
Wann weissagte Obadja? in ZlTh 1851, 91(1.; H. WiNCKLEK Altorient. Forschungen
II 8 (1900), 425—432: Obadja; A. CONDAMIN Menüs problömes de critique et d'exeg^se
I L'unite d'Abdias in llevue biblique Avril 1900 (8 Seiten); Ed. Sievers Stud. zur
hebr. Metrik II (1901), 478—483; T. K. Cheyne Artikel Obadjah (Book) in Encycl.
Biblica III, 3455—3462 und ferner in Critica Biblica II (1903), 146—149.
Erklärung.
Die Überschrift!^^'* (bis DIIS^) nennt zunächst den Namen des uns
sonst völlig unbekannten Autors Obadja und bezeichnet sein Werk als ]1tn,
Gesicht, Vision, = die von Obadja geschaute Offenbarung (Gottes), s. zu
Jes 1 1 und vgl. auch Nah 1 i. Dann folgt, wenn man h ^D^|I wie Gen 20 1 3 im
Sinne von sprechen in Bezug auf fasst, ein Sätzchen, das besonders hervor-
hebt, dass Jahwe das Folgende über Edom gesprochen habe. Wahrscheinlich
ist aber DH^J^ als für sich stehende Angabe des Objektes der Weissagung an-
zusehen = Über Edom, wie in den Überschriften Jer 46 2 48 i 49 i 7 23 28, und
die Worte nirr» '^^'IS 1DS nä sind sekundär; sie können nach den eben ange-
führten Stellen hier an den Rand gesetzt sein, mit der Bestimmung den Platz
hinter Dll«^ einzunehmen (vgl. auch Sieveks). Auf alle Fälle sind sie über-
flüssig, denn sie sagen nicht mehr, als was bereits in ]1tn liegt, und gerade
nachher redet Jahwe erst nicht.
I. Der ältere Teil der Prophetie v. i^^-i4 I5^
Der Inhalt von v. 1-14 15^ ist nicht Weissagung eines zukünftigen Ereignisses, aber
auch nicht reine Darstellung der Vergangenheit, sondern prophetische Beurteilung der
gerade in der Gegenwart sich abspielenden Überwältigung Edoms. Der Autor will die
Bedeutung klarlegen, welche diese Vernichtung Edoms hat: sie ist durch Edoms Hochmut
und Übermut, welch letztern es besonders gegen die Judäer bewiesen hat, verschuldet und
ist nicht bloss eine vorübergehende, sondere eine definitive. Diese Auffassung wird allein
den in diesem Stücke gebrauchten Tempora gerecht; denn es stehen den Perfecta, auf die
man sich für die Fassung als Erzählung beruft, sichere Imperfecta gegenüber v. 10 15^.
a) Der Untergang Edoms v. 1^3-9.
1^3—2 Die Kunde vom Aufgebot der Völker zum Entschei-
dungskampfe gegen Edom: Von Jahwe hörten wir Kunde Und ein Bote
wurde herumgeschickt bei den Völkern: Auf! wir wollen uns erheben es %u be-
kriegen! Klein mache ich dich jetzt unter den Völkern, Verachtet seist du
unter den Menschen! Der Paralleltext Jer 49 u hat wie die LXX ''HJ^?^ für
Uj;i?;j^; der Plural, der als die schwierigere Lesart zu halten sein wird, zeigt,
dass sich der Verfasser mit seinen Volksgenossen zusammenfasst, zeigt aber
auch, dass HJ^IDIJ^ hier nicht eine prophetische Audition, sondern wie Jes 53 1
Kunde^ Nachricht^ bedeutet. Diese Kunde begleitete die Ereignisse, die sich
Ob V. 1 232 Ob V. 4
zutrugen; zu diesen gehörte besonders auch die Sendung eines Boten, T!^ (s. zu
Jes 18 2), unter die Völker. Die beiden Sätzchen sind einander parallel und
berichten von gleichzeitigen Ereignissen, das zweite ist also selbständig und
auch nicht logisch von oyi?C^ abhängig zu fassen; obgleich die Herumsendung
eines Boten bei den Völkern mit dem Hören der nj;^D^ von Jahwe nicht nur
gleichzeitig ist, sondern auch in Zusammenhang steht, so enthielt diese Kunde
doch weit mehr als die blosse Meldung vom Botenschicken, s. v. 2. vhli
ist Pu. und braucht weder mit Jer 49 14 in n6u^ geändert noch als abgekürztes
Partie, für M^^D erklärt zu werden. Der Bote, der sich mit den Völkern gegen
Edom erheben will (vgl. HD^pJ), ist nicht ein Engel; wenn die Engel gegen
Edom ziehen, brauchen sie die Hilfe der Menschen nicht. Für H^^j;, so
auch in dem sonst verschiedenen Halbvers Jer 49 14^, 1, mit Wellh., Nowack,
DuHM Yby^, da nachher Edom stets als Mascul. behandelt ist. Den Inhalt
der njJ^Dta^ giebt 2 in Worten, die Jahwe an Edom richtet. Das Perfektum be-
weist nicht, dass bei dem Vernehmen der Kunde das Resultat schon vorlag,
sondern drückt aus, dass die Ausführung der Aussage zweifellos bevorsteht,
vgl. Hin resp. \T\ mit dem Perf. ^um 17 27 und s. Ges.-Kautzsch^^ § 106 n.
Für "li^D bietet Jer 49 15 DHij»?» ^^s dem parallelen DMIi? aufs beste entspricht
und darum vorzuziehen ist; dagegen ist das Jer 49 15 fehlende nrijjj zu halten.
Die Textverderbnis von Dlt^l in I^^D erklärt sich leicht, sie erfolgte erst nach
der Benutzung durch den Verf. von Jer 49 7-22 oder aber dieser hatte ein noch
unverdorbenes Exemplar zur Verfügung.
3 4 Das stolze Vertrauen Edoms auf seine uneinnehmbaren
Wohnsitze erweist sich als Täuschung. 3 Dein stolzer Sinn be-
trog dich, Der du in Felsklüften wohnst. Deinen Wohnsitz hoch machst, bei dir
denkst: Wer stürzt mich herab zur Erde? Der Text ist besser als in Jer 49 16,
wo er zudem gekürzt ist: Mit Recht steht zum Nachdruck "^ih ]T\\ voran, ^«"'^H
ist durch ^^^^•'!^^ v. 7 als ursprünglich erwiesen gegenüber der Auflösung ^^''^^
•^n« und inn^ D^D (so ist nach LXX mit Duhm, Condamin für '^ D11D zu lesen)
ist weit besser als das umständliche nj;nj DTO "^ii^sJ^ in Jer. Zu dem sog.
''^- compaginis, dem Rest einer alten Nominalendung vgl. Ges.-Kautzsch^?
§ 901; zu dem Plur. constr. '^l^n (auch Cnt 2 u) von einem Nomen ^:in vgl. eben-
daselbst § 93 X. Mit J^^D"'^55n ist wohl an die edomitische Hauptstadt V^DH,
das spätere Petra, angespielt, vgl. zu II Reg 14 7 und Baedekee Paläst. ^
202—206. Die Suffixe der dritten Person in IMti^ und 12^2 sind in der
Anrede nicht selten, vgl. Mch 7 18^ und König Stilistik S. 247. 4 Wenn
du so hoch horstest wie ein Adler Und wenn du dein Nest zwischen den Sternen
aufschlägst, Ich stürze von dort dich herab, ist Jahwes Spruch, Zu n^?jri ist
aus der zweiten Zeile ?J§j? als Obj. zu ergänzen, darum auch mit LXX D^'i^ri für
D^, das als partic. pass. zu erklären ist, zu lesen. Mit y. 3 hat offenbar
der Prophet auf die von Jahwe vernommene Kunde hin das Wort genommen
und Edom angeredet: Deine vermeintliche IJneinnehmbarkeit ist Trug, Jahwe
hat ganz anders gesprochen (v. 4), dass du in allen Fällen gestürzt wirst.
Dieses Wort Jahwes v. 4 ist nicht identisch mit der nj;^!^^' von v. if., sondern
Obadja denkt an ein älteres Prophetenwort gegen Edom, vgl. Hes 35. Die
Ob V. 4 233 Oh V. 7
Verse 3 und 4 bilden den Übergang von der Grundlage der ganzen Prophetie,
V. if., zu V. 5-7, worin dann der Prophet, wiederum in der Anrede an Edom,
schildert, was sich vollzieht und eben zum Abschluss gelangt. Die Ver-
setzung des in v. 5 (s. dort) nicht passenden nn''öi;i in der Form n**©"!?, «=- wie
würdest du hcrabijeitorfen! , nach v. 4 hinter IC^i? (so Winckler) empfiehlt
sich nicht, da dieser Einschub ^^1? ^^^ zu weit von iT??^ trennen würde; nach
dem parallelen ^TIIN müsste man ausserdem ein Imperf. erwarten und das
Niph. von Hol ist im AT nicht belegbar.
5_7ba jjjq Katastrophe Edoms besteht in der Austreibung
ausderHeimat. 5 Wenn' s Diebe gewesen wären, die bei dir ein-
drangen, Hätten sie nicht nur gestohlen, so viel sie brauchen? Wenn Winzer,
die über dich kamen. Hätten sie nicht eine Nachlese übrig gelassen? Nach
Jer 49 9, wo unser Vers in anderer Wendung wiederholt ist, gehört die den
Sinn und den Parallelismus störende Frage nn^Dl^ '^J'^S sicher nicht zum ur-
sprünglichen Text, wahrscheinlich aber auch nicht Tfyh nnti^"Di<, das nachträg-
lich in Ob eingesetzt sein wird, um das in Jer 49 9 wegen des Metrums ge-
brauchte Th^h auch hier unterzubringen. Auch Cheyne betrachtet diese fünf
Worte als sekundär, sieht in ihnen aber eine Grlosse zu ^^"JISli v. 9, die ursprüng-
lich die Namen „Asshur, Ishmael, Jerahmeel" aufgewiesen haben soll (vgl.
Am Einl. II i). Der Sinn des Verses wird erst vollständig klar, wenn die
Ergänzung, das Komplement, das v. 7 dazu bildet, dazutritt; aber schon hier
ist deutlich, dass Edom von Feinden heimgesucht wurde, die so fürchterlich
hausten, dass eine Razzia von räuberischen Beduinen in das edomitische Gebiet
lange nicht so schlimm gewesen wäre, auch wenn sie Edom wie Diebe ein Haus
oder wie Winzer einen Weinberg geplündert hätten. Erstere eignen sich nur
D^"n d. i. ihren Bedarf, was für ihren Bedarf hinreicht, an, letztere, wenn sie
auch alles wollen, lassen doch noch eine Nachlese übrig, vgl. Dtn 24 21. Die
Änderung des ersten fc^lSn in ^\h (Winckler) ist unnötig; sie geht von dem
Gedanken aus, dass v. 6 „die Worte der enttäuschten Diebe enthält", also der
Verf. sagen wolle, nach der Ausplünderung, die über Edom ergangen sei,
könnten Diebe nicht einmal mehr finden, was sie brauchen, und würden bei
solcher Verwüstung die Nachlese wahrhaftig anderen überlassen. Aber der
Verf. will vielmehr sagen, wenn es nur Diebe und Winzer gewesen wären, die
im Lande gehaust hatten, so wäre es so schlimm nicht gekommen. 6 er-
weist sich als Glosse schon durch den Gebrauch der dritten Person für Edom,
das vorher und nachher immer angeredet wird (so auch Wellh., Nowack),
versteht übrigens auch die Katastrophe Edoms als eine Ausplünderung,
während sie nach v. 7 (s. dort) in einer Vertreibung Edoms aus seinem Lande
besteht. Übrigens ist der Text nicht zu beanstanden: Ifc^sm und ^^24 bedeuten
durchsucht und durchstöbert werden, und D'^^^SIJD entspricht völlig den D'^ibtpD
Prv 2 4 und den D'^*)rip)? ''^IDtpD Jes 45 3 (s. dort). Die Verbesserung Cheyne's
in ?I^ninn n?n; ^«^i ^^nin^n» "tj''« = „wie sind deine Pläne getäuscht (s.
Jes 19 13), deine klugen Gedanken zu Thorheit geworden!^' ist unnötig; denn
V. 6 will Erklärung zu v. 5, nicht Vorwegnahme des Gedankens von v. 8 f. sein.
7aba 2wr Grenze haben sie vielmehr dich getrieben, Deine Verbündeten alle
Ob V. 7 234 Ob V. 7
haben dich betrogen, Es haben dich überwältigt deine guten Freunde, Sie
nehmen Wohnung an deiner Stätte. Von dieser positiven Aussage fällt helles
Licht auf V. 5: nicht um Plünderung, sondern um Austreibung Edoms handelt
es sich. ^^DilH'^y, an die Grenze, wird Edom getrieben, aus seinem bisherigen
Wohnsitz vertrieben, vgl. zu vbyi, fortjagen, ausweisen, II Sam 13 16. Die
Feinde, die Edom vertreiben, sind seine bisherigen Verbündeten, seine guten
Freunde, mit denen es bis dahin in Frieden lebte; es sind die Völker von v. i,
die nun durch v. 7 als die arabischen Beduinenstämme der Nachbarschaft
Edoms bestimmt werden. Das so signifikante und unentbehrliche ^Cüri'IJ^
ist weder mit Cheyne ^^öHI'^ TV zu lesen und als eine Glosse zu '")! "^^ä^^ ^ä zu
verdächtigen, noch mit Wincklee in der Form ^?ij"n5? = „bis zum Gebal"
(Ps 83 8) hinter l^j; in v. 6 zu versetzen. Der Text von v. 7^ bietet grosse
Schwierigkeiten. ^ÖH^, das LXX nicht gelesen hat, wird aus Dittographie des
vorangehenden ^^'^ entstanden sein (Wellh., Nowack). IltD, meist nach den
alten Versionen (LXX : svsSpa) als Schlinge, Fallstrick, verstanden, giebt keinen
guten Sinn: sie legen unter dir Fallen; aber Edom ist ja bereits über die
Grenze getrieben; die Konjektur von Geätz: TMD, bleibt bei demselben hier
nicht passenden Bild; Wincklee greift kräftiger ein, er liest mit Umstellung
der Worte ^'^rinn TOD \^'^^\ ^JÖH^ ^^ !i!?DS"' "^rhä "»^i« ^l^i^'^^n und übersetzt: be-
trogen haben dich alle deine Helfer. Dein Fleisch werden sie fressen, Dir weg-
nehmen die Nahrung" (II^JD = Beköstigung, vgl. T;^). Cheyne sieht auch hier
in einer Glosse edomitische Alliierte aufgezählt: ninhl n^^D ^N^tttS^'^ ^«Dm\
Einfacher und dem Gedanken entsprechender scheint mir, IIIID oder, da dieses
IIIID Hi 18 19 Thr 2 22 doch nicht sicher Wohnung bedeutet, besser ^HD, das im
nachbibl. Hebr. und schon im bibl. Aram. (Dan 4 22 29 5 21) vorkommt, für *11tD
zu lesen. ^IHD ^""^ = Wohnung nehmen, die Wohnstätte aufschlagen = sich
niederlassen ist so gut möglich wie ](? D"^^ v. 4, und das Imperf. ^D'^b^^ bleibt in
seinem Recht: Nach der Vertreibung der Edomiter siedeln die Araber sich
im Lande an.
7bß — 9, ein Einschub; denn die v. 1-7 als eben sich abspielend dargestellte Kata-
strophe Edoms wird hier für die Zukunft geweissagt und von Edom ist wie in der Glosse
V. 6 in der dritten Person die Eede (zu ^^'yyil s. zu v. 9). Die Verse scheinen eingesetzt
von einem, der nicht nur v. 16-21, sondern die ganze Prophetie als eine Weissagung fasste
und auf den Tag Jahwes gedeutet wissen wollte ; von ihm rührt auch v. 1 5^ her.
7^^ gehört zu dem Einschub; eine Verbindung mit v. 7^** ist unmöglich,
denn man darf nicht übersetzen, indem man in 1^ eine Beziehung auf die in
11TD gesuchten „Fallen" annimmt: „die nicht zu merken sind"; eine Versetzung
an das Ende von v. 6 unter der Annahme, dass 7\^\^P^ statt niun und wohl auch
DS statt D zu lesen sei und dass dann eine Beziehung auf das als „Bergwerke"
gedeutete VJ1ö:iD darin liege, also übersetzt werden dürfe: „(wie sind durch-
forscht seine Bergwerke,) dass sie keinen Ertrag bringen" (so Wincklee), er-
scheint wenig befriedigend. Die Übersetzung kann nur lauten: Keine Einsicht
ist in ihm und die Beziehung in IIa nur auf Edom gehen. Seinem Inhalt nach
gehört also v. 7^ß zu v. sf., wie Condamin richtig gesehen hat, der allerdings
das Sätzchen an der wenig passenden Stelle hinter nin;;"DtJi eingereiht hat.
Wahrscheinlich ist es nur ein Randzitat zu v. 8 f. aus dem Anfang der ausführ-
Ob V. 8 235 Obv. 12
licheren Prophetie gegen Edom Jer 49 7. 8 Sowenig wie aus Jer 49 7
kann raan aus Ob v, 7^P 8 folgern, dass Edom wegen seiner Weisen berühmt
war. Nur soviel wird gesagt, dass man in Edom an jenem Tage, da Jahwe das
Gericht vollziehen wird, sich nicht zu raten und helfen weiss, vgl. Jes 19 3 ii
29 14. 9 Die Anrede an Theman, eine edomitische Landschaft, zwischen
V. 8 und 9^ ist durchaus unpassend; raan lese ''^IS? für ^''"112?, das ein Abschreiber
hier, gemäss der Anrede im ursprünglichen Teil des Abschnitts, in Gedanken
einsetzte. ^?I?P heisst nicht „im Gemetzel", gehört auch nicht zu v. 9,
sondern zu dem Anfang von v. lo, s. dort.
b) Die Schuld Edoms, die ihm den Unterj^ang brachte v. 10-14 15''.
Der Abschnitt setzt v. 1-7^* (excl. v. 6) fort, nicht v. 8f.; das zeigt sich formell daran,
dass wieder die Anrede an Edom vorliegt, sachlich empfiehlt es sich dadurch, dass die Ge-
dankenverbindung nichts zu wünschen übrig lässt, wenn zur Begründung der soeben über
Edom hereingebrochenen Katastrophe an die Schuld, die sie herbeiführte, nachdrücklich
erinnert wird. In v. 10-14 15'^ erhalt v. 1-7 die erwartete Ergänzung; so auch Wellh.,
NowACK, Cheyne.
10 11 Der Frevel an seinem Bruder Israel ist die Schuld
Edoms. 10 Wegen des Frevels an deinem Bruder Jakob Bedeckt dich
Schmach und bist du für immer vernichtet. Das von den alten Versionen zu
V. 10 herübergenommene ^^J^ö ist mit Nowack als Glosse zu betrachten, die
schon am Anfang in aller Schärfe den Frevel kennzeichnen sollte, '^aber mit
dieser Definition und Exposition zu früh kommt, vgl. v. 14; auch nimmt sich
DttHtt nach ^tDJpD zu matt aus, endlich sollte, wenn ^^J^D ursprünglich wäre, die
Determination "IpV^ ^''HS unmittelbar darauf folgen. Zu dem sog. Genet.
objectivus ^'^rifcjl DttH vgl. Ges.-Kautzsch27 § 128h. Zu Jakob, dem Bruder
Edoms vgl. Am 1 11 und bes. auch Mal 1 2; zu der definitiven Vernichtung
(D^iy^ ^*1??1) s. die ähnliche Beurteilung Mal 1 4. 11 Als du zugegen
warst. Als Barbaren sein Gut wegschleppten Und Fremde in sein Thor ein-
drangen Und über Jerusalem das Los warfen, Warst auch du wie einer von
ihnen. Es kann sich nur um die Eroberung Jerusalems durch die Chaldäer
handeln, s. die Einl. II S. 229. Zu n^^ö löj;, = mit dabei sein, vgl.
II Sam 18 13; zu n^!^, hier vom Fortschleppen von Hab und Gut (== l^'^H, vgl.
V. 13), sonst gewöhnlich von der Wegführung von Gefangenen, vgl. II Ohr 21 17.
Der Sing. "I5^!i^!l y. 13 macht es wahrscheinlich, dass auch hier mit Wellh.,
Nowack TO^ zu lesen ist. Die Fortsetzung eines Infinitivs durch Verba
finita (vgl. die Perfecta ^^^ und H^ nach nil!^) kommt oft vor, s. Ges.-Kautzsch27
§ 114r; für ^^^, Perf. Kai von "XV ist vielleicht ^l^n^ Perf. Pi. von HT, zu lesen, s.
ebenda § 69 u. Zum Los werfen == unserm Würfeln vgl. noch Jo 4 3 Na 3 10;
die Eroberer würfeln um die Verteilung der in Jerusalem gemachten Beute,
die nach Jo 4 3 wohl auch in Gefangenen bestand. HPS"^?, auch du, der
Bruder, machtest gemeinsame Sache mit den Barbaren und Fremden, han-
deltest wie ein Barbar an deinem Bruder.
12—14 Die Explikation des Frevels Edoms. In lebendiger Yer-
gegenwärtigung der Unthaten Edoms fühlt sich der Autor in die Zeit derselben versetzt
und mahnt von der Ausführung derselben ab, obschon sie in Wirklichkeit der Vergangen-
heit angehören. Seine Warnungen vor dem Prevel haben daher den Sinn : Du hättest ihn
Ob V. 12 236 Ob V. 14
nicJit begehen sollen. Die Verse 12 und 13 sind einander zum Teil fast gleich; T^ellh. be-
merkt, dass V. 13 mit '^1pV"^V^2 SinJi"^« sich als direkte Fortsetzung von v. 11 mit seinem
nj?tt^ !|«3 Dn^il viel besser eie:net als v. 12, der mit ^«1 einen andern Imperativ bereits
voraussetzt und also erst nach v. 13 stehen sollte, und hält wegen der grossen Ähnlichkeit
der beiden Verse v. 12 überhaupt für sekundär. Winckler fasst die beiden Verse als
Varianten desselben Textes. Auch LXX mit seiner dreifachen Übersetzung des gleichen
IT'« resp. DT« in v. 13 scheint dafür zu sprechen, dass nicht einfach v. 13 als ursprüng-
licher Text hinzunehmen ist. Man wird die beiden Auffassungen von Wellh. und von
Winckler so zu kombinieren haben, dass man v. 13 zu Grunde legt und ihn nach v. 12 zu
verbessern sucht.
12^* ist Variante zu y. 13^P und enthält wahrsctieinlich am Schluss die
bessere Lesart (s. zu v. 13); dagegen ist offenbar das erste ÜV unrichtig, wie die
Parallele von v. 12^I^ vermuten lässt (so Winckler). Dieser Stichos v. 12*^ ist
selber wieder Variante zu v. 13^, vd. nti^n mit n^n^ti^n und mn« DVSl mit ÜV^
n''«. Dagegen scheint mir v. 12^ wo allein das Objekt des Verbums fehlt, ein
freier Zuwachs zu sein, dazu bestimmt, das Verbura H HiJ'J seine Lust sehen
an . , . ., durch einen stärkeren Ausdruck zu erklären und zu vervollständigen.
Zu HD ^"""niin, das Maul aufreissen^ aus Schadenfreude und mit Spott und Hohn-
gelächter, vgl. Hes 35 13 und s. auch Jes 57 4 Ps 35 21, wo !i^nin für ^^^)^T\ steht.
Zum ganzen Vers vgl. die Vorbem. zu v. 12-14. 13 Dringe nicht ein in das
Thor meines Volkes Am Tage seines Unglücks^ Weide nicht auch du dich an
deinem Bruder Am Tage seines Missgeschicks Und strecke nicht die Hand aus
nach seinem Gute Am Tage seines Verderbens. Die drei im sog. Kinametrum
erscheinenden, also nach der Mitte durch eine Cäsur geteilten Langzeilen
bilden eine Klimax (: kommen, seine Lust daran sehen, sich selber daran ver-
greifen), die gut in die Spitze v. 14 ausläuft. In der zweiten Langzeile setze
ich aus Y. 12^<=^ ^''D?? statt des mit l^'^JS: DI'^S gleichbedeutenden iriJJ*l!n ein und
lese ebenfalls nach v. 12*« IIDJ, Missgeschick , Unglück, für ll'^«. Mit Ewald,
Olshausen u. a. ist ^'^ n^ti^n für das unverständliche Hinbli^n v. 13^ zu lesen, s.
Ges.-Kautzsch27 § 47k; zu 2 TJ nbti^, sich an etwas vergreifen, vgl. Dan 11 42.
Für W)^ wird nach der Variante v. 12=*^ llDiJ zu lesen sein, vgl. LXX aTcwXsiac
aüTÄv an beiden Stellen y. I2^ß und v. 13^ Zu H'^iSI DVn vgl. DT« nj;!l bei
Hes 35 5. 14 Zwei weitere Langzeilen (s. v. 13): Stelle dich nicht auf am
Scheideweg Um seine Flüchtlinge nieder%umachen Und liefere seine Ent-
ronnenen nicht aus Am Tage der Not! Der Gipfel des Frevels Edoms! Die
flüchtigen Judäer haben sie niedergemacht und die, die auf edomitisches Ge-
biet übergetreten sind oder sich den Edomitern ergeben haben, den Feinden
ausgeliefert. Die Bedeutung von p"jö, Scheideweg, ist nicht sicher; LXX über-
setzt £m rag 5i£xßoXa?, darnach fasst Winckler p*jS als Ausschlupf, Fluchtloch,
was sich sachlich sehr wohl empfiehlt und auch sprachlich von plB, spalten,
nicht schwer herleiten lässt, man denke an einen Einschnitt in einem Bergzug
zwischen den Höhen, an einen sog. Sattel resp. Bergpass. Die Konjektur: •[^'ID,
Bresche, (Gbätz) ist unnötig und nicht besser. "^^^V^ bedeutet, auch ab-
solut gebraucht, wie mit folgender Präposition 'h^ oder T2i nichts anderes als
ausliefern, preisgeben, vgl. Am 6 s Dtn 32 30 und zur Sache bes. Hes 35 5,
welche Stelle dem Verf. wohl im Sinne lag.
Obv. 15 237 Ob V. Id
15^ JJas Urteil über den Frevel Edoms, der wirkungsvolle Ab-
schluss der Darlegung der Schuld Edoms und des ganzen älteren Orakels über
Edom: Die Katastrophe ist die gerechte Strafe für den Erevel Edoms. Die
gute Verbindung von v. 15^ mit v. 14 und die offenbare Zugehörigkeit von v. 15»
zu V. 16 fF. setzen die Richtigkeit des Vorschlags Wellh.'s ausser Zweifel, dass
die beiden Halbverse umzustellen sind. Die alte Prophetie schloss also : Wie
du gethan hasty wird dir gellian; Dein TItun fällt auf dein Haupt zurück. Die
Imperfecta zeigen, dass gerade in der Gegenwart Edom die Vergeltung erfährt,
vgl. die Vorbem. zu v. 1-14 15^ Zu b\0^ und dem ganzen v. 15^'^ vgl. Jo 4 4 7.
IL Der spätere Anhang: Der Trost, den die Zukunft den Judäern bringen
wird V. 15^ 16-21.
Dass hier nicht mehr der Autor von v. 1-14 15^^ das Wort hat, ergiebt sich deutlich
aus formellen und sachlichen Unterschieden. In v. 1-14 15^ ist Edom in der 2. pers. sing,
angeredet und niemals zu den Judäern gesprochen; dagegen sind sofort in v. 16 die Ju-
däer die Angeredeten und zwar in der 2. pers. plur., und von Edom wird nur in der
3. pers. gehandelt. Dieser Wechsel ist mit keinem Worte angedeutet oder eingeführt ; ein
solch unvermittelter Übergang wäre bei einem und demselben Autor nicht möglich. In
v. 1-14 15^ vollzieht sich das Gericht an Edom in der Gegenwart des Autors, dagegen in
V. 16-21 wird es für die Zukunft ge weissagt. Im ersten Teil ist Edom, abgesehen von Juda,
allein der leidende Teil und die Völker vollstrecken an ihm die Strafe, im Anhang werden
alle Völker gerichtet und in diesem Völkergericht bildet die Exekution an Edom einen
Ausschnitt. Man sieht, die ältere Prophetie über Edom, die an schwere Tage Zions er-
innert, ist durch einen Anhang erträglich gemacht, der für die Israeliten Trost abzuleiten
weiss aus den allgemeinen nachexiiischen eschatologischen Erwartungen, insbesondere aus
denen von dem vor Jerusalem zerschellenden Völkersturm, den zuerst Hes 38 f. geweissagt
hat, und von der Wiederherstellung der alten Grenzen Israels. Zu der Vorstellung, dass
die Israeliten selber bei dem Gericht über die Völker Hand anlegen und nicht nur ruhig
zusehen, wie Gott das Gericht vollzieht, vgl. Jes 11 14 41 11-16 Mch 4 11-13 Sach 12 3-7
bes. V. 6, alles Abschnitte, die einer späten Zeit angehören. Der Abschnitt v. 16-21 ist ein
schönes Beispiel dafür, wie man düsteren Prophetieen lichte Heils Verkündigungen beigab,
damit ja kein Zweifel über Gottes letzte Absichten in Israel aufkomme, vgl. auch den An-
hang Am 9 8-15.
15^ Denn nahe ist der Tag Jahwes über alle Völker passt nicht vor y. 15^
und gehört inhaltlich zu v. 16, s. oben hinter v. 14. Aber seine unrichtige Stel-
lung zwischen y. 14 und v. ib"^ und seine Tautologie mit v. leff. scheinen anzu-
deuten, dass er mehr eine Parallele zu y. I6-21 als ein ursprünglich integrierender
Bestandteil dieses Anhangs ist. Vgl. auch das parallele ''? zu Anfang von y. 15*
und Y. 16 und beachte, dass der Übergang von y. 15^ zu Y. le sich leichter ohne
Dazwischentreten von y. 15^ ergiebt, s. zu Y. I6. Ferner s. Einl. S. 228.
16f. Kurze Charakterisierung der neuen Situation, die die
Zukunft herbeiführt: die Völker gehen unter, aber Zion ist gerettet.
16 Denn wie ihr getrunken habt auf meinem heiligen Berge ^ So werden alle
Heiden Wein trinken^ Sie werden trinken und taumeln und sein, als ob sie nie
gewesen. Die Angeredeten sind nicht die Edomiter (s. auch Vorbem.), denn
nicht von einem Gelage der Sieger auf dem heiligen Berge ist die Rede; die
ihr im Gegensatz zu dem du von y. 1-14 15^ sind die Judäer resp. die Juden,
denen man die ältere Prophetie vorgelesen hat und die nun direkt apostrophiert
Obv. 16 238 Obv. 18
werden. Der verbindende Gedanke ist nicht: denn der Tag Jahwes ist nahe,
sondern: ja, das Thun fällt auf das Haupt des Thäters zurück; es existiert eine
gerechte Vergeltung. Das Trinken des Taumelweines ist das Bild für das
Grericht, für das Erfahren des göttlichen Zornes, vgl. bes. Jer 25 15-29 49 12
Thr 4 21 f. Juda hat den Becher des Zornes getrunken, die Reihe kommt jetzt
an alle Völker. "^^9^, = in einem fort, passt nicht in den Zusammenhang,
man kann doch nicht mehr trinken, wenn man nicht mehr ist. LXX hat dafür
olvov; fraglich bleibt, ob sie "IDH (Dtn 32 14) gelesen oder das im späteren
Hebräisch nachweisbare löri vorgefunden hat, das von Dalman als Tr esterwein,
von anderen als besonders guter und scharfer Wein erklärt wird, vgl. Nestle
ZATW 1903, 345. Für ^yb, das man entweder nach dem Syrischen
= schlürfen oder nach dem Arabischen vgl. Hi 6 3 Prv 20 25 = irre reden fasst,
dürfte mit Wellh., Nowack, Condamin dem Kontexte viel entsprechender ^yi,
== wanken, taumeln, zu lesen sein, vgl. Jes 24 20 29 9 Ps 107 27. Zu dem
elliptischen Gebrauche von ? in \^7\ «1^3 für 1^«3 vgl. in Jes 65 1 b für n^«b
und s. Ges.-Kautzsch27 § 155n ; der Sinn dieser Aussage ist: sie werden spurlos
verschwinden. Die Eliminierung des „Trinkens" aus v. 16, die Wincklee
durch den Ersatz des T\ in OHT^ti^ etc. durch ^^ vollzieht, führt keinen klaren
Gedanken herbei und macht erst die von ihm angenommene Zusammengehörig-
keit von V. 16-18 mit y. i-i5 nicht wahrscheinlicher; nach ihm hätte der Text
gelautet: „denn so wie ihr (aber vorher sind die Edomiter im Sing, angeredet)
zerstört habt (Dil^'i^^n) meinen heiligen Berg, so sollen zerstört werden i^'^^^')
alle Heiden (mit den Edomitern oder ohne sie?) und sollen zerstört dastehen
(1«^1) etc.'' 17 Aber auf dem Berge Zion wird eine Rettung sein (und er
wird heilig sein) Und die vom Hause Jakobs werden ihre Besitztümer wieder
einnehmen. Der erste Teil von v. 17^ ist identisch mit Jo 3 5 (s. dort), der
zweite, der sich grammatisch hart anschliesst, scheint aus Jo 4 17 hier nach-
träglich eingefügt; der Gedanke an die künftige Unverletzlichkeit Zions liegt
ja nicht fern, aber v. i?^ zeigt, dass zunächst an anderes gedacht ist, nämlich
an die Wiedereinnahme der früheren Besitztümer, oder wenn man mit den
alten Versionen Dn''^"ito für Di'T'ti^niD liest, an die Vertreibung ihrer Yertreiber,
unter denen nach v. I8 in erster Linie die Edomiter gemeint sind. Dj:)JJl"n"'5
ist hier Juda, vgl. v. is und Na 2 3.
18—21 Die Wiederherstellung Israels in seinem ganzen Um-
fang. 18 Und das Haus Jakobs wird Feuer sein Und das Haus Josephs
Flamme, Aber das Haus Es aus Stroh, Und sie werden es entzünden und ver-
zehren Und vom Hause Esaus wird keiner entrinnen, denn Jahwe hat es ge-
sprochen. Das Haus Josephs bezeichnet die Angehörigen des ehemaligen
Nordreichs; die Rückkehr derselben erwartet die nachexilische Gemeinde auf
Grund von Jer 31 18 Hes 37 15-22, wie sie auch die Wiedervereinigung Judas
und Israels erhoffte vgl. Hos 2 2 Jes 11 13-I6 Sach 10 6. Die Bilder von
Feuer und Flamme für den Krieg sind beliebt, vgl. Jes 10 17 42 25 47 14, und
dass man dann die Feinde, die ausgerottet wurden, mit Stoppeln und Stroh
verglich, ist verständlich, vgl. Jes 5 24 Sach 12 6. Dass es Gottes ßat-
schluss ist, Edom müsse vertilgt werden, ist den Spätem keine Frage; als ein
Oh V. 18 239 Ob T. 21
Wort Jahwes, das diese (Jberzeugung bestätigte, konnte auch v. i-u 15^ gelten,
übrigens s. Hes 35. 19 Und sie (natürlich sind nach v. 18 Subj. die Is-
raeliten, die vereinigten Jakob und Jose))h) weicüm den Negeb und die Sehe-
phela einnehmen Und werden das (iefllde Ephraims und Gilead in Besitz
nehmen. Alles Übrige scheint sekundäre Vermehrung des Textes zu sein.
Negeb und Schephela können nicht Subjekt sein, sie sind das Gebiet, das erst
wieder von Israel besetzt werden soll. Sind sie also Objekt, so kennzeichnet
die Einführung durch "HS die unmittelbar folgenden Wörter als erklärende
Glossen: Der J^egeb ist von den Edomitern besetzt und gehört zum l^j; "in,
vgl. Hebron als Mittelpunkt der Idumäer im 2. Jahrh. I Mak 4 29 6i 5 65, s.
schon Hes 35 io-i5 36 5; die Schephela war im Besitz der Philister, vgl. Sach
9 6 und die Kämpfe der Makkabäer mit den Philistern, die sich in die Sche-
phela, den Westabhang des judäischen Gebirges, vorgedrängt hatten. Da ]1ipli^
in Ephraim bereits inbegriffen ist und ebenso |P^^? neben '2pV^_ H"'? und n**?
^D1^ keine Sonderexistenz hat, werden die Worte ]p;i?^ Xr\m mv^ n«1 mit No-
WACK zu entfernen sein. Wie zu dem ersten \'ä"\'^"\ der Süden und Westen, so
IT I '
sind zum zweiten Ephraim und Gilead, der Norden und Osten, Objekt. 20
ist noch unsicherer als v. 19. Soviel scheint klar, dass „die nordisraelitischen
und die jerusalemischen Exulanten unterschieden werden und je ihr besonderes
Teil an den neuen Provinzen des messianischen Reiches zugewiesen erhalten"
(Wellh.). Was n^n"^nn meint, weiss man nicht: dieses Heer und diese Festung
(vgl. hiezu Einl. III) sind gleich unverständlich; vielleicht steckt darin eine
verdorbene Angabe über den Ort, wo sich der Verf. die nordisraelitischen
Exulanten denkt, vgl. das entsprechende I^Dp? "W^, Für 1^Si° wird man ^K^T,
ev. wenn yr] der LXX als alter Text gilt, l^"!« ^ti^T (so auch Ookt) setzen dürfen,
sodass der Sinn ist: die nordisraelitischen Exulanten werden die Kanaaniter
bis Sar^phat (keilinschriftlich Sariptu^ griech. ^apsTiia Lk 4 26, heute ^arafand
Bädeker Pal.ö 303, 25 km nördlich von Tyrus an der Strasse nach Sidon ge-
legen) vertreiben, also bis weit in den Norden die Gebiete der Phönizier ein-
nehmen. Dem entspricht, dass die jerusalemischen Exulanten im Süden die
Städte des Negeb besetzen. . In "I")DD, der Bezeichnung der Gegend, wo
die jerusalemischen Exulanten sind, wird man jetzt nach den Angaben der
Assyriologen (s. Wincklee Altoriental. Forschungen II, 430 und KAT^ 301)
den seit der persischen Zeit belegbaren Namen für Kleinasien sehen dürfen;
an eine zwangsweise ausgeführte Exilierung von Jerusalemern nach Kleinasien
ist deshalb nicht zu denken, die zahlreiche jüdische Diaspora daselbst kann
die Folge freiwilliger Auswanderung sein. 21 kann nicht unversehrter
Text sein: man steigt nicht auf den Berg Zion, wenn man Es au richten will;
liest man aber mit LXX, Hitzig, Gbätz IHö, so stimmt das wieder nicht, da
man vom Berg Zion nur hinab, nicht hinauf geht. Man wird kaum anders
auskommen, als dass man entweder ]1^^ inn oder Ito^j; in"ri« tDöti^'? als Glosse
betrachtet. Das erste könnte beigefügt sein, um den Ort zu bestimmen, wo
die Geretteten sein sollen; dabei müsste man voraussetzen, dass mit den alten
Versionen D''j;iJ^^D oder D'^yc^li für D'^j;''^lD zu lesen sei. Immerhin passte auch
dann die Aussage nicht gut; denn man müsste doch erwarten, dass gesagt
Ob V. 21 240 Ob T. 21
werde: Die auf Zion Geretteten werden hinab (nicht: hinauf) steigen, um
das Gebirge Esaus zu richten. Darum ist es vorzuziehen, die Bemerkung:
„um Esau zu richten" zu beanstanden; man sieht ja doch nicht ein, wie Esau
noch gerichtet werden soll, wenn es spurlos verschwunden v. 16 und wie Stroh
verbrannt ist v. 18, und der Ausdruck l^j; in ist auch v. 19 Glosse und findet
sich nur noch in den ebenfalls sekundären Versen 8 f. Also lautete wohl ur-
sprünglich der Text: Und es %iehen Helfer hinauf auf den Berg Zion Und
Jahwe gehört die Herrschaft. Bei den D''j;*'^1D ist an die Bezeichnung J^'^^ID
Jdc 3 9 für die Retter der Richterzeit zu erinnern und bei n'jj; wird man daran
denken dürfen, dass die Retter aus der Landschaft nach Zion hinaufziehen
(etwa wie die Makkabäer aus Modein) oder dass sie aus der Diaspora heim-
kehren, vgl. für diesen Gebrauch von 7hy^ Hos 2 2. Zu Jahwes Herrschaft auf
Zion vgl. Jes 24 23 Jo 4 21.
Jon Einleitung I 241 Jon Einleitung I
JONA.
Einleitung.
I. Inhalt und Zusammensetzung des Buches.
Das Buch Jona, das fünfte unter den Büchern der Zwölf Propheten des
hebräischen AT's, das sechste in ihrer Reihe bei LXX, enthält nicht Weissagung,
sondern Erzählung. Es trägt den Namen Jona nicht nach seinem Autor, sondern
nach seinem Helden. Dieser ist Jona hen Amittaj, der uns als Prophet aus dem
Königsbuche II 14 25 bekannt ist; an der Identität der beiden Jona ist nicht zu
zweifeln, da die Bedenken gegen die Integrität von Jon 1 1 und II Eeg 14 25 unbe-
gründet sind, s. Erklärung zu Jon 1 1. Nach den Angaben des Königsbuches stammte
Jona ben Amittaj aus Gath ha-Chepher und weissagte Jerobeam II. die Wieder-
herstellung der alten Grenzen Israels von der Strasse nach Hamat bis an das Meer
der Araba. Aus dem Buche Jona vernehmen wir, dass derselbe von Jahwe den Auf-
trag erhielt, nach Ninive zu gehen und ihr den Untergang zu verkünden, dass er aber
zuerst sich der Mission durch die Flucht entzog und erst, nachdem er von Jahwe
zurückgebracht war, den Befehl ausführte, endlich dass er von dem ünmute, der ihn
über das Nichteintreffen seiner Weissagung erfüllte, von Jahwe geheilt wurde. Dies
ist kurz der Inhalt des Buches; wie derselbe zu beurteilen ist, darüber s. unten
Einleit. II. Im AT hören wir sonst nichts von Jona ; die nachbiblischen Le-
genden (vgl. Vitae Prophetarum bei NesTLE Materialien 24 f. 55 f.) haben selbstver-
ständlich keinen historischen Wert für Jona ben Amittaj. Unter den Stätten, die nach
Jona genannt sind, wie sepulcrum Jone prophete in trihu Qahulon (s. die erste der von
Röhricht veröffentlichten Karten und Pläne ZDPV 1891), makäm en-nehi junis und
zijärit esch'Schech jünis im Begierungsbezirk von el-Lädkije (ZDPV 1891, 175 179),
neU Jünus bei Ilalhül nördlich von Hebron (Bädeker Pal.^ 133), hat wenigstens der
nehi Jünus genannte Hügel auf dem Buinenfelde von Ninive den Vorzug, dass er an
einem Orte liegt, zu dem nach der biblischen Erzählung Jona Beziehungen hatte.
Das Buch ist nicht ganz einheitlich und auch nicht in vollständig guter Ord-
nung auf uns gekommen. Einen grösseren fremden Bestandteil bildet das Gebet
Jonas im Bauche des Fisches 2 2-10, ein Dankpsalm für wunderbare Rettung aus
Kurzer HC zum AT XIJl 16
Jon Einleitung I 242 Jon Einleitung I
grosser Gefahr, der in die Situation nicht passt, aber ähnlichen Einfügungen, z. B.
dem Hannaliede I Sam 2 1-10, vergleichbar ist. Da die Gefahr, welche der Dichter
dieses Dankpsalms durchgemacht hat, eine ganz andere ist, als die, in welcher Jona
schwebte, so ist auch nicht daran zu denken, dass in ihm der Kern der Jonaerzählung
zu sehen sei, um den sich später die übrigen Teile als Kahmen gelegt haben. Der
Psalm ist vielmehr die Einfügung eines Späteren, der mit ungenauer Deutung des-
selben eine Beziehung auf Jona herausbringen und es für angemessen erachten mochte,
dass Jona den Dank für seine Bettung auszusprechen nicht unterlasse. Der Inter-
polator hat den Psalm nicht etwa selber gedichtet — die Harmonie mit der Erzäh-
lung würde dann grösser sein — , sondern ihn vorgefunden. Trotz den vielen An-
klängen an Lieder des Psalters und Beminiscenzen aus andern biblischen Büchern und
trotz dem oft lockeren Zusammenhang (s. Exegese) ist der Psalm doch nicht einfach
eine Kompilation, er kann sehr gut als „Psalm unter den Psalmen" gelten. Vgl.
ferner Vorbem. zu 2 2-10 und über die Entstehungszeit s. unten Einl. III.
Kleine fremde Elemente sind: 1) 1 8^P: ^:h nS^T nj;iiT^»b Iti^^^n, Glosse
zu 1 7^P; 2) 1 10^'T: ÜTf7 TllH *'?; 3) 4 4, Variante zu 4 9% entstanden durch Versehen
eines Abschreibers ; und 4) 4 6^ die vorlauten Worte : IHJ^ID 1 / /'^l^n^ ; s. die Erklärung
zu allen diesen Stellen.
Die Ordnung des Buches hat insofern gelitten, als 4 5 sich an unrichtiger
Stelle befindet; denn Jona konnte den Ausgang der Dinge nicht in Ninive selber ab-
warten, das ja zerstört werden sollte, sondern er musste sich vor Ablauf der Frist
von vierzig Tagen, nachdem er seinen Auftrag vollendet hatte, wegbegeben, somit
gehört 4 5 hinter 3 4. Ob etwa zwischen 3 4 und 4 5 ein Vers verloren gegangen ist,
der gelautet hat: D'^J?|1« ^Ij; 1J?N^1 nij; «IjpM. "in« D1^ ^^HD Tj;n «in^ niV ^D1*l
DDÖH? •^Ü^*'^! ÖV , muss fraglich bleiben. Dagegen sind die anderen von WlNCKLEE vor-
geschlagenen Umstellungen nicht zu empfehlen: 1 10 hat an seinem Platze eine viel
bessere Stelle, als wenn er hinter 1 7 verpflanzt wird, und ebenso ist 1 13 da, wo er
steht, am rechten Orte, nicht zwischen y. 4 und y. 5; vgl. die Exegese. Auch
im Kleinen ist nicht überall strikte Ordnunec zu bemerken. Der Wechsel von Hin^
und D^^78 und daneben sogar einmal der Gebrauch beider Namen nebeneinander
(4 6) kann nicht unbeachtet bleiben. Man kommt zur Erklärung dieser auffallenden
Thatsache nicht aus mit der Annahme, dass überall, wo es sich um Heiden handle,
D\'17S verwendet sei; denn das ist gerade nicht der Fall: 3 5 steht allerdings D%n7t5,
aber in der analogen Stelle 1 16 findet sich niH^, und ebenso sieht man den Grund
nicht ein, warum in fast gleichlautenden Versen njH^ und DN^/S wechseln, vgl. 21
(4 6) mit 4 7 8 und 4 4 mit 4 9. Mit BÖHME in dem AVechsel der Namen eine Be-
stätigung der Hypothese von der Zusammensetzung des Buches aus verschiedenen
Quellen zu sehen, geht nicht an, wenn die Gründe, auf welche die Annahme der Zu-
sammensetzung fusst, dahinfallen (s. sofort weiter unten). Am einfachsten wird man
sich den eigentümlichen Befund so erklären, dass ein Späterer an dem Gebrauche
von nin^ im Buche Jona Anstoss nahm und wenigstens an den für sein Gefühl ver-
fänglichsten Stellen den Namen njil^ durch DN^^g ersetzte, wobei er in 4 6 vergass,
daneben mn^ zu entfernen.
Zusammensetzung des Buches aus verschiedenen Quellen hat neuerdings
Böhme zu erweisen gesucht. Schon vor ihm hatte J. C. C. NaCHTIGAL das Buch in
Jon Einleitung I 243 Jon Einleitunjif I
drei Quellen zerlegt: 1) das Gebet Jonas ])en Amittaj.s, „nachdem ihn Gott aus der
Hand des Königs von Assyrien befreit hatte" 2 3-10; 2) der Apolog Cap. 3f., der als
historische Poesie zu charakterisieren sei und von einem in den l)abyloni8chen Ländern
lebenden israelitischen Exulanten herstammen soll; und 3) die poetisch-prosaische
Einleitung 11-16 2 12 11 3 l von einem Zeitgenossen Esras und Nehemias. Dieser
mehr auf spekulativen Gründen ruhenden Zurechtlegung, die von der Authenticität
des Dankpsalms 2 3-10 ausgeht, gegenüber ist BÖHME auf induktivem Wege vom Be-
funde des Textes aus zu seiner Ansicht gelangt. Neben kleineren Unebenheiten, die
er zu entdecken weiss, oder unbedeutenden Unterschieden, denen er grosses Gewicht
beilegt (z, B. dass 1 6 der /^hH 1*1 genannt ist, nachher aber nur D^^Jfc<n erscheinen,
dass neben iT^^ einmal auch HJ^DD gebraucht wird 1 5), sind es hauptsächlich
die beiden sachlichen Widersprüche zwischen 4 5 und 4 1 einerseits und zwischen
4 5 und 4 6 andererseits, die ihn zu der Annahme verschiedener Quellen bewegen,
eine Annahme, die er, wie bereits gesagt, im Wechsel der Gottesnamen be-
stätigt findet. So gelangt er zu folgender Vorstellung von der Zusammensetzung
des Buches :
1) Den Kern des Buches bildet die (jahwistische) Quelle A: 1 1 2 3* 4^* 4^ 5^
7 8* 9 10^« 11-13 15 2 1 11 3 1-3^ 4^ 5 4 1 5^ (inhaltlich) 6 (excl. ß^T) 7 8^^ 9 10^ (grössten-
teils) 11^.
2) Stücke einer mit dem zweiten Teil von A parallelen, mehrfach diflferierenden
Erzählung B (elohistisch) sind: 3 6-10 (excl. einige Zusätze) 4 5^ 11^, vielleicht noch
einige andere Bestandteile aus Cap. 4.
Diese beiden Quellen hat ein (vermutlich elohistischer) Redaktor E, zu einem
Ganzen verbunden, in dasselbe sind von einem (jahwistischen) Ergänzer C eingefügt
1 5^ 6 10^^ 14 16 4 2 f. und das nicht von ihm herrührende Lied 2 2-10. Endlich sind
noch kleinere Einsätze von verschiedenen Glossatoren hinzugekommen, am spätesten
erst nach der LXX die Glosse in 1 8^.
Gegen diese Vorstellung von einer so komplizierten Zusammensetzung des
Buches ist geltend zu machen, dass sich die wirklichen Anstösse, die das Buch bietet,
viel einfacher lösen lassen, und dass den übrigen Erscheinungen, die BÖHME hervor-
hebt, nicht die grosse Bedeutung zukommt, die er ihnen beimisst. Die sachlichen
Widersprüche fallen dahin, wenn 4 5 hinter 3 4 gesetzt und das auch von LXX nicht
durchaus bezeugte 75?? ^^ 4 5^ als Zusatz ausser Spiel gelassen wird; denn dann war
Jona nicht bis nach Ablauf der Frist in Ninive geblieben und spendet der göttliche
Wunderbaum und nicht die menschliche Nothütte Jona den kühlenden Schatten,
s. zu 4 5 f. Was den Gebrauch der verschiedenen Gottesnamen betrifft, so ist oben
schon davon gesprochen ; beigefügt sei hier noch, dass sie in so später Zeit kaum zum
Kriterium für die Unterscheidung verschiedener Quellen geeignet sind, übrigens
gelten sie auch BÖHME nicht überall für entscheidend, denn er rechnet zu seinem
jahwistischen Kerne Stücke, die jetzt im Texte D\'1^S aufweisen, z*. B. 4 7 9. Die
kleinen sprachlichen Unterschiede endlich, die sich leicht aus der Freiheit des Autors
erklären, genügen aber schwerlich, um eine so komplizierte Zusammensetzung wahr-
scheinlich zu machen, bes. bei einem Buche, dessen eigenartige Anschauung eher auf
eine bestimmt ausgeprägte, originale einzelne Persönlichkeit, als auf eine E-eihe von
Gesinnungsgenossen schliessen lässt. Es wird darum dabei bleiben, dass das Buch
16*
Jon Einleitung I 244 Jon Einleitung II
Jona abgesehen von 2 2-10 und den oben aufgeführten Glossen als eine einheitliche
Schrift anzusehen ist.
II. Charakter und Materie der Erzählung.
Dass das Buch Jona nicht reine Geschichte bietet, ist heute ziemlich allgemein
anerkannt. Und wirklich, wollte der Verf. der geschichtlichen Kenntnis der Ver-
gangenheit dienen, so müsste er doch einerseits mehr erzählen, als er erzählte, und
über manche Dinge genauere Nachricht erteilen : er dürfte uns nicht so im Un-
gewissen lassen über die Herkunft und Zeit des Helden und seine weiteren Schicksale
nach der Vollendung seiner Mission in Ninive, er müsste uns doch auch wissen lassen,
wer der König von Ninive war, der eine so folgenreiche Bekehrung seiner Unter-
thanen befahl, und uns sagen, was nachher mit diesen bekehrten Niniviten geschah.
Andererseits trägt das, was er erzählt, unverkennbar einen ungeschichtlichen,
märchenhaften Charakter. „Alles ist hier wunderbar. Den ungehorsamen Propheten
verfolgt ein Sturm ; das Los trifft sogleich den Richtigen und der Sturm verstummt.
Den Propheten zu erhalten, ist sofort ein grosser Fisch zugegen; Jona bleibt in
seinem Bauche lebendig, und der Fisch speit ihn wieder aus. Ein Wunderbaum er-
sprosst an einem Tage; ein Wurm und ein Wind sind wieder unmittelbar zur Stelle,
um durch ihre Verrichtungen eine Belehrung für Jona zu demonstrieren" (BaudiSSIN
Einleitung 594).
Der Verf. des Jonabuches hatte vielmehr einen didaktischen Zweck; seine Er-
zählung ist „eine märchenhaft gehaltene Novelle mit lehrhafter Tendenz" (BaudissIN
a. a. 0. 593). Welches die Lehre ist, die der Verf. mit seiner Erzählung recht ein-
dringlich machen will, kann nicht zweifelhaft sein. Er hat sie selber an hervor-
ragender Stelle am Ende seiner Schrift 4 10 11 hervorgehoben und auch schon vorher
4 2 deutlich ausgesprochen. Sie lautet: Die Barmherzigkeit Gottes erstreckt sich
auch auf die Heiden ; dass Gott gnädig und barmherzig ist, langsam zum Zorn und
reich an Huld, und sich das Unheil gereuen lässt, gilt für alle Menschen, auch für die
Heiden, die dem allmächtigen und universalen Gott nicht gleichgiltig sind. Dem
Hochmut der Juden, das einzig auserwählte Volk zu sein, und ihrer kalten und eng-
herzigen IJberhebung über die anderen Völker tritt somit das Buch entgegen. Diesem
einen Zwecke ist alles untergeordnet. Der erste Teil, Cap. 1 2, zeigt zur Vorbereitung
des Hauptgedankens dem vor Jahwe fliehenden Propheten gegenüber^ dem es wider-
steht, sich um die fernen Heiden in Ninive zu bemühen, neben der über Palästina
hinausreichenden Macht Gottes die Peligiosität der Heiden (vgl. die Erzählung vom
barmherzigen Samariter Lk 10 25-37) , die dann vollends durch die Bettung zur An-
erkennung Jahwes gelangen. Im zweiten Teil, Cap. 3 4, kommt der eigentliche Haupt-
gedanke aufs deutlichste zum Ausdruck, dass die Heiden Gott nicht gleichgiltig sind
und dass sie ihm auch nicht gleichgiltig sein können. In feiner Weise wird Jona von
dem Unrecht seiner gegenteiligen Meinung überzeugt. Die Sendung Jonas nach
Ninive ist völlig gerechtfertigt: die Niniviten sind für Gott weit mehr als der Wunder-
baum für den Propheten, die Barmherzigkeit gegen sie ist darum auch unendlich
vielmal berechtigter als der Schmerz Jonas über das Verdorren des Ricinus. Dass
mit diesem Hauptgedanken manche andere wichtige Gedanken zusammenhangen, die
bloss zum Teil angedeutet sind, versteht sich von selbst. Interessant ist in dieser
Jon Einleitung II 246 Jon Einleitung f.
Hinsicht jed(3nfalls das, dass der Verf. an der göttlichen Herkunft der Propheten-
worte nicht zweifelt, auch wenn sie sich nicht erfüllt haben. Dann aber kann man
sagen, dass die »Schrift eine energische liekiimpfung des jüdischen Tartikularismus
und ein schönes Zeugnis des konsequenten Universalismus ist. Man darf sogar das
Buch „eine Tendenzschrift für das Kecht der Heidenmission'* nennen (BOUSHET Relig.
des .Tudentunis 83), auch wenn es dem Verf. weniger auf praktische Ausübung einer
eigentlichen Missionsthätigkeit unter den Heiden, als auf die Beurteilung des Heiden-
tums in den jüdischen Kreisen ankam.
Gegen diese Auffassung, die in dem Buche eine wichtige didaktische Tendenz
findet und die ganze Erzählung als eine geschlossene, von dem am Ende nachdrücklich
betonten Gedanken beherrschte Einheit zu erklären vermag, können die allegorischen
Deutungen nicht aufkommen, die gezwungen sind, den Schwerpunkt auf unter-
geordnete Teile zu verlegen. So wird die Deutung, welche nach Mt 12 40 in Jona
einen Typus Christi sehen will, doch keineswegs dem ganzen Buche gerecht, und die
spätere Anwendung eines einzelnen Teiles des Jonabuches im NT giebt noch kein
E,echt, dem Verf. des Buches die gleiche Fassung zuzuschreiben. Aber ebenso ist die
von Kleinert und besonders von Cheyne verteidigte allegorische Deutung zu ver-
werfen. Auch sie löst die geschlossene Einheit auf und verleiht obendrein dem Fisch
eine übergrosse Bedeutung, Jona soll nämlich der Typus für Israel sein, der grosse
Fiöch das babylonische Beich, das Israel verschlang, um es zu erhalten und ihm Zeit
zur Beue zu geben ; Ninive ist dann der Repräsentant der Heidenwelt, für die Israel
zum Propheten berufen ist. Cheyne hat sich besondere Mühe gegeben, diese Auf-
fassung zu begründen. Er sieht in dem Fisch den Meerdrachen, der das Symbol des
babylonischen Beiches sei, und findet eine wichtige Stelle für die Symbolik, dass der
Drache Babel Israel verschlungen und wieder herausgegeben hat, in Jer 51 34 44 (s.
dort). Ferner erblickt er in dem Namen des Helden eine Bezeichnung Israels, das
symbolisch eine Taube, nM\ genannt worden sei, unter Berufung auf Ps 68 14 (doch
s. zu der Stelle) 55 7-9 56 1 (wo LXX für DJI*^ Xao; bietet), den Midrasch zu Cnt 2 14
4 1 etc. Jona aber sei ein Prophet geheissen, weil nach Dtjes Israel einen prophe-
tischen Beruf an den Völkern habe, und verschlungen werde Israel vom Meer nach
einem gewöhnlichen poetischen Ausdruck für die Gefahr der Zerstörung (vgl. Jes 43 2
Ps 18 16 u. 0.). Bei dieser Deutung des Buches kommt der Schluss 4 10 11, sowie
auch 4 2 nicht zu seinem Becht, die beiden Teile sind nur durch die Supposition ver-
bunden, dass der Verf. schon dem vorexilischen Israel die Aufgabe einer Mission an
den Völkern zuschreibe, weiter ist von einer Bekehrung Israels im ursprünglichen
Texte keine Bede und das Ganze sinkt zu einer Geschichtsallegorie ohne deutliche
oder doch nur notdürftig angehängte praktische Spitze zusammen. Überhaupt wird
man auch die eigentliche Fassung einer gekünstelten allegorischen Deutung vorziehen,
besonders hier, wo jene eine in allen Teilen ansprechende und einheitliche Er-
klärung bietet.
Der Charakter des Buches Jona ist also der eines historischen Midraschs, einer
erbaulichen didaktisch-religiösen Erzählung, wie Buth, Tobit und ähnliche Schriften.
BüDDE hat die Vermutung ausgesprochen, dass das Buch Jona ein Stück aus dem in
der Chronik II 24 27 zitierten Midrasch des Buches der Könige sei, das allerdings,
um selbständig auftreten zu können, einige Zubereitung erfahren habe, und zwar habe
Jon Einleitung II 246 Jon Einleitung II
dasselbe ursprünglich seinen Platz hinter II Heg 14 27 gehabt, wo von dem Propheten
Jona ben Amittaj die Hede sei. Die Berufung auf den Anfang des Buches mit \T1
wiegt aber nicht schwer (s. zu 1 l) und direkt gegen die Vermutung spricht doch die
eigenartige Tendenz des Buches, die wenig mit dem Charakter gemein hat, welchen
die den Midrasch benützende Chronik an sich trägt.
Ist das Buch Jona keine Geschichte, sondern Dichtung, so ist es doch nicht
reine Dichtung. Historischer Stoff liegt ihr zwar kaum zu Grunde, denn als solchen
kann man den der Tradition entnommenen Namen Jona ben Amittaj nicht taxieren,
sowenig wie den Umstand, dass der Zeit Jonas gemäss die Grossstadt Ninive heisst.
Aber allerdings hat der Verf. viele Elemente der Tradition in seiner didaktischen
Dichtung verwendet, Elemente, die für ihn der Hauptsache nach oder wohl voll-
ständig nur der mündlichen Tradition angehörten. Er hat sie frei gestaltet und
seinem Zwecke untergeordnet, sodass sie die Einheit des ganzen Buches nicht be-
einträchtigen. Wir können diese Elemente nur in allerlei Parallelen bei den ver-
schiedensten Völkern nachweisen; aber gerade die weite Verbreitung derselben be-
weist, dass ähnliche Erzählungen auch dem Verf. des Jonabuches bekannt waren.
Früher hat man auf Parallelen aus der griechischen Mythologie hingewiesen, so
einmal auf die Erzählung von der Bettung der trojanischen Königstochter Hesione
durch Herakles, der dem Meerungeheuer in den Bachen gesprungen sei, in dem
Bauche desselben drei Tage herumgekämpft habe und am dritten Tage wieder
hervorgekommen sei, nur mit Verlust seines Haares, dann auf die andere Erzählung
von der Befreiung der an die Felsen bei Joppe angeschmiedeten Andromeda durch
Perseus, der das aufsteigende Seeungeheuer getötet haben soll. Es sind das offenbar
zwei verschiedene Formen, die eine alte Volkserzählung in verschiedenen Gegenden
angenommen hat. Nachdem man später erkannt hat, wieviel Israel dem babylonischen
Orient verdankt, hat man auch an babylonische Parallelen erinnert, vor allem den
Fisch, wie Cheyne (s. oben), mit dem Drachen in Parallele gesetzt (vgl. GuNKEL
Schöpf, und Chaos 322) und in den drei Tagen und drei Nächten einen Zusammen-
hang mit einem Mythus gesehen, der an das dreitägige Verschwinden des Frühjahrs-
mondes anknüpft, KAT3 366 388 f. 508. Sind diese babylonischen Notizen nur für
einzelne Punkte belangreich, so bringt uns eine noch östlichere (buddhistische) Er-
zählung eine auffallende Parallele zu Jon 1: Mittavindaka , ein Kaufmannssohn aus
Benares, hatte sich dem Verbote seiner Mutter zum Trotz auf das gefahrvolle Meer
begeben; mitten auf hoher See wurde nun das Schiff durch eine unbekannte Gewalt
am Weiterfahren gehindert. Um den Urheber des Unglückes zu entdecken, werden
von den Seefahrern Lose in Gestalt von Brettchen oder Blättchen geworfen. Dreimal
kommt das Unglückslos in die Hand Mittavindakas. Darauf setzen die Schiffer ihn
aus, aber auf einem Flosse, indes das Schiff unbehindert seine Fahrt fortsetzt, vgl.
E. Hakdy in ZDMG 1896, 153. Auch ein altes ägyptisches Märchen, das nach
WiEDEMANN (Die Unterhaltungslitteratur der alten Ägypter 18) aus der Mitte des
dritten Jahrtausends v. Chr. stammt, kann herbeigezogen werden, bes. wenn HOMMEL
(Die Insel der Seligen 1901, 18 f.) genau den Inhalt wiedergiebt. Es wird nämlich
darin erzählt, dass ein ägyptischer Beamter, der sich zu Schiff nach den Bergwerken
des Pharaos begeben wollte, Schiffbruch erlitt und einzig gerettet wurde, da er ein
Stück Holz erfassen konnte und von einer Woge auf eine Insel geworfen wurde.
Jon Einleitung II 247 Jon Einleitung ITI
nachdem er „drei Tage (im Meere) allein verbracht hatte". Dort kam dann nach
einiger Zeit eine grosse Schlange, die ihn „ins Maul nahm" und auf ihr Lager
schleppte, ohne ihm etwas zu leide zu thun, und die ihm ankündigte, dass er nach
vier Monaten durch ein ScIiifF in die Heimat gel)racht werde. Endlicli sei noch er-
wähnt, dass auch L. FkobeniüS (Die Weltanschauung der Naturvölker S. 187 19a f.)
verschiedene „Jonasmythen" verzeichnet (nach Archiv für Religionswissenschaft
1900, 378).
Diese Parallelen, namentlich die indische und die altiigyptische, zeigen doch
deutlich, dass der Verf. seine Geschichte nicht ganz erdichtet hat, aber auf der an-
deren Seite tritt auch das Geschick in helles Licht, mit dem er den alten Erzählungs-
stofif seiner Tendenz dienstbar zu machen verstanden hat.
III. Entstehungszeit und Bedeutung des Buches.
Das älteste Zeugnis einer Bekanntschaft mit der Erzählung von Jona ist
Tob 14 4 8, wenn der gewöhnliche Text richtig und nicht Naoujx für 'Iwva; zu lesen
ist. Doch führt uns JSir 49 10 mit seiner Erwähnung der „zwölf Propheten" noch in
frühere Zeit, sodass wir sagen können, dass um 200 v. Chr. das Jonabuch vorhanden
war. Wie weit wir über dieses Datum zurückgehen dürfen, ist schwerer zu be-
stimmen. Sicher ist die Grossstadt Ninive für den Verf. eine gewesene Grösse (3 3),
sodass an die Zeit vor 606 resp. vor dem Exil nicht zu denken ist. Dann scheint der
Verf. Joel gekannt zu haben, vgl. 3 9 = Jo 2 14, 4 2 = Jo 2 13, wie er denn auch sonst
an andere Litteratur erinnert, so 4 3 und 4 6 (mit der Ricinusstaude) an I Reg 19 4
und 19 5 (Elia unter dem Eotemstrauche) , 4 2 an Ex 34 6, ja selbst an die Genesis,
wenn die Verbindung D\n7S n]ol 4 6 aus Gen 2 4 ff. stammt. Schon durch die Be-
kanntschaft mit Joel werden wir für Jona ins vierte Jahrh. gewiesen, und es bleibt
uns somit ein Spielraum von ca. 350 — 200 für die Entstehungszeit des Jonabuches.
Wir dürfen dabei sehr wohl ca. 300 oder geradezu das 3. Jahrh. ansetzen, da für eine
späte Zeit auch die Sprache spricht, die an Kohelet und manchmal an das Aramäische
erinnert, vgl. ^p^^2l 1 7, "»^^n 1 12, ']'^f 4 10, b 2m 1 4, Dj;i? 3 7, Hiö 2 1 4 6 8, m^Öp
1 5, n^ynn 1 6. '
Der in den Text eingefügte Psalm 2 2-10 ist noch jüngeren Datums ; er kann
sehr w^ohl auch erst dem Buche Jona einverleibt sein , als die Zwölf Propheten schon
zusammengestellt waren, also erst im 2. Jahrh. (s. auch Vorbem. zu 2 2-10).
Die richtige Beurteilung des Jonabuches als didaktische Dichtung macht den
Spott über seine Wunder verstummen, mit dem seit alter Zeit nicht gekargt wurde,
hat doch der alte Spötter LuCIAN VON Samosata schon im zweiten christlichen Jahr-
hundert erzählt, dass er selbst samt einem ganzen bemannten Schiffe von einem grossen
Fische verschluckt worden und wieder herausgekommen sei (s. Baudissin). Die
richtige Ansetzung der Entstehungszeit hebt die Bedeutung des Buches. Es ist ent-
standen zu einer Zeit, da das Gesetz in der jüdischen Gemeinde herrschte und diese
sich ausschied von den Heiden. Mitten in dieser engherzigen Zeit erhebt es laut die
Stimme für die Allmacht der Barmherzigkeit und für die Gleichberechtigung der
Heiden. Es hat also doch das Gesetz das Herz nicht in jeder Brust erkalten lassen
und der stolze Partikularismus nicht im ganzen jüdischen Geschlecht die prophe-
tischen Gedanken und die humanen Gefühle erstickt. Der Verf. von Jona muss neben
Jon Einleitung III 248 Jon 1 2
den Verfassern von Hiob und Ruth als selbständige Persönlichkeit gerühmt und an-
erkannt werden. Sein Buch ist ein wertvolles Denkmal für die Geschichte der Zeit
seiner Entstehung und es hat es verdient durch seine ganze Haltung, insbesondere durch
seine zwei letzten Verse, dass es unter die Propheten aufgenommen ist, mit denen in
der That sein Verf. geistesverwandt ist (s. ferner Einl. II S. 244 — 245). Es wird auch
nicht Zufall sein, dass Jesus Lk 11 29-32 (Mt 12 40 ist spätere Eintragung) an das
Buch Jona erinnert.
IV. Litteratur,
J. C. C. NacHTIGAL Über das Buch des AT mit der Aufschrift: Jonas in
EichhOEN's Allg. Bibl. der bibl. Lit. 9, 221 fF.; Paul Kleinekt Obadja, Jona, Micha,
Nahum, Habakuk, Zephanja 1868, 2 1893; T. K. Cheyne Jonah, A Study in Jewish
Folklore and Eeligion in Theol. Review 1877, 211—219; W. BÖHME Die Composition
des Buches Jona in ZATW 1887, 224—284; -Kael Budde Vermutungen zum „Midrasch
des Buches der Könige« in ZATW 1892, 37—51 bes. 40-43; T. T. PeeOWNE Obadjah
and Jonah 1898; HuGO WiNCKLEE Altorientalische Forschungen II 1898—1900, 260—
265: „Zum Buche Jona"; EduaED Sievees Studien zur hebräischen Metrik II 1901,
482—485: Text von Jona Cap. 1 und 2; T. K. Cheyne Encycl. Biblica 1901, 2565—
2571: Art. Jonah und Critica Biblica II 1903, 150—152.
Erklärung.
L Jonas Ungehorsam gegen den göttlichen Befehl, seine Flucht
und Zurückbringung
Cap. I und 2.
Cap. 1. 1—3 Jona, von Gott beauftragt, Ninive im Osten zu predigen,
begiebt sich auf ein Schiff, das nach Tartessus im Westen fährt. 1 Aus
dem Anfang mit ^^'11, also mit Waw consecutivum, darf man nicht auf den Ver-
lust von Stücken schliessen, die einst Cap. 1 vorangegangen seien; auch nicht
einmal das ist sicher daraus zu entnehmen, dass die Erzählung einst in einen
grösseren litterarischen Zusammenhang gehörte, vgl. Hes 1 i und die vielen
Bücheranfänge mit Imperf. consecutivum, z. B. Rt, Est, Neh. Budde könnte
trotzdem Recht haben mit seiner Ansicht, dass Jona ein Stück aus dem Mi-
drasch des Buches der Könige sei, doch s. darüber Einleit. IL ''i?)?^5"l| hält
Sievers für genealogische Glosse aus II Reg 14 25, während Winckler um-
gekehrt diese beiden Worte im Königsbuch als Zusatz eines Glossators aus
dem Jonabuche ansieht. Wie metrische Gründe im prosaischen Jonabuche
entscheiden sollen, ist kaum zu verstehen (gegen Sievers), und dass Vater-
und Heimatsname einander nicht ausschliessen, beweist I Reg 19 16 (gegen
Winckler). Über Jona ben Amittaj s. die Einleitung L 2 Die Gross-
stadt Ninive ist für den Erzähler eine gewesene Grösse, vgl. 3 3; zu n^Hiin TJ?n
Jon 1 2 249 Jon 1 5
Vgl. Gen 10 12 und über Nitiive^ von 8anherib zur eigentlichen Hauptstadt des
assyrischen Reiches erhoben und 606 durch die Meder zerstört, s. zu Gen 10 12
und GuTHE KliW 473 f. Tvh)) hat nicht den Sinn wider sie, sondern
ist==iT^S 3 2; die beiden Träpositionon sind im späteren Hebr. beinahe zu-
saramengefiossen oder werden doch von den Abschreibern als gleichbedeutend
gebraucht. Zu v. 2^ vgl Gen 18 21 [ Sarn 6 12; die Bosheit der Leute
von Ninive ist himmelschreiend, bis zu Jahwe, der im Himmel seine Wohnung
hat, ist die Klage über dieselbe gedrungen. 3 "d^^^P^ ist wahrscheinlich
eine alte phönizische Kolonie, das spätere griechische Tartessus im südwest-
hchen Spanien, s. zu Gen 10 4 und Güthe KBW C67f. Die Vorstellung,
dass man Hin;; '^^?^P vor Jahwe sich in Sicherheit bringen, sich von seinem
Angesicht weg begeben könne, stammt aus der alten Zeit, wo man sich von Jahwe
fern glaubte, wenn man sich ausserhalb des Bereichs der heiligen Stätte oder
der Grenzen Palästinas, des Landes Jahwes, befand, vgl. Gen 4 u I Sam 26 19
II Reg 5 17 17 20 23. Der Ausdruck ist zu einer Zeit geblieben, w^o man, wie
der Verfasser des Jonabuches, überzeugt war, dass Gottes Macht über die
Grenzen Israels weit hinausreiche; man hat ja auch in spätester Zeit beim
Gebet im Ausland sich nach Jerusalem gerichtet, vgL zu Dan 611. Jona
flieht, wie sich aus 4 2 ergiebt, nicht etwa, weil er die weite Reise scheut oder
vof den Gefahren, die die Erfüllung des Auftrags mit sich bringen könnte,
zurückschreckt, sondern weil ihm an den Niniviten nichts liegt und er oben-
drein fürchtet, Gott könnte in seiner Gnade Ninive verzeihen und die An-
kündigung des Gerichts sich als unwahr erweisen. 1ö^, schon im 15. Jahrh.
V. Chr. erwähnt: in ägypt. Inschrift Yepu, in den Tell-el-Amarna-Briefen Japu,
hat weder Namen noch Lage jemals gewechselt, es ist das bekannte griech.
'loTT^TY], die heutige Hafenstadt Jäfä, vgl. Bädeker Palast.^ S. 9—12, Guthe
KBW 287 f. n«|, das Partie, bedeutet: das im Begriff war zurück-,
heimzufahren, vgh Ges.-Kaützsch^^ § 116 d; das Verbum SIS hat auch nach-
her in Sin'j nicht einfach den Sinn von ?I^n, sondern von hineingehen. Das
Femininsuffix in TTd^ bezieht sich auf iTi« = das Geld für die Fahrt auf dem
TT. T • t:
Schiff; das Pluralsuffix in DHDj; „geht auf die dem Sinne nach unter H^^^S mit-
befassten Schiffer zurück" (Ges.-Kautzsch^^ § 135p).
4—6 Ein gewaltiger Sturm bricht los, die Schiffer suchen Rettung durch
Gebet und durch Erleichterung des Schiffes; auch Jona wird vom Kapitän
aufgefordert seinen Gott um Hilfe anzurufen. 4 ^ ^^'n, etwas zu thun ge-
denken^ kommt von leblosen Dingen ausgesagt nur hier vor = das Schiff drohte,
war nahe daran, war in Gefahr [zu scheitern) \ die Übersetzung des Targum
«•jnns'p ^^V2 t^öb«! zeigt eine ähnliche Anwendung des aram. «j;^, suchen, vgl.
unser: das Schiff wollte scheitern und s. zu Dan 2 13. 5 In der v. 4 ge-
schilderten Situation (vgl. die Perfecta), da der Sturm in einem fort wütete
und das Schiff jeden Augenblick scheitern konnte, beteten die heidnischen
Matrosen, jeder zu seinem Gott\ es wird wenig jüdische Matrosen gegeben
haben, erst die Makkabäer haben Jaffa erobert, und das Schiff war ja nS!J
C^^^in (s. V. 3), also das Schiff einer phönizischen Kolonie mit Matrosen ver-
schiedener Herkunft. Das andere Mittel, durch das Auswerfen der Ge-
Jon 1 5 250 Jon 1 9
rate des Schiffes sich Erleichterung von der sie drückenden (vgl. h]l in DiTbxjD)
Not und Angst zu schaffen, wurde auch bei der Fahrt des Paulus nach Rom
versucht Act 27 isf. Jona schlief fest (vgl. zu üT]'l vom tiefen Schlafe
vgl. Gen 2 21 Jdc 4 21, zu der Pausalform D^yj mit Pathach Ges.-Kautzsch2 7
§ 51 m), und zwar in den untersten liäumen des Schiffes^ sodass auch der
Sturm ihn nicht weckte. Er war dort hinabgestiegen, noch bevor der Sturm
losbrach, beachte den Nominalsatz mit dem Perfect 11^; er hatte also keine
Ahnung von der Gefahr, in der er schwebte, in dem sichern Gefühl, Jahwes
Hand entronnen zu sein, hatte er sich schlafen gelegt, — ein ganz anderes
Gefühl, als es Jesus im Sturm auf dem See Genezareth besass (Mk 4 35-41):
Jona ruhig, weil er meinte, fern von Gottes Hand zu sein, Jesus getrost, weil
er sich in Gottes Hand geborgen wusste. Zu 'riS*!! vgl. Am 6 10 und bes. Hes
32 23; nj^iDp, im Aram. und Arab. gebräuchlich, kommt im AT nur hier vor
für das gewöhnliche iT^W. 6 ^?n ist denomin. von byr\ Schiffstau, wie D^ji,
Win%er, von uy^ Weinberg, vgl. auch Hes 27 27; ^Dhn D*] ist der Schiffskapitän,
zu dem Sing. ^Dh vgl. Dno nn, Obereunuch, II Reg 18 17. Zu UT\^ ^jV-HD
vgl. Ges.-Kaützsch27 § 120^ das Partie. UT\^ ist Ergänzung (nicht Vocativ)
zu ^^"Hö: was kommt dir bel^ %u schlafen? Zu T\^'^T\\ sich besinnen^ sich
ettvas überlegen, vgl. aram. JT'^l? Dan 6 4; Cheyne schlägt dafür l^HH"; oder
^W*| vor. ^ib = für uns, %u unseren Gunsten', zum ganzen Ausdruck vgl. "h ^^n^
Ps 40 18. Dass Jona der Aufforderung Folge leistet, versteht sich von selbst.
7—10 Trotz dem Gebete hält der Sturm an; die Matrosen suchen daher
den Schuldigen zu ermitteln. Jona wird vom Los getroffen und nach seiner
Herkunft befragt. 7 Wo menschliches Wissen nicht zum Ziele kommt,
giebt nach antiker Anschauung Gott den Befragern durch das Los die Ent-
scheidung vgl. I Sam 10 20-23. ""P^^?? um wessen Sache (seil. Schuld)
willen, eigenti.: um dessen, was wen betinfft, willen (•>)? macht die ganze Ver-
bindung zur Frage) ist eine Ausdrucksweise der spätesten Zeit, die an ara-
mäische Verbindungen erinnert, vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 150 k und Kautzsch
Aramaismen 87. 8 Das Sätzchen ^"^^ nwn n3;in-')?^ I^K? ist Glosse zu
dem Sätzchen gleicher Bedeutung in v. 7, um das dortige "^p^I^!l durch ll^tj?
•ip^ {*)^ = ^1^155) zu erklären. Es fehlt mit Recht nicht nur in LXX, sondern
auch in verschiedenen hebräischen Codd. 9 '^^l^J^, Hebräer, ist der Name,
womit die Israeliten sich den Ausländern gegenüber bezeichnen z. B. Gen 40 15
Ex 2 7 3 18, vgl. auch Phl 3 5. Mit «1'' ''iS ♦ ♦ ♦ nin^-n«1 , und Jahwe . . .
fürchtend bin Ich, bekennt sich Jona als Verehrer Jahwes, er bezeichnet da-
mit seine Religion, nicht etwa eine besondere Stellung in derselben oder seine
besondere Frömmigkeit. Dass Jona Jahwe den Gott des Himmels (s. zu
Dan 2 I8 und J^Jeh 1 4) und den Schöpfer von Meer und Festland nennt, ist
besonders interessant, da er sich ja durch seine Flucht dem Arme Jahwes hat
entziehen wollen. Für den Verf. ist eben die Transcendenz und Allmacht
Jahwes keine Frage und auch der Held der Erzähhmg muss sie bekennen.
Auf die Frage nach seinem Gewerbe (v. s) antwortet Jona nicht; dass er da-
gegen seine Religion, nach der er nicht gefragt ist, bekennt, deutet den Fragen-
den an, worin seine Schuld liegt, und macht ihnen klar, wer den Sturm gesandt
Jon 1 10 251 Jon 1 16
hat. Der grosse Sc'hrecken der Matrosen 10 ist daher wohl motiviert; eine
Versetzung von v. lo liinter v. 7 hat keinen genügenden Grund (gegen
WiNCKLER). n''b^J) n«rnD fragt nicht nach dem „wasV'S sondern dem
„warum?" und ist überhaupt mehr Ausruf des Entsetzens und der Indignation,
als Frage, vgL Gen 3 13. Was er gethan hat, erkannten die Männer yd, näm-
lich, dass er auf der Flucht vor Jahwe war. Dieses Erkennen erwuchs ihnen,
aus der Entscheidung des Loses, dem Bekenntnis Jonas zu .Jahwe und dem
Wüten des Hturmes, den sie nunmehr nur noch auf den Zorn Jahwes zurück-
führen konnten. Urh T-in "'S stösst sich in der That, wie Nowack hervor-
V T • • • '
hebt, mit dem vorausgehenden Satze "\y\ I^T/''?' gehört somit nicht zum ur-
sprünglichen Texte, sondern ist Zuthat eines Glossators, der das ^J^T sich ohne
Aussprache Jonas nicht zu erklären wusste.
11—16 Der immer mächtiger werdende Sturm wird endlich dadurch ge-
stillt, dass man Jona über Bord wirft. 11 Zur Anreihung eines Final-
satzes mit \ und Imperf. an einen Fragesatz vgl. Ges.-Kautzsch27 § 165a und
zu dem Gebrauch von "^T\ im Sinne von fortdauern^ zunehmen, vor einem
andern mit 1 verbundenen Verb vgh ebendaselbst § 113u. 12 Jona giebt
den Rat, ihn als den Schuldigen über Bord zu werfen; zu diesem Seemanns-
brauch vgl. Einl. II S. 246. Zu "^^^l, um meiner Sache seil. Schuld willen, vgl.
''D^'ty:! V. 7. 13 Die Matrosen versuchen vergeblich noch einen letzten Aus-
weg, ob sie nicht durch rudern ans Land gelangen können; vgl. zu inn, hier
absol. = rudern, eigentl. (die wogenden Fluten) durchbrechen. Am 9 2 Hes
8 8. WiNCKLEß versetzt auch diesen Vers, er soll eine viel bessere Stelle hinter
V. 4 finden; aber gerade y. i4 zeigt, dass diese Matrosen das Uberbordwerfen
eines Passagiers nicht so leicht nahmen, auch konnten sie hoffen, wenn sie
Jona zurückzubringen, also seineAbsicht zu fliehen zu vereiteln suchten, würde
Jahwes Zorn sich vermindern. 14 Die Männer haben eine religiöse Scheu,
einen Unschuldigen zu töten; um der Seele eines solchen willen {■= ti^ö^?) ^- ^*
wenn er ein solcher wäre, würden sie fürchten umzukommen; darum beten sie
zu Jahwe, er möge ihnen die Tötung Jonas nicht als Vergiessung unschuldigen
Blutes anrechnen. Sie legen ihre Hand an Jona nur, weil sie ihn nach dem,
wie es Jahwe %u thun gefallen hat (v. u*^), nämlich nach seiner Erregung des
Sturmes und der Verhinderung der Rückfahrt ans Land, für schuldig erachten
müssen. Jahwe selber zwingt sie dazu, vgl. die Hervorhebung durch 7\T\'^,
«•^pi statt ''pj wie Jo 4 19. 15 ^\ steht nur hier im AT vom Toben des
Meeres, sonst von der Erregtheit der Gemüter, von Zorn und übler Laune.
Zu ^Dj; mit folgendem |p = aufhören^ nachlassen, vgl. Gen 29 35 30 9. 16
Das plötzliche Aulhören des Sturmes macht einen gev/altigen Eindruck auf
die Matrosen; sie anerkennen Jahwe als machtvollen Gott und empfinden vor
ihm grosse Furcht. Darum bringen sie ihm sofort auf dem Schiffe ein Opfer
dar und geloben, ihm auch nach glücklich vollendeter Fahrt zu opfern; zu
solchen Gelübden vgl. Gen 28 20 Jdc 11 30 I Sam 1 11 II 15 7 f. Die Ent-
fernung von njn^"n« und Ti^Tih (Sievers) nimmt der Aussage gerade das
Charakteristische. Das Ganze ist eine interessante, anschauliche und
gewiss lebenswahre Schilderung antiker Keligiosität.
Jon 2 1 252 Jon 2 l
Cap. 2 Jona wird gerettet: ein grosser Fisch verschlingt ihn und speit
ihn nach drei Tagen ans Land v. i und ii; über das Gebet Jonas im Bauche
des Fisches s. Vorbem. zu v. 2-10. 1 Den von Jahwe beorderten grossen
Fisch näher zu bestimmen, ist verlorene Liebesmüh; der Verf. hat dies auch
nicht für nötig erachtet, trotzdem er nicht, wie die Juden später, an einen am
ersten Schöpfungstage von Gott geschaffenen und für Jona bereitgehaltenen
Haifisch gedacht hat, vgl. J. Bergel Mythologie der alten Hebräer I 114f.
Ohne die Annahme eines ausserordentlichen Wunders kommt man, wie
NowACK mit Recht hervorhebt, nicht aus, selbst wenn man in dem Fisch einen
grossen Haifisch (canis oder squalus carcharias) w^iederfinden will; denn der
Beweis, dass ein Mensch drei Tage und drei Nächte im Bauche eines Fisches
am Leben bleiben könne, ist nicht erbracht und es erleichtert denselben auch
nicht, wenn man mit von Orelli die drei Tage gegen den Wortlaut: drei Tage
und drei Nächte auf einen einzigen vollen Tag und geringe Bruchteile des
vorangehenden und des nachfolgenden reduciert. Der ganze Charakter des
Jona-Buches schliesst aber schon die Nötigung aus, in der Erzählung desselben
wirkliche Geschichte zu sehen; vgl. Einleitung IL
2 — 10 Das Gebet Jonas ist ein Gebet des Dankes für erfahrene Rettung. Es passt
also nicht in die Situation, in der sich Jona im Bauche des Fisches befindet; denn der
Verf. des Buches hat jedenfalls diese Situation nicht für die eines Geretteten angesehen.
Somit ist dieses Dankgebet hier nicht am rechten Platze, es müsste doch mindestens erst
nach V. 11 folgen. Aber es stammt ferner auch nicht vom Verf. der Erzählung; dieser
hätte doch kaum in v. 5 Jona es bedauern lassen, dass er den heiligen Tempel
nicht mehr sehen werde; ferner kommt für diesen die Bewahrung Jonas nicht als
Rettung aus der Not, sondern als Zurückführung zum Gehorsam in Betracht, und
endlich gilt ihm auch nachher Jona nicht als der Mann, der für Gottes Fügungen Dank
zu sagen weiss.
Ein Späterer hat das Danklied hier eingeschoben. Es ist ein Psalm und der Dichter
dankt darin Gott für die wunderbare Rettung aus der Gefahr des Ertrinkens, die er durch-
gemacht hat. Höchst wahrscheinlich ist dies bildlich zu verstehen, gerade wie Ps 69 if.
15; aber immerhin ist die Darstellung so, dass sie auch eigentlich gefasst und auf die
Rettung z. B. eines Schiffbrüchigen oder eines ähnlichen Unglücklichen aus den Fluten
des Meeres bezogen werden konnte. Dieser Inhalt machte nach der Meinung des Glossa-
tors den Psalm für den Einschub an dieser Stelle geeignet. Der Glossator dachte eben
nicht an den Zusammenhang der ganzen Erzählung, ihm erschien der grosse Fisch nur als
das Mittel der Rettung aus der Gefahr des Ertrinkens und die Schilderung des Psalms
schien ihm ganz gut auf die verzweifelte Lage zu passen, in der sich Jona im Meere be-
fand, bevor er im Bauche des Fisches geborgen war. Der so wunderbar Gerettete hatte
aber auch allen Grund, sofort noch im Bauche des Fisches Jahwe zu danken; darum hat
der Glossator dem Psalme eben diese Stelle angewiesen, und die Einleitung v. 2, die er an
seine Spitze setzt, lässt keinen Zweifel darüber, dass er ihn eben hier haben will. Solche
Einfügungen lieben die Späteren, vgl. das Hannalied I Sam 2 1-10, das Lied Hiskias Jes
38 9-20, das Gebet fAsarjas und den Hymnus der drei Männer im feurigen Ofen zu
Dan 3 23.
Der Psalm selbst ist zumeist aus Reminiscenzen zusammengesetzt, darum der Zu-
sammenhang bisweilen sehr locker; die Darstellung verläuft in regelmässigen Vierzeilern,
deren gerade Stichen drei, deren ungerade aber nur zwei Hebungen enthalten. Schon die
Reminiscenzen aus allen möglichen Psalmen zeugen für einen sehr jungen Ursprung dieses
Liedes.
Der sekundäre Charakter des Psalmes v. 3-10 ist schon lange erkannt, so von
Jon 2 2 253 Jon 2 9
DB "Wette-Schrader (Einleitung ^ 4G4j, Knobel (Prophetißmus 11 377), und kann heute
als von den meisten Exegeten des AT'b angenommen gelten.
2 stammt von der Hand des Interpolators, der den folgenden Psalm v. 3-10 ein-
gesetzt hat; der Autor der Erzählung von .lona würde weder das Subjekt njV noch die
Ortsbestimmung nj'nn '»Vöö aus v. 1 wiederholt haben. Natürlich gehört zu dieser Ein-
leitung auch noch *iü«*1 von 3. Im Übrigen enthält v. 3 das erste Tetrastich: Ich rief
aus der Not, die mich betroffen, Zu Jahwe und er erhörte mich; Aus dem Schosse Scheols
schrie ich um Hilfe, Du hörtest mehie Stimme. Der Vierzeiler giebt das Thema des
Psalmes; die erfahrene Rettung ist der Grund des Danklieds. Zu v. 3^ vgl. Ps 18 7 120 l,
zu V. 3^ vgl. Ps 18 6 30 4. Scheol hat natürlich einen ]t35, wenn sie verschlingen kann
und ein Maul hat vgl. Jcs 5 14. 4, das zweite Tetrastich: Du warfst mich in das
Herz des Meeres Und Strömung umgab mich', All deine Wogen und Wellen Giengen über
mich, beginnt die Schilderung der v. 3 genannten Not. Trotz der grammatischen An-
knüpfung mit 1 consec. und Imperf. ist v. 4 ein Neuanfang, der das Thema v. 3 exponiert
und in dieser Hinsicht allerdings mit v. 3 verbunden ist. Wellh. vermutet, dass etwas
vor V. 4 ausgefallen ist, aber kaum mit vollem Rechte. »"ibl^ö, Tiefe^ ist, wie das
Fehlen der Präpos. 2 anzeigt, erklärende Glosse zu '"^ y^h, dem Herzen des Meeres (Hes
27 4 25), nach Mch 7 9 Ps 68 23; Sievers beanstandet umgekehrt U^\b\ nn^3. Zu inj
= Meeresströmung, vgl. Ps 24 2. Direktes Citiit aus Ps 42 8 ist v. 4^ 5, das
dritte Tetrastich, zeigt die Verzweiflung des Betenden in der überstandenen Gefahr: Schon
dachte ich: ich bin Verstössen Aus der Gegenwart deiner Augen; Wie könnte ich je (= Nie-
mals werde ich) ivieder erblicken Deinen heiligen Tempel? v. 5^ ist fast genau aus Ps 31 23
entnommen. Für i]«, das mitten in die Schilderung der Not und Verzweiflung die
sichere Hoffnung auf Rettung hereinbrächte (= doch ich werde nochmals erblicken etc.)^ ist
nach Theodotion mit Hitzig-Steiner, Wellh. u. a. "^^^ = '^''JSt, loie?, zu lesen, das den da-
mit eingeleiteten Gedanken als unmöglich verwirft, vgl. Gen 39 9 44 8 Jes 20 6 Ps 137 4.
6 setzt die Schilderung der Not fort, aber enthält nur drei Zeilen der vierten Strophe:
Die Wasser umringten mich (es gieng) bis ans Leben, Die Flut umfing mich] Meertang
ivar mir ums Haupt gewunden. Zu v. 6^ vgl. Ps 18 5 69 2. «^^ID, Ex 2 3 5 Jes 19 6
Süssw asser Schilf, bedeutet hier das Meer gras, den Seetang, in der Tiefe des Meeres. Die
vierte Zeile bilden die beiden ersten AVörter von 7, wo für b, das infolge der Hinüber-
ziehung zu ^P^'X^\ entstanden ist, 3 zu lesen sein wird: In den Gründen der Berge; ^^Vl?»
eigentl. Abschnitt^ kann zu der Bedeutung von Ende kommen, wie ^J?, das sich von }*Vi^?
abschneiden, herleitet. Hier sind dann damit die untersten Enden, die tiefsten Gründe der
Berge im Meere gemeint; vielleicht ist aber doch dafür einfach mit Böhme, Nowack ^l^p
zu lesen, da n>'j^, wo es sonst vorkommt. Schnitt, Gestalt, bedeutet, vgl. I Reg 6 25 7 37.
7^^'', die fünfte Strophe, fasst zuerst noch einmal in kurzem Wort die Grösse der Gefahr
zusammen, stellt ihr aber dann ebenso kurz die wunderbare Rettung durch Jahwe gegen-
über: Ich war hinabgestiegen in die tief unterste Erde Zu dem Totenvolk der Urzeit, Da
holtest du mein Leben aus der Grube, Jahwe mein Gott, Für X*^!i<T\ bis Q^15?^, das man ge-
wöhnlich erklärt: ,,die Erde, ihre Riegel waren hinter mir abgeschlossen auf ewig", wobei
aber die merkwürdige Stellung von n^n'^13 hinter p.Jjn auffällt, auch die Vorstellung von
Riegeln der Erde einzigartig ist und das Metrum in die Brüche geht, lese ich: ni^rinri \^^S^
D^iy D^-^S; die Übersetzung s. oben, zu ni*nnri f1« vgl. Hes 26 20 32 18 24 und zu UV^b^
D^IJ? vgl. ebenfalls Hes 26 20 : das Volk der Urzeit sind die seit uralter Zeit Gestorbenen.
Diese Änderung ward besser sein als die blosse Entfernung von n und die Punktierung:
n^ly^ '1? = ^i-5 in alle Ewigkeit. Wie v. 7^ auf Hes 26 20, so fusst v.. 7^ auf Ps 30 4.
8, die sechste Strophe, greift über v. 7^ zurück, ähnlich wie v. 4, s. dort. Als meine Seele
mir verschmachtete, Gedachte ich an Jahwe; Und es drang zu dir mein Gebet In deine
heilige Halle. Zu v. 8'^ vgl. Ps 142 4 143 4 107 5 und zu v. 8^ Ps 5 8 18 7. 9 enthält
zwei Zeilen, die einen Seitenblick auf die Freunde der eiteln Götzen (vielleicht die
Griechenfreunde des 2. Jahrhunderts) werfen ; wahrscheinlich ist nach der Parallelstelle
Ps 31 7 mit De Wette Dntots^n statt des sin<?ulären Pi. Dnisii^ö zu lesen, also : Die Freunde
• 1 - O ■ I - I '
der nichtigen Götzen (vgl. Dtn 32 21) Verlassen ihre Zuflucht 1. Dnonö für Dion, ihre Huld,
Jon 2 9 254 Jon 3 5
das keinen guten Sinn giebt und mit dem selbst unsichern ^IDH in Ps 144 2 nicht zu stützen
ist (s. zu Ps 144 2). Wahrscheinlich sind die zwei letzten Zeilen der siebenten
Strophe verloren, weil sie wie die folgende Strophe mit "'i«! begonnen hat; sie mögen
etwa gelautet haben: Aber ich vertraue auf dich, Jahioe mein Retter! vgl. Ps 31 7. 10,
die achte abschliessende Strophe: Ich will auch mit lautem Lobpreis Opfer dir bringen,
Was ich gelobte, will ich bezahlen. Die Hilfe ist bei Jahwe! Vgl. Ps 42 5 50 14 23; zu
den Gelübden s. auch 116. Zu der von Dichtern häufig verwendeten Feminin-
endung nn-;- in nny^ti^^, vgl. Ges.-Kautzsch^' § 90g.
11 ist die Portsetzung von v. i. Bei T\^'^IT\, Festland, hat man an
Palästina zu denken.
II. Jonas Sendung nach Ninive und sein Unwille über die
Verschonung der Stadt.
Cap. 3 und 4.
Cap. 3. 1—4 Den erneuerten Auftrag Jahwes, nach Ninive zu
gehen und den Untergang der Stadt zu predigen, führt Jona aus. 2 nij'^ljp
bedeutet im AT, wo es nur hier vorkommt, Predigt^ Verkündigung^ xYjpuYjia,
später ist es häufig gebraucht im Sinne von Lesen, Rezitieren, 3 Aus
nn*;!! ersieht man, dass für den Przähler Ninive der Vergangenheit angehört.
Darauf weisen auch die Grössenangaben: sie heisst eine Stadt U^Tib^b n^n|
d. i. gross für Gott, nach seinem Urteil und Massstab, h hat den Sinn von ''5?^
in Gen 10 9, vgl. die Übersetzung von Kautzsch: unmenschlich gross. Perner
hat sie die Ausdehnung einer dreitägigen Reise, das kann aber nach v. 4, wo
von einer Tagereise in die Stadt hinein die Rede ist, nicht auf den Umfang
gehen, sondern muss sich auf den Durchmesser resp. die Länge der Stadt be-
ziehen; denn einem Umfang von drei Tagereisen entspräche ein Durchmesser
von einer Tagereise und Jona hätte somit nach v. 4 erst gepredigt, als er die
Stadt gänzlich durchschritten hatte. "^ '^ "^ibni? besagt darum: drei Tagereisen
lang, Dass Heeodot 5 53 für den Durchmesser nur eine Tagereise angiebt,
ist kein Grund, auch in Jona das gleiche Mass zu finden. Über Ninive s. ferner
zu 1 2. 4 sagt, dass Jona die erste Tagereise weit in die Stadt hineingieng
und dann mit seiner Predigt begann. Man darf in« D^ ^^20?? nicht von ^H'^l
trennen, sodass der Sinn herauskommt, Jona habe schon, als er die Stadt zu
betreten begann, noch während der ersten Tagereise mit seiner Predigt an-
gefangen. Die ni!|»^1p (s. y. 2) lautet: noch vierzig Tage und Ninive ist
zerstört', bei LXX sind durch irgend ein Versehen oder aus irgend einer Ab-
sicht aus den vierzig Tagen drei geworden. Wie übrigens die Niniviten Jona
haben verstehen können, darf man so wenig fragen als das andere, wie ein
Mensch drei Tage im Bauche eines Pisches am Leben bleiben könne. Mit
WiNCKLER ist hier 4 5 folgen zu lassen: Nachdem Jona sich seines Auftrags
entledigt hat, verlässt er die Stadt und nimmt östlich derselben seinen Auf-
enthalt, um die weitere Entwicklung der Dinge abzuwarten. S. zu 4 5 und
Binl. I.
5—10 Die Niniviten thun Busse und Gott lässt sich erweichen, seinen
Entschluss nicht auszuführen. 5 ^ l'^D^H hat keine wesentlich andere
Jon 3 5 255 Jon 4 4
Bedeutung als h ]'^P^J^, vgl. Ex 19 9 einerseits und Jes 43 lo andrerseits. Zu
Dl:Jund pfe^ vgl. Jo 1 i3f. und zu D^^fpnj;] üb^p s. GES.-KAüTZscn2 7 § 133 g.
6 schildert „in der naiven Form der Legende" (Nowack), wie die Predigt des
fremden Mannes bis zum König dringt und dieser nun auch Busse thut.
Zum Sitzen in Asche als Zeichen der Trauer vgl. Hi 2 8. 7 ff. sind vor
„einem gewissen humorvollen Hauch durchweht" (Duiim zu »Ter 14 1 2), der
König und seine Grossen erlassen ja ein Edikt, und auch die Tiere, Rind und
Schaf, müssen nun mit den Menschen fasten, in Säcken Busse thun und mit
aller Macht zu Gott schreien; dass aber ein tiefer Ernst trotz dem humor-
vollen Hauch der Schilderung zu Grunde liegt, zeigt die Parallele Jdt 4 9-i5.
Dj;^!? bis ^b^h ist die Einleitung des Edikts; Dj;^ kommt nur hier im hebr. AT
mit dem Sinne von Gutflnden^ Gutachten vor, das entsprechende aram. Dj;tp
findet sich dagegen oft in Esr und Dan. ^^T-"''^ ist nicht mit Gbimme
(„Unbewiesenes" 65f.) als Glosse zu ^Di^D";"^« zu verdächtigen; dagegen kann
nipriBni D'lijn in 8 sekundäres Subjektsexplicitum (Wellh., Nowack,
Geimme) sein, aber kein unrichtiges, denn die Verteilung der Subjekte auf die
Verba in y. 7'^ (Tiere und Menschen) und in y. 8^ (die Menschen allein) geht
nicht an und die Berufung auf 4 11, wo das Vieh neben den unzurechnungs-
fähigen Kindern erscheint, ist unberechtigt, da auch diese an dem vom König
befohlenen Bussfasten hatten teilnehmen müssen, vgL auch y. 5'\ Zudem ist
auch von Persern berichtet, dass sie Pferde und Lasttiere an den Bräuchen
der Trauer um Masistius teilnehmen Hessen vgl. Hekodot 9 24. Die Zeichen
der Busse sollen aber auch die Zeugen wirklicher Besserung sein y. s^\ vgl.
1 2^ Zu 9 Ygl. Jo 2 14. Böhme hat in y. 6-9 einen Widerspruch mit
Y. 5 entdecken wollen und die Verse einer zweiten Hand zugewiesen; aber das
Edikt des Königs stellt zu der Bussbereitwilligkeit der Leute von Ninive nicht
einen Gegensatz, sondern eine Klimax dar (vgl. Einl. I). 10 Durch die
Umkehr der Niniviten lässt Gott sich erweichen und der y. 4 angedrohte Unter-
gang trifft nicht ein, vgl. zu y. 10^ Am 7 3 und bes. Ex 32 14.
Cap. 4: Jonas Unmut und Zurechtweisung. 1 Die gleiche Konstruk-
tion von J^^M mit dem einen Adverbialbegriff umschreibenden inneren Objekt
n^TO nj;^ vgl. Neh 2 10 und s. dazu Ges.-Kautzsch27 § 117 q. 2 T\r^bn
"^151 entspricht unserem „hab' ich mir doch gleich gesagt resp* gedacht!"
•'HD'lp ist nicht als Hauptbegriff zu verstehen und zu fassen = ^ich suchte
durch die Flucht zuvorzukommen", sondern dient der Umschreibung des Ad-
verbialbegriffs „zuvor", „früher", also: darum floh ich das vorige mal nach
Tarschisch\ D'lj? mit folg. Infin. ist hier gebraucht, wie hV\T\ 3 4, vgl. ferner die
Verba n^itr, ^]p;, ^^•'pin, n^inn und s. Ges.-Kautzsch27 § lUn Anm. Zu y. 2^
s. Jo 2 13. 3 Wie Elia I Beg 19 4 zu sterben wünscht, weil sein Wirken
umsonst ist und Isebel triumphiert, so hier Jona, weil Jahwe seine Gerichts-
drohung nicht wahr macht, sondern Verzeihung übt. Dass Prophetenwort sich
nicht erfüllt und dafür Heiden verschont werden, erregt den Unmut Jonas ;
da braucht ein Prophet nicht länger zu leben. Vgl. aucli Gen 27 46. 4 Dt?\'l
ist adverbieller Infin. absol. und hat hier den Sinn von mit Rechte 5ixaia);
(SxMMACHus), vgl. hierzu Ges.-Kautzsch27 § 113k. Die erwartete Antwort
Jon 4 5 256 Jon 4 8
Jonas bleibt aus ; das fällt um so mehr auf, als auch der folgende Vers 5 nicht
am richtigen Platze steht. Nach 3 lo hat Jahwe sich durch die Busse Ninives
erweichen lassen und seine Drohung, am vierzigsten Tage die Stadt zu zer-
stören, nicht ausgeführt, nach 4 i ist Jona darüber missmutig geworden. Ohne
Frage hat Jona den vierzigsten Tag nicht in der Stadt erwartet, sondern sie
vorher verlassen. Also gehört v. 5 an eine frühere Stelle und zwar, wie
WiNCKLER gesehen hat, hinter 3 4: Nach der Ankündigung, dass Ninive in
vierzig Tagen untergehen werde, hat Jona die Stadt verlassen und im Osten
derselben seinen Aufenthalt genommen, um abzuwarten, was mit der Stadt ge-
schehen würde. Das "IJJ, welches das letzte Sätzchen einleitet, zeigt, dass der
Termin von vierzig Tagen für den Standpunkt von y. 5 noch nicht abgelaufen
ist. Diese Versetzung von v. 5 hinter 3 4 enthebt uns auch der Nötigung, mit
KiMCHi, IbnEsra, Hitzig u. a. die Verba plusquamperfectisch zu fassen oder mit
Böhme v. 5 einer andern Hand als das unmittelbar Vorhergehende zuzuweisen.
^^5, das übrigens, da es nicht nVl^S lautet, schon an den Schatten von v. 6
denkt, wird von der LXX nicht sicher bezeugt und ist daher mit Wellh. für
sekundär zu betrachten. Ist nun aber v. 5 von anderswoher hierher-
verschlagen, so begünstigt dies auch die Vermutung, dass v. 4, der ohne Fort-
setzung bleibt, hier mit Unrecht eingedrungen sei. Er ist nichts anderes als
eine aus Versehen eines Abschreibers, dessen Auge vom Ende von v. 3 auf
den gleichlautenden Schluss von v. 8 abirrte, entstandene Vorwegnahme des
Anfangs von v. 9. 6 ist gute Fortsetzung von v. 3. Jona soll von seinem
Unmut geheilt und das ßecht der Barmherzigkeit Jahwes ihm bewiesen
werden. Zu dem Zwecke beordert (])?"|1 s. 1 2) Jahwe einen ]1''[;'^p, nach LXX =
xoXoxüvÖYj, aber nach ägypt. kiki und talmud. kik besser == Ricinus, eine Pflanze,
die zu beträchtlicher Höhe aufwächst und breite Blätter trägt, s. Guthe KBW
381. An dem schnellen Wachstum des "Wunderricinus braucht niemand An-
stoss zu nehmen. DN'l'^S'njn^ ist vielleicht Gen 2 4—3 24 entnommen, aber
schwerlich wie dort entstanden, um zwei Quellen (dort P und J) zu verbinden,
von denen eine njn^ die andere D\n^« an dieser Stelle bot (vgl. auch v. 4 mit
V. 9); s. vielmehr Einl. I. Die beiden Zweckbestimmungen ^1^'^^ und ^^^Tb
sind schwerlich ursprünglich. Unrichtig aber ist es, wenn Winckxer die An-
gabe des näheren Zweckes beanstandet; denn nur T\VTh passt im Grunde zu
b'^j^ und h^'^rh könnte höchstens als Jahwes Absicht hinter dem ersten Sätz-
chen: ])?*11 bis ]VjJ'^i? noch erträglich befunden werden. Richtiger wird es jedoch
sein, in inj;i» 1^ ^^^öb mit Wellh. und Nowack eine Glosse zu sehen, die vor-
laut den Endzweck Jahwes bei der Beorderung des Ricinus anmerkt. 1^ ^"'^nb
scheint übrigens alte Verderbnis für l^^'^nb zu sein, da die Einführung des
Objekts mit b bei h'^^T} abnorm ist. LXX hat daher auch h^rh gelesen und an
Ableitung von bb^ gedacht: xou oxtaCstv aui«). Die Freude Jonas über
den Ricinus hatte ihren Grund im Schatten, den er spendete, nicht in der
Unterhaltung (so Winckler), die er Jona bereitete. . 7 Schon am folgen-
den Tage verdorrt der Ricinus beim Aufgang der Morgenröte infolge des
Wurmstichs. 8 Ein von Jahwe beorderter Ostwind lässt Jona gänzlich
ermatten und bringt ihm recht empfindlich den Wert des Ricinus zum Bewusst-
I
Jon 4 8 257 Jon 4 il
sein, sodass er im Unwillen über den Verlust den Tod lierheiwünscht. Die
Ableitung von n'^^'^in ist unsiclier, die Jiedeutun^^ (jiuhend Itelss, schwül (vgl.
LXX ooYxaiwv), kann kaum fraglich sein, vgl. auch xaiiamv .Jak 1 ii. Cheyne
schlägt dafür T^^, (iff^ Morien, vor, was sich aber mit dem Anfang von v. 8
stösst. Zu dem HDn schlagen, siechen, der Sonne vgl. Jes 49 lo Ps 121 6;
zu ^^ynn s. Am 8 13. n'M:h lir^Drn« ^^^^), er wünschte sich den Tod (vgl.
auch I Reg 19 4), ist wahrscheinlich eine alte Redensart, deren ursprünglicher
Sinn (etwa: sich verfluchen, sich verwünschen, vgl. Hi 31 30) sich im Gebrauche
abgeschwächt hat. Wenn Winckler meint, der Ostwind sei geschickt,
um die Hütte umzureissen, und diese Angabe sei im Texte ausgefallen, erst dann
könne Jona vom Sonnenstich befallen werden, so macht er sich wohl eine
falsche Vorstellung von der Hütte Jonas und vergisst, welche Kühlung das
Blätterdach eines Baumes gewährt. 9 s. v. 4 Zu njIDnj; vgl. Mt 26 38;
die starke Bejahung, dass er sich zu seinem Zorne berechtigt fühle, bietet
Jahwe eine gute Grundlage, um von ihr aus in 10 f. Jona klar zu machen, dass
die Nichtausführung der Ninive angedrohten Zerstörung durchaus gerecht-
fertigt sei: An dem Verhalten Jonas bei dem Verluste des Ricinus gemessen,
ist die Verzeihung, die Jahwe Ninive gewährte, vollauf begründet. 10 Du
hast es dir leid sein lassen um den Ricinus^ der dir doch eigentlich ganz fremd
war; da du ihn nicht selbst gezogen hast, und der dir nicht ans Herz gewachsen
sein konnte, da er dir nur erst so kurze Zeit bekannt war. Zu der Um-
schreibung von Eigenschaftsbegriffen durch Zusammensetzungen mit ")| vgl.
Ges.-B1autzsch27 § 128 V und zu der Form "]? § 96; die beiden H^'^^lia korre-
spondieren mit einander: in der einen Nacht entstand er, in der andern Nacht
verschwand er. 11 Und ich sollte nicht Mitleid haben mit Ninive ? ist
Fragesatz vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 150a. Die Grossstadt Ninive verdient
Jahwes Mitleid; denn einmal ist sie, wie sich aus dem Gegensatz zu v. lo er-
giebt, Jahwe nicht fremd, die Menschen und Tiere darin sind nicht ohne ihn
entstanden, zudem hat er sich um dieselbe bemüht, die Klage über ihre Bos-
heit hat ihn nicht kalt gelassen, er hat ihr sogar einen Propheten gesandt (1 2
3 if,), dann aber ist sie auch unverhältnismässig weit wertvoller als die Ein-
tagspflanze eines Ricinus und enthält unter den Einwohnern eine grosse Zahl
von Unschuldigen und Schuldlosen, die von vornherein Anspruch auf Berück-
sichtigung haben, sodass Jahwe deren Untergang nicht leichten Herzens her-
beiführen kann. Die Zahl von 120000 Kindern im zartesten Alter steht wohl
im Verhältnis zu der 3 3 angegebenen Grösse. Zu D^n^^P ohne Ver-
schärfung des "ä vgl. Ges.-Kautzsch27 § 20 m. Es ist beachtenswert, dass
hier die Barmherzigkeit Gottes als die oberste Instanz hingestellt wird; das
Herz, das Liebe und Erbarmen spürt, nicht der Kopf, der kalte Linien zieht,
führt den Primat.
Kurzer HC zum AT XIII 17
Mch Einleitung I 258 Mch Einleitung I
MICHA.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Micha.
Von dem Propheten Micha dem Moraschtiten giebt uns abgesehen von seinem
Buche, das im hebräischen Kanon an sechster, in der LXX an dritter Stelle dem
Zwölfprophetenbuch eingereiht ist, eine Notiz in der von Baruch verfassten Bio-
graphie Jeremias Kunde. Nach Jer 26 18 haben sich nämlich die Verteidiger Jeremias
darauf berufen , dass Micha der Moraschtite in den Tagen des Königs Hiskia unbe-
helligt blieb, trotzdem er, wie Jeremia, die Zerstörung Jerusalems weissagte ; dabei
wird von ihnen Mch 3 12 zitiert. Demnach war man zu Anfang der Regierung Joja-
kims (608 v. Chr.) der Ansicht, dass Micha unter Hiskia prophetisch thätig war,
wusste aber noch nichts von den Weissagungen einer herrlichen Zukunft Jerusalems,
die jetzt im Buche Mch unmittelbar auf jene Stelle folgen. Der notwendige Schluss,
der sich hieraus ergiebt, lautet: Wenn es, was wahrscheinlich ist, am Ende des
siebenten Jahrhunderts bereits ein Buch Mch gab, so kann es nicht ausgesehen haben,
wie jetzt; es konnte nur Drohungen, keine Heilsverkündigangen enthalten.
Im Lichte dieser Notiz Jer 26 18 verdient der Umstand besondere Beachtung,
dass in den drei ersten Capiteln die Heilsverkündigung fast völlig fehlt und das
Jer 26 18 zitierte Wort den Schluss von Cap. 3 bildet. Die Cap. 1—3 sind somit nicht
nur der erste, sondern auch der älteste Teil des Baches. Zu diesem ersten Teile ist
der Best erst nachträglich hinzugekommen ; er zerfällt nach Inhalt und Art in zwei
Teile: Cap. 4f. enthält die Weissagungen des Heils und Cap. 6 f. zuerst eine Belehrung
über den wahren Gottesdienst, dann Klagen über die Verkommenheit der Bewohner
Jerusalems und endlich zwei Gebetspsalmen mit dem frohen Ausblick auf die schliess-
lich sicher kommende Verherrlichung Israels.
Jeder der drei Teile besteht wieder aus kleineren Stücken, die nicht alle die
gleiche Anschauung vertreten. Am straffsten ist der Gedankengang im ersten Teile,
obwohl auch hier sekundäre Stücke auszuscheiden sind, so 1 2-5^ 7 10-15 2 4(?) 5 12 f.
3 3^ Von einem Gedankengang kann im zweiten Teile nicht die Bede sein, sondern
nur von einem Grundgedanken, der in den verschiedensten Variationen durchgeführt
Mch Einleitung I 259 Mch Einleitung II 1
wird. Es ist das Heil der Zukunft, das unter verschiedenen (leBichtspunkten und
nach seinen verschiedenen Seiten beleuchtet erscheint. ])ie Entstehung der sämt-
lichen Stücke füllt in die Zeit nach der Kxilierung Judas, von dem Zitate 4 U, das
vielleicht einer vorexilischen Dichtung entnommen ist, darf abgesehen werden.
Die Verschiedenheit der Autoren dieser Stücke ergiebt sich aber daraus, dass z. ß.
über das schliessliche Schicksal der Heiden und die Bedeutung Israels in der Heiden-
welt ganz entgegengesetzte Anschauungen vertreten sind, vgl. 4 1-4, wo der religiöse
Universalismus das Wort führt, einerseits mit 4 11-13 und 5 4f. , wo der Hass gegen
die Heiden spricht, und andererseits mit 5 1 3, wo die Hoffnung auf einen Messias zum
Ausdruck kommt. Angesichts dieser Unterschiede wird davon abzusehen sein,
einzelne dieser Stücke zusammenzunehmen und sie von einem und demselben Autor
abzuleiten. Richtiger wird man in Cap. 4f. ein Konglomerat verschiedener Weis-
sagungen über dasselbe Thema und im Ganzen das Werk eines Sammlers erblicken.
Der dritte Teil Cap. 6 f. ist ebenfalls ein Konglomerat, zusammengehalten durch den
Gedanken, dass das Heil doch schliesslich kommen muss, wenn auch die Übertretungen
der Gegenwart immer noch die Fortdauer des Zornes Gottes fordern. Keines der
vier resp. fünf Stücke, aus denen Cap. 6 f. zusammengesetzt ist, kann auf vorexilische
Entstehung Anspruch erheben.
Die Dreiteilung des Buches Micha gleicht im Grossen dem Inhalt nach der Ein-
teilung des Buches Jesaja, das auch nur im ersten Teile Cap. 1 — 39 mit dem Gerichte
droht, im zweiten, Cap. 40 — 55, auf das bevorstehende Heil hinweist und im dritten,
Cap. 56—66, Klagen über die schlimmen Zustände in der Gemeinde, aber daneben
ebenfalls Gebet um göttliche Hilfe und die Aussprache der Hoffnung auf das kom-
mende Heil enthält. Die Ähnlichkeit besteht ferner darin, dass, wie sich aus der ge-
nauen Betrachtung der einzelnen Stücke ergiebt (s. die jeweiligen Vorbemerkungen
im Comm.), allein der erste Teil vorexilisches Gut, also Worte des Propheten, nach
dem das Buch genannt ist, aufweist. Wie diese auffallende Übereinstimmung in der
Anordnung der Bücher der beiden Zeitgenossen Jes und Mch zu erklären ist, s. unten
III 3 S. 264.
II. Der Prophet Micha und seine Bedeutung.
1) Herkunft und Zelt des Propheten. Unter den verschiedenen Personen,
die im AT den Namen Micha tragen, ist neben unserem Propheten ein zweiter Prophet
bekannt: Micha (genauer: Michajehu) ben Jimla, der nach I Peg 22 8-28 zur Zeit der
Könige Ahab von Israel und Josaphat von Juda, also um die Mitte des 9. Jahrb.,
lebte. Der Unterschied der Namen Micha und Michajehu kann nicht ins Gewicht
fallen, da Micha lediglich eine Abkürzung der längeren Formen (H^^^'D, ^H^^*^^ und
^nOp) ist, welche die Bedeutung: wer ist wie Jahwe? besser erkennen lassen (vgl.
LXX Mtyaia^ auch für unseren Propheten); aber deshalb dürfen die beiden Pro-
pheten Micha nicht zusammengeworfen werden, wie dies sicher von der späten Inter-
polation IPeg 22 28^ (vgl. Mch 1 2), vielleicht auch vom Autor von Mch 6 9-16 (s. zu 6 16)
geschieht. Zur Unterscheidung von seinem älteren Namensvetter heisst unser Micha
der MoraUite 1 l und Jer 26 18. Die Nennung von Moreset Gat 1 14 kann insofern
als weitere Bestätigung der Herkunft Michas aus Moreschet gelten, als der Autor
der Interpolation 1 10-15 in der Näherbestimmung Michas als des Moraschtiten den
17*
Mch Einleitung II 1 260 Mch Einleitung II 1
Anlass gefunden hat, zu seinen Wortspielen Moreschet und in der Nähe desselben
gelegene Ortschaften zu wühlen. Ist seine Deutung richtig, so muss die Heimat
Michas in der Nähe von Gat gesucht werden. Auf alle Fälle bleibt soviel sicher,
dass Micha kein Jerusaleraer, sondern wie Arnos ein Prophet aus der Provinz war.
Die Zeit Michas kann im Allgemeinen nicht zweifelhaft sein; Jer 26 18 nennt
ihn einen Zeitgenossen des Königs Hiskia und die Überschrift 1 1 führt vor Hiskia
noch Jotham und Ahas an. Der Inhalt der auf Micha zurückgehenden Worte be-
stätigt wenigstens teilweise diese späteren Angaben ; denn er handelt von der Zer-
störung Samarias und Jerusalems und bringt beide Ereignisse in engen Zusammen-
hang als zwei Akte ein und desselben Dramas. Es kann daher nicht fraglich sein,
dass Micha in die Zeit, da das Nordreich fiel, gehört; aber die genauere Datierung
hängt namentlich von der Auffassung und Beurteilung der ersten Worte 1 5^ 6 8 9 16
ab, wo im Anschluss an die Drohung der Zerstörung Samariens auch Jerusalem das
gleiche Geschick in Aussicht gestellt ist und der Accent besonders auf diesen zweiten
Akt verlegt w^ird. Es ist nun nicht wahrscheinlich , dass bereits vor 721 ein Judäer
den Fall Samariens als Vorspiel des kommenden Unterganges Jerusalems angesehen
habe, da damals bei der Feindschaft, die zwischen Israel und Juda herrschte (vgl.
den syrisch-ephraimitischen Krieg von 735/4), und bei der Freundschaft zwischen
Assur und Juda (vgl. die Huldigung des Ahas vor Tiglatpileser in Damaskus im
Jahre 732) nicht zu denken war, dass Jerusalem in den Fall Samariens mit verflochten
sein werde. Dagegen konnte nachträglich, als die Gefahr an Juda herantrat, die
Zerstörung des israelitischen Peiches als der erste Akt des ganzen Trauerspiels er-
scheinen. Wir werden darum die Entstehung schon der ersten Prophetie Michas in
die Nähe des Ereignisses zu rücken haben , das Jerusalem das Schicksal Samariens
zu bereiten schien, in die Nähe von 701, da Sanherib gegen Juda und Jerusalem zog.
Dabei haben wir in der Drohung an Samarien nicht eine Peminiscenz aus den Jahren
vor 721 zu sehen; denn, wie CoENILL geltend macht, ist 721 Samarien wohl erobert,
aber nicht zerstört worden, sodass die Drohung der Zerstörung umsoweniger auf-
fallen kann, als Samarien sich alsbald nach der Eroberung wieder an den Aufständen
gegen die Assyrer beteiligte. Inzwischen hat auch Juda seine Politik geändert; es
machte jetzt mit bei den Aufständen des Westens, es trieb jetzt die Politik der
Samarier im Bunde mit den kleinen Weststaaten von Sidon und Tyrus bis nach Gaza
und die Peste Samariens halfen mit, so wird das Schicksal Jerusalems auch das sa-
marische sein : Samarien wird dem Erdboden gleichgemacht und mit ihm kommt
Jerusalem an die E-eihe. Am wahrscheinlichsten fällt demnach Michas Prophetie in
die Anfangszeit der Pegierung Sanheribs (705—681) , da Palästina einen neuen Auf-
stand machte, zu dessen Niederwerfung Sanherib 701 in Palästina erschien. Aus
diesen Jahren 705 — 701 lassen sich sämtliche Worte Michas wohl verstehen; nament-
lich hat man nicht mit VOLZ Cap. 2 f. in die Zeit nach Jerusalems Bewahrung vor
Sanherib zu setzen. Der „dünkelhafte Wahn" auf Jahwes Hilfe, von dem 3 11 Zeugnis
giebt, ist nicht erst eine Frucht des Ereignisses von 701, sondern die Ursache der
Politik, die die Assyrer als Feinde ins Land rief (s. zu 3 ll). Michas Prophetieen
stammen daher aus den letzten Jahren des 8. Jahrhunderts, sie fallen in die B,e-
gierungszeit Hiskias (so mit Becht Jer 26 18), nicht auch in die Zeit der Könige
Jotham und Ahas, wie der Bedaktor von 1 1 annimmt, aber ebenso nicht in die Tage
Mch Einleitung IT 1 261 Meli Einleitung II 2
Manaases, an den man gerne mit gedacht hat, weil man so einzelne Stücke von
Cap. 6 f. für ÄLicha zu retten hoffte.
2) Die prophetische Thäliglieit und die Bedeiitiiiig Michas. Von der pro-
phetischen Thiitigkeit Michas lässt sich nichts Bestimmtes sagen. Man weiss nicht,
ob er seine Prophetieen mündlich unter die Leute gebracht hat. Es ist dies sehr
wahrscheinlich und man darf wohl annehmen, dass er in seiner Heimat Moreschet bei
einem grösseren Jahwefeste und vielleicht auch gelegentlich eines Besuches in Je-
rusalem, bei einem i^^este, wie Amos in Bethel, seine Worte zu den Versammelten ge-
sprochen hat. Jedenfalls kennt er das Treiben der Hauptstadt und der führenden
Stände, ^nid wohl nicht bloss vom Hörensagen, sondern aus eigener Anschauung.
Über die Wirkungdieser Prophezeiung hören wir nichts; sie hat wohl noch weniger Be-
achtung gefunden als die gleichlautenden Worte Jesajas. Man setzte sich über diese
Meinung des Propheten aus der Provinz mit leichtem Sinn hinweg; er verstand doch
nichts von Politik und „man hatte ja die Macht in den Händen" (2 l). Möglich, dass
in der Landschaft seine Worte bessere Aufnahme fanden ; wir wissen es nicht.
Die schriftliche Aufzeichnung der Worte darf man auf den Propheten selbst
zurückführen. Denn erstlich ist der Gedankengang in Cap. 1 — 3, wenn die fremden
Bestandteile ausgeschieden werden, tadellos und die Abrundung des Ganzen mit 3 12,
der auf 1 5^ zurückgreift, ist unverkennbar, sodass man die Anordnung lieber dem
Autor, als einem späteren Sammler zuschreibt. Dann aber konnte Micha ebensogut
wie Jesaja sich gedrungen fühlen, seine Worte aufzuzeichnen zu einem Zeugnis für
die Zukunft, da ihm gerade wie Jesaja die Bettung Jerusalems vor Sanherib nicht
als Aufhebung, sondern nur als Aufschiebung der Erfüllung seiner Weissagung er-
scheinen mochte. Übrigens mussten damals die prophetischen Worte eines Amos und
Hosea auch schon schriftlich vorhanden sein, sodass sich die Niederschrift für Micha,
besonders bei dem geringen Umfang seiner Prophetenrede, fast von selber ergab.
Die Bedeutung der Prophetie Michas liegt hauptsächlich darin, dass sie uns
zeigt, wie ein einfacher Mann aus der Landschaft von seinem Sinn für Sitte und Recht
aus dazu gelangt, die unheilvollen Folgen des Treibens der leitenden Kreise zu er-
kennen and sich mit Kraft und Energie gegen das erkannte Übel zu erheben. Er
gleicht am meisten Amos, zumal in seinem Ausgangspunkt von der unbedingten Gel-
tung des Bechts und der Sitte, in seiner kräftigen Überzeugung von dem ethischen
Wesen der Beligion, und mit Jesaja hat er gemein, dass er die Konsequenzen dieser
Anschauung auch für Juda zieht, diesem das gleiche Schicksal ankündigend, wie es
das Nordreich ereilte. In der Schilderung der Zustände in den führenden Ständen
trifft er mit Jesaja vielfach zusammen, in Einzelnem sind seine Bilder sogar schärfer,
sodass wir noch besser als in Jesaja die Verkommenheit der Beamten selbst unter der
Regierung eines Hiskia kennen lernen, man vgl. 3 1-4 über die Richter und 3 5-7 über
die Propheten, ferner 2 6-11 bes. v. 8 f. über das Hausen der Grossen wie Feinde im
eigenen Lande. Auch das Schlussurteil über Jerusalem 3 12 ist in 'einer Weise for-
muliert, dass man begreift, wie es den Zeitgenossen Jeremias eher geläufig sein
konnte, als ein dasselbe besagender Ausspruch Jesajas. Micha macht den Eindruck
eines unbeugsamen Charakters von einem tiefen Sinn für das, was recht ist, und von
einer mächtigen Energie, die gegen alle Schäden ankämpft. Es ist von grosser Wich-
tigkeit, dass wir durch ihn erfahren, wie es neben Jesaja Männer, die als seine Ge-
Mch Einleitung II 2 262 Mch Einleitung III 3
sinnungsgenossen gelten können, in der Landschaft gab. Micha war nicht so vielseitig
wie Jesaja, er spricht nicht vom Glauben an Jahwes Macht, aber er besitzt ihn, er
redet nicht von Gottes Herrlichkeit, aber er ist von derselben erfüllt. Micha ist der
letzte in der Reihe der vier grossen Propheten des achten Jahrhunderts, die jenen
kräftigen Vorstoss gegen die von kanaanäischem Wesen durchsetzte Religion des
Volkes führten, und es ist bezeichnend, dass gerade bei ihm wieder, wie bei dem
ersten, das Sittliche als die Kraft und (Quelle dieser neuen geistigen Bewegung hervor-
tritt und als das AVesen und der Mittelpunkt der wahren Religion erscheint. Micha
ist eine ernste und sittenstrenge Natur, von einem bewundernswerten feinen Gefühl
für das Sittliche und einer merkwürdig reinen Erkenntnis und Auffassung flesselben
inmitten einer verwilderten und entsittlichten Umgebung. Man ersieht daraus, dass
nicht Formeln und Gesetze, die ihm die Pflichten des Menschen ausdrückten, der
Hintergrund seiner Persönlichkeit sind, sondern der lebendige Gott, der ihm Klar-
heit und Kraft verleiht, und das tiefe Gefühl, dieser höchsten Macht unbedingt ver-
pflichtet zu sein.
III. Die Entstehung des Michabuches.
1) Der Grundstock des Buches lässt sich mit grösster Wahrscheinlichkeit fest-
stellen. Er wird gebildet von den auf Micha zurückgehenden Stücken, die sich inner-
halb der drei ersten Capitel finden und einen geschlossenen und abgerundeten
Gedankengang aufweisen: 1) 1 5^ 6 8 9 16; 2) 2 1-3 4(?); 3) 2 6-11 ; 4) 3 1 2^ 3^ 4; 5) 3 5»
2*^ 5^ und 6) 3 9-12. Nimmt man die Überschrift •'^ti^lfen nD'^D"^« nin''""ini dazu, so
darf man darin das Michabuch, wie es zur Zeit Jeremias vorhanden war (vgl.
Jer 26 18), wiedererkennen. Dass es wahrscheinlich seine Gestalt durch Micha selber
erhalten hat, ist oben Einl. II 2 bemerkt worden.
2) Die sekundären Elemente des Buches weisen einen sehr verschiedenen
Charakter auf und stammen aus den verschiedensten Jahrhunderten. In grosser An-
zahl sind Heilsverheissungen vorhanden und sie verteilen sich auf alle drei Teile
des Buches: im ersten Teile gehört dazu 2 12f. ; der zweite Teil Cap. 4f. ist nur aus
Heilsverheissungen zusammengesetzt (abgesehen von dem Zitat 4 14), da auch 5 9-14
die Ausrottung des heidnischen Kultusapparats und des Kriegsmaterials als die Ein-
leitung des messianischen Friedensreiches gemeint ist; im dritten Teile kommt die
Hoffnung auf Heil zum Wort in den zwei Psalmen 7 7-20. Achten wir auf die Zeit
dieser Heilsverheissungen, so ergiebt sich, dass mit einiger Sicherheit als um 500,
vielleicht schon am Ausgang des 6. Jahrhunderts entstanden 4 1-4 und 5 1 3 be-
trachtet werden können, dass dagegen ebenso sicher 5 4f. 5 6-8 9-14 und 7 7-20 in das
zweite Jahrhundert weisen und dass alle übrigen Stücke dieses Inhalts nach-
hesekielischen Ursprungs sind. Unter den Elementen mahnenden und stra-
fenden Inhalts ist als relativ alt 6 6-8 hervorzuheben, ein Stück, das dem 6. resp.
noch wahrscheinlicher dem 5. Jahrh. entstammt ; dagegen können 6 9-16 und 7 1-6
auch erst dem zweiten Jahrh. angehören. Redaktioneller Art sind: 12-5^ 6 1-5;
schriftgelehrten und glossatorischen Charakter tragen 1 10-15 2 5 3 3^, s.
weiter die Erklärung.
3) Der Werdeprozess und der Abschluss des Buches. Einen einheitlichen
Zusammenhang innerhalb der Heilsweissagungen oder auch der Mahnworte aufzuweisen
Mch Einleitung III 3 263 Meli Einleitung III 3
gelingt nicht (s. Einl. I), sodass man den Gedanken aufzugeben hat, es seien ur-
sprünglich für sich bestehende Sammlungen nachtriiglich an das alte Buch Mch
angefügt worden. Man wird versuchen müssen, die Entstehung des jetzigen Buches
aus einem allmählichen Anwachsen verschiedener fremder Bestandteile zu erklären.
Da uns nur das Resultat dieses bis ins zweite Jahrhundert dauernden Prozesses vor-
liegt und für die Zwischenstadien von Jeremia an die Zeugnisse fehlen, ist man auf
Vermutungen angewiesen, die sich auf den Bestand des gewordenen Buches gründen
müssen. Auch die Annahme ElhoRST's, dass einst Cap. 4 f. hinter Cap. 6 f. gestanden
habe, erleichtert die Erklärung der Entstehung des Buches nicht.
In dem Konglomerat, das die Capp. 4 — 7 fraglos aufweisen, sind zwei feste
Krystallisationspunkte nicht zu verkennen, die in ihrer Art wieder einander gleichen
und auch durch ihren Gehalt als Zugaben zu dem alten Michabuche sich vortrefflich
eignen. Es sind dies die Weissagung von der universalen Bedeutung Zions 4 1-4
und die Zusammenfassung der Verpflichtungen des Jahwebekenners, der Forderungen
des wahren Gottesdienstes 6 6-8. Beide Stellen haben nichts von dem engen partiku-
laristischen Judentum an sich und beide sind durchhaucht von einem ächten humanen
und ethischen Geiste. Wie vortrefflich diese beiden tiefen und hohen Worte als An-
hang zu dem Buche des Propheten passen, der ein so reines und feines Gefühl für die
ethischen Pflichten hatte, braucht nicht gesagt zu werden. Mir scheinen diese beiden
Worte so sehr von ihrer Umgebung abzustechen und mit Micha im Geiste, d. h. in
der Erkenntnis dessen, was die wahre Religion ist, zu harmonieren, dass ich sie als
die ältesten Zusätze zu dem Buche Mch erklären möchte. Wohl mögen sie nicht
gleichzeitig hinzugefügt sein. Zuerst ist 4 1-4 als Gegenbild zu der alten Droh-
weissagung hinzugefügt, um zu sagen: die Drohung ist erfüllt, aber eine herrliche
Zukunft steht bevor, da die tiefsten Forderungen des Propheten auch bei den Heiden
zur Geltung kommen werden. Jedenfalls hat diesen Sinn derjenige der Weissagung
beigelegt, der 6 6-8 anschloss. Es ist nicht nötig anzunehmen, dass er diese Worte
einem Fremden entlehnte, sie können sehr wohl sein eigenes Werk sein. Für das
zweite Stadium in dem Werdeprozess des Buches Micha werden somit in Anspruch
zu nehmen sein neben dem alten Michabuch die Zuthaten von 4 1-4 und 6 6-8, wobei
4 5 von der Hand dessen, der 6 6-8 beigefügt resp. auch verfasst hat, herrühren wird,
da dieser Vers die beste Überleitung von 4 4 zu 6 6 bildet und in 6 6-8 gerade erklärt
wird, was es heisst „im Namen Jahwes wandeln". Ein Mehrer es braucht das Micha-
buch im 5. Jahrb., in dem 6 6-8 entstanden ist, nicht enthalten zu haben und wenn,
wie ich annehme, nicht durch reinen Zufall 6 6-8 hinzugekommen ist, so konnte es
auch nicht mehr enthalten, da alle andern Stücke, die jetzt sich in dem Buche finden,
anderen Geistes sind.
Die einzelnen Etappen auf dem Wege vom Michabuch des 5. Jahrh. bis zu dem
des 2. Jahrh., das uns vorliegt, zu verfolgen ist unmöglich. Aber verständlich ist es,
wie sich in der Folgezeit, namentlich noch im 2. Jahrhundert Stücke* einfügten, die
eine andere Ansicht von der Heidenwelt und der Zukunft Jerusalems hatten, als
4i-4, und ganz natürlich ist es, dass sie unmittelbar an 41-4 zur Vervollständigung
des Bildes der eschatologischen Erwartungen angeschlossen wurden. Ebenso muss es
als selbstverständlich gelten, dass nach den Einschüben 4 6 — 5 14 die Verse 6 6-8 nicht
für sich gelassen werden konnten. Durch die Einschübe hatten sie die Verbindung
Mch Einleitung III 3 264 Mch Einleitung IV
verloren; darum erhielten sie die Einführung 6 1-4* und dieser konnten, da 6 6-8 nicht
genügte, nur neue Bedrohungen Jerusalems entsprechen, welche deshalb auch 6 9 — 7 6
nach 6 6-8 nicht fehlen. Den Schluss durfte aber die Drohung nicht bilden, so
mussten die beiden Psalmen 7 7-20, die den Glauben an das Heil der Zukunft fest-
halten, noch hinzukommen. So hat in den letzten zwei Capiteln eins das andere nach
sich gezogen. Die Einführung ist Dtjes nachgebildet, wo so oftmals die Verhand-
lungen Jahwes mit Israel oder mit den Heiden als ein Rechtsstreit dargestellt
werden, die beiden Stücke 6 9-16 und 7 1-4 (resp. 6) scheinen, bes. wenn die Ver-
mutung zu V. 16 richtig ist, dass eine Verwechslung resp. ein Zusammenwerfen von
Micha ben Jimla mit unserem Propheten zu Grunde liege, auf schriftgelehrtem
Studium zu beruhen und eigens für diese Stelle verfasst zu sein; dass Thora und
Propheten dem Verf. bekannt sind, erkennt man deutlich an manchen Wendungen
und auch an die Art der Psalmen wird man mehrfach erinnert. Eigentliche Psalmen
sind dann ohne Frage 7 7-20 und an ihrer Entstehung im 2. Jahrh. kann man nicht
zweifeln. Vgl. hiezu den Commentar.
So beruht die Dreiteilung des Buches wohl auf den successive erfolgten Zu-
sätzen 4 1-4 und 6 6-8 zum Grundstock, aber höchst wahrscheinlich hat die Ähnlich-
keit des Buches Jesajas, des Zeitgenossen Michas, mitgeholfen, den dritten Teil in
der oben angegebenen Weise auszugestalten.
Bei der Anordnung und Ausgestaltung von Cap. 6 f. hat offenbar bereits der
Pedaktor die Hand im Spiele ; denn der Abschnitt Cap. 1 2-4, der ihm gehören wird,
schaut hinüber auf 6 1-4^, wenn er schon noch allgemeiner das Ganze in den Pahmen
des Weltgerichtes einfügt, in dem die Gerichtsverhandlung mit Israel aber die wich-
tigste Episode bildet. Wir können darum die Pedaktion des Buches, da die von ihr
beigefügten Psalmen in 7 7-20 ins zweite Jahih. gehören, nicht früher als in das zweite
Jahrh. verlegen, müssen aber auch dann noch die Möglichkeit offen lassen, dass
einzelne Verse später hinzugekommen sind. Andererseits lässt sich ebenfalls nicht
entscheiden, ob die Einfügung von 2 12f, gleichzeitig mit der Einschiebung der Heils-
verheissungen, die wieder nicht an einem Tage geschehen sein muss, erfolgte oder
nicht, ob, was sehr möglich ist, die Redaktion 1 10-16 2 5 und ähnliches einfügte oder
ob diese Zusätze früheren oder späteren Datums sind. Genug, dass folgende drei
Etappen in der Entstehung des eigenartigen Buches zu unterscheiden sind:
1) das Michabuch zur Zeit Jeremias, vgl. oben unter III 1.
2) das Michabuch des fünften Jahrhunderts, bestehend aus dem Grundstock 1)
und 4 1-4 5 6 6-8.
3) das Michabuch des zweiten Jahrhunderts, abgesehen von späteren kleineren
Einfügungen und Glossen das gegenwärtige kanonische Buch Mch.
IV, Litteratur.
C. P. CasPARI Über Micha den Morashtiten und seine prophetische Schrift
1851 1852; T. POORDA Commentarius in Vaticinium Michae 1869; STADE Bemerkungen
über das Buch Micha ZATW 1881, 161—172, Weitere Bemerkungen zu Micha 4 5
ZATW 1883, 1—16; NoWACK Bemerkungen über das Buch Micha ZATW 1884, 277—
291 und Stade Bemerkungen dazu ebendaselbst 1884, 291—297; PysSEL Die arabische
Übersetzung des Micha in der Pariser und Londoner Polyglotte ZATW 1885, 102—138;
Jon Einleitung I V 265 Mch 1 2
Stade Midi. 2 4 ZATW 1886, 122f.; RysSEL Die Textgestalt und die Echtheit des
Buches Micha 1887; H. J. Elhorst De Piofetie van Micha 1891; T. K. Cheyne
Micah, with Notes and Introduction 1895; W. EOB. Smith The Prophets of Israel,
New Edition 1895 XXIll— XXVII (von Cheyne) 287—293 429-431; Paul Volz Die
vorexil. Jahweprophet ie 1897, 63—67; K. J. Grimm Euphem. Liturg. Appendixes in
The OT 1901, 78—81 94f.; Ed. Sievers Metrische Studien. I. Textproben 1901, 484—
487; Art. Micah (Book) in Encycl. Bibl. III (1902), 3068—74; T. K. Cheyne Critica
Biblioa II (1903), 153—163; Stade Mch 1 2-4 und Mch 7 7-20 ein Psalm ZATW 1903,
163-171.
Erklärung.
Die Überschrift 1 1 ist, wie die ähnlich lautende zu Hosea, aus alten und
jungen Elementen zusammengesetzt. Altes Gut ist: Das Wort Jahwes , das an
Micha aus Moreseth erging, vgl. Hos 1 i; denn die Heimat ist schwerlich erst
aus* 1 14 erschlossen und auch Jer 26 18 nennt Micha den Moraschtiten. Über
Namen und Herkunft des Propheten vgl. ferner Einleit. II 1. Junges
Gut liegt dagegen vor in den Angaben über die Zeit und das Objekt der Weis-
sagung Michas. Dass er über Samarien und Jerusalem prophezeite, ergiebt
sich zwar aus ^seinen Worten und ebenso hat er nach dem Inhalt derselben
unter Ahas oder Hiskia oder unter beiden gewirkt, vgl. auch Jer 26 18 und
Einleit. II 1; aber in die Zeit Jothams führt keines seiner Worte zurück, die
Datierung ist darum den ähnlichen sekundären Angaben von Jes 1 i Hos 1 i
nachgebildet. Zum Beweise ferner, dass v. i*^ späteren Ursprungs ist, genügt
die Verbindung von njn, schauen, mit dem Objekte "^ 151, ^ort Jahwes, s. zu
Jes 1 1 Am 1 1.
Erster Teil:
Das kommende Gericht
1 2 — 3 x%.
Cap. 1—3 bilden den Grundstock des Buches Micha und ihr Inhalt ist Drohung des
Gerichts. Doch soll damit weder gesagt sein, dass alle hier vereinigten Stücke auf den
Propheten Micha zurückgehen, noch dass nur von dem Gerichte die Rede sei. Unter den
sekundären Teilen, die auch in diesen Capiteln nicht fehlen (s. zu 1 2-5^ 7 10-15 2 12 f.),
befindet sich nämlich einer (2 12 f.), der deutlich die Heimkehr aus dem Exile weissagt;
vgl. die Auslegung.
I. Jahwes Erscheinen zum Weltgericht I 2-4.
Die Schilderung v. 2-4 bildet die Einleitung zu den Capp. 1—3, sie stellt das in
diesen Capiteln Samarien und Jerusalem gedrohte Gericht in den Rahmen des Welt-
gerichtes. Dieses lag jedoch nicht Micha, sondern erst den Späteren im Sinn, die sich
nicht darein schicken konnten, dass Israel und Juda allein von allen Völkern das Gericht
Mch 1 2 266 Mch 1 4
voD den Propheten hätte gedroht sein sollen, während doch die Heiden es weit mehr ver-
dienten. Die Verse blicken darum auch schon hinüber auf Cap. 4, wo die Schilderung der
glücklichen Zukunft Zions beginnt. Damit ist aber, wie Stade (ZATW 1903, 163) erkannt
hat, zugleich gesagt, dass die Verse 2-4 nicht von Micha herrühren, der sich allein mit
Israel und Juda beschäftigt und diesen nur den Untergang, nicht auch die Rettung ge-
weissagt hat, wie sich zum Überflüsse deutlich aus Jer 26 18 ergiebt. Eine Verbindung
zwischen dem AVeltgericht und der nachfolgenden Drohung des Gerichtes über Samarien
und Jerusalem lässt sich nur auf Grund der späteren Vorstellung vom allgemeinen Welt-
gerichte gewinnen. Eine nähere Beziehung aber fehlt zwischen v. 2-4 und v. 5*^ ff.; zu v. 5^
vgl. unten ; auch ist die Unebenheit zwischen beiden Stücken nicht zu verkennen, dass v. 2
Jahwe als Ankläger aufsteht gegen die Heidenwelt, während er v. 5^ ff. nur der Richter
von Israel und Juda ist. Auch metrisch unterscheiden sich v. 2-4 von v. 5^ ff.: v. 5^ ff.
herrscht der „Kinarhythmus" (Stade), v. 2-4 haben wir drei gleichschwebende Vierzeiler,
der erste und dritte mit drei-, der zweite mit zweihebigen Zeilen.
2 Höret, ihr Volker alle, Horche, Erde und was sie anfüllt, Dass Jahwe
gegen euch Zeuge sei, Der Herr aus seinem heiligen Tempel. Die „ihr" in
DD2 auf die Israeliten zu beschränken, ist bei der direkten Anrede aller Völker,
VT ' -7
nicht nur der Stämme Israels (vgl. das parallele n^^'^):p^ Kl?)? ^^ ^' 2* reine
*.
Willkür, die den fehlenden Übergang von v. 2-4 zu v. 5^ff. herstellen möchte.
Im Grunde sind unter den Völkern die Israeliten geradezu ausgeschlossen,
gegen sie tritt Jahwe im Weltgericht nicht als Zeuge, d. h. Ankläger, auf,
sondern gegen die Heiden, vgl. Zph 3 8 (s. Stade ZATW 1903, 163 und die
Erklärung dieser Stelle). dV^ (durch die späte Interpolation im Text des
Königsbuches IReg 22 28 bezeugt, vgL LXX, wo der Zusatz noch fehlt) statt
DD^S und ns^D statt ^^h^ ist bei solchen Erweiterungen der Anrede häufig, vgl.
Jes 22 16 47 8 54 1 und s. zu Ob v. 3, ausserdem auch König Syntax § 3441.
"'J'l« ist wie oft in den Text geratenes Kere für das folgende T]\n\ Der
heilige Tempel Gottes ist hier wie z. B. Jes 63 1 5 im Himmel gedacht, vgl. iy_^
V. 3; ob das auch Michas Vorstellung war, ist die Frage. 3 f. Jahwes
Anklage zeigt sich im Gericht, das er über die Welt halten wird; von diesem
selber ist zwar in v. 3 f. nicht die Rede, sondern nur von Jahwes Erscheinen zu
demselben. Denn siehe Jahwe Zieht aus von seiner Stätte seil, seinem himm-
lischen Tempel, vgl. v. 2 und s. Hos 5 i5, Kommt herab und schreitet Über die
Höhen der Erde; zu flS'^niDin-^j; r^y\ vgl. Dtn 33 29 Am 4 i3, beides späte
Stellen. 4 Die gewaltigen Veränderungen, die Jahwes Erscheinen zum
Weltgericht auf Erden herbeiführt, werden mit den Bildern der Verheerung
eines fürchterlichen Gewitters geschildert: Und es %erschmel%en die Berge
unter seinem Schritt Und die Thäler, sie spalten sich. Wie Wachs vor dem
Feuer, Wie Wasser, ausgeschüttet an einem Abhang. Eine Umstellung der
beiden mittleren Zeilen (Nowack) ist unnötig; es versteht sich von selbst, dass
die dritte zur ersten und die vierte zur zweiten gehört. VgL zum Inhalt Jdc 5 5
Jes 63 19 Hab 3 6, zu dem Hoph. D^^IJD das Hiph. v. 6.
2. Das Gericht über Samarien und Jerusalem I 5—16.
Obschon Micha von dem Gericht über Samarien ausgeht, liegt ihm hauptsächlich
an der Weissagung des Gerichts über Jerusalem. Beide sind ihm „nur zwei Akte desselben
Gerichts" (Kowack). Die Frage aber ist, ob Samarien noch nicht zerstört war, als Micha
\
Mch 1 5 2(;7 Mch 1 6
mit seiner W(!issagung über Jerusalem hervortrat, alßo ob der Zusammenhang des Schick-
sals Jerusalems mit dem Samariens Micha schon aufging, als Samariens Ende hervorstand,
oder erst unter Sanherib, als die Gefahr an Jerusalem herantrat. Das letztere wird an-
zunehmen sein, da Micha sonst überall nur .luda vor Augen hat; da aber doch sich die
Prophetie an Samarien nicht als Schilderung der Vergangenheit verstehen lässt (vgl.
^nttl^], 'ri"]in], n^^x v. 6), ho wird man mit Cornill daran zu denken haben, dass 721 Sama-
rien wohl erobert, aber nicht zerstört wurde, also dass gar wohl Micha um 701, wie San-
herib heranrückte, mit der völligen Zerstörung Samariens drohen und Jerusalem die
Deportation seiner Einwohner ankündigen konnte. Dann ist das Datum der Wirksamkeit
Michas olme Frage die Kegierungszeit Hiskias und nicht nur Jotham, sondern auch Alias
in der Überschrift v. 1 unrichtig. S. ferner Einl. II 1.
Die Worte Michas sind nicht intakt auf uns gekommen; denn in v. 5-16 sind
mancherlei Vermehrungen des ursprünglichen Textes zu erkennen. Stade nennt v. b^ „eine
ziemlich ungeschickte redaktionelle Naht", Wellh. bezeichnet v. 9-16 (wohl einzuschrän-
ken auf V. 10-15) als eine „Kapuzinade", allerdings ohne die Verse Micha abzusprechen.
Zu diesen beiden sekundären Stücken ist als drittes v. 7. die Bedrohung der Götzenbilder
Samariens, zu gesellen. Lässt man diese Stücke weg, so bleibt in v. 5*^ 6 8 9 16 ein an-
nehmbarer Zusammenhang, der sich auch formell als Klage des Propheten über das Un-
glück seines Volkes durch die Anwendung des Kinarhythmus zu erkennen giebt.
5^ giebt sich als „redaktionelle Naht" zwischen v. 2-4 und v. 5^ff.
schon durch das allgemeine ^^^'t■^^, das ganz unbestimmt bleibt, da ja in v. 2-4
nur von dem Erscheinen Jahwes, noch nicht vom eigentlichen Gericht ge-
sprochen ist, zu erkennen. Die ganze Naht ist aber auch abgesehen von n^^'r^^
nur aus Wörtern und Begriffen von y. 5*^ zusammengesetzt. Über die sachliche
Verschiedenheit, die die Einschränkung auf Israel und Juda gegenüber v. 2-4
bedeutet, vgl. die Vorbemerkung zu v. 2-4. Für niNtsnn^ 1. mit LXX,
Targ. ns^nn^i.
5^ die Einleitung der Klage: Wer ist die Missethat Jakobs? Ist's nicht
Sarnarien? We?' ist die Sünde Judas? Ist's nicht Jerusalem? Für ni^S ist
T
mit den alten Versionen, nstSH zu lesen, das auch der Redaktor von v. 5^ hier
noch vorgefunden hat, s. auch Textkrit. Erläuterungen bei Kaützsch; aber mit
der Sünde Samariens und Judas ist' nicht der Götzendienst oremeint, wie bei
Kaützsch (Übersetzung) falsch expliziert wird. Es sind ganz andre Sünden,
die Micha Cap. 2 f. Jerusalem vorwirft, und v. 7 ist spätere Interpolation (s. zu
V. 7). Unrichtig ist die Änderung von ''p in Hlp ; Micha fragt hier nicht nach
den einzelnen sündigen Thaten, sondern nach dem Herde der Sünde. Die
Hauptstädte sind das Verderben, von ihnen geht die Missethat aus. Gerade
im Munde Michas, der aus der Provinz stammt, ist ein solches Urteil verständ-
lich; vgl. auch Jeremias Beurteilung der Hauptstadt Jer 5 f. 6, die Strafe
Samariens: So mach' ich denn Samarien %um Felde, Zu Anlagen für Wein-
berge Und stür%e seine Steine ins Thal Und seine Grundmauern leg' ich bloss.
Statt nn'^n ^j;^, = zu Trümmern des Feldes, das nicht verständlich ist und zu
dem Schlüsse der Zeile wenig passt, lese ich Tr\^\, zum Felde; Samarien soll
wie Jerusalem zum Ackerfelde werden vgl. 3 l2^ "«j;^ sehe ich für in den Text
geratene Glosse aus 3 12 an, die Samarien keinen Vorzug vor Jerusalem lassen
wollte. Den sollte es auch für Micha nicht haben; was er Samarien droht, ist
so schlimm, wie was Jerusalem erfahren soll: beide sollen als Städte ver-
schwinden. Mit dem iTrojpocpoXaxiov, der Obstwachhütte (specula, quam custodes
Mch 1 6 268 Mch 1 9
satorum et pomorum habere consueverunt s. bei Rtssel) der LXX für '^J^^ ist
kein sicherer Text und kein guter Sinn zu gewinnen und 71 IJj;;^ (so Wellh.
und Nowack) schwerlich besser als Tl ^]fh, da der Gegensatz zu einem Stadt-
wald unverständlich bleibt. DID '^J^tSt?'?, %u Anlagen für Weinberge^ mochte
sich der fruchtbare Hügel, auf dem Samarien lag, nach dem Verschwinden
der Stadt sehr wohl eignen, vgl. Jes 28 i-4; zugleich liegt in dieser Aussage
die Ankündigung definitiver Zerstörung. Zu v. 6^ vgl. Ps 137 7 und
JosEPHUS Antiqu. XIII 10 3.
7, eine Interpolation; sie verrät sich schon dadurch, dass sie die Zer-
störung der Götzen erst der Zerstörung der Stadt folgen lässt. Dann wussten
die Späteren überhaupt weit mehr von den Götzen Samariens zu berichten als
die frühere Zeit, vgl. Jes 10 lof. (sekundäre Stelle) und zu Jes 27 9f.; Samarien
galt ja den Juden nach dem Exil als von Jahwe abgefallen. Endlich wird der
Prophet doch nicht über die Vernichtung der Götzen weinen; y. 8 schliesst
sich also nur an y. 6 an. Zu dem Verbrennen der Götzen im Feuer, wie
es das Gesetz Dtn 7 5 25 verlangt, vgl. bes. I Chr 14 12 neben der Parallelstelle
II Sam 5 21. Zwischen n*'^*'??, ihre Schnitzbilder, und n^'I^X^, ihre Götzen-
bilder, passt n''5?0? nicht gut, man erwartet statt Buhlerlohn ein drittes Wort
für Götzen oder etwas Ahnliches; Wellh. hat wohl mit dem Vorschlage,
n'i'l^'tj, ihre Ascheren, zu lesen^ recht, vgl. Jes 17 7f. (späte Stelle) 27 9 II Chr
14 2 4 34 4 7. Zu dem aramaisierenden Hoph. ^T\'T von r\T\2 vgl. Ges.-
Kaützsch27 § 67g. Für H^Sj?, dem das Objekt fehlt, liest man besser nach
Targ., Pesch., Vulg. mit Wellh., Nowack ^^^p sie sind zusammengebracht.
Übrigens ist der Schlusssatz nicht leicht zu verstehen, wenn die Götzen alle
zerschlagen, verbrannt und zerstört sind, die vom Ertrag des Gewerbes der
Kedeschen (s. zu Dtn 23 isf.) angeschafft sind. Das Zerstören ist doch nicht
ein n^lt ]5n^"lj; lltS^. Soll der Gedanke von y. 7^ vergessen und bloss gesagt
werden: die kostbaren Bilder fallen den Feinden anheim und werden von
diesen wieder zu der Unzucht verwendet, der sie den Ursprung verdanken?
Oder steckt etwa der Sinn darin, dass sie, wie sie aus Schande entstanden,
eben durch die Vernichtung zu Schanden werden sollen ? Vgl. einen ähnlichen
Gedanken Jes 30 22.
8, die tiefe Klage des Propheten über das Verderben, das Samarien er-
leidet: Darüber will ich klagen und heulen Und barfuss und nackt einher-
gehen. Will ein Klagen anstimmen wie die Schakale Und ein Jammern wie
die Strausse. Dass nsr^J?, darüber, sich nicht auf y. 7, sondern nur auf y. 6
beziehen kann, ist schon zu y. 7 bemerkt. Ein Absatz ist vor v. 8 nicht ange-
bracht, Y. 8 schliesst sich eng an y. 6 an. Zu der ungewöhnlichen Plene-
skription in nD^"^« vgl. Ges.-Kautzsch27 § 69b Note 1; für bb"^^ 1. mit Kere
^^Iti^ == ausgezogen, barfuss \ das ßarfussgehen wie das blosse Tragen der
nihS ist Zeichen der Trauer, vgl. Jes 20 2 und II Sam 15 30. Das Ge-
heul der Schakale und Strausse dient auch Hi 30 28 f. als Bild für das Schreien
der Trauernden. 9 Der Grund, warum ihn Samariens Geschick so tief
traurig macht, liegt darin, dass damit auch Jerusalems Verderben zusammen-
hängt : Denn unheilbar ist sein Schlag;] Ja, er reicht bis Juda, Er trifft bis
Mch 1 9 269 Mch 1 10
i7is Thor meines Volkes, Bis nach Jerusalem. Nach LXX und Pescli. ist mit
Wellh. und JNowACK, nnsö, Ihr Schlaf/, der Schlag, der sie trifft, für den Plur.
n*'ril2D zu lesen, weil vorher und nachher der Singular steht; zu ntf^^itj, unheil-
bar, lölllch^ vgl. Jer 15 18. Statt des gewöhnlich unpersönlich gefassten
5^5} liest man am besten nach Pesch. Targ. mit Wellh. und Nowack auch hier
das Femininum HJJ^J. Die Perfecta drücken die lebhafte Gewissheit des Pro-
pheten aus: Die Zukunft ist vor seinem Auge schon Wirklichkeit. Bei Thor
ist hier nicht an die Thüren, die zum Schutze der Leute dienen, gedacht,
sondern an den Marktplatz, wo sich die öffentlichen Angelegenheiten ab-
spielen; dieses Gentrum, diesen Mittelpunkt alles Lebens Judas bildet Jerusa-
lem; wir würden also sagen: der Schlag trifft ins Herz meines Volkes, ""j;
D'^^n'^ ist in keiner Weise mit Wellh., Nowack und Sievers als Glosse zu
verdächtigen; vielleicht ist sogar zur Überleitung auf die Fortsetzung v. 16
^\ "?jn3i> ^^^ ^^ dir Jerus.^ zu lesen.
10 — 15 bereitet der Erklärung die grössten Schwierigkeiten. Nur soviel ist deut-
lich, dass in dem Abschnitt eine Keihe von Wortspielen vorliegt, zu denen eine Anzahl
von Ortsnamen verwendet wird. In Rücksicht auf diese Eigentümlichkeit der Form kann
man die Bezeichnung „Kapuzinade" (Wellh.) für den Abschnitt verstehen, aber man
darf damit nicht den Begriff des Lächerlichen verbinden; denn den ganzen Passus be-
herrscht die Absicht, die Schwere des Unglücks und die Grösse der Trauer Judas zu
schildern. Immerhin hat man das Gefühl, dass nicht aus dem unmittelbaren Schmerz
diese Spielerei mit den Namen geboren sei, sondern dass sich ein Späterer bemüht habe,
die Übereinstimmung von Namen und Schicksal zur Ausmalung der vom Propheten ge-
weissagten unglücklichen Lage hervorzuheben. Im Namen steckt ein Omen, diese An-
schauung liegt der Ausführung zu Grunde. Trotz allem Ernst lässt sich jedoch die Künst-
lichkeit dieser Namenspielerei nicht verkennen. Darum wird der Passus sowenig Micha
zuzuschreiben sein, wie die ähnlichen in Jes 10 27*^-32 und Am 5 5*^ den Propheten Jesaja
und Arnos (vgl. zu Jes 10 27*^-32 und zu Am 5 5^). Dieses Urteil sekundärer Herkunft
von V. 10-15 wird auch sonst bestätigt, so durch den Gebrauch von ^^^}^\ als Bezeichnung
für Juda in v. 13-15, sowie durch den Widerspruch von v. 13 gegen v. 5*^ (s. zu v. 13).
Im Einzelnen bleibt manches unklar; die Anspielungen sind oft nicht mehr recht zu
durchschauen, sie waren es wohl auch nicht immer für die alten Abschreiber und deshalb
ist der Text vielfach unheilbar verdorben. Wenn bisweilen auch in v. 10-15 der Kina-
rhythmus durchscheint (s. v. 13 14 15), so -ist das nur der Beweis, dass sich der Interpolator
an das Metrum des Abschnitts gehalten hat, dem er seine Worte einzuverleiben wünschte.
10 beginnt der Interpolator mit einem Citat aus II Sam 1 20, wohl um
die von Micha prophezeite Katastrophe mit der Katastrophe am Gilboa zu
vergleichen. Übrigens passt 21? wenig zu den judäischen Städten, die nachher
genannt sind. Wellh. und Nowack trennen daher das Sätzchen von der Aus-
führung V. 10-15 als fremden Bestandteil ab. Andre, Elhoest und Wincklee,
suchen unter Vergleichung von LXX resp. Pesch., die ^b^^^^P^ resp. ^i^'^^ri ge-
lesen zu haben scheinen, durch Konjektur zu helfen: ^l^'^^H'^J?? '^J'??? = 5?in Grilgal
jubelt nicht"; dann müsste man annehmen, dass Gilgal als Stätte des Jubels,
etwa eines dort geübten Freudenkultes, hier in Betracht käme. Cheyne liest
mit ebenso viel Recht H^IIS, in Giloh,iiiY b^h^::i. ^^2r\'bt^ 1D2, weinet, weinet
nicht!, ist ebenfalls unklar; die gewöhnliche Änderung von 13^ in 13H121, in
AIcko, nimmt eine zweite Philisterstadt an, was ebenso unwahrscheinlich ist,
wie nj in v. 10**. Die Vermutung ü'^DiiB, in Bokim oder in Bekaim (s. Jdc 2 1 5),
Mehl 10 270. Mch 1 11
für 1:d| wird von Winckler und Wellh. empfohlen: ersterer lässt im übrigen
den Text unverändert und findet in dem Sätzchen die Aufforderung, in Bokim
den Kult mit Klagegesängen (vgl. Gen 35 8) einzustellen, wie in Gilgal den
mit Freudenjubel; letzterer hält h^ für fälschlich aus dem ersten Gliede herein-
gekommen und liest natürlich den Impera. O^ für ^^DH, sodass er übersetzen
kann: Weint in Bekaim! Alles bleibt ungewiss, selbst die Berufung auf die
LXX für diese Emendation ist gefährlich, denn die LA sv Baxsifx in einem
Codex am Rande und in Syrohex. kann bloss auf eine durch Vergleichung
des hebr. Textes hervorgerufene Änderung des gewöhnlichen Evaxsijx = sv
Axsi([x) zurückgehen (Nowack). Besser lässt sich y. lo^ verstehen, wenn
man mit LXX etc. den Impera. Plur. w\^T\T\ (Kere: Sing, fem.; Ketib: 1. pers.
Sing, mit Anspielung auf die Philister) liest. Das Sich wälzen im Staube ist
Zeichen der Trauer, vgl. Jer 25 34, ferner Jer 6 26 Hes 27 30 und II Sam 13 19.
Beth le-Aphra^ d. h. Staubhausen^ ist sonst nicht bekannt, gewöhnlich identi-
ficiert man es mit HIDj; in Benjamin Jos 18 23, Buhl denkt zweifelnd an Beto-
gabra (Eleutheropolis) , das aber aram. «in? n^? (ZDPV 1878, 224f.) lautet,
Gr. A. Smith findet einen Anklang an den Namen in Wadi el-Ghufr südlich
von Eleutheropolis. Die beiden letzten Lagen passten besser zu den nachher
genannten Ortschaften. Ob b vor Hlöj; nicht ein Schreibfehler ist, darf man
jedenfalls fragen, so Encycl. Bibl. Art. Aphrah. Ookt vermutet nicht übel
1Dj;n niDy für 153; nisj;/. Grössere Textverderbnis nimmt Wincklee (Alt-
orient. Forsch. I 103) auch hier an: n*]Dj; gilt ihm als Dittographie des folgen-
den nsj; und h als der Rest von ^«, so liest er wS^T\r\ IDj; ^«-n^n!l= „inBethel
wälzt euch im Staube", verliert dabei das Wortspiel, aber gewinnt zu seinem
Gilgal und Bokim (Bekaim) als drittes das nahe gelegene Bethel. 11 ist
nicht verständlicher als v. 10. Das grammatisch unmögliche DD^ ^i^rij? (2. pers.
fem. Sing, mit 2. pers. masc. Plur.!) giebt LXX mit xaxa ysXwia ujxaiv wieder,
wie n"JDj;b V. 10, und zieht es zu y. 10. Damit ist jedoch nichts geholfen, nur
aufs neue bewiesen, wie unsicher der Text ist. Die vorgeschlagenen Konjek-
turen befriedigen nicht; Elhoest liest: n^SH ^^^ 'ti^ "^ DDb Hinj; N^, aber w^as
soll es heissen: „nicht ist an euch, ihr Städte der Schande, die Bevölkerung
von Schaphir vorübergegangen"? Nicht viel besser wäre es, wenn etwa gelesen
würde: Hti^l'iTpJ; TDtJ^ ^^^l** ^^ ''"!?5? = j^g^he doch vorüber, Bevölkerung von
Seh., gehüllt in Schande". Zudem bietet LXX n^2 nicht und liest nnx^ viel-
mehr n'^nj; Ta? TToXeic; auxYjc. Soviel bleibt sicher, dass ni2^n"<T1j; schwerlich „in
schmachvoller Blosse" übersetzt werden darf, wobei man den Ausdruck aus-
legt = Entblössung, welche Schande ist. Vielleicht ist mit Sieyers n^*2 als
Dittographie des vorausgehenden HDti^V zu erklären und H'^lj; zum folgenden
Sätzchen zu ziehen. Zur Konstruktion wäre Gen 44 4 etc. zu vergleichen,
wenn man dann nicht lieber HTJ^D lesen wollte. "i**?^? LXX xaX(j5;, also
etwa: Schönstadt ^ identificiert man mit Sawäfr^ östlich von Askalon.
Das "Wortspiel in v. 11^ zwischen T\)^V und ]i«^ ist deutlich; der Sinn ist wohl:
aus Furcht vor dem Feinde wagt Sdanan sich nicht aus der Stadt hinaus,
p«?, etwa: Marschstadt^ ist vielleicht identisch mit )}:^, das nach Jos 15 37 in
der Schephela lag. Die Lage von ^!^^?n n'^5 (zu dem fraglichen Nomen
I
Mch 1 11 271 Meli 1 14
loci ^^« Sacli 14 5 s. dort) ist j^^anz unl)ekaiint, die Richtigkeit des Textes der
zwei letzten Worte sehr fraglich (vgl. LXX e$ ujküv nXriY/^v 6ouvy|;, viell. =
nilD n???, sodass äS ufxüiv eine Dublette zu TrXrjYriv wäre, so Wellh.) und der
Sinn des ganzen Sätzchens nicht zu erraten. Ooht liest mit leichter Ände-
rung nmöl^D 00i?^ also: die Klage von Beth ha-Esel nimmt sie (seil, wohl:
Beth ha-Esel) weg von ihrer Stelle. 12 ^^^b rhu bedeutet nicht beben um
sein Ueil\ man lese mit Wellh., Nowack Dlto^ n'jn"; ^^ (n^H"*? ist entstanden
aus falscher Haplographie von "«j, so gewinnt man doch einen Sinn: Auf Gutes
harren die Beirohner von Marot, dieses Harren ist ja schon an sich wider-
sinnig: wie (vielleicht ist HD == wie! für ''? zu lesen) kann Marot (d. i. = BiUer-
lingen) auf Gutes hoffen!, aber noch weit Schlimmeres als das für Marot sich
geziemende Bittere ist gekommen: Unheil fährt herab von Jahwe sogar auf
die Thore (1. mit LXX ''']?ti^) Jerusalems. Zu den korrespondierenden "^3 ♦ ♦ ♦ "^2
vgl. "^p^ ♦ ♦ ♦ ♦ "»s Hos 5 7 Jes 65 16. nl1?p ist eine völlig unbekannte Ortschaft.
In 13 ist die Paronomasie zwischen ti^'''?'j, dem heutigen Teil el- last (s. zu Jes
36 2), und ti^D"! deutlich: vielleicht hat der Autor den Namen Lachisch auch
etymologisch mit ^y] zusammengebracht und aus diesem Zusammenhang er-
schlossen, dass Lachisch eine der königlichen Wagenstädte war vgl. I Reg
10 26. Weiter war ihm dann aus der Lektüre der Propheten (z. B. Jes 30 16)
bekannt, dass das Vertrauen auf Wagen und Rosse eine Hauptsünde Israels
war, vgl. dazu auch im Anhang zu Hosea Hos 14 4. Aus Kombination der
Etymologie mit dieser Beurteilung der alten Zeit konnte er zu der Aufforde-
rung von V. 13 an Lachisch kommen: Bespanne (Dn*| Stt. Xsy. ist allerdings un-
sicher, viell. als infin. absol. = Impera. zu punktieren, wenn nicht in "»Dni zu
verbessern; LXX 66cpo? scheint ]1Dn gelesen zu haben) die Wagen mit Rossen,
natürlich zur Flucht, zum Kampf ist es zu spät; das ist der Anfang der Sünde
für Zion = damit hat die Sünde Zions ihren Anfang genommen vgl. Hos
144; ja i?2 dir fanden sich die Sünden Israels, eben die Wagen und Rosse.
An Lachisch als den Sitz eines besonders unzüchtigen Kultus ist nicht zu
denken; ^«lli^l ist schon hier, wie y. i4f. nach dem späteren Sprachgebrauch =
Juda, s. die Vorbemerkung zu v. io-i5. Auch dass das Centrum oder doch
der Ausgangspunkt der Sünde Zions nach Lachisch verlegt wird, spricht
gegen die Herkunft dieser Verse von Micha, der y.5^ andre Centren der Sünde
kennt. 14 Die Bestimmung der hier angeredeten Person bereitet
Schwierigkeiten. Lachisch kann nicht mehr angeredet sein, wie y. 13, ihm ge-
hörte Moreset nicht; es kann beim gegenwärtigen Text nur an Zion gedacht
werden, besser aber wäre die Anrede an Moreset selbst (so Wellh.), dann wird
man ^i^n^^ und T^V zu lesen haben. Moreset Gath erhält den Abschied, ü^r\^bp,
bes. das Entlassungsgeschenk für die heiratende Tochter I Reg 9 16. Das
Wortspiel steckt in n^lID, das mit ni^n«D, = Verlobte Dtn 22 23,* sehr ähnlich
klingt, und der Sinn ist: Moreset geht für Israel verloren. Die Lage von
Moreset Gat, offenbar Geburtsstadt des Propheten Micha s. zu 1 i, zu be-
stimmen, ist noch nicht gelungen, nach der Beifügung Gat lag es in der Nähe
von Gat, nach Eusebius östlich von Eleutheropolis. ^"^l?^? nach Jos 15 44
eine Stadt im Stamme Juda in der Gegend von Eleutheropolis, täuscht die
Mch 1 14 272 Mch 2 l
Hoffnungen der Könige Israels (vgl. v. i3), wie ein ^]^^, Lügenbach, der im
Sommer kein Wasser führt, den dürstenden Wanderer vgl. Jer 15 18. 15
Der Anfang ist ganz unsicher; die erste Person "^5« (= ^^U«) ist auffallend, da
in der Interpolation v. 10-15 Jahwe in der 3. Pers. erscheint vgl. v. 12, wenn
dort nicht ''HJ^ö zu lesen ist. In ti^"l^n muss das Wortspiel zu Hti^^llJ liegen, daher
ist es kaum nom. propr.; gut klingt %u?n Erobere?' an ti^lSD'lj;, zu einem^ der
sich mit dir verlobt an (so liest Cheyne geradezu den Text). Liest man 1J^^
so darf man nicht "^^ als direktes Obj. fassen: „bis .... bringe ich dich"
(NowACK); für diesen Sinn hat man "^""2^ „ich geleite dich" herzustellen, das
zur „Verlobung" resp. „Heirat" aufs beste passt. Behält man ^)) bei (trotz
"ly in V. 15''), so kann man viell. übersetzen: noch bringe ich euch, ihr Bewohner
von Mare^ciy den Eroberer. HC^*]? = n^^SID Jos 15 44, ist das heutige
chirbet Merosch 1 72 km sw. von Eleutheropolis. Bis Adullam kommt
Israels Herrlichkeit bleibt unverständlich; darf man viell. lesen: D^'^IX^'^iy, an
die Unbeschnittenen geht über die H. Israels seil, der reiche Besitz Israels.
Andre haben sich anders geholfen: Elhoest: D^lg rinc^V fc^in; dVj;""])? = „Die
Bewohner von Adullam kommen zu ihrem Joch", aber der mascul. Sing. ^^1I}J
zwischen dem masc. Plur. und dem femin. Sing, geht doch nicht an; Cheyne
liest jetzt bloss D''^iS!DnT für D^IJ^., früher vermutete er besser: ^n«'' D^1j;""lj;
^^^\ 1D3 auf immer geht %u Grunde die H, L
16, Fortsetzung von v. 9 und Schluss der Wehklage des Propheten: Auf-
forderung an Jerusalem zu trauern über den Verlust seiner Bewohner. Schere
dich glatt und kahl ob deiner Kinder Ob deiner Lieblinge, Mach' dir eine
Glatze so gross, wie die eines Geiers, Denn sie ziehen weg von dir. Zum
Scheren des Haares als Zeichen der Trauer vgl. Am 8 10. Vor *'^!J"^J/ scheint
'JJ'ji?"^!^ ausgefallen zu sein. Zu l^'J, dem kahlköpfigen (reier (Gyps fulvus)
s. GuTHE KBW 20I. Das Perfectum ^\ (vgl. die Perfecta v. 9) steht, um
die Gewissheit der Wegführung, selbst der Lieblingskinder, der Bewohner
der Hauptstadt, auszudrücken; Jerusalem ist ja der Herd der Sünde v. 5^
3. Die Habgier der Grossen und die Strafe für dieselbe 2 1-5.
Mit Cap. 2 beginnt die Begründung der Wehklage des Propheten über den drohen-
den Untergang Jerusalems in 15^ 6 8 915. Nacheinander werden die verschiedenen
Sünden der Führer und Leiter des Volkes beschrieben und dafür die entsiDrechenden
Strafen angekündigt, bis schliesslich das letzte Prophetenwort (3 9-12) die völlige Zer-
störung Jerusalems als unausweichliche Folge des schlimmen Treibens hinstellt.
Das erste Prophetenwort 2 1-5 wendet sich gegen die Habgier der Grossen und
droht ihnen mit dem Verlust ihrer sämtlichen Güter. Sekundär ist in diesem Abschnitt
ausser kleineren Glossen sicher v. 5, wahrscheinlich auch v. 4 (s. unten). Der alte Be-
stand umfasst drei, eventuell vier Strophen, die man als Vierzeiler mit ungleich vielen
Hebungen (drei in den ungeraden, zwei in den geraden Zeilen) oder als Distichen im
5inarhythmus bezeichnen kann.
1 Weh denen, die Arges sinnen Auf ihren Lagern, Die im Licht des
Morgens d. h. natürlich: sobald es Tag ist, es ausführen. Da sie die Macht
dazu haben, J^l ^^^p^ ist eine unbedachte Glosse (so auch Wellh. u. a.); denn
auf ihren Lagern fassen sie nur den Plan für Übelthaten des folgenden Tages.
Mch2 2 273 Mch2 4
Die Stille der Naclit ist die beste Zeit für das Nachdenken im Guten und im
Bösen, vgl. Ps G3 7 und 36 5. n^üT setzt das Partie. '2^n fort, vgl. Am 5 7.
Über DT^ ^t?^'ti^J vgl. zu Gen 31 29; ausser dort kommt diese Verbindung noch
vorDtn 2932Prv 327 Neh 55. 2 Die Beschreibung ihres Sinnens und Treibens:
Die Felder begehren und sie rauben, Häuser und sie nehmen, Die den Herrn und
sein Haus vergewaltig en. Den Mann und sein Erbe, Vgl. die gleichen Vorwürfe
Am 3 10 4 1 und Jcs 5 8. Diese Grossen übertreten die Forderung des Dekalogs,
vgl. zu n)?n Ex20i7 Dtn5i8. Zur Illustration dientIReg21, die Erzählung von
der Behandlung Naboths durch Ahab und Izebel. Die Vergewaltigung trifft
auch das Eigentum, wenn es durch Unrecht in andren Besitz kommt vgl. Halj 2 1 1.
3 Die Strafe, die sich Jahwe seinerseits nun auch aussinnt, ist ein Unheil, dem
sie nicht entrinnen werden: Darum so spricht Jahioe: Siehe ich sinne ein Un-
heil, Daraus icerdet ihr eure Hälse nicht ziehen, Noch darin aufrecht einher-
gehen. T\^^T[ nnö^Dn"'?J^ ist mildernde Glosse, die das Unheil limitiert, damit
sich nicht Israel zum Unheil für immer bestimmt halte; vgl. auch den gleichen
Ausdruck in der ähnlichen Glosse Am 3 i und in Jer 8 3. Ebenso ist das pro-
saische und namentlich nach indeterminiertem Nomen unnötige ^^^ sekundär
und nicht minder das letzte, doch nach dem übrigen Inhalt von y. 3 völlig
nichtssagende Sätzchen t^^T\ nj;"! njt "•?, das ganz gleichlautend auch Am 5 13 in
einer Glosse steht. Über den adverbialen Gebrauch des Substantivs
n^n vgl. Ges.-Kautzsch27 § 118q. 4 ist in so verdorbenem Text über-
liefert, dass man an einer sicheren Erklärung verzweifelt. Mit der ersten Ein-
leitung: man wird über euch einen Spruch erheben (vgl. Jes 14 4 Hab 2 6)
harmoniert der Inhalt des Spruches nicht; denn er bietet nicht Worte dessen,
der den Spruch erhebt, sondern dessen, über den er erhoben wird. Begnügt
man sich mit der zweiten Einleitung: ein Klagelied wird man singen (mit Ent-
fernung von iTHi, das aus Dittographie des vorangehenden Nl^ entstanden sein
wdrd), so bleibt immer noch der Wechsel von Plural und Singular auffallend:
einmal klagen die wir d. i. nach y. i-3 die habgierigen Grossen, dann wieder
in mein Volk und "h Jahwe. Ist ^^J^. richtig, so kommt man auf die Vermutung,
beide Einleitungen seien sekundär und der ursprüngliche Wortlaut habe ein
Jahwewort gegeben, das in Fortsetzung von y. 3 die von Jahwe ausgesonnene
7\yr\ beschreibe. Dann müsste allerdings die 1. pers. Pluralis in die 2. ver-
wandelt, also n^n oder DH^^*:} für ^i^^^i und D^^^t?^ (vgl. LXX oi aYpol ojxoiv,
vielleicht aber nur verschrieben aus tj}xd)v) für ^lin'^ gelesen werden; folgt man
dabei weiter den von LXX gegebenen Andeutungen und der von Stade u. a.
angenommenen Umstellung der beiden Wörter ^^Wi IHl^ an das Ende, so er-
hält man die metrisch pas-sende Strophe: Der Besitz meines Volkes wird ver-
messen werden, Niemand giebt ihn zurück; Den Wegführ ern^ d. h. denen die
euch ins Exil führen, wird euer Feld verteilt, Völlig ruiniert seid ihr. Doch
ist Y. 3 schon für sich verständlich und eine Ausführung des Unheils ist nicht
unbedingt nötig. Darum ist mit der Möglichkeit zu rechnen, dass '^öj; hier
ebenso wie Jes 53 8 (s. dort) aus dem Suff. ^^^^ i'esp. ^^-^^ verdorben ist. Dann
ergiebt sich mit leichten Änderungen von 1)?lf in ^)^^ von TD; in nD"; (nach LXX:
x7.x£jxeTpY)»>y]), von Dnii:^^ "h ^^r^\ in U^DIti^ '^^'^^ folgende Strophe:
Kurzer HC zum AT XIII 18
Mch2 4 274 Meli 2 6
I rr \ : - T 1 •• t : . I -
Ach/ wie sind wir gänzlich vernichtet^ Unser Land wird vermessen! Ach! wie
spotten unsere i'^ünger, Unser Feld wird verteilt! Oder man kann Stade
(ZATW 1886, 122 f.) folgen, der nach LXX 'PDn? hinter dem aus irs: ver-
dorbenen TD'' einsetzt und Il'^t^D r«1 für "h t^'^'D'^ 'V^ liest, sodass mit der bereits
erwähnten Umstellung (auch ohne Beibehaltung von "'Dj;, s. oben) ebenfalls
eine Kinastrophe herauskommt:
• - I - I I V V - - • l~ t V
\ - : T I I - V ; " T - t
Unser Land wird mit der Messschnur verteilt^ Keiner glebt es zurücky Unsern
Fängern wird unser Feld verteilt, Wir sind gänzlich vernichtet. Zu dem MT
vgl. Übersetzung und Bemerkung bei Kautzsch. Auch wenn man so oder
anders eine Klage der jüdischen Kapitalisten über den Krach, der ihnen den
Hals bricht, in v. 4 findet, so macht doch die doppelte Einleitung, selbst wenn
man sie zusammenfasst in den Sinn: „dann wird man für euch ein Klagelied
dichten", es höchst zweifelhaft, ob v. 4 irgend ein Element aufweise, das auf
Micha zurückgehe. Da v. 3 sehr wohl der Schluss sein kann, so darf man v. 4
als spätere Zuthat betrachten, die in einer Klage über die Art und "Weise des
Unheils (HJ^in v. 3) Auskunft geben wollte. 5 hat schon Nowack als
Glosse erkannt. Auch wenn man ^b als Fehler für DD^ betrachtet (vgl. das
folgende D), so geht die Aussage: Ihr werdet keinen haben, der die Messschnur
an ein Los In der Gemeinde Jahwes anlegt, auf die Neuverteilung des Landes
in der Zeit der messianischen Restauration, an die Micha nicht dachte, und
von der er insbesondre [nach der Ankündigung von v. 3 die Nachkommen der
habgierigen Grossen nicht noch eigens auszuschliessen brauchte, auch wenn
er an eine bessere Zukunft wirklich gedacht hätte. ]^h stösst sich ausserdem
mit ]lh V. 3, T\)T\\ 'pnp, Jahwegemeinde, ist ein später Ausdruck, der einen ganz
spezifischen Sinn von ^njj voraussetzt und dem der Gedanke an die Theokratie
näher liegt, als der an ein politisches Gemeinwesen vgl. Dtn 232349 Num 16 3
20 4 Neh 13 1 I Chr 28 8; zudem ist der ganze Vers prosaisch. Zu ^115; dem
einst jedem Juden zu teilwerdenden Los, Losanteil am heiligen Lande vgl.
Dan 12 13.
4. Die Scheinheiligkeit der Grossen, die im eigenen Lande wie Feinde
schalten 2 6— ii.
Dieses Proplietenwort schliesst sich an das vorige an, ist aber doch für sich selber
zu nehmen, da es wieder nach der Schilderung des Treibens der Grossen die Strafe an-
kündigt. Zudem ist der Abschnitt abgeschlossen durch v. 11, der auf v. 6 zurückblickt,
aber deshalb nicht mit Dathe hinter v. 6 zu setzen ist, weil v. 6 und v. 7 zusammen-
gehören. Der Text hat auch in diesem Abschnitt vielfach gelitten, ausserdem in
V. 12 f. einen späten Anhang erhalten, der der Unheilsweissagung v. 10 die Glücksver-
heissung gegenüberstellt. Abgesehen von diesem Anhang weist der Abschnitt sechs Tetra-
sticha, resp. kinametrisch gebaute Disticha auf.
6 7* (bis ^p5^;i) .^Predigt nicht !^^ predigen sie; ^^ Solches predigt man
nicht! Nicht wird Schande erfahren Das Haus Jakob. Der Anfang ist aller-
Mch 2fi '275 Mch 20
dings unsicher; auch ist schwerlich '^"'pn eine spöttische Jiczeichnung des
Prophezeiens (ZATW 1883,119), sondern elier ein Ausdruck für erregtes und
darum sprudelndes Reden vgl. v. ii Ära 7 16 Ues 21 2 7. Subjekt zu l^Ö'D^ sind
die (i rossen, die im ersten Abschnitt v. i -3 angeredet sind. Mit ^£:tpn"'?«
wenden sie sich an Micha und die, welche seine Ansicht teilen; nachhei*
sprechen sie, wenn wir nicht wieder ^Spn für tp;; lesen, objektiver ihre Meinung
aus. n^^?'^? f'Off solchen Dingen^ wird durch das Folgende klar; es bezieht
sich auf das von Micha prophezeite Unheil v. 3. Für IlD";, das man gewölin-
lich als Imperf. Niph. von :iD erklärt (s. Ges.-Kautzsch'-^' § 72 dd) und dann
ohne einen passenden Sinn zu gewinnen, mit zurückweichen, aufhören^ über-
setzt, lese ich mit Buhl (im Lex. s. v. :i^D) :i''i^;;, es wird einholen, erreichen,
wozu "^ n*»? Subj. und niÄ'pS Obj. ist; zu gleicher Verwechslung von )l^ und D s.
il^te^n Hi 24 2. Jakob und Schmach kommen nie zusammen, das ist die Meinung
dieser Verblendeten. 7 Mit "IIDSH ist nichts anzufangen, ob man 1^?:)S
als Vokativ = nu, genannt Haus Jakobs? oder IIDijn, Ist es ein Gesagtes?, =
Welches Gerede! oder sonstwie fassen will; zu der Fragepartikel vgl. Ges.-
Kautzsch^^ § lOOn. Es wird sein Dasein einem unerklärlichen Umstand ver-
danken. 7^ (von l^i^n an) ^ setzt die llede der Gegner Michas fort, wie
sich, aus Tb^ ergiebt, das auf Th^h v. 6 resp. auf v. 3 zurückbezogen w^erden
muss: Wäre Jahwe ungeduldig geworden? Oder wären solches seine Thaten?
Sind seine Worte nicht gütig Gegen Israel sein Volk?'' Für •'ID'l 1. mit LXX
V"l5"n; der Text des Schlusses ist unverständlich: Gegen den redlich Wandeln-
den darf man nach der Grammatik nicht übersetzen; auch wäre es, gerade wie
wenn man nur 1^'^n DJ?, gegen den Redlichen^ festhält, doch ein zu starkes Stück
von Verblendung, w^enn sich diese Grossen noch für Redliche hielten. Erträg-
lich ist %y^\ Dj; (so Nowack) oder iDj; bt^y^\ DJ? gegen Israel sein Volk] die
fehlenden Buchstaben IDj; h^ sind als "'DJ^ ^1 nach v. 8 geraten (s. dort) und der
Verlust ist nachträglich durch Einfügung von H und *]St ersetzt. Es ist die
alte Verblendung, mit der Am, Hos und Jes zu kämpfen haben, die da meinte:
Jahwe ist mit uns; uns trifft kein Unheil. Israel kann treiben, was es will.
8 beginnt die Antwort des Propheten auf solche verblendete Rede.
Diesem sicheren „Jahwevolke" weiss der Prophet eine Frevelthat vorzuhalten,
die auch dem „gütigsten" Gott die Geduld rauben müsste, nämlich den Überfall
friedlicher Wanderer : Und ihr, ihr stehet auf als Feind Gegen Befreundete,
Zieht aus friedlichen Wanderern Beute des Krieges, Zuerst lese man UT\^\
Ygl. Jes 3 14^^; dann aber ist "'^j; ^1 nicht als ''öj; ^j; folgen zu lassen, sondern
als hierher verschlagener Schluss von v. 7 zu betrachten (s. dort). Ferner ist
Dri« und den folgenden Verben entsprechend ^D^pn für DDlp"; und ti^di^ resp.
D'^p'^^ statt r\di^ nötig (AVellh., Nowack). Zu HdV^ ist in« eine in den Text
geratene, abgekürzt geschriebene Glosse: "llfc^ = -^1^.^? Mantel. Zu b'M^'O
vgl Num 22 5, zu D^)?^^ vgl. Gen 34 21, s. auch Hi 22 21 und Ps 7 5. Für
'D ^2>:ä, „dem Krieg Abgeneigte", 1. mit Wellh. und Nowack 'tt "^^^ = Kriegs-
heute^ d. h. an friedlichen Wanderern machen sie Kriegsbeute, indem sie sie
berauben und fortführen, was ihnen beliebt. ]-itO'ti^Dn vgl. 3 3. 9 üie
Weiber meines Volkes treibt ihr fort Von ihren zärtlich geliebten Kindern,
18*
Mch 2 9 276 Mcb 2 12
Ihren Kleinen nehml Ihr weg Meine Ehre für wimer. Für n^5^ das auf eine
Vertreibung der Weiber von Haus und Hof gedeutet werden müsste, ist mit
Wellh. und NowACK nach 1 le ^yi zu lesen, da es sich, wie y. 9^ zeigt, um ein
Auseinanderreissen von Müttern und Kindern beim Verkauf der Erbeuteten
handelt. Für das ungrammatische Suff. H" stelle man beidemal das richtige
]n" her, vgl. LXX auxcLv. Durch den Verkauf in die Sklaverei verlieren
die Kinder auf immer den I^H, den Schmuck, die Ehre der Zugehörigkeit zum
Volke Jahwes. So sind die Grossen für das Volk Jahwes besorgt und so
denken sie von dem Werte der Zugehörigkeit zu demselben vgl. v. 7. 10
Das Urteil über solche Frevler; die erste Verszeile ist sehr kurz, wahrschein-
lich ist vorn pb weggefallen: Darum auf und fort mit euch! Hier Ist kein
Bleiben, ''? ist vielleicht nur falsche Dittographie des vorangehenden 0[b].
Wegen Unreinheit werdet Ihr vernichtet In unabänderlicher Vernichtung.
Für HfcJDD punktiere das gewöhnliche n«DtO, für den Schluss 1. teilw. nach
LXX mit Grätz }^*ini ^^n ^^HP, da p)??, gewöhnl. = unheilbar verstanden,
unsicher ist. Der Sinn wird sein: Solche moralische Unreinheit (vgl. Sach
13 2) muss gründlich weggeschafft und ausgerottet werden; jede Berührung
steckt an und das Übel frisst weiter. 11 schliesst, auf v. 6 zurückgreifend,
das Prophetenwort ab mit einer Charakterisierung des Propheten, der solchen
Leuten recht wäre, charakterisiert damit diese selbst und macht das Urteil
von V. 10 vollends verständlich. X\X\\ Dj;n will nicht den Kreis erweitern und
uns sagen, dass derv. ii genannte Schaden das ganze Volk ergriffen habe; die
Grossen als die Führer repräsentieren das Volk; zu ihrer Schilderung vgl.
Am 4 1 6 6 Hos 4 ii 7 5 Jes 5 ii 22. Ja wenn einer gekommen w'dre^
Wind und Lüge vormachte: Ich will dir von Wein und Rauschtrank predig en.
Das wäre der Prediger für solche Leute, ^^ setzt einen als unerfüllbar erach-
teten Fall vgl. Ges.-Kautzsch27 § 1591; einen solchen Propheten kann sich
Micha in Wirklichkeit nicht denken, n^l gehört zu IJ^^ = Wind und Lüge^
aber nicht zu "rj^h, wofür man besser das Perf. "^^H liest, vgl. I Sam 14 30 Jes
63 19. ^''^n mit folgendem h {]^^h etc.) wie v. 6.
12 13, ein sekundäres Element. Die Verse sind weder ein Stück der Hede
der falschen Propheten, noch ein dislocierter Passus, der auf Micha zurückgeht. Denn
es wird fraglos das Exil, und zwar nicht nur in Gedanken, sondern als geschichtliche
Thatsache vorausgesetzt und die Heimkehr aus demselben verkündet. Somit liegt auch
hier wieder ein Beispiel jener Erweiterung vor, die man durch Einschiebung späterer
und besonders tröstlicher Abschnitte an alten Texten vornahm. Die Verse 12 f. gehören
in die gleiche Kategorie mit Am 9 8-15 Hos 2 1-3 15^^-25 11 lOf. Jes 11 11-16 u. a.; sie
sollen dem Gericht, das Micha drohte, das Heil, das man nach dem Exil erwartete, gegen-
überstellen. S. schon Stade ZATW 1881, 162 f. und vgl. jetzt bes. K. J. Grimm a. a. 0.
78 — 81. Das Ganze ist eine Strophe von zehn, zum Anfang längeren, nachher
kürzeren Zeilen.
12 (bis 11)?'in)j vier Zeilen: Jahwe sammelt die gesamte jüdische Dias-
pora wie eine Herde in den Pferch. Für ^^3 1. mit LXX, entsprechend den
folgenden Zeilen, 1^. Unter h^^^\ H''"!«!^ ist gewiss speziell auch an die
Angehörigen des Nordreichs gedacht, die in der Heidenwelt übriggeblieben
sind, vgl. Hos 2 if.; an die einstige Wiedervereinigung Israels mit Juda er-
Mch'^2 12 277 Mch 3
innert wohl ebenso ^^D'^ti^l^ nn\ Für rri^S, das man gewöhnlich als Pferch
erklärt, ohne eine richtige Etymologie zu wissen, wird mit Wetzstein (s.
Delitzsch Jes^ 705) und Nowack 7\yi^ zu lesen sein, wobei rr<% als eine von
der Masora verkannte, aber dem arab. stra i^y^) entsprechende Nebenform
des gewöhnlichen HTp (vgl. Ps 69 26) anzusehen ist. Heutigentags bedeutet
fira bei der sesshaften Bevölkerung und bei den Nomaden den gegen 1 ^\i
Klafter hohen Steinring, in welchem die Herde nachts gegen wilde Tiere ge-
sichert wird. n")?3, in der Ilürde^ giebt einen guten Sinn und ist aufs beste
dem n '^ins parallel. Die unmögliche doppelte Determination durch
Artikel und Suff, in llü'nn ist zu verbessern durch Hinübernahme von 1 zu dem
I T -
folgenden Wort als \ Zu 1^*^? Trift, vgl. Jes 5 1 7. Zum Inhalt vgl. Hes
34 13 14 36 24 37 21 39 27. 12'^ (von HJDNnn an) 13% vier Zeilen: In ihrer
grossen Menge beisammen haben die Israeliten Kraft, die Thore des Landes
ihrer Gefangenschaft (vgl. Nah 3 13) zu sprengen und abzuziehen (T^^^Vj in ihre
Heimat. Für ^5)5^^^, auch Ps 55 3 ein unsicheres Hiph. von Din^ liest
man besser nyöHn von nDH = sie tosen ^ rauschen vor Menschenmenge^ vgl.
Hes 36 10 Hos 2 1. Das Subjekt dazu liegt in Hl^ und "ll'^; am Sammelplatz
Jakob-Israels wird's rauschen von Menschen. 13^ fl^n, derjenige, der
die Thüre sprengt, der Ausbrecher, ist im Bilde der Leithammel, in Wirklich-
keit^ Jahwe, s. V. 13^; vgl. ähnlich unbestimmt h^^l Jes 59 20. 1V^, seil,
das nun zum Wegzug aufgesprengte Thor des Exils, die „Grenzfeste" (Wellh.),
ist das Objekt der vorangehenden Verba, beginnt aber die vierte Zeile. 13'',
zwei Zeilen: Jahw^e zieht an der Spitze ihnen voran; er ist ihr König Jes 40 10 f.
52 12 Jer 31 9f.
5. Die Gottlosigkeit der Ricliter und Führer des Volks 3 i~4.
Der Abschnitt ist nicht direkte Fortsetzung von 2 11; er behandelt eine neue Seite
des Treibens in Juda und zwar befasst er sich mit den Richtern, mit der Obrigkeit, während
2 6-11 nicht an Beamte, jedenfalls nicht allein an Beamte gedacht ist. *iöWj ist redaktio-
nelle Verbindung mit dem Vorangehenden, vielleicht noch eingefügt vor der Interpolation
2 12 f. Das Prophetenwort beginnt mit ^V'?^ und umfasst nur drei Tetrasticha, aber sie
sind wichtig genug, sie geben uns ein Bild von dem Treiben der Beamten und lassen uns
erkennen, was selbst unter der Regierung Hiskias in Beamtenkreisen zu Jerusalem mög-
lich war.
1, die Einleitung : Hört doch, ihr Häupter Jakobs Und ihr Richter des
Hauses Israel: Ist's nicht an euch^ euch %u kümmern Um das Recht? Die letzte
Zeile tDDti^Jsn'n« ist kurz, aber um so gewichtiger. Jakob und Israel sind iden-
tisch und können hier, wie v. 9, nur Juda bezeichnen. Zu ''^•':i[p s. Jes 1 lo.
2 3, die Schilderung der Verkommenheit der Obrigkeit; y. 2^ ist fast völlig
identisch mit v. s^ßT und wegen der Beziehungslosigkeit seiner Suffixe hier
nicht am Platze, s. zu v. 5. Auch v. 3^ gehört nicht hierher, er-ist sekundär,
„eine plumpe und schiefe Ausführung der vorangegangenen bildlichen Redens-
arten" (Wellh.). Den alten Bestand bilden 2^ 3^: Sie hassen das Gute und
lieben das Böse, 1. mit Kere yi, vgl. Am 5 u, Sie fressen das Fleisch meines
Volkes, Sie ziehen ihm die Haut vom Leibe Und legen bloss seine Knochen.
Das Subj. sind die in v. i angeredeten D5" in DD^; die dritte Person, zuerst
Mch3 2 278 Mch3 5
Partie, dann Verb, finit., löst bei dergleichen Schilderungen oft die zweite
Person ab, vgl. v. 9 Am 2 7. Die Bilder sind von selbst verständlich; es handelt
sich um Aussaugung und Bedrückung der Bürger bis aufs Blut und um Ver-
gewaltigung und Vernichtung ihrer Person, vgl. Am 2 7 Jes 3 15. Zu ^n?D,
Stt. Xsy., vgl. mit Bevan (briefl.j im Arab. nicht ^>^3, %erbrechen^ '&on(\Q\n das
passendere ^-^, biossiegen. In der Glosse v. a^ ist mit LXX und Pesch. für
1^«? zu lesen 1«^3, wie Fleisch, (vgl. das parallele l'C^^ipt) und li^lS = D^B, %er-
legen^ verleilen (vgl. Brot brechen Jes 58 7) zu fassen; Obj. zu ^b^lD'i sind nicht
die Knochen v. 3^1^, sondern allgemein: ihre Mitbürger. Auch dies zeigt, dass
V. 3^ Glosse ist. 4 Die Vergeltung für solchen Frevel ist Gottverlassenheit,
die sie dann (tS, wie nrij; Am 6 i Hos 2 12) seil, im bevorstehenden Gericht
erfahren werden: Dann werden sie %u Jahwe schreien Und er wird sie nicht
erhören^ Und er tvird vor ihnen sein Gesicht verbergen^ Dieweil sie es so
schlimm getrieben. «\'in nj;| ist, wie das Metrum zeigt, Glosse, die unnötiger-
weise t« näher bestimmen will, s. auch 2 3^T. Zu dem Jussiv nnOM vgl.
Ges.-Kautzsch2' § 109k, doch liest man besser einfach IHD^'; zum Ausdruck
vgl. Dtn 31 17 f. Jes 1 15.
6. Die Selbstsucht der falschen Propheten 3 5-8.
Von den Grossen ist Micha zu den Beamten übergegangen, nun kommt er von
diesen zu den Propheten, die auch zu den Leitern des Volkes gehören. Die Priester nennt
Micha nur nebenbei v. 11. Er ist, abgesehen von Micha ben Jimla I Eeg 22, der erste
Prophet, der gegen unwürdige Berufsgenossen auftritt; bei Jesaja erscheinen Propheten
Jes 3 2 12. Genauer lernen wir sie dann bei Jeremia kennen; doch sieht man schon bei
Micha ihre demagogische Art und ihr blindes unbegründetes Vertrauen auf Jahwes Hilfe
(vgl. V. 11). Das Wort an die Propheten umfasst, wenn wir die Einleitung v. 5^ zu
einer Strophe ergänzen, fünf Tetrasticha, die wie die drei v. 1-4 gleichschwebende Zeilen
haben, zu denen 2 11 überleitete.
5^ giebt nur eine halbe Strophe, da v. 5^ eine Strophe für sich ausmacht.
Die fehlende zweite Hälfte ersetzt aufs beste v. 2^ der in v. 1-4 überflüssig,
hier aber zum Verständnis wertvoll ist. Auch die Propheten beuten, wie die
Richter, das Volk aus; geht v. 2'^ der Strophe v. 5^ voran, so ist diese die ver-
ständliche Ausführung von v. 2^. Ich stehe daher nicht an, v. 2^ zu v. 5^ hinzu-
nehmen: So spricht Jahwe wider die Propheten, Die mein Volk irreführen,
Die ihm die Haut vom Leibe reissen Und das Fleisch von den Knochen. Zu
^VJ^V^ vgl Jes 3 12 9 14 f. Die Propheten sind Volks verführ er, sie predigen
„Wind und Lüge" (2 11) und „nach der Befriedigung oder Nichtbefriedigung
ihres Magens richtet sich ihre Weissagung, sie suchen damit ihr Brot (Am
7 12 Hes 13 19)" (Wellh.), vgl. auch was Hos 4 s von den Priestern gesagt ist.
Das wird 5^ drastisch dargelegt: Wenn sie was zu beissen haben, So verkün-
den sie Heil, Wer aber ihnen nichts in den Mund giebt. Gegen den eröffnen
sie den heiligen Krieg. D'^D^üH ist die Bedingung zu dem folgenden Perf. mit 1
consec. 0«1(J1) vgl. Ges.-Kaützsch2 7 § hgw und hat hier nicht die bildliche
Bedeutung von „wehe thun, Schaden zufügen", sondern die eigentliche, wie
der folgende Parallelsatz zeigt. HDn^p t^^^^J?, den Krieg mit den üblichen
heiligen Ceremonien beginnen (vgl. zu Jo 4 9), ist hier auf die^Privatrache
Mch3 5 279 Mch3 9
angewendet, welche die Propheten gegen ihre Gegner, die sie nicht mit Gaben
unterstützen, in scheinheiliger Entrüstung üben. Von den falschen Propheten
als vom Ausland bezahlten Agenten (Kleinert) ist hier keine Rede, so wenig
als jemals ein Jesaja der im Solde der Assyrer stehende Sprecher (Winckler
KAT3 172 f.) gewesen ist. Of., das Gericht, das die Propheten trifft^ er-
folgt in einer Katastrophe, die ihrem Prophezeien ein Ziel setzt. Darum wird
es Nacht über euch werden, dass ihr nicht schauen, Vnd Finsternis, dass ihr
nicht wahrsagen könnt, Die Sonne geht Viher den Propheten unter t nd der
Tag wird über ihnen finster. In erregtem Ausruf und direkter Anrede, die
nachher sofort wieder verlassen wird, kündet Micha den Propheten die Strafe
an: Darum Nacht euch!) ein n\'l"l nach ]D^ ist nicht in den Text einzufügen;
dagegen liest man am besten, parallel zu T&h, mit WELLir., Nowack nach
LXX r\yär\\ und Finsternis, für das Verb r\yär\\ Es ist kein Gedanke an
Nachtgesichte in diesem Ausdruck; sondern Nacht und Finsternis sind Bilder
für das Unglück, das hereinbricht, vgl. bes. Am 5 18, dann wird es den Pro-
pheten, die eine lichtvolle Zukunft weissagen, schwarz vor den Augen und geht
ihnen das Prophezeien aus. Über DpjJ vgl. zu Jes 2 6 3 2; dem Substantiv
]1tn entsprechend, wird man mit Bühl hier DDJ^, Wahrsagung, punktieren. Was
die Propheten verkünden, ist ]1tn und DDj^, nicht das klare Wort Jahwes, von
dem' Micha erfüllt ist (v. 8). 7 Die Seher werden sich schämen Und die
Wahrsager erblassen Und allesamt den Bart verhüllen. Denn Gottesbescheid
giebts nicht mehr. Zum Verhüllen des Lippenbartes als Zeichen der Be-
schämung und Trauer vgl. zu Lev 13 45 Hes 24 17 22 und s. auch meine Gesch.
der israel. Rel.^ 42. Das D^^'^^5 (statt njn;;) macht es wahrscheinlich, dass
D\n'^« n:5^D, Gottesbescheid.^em spezifisch israelitischer Ausdruck ist (Wellh.),
vgl. Am 4 11 Jo 1 15. 8 Micha im Gregensatz zu den Propheten: sie sind
inspiriert von den Gaben, die sie empfangen, ihn erfüllt der kräftige Sinn für
das, was recht ist, sie abhängig von der Befriedigung ihrer Gier, er der kraft-
volle Sprecher für Sittlichkeit und Recht. Dagegen aber ich bin voll Kraft
Und voll Recht und Stärke, Jakob seinen Frevel an%u%eigen Und Israel seine
Sünde. 7V\rri nn"n«, mit dem der Analogie widersprechenden prosaischen Tl«,
ist eine die Objekte auseinanderreissende Glosse (Wellh., Nowack), von
einem Späteren eingesetzt, um die Quelle der Kraft des Propheten zu nennen,
nä, Kraft, erfüllt den Propheten, er ist kein schwankendes Rohr; tOSC^D, das
Richtige, d. h. einen Sinnjfür Recht und Sittlichkeit, besitzt er und H^U^l,
Stärke, d. h. Energie, um im Kampf für das Recht gegen die Gegner fest zu
bleiben, fehlt ihm nicht; vgl. die Schilderung des messianischen Königs Jes
11 2-4, die vielleicht 'den Glossator zur Einsetzung von njn: nn"ns veranlasst
hat, s. meinen Comm. zu Jes 11 1-9, bes. S. 113 unter Anmerkung 2.
7. Die Strafe für;die Gottlosigkeit und Verblendung der Führer des Volles
ist der Untergang Jerusalems 3 9 12.
Zusammenfassend schliesst dieses Prophetenwort die Verkündigung des Gerichts
ab. Noch einmal erinnert es nach der aus 3 1 wiederaufgenommenen Anrede an die ver-
schiedenen Anklagen gegen die Grossen und Propheten, neben denen jetzt auch die
Mch 3 4 280 Mch 4 1
Priester erwähnt sind, und hebt besonders die Verblendung hervor, in der sie sich in
Jahwes Schutze und geborgen wähnen; um so schwerer muss die bestimmte Ankündigung
der Zerstörung Jerusalems die Verblendeten treffen. Das Wort ist fast in ganz
gutem Text überliefert und umfasst vier Tetrasticha.
9 Hört dies^ ihr Häupter Jakobs Und ihr Richter des Hauses Israel^ Die
das Recht verabscheuen Und alles Grade krumm machen. Zu v. 9^ vgl. v. i
und zu tODti^*)^ V. 8; n*"^ vor DbV" wird man nach v. i entfernen dürfen. Zu
der Verkehrung aller sittlichen Begriffe vgl. zu Jes 5 20. 10 ll^**^ Die 7Aon
mit Rlut bauen Und Jerusalem mit Frevel^ Deren Häupter für Geschenke
Recht sprechen^ Deren Priester für J^ohn Entscheid geben. L. ^i^ für HiS mit
den alten Versionen; •'ib setzt die Charakterisierung der jerusalemischen
Grossen fort. D"^)?"l nennt Micha die Vergewaltigung der Untergebenen,
die bis zum Justizmord führen kann, s. I ßeg 21 Am 5 11 Jer 22 13 und vgl.
Jes 1 15; der Zwang zum Frohndienst und die Konfiskation der Güter geben
die Arbeitskräfte und die Mittel zum Bau von Prachtpalästen. ll^'P Die
Bestechlichkeit der Richter Jerusalems (vgl. die Suffixe H — ) tadelt auch Jes
s. Jes 1 23 5 23; die Priester, die Entscheide und Weisungen zu geben haben
und von denen man Gottes Spruch erwartet (s. Mal 2 7), sind nicht besser, vgl.
Jes 28 7 f. 11«Y'^ Deren Propheten für Geld wahrsagen Und dabei sich
auf Jahwe stützen und meinen: Jahwe ist ja in unserer Mitte; Uns kann kein
Unglück treffen. Über die Propheten s. v. 5. Bei all ihrem Frevel leben
diese Führer des Volkes noch in dem Wahne, dass Jahwe sie vor Schaden
und Unglück bewahre; sie haben kein Verständnis für die Forderung von
Recht und Sittlichkeit, ihre Religion ist eine ganz andre als die eines Micha
und der wahren Propheten. Vgl. zu dieser Illusion bes. Am 3 2 9 7 5 14 Jer
5 12 7 4 8 8. 12 Darum um euretwillen Wird Zion als Feld gepflügt Und
Jerusalem wird ein Trümmerhaufe sein Und der Tempelberg %u einer be-
waldeten Höhe. L. nach Jer 26 I8, wo unser Vers citiert wird, D*^^;; für das
aram. r^>; und an beiden Orten ist für HIDS mit der LXX niDS zu lesen: Der
Tempelberg soll zu einer ödliegenden Waldbama in verwilderter Umgebung
werden, wie so manche heilige Stätte durch die Zerstörung des nördlichen
Reiches es geworden ist (Wellh.), vgl. auch Duhm zu Jer 26 1 8. So trifft
Jerusalem^ das Centrum der Sünde Judas, die verdiente Strafe und das letzte
Wort Michas greift auf sein erstes (1 5) zurück.
Zweiter Teil;
Das Heil der messianischen Zeit
Cap. 4f.
Die Kehrseite zu dem in 1 2—3 12 angekündigten Gericht bilden die hohen Ver-
heissungen einer herrlichen Zukunft in Cap. 4f. Ein Kranz der schönsten Prophezeiungen
ist in Cap. 4f. vereinigt, um den schweren Anklagen und den düsteren Drohungen das
tröstliche Bild des einstigen Jerusalems recht hell gegenüberzustellen. Da auch nicht
eines der prophetischen Worte von Cap. 4f. vor dem Exile entstanden ist^ so können wir
diese Capitel auch das nachexilische Complement zu der vorexilischen Unheilsdrohung
Mch 4 1 281 Mch 4 1
(Jap 1—3 nennen. Ähnliche Vervollständigung s. Am OS-lTj Kos 2 15''-25 14 2-10 und
sehr häufig im Buche Jes.
I. Die universale Bedeutung Zions am Ende der Tage 4 i— 5.
In absichtlichem (Jegensatz zu 3 12 ist die Prophetie 4 1-5 vorangestellt. Nicht
eine verlassene alte, in Trümmer gesunkene heilige Stätte in öder Wildnis, bloss etwa
noch aufgesucht von einem Jäger, der die Gegend durchstreift, sondern das Zentrum der
ganzen Welt, wo alle Völker Jahwe ihre Verehrung bezeugen, zu sein, ist die Bestimmung
des Tempels auf Zion. Diese Weissagung hat im AT noch einmal Aufnahme gefunden,
denn v. 1-3 stimmen ziemlich genau mit Jes 2 2-4 überein, wo sie ebenfalls das Gegenbild
zu der Drohung über Jerusalem in Jes 1 biete^;i sollen ; Mch 4 4 ist aber ohne Frage als
ursprünglicher Bestandteil dieser Prophezeiung zu betrachten, der nur aus Zufall im Buche
Jes fehlt (s. meinen Comm. zu Jes S. 26 unten). Dagegen ist v. 5 eine Zuthat wohl des
Sammlers oder Bedaktors, der 4 1-4 an Cap. 1 — 3 anfügte, s. unten die Erklärung zu 4 5.
Die Prophetie 4 1-4 ist weder ein Wort Michas noch Jesajas noch eines älteren
Propheten als diese beiden. Dass Micha Jerusalem eine herrliche Zukunft geweissagt
habe, ist durch Jer 26 18 gänzlich ausgeschlossen; dass Jesaja jemals eine solche Bedeutung
Jerusalems für alle Welt verkündigt habe, lassen seine echten Worte nicht vermuten, die
noch beim Abzug Sanheribs die Zerstörung der Stadt in Aussicht stellen, s. Jes 22 1-14.
Dass aber auch kein Früherer die Worte gesprochen, ergiebt sich aus ihrem Gedanken-
inhalt, der an Hesekiel, Deuterojesaja und die späteren Jahrhunderte erinnert; so die Ge-
danken, dass Zion und dem Tempel eine Bedeutung für alle Völker zukomme, dass die
Thoi*a als Belehrung der gesamten Menschheit dienen werde und dass die ganze Völker-
welt, von dem als Lehrer gefassten Jahwe unterrichtet, zu einem Friedensreiche werden
solle, vgl, die Parallelen Sach 8 20-23 14 16-21 Jes 60 5-12 66 23, ferner Jes 28 26 30 20f.
Ps 25 8 94 10 (alles spätere Stellen aus der Zeit nach dem Exil). In die nachexilische
Periode weisen auch Einzelheiten, z. B. die Bedeutung von ü^ip^T} n'»ini?<i3 = die messianische
Endzeit, die physische Erhöhung Jerusalems, vgl. Hes 40 2 47 Jo 4 18 Sach 14 8 10, der
Gebrauch von "?|1'n in religiösem Sinn = von Gott befohlene Lebensweise, vgl. Ps 25 4
Prv 2 8. Wie alle diese Gründe als nur auf allgemeinen Sätzen beruhend abgewiesen
werden sollen, sehe ich nicht ein. Nach alledem darf, da sich der Inhalt an Hes
und Dtjes anlehnt und gute Parallelen an Sach und Tritojes hat, als Entstehungszeit dieser
wichtigen und inhaltsreichen Prophetie rund 500 oder das 5. Jahrh. angenommen werden.
Die Prophetie umfasst fünf Vierzeiler, die sich als gute Sinneseinheiten von einander
abheben.
Zu dem ganzen Abschnitt vgl. im Comm. zu Jes S. 24 — 28, aus dem in der folgenden
Erklärung nur das Notwendigste wiederholt wird.
1% die Erhöhung des Tempelbergs und seines Tempels: Geschehen wird's
am Ende der Tage^ Festgegründet wird sein der Berg Jahwes Und das Haus
unsres Gottes auf dem höchsten der Berge Und hinausragt es über die Hügel.
Nach Jes wird ]1Di vor Ti'y\^^ gehören und beides zusammen ist als Prädikat zu
dem aus LXX Jes zu erschliessenden zweiten Subj. ^rn'^fcj n*^? zu nehmen. Der
Verf. denkt an physische Erhöhung des Tempelberges (s. oben Vorbem.) und
an die von keiner Zerstörung mehr heimgesuchte ewige Dauer des Tempels.
Die beiden Subjekte sind durch Versehen in nin;;"n*'5 "in zusammengeflossen.
Der ursprüngHche Text lautete: D^nn t^Sin U\nb« n^n^l mH"' nn n\n'' pl
Dass n'i'n] nicht genuine Fortsetzung von 3 12 sein kann, ist anerkannt; es ist
zur starren Formel geworden, die ohne Anknüpfung an Vorangehendes am An-
fang eines selbständigen Abschnittes stehen kann. 1^ 2^ (bis ^p?]), das
Herzuströmen der Völker zum Tempel Jahwes: Und Völker strömen zu ihm
Mch 4 1 282 Mch 4 5
lau (1. v'ji?!» Jes) Und viele Nationen sind auf demWege : ^^Au/\, lasst uns hinauf -
ziehen zum Berge Jahwes Und zum Hause des Gottes Jakobs}'' ^^t^^\ ist un-
nötige und prosaisch klingende Glosse. 2^ (von ^^"]1*'1 an) 2^, das Ver-
langen nach Jahwes Lehre: „7iJ;* soll uns lehren seine Wege Und wir wollen
ivandebi in seinen Pfaden; Denn von Zion geht T^ehre aus Und das Wort Jahwes
von Jerusalem.'^ Hiermit nimmt die Rede der Völker ein Ende. Das ]p in
VD'JTO ist partitiv = „das jeweils Nötige und Gefragte" (Wellh.). Bei Micha
ist Jerusalem das Zentrum der Sünde (1 5), am Ende der Tage das Zentrum
der Lehre und Weisung. In der Mitte zwischen diesen beiden Endpunkten
liegt eine reiche Geschichte: die Konzentration des Kultus in Jerusalem unter
Josia und die von Hes verheissene Erwählung Zions durch Jahwe zum blei-
benden Wohnsitz. 3^'' (bis ni1)?|)5^), Jahwe der Schiedsrichter der Völker:
Ujid richten tvird er zwischen vielen Völkerii Und Entscheid geben zahlreichen
Nationen Und sie werden umschmieden ihre Schwerter zu Pflugeisen Und ihre
lAinzenspitzen zu Winzermessern. D*'^!*! und D*^)?^?^ werden als guter Text zu
halten sein, dagegen ist pinv^lj? für den Sinn überflüssig und für das Metrum
störend. 3*^ (von \?h an) 4^, Friede und Glück auf Erden: Kein Volk er-
hebt mehr das Schwert gegen das andere Und nicht mehr erlernen sie den
Krieg. Sie sitzen ein jeder unter seinem Weinstock Und unter seinem Feigen-
bäum, von niemand gestört. Vom Friedensreich unter der Völker- und Tier-
welt sprechen auch die späten Stellen Jes 11 6-io Jo 2 20. 4^ fehlt in Jes
(s. oben), aber gehört zu dem ursprünglichen Bestände der Prophetie als posi-
tiver Abschluss zu der negativen Aussage von v. 3^'. Einen Bruch bedeutet es
nicht, dass ^^^ nicht auf das einzelne Volk, sondern den einzelnen Menschen
zu beziehen ist. Die Anwendung des sprichwörtlichen Ausdrucks auf die
gesamte Menschheit erklärt die Beibehaltung des 'ä^^ vollständig, gerade
wie I Reg 5 5, wo es sich um Juda und Israel handelt, vgl. ferner II 18 31
Sach 3 10.
4^ steht ausser dem Metrum und hebt hervor, dass die Weissagung v. 1-4
auf göttliche Offenbarung zurückgeht; es ist der Zusatz des Sammlers oder
Redaktors wie Jes 1 20, vgl. auch die sekundären Stellen Jes 40 5 58 i3f.
5, ebenfalls ein Zusatz, wie y. 4^, doch schwerlich von derselben Hand
(s. Einl. III 3). Inhaltlich entspricht er dem Zusatz zu unserer Prophetie in
Jes 2 5, formell lautet er dort als Aufforderung, hier als bestimmte Ver-
sicherung; man könnte in dieser Versicherung eine Antwort auf die dortige
Mahnung erblicken, aber die Kürze von Jes 2 5 macht es wahrscheinlich, dass
umgekehrt Mch 4 5 älter ist und in Jes 2 5 zur Erfüllung dieser Versicherung
gemahnt wird. nin;;"ati^'3, im Namen Jahwes ^ wandeln heisst soviel als: von ihm
bevollmächtigt, durch seine Autorität gedeckt, seiner Autorität folgend sein
Leben führen, der Jahwereligion gemäss die Lebensweise gestalten. Sachlich
ist es dasselbe wie T\)TV "^1«^ '?]bn Jes 2 5. Wir, sagt der Glossator, bleiben bei
der Religion Jahwes, mögen die Heiden noch so lange ihren Göttern folgen;
unser ist doch nach dieser Weissagung 4 1-4 der endliche Sieg.
Mch 4 6 283 Mch 4 8
2, Die Sammlung der Zerstreuten und die Wiederaufrichtung der früheren
Herrschaft auf Zion 4 6-8.
Niclit sicher ist, ob man v. 8 mit v. 6f. zusammuii/.ujK-hmen hat; denn ]1»^ "inn in
V. 7 macht im Grunde die Ausführung von v. 8 überflüssig, aber es könnte sehr wohl diese
Ortsbestimmung in v. 7 verfrühte (ilosse sein, zumal bei ihrer Entfernung die Gleichmässig-
keit der Zeilen gewinnt. Sicher ist auf alle Fülle, dass sowohl v. 6 f., als auch v. 8 das
Exil, die Zerstörung Jerusalems und das Ende des judäischen Reiches vorausgesetzt sind.
In letzterer Hinsicht gehören die drei Verse fraglos zusammen. Zum Inhalt vgl. 2 12 13
7 12 Zph 3 19 Hes 34 11-16. Jeder der drei Verse enthält ein Tetrastich von kurzen
Zeilen.
6 An Jenem Tage, ist Jahwes Spruch, Will ich das Ermallele sammeln
Und aufnehmen das Verstossene Und das, was ich schädigte. In der Parallel-
stelle Zph 3 19 fehlt "'nj^'in "^)^y, was aber noch kein Beweis ist, dass es auch
hier nicht zu stehen hat. Es bringt im Gegenteil den Gedanken zum Ausdruck,
dass die Verstossung Israels ins Exil von Jahwe verhängt war. Zu n|Di<
von ^ps vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 68h. nj^V-iSn hat die Form eines Sub-
stantivs, nicht eines Partizips, vgl. ebenda §84as, das feminine Geschlecht
steht häufig bei Collectiva § 122 s; mit diesem Femininum, wie mit den folgen-
den wird das exilierte Israel beschrieben. nj^V^*!! erklärt man gewöhnlich, aber
ohn6 dass es einen guten Sinn giebt, als „das Verirrte"; besser ist der Vor-
schlag von ScHULTHESS (Gött. gel. Anz. 1902, No. 9, 670), man habe arab. ^^i:>
zu vergleichen und demgemäss ,.das Erschlaffte, Ermattete", zu übersetzen.
7 Das zum Tode ermattete und kranke Israel des Exils wird zum Kern eines
zahlreichen Volkes Jahwes : Und ich mache das Ermattete %um Reste Und das
Ermüdete %um zahlreichen Volke, Und Jahwe wird König über sie Vo?i da an
bis in Ewigkeit, H'^IN*^ ist deutlicher term. techn. der ausgebildeten Eschato-
logie, hier in Parallele gesetzt mit D^üJj; ^M^ das aus ihm erwächst, vgL Hos 2 i.
Für ns^Jn^Ll? das man als denom. von HsSt = das weit Entfernte zu erklären
sucht, ist entweder mit Geätz HsSlI, das Errnüdete, oder mit Wellh. nbn^n,
das Kranke, Erschöpfte, zu lesen; beides passt zu H^V^ü. Zu jl''^ in^ vgl.
die Vorbemerkung; die Herrschaft Jahwes beginnt schon bei der Sammlung
der Exilierten und ihrem Heimzug nach Zion, vgl. 2 13. nnj^D, ton da an,
d. h. von .jenem Tage" (v. 6) an; es ist der Zeitpunkt, da die grosse Wendung
im Geschicke Israels beginnt und die Herrschaft Jahwes keine Unterbrechung
mehr erfährt.
8 Zion wird wieder wie früher der Sitz des Königtums: Und du, Herden-
turm, Hügel der Tochter Zion, Zu dir wird kommen Die frühere Herrschaft.
Ich halte die nicht übersetzten Worte, die ich zusammennehme: H^^^D HiJ^^
p'j^n'^^ nn'p = es wird das Königtum an die Tochter Jerusalem kommen, für
erklärende Randglosse, die ganz bestimmt den Sinn von v. 8 angeben wollte
und zerteilt in den Text geraten ist. Für il^^öD, das sonst nicht als stat. abs.
vorkommt, kann man HD^Dön herstellen, der Artikel ist leicht nach nSD^ schon
' T T I - - / TT
am Rande verloren gegangen. Wellh. vermutet dagegen ^iSlIli^y n^^b für die
beiden letzten Worte und Nowack stellt ausserdem nsn^l vor nD^TDö ; aber es
T T V V : - '
besagt doch nichts neues zu der früheren Herrschaft, wenn noch dasteht: und
Mch 4 8 284 Mch 4 9
es kommt an dich das Königtum über das Haus Israel. Richtig interpretiert
LXX, wenn sie statt ri^'^öD ^x ßaßoXwvo; bietet. Es ist möglich, dass ur-
sprünglich die Glosse so zu lesen war. "inj^'^^^p, Ilerdenturm^ ist Bezeich-
nung Jerusalems; da wo einst Jerusalem lag, erhebt sich jetzt ein Turm, wie
ihn Herdenbesitzer in der Wüste errichten, vgl. II Chr 26 lo und ZDPV 1893,
238 f. Dass Jerusalem noch in seiner ganzen Ausdehnung zerstört war, setzt
diese Anrede nicht voraus; nach dem parallelen ]1^?"ri3 'pDj;, „der Höhe der
salomonischen Residenz in Jerusalem" (Guthe KBW 488), ist der „Herden-
turm" auf dem Zion zu suchen.
3. Das Exil ist der Weg zur Rettung Zions 4 9 lo.
Die beiden Verse bieten der Erklärung grosse Schwierigkeiten. Sie versetzen uns
im Gegensatz zu v. 8 in die Zeit, da Jerusalem noch nicht gefallen ist, aber die Exilierung
seiner Bewohner nach Babel nahe bevorsteht. Zugleich aber trösten sie die demnächst ins
Exil AVandernden, dass dort Jahwe sie von ihren Feinden retten werde. Nach diesem In-
halt sollte man denken, dass die Verse zur Zeit Jeremias entstanden seien. Man hat sich
bei dieser Annahme nicht beruhigt, sondern selbst gemeint, die Autorschaft Michas für
diese Verse festhalten zu können. Da aber hiegegen ^IS'IV ri«nv, und du wirst nach Babel
kommen, Einsprache erhebt, weil Micha nicht die Chaldäer, sondern die Assyrer als die
Vollstrecker des Gerichtes kannte, so meinten Küenen und Nowack dieses Sätzchen als
Glosse entfernen zu dürfen. Doch diese gewaltsame Auskunft hebt erst nicht alle
Schwierigkeiten; denn dann muss man sich fragen, was sich der Autor unter der Kettung
vor den Feinden im Felde, worauf sich dann D^ bezieht, gedacht hat. Auf Hos 2 16 f. kann
man sich nicht berufen , da dort ganz andere Gedanken zum Ausdruck kommen und die
Verse erst noch recht späte sind (s. zu Hos 2 16 f.). Kommt man bei der Annahme
michanischer Herkunft für v. 9 f. in schlimmes Gedränge, so hilft in Wirklichkeit auch
das Festhalten an der Entstehungszeit unmittelbar vor dem Exil nicht aus der Not. Es
spricht sich in den Versen doch nicht die Stimmung eines Judäers aus, der mitten in den
Ereignissen lebte und die Wegführung der Jerusalemer samt der Zerstörung der Haupt-
stadt voraussah, möchte er auch die Überzeugung gehabt haben, dass dies der Weg zum
Heile Zions sei (man vgl. nur Jeremia), sondern die Stimmung eines Spätem, der von der
erfolgten Rettung aus ruhiger auf jene Unglückstage zurückblickt, auch wenn er wohl be-
greift, warum man damals jammern konnte. Dass die Verse wirklich ein solcher Rück-
blick sind, mit dem sich ein Späterer mit seinen namentlich auch von Dtjes gewonnenen
Gedanken in die Tage der Deportation der Jerusalemer versetzt, zeigt sich auch an
manchem Einzelnen: So weiss er genau, dass in Babel Jahwe Zion erlöst aus der Hand
der Feinde, d. h. dass die Eroberung Babels durch die Perser den Exilierten die Freiheit
bringt; dann ist v. 9^ offenbar Nachahmung von Jer 8 19 und endlich versteht er unter
dem "^^ö und fV'^'^ Zions Jahwe, was kaum möglich wäre, wenn noch ein israelitischer
König über Jerusalem regiert hätte. Die Verse zeigen also, wie tief sich ihr Verf. in die
Gedanken Dtjes's eingelebt hat, dass das Exil als der Durchgangspunkt zum Heile zu be-
trachten sei; sie sind darum auch erst nach Dtjes entstanden.
Metrisch bilden v. 9 f. drei kurzzeilige Tetrasticha.
9 Warum schreist du so laut? Hast du keinen König? Oder ist dein
Ratgeber verschwunden^ Dass dich Zittern ergriffen hat? nrij?, nun der Fol-
gerung, wird von dem herrühren, der v. 9 f. hier angereiht hat. Hl^l^S ist
Glosse aus v. lo. Die JFrage 'Ul "^J^öH (vgl. Jer 8 19) ist in keiner Weise
ironisch zu verstehen; sondern sie will die ganze Schwere des Schicksals zeigen,
das über Zion verhängt ist : es ist so schwer, dass es scheint, als ob Jahwe nicht
mehr der Leiter seiner Geschicke, sein König und sein Ratgeber , Versorger ^
Mch 4 9 285 Mp). 4 1 2
wäre. So scheint es, aber es ist nicht so; er ist ein „wunderbarer Rat", der
König will, dass Zion durch diese Not hindurch muss, die allerdings so gross
ist, dass das Jammern ganz natürlich erscheint, darum der Zuruf lO'^'' (bis
n"l^?) : Zittere und seiil'ze, Tochter /Jon, wie eine (iebärende; Denn nun musst
du ausziehen aus der Stadt Und auf freiem Felde lagern. Für '^ni, das, von
n^-l, herrorbrechen, resp. hervortreiben ^ abgeleitet, keinen guten Sinn giebt,
liest man am besten unter der Annahme, dass einige Buchstaben verwischt
seien, mit Grätz '^nifcjn, seufze! (Elhoest, Cheyne: ''^n, vgl. Jer 48 3i; Bühl:
''J^D, stöhne, vgl. Jes 42 14). ni'^l^? ist hier nicht zu beanstanden, vgl.
Jer 6 24 22 23; es malt den schweren Schmerz und die Krisis, durch die Zion
nny, eben jetzt (von dem in v. 9 f. eingenommenen Standpunkt ausgesagt) hin-
durch muss. np^p und H*]*^ sind Gegensätze, das erste == die Stadt, in der
man geborgen, das zweite = das freie Feld, auf dem man aller Unbill der Wit-
terung, sowie den Angriffen der Tiere und Räuber ausgesetzt ist. 10''
(von Hfc^D^ a,uch Hi^ni punktiert, vgl. Ges.-Kautzsch^? § lOk 76g, an) Du musst
bis Babel gelangen, Dort wirst du gerettet, Dort erlöst dich Jahwe Aus der
Hand deiner Feinde, In Babel wendet sich die Krisis zum Guten, so ist es der
Wille deines Königs und Versorgers.
4. Die Versammlung und Vernichtung der Völker vor Jerusalem 4 ii-is.
Die Verse 11-13 sind das Gegenbild von v. 9 f. Die Belagerung Jerusalems in der
Endzeit bringt Zion nicht das Exil, sondern den vollständigen endgiltigen Sieg und die
gänzliche Vernichtung der Feinde. Micha hat 3 12 ganz anderes geweissagt; unsere Verse
gehen aber auch nicht auf ein historisches Ereignis im Verlauf der Geschichte, sondern
auf das Ereignis am Ende der Tage, da die Völker gegen Zion sich erheben und dorthin
sich sammeln — um dem Vernichtungsgericht anheimzufallen. Seit Hesekiel gehört diese
Erwartung zu den festen Elementen der jüdischen Eschatologie, vgl. Hes 38 f. Jo 4 Sach
9 14-16 12 1-9 Dan 11 45, sowie auch Jes 10 12 12 24-27 17 12-14 41 11-16 66 6. Der Ab-
schnitt stammt somit aus der nachhesekielischen Zeit. Metrisch lassen sich drei
Tetrasticha und ein Distichon unterscheiden, wobei es fraglich bleibt, ob ein zweites
Distichon am Ende verloren ist, das auch die vierte Strophe zum Vierzeiler auffüllte.
11 Die Sammlung der Heiden vor Jerusalem: Und nun sind versammelt
wider dich Viele Völker, Die da sprechen: sie werde entweiht, dass sich weiden
Unsere Augen an Zion. Mit nriJJ versetzt sich der Autor in den Zeitpunkt der
Ereignisse, die er schildert; es geht auf die Zukunft = einst. Für ^5nri,
das „durch Gottlosigkeit entweiht werden" bedeutet, also hier aus dem Sinne
des Autors gesprochen zu denken ist, liest Wellh. das sehr unsichere ^HD^^,
das er als „geschleift werden" versteht, s. zu Jer 46 15. Zu njn mit 3,
= Schadenfreude haben, vgl. Ob y. 12 f.; das Femin. Sing, (statt des gewöhn-
lichen Plur.) des Prädikats bei dem Dual des Subjekts ist bemerkenswert, s.
Ges.-Kaützsch27 § 145 n. 12 Der den Heiden unbekannte Plan Jahwes:
Aber sie haben keine Kenntnis Von den Gedanken Jahwes, Verstehen seinen
Plan nicht, Dass er sie wie Garben zur Tenne gesammelt. Vgl. Jes 55 8 f.
13 Aufforderung an Zion, die Heiden zu vernichten (sechs Zeilen s. Vorbem.):
Auf und drisch, Tochter Zion; Denn ich mache dein Hörn eisern Und mache
deine Hufe ehern, Dass du viele Völker zermalmst Und dass du ihren Raub
Meli 4 12 286 Mcb 5 l
Jahwe iveihst Und ihr Gut dem Herrn der (jan%en Erde. Zu dem Dreschen als
Bild der Besiegung und Vernichtung der Feinde vgl. Ana 1 3, bes. aber die
parallele Stelle Jes 41 15; zu der Imperativform "^^V\ mit ö vgl. Ges.-Kautzsch^^
§ 72 q, zu der Schreibung '•r^D'inni statt ''rin — (2. pers. fem. sing.) § 44h. Die
Beute, die die Sieger an dem von den Völkern zusammengerafften Raub DJ^^?
und an ihrem sonstigen Gute Db'^H machen, sollen sie Jahwe bannen, d. h. weihen
durch Verbrennung der verbrennbaren Stoffe und durch Verbringung der Me-
talle in den Tempelschatz, vgh Dtn 7 25 f. Jos 6 i8 24. Herr der ganzen
Well heisst Jahwe nicht vor dem Exil, vgl Jos 3 ii 13 Sach 4 14 6 5 Ps 97 5.
5. Aufforderung an Zion, über die bevorstehende Eroberung Jerusalems
zu trauern 4 i4,
AVieder mit T\p:^ eingeleitet, ist der Vierzeiler, v. 14, eine genaue Parallele zu v. 10,
ohne dass hier wie dort an die schliessliche Erlösung erinnert wäre. Man könnte daran
denken v. 14 zwischen v. 9 und v. 10 einzuschieben; aber v. 14 ist dort nicht nötig und
sieht mehr wie eine Parallele als wie eine Ergänzung von v. 10 aus. Daher wird v. 14 als
ein Fragment aus einer Dichtung zu betrachten sein, die, wie v. 9f., eine Belagerung Je-
rusalems zum Gegenstand hatte. Welche Belagerung gemeint ist, lässt sich nicht sagen;
es könnte am Ende die Sanheribs zur Zeit Michas, aber ebensogut die Nebukadnezars sein,
wie V. 9 f., oder irgend eine noch spätere, jedoch nicht die am Ende der Tage, die einen
ganz anderen Ausgang nimmt, vgl. v. 11-13. Der Vers wird am einfachsten als Randzitat
zu V. 10 aus einem Gedicht über die Belagerung Zions durch die Chaldäer angesehen.
14 Nun %erkrat%e dich schmerzlich, Einen Belagerungswall haben sie
gegen uns errichtet, Mit dem Stock werden sie auf die Wange schlagen Den
Richter Israels, Das unverständliche l^irn?, das man als „Tochter des An-
griffs = belagert" zu erklären sucht, hat Wellh. glücklich emendiert, indem
er mit dem vorangehenden Verb zusammen "^l^änn ^länn oder umgekehrt liest,
also: zerkratze dich in schmerzlichster Trauer, vgl. Dtn 14 i Lev 19 28 21 5
Jer 16 6 41 5 47 5. Für D'^ liest man am besten mit Nowack, entsprechend
^T, den Plural -iD^. Backenstreiche sind eine grobe Insulte s. I Reg 22 24
Hi 16 10 Mt 26 67. DSfe^ =- König, wie Am 2 3, hier gebraucht wegen der
Paronomasie mit tODti^.
6. Die Weissagung von dem künftigen messianischen Herrscher aus Davids
Stamm 5 i— 5.
Die Prophezeiung von dem messianischen König der Zukunft ist so wenig im
8. Jahrh. entstanden, wie die messianischen Weissagungen Jes 9 1-6 und 11 1-9 (vgl. zu
diesen Stellen meinen Comm.). Hier sieht man so deutlich wie möglich, dass für den
Autor der Prophetie das Haus Davids nicht mehr regiert; sonst könnte er nicht sagen,
dass aus Bethlehem der Herrscher hervorgehen soll, wie schon einmal in den Tagen der
Urzeit. Nur für die nachexilische Gemeinde sind Davids Tage Tage der Urzeit und erst
als der Thron Davids in Jerusalem nicht mehr existierte, konnte man den neuen Davididen
aus Bethlehem erwarten. Vgl. schon Stade ZATW 1881, 168.
Die Prophetie v. 1-5 ist aber nicht einheitlich. Der Zusammenhang zwischen v. 1 ^
und V. 3 ist durch das Einschiebsel von v. 2 unterbrochen (s. zu v. 2), und die Verse 4f.
sind eine späte Ergänzung, die als die Feinde Israels die Syrer des 3. und 2. Jahrh. kennt
(s. zu V. 4 f.). Der ältere Teil v. 1 3 kann ungefähr zur selben Zeit entstanden sein, wie
seine Parallelen Jes 9 1-6 11 1-9, also um 500 v. Chr. ^^B
Mch 5 1 2R7 Mol, 5 2
Metrisch bilden v. J und v. 3 zusarninen einen Zehnzeiler und eljenso machen v. 4 und
V. 5 zehn Zeilen aus, die sich aber in zwei fÜnfzeilige Strophen gruppien^n lassen. Dagegen
ist der eingeschobene v. 2 prosaisch.
1 DieHerkunft des messiauisclien Königs ausBcthlehoTn (6 Zeilen): Und
du, Bctli Ephratha, Du kleinster unter Judas Gauen^ Aus dir sott mir her vor-
ijehen. Der Herrscher i'dter Israel wird. Dessen Herkunft ist aus der Vorzeit, Aus
den Tagen der Vergangenheit. Zu lesen ist der Anfang ^^V.^T] nn";D« n"^n nnsi
m^TV ^^b\^^. Nach LXX x7.l at) HtiiIXssul oIxo; Avs^fjOiUa zu schlicssen, ist näm-
lieh ByjöXs£|x erst später eingefügt als Erklärung zu dem ursprünglicheren
olxo; 'Ecppocöa, die dann verstümmelt auch in den hebr. Text Aufnahme fand
(so RooRDA, Wellh. u. a.). Dann ist ferner mit HiTzia u. a. TJ^^n mit Artikel
zu lesen, da es noch zur Anrede gehört und nicht Prädikat ist, und rwrh als
durch Versehen aus dem Folgenden eingedrungen zu betrachten, also zu ent-
fernen. Das n von I^V^H kann man vom Schluss von ^n'^D^^ herübernehmen
oder, da nniDS auch Gen 48 7 statt ^1D^|: zu lesen sein wird (s. das dort folgende
n), also auch hier notwendig ist, als durch Haplographie verloren ansehen.
Die Zweifel an der Richtigkeit der Identifikation von ßeth Ephrata mit
Bethlehem sind unbegründet, man vgl. die Parallele von nrilö«, der Landschaft,
und Unh n*^?, der darin gelegenen Ortschaft, Et 4 ii, ferner I Sam 17 12 Rt 1 2,
sowie den jetzigen Text Gen 48 7: ünh n^n ^^\n rilDlS?, der, auch wenn eine
Glosse darin steckt, gerade so für die Gleichung von Beth Ephrata = Beth-
lehem zeugt, wie der Zusatz in LXX zu Jos 15 59: 'Ecppa&a, ovjzr^ sail BaiÖAssjx.
Darum sind auch die Schlüsse gänzlich hinfällig, die man daraus hat ziehen
w^ollen, z. B. dass der Prophet die Verdrängung der davidischen Dynastie
durch eine von Saul (aus Ephrat in Benjamin) sich herleitende weissage
(Oort); übrigens spricht dagegen schon deutlich genug das Juda in TJ?^n
rn^irr^ •'Sb^^S. "h, mir, kann sich nur auf Jahwe beziehen, trotzdem nachher
in Y. 3 T^^JT in 3. pers. erscheint; es hebt hervor, dass das Kommen des Herr-
schers der Erfüllung von Gottes Willen dienen wird. Das Subj. zu i^?^ ist der
Sache nach ^^*1D T\^'^Th (Nowack). Zu v. 1^ vgl. die Vorbemerkung; zu der
Verheissung eines neuen David vgl. Hes 34 23f. 37 24 Hos 3 5.
2, ein prosaisches Einschiebsel (Duioi zu Jes 7 i4, Wellh., Nowack), als
sekundär erwiesen durch den W^echsel des Subjekts (DiPl gegen ^h v. 1) und
durch seinen Inhalt, der sich an den allgemeinen Gedanken von v. 1 und von
V. 3, an die Weissagung vom Kommen des Messias, hält, aber auf die besondere
Form, in welcher sie v. 1 auftritt, keine Rücksicht nimmt. Kommt der mäch-
tige Herrscher erst in der Zukunft, dann also (JD^, darum) sind die Israeliten
bis zu seinem Kommen dahingegeben seil, in die Macht der Fremden. Den
Zeitpunkt des Kommens des Messias bezeichnet der Interpolatpr mit dem
Moment, da eine Gebärerin geboren hat; damit spielt er auf Jes 7 u an und
zeigt, dass er die Stelle von Immanuel messianisch verstanden hat (vgl. zu
Jes 7 14). Auch in v. 2'' werden „geheimnisvolle Andeutungen, mit lite-
rarischen Beziehungen-' liegen (Wellh.); ]^:iW\ YT\^ in; wird dem n^tr; 1«^
Jes's entsprechen, ist hier aber in physischem Sinne gemeint von der Wieder-
Vereinigung aller Israeliten, der Judäer und der Überbleibsel des Nordreichs,
Mch 5 2 288 Mch 5 4
Vgl. Hos 2 2 3 5. b)l ist bt} zu schreiben, oder doch so zu verstehen; das
Subj. zu D^n^ kann nur Jahwe sein und das Suffix D-^- geht auf die Israeliten,
mit dem Suffix in VH« dagegen muss der Messias gemeint sein. Auch diese
Sorglosigkeit in Hinsicht auf die Bestimmtheit ist ein Zeichen des Epitomators,
der mit seinem Einschub an bekannte Vorstellungen erinnern will.
3 setzt V. 1 fort mit der Schilderung der kraftvollen und glücklichen
Herrschaft des Messias (vier Zeilen): Und er tritt auf und weidet in der Kraft
Jahives, In dem hohen Namen Jahwes, seines Gottes, Und sie wohnen sicher;
denn nun ist er gross Bis an die Enden der Erde, Der hohe majestätische
Name ist parallel und synonym mit der Kraft Jahwes; der neue David regiert
in Jahwes Namen als sein mit Kraft ausgerüsteter Stellvertreter. niJJ^, nun,
reicht seine Macht bis ans Ende der Erde (vgl. Ps 2 8 72 8), seine Unterthanen
können daher wohnen d. h. sicher und ungestört wohnen; D^J hat hier den Sinn
von vm 1^\ Vgl. Jes 9 6 11 6-9.
4 5, ein späterer Anhang: die Abwehr und Besiegung der „Assyrer".
Die Verse stammen nicht von dem Autor der "Weissagung des neuen David; denn dieser
ist in V. 4 f. gänzlich vergessen. Nach v. 3 reicht seine Macht bis ans Ende der AVeit, in
V. 4 f. sind Einfälle der „Assyrer" vorausgesetzt und nicht der Messias ist es, der das Land
vor denselben rettet, sondern sieben, acht Fürsten und diese sind erst nicht vom Messias
dem Eeinde entgegengestellt, sondern von der Gesamtheit („wir" vgl. ^ibj^ni v. 4). Die Er-
gänzung, welche diese Verse zu v. 1 3 bilden, denkt nicht zurück an die „vielen Völker"
von 4 11, sondern wohl an die Kämpfe der Makkabäer gegen die Syrer und sagt: Sollte
dann in der Zeit des Messias den „Assyrern" es einfallen, den Frieden stören zu wollen,
so werden, wie in der Makkabäerzeit, Führer vorhanden sein, den Frieden sicher zu stellen
durch Besiegung der Feinde. „Assur" ist hier = Syrien, wie Jes 19 23 27 13 30 31 etc.,
vgl. m. Bemerkung im Comm. zu Jes 10 20-23 S. 106 f., s. auch Stade ZATW 1882, 291 f.
Nach dieser Auffassung fallt die Entstehung von v. 4 f. in die zweite Hälfte des 2. Jahrh,
V. Chr., etwa in die Zeit Simons, des sechsten in der Reihe der makkabäischen Fürsten,
unter dessen Regierung eine Periode des Friedens und Glückes einkehrte (I Mak 14 4-15),
deren Störung durch die Syrer unter der Führung Judas und Johannes, zweier Söhne
Simons, des siebenten und des achten Hirten, kräftig abgewiesen wurde (IMak 16 1-10),
vgl. zu V. 4. Ein Seitenstück zu diesem Anhang bildet Ps 110.
4, die Aufstellung von sieben, acht Führern gegen die „Assyrer'' (der
erste Fünfzeiler): Und es wird solcher Art Friede sein: Fällt Assur in unser
Land Und betritt es unsern Boden 1. nach LXX ^inD^^^S für ^liTHiD'iS^, So
Stellen wir ihm sieben Hirten entgegen Und acht Fürsten unter den Menschen,
Dl^ti^ nt iTHI ist nicht mit dem Vorhergehenden zu verbinden und zu übersetzen:
und dieser wird Friede sein. Da der Messias vorher Subjekt ist, brauchte er,
wenn er es bleiben sollte, nicht neu eingeführt zu werden, und nt, ein solcher,
wäre erst noch eine sehr sonderbare Wiederaufnahme des vorher nach Her-
kunft und Thätigkeit genau bestimmten Messias. HJ ist vielmehr prädikativ
und auf das Folgende hinweisend zu verstehen: und auf folgende Art wird
Friede werden, nämlich dadurch, dass „Assur" überwunden wird. Zu
5i:ib|?ni, wofür bei Entstehung von v. i-5 aus einem Gusse D^'pni, = und er (der
Messias) wird aufstellen, stehen müsste, s. die Vorbemerkung. Hirt ist
s. V. a. Führer, Begent, wie nj^l = regieren, vgl. homerisches ttoiijlsvsc Xad)v
und bes. Hes 34 und Sach 11; zu Dl« ''?''P4, etwa = exemplarische Fürsten,
vgl. Ges.-Kautzsch27 § 1281. Die heilige Zahl sieben wird im folgenden Stichos
Mch 5 4 289 Meli 5 8
durch acht üborhoteii, v^l. /u Am Iß; es soll nicht an den nötigen Führern
fehlen, miin denke au Mattathias, seine fünf Sohne und seine Enkel, an Judas
und Johannes (Hyrkanus). 5, die Besiegung ,,Ässurs" (der zweite Fünf-
zeiler): Die werden das Land Assnr toeiden mit dem Schwert Und das Land
Nimrods mit f/ezlicktent Degen Und sie werden uns retten vor Assur, Wenn es
ein/'ällt in unser Land Und unser Gebiet betritt. Für h^^T\ ist dem ^lyi ent-
sprechend der Plural l^'^^n, wahrscheinlich mit Suff. ^:i^^^2Jn, zu lesen. rr^nriD
ist unsicher; das Suff, scheint sich auf ^"IH zu beziehen, aber nriD, = Klinge,
Schneide, ist nicht erwiesen. Vielleicht ist ninns oder iTriinnD = gezückte
Schwerter oder seine (des Schwertes) Klingen zu lesen, vgl. Ps 55 22. Das
Land Nimrods soll nur andere Bezeichnung für Assur sein, vgl. Gen 10 8-11.
Jedenfalls spricht sich auch in dieser Bezeichnung, wie im ganzen Inhalt von
V. 4f. ein kriegerisches Selbstgefühl aus, das sehr wohl in die Zeit nach den
grossen Erfolgen der Makkabäer gegen die Syrer passt.
7. Der von Jahwe wunderbar gesegnete Rest Jakobs, der Sieger über die
Völker 5 6—8.
Die Verse 6-8 sind eine Parallele, darum nicht die Fortsetzung zu v. 4 f. Sie atmen
dasselbe Hochgefülil und Selbstbewusstsein, wie v. 4 f., und sind deshalb auch am besten
als in derselben Periode entstanden zu betrachten. Dieses Selbstbewusstsein ist belebt
durch die Erfolge und Siege der Makkabäer, die mit aller Macht die Hoffnung auf die Er-
füllung der Weissagungen der Propheten den Erommen nahelegen mussten, vgl. z. B.
Jes 49 25 f. 60 22. Die beiden ersten Verse sind einander ähnlich gebaute Sechszeiler und
V. 8 schliesst die Prophetie ab mit einem triumphierenden Distichon.
6, die wunderbare Vermehrung des Restes Jakobs: Uiid es wird sein der
Rest Jakobs Inmitten der Völkermenge Wie Tau von Jahwe, Wie Regen auf
das Gras, Der nicht wallten muss auf Menschen Noch harren auf Menschen-
kinder. Vielleicht ist mit LXX, Pesch. nach y. 7 am Ende der ersten Zeile ein-
zusetzen: DMH?, unter den Nationen. Der Anfang lässt vermuten, dass der
Rest (s. 4 7) Jakobs als Segen unter den Völkern mit dem erquickenden Tau
und Regen verglichen werde, etwa wie Jes 19 24f.; aber v. 6^ zeigt, dass die
Vergleichung auf anderes in der Erscheinung des Taus und Regens reflektiert,
auf seine Entstehung ohne Zuthun von Menschenhand. So gleicht der Rest
den Millionen von Tau- und Regentropfen am Grase; er entsteht unter den
Völkern in wunderbarer Menge durch Gottes That, vgl. 4 i Hos 2 i. Die Ein-
fügung von 'pj; vor nnsti^ (Encycl. Bibl. I, 1095f.) ist unnötig; das Pasek deutet
eher auf das Fehlen von DM:15 in dem Stiches hin. 7, die siegreiche Macht
des Restes unter den Völkern. Der Anfang lautet wie v. 6; die Vergleichung
ist hier ohne weiteres verständlich: Wie ein Löwe unter den Tieren der Wildnis,
Wie ein Leu unter den Schafherden, Der, wenn er darüber kommt, nieder-
schlägt Und %erreisst, ohne dass jemand retten kann. 8 Der jubelnde
Triumph über die Überwindung der Feinde in direkter Anrede an Israel, nicht
als Wunsch (D'iri), sondern als feste Überzeugung (onP) zu lesen: Hoch ist
deine Hand über deine Widersacher Und all deine Feinde iverden vertilgt.
"1\ DHP, hoch ist die Hand, bedeutet: sie triumphiert, vgl. Dtn 32 27 Jes 26 11
Kurzer HC zum AT XIIJ 19
Mch 5 8 290 Mch 5 \S
und HDn T2 Ex 14 8. Zum Inhalt vd. Jes 60 12 Sacli 14 17-19 und die ver-
T T T : o
wandte Stimmung Ps 149 6.
8. Die Vernichtung des Kriegsmaterials und des heidnisclien Kultusapparates
im Endgericht 5 9-14.
Wellh. und NowACK halten dafür, „dieses Stück, welches die Baraoth selber unan-
getastet lässt und sich nur gegen ihren Zubehör wendet, könnte, mit Ausnahme allerdings
von V. 14, sehr gut dem Micha zugesprochen werden." Aber diese Ansicht ist unrichtig.
Denn einmal sind Äschere und Masseba noch nicht von Hosea und Jesaja, sondern erst
vom Dtn direkt bekämpft und deshalb auch nicht durch die Reform Hiskias beseitigt
worden (so schon Stade ZATW 1883, 8 — 16). Dann aber hat das argumentum e silentio,
dass nämlich die Bamoth nicht erwähnt werden, hier keine Bedeutung; denn wenn der
ganze heidnische Kultusapparat zerstört ist, verlieren die Höhen ihren Wert und ausserdem
können sie deshalb nicht genannt sein, weil sie durch die Reform Josias und das Exil als end-
gültig verwüstet und abgeschafft galten. Endlich führt in eine späte Zeit die Kombination von
Kriegsmaterial und Götzenapparat in dieser reichhaltigen Aufzählung und darunter haupt-
sächlich die Erwähnung der Burgen, deren es besonders in der Makkabäerzeit viele im Lande
gab (man denke an Bethzura und Akra und vgl. Ps 18 46 31 3 Mch 7 17), sowie die Zusammen-
stellung von Pesilim und Masseben. Auch Jesaja hat Ross und Wagen mit den Gottesbildern
verbunden (Jes 2 7 f.), beide als Zeichen des Reichtums fassend ; hier sind sie Zeichen des Ab-
falls von Gott und müssen darum vernichtet werden. Im letzten Grund geht zwar auch diese
Deutung auf Jesaja zurück, denn das Vertrauen auf Rosse und Kriegsmaterial bekundet Un-
glauben (vgl. Jes 30 16 31 1); aber deshalb die Ausrottung der Rosse zu verlangen, ist ihm
nicht eingefallen. An Götzenbildern und dergleichen darf man keinen Anstoss nehmen,
die kamen in später Zeit in Israel immer noch vor, vgl. zu Jes 30 22, gerade wie Ascheren
und Masseben, vgl. Jes 27 9 (s. auch unten die Erklärung). Der Schluss auf späte Her-
kunft des Abschnitts wird bestätigt sowohl durch Parallelen, die gleicherweise einer späten
Zeit angehören (vgl. bes. Hos 14 4, wo Rosse und Götzendienst wie hier neben einander
als Sünde verworfen werden, ferner Hos 2 20 8 14), als auch durch die ganze Art der Verse
9-14, die durchaus den Eindruck einer schriftgelehrten Arbeit, nicht den einer originalen
Prophetie machen. Sieht man von der Einleitungsformel ab, so folgen v. 9^»^-13 fünf
Disticha, von denen zwei die Ausrottung des Kriegsmaterials, drei die Vernichtung des
Götzenapparates betreffen, und den Schluss macht in v. 14, den man als sechstes Distichon
betrachten kann, die Ankündigung der Rache an den Heiden.
9 Zu den Bossen und Wagen als Kriegsmaterial vgl. Jes 2 ? 30 16 31 i
Dtn 17 16 20 1 Sach 9 lo Hos 14 4. 10 Zu den festen Städten des Landes
und den Burgen vgl. Mch 7 17 Hos 8 14 Ps 18 46 31 3. 11 D'D^*3, Zauber-
mittel y ist ein allgemeiner Ausdruck für verschiedene Manipulationen der
Zauberei, vgl. II Reg 9 22 Na 3 4 Jes 47 9 12. über die D'^i^l^D vgl. zu
Jes 2 6. 12 ^^pö, Schnit%bildy Gottesbild ^ wird erwähnt Hos 11 2, dann
vom Dtn verboten Dtn 7 25, kommt aber auch nachher noch vor, vgl. Jes 30 22.
Die Zusammenstellung der Masseben mit den Bildern^ sowie die Paralleli-
sierung mit Weik von Menschenhand^ was die alten Masseben in keiner Weise
waren, zeigt, dass der Autor von ihrer ursprünglichen Bedeutung keine Vor-
stellung mehr hat, vgl. zu Hos 3 5 Dtn 7 5 12 3, sondern sie auch als Abbil-
dungen der Gottheit fasst. Ahnlich scheint er über die Ascheren (s. ebenfalls
zu Dtn 12 3, ferner die späten Stellen Jes 17 8 27 9) 13 zu urteilen, da er v. 13^
mit ihnen die Göt%e7i in Parallele setzt; für die hier gänzlich unpassenden
Städte y ^"'^JJ^, ist nämlich mit Steiner u. a. ^'^?!??^, deine Götzen^ zu lesen, vgl.
IlChr 24i8, wo ebenso unpassend Ascheren und Götzen in einer Linie er-
Mch 5 14 291 Mch G i
scheinen. 14 Wird aus Tsrjicl idler (JcHzcnapparat ausgerottet, so ver-
dienen erst recht den Zorn und die Rache Gottes die Menden, die nicht hören,
nämlich im Ungehorsam gegen Jahwe Götzendiener hliehen. Die; Heiden
sollten an der Verherrlichung Israels und an dem Weltgericht Jahwe als den
wahren Gott anerkennen; thun sie das nicht, so trifft sie Vernichtung, vgl.
Jes 60 12 Sach 14 17-19. Das ist das ceterum censeo des späteren fanatischen
Judentums über das Heidentum, s. auch v. 8.
Dritter Teil ;
Das Ausbleiben des Heils wegen der Verderbtheit Israels und
das Gebet der Gemeinde um Gottes Gnade
Cap. 6 f.
Vier besondere Stücke sind es, die diesen letzten Teil des Buches Mch ausmachen.
Das erste Stück 6 1-8, das in prägnanter Form der Religionsauffassung des Volkes die
humanen sittlichen Forderungen der Religion der Propheten entgegenstellt, bildet den
Kern der beiden Capitel. Daran reihen sich das zweite und dritte Stück, 6 9-16 und 7 1-6,
mit ihrer Klage über die Ungerechtigkeit und die Verderbnis des Volkes und den Schluss
bildet das vierte, aus zwei Psalmen zusammengesetzte Stück, 7 7-20: das Gebet der Ge-
meinde, die ihre Schuld erkennt und die Gerechtigkeit der Strafe, die sie erduldet, einsieht,
darum auch um Gnade fleht und voll Vertrauen ist, dass Gott seine "Weissagungen er-
füllen werde.
f. Die Forderungen, die Jahwe an seine Bekenner stellt, 6 i— 8.
Wie 6 1-8 den Grundstock und Ausgangspunkt für Cap. 6 f. bildet, so sind wiederum
die Verse 6-8 der Kern dieses Stückes; denn v. 1-8 ist nicht aus einem Gusse entstanden.
Der Anfang lautet so, dass man einen Rechtsstreit zwischen Jahwe und seinem Volke er-
w^artet, das Volk wird direkt angeredet, Jahwe hält ihm seine AVohlthaten vor und fordert
es auf, ihm zu sagen, wodurch er ihm überdrüssig geworden sei. Statt der Antwort folgt
V. 6-8 eine Frage an den Propheten und dessen Antwort auf dieselbe und zwar ist diese
nicht ar das Volk, sondern an den Mensch gerichtet. Dieser Bruch zwischen v. 1-5 und
V. 6-8 ist so auffallend, dass man annehmen muss, v. 1-5 sei erst nachträglich als Ein-
führung den Versen 6-8 vorgesetzt worden. Diese Einführung erscheint auch abgesehen
davon, dass sie das Zwiegespräch in den Rahmen eines Rechtsstreites einspannt, eher nach-
lässig, wenn man v. 5 als ursprünglichen Bestandteil derselben ansieht; denn sie Hesse
Jahwe in eigener Rede von sich in dritter Person sprechen, vgl. ^t^V zu Anfang und 7\)7}l
zu Ende von v. 5. Doch ist wohl diese geschichtliche Notiz v. 5, wie die gleichartige v. 4^,
eine Einfügung von dritter Hand, sodass in v. 1-8 folgende Bestandteile zu unter-
scheiden sind:
1) V. 6-8, der Kern: die Pflichten des rechten Jahwebekenners ;
2) V. 1-4% die Einleitung zu dem Kern, beigegeben von dem Redaktor des ganzen
Buches, vgl. Einl. III 3 S. 264; und
3) V. 4^^ 5, der Hinweis auf die Sendung Moses, Aarons und Mirjams und auf die
Geschichte Bileams, eingefügt von einem, dem der Übergang von v. 4^ auf v. 6 zu unver-
mittelt und die Wohlthat Gottes in der Erlösung aus Ägypten zu wenig exponiert vorkam.
Die Einleitung, wie der Kern ist in je drei Vierzeilern abgefasst; dagegen ist in der
Einfügung v. 4^ 5 schwerlich ein rhythmisches Metrum zu finden.
Wichtig ist die Frage der Herkunft von v. 6-8. Man denkt seit Ewald wegen der
Erwähnung des Opfers der menschlichen Erstgeburt an die Zeit der Regierung Manasses,
19*
Meli 6 1 ^92 Mch 6 4
da dieser einen seiner Sölme opferte 11 Reg 21 6 und erst die Propheten Jeremia und
Hesekiel deutlich gegen die Sitte des Kinderopfers auftraten, vgl. Jer 7 31 19 5 lies 20 26.
doch s. schon Hos 13 2 (6 10 9 13 16). So hat man die Möglichkeit gewonnen, die Verse
auf Micha selber zurückzuführen. Aber diese Annahme lässt sich schwerlich halten. Nicht
juir sind „Ton und Darstellung andere als in Cap. 1-3" und „ist namentlich die weiche
gemütvolle Art, die hier zum Durchbruch kommt, jenen Capiteln ganz fremd" (Nowack),
sondern es sprechen gewichtige Anzeichen auch gegen die Herkunft der Verse aus der Re-
gierungszeit Manasses und aus der vorexilischen Periode überhaupt. Die Bezeichnung
Jahwes als des Gottes der Höhe, D"t"itt ^^^^, ist ein Äquivalent von D";toU^n ^^'b^f, das eben-
falls ein später Ausdruck ist, vgl. Jon 1 9, und hebt die Transcendenz Gottes hervor, von
welcher gerade die Späteren sprechen, vgl. Jes 33 5 57 15. So ist auch in den Psalmen
z. B. 92 9 93 4 102 20 148 1 nnö für D^tt^ beliebt, vgl. ferner Jes 58 4 und Jer 25 30, die
älteste Stelle für diesen Gebrauch. Ebenso ist beachtenswert, dass die Antwort v. 8 sich
nicht an das Volk, sondern an den Menschen, D"i«, richtet; darin darf doch wohl eine An-
deutung gefunden werden, dass nicht mehr das Volk als Subjekt der Religion betrachtet
wurd, sondern das Individuum und zugleich nicht das jüdische Individuum allein. Somit
weist auch dieser Ausdruck in eine Periode nach Jeremia. Endlich ist es wichtig, dass
das Verb 5?i^ in der älteren Litteratur sich nicht findet, sondern ausser hier nur im Partie.
pass. S?U^ Prv 11 2 vorkommt, während es in den Fragmenten des hebr. JSir ein paarmal
auftritt, so in derselben Form und fast derselben Bedeutung wie hier z. B. JSir 16 25 yi^ni
= in Bescheidenheit. Gegeninstanzen liegen in den Versen keine vor. Das Kindesopfer
ist wie die Ströme von Ol als höchste Gabe, die schon dargebracht worden ist und eventuell
an die Gottheit auch jetzt zu leisten wäre, aber nicht als in der Gegenwart übliche ge-
nannt, eine Steigerung ins Unerhörte und Ungemessene, wie bei Dtjes 40 16. Dann be-
kundet auch ein Maleachi, wenn schon in anderer Weise, eine ähnliche Weitherzigkeit, vgl.
Mal 1 10 f., und ebenso fehlen in den Psalmen Stimmen nicht, die das Urteil von Mch 6 6-8
über den Kultus teilen, vgl. Ps 40 7 9 50 8-14. Darum wird die Entstehung dieser Verse
in die Zeit nach dem Exil fallen, vielleicht ins fünfte Jahrhundert, als ein herrliches
Denkmal dafür, dass auch der durch das Gesetz disziplinierten Religionsauffassung des
Volkes gegenüber die geistige und sittliche Auffassung der Propheten ihre Fürsprecher
hatte. Wir werden den Autor dieser drei Verse mit allem Rechte nicht nur neben die
Verfasser von Ruth und Jona, sondern auch neben den Dichter des Hiob stellen.
1—4% die sekundäre Einleitung zu v. 6-8, s. die Vorbemerkung. 1 Mit
LXX hat man D^inn"'?i5 statt 'H'ri« zu lesen (vgl. die umgekehrte Verwechslung
in LXX Hos 12 5), vielleicht auch "l^'^H vor 1!|^>< einzusetzen und IDtJ zu punk-
tieren: Hört doch das Wort, Das Jahwe gesprocheyi: Auf, führe den Streit vor
den Bergen^ Und die Hügel sollen deine Stimme hören. TaVl dem Aufruf einer
solchen Corona vgl. Jes 1 2. 2 Hört, Berge^ den Bechtsstreit Jahwes Und
merket auf^ Grundfesten der Erde! Denn einen Bechtsstreit hat Jahwe mit
seinem Volk Und mit Israel geht er ins Gericht, Für D^'iritiin, das als Adjektiv
hinter ]>*l« ''"[Db stehen sollte und als Substantiv sonst nur von perennierenden
Bächen gebraucht wird, ist mit Wellh. '^l'^\)^T\ zu lesen; ö stammt aus falscher
Dittographie des folgenden. Die p« H?^ müssen auch die Berge sein, die
mit ihren Wurzeln die Erde im Meere festigen und stützen. Zu v. 2^
vgl. Jes 3 isf. 3 4^ Mein Volk, was habe ich dir gethan Und womit
dich verdrossen? steh mir Bede! Habe ich dich doch aus Ägypten her-
geführt Und dich aus der Sklaverei befreit! Zu v. 3 vgl. Jer 2 3i und
Jes 43 23. 4^ ^''l?? ^''?> ^Is Bezeichnung Ägyptens, ist ein deutero-
nomischer Ausdruck, häufig im Dtn und in vom Dtn beeinfiussten Stellen,
vgl. Ex 13 3 14 20 2 Jer 34 13. Die Befreiung aus Ägypten ist allezeit als
Mch 6 4 293 Mch 0 8
die grüsste Wohlthat (iottes an Israel in Erinnerung geblieben, vgl. z. 13.
Jes 63 11-14.
4'* 5, die Einfügung zur Explikation der Gnade, die Jahwe bei der Ret-
tung aus Ägypten Israel erwiesen hat, s. Vorbemerkung. 4'' Die Späteren
lieben solche historische Anspielungen. Auch Ps 77 21 ist Aaron als Führer
des ausziehenden Volkes neben Mose genannt; noch genauer vergisst unsei-
interpolator auch Mirjam nicht, vgl. Ex 15 2of. 5 erinnert an Balaks
Plan (Y)l])y Israel durch Verfluchung zu vernichten, und an die Vereitelung
desselben durch Umkehrung des Fluches in Segen, vgl. Num 22—24. Von
Sclütfliriy der letzten Station im Ostjordanland, bis Gllijal^ der ersten im
Westen, scheint ein Einschub im Einschub zu sein, der die wunderbare Durch-
schreitung des Jordans ins Gedächtnis rufen wnll. Die HIH^ ^"^Pl?, die das
Volk erkennen soll, sind die vorher erwähnten Thaten Jahwes, worin sich seine
Güte und Gnade, sein rechtes Verhalten gegen sein Volk erweist, vgl. Jdc 5 11
und Ps 103 6. Zu XW7\\ in der ßede Jahwes s. Vorbemerkung.
6—8, der Kern des Abschnitts: die wahre Religiosität besteht nicht in
übergrossen Leistungen und Opfern, sondern in Rechtthun, Liebeserweisung
und Demut, nicht in Ceremonien und Kultus, sondern in sittlichem und vor
Gott ehrfürchtigem Wandel. 6 Womit soll ich vor Jahwe kommen, Mich
beugen vor dem Gott der Höhe ? Soll ich mit Brandopfern vor ihn kommen,
Mit jährigen Kälbern ? Das Verb DIJ^ ist in der vordeuteronomischen Litteratur
nicht gebraucht ausser I Sam 20 25, wenn dort in der üblichen Weise nach
LXX korrigiert wird (s. z. Stelle); mit 21 der Sache bedeutet es: mit etwas
entgegenkommen = etwas darbringen, vgl. Dtn 23 5 Jes 21 u Neh 13 2 Ps 95 2.
Zu Dl1)p \n^« vgl. Vorbemerkung. Mit den Opfern y. 6^^ wollen weder
Sund- noch Sühnopfer genannt sein, es handelt sich um den Opferdienst über-
haupt; zu TS^Vi •'^la vgl. Lev 9 3, die Kälber im Alter von einem Jahr zu opfern,
scheint üblich gewesen zu sein, doch konnten sie schon vom achten Tage an
dargebracht werden, vgl. Lev 22 27. 7 Hat Jahwe Gefallen an Tausenden
von Widdern, An Myriaden Strömen Öls? Soll ich meinen Erstgebornen geben
für meine Sünde, Meines Leibes Frucht für die Schuld meiner Seele? Die
Frage ist die, ob eventuell die Steigerung der gewöhnlichen ceremoniellen
Leistungen, ja die Hingabe des Teuersten Gott angenehm wäre und die Ver-
gebung von Sünde und Schuld bewirken könnte, also nach dem Wert des
Kultus überhaupt, auch wenn er bis aufs höchste gesteigert würde, wird ge-
fragt. Vgl. die Vorbemerkung. über den Gebrauch von Ol beim Opfer
s. Lev 2 14 16. j;t?^Ö und nstsn haben hier die prägnante Bedeutung von
Frevelsühne und Sündenstrafe, vgl. Dan 9 24 Jes 5 I8. 8 ^^ ist dir gesagt
(1. mitLXX 1?n für n^?n, zu dem weder Jahwe noch das unbestimmte „man" Subj.
sein kann), Mensch, was frommt Und was Jahwe von dir fordert: Nichts als
Recht thun und Gütigsein lieben Und demütig wandeln vor deinem Gott. Hier
ist in anderer überaus glücklicher Form zusammengefasst , was Jesus mit den
Forderungen der Liebe zu Gott und dem Nächsten ausdrückt. Hat Jesus
Worte des Gesetzes verwendet, so hat unser Autor an prophetische Worte ge-
dacht: zu toDti^i:) rrim vgl. Am 5 24, zu lon nnn« Hos 6 e und zu 1:11 V^^r\ (zu dem
Meli n 8 294 Mch 6 12
Gebrauche des Wortes s. Vorbemerkung) hat man an Worte Jesajas zu denken,
wie die von Glauben und Siillesein Jes 7 9 30 i5, sowie an die Ehrfurcht vor
Gott, welche die Propheten alle erfüllte, vgl. z. B. Am 3 4-8 Jes 6. Der zweite
Teil deutet die religiöse Wurzel des rechtlichen und barmherzigen Verhaltens
gegen den Nächsten an. Wie in dieser vortrefflichen Zusammenfassung der
Forderungen der geistigen Prophetenreligion zeigt sich auch in der Anrede
D1S (s. die Vorbemerkung; die Änderung von Dl« in Ü^Tib^^ durch Chetne passt
nicht zum Folgenden, vgl. Hjn;;) die Spitze, in welche die Religion der Propheten
ausmündet: die Schranken des Partikularismus sind hinweggeräumt, ganz wie
die Formen des Ceremonialismus gefallen sind; das Tiefinnerliche und das
Human-Sittliche ist der Boden und das Gebiet der Religion.
2. Jerusalems Ungerechtigkeit und Bestrafung 6 9-I6.
Das Stück steht nicht im Zusammenhang mit dem vorangehenden; v. 9 setzt ein
neuer Anfang ein. Als Grund, warum das Stück hierher gekommen ist, kann man ver-
muten, dass darin gezeigt wird, wie wenig Jerusalem für die Wohlthaten Jahwes (vgl. v. 4)
erkenntlich war und den Forderungen des Kechtthuns etc. (v. 8) entsprach. Der In-
halt giebt keine Mittel an die Hand, um die Herkunft der Verse zu datieren. Denn dass
es auch nach dem Exil in Jerusalem oft recht schlimm aussah, beweisen die Psalmen zur
Genüge; auch fehlte es nicht an Kriegs- und Raubzügen aller Art, die die Bewohner des
Landes schwer schädigten. Nach der Sprache hat man aber sicher an diese spätere Zeit
zu denken, vgl. bes. n2t (s. zu v. 11), wofür auch die historische Erinnerung v. 16 spricht
(vgl. V. 4^^ 5). Der Text ist vielfach verdorben und in Unordnung auf uns gekommen.
Bei Ausscheidung der Glossen in v. 9 12 und 16 und bei Umstellung von v. 12'^ vor v. 10
und von v. 14^^ an den Anfang von v. 15 erhält man fünf gutgebaute Tetrasticha.
gaab J2a Hoicli! Jahwß ruft der Stadt %u: Hört Stamm und Versammlung
der Stadt^ Deren Reiche voll sind von Frevel Und deren Einwohner Lüge
reden! Die Verbindung von v. 12^'^ mit v. 9 empfiehlt sich einesteils durch die
direkte Beziehung, die sich dann für die Femininsuffixe in v. 12 auf die Stadt
von V. 9 ergiebt, andernteils durch die Zusammengehörigkeit von y. 10 und v. n,
die besser nicht auf zwei Strophen zu verteilen sind. Dass mit der Stadt
Jerusalem gemeint ist, wird nicht zu bezweifeln sein, vgl. urhs von Rom etc.
Unter n^D, Stamm^ ist die Landschaft Juda zu verstehen und für das unver-
ständliche nnj;"! ••pi (etwa == „wer hat sie verordnet?") unter Herübernahme
des nij; von y. 10 teils nach LXX, teils nach Targum (s. Ryssel) mit Wellh.,
NowACK zu lesen: T;?n n;^1D1 die Versammlung der Bürger- resp. Wählerschaft
der Stadt, vgl, für diesen Gebrauch von 'IV^ID Num 16 2 nj;iD ''«Ip. 9^^ ist
nicht nur Parenthese , sondern Glosse (so schon A. Th. Haetmann Micha neu
übersetzt und erläutert 1800, und auch K. J. Geimm in Journ. of the American
Or. Soc. XXII, Erste Hälfte 1901, 36: The Word rv^^r\ in the Old-Testament),
wie der Wechsel der Person (^^ti^, Anrede an Jahwe) zeigt; LXX hat zur Aus-
gleichung IDti^ gelesen und auch sonst sich den Text willkürlich zurecht gelegt.
Man punktiere einfach nST, wozu ^tt!^ Obj, ist wie Ps 86 11, sodass die Glosse
sagt: Weisheit ist es, deinen Namen %u fürchten, eine gewiss richtige Be-
merkung eines frommen Lesers. 12 DDH, Gewaltthat, Frevel, bedeutet
hier Gedanken des Frevels, frevelhafte Gesinnung, vgl. 2 1 und den Gegensatz
Mch 6 12 295 Mch 0 Iß
3 ö. 12'^ ist (uiinöti*^ erkläi'endes) Zitat aus Ps 120 2 f. n*0"i ist wie iTC^^n
ein in der späteren Litteratur gebräuchliches Wort.
10 11 Katm tili die Schäfte im Hause des Frevlers verff essen Und das
rerßuchle, svhwlndsüchticje Mass? kann ich Hin unbestraft lassen trat'::» an-
richtujer Wa(je Und Irotz- falschem Gewicht Im /Teufel? Für üt<r[, das man ge-
wöhnlich im Sinne von ÜIT\ fasst, ist dem Anfang von v. ii entsprechend mit
Wellii. und Nowack Ht^^sn von n^^, verr/essen, unbeachtet lassen, vgl. Thr 3 17,
zu lesen; yiÄ^"! ist zu entfernen und niTJIiS zu punktieren, im Hause des Frevlers
sind die Reichtümer nichts als J^^'1, das Wort ist vom Ende der dritten Zeile
auch an das Ende der ersten geraten. Zu dem falschen Mass und Gewicht
vgl. das Verbot Lev 19 36 Dtn 25 is-iß, spec. v. 16 zu rDJ^J^t, ferner s. Am 8 5.
Über y^l n*^? = 'n nn? s. Ges.-Kautzsch27 § Ii8g. 11 nstsn, werde Ich
rein seln^ kann Jahwe nicht fragen; Änderung in 'Pi2\^T\^ tvlrd er (seil, der
Frevler v. lo) rein sein, ist unnötig, man lese einfach mit Rogeda, Wellh. und
Nowack das Fiel mit auf den Frevler bezüglichem Suffix: T^'SV^}} = kami ich
Ihn rein sprechen, ungestraft lassen? vgl. schon Hieeonymus: num quid justi-
ficabo? „Für n|t würde echt hebräisch p^'^l^H oder Hj^^ gesagt sein'' (AVellh.);
nst ist ein Zeichen später Herkunft. Zu 12 s. bei 9.
< 13 14^P'' Drum fange auch Ich schon an dich zu schlagen, Zu verwüsten
wegen deiner Sünden. Was in dir Ist, magst du bei Seite schaffen, du wirst
es nicht retten, Und was du rettest, gebe Ich dem Schwerte, Für das un-
brauchbare "^n^^nn, „ich habe krank gemacht", 1. nach LXX "^nlVnn, Ich habe
angefangen, Perf. = ich beginne eben jetzt. Der Inf. abs. DDti^n beschreibt
die Thätigkeit, welche v. 13^ nennt, näher als verivüstende, vgl. v. 16^: n?S^^.
Angeredet ist T5;n 1j;to5i n^D y. 9. 14 Zu v. u»^ s. v. 15. ^|1P? ^n^^,1
zieht man gewöhnlich zum Vorangehenden und findet in ^Ht^;; ein sonst völlig
unbekanntes Wort n^J. =- Hunger oder = Dysenterie (Posch.); aber was soll
denn das Suffix? Besser ist schon das von LXX gelesene *?J^n;; es wird finster,
Nacht = es kommt Unglück; aber auch so kommt man nicht aus, doch hat
LXX Recht, wenn sie die Worte zum Folgenden zieht. Vermutungsweise ist
oben entsprechend dem vierten Stiches als Text angenommen: ^Bn ^^y\>^ 1ti^\s
= das Gut In deiner Mitte schaffst du bei Seite etc.; parallel damit handelte es
sich dann im letzten Stiches w^ohl nicht nur um Gut, sondern auch um Ange-
hörige, die man in Sicherheit gebracht hat, die aber dennoch dem Feinde an-
heimfallen sollen.
14^^ 15 Du wirst essen und nicht satt werden. Du wirst säen und nicht
ernten. Du wirst Oliven keltern und dich nicht salben mit Öl, Und Most, aber
keinen Wein davon trinken. Die Hinübernahme von v. u^^« zu v. i5 empfiehlt
sich von selber; an seiner jetzigen Stelle stört er, vor v. i5 füllt er eine Lücke
aus. Zu dem Inhalt, der wie v. u mit der Strafe der Beraubung durch Feinde
droht, vgL Am 5 ii, ferner Dtn 28 38-40 Lev 26 25 f.
16 Die beiden ersten Strophen beschrieben die Sünde, die beiden fol-
genden die Strafe, v. 16 rekapituliert zum Abschluss beides: Du hast die
Satzungen Omrls befolgt Und alles Treiben des Hauses Ahab, Damit Ich dich
zur Wüste mache Und deren Bewohner %um Gespött. Über Omri fällt der
Mch 6 16 296 Mch 7 1
ilahmen der Königsbücher 1 Jleg 16 25 f. ein sehr ungünstiges Urteil und kein
besseres erfährt Ahab I Reg 16 30-33; wahrscheinlich ist aber hier nicht an
die Stellung zum Baalkultus oder zu den Propheten, sondern an die Vergewal-
tigung Nabots in Jezreel gedacht I Reg 21. Diese Satzungen und dieses
Treiben des Hauses Ahab, mit dem der von den Deuteronomisten so schlecht
censurierte Omri ohne weiteres zusammengenommen ist, befolgten die Reichen
der Stadt. Vielleicht ist der Verf. vonv. 9-i6 gerade auf die Nennung von
Omri und Ahab gekommen, Aveil er, wie I Reg 22 28'\ den Zeitgenossen Ahabs
Micha ben Jimla mit Micha dem Moraschtiten identificierte, vgl. Einl. II 1.
Für 1??n^;;1, das keinen Sinn giebt, L nach LXX und Pesch. nbC^ni = du be-
folgtest. Das Suff. H" in iTH^'' geht auf das vorangehende n?3^, Wüstenei;
die Feinde rauben das Land aus, lassen hinter sich ein verwüstetes Land,
dessen Bewohner zum Schaden noch den Spott haben werden, vgL Jer 25 18
51 37. Änderung in ein Suff, der zweiten Person bereitet nur Schwierigkeiten,
wie die von Nowack vorgeschlagene Lesung T\T\^ für ^ni«^. 16^v und ^t sind
erklärende Glossen, die der Plural des Verbums verrät; sie gehören zusammen:
ilij^ verfahrt nach ihren Gru7idsät%en und sollt den Spott der Völker tragen^
1. nach LXX D'^rsy für ''^j;.
3. Zions Klage über die Verderbtheit ihrer Kinder 7 i-6.
Ein direkter Zusammenhang mit Cap. 6 fehlt; aber wie 6 9-12 16^ wird auch hier
die Schlechtigkeit und Sittenlosigkeit der Bewohner Jerusalems geschildert und wie
6 13-15 16^ mit der Strafe gedroht. Insofern gehören 6 9-16 und 7 1-6 zusammen. Sie
können auch derselben Zeit angehören. Dass der Tag der Strafe noch droht, ist so wenig
wie 6 9-16 ein Beweis vorexilischer Herkunft. Die geistige Zerrissenheit, auf welche diese
Verse hinweisen, erinnert an Zustände, wie wir sie für die Gemeinde in Jerusalem aus
Maleachi und Tritojesaja kennen vgl. bes. Jes 56 10-12 57 1 f . 59 1-8. Freilich haben sich
diese Zustände auch später wiederholt, so bes. im Anfang des 2. Jahrh. v. Chr., als der Helle-
nismus mächtig wurde, von dem dann die Makkabäer das palästinische Judentum reinigten.
Vgl. auch Ps 12 14. Wenn v. 5 f. die ursprüngliche Fortsetzung von v. 1-4 bildet,
so ist der Schluss abgebrochen. AVahrscheinlich ist aber, weil die Anrede in v. 5 f. wenig
zu der Klage v. 1-4 passt, in v. 5 f. nur eine Parallele zu der Schilderung von v. 1-4^ zu
sehen und die Klage mit v. 4^^ als abgeschlossen zu betrachten. Die Klage v. 1-4
umfasst vier, die Parallele v. 5 f. zwei Tetrasticha.
1 Weh mir^ ich bin geworden Wie beim Sammeln des Obstes, wie bei
der Nachlese der Weinernte: Keine Traube ist mehr da %um Essen^ Keine
FeigCy nach der es jemand gelüstete. Zu dem Bilde vgl. bes. Jer 8 13 20 und
Jes 24 13, zu der Frühfeige s. Jes 28 4. Da ri^^J^, das sonst ein Concretum ist,
Jes 24 13 abstrakt gebraucht vorkommt, wird es auch hier so gefasst werden
dürfen. Dann entspricht '[^';(5"*'5tp83 mit seinem Plural von ^DN dem Plural tW)}\
allerdings muss dann ^Di^ auch den Sinn von „die letzte Lese, die Nachlese
halten" besitzen, so dass v. 1^ besagt: ich bin geworden zu einem Ol- und
Weingarten, wie er nach der Ernte dasteht. Übrigens würde im Zusammen-
hang nichts fehlen, wenn "[^^.(^'^pp^l nicht dastände; die Feigenbäume können
ja im Weinberge stehen Lk 13 6. Zu der Vergleichung Judas und Jerusalems
mit einem Weinberge vgl. Jes 5 1-7 27 2-5; Nowack's Änderung in Y^jp_ ^pi^?
Meli 7 1 297 Mch 7 6
'T'^3 rbb)^], - wie ein Einsannnlcr von Obst und \\ einnarhlese^ '^\a\)i kein gutes
liild. Für •'C^d; ist t^D^ zu lesen, vgl. LXX; das wird auch durcli die
Sache gefordert, denn den Weinberg gelüstet es niclit nach Trauben, sondern
den Besitzer oder den V^orübergehenden. 2 Verscliwunden sind die
Frommen aus dem Lande, Und Hedliclte giebVs keine mehr iinler den Leuten,
Sie lauern alle auf Blut, Sie stellen einander naelt ohne Grund. Nach dem
Bilde V. 1 beginnt mit v. 2 die Darlegung der Sache selbst; vgl. Jes 57 i.
Durch p.^;^» das hier das Land bedeutet, sind auch die Menschen^ ^l^'"?) ^^f
die Bewohner des Landes limitiert. Zu dem Obj. D"jri bei n^:J' vgl. Ges.-
Kautzsch27 § 117ff; man übersetzt dann: sie fangen einander im Netz^ besser
liest man aber statt der nicht nachweislichen Verbindung Din I^IJ mit Perles
(Anal. 69) D^n 1^^, vgl. Thr 3 52. 3 Böses %u verrichten verstehen ihre
Hiinde, 1. n''p\n DH'^?? yin^ vgl. LXX und \lt> n^ip^l? I Sam 16 i7, Der Beamte
fordert Bezahlung Und der Mcichtige entscheidet, wie es ihm beliebt Und das
Becht verdrehen sie, ? tDSt^'ni ist zu entfernen, tODb^n ist eine verfrühte Schrei-
bung des im vierten Stichos zu lesenden tüB^^H (s. unten) oder Glosse zur Er-
klärung von ^T\ und, nachdem es am unrichtigen Orte in den Text geraten
war, durch die Beigabe von 1 und 5 in den Zusammenhang eingefügt worden.
Für n^n 1. injn, vgl. Prv 10 3; ^in"!, Sprecherin bedeutet hier nach dem Zusammen-
hang entscheiden, ^^n IC^Di ist offenbar verlesen aus Dö^rsHl und für
n^niai?';] mit Wellh. das Pi. von n^j; vgl. Am 8 5 zu schreiben, also (ohne Suff.):
\T\\y_\ oder (mit Waw apodosis und Suff.): -inn^y^l. 4 Ihr Bester gleicht
dem Stechdorn, Ihr Bedlichster der Dornhecke; Weh! ihre Heimsuchung kommt,
Nun wird ihre Bestürzung angehn. Dem D^llO entsprechend ist mit Herüber-
nahme des folgenden D auch D"!^^ zu lesen; zu dieser Umschreibung des Super-
lativs vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 133 g. Ebenso ist n^-IDM mit ? wie Ipxy^ zu
schreiben vgl. w? bei Symmachüs: (b; l\ sjxcppayfxou. Zu p"in, nach dem Arab.
Solanum cordatum, vgl. zu p"in Prv 15 19. Die Vergleichung mit Dornen, die
stechen und zu nichts taugen, als zum Verbranntwerden (vgl. II Sam 23 5 f.),
leitet gut über auf v. 4^ wo kurz die Strafe angekündigt wird. Der Text ist
hier offenbar durcli den Einschub von ^"'ö?Ö, vielleicht von D DV, vermehrt, der
sagen sollte, dass die Heimsuchung der von den Spähern d. h. Propheten (vgl.
Hab 2 1 Jes 21 6) vorausgesehene „Tag" sei; die Anrede, in der der Glossator
dabei zu dem Volke spricht, hat die Änderung des Suffixes im folgenden Wort
nach sich gezogen. Also ist wieder herzustellen: ori'lj^Ö; davor ist aber nach
LXX (ouat) ein ^ln vermutet, da die Beibehaltung von DI'' an dem parallelen
DriD^no keine Stütze hat. HDUö kommt nur noch Jes 22 5 vor.
5 6, eine Parallele zu v. 1-4% s. Vorbemerkung. 5 Traut nicht dem
Genossen, Verlasst euch nicht auf den Freund, Vor dem Weibe deines Busens
Hüte die Pforte deines Mundes! Beachte die Klimax: j;i, ^^l^« und ^Jj^'^n n^Dtr
(NowACK)! 6 begründet die Warnung von v. 5: De?in der Sohn verachtet
den Vater, Die Tochter lehnt sich auf gegen ihre Mutter, Die Schwiegertochter
gegen ihre Schwiegermutter, Des Menschen Feinde sind seine Hausgenossen,
Zu b'^yq vgl. Dtn 32 i5 Jer 14 21 und zu in^n ''^:« Hausgenossen, aber nicht =
Familienangehörige, sondern = Dienerschaft, s. Gen 39 u 17 23 27 und vgl.
Mch 7 6 298 Mch 7 7
II Sam 12 I7f. Hi 19 15. Die Anwendung, die Jesus von dieser Schilderung
der Auflösung aller Bande des Bluts und der Pietät macht, s. Mt 10 35 36
Lk 12 53.
4. Das der Erhörung gewisse Gebet der Gemeinde um Gottes Gnade 7 7—20.
Inhalt und Stimmung in v. 7-20 sind ganz anders als in v. 1-6. Dort klagt Zion
über die Verdorbenheit seiner Bewohner und die Auflösung aller Pietät und Zucht; hier
ist die Gemeinde des Sieges über die Heidenwelt gewiss, weil an der Herbeiführung des
Heiles nicht zu zweifeln ist. Dort schaut Zion die Strafe als nahebevorstehend, hier hofft
die Gemeinde sicher auf Erhebung aus der gegenwärtigen dürftigen Lage. Die gesamte
jüdische Diaspora wird aus den seleucidischen und ägyptischen Ländern heimkehren
und die Heidenwelt staunen über die neuen Wunder, die Jahwe thut.
Obschon in den Versen 7-20 überall dieselbe hoffnungsvolle Stimmung herrscht,
sind sie doch nicht ein einheitliches Ganzes. Stade weist in ZATW 1903, 168 auf die
Möglichkeit hin, dass v. 14-18^ 19^ 20 als zusammengehörend von dem übrigen Stücke zu
trennen seien, das sich aus v. 7-13 18^^ 19^ zusammensetze, ist aber doch bei der Annahme
stehen geblieben, v. 14-18^ 19*^-20 sei als Fortsetzung von v. 13 zu betracbten. Die Zer-
legung von V. 7-20 in zwei von einander ursprünglich verschiedene Stücke empfiehlt sich
jedoch in jeder Hinsicht: erstlich ist, wie schon Stade bemerkt hat, in v. 7-13 18^^ 19^
von Jahwe in der dritten, dagegen in v. 14-18^ 19'^ 20 in der zweiten Person gesprochen,
und sprengen v. is'^ 19^ den Zusammenhang von v. 18^ und v. 19^; dann ist, wie ebenfalls
Stade hervorhebt, der Rhythmus in beiden Teilen ein verschiedener, dazu ist nun noch
zu beachten, dass v. 7-13 18^ 19^ fünf Strophen von je sechs Zeilen mit gleichschweben-
dem Rhythmus, dagegen v. 14-18^ 19^ 20 drei Strophen von je vier Langzeilen mit Kina-
rhythmus bilden ; endlich ist noch der sachliche Unterschied nicht zu übersehen: nach v. 13
wird die Erde, soweit die Heiden wohnen, wenn das Heil kommt, verwüstet werden, nach
V. 16 f. werden dagegen die Heiden die Macht Jahw^es anerkennen und sich ihm unter-
werfen; überhaupt ist der Gegensatz zur Heidenwelt in v. 7-13 18^ 19* ein viel schrofferer
als in V. 14-18^ 19^ 20, vgl. bes. v. 8 und v. 10, wo die Heidenwelt die Feindin Zions
heisst. Demnach sind zwei psalmartige Stücke zu unterscheiden: v. 7-13 Is'-* 19^ und
V. 14-18^ 19^ 20.
Die Entstehungszeit von v. 7-13 18^ 19* kann nicht fraglich sein. Die Erwähnung
der Länder Assur-Syrien und Ägypten als der einzigen mit Namen zu nennenden Gebiete
weist in die Zeit der Ptolemäer und Seleuciden und der Heidenhass ist am besten aus dem
Widerspruch gegen das hellenistische "Wesen, das Antiochus Epiphanes so mächtig unter-
stützte, zu verstehen. Also werden diese Verse im zweiten Jahrhundert entstanden sein.
Weniger bestimmt ist die Herkunft von v. 14-18* 19^ 20 zu fixieren. Doch scheint auch
hiefür sich das zweite Jahrhundert am besten zu empfehlen; da waren die Wünsche be-
sonders rege, dass das Gebiet sich ausdehne, und die Makkabäer haben zum Teil diese
AVünsche auch verwirklicht.
Beide Psalmen, die dem Glauben an die Verwirklichung der messianischen Hoff-
nung Ausdruck verleihen, dienen vortrefflich als Gegenstücke zu 6 1 — 7 6 und bilden einen
guten tröstlichen Abschluss des dritten Teiles Cap. 6f., sov:ie des ganzen michanischen
Buches.
a) Der Psalm 7 r-13 18^ 19*: Die Erhöhung; Zions über die Heidenwelt.
7 8, der erste Sechszeiler: Zions Hoffnung. 7 Ich aber will aus-
schauen nach Jahwe^ Will harren auf den Gott meines Heils, Mein Gott ivird
mich hören. ^l^)_ kann der Anfang eines Psalrcies sein; er schliesst ideell
an Verhältnisse an, wie sie 7 1-4 (resp. -6) schildert: so traurig die Gegenwart
ist und so zerrissen die Verhältnisse, ich halte fest an dem Vertrauen auf
Jahwe, dass er endlich mein Heil heraufführen wird. Diese Gedankenverbin-
Mch7 7 299 Mch7i2
düng hat auch zur Anfügung von v. 7 11*. an v. i-ß geführt. Die Ausdrücke
des ganzen Stückes haben ihre nächsten Parallelen in den Psahnen und zu-
meist nur in den Psalmen, wie Stade umfassend nachgewiesen hat ZATW
1903, 164-171. Zu nS)^« vgl Ps 5 4, zu b b'r\]n = auf die Erfüllung der gött-
lichen Weissagungen und Jahwes Hilfe im Weltgericht hoffen vgl. Ps 38 ig
42 6 12 43 5 130 5 und zu 'V^' N^^S Ps 18 47 25 r> 29 9 Hab 3 18 Jes 17 lo (s. zu
d. Stelle). 8 Freue dich nicht über rnich^ meine Feindin! Wenn ich (je-
fallen bin, sieh ich wieder auf; Wenn ich in Finslernis sit%e, so ist Jahive
mein Licht. Der Glaube an das einstige Durchbrechen des Lichtes d. h. des
messianischen Heiles ist der Gemeinde auch in der Finsternis d. h. im Elend
unverlierbar, so sehr es sie schmerzt und stört, dass die Heidenvölker sich über
ihre Überwindung Israels freuen. Vgl. zur Sache bes. Jes 9 i, dann auch Jes
42 16 50 10 60 1-3. nn"^« ist Kollektivum wie nnii^V vgl. Ges.-Kautzsch'^7
§ 122 s. Zu der Schadenfreude vgl. Ps 25 2 30 2 35 19 24 Ob v. 12 f.
9, der zweite Sechszeiler: Die Erklärung des Elends der Gegenwart ist
der Zorn Gottes, den Zion für seine Sünde jetzt trägt, bis die messianische
Wendung von Jahwe heraufgeführt wird und Israel die göttliche Gerechtig-
keit sieht, die in seiner Verherrlichung zu Tage tritt. Den Zorn Jahwes trage
ich, J)enn ich habe an ihm gesündigt. Bis dass er meine Sache führt Und mein
Recht mir verschafft, Mich an das Licht hinausführt. Ich froh seine Gerech-
tigkeit schaue. Der Zorn Gottes, der von den Tagen Manasses und des Exils
an immer noch auf Israel lastet vgl. Jes 42 24 f. Sach 1 I5f , ist doch kein defini-
tiver, Israel hat ein Recht DS^p auf Rettung, denn die Heiden haben es nie
zur Ruhe kommen lassen und ausserdem für die Bedeutung Israels kein Ver-
ständnis gezeigt und also auch für Jahwe doch noch weniger Verständnis be-
sessen als Israel (vgl. Hes 25 s 28 24 26 Jes 40 27 49 4, ferner Jes 1 27 Ps 9 5
17 2 35 23 37 6 43 1 119 154); in der Rettung erweist sich darum auch Gottes
nijn:^ Gerechtigkeit, vgl. Ps 22 32 36 11 40 11 51 1 6 etc. Zu 1^ ^n«Dn ^? vgl.
Ps 41 5 51 6 106 6; zu **]j;i, einem nur in später Litteratur vorkommenden Wort,
=- ngt vgl. Jon 1 15 Prv 19 12 II Chr 16 10 26 19 28 9 Jes 30 30 (nicht jesajanisch,
s. zur Stelle).
10, der dritte Sechszeiler: Die Heiden werden zu Schanden werden:
Meine Feindin soll es sehen Und Schande wird sie bedecken, Sie, die %u mir
sagt: Wo ist Jahwe, dein Gott? Meine Augen werden sich an ihr weiden. Nun
wird sie der Zertretung anheimfallen. Das Suff, in l'*« ist überflüssig wie
II Reg 19 13 Jes 19 12; ob man aber deshalb überall T\l^ zu lesen hat (Wellh.,
Nowack), ist doch fraglich. nilJ^n tD^tp3 ist unnötige Glosse nach Ps 18 43
Jes 10 6, vgl das blosse DDnrsb iTH Jes 5 5 28 1 8. In den Psalmen wird oft
darum gebeten oder die Erwartung und der Wunsch ausgesprochen, dass die
Gegner zu Schanden werden, vgl. z. B. 5 11 6 11 109 29 129 5, s. auch Ob v. 10.
„Die Frage der Heiden: '1:1 nntt^n, konstatiert die Ohnmacht des Gottes der
Gemeinde" (Stade), sie ist ein Hohn über Israel, vgl. II Reg 18 34 (Jes 36 19)
Jo 2 17 Ps 79 10 115 2.
11 12, der vierte Sechszeiler: Die Wiederherstellung Jerusalems in alter
Pracht und die Heimkehr der Diaspora. Die Anrede an Zion lässt sich nicht
Mch 7 11 300 Mch 7 14
als ursprünglich festhalten, vorher und nachher spricht nicht Jahwe, sondern
Zion; darum sind die Suff, der ersten Person für die der zweiten einzusetzen:
''^l.h ^^5^» vielleicht ist auch •'j?n zu lesen. Wem diese Änderung für zu gewalt-
sam vorkommt, muss v. iif. als fremden Bestandteil ausscheiden; v. 13 liesse
sich gut als Fortsetzung von v. lo verstehen. 11 Eines Tags werden her-
gestellt meine Mauern^ Jenes Tags werden meine Gren%en fern sein. Wört-
lich wäre zu übersetzen: Ein Tag kommt, um zu bauen .... Ein Tag ist's, wo
fern sein werden .... Man lese, wie zu Anfang von v. 12, \ «^n D1\ Das
Bauen Zions beschäftigt auch nach der Wiederherstellung der Mauern Jeru-
salems durch Nehemia die Psalmdichter vgl. Ps 102 u-i8 147 2. ''jPn (vgl.
das •' zu Anfang des folgenden D1^) bedeutet hier schwerlich Zeittermin, um die
Ferne des Tages auszudrücken, sondern die Grenzen des von Israel besessenen
Gebietes, vgl. für ph = Grenze Jer.6 22 und zu der Vorstellung der Erweite-
rung des Gebiets in der messianischen Zeit vgl. Ob v. i9f. Am 9 12 Mch 7 u
Sach 10 10 s. auch Sach 1 17. 12 Jenes Tags werden sie zu mir kommen,
1. 5i«in^ nj;*! (s. Vorbemerkung zu v. 11 f.; Cheyne vermutet weniger gut Tl^^^
= deine Übriggebliebenen) Von Assur bis Äggpten, für '^nvi 1- n??5» Und von
Ägypten bis zum Euphrat, Von Meer zu Meer und von Berg zu Berg, Zu
^^^wr == Syrien vgl. Vorbem. zu 5 4 f., zu i¥<<?6'ör = Ägypten s. zu Jes 19 6.
Für nnn 1. iriD; Ü\ und in sind = D^^ "Ij; und "in "ij; zu fassen und am besten ge-
radezu hinter D^p^ und IH?^ in den Text zu setzen; bei dieser sprichwörtlichen
Redensart hat man nicht an bestimmte Meere und Berge zu denken. Zu
der Erwartung der Heimkehr der Diaspora aus aller Welt vgL schon Hes
34 13, dann später Sach 10 8 10 Mch 2 i2f. 4 ef. Am 9 9 Jes 27 12, sowie die
Stellen in Ps 68 7 23 106 47 107 3 ff. 147 2.
13 18^ 19% der fünfte Sechszeiler: Die Heidenwelt wird verwüstet, aber
über Zion leuchtet Gottes Gnade. Die Hoffnung wird erfüllt; der Zorn über
Israel hat ein Ende und die Heiden erfahren das Unrecht ihres Spottes über
Zion. 13 Die Erde aber wird vervmstet werden Wegen ihrer Bewohner
zur Strafe ihrer Thaten, Xl^^ ist die Erde mit Ausschluss des heiligen Landes,
wie sich aus dem Zusammenhang im Gegensatz zu dem wiederhergestellten
Zion (v. 11 f.) von selbst ergiebt; vgl. zum Inhalt Sach 14 I6-19 Ps 107 34.
'I? •'isp erklärt das vorangehende H^nti^''"^;;; n.öD, wörtlich: wegen der Frucht,
ist soviel als: zum Lohn, zur Strafe vgl. Jes 3 10. 18^ Nicht für immer
hält er fest an seinem Zoim, Sondern er freut sich Gnade zu üben. Die Ver-
bindung von V. 13 mit v. 18^ stimmt zu der Logik der spätesten Zeit, die in der
Strafe der Heiden und in der Verwüstung der Heidenwelt das Nachlassen des
Zornes über Israel und den Anfang der Gnade sah, vgl. die charakteristischen
Verse Mal 1 2 f. Zu v. 18^« vgl. Ps 30 6 103 9, zu v. is^P vgl. Ps 25 10 33 5
130 7. 19=^ Er wird sich unserer wieder er^barmen, Unsere Missethaten
unter die Fasse treten d. h. sie vernichten; die Sünden sind als Feinde personi-
fiziert vgl. Gen 4 7 Ps. 65 4. Damit ist dann die Erhörung gegeben, auf die
V. 7 hofft ; der Schluss schaut auf den Anfang zurück.
b) Der Psalm 7 14-18^ 19*^ 20: Ein Gebet Israels um Gottes Gnade.
14 15, der erste Vierzeiler: Bitte um neue gnädige Führung und Ver-
Mch 7 14 301 Mol, 7 17
herrlicliuiig Israels. J4 Weide dein Volk mit deinem Slnhe, Die Sehafe
deines Erben, Die einsam die Wildnis hewolmen InmUten des FrvehlUuids^
Dass sie loeiden in Hasan und (Ulead, Wie in den Ta(/en de?' Vorzeil ! Das
Bild von Jahwe als dein Hirten und von Israel als seiner Herde ist beliebt,
vgl. bes. Ps 23, wo auch v. 4 tODC^ den Hirtenstab bedeutet, ferner s. Gen 49 24
Fs 80 '2. Israel ist der Erbbesitz (n'jni) Jahwes, vgl. z. E. Dtn 4 20 9 20 29,
sowie Ps 28 9 74 2 78 62 71. ''iDb^ kann sich nur auf Dj; und ]«:J, also auf
Israel beziehen, somit ist mit Stade ''^:^\ä zu lesen. Die Beziehung auf Jahwe
würde die seltsame Vorstellung ergeben, dass Jahwe auf dem Karmel einsam
im Walde wohne; Wald kann doch nicht Äquivalent für Waldheiligtum sein
(s. zu 3 12) und was der heilige Berg Karmel in so später Zeit zu thun hätte,
Hesse sich auch nicht denken. Auf Israel bezogen spricht es aber nicht einen
Wunsch aus, dass Israel von den Völkern getrennt wohnen möchte (statt des
Particips müsste der Jussiv USC^'l gelesen werden), sondern begründet es die
Bitte der ersten Langzeile und bereitet auch die folgende Bitte vor. Wie Jes
29 17 32 15 ^015 neben ly;; das Friichtland n^h^n dem Wald^ bezeichnet, so hier.
Die Israeliten haben nur ein w^aldiges Gebiet, das judäische Gebirge, den
„Busch", in Besitz, ringsherum ist schönes Fruchtgefild und fette Weide.
Diese Beschreibung der Lage passt auf die Zeit nach dem Exil bis in das
zweite Jahrb., avo dann die Makkabäer und Hasmonäer die Züge ins Frucht-
gebiet unternahmen. Der Wunsch der dritten Zeile nach den guten Weide-
plätzen Gilead und Basan hängt mit diesem Wunsche nach Expansion des
Gebietes aufs beste zusammen; vgl. zu dieser Vorstellung von der Ausdehnung
des Besitzes in der messianischen Zeit ausser den zu v. 11^ genannten Paral-
lelen bes. Jer 50 19, w^o Basan und Gilead nicht fehlen. 15 Wie zur Zeit
da du aus Ägypten zogest^ Lass uns Wunder schauen! Die Anrede an Jahwe
geht weiter {als du zogest etc.), darum ist ^i^?"1^ (nicht das unmögliche ^^^"in,
s. beiKAUTzscH) für ^iSIt? zu'lesen; die unrichtige Beziehung des Suff. ^— auf
das Volk hat die Änderung in ^^«1« veranlasst. Ferner ist nach LXX nn^JrsD
statt ö |^*jlSlö zu schreiben. Die Erinnerung an die Tage des Auszugs aus
Ägypten tritt in den Psalmen und auch sonst häufig auf, vgl. 6 4^
16 17, der zweite Vierzeiler : Die Wunderthaten Jahwes an Israel sollen
die Heiden dazu bringen, dass sie sich Gott unterwerfen. 16 Die Heiden
werden es sehen und verzweifeln An all ihrer Macht, Sie werden die Hand
auf den Mund legen, Ihre Ohren taub werden. Zu ^^'^V. "IJ ^D'''^;, dem Zeichen
des staunenden Verstummens, vgl. unser: „den Mund halten" und Hi 21 5 Jes
52 15; parallel zu dem „die Sprache verlieren" ist das „taubwerden". Die
Wunder Gottes bringen sie so in Verwirrung, dass sie Sprache und Gehör
verlieren. 17 Sie werden Staub lecken wie die Schlange, Wie die Tiere,
die am Boden kriechen^ d. h. sich vor Jahwe in den Staub werfen, also sich
als seine ünterthanen erklären, vgl. Jes 49 23, Sie werden zitternd und bebend
aus ihren Verliessen kommen Und sich fürchten vor dir. U^'^'?^5 HiH;;"^« ist
Glosse von der Hand dessen, der das Suff, in ^rii<? v. 15 auf das Volk bezog
und dort aucli USI« statt i:«in schrieb; neben ^öl? ist « "'"^« unerträglich,
Meli 7 18 302 Mch 7 20
erst die Ausscheidung stellt den Rhythmus her. Zu DfTrih^p)3?p ^^y, vgL
Ps 18 43, zu nnp: vgl Hos 3 5 und zu ^isp ^NTJ, vgl. Ps 33 8.
18^^ 19'^ 20, der dritte Vierzeiler: Der Preis Jahwes, der Israel die Sün-
den vergiebt. 18^ Wer ist ein Gott wie du, der die Schuld erlässt Und
die Sünde vergiebt! lilSn^ n'^IJ??^^ ist ein Zusatz, wie das auf den Angeredeten
(vgl. ^1^5) bezügliche Suffix der dritten Person zeigt, ein Zusatz, der den Ge-
danken ausdrücklich fern halten sollte, als ob Jahwe auch den Heiden ver-
gebe. Vgl. zu ^IJ^i? ^«-"^p Ex 15 11 Ps 71 19, zu ]\)l «b^i Ex 34 7 und yi?^D 'pj; inj;
Prv 19 11. Zu 18'^ 19^ s. oben nach v. 13. 19*^ Du wirfst in die Tiefen
des Meeres All unsere Sünden. L. mit LXX, Pesch., Vulg. dem ^^«in
V. 15^' entsprechend: ^i^nstSH; das Suff, in Dnstsn scheint auf die Glosse rint?^'p
in^ni zurückzugehen, also noch ein Beweis zu sein, dass einst v. is'^ i9^ nicht
dazwischenstand. Zu Ü^ ni^iJD vd. Jon 2 4 Ps 68 23. Das 1 vor Th^r^
ist ^vohl aus Dittographie des vorangehenden 1 entstanden. 20 Du er-
iveisest an Jakob Treue, An Abraham Gnade, Wie du geschworen hast unsern
Yiitern In den Tagen der Vor%eit. TaVl Treue und Gnade vgl. Ex 34 6. Jakob
und Abraham leben in den Nachkommen fort, darum können diese nach dem
Namen jener genannt werden, ja der gleichen Liebe Gottes, wie jene, ver-
sichert sein, vgl. Gen 32 ii und bes. Abraham den Freund Gottes Jes 41 8.
Die Verheissungen, auf welche hier angespielt wird, sind in Gen 22 le-is 28 la
14 zu finden. Auf den Bund mit den Erzvätern beruft sich auch der Psalmist
Ps 105 8-11 42; an der Erfüllung haben „Abrahams Kinder" nicht zu zweifeln.
Na Einleitunjr T 303 Na Einleitung I
NAHUM.
Einleitung.
I. Die Zusammensetzung des Buches. Das Buch Na, das siebente in
der Reihe der „Zwölf Propheten'- nach der Ordnung des hebräischen, wie des alexan-
drinischen Kanons, enthält in der Hauptsache eine schwungvolle, in bilderreicher
Sprache abgefasste Prophetie von dem Untergang Nineves, die von dem
Propheten Nahum von Elkosch herrührt. Zu derselben sind zu rechnen 1 11 14 2 2
4-14 3 1-19. Abgesehen von kleineren Glossen ist innerhalb dieser Verse kein grösserer
Abschnitt dem Propheten Nahum abzusprechen. BuDDE hat zwar einige Differenzen
in Bezug auf Metrum, Gebrauch des Gottesnamens und Begründung des Falles Nineves
zwischen 2 14 — 3 7 und dem übrigen Bestände bemerken wollen, aber den Schluss
auf fremde Herkunft von 2 14—3 7 mit Becht nicht gezogen. Denn das Metrum ist
doch in 2 14 — 3 7 kein anderes als vorher und nachher, wenn schon einige Strophen
nicht so leicht in das Schema der regelmässiger gebauten Teile der Prophetie sich
fügen, und da 1 ll 14 zu dem Orakel über Nineve gehören, so kommt der Name Hin^
nicht nur in diesem Stücke vor (s. 1 11 14) und wird auch 1 11 an die Schuld, die
Nineves Fall begründet, erinnert, wie 3 14, sodass von einem wirklichen Unterschiede
nicht mehr zu reden ist.
Von dieser Prophetie zu unterscheiden ist der Eingang des Buches 1 2-10 12 f.
2 13, der wieder nicht eine ursprüngliche Einheit aufweist. Denn 1 2-10 ist das Frag-
ment eines alphabetischen Psalmes, der Gottes Rache an seinen
Feinden schildert und so den allgemeinen Hintergrund oder den grossen Bahmen
des Weltgerichts für die nachher folgende Prophetie von dem Gerichte Nineves hinzu-
fügt. Dieser Psalm ist in gleichschwebenden, dreihebigen Distichen abgefasst, von
denen jedes mit einem neuen Buchstaben des Alphabetes (t< bis D) beginnt. Die
übrigen Verse des Eingangs des Buches, 1 1 2 f. 213, sind wohl sachlich ein Komplement
zu t 2-10, da sie Zion das Heil verkünden, das die Kehrseite des Gerichts an
den Heiden ist; aber formell lassen sie sich nicht mit 1 2-10 verbinden, weil sie nicht
nur in anderem Metrum (dem sog. Kina-Metrum) erscheinen, sondern auch in direkter
Beziehung und unter deutlicher Bücksichtnahme auf die Prophetie über Nineve
Na Einleitung I 304 Na Einleitung 11
gedichtet sind, mit der sie selber aber nicht zusammengenommen werden können, da
in ihnen die Anrede an Zion und nicht an Nineve ergeht. S. dazu die Auslegung,
bes. die Vorbemerkungen zu 1 2-10 und zu 1 12 f. 2 l 3.
Das Buch Na unterscheidet sich somit von den Büchern der Propheten Amos,
Hosea und Micha dadurch, dass es die sekundären Elemente am Anfange, nicht am
Ende zeigt (doch vgl. auch zu Mch 1 2-4). Das Orakel über Nineve sollte auf diese
Weise von vornherein in den Rahmen des Weltgerichts gestellt werden, das den
Heiden den Untergang, den Juden aber das Heil bringt.
IL Die Prophetie IVahiims über den Untergang Nineves und ihre Be-
deutung. Dass der Verfasser der Prophetie nur ein Judäer gewesen sein kann,
ergiebt sich mit Sicherheit aus seinen ersten Worten 1 11, wo er in keiner Weise an
das Schicksal denkt, das die Assyrer dem Reiche Israel bereitet haben, sondern nur
darum Nineve bedroht, weil aus ihm der Bösewicht hervorgegangen ist, der Böses
wider Jahwe plante, also nur Juda berücksichtigt, dessen Hauptstadt von Sanherib
belagert worden war. Darum darf auch der Heimatsort Nahums, Elkosch, nirgend
anders gesucht werden als in Juda, s. zu 1 l.
Für die Zeit, da Nahum gelebt hat, also auch die Prophetie über Nineve ent-
standen ist, ergeben sich aus dem Inhalt feste und genaue Grenzen. Der Vergangen-
heit gehört die Eroberung und Plünderung No-Amons in Ägypten und der Zukunft
der Fall Nineves an. Das sind die beiden festen Termini, innerhalb deren das Orakel
über Nineve entstanden ist. Nach der Schilderung der Katastrophe, die No-Amon
getroffen hat, handelt es sich nur um einen Schlag, von dem sich No-Amon, so lange
der Prophet lebte, nicht wieder erholt hat und den man als einen definitiven anzu-
sehen berechtigt war. Darum kann Nahum nur die Einnahme No-Amons durch
Assurbanipal im Jahre 663 im Auge haben, welche die Macht der Grossstadt für
immer gebrochen hat, sodass sie sich nie mehr zu der früheren Bedeutung erheben
konnte. S. Vorbemerkung zu 3 8-11. Als Termin, vor welchem das Orakel ent-
standen sein muss, ist zweifellos der Zeitpunkt der Zerstörung Nineves gegeben;
denn Nahum beschreibt nicht, sondern er weissagt. Nun ist Nineve im Jahre 606 von
den Modern erobert und zerstört worden, die im Einverständnis mit Nabopolassar
von Babylon handelten. Also fällt die Entstehung der Prophetie Nahums zwischen
663 und 606. Nicht mit derselben Sicherheit lässt sich der Zeitpunkt zwischen diesen
Endterminen fixieren, der als Datum der Entstehung des Orakels anzusehen ist.
Geht man von der Einnahme No-Amons aus und hält man dafür, dass dieses Ereignis
noch in frischer Einnerung sein musste, so wird man die Entstehung möglichst nahe
an 663 heranrücken, also sie etwa auf 650 ansetzen. Diese Annahme ist jedoch un-
wahrscheinlich ; denn wenn auch aus dieser Zeit der grosse Aufstand Samassumukins
von Babel gegen Asurbanipal bekannt ist, so war es damals weder auf eine Zer-
störung Nineves abgesehen, noch waren die Verhältnisse im assyrischen Heiche so
verworren und die Macht so heruntergekommen, wie Nahum für seine Zeit sie schil-
dert, vgl. 3 12 f. Zudem ist es nicht die Art der Propheten, aus reiner Analogie mit
einem eben erlebten Ereignis ein zweites ihm. ähnliches zu weissagen, wenn in der
Wirklichkeit für dasselbe noch keine Anzeichen und Andeutungen vorhanden sind.
Gerade das Gegenteil ist der Fall ; darum konnte, als wirklich der Untergang Nineves
sich ankündigte, dies die Erinnerung an den Fall der anderen gewaltigen und ebenso
Na Einleitung IT 305 Na Einleitung IT
am Wasser gelegenen Grossstadt No-Amon wieder wachrufen, und man wird umso-
mehr von dem zweiten Datum ausgehen resp. in seine Nähe gehen mü8S(3n, als in der
Schilderung der Eroberung No-Amons docii nur Züge sich linden, die bei jeder
Eroberung sich raelir oder weniger wiederholten (h. 3 ö-lO), während über die Lage
im assyrischen lleiche nicht nur allgemeine Andeutungen, sondern bestimmte Nach-
richten gegeben werden, vgl. 3 12 f. Auch legt die Beschreibung der Feinde Nineves
den Gedanken nahe, dass es sich nicht nur um die den Assyrern wohlbekannten
ßabylonier, sondern um ein fremdes und fernstehendes Volk handle. Wie nahe an
das Jahr 606 heranzutreten ist, wird nach diesen Kriterien zu entscheiden sein.
Schwerlich kann man noch an eine Abfassung während der Regierungszeit des Königs
Asurbanipal denken, da er bis zu seinem Tode im Jahre 626 mit kräftiger Hand sein
ganzes Keich beisammenbehielt, auch wenn die Skythen den Westen in Unordnung
gebracht hatten. Zudem ist von einer Belagerung Nineves in dieser Zeit nichts be-
kannt; denn Phraortes von Medien (655 — 633) ist auf seinem Zuge gegen Assur ge-
schlagen und getötet worden, bevor er vor Nineve gelangt war. Ebenso ist wohl der
Anfang der Begierung der Söhne Asurbanipals: Asur-etil-ilani (626 — 622) und Sin-
sar-iskun = Saracus der klassischen Autoren (622 — 606) ausgeschlossen. Denn die
Annahme einer sog. ersten Belagerung Nineves durch den Meder Kyaxares um 625
beruht allein auf dem Zeugnis HekODOTS, das durch keinen andern Schriftsteller
nocb durch irgend eine Inschrift bestätigt wird, und erst von dem Jahre 611 an lässt
sich aus Inschriften konstatieren, dass sich innerhalb des Zeitraumes 615 — 611 die
Situation zu Ungunsten Assurs geändert haben muss, vgl. CheistoPHER JohnstoN
(der zwar HerODOTS Bericht mit diesen Inschriften zu kombinieren sucht) The Fall
of Nineveh in Johns Hopkins Semitic Papers 1901, 14 — 16. Es hat nämlich in diesen
Jahren der chaldäische König von Babylon Nabopolassar seine Herrschaft rasch ver-
grössert und sich assyrische Gebiete erobert. Dass die Meder die durch die Erfolge
Nabopolassars bewiesene Schwäche Assurs sich auch zu Nutze machten , war selbst-
verständlich und ihnen gelang es schliesslich im Jahre 606 unter Kyaxares, Nineve zu
erobern und zu zerstören. So ist etwa das Jahr 610 als Zeitpunkt für die Entstehung
der Prophetie Nahums gegen Nineve anzunehmen; denn da zeigt sich die Situation,
w*elche der Prophet voraussetzt: Der Feind ist bereits ins Innere des Reiches vor-
gedrungen, die Grenzfesten sind gefallen und überall zeigt sich die Schwäche des
assyrischen Heeres. Die Schilderung des Feindes weist wohl auf die Meder hin, in
deren Heeren, wie in denen der Chaldäer, es an Beiterei nicht fehlte.
Gerade wenn man bedenkt, dass Nahum ein direkter Zeitgenosse Jeremias war,
tritt die Bedeutung seiner Prophetie gegenNineve in einhellesLicht. Im Mittelpunkt
aller Worte Jeremias stehen seine Volksgenossen und ihre Sünden, Nahum redet
ausschliesslich von Nineve und dem Untergang des assyrischen Beiches. Dass hinter
den Assyrern Jahwe selber stand, wie Jeremia und seine Vorgänger es auffassten,
kommt Nahum in keiner Weise in den Sinn ; im Gegenteil begründet er mit dem
Unheil, das die Assyrer gegen Jerusalem im Schilde führten, den Untergang Nineves.
Dass die Assyrer die Vollstrecker der Strafe Jahwes über das gottlose Volk Judas
sein sollten, ist gänzlich vergessen, wie auch mit keinem Worte auf Sünden der
Judäer hingewiesen wird. Nicht nur das Objekt der Prophetie Nahums ist ein völlig
neues und anderes, sondern seine ganze Denkweise unterscheidet sich von der eines
Kurzer HC zum AT XIII 20
Na Einleitung II 306 Na Einleitung III
Jeremia und seiner Vorgänger. Am deutlichsten tritt das hervor in der Beurteilung
des AVertes Jerusalems. Nach Jeremia verdient Jerusalem den Untergang, nach
Nahum ist der gegen Zion geplante Frevel eine Schuld, die Nineves Fall nach sich
zieht. Man ersieht daraus, dass Nahum die Ansichten der deuteronomischen Kreise
teilt, welche dem Tempel auf Zion, als der einzigen Wohnung des wahren Gottes,
eine alles überragende Bedeutung zumassen und daher an seine Unverletzlichkeit
glaubten. Nahum ist ein Prophet der herrschenden Kreise unter Josia; da treten
die AVurzeln der Anschauung hervor, die nachher mit Verachtung auf alle Heiden
hinabblickte, die dafür hielt, dass, wer Israel antastete, sich an dem Augapfel Gottes
vergriff und die darum einerseits sich von allem Heidnischen zu scheiden für religiöse
Pflicht ansah, andererseits von dem Gericht über die Heiden den definitiven Anbruch
des Heiles für Israel erwartete. Noch wirkt bei Nahum allerdings die Ansicht nach,
dass auch die Vergewaltigung anderer Völker als Israels eine Sünde war und den
Untergang Nineves verursachte (vgl. 3 14); aber man ist auf dem Wege, sich stolz
unter der Völkerwelt zu isolieren und sich hochmütig über alles Fremde erhaben zu
dünken. Nahum ist ein Vorläufer jener „falschen" patriotischen Propheten, die
Jeremia nachher so heftig bekämpfte, auch darin mit ihnen verwandt, dass er von
sittlichen Schäden im Volke nichts zu sagen weiss. Seine Ideen lassen sich somit
sehr wohl aus der Zeit nach der Heform Josias verstehen.
Auf den hohen poetischen Schwung dieser ersten uns erhaltenen, allein auf ein
fremdes Volk sich beziehenden Prophetie sei hier noch ausdrücklich hingewiesen.
Die Freude über den Untergang des feindlichen Reiches hat dem Dichter die Flügel
geschwellt.
III. Die sekundären Elemente im Buche Nahum und die Entstehung des
ganzen Buches. Mit weniger Sicherheit lässt sich die Entstehungszeit der
späteren Zugaben im Buche Na feststellen. Nur das eine ist über allen Zweifel er-
haben, dass sie der nachexilischen Periode angehören. Wahrscheinlich hat man aber
weit über das Exil hinunterzugehen. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass
0. Happel, der das ganze Buch Na in die Seleucidenzeit verlegt, wenigstens für die
sekundären Stücke Recht hat. Der fragmentarisch angefügte alphabetische Psalm
kann sehr wohl in der Zeit der makkabäischen Erhebung entstanden sein, damals
hoffte man, dass endlich die Zeit der endgiltigen Eache an den Feinden Israels ge-
kommen sei. Ebenso passt in diese Periode die Heilsverheissung 1 l2f. 2 13 mit
ihren Eeminiscenzen aus früheren Schriften, s. Yorbem. zu 1 12 f. 2 13 und vgl.
Dan 9 2. Zu den beiden sekundären Elementen, dem Psalm, der das Gericht an den
Feinden verkündet, und der Weissagung , die Israel nahes Heil in Aussicht stellt,
ist das Buch Daniel eine gute Parallele. Gegen die Entstehung dieser Zuthaten im
zweiten Jahrhundert spricht es in keiner Weise, dass die „zwölf Propheten" in
JSir 49 10, also schon um 200 v. Chr. , erwähnt werden. Das Orakel gegen Nineve
ist ja viel älter und die Möglichkeit später noch Stücke beizufügen in keiner Weise
ausgeschlossen. Mit Namen ist auf Nahums Orakel gegen Nineve erstmals hin-
gewiesen in Tob 14 4 8, wenn dort wirklich NaoojjL die ursprüngliche Lesart für 'Iwva;
sein sollte, vgl. Jon Einl. III.
Die Entstehungsgeschichte des Buches Na ist demnach sehr einfach.
Aus dem Ende des siebenten Jahrhunderts besass man die Prophetie Nahums über
Na Einleitung III 307 Na 1 l
Nineves Fall, die im Zwölff)rophet(;nbucli «JSir^e Aufnahme gefunden liatte^ und im
zweiten Jahrh. kamen dazu die sekundären Klemenle, welche zur P]inleitung dieses
Orakels für nötig erachtet wurden, um einerseits festzustellen, dass Gott ein Gott der
Gerechtigkeit sei, der seine Feinde nicht ungestraft lasse, und um andererseits daran
zu erinnern, dass mit dem Gericht an den Feinden, das nicht ausbleiben könne, un-
zertrennbar das Heil Israels verbunden sei.
IV, Litleraliir. G. Bickell Die hebräische Metrik in ZDMG 1880,
559 f.; K. BuDDE Das hebräische Klagelied in ZATW 1882, 35; Fr. Buhl Einige
textkritische Bemerkungen zu den kleinen Propheten in ZATW 1885, 181 f.;
H. GüNKEL Nahum 1 in ZATW 1893, 223—244; G. BiCKELL über Nahum 1 1—2 3
in Abhandlung Y der Sitzungsber. der kaiserl. Akademie der Wissensch., Phil.-
hist. Classe, Wien 1894; H. GuNKEL Schöpf, und Chaos 1895, 102 f.; A. Billek-
BECK und A. Jeremias Der Untergang Ninives und die AVeissagungsschrift des
Nahum in Beiträge zur Assyriologie 1895 III, 87ff. ; SalOMON PlesSNER Das Buch
Nahum übersetzt und commentiert, hrsgeg. von EliaS PlessNER 1897; A. B. DA-
VIDSON The Books of Nahum, Habakkuk and Zephaniah, Cambridge 1899; 0. Happel
Der Psalm Kahum (Na 1) kritisch untersucht 1900; WiLLlAiM B. Arnold The Com-
position of Nahum 1—2 3 in ZATW 1901, 225—265; G. WiLDEBOER Nahum 3 7 in
ZATW 1902, 318f.; 0. Happel Das Buch des Propheten Nahum erklärt 1902;
K. Btjdde Art. Nahum in Encycl. Biblica 1902, Sp. 3259—3263; T. K. Cheyne Crit.
Bibl. II, 1903, 164—169.
Erklärung.
DielJberschrift li leidet an Hypertrophie. Spruch überNineve ist sekundäre
Beifügung, die das Objekt der prophetischen Rede nennt und nach Analogie der
Einleitung von Jes 13 i etc. gebildet ist, s. dort auch über dieBedeutung von i^'^D.
Wahrscheinlich hat der Redaktor, der den folgenden Psalm an die Spitze des
Textes stellte, die "Worte eingefügt, damit der Leser nicht erst 2 9 erfahre, von
wem dieProphetie handle (soW.R. Aenold). Von derselbenHand wird alsÜber-
• • • •
arbeitung zur alten Überschrift IDp eingesetzt sein. Die alte Überschrift,
für deren ürsprünglichkeit die Angabe der Heimat des sonst unbekannten
Propheten spricht, lautete •'tÄ^p^fcjn D^inj ]1tn; zu ]1tn s. Ob v. i. Die Lage von
V}[h\^ ist nicht sicher nachgewiesen; da Nahum aber ein Judäer gewesen sein
wird, sind die Vermutungen unhaltbar, welche Elkosch ausserhalb Judas
suchen: so die seit dem 16. Jahrh. auftretende Tradition, dass es mit der
nördlich vom alten Nineve liegenden, heute noch blühenden Ortschaft Alkusch
zu identifizieren sei, dann die Annahme von Knobel und Hitzig, dass Elkosch
der alte Name des neutestamentlichenKapernaum (= D^iHi 1?3, „Dorf Nahums")
sei, endlich die von Hierontmus aufgestellte Identifikation mit Elcese (Euse-
Bius: 'EXxcae), dem heutigen El-Kauze, westlich von Tibnin, im nördlichen
Galiläa. Möglich ist dagegen die Ansicht von Pseudg-Epiphanius in de vitis
20*
Na 11 308 Na 1 2
proplietarum, dass Elkosch in einem jenseits (wohl = südlich) von Eleuthero-
polis gelegenen 'EXxsat ('EXxeotv) zu suchen sei (s. Nestle ZDPV 1878,
222—225).
I. Die Rache Jahwes an seinen Feinden, das Bruchstück eines alphabetischen
Psalms I 2-10.
Das Psalmfragment v. 2-10 ist vom Redaktor vorangestellt, um die Prophetie
Nahums über das Gericht Nineves mit der Schilderung Jahwes, der an seinen Feinden
Rache nimmt, einzuleiten. Ein Fragment ist der Abschnitt; denn das Alphabet ist nicht
ganz durchgeführt, also der Schluss, ungefähr die zweite Hälfte, verloren.
Auf den alphabetischen Charakter des Stückes hat zuerst Franz Delitzsch in seinem
PsalmencommentarS 1873, 117 aufmerksam gemacht, wo er die Beobachtung des württem-
bergischen Pfarrers G. Frohnmeyer mitteilt, dass Na 1 3-7 alphabetisch angelegt sei. Der
Versuch einer Rekonstruktion ist dann von G. Bickell in ZDMG 1880, 559 f. unter-
nommen, und zwar sollen innerhalb v. 2-10 alle Buchstaben des Alphabets zur Ver-
wendung kommen, nämlich so, dass die ersten Buchstaben der Zeilen (resp. zu Anfang und
am Schluss ausnahmsweise die ersten Buchstaben der Strophen) das Alphabet bis zu D
verfolgen, die fehlenden Buchstaben 1 bis n in den ersten Versen des Psalms einzeln oder
zu zweien an zweiter, resp. zweiter und dritter Stelle der Zeile stehen. So finde sich z. B.
D und ö (letzteres hier wie auch sonst bisweilen in alphabetischen Stücken vor y) in nsön
hinter dem n der Beth-Zeile v. 3^ wie V hinter :i in n^i, dem Anfang der Gimel-Zeile v. 4.
Dieselbe Anschauung mit geringen Modifikationen vertritt Bickell noch 1882 in seinen
Carmina Veteris Testamenti Metrice S. 212 f. Dieser sehr komplizierten Erklärung gegen-
über trat GuNKEL in ZATW 1893, 223 — 244 mit der Darlegung auf, dass die fehlenden
Zeilen mit den Buchstaben i bis n in den folgenden Versen 1 11 — 2 3 noch zu entdecken
seien. Bickell stimmt dieser Entdeckung bei (Sitzungsberichte der kaiserl. Akad. der
Wissenschaften, Phil.-hist. Classe, "Wien 1894, Abhandl. V), nur dass er in der Verteilung
des Materials seine eigenen Wege geht und daher in der Wiederherstellung des Schlusses
des Psalms erheblich von Günkel abweicht. Letzterer hat daraufhin in Einzelnem seine
Ansicht modifiziert und verbessert, aber die neue Rekonstruktion Bickell's als ganze ab-
gelehnt (s. Schöpfung und Chaos 1895, 102f.). Während Nowack der Nachweis eines
ganzen alphabetischen Psalraes für erbracht erscheint, hält Wellh. mit Recht den Versuch
für den zweiten Teil für gänzlich misslungen, und ebenso urteilt W. R. Arnold in The
Composition of Nahum 1 — 2 : 3 ZATW 1901, 225—265. Dagegen stimmen alle überein,
dass „die lange theologische Einleitung^', auch wenn sie deren Ende nicht am gleichen
Punkte gekommen sehen, ein sekundärer Bestandteil ist und mit Nahum nichts zu
thun hat.
Dass der Psalm nur halb überliefert ist, will Arnold mit dem mangelhaften Ge-
dächtnis des Redaktors erklären, indem er Beweise hiefür auch in der analphabetischen
Form einzelner noch vorhandener Zeilen zu finden meint. Besser wird man an einen
durch Verderbnis des Exemplars verursachten Verlust des Restes denken; dafür spricht,
dass sich innerhalb 1 12 — 2 3 sekundäre Elemente finden, die zwar nicht als Stücke des
alphabetischen Psalmes, aber als Ersatz derselben und als Auffüllung der durch den Ver-
lust derselben entstandenen Lücke betrachtet werden können.
Der Text von v. 2-10 ist nicht in bester Ordnung überliefert; soviel aber ergiebt
sich deutlich, dass jeder Buchstabe nur ein einziges Distichon mit in der Regel dreihebigen
Zeilen einführte.
2^ i<: Ein ei fe?* süchtig er Gott ist Jahwe, Ein Rächer und voller Zorn.
Das doppelte njH! ÖJ^i ist schwerlich richtig, zumal da die LXX es nur einmal
liest; aber der Text ist noch nicht in Ordnung, wenn man mit Günkel blosse
Dittographie annimmt, sondern man hat Dj^i^ und das zweite T\)JV zu entfernen.
Na 12 309 Na 1 5
sodass Hin'' am Ende des ersten Stichos und Dpi am Anfanj^ des zweiten zu
lesen ist. FAf ersucht ist die Reaktion (jottes ^(igen jedes Jk'nelirnen, das
ihm die ihm gebührende Ehre vorenthillt, vgl. Kx 20 f) 34 14 Dtn 4 24 etc.; die
Form ^^1ip statt der gew()hn liehen t^^p findet sich noch Jos 24 19. Zu der
Umschreibung von Eigenschaftsbegriflfen durch Verblendung von 'pj;? vgl. Ges.-
Kautzsch27 § 128u, s. auch Prv 29 22, und zu der Hache Gottes s. Jes 34 8
63 4. 2^ 3^ sehen aus wie Limitationen der Aussage von v. 2% könnten
daher Glossen sein; wahrscheinlich sind es aber in der Hauptsache nur von
ihrem Platze gerückte Bestandteile des Psalms, s. zu v. 2*' hinter v. 9'^ und zu
Y.3*ä^ bei V. 9^«, während v. 3^^ in derThat eine solche milderndeGlosse zu v.2* sein
wird. Was für Schwierigkeiten die Aussage von v. 2% dass Gott ein Rächer
sei, den Juden bereiten konnte, ersieht man noch aus den gezwungenen Er-
klärungen bei Plessner.
3^ ^: In Sturm und Wetter ist sein Weg, Und Gewölk ist der Staub seiner
Füsse. Das überschüssige Hin;;, das LXX zu v. 3^ zieht, ist gerade wie das
zweite in v. 2^ zu entfernen, wie das Alphabet hier verlangt. Die von Gunkel
und NowACK vorgenommene Änderung in "l'p p^^l \V)^ -= „Gewölk und Staub
(Gunkel: Rauch) ist zu einen Füssen" verunreinigt das Bild von dem Er-
scheinen Jahwes im Gewdtter. ^^^ ist ausser hier und Hi 9 17 immer
n^lJJD geschrieben, vgl. z. B. ebenfalls in der Schilderung der Theophanie
Jes 29 6.
4'' ^: Er bedroht das Meer und legt es trocken, Und alle Ströme lässt er
versiegen. Für ^n!i^2;i5? für dessen Erklärung man Synkope des ersten Stamm-
konsonanten mit "^ des Präformativs annimmt (s. Ges.-Kaützsch^? § 69 u), liest
man besser die richtige Form: in^:n^*^^5; Änderung in ^^il, = und es vertrocknet
(so Gunkel, Nowack), ist unnötig, da auch nachher (vgl. u'^inn), was auf
Gottes Schelten geschieht, direkt als Gottes That dargestellt wird. Zur Sache
vgl. Ps 106 9 18 16. Das Partizip 1?1il und die folgenden Verba finita
schildern Gottes Thun, das sich jederzeit wiederholen kann. Ob gerade hier
noch Erinnerungen an einen alten Mythus von der Überwindung des Meeres
durchschimmern, ist fraglich; der Verf. denkt vielleicht eher an die Erzäh-
lungen der Geschichte vom Durchzug durch das Schilfmeer und den Jordan,
vgl. Ps 114 3-5.
4^ T: Es verschmachtet Basan und Karmel Und die Blüte des Libanon
wird welk. Das doppelte h'Q'ü^ kann nicht richtig sein, auch LXX bietet ver-
schiedene Verba. Für das erste erwartet man ein Wort, das mit 1 beginnt;
demgemäss schlägt Gunkel das dem hb^^ parallele DS'H, verschmachten, vor
(vgl. Jer 31 12 25), während Aenold 1S?'l, niedergeschlagen sind {Basan und
Karmel)^ nach Jes 19 10 vorzieht und Gray an ^^1, schwach sein, schmachten
(vgl. Jes 38 14) denkt. Basan, Karmel und Libanon sind die mit dem
kräftigsten Walde und der reichsten Vegetation ausgestatteten Gegenden
Palästinas; aber auch sie leiden. Zu dieser Wirkung des Gewitters vgl. zu
Am 1 2.
5^ H: Die Berge erbeben vor ihm, Und die Hügel geraten ins Schwanken.
Um Gleichmässigkeit in der Determination herzustellen, lese man mit LXX
Na 1 5 310 Na 1 8
(xa opYj) D^'inn, auch Tlir 4 5 steht der Artikel als Anfang der H-Strophe in
alphab. Gedicht; hier ist ja zudem auch der zweite Konsonant ein n. Die Ein-
setzung von "^3 vor riiyril'l wird dagegen weder von der LXX empfohlen, noch
vom Metrum gefordert. Zu den hier beschriebenen Wirkungen derTheo-
phanie vgl. Mch 1 3 4 Hab 3 8.
5^ 1: Die Welt erbraust vor ihm, Der Erdkreis und die auf ihm wohnen.
Da ^'^l nicht intransitiv ist, wird nicht an ein Sich heben der Erde, etwa wie
TT' '
Am 9 5, zu denken sein, man hat vielmehr nach Targum eine Ableitung von
ntj^ zu lesen und zwar am einfachsten mit Günkel das Niph. ^"^P^ = rauschen,
tosen, lärmen, vgl. Jes 17 12 13, und nicht mit Bickell und Nowack das Kai
«C^n^ = verwüstet werden, vgl. Jes 611, da das in Aufruhr und lärmige Be-
wegung geraten besser zu dem VJBp passt. Das \ vor ^5^1 ist aus falscher
Dittographie entstanden; das letzte. Sätzchen ist eine nicht ungebräuchliche
Formel, vgl. Ps 24 1 98 7. . ; .
6^ T: Wer hält Stand vor seinem Grimm, Wer besteht bei der Glut seines
Zorns? Wie die Reihenfolge des Alphabetes zeigt, muss ^y&> den Platz an
der Spitze IDJ^I einräumen und hinter 1b^^ zurückweichen, wo es mit dem fol-
genden 1 zusammen als l^'iD^ den Stichos vortrefflich abschliesst» Die Ab-
O T T t
trennung des 1, sodass nur ''5?^ übrig blieb, führte die falsche Versetzung an
den Anfang herbei (so Bickell, Gunkel u. a.). Der Anstoss, den Aenold an
der Verbindung "^^ö^ IDj; nimmt und der ihn zum Vorschlag von ^•'?^ ^^ IDJ^l
(vgl. Jer 10 10) bewegt, ist] unbegründet. Zur Sache vgl. Mal 3 2, ferner s. zu
DJip; ^)? Am 7 2.
6'' n: Seine Glut strömt aus wie Feuer Und die Felsen werden von ihm
entzündet. Zu der Vergleichung der Zornesglut mit einem Peuerstrom s.
Jer 7 20 42 18 44 6 Dan 9 1127 und bes. Jer 4 26, wo vielleicht wie hier für ^i5r\^,
niedergerissen werden, auch ^n^^ (Niph. von n?^), in Brand gesetzt werden, zu
lesen ist. Über die Feuerwirkungen des Zornes Gottes vgl. Jes 30 33 Mch 1 4
Mal 3 2. Die Änderung von ^l^Dp in HilSD (Gunkel) ist unnötig ; die Glut
geht ja von Jahwe aus, vgl. Dtn 32 22. Im folgenden wird gezeigt, dass
sich der Zorn Jahwes gegen seine Feinde richtet, während die, 'die auf ihn
trauen, geborgen sind.
7^ D: Gut ist Jahwe denen, die auf ihn hoffen. Ein Schutz zur Zeit der
Gefahr, Nach LXX ist vermutlich für t1j;Db> zu lesen: nj;D Ypb, ,vgl. Ps 25 3
37 9 69 7, so GuNKEL u. a. Zu dem ersten Stichos jvgl. die wörtliche Parallele
Thr 3 25 und zu dem mit tl^^ beginnenden zweiten vgl. Jer 16ji9 Ps 37 39
Jes 25 3, welche Stellen für die Richtigkeit dieser Vermutung und gegen die
Entfernung von ni^ DI*»! und die Herübernahme von v. 7^ zur tD-Strophe (so
Arnold) sprechen.
7b gaa 1 . Jahwe kennt, die bei ihm Zuflucht suchen. Und rettet sie bei
überströmender Flut. VI'' ist ohne 1 zu lesen, nachher aber mit Gune:el Hin;;
einzusetzen. Auch die zweite Zeile ist zu kurz, da mit nbs die D-Strophe be-
ginnen muss; zur Ausfüllung der Lücke ist Jder Verlust eines ursprünglichen
^^T, oder Ü0^1^\ oder DlD^^ anzunehmen. Zu VT, = sorgen für jmd., vgl.
Ps 1 6. 8^^ Zu nnj; ^to^ vgl. Jes 8 8 28 15 Ps 124 4, sowie Dan 11 10 40.
Na 18 311 Na 19
Arnold, der v. 7^ zur tO-Strophe rechnet (s. obeiij, gewinnt die ^-Strophe durch
Verpflanzung von v. 3^ au unsere Stelle; doch ist es wahrscheinlicher, dass sich
V. 3» als lnter[)olation an richtiger Stelle findet und die Aussage von v. 2=* er-
gänzen soll, s. dort.
I^aßb ^. ij^yji dar aus macht er seinen Gegnern Und seine Feinde slosst er
in Finsternis. Für nijipp mit beziehungslosem Suffix ist nach den alten Ver-
sionen mit Buhl u. a. VöfJ? zu lesen, vgl. Ps 18 49. Zur Konstruktion 2 H^D Htoj;
s. Jer 30 11 46 28. Für "^"^T ist mit Gunkel, Nowack, Wellh. zu lesen
^T\\, vgl. Dtn 6 19 9 4 Jer 46 15. Zum llinausstossen in die Finsternis vgl.
Hi 18 18 Mt 8 12 22 i3 25 30.
gbaß ^. js^IqIii %weimal nimmt er Rache an seinen Widersachern^ Denn
iwllstlindig vollführt er sein Werk, Der Text ist hier in grosser Verwirrung;
denn wie v. 9*P sich nicht zur Fortsetzung von v. 9^* eignet, so kann auch v. 9^^
mit seinem Anfangs-Ö nicht auf v. 8 folgen. Man wird daher die drei Glieder
von V. 9 in umgekehrter Reihenfolge zu lesen haben (Bickell u. a.), aber so
dass man auch die beiden ersten Wörtchen (1J^ "^3) von v. lo hinübernimmt und
unmittelbar nach y. 9^ also als Anfang des zweiten Stichos liest. Dann hat
man n^S'IJ? "'S, nicht Th^ zu punktieren und zu übersetzen: denn er vollführt
sein Werk bis zum Ende^ %ur Vertilgung , vgl. II Reg 13 17 19 JSir 10 is; zu
dem absol. Gebrauch von n^j; s. Ps 22 32 37 5 52 ii Mal 3 17. Das bildet einen
guten Gegensatz zu D^D??ö und die beiden Stichen korrespondieren einander
vortrefflich: nicht zweimal nimmt Gott Rache, weil er gleich das erste Mal
völlig vernichtet, vgl. I Sam 3 12 26 8 II 20 10 und s. auch in II Reg 13 19 die
Gegenüberstellung von D^'PJ^B und n^3"*Ij;. Dieser tadellose Sinn beweist die
Richtigkeit der Lesart der LXX, nach welcher mit Gunkel u. a. Dp'J'Nb statt
Dlpri"«^ und 1''1^!l statt H"!^ zu lesen ist, zeigt aber auch, wie unnötig es ist,
wenn jetzt Gunkel DJ??)?, in der sehr zweifelhaften Bedeutung von vor der Zeit,
statt DIÖSJÖ vorschlägt und an das Ende der zweiten Zeile, wo er früher nach
dem Anfang von y. 10 Hj;^, auf ewig, lesen wollte, mit Bickell nj?1ö3, %ur
rechten Zeit, setzt. Der gegenwärtige hebr. Text Hl^ ♦ ♦ ♦ D^pn"^<^, an sich
eine fragwürdige Verbindung, wird gewöhnlich auf die Eroberung Nineves be-
zogen, von der gesagt sei, dass sie die endgiltige Vernichtung bringe; aber
„der ganz allgemein gehaltene Ausdruck legt diese Anwendung durchaus nicht
nahe" (Gunkel). n'^y «^in n^?"1j; ist viel bestimmter als Ti^V «^H n^D, vgl.
zu letzterem Hes 11 13.
gaa ^. \y^g denkt ihr V07i Jahwe? Der zweite Stichos ist verloren.
Bickell und Nowack vermuten, dass v. 3^°^ mit TDn an Stelle von nä hierher
gehöre : Jahwe (nach Bickell bloss T\\ zu lesen) ist langmütig und von grosser
Huld. Besser eignet sich als Fortsetzung der Frage von v. 9^*, die den Sinn
haben kann: „Denkt doch nicht, dass Jahwe etwas vergesse und ungestraft
hingehen lasse!" v. 3^'^ samt dem v. 4 folgenden Hin^. Ungestraft lässt Jahwe
nichts; vgl. Ex 20 7 34 7 Jer 25 29. Daran lässt sich dann auch leicht die 1-
Strophe (s. nachher) anknüpfen. Dagegen ist die Zurechtlegung der ):2-Strophe
durch Gunkel ausserordentlich kompliziert; zudem nimmt er an, dass nun auf
einmal die Anwendung auf den Einzelfall erfolge und „der Frevler", der
Na 1 9 312 Na 1 10
Tyrann, angeredet werde. Gunkel betrachtet nämlich v. 9^ als verdorbene
Variante von v. ii» und erklärt darum v. ii als Ö-Strophe in folgender Rekon-
struktion: bvjh^ y]t Vin njnr'pj; :im ^T tj^D, das soll bedeuten können: ,,Deine
Zeit (nach ]ü Ps 68 24 = Portion, bestimmte Zeit, s. aber zur Stelle) ist um,
der du gegen Jahwe Pläne sannst, Du Bösewicht, der Unheil plante!" Vgl.
jedoch unten zu v. ii.
2^ i: Jahwe ist ein Rächet^ an seinen Widersachern^ Und trägt seinen
Feinden nach. Dass der von Bickell, Nowack und Aknold hierher versetzte
V. 2*^ eine in den Zusammenhang passende i-Strophe bildet, lässt sich nicht
leugnen. Dagegen erheben sich dieselben Bedenken gegen die aus.v. 12^ kon-
struierte ^-Strophe Gunkel's, wie gegen seine tD-Strophe. Er liest nämlich:
nnj;! ti:!^ ]2\ •'nn. "^J?^ ^^'p^^, und übersetzt dies: „Aus sind die Tage, da ich (Israel)
schalt, Die Stunde (]? das Festgesetzte) ist verflogen (vgl. Ps 90 10), ist vorbei!"
In der Ö-Strophe ist von T\)T\)_ in dritter Person die Rede, hier soll nun Jahwe
selber „den Frevler" apostrophieren. Vgl. ferner unten zu v. 11.
10 D: Abgeschnittene Dornen sind sie alle^ Verzehrt wie Stroh vom Feuer.
So möchte ich vermutungsweise die D-Strophe herstellen. Dabei sehe ich in
dem bisher unberücksichtigten Beste von v. 10 ("Ij; •»? ist zu v. 9 verwendet) die
ersten vier Wörter als verdorbene Dittographie von D^'H^D^ D^iTD an (vgl.
Jes 33 12: D^niD3 D'^l^lp) und halte dafür, dass hinter demselben das Subj. C^3
(vgl. das folgende ^^?i<) verdrängt worden sei. In dem zweiten Stichos ist wohl
ti^«5 für tyn^ zu lesen und ^bj^ scheint zu v. 11 zu gehören (s. dort). So gefasst
beschreibt die Strophe das Schicksal der Feinde Jahwes: Wie dürre Dornen
vom Feuer werden sie rasch vom Zorne Gottes verzehrt. Inhaltlich sind
die Vermutungen Anderer von dieser Zurechtlegung nicht gross verschieden,
wenn» sie auch einen andern Text annehmen. So liest Bickell: Q"*?^D D''*l''p
!l^jS^ t^n; C^pS \2\ D'^i^^OD = „Dorngestrüpp ist kraftstrotzend. Doch bald wird es
wie dürres Stroh welken", Gunkel und Nowack ziehen von ^br^\ n^niD3 Dn;p
JlVn'; ^yi ti^j^? == „Wie ausgerissene Dornen werden sie abgemäht, Wie dürres
Gras werden sie verwelken", aber wie man „ausgerissene Dornen" noch
„abmähen" soll, ist so unverständlich, wie das „Verwelken von dürrem Gras"
und Arnold vermutet: ^T trj^D ^b^^ D^'K^no \2\ U^':^':^'0 = „Dorngestrüpp, noch
so durchnässt, werden sie verzehrt wie trockenes Stroh", aber blosses b'D^
ist nicht einfach = ti^iS!| ^5iJ. Zu dem Bilde vgl. die genaue Parallele
IISam23 6f.
Im Folgenden lässt sich mit Sicherheit keine Fortsetzung des alphabetischen Psalmes
entdecken. Wohl ist der Versuch gemacht worden, das Material 1 11 — 2 3 auf die noch
fehlenden Buchstaben zu verteilen, aber mit einem so verschiedenen Resultat, dass man
schon daran sieht, wie das scheinbare Gelingen mehr der Kunst des Auslegers, als dem
Bestände des Textes zuzuschreiben ist. Das zufällige Vorkommen von Wörtern mit den
nötigen Anfangsbuchstaben gab den Versuchen eine gewisse Handhabe, aber das Fehlen
des n, das nur durch Konjektur zu gewinnen war, ist ein deutlicher Fingerzeig, dass diese
Wörter auf falsche Fährte verleiteten. Die Resultate sind auch ohnehin so, dass sie grosse
Zumutungen an den Leser stellen, der sie als Abschluss des Psalms von v. 2-10 betrachten
soll. Gunkel konstruiert in richtiger alphabetischer Reihenfolge den Rest folgendermassen:
V (= V. 18) „Jetzt will ich deine Jochstangen (1. ?j^niDb für -^'hvip ^n^b) zerbrechen Und
deine Bande (1. Tj^nnoö) zerreissen" (die von ihm seit der 0-Strophe angenommene Anrede
Na 110 313 Na 1 10
an „den Frevler" p^eht weiter bis zur p-Stroplie, worauf ein neuer Wechsel eintritt, und
die Joclistangen und Hände sind nicht die vom Frevler getraj^enen, scuidern von ihm
Israel und anderen Völkern auferlegten); B (= v. 14*'* in Umst(;lhing) „Schnitz- und (iuss-
bild will ich vertilgen (1. l'JpC^«, ausgefallen vor 0"*^^), Ausrotten aus dem Hause deines
Gottes"; ^ (= V. 14'', ohne 1 zu Anfang) „.Jahwe hat über dich Befehl gethan : Nicht werde
fortan deines Namens gedacht" (1. ^ö^!i "i?r für ^l^^ip yijl; man beachte aber auch, dass
hier mit einem Mal Jahwe, der vorher spricht, in dritter Person auftritt); p (= v. 14*^^ von
?]"]!lf? an und v. 12^) „Dein Grab mach ich zu Misthaufen (1. ril':'j:3''p, nach dem aram. «n^p'p,
für ni^p "'S), Ich schände dich so, dass ich dich nicht nochmals zu schänden }>rauche" (vgl.
die sonderbare Anwendung von nij;, die merkwürdige B(;handlung des Perfekts samt dem
folgenden Imperf. mit llj? und die sachlich verkehrte lieihenfolge der beiden Stichen);
n (= 2 P" mit Platzwechsel von Hin und "i^3to ''by']) „Schon kommt der Bote über die
Berge. Hört ihr? er verkündet Heil" (man beachte, dass hier nicht mehr „der Frevler"
angeredet sein kann, sondern nur Israel); ty (= 2 pP, mit Umstellung der beiden Glieder
und Einsetzung von p^^n^ nach ''ipb^) „„Bezahle, Jerusalem, deine Gelübde; Feire, Juda,
deine Feste, n (= v. 2^, mit "^Jn für "'S als Anfangswort) Bedrückung wird dich nimmer-
mehr durchziehen, Mit dem Heillosen ist's aus, vorbei!"" Dazu soll noch als Zusatz eine
zweite li^-Strophe (= 2 3) kommen: „So stellt Jahwe den Weinstock Jakob her ("'S am An-
fang und ^t?*]^^ ]1iS^!> am Schluss ist zu tilgen, für ]1«ii aber ]B^ zu lesen). Dessen Reben
Plünderer verwüstet haben" (1. n"'lbt [ohne )] und entferne D'ippS). Bickell, dem
NowACK in der Hauptsache folgt, lässt die ö-Strophe vor der j;-Strophe stehen, wie in ver-
schiedenen alphabetischen Liedern des AT's, und legt sich folgenden Text zurecht: ö
(= V. J2% von D« an, wofür aber gelesen wird: niy) nu". ]P) U^2^_ n^ü[7i]bm THö) „Tyrannen-
übermut ist wie Hochwasser, Bald aber verschwindet es und verläuft" (man beachte die
Einsetzung von tns nach Gen 49 4); j; (= v. 12^ 13^) „Ich demütige dich und werde dich
nicht noch einmal demütigen. Nun will ich deinen Stab zerbrechen" (1. "rjtoö für iniDb; hier
soll mit einem Mal die Anrede an „die feindliche Macht" beginnen, "^^ri^j;, auch ohne ), von
der Zukunft verstanden werden und die Bestrafung der „feindlichen Macht" nur ein njj;,
„Demütigen", genannt werden. Ferner soll der ganze Rest von v. 13 Glosse sein); IJ (= v. 14^)
wie bei Gunkel, s. oben, p (= v. 14^, aber in Umstellung und mit Auswerfung von n^Sö
?;\n'^«) „Deine Gräber (Krypten) mache ich zu Misthaufen (nl'?p"'p D'b^« "^^'iSp, so Bickell;
dagegen Nowack: ]1^p''p D'^^|t "^inp = „Dein Grab will ich zum Gegenstand der Schmach
machen"), Schnitzbild und Gussbild will ich ausrotten"; n (= 2 1 in folgender Auswahl:
rilDi n^3 b'^''' b^ "Jj^^n ^2in "'t^il) „Lärme nur, tanze deine Festtänze! Es hilft nichts, du wirst
gänzlich, vertilgt" (, während Nowack die "^-Strophe wie Günkel bildet, aber den ganzen
Rest von 2 1 als Glosse betrachtet); ts^ (= 2 3^) „Jahwe stellt den Wein stock Jakobs wieder
her" (1. "[ö| für ]'\^^^), Er nimmt sich der Zier Israels an" (1. "jixrn« "Ipö resp. mit Nowack
"lil npö "«S, = ja, er nimmt sich etc., für ]1i<;i3); n (= 2 3^ mit vorgesetztem nnn) „Zum Ersatz
dafür, dass Plünderer es geplündert Und seine Ranken zerstört haben". Auch diese Kon-
struktion, wenn sie schon nicht zuletzt noch geradezu Israel angeredet sein lässt (doch
vgl. bei Nowack die n-Strophe), leidet an dem Ubelstande, dass die Gegner Jahwes zuerst
in 3. Person geschildert und nachher apostrophiert werden in der 2. Person Sing. (vgl.
auch die 2. Pers. Plur. v. 9^, an die Feinde oder an Israel gerichtet?) und dass Jahwe, von
dem im ganzen ersten Teile (v. 2-10) in der 3. Pers. die Rede, nachher bald selbst das
Wort hat (v. 12^ 13 14^), bald noch in 3. Pers. erscheint (v. 14^ 2 3). Das weist darauf
hin, dass hier Stücke dem Psalme angegliedert werden, die ihm nicht gehören und die
auch nicht einmal auf eine Hand zurückgehen. Dass sich die eine oder die andere dieser
Rekonstruktionen „durch den guten Zusammenhang, den sie giebt, empfehle", dürften
nur wenige finden und es wird darum dabei bleiben, dass der alphabetische Psalm nur als
Torso im masoretischen Texte steckt. Wie 1 1 1 — 2 3" zu verstehen ist, s. im Folgenden.
Na 1 11 314 Na 1 13
II. Die Verkündigung des Heils, das für Zion anbricht I 12 I3 2 i 3.
Es ist schon laoge bemerkt, dass in 1 11 — 2 3 bald Nineve, bald wieder Zion ange-
redet wird, ohne dass der Übergang im Texte selber angedeutet wäre. Der Inhalt der
Verse lässt es nicht zu, an ein einziges Objekt der Anrede zu denken; denn in 1 11 14 2 2
wird gestraft und mit Vernichtung und Eroberung gedroht, dagegen inll213 2l3 Heil
und Wiederherstellung verkündet. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Rettung und
Heil verheissenden AVorte, die sich nach 2 1 (s. aber auch zu 1 12) an Juda-Zion richten,
als sekundäres Element herauszunehmen, das sich als Fremdkörper in die ersten Teile des
Orakels gegen Nineve eingeschoben hat. Wie das Psalmfragment 1 2-10 dem theologischen
Bedürfnis entsprach, den Untergang Nineves in die Beleuchtung der göttlichen Gerechtig-
keit, die an den Feinden Vergeltung und Rache üben muss, zu stellen, so sollten die Worte
•an Zion mehr dem seelsorgerlichen Bedürfnis entgegenkommen und die trostreichen Folgen
nennen, die sich für Juda aus dem Fall der feindlichen Hauptstadt ergeben. Ein inte-
grierender Bestandteil des Orakels sind ab.er diese Trostworte nicht: einmal lehnen sie sich
an Worte der späteren Litteratur an, indem sie dieselben fast als Zitate aufnehmen, vgl.
IReg 11 39 zu 1 12, Jer 30 8 zu 1 13 und bes. Jes 52 7 zu 2 1 ; dann setzen sie auch im
Inhalt sicher die babylonische Exilierung voraus, vgl. zu 2 1 3 und 1 12 f.; und endlich
zeigt sowohl das Suffix in iniOD (v. 13), das sich auf die Worte Nahums in v. 11 bezieht
(s. zu V. 13), als auch die zerstückte Aufnahme in den laufenden Text, dass die Verse erst
nachträglich dem Orakel Nahums beigegeben sind. Sie gaben zuerst am Rande das Votum
eines Späteren ab und kamen dann in den Text, damit auch in Nahum die direkte Heils-
verheissung nicht fehle.
Um nachher die Worte Nahums im Zusammenhang betrachten zu können, nehmen
wir die Erklärung der Heilsverkündigung an Zion vorweg. Lässt man die Ein-
leitungsformel n)7^\ löiS; ni ausser Betracht, so umfasst die Heilsverkündigung eine Strophe
von sieben Zeilen, die im Kina-Metrum abgefasst sind.
12 Zu Ende sind die Tage meines Streits^ vergangen und vorüber, Ge-
demütigt habe ich dich, werde dich nicht wieder demütigen. Der Text ist recht
unsicher; vermutet ist bei dieser Übersetzung, dass D« sowohl, als auch die
beiden ]51 spätere Eindringlinge sind, da sie wenigstens zum Teil von der LXX
nicht bezeugt werden. Ich lese demnach 'i:i1 ^n^j; n^j;! ^tj ''nn ''D^ Id'?^; der
Anfang entspricht den überlieferten Buchstaben *'!lTDrD^ti^, die Gunkel ähnlich
gelesen hat (s. oben die 2-Strophe S. 312), und erinnert an Jes 60 20: ^r^\ ^thyi
"^^^JS!. Das i von 1^i:ii ist aus falscher Dittographie entstanden, nachdem IDI
eingedrungen war, und hat die Behandlung des Verbums als Niph. und die
Einsetzung von 1 nach sich gezogen: zu lesen ist ^I^J^T \\\ mit Herübernahme
des 1 zu l^yi, und zu \\l von t^-l, vorübergehen, ist Ps 90 10 zu vergleichen.
Zu V. 12^ vgl. I Reg 11 39. Der Sinn der Langzeile ist: Jetzt ist die Zeit
der Demütigung Israels, des Haders Gottes mit Israel vorüber, mit dem Fall
der heidnischen Macht beginnt das Heil Israels, vgl. bes. auch Jes 40 2.
Andere, viel gesuchtere Auffassungen von v. 12 s. oben Schlussbemerkung zu
Y. 2-10. 13 Nun zerbreche ich sein Joch, das dich drückt. Und %erreisse
deine Fesseln. Obschon ^ntsn, seinen Stab der Züchtigung, nicht unmöglich
ist (vgl. Jes 10 5 24), hat hier das richtige Gefühl die Masora geleitet, dass sie
in Parallele zu Tj'^nhDID an das Joch, tob, gedacht hat; jedoch kann man sich bei
der Form intDb nicht beruhigen, da das Suff, ^n — nicht angeht, sondern man
muss ^nijb oder besser inbb, seine Jochstangen (vgl. zu Jes 9 3) , lesen. Die
nnoi^ sind dann die Stricke, welche das Joch am Halse befestigen, vgl. ZDPV
Na 1 13 315 Na 1 11
1889, 160. Der Vers stimmt fast wörtlicli mit Jer 30 8 überein und erinnert
an Jes 10 27 14 25 Ps 2 3. JJas SuiT. ^in „ kann nur auf den Bedrücker
Israels gehen, bezieht sicli somit auf den h)l^h2 yy^ v. 11 und zeigt, dass die
Trostworte Rücksicht auf v. 11 nehmen, also späteren Datums sind, als die
Weissagung Naliums über Nineve. 2 1 (drei Zeilen; Sieh auf dm liergen
die Fasse des Siegesboten, Der Hell verkündet! Feiere, Juda, deine Feste,
Bezahle deine Gelübde! Denn ferner wird dich nicht wehr durchzlehn der
Heillose^ Er ist vernichtet, ausgerottet. Zu v. 1^* vgl. Jes 52 7; bald ist Juda
ungestört, es kann seine Feste feiern und die Gelübde, die es für die Rettung
gelobt hat (vgl. Jon 1 I6), bezahlen. Mit ^J^ü'?! in v. 1'^ wird an 1 11 und mit
niD^ nb3 (so ist mit LXX für ri^S zu lesen) an 1 u erinnert. Zu der Ver-
heissung, dass Jerusalem von Feinden nicht mehr betreten werden soll, vgl.
Jo 3 17. 3 (zwei Zeilen) Denn Jahwe stellt den Weinstock Jakob wieder
her Wie den Weinstock Israel; Denn Verwüster haben sie verwüstet Und ihre
Ranken zerstört, ^tr hat den Sinn von nuti^ 'l'^'ä, == wiederherstellen, und ist
hier transitiv gebraucht; wahrscheinlich hat man für ]^^^, Herrlichkeit, beide-
mal 155, Weinstock, zu lesen, die Banken passen dazu vortrefflich und die Ver-
gleichung Israels mit einem Weinstock resp. Weinberg ist beliebt, vgl. Jes 5 1-7
27 2-5 Jer 12 10. Jakob bedeutet hier Juda und Israel bezieht sich auf
den Norden, vgl. Jes 46 3 Ob v. I8. Es handelt sich um die Wiederherstellung
Israels im ganzen Umfang, vgl. zu Hos 2 2. pp'^, ist nicht = plündern,
sondern = verwüsten, s. Schülthess Gott. gel. Anz. 1902 No. 9, 668; zur Sache
vgl. Jer 5 10. Die beiden Sätzchen mit ''3 sind nicht parallel, das zweite
begründet die Aussage des ersten.
III. Das Orakel von Nineves Untergang I ii I4 2 2 4—3 19.
Die Prophetie gegen ISTineve ist in vierzeiligen Strophen abgefasst, die allerdings
nicht immer ganz regelmässig gebaut erscheinen, aber in der Regel in den ungeraden
Zeilen drei, in den geraden zwei Hebungen aufweisen. Der Text hat besonders im Anfang
von Cap. 2 sehr stark gelitten.
a) Das Thema des Orakels: Jahwe hat über Nineve den intergang ver-
hängt, weil es Böses gegen Jerusalem im Schilde führte 1 11 14. Zwei
Vierzeiler.
11 \^^^ Ist nicht aus dir hervorgegangen. Der Heilloses im Sinne hatte.
Der Schlimmes gegen Jahwe plante ? So dass Jahwe über dich befahl: An-
geredet ist Mneve, das nachher 2 9 mit Namen genannt ist; man hat darum
auch V. 14 die Suffixe der 2. Pers. [fem in. zu lesen: ^*;bj; etc. Vor '^jr?» ist ^^r\
zu lesen, das, in «'PD verdorben, ans Ende von v. 10 geraten ist (Wellh.,
Arnold). Die Umstellung von v. 11^ vor y. ii^3 hilft dem Metrum auf und
ist auch dem Sinne eher förderlich. Nineve ist die Haupts'tadt des as-
syrischen Reiches, dessen Könige gegen Juda und Jerusalem zogen. Ins-
besondere ist hier an Sanherib gedacht bei dem nj;"l n^H und ^J^ü^Il X^}\ mit
dieser Kennzeichnung ist gleich auch der Grund genannt, warum Nineve
dem Untergang verfallen ist, den Jahwe verhängt hat. ^hT\ lässt man wohl
besser bei n^^l nicht direkt nachwirken, sondern fasst H^^l als perf. consec.
Na in 316 Na 2 4
_^____^.^— _— __^^. — . '
ZU N^T i*^sp- zu der ganzen vorhergehenden Frage. Was Jahwe inbetreff
Nineves befohlen hat (^j; rm = "h^ r\]^ vgl. Jes 23 ii), besagt
|4apb /^^ bereite dir ein schmähliches Grab, Deines Namens soll nicht
mehr gedacht werden. Aus deinem Gotteshause rotte ich aus Schnitzbild und
Gussbild. Der Sache und des Metrunis wegen ist das letzte Sätzchen an den
Anfang gesetzt. Für das sehr gezwungene ^^t^P y^•^"^5'^, das man übersetzt:
„es soll kein Same mehr aus deinem Namen kommen", 1. TIDti^ ^Df"^^; ferner
punktiere das fem. Suffix '^^'^^^5 und "^l^p, s. zu v. 14^^ Vermutlich ist ''riiap
für n''5P zu lesen: aus den 1 läusern deiner Gotter etc.; wie der Name Nineves
so verschwinden auch seine Götter vom Erdboden. Nineve sinkt in ein schmäh-
liches Grab, 1, jl^j^ für ril^J^ ^^^ dessen ^^ aus Dittographie von "[ entstanden
ist und dann die Änderung in ni^j2 nach sich gezogen hat. ]1^jJ (Wellh.) ist
jedenfalls besser als das von Bickell vorgeschlagene aram. ni^j^'^p = Mist-
haufen.
b) Eroberung und Plünderung Nineves 2 3 4-i4. Die Verse enthalten
eine lebhafte Schilderung des Angriffs und der Einnahme Nineves, die beide
noch bevorstehen.
Cap. 2. 1 s. oben S. 315. 2 Ein Zerschmetterer zieht gegen dich
heran; Halte gute Wacht, Späh aus nach der Strasse, gürte die Lenden, Nimm
zusammen alle Kraft! Statt "[^"^D^, „Zertreuer", 1. J.D.Michaelis u. a. 'pö»
Zerschmetterer, Hammer, vgl. Jer 51 20 und s. Prv 25 I8. Die Punktation
ist nicht mit Nowack zu ändern: mit T[';5ö"bj; ist Nineve angeredet, wie 1 11 14,
und die Inff. absoU. ^V^), HS?, p^H und |^)?^ stehen für den nachdrücklichen
Impera., s. Ges.-Kautzsch^' § 113bb. Da LXX mit sx öXi^eoj; auf die
Lesung ni:>D zurückgebt, wird man HTii}!?, Wall, Feste, nicht halten können,
sondern ni^lD als Nomen von l^i = Wacht zu fassen haben (Wellh. u. a.),
was sich zu den folgenden Aufforderungen aufs beste schickt. 3 s. oben
S. 315.
4 5 Beschreibung des feindlichen Heeres und des rasenden Eahrens
seiner Visagen. 4 Der Schild seiner Streiter ist gerötet, Die Krieger
Alles "Weitere in dieser Strophe ist unsicher. Das Suff, ^n — in ^iH^IS?
(== in— , jgl. Ges.-Kautzsch27 § 911) bezieht sich auf |>ö)? y. 2; D'H«» (Partie.
Pu. mit ä statt //, s. § 52 q), rotgefärbt, heisst der Schild, nicht etwa vom
Blut, sondern wohl, weil er mit Kupfer beschlagen oder dann rot bemalt
ist. D*'j;^rj)^ bringt man gewöhnlich in Verbindung mit J^'jiri, = mit Karmesin
gefärbter Stoff, sodass die Krieger als in rote wertvolle Stoffe gekleidet be-
schrieben wären. Die rote Farbe war für die Bekleidung der Krieger bei den
alten Völkern beliebt; aber die Kostbarkeit des hier genannten Stoffes macht
doch diese Auffassung bedenklich. LXX, die an Ableitung von T[yh denkt,
hilft auch nicht weiter. Wenn nicht vorher vom Schilde die Bede wäre, könnte
man auf den Gedanken kommen, es handle sich um die barbarische Sprache
der feindlichen Krieger und man habe D^'ij;^^ Jes 33 19 zu lesen. Für t^^?^
ist vielleicht mit Wellh. u. a. C^t^3, wie Feuer, zu vermuten, mit dem die nrts
der Wagen verglichen werden; aber nn^B ist nicht verständlich, da für die
Zeit Nahums die Ableitung aus dem Persischen = Stahl Schwierigkeiten und
Na 2 4 317 Na 2 8
die Annalime eines Verbuiris ihB, =-- zerteilen, sodass r\Vh^ \i^ - Feuer der
Zerteiluiig = Feuer/unken oder sphikendes Feuer ^^elasst werden könnte,
nirgends einen Anhalt liat. Oheyne vermutet, dass nach dem assyr. halluptu,
Bedeckimg , ilD^n für n'l'jö zu lesen sei, und gewinnt auf diese Weise den brauch-
baren Sinn : Die I Metall IplaUen der Wafjen funkeln wie Feuer. S. Encycl.
Bibl. il, 2174. lion D1"'2, - wenn er aufstellt, bleibt auch fraglich in-
mitten dieser unsichern Umgebuni!;; es könnte selbst eine Glosse sein. In
der vierten Verszeile wird mit LXX D'^^IBH, die Kasse, für D^^ll^n, die Cy-
pressen, zu lesen sein; man will zwar die letzteren im Sinne von „aus Cypressen-
holz verfertigten Speeren" verstehen und ^^V,^J} = geschwungen werden fassen,
während wohl vielmehr in diesem Verb ein Ausdruck für die Unruhe der un-
geduldigen Rosse steckt.
5 Auf den Strassen rasen die Wagen, Fahren im Galopp über die Plätze;
Anzusehen sind sie wie Fackeln, Wie Blitze fahren sie hin und her. Der Plural
der Verba richtet sich nach dem Sinn: ^yyj\ ist ein Kollektivum; da es aber
mascul. ist, so hat man mit Wellh. und Nowack auch Dn"'y"lö mit mascul. Suff,
zu lesen. Zu dem Basen der Wagen vgl. Jer 46 9, zu dem Hithpalp. von
pp^ s. Ges.-Kautzsch27 § 55 g und das Pol. f?11 malt wohl „das Zickzack der
Blitze" (Hitzig, Nowack). Wie Fackeln bald da, bald dort aufleuchten und
Blitzt einherfahren, so funkelt es, wenn die Kriegswagen der Feinde Nineves
in Bewegung sind.
6—11 Der Angriff und die Eroberung. 6 7 Seine Edeln eilen zur
Mauer Und das Schutzdach wird hergerichtet; Die Wassertore werden ein-
genommen Und der Palast vergeht vor Angst. Ich halte v. 6^ für einen Ein-
schub (vielleicht mit Ausnahme von VT*};?, in dem vielleicht das Subj. von T^J^\
in verdorbener Gestalt steckt), da eine Aussage über das „Straucheln auf den
Wegen" in diese Schilderung der Angreifer nicht passt und auch die Aus-
sage: „er gedenkt seiner Edeln^' in dem Zusammenhang auf den fDö bezogen
werden müsste, aber so nicht verständlich ist. Es scheint v. 6^ ein Sätzchen zu
sein, das von der Verteidigung spricht und zu dem auch l^pri Dl*"? v. 4, bezogen
auf Y. 6^P, gehören wird: Wenn der Feind das Schutzdach herrichtet, so ge-
denkt er, seil, der König von Nineve, an seine Edeln, aber sie straucheln auf
ihren Wegen; die Verteidigung richtet nichts aus. Der alte Text spricht
von dem Sturm auf die Stadt, bei dem die Sturmbocke, D"^*!?, (vielleicht ist so
etwas als Subj. oder als Obj. zu lesen, vgl. Hes 4 2) der Mauer und den Toren
sich nähern und der durch die Herrichtung des "JJDD, das doch wohl das Schirm-
dach resp. den Wagenkasten für die die Sturmböcke leitenden Krieger be-
deutet, vorbereitet wird, vgl. Billerbeck Der Festungsbau im alten Orient,
bes. S. 28f. 7 Die Strom- oder Wassertore sind die am Tigris oder am
Choser gelegenen Tore; nach deren Einnahme ist dem Feind das 'Eindringen
in die Stadt ermöglicht und darum beginnt die Königsburg zu verzagen.
^nns^i, geöffnet, erstürmt sind die Tore natürlich durch den Feind, nicht durch
die Fluten des anwachsenden Stromes.
8 Das Schicksal der Königin bei der Einnahme der Stadt: Und die
Königin wird entblösst, wird weggeführt Und ihre Mägde schluchzen, Sie
Na 2 8 318 Na 2 10
girren wie die Tauben^ Schlagen auf ihre Brust. Dass das Hauptsubjekt nur
die Königin sein kann, ergiebt sich aus dem ganzen Inhalt der Strophe. Wie
aber D?n (als Hoph. von D^^ punktiert) dies bedeuten kann, ist noch nicht er-
klärt; denn Hussab ist schwerlich Eigenname, und wenn man ^^H liest, so
bleibt es unverständlich, wie die Königin die Eidechse ^ s. Lev 11 29 (doch kaum
weil sie wie eine solche aus ihrer Höhle herausgeführt wird!), oder die Sänfte,
s. Jes 66 20 (kaum nach arab. Analogie = „die in der Sänfte getragene Dame"!)
genannt werden könnte. Chetne schlug früher (Journ. of Bibl. Lit. 1896, 198)
vor: n?'?)? HD^n*! = und entbVösst wird die Königin, jetzt neigt er zu P. Ruben's
Vermutung, dass nach dem assyr. etellu, femin. etellitu = gross, erhaben, statt
nn'^J^n zu lesen sei : n^rij;n = die Dame, die Herrin (vgl. den Namen H'^n^),
sodass zu übersetzen wäre: Hussab ist entblösst, die Herrin. Ansprechender
ist Budde's Vermutung, dass ^5^, Königin (s. Neh 2 6 Ps 45 lo) vor TXb\ aus-
gefallen sein könnte; nur ist wohl dazu noch anzunehmen, dass D^HI der ver-
dorbene Rest des ursprünglichen ^^T\\ sei. ^'^\ heisst: sie ist entblösst,
vgl. 3 5 Hos 2 12, nicht: sie ist deportiert, was mit Hoph. ausgedrückt werden
müsste; von der Wegführung wird erst in nn^PJl gesprochen, zu der Schreibung
^5?h statt '^^T\ s. Ges.-Kautzsch^' § 63p. -^inj, das im AT nur hier im
Sinne von stöhnen, schluchzen, vorkommt, ist durch die verwandten Dialekte
gesichert. Aber hinter demselben ist wahrscheinlich als Anfang der dritten
Zeile miin |zu wiederholen, vgl. zu dem njn, girren wie die Tauben, als Aus-
druck für klagen, seufzen, Jes 38 14 59 ii, ferner vgl. in einem Hymnus (Z, 64)
an Istar bei Zimmeen Keilinschriften und Bibel S. 37. Für 10512^ von
dem ungebräuchlichen Plural D**??^ liest man besser mit Stade Gramm. § 353 a
]nn5^. An niDSinD, dessen Kai Ps 68 26 vom Schlagen der Handpauke
vorkommt, ist kein Anstoss zu nehmen; das von der LXX kaum bewiesene
nl£):jp?p (vgl. Jes 10 14 38 14) wäre nicht besser und xoirxsoÖai ist doch als
Gestus der Klage nicht fraglich, vgl. nur Jer 31 19 Mt 11 17 24 so Lk 18 is.
9 Die Flucht der Einwohner Nineves : Nineve ist wie ein Wasserteich,
Dessen Wasser entfliehen; ,^Halt, halt!^' ruft man; Aber keiner wendet sich
um. Der Anfang ist zu lesen: D^^pi iTD'^D | D*;» ri5inD 'i. Zuerst meinte man
n'^Ä'^D nach 0*^0 von Dl'' ableiten zu müssen, dann sah man im Suff. H eine Ab-
kürzung für ^^T\ und musste noch ein Subj. für D'^pJ mit T\^T\\ einsetzen. Ahnlich
verbessert Budde den Text, nur dass er ^^NT "'D'^p als aus Dittographie von D^D
entstanden und Hon'!, auf D^D bezogen, als altes Gut ansieht. D^i^, fliehen,
ist auch Ps 104 7 vom Wasser gebraucht; wie die Wasser eines Teiches, dessen
Dämme geöffnet sind, sich unaufhaltsam verlaufen, so geht Nineve nach allen
Richtungen auseinander. Zu H^ÖD ist für den Sinn ^^ zu ergänzen, vgl.
Jer 46 5 48 39, und nach dem zweiten HDy hat man mit Budde ein ^ID^^*» ein-
zusetzen.
10 Die Plünderung Nineves durch die Eroberer: Raubt Silber, raubt
Gold! Unermesslich ist der Vorrat; Und nehmt euch eine Last Von allerlei
Kleinodien! Bei der allgemeinen Flucht, auf der die Bewohner nur das Leben
zu retten suchen, stellt sich der Plünderung der reichen Stadt kein Hindernis
mehr entgegen. Hi^rDP ist die Ausstattung, der Reichtum, den sich Nineve
1
I
Na 2 10 319 Na 3 1
aufgeschichtet hat, vgl. Hi 27 16. Vor ')}) "IH?, das ohne grammatische
Verbindung ganz verloren dastelit, ist jedenfalls ein Verbum ausgefallen.
Vermutungsweise darf man (ansetzen: WDh ^njp^, =- und nchnil euch!, oder etwas
ähnliches. 11M bedeutet nach dem ursprünglichen Sinn von 123 die Last,
die Schwere: vgl. zu 3 i5.
11 Schilderung der Verödung der Stadt und des Entsetzens der Zurück-
bleibenden: Öde und Verödung und Verheerung, Verzagte Herzen und schlot-
ternde Kniee Und Zittern in allen Hüften Und aller Angesicht glühend rot!
Das femin. Partie. HjJ^DD hat abstrakte Bedeutung wie die vorangehenden
femin. Nomina njj-i^ und HiJDD, vgl. dazu zu D''p(?3 y. 3, sowie Jes 24 i; zu Dnj n'?
vgl. Jes 13 7, zum Schlottern (p**?) der Kniee vgl. Dan 5 6, zu '1:j1 nbn'pn vgl.
Jes 21 3 und zu 111SD ^^2p, = „vor Entsetzen rot werden", vgl. Jo 2 6.
12—14 Der Jubel des Propheten über den Untergang Nineves. 12
Wo ist die Lagerstatt der Löwen Und die Höhle der Leuen, Wohin der Löwe
sich zurückzog, Der Jungleu, von niemand aufgeschreckt? Mit Wellh. ist
für das unpassende nj^lP, W^eideplatz, zu lesen H^lj;??, Höhle, ebenso nach den
alten Versionen Sin^ für ^<''?^; ^<D^ ^T\ bedeutet sich zurückziehen. Auch das
N^n nach njj"ip ist unnötig. Nineve ist mit einer Löwenhöhle verglichen, wo die
Löwen ungestört und sicher waren und wohin sie den Raub zusammenbrachten;
jetzt wird dieses Räubernest verschwinden.
13 Der Löwe, der raubte, soviel seine Jungen brauchten. Und würgte
für seine Löwinnen, Der mit Raub seine Löcher füllte Und seine Lagerstätten
mit Zerrissenem, Die ganze Strophe ist Beschreibung des Subjekts von v. 12^
'''IS = nach dem Bedarf, vgl. Hab 2 13. '^''0'^^? ^^^^ ^it Cholem punktiert
wie Jer 51 38, ist = I^H, vgl. v. 12.
14 Fürwahr, ich will an dich, ist der Spruch Jahwes der Heere, Ich
lasse deine Wohnstatt in Rauch aufgehen Und mache deinem Raub auf Erden
ein Ende Und man wird die Stimme deiner Roten nicht mehr hören. Wie
schon 1 11, so ist auch hier Nineve angeredet, die 2. Pers. femin. in den Suf-
fixen ist daher am Platze. Das Bild von y. i2f. ist hier verlassen, wie die Boten,
die Nineve sendet, zeigen. Darum ist das Sätzchen: n"in ^5^n IJ'^TDD^, Glosse
eines Lesers, dem die V^ernichtung der Löwen fehlte, weil er das Bild fort-
geführt meinte. Für n|?"l genügt es nicht, "^JSD"! zu lesen, da die im Vorher-
gehenden erwähnten Streitwagen dem angreifenden Feinde gehören; man darf
Ti:s:2"l, deine Wohnung, vermuten, vgl. Prv 24 15 Jes 65 10, so auch Davidson,
während Buhl u. a. an ?[5*5, deine Menge, Budde auch an "^J^l'^, deine Grube,
denkt. Zu ]ti^3;|i Tj;nn vgl. Ps 37 20: ]l^j;n Th2\ besser wäre t^SS als ]C^j;|i,
vielleicht ist so mit Chetne nach Jes 9 17 zu lesen. Für das ganz ab-
norme n5?«b)? 1. 'JJ'JDJS;^)?, s. Ges.-Kautzsch2" § 911; das H, das von Dittographie
des folgenden H (in ''in 3 1) herrühren kann, ist kein Beweis für mascul. Anrede.
Nachdem Nineve gefallen ist, sind die Zeiten vorüber, da seine Boten allen
Völkern befahlen.
c) Nineve fällt zur Strafe für seine Sünden 3 1-7. Zuerst wird noch
einmal kurz der Anmarsch des Feindes und die Überwindung des mörderischen
und räuberischen Nineve geschildert und dann die Vergeltung dargestellt.
Na 3 1 320 Na 3 5
welche die Buhlerin dafür trifft, dass sie alle Völker mit ihren Künsten
verführte.
1 Wehe de?' Stadt des Mordes, die ganz Von Lug und Gewalt erfüllt ist,
Bei der des Rauhens kein Ende Der vierte Stichos ist offenbar
verloren; er wird besagt haben: Und kein Ende des Würgens, etwa = n^j?"]''SS;'i
HD'lia^. tS^^p^ ist intransitiv, wie öfters, vgl. Ex 13 22 Jer 17 8; die unver-
bundenen li^n? und p"lB sind das Objekt von HS^O. Lug und Gewalt übte Nineve,
der Repräsentant und das Zentrum der assyrischen Macht, in der Behandlung
der Völker und Fürsten auf Erden.
2 S^*^ (bis n^?J)?), Beschreibung des Heranzugs des feindlichen Heeres:
Horch Peitsche, horch Rasseln der Räder, Jagende Rosse, Und hochauf-
hüpfende Wagen, Bäumende Reiter. Zu dem als Interjektion gebrauchten
b'Sp vgl. Gtes.-Kautzsch^" § 146b, zu IH'l s. Jdc 5 22 und zu IjPI, auf unebenen
holprigen Wegen aufspringen, vgl. Jo 2 5. 3 Zu H^X^H, absolut == (das
Pferd) bäumen lassen, vgl. Jer 46 9: nbj; = sich bäumen, steigen, beim Aus-
greifen der Pferde zum Galopp, s. die Abbildung bei Guthe KBW S. 705.
3^ß^, Beschreibung der Schlacht und ihres Ausgangs: Schwert er funkeln
und Lan%enblit%, Viel Erschlagene und Tote in Menge, Und kein Ende ist
der Leichen, Man strauchelt über die Leichen. "152 und m sind synonym,
gerade wie die Adjektiva I55 und 1"] IReg 10 2. Für DH^^U?, dessen Suffix
unverständlich ist, da es sich hier um Nineve handelt, also nur das Suff'. H—
allenfalls möglich wäre, 1. ill'^lll?, das D ist aus Dittographie des folgenden ent-
standen. Für ^"äy^ hat man nicht mit Kere 'b'äy\ zu lesen; der vierte
Stichos setzt die Beschreibung fort: die Sieger straucheln über der Menge
der Toten.
4, der Grund des Falles Nineves : Wegen der vielen Buhlerei der Buhlerin,
Der anmutigen, zauberkundigen , Die durch ihre Buhlerei Völker berauschte
Und Nationen mit ihrer Zauberkunst. Mneve heisst hier eine Buhlerin, nicht,
weil es Götzendienst treibt, auch nicht, weil es in regem Handelsverkehr mit
anderen Nationen steht (vgl. Jes 23 15-18), sondern wegen der assyrischen
Politik, die die Völker zu gewinnen und in ihr Garn zu ziehen wusste, wie eine
Buhlerin ihre Liebhaber berückt. Die Verbindung mit Nineve schien den
Kleinstaaten Glück zu bringen, w^ar aber ihr Verderben, da sie Lug und Ge-
walt herbeiführte. Zu der Umschreibung des Adjektivs mit ^J^?, n^5?5 s.
zu n^n 'pj;? l 2. Statt n"l5bn, das weder als verkaufen, noch in der Zu-
sammenstellung mit dem arab. makara als betrügen einen guten Sinn giebt, ist
mit BuDDE (s. zu Cnt 1 4) il'l3C^'ön = berauschen, betören, berücken, zu lesen,
vgl. Prv 7 18 Apk Joh 17 2. niHS^D steht hier in altem Text mit D^.15
parallel, vgl. Am 3 1 Mch 2 3.
5—7, die Strafe der Buhlerin Nineve. 5 Fürwahr, ich will an dich,
ist der Spruch Jahwes der Heere, Und decke dir ins Gesicht deine Schleppe
auf Und zeige Völkern deine Scham Und Beichen deine Schande. Tauv Sache
vgl. Hos 2 12 Jer 13 26 Jes 47 3, bes. Hes 16 37-41; das scheint die Strafe der
Ehebrecherinnen gewesen zu sein. T.5I"^J? heisst wohl nicht: dir über das
Gesicht, sondern: dir ins Gesicht d.h. dir zur öffentlichen Schande.
Na 3 6 321 Na 3 9
6 7"^ Ich werde (lieh mit Unrat (tewerfini. Dich verunohren und an den
Pranger stellen; Und es wird jeder, der dich sieht, Scheu von dir weg sich
tuenden. D^:i1pl^ bedeutet hier: abscheuliche Dinge, man hat an Unrat u. dergl.
zu denken, vgl. Mal 2 3. Einen ähnlichen Sinn hat "JJ^n^?^, vgl. Jer 14 21. Zu
^i^h = TT'zpGtBsiYiJLot vgl. 0£LY[iaTtC£tv Mt 1 19, sowie Hes 28 17.
7*P^' Sagen wird er: Y.er stört ist Ninevel Wer tcird unt sie klagen?
Woher könnte ich au/treiben Solche, die Leid um sie tragen? ni'ltf^, ähnlich
punktiert wie D'^ijtp 2 4, s. dort. Nineve fällt ohne V' erwandte oder Freunde,
die die übliclie Klage um den Toten abhalten (l 1U) und die übrigen Trauer-
zeremonien verrichten; DH^ hat hier noch diesen speziellen älteren Sinn, etwa
„das Totenopfer darbringen und das Leichenmahl Veranstalten", so Wildeboer
ZATW 1902, 318f., trösten kann man hier nicht übersetzen, da Nineve ja tot
ist und die Toten nicht getröstet werden. Für "^J^ ist nach LXX mit Oort Tb
zu lesen; v. 7^' gehört zur Rede dessen, der scheu sich wegwendet und von Nineve
in der 3. Pers. spricht.
d) Nineve ist kein besseres Los beschieden als No-Amon in Ägypten 3 8-11.
Nahum weist in v. 8-1 1 auf die Zerstörung No-Amons hin. Bekannt ist aus assyrischen
Quellen (s. KAT^ 93f.), dass Assurbanipal (668 — 626) am Anfang seiner Regierung mit
seinem Heere zweimal (667 und 663) vor No-Amon erschien. Besonders die zweite Be-
setzurig vom Jahre 663 entspricht den Angaben unseres Propheten, da nach derselben No-
Amon sich nie mehr recht erholte. Damals hatte sich Tanut-Amon, der äthiopische
Beherrscher Ägyptens, in die Stadt zurückgezogen. No-Amon wurde erobert und der
Plünderung der Sieger preisgegeben. Zu dem assyrischen Heer hatten die palästinensischen
Vasallen, also auch Manasse, Kontingente stellen müssen. Eine spätere Zerstörung ist
nicht bekannt. Vgl. Winckler Altorient. Forsch. I, 480 und s. hiezu ferner die Ein-
leitung II. No-Amon, ägyptisch nii-t, nu-t-amen d. i. die Stadt, die Stadt Amons,
assyrisch ni\ griech. AioaroXi;, ist Theben in Oberägypten, eine der grössten Städte des
Altertums, vgl. Homer II. 9, 381 — 383: ixaTOfjiTroXoi örjpat. Dass ihr Fall grosses Auf-
sehen erregte, ist daher nicht zu wundern.
8 Bist du besser als No-Amon, Die an den Strömen lag, Deren Wall die
Flut war y Deren Mauer Wasser? Das verfrühte und überflüssige Tb ^''^D D"^??
ist als Glosse zu v. 8^^ mit Budde zu entfernen, für ^''n mit Wellh., dem fol-
genden nn^in entsprechend, Tb^T\ zu schreiben und D"'» für U\^ zu lesen. ^'y^'^T\ =
Kai statt ^?tp"^n, s. Ges.-Kautzsch27 § 70 e. Zu dem Namen No-Amon s. Vor-
bemerkung; LXX giebt hier dafür jxspU 'A[jL|xa)v, indem sie Sil? = T^'^'O^ Teil,
fasst. Zu Xl\ als Bezeichnung des Nils vgl. Jes 18 2 19 5. Theben lag
am Nil, aber dass auf allen Seiten Wasser es schützte, ist wohl zu viel gesagt,
s. Encycl. Biblica Art. No-Amon.
9 10^* Kusch war ihre Stärke und Put ohne Zahl, Und Libyer waren
ihr %u Hilfe; Auch sie ßel der Wegführti7ig anheim, Wanderte in die Gefangen-
schaft. Für n»:ij; ist niD^Jj; und ebenso nnntj? für "^nntj; zu schreiben, beides
notwendig, da Theben nicht angeredet ist, und von LXX bezeugt. Ferner ist
nach LXX 7V^'\>^ y^] mit dem Folgenden zu verbinden, also wohl nach Analogie
von- 2 10 3 3 to^S)'? n?j? I'^t?") zu lesen. Dann steht aber D1"i^ö^ noch verlorener da;
es fällt schon an sich auf, dass die Ägypter unter den Hilfsvölkern aufgezählt
werden, weil ja No-Amon die ägyptische Hauptstadt ist, darum ist es als Glosse,
die auch die Ägypter als Verteidiger No-Amons genannt sehen wollte, zu be-
KiiTTier HC /um AT XIII 21
Na 3 9 322 Na 3^13
trachten. ti^'13 sind die Äthiopier (s. Jes 18 i), die damals in der That No-
Amon besetzt hatten, da Tanut-Amon äthiopischer Herrscher war, und U^2\b
sind die Libyer; auch tD^B betrachtet man gewöhnlich als ein libysches Volk,
s. zu Gen 10 7, doch ist es wahrscheinlich mit dem ägypt. Punt weit im Süden
an beiden Ufern des Roten Meeres zu identifizieren. 10 Die Verteilung
in zwei Stichen erklärt den Gebrauch der parallelen Ausdrücke nb-l und "^^C^,
die die gewichtige Aussage verstärken. Vgl. auch Winckler AOF I, 513.
jQa3b jiiic/i ihre Kinder wurden zerschmetlert An den Ecken aller Gassen;
Über ihre Edeln warf man das Los Und ihre Grossen wurden in Kelten ge-
legt. Da hier Vergangenes geschildert wird, ist das Perf. überall notwendig,
also ^ti^'tai ohne *; zu lesen. Zu der Behandlung der Bewohner einer eroberten
Stadt vgl. Hos 14 1 Jo 4 3 und Jer 40 i 4. LXX liest auch vor n*'12Di ein
-73, besser entfernt man im Hebr. das "^3 vor n^'^n-l.
11 Auch du wirst trunken werden, Wirst umnachtet sein. Auch du tvirst
suchen \ Schutz vor dem Feinde. Trunken sein ist Bild für das von einem
Unglück verursachte Entsetzen, vgl. Hab 2 i5f. Jer 25 15-27 Jes 51 17-23, und
verhüllt sein ein ebenso häufiges Bild für „umnachtet, ohnmächtig, schwindlig
sein"; das gewöhnlichere Wort dafür ist jedoch ^^JJ, s. Am 8 13 Jes 51 20
Jon 4 8. Die Zeiten werden sich ändern: Nineve, das bis dahin nur andere
zu besiegen gewohnt war, wird in die Lage kommen, da es sich nicht zu helfen
weiss und vergeblich Schutz und Hilfe suchen wird.
e) Rein Mittel giebt es Nineves Fall zu verliindern 3 12-19, Die
Feinde sind bereits in das assyrische Reich eingebrochen und Nineves Be-
festigungen und Truppen werden die Stadt nicht retten.
12 All deine Burgen sind Feigenbäume, Deine Krieger Frühfeigen,
Wenn sie geschüttelt werden^ fallen sie Dem Esser in den Mund. Nineve
ist angeredet; die Burgen sind die Befestigungen der Stadt. Für Dy
ist mit BuDDE (s. zu Cnt 4 13) zu lesen DISj;, = ihre seil, der Befestigungen
Besatzung, oder wohl besser mit Berücksichtigung der nach v. 13 ver-
schlagenen Korrektur ^rsj;, = dein Volk. Diese festen Bollwerke der Stadt
mit ihrer Besatzung fallen so leicht, wie Frühfeigen, wenn der Baum ge-
schüttelt wird.
13 Siehe Weiber sind in deiner Mitte, Das Feuer hat deine Hiegel ge-
fressen, Deinen Feinden haben sich geöffnet Die Tore deines Landes, "^öj;
und '^?")p!l schliessen sich aus, eins macht das andre überflüssig; da Tjöj; nach
V. 12 gehört, so ist es hier zu entfernen. Der Ausdruck wird ohne dasselbe
lebendiger: Siehe nichts als Weiber, feige Memmen, (vgl. Jes 19 I6 Jer 50 37
51 30) sind in deiner Mitte d. h. allen ist der Mut entfallen, um die Hauptstadt
zu verteidigen und dem Feind sich entgegenzustellen, nachdem dieser bereits
ins Land eingedrungen ist. Die Riegel Nineves sind wie die Tore seines
Landes die Grenzfesten und die Pässe oder Defiles, die das Land abschliessen,
s. Meli 2 13. Die Versetzung von v. 13'^ verbessert das Metrum und die
Gedankenfolge, denn wenn die Tore geöffnet sind, ist ein Verbrennen der
Riegel unnötig.
I
I
Na 3 14 323 Na 3 16
14 Sc/iöp/'r dir Wifssrr für ilie Hohujendui, Hesse rv aus deine lUirijen!
Geh in den Lehm und stampfe Ton, (helfe zur Zief/elfonn! Der Sinn ist:
Setze Nineve in den besten Verteidigungszustand! "^lilD ••)? sind nicht
Wasser, die kochend über die Belagerer ausgeschüttet werden sollen (BjLriEii-
heck), sondern ein Wasservorrat für die Zeit der Belagerung, der den Ver-
teidigei'ii dienen kann, wenn der Keind die gew()linliche Wasserversorgung
unmöglich gemacht hat. p^tn, = die Schäden eines Mauerwerkes aus-
bessern, vgl. n Reg 12 sf. ]5S?? ist die YJef/elprrm, das Instrument, mit
dem die Backsteine aus dem T^ehme ausgestochen werden, vgl. ITSam 12 31.
Kür "»Hil schlägt JN[o\vA(!iv ohne Nötigung nach Sach 10 :> (aber s. zur Stelle)
^'DIS vor; 1 S12 ist wohl verständlich.
15 Dort wird das Feuer dich fressen, Das Schwert dich vertilgen, Magst
du dich auch mehren wie Grashüpfer, Dich mehren wie Heuschrecken. Da
D^ nirgends sicher in temporeller Bedeutung vorkommt, muss es auch hier
local = dort, allda verstanden werden; zu beziehen ist es auf '^^'l?!??? v. u und
V. 12: dort inmitten ihrer Befestigungen wird die Stadt vom Feuer verzehrt
und die Bevölkerung vom Schwerte vertilgt, mag Nineve noch so stark be-
völkert sein als es will. Die Imperative, die beidemal als femin. ''IMnn zu
lesen sind, stehen concessiv, s. Ges.-Kautzsch27 § 110a. Zu \>hl s. Jo 1 5;
zu "Tisnn, in schiverer Menge sich darstellen, zahlreich sein, in der ursprüng-
lichen Bedeutung des Stammes vgl. 2 lo 3 3 und v. Gall Die Herrlichkeit
Gottes 13 f. Mit p^*5 *^^?^^^ ist nichts anzufangen, da die Heuschrecken
hier weder die Fresser, noch die Gefressenen sind; die Worte sind eine un-
passende Glosse, wie v. 16^ die gegen den Zusammenhang die Feinde als
Heuschrecken fasst, s. zu v. 16^
IG'* 17^ Magst du mehr Krämer haben, Als Sterne am Himmel sind.
Deiner Mln%arlm soviel wie Heuschrecken Und deiner Tapsarlm wie Käfer.
Für ri''5in ist auch hier der concessive Impera. ''^IH zu lesen, s. v. lo; auch in
V. 17^ wirkt dieses '^^*]n noch nach = 7nach deine Mln%arlm soviel wie Heu-
schrecken! "^^.IJ^P und "^IIDÖ^ sind darum auch den Krämern verwandte Kate-
gorien der Einwohnerschaft Nineves, die dort ihre Niederlagen haben, auf die
aber am Tage der Gefahr nicht zu rechnen ist. Vgl. die weitere Ausführung
in V. 17^ Über inp und ^DSD s. zu Jes 33 18, ferner vgl. KAT^ 400 und
651, wo ZiMMEBN ^IIUp mit assyr. massaru (manzaruj „Wächter" und ^llpDD
mit assyr. tupsarru „Schreiber" zusammenstellt. Statt "^nill y^^ 1. "^51:3,
ni:i ist aus Dittographie entstanden; zu ^niil vgl. Am 7 i. 16'' versteht
man gewöhnlich so, dass tDt^D = sich häuten, entpuppen, genommen wird und
das ganze Sätzchen sagt: Der Grashüpfer häutet sich und fliegt davon. Der
Gedanke könnte allenfalls in Parallele zu v. 17^ verstanden werden, käme aber
hier zu früh. Zudem hat to^D sonst nirgends diesen Sinn; bleib t'man bei der
gewöhnlichen Bedeutung plündern, ausziehen, so tritt v. \i^ in Zusammenhang
mit der Glosse in v. 15«I^ und sagt aus: der Grashüpfer plündert und fliegt
davon. Das Bild von den Heuschrecken ist dann in anderer AVeise ange-
wendet als im übrigen Teil von v. 15 und v. 17: ihre Gefrässigkeit, die Ver-
wüstungen anrichtet, nicht ihre zahllose Menge und ihr plötzliches Ver-
21*
Na 3 16 324 Na 3 19
schwinden ist dann das tertium comparationis. Nach alledem wird v. 16^
Glosse sein.
17'' führt aus, warum diese Unzahl von Krämern, minzarim und tapsarim
den Nineviten nichts nützt: Die sich lagern an den YMunen In der 7.eit der
Kulte; Geht aber die Sonne auf, so fliegen sie davon, Unbekannt ist ihr Ort.
Der Wechsel von Singular und Plural ist unmöglich, man lese daher HHIi
(unter Herübernahme des folgenden 1) und Dlplp^; Ü'^i;? gehört zum folgenden
Vers (s. dort). Das Particip D'^^hn setzt die Beschreibung fort, es handelt
sich aber jetzt um die Schilderung der Nutzlosigkeit dieser „Heuschrecken".
Nicht nur an Zahl, sondern auch an Art sind sie Heuschrecken. In der
kalten Zeit werden die Heuschrecken starr und bleiben regungslos; aber unter
der Wärme der Sonne beleben sie sich wieder und fliegen auf und davon. So
die vielen, jetzt so bewegungslos und fest eingesessenen Einwohner Nineves:
sie werden zerstieben, wenn Gefahr sich zeigt und die Hitze der Not sich
einstellt. ^^'^p? ist der Ort, wohin sie fliegen; anders ist Ps 103 16 zu
verstehen.
18 Weh dir, entschlummert sind deine Hirten, Entschlafen deine Edeln,
Z^erstreut ist dein Volk auf den Bergen Und wird von niemand gesammelt.
Die Anrede an den König von Assur halte ich für unmöglich, nachdem vorher
überall nur Nineve in Betracht kam; l-it^t? "^^D ist G-losse (so auch W.ß. Arnold,
der sie als Erklärung von "[^'^^ betrachtet), dies umsomehr, da auch viel besser
von Hirten der Nineviten als des Königs gesprochen wird. Die Glosse kann
auch entstanden sein durch unrichtige Ergänzung eines nach D^ii^ zu lesenden
"^I^. Die Reihenfolge der dortigen Buchstaben ist falsch, statt D'^t^ IDIpD ist zu
lesen: ''"IS DDIp^, vgl. zu y. 17 und s. LXX; darauf folgte ursprünglich "^^^ das
zu [nt^S] ^^[ö] ergänzt und an den Schluss der Zeile gesetzt wurde. Man lese
also als erste Zeile: ^Ij;^ ^Di "q^ "^1«; weiter ist dann ebenfalls "^ITI^? und "^jrsj;
zu punktieren. Für ^i?^';, das weder als Imperf., noch in seiner Be-
deutung „wohnen" zwischen den Perfecta stehen kann, ist entweder DD^ oder
besser mit Wellh., G. A. Smith, Ooet (vgl. LXX) ^i^^^^^ sie sind einge-
schlafen, zu lesen. Das Stc. Xey. W^) von ti^^Ö entspricht im Sinne
dem gewöhnlichen ^^bl Der Vers schildert kaum die Sorglosigkeit der
assyrischen Führer, ihren Schlaf, in dem sie die Gefahr nicht sehen, sondern
ihren Todesschlaf, sie sind vom Feinde, der die Stadt eroberte, getötet und das
Kriegsvolk ist nach der vergeblichen Verteidigung geflohen und nun zerstreut
auf den Bergen; die Schlacht ist verloren und das Heer ohne Führer, vgl.
IReg 22 17 Sach 13 7. Die sicher erfolgende Eroberung der Stadt wird vom
Propheten als bereits eingetreten dargestellt. Damit stimmt auch der Schluss,
der hervorhebt, dass der Fall Nineves ein definitiver sein und die ganze Welt
über denselben sich freuen wird.
j[9aba. Keine Heilung giebVs für deinen Schaden, Tödlich ist deine
Wunde; Alle, die die Kunde von dir veimehmen , Klatschen in die Hände. Zu
lesen ist: "^l^^^p, "^O??, "^J??^ und ^"hy^, s. zu y. is; wahrscheinlich ist '^^'^j; eine
unnötige, das Metrum eher störende erklärende Zufügung, so Büdde. Das
Nomen T\7y^, = Loschung d. i. = Heilung, ist aiz. Xey., vgl. HH? Lev 13 6 21 etc.
Na 3 19 325 Na 3 19
15^ ist der Bruch, öfters gebraucht vom Zusammenbruch eines Staates, vgl.
Am 6 6. Zu "TjnS)? n'jni vgl. Jer 10 19 14 17, und zu ^? j;pn vgl. Ps 47 2 und
das gleichbedeutende ^5 NHD Jes 55 12: das Händeklatschen ein Zeichen des
Beifalls und der Kreude. 11) ^^ ist ein prosaischer Zusatz, der als achtes
Element des Textes verstanden eine ganz überflüssige Begründung des 'pb
beibrächte. Wahrscheinlich hat aber der Glossator nicht einmal daran
gedacht, damit den Schluss der Prophetie Nahums zu begründen, seine Zu-
gabe sollte vielmehr hinter v. 8 stehen und als Antwort auf v. s'' dienen:
niemand trägt Leid um Nineve, alle haben ja immer nur Böses von ihm er-
fahren.
Hab Einleitung I 326 Hab Einleitung II
HABAKKUK.
Einleitung.
I. Die Ziisainmcnsetzung des Buches. Das Buch Hab, das im hebräischeo,
wie im alexandrinischen Kanon die achte Stelle unter den „Zwölf Propheten" ein-
nimmt, weist auf den ersten Blick eine sehr einfache Gliederung auf: Cap. If. das
fc^'^D und Cap. 3 die H^DH des Propheten. Sieht man aber näher zu, so sind ganz ver-
schiedene Elemente zu unterscheiden, nämlich 1) ein paar psalmartige Stücke
12-4 12* 13 2 1-4, die sich zu einem Psalm zusammenfügen, der dem über das
herrschende Unrecht klagenden Dichter die göttliche Antwort erteilt, dass das Ge-
richt nicht ausbleibe, in dem der Gottlose (P^'l) seinen Untergang finde, der Gerechte
(p^^,t) aber bestehen werde; 2) ein paar prophetische Abschnitte 1 6-10 14 f.,
die eine Prophetie ausmachen, in der das Auftreten der Chaldäer und ihr Ein-
greifen in die Geschicke auch der fernsten Völker angekündigt wird; 3) eine
Reihe von Weherufen 2 5-19, die sich gegen einen unersättlichen Eroberer, der die
Völker sich unterthan machte und ihren Besitz zusammenhäufte, richten; und 4)
das „Gebet", resp. ein neuer Psalm Cap. 3, in dem das Erscheinen Jahwes zum
Weltgericht und zur Bettung seines Volkes mit grossem rhetorischem Schwünge
dargestellt wird. Ausserdem finden sich noch einzelne kleinere Stücke , die nicht
lediglich als Glossen zu einem der vier Hauptbestandteile gerechnet werden können,
sondern als Beigaben der Bedaktion des Buches betrachtet werden müssen, so 1 11
12^ 17 2 20 (s. Einl. III). Prophetischen Charakter weisen nur die beiden
mittleren Teile auf, die Stücke, die sie umrahmen, tragen psalmartiges Gepräge. Das
Buch Hab hat somit zu Anfang und zu Ende je einen Psalm, während sich bei Mch
hinten und bei Na vorn solche Elemente angegliedert haben, und der Grundstock des
Buches kann nur in den mittleren prophetischen Stücken vorliegen.
IL Die Enlsleliung der einzelnen Bestandteile. Da in dem Commentar
die Frage nach der Entstehung der einzelnen Elemente jeweilen in den Vorbemer-
kungen (s. dort) behandelt ist, können hier nur kurz die dort gewonnenen Ergebnisse
zusammengestellt werden :
a) Für den Psalm 1 2-4 12^ 13 2 1-4 kann kein ganz bestimmtes Entstehungs-
Hai) Einleiturifr IJ 327 Hab Einleitung III
datuni ung(^gel)cn werden; aber soviel ist sicher, dass er nicht in die vorexiliscbe
Periode gehört, da die Frage, die er behandelt, einerseits eine feste JJefinition dessen,
was fromm und was gottlos ist, und andererseits die; Lelire der individuellen Ver-
geltung voraussetzt. Nach dem Exil war aber die Erage, warum der (gottlose Glück
und der Fromme Unglück erfahre und wie sich dieser 'J^hatbestand mit der Gerechtig-
keit Gottes reime, eine brennende, die nie zur Kühe kommen wollte; die Jjösung, die
unser Psalm im Hinweis auf das nahe Gericht findet, ist schon von Maleachi gegeben
und auch im 2. Jahrh. der Trost der Frommen, sodass beim Mangel bestimmter
anderer Judicien ein Spielraum vom 5. bis 2. Jahrh. offenbleiben muss.
b) Die Prophetie 1 5-10 14 f. lässt sich mit völliger Sicherheit fixieren. Sie
kündigt die Chaldäer als neue Macht an, die wirksam auf dem Plan der AVeltge-
schichte auftritt und sich bis in die weiten Fernen der Erde geltend machen wird.
Vor 625, wo es Nabopolassar gelang, das neubabylonische Keich zu gründen, konnte
niemand in Juda eine Ahnung von der Rolle haben, zu der die Chaldäer berufen
waren ; aber auch damals mochte kaum jemand besonders Grosses von ihnen erwarten.
Als Vollstrecker des göttlichen "Willens an Juda konnten sie erst von einem Prophe-
ten nach der Schlacht von Karkemisch (605 v. Chr.) erkannt werden ; das Jahr 605
wird daher das Entstehungsjahr der Prophetie sein. Man bedenke, dass es ja nicht
die Aufgabe der Propheten war, unwahrscheinliche Ereignisse der Zukunft voraus-
zusagen, sondern die Bedeutung der sich abspielenden Ereignisse ihren Volksgenossen
klarzulegen, insbesondere auch ihnen den Blick zu schärfen, damit sie die Zuchtrute
erkennen, die Jahwe für das treulose abtrünnige Volk bereit habe.
c) Die Wehe rufe 2 5-19 sind gegen den Chaldäer gerichtet (s. Vorbemerkung
zu 2 6 ff.), können darum nicht in einem Atemzuge mit der Prophetie, die die Chal-
däer als Gottes Beauftragte erst ankündigt, gesprochen sein. Vorausgesetzt ist von
denselben, dass das chaldäische Weltreich nicht erst im Werden ist, sondern schon
lange bestanden hat, dass es nicht nur den von der Prophetie 1 5-10 14 f. vorausgesag-
ten gottgewollten Einfluss auf Juda, sondern eine widergöttliche Wirkung auf alle
Völker ausgeübt hat, und dass man seinem Ende schon deutlich entgegensieht. Darum
können diese Weherufe erst entstanden sein, als es mit dem chaldäischen Reiche schon
stark zur Neige ging, also um 540 v. Chr.
d) Der Psalm Cap. 3 trägt nur Merkmale einer spaten Zeit an sich; dass er
mit allen Beizeichen eines in ein Psalmbuch aufgenommenen Psalmes ausgestattet
ist, also aus einer solchen Liedersammlung stammt, kann zwar allein für sich kein
Grund sein, ihn nicht für alt zu halten. Aber seine Sprache weist ihn in die Zeit
nach dem Exil und da er einen T\^^ü an der Spitze des jüdischen Volkes kennt (3 13),
so bleibt kaum etwas andres übrig, als ihn in das 2. Jahrhundert und zwar in die
Periode desselben zu weisen, wo makkabäische Fürsten das Regiment führten. Dass
Ps 77 17-20 unsern Psalm schon kennt, kann kein Hindernis für diese späte Datierung
sein; Hab B und Ps 77 17-20 brauchen durch kein Jahrhundert von einander getrennt
zu sein.
III. Die Entstehung^ des ganzen Buches. Durch die soeben dargelegte
Ansicht von der Entstehung der einzelnen Teile ist die Stellung gekennzeichnet, die
den Anschauungen Giesebrecht's, Budde's und Bothstein's gegenüber einzu-
nehmen ist. Jede derselben vertritt berechtigte Gesichtspunkte und von jeder ist zu
Hab Einleitung III 328 Hab Einleitung III
lernen, aber keine vollstiindig zu adoptieren ; denn stammen die Stücke aus so ver-
schiedener Zeit, so ist durch Versetzung kein einheitliches Ganzes und keine einheit-
liche Entstehungezeit fiirCap. If. oder die Grundlage der beiden Capitel zu gewinnen
(s. näheres Vorbemerkung zu 1 2—2 20). Noch weniger aber kann Cap. 3 mit Cap. If.
zusammen als ein aus ein und derselben Zeit herrührendes Ganzes betrachtet werden,
wie M. Lauterbcjkg und ¥, E. Pei.sER wollen.
Ersterer vertritt die Ansicht, dass Hab kurz vor Dtjes etwa um 545 v. Chr.
ent&tanden sei; er hat also die in Bezug auf einen Teil (die Weherufe von Cap. 2)
richtige Empfindung durchschlagend sein lassen und auf das Ganze ausgedehnt, so
dass er nicht zurückschreckte, das seiner Hypothese entgegenstehende D'^'lb^5"nS 1 6
als Glosse auszuscheiden (s. zu 1 6). Wie wenig auch die drei Capitel sich unter
einen Hut bringen lassen, zeigt die von Lautekbuk(t versuchte Zusammenfassung:
„Habakuk beginnt mit der Klage: Wie lange soll noch währen der Zustand der
Unterdrückung ? Dann wendet er sich direkt an die Unterdrücker mit der Mitteilung
des Gesichts, das das Erstehen eines mächtigen Gegners voraussagt, und stellt darauf
Gott wiederholt die Notwendigkeit eines baldigen Einschreitens vor. Durch die Ant-
wort, die er in Cap. II erhält, das Gesicht erfülle sich gewisslich zu seiner Zeit,
darum solle er es aufschreiben und in Geduld der Erfüllung harren, bekommt er Mut,
mit der vollen göttlichen Autorität eines Propheten die Errettung Israels und in
fünf Weherufen den gewissen Untergang der gottlosen Weltmacht zu verkündigen. In
dichterischer Weise beschreibt endlich Cap. III die nahende Katastrophe als eine
Erscheinung Gottes zum Gericht, der das menschliche Herz mit natürlicher Bangig-
keit und doch wieder im Vertrauen auf Jahwes Heilserweisung mit freudiger Zuver-
sicht entgegensieht." Auch wenn davon abgesehen wird, dass in diesem Besume
nicht auf die Eigentümlichkeiten der einzelnen Stücke genügend Bücksicht genommen
ist, kann ihm nur bei sehr gutem Willen „folgerichtige Entwicklung" nachgerühmt
werden.
Nach Peisee, ist Hab im Jahre 609 v. Chr. abgefasst und zwar ist der Ver-
fasser „ein Prinz des judäischen Königshauses, der als junger Knabe nach Ninive
kam und dort aufwuchs", vielleicht ein Sohn oder Enkel Manasses, der als Geisel sich
zu Ninive in fürstlicher Haft befindet. „Seinen offiziellen Namen kennen wir nicht;
als sein Schriftstellername wird habakuk angegeben, was ein gut assyrisches Pseudo-
nym sein könnte" (vgl. zu 1 l). In seiner Haft in Ninive hat der Prinz einen An-
griff „der Chaldäer" erlebt, welcher aber missglückte. „Das war der erste Ansturm
der Meder, wohl im Bunde mit den aufständigen Chaldäern und Babylon, welcher im
Jahre 625 zurückgewiesen war, und wobei der Mederfürst fiel. Jetzt rückt wieder
ein Angriff gegen Ninive näher und näher. " Der Verfasser sieht in diesem Angriff"
einen Zug Jahwes, um seinem Volk und seinem Gesalbten zu helfen, und meint mit
dem Gesalbten sich selbst, schrieb sich also ein Anrecht auf den Thron von Juda zu.
Er war somit, wie Peisee schliesst, „ein Prinz, welcher bei einer der Umwälzungen
in Frage kommen konnte. Da Josia von 640—609 regierte, so kann es sich nur um
die Zeit von 609 an handeln. Wahrscheinlich war es die Nachricht vom Tode Josias,
welche den Ausbruch der Klage veranlasste." Für dasselbe Datum spricht noch ein
weiteres Indicium. In 3 13 steht zu lesen, dass Jahwe einen Fürsten, der zum Frevler-
hause gehörte, geschlagen habe. „Das „Frevlerhaus" muss das königlich assyrische
JFab P]inloitung III 329 Hab Rinleitun^r TIE
iiaus sein. Als die Meder wieder gegen Ninive heranrückten, wollten die Skythen
unter Madyas Entsatz bringen; «ie wurden geachlagen. Madyas aber war der Sohn
des Bartatua, also der Enkel Asarhaddons durch seine Mutter, konnte demnach wohl
als J^tyi n'^^D ti^SI bezeichnet werden. Auch hierdurch wird als Zeit der Abfassung
das .lalir 609 gefordert." Man sieht, Feismr gründet seine Auffassung hauptsächlich
auf Cap. 3. JJie Hypothese von der Haft des Verfassers in Ninive soll an 3 16 ihre
Stütze haben, wo am Schluss für lilU'^ DJ^7 nach IjXX (sl; Xaov Trapoixta; jj.ou) zu
lesen sei: ^y\^t^ ^V^] ^^r Verfasser soll nach 3 13 Prinz sein, was aber nur aus falscher
Erklärung des ^H^'ti^ö erschlossen ist (s. zu 3 13). Wie gesucht und gezwungen die
Deutung des „Fürsten aus dem Frevlerhaus" auf den Skythen Madyas ist, braucht
nicht gesagt zu werden. Die ganze Hypothese hat aber endlich einen eigens präpa-
rierten Text zur Voraussetzung, der gewaltig von dem MT abweicht. Man braucht
gar nicht an die Unfehlbarkeit des MT's zu glauben, ja man kann der Ansicht sein,
dass in noch vielen Punkten, wo die alttestamentlichen Kritiker den Text unbean-
standet hinnehmen, Fehler vorliegen, und trotzdem ein solches Umspringen mit der
überlieferten Textgestalt nicht als den AVeg ansehen, um auf einen grünen Zweig zu
kommen. Die Aufgabe eines Exegeten kann nicht darin bestehen, mit etwelcher
Phantasie sich von einer sehr fraglichen Zurechtlegung eines einzelnen Verses aus
eine Hypothese durchzuführen und alle entgegenstehenden Instanzen durch Konjek-
turen'aus der AVeit zu schaffen, sondern mit allen gegebenen Faktoren des Textes zu
rechnen und von da aus sich eine Auffassung zu schaffen. Endlich hat dabei eine
grössere Wichtigkeit die Beachtung der Analogien, die die alttestamentlichen Schriften
aufweisen, namentlich auch nach der Seite ihrer successiven Entstehung, als die Herbei-
ziehung vielfach nur vermeintlicher, mindestens oft sehr entfernter Parallelen aus der keil-
inschriftlichen Litteratur. So dankbar die alttestamentlichen Forscher für alle Förde-
rung sind, die sie den Keilinschriften verdanken, auch für eine hebräische Schrift, die in
Ninive entstanden sein sollte, müssten sie es ablehnen, dass derMassstab zu ihrer Beurtei-
lung in erster Linie der keilinschriftlichen Litteratur zu entnehmen sei.
Nicht ganz so einheitlich wie LAUTERBUßa und PeiSEK fasst Otto Happel
das Buch Hab; aber er spricht doch von „einem kunstvollen Ganzen", zu dem der
Verfasser des Büchleins zur Zeit der syrischen Verfolgungen unter Antiochus IV.,
ungefähr um 170 v. Chr., die „früheren prophetischen Stücke" 1 6-11 2 5-8 3 3-15
„mit eigenen Zuthaten verwoben" und das dann noch von „einem, vielleicht zwei
hl. Schriftstellern" als „spätere Zuthat" 2 18-20 erhalten habe. Dass auch bei dieser
Hypothese zum Teil ein richtiges Gefühl wie bei derjenigen LAUTERBüKa's wirk-
sam ist, kann anerkannt werden, da für den Psalm zu Anfang das 2. Jahrh. als Ent-
stehungszeit nicht ausgeschlossen und der Psalm Cap. 3 sicher im 2. Jahrb., wenn
auch später als 170 v. Chr., entstanden ist. Gleichwohl wird Happel's Aufstellung
den im Texte gebotenen Thatsachen nicht gerecht; diese führen zu einer ganz andern
Entstehungsgeschichte des Buches.
Der älteste Teil des Buches ist die Prophetie über das Aufstehen der
Chaldäer 1 5-10 14 f. aus dem Jahre 605 v. Chr. Von diesem Teile rührt auch die
Bezeichnung «^D 1 i für Cap. If. her und auf ihn geht offenbar ebenso die Angabe
des Autors in 1 l. Habakkuk, der Prophet, war demnach ein Zeitgenosse Jeremias
und Bo kurz seine Prophetie ist, lässt sich hinzufügen: auch sein Gesinnungsgenosse.
Halj Einleitung III 330 Hab Einleitung III
Er beurteilt die Zustände in Juda und Jerusalem wie Jereinia und sieht wie dieser
in den Chaldäern die von Gott gesandte Strafe für die Treulosen. Dagegen unter-
scheidet er sich von seinem andern Zeitgenossen, von Nahum, der mit keinem Worte
die Verhältnisse in Juda tadelt und nur Ninive das Gericht anzukündigen weiss.
Von der Person Hab's ist nichts Zuverlässiges bekannt; denn die Angaben der
späteren Legenden können auf Glaubhaftigkeit keinen Anspruch erheben, so wenn in
„Bei und der Drache" erzählt wird, dass Hab, um Daniel in der Löwengrube Speise
zu bringen, von dem Engel Gottes am Haupthaar erfasst, an die Grube in Babel ver-
setzt und an gleichem Tage wieder zurückgebracht worden sei, — eine Erzählung,
die in den Prophetenleben der christlichen Kirche weitere Ausschmückung gefunden
hat und den frommen Kreisen in Palästina so wichtig erschien, dass sie die Stätte
zeigen konnten, wo Hab von dem Engel ergriffen wurde. In der IJberschrift der Er-
zählung von „Bei und dem Drachen" heisst Hab Sohn Jesus' vom Stamme Levi, in
den Prophetenleben stammt er aus Brjö^ouyap (Beth-Sacharja I Mak 6 32) und aus
dem Stamme Simeon, während die rabbinische Tradition ihn zum Sohn der Suna-
mitin macht, vgl. II Reg 4 16: )5 ^p.^^ ^^^] zwei Jahre vor dem Ende des babylo-
nischen Exils soll er gestorben sein und sein Grab wurde später in Ke^ila gezeigt
vgl. Nestle Marg. u. Mater. 26f. 57 und ZDPV 1884, 45f. Offenbar hat die Erwäh-
nung der Chaldäer in 1 6 dazu geführt, Habakkuk mit Chaldäa-Babylonien in Be-
ziehung zu bringen.
Nur die Prophetie vom Eingreifen der Chaldäer in die Geschicke Westasiens
kann von Habakkuk herrühren; er kann nicht gut selber sechzig Jahre hernach den
Anhang der Weherufe 2 5-19 derselben beigefügt haben, da er schwerlich 605 erst
20 Jahre alt gewesen sein wird. Es ist ein andrer der Autor des Anhangs; er konnte
in dem Thun der Babylonier nicht die Ausführung des göttlichen Willens sehen und
fügte, wie das babylonische Reich sich dem Untergang nahte , die Weherufe bei,
welche die Verschuldung der Chaldäer erwähnen und ihnen mit der Strafe dafür
drohen. Zum Ausgleich der verschiedenen Beurteilung der Chaldäer in 1 5-10 uf.
und in 2 5-19 fügte der Autor des Anhangs dem alten Stücke die Verse In 12^ bei.
In diesem Umfang 1 5-11 12^ 14 f. 2 5-19 (zu den Glossen von 2 5-19 s. die Exe-
gese) wird das am Ende des Exils gleichzeitig mit Jes 13 f. 21 1-15 40—55 entstandene
Buch Hab lange geblieben sein, bis man die alten Prophetenschriften anfing als
Prophezeiungen der Ereignisse der letzten Zeiten zu betrachten und mit grösster
Spannung den Eintritt des jüngsten Tages erwartete. Das war vor allem im zweiten
Jahrhundert der Fall, wo der Verfasser des Buches Daniel im Propheten Jeremia
selbst Andeutungen über das Datum des Eintrittes der Endzeit entdeckte, s. Dan 9 2.
Damals mag der Psalm 1 2-4 12^ 13 2 1-4, der auf die Klagen über das lange Aus-
bleiben des Heils und die dauernden Leiden der Frommen die Verheissung der nahen
Bettung giebt, am Bande dem Buche vorgesetzt worden sein, von wo er dann zer-
stückelt in den alten Text hineingeschoben wurde; der Überleitung von 1 14 f. auf
2 1-4 mag 1 17 seinen Ursprung danken.
Schliesslich wird als kräftiger zusammenfassender Abschluss das als Gebet
Hab's in einer Psalmsammlung vorhandene Cap. 3 angefügt worden sein, das nicht
nur vom Gericht über die Heiden wie Cap. 2 5-19, sondern auch von dem Heile des
jüdischen Volkes spricht und die notwendige Kehrseite des Gerichtes hervorhebt.
Hab Einieituiifr ITI 331 llah 1 l
Zur Einleitung des (kjj. 3 ist der Vers 2 20 notwendig geworden. Die Verse 3 17-19
können schon vor der ül)(;rnji]nne des I'siihns diesem beigegeben gewesen sein; doch
bilden wenigstens v. 181'. auch für das ganze Bucli Hab einen liturgisch feierlichen
Abschluss.
IV. Liü(M'alnr. Fjianz Dklitzscii Der Prophet Habakuk ausgelegt
1813; JOH. VON GuMPACll Der Troph. Habakuk IHfiO; L. Reinke Der Proph. Hai).
1870; B. Stade Habakuk in ZATW 1884, 154—159; A. J. BaumoaüTNEK Le pro-
phete Hababuk 1885; M. Tii. HoUTSMA Habakuk 2 : 4 en 5 in TWV 1885, 180—183;
C. Beedenkamp Die Tafelinschrift Hab. 2 in StK 1889, 161—164; K. BüUDE Zu
Habakkuk 2 3ff. in ZATW 1889, 155f.; H. OORT Habakuk in ^riiT 1891, 357—367;
K. BuDDE Die Bücher Habakkuk und Sephanja in StK 1893, 383—393; J. W. EoTH-
STEIN Über Habakuk Cap. 1 u. 2 in StK 1894, 51—85; K. BuuDE Problems of the
Prophetic Literature II. Habakuk in The Expositor 1895, 372—385; M. LauteebüIIG
Habakuk in ZSchw 1896, 74—102; D. H. MÜLLER Strophenbau und Responsion 1898,
36—39; J. BÖHMER Habakuks Schrift im Feuer der neueren Kritik in Neue kirchl.
Zeitschr. 1899, 724—735; A. B. DAVIDSON Nahum, Habakkuk and Zephanjah 1899;
Gebard Smit De Profetie van Habakuk 1900; 0. Happel Das Buch des Propheten
Habakkuk 1900; K. BuDDE Art. Habakkuk in Encycl. Bibl. 1901, Sp. 1921—1928;
Ed. Sievers Metrische Studien I. Textprobeu 1901, 490f. ; T. K. Cheyne Grit. Bibl.
II, 1903, 170-173; F. E. Peiser Der Prophet Habakuk 1903.
Erklärung.
Erster Teil :
Die Ankündigung der Ghaldäer und ihres Untergangs
Cap. 1 und 2.
Die Überschrift 1 1 gehört nur zu Cap. 1 u. 2; denn die neue Überschrift
3 1 hebt deutlich das Geöet von dem Orakel des Propheten ab. Der Inhalt
von Cap. 1 und 2 heisst nur a potiori S^ID, Orakel, (Gottes-) Spruch (s. zu Na
1 1 Jes 13 1), da ein grosser Teil ganz andern Charakters ist, s. Vorbem. zu
1 2—2 20. Die Verbindung von nm mit dem Obj. «'^)? (vgl. dazu die Paral-
lele 'D (nnn) inn nm Jes l i Am l i Mch l i) und die Bezeichnung der Pro-
phetie als mo (vgl. zu Jes 13 i) und Hab's als t^'^^i (s. auch 3 i Hag 1 i Sach
1 1) sprechen für späte Herkunft der Überschrift. Der Name p^^^^rj ist
wie der Frauenname 2oüaavva (== n^C^lti^, Lilie) in den apokryphen Zusätzen
zu Daniel und in Lk 8 3 der Pflanzenwelt entnommen; denn er entspricht
offenbar assyr. hambaküku, das ein Gartengewächs bezeichnet, vgl. die Form
in LXX /\[x[':iaxoü|x, deren jjl vor ß König (Lehrgeb. II, 1 S. 473) allerdings als
Zugangskonsonant ansieht, während Fkd. Delitzsch (Proleg. eines neuen
hebr.-aram. Wörterbuchs 84) wohl richtiger p^plin vokalisieren möchte. Zu
Hab 1 1 332 Hab 1 2
den Legenden über die im AT sonst völlig unbekannte Person des Proplieten
s. Einl. III S. 330.
1 2—2 20 ist nicht als ein einheitliches Stück zu verstehen. Schon 1884 hat Stade
in ZATW IV, 154 — 159 gezeigt, dass nicht erst 2 20 als Abschluss der 1 2 beginnen-
den Prophetie gefasst werden könne. Weiter hat 1890 Giesebrecht in seinen Beiträgen
zur Jesajakritik 196—198 nachgewiesen, dass durch 1 5-11 der Zusammenhang von 1 4
mit 1 12 gesprengt wird, wie sich deutlich durch die verschiedene Anrede kundgiebt: in
V. 2-4 und V. 12 f. Jahwe, in v. 5 dagegen ,,ihr". Giesebrecht wollte demgemäss 1 5-11
an den Anfang des Buches Hab als eine für sich zu nehmende Prophetie, in welcher das
Auftreten der Chaldäer angekündigt wird, versetzen, während der übrigbleibende Teil von
Cap. 1 und 2 aus der Zeit der Chaldäerherrschaft, wahrscheinlich aus der Zeit des Exils,
stamme. Wellh. und Nowack stimmen dieser These insofern zu. als sie ebenfalls 1 5-11
abtrennen und als Prophetie eines früheren Autors ansehen, im übrigen aber für den Hest
die Möglichkeit einer Entstehung vor dem Exil offen halten. Eine gründliche Unter-
suchung des Problems brachte Budde's Abhandlung: Die Bücher Habakkuk und Sephanja
in StK 1893, 383—393. Nach Budde ist der Abschnitt 1 5-11 nicht eine unabhängige
frühere Weissagung, sondern ein integrierender Bestandteil von Cap. 1 f., der nur von
seinem ursprünglichen Platze entfernt ist und in Wahrheit in die zwischen 2 4 und 2 6
klaffende Lücke gehört. Dorthin zurückversetzt kündet er die Chaldäer als die Retter
aus der 1 2-4 12-17 2 2-4 vom Propheten beklagten Not und Bedrückung Judas unter
dem Joche der Assyrer an, worauf dann 2 6 ff. der Weheruf über die von den Chaldäern
besiegten Assyrer folgt. Diese Auffassung hat Budde auch in The Expositor May 1895,
372 — 385: Problems of the Prophetie Literature. II. Habakuk, aufrecht erhalten und ver-
teidigt gegen die Hypothese von Rothstein in StK 1894, 51 — 85: Über Habakuk Cap. 1
und 2; vgl. noch Budde in Encycl. Biblica II (1901), 1921 — 1928. Rothstein versetzt
nämlich ebenso 1 5-11 resp. 6-11 hinter 2 4 (resp. 5^), hält aber dafür, dass das „Orakel
die Spitze seiner Darstellung gegen die überhandnehmende, durch Jojakims Regiment
geförderte innerjudäische Gottlosigkeit und Gewaltthätigkeit richte und das durch die
Chaldäer herbeizuführende Strafgericht über das abtrünnige Volk und Land ankündige".
Dieses Orakel hatte nach Rothstein folgenden Bestand: 1 2-4 12^ 13 2 1-5^ 1 6-10 14 15^'^
2 6^ 7 9 10^ lO^P 11 und vielleicht noch 2 15 16 19 18 und wurde „alsdann von einem
Späteren derart umgearbeitet und erweitert, dass es wenigstens in seinem grösseren Teile
zu einem Orakel gegen Babel wurde". Keine von diesen beiden Hypothesen hat allge-
meinen Anklang gefunden; immerhin stimmten Cornill und G. A. S.aiith der Ansicht
Budde's zu, während Rothstein nur insofern nicht allein geblieben ist, als auch andre,
wie Oort, Hitzig-Steiner, von Orelli, Davidson, Driver, daran festhalten, dass in 1 2-4
von innerer Korruption Judas die Rede sei.
Diese Uneinigkeit der Ausleger weist darauf hin, dass die Lösung des Rätsels auf
andre Weise zu suchen ist. Aus den disparaten Stücken, als welche 1 2-4 und 1 5-11 fast
allgemein anerkannt sind, ist nicht wieder durch Versetzung ein einheitliches grosses
Ganzes zu konstruieren, sondern in einfacherer Weise sind die mit diesen disparaten
Stücken je harmonierenden Verse zusammenzunehmen und diese Gruppen als kleinere
Ganze für sich zu betrachten. Dieser Weg führt innerhalb 1 2 — 2 20 zur Unterscheidung
von drei in ihrer Art sehr ungleichen Hauptbestandteilen:
Zunächst erhalten wir einen Psalm, in welchem der Autor über die innere Ver-
dorbenheit der jüdischen Gesellschaft klagt und es für unbegreiflich findet, dass Jahwe
dieser Vergewaltigung der Gerechten durch die Gottlosen ruhig zusieht, in welchem aber
dem Autor die Offenbarung von Gott gegeben wird, dass das Ende^doch die Rettung, das
Leben des Frommen sein wird. Rothstein hat am genauesten die Zusammengehörigkeit
der Verse, die diesen Psalm konstituieren, erkannt, ohne aber den richtigen Schluss zu
ziehen. Es sind 1 2-4 12^ 13 2 1-4 (so auch Volz briefl.); denn 1 2-4 und 1 12^ 13 ge-
hören durchaus nach Inhalt und Form zusammen und 2 1-4 erweist sich als die Fort-
setzung dadurch, dass darin die göttliche Antwort auf die Klage 1 2-4 12^ 13 gegeben
Hab 1 2 333 Hab 1 2
wird und wieder der p^l^ (2 4) erscheint, von dem 1 4 und 13 die Kode ist, vgl. femer die
Auslegung.
Dann bleiben innerhalb 12 — 2 4 eine Anzahl Verse, welche sich schon durch
ihren epischen Charakter im Unterschied von dem lyrischen des Psalms zu einer Pro-
phetie zusammcnschliessen: 1 5-10 14-16. Der Inhalt derselben ist die Ankündigung des
Erscheinens der Clialdäer auf dem Schauplatz der Weltgeschichte. Dass 1 14-lG nicht mit
1 13 verbunden werden darf, sondern zu 1 5-10 als Fortsetzung der Schilderung der Clial-
däer gehört, ist wenigstens zum Teil auch von IIothstein gesehen; s. die Auslegung.
Endlich ist der Kest 2 5-20 insofern zusammenzunehmen, als er aus einer Reihe
von Wehe rufen besteht. Während 2 5-20 jedenfalls in keiner Weiee mit dem Psalme
vereinigt werden kann, ist die Möglichkeit zu erwägen, ob dieser Rest nicht ganz oder
zum Teil als genuiner oder als sekundärer Abschluss zu der Prophetie über das Auftreten
der Cbaldäer gehöre. S. darüber unten zu 2 5fr.
Das Ineinandergeschobensein der Teile von Psalm und Prophetie im jetzigen
Texte erklärt sich durch die Annahme, dass der Psalm zuerst in drei Stücken am Ranpe
der Handschrift, also etwa oberhalb, an der Seite und unterhalb der Kolumne, welche die
Prophetie enthielt, angebracht und nachher von einem Abschreiber in den laufenden
Text hineingenommen wurde. Ahnliche Verwirrung kommt auch anderswo vor, vgl.
z. B. Am 5 4-17, und ein Psalm ist auch der Prophetie Nahums vorgesetzt vgl. zu Na 1.
Als redaktionelle Glossen geben sich v. 11 12^ und 17 innerhalb 1 2 — 2 4 zu er-
kennen; s. die Erklärung zu denselben.
I. De^i Ausgleich der dem Frommen unverständlichen gegenwärtigen Zu-
stände bringt die Zukunft I 2-4 12^ 13 2 1-4.
Ein Psalm. Der Dichter klagt 1 2-4 über Unrecht und Gewaltthat, die ihm täglich
vor die Augen treten und die Auflösung aller gesetzlichen Ordnung zeigen ; vor allem
versteht er nicht 1 12^ 13, wie er es mit Gottes Wesen reimen muss, dass dieser dem Treiben
stillschweigend und unthätig zusieht. Auf seinen Vorhalt erhält er aber von Gott die
Auskunft 2 1-4, dass die Zukunft, das Gericht, mit der Vernichtung des Gottlosen und
der Belebung des Frommen den Ausgleich bringen wird.
Die Schilderung der Zustände und des Verhaltens von V^"i und p"*'^^ weist darauf hin,
dass es sich um innere Verhältnisse handelt; nur der Zwang, unter den man sich durch
unrichtige Zusammenkoppelung dieser Verse mit 1 5-10 begiebt, kann zu einer Deutung
von yu^"i und p^^,^ auf ganze Völker verleiten. Achten wir nun darauf, wann derartige
Klagen der Frommen über die Vergewaltigung durch die Gottlosen vernehmbar sind, so
erinnern wir uns sofort, dass sie bei Maleachi und Tritojesaja, wie dann öfters in den
Psalmen erscheinen. In diese spätere Zeit weist auch der Gebrauch von V^"i und p'''nV im
religiösen Sinn, der erst unter der Herrschaft des „Gesetzes" sich ausbilden konnte, vgl.
bes. Ps 1. Dafür spricht ferner die Hervorhebung der Reinheit als eines Grundzuges im
Wesen Gottes (1 13); denn dies zeigt, dass man sich von Gott einen festen Begriff gemacht
und die Vergeltungslehre auch auf den Einzelnen ausgedehnt hatte. Es ist darum schwer-
lich aus dem Gebrauche von min v. 4 zu entnehmen, dass man mit diesem Psalme un-
mittelbar nach der Einführung des Dtn's, etwa in der Zeit Jojakims, stehe; gewiss ist die
Thora vorhanden, aber sie hat eine viel angesehenere Bedeutung, als sie vor dem Exile
erlangte. Wir werden mit der Entstehungszeit dieses Psalms auch um der vielen Paralle-
len mit der Psalmlitteratur willen in die nachexilische Periode hinabgeführt. Ist dies
zweifellos, so lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, ob wir den Verf. zu einem Zeit-
genossen Maleachi's und Tritojes's aus dem 5. Jahrh. oder vielleicht noch besser zu einem
Angehörigen des zweiten Jahrhunderts machen sollen, wo die Gegensätze von Fromm
und Gottlos infolge des Hellenismus und der syrischen Wirren von neuem scharf einander
entgegentraten. Auf alle Fälle ist soviel sicher, dass der Psalmist nichts mit dem Prophe-
ten zu thun hat, der 1 5-10 das Auftreten der Chaldäer ankündigt.
Hab 12 334 Hab 14
Der o-anze rsalm veiTäuft in acht Tetrasticlien, deren ungerade Zeilen in der Regel
drei und deren gerade zwei Hebungen enthalten, und schliesst ab mit einem dreihebigen
Distichon.
2—4 die Klage des Psalmisten. 2, die erste Strophe: Wie lange,
Jaliwey schreie Ich,, Und du hörsl nicht, Klage Ich t^or dir über Gewalt Und du
hilfst nicht! Zu Dnn pV.J vgl. Jer 20 8 Hi 19 7; cnn, Gewalt, ungerechle Be-
handlung^ ist das Wort, das seinen Klage- und Hilferuf vor Jahwe bildet.
Zwar ist es niclit sowohl direkt und persönlich erfahrene Ungerechtigkeit, wie
bei Jeremia und Hiob (vgl. Jer 20 8 Hi 19 7, welche Stellen dem Autor wohl
vorschweben), die ihn zur Klage veranlasst, als vielmehr der allgemeine gesetz-
und rechtlose Zustand, unter dem die Frommen besonders leiden und der auch
ihn selber in IVlitleidenschaft zieht (vgl. v. 3). Es ist auch weniger ein mate-
rieller, als ein intellektueller Schmerz, ein Schmerz, den er fühlt wegen seiner
Sorge um den Bestand der Religion (vgl, v. 4), besonders wegen des Wider-
spruchs, in dem die Erfahrung zu der Theorie, zu der Lehre von Gottes Wesen,
steht (vgl. V. 12 f.). 3, die zweite Strophe: Warum lassest du mich Unhell
sehen Und muss ich Arges schauen, Sind Frevel und Gewalt mir vor Augen
Und Streit und Hader? Für tD*>?ri, das nirgends „schauen lassen" bedeutet, ist
nach Targum und Pesch. mit Smit D^?i^ zu lesen; tCi'^SH beruht auf unberechtig-
ter Gleichmacherei mit v. 13. Der letzte Stichos ist verdorben, weder ^n^] noch
i^]^\ versUindlich; in der Übersetzung ist vermutet, dass nur ]nD1 ]^"]1 ursprüng-
lich sei. NowACK hat auch diese beiden Worte bezweifelt, was von seiner
Voraussetzung aus begreiflich ist, dass es sich nicht um innere, sondern von
einem äusseren Feinde geübte Gewaltthaten handle; die Streichung dieser
Worte kann aber nur zeigen, wie unberechtigt seine Auffassung ist. b^V,
Arges, hat hier offenbar die Nebenbedeutung wie Ps 73 16 = peinliche, ärger-
liche, schwerverständliche Ereignisse', unser Psalm hat mit Ps 73 auch sonst
noch Ähnlichkeit, vgl. zu 2 1-4. Die beiden letzten Stichen legen dar,
worin die peinlichen Ereignisse bestehen, die der Psalmist erleben muss. 4,
die dritte Strophe, sieht auf die Folgen, welche die Gesetz- und Zuchtlosigkeit
für die Religion hat: Darum erlahmt die Lehre Und das Recht geht nicht aus;
Denn der Gottlose umringt den Gerechten Und das Recht ist immer gebeugt.
nnin und tDBli^p sind die beiden Seiten, nach welchen die Religion wirksam ist:
nnin = Unterweisung, Belehrung, für das rechte Verhalten eines frommen
Israeliten und DB^p = das Recht, sowohl im bürgerlichen Leben als auch im
Gericht, kurz also: Wahrheit ViXiA^ Recht. Die Wirksamkeit der Religion (das
bedeuten nnln und DS^p auch Jes 42 4) ist stille gestellt, sie stockt. Das wird
einerseits durch ^l^sri, wofür nicht mit Nowack ^IDH zu lesen ist, = sie erkaltet,
erlahmt, andrerseits durch i^;?;; ^h, = es kommt nicht zum Vorschein, es kann
sich nicht zeigen, ausgedrückt. n?:^, das nur auf immer bedeutet, gehört
schwerlich in den zweiten Stichos, sondern ist mit Peiser vor oder hinter DS^lp
zu versetzen, wo das S3;; ]T^V. auf falscher Wiederholung beruht. "^'WD,
umringen, ist nicht in H'^'ID?, vernichten (so Nowack), zu ändern; gerade das
Umringen der Frommen beschränkt ihren Wirkungskreis und stellt die Reli-
gion kalt, wie die Verdrehung das Recht lahm legt. Es ist eine ähnliche
Hab l 4 335 Hab 2 l
Klage, wie sie Mal 3 14 ausspricht: Die Religion leidest, weil Gott gegen die
Bösen nicht einschreitet und seine Gerechtigkeit sich nicht zeigt. Kine andre
Wendung der Klage s. Jes 03 17-19\ Zu der Schilderung der Zustände vgl.
auch Meli 7 2-4.
5—11 s. unten luich 2 4.
12^ 13 begründet das Recht der Klage: Dem Wesen Gottes als
des Reinen, der das Unrecht nicht dulden kann, widerstreitet sein un-
thätiges Zusehen bei der gegenwärtigen (Jottlosigkeit. Der enge Zusammen-
hang und die gleiche Form der Anrede an Jahwe beweisen, dass v. 12'' i3 die
Fortsetzung von v. 2-4 bilden, vgl. Vorbemerkung zu 1 2—2 20. 12' (bis
*'p^\^) 13*, die vierte Strophe: /Ilst du nicht von Alters her \ Jahwe, mein heiliger
Gott, 7m reiner Auf/en, um Böses %u sehn. Und kannst auf Arges nicht fjllcken?
^li^.^7 f^on Allers her, ist Jahwe der heilige Gott Israels, 1. doch wohl mit
Now^ACK und OoRT ^^^\l "^O^^j Jör Dichter mag besonders an die Bestrafung
der Sünde durch das Exil denken und an eine Darstellung der Geschichte, wie
sie Chr gibt, vielleicht selbst an die Erzählung der Sintflut. Warum er Jahwe
den heiligen nennt, zeigt 13^; der Begriff des Heiligen schlicsst das Böse, das
Arge, aus, gegen solches muss der Heilige einschreiten, das ist das AVesen des
Heiligen, wie es seit der Zeit der Propheten verstanden wurde, s. Hos 11 9
Jes 6 und vgl. auch Ps 5 5 f.
Mit niJ^J «b, dem Schlüsse von v. 12% und 12'* ist in dem Zusammenhang von v. 12*
und V. 13 nichts anzufangen; diesem Gefühl entstammt wohl die jüdische Tradition, dass
niöj )^b eine der achtzehn Stellen sei, welche „Tikkunim (Emendationen) der Sopherim"
genannt werden. Nach derselben soll nämlich n^iön S^ die ursprüngliche Lesart sein, die
geändert worden sei, weil man an einer solchen Aussage über Gott Anstoss nahm. Wahr-
scheinlich verhält es sich aber anders; denn rittn ^h passt ebensowenig in den Zusammen-
hang und schon die LXX bezeugt n^ittj ^b. Die Schriftgelehrten haben nämlich wohl
nirsn «^ lesen wollen, weil sie eben niisj ^h hier gar nicht verstanden und sich in n^ön v^h
wenigstens eine Parallele zu dem als Prädikat von v. 12* gefassten Dlj^ö denken konnten.
Über die wirkliche Meinung dieses Einschubs s. unten nach der Erklärung von v. 11
S. 341.
13'', die fünfte Strophe, die Folgerung auf das unbegreifliche Verhalten
Jahwes aus der Definition seines Wesens in v. 12* la^ Waj'uni siehst du denn
%u ^ Wenn die Treulosen treulos sind, Schwelgst, wenn der Gottlose ver-
schlingt Den, der Im Recht Ist gegen Ihn, Die von Wellh. u. a. wegen der
Grammatik und des Parallelismus vermutete Lesung von D'^lIilS ^in^ für D''i:iin
kommt auch dem Metrum zu gute; vielleicht ist als dritte Hebung der ersten
Zeile noch T\)7yi einzusetzen. "1512 steht öfters in Parallele zu y^l, vgl. Jer 12 1 ;
es weist so wenig wie J^^'l auf einen auswärtigen Feind. Es handelt sich, wie
überall in diesem Psalm, um den Gegensatz von Frommen und Gottlosen im
Innern. An ^^öö ist kein Anstoss zu nehmen, trotzdem LXX es nicht wieder-
gibt; auch ist nicht ein Gradunterschied ausgedrückt, sodass der „Gottlose"
doch noch in einem gewissen Grade gerecht und fromm wäre, sondern ^^isp
heisst soviel als: Im Gegensatz zu Ihm, eigentlich: weg von ihm.
14-17 s. unten S. 341 f.
2 1-4 die göttliche Antwort auf die vom Dichter und von seinen Ge-
Hab 2 1 336 Hab 2 4
sinimngsgenossen (v. 2^) gegen Gott erhobenen Vorwürfe. Wie der Fromme
des 73. Psalms nicht ruht, bis ihm ein ähnliclies Rätsel gelöst wird (vgl. Ps
73 17), so schaut unser Dichter nach einer Offenbarung aus und sie wird ihm
w^ie jenem zu teil. Die Ausdrücke von der „Warte" etc. nötigen nicht dazu,
etwas anderes als eine innere Erleuchtung unter der Offenbarung zu verstehen,
vgl. die Parallele aus dem Leben des Paulus II Kor 12 8 f. 1, die sechste
Strophe: Auf meine Warte irill ich treten Und mich stellen auf meinen Turm
Und ausschauen um zu sehen, was er %u mir rede Und was er mir antworte
auf meinen Vorhalt! "ll^D muss ein Synonymon von W)?^p sein, ist aber un-
sicher; Wellh. vermutet darin eine Ableitung von 1?^, Buhl liest dafür: "i:jD,
Burg, und Nowack: HS^^, Warte, s. Jes 21 8. Auch vermisst man ungern das
Suffix der 1. pers. sing. Zu !1 12"^ vgl. Hos 1 2 und bes. Sach 1 9 13 14 und
für l'^ti^tN ist notwendig II*^^; zu lesen, vgl. Pesch. Mit rin5iri, Vorhalt, Vor-
wu7f kann nur die Klage 1 2-4 12^ 13, nicht etwa die Frage 1 17 gemeint sein;
der Inhalt beweist somit den engen Zusammenhang von 1 2-4 12^ 13 mit 2 1-4.
2, die siebente Strophe: Da antwortete mir Jahwe und sprach: Schreibe die
Weissagung auf Und %eichne sie deutlich auf Tafeln, Dass jeder sie geläufig
lese. ]1tn, eigentlich: Gesicht, hat ganz die Bedeutung von Weissagung, Offen-
barung, vgl. in den Überschriften z. B. Na 1 1 ; darum kann man eine „Vision"
schreiben, wde umgekehrt auch „ein Wort schauert'^, s. zu 1 1. Die Auf-
zeichnung der Weissagung ist notwendig, weil sie ein Wort für die Zukunft
enthält v. 3, w^ie bei Jes 8 1 30 8, und deutlich soll sie erfolgen, damit sie jeder-
mann leicht verständlich sei, vgl. zu *iiHt| Dtn 27 8 und zu der Sache Dan 12 4.
3, die achte Strophe : Denn erst für eine bestimmde Frist gilt die Weissagung,
Aber sie drängt dem Ende %u und trügt nicht; Wenn sie verzieht, so harre auf
sie, Denn sie trifft gewiss ein und bleibt nicht aus, TJ^ID ist die von Gott be-
stimmte Frist, der Zeitpunkt, an dem die Krisis erfolgt, vgl. Dan 8 19; inhalt-
lich wird dieser Termin näher bestimmt durch ]>[;?, d. h. er ist das Ende im
eschatologischen Sinn, die letzte Krisis, das entscheidende Gericlit, vgl. Dan
8 17. Für n?\ viell. geradezu H'^pJ zu lesen (vgl. Ges.-Kautzsch^^ § 72 dd),
das als Hiph. von n^ö, hauchen, den Sinn von inhiare, nach etwas streben (so
Wellh. u. a.) doch wohl haben kann, ist nicht mit Buhl, Nowack, Ooet, vr\^\
im Sinne des dtjesajanischen HD^ = sprossen (von neuen Dingen) zu setzen, da
die Verbindung „dem Ende zu sprossen" sich wenig empfiehlt; dagegen kann
mit OoRT nach dem Parallelismus und nach LXX N^l statt ^b ursprüng-
lich sein,
4, das abschliessende Distichon: die Weissagung, die die Tafelinschrift
bilden soll. Leider ist der erste Stichos in unhaltbarem Texte überliefert;
denn auch wenn man TiTBV = aufgeblasen, geschivollen, im Sinne von stolz,
vermessen, fasst, so fehlt der notwendige Gegensatz zu v. 4^ und sieht HIC^^ ^h
fast aus wie eine blosse Erklärung dazu. Die alten Übersetzungen sind ver-
schieden: LXX (lav oTTOoTcLXYjTaO und Aquila (ISoo vwj^sXsuoixsvou) scheinen
für nbsj^ eine Ableitung von ^bj;, verschmachtet sein, vorauszusetzen, wie auch
einige hebr. Codd. T\^^V bieten. Das Targum bringt eine Paraphrase, stellt
aber mit richtigem Gefühl «">;;>Lrn «H = D'^^I^^'l H^n voran, dem auch Pesch.
Hab 2 4 337 Hab 1 5
Ausdruck giebt, deren Ji<ii.a offenbar auf das T]h)y[ gelesene nb^y zurückgeht.
Eine sichere Konjektur ist noch nicht gelungen: Kredenkamp vermutete 'l'jij^n,
aber „der Olmniächtige" ist kein rechter Gegensatz zu p"^^?. Dasselbe gilt,
wenn Houtsma und Ookt 'pDJ; n^in resp. ^BJ(n (= b^V^^i ^l^r Aufgeblasene)
lesen. Dem Sinne entspricht es besser, wenn Wellh. '^jyn, der Fre?:ler, ver-
mutet (vgl. auch Pesch.); aber die Fortsetzung: nlr/il ist (je.rade seine Seele in
ihm, ist zu schwach. Es wird darum grösserer Eingriffe in den Text bedürfen.
Smit «jflaubt mit der Umstellung durchzukommen: U Iti^D^ HD^j; It^"'"«':' n^n =
siehe der Ungerechte^ seine Seele wurde ohnmächtig in ihm. Aber "itJ^J"«*?
will trotz n^'Dn-«'? Ps 43 i nicht einleuchten. Da nit^^"«^ nur Glosse zu n'psj;
scheint und die ältesten Übersetzungen für letzteres ns'pV vermuten lassen, so
ist unter Beachtung von Targum und in Rücksicht auf den Gegensatz zu v. 4^^
vielleicht zu lesen: 'i HD^V yti^l n-iH = Siehe der Gottlose, seine Seele in ihm
ist verschmachtet d. h. er ist dem Tode verfallen. Die LXX hat mit ihrem
oux süöoxsi 7j '}t)5(Y] [xoo £v ttUTO) = hobr. in *'^D5 '^'^^ "^ wohl nur geraten, da
auch diese Aussage zu lahm klingt. Im Gegensatz zu der Ankündigung
des Todes des Grottlosen in v. 4» heisst es dann gut im zweiten Stichos: Aber
der Gerechte wird durch seinen Glauben leben. Die ni^DN ist die unwandel-
T Vt
bare Treue, das unverrückbare Vertrauen auf Gott, mit einem Worte: der
Glauben, dass das Festhalten an Gott und seinen Willen das Heil bedinge.
Leben hat hier den prägnanten Sinn von „verschont werden im Gericht, Ret-
tung, Heil erfahren" und die Aussage von y. 4^ fasst das jesajanische Wort
Jes 7 9 zusammen, vgl. dazu die V'orbem. zu Am 5 4-6 14 15 S. 188. Die ganze
Tafelinschrift besagt: Im nahe bevorstehenden Gericht, das die messianische
Zeit einleitet, geht der Gottlose zu Grunde, der Gerechte aber bleibt am
Leben und schaut, was er geglaubt hat. Es ist doch keine so gleichgiltige
Offenbarung, wenn man bedenkt, welche Rätsel dem frommen Juden das Un-
glück des Gerechten aufgab. Das gleiche Problem hat ja so oft die alttesta-
mentlichen Frommen beschäftigt, man vgl. Hi Mal 3 14-21 Ps 73, und nicht
nur im AT haben die Leiden und die Gottlosigkeit der Gegenwart den Glau-
ben an die Nähe des jüngsten Gerichtes belebt, vgl. Mal 3 14-21, das Buch
Dan, ferner im NT I Joh 2 I8 (so^aTYj oipa saxiv) und auch Luther. Nur Hiob
hat ohne Eschatologie das Problem bewältigt. Zu der berühmten Anwendung
von V. 4'' durch Paulus vgl. Rm 1 17 Gal 3 11, s. auch Hbr 10 38.
2. Die Ankündigung des Erscheinens der Chaldäer auf dem Schauplatz der
Geschichte I 5-10 (ii 12^) 14-I6 (I7).
Eine Prophetie. Die Angeredeten, denen Jahwe das Erscheinen der Chaldäer an-
kündigt, sind nach der richtigen, von LXX bezeugten Lesart von v. 5 (s. unten) die D''i;i^,
Treulosen, Abgefallenen, Das geht schwerlich auf die Assyrer, sondern nur auf die Volks-
genossen des Propheten, die Judäer, die besonders auch bei Jeremia so Keissen, vgl. Jer
3 20 5 11. Damit ist die Situation, welche die Prophetie voraussetzt, mit einem Male
klar. Von den Assyrern war nichts mehr zu fürchten, ihr Untergang wohl bereits be-
siegelt und auch der Pharao Necho bei Karkemisch von Nebukadnezar (605 v. Chr.) ge-
schlagen! Die siegreichen Chaldäer kündigt Jahwe seinen treulosen Dienern als die Voll-
strecker der Strafe für ihr gottloses Treiben an; die Judäer meinen zwar, ihr Treiben
Kurzer HC zum AT Xin 22
-( /
Hab 1 5 338 Hab 1 6
ruhig und ungestört fortsetzen zu können, denn Ninive ist gefallen und die Macht der
Ägypter gebrochen; aber Jahwe führt die fernen Chaldäer herbei. Die Prophetie fällt
demnach etwa in das Jahr 605 v. Chr.
Der Text ist nicht ganz intakt überliefert. In v. 11 und 12^^ hat er eine fremde
Zuthat erhalten, die dem Gedanken eine andre Wendung zu geben sucht. Ahnlichen
Charakters ist auch v. 17. In Bezug auf v. 16 kann man schwanken. Siehe über alle diese
Verse, sowie über kleinere Beifügungen die Erklärung.
Lässt man v. 16 ausser Betracht, so besteht der ganze Abschnitt aus sechs Vier-
zeilern.
5, die erste Strophe: Seht auf^ ihr Treulosen, und schaut , Erstarrt und
starrt, Denn ein Werk wirke ich in euren Tagen, Ihr glaubtet es nicht, würde
es euch erzählt. Für das wenig sagende D^^li? '1 = „seht die Völker an!'' ist
nach LXX und Pesch. mit Oort, Guthe bei Kautzsch u. a. D'^HIin "l zu lesen.
Dass Jahwe, der redet, mit den Treulosen nur die Judäer meint, versteht sich
fast von selbst; übrigens müsste eine Beziehung auf die Assyrer viel deutlicher
gegeben sein, vgl. auch Vorbem. Ferner lese man mit Guthe u. a. wie Jes
29 9 \T\1^T\\ ^nisrin, das 1 ist durch Haplographie vor dem zweiten Verb verloren
gegangen, kann aber vor dem ersten entbehrt werden; an dem Hithp. IHöriri
ist kein Anstoss zu nehmen. Endlich kann ^J^'2 nicht: ich wirke, was
nach Y. 6 verlangt werden muss, sondern nur: er wirkt bedeuten; die Bei-
spiele für das Fehlen einer Subjektsbezeichnung der 1. und 2. Person bei Ges.-
Kautzsch27 § 116 s sind alle fragwürdig. Entweder ist nach LXX mit Ooet
''iS vor ^J^Ö einzusetzen oder einfach hiefür ^J??iJ zu lesen. Die erste Strophe
setzt kräftig ein mit der Aufforderung an die Treulosen, vor Schrecken zu er-
starren über das unglaubliche Werk, das im Thun ist. Wegen der Reminiscen-
zen an Jes 5 12^ und 29 9 ist v. 5 noch lange nicht für redaktionell zu halten.
6, die zweite Strophe, beginnt die Darlegung des Werkes, das Jahwe
thut: es ist die Herbeiführung der Chaldäer. Denn siehe, ich mache aufstehn
die Chaldäer, Das grimmige und ungestüme Volk, Das %ieht in die Weiten der
Erde, Um Wohnungen einzunehmen, die nicht sein. Die Chaldäer, die von
den Babyloniern verschieden sind und am persischen Meerbusen südlich von
Babel sassen, haben ihre grosse Bedeutung für die Geschichte erlangt, als es
endlich Nabopolassar um 625 gelang, die Herrschaft in Babylonien an sich zu
reissen und das sog. neubabylonische oder chaldäische Reich zu gründen, das
unter Nebukadnezar (604—560) den Höhepunkt seiner Macht erreichte; vgl.
Artikel Chaldäa, Chaldäer in Guthe's KWB. Für die Judäer sind die Chal-
däer ein neu aufkommendes Volk, dessen Macht sich für den vorderen Orient
durch die Besiegung der Ägypter ankündigte, vgl. Vorbemerkung zu 1 5 ff.
In D^'p)? ''i?n liegt vielleicht eine Reminiscenz an Am 6 14 vor; 1D hat den Sinn
von ti^Di *•'? Jd^ 1^ 2^ ü Sam 17 8 und IHD^ den von ungestüm, behende. Die
Operationen der Chaldäer werden sich über die ganze Erde erstrecken und
die Wohnstätten anderer Völker werden in ihren Besitz übergehen. 1^"H^, das
2 6 wiederkehrt, ist hier beigeordneter Relativsatz zu nii3C^p, vgl. Prv 26 17
und s. Ges.-Kautzsch27 § 155 e. Cod. Vat. der LXX zeugt genau für
unsern Text; trotzdem hat M. Lauteeburg in der abweichenden Lesart des
Cod. Alex, eine Stütze für seine Auffassung vom Buche Hab (s. Einleitung III)
Hab 1 6 339 Hab 1 9
zu finden gemeint. Der Cod. Alex, soll niünlich mit seinem Texte: loou k';(])
ki&^eipif) icp' ujjLa; too; XaXoatoü; toi>; \irxy r^zri^; xo £»ivo; xxX., aus dem toi>; XoiX-
oatou«; als sekundär auszuscheiden sei, für folgende hebräische Vorlage Zeug-
nis ablegen: '):) Dnt^ DD^'p« D'^pD ^iin, da FiXX D^fe; als mit nn^ verwandt an-
gesehen und daher mit \ioiyr^Ti:;, wiedergegeben habe. Ferner soll nun D^b^ als
Vokativ und zwar als Anrede der babylonischen Grossen wie »les 21 5 zu
fassen und natürlich demgemäss unter ''lüH das Perservolk zu verstehen sein,
sodass also Hab Babel mit den Persern drohte. Mit Recht hat Nowack gegen
diese Zurechtmachung des Textes hervorgehoben, dass die Ausscheidung von
D'^'lb^snTlS an keiner Übersetzung einen Anhalt habe und das äusserst frag-
würdige D^'lto durch toü; \ia-/r^i:ai^ sich durchaus nicht stützen lasse. Die Les-
art des Cod. Alex., die übrigens, so wie sie lautet, richtig den Judäern mit den
Chaldäern droht, kann somit weder die Perserhypothese empfehlen, noch zum
Bew^eis für die Einheit des Buches Hab dienen.
7 8^, die dritte Strophe : Schrecklich und furchtbar ist es^ Von ihm geht
das Gericht aus, Schneller als Pardel sind seine Bosse Lnd schneidiger als
die Wölfe des Abends seine Reiter. Das unverständliche iriytto^i betrachte ich
mit Peiser als Glosse, die w^ahrscheinlich zu ^^'^^ 2 6 gehört und dazu als
Variante den Singular l»t^tJ^ markieren sollte, aber als in^ti^ verlesen zu 1 7
geriet. Auch das Suffix in ItOöli^p ist zu entfernen, da der Sinn weder ist, dass
das chaldäische Volk sein Recht von sich selber und nicht von Gott habe,
noch dass es sein Recht den Nationen auferlege; viel einfacher besagt das
Sätzchen, dass von den Chaldäern Gericht ausgeht, die Strafe besonders an
den Judäern vollzogen werden soll. Anderes bedeutet derselbe Ausdruck in
V. 4. 8 Zu der Schilderung der Schnelligkeit und Ausdauer im Angriff
vgl. Jer 4 13. Zu den am Abend nach dem beutelosen Tage heisshungrigen
Wölfen vgl. Vergil Georg. 3 264: genus acre luporum. ^ti^D^, das Mal 3 20
vom Springen mutwilliger Kälber gebraucht wird, ist ein nicht verbesserter
Fehler für das folgende V^^S, das 1 wurde nachträglich zugefügt, um Konstruk-
tion zu machen, und V^'IS ist das Subj. zu ^ni, so auch Wellh. u. a. Das zu
Anfang von v. 8'^ stehende, aber in LXX fehlende Vti^lD^ ist schliesslich eine
spätere Verbesserung für ^tS^D^, aber mit diesem zu tilgen, an dem einmaligen
Vli^lD ist es genug. Falls die metrischen Bedenken von Sievers Recht hätten,
dürfte man doch Vt^^lö nicht von V^T\"\ trennen, sondern müsste eher annehmen,
dass nach Jer 5 6 Zph 3 3 nij; ''^S^ö aus ursprünglichem D'^ns^p entstanden sei.
8** 9^, die vierte Strophe: Von fernher kommen sie geflogen Wie ein
Geier ^ der eilt zum Frasse; Sie alle kommen, um Gewalt %u üben,
Zu der Vergleichung mit dem Geier vgl. Jer 4 13 48 40 49 22 und bes. Hes
17 1-10. 9* Das zweite Sätzchen ist unverständlich, namentlich bleibt
n?35tt (gewöhnlich als Schlürfen von ^r^X resp. Streben, erklärt) unsicher, s.
Übersetzung bei Kautzsch. Der Text ist zw^eifellos verdorben und bis jetzt
keine annehmbare Verbesserung gefunden, am ehesten könnte nach LXX mit
OoRT etwas wie VöjJ (resp. D"^p^) D'lplp ÜiT^D zu lesen sein, das sagen sollte:
Gegen die, die sich wider sie erheben, gehen sie gerade ins Gesicht vor, sie
gehen von vorn auf ihre Widersacher los. 9^ wird mit Recht von Peiser
99*
Hab 19 340 Hab 1 12
als Glosse zu 2 5^ gefasst; es greift der Schilderung weit vor, vgl. v. 15 und
auch V. 10, wo erst von der Einnahme der feindlichen Städte die Rede ist, die
der massenhaften Wegführung der Bewohner vorangehen müsste. Jedenfalls
wäre auch im Zusammenhang mit v. 9^ ^DS^I, nicht '*], zu lesen.
10, die fünfte Strophe: Und selbst der Könige spotten sie Und Fürsten
sind ihnen ein Gelächter, Sie lachen über jedwede Festung, Schütten Erde
auf und nehmen sie ein. Mit der Einführung S^rri wird das Subj. hervorge-
hoben: dieselben sind's, seil, die Chaldäer, die vor keinem König, mag er noch
so mächtig, vor keiner Festung, mag sie noch so stark sein, in Angst geraten;
nur ein Lachen können diese dem gewaltigen und seiner unwiderstehlichen
Kraft bewussten Volke ablocken. Die D'^^p vgl. auch Jes 40 23. Zu lesen
ist mit BuDDE u. a. "l^iJ^I und m^^'^V, die Lesung mit konsekutivem ] beruht auf
der Auffassung, dass es sich um längst geschehene Dinge handle, einer Auf-
fassung, die durch die Imperfecta von v. 5-io als unrichtig erwiesen ist, dagegen
auch von v. n und v. 12^ (s. unten) geteilt wird. Zu dem Aufschütten
von Dämmen bei der Städtebelagerung vgl. zu II Sam 20 15. *I^5P ist mascul.
generis, darum wird man Ti'l^b) (vgl. Hos 8 3), resp. ni^b^ zu lesen haben.
11 bildet mit v. i2^Tb einen Einschub, der im Gegensatz zu v. 5-10, wo
das Werk der Chaldäer erst als zukünftig angekündigt wird, auf dieses Werk
als ein an Juda bereits vollzogenes zurückblickt. Das zeigt deutlich dasPerfectum
^hv} V. 11, und der ganze Inhalt spricht auch dafür; denn v. 11 und 12'^ handeln
von der Überschreitung des von Jahwe erhaltenen Auftrages durch die Chal-
däer: sie gingen eigenmächtig vor und vollzogen an Juda nicht nur Gericht
und Strafe, sondern haben es dem Untergang geweiht. Es ist derselbe Ge-
danke, wie er im Blick auf das Thun der Assyrer in Jes 10 5-i5 wiederkehrt.
Beide Stellen wollen in der Übertretung des göttlichen Befehls die Ursache
nachweisen, die dem Werkzeuge Gottes, den Assyrern, wie den Babyloniern,
den Untergang brachte. Wie das Perfect ^^n, so passt auch die Anrede an
Jahwe in v. 12^ nicht in den Zusammenhang der von Gott gegebenen Prophetie
V. 5-10. Zu übersetzen ist y. 11: Dann änderten sie (seil, die Chaldäer)
den Sinn und übertraten d. h. gingen über das ihnen gesteckte Mass hinaus,
überschritten den Auftrag Gottes, und machten ihre Kraft %u ihrem Gott,
Das unhaltbare ti^^\ und er verschuldete sich, ist mit Wellh. in Dti^M zu ver-
bessern, ferner aber ^t zu tilgen, das erst nach der Verderbnis von Di^M in D^t^l
in den Text geraten ist, und selbstverständlich IH^^^^ zu punktieren. Zu ^T\
mit direktem Obj. == ändern vgl. Jes 24 5 und zu X\T\ == Sinii vgl. II Reg 19 7
Hag 1 14; jedenfalls ist n-H hier nicht im Sinne von „Wind" zu nehmen und
noch weniger in ni3 zu emendieren, dem man dann ^Vi^_ statt ^^H nach Jes
40 31 vorausgehen lassen will, = „da bekommt er neue Kraft" (so Geätz und
NowACK, der sogar noch nach Jes 40 3i ID«!, „und Flügel" statt *i"::?!l für mög-
lich hält). Die von Budde vorgeschlagene Yerbesserung in: 1b^;;"| ni13 ^"^n^ tS
Vn'?«^ inb ^t "l^tS^y = „dann wird verschwinden wie der Wind und vorübergehen
Assur, das seine Kraft zu seinem Gott machte" ist gewaltsam und scheint mir
weder dem Zusammenhang mit v. 5-10 noch der Verbindung mit dem Folgen-
den zu Gute zu kommen; sie trägt, wie mir vorkommt, mehr der Hypothese,
Hab 1 12 341 Hab 1 16
dass die Worte v. 5-io sich gegen die Assyrer richten, als dem AVortlaut des
Textes (vgl. bes. auch v. 12'') Rechnung. Zu 12* s. o. nach 1 4. T\->ü^ t<b
(s. auch dort zu v. 12^) ist eine erklärende (ilosse zu v. 12^ die den dort zu
Grunde liegenden Gedanken, dass Gott nicht den Tod der Judäer wollte und
eigentlich niemals will, deutlich hervorhebt. 12^' weist mit seinen Suffixen
1 sicher über v. 12» hinweg auf v. 11 als ihm unmittelbar vorangehend zurück:
Jahwe, du hast sie, von denen v. 11 die Rede war, die Chaldäer, zum Gericht
bestimmt und Fels, du hast sie ^um Strafen bestellt. ^Xi, = Fels, ist in
Parallele mit XV\T\\ als Vokativ und Bezeichnung Gottes zu verstehen, vgh zu
diesem Gebrauche von 1^^ Dtn 32 4 I8 und s. Jes 17 10; nD^ ist = anordnen,
bestellen, wie Est 1 8. Mit tos^'p'? = „zur Vollstreckung des Gerichts" sieht
der Autor des Einschubs auf tODC^D v. 8 zurück; um die Judäer zu strafen und
zu züchtigen waren die Chaldäer bestellt, nicht, wie sie gethan haben, sie zu
knechten und wegzuführen.
13 s. 0. nach y. 12^ S. 335.
14 15, die sechste Strophe, setzt die Schilderung dessen, was die Chal-
däer thun werden, fort, ist also Fortsetzung von v. 10. Der vermeintliche Zu-
sammenhang mit Y. 13 hat erst dazu geführt Hi^J^ril statt nb^?M zu lesen; das
letztere ist wiederherzustellen. Denn als Anrede an Jahwe wäre v. 14 sehr un-
passend, zudem hängt der Vers mit v. 15 zusammen, wo richtig die 3. Pers.
erscheint. Und sie machen die Menschen wie die Fische des Meeres^ Wie das
Gewürm, das keinen Herrscher hat (vgl. Prv 6 7 30 27). Nicht auf die gewalt-
thätige Behandlung der Menschheit durch die Chaldäer, sondern auf die
Unordnung, die sie durch den Sturz der Trone und die Einnahme der Festun-
gen auf Erden hervorrufen, soll hier hingewiesen werden. Alles geht aus Rand
und Band und macht den Eindruck eines grossartigen Durcheinander, wie das
Gewimmel der Fische im Meer; von einem Zusammenhalten und Widerstand-
leisten ist keine Rede, gerade wie es sich die Überlieferung von der königs-
losen Zeit dachte Jdc 18 1 19 1. Im Trüben ist gut fischen und so machen
in diesem Gewimmel die Chaldäer reiche Beute, indem sie alles in ihr Garn
ziehen 15^: Alle ziehen sie in Ihr Garn Und fangen sie ein In Ihr Netz. n^3,
seil, die ganze Menschheit^ wird durch die Wiederaufnahme in den Suffixen
von ^nir und ^HDDSM als Obj. bestimmt. ^^^J} '"^ins, = „mit der Angel zog
er empor'', ist Glosse, wie das Perf. beweist und die Korrespondenz von D")n
und ri'lDDö in V. 15 und y. 16 zeigt; auch dürfte den Chaldäern das Angeln zu
lange gedauert haben. Zu der Punktation ^^^^ statt ThVT\ s. Ges.-Kautzsch^t
§ 63 p. 15^ halte ich mit Peiser für Glosse zu v. 16, die in LXX noch
durch Beifügung von yj xapSia aixou vollständiger lautet. Die beiden ]?"'?J^ ver-
tragen sich nicht nach einander, beide knüpfen an demselben Punkte an, da-
her muss das eine Sätzchen (und zwar ohne Fragen das erste v. 15*^) sekun-
där sein.
16 Darum opfern sie ihrem Garn Und räuchern sie Ihrem Netz; Denn
durch sie wird reich Ihr Anteil Und ihre Speise fett. Garn und Netz sind in
diesem Bilde der als Fischer dargestellten Chaldäer die Waffen; dass die
Chaldäer diesen geopfert haben, ist nicht bekannt. Dagegen berichtet Herodot
Hab 116 342 Hab 2 5
IV, 62 von den Skytlien, dass sie jährlich dem Schwert ein Opfer von Schafen
und Pferden dargebracht hätten. Vielleicht ist daher „ein Zug aus dem Bilde
der Skythen auf die Chaldäer übertragen" (Wellh.). Allerdings ist es nicht
recht verständlich, warum in der Schilderung von der künftigen Welteroberung
der Chaldäer diese Notiz erscheint; die Bedenken, die Kothstein gegen die
Zugehörigkeit von v. 16 zu v. uf. äussert, sind darum berechtigt und v. 16 ist
wohl eine spätere Zuthat, die in die Kategorie der Beifügung von 2 isf. gehört
und nachträglich in der Glosse v. 15*^ noch eine Erklärung bekommen hat.
Für ^^51S wird mit NowACK «l^l zu lesen sein, da b'Dt^^ masc. een. ist; das
überschüssige H ist falsche Dittographie des folgenden Buchstaben. •
17 ist in der ersten Hälfte ganz verdorben überliefert. Sicher ist mit
GriESEBRECHT u. a. Din für 1)Din ZU lescu, da die Verbindung von p^ilH mit Ü^r\
unverständlich, mit nin aber sehr gebräuchlich ist vd. z. B. Ex 15 9 Hes 5 2 12
und sich die Verschreibung nach dem zweimaligen Din in v. lof. leicht erklärt.
GrUTHE bei Kautzsch entfernt nun weiter das H zu Anfang, das auch in LXX
fehlt, und das ] vor Tpri, sodass das Ganze ein einziger Satz mit nochmaliger
Einleitung von ]?"^JJ wird. Aber die so gewonnene Aussage über ein bestän-
diges schonungsloses Hinmorden der Völker durch die Chaldäer ist sehr un-
wahrscheinlich, zumal das ]5"^j; keine gute Beziehung auf das Vorangehende
hat. Besser verstände man es, wenn eine Frage vorläge, ob dieses Treiben
immer dauern soll. Diese gewinnt man mit der Emendation von ]3"^3;n in
nbyn (so GiESEBRECHT, Wellh. u. a.) und von yirh in Ilhn;; (so Wellh., der
eventuell dafür Änderung von bbri^ in ^"^n;; vorschlägt): Sollen sie ewig ihr
Schwert %ücken und beständig die Völker ohne Erbarmen vernichten? D^j;n
ist leicht nach den Anfängen von y. i5^ i6 in ]?"^J?n verschrieben worden. Die
Frage von v. 17 steht aber nicht in engem Zusammenhang mit der Schilderung
der zur Strafe angekündigten Chaldäer, sondern steht auf der Linie des Zu-
satzes von V. 11 12'^ und sieht wie dieser bereits auf die Thaten der Chaldäer
zurück, gehört also ebenfalls der den ursprünglichen Sinn umbiegenden Über-
arbeitung an (vgl. zu 11 12'^).
3. Eine Reihe von Weherufen gegen die Gottlosen 2 5-20.
Von den beiden in 1 2 — 2 4 vorliegenden Stücken hat der Psalm in 2 4 einen guten
Abschluss gefunden; denn mit dem Distichon: Siehe der Gottlose, seine Seele in ihm ist
verschmachtet, Aber der Gerechte tvird durch seinen Glauben leben! ist dem Dichter auf
seine Klage durchaus genügende Antwort geworden. Anders verhält es sich mit der Pro-
phetie von dem Erscheinen der Chaldäer 1 5-10 14 15. Es kann die Ankündigung, dass
die Chaldäer in der von ihnen herbeigeführten Auflösung aller geordneten Verhältnisse
alles in ihr Garn ziehen, die Prophetie abschliessen; denn die treulosen Judäer konnten
sich daraus selber entnehmen, welches Schicksal ihnen von dem von ferne daherfliegenden
unüberwindlichen Volke bevorstehe. Aber immerhin Hesse sich denken, dass mit einigen
Worten den Angeredeten (D^l^ä 1 5) dieses Geschick noch verdeutlicht werde, und gerade
die Form der Weherufe wäre zu diesem Zwecke nicht unpassend zu finden. Es ist darum
auch besonders von Kothstein die These verfochten worden, dass wirklich in 2 off. die
genuine Fortsetzung der Prophetie vorliege und dass die Weherufe von Cap. 2 mindestens
zum Teil sich an die Judäer resp. an Jojakim richten, nämlich 2 6^ 7 9 10^ lO^ß 11 und
vielleicht noch 2l5 16 19 18. Nun ist aber der Wortlaut dieser Verse der Annahme von
Hab 2 5 * 343 Hab 2 6
Rotiis lEiN deshalb nicht günstig, weil die ersten Weherufe in der Hauptsache nur das
eine Thema von der Habgier und dem Krwerb fremden Eigentums variieren, ein Thema,
das ja wohl auf das Treib(;n der .Judiier passt, aber neben dem man doch die liestrafung
noch anderer Sünden erwarten müsste. Dann aber ist das gerade ein Thema, das man in
Bezug auf ein Eroberervolk sehr angemessen finden wird. INIan wird darum, da ohnehin
die Abgrenzung dcT die ursprüngliche Fortsetzung der Prophetie bildenden Verse grosse
Schwierigkeiten bereitet, diese These Rotustein's fallen lassen müssen und als Objekt der
Weberufe andre als die Judäer zu verstehen haben.
Denkt man sich als die Angeredeten mit Büdde die Assyrer, so lässt sich natürlich
2 5 ff. ebenfalls als Fortsetzung der Prophetie in Cap. 1 festhalten und man wird dann
gleich auch in den ü^'l^'2, von 1 5 die Assyrer sehen. Nur wird man dabei nicht so recht
verstehen, wie die Chaldäer den Assyrern als die in die weite Welt ziehenden (1 6) und
und von Ferne daher geliogenen (1 8) Feinde bezeichnet werden sollten oder wie den
Assyrern 2 7 gedroht werden soll, dass die Feinde erst noch aufwachen müssen, nachdem
sie doch nach 1 6 bereits auf die Beine gestellt sind. Endlich vermisst man ungern, wenn
eine Prophetie gegen ein fremdes Volk sich richten soll, irgend eine namentliche Nennung
desselben, also hier der Assyrer (zu der Konjektur "i^ts^« für üV^if in 1 11 s. die Auslegung),
die doch bei Na auch nicht fehlt. So dürfte dieser Weg Budde's, der mir zudem zu weit
von den Judäern und ihren nächsten Interessen abzuführen scheint, nicht empfehlens-
wert sein.
Übrig bleibt nur die Beziehung der Weherufe auf die Chaldäer. Damit ist aber
für mich auch gegeben, dass 2 5 ff. nicht in ursprünglichem Zusammenhang mit der Pro-
pheiie, die den Judäern die Chaldäer als Zuchtrute Gottes ankündigt, stehen kann, son-
dern ein Anhang ist, der sich auf gleicher Höhe bev/egt, wie die umdeutenden Verse 1 11
12^^ 17, die auf die Wehe vorbereiten. Die Weherufe gegen die Chaldäer 2 5-19 (v. 20
dient der Überleitung auf Cap. 3) stammen daher, wie 1 11 12'' 17, aus der Zeit, da das
Ende des neubabylonischen Reiches herannahte, unter dessen Drucke die Juden seufzten,
und sind nach Inhalt und Zeit Parallelen zu Jes 13 f. 21 1-15. Dass den Weherufen 2 5-19
die Originalität der genannten Stücke aus dem Jesajabuche abgeht, versteht sich leicht,
da sie von Anfang an zum Anhang einer anders lautenden Prophetie bestimmt waren.
Intakt ist der Text dieses Anhangs nicht geblieben, er hat am Anfang bei der Einordnung
in den durch Verstellung der Psalm- und der Orakelstücke verdorbenen Zusammenhang
gelitten und ist von erklärenden Glossen nicht verschont geblieben, vgl. die Exegese.
5^^*, das erste Wehe, ein Vierzeiler : Wehe dem Hochmütigen und Treu-
losen, Dem stohen Mann, der nie genug hat, Der wie Scheol seinen Rachen
weit aufsperrt Und gleichwie der Tod unersättlich ist. Der Anfang der Über-
setzung des äusserst unzuverlässigen Textes beruht auf der Vermutung, dass
LXX noch eine bessere Vorlage besass und dass nach ihrem Anfang 6 5s
xaxoiojxsvoc xal xaxacppovYjTy;? etwa gelesen werden dürfte: "15^^ ]\T[ ""in; dabei ist
mit Wellh. nach Analogie der folgenden Weherufe ''in als Anfang angenom-
men und mit Ooet jjn statt ]^^n als eine Ableitung von ]in (vgl. Dtn 1 4i : U^'^rl1)
für möglich gehalten; p"l wäre demnach zusammengeflossen aus]5n MH, während
LXX noch \\1^T[ gelesen haben mochte. Den „Wein" p.Jin kann man hier in
keiner Weise brauchen; ebenso wenig lässt sich ""^^ ^i??'j verstehen, weder zu
Beginn der Weherufe noch irgend im Anschluss an das Vorangehende, vgl.
die Bemerkung und textkrit. Anmerkung bei Kautzsch. y'T\\ findet sich
noch Prv 21 24 und ist in seiner Bedeutung übermütig wohl durch das aram.
S^m^^';, Übermut^ und Itpe. von in*;, sich brüsten, sichergestellt. Fraglicher ist
TV\y, das man gewöhnlich mit HIJ, Wohnung, kombiniert und = wohnen, bleiben,
fasst, was jedoch keinen verständlichen Sinn gibt; LXX übersetzt irepaviQ =
Hab 2 6 344 * Hab 2 7
ztirn Ziele kommen^ was besser passt, und Wellh. vermutet HIT = sali werden^
wonach er auch den Sinn für yT\\ oder das dafür einzusetzende Wort bestimmt,
so dass er übersetzen kann: „er giert und wird nicht satt". Mit *155 ist
der Chaldäer apostrophiert, natürhch ist an den Chaldäerkönig gedacht, der
die Art seines Volkes normiert und den als dessen Führer die Schuld vor
allem trifft. Der Übermut der Chaldäer ist schon 1 ii 12'^ hervorgehoben; gut
knüpft also der Anhang 2 5 ff. an diese Vorbereitung an. Die Unersättlichkeit
schildern weiter die zwei folgenden Stichen, in denen Nowack ganz mit Un-
recht das durch den Parallelismus geschützte ni?25 ^^^m tilgt. Zu der Uner-
sättlichkeit Scheols vgl. Jes 5 u (H^'d: h"^^^ nn^mn), ferner Prv 27-20 30 I6.
Die in 5^^ folgende Erklärung zu der Vergleichung des Chaldäers mit Scheol
ist an sich überflüssig und geht zudem über V?^"! ^^1 zurück, das dabei unbe-
rücksichtigt bleibt; daher ist in v. 5^P eine Glosse zu sehen und dies umsomehr,
als 6^ damit zusammenhängt, in dem eine unpassende Einführung von v. 6^
vorliegt, die aus dem zweiten Weheruf ein Spottlied der Völker machen will.
Ahnliche Einfügungen dieser Art s. Mch 2 4 Jes 14 4; die Späteren freuten
sich den Heiden den Spott zurückzugeben, den die Juden so viefach erfahren
mussten. H^'^^D und HTH sind Synonyma von ^^D, nur dass sie den Nebenbegriff
des Rätselhaften, das in versteckten Andeutungen liegt, damit verbinden, vgl.
Prv 1 6; übrigens sind die Ausdrücke hier merkwürdig gehäuft, vgl. bes.: und
ein Spotllied mit Rälseln auf ihn^ und fehlt es im Grunde im folgenden Wehe-
ruf an geheimnisvollen Anspielungen, die schwerlich darin zu finden sind, dass
1^"N^ auch: „nicht für sich" bedeuten könne (so Nowack).
6^ 7% der zweite Weheruf, ebenfalls ein Vierzeiler, der die Eroberungen
der Chaldäer als Erwerbung fremden Gufes tadelt, während die Prophetie
1 5ff. darin nichts böses (vgl. 1 6), sondern die Erfüllung des göttlichen Auf-
trages erblickte. Wehe dem, der anhäuft, was ihm nicht gehört, Und schwere
Schuldenlast auf sich ladet! Plötzlich werden deine Gläubiger sich erheben
Und deine Dräng er aufwachen. Für nr?«^1 ist nD^^^"| zu lesen, aber auch so ge-
hört es noch zu der sekundären Einführung v. 6^ Späteren Ursprungs ist
gleichfalls die in den W ehe ruf nicht passende Frage '^Hönj; (so auch Wellh.,
Nowack), die viel eher mit der Klage des Psalms 1 2-4 12^ 13 2 1-4 harmoniert
und daher von dem beigefügt ist, welcher diesen Psalm mit der Prophetie
Hab's verband. tO^'pDJ^ kommt im AT nur hier vor und ist in seiner Be-
deutung unsicher; man vergleicht toin?, Pfand, Dtn 24 10-12, so wie das davon
wohl denominierte Verbum toi^y imHebr. und Aramäischen, übersetzt: Pfand-
last und versteht das Sätzchen dann so, dass Pfänder für die Schulden der
Chaldäer bei den Völkern in schwerer Menge aufgehäuft seien. 7* ^\>T\
leitet wie v. 13 (s. dort) die Ausführung resp. Begründung des Weherufs ein.
'M\ Vns, plötzlich werden alle Gläubiger aufstehen und mit Zins und Zinses-
zins und eifrigem Drängen von den Chaldäern die Schulden einfordern. 'JJl^J,
eigentlich beissen, hat als Denominativ von "TJti^i, Biss, Zins, den Sinn von
Tiinsen nehmen, also ist "^t^^i = Gläubiger, ^^"^\y}!^, part. Pilp. von '^y\, zittern,
bedeutet: in Zittern, in Unruhe versetzen, es ist parallel zu ^**5^i = deine
Peiniger, Dränger, die dir keine Buhe lassen und die Schulden einfordern.
Hab 2 7 345 Hab 2 13
7^8 sind wieder wie v. 5'»^ 6^ nur als erklärende Glosse zu vei-stehen; denn
V. 7^ giebt nur die Erklilrun^]^ für das Bild und y. 8'' begründet diese Erklärung,
aber in einer Weise, die das Wehe vergisst: Im Weheruf sind es die von den
Chaldäern Ge})lagten, die Vergeltung üben, in v. 8'' sind es die übrigen Völker.
Zu der Redensart niD^'ö'? n\'l vgl. Zph 1 13 der 30 16 II Reg 21 u und zu der
Intensivbedeutung des Plurals niD^O s. Giä-Kalttzscii'-^^ g 124 e. iJie
zweite Begründung v. s'* schliesst sich grammatisch nirgends gut an, so wenig
wie V. 17, und ist auch sachlich an beiden Orten unnötig; sie ist die Bemerkung
eines Spätem, der recht stark den Frevel hervorheben wollte, den die Chal-
däer an der Erde verübt, bei der „Stadt und ihren Bewohnern" ist wohl an
Jerusalem gedacht. Vgl. zu der Beurteilung der Chaldäer durch die Späteren
auch Jer 50 23 51 7 25.
9—11, der dritte Weheruf über den Chaldäer, der seinen Raub in gewal-
tigen Bauten in seiner Residenz zu sichern sucht, aber dadurch nur Schande
und Schuld auf sich ladet und Verderben über sich bringt. Zwei Vierzeiler.
9 Wehe dem, der unredlichen Gewinn macht, in sein Haus, Um
sein Nest in der Höhe zu bauen, Um geborgen zu sein vor der Hand des Un-
glücks. Da sonst überall y?5 J^?^ ohne yi schon bedeutet: unredlichen Gewinn
machen (vgl. Jer 6 13 8 lo Hes 22 27 Prv 1 19 15 27), so wird in'^n^ j;n der Rest
des zweiten Stichos sein, der vielleicht gelautet hat: in**^'? DDn 1^1t<1 = Und Un-
recht in sein Haus häufte vgl. Am 3 10. Die beiden letzten Stichen sind
einander parallel und besagen: um vor jedem kommenden Unglück sicher zu
sein; zu lÜp DnD?i D''^ s. Ob v. 4 Jer 49 I6 Num 24 21. 10 11 Du hast
Schande deinem Haus beschlossen, Schuld deiner Seele bestimmt. Denn der
Stein in der Mauer erhebt Klage Und der Sparren im Holzwerk stimmt ihm
bei. Mit D^'ini D'^öy ist im Zusammenhang nichts anzufangen, die Worte er-
innern an die Zusätze v. 5'' 6^ und 8 und sind dem Kontexte fremd. Die übrig
bleibenden Worte können vielleicht als Parallele zu v, 10* gelesen werden:
?It^*D5^ ^<^n ni^j?, = du hast Schuld für deine Seele abgeschnitten^ oder noch
besser: H'^^JJ, = du hast bestimmt, entschieden^ von einem Verbum H^JJ = arab.
^^-^^ von dem j^'^Jj, Richter^ abgeleitet ist. 11 Das Material, Stein und
Holz, mit dem der Chaldäer seine stolzen Paläste (v. 9) baute, schreit und klagt
über die Bedrückung und Gewaltthaten, durch welche es beschafft wurde, vgl.
Mch 2 2. Dem Kontext entspricht die Bedeutung Sparren, Balken^ für
D'^ps sehr wohl; doch ist die alte Überlieferung nicht einstimmig und im Misch-
nischen bezeichnet D^'M den „Baustein", vgl. GtES.-Buhl und ZATW 1882, 71 f.
^55?-? wörtlich: giebt ihm (dem Steine) Antwort^ hat den Sinn: stimmt ihm bei^
ist ihm Zeuge, wiederholt seine Klage über die Ungerechtigkeit. Zu pjjjn
vgl. 1 2.
12—14, der vierte Weheruf: die Stadt, die der Chaldäer niit Blut baut,
soll in Feuer aufgehen. Ein sekundäres Element bilden y. 13^ (von Hiin an)
und V. 14, die zusammenzunehmen sind, s. die Erklärung; was übrig bleibt, ist
das Tetrastich 12 13'^ ( + «1^0 aus v. 13^): Wehe dem, der die Stadt mit
Blut baut Und die Burg mit Frevel herstellt! Fürwahr die Volker arbeiten
für das Feuer Und die Nationen mühen sich ab für nichts l Dem Autor sind
Hab 2 13 34G Hab 2 15
bei V. 12 offenbar Mch 3 lo und Jer 22 13 im Sinn; dass dem Chaldäer gilt,
was diese Stellen den Jerusalemern drohen, konnte ihm nicht zweifelhaft sein.
Das Perfekt ]?13 setzt in der üblichen Weise vorangehendes Partizip fort, s.
Jes 5 8 und Ges.-Kautzsch27 § 116 x. 13 Zu «l'pn s. v. 7. Vor IV^^*^
ist 1 zu entfernen, das erst infolge des Einschubs von '1)11 Hin entstanden ist.
Der ganze Halbvers ist Jer 51 58 aus unserer Stelle wiederholt. Der Schein
des umgekehrten Verhältnisses wird nur durch die an falsche Stelle geratenen
Worte V. 13^ (von Ti^ri an) hervorgerufen, die vielmehr vor y. 14 gehören, mit
dem zusammen sie eine Randbemerkung bildeten. Dass dem so ist, zeigt die
ganz ungewöhnliche Verbindung H^H ^^1S■l, der LXX, Pesch., Vulg. durch die
Lesung H^H nur zur Not abhelfen, da ja zur Beziehung auf das Folgende T]h^
nötig wäre. Nehmen wir die Worte iJ "^ 'ü HiH heraus, so hat der Weheruf
einen vortrefflichen Abschluss in y. 13^^ und 14 bekommt in ihnen eine gute
Einleitung: Siehe es stammt von Jahwe der Heere (das Wort): denn etc. Der
Glossator setzte diese Worte zur Begründung des Untergangs Babels an den
Pand: Babel geht unter, denn die Herrlichkeit Gottes soll auf Erden erkannt
werden. Die Worte sind Jes 11 9 entnommen, doch nicht genau, vielleicht hat
die Erinnerung an Jes 6 3 zur Erklärung von njn^"n« HJJ^ in Hin^ "11j?"njS! nyib
mitgewirkt, übrigens zeigt sich den Spätem die Herrlichkeit Jahwes besonders
in dem Gericht über die Feinde Israels (vgl. die Darstellung des PC vom Aus-
zug aus Ägypten). Für das Kai HiJ^D in Jes steht hier das Niph. Imperf. und
für die Participialkonstruktion in Jes hat unser Text den Relativsatz D^"^J^ ^D5\
Somit liegt vielmehr Hinweis auf den Inhalt von Jes 11 9 als förmliches
Zitat vor.
15—17, der fünfte Weheruf über den Chaldäer, der nun selber den Taumel-
becher zu trinken bekommt, den er bisher so gut den Völkern zu reichen ver-
standen hat. Zu dem Bilde vgl. die Darstellung von dem Kreisen des Taumel-
bechers bei den Nationen in Jer 25 i5ff., auf welche unser Wehe zurückgeht,
s. auch Jes 51 17. Chaldäa hat die unterjochten Nationen und Herrscher in
verächtlichster Weise erniedrigt. Der Text in y. isf. ist in böse Verwirrung
geraten und erfordert mancherlei Umstellungen^ s. zu den Versen; aber es
scheinen ursprünglich auch hier zwei Tetrasticha vorzuliegen. 15 16^^
das erste Tetrastich: Wehe dem, der den Andern seinen Zorn %u trinken giebt
Und sie berauscht aus der Schale seines Grimms^ Um sich an ihrer Schande
%u weiden! Trinke nun auch du und taumle! Wie das Pluralsuffix in DH'^^liyö,
wofür mit Wellh. nach Na 3 5 Dn"^15^)? zu lesen sein wird, zeigt, ist ^Hj;"! als
Plural = ^JT^j;*], seine Genossen, die Andern (seil. Völker), zu fassen vgl. Ges.-
Kautzsch27 § 91k. ^090 r^???? das man mit „beimischend deinen Grimm"
übersetzt, ist unhaltbar; man lese mit Gkätz und Wellh.: iriDö ^pp = aus
der Schale seines Grimms^ das zweite n ist aus Dittographie des folgenden
entstanden und das Suff, der 3. Pers. unerlässlich. Doch diese Emendation
genügt nicht; es ist ferner anzunehmen, dass die so emendierten Worte mit
den beiden folgenden den Platz zu wechseln haben: dann gehört ^>^\ in der
verbesserten Form ISfc? an den Schluss der ersten Zeile und 1|1^ resp. ü"J3^1
an den Anfang der zw^eiten; so gewinnt man das notwendige zweite Obj. zu
Hab 2 15 347 Hab 2 19
npli^tt, da erst das Tränken niit Zorn ein Welie begründet, und eine den
übrigen Weherufen pai'allele und dem üblichen Metrum entsprechende Form.
Zu dem Perf. ü')^^ nach dem Partie, s. oben v. 12 zu ]:12. 16^^ passt mit
seinem Perf. du öLst sali nicht vor den Impera. Irlnk\ da am Schlüsse von
V. 16 noch einmal ähnliches in verdorbenem ^Fext wiederkehrt, so darf man mit
AVellh. annehmen, dass v. 16^« die an falsche Stelle geratene Korrektur für
jenen Schluss ist und somit dorthin gehört. Den Aljschluss des ersten Tetra-
stichs bildet daher kräftig lü^'^: Trink nun auch du und launde! Pur das im
Kontext völlig unpassende ^IJjn, das mau gewöhnlich als: „zeige dich als Un-
beschnittenen" erklärt, ist mit Wellh. (vgl. auch die doppelte Übersetzung
oaXs'j&TjTi xal acto(iTrjTt inLXX, das vorangehende xapota scheint lediglich Ver-
lesung aus xat zu sein) zu lesen ^y'^H, taumle^ vgl. n'jj^nrin D13 Jes 51 17 22.
16^ 17% das zweite Tetrastich: An dich kommt nun der Becher in der Rechten
Jahtces Und du wirst dich sättigen an Schmach statt an Ehre. Denn der
Frevel am Libanon wird dich erdrücken Und die Vernichtung der Tiere dich
%er schlagen. Zu ?I^^j; nbn vgl. Thr 4 21 Dimb^ri ^h^^, ferner Jer 25 i5ff.
Nach der Korrektur, die in v. 16^* vorliegt, darf man ruhig das fragliche ]l'?iJ'^p,
das jedenfalls nicht aus ^""p, Gespei, und jl^jj zusammengesetzt ist, sondern auf
]1^p)pp zurückgeht, hier ausser Acht lassen (vgl. auch zu Na 1 u), wie man
überhaupt einfach y. 16^* an die Stelle der Verderbnis v. le^P zu setzen hat, s.
oben zu y. i6^^ 17^ führt als speziellen Grund für die Erniedrigung der
Chaldäer die Verwüstung an, die sie unter den Cedern des Libanon und dem
Wild wohl nicht des Libanon allein angerichtet haben. Dass die Herrscher
Mesopotamiens zu ihren Bauten den Libanon brandschatzten und ausserdem
grosse Jäger waren, ist aus Keilinschriften und Abbildungen wohlbekannt, vgl.
auch Jes 14 8 37 24 und Gen 10 9. Gerade die ungefähr mit unserm Stück
gleichzeitige Stelle Jes 14 8 zeigt, dass man damals die Abholzung des Libanon
als besondern Frevel empfand; die Strafe dafür wird die Chaldäer bedecken,
vgL Ob Y. 10 Jer 3 25, und niederschlagen^ 1. mit den alten Versionen ^irin*; für
]n'n*^^, dessen Suffix auf die Tiere zu beziehen wäre, vgl. Ges.-Kautzsch^^ § 20n
60 d. 17'^ ist auch hier sekundär wie in y. 8; ungrammatisch fügt es zu
dem besondern Grund y. 17^ einen allgemeinen hinzu.
18 19, der sechste Weheruf, der sich gegen den Götzendiener richtet.
Möglich ist es, dass der Autor noch zum Schluss dem Chaldäer für seine
Idololatrie ein Wehe zuschleudert, w^e Wellh. annimmt; denn auch Dtjes
kommt auf dieses Thema gelegentlich zu sprechen vgl. Jes 41 21-29 46 1-4.
Ist das Wehe y. 19 ursprünglich, dann versteht man auch leichter, wde y. 18,
der nach seinem lehrhaften Inhalt nur als sekundär betrachtet werden kann,
vor Y. 19 geraten konnte, obschon er als Erklärung zu y. 19 gemeint ist. Für
Ürsprünglichkeit von y. 19 spricht auch die knappe Form und der prägnante
Gehalt. Also y. 19 ist das letzte Wehe über den Chaldäer und y. 18 eine er-
klärende Randglosse dazu; wir kehren daher die Reihenfolge der Verse um.
19, ein Tetrastich: Wehe dem, der %um Hohe spricht: wach' auf! Rege dich!
zum stummen Steine. Er ist ja gefasst in Gold und Silber Und keinerlei
Geist lebt in ihm. n^Jt'» «^n, das als Frage: der soll lehren? zu Yerstehen ist,
Hab 2 19 348 Hab 3 l
betrachte ich als Glosse, da es sich für den Chaldäerkönig doch nicht haupt-
sächlich ums Lehren, sondern ums Helfen und Retten handelt, fordert er doch
nicht ein Sprechen, sondern Erwachen und sich regen vom Götzen. Dies ist
unmöglich, sagt v. 19^ von H^H an: er ist ja b^^ÖH d. h. eingefasst, festgehalten,
in Gold und Silber und hat überhaupt kein Leben. Das Mascul. l^^öri «^in ist
= es ist ja etwas Eingefasstes; vgl. ^ t^HiJ Est 1 6. Zu der Leblosigkeit
der Götzen vgl. Jer 10 u 51 i7 Ps 135 i7. 18, die Glosse, welche die Nutz-
losigkeit der Götzen mit dem üblichen Hinweis auf die Entstehung durch
Menschenhand exponiert; auch wenn der Verfertiger selber daran glaubt,
wird ihr Wert nicht gehoben. Das Perf. ^''J^ircnD, was hat genützt? i^t = was
könnte nützen? ^\>^ nilD, Lüg entehr ei\ heisst in Parallele zu H??? (vgl*
die Glosse nil*» ^\7\ in v. 19) der Götze selbst, vgl. auch die n")1D ]1^«, Orakel-
terebinthe, Gen 12 6, Eür das aus Dittographie entstandene T\T "1?^ 1.
mit GüTHE, NowACK u. a. 11!^\
20 gehört nicht mehr zu den Weherufen v. 5-i9, der Vers dient der Ver-
bindung derselben mit dem Folgenden, indem er im Gegensatz zu den leblosen
Götzen auf die Theophanie des lebendigen im heiligen himmlischen Tempel
wohnenden (Ps 114) Gottes überleitet, vor dem nicht nur die Chaldäer, son-
dern die ganze Welt stille sein soll. Vgl. auch Zph 1 7.
Zweiter Teil;
Das Erscheinen Jahwes zum Weltgericht
Cap. 3.
Der letzte Abschnitt des Buches Cap. 3 ist ein Psalm und zwar tragt derselbe im
Unterschied von dem Psalm zu Anfang des Buches 1 2-4 12^ 13 2 1-4 auch die äusseren
Merkmale eines solchen an sich. In Überschrift und Unterschrift finden wir die Aus-
drücke, wie r\S^T\. das sog. h autoris, n^itö^ und nii^;i3, die aus dem Psalmbuch bekannt
sind, und im Innern weist das Stück das Wort n^p auf (v. 3 9 13), das nur noch in den
Psalmen sich findet (71 mal). Sind das zumeist musikalische Beizeichen, angebracht für
die Verwendung des Liedes im öfi'entlichen Kultus, so ist mit Kuenen, Cheyne u. a. an-
zunehmen, dass Cap. 3 aus einer für den Gottesdienst im Tempel bestimmten Lieder-
sammlung entlehnt ist. Zu dieser Entlehnung führte der Titel, der den Namen des Pro-
pheten Habakkuk aufwies, wie in LXX verschiedene Psalmen die Namen Haggai und
Sacharja tragen (vgl. Ps 145 — 148), aber vom Psalmbuch blieb das Lied dann ausge-
schlossen, weil es bereits im Zwölfprophetenbuch stand.
Für die Herkunft des Psalms kann die Nennung Habakkuks in der Überschrift
nichts beweisen, da die Psalmüberschriften nicht von den Autoren der Lieder, sondern
von den Redaktoren der Sammlung herstammen. Dass Habakkuk aber wirklich nicht der
Verfasser ist, zeigt der Inhalt, der in die Zeit des zweiten Tempels weist, da die Gemeinde,
die von einem fremden Volke bedrängt ist (v. 16) und den Zorn Gottes zu fühlen hat
(v. 2^), sich nach der im Weltgericht zu erwartenden Pettung sehnt. In diese späte Zeit
führen auch einige einzelne Merkmale, welche ebenfalls Stade zuerst hervorgehoben hat
(s. ZATW 1884, 167 f.), wie der Gebrauch des späten Gottesnamens ni^S v. 3 und die An-
wendung des vom PC her wohl bekannten nips in D"'i^ llpa v. 3. Genauer die Zeit zu
bestimmen, wird wohl kaum gelingen; denn auch wenn man gegen Wellh. für möglich
hielte, dass v. 17 zu dem Psalme gehöre, so wäre daraus weiter für die Zeit der Entstehung
Hab 3 1 349 Hab 3 2
nichts zu entnehmen, als dass es eine Zeit des Misswachses und der Hungersnot war.
Das Gemisch von Sehnsucht nach dem Tage Jahwes und von Furcht vor seinen Schrecken
erinnert an die Stimmung Joels; der 3 13 genannte U^p^ weist aber in die Zeit der Mak-
kabäer und Hasmonäer, wo die Juden wieder einen Fürsten hatten.
Den Mittelpunkt des Inhalts bildet die Schilderung der Erscheinung Jahwes zum
"Weltgericht. Einerseits nimmt der Dichter die Farben aus der Geschichte, da er an jene
grosse erste That Jahwes erinnert, die das Volk ins Dasein rief und es zum Staunen der
erschreckten Nachbarn siegreich alle Gefahren bestehen liess. Andrerseits wird Jahwes
Eingreifen in der letzten grossen entscheidenden Krisis als ein Kampf mit den Gewalten
der Natur dargestellt; mythologische P^lemente liegen dabei zu Grunde, auch wenn sie der
Dichter selber vielleicht nicht mehr als solche versteht, sondern als Bilder fühlt, die von
den Erscheinungen eines gewaltigen Wettersturms hergenommen seien. Das so geschilderte
grosse Ereigniss hat den Zweck, die Welt zu richten, also einerseits das Gericht an den
feindlichen Völkern zu vollziehen und andrerseits den Juden Rettung und Heil zu bringen.
Bereits sieht der Dichter diese entscheidende Krisis sich anbahnen und erwartet für die
nächste Zukunft die Offenbarung Jahwes und seines ErVjarmens für Israel; diese sichere
Nähe des AVeltgerichts erfüllt ihn mit Angst und Bangen, aber gewährt ihm auch die Ge-
wissheit, dass die Zeit der Ruhe und des Glückes nahe ist. Die ganze Schilderung
ist, wie CoRNiLL bemerkt, mehr durch grossartige Rhetorik, als durch klaren Gedanken-
fortschritt ausgezeichnet. Diese Eigentümlichkeit tritt auch darin zu Tage, dass der
Dichter ohne Bedenken Abschnitte, in denen Jahwe angeredet ist, mit solchen, in denen
von Gott gesprochen wird, mischt, vgl. v. 2 8-15 resp. 17 einerseits und v. 3-7 18 f. andrer-
seits. Obschon v. 3-7 und v. 8-15 einigermassen einander parallel sind, wird man doch
8ch\>'erlich bei dem rhetorischen Charakter des Capitels diesen Wechsel zwischen 2. und
3. Pers. zum Kriterium einer Scheidung in zwei Psalmen (etwa: v. 2 8-17 und v. 3-7 18 f.)
verwenden dürfen. Dagegen aber geht der Zusammenhang, den man bis v. 16 verfolgen
kann, v. I7£f. in die Brüche. AVellh. vermutet daher, dass v. 17-19 ein Anhang sei, der
den verlorenen ächten Schluss ersetze. Vielleicht lässt sich v. 18 in etwas veränderter
Form als ursprünglicher Abschluss halten und nur v. 17 und 19 als Zusätze begreifen, s.
die Auslegung.
Metrisch verläuft der ganze Psalm, in dem die Gemeinde als Sprecherin auftritt
(vgl. V. 14: ^i^"'5n^ und v. 16 ^ii^ii^), in regelmässig dreihebigen Vierzeilern. Scheidet man
V. 17 und V. 19 aus, so sind es im ganzen dreizehn Strophen. D. H. Müller zählt bis
V. 13 sechs Siebenzeiler; aber seine unregelmässigen Stichen zeigen, dass er damit dem
ursprünglichen Metrum nicht gerecht wird.
1, die Überschrift, nennt den Psalm n^DP, G^^^^^, wie auch Yerschiedene
Psalmen im Psalmbuch heissen (vgl. Ps 17 86 90 102 142 und 72 20), bezeichnet
Habakkuk ausdrücklich als i^^?in (s. 1 1), sodass nicht etwa an einen andern
Träger des gleichen Namens gedacht werden kann, und enthält noch die musi-
kalische Bemerkung nli'^?li^"bj;, die ganz singulär ist. Zwar findet sich das
Wort ]V5^ ohne b]l als Bezeichnung eines Psalms in Ps 7 1, aber ohne dass
seine Bedeutung klar wäre. LXX hat dafür an unserer Stelle nU*';i^ gelesen;
es ist darum mit Budde zu vermuten, dass dieses nir;ir^j; der Rest der ganzen
gewöhnlichen Einführung eines Psalmes: ri1i^:i!l Ü^^^k (vgl. z. B. Ps 3 4) sei,
die durch Versehen jetzt vollständig als Unterschrift in v. 19^ figuriert. Vgl.
noch zu V. 19^ und über den Wert der Überschrift s. Vorbemerkung.
2, die Einleitung, deren metrische Gliederung von der Masora gänz-
lich verkannt ist: Jahwe^ ich habe von dir gehört, Gesehen, Jahwe, dein Thun,
Inmitten der Jahre thust du dich kund, Im Zürnen denkst du an Erbarmen,
Vor allem muss im masoret. Text die Wiederholung von U^l'ä 2lp2 und davor
Hab 3 2 350 Hab 3 3
der Wechsel von Impera. und Imperf. auffallen; von da aus ist man schon be-
rechtigt, an der Achtheit von ^n'^ltl ü^^^* n^lJ^B Zweifel zu hegen. Diese werden
erhöht, wenn man sich die Bedeutung von ^iT|;n klar machen will. Zwar soll
darin noch manchen Exegeten gerade der Sclilüssel zum Verständnis des
ganzen Psalms liegen, der uns eröffne, dass der Sprecher um eine Wieder-
holung, ein Auflebenlassen des Erlösungswerkes flehe, das Jahwe einst
am Anfang Israels so herrlich ausgeführt habe. Aber von diesem Werk ist
vorher nicht die Rede: der Redende „sah" die ägyptische Erlösung nicht, er
sagt auch in Wirklichkeit bloss: „Ich habe von Jahwe gehört, sehe (habe
wahrgenommen) sein Wirken", und nach dem Folgenden: „du wärst dich kund
thun", ist dieses Wirken erst in seinen Anfängen. Wie formell (als Impera.
neben folgenden Imperff.), so stimmt es also auch sachlich nicht zu seiner Um-
gebung, darum ist zu vermuten, dass ein Fehler darin stecke und man in^^n,
thue es kund, zu lesen habe. Dann aber folgt weiter, dass es die Randerklä-
rung zu X^'lin ist und darum auch die diesem vorangehenden Worte D"^i^ ^"Ji?.?
vorgesetzt erhalten hat. Somit ist einmal das Sätzchen D^^^^ ^"li?.5 ^^^\Ü als
Glosse auszuscheiden. Ferner ist für "'Ht^T, das, wenn es mit den Auslegern zu
"'HJ^??^ gezogen werden dürfte, STS1 lauten müsste, nach LXX, die neben der
Übersetzung des falschen ''HST noch das richtige xaxsvoYjaa erhalten hat, "^H^'i^'l
zu lesen; die Verderbnis in ''HST ist durch die Rücksicht auf v. i6 entstanden.
Das Perfectum geht hier nicht auf vergangene Zeiten, sondern auf ein vom
Sprecher soeben erlebtes Faktum. Irgend ein wichtiges Ereignis hat sich ihm
deutlich als ein Werk Gottes aufgedrängt und diese Wahrnehmung ist ihm
die Gewähr, dass im Laufe der Jahre^ in den nächsten Jahren\$i2j^ bedeutet
D*"^^ ^1!^?? ii^ dem nichts von einer Gegenüberstellung mit den Anfängen Israels,
noch eine Andeutung von dem altgewordenen Israel liegt) Gott sich offenbaren
wird, dass er Israel nicht vergessen hat, wie es nach der allgemeinen Situation
hatte bis anhin scheinen mögen. Für ^'^IID, das ein Obj. verlangte, liest man
besser mit LXX das Niph. J^ljn, vgl. Ex 6 s Jes 19 21 ; zu I5J vgl. Gen 8 1
19 29 Ex 2 24. Der Vers ist, auch so gefasst^ ausserordentlich wichtig für
das Verständnis des Psalms : Die Gemeinde fühlt sich unter dem Zorne Gottes,
bis endlich die Heilszeit anbricht, vgl. Jes 64 5-8; lange hat sich von dieser
nichts angekündigt, jetzt aber können deutliche Zeichen wahrgenommen
werden, dass Gott die Seinen nicht vergisst und bereits daran ist, sein Heil
zu offenbaren. Das ist eine durchaus treffende Einleitung zu der folgenden
Darstellung des unmittelbar bevorstehenden Weltgerichts. D. H. Müller
versetzt ganz unpassend y. 7 in der von Pekles vermuteten Form (s. zu y. 7)
hinter ''HS"};, als ob der Sprecher sich als Zeitgenossen der Rettung aus Ägyp-
ten betrachtete.
3—7, die Schilderung der Theophanie; das Bild entlehnt Farben
und Züge den gewohnten Darstellungen solcher Theophanien, die Jahwe vom
Sinai her in herrlichem Lichtglanz erscheinen lassen, vgl. Jdc 5 Dtn 33. Diese
Vorbilder, sowie die lebendige Veranschaulichung des Dargestellten als schon
Vorhandenen erklären die Mischung und den Wechsel Yon Imperf. und Per-
fect im folgenden. 3 Gott kommt von Teman Und der* Heilige vom Ge-
Hab 3 3 361 Hab 3 7
hlrge Paran: Den llltninrl bedeckt seine llo/ielt Und von seiner Herrlichkeit
ist die Erde erfüllt. Zu Hl'?« vgl. Vorbemerkung; das parallel(i \Ü\1[> ist wie
Jes 40 25 und Hi 6 lo als Eigenname gebraucht. Zu dem Namen der
edomitisclien Landschaft, Tenian^ vgl zu Am 1 12; zu ]'l«D in, in dem Ges.-
BuHL nicht das Bergland AzAzimat, sondern den Höhenzug zwischen Sinai
und Seir längs des alanitischen Golfs sieht, vgl. noch Dtn 33 2 und die
Wörterbb. Der erste Halbvers erinnert an JJtn 33 2, der zweite an Ps 8 2
148 13 und Jes 6 3. Dass der Verfasser trotz seiner poetischen Schilde-
rung der Herkunft Jahwes vom Sinai den Sinai nicht mehr für den Wohnsitz
Gottes ansieht, ist selbstverständlich. 4 hat keinen guten Text; die Ver-
bindung von V. 4^ mit dem Vorhergehenden (Wellh., Nowack: „die Strahlen
zu seiner Seite macht er zur Hülle seiner Majestät") ist jedoch keine Ver-
besserung. Offenbar ist zu v. 4^ der parallele Stichos ausgefallen; ausserdem
wäre für n^nn ein mascul., da n5i masculinisch ist, zu vermuten (Wellh. u. a.),
ferner ist mit Oort undNowACK nach LXX wohl in^J (ev. ^H^J gelesen, so Cheyne)
für njil herzustellen und mit den meisten Exegeten DC^ für das unverständ-
liche D^ zu punktieren. Es glän%en wie das Sonnenlicht (nach Cheyne
wäre für 7\^J)V\ zu vermuten: VH'^^n seine Speere) ^ Strahlen gehen aus von seiner
Seite, (Zum Schirm macht er seine Hoheit] Und %ur Hülle setzt er seine Ma-
jestät, Zu dem Inhalt vgl. Ps 18 13 104 2 Jes 60 1 Hes 10 4. ^^T<p. sind
nicht die Blitze, die zu verfrüht kämen, sondern die Strahlen, die von seiner
Seite von seiner Rechten und Linken, ausgehen, vgl. Ex 34 29-35. Für
den dritten Stichos ist etw^a zu vermuten: llin nti^V "ino; der Glanz und die
Majestät der Erscheinung verhüllen Gott selber dem profanen Menschen.
D. H. MüLLEK begnügt sich mit der Änderung von Dl^l in DHI = „und sie (seil,
die Strahlen) sind die Hülle seiner Macht". 5 G^'' Yor ihm geht die Pest
einher Und auf dem Fuss folgt ihm die Seuche. Er tritt auf und bringt die
Erde ins Wanken, Er schaut auf und versetzt die Völker in Zittern. Zu ^^1
vgl. Dtn 32 24 und zu den guten und bösen Dämonen, die die Götter begleiten,
KAT3 455f. 6^=^ Für l^b";!, „er misst", das keinen Sinn giebt, 1. nach
LXX entweder nj;)?M. Ps 69 24 oder mit Wellh., Nowack :51DM Hi 30 22 (vgl
auch LXX zu Am 9 5) oder mit Guthe tO^lD^I resp. tOl)3';i, vgl. Jes 24 19. Zum
letzten Stichos vgl. Hi 37 1. 6"^^ 7 Lnd es zerbersten die ewigen Berge,
Versinken die uralten Hügel; Es fürchten sich die Hütten Kuschans, Es beben
die Zelte von Midian. Zu den ewigen Bergen und uralten Hügeln vgl. Gen
49 26 Dtn 33 15 Ps 90 2, zum Bersten und Versinken derselben Mch 1 4 Jes
24 19. 6'^ ist in jeder Hinsicht schleppend, zumal bei der Wiederholung
von D^IV; es scheint nicht als selbständiger Satz, sondern als Glosse zu den
Bergen gedacht zu sein, um diese als die uralten Wege Jahw^es nach Mch 1 3
Am 4 13 zu bezeichnen. Mit Recht sehen daher Nowack und D.avidson das
Sätzchen als sekundär an. Dasselbe wird aber von den beiden ersten Wörtern
7 gelten. Unter Unheil, seil, von Unheil bedrückt, sehe ich kann man die ganz
unhebr. Wendung '^H'^i^"] ]1iJ rinn nicht übersetzen. Die Konjektur von Perles
(Analekten 66) ]1^< nnn, „On (-Heliopolis) erschreckt", passt nicht, weil eine
Stadt nicht den Ländern Kuschan und Midian parallel stehen kann. Die
Hab 3 7 352 Hab 3 9
Wörter sind ein unverständlicher Einschub wie ^^ ^^] 2 5. Dagegen ist mit
Peeles ^i<T1 für "'H'^^'J einzusetzen, wie der Parallelvers empfiehlt. Ob p« ur-
sprünglich ist, kann man fragen. ]t^^2, das nur hier vorkommt, hat man trotz
LXX nicht mit ti^^2 zu identifizieren; die Parallele mit p^ip zeigt, dass auch
Kuschan in der Nähe des Sinais, von wo Jahwe aufbricht, wohnende Beduinen
bezeichnet.
8—12, die Frage nach dem Grunde von Jahwes zornigem Ein-
greifen, die zwar mehr rhetorisch ist und in der Hauptsache nur zur Ein-
führung einer neuen Schilderung der Theophanie dient. 8 Ist gegen die
Ströme dein Zorn entbrannt Oder gegen das Meer, Jahwe, dein Grimm, Dass
du über das Meer deine Rosse fahren lässt, Beine Wagen überWasserschicall?
Dass die Doppelfrage von H und Di;^ mit zweimal folgendem D*^"!!"!^? bedeutungs-
los ist, haben auch JNowack und Gunkel (Schöpf, und Chaos 105) gesehen;
der Text ist in Verwirrung geraten, man hilft ihm besser auf durch Weglassung
von D'^in^? DS (NowACK scheidet dazu auch Hin;; Hin aus) und Versetzung von
7V\T]l hinter ü\^ (so Gunkel), als durch Änderung von D^^in^?!! in D^innDH, „ist
gegen die Berge etc." (so D. H. Müller), besonders wenn unsere Vermutung
über V. 8^ richtig ist. Zu v. 8*^ ist v. 15 eine vom Rande in unrichtigen
Zusammenhang geratene Variante, nach der man als ursprünglich vermuten
darf: D^D nDhn ^''ni?^)? T9^^ ^'5 ^^W ^^^ so ebenfalls Gunkel; n^inn ist
durchaus vorzuziehen, wenn schon LXX für ril^Sin zeugt. Auf diese Weise
ist auch die ungewöhnliche Verbindung von T\'^W\ (s. darüber unten) mit ?I''rib315
gehoben^ die nur mit Bedenken als Epexegesierung durch ein Substantiv er-
klärt werden könnte, vgl. Ges.-Kautzsch27 § 131 r. Dass diese Aussage über
Jahwes Zorn aufs Meer nicht in die alten Sinaitheophanieen gehört, aber auch
nicht auf die Spaltung des Roten Meeres geht, leuchtet ein; darum wird man
Gunkel zustimmen, dass hier Elemente aus einer altmythologischen Theo-
phanie nachwirken, in der Jahwe etwas mit dem Meere zu thun hatte. Um so
mehr ist an den Kampf mit der Tiämat, dem Urmeer, zu denken, als auch im
folgenden Anklänge daran sich finden. Immerhin mag ein wirkliches Bewusst-
sein von diesen Zusammenhängen dem Autor abgegangen sein; er kann an
das Wolkenmeer und das Bild vom Wettersturme mit seinen Blitzen und Auf-
wühlungen der Erde gedacht haben. 9 tO^"" Deinen Köcher entleerst du
gan%, Dein Bogen ist satt von Geschossen; Zu Strömen spaltest du die Erde,
Es sehen dich %itternd die Berge. An den Anfang der Strophe ist das Wort
zu stellen, dessen verdorbener Rest nach Gunkel in T\^W^^ v. 8 und wahr-
scheinlich noch einmal nach einigen Codd., Houbigant und Nowack in Itti^
n^D Y. 9^ vorHegt, nämlich HB^^ oder ^HS^fc^. Die beiden letzteren Gelehrten
belassen das Wort an der Stelle von H^D 1Dt< und lesen nach denselben Codd.
T V
für die beiden vorangehenden unverständlichen Worte (s. darüber Anmerkung
bei Kautzsch) vielmehr nitSD V\'^.%^^ Sy^opiaaa; ßoXiSac, du sättigtest mit Ge-
schossen [deinen Köcher]. Dem entsprechend vermutet Nowack, dass das
von Wellh. für nij;n nny vorgeschlagene "I^IJ^H inlj; nicht nach II Sam 23 18 =
schwingen, sondern nach Jes 23 i3 = eniblössen zu erklären sei. In der That
passte ein du entblössest deinen Bogen (durch Entkleidung aus seiner Um-
Hab 3 10 353 Hab 3 13
hüllung) besser als „du schwingst den Bogen'^ Wiihrscheinlich ist aber mit
GuNKEL mit leichterer Änderung zu lesen: IJjn npj; oder vielleicht noch besser
mit inf. absol. für das abstrakte Nomen und mit regelmässiger Verball'orm:
n"l5;n n"lj;, was in der bekannten Bedeutung des Pi. von rrij;, entleeren, vor-
trefflich zu dem Kocher passt. Der Köcher wird ganz entleert, das führt die
Sättigung des Bogens herbei, der übergenug in Thätigkeit treten musste. So
versteht man auch, wie niDD iiy^ty als Aussage zu ^riti^j^ gehören kann; man lese
mit Gkätz und Gunkel den stat. constr. fem. ilj??^, gesättifßt. D. H. Mlller
versetzt v. 9*^^ ohne Grund in der Form: ^^'N nitSÖ H*!?^ (= „du zerbrichst die
Stäbe des Feindes") an das Ende von v. 13, wo es nur schwächlich klingt.
Zu Strömen spaltest du die Erde bedeutet nach Ps 78i5f.: du spaltest die
Erde, so dass Ströme entspringen; die Änderung von ri1"ini in ^ri'^^n (= „deine
Lanze spaltet die Erde", so D. H. Müller) ist unnötig. Der Erde parallel
sind die Berge lO""*, die angesichts dieses göttlichen Auftretens zittern und
beben. LXX scheint dafür D^ÖJ^, Völker, gelesen zu haben, während in einer
parallelen Schilderung Ps 77 17 D";)? sich findet; aber keines von beiden ist für
unsern Kontext besser als D^IH. lO^P^ 11^ Es strömenWasser die Wolken,
Der Ocean erhebt seine Stimme, Ihren Aufgang vergisst die Sonne, Der Mond
bleibt in seiner Wohnung. In Ps 77 i7ff., dessen Verf. offenbar unsern Psalm
karnite, ist der erste Stichos in besserem Texte erhalten, mit Nowack hat man
zu lesen: niDj; D"^» 1tt*it, wobei ^Öli als Po. zu erklären ist (s. Ges.-Kautzsce^^
§ 55 b), vgl. das ähnliche denominative Po'el "^"^ von "ä^p. Dinn ist
nicht der Himmelsocean, sondern das grosse Weltmeer, das durch Jahw^es
Erscheinen in Aufruhr gesetzt wird und gew^altig erdröhnt. Gegen die
gewöhnliche Fassung von ^^'^i ^n*»"]^^ Dil als: hoch erhebt er seine Hände, das
dann als kühnes Bild für die hochaufgeworfenen Wogen gedeutet wird, spricht
alles : Dil = Dil» wäre singulär und müsste erst noch als sog. Accus, der Rich-
tung erklärt werden, ^JT'T ist eine Unform, die sich durch ^IT'i'^i? Hi 24 23 (s.
dort) nicht rechtfertigen lässt, und das folgende t^'D^ bliebe ohne Prädikat.
NowACK vermutet daher unter Berücksichtigung der LXX, die einen andern
Text voraussetzt, dass zu lesen sei: ti^Dti^ Hti^i HhltD (eventuell, da ti^Dti^ auch
femin. gebraucht wdrd: HH^*^ nnitö). Damit ist ein glücklicher Parallelstichos
zu der Aussage über den Mond gefunden und die Ähnlichkeit mit dem ver-
dorbenen MT ist augenfällig. 11=^ L rh\l\ = l^nt. 11^ 12 Beim
Leuchten deiner Pfeile verziehen sie sich, Beim Glan% deines blitzenden
Speeres. Im Grimm beschreitest du die Erde, Im Zorn zertrittst du die
Völker. In y. ii^ ward der Grund für das Verschwinden von Sonne und Mond
angegeben: vor Gottes Licht und Glanz verschwinden Sonne und Mond.
Dass der Gedanke an ein gewaltiges Gewitter auch hier mitspielt, lässt sich
nicht verkennen, vgl. auch Ps 77i8f. und Na 3 3. ^^\t\\ wird g^w^öhnlich als
Relativsatz zu ^"^^n gefasst; aber "^^n bedeutet nicht: hin- und herfliegen,
sondern: gehen, davongehen. In 12 folgt zusammenfassend die Erklärung der
ganzen grossartigen Schilderung : Jahwe übt Gericht an der Menschheit.
13—15 Jahwes Eingreifen geschieht zur Rettung seines Volkes.
Die Perfekte zeigen, dass hier dem Dichter deutlich Heilserfahrungen der
Kurzer HC zum AT XUI 23
Hab 3 13 354 Hab 3 15
Vergangenheit vor Augen schweben; aber diese sind nur ein Bild des Grösseren,
was nahe bevorsteht. Der Sinn ist: das hast du gethan, das thust du wieder.
Bei der Zerschmetterung des Gottlosen v.i3 und des Zerstiebens seines Heeres
Y. 14 ist an Antiochus IV. und an die Niederlage der syrischen Heere zu
denken. 13 Du ziehst aus deinem Volke zu Hilfe^ Zu helfen deinem Ge-
salbten; Du zerschmetterst das Haus des Gottlosen; Du legst den Grund bloss
bis auf den Fels. Da das Nomen ^"ä^ kein Obj. mit "HS verträgt und auch
LXX verschieden übersetzt: st«; aüJXYjpLav und tou awaai, ist das zweite y^^.'p
mit Wellh., Nowack T'^'b = T^^rh zu lesen, vgl. Ges.-Kautzsch27 § 53 q.
?in*'^D kann auf keinen Fall einen königlichen Prinzen, wie Peiser annimmt,
bedeuten, am allerwenigsten, wo es, wie hier, in Parallele mit ^DJJ steht. Ge-
wöhnlich bezeichnet es den regierenden König Israels, sei es den der Gegen-
wart, sei es den von der Zukunft erhofften. Auch andere Personen, wie die
Priester und später die Patriarchen (Ps 105 15), können „G-esalbte" heissen;
immer aber sind es solche in führender, leitender Stellung und nirgends kann
die Anwartschaft auf eine solche Stellung, sondern erst der Besitz diesen Titel
verleihen. Der Gebrauch des Titels n*"!^» vom Volke Israel ist nicht erwiesen,
hier wäre er zudem rein tautologisch; darum muss der regierende König oder
Fürst gemeint sein. Dem wird Jahwe im bevorstehenden Weltgerichte helfen.
Der unsichere Text von v. is*^ ist in der obigen Übersetzung unter der Annahme,
dass mit Ooet HIIJ; für nilj^ und I^ÜJ für IKJ^ zu lesen sei, dadurch verbessert,
dass D ti^^5'1 ausgeschieden wurde, trotzdem die Codd. der LXX eher für Aus-
lassung von n"^5P eintreten; das geschah, weil in y. is^P llD"; und *1^^ für ein
Haus, nicht für ein Haupt sprechen. Wenn H'^^'D ein jüdischer Fürst, am
ehesten wohl ein Hasmonäer, ist, so ist bei V^l an einen syrischen Herrscher
zu denken, vgl. die Vorbem. zu y. 13-15. Eine andere Auffassung s. bei
Kautzsch. 14 bietet ebenfalls einen schwer verständlichen Text; ver-
mutungsweise sei übersetzt : Du durchbohrst mit deinen Geschossen sein Haupt ^
Seine Fürsten zerstieben wie Spreu; Mich zu zerstreuen zieht herauf ihr Heer,
Zu fressen den Armen im Versteck. Der Sinn wäre: Der Gottlose wird von
Jahwe gefällt, darauf fliehen seine Fürsten auseinander, die mit ihren Heeren
gegen Juda und Jerusalem heraufgezogen sind, um das Volk zu zerstreuen
und dann um so sicherer im Verborgenen die Einzelnen auszurotten. Der An-
schlag der Heiden gegen Jerusalem führt vielmehr zur Vernichtung der Juden-
feinde. So war es bei Antiochus IV., so wird es in Zukunft und bei dem ent-
scheidenden letzten Völkersturme sein, vgl. Vorbem. zu y. 13-15 und s. zu y. 16^.
Bei dieser Zurechtlegung des Textes ist mit Ewald, Nowack u.a. angenommen,
dass ^''Ifö^l, resp. nach y. 9 ^J'^nitsö!!, für Vtson und W^'^ sein (des Gottlosen)
Haupt, für m^ zu lesen sei. Weiter vermute ich: nbj; ^:^T^Th fbD T\V:p\ vns
'i:i1 y:D«^ (ev. Disy) DSn^; \^tp\ ist Pu'al, zu der Verbindung mit p3 vgl. Hos 13 3.
Durch diese Konjektur werden wir das vor ^DS^ unmögliche 1D3 und das un-
verständliche ün^''^?? los und gewinnen wenigstens einen Sinn, der mit der Er-
wartung der jüdischen Gemeinde stimmt, dass der Antichrist vor Jerusalem
fallen und dann das Heil anbrechen werde. 15 hat hier keine Berech-
tigung, er ist weiter nichts als Variante zu y. 8^, s. dort.
Hab 3 16 355 Hab 3 17
16—19, der Scliluss, der mit "^nj^ttC^ v. 16 deutlich auf den Anfang zurück-
greift. Ua für V. 17 kein riclitiger Zusaramenliang nach vorn oder hinten zu
entdecken ist, wii'd er Eiuschub sein; ebenso sclieint v. isf. spätere Zuthat, s.
unten. IG-^ + ll^« von v. 16'', wofür n^« zu lesen ist (vgl. auch LXXj: das
Erscheinen Jahwes zum Weltgericht wirkt zunächst Angst und Beben. Ich
höre, da zitier l mein Leib, Bei jedem Laut beben meine fAppen, Anffst fährt
mir in die Gebeine, Und wo ich hin, zittern meine Schritte. 7jVl ^P(]^)^]ä kann
nur das vorher beschriebene Kommen Jahwes Objekt sein; davon vernimmt
er Anzeichen; Gottes Werk kündigt sich dem Autor an, aber h^\)b, bei jedem
Ton, der davon ihm zu Ohren dringt, erzittert er. Wegen bb*^ darf man
nicht an ein Klirren der Zähne, statt an ein Vibrieren, Beben der Lippen
denken. Dj51 ist bildlicher Ausdruck für äusserste Kraftlosigkeit, es fehlt den
Knochen an Festigkeit; Tpojxo; der LXX ist kein Grund, um nj;i dafür zu
lesen. Ebenso ist nicht mit Nestle und Nowack n.i;?^, mein Fleisch, dem
"'l^*« vorzuziehen; vgl. zu den Wirkungen von Vision und Audition Dan 8 18 27
10 8. Statt tjl« ist ^X notwendig. 16^, die erste Hälfte eines Vier-
zeilers : Ich finde Ruhe am Tage der Drangsal, Wenn heraufzieht das Volk,
das mich befehdet. Neben der Angst (s. y. 16^) bringt das Herannahen der
Entscheidung doch auch Ruhe, zwar erst am Tage, w^o das Gericht über den
letzten Feind vollzogen ist, kommt Israel zur nnUD. Zu nii« in diesem präg-
nanten Sinne vgl. das Hiph. n^;n Jes 14 3 57 18 (s. zu diesen Stellen); die
Änderung in DH^iJ (Wellh.) ist unnötig. rr\^ DV ist der Tag des Welt-
gerichts Zph 1 15, der auch für Israel zuerst ein Tag der Not ist, aber andrer-
seits ihm nach lange getragener Bedrückung und Drangsal endlich den An-
bruch definitiven Heils bringt, vgl. Jes 14 3. b in twbvh nimmt h von DVS
wieder auf; dagegen ist notwendig das b von Dj;^ zu tilgen, das aus Abirren
des Auges des Schreibers auf das vorangehende Wort entstanden ist, und
nach LXX (jio'j) ^ilU"; (vgl. auch "^y^^t>r\b v. u) für ^lin^:"; zu lesen; zu dem Verb
^^^ vgl. Gen 49 i9. So wird die Konstruktion erträglich und erhält ni^V ein
richtiges Subj., da man als solches doch nicht Hl^ D1^ hinnehmen kann. Dj;
"•^lU*; ist die judenfeindliche Menschheit, Gog von Magog Hes 38 f., wohl bes.
verkörpert gedacht in dem syrischen Reiche, das zum ersten Mal den Anti-
semitismus in die That umsetzte. Damit bricht der Psalm ab; denn was
V. 17-19 folgt, ist nicht als genuine Fortsetzung zu begreifen. Höchstens
könnte ein Gedanke wie y. i8 den Abschluss bilden, wenn man ti^l für ^i^^l an
' T t • -: -
den Anfang setzen dürfte: Und dann will ich frohlocken über Jahwe, Will
jubeln über den Gott meines Heils. Dagegen ist
17 im Zusammenhang unverständlich. Man muss das Wichtigste ein-
tragen, wenn man darin einen Gegensatz zu dem Vorhergehenden sehen will:
ich werde ruhen am Tage der Drangsal, denn jetzt etc. Vielmehr ist der
Vers eine an Joel bes. Jo 1 17-20 erinnernde Beschreibung der Not des Landes,
wenn das Volk (viell. ist gar an das Heuschrecken„volk'' gedacht) heraufzieht,
er knüpft also nicht an den Hauptgedanken an, sondern an einen einzelnen
Begriff und bietet dazu eine Ausführung, die als Randcitat gemeint ist. Das
Ganze ist ein Sechszeiler: Denn der Feigenbaum trägt nicht (1. nach Paralle-
23*
Hab 3 17 356 Hab 3 19
lismus und LXX mit Nowack Ti^tir^ für nnDP) Und keine Frucht ist an den
lieben, Der Ertrag des (Ubanms bleibt aus Und das Feld trägt keine Nahrung,
Die Schafe sind aus den Hürden verschwunden Und keine Binder giebt es
mehr in den Ställen. Zu C^n? vgl. Hos 9 2; r\\\ Hb^X^D ist nicht der Trieb, sondern
das Produkt d. h. die Frucht des Ölbaums, vgl. H^j; im folgenden Stichos
(so richtig Nowack). Zu niöH^ vgl. Jes 16 8, doch ist vielleicht nach LXX
mit Nowack wegen des singularen Prädikats dafür ni'^ zu lesen. Cheyne
setzt auch hier wie Jes 16 8 dafür II^D, Traubenblüte, und liest dem ent-
sprechend ^bti^fcj, Traube, für 'PDi^. "% kommt intransitiv nicht vor, 1. daher
mit Wellh. nni n^DD steht für «^Dö, wie umgekehrt ^^)^ für nti^i v. 10. Das
Sy. XsY- D'^riDn ist von LXX auch Jo 1 17 und Zph 2 u vorausgesetzt (s. Nestle
ZATW 1900, 168) und auch in der Mischna gebraucht. 18 könnte
unter Umständen in der oben am Ende von v. 16 angegebenen Form die zweite
Hälfte des letzten Vierzeilers unseres Psalmes sein; wahrscheinlich aber darf
er von 19^ nicht getrennt werden, der in seinen aus Ps 18 entnommenen Wen-
dungen (vgl. Ps 18 33 34 73 26) die Merkmale eines liturgischen Anhangs auf-
weist, und darum werden beide Verse sekundären Ursprungs sein und den
genuinen Schluss des Psalms verdrängt haben (so auch Wellh. und Grimm
Lit. Append. 21 f.) Für "^niD^ lesen Guthe und Nowack nach LXX
wohl mit Recht nur niöS ; zu niö2i"^j; ijnin vgl. Mch 1 3.
19^ die Unterschrift, gehört wahrscheinlich an die Spitze des Capitels,
s. zu V. 1. Andernfalls müsste man mit Nestle und Nowack annehmen, dass
V. 19*^ in dem Gesangbuch, aus dem das „Gebet Hab's^ stammt, zu dem folgen-
den Psalme gehörte und nur aus Versehen mit Cap. 3 in das Buch Hab
wanderte. In jedem Fall ist statt '^O-^''?^ wie überall im Psalmbuch (vgl. Ps 4 1
6 1 54 1 etc.) nur ni'»:ii zu lesen.
Zph Einleitunfa: I 357 Zph Einleitung I
ZEPHANJA.
Einleitung.
I. Inhalt und Zusammensetzung des Buches. Zephanja, der neunte in
der E/eihe der „Zwölf Propheten" im MT, wie in LXX, beginnt in Cap. 1 mit einer
Schilderung des Gerichts, das Juda und Jerusalem am nahen Tage Jahwes bevor-
steht, wo mit all den G ötzen- und Baalsdienern und den Liebhabern und Nachahmern
der assyrischen Mode, den hochmütigen und eingefleischten Verächtern Jahwes auf-
geräumt wird. Voranzustellen ist wahrscheinlich 1 7, die Aufforderung des Pro-
pheten zur Stille vor Jahwe, der mit seinen geladenen Gästen zum Schlachtopfer
erscheint (s. zu 1 7); dann hat Jahwe das Wort und kündigt das Gericht an, das er
an Jerusalem halten wird. Auch im 2. Cap. setzt sich die Pede Jahwes fort; 2 1 2* 4
bildet wohl die Überleitung zu der Bedrohung der Philister 2 5-7 (der Moabiter und
Ammoniter 2 8-11, ein Abschnitt, der nicht dem Grundstock des Buches angehört), der
Kuschiten und Assyrer (2 12-15). In diesen beiden Capp. finden sich allerdings auch
ausser 2 8-11 einige fremde Elemente, darunter solche, welche die Schilderung des
bevorstehenden historischen Ereignisses, das Juda, Philistäa, Kusch und Assur die
Vernichtung bringen soll, als eine Beschreibung des eschatologischen Völker- und
AVeltgerichts deuten (vgl. zu 1 3 6 18 2 3 7).
In Cap. 3 setzt eine neue Apostrophe des gottlosen Jerusalems ein, die aber
ganz andere Sünden erwähnt als Cap. 1, besonders auch die Undankbarkeit gegen
Gottes Wohlthaten hervorhebt (3 1-7). Statt als Basis zu neuer Strafdrohung wird
dieser Weheruf als Ausgangspunkt benutzt, um die Notwendigkeit des Einschreitens
Jahwes zum Weltgericht, sowie zur Bettung der Frommen in der Krisis, die auch
in Jerusalem sich vollzieht, zu folgern und diese Hilfe Gottes darzustellen (3 8-13).
Die Stimmung hat also ganz umgeschlagen gegen v. 1-7, und zuletzt folgt noch eine
Aufforderung an Zion, über die herrliche Bettung zujubeln, die Jahwe selber mit
Wonne erfüllt und die er auch die Juden in der Diaspora erfahren lässt (3 14-20).
Diese Skizze des Inhals zeigt, dass das Buch in zwei Hauptbestandteile zer-
fällt: 1) die Drohung des nahen Gerichtes über Juda und einige andere Staaten, wie
Philistäa, Agypten-Kusch und Assur, und 2) die Verheissung der herrlichen Bettung
Zph Einleitung I 358 Zph Einleitung II
der Frommen iu dem verdorbenen Jerusalem am Tage des escliatologischen Welt-
gerichtes. Der letztere Teil setzt sich wieder deutlich zusammen aus drei Einzel-
stücken, von denen das zweite an das erste und das letzte an die beiden vorher-
gehenden sich anschliesst, erweist sich aber im Ganzen als Anhang zu Cap. 1 f., der
dem Gericht das Heil gegenüberstellen soll. Daneben sind einzelne kleinere Elemente
auszuscheiden, die sich in den grossen Zusammenhang nur lose einfügen. Von den
das historische Ereignis in ein eschatologisches umdeutenden Stücken in Cap. 1 f. ist
schon gesprochen; ausserdem aber finden sich ein paar Verse, die eine andere Stellung
den Heiden gegenüber einnehmen als ihre Umgebung, so 2 11 3 9 f.
II. Die Entstehung^ und der Autor der Gerichtsdrohun^ Cap. 1 f. Die
nach Inhalt und Form zusammengehörenden Teile von Cap. If., nämlich 1 7 2 3^' 4 5
8aß_iia 12 13^ 14-17 (exc. V. 17^^^) 2 1 2^ 4 5-7* 12-14, geben deutlich ihre Entstehungs-
zeit zu erkennen. Es ist einmal von Angehörigen und Würdenträgern des königlichen
Hauses die E.ede, welche das Haus ihres Herrschers mit Unrecht und Trug erfüllen,
ohne dass dem König selber irgend welche Schuld zugemessen wird (1 8 f.) ; daraus
ist zu schliessen, dass ein König Juda und Jerusalem beherrscht, dem es an der
Macht gebricht, einen wirksamen Einfluss auf die Leitung der Geschäfte auszuüben.
Nimmt man dazu, dass die Jerusalemer mit auf seinen Hefen ohne jegliche Störung
abgelagertem Weine verglichen sind (1 12), d,h. dass eine lange Periode vorangegangen
ist, in der Jerusalem unbehelligt blieb, so bietet sich sofort als Entstehungszeit der
Anfang der Regierung Josias, der im Alter von 8 Jahren 638 auf den Thron kam
(II Reg 22 1) und 608 bei Megiddo fiel. Dahin führt auch die Schilderung des Treibens
der Jerusalemer in 1 4-9, die vortrefflich passt zwischen die Regierung Manasses, der
der assyrischen Mode und dem Götzendienste Thür und Thor öffnete, und der Reform
Josias im Jahre 621, die den Kultus von allem Heidnischen zu reinigen suchte. Der
König Josia wird vom Propheten nicht getadelt, also war er wohl noch zu jung, um
die Zügel der Regierung kräftig in die Hand zu nehmen, zudem aber mochte be-
kannt sein, dass seine Sympathie diesem Treiben der Grossen nicht gehörte. Inner-
halb des Spielraums von 638 bis 621 das Datum der Prophetie näher zu bestimmen
hilft die Erwägung, dass die Anzeichen des bevorstehenden Sturmes dem Propheten
schon sichtbar sein mussten, dass ihm die von Jahwe zum Schlachtopfer Geladenen
(1 7) keine fingierte Grösse sein konnten. Es müssen in seinem Gesichtskreise Feinde
aufgetaucht sein, von denen er die Vollstreckung der Juda gedrohten Strafe er-
warten durfte. Das sind weder die Assyrer noch die Ägypter, da diesen vielmehr
auch die Vernichtung droht, und ebenso wenig ein kleineres Volk aus der Nachbar-
schaft, da er einem solchen nicht Züge bis Kusch und Nineve zutrauen konnte. Der
Prophet hat ohne Zweifel die Skythen im Auge, die schon geraume Zeit Vorder-
asien in Unruhe versetzten, und zwar ist dieses wilde Reitervolk wohl bereits im
Heranzuge nach Palästina, wie er Juda und Jerusalem mit dem Gerichte für ihre
Sünden droht. Er erwartet, dass die Skythen die philistäischen Städte zerstören,
Jerusalem erobern, selbst unter Kusch eine Niederlage anrichten, und dann wieder
nach Norden umkehrend, über Nineve herfallen und Assur ein Ende bereiten werden.
Nur an Philistäa sind seine Worte erfüllt, ein Beweis, dass sie wirklich Weissagung
und vor dem Eintreffen der Skythen im südlichen Palästina entstanden sind. Nun
wird der Zug der skythischen Reiterschaaren nach dem Süden an Juda vorbei in das
Zpli Einleitung II 359 Zph Einleitung II
Jahr 620 verlegt, so dass wir mit grosser Zuversichtlicbkeit die Entstehung der Ge-
richtsdrohiiiig Z])irs in das Jahr 627 oder den Anfant^ 626 verlegen dürfen. Die
Überschrift 1 l giebt somit das richtige Datum für den Grundstock von Cap. 1 f. an.
Zu bezweifeln, dass der Autor dieser Prophetie der in der Ubersclirift 1 l,
sonst aber nirgends im AT genannte Zephanja, LXX ^ocpovtd;, war, liegt kein Grund
vor. Auch die Nachricht von seiner Herkunft aus der königlichen Familie (s. zu 1 1)
wird insofern durch den Inhalt bestätigt, als er sich über das Treiben am Hofe wohl
unterrichtet zeigt (vgl. 1 8 f.). Alles weist somit darauf hin, dass er Jerusalemer war;
darum ist nicht einzusehen, wie Pseudo-EpiPHANIüS zu der Angabe kam: ix cpoXr);
^v 2ü|X£(üv cxYpou 2aßapai}a resp. oltto opou^ SapaßaOa. Aber wichtiger als diese
Notizen über die äusseren Verhältnisse des Propheten sind seine Worte; sie sind ein
ausserordentlich wertvolles Dokument aus der Zeit, die unmittelbar der Reform
Josias voranging, denn wir vernehmen darin eine Stimme, die uns Zeugnis giebt über
die Zustände in Jerusalem und offenbar aus den Kreisen stammt, welche das deute-
ronomische Gesetz ins Leben gerufen haben. Es ist die Opposition gegen das aus-
ländische Wesen in Kultus und Sitte, die sich hier erhebt, gegen die fremde Kultur,
die mit ihrem Götzendienst und ihrem Luxus die nationale Art verderbt, den israeli-
tischen Gottesdienst verdrängt und die Einfachheit und Geradheit der von den Vätern
ererbten Sitte und Lebensgewohnheit zerstört. Zph stimmt vortrefflich überein mit
Amos, Hosea und Jesaja, die in den Nasiräern ächte Israeliten sahen, die fremden
kultischen Formen als Baalskult verpönten und die im Gefolge des überhandnehmen-
den Luxus auftretende Bedrückung der Armen, Ungerechtigkeit in Handel und
Wandel und stolze Hinwegsetzung über die sittlichen Forderungen Jahwes aufs
heftigste bekämpften. Man lernt aus der Prophetie Zph's den Synkretismus kennen,
den Manasse begünstigt und befördert hatte; die Kulte der Nachbarn und besonders
der Assyrer waren in Jerusalem eingedrungen. Wie seine Vorgänger kündigt Zph
Jerusalem das Gericht Jahwes an, aus seinen Worten ersieht man, dass er dieselben
kannte und dass ihm namentlich Jesaja bei seiner Schilderung des Tages Jahwes
vor Augen schwebte. Beachtenswert ist, dass er nicht nur von dem Gerichte über
Juda-Jerusalem spricht, sondern dasselbe auch über Philistäa, Kusch- Ägypten und
Assur sich erstrecken lässt; aber auch ihm ist wie Amos, der ebenfalls von den Nach-
barn spricht, die Hauptsache, dass das Gericht über das Volk Jahwes ergeht, und
so zu sagen nur die Ausläufer des Gewitters, das sich über Juda entladet, treffen die
andern Völker. Eine ausdrückliche Begründung des Gerichts über diese Völker giebt
Zph nicht; einerseits mag das veranlasst sein dadurch, dass ihm das ausländische
Wesen in Kultus und Sitte überhaupt ja als widergöttlich vorkam, andererseits mag
es darin liegen, dass er die Skythen als das Werkzeug Jahwes, dessen Macht nicht
nur auf Juda eingeschränkt ist, ansieht und darum ohne weiteres die Thaten, die er
von ihnen erwartet, als Jahwes Thaten betrachtet. Mit der Verurteilung der Zu-
stände in Juda-Jerusalem konkurriert das Auftreten der skythischen Beiterschaaren,
dieses historische Ereignis löst bei Zph die Prophetie aus, in der er seinem Volke
den von Jes einst schon gedrohten Gerichtstag Jahwes als unmittelbar bevorstehend
verkündigt. Von späterer prophetischer Wirksamkeit Zph's wissen wir nichts (dass
die von Clemens AlexandkinüS Strom. V, 11, 77 erwähnte Apokalypse Zph's nicht
auf den Propheten zurückgeht, ist selbstverständlich, vgl. E. SCHÜKEE Gesch. des jüd.
Zph Einleitung II 360 Zph Einleitung IV
Volkes 3III, 271 f.); aber in seinen Vorwürfen vom Jahre 627/6 steckt in nuce das
Programm der deuteronomischen Keform und er mag mit seiner Prophetie nicht
wenig zur Anhandnahme desselben beigetragen haben. Eine tiefere Auffassung von
Jahwes Forderung hat sein Zeitgenosse Jeremia, der darum auch nicht verstummt,
wie der Skythensturm vorüber und die Reform ins Werk gesetzt ist.
III. Die Eatstehung^ der Ileilsverkündigiing Cap. 3 und des ganzen Buches.
Das aus drei verschiedenen Stücken zusammengesetzte Cap. 3 (s. Erklärung) kann
mit Heilsverkündigung betitelt werden, da der erste Abschnitt 3 1-7 jedenfalls jetzt
nur als Grundlage der folgenden Glücksw^eissagung in Betracht kommt, vgl. Einleit. I
und Schlussbem. zu 3 7. Das Cap. 3 zeigt dieselbe Zusammensetzung wae Mch 7,
und wie in Mch 7 1-4 (s. zu dem Abschnitt und Mch Einl. III 3), so treten auch 3 1-7
manche litterarische Reminiscenzen hervor; das beweist sicher für späte Herkunft, noch
nicht sicher für schriftgelehrten Ursprung. Es kann somit 3 1-7 als ein Weheruf über
Jerusalem verstanden werden, der von einem im Innersten über die Sünde der Stadt
entrüsteten Autor herrührt, sei es im fünften (vgl. Mal, Tritojes), sei es im zweiten
Jahrhundert. Der Weheruf ist dann zunächst an die Prophetie Zph's angefügt, um
das dort gedrohte Gericht neu für die Zukunft zu begründen. Diesem nur von Drohung
und Gericht redenden Buch Zph wurden dann die glückverheissenden Abschnitte
3 8 ff . angefügt; die Worte der Propheten gelten ja der späteren Zeit als Weissagungen
über die Endzeit und darum konnte in ihnen, wenn sie in der Gemeinde des zweiten
Tempels gebraucht werden sollten, die Kehrseite des Gerichts, das Heil Zions und
Israels, nicht fehlen. Die Anhänge ersetzten diesen Mangel und ausserdem half die
Redaktion, welche diese Stücke beifügte, zugleich durch Einfügungen im Innern
nach, dass das alte prophetische Wort richtig verstanden wurde als eine Schilderung
des eschatologischen Weltgerichts. Anhänge und umdeutende Interpolationen ent-
stammen somit derselben Zeit, also da die letzteren mit aller Wahrscheinlichkeit die
makkabäischen Erfolge voraussetzen (vgl. zu 2 7 und 2 9), dem 2. Jahrhundert, Für
die Entstehung des Ganzen sind demnach folgende Etappen zu unterscheiden:
1) die Prophetie Zph's aus dem Jahre 627/6: 1 1^ 7 2 3^* 4* 5 8* 9 10* 11^ 12*
13^ U-17 (excl. V. 17^T) 2 1 2» 4 5* 6 T^ß*^«* 12-14.
2) die Hinzufügung von 3 1-7, möglicherweise schon im 5., vielleicht aber auch
erst im 2. Jahrhundert.
3) die Bedaktion des Buches im 2. Jahrb., die durch Anhängung von 3 8-13
(excl. V. 9 f.) und 3 14 f. 17-19 und durch Interpolation die ursprüngliche Gerichts-
drohung Zph's zu einer Prophetie von den letzten Dingen, dem Weltgericht und dem
Heile Zions, umdeutete. Zu diesen Interpolationen gehören: 1 3^>^^ 6 8^* 10^°^ 12^*
17^T 18 2 2^ 3 7^°^^^ 8-10 15.
4) kamen schliesslich zu diesem Buche Zph noch hinzu, abgesehen von Ver-
derbnissen und Glossen, die nicht einer besondern Kategorie angehören (vgl. z, B.
zu 1 11^ und 13^), die Einfügungen von 2 11 und 3 9 f., die einer heidenfreundlicheren
universalistischen Stimmung Ausdruck verleihen (s. die Erklärung).
IV. Litteratur. L. Eeinke Der Prophet Zephanja 1868; Fe. Buhl
Einige textkrit. Bemerkungen zu den kl. Proph. spec. zu Zph 2 11 14 3 17-20 ZATW
1885, 182—184; Fr. Schwally Das Buch Ssefanja ZATW 1890, 165—240; W. Bachee
Zu Zph 2 4 ZATW 1891, 185—187, vgl. dazu auch S. 260—262; K. BuDDE in StK
Zph Einleitung IV 361 Zpli 1 3
1893, 393—399; J. Bachmann Zur Textkritik des Propli. Zph StK 1894, 641—655; A. B.
Davidson Nah, Hab und Zph 1899; 11. WiNCKLER D^'^ ^nn Zph 25 Altor. Forschungen
III (1902), 232 f.; T. K. Cheyne Critica Bihlica II (1903), 174-178.
Erklärung.
Die Überschrift 1 1, die ähnlich lautet wie Hos 1 i und Mch 1 i, hat wohl
ursprünglich das Datum der Weissagung v. i'' nicht enthalten, obschon dasselbe
richtig ist, S.Einleitung II; dennJosia würde sonst schwerlich der judäische
König statt bloss der König genannt sein, s. zu Jes 1 i. Dagegen dürfte die
singulare Zurückführung der Genealogie selbst über den Grossvater hinaus
bis ins vierte Glied alter Text sein und darauf beruhen, dass der an vierter
Stelle genannte Hiskia eine bedeutende Persönlichkeit, also wohl der König
dieses Namens ist. Das Fehlen des Königstitels, wenn nicht erst durch die
Beifügung des Datums veranlasst, schliesst bei dem bekannten Namen diese
Erklärung nicht aus; immerhin ist der Abstand zwischen Hiskia und Josia
für drei Generationen sehr knapp und Coenill's -Bedenken angesichts II B eg
21 1 (II Reg 20 18 ist aus dem Spiele zu lassen) begreiflich.
A. Die Gerichtsdrohung
1 2 — 2 15.
I. Der Tag Jahwes, der Juda bevorsteht I 2— 18.
1 2-18 ist die Schilderung einer gewaltigen Katastrophe, die über Juda und Jeru-
salem als Strafe für ihre Untreue und ihren Abfall hereinbricht. Es ist der Tag Jahwes,
der herankommt, wie ihn ein Amos den Israeliten und Jesaja den Judäern verkündet hat.
Jahwe hat die Gäste zum Schlachtfest schon geladen: die Skythen, die in den ersten
Jahren der Regierung Josias den vorderen Orient durchsausten und ihn mit Schrecken
und Verwüstung erfüllten. Dem Propheten ist es nicht darum zu thun, ein totales Welt-
gericht zu verkündigen; er fasst zunächst nur die Leiden Judas ins Auge und erst in
Cap. 2 werden auch die Philister, Kuschiten und Assyrer bedroht. Leichte Zufügungen
schon im 1. Cap. zeigen jedoch, dass die Späteren in der Prophetie die Schilderung des
allgemeinen eschatologischen Weltgerichts sahen, vgl. z. B. v. 6 18*f^'\ Befreit man den
Text von diesen Übermalungen und einigen anderen späteren Zuthaten, so bleibt für die
ursprüngliche Prophetie Zph's eine Reihe von Tetrastichen, die wie die Gedichte Jere-
mias, seines jüngeren Zeitgenossen abwechselnd Zeilen mit drei und mit zwei Hebungen
aufweisen.
2 3 Raffen^ fortraffen werd' ich alles Von der Fläche der Erde, Fort-
raffen werd' ich Menschen und Vieh, Fortraffen die Vögel des Himmels. Inf.
absol. und folgendes Verbum finit. müssen von demselben Yerb herstammen,
während die Masora abwechselt und die Wahl zwischen ^pfcj und f]^D frei lässt;
wegen des Infinitivs ^b«, der nicht von ^^D abzuleiten ist, wird es das Richtige
sein, dass man überall ^bS«, resp. ^ü^ von ^p«, wegräumen, fortraffen., für
Zph 1 2 362 Zph 1 5
**)ps liest, vgl. Ges.-Kautzsch2" § 68g 72aa. Die Strophe dient als Ein-
leitung der Rede Jahwes; wahrscheinlich hat aber die Prophetie einst mit v. 7
(s. dort) begonnen. Beachtenswert ist es, dass nicht y^^T}, sondern das weniger
universale nDHtJH, der kultivierte Erdboden, steht; es ist dem Propheten in
erster Linie um das Gericht über Juda zu thun. nirr» Dt^i ist überflüssig,
besonders nach der Überschrift: 'W n\n] "15"^, aber auch, w^enn durch v. 7 Jahwes
Auftreten angekündigt ist; wahrscheinlich ist es aus Versehen vom gleich-
lautenden Schluss in v. 3 auch hierher versetzt. Der Interpolator von v. 3 (s.
dort) mochte mehr Grund haben, ausdrücklich seine Worte als Gottes Spruch
zu kennzeichnen, als der Prophet. 3 Dass der Schluss des Verses von
nibt^^Dlsni an Interpolation ist, wird von Schwally, Wellh. und Nowack an-
erkannt: V. 3*^ ist ja im Grunde nur Wiederholung von v. 3^* und die besondere
Nennung der Gottlosen neben den Menschen auffallend genug; wenn in
ni^^'D^ni/was doch schwerlich == D'^VLi^?)?)!, die Argeimisse^ zu fassen ist (s. Jes
3 6), ein Verbum steckt, wie das folgende "HS nahelegt, so wird man nicht mit
Schwally ^n^t^Dl, ich lasse straucheln, sondern eher mit Ooet 'Tib'iyDni oder
besser '»n'Ittt^ni, ich vertilge (die Gottlosen), vermuten. So bekommt man die
tröstliche Limitation des im Folgenden wiederholten prophetischen Ausspruchs:
Nur die Gottlosen, nicht auch die Frommen gehen im Gericht zu Grunde.
Aber auch D^H ^yV[ gehört zumEinschub; denn wie man die Fische von der Erd-
oberfläche wegraffen kann, ist nicht zu verstehen und selbst die Sintflut hat einst
den Fischen nichts angethan. Sie können hier nach der Glosse Hos 4 3 ein-
gefügt sein.
4 Und ausrecken werde ich meine Hand wider Juda Und wider die Be-
wohner Jerusalems Und austilgen den Namen Baals Und den Namen der
PfafJ'en. Zu T HDJ, die Hand ausstrecken^ = unser ^.aufziehen'^ , seil, zum
Schlag, vgl. den Refrain Jes 5 25*^; das überflüssige 'b^ ist wie oftmals sekun-
därer Text. T\\i] DlpÄH"])? stösst sich mit der bestimmten Angabe von
Juda und Jerusalem in v. 4% als ob diese nichts bedeuteten und nur die heilige
„Stätte" in Frage käme; das ist der Standpunkt nach der Konzentration alles
Gottesdienstes in Jerusalem, vgh zu Jer 7 3, während Zph auch die Landschaft
von Baal befreit sehen möchte. Die verfrühte Limitation auf die heilige Stätte
in Jerusalem ist daher Glosse eines Späteren. Für 1«^, = den letzten
Rest, liest LXX D^, was zu adoptieren ist, da 'l^ü wohl gleichfalls die Reform
Josias voraussetzt, durch die bereits Baal zum grössten Teil verdrängt sei.
Unter ^J^^H versteht Zph nicht bloss den eigentlichen Baalskult, sondern auch
den Kult, der z^var Jahwe galt, aber in Formen des Baalskultes geübt wurde,
vgL das Urteil Hosea's über den israelitischen Gottesdienst und die Forde-
rungen des Dtn's; Zph steht zwischen Hosea und dem Dtn. Mit LXX ist
D^insn Dl^"n«1 zu lesen und D^^niH'Dj; als Glosse zu entfernen, da D'^;n'2 hier
keinen Platz und keine Bedeutung hat, wenn man es als identisch mit D''1D2 fasst,
und störend Fremdes hier einmischt, wenn man ihm einen davon verschiedenen
Sinn giebt (so auch Schwally und Davidson). Über IDä zu Hos 4 4.
5 Und die, die auf den Dächern sich niederwerfen Vor dem Heer des
Himmels Und die sich vor dem Monde niederweifen Und die bei Milkom
Zph 1 5 363 Zpli 1 8
schworen. Die Verelirung des Himmelsheeres, d. h. der assyrische Gestirn-
dienst mit Verehrung einzelner Sterne und Sternbilder (vgl. II Reg 23 5), da-
tiert in Juda von der Zeit des assyrischen Bündnisses her von Ahas und be-
sonders von Manasse, vgl. \l Keg 23 12; die Anbetung auf den Dächern zeigt,
dass der Kultus direkt den siclitbaren Gestirnen erwiesen wurde, vgl. auch
Hes 8 16. Das erste D''j;51^;in kann, wo es steht, nicht gehalten werden,
es wird die Korrektur zu dem folgenden '?ni sein, dessen 1 zu tilgen ist, wenn
nur eine Klasse in beiden Stichen beschrieben ist (Hitzig., Wellh., Nowack);
der unter Manasse mächtig gewordene Synkretismus soll ausgerottet werden,
der den Jahweverehrern gestattete, zugleich beiMilkom (so ist mit einigen Codd.
der LXX, Pesch., Vulg. und den meisten Exegeten für D?'??? zu lesen), dem
Gott der Ammoniter, zu schwören, vgl I Reg 11 5 33 II 23 is Jer 7 so f. Hes
8 9-18 und bes. 23 39. Da jedoch njn: in der Rede Jahwes auffällt, so kann
Nestle (s. bei Cheyne) recht haben, dass dafür vr\\, Mond, zu lesen ist, vgl.
Dtn 17 3 Jer 8 2 Hi 31 26. Über ? V^^i^i s. zu Am 8 u. 6 ist prosaische
Interpolation, die das Gericht als Weltgericht fasst und darum neben die von
Jahwe abgefallenen Juden (v. 6^) die Heiden stellt, die Jahwe nicht gesucht,
noch nach ihm gefragt haben, vgl. die Perfecta.
7 Still vor dem Herrn Jahwe, Denn nah ist der Tag Jahwes; Denn ge-
rilstet hat Jahwe das Opfer, Seine Gäste geweiht, „Mit rwr}\ ''^sp DH wurden
jedenfalls alle Opferhandlungen eingeleitet, ähnlich wie bei den Römern durch
das bekannte favete linguis (Horat. Od. 3 1 2 Aen. 5 71)" (Schwally). Es war
der Ruf, der die ehrfurchtsvolle Stille einleitete, welche den Menschen dem
Erscheinen der Gottheit zur Teilnahme am Opfer gegenüber geziemte, vgl.
Hab 2 20 Sach 2 17. Der Tag Jahwes, an dem das Gericht sich vollzieht
(vgl. zu Am 5 18), ist hier unter dem Bilde eines grossen Opferfestes resp. eines
Schlachtfestes dargestellt, das Jahwe selber veranstaltet, vgl. auch Jes 34 6
Jer 46 10. Zum Opfer wie zur Schlacht müssen die Teilnehmer sich weihen,
vgl. Jes 13 3 sowie meine Gesch. der isr. Rel.-* 31f. Die Geladenen Jahwes
sind die Feinde, die Juda verzehren sollen, vgl. I Sam 9 13 Jes 13 3.
Übrigens scheint der Yers hier nicht am richtigen Platz, er zerstört den Zusammen-
hang von ^ril.pn^ V. 4 mit '•rinj^ö^ v. 8 und eignet sich mehr als Eröffnung der ganzen Ver-
kündigung denn als Zwischenbemerkung in den AVorten Jahwes. Ich stelle daher v. 7
vor V. 2, in dem dann Jahwe selber das Wort nimmt.
8 Die Einführung njn;: nnt Dl^n iTni passt nicht zu der Fortsetzung; der
dritten Person kann die 1. "TinpSI so in ein und demselben Satze nicht folgen;
es ist sekundäre Einführung, um von dem an falsche Stelle geratenen y. 1 emen
Übergang auf v. 8 zu bilden. Und heimsuchen] werde ich die Beamten Und
die königlichen Prinzen Und alle die, die sich kleiden In ausländische Ge-
wänder. Der König selber wdrd nicht genannt, sondern die Beamten und
Prinzen, die ganze Hofgesellschaft; dem König misst Zph keine Schuld bei,
weil er noch zu jung ist, um auf die Leitung der Geschäfte einen bestimmenden
Einfluss zu haben, vgl. II Keg 22 1, wonach Josia im Alter von acht Jahren
zur Regierung gekommen ist. Was den Beamten und dem Hofe (LXX liest
r\^^ für ''iS, was einen wesentlichen Unterschied nicht einschliesst, aber wegen
Zph 1 8 364 Zph 1 12
des folgenden 'fc< n^? v. 9, das in andrem Sinne zu nehmen ist, sich nicht emp-
fiehlt) vorgeworfen wird, ist Vernachlässigung der nationalen Eigenart und
Vorliebe für ausländisches Wesen in der Nachahmung der assyrischen Sitten.
Vgl. zu dieser Beurteilung der Ausländerei, welche die einfachen nationalen
Sitten geringschätzt, schon Jes 2 6 f. und dann die Verbote solcher Luxusge-
wänder ütn 22 11 Lev 19 19. Zu der Tracht von Prinzessinen und Prinzen vgl.
II Sam 13 18 Mt 11 8.
9 Und heimsuchen werde ich alle, die hüpfen Über die Schwelle^ Die
füllen das Haus ihres Herrn Mit Frevel und Trug, S^nn D1*5 verrät sich durch
seine unhaltbare Stellung am Ende als Glosse und bestätigt somit auch das
Urteil über v. 8*% vgl. ferner zu den Anfängen von y. lo 12. Der Vers
schildert nicht eine andre Klasse von Personen, sondern neue Züge des
Treibens der Hofgesellschaft von v. 8. Dn''yit5 iT»? ist nicht, wie LXX wdll, das
Haus Jahwes, sondern das des Königs, das sie durch ihr Treiben nach Art
der Fremden und ihr Verlassen von Kecht und Sitte mit Frevel und Trug
füllen. Das Hüpfen über die Schwelle ist offenbar ausländische Sitte, die auf
irgend einen Aberglauben zurückgeht vgl. zu I Sam 5 5 Jes 6 2 57 8, ferner s.
auch MNDPV 1899, 10; dem Hüpfen über die Schwelle ist mit Absicht das
Füllen des Hauses mit Unrecht und Trug gegenübergestellt, darum sind die
Verse nicht mit Schwally und Nowack umzustellen in die Ordnung: y. 8^ 9^
9^ 8^ In Bezug auf ausländische Manier und Mode ist man peinlich, die alten
Gebote des Kechts und der guten Sitte übertritt man.
10 (von ^1p an; was vorangeht, ist sekundär) 11^ Horch^ wie Geschrei vom
Fischtor her tönt Und Wehklagen aus der Neustadt Und grosses Gejammer
von den Hügeln, Es heulen die Bewohner des Maktesch, Der Feind kommt
von Norden, darum dringt er zuerst in die nördlichen Quartiere der Stadt ein.
Dort lag das Fischtor Neh 3 3 12 39, wo der das Tyropöontal hinabführende
Weg die Stadtmauer kreuzt, dort befanden sich auch nitÄ^öH, die Vor- oder
Neustadt (vgl. II ßeg 22 u Neh 11 9), und ^POr^T], der Mörser, die Stampfe,
eine Bezeichnung, die sich vielleicht auf die Mulde des Tyropöontales bezieht,
s. GrUTHE KB-W 305. Unter den Hügeln sind die Höhen des Nordquar-
tiers zu verstehen. Vielleicht ist der letzte Stichos, ähnlich dem zweiten,
zu lesen: tyriDDH"))? Thb^\ 11^ gehört schwerlich zum alten Bestände der
Prophetie; denn den Zeitgenossen brauchte Zph nicht zu sagen, wer diese
Quartiere bewohnte, und dann weiss man nicht, ob man ]J?3? als nomen pro-
prium = die Kanaanäer oder appellativ = Krämervolk zu nehmen hat, wie der
parallele Ausdruck Geldwäger d. h. Handelsleute vermuten lässt. Auch im
letzteren Sinne wäre an phönizische Händler zu denken; denn die Phönizier
waren im Altertum das Krämervolk. Der Einschub könnte erfolgt sein, um
die Klage der nördlichen Stadtteile nicht mit ihren eigenen direkten Leiden,
sondern mit der Vernichtung der Phönizier zu erklären, die dort hauptsächlich
bei ihrem Besuche Jerusalems sich einzuquartieren pflegten.
12^ba (^]3js nnnb?; auch hier ist der Anfang eingesetzt, der zur Abw^echs-
lung einmal «^nn nj;! n^ni statt «^nn D1*n r\)r\\ lautet) Und ich durchforsche
(1. nsi) Jerusalem mit der Leuchte Und suche die Leute heim, Die auf ihren
Zph 1 12 365 Zph 1 16
Hefen erstarrt sind. In ihrem Herzen stufen: l^'ortsotzung bringt die folgende
Strophe V. 12'*1^ 13". Die Häuser brauchen im Orient, wo sich das Leben auf
der Strasse abspielt, nicht hell und geräumig zu sein; genaue iJurchsuchung
musste darum auch mit ]jicht erfolgen vgl. Lk 15 8, damit keiner der Be-
strafung sich entziehe. LXX setzt den Sing. *15?, was möglicherweise richtig
ist. Nach dieser Stelle, die allerdings von Gott spricht, wird auf den Heiligen-
bildern der Prophet mit einer Laterne in der linken Hand abgebildet
(Schwally). Zu dem vom Weine hergenommenen Bilde D^'lö^n'^j; i<DjJ
vgl. Jer 48 iif.; die Jerusalemer sind auf ihren Hefen nicht nur ruhig liegen
geblieben, sondern kondensierter, dicker geworden. Ihr Wesen hat sich in der
langen Ruhe, da kein Umschütten, keine Auffrischung erfolgt ist, verfestigt
und ihre Art ist erstarrt, sie denken darum, wie das Folgende zeigt, sie werden
immer unbehelligt bleiben, Jahwe kümmere sich nicht um sie und könne über-
haupt nicht in ihre Geschicke eingreifen. So hat sich die schlimme Art der
Jerusalemer entwickelt: Einst dachten sie sich Jahwe als ihren Freund, der
ihnen nichts Böses anthun könne, vgl. Mch 2 7 3 ii, jetzt zweifeln sie daran,
ob er überhaupt etwas thun könne. Sie denken von Jahwe wie später die Gott-
losen, vgl. Ps 10 4 14 2, und wie man von den Götzen urteilt, vgl. Jes 41 23
Jer 10 5.
< 12^? 13^ ^^Nicht Gutes thut Jahwe Und nicht Böses'' (s. dazu zu v. 12^^*).
Ihr Reichtum soll zur Beute werden Und ihre Häuser zur Öde. Das ist die
Folge der Heimsuchung Jerusalems durch Jahwe, an dessen Wirken sie nicht
glauben. 13^ ist Glosse; denn bei der Nähe des Tages Jahwes bleibt
keine Zeit mehr, um Häuser zu bauen und Weinberge zu pflanzen, und ausser-
dem wiederholen die Worte nur eine öfters ausgesprochene Drohung vgl. Am
5 11 Mch 6 15 Dtn 28 30 39 (so auch Sch\yally und Ngayack).
14 Nahe ist der grosse Tag Jahwes, Nahe und eilend sehr. Nahe ist der
bittere Tag Jahwes, Es kreischt auf auch der Held. Für IHD 1. nni?D, da die
Partizipialbildungen ohne D im Pi. fraglich sind vgl. Schwally ZATW 1890,
176 und Ges.-Kautzsch2 7 § 52 s. In y. u*^ fällt ^1p am Anfang auf, da
doch nicht der Tag selber eigentlich tönt; dann hat auch D^ keinen rechten
Sinn, da die örtliche Fassung auf Jerusalem gezwungen (s. die Städte y. 16)
und die zeitliche überhaupt zweifelhaft ist, und endlich zerstört die Verbindung
von II? mit dem Folgenden (nach Jes 33 7) das Gleichmass des Rhythmus.
Man lese daher: ni3? D? HliJ 1l2)n '^ '^ niljj und vgl. zu dem bitteren Tag Am
8 10. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass beidemal "«pV für njn^ DV
zu lesen ist, da nachher y. 17 ohne weiteres die 1. Person fortfährt, s. zu v. 17.
15 Ein Tag des Zorns ist jener Tag vgl. dies irae dies illa. Ein Tag der
Angst und Drangsal, Ein Tag der Finsternis und des Dunkels, Ein Tag von
Wolken und Nebel, Die beiden letzten Stichen sind Jo 2 2 wiederholt (s. dort);
um den Parallelismus derselben nicht zu zerstören, ist 'D^ n^ü UV zur folgenden
Strophe zu ziehen:
Ein Tag der Wüste und Verwüstung vgl. Hi 30 3 38 27; 16 Ein Tag
der Trompete und des Kriegsgeschreis (vgl. Am 2 2) Gegen die befestigten
Städte (vgl Jes 2 15) Und die hohen Zinnen,
Zph 1 17 366 Zph2i
17 Da verseife ich die Menschen in Angst, Dass sie wie Blinde einhergehen
Und ausgeschüttet wird ihr Blut wie Staub Und ihr Saft wie Kot. Das Sätzchen
JlkSton T\yr&> ^^ ist nach Form und Inhalt eine Glosse; Jahwe redet docli selber
und dass die Jerusalemer wider Jahwe sündigten, war doch nach v. 12 f. nicht
nötig erst noch zu sagen. Der Sinn der Strophe ist: Jahwe treibt sie so
in die Enge, dass sie vor Angst und Entsetzen wie Blinde sich nicht zu helfen
wissen vgl. Dtn 28 29 (s. auch Jes 59 10) und dem von Jahwe gesandten Feinde
mit Leichtigkeit in die Hände fallen, der Menschenleben keinen Wert beilegt,
vgl. Ps 79 3 83 11 Jer 9 21 16 4. Das Wort DDH^ (so ist zu schreiben, nicht
D)snb) ist ganz unsicherer Deutung: weder „Fleisch", wie man nach LXX und
dem Arab. vermutet, noch „Saft" lässt sich dafür erweisen und die von Feiedr.
Delitzsch Proleg. 193 f. verteidigte Bedeutung Eingeweide, die hier vortrefflich
passte, hat in der Etymologie keine sichere Stütze vgl. Nöldeke ZDMG- 1886,
721. Geätz conjiciert ^^X\ vgl. y. 13; aber besser wird man mit Schw-allt
und NowACK an DH^, ihr Saft^ denken, vgl. zu löH^ = IH^ Jer 11 19.
Der Gedanke an die mögliche ßettung durch den Reichtum 18 kommt
nach der bestimmten Aussage von ihrem Tode in v. 17 etwas verspätet; auch
müsste man nach dem Vorhergehenden die erste Person H^X^JJ erwarten. Will
man so lesen und jenen Eindruck überwinden, so kann man mit Ausscheidung des
mittleren Teiles (von DI^'S bis }^")^ri"^3) die Schlussstrophe gewinnen: Weder ihr
Silber noch ihr Gold Wird sie retten können, Denn vernichten, ja plötzlich
vernichten iverde ich Alle Bewohner des Landes. Mit Wellh. u. a. ist nach
LXX und Pesch. für "?;«, = gewiss, vielmehr das steigernde ^t? zu lesen; das
Verbalabstractum nbüDi ersetzt man vielleicht besser durch das Nomen nSl2,
^=pröt%licher Untergang, vgl. Jes 65 23 Ps 78 33. Die Ausscheidung des Mittel-
stückes macht keine Schwierigkeiten, da es offenbar aus 3 8 stammt und auch
durch die Wiederholung von f^lS/T^S störend wirkt. Aber es bleibt doch die
Frage, ob nicht der ganze Vers sekundär ist. Der erste Teil ist auch Hes 7 19
zu lesen und seinen Inhalt konnte gerade die Erinnerung an die Thatsache,
dass die x4gypter sich von den Skythen loszukaufen vermochten, nahegelegt
haben, vgl. auch Jes 13 17. Ferner ist die Erwähnung von Xl^^ ''?^^"^? ^'6)ß\.
ein Indicium, dass hier wie y. 6 an das jüngste allgemeine Weltgericht, nicht
ein im historischen Verlauf der Dinge eben vorbereitetes Gericht über West-
asien gedacht wird, also der Vers der Überarbeitung der Prophetie angehört,
die in V. 17 einen guten Abschluss hat. Endlich steht im jetzigen Texte die
dritte Person, die ebenfalls auf sekundäre Herkunft des Ganzen hindeuten
kann, sticht die oben vermutete Strophe in ihrem Bau sehr von den vorher-
gehenden ab und klingt der Grund von v. is'^ für die Wirkungslosigkeit des
Geldes doch mindestens höchst sonderbar. Nach alledem wird es geraten
sein, den ganzen Vers für sekundär zu erklären.
2. Das Gericht, das über die Völker ergeht, Cap. 2.
Das Urteil über Cap. 2 lautet sehr verschieden : Schwally schreibt dem unter Josia
lebenden Zpti mit Bestimmtheit nur v. 12-15 zu und schwankt in Bezug auf v. 1-4; Budde
hält 2 1-3 als Abschluss von Cap. 1 fest, verwirft aber v. 4-15 ganz als unvereinbar mit
Zph 2 1 3f)7 ' Zph 2 1
Cap. 1, und Wellh. scheidet nur die Verse 2*^^ 8-11 aus, ohne seinen Bedenken gegen
andre Folge zu geben, während Nowack eine grössere Keihe von Elementen des Cap. als
sekundär beanstandet: v. 2'*!^ 3 7''^''^ 8-11 15. Vjvddk macht für seine Verwerfung von v.
4-15 neben andrem geltend, dass in ihnen eine [)rinzipiell von Cap. 1 verschiedene Beur-
teilung der Lage Israels geboten werde, nämlich dass nacli Cap. 1 Israel sich „in scliwerem
Unrecht" befinde, nach 2 4-15 aber dasselbe den Anspruch auf (ienugthuung für erfahrenes
Unrecht habe. Dieser Betrachtung wäre beizustimmen, wenn sich v. 14-15 als eine Ein-
heit darstellten. Ebenso wäre Scuwally in Bezug auf 2 1-3 Recht zu geben, wenn diese
Verse eine Einheit wären; er betont nämlich, dass Cap. 1 den Tag Jahwes mit seiner
Heimsuchung des abgöttischen Volkes bedingungslos droht, 2 1-3 aber eine Rettung an
diesem verhängnisvollen Tage für möglich halte, und dass in 2 1-3 nicht zur Entfernung
alles fremden Kultes und aller ausländischen Sitten aufgefordert werde, wie im Zusammen-
hang mit Cap. 1 zu erwarten wäre. Nun wird sich aber bei der Erklärung zeigen, dass
sowohl BüDDE als auch Scjiwally ihr Urteil auf sekundäre Elemente des Cap. stützen und
dass im Allgemeinen hier Nowack das Richtige getroffen hat.
Es ist in Cap. 2 ein von Zph herrührender Grundstock, der v. 1 2^ 4-6 7^1^'^^ 12-14
umfasste und auch einigen ausserisraelitischen Völkern das Gericht ankündigte, von den
späteren Zuthaten zu unterscheiden, welche teils als einfache erklärende Glossen, wie z. B.
V. 2^, teils als Einfügungen zu betrachten sind, die einer andern Auffassung vom Tage
Jahwes (s. v. 3) entspringen und den Erwartungen einer späteren Zeit Rechnung tragen
(s. V. 7^°^^^ v. 8-11). Diese sekundären Elemente haben ihre besten Parallelen in Jes
11 11-16 und Ob V. 16-21, vgl. auch Jes 16 I3f. und 25 9-12 und geben wie diese den
Hoffnungen auf Ausdehnung des jüdischen Gebietes Ausdruck, welche durch die Erfolge
der Makkabäer erweckt wurden; die Entstehung und Einfügung dieser sekundären Ele-
mente ist darum ins 2. Jahrh. v. Chr. zu verlegen, vgl. zu den angeführten Stellen und
Ob fiinl. III.
Die Zph angehörigen Stücke w^eisen dasselbe Metrum von Vierzeilern auf, wie
Cap. 1, während die sekundären Teile sich in andren metrischen Formen bewegen (vgl.
zu V. 3 und zu v. 8-11).
1 2^ enthält die erste Strophe; denn so unsicher der Text auch ist, soviel
ersieht man doch noch aus seiner verderbten Gestalt, auch fügt sich die für
V. 2^ mögliche Verbesserung trefflich in das metrische Schema. Was aber v. 1
besagt, weiss man nicht; nicht einmal das ist ganz gewiss, wenn auch wahr-
scheinlich, dass das Volk der Judäer angeredet ist. Die beiden Imperative
führt man gewöhnlich auf ein von üp_, Strohhalm^ Stoppel^ denominiertes Verb
zurück, das im Po. Stroh resp. Hol% zusammenlesen bedeutet vgl. Ex 5 7 12
Num 15 32 f. I Reg 17 10 12; aber wie Hithpo. und Kai dann die Bedeutung
der „geistigen Sammlung'', des „Insichgehns" bekommen und was dieser Sinn
im Zusammenhang soll, bleibt unklar. Nicht weiter kommt man, wenn man
mit Hitzig- Steinee an die Verwandtschaft von ti^'t^jj mit H^JJ denkt = „nehmt
euch fest zusammen und w^erdet fest!", oder mit Ewald nach dem Aram. ti^"''^'(5,
dürr^ alt, annimmt, die Worte könnten sagen: „erbleicht und bleicht!", oder
mit Rothstein Ableitung von einem Verb ti^^ip = arab. kawisa, gebeugt sein,
für möglich hält, sodass "K^^p zu lesen wäre und man zu übersetzen hätte:
„beugt euch und bleibt gebeugt". Der Sinn des Verbums ist uns nicht be-
kannt, LXX übersetzt: ouvdt^/ÖYjTs xalaüvO£9r|X£; eine Änderung in ^t^'IDJ ^ti^ti^'lünn
= „schämt euch und seid beschämt" (Cheyne, der jetzt allerdings vorschlägt:
D^^ip 1^ Mv:\ D-^ti^O nin^'? -Iinntyni, Budde, Grätz), was ebenfalls nicht verstand-
lieh ist, scheint unberechtigt, da offenbar |^1103 v. 2 und t^p v. 1 sich auf ein-
Zph 2 1 368 Zph 2 5
ander beziehen. Die gewöhnliclie Übersetzung von ^DD^ i^h mit „das nicht
erblasst", „das keine Scham kennt" (vgL Jer 3 3), hat keine sichere Grund-
lage, da sonst Niph. von ^p3 nur „sich nach etwas sehnen" bedeutet; LXX
scheint etwa IDIi ^b, aTiaiosuTov, gelesen zu haben. 2'^ Ehe ihr noch seid
Wie dahin fahl' ende Sprea, 1. Vrin tib für ph rnb, was unverständlich (vgl. Er-
läuterungen bei Kautzsch) und gegen die Grammatik ist, welche nach 0*31^21
keinen Infin. duldet. Zu der Verstärkung der Negation durch Verdoppelung
in i<b D^t?5 vgl. Ges."Kautzsch27 § 152 y. Ferner ist 1?J^ zu punktieren und
das von LXX nicht gebotene DV, das Korrektur von |1*in v. 2*^ sein wird
(Wellh.), zu entfernen. 2'' ist erklärende Glosse zu dem Bilde von y. 2^
(vgl. Ps 1 4) und zwar in doppelter Gestalt, einmal v. 2''°' in unrichtiger und
dann v. 2'^^ in richtiger. LXX hatte ursprünglich, wie Syrohex. beweist, nur
eine Gestalt. Der Halbvers ist ein instruktives Beispiel für die Geschichte
der Entstehung des masor. Textes. 3, ein Vierzeiler mit abwechselnd
vier und drei Hebungen, der nicht Fortsetzung von v. 1 2^ ist, da er gegen
V. 2^^^ die Möglichkeit der Bettung annimmt, sondern Ersatz, resp. Ausdeutung
von V. 1 2^ sein soll. Dabei wird an das letzte allgemeine Gericht gedacht, das
die Frommen verschont; das niH^'ri^ ti^'j55 zeigt, dass er mit dem Einschub 1 6
in eine Linie gehört. Suchet Jahwe, all ihr Demütigen im Lande, Die sein
Recht üben! Suchet Gerechtigkeit, suchet Demut, Vielleicht werdet ihr am
Tag seines Zornes geborgen! Vermutlich ist IBS für Hin;; ^iSi zu lesen. Der
Übergang von der Anrede zur Beschreibung in ^^JJD ItDDli^D 1!^S ist gut-
hebräische Konstruktion, vgl. Jes 5 8 und Ges.-Kautzsch^^ § 116x. Zu
nin;;"n« ^iti^j?? vgl. Am 5 6 Jes 55 6; zum Geborgensein am Tag des Gerichts
vgl. Jes 26 20. Die späte Herkunft des Verses wird auch bewiesen durch
die Bezeichnung der Angeredeten mit yy^T\ "^lij^, dem Ausdruck für die
frommen Glieder der nachexilischen Gemeinde, und durch HliP, das nur in Ps
' TT -: '
und Prv vorkommt. Vgl. auch Geiimm Lit. Append. 84—86.
4, die zweite Strophe, Begründung von v. i 2^: bald zerstiebt ihr wie
Spreu; denn schon werden die Philisterstädte verwüstet, der Feind folgt zu-
nächst der gewohnten Strasse, die von Norden her dem Meere entlang führt.
Denn Gaza wird verödet sein Und Askalon zur Wüste werden, Asdod wird
man am Mittag vertreiben Und Ekron von Grund aus zerstört. Die Parono-
masien von njJJ und na^t?, ]1"njpj; und 1j?5jn giebt Rückert wieder: „Gaza, ver-
gessen wirds, Und Ekron wird umgeackert". Zu nn^t^ vgl. zu Jes 17 9; dass
das 711 zerstörte Gat fehlt, ist begreiflich, s. Vorbem. zu Am 1 6-8. Zu
D'j'nn^?, am Mittag, eigentl. wohl = nach bloss halbtägigem Kampf, dann =
plötzlich, unerwartet rasch, vgl. Jer 15 8 und Asarhaddons Inschrift von Sen-
dschirli über die Einnahme von Memphis bei "Winckler Altor. Untersuch. 100
(s. dazu auch Davidsou Nahum^ Hab und Zph 139).
5, die dritte Strophe: Wehe, Bewohner des Landstrichs am Meere, Volk
der Kreter, Ich werde dich vernichten, entvölkern, Land der Philister. ]j;5?,
das die ganze vorisraelitische Bevölkerung des Landes, nicht nur des Teiles,
den die Philister einnehmen, am allerwenigsten aber die Philister bezeichnet,
ist mit Vi^ELLH. zu entfernen und D^'Pti^bö ]>1{J mit Nowack an den Schluss zu
Zph 2 5 369 Zph 2 8
versetzen, ferner aber ist auch das beziehunt'slose und störende ntri'' 121
ÜTbv als Einschub zu betrachten, der vielleicht die Einleitung zu den fremden
Bestandteilen von v. 7 bilden sollte (s. dort). üK} b^n bekommt seine ge-
naue Bestimmung durch das folgende Land der Philister, das auch seine
Parallele erklärt: Kreter und Philister sind dieselben, vgl. ebenso I Sam 30 u
Hes 25 16.
In 6 7 ist neben späteren Zugaben noch die vierte Strophe erhalten:
Du wirst zu Weide?i der Hirten werden Und %u Hürden der Schafe, In deinen
Trümmern werden sie laqern. Am Meere weiden. L. riTll für nn\Ti und ent-
ferne D'^n ^in, das mit Recht in LXX noch fehlt. Ebenso ist nh3 zu tilgen, da
es schwerlich = Kreta im Sinne von Philistäa sein kann, auch von der LXX
nicht sicher, von Vulg. gar nicht bezeugt ist und bloss irrige und nachträglich
verstümmelte Dittographie des vorangehenden T\\^ sein wird, vgl. Böhme Z AT W
1887, 212, ScHWALLY und Rothstein (Anmerk. in der übersetz, bei Kaützsch).
In V. 7 sind mit Nowack die beiden Stichen umzustellen, wie in v. o'^; für DH^'???
dessen Suffix keine rechte Beziehung hat, ist mit Wellh. D'^H'^^J? zu schreiben.
Auch die Spezialisierung von Askalon, sowie das „am Abend" fällt auf; viel-
leicht ist etwa dafür zu vermuten: '^J^'lJJ ^''^lO? = ^^ ^^^ Trümmern deiner
Städte oder '?I';nbin5 (vgl. im MT ^r\'2 und mj^^, Askalon wäre dann nachträg-
lich eingesetzt) = in deinen Trümmern (lagern sie)^ vgl. Jes 5 i7. Zu
der Konstruktion von '\y\ T\\) H'^Nll vgl. Gen 19 26. Unter den D^J?h, die in
das verwüstete Philistäa mit ihren Herden eindringen, sind von Süden kom-
mende arabische Nomaden gemeint. Alles Übrige in y. 6 f. sind sekundäre
Bestandteile: DTI ^^n v. 6 ist Korrektur zu ^DH in v. 7. Anfang und Schluss in
7 gehören zusammen: Der Landstrich am Meer wird dem Reste des Hauses
Juda zufallen, denn ihr Gott Jahwe wird sie heimsuchen (Ij^D seil, in bonam
partem) und ihr Geschick wenden (s. zu Am 9 u) ; ein prosaischer Einschub,
zu dem wohl als Einleitunsj aus v. 5 U2"hv n^lIT^ H'H gehört und der mit ahn-
liehen Verheissungen spätester Herkunft zu vergleichen ist, s. Ob y. 19 Sach
9 7 Jes 11 14, vgl. die Vorbem. zu Cap. 2. Beachte übrigens auch '^ '^ ^l'^"!^?ti^ =
der aus der Katastrophe gerettete Rest. Ahnlich urteilt Wincklee Altor.
Forsch. III (1902), 232 f., nur sieht er in D'^n b^n und D^ni2 Mii das wirkliche
Kreta und die wirklichen Kreter.
8—10 Die Bedrohung von Moab und Ammon.
Der Übergang von Philistäa auf Moab und Ammon spricht nicht für Zph, der die
von Norden nach dem Meere heranbrausenden Skythen vor Augen hat, sondern für den
Interpolator, der an die Besitznahme der Nachbargebiete durch die Juden denkt (vgl. die
Zusätze v. 7). In die Kategorie dieser Zusätze weisen auch die Ausdrücke ^teP n''")NK^ und
^M-i in^ V. 9 und in die Zeit nach der Katastrophe Jerusalems versetzen die Vorwürfe, die
Moab und Ammon gemacht werden; denn zu Hohn und Spott über die Judäer war vor-
her kein Anlass, aber von da an sind sie immer von Moab und Ammon- von oben herab
behandelt worden, vgl. Hes 25 3 6 8 Jes 16 6 Jer 48 27-29, s. auch meinen Comm. zu
Jes S. 141. Auch in der Form lehnt sich der Passus an die genannten Stellen an, vgl.
"lil "ri^ö?^ in Jes 16 6 Jer 48 29 und Hes 35 12. Die Hoffnung (v. 9*^ 10), endlich für diese
Jahrhunderte dauernde Verhöhnung Rache nehmen zu können, führt in die Zeit der
makkabäischen Erfolge, s. Vorbem. zu Cap. 2. Der Abschnitt umfasst drei Vier-
zeiler mit gleichhebigen Zeilen und eine prosaische Schlussbemerkung.
Kurzer HC zum AT XIII 24
Zph 2 8 370 Zph 2 12
8 Ich habe das Wohnen Moabs gehurt Und das Lästern der Kinder
Amnion, Womit sie i'iber mein Volk gehöhnt Und gross gethan gegen sein Ge-
biet, vgl. Jer Cap. 48 f. Zu ^^^yr\ ist HD als Obj. zu ergänzen, vgl. Ob v. 12;
dass hier statt einer Person das Land als die Zielscheibe des Spottes und
Hohnes genannt wird, kann doch nicht zu Änderungen Anlass sein, höchstens
wird man nach LXX etwa ''^U2l, mein Gebiet, statt &A^^ lesen; immerhin böte
^y^V^T- (s^ Chetne) für ^h'^'^y hier und v. 10 eine gute Parallele zu ^öin, vgl. Neh
3 33. 9 nennt die Strafe in zwei Vierzeilern; der erste lautet: Darum so
wahr ich lebe, spricht Jahwe Zebaot, der Gott Israels : Es sollMoab wie Sodom
werden Und die Kinder Ammon wie Gomorrha. Allzu wörtlich meint der
Autor diese Drohung nicht, sonst würde es für die Juden keinen Wert haben,
das Gebiet zu besetzen. niS^^ muss zum zweiten Stichos gerechnet werden,
wenn es nicht zu tilgen ist. Der zweite Vierzeiler lautet : FAn Gebiet von
Nesseln und Melde Und eine Öde für immer. Der Rest meines Volkes soll
sie plündern Und die von meiner Nation Übrigen sie erben. Der erste Stichos
ist sehr unsicher; die beiden aizal Xs^ojAsva p^Dp, das man als Besitz deutet,
und niD)?, das als Grube gefasst wird, sind unverständlich; Geätz schlägt für
das erste t^lDp vor, vgl. Hos 9 6, und bei der „Salzgrube" erinnert man an die
Salzlager im Süden des Toten Meeres ; doch liegt für p^DÖ nach Jes 14 23
auch tyniD nahe. Zu ^nn vgl. Hi 30 7 Prv 24 31; für H^D bietet sich leicht Xybx^
Hi 30 4. Die Suff, in den beiden Verben beziehen sich auf die Moabiter
und Ammoniter; zum Inhalt vgl. die Vorbem. 10 Der Interpolator hebt
noch einmal zum Schlüsse hervor, dass diese Strafe Moab und Ammon trifft
für ihr Höhnen und Lästern. ^IH steht hier absolut.
11 ist ein Zusatz von andrer Hand als v. 8-10, der weder mit y. 10 noch
mit Y. 12 in direktem Zusammenhang steht und nur im Allgemeinen mit dem
Gedanken von y. 10 verbunden werden kann, indem man den Inhalt so fasst:
Den Moabitern und Ammonitern und überhaupt den Völkern soll das Höhnen
vergehen; denn Jahwe wird ihnen so imposant, dass sie ihn alle verehren, ein
jeder von seinem Orte. Der Vers hat seine Parallele an Mal 1 11 und u und
ist auf Grund dieser Stellen und in Erinnerung an Dtjes, nach dessen An-
schauung ^\^ Inselländer (vgl. zu DM-in •';;S Jes 40 15 42 4) auf Jahwe harren
und ihn verehren werden, hier beigefügt. Für ^^lli, furchtbar, imposant (vgl.
Mal 1 14 Ex 15 11 Ps 66 3 5), ist nicht nach LXX und Sach 9 14 mit Buhl
(ZATW 1885, 182) n«ni vorzuziehen. 1ö1p)ÄD ^^^ ist in freier Weise dem fol-
genden Subj. als Erklärung vorausgeschickt. Statt nn, das intransitiv
ist und „mager sein" bedeutet, ist mindestens das Pi. nn oder 7^^^ zu lesen
(ScHWALLY). Vielleicht liegt auch ein Textfehler vor, aber HIJ";, er zerstreut
(so Geätz) und njB, er verachtet (so Cheyne), ist wohl zu schwach und iT'ID^
(so NowACK nach LXX: s^oXoöpsüosi) vielleicht zu stark; die Mitte hielte 1^'pn
resp. Tp\ S. noch am Schluss von y. 14.
12 beginnt die Fortsetzung von v. 7. Von Pliihstäa (v. 5-7) führt der Weg den
nordischen Feind, der Jahwes Auftrag vollzieht, nach Ägypten, in dessen Süden die
Äthiopier wohnen, die bis vor kurzem Ägypten beherrschten. Vielleicht soll auch nach
W. R. Smith l!^^3 Ägypten bezeichnen, da Zph Psammetich als den Erben der grossen
Zph2l2 371 Zph2l5
Dynastie betrachten konnte. Die Anrede fällt nicht auf (s. v. 5-7), wohl aber die Kürze
und die Fortsetzung in der 3. Person v. 13. Ist nichts zwischen v. 12 und v. lä ausge-
fallen, so wird man besser in v. 13 die 1. Person nach v. 12 herstellen, als umgekehrt
V. 12 nach v. 13 korrigieren. Nach kurzer Apostrophe der Äthiopier erklärt .Jahwe, dass
er auch Assurs Hauptstadt verwüsten werde. Als sein Werkzeug sind die Skythen ge-
dacht; dass sie in Wirklichkeit Ninive nicht zerstörten, darf als Beweis dafür angesehen
werden, dass die Verse 13 f. Prophetie sind und von Zph herstammen.
12 13% die fünfte Sti;ophe: Auch ihr, KuschUen, werdet Er schlaf/ en von
meinem Schwert, vgl. Jes 66 i6 Jer 25 33; HÖH ist fehlerhafte Hiiizufügung,
welche den zweiten Stichos zu einem eigenen Sätzchen ergänzen wollte. Zu
V. 12 Vgl. auch Vorbem. 13^ Und ich werde meine Hand gen Norden
wenden Und Assur verderben, 1. nta^l, ''T und nn««1 s. Vorbem. zu v. 12.
13b j4aa^ (jjg sechste Strophe: Und mache Ninive zur Ode, Dürre wie die
Wüste, 1. D''^^'! s. Vorbem. zu v. 12, Und es werden darin Herden lagern, Alle
Tiere Das letzte Wort •'iri passt nicht zu in';n (zu dessen Form s. Ges.-
Kautzsch^' § 90 0), wenn man nicht mit Wellh. rVVs nach I Sam 18 18 Ps
6811 74 19 = arab. hajj, Stamm, Sippe, verstehen und demzufolge D^?"]?,
Araber, statt t)"^n?, Herden, lesen will. Wahrscheinlich ist aber •'IH Verschrei-
bung des folgenden D? und davor das von LXX gelesene pJjn ausgefallen.
W^^, die siebente Strophe : Pelekane und Igel zusammen Übernachten
auf seinen Knäufen, die unter den Trümmern der Paläste am Boden liegen,
Eulen singen in den Fenstern, Raben auf den Schwellen. Zu nSfj und "IB(? vgl.
Jes 34 11, über löj?, Igel oder Rohrdommel s. zu Jes 14 23; für hV;> nimmt
Ewald hier die Bedeutung Eule an, vergleicht aber auch das arab. gül =
Wüstendämon; Wellh. vermutet dafür DID, Eule, und liest nach LXX nnj;,
Rabe, für nnh. Unsere Schilderung macht den originaleren Eindruck als die
ähnliche Jes 34 11. Mit rr\V nn« ''3 weiss niemand was Rechtes anzu-
fangen; „ihr Cedernholz (= Hp«) ^^^ ^^ entblösst" ist unverständlich und
„denn er zerstört (=nnn), legt bloss" unannehmbar, da rX^T} diese Bedeutung
nicht besitzt. Vielleicht sind die Worte aus Buchstaben des ersten Sätzchens
von y. 15 entstanden (Buhl, Schwally) oder eine hierherverschlagene ver-
dorbene Glosse zu nr\ Y. 11, die dieses Verb mit nij?, = ausleeren, resp. zer-
stören (vgl. Hab 3 13), erklären wollte.
15 ist späterer Zusatz: y. I3f. droht Ninive den Untergang, y. 15 liegt es
in Trümmern; ausserdem ist y. 15 fast ganz aus Wendungen zusammengesetzt,
die anderswo vorkommen, zu den ersten Worten vgl. Jes 23 7, der Rest von
Y. 15^ ist = Jes 47 8, der Anfang von y. 15^ steht auch Jer 50 23 51 41, }^5"jD
r\^rh beruht auf y. u (vgl. noch Hes 25 5) und p1^^. H^'^j; iniy ^i ist Jer 19 8
entnommen. Xur nj 5;*^^^ ist Original, aber nennt einen offenbar gewöhnlichen
Gestus des Spottes. n«tn statt n«t zu lesen (Rothstein), ist unnötig; die
positive Aussage ist ebensogut wie die rhetorische Frage. Metrisch um-
fasst Y. 15 einen Vierzeiler mit Langzeilen im Kinarhythmus.
24*
Zph 3 1 372 Zph 3 4
B, Die Heilsverheissung
Cap. 3.
Das Capitel setzt sich zusammen aus drei verschiedenen Stücken, die successive an
die vorhergehenden zwei Capitel angetreten sind und sich auch durch verschiedenes
Metrum von einander abheben (s. unten), nämlich v. 1-7, v. 8-13 und v. 14-20. Keines
derselben rührt von Zph her, somit schliesst auch das Buch Zph, wie Am, Hos, Mch etc.
mit einem späteren Anhang und der Versuch Buddes, in 3 1-5 7 8 6 11-13 eine zusammen-
bangende Rede Zph's, die Cap. 1 f . parallel wäre, aufzuweisen, kann nicht als geglückt
betrachtet werden. Vgl. Einleitung III.
a) 3 1-7 : Jerusalems Verdorbenheit.
Jahwe hat fort und fort in Natur und Geschichte sich bezeugt und ist in seinem
Verhalten gegen Israel seinem Wesen treu geblieben; trotzdem ist Jerusalem immer
schlechter geworden und kümmert sich nicht um Jahwes Befehle. Dass nur Jeru-
salem angeredet sein kann, ist aus dem Inhält klar; der abrupte Übergang von dem auf
Ninive bezüglichen Schluss des 2. Capitels zu 3 1 ff., wo Jerusalem angeredet ist, deutet
schon darauf hin, dass hier keine genuine Fortsetzung vorliegt. Sprachlich und sachlich
weist der Abschnitt aber in eine Periode, die später als die Zph's ist. Unter den von
Wellh. in erster Hinsicht geltend gemachten Indicien sind hervorzuheben: ^«5, eine
jüngere Erweichung von bv^, die vor dem Exil nicht vorkommt (s. zu v. 1), ni^, das dem
aram. '*'iit gleich ist, aber im AT keine Parallele hat (v. 6), und bv ij^s, das nach aram.
Sprachgebrauche, der nur in nachexilischen Stücken sich noch findet, = befehlen ist (v. 7).
In Hinsicht auf die Sache ist mit Schwally zu beachten, dass Jahwe p^'n^ heisst, wie dies
erst von Dtjes an geschieht (Ex 9 27 ist anderer Art), und zwar in dem Sinne von ,, seinen
Verj^flichtungen nachkommend", „seine Leistungen erfüllend"; dazu kommt, dass unter
den Leistungen, die Jahwe zu erfüllen hat, die Fürsorge für den regelmässigen Lauf der
Gestirne und die Aufrechterhaltung der Naturordnung figuriert (v. 5), ein Gedanke, der
gleichfalls Dtjes zur Voraussetzung hat, vgl. Jes 40 12-26, wo neben einander wie hier
(v. 5 f.) Gottes Herrlichkeit in der Natur und in der Geschichte geschildert wird. Der Ab-
schnitt V. 1-7 zeigt ganz andere Verhältnisse von Jerusalem als Cap. 1; gewiss schlimm
steht es nach beiden Darstellungen, aber Cap. 1 ist es fremder Kult und ausländisches
Wesen, 3 1-7 dagegen Geringschätzung und Verachtung der Weisung Gottes und kein
Wort, ja nicht die geringste Andeutung des in Cap.l verurteilten Treibens. Endlich passt
der Hinweis (v. 6) auf die Ausrottung der Völker und die Zerstörung der Städte doch
weit besser in die späteren Jahrhunderte, wo Assur und Babel gefallen, ja vielleicht schon
die verheerenden Kriege der Diadochen den Erdteil verwüstet hatten. Die beste Parallele
hat der Abschnitt an Mch 7 1-6; darum werden wir 3 1-7 auch derselben Zeit zuschreiben,
entweder noch dem fünften Jahrh. vgl. Tritojes und Mal, bes. Jer 56 10 f., 59 3-8, oder
erst dem zweiten Jahrhundert. Metrisch zerfallen die Verse in fünf zweihebige
Sechszeiler.
1 2, die erste Strophe: Wehe dem rebellischen und gottlosen Jeru-
salem. 1 Wehe der widerspenstigen und befleckten. Der gewalttätigen
Stadt. Die Participien in v. i^ sind wie Eigennamen artikellos gebraucht und
können darum voran stehen; zu n^<11D von S"1D = Hl» vgl. Ges.-Kaützsch2'
' T : TT T T O
§ 75 rr. ^fc55 im Sinne von ^yj ist nur in späteren Stücken gebräuchlich
vgl. Thr 4 19 Mal 1 7 12 Esr 2 62 Neh 7 64 Jes 59 3 63 3 Dan 1 8; zur Sache
vgl. Jes 59 3, ferner Jes 1 15 4 4 Hes 24 9. Zu HM^n vgl. Jer 25 28; das
Kai sonst nur noch Jer 46 I6 50 16. 2 entspricht Jer 7 28, im ersten Teil
fast wörtlich.
3 4, die zweite Strophe: Das Treiben der politischen und religiösen
Zph 3 3 373 Zph 3 7
Führer. Die Schiklerimg ist Hes 22 25-28 nachgebildet. 3 ////v^ Fiirslen
in ihrer Mitte Sijid t)rüllende Löwen, Ihre Richter Aachtwolfe, 7j\x dem
Bilde von dem brüllenden Löwen vgl. Hes 22 25 I Pt 5 8, zu dem von den Nacht-
wölfen S.Hab 1 8; der Schluss, dessen gewöhnliche Übersetzung (: D']^ = auf-
heben) unbegründet ist (vgl. bei Kautzscu Anraerk. und Eiläut.), erweist sich
durch das hier unbrauchbare Perf. als Glosse, deren Sinn aber rätselhaft
bleibt. 4 Ihre Propheten sind Prahler, Ihre Priester entweihen das
Heilige, Thun dem Gesetz Gewalt an. Zu v. 4^^ und spec. zu D'^mb vgl. n^tns
Jer 23 32 und Hes 22 28; T\rxp ''C^^S, Männer des Trugs (nnp mit der Plural-
endung = Abstractendung T\\) ist nur erklärende Glosse zu D^m'ö. Die
zweite Hälfte von v. 4 wird durch die Grundstelle Hes 22 26 erklärt.
5, die dritte Strophe: Gottes gerechtes Verhalten im Gegensatz zu der
Ungerechtigkeit der Führer der Gemeinde, nachgewiesen zunächst an der un-
unterbrochenen Aufrechterhaltung der Naturordnung. Jahwe ist gerecht in
ihrer Mitte. Er thut nichts Unrechtes, Morgen für Morgen Setzt er seine Ord-
nung in Kraft, Licht wird nie vermisst Und unbekannt ist ein Versehen, Vgl.
bes. in Betreff von p'''^^ die Vorbem. zu v. 1-7; zu lesen ist 11^ (als Anfang des
fünften Stichos) statt ll^^'j, das aus falscher Verbindung mit ]r\\ oder aus Ver-
sehen (vgl. das folgende ^h) entstanden sein mag, ferner ^53; J^lir«^"! für yil'*"^^^
^}J?. Das überschüssige nt^'2 ist entweder als Ergänzung zu der falschen Lesung
des letzten Stichos eingesetzt oder als Abkürzung für Dnu^Tl« in^C^S dem
ursprünglichen Texte beigefügt, den man als Schilderung der messianischen
Zeit fasste, vgl. zu Dritf^^ ^-^9. Diese Verbesserungen sind notwendig; denn
die Erklärung von ^1S^ ]T\) = „ans Licht stellen" (Ewald, Hitzig, Wellh.)
wäre ein seltsamer Germanismus im AT, während ItOS^p ]r\) = „er gibt, er
setzt in Kraft seine Ordnung d. h. er vernachlässigt nicht, was nach der Ord-
nung seine Aufgabe ist", nicht unhebräisch ist. Zum ganzen Verse vgl.
Dtn 32 4.
6, die vierte Strophe: Gottes Gerechtigkeit in der Geschichte. Der Über-
gang in die 1. Pers. kann schwerlich bei einem solchen späten Stücke, das sich
zudem vielfach an fremde Darstellungen anschliesst (s. zu v. 2-4, auch zu y. 5),
zur Abtrennung von v. ef. bewegen; auch die Umstellung von v. 6 und v. 7
hälfe in dieser Hinsicht nichts, sie beruht übrigens bei Budde auf der un-
richtigen Annahme, dass es sich in y. 6 um die zukünftigen Ereignisse des
Völkergerichts, statt um die vergangenen der Völkergeschichte handle. Ich
habe Völker ausgerottet. Zerstört sind ihre Zinnen d. h. als pars pro toto ihre
Burgen und Paläste vgl. I16, Ich habe ihre Strassen verödet, Dass kein Wandrer
darauf geht, Ihre Städte sind verheert, Dass kein Bewohner mehr darin ist,
C^''«"''^!ip ist als für den Sinn überflüssig und für das Metrum störend zu ent-
fernen. Zu dem aram. ^i:ii vgl. Vorbem. zu y. 1-7.
7, die fünfte Strophe: Gottes Thaten in Natur und Geschichte hatten die
erwartete Wirkung auf Israel nicht. Ich dachte: doch fürchten wird sie mich,
Wird Zucht annehmen Und nicht wird ihr aus den Augen schwinden. Was ich
ihr je befohlen habe; Aber um so eifriger verschlimmerten sie All ihr Thun
und Treiben. Wegen des Suff, der 3. Pers. fem. in H'^^j; und ni1j;D ist notwendig
Zph 3 7 374 Zph 3 9
«"i^n für ^i<yp[ und Hj^H für ''njpn zu lesen, ferner auch mit LXX und Pesch.
n"<yj;D für njlj^)?, da der gewöhnliche Text keinen guten Sinn gibt (s. bei
Kautzsch). Zu h)l "Ij^? == befehlen^ wie im Aramäischen, vgl. Hi 36 23
Esr 1 2 II Clir 36 23. Zu der Verbindung von n^Sti^n mit einem andern
Verb vgl. bes. im Buche Jer z. B. Jer 7 13 17 7 und s. Ges.-Kautzsch^' § 120g
und zu n'ib'h:) n'^nti^n vgl. Gen 6 12 Ps 14 1.
Auf diese Schilderung des Treibens der Jerusalemer erwartet man etwa wie nach der
eben angeführten Stelle aus dem PC Gen 6 12 die Ankündigung eines furchtbaren Gerichtes;
es mag diese im ursprünglichen Texte nicht gefehlt haben, das richtige einleitende ]^b
folgt auch, aber w^as nachher kommt, klingt ganz anders und redet von Zorn über die
Völker, nicht über Israel, von Rettung, nicht von Strafe Israels. Das ]^b hat darum den
Sinn wie in Hos 2 16 und Jes 30 18: die schrecklichen Zustände in Jerusalem sind für
Jahwe ein Grund einzuschreiten und Israel das Heil zu. bringen, vgl. Hos 2 16 und Jes
30 18-26; das ist dieDogmatik der jüdischen Gemeinde. So könnte am Ende doch v. 8-13
als Fortsetzung von v. 1-7 betrachtet werden, da v. 1-7 ja auch einer späten Zeit ent-
stammen; das ist jedoch nicht wahrscheinlich, weil in dem parallelen Stück Mch 7 1-6
die Ankündigung des Gerichts (vgl. 7 4'^) nicht fehlt, und es ist w^eiter dadurch aus-
geschlossen, dass V. 8 ein ganz anderes Metrum einsetzt.
b) 3 8-13: Die Rettung Jerusalems am Tage des Yöikergerichts.
Der Abschnitt ist nicht selbständig, sondern als Ersatz des weggelassenen Schlusses
von V. 1-7 oder als einfacher Anhang zu dem als vollständig zu fassenden Stücke v. 1-7
entstanden (s. Schlussbemerkung zu v. 1-7). Er weist hin auf den Tag des bevorstehenden
Völkergerichts, an dem über die Heiden der Zorn Gottes ausgegossen wird, während Jeru-
salem nicht zu Schanden wird, da in ihm eine Scheidung zwischen den Hochmütigen und
den Demütigen vollzogen vrird und letztere Schutz und Heil bei Jahwe finden werden. In
diesen Zusammenhang sind sekundär v. 9 und 10 von einem eingeschoben, der den Heiden
gegenüber eine freundliche Stimmung besass und nicht ihre Vernichtung, sondern ihre
Anerkennung und Verehrung Jahwes erwartete. Scheidet man dieses sekundäre Element
aus, so haben wir drei Tetrastiche mit Langzeilen im sog. Kinametrum.
8, das erste Tetrastich: Der kommende Tag des Zorngerichts Jahwes
an den Völkern. Damm harre mein, ist Jahwes Spruch, Auf den Tag, da ich
als Zeuge aufstehe! Denn meine Aufgabe ist es, die Völker %u sammeln. Die
Reiche %usammen%uf Uhren, Aus%uschütten über sie meinen Grimm, Die ganze
Glut meines Zorns; Denn durch das Feuer meines Eifers soll verzehrt werden
Die ganze Erde, Zu lesen ist nach LXX ^?n statt ^3n, ^f) statt nj;b> und pjp^
statt •^^nj^^; angeredet wird die jerusalemische Gemeinde wde in y. 11 f. und die
Anrede ist in keiner Weise ironisch zu fassen, sondern verweist in vollem
Ernste auf den Trost, den die feste jüdische Eschatologie der Gemeinde bietet;
vgl. die instruktive Parallele Jes 30 i8^ Zu ^t> ^ö^lp ü\h vgl. Mch 1 3
Mal 3 5; der Tag, da Jahwe als Zeuge gegen die Völker aufsteht, ist der Tag
des Weltgerichts. Wie dieses sich vollzieht, zeigt v. 8'^: die Völker werden vor
Jerusalem zusammengeführt, und dort wird über sie das göttliche Zorngericht
gehalten, vgl.Hes 38 f. Jo 4. Die dogmatische Fixierung der eschatologischen
Ereignisse wird als so unzweifelhaft richtig angesehen, dass sie sozusagen fast
auch für Gott gilt und er es darum als ItOSl^D d. h. als seine Obliegenheit, seine
Pflicht und Aufgabe betrachtet, der Dogmatik zu entsprechen; vgl. zu diesem
Sinn von tDÖti^D auch v. 5 und s. Jes 30 i8^
9 10, ein Zusatz, der dem jüdischen Heidenhass gegenüber der doch auch vor-
Zpli3 9 375 Zi)h3i2
handenen anderen Stimmung Ausdruck verleiht, dass die Heiden zur Anerkennung und
Verehrung Jahwes gelangen sollen. Der von Dtjes ausgehende Universalismus hat zum
Glück doch nicht bei allen Juden dem Partikularismus Hes's weichen müssen, vgl. auch
zu 2 11 und 8. Jes 25 6-8 66 18 f. Der Interpolator entnahm seine Einleitungsformel
t«"''3 aus V. 11 und gab seinen Worten ebenfalls das Metrum der Kinazeih^, wahrscheinlich
setzte er sogar eine ganze vierzeilige Strophe bei, deren Schluss jetzt nur in v. 10 ver-
stümmelt vorliegt.
9 Denn dann werde ich den Völkern schaffen Heine Lippen^ Dass sie
alle den Namen Jahwes anrufen. Ihm Schulter an Schulter dienen. Concinner
wären "^D^!! und ''^I^JJ^, aber bei Interpolationen darf man nicht allzugrosse
Peinlichkeit voraussetzen. Zu "^« "^JDn vgl. das gleichbedeutende \ "^DH I öam
10 9. Reine Lippen erhalten sie vgl. Jes 6 5; speciell wird hier daran zu
denken sein, dass sie keine Götzennamen mehr in den Mund nehmen vgl. Hos
2 19. 10 Überall werden die Völker auch Jahwe opfern. Der Gedanke
ist derselbe wie 2 ii und 'i:i1 inj;» bedeutet gewöhnlich jenseits (vgl. Jes 18 i),
nicht von jenseits. Leider ist der Text nur in Trümmern erhalten; Rothstein
vermutet als Prädikat zu y. io% dem Schlüsse von v. lo^ parallel: "^nn? U'^lip^
das leicht vor dem ähnlich aussehenden folgenden Satzteil ausfallen konnte,
also: Jenseits der Ströme von Kus (somit im äussersten Süden s. 2 12 Jes 18 1)
Bringen sie mir Schlachtopfer dar. Mit "^^ISTi? nn? ist nichts anzu-
fangen; "^in?^ soll zwar „meine Anbeter" heissen, aber das Wort kommt im AT
in diesem Sinn nicht vor, und •'^^ö'n? will man als „Tochter meiner Zer-
streuten'S etwa = „meine Diaspora", erklären, aber das wäre ein sonderbarer
Ausdruck. Schvtally vermutet eine aramäisch-hebräische Glosse ^l^JlöJ"! in«
= „da wo sie zerstreut sind"; eher liegt aber dem Texte eine zweite Orts-
bezeichnung (nach Cheyne riDl^ö) zu Grunde, die im Gegensatz zum Süden
y. 10^ eine Gegend des Nordens nannte. Dazu bilden die letzten Worte das
Prädikat: Spenden sie mir Speisopfer. Zum ganzen Vers vgl. Jes 18? 45 14
Ps72iof.
11 12% das zweite Tetrastich: Die Krisis in der jüdischen Gemeinde am
jüngsten Tage. 11 An jenem Tage wirst du nicht %u Schanden werden
wegen all deiner Thaten, Womit du dich an mir vergingst; der Sinn ist: Das
Gericht wird Jerusalem nicht die durch seine Übelthaten verdiente Schande
einer gänzlichen Verwerfung bringen; ti^'12 ist in objektivem Sinn gebraucht
wie Jer 2 36 Ps 22 6 (so auch Steiner und Nowack). Den Grund und die
Erklärung zu dieser exceptionellen Behandlung gibt das Folgende: Denn
dann entferne ich aus deiner Mitte Deine hochmütig Frohlockenden Und
du wirst dich nicht mehr überheben Auf meinem heiligen Berge. Zu "^nj^?? ^vhv.
vgl. Jes 13 3; dort heissen so die in stolzer Siegeszuversicht jubelnden Krieger
Jahwes, hier die in frevelhaftem Übermut über Jahwe sich hinwegsetzenden
selbstzufriedenen Glieder der jerusalemischen Gemeinde. * 12^ Und
ich lasse in deiner Mitte übrig als Volk Die Sanftmütigen und Demütigen.
Vgl. zu h^^ **;j; Jes 14 32 26 6 66 2 Hab 3 u und bes. Mt 11 29: Sit Tipau? cijxi
xal xaTTcivo; t^j xapota.
12'' 13, das dritte Tetrastich: Die Frömmigkeit und der sichere Frieden
des geretteten Restes; y. 12'' gehört zu y. 13, es ist nicht ''Dhl für ^DHl zu lesen.
Zph3i3 376 Zpli3i7
Und es wird geborgen sein im Namen Jahwes Der Überrest Israels^ seil, die
im Gericht Geretteten vgl. Jo 3 5 Jes 4 2-6 10 20 28 5; Kein Unrecht werden
sie begehen^ Noch Lüge reden Und nicht wird in ihrem Mmide gefunden Eine
Zunge des Trugs, vgl. Jes 11 9, Sondern sie werden weiden und sich lagern^
Von niemand aufgeschreckt, also in ungestörtem Glück und Frieden.
c) 3 14-20 : Die Herrlichkeit des geretteten Jerusalems.
Der Abschnitt ist, wie Schwally sich ausdrückt, nicht die gerade Fortsetzung der
Gedanken des Vorhergehenden, sondern vielmehr eine weitere Ausmalung der messia-
nischen Zeit, die andre Seiten des einstigen Glückes hervorhebt. Im ersten Teil v. 14-17
wird Zion aufgefordert, das Jubellied darüber anzustimmen, dass Jahwe als siegreicher
König in Zion residiert; im zweiten Teile redet Jahwe selber und verheisst, nachdem die
Bedrücker alle besiegt sind und die Schmach von seinem Volke abgewandt ist, die Dia-
spora zu sammeln und sie zu Ruhm und Ehren auf der ganzen Erde zu bringen. Da der
Personenwechsel durch v. 17 vorbereitet ist und sich v. 18 ff. als Fortsetzung verstehen
lässt, so hat man den Abschnitt als Ganzes zu betrachten; nur wird v. 16, der den Zu-
sammenhang stört, als Glosse und v. 20, der nichts als wortreichere Wiederholung von
V. 19 ist, als Zusatz auszuscheiden sein. Was übrig bleibt, sind fünf Tetrasticha, deren
Zeilen (allerdings nicht ganz regelmässig) abwechselnd drei und zwei Hebungen auf-
weisen.
14, die erste Strophe : Juble, Tochter Zion, Jauch%e, Israel, Freue dich
und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem! Für ^iSl*!^^ ist nicht
pb^n*; zu setzen, LXX hat den Schluss vorweggenommen. Was Zion jubeln
macht, ist die erfahrene Rettung, die v. 15 und 17 beschrieben wird.
15, die zweite Strophe: Weggeräumt hat Jahwe deine Widersacher, 1. mit
Wellh. •^II^ötr^D, Partie. Po. s. Hi 9 15, Weggefegt deine Feinde, 1. ^\T^ mit
LXX und zu njö vgl. in Jes 40 3 Mal 3 1 das gleiche Verb mit andrem Ob-
jekt; König ist Jahwe in deiner Mitte, h^"^\ ist zu entfernen, auch LXX zeugt
nicht in allen Codd. für sein Vorhandensein, Du wirst nichts Böses mehr er-
leben, 1. für ^«n'^r^ mit LXX •'«in = erleben, vgl. Ps 90 15 Prv 27 12. Nach
Y. 15 zogen die Besiegten als Feinde aus eigenem Antrieb gegen Jerusalem,
nach V. 8 hat Gott die Völker zum Gericht dorthin versammelt, verschiedene
Betrachtungsweise derselben Sache. Für "^bü 1. mit Weglassung von
b^^\^\ das Verb ^bü == (Jahwe) ist König geworden, d. h. er hat die Herrschaft
angetreten, das Gottesreich hat begonnen, vgl. auch Ps 47.
16 ist ein Zusatz; denn es wird von, statt zu Jerusalem gesprochen und
für die Situation von v. uf., wie von v. 17 ist der Tag des Heils bereits an-
gebrochen, nicht erst zukünftig. Der Interpolator denkt an die Schrecken
und die Angst der Wehen der messianischen Zeit, wo Jerusalem Trostzusprüche
nötig hat, vgl. Jer 6 24 Hbr 12 12.
17, die dritte Strophe: Jahwe, dein Gott, ist in deiner Mitte, Ein sieg-
hafter Held, Er wird jubeln über dich in Freude, Frohlocken über dich mit
Jauchzen. Zu v. 17^ vgl. Hes 48 35 Sach 8 23, zu v. 17'^ Jes 62 5 65 19. Die
Worte in^riJfii^ ^^'IQl „sind im Zusammenhang unverständlich'' (Rothstein), die
Verbesserung in ti^nn;; oder ^^V}] (HiTzia, Buhl), = „er thut Neues in seiner
Liebe" oder „er erneuert seine Liebe", oder in 'Tj^'^nyCNowACK) = „er er-
neuert dich in seiner Liebe", bringt einen störenden Gedanken zwischen die
Zph3i7 377 Zpli3 20
zwei parallelen Stichen, und die Änderung in niTj] (Schwally, Oort) == „er
freut sich in seiner Liebe'S bringt nur eine dritte Wiederholung des gleichen
Gedankens. Es scheint sich in der Aussage vielmehr die Klage eines Lesers
zu äussern, dass noch immer nicht die herrliche Zeit gekommen ist, von der
die Verse reden, vgl. zu dem Schweigen Jahwes Jes 42 u und bes. 64 ii.
In 18 19* steckt wohl die vierte Strophe; aber der Text ist ganz unge-
wohnlich verderbt, sodass man keine Übersetzung wagt, vgl. zu der üblichen
Fassung Rothstein bei Kautzsch. Die alten Versionen helfen auch nicht aus
der Not. Nur vermutungsweise sei unter Nichtberücksichtigung des unver-
ständlichen nj^löp "'?^i, das man = „die Betrübten (Niph.-Partic. von nyj fern
von der Gemeinde" fasst, wofür aber LXX "IJ^ID Dl*'^ gelesen zu haben scheint,
vorgeschlagen für v. 18: HBin ^"hyjo '•n^^JI Tiipb^ •^JöD "^riöDfcJ = Weggenommen
habe ich von dir die Schmach Und weggeschafft von dir die Schande, Diese
Worte könnten als freudiger Jubelruf Jahwes verstanden werden, sie würden
an V. 11* erinnern. In v. 19^ ist dann mit Grätz nach Hb^'y der Ausfall von
n^3 zu vermuten: Siehe ich mache den Garaus Allen deinen Bedrückern.
T T
^''DD ^5?? scheint aus v. 20, der Parallele zu v. 19^, hier eingedrungen, gehört
jedenfalls nicht hierher; die Zeit des Heils ist für v. 19 schon da, wenn schon
Jahwe noch eben am Werk ist, auch alle Bedrücker Israels, die vielleicht
<
nicht vor Jerusalem erschienen sind, in der weiten Welt zu vernichten und so
die Bahn frei zu machen zur Rettung der Diaspora, von der
19^, die letzte Strophe, spricht: Und ich werde retten das Ermattete
Und das Versprengte sammeln Und werde sie %u Ruhm und Ehren bringen
Auf der ganzen Erde\ die Erklärung hierzu bietet Mch 4 6 f., vgl. auch Jer
33 9 Jes 62 7 und Jo 3 5^?. onti^n ist, wie «%nn nyü am Ende von y. 19%
eine aus v. 20 eingedrungene Glosse, nur dass sie in abgekürzter Gestalt er-
scheint; ihre Auflösung DH^DC^Tl« """IW"^ ergiebt sich aus y. 20^ (Wellh.). 20
ist nichts als Variation von y. i9, die aber die Situation von y. 13-15 17-19 nicht
innehält, sondern die Rettung noch in der Zukunft sieht, darum auch nicht
das gerettete Zion und seine noch in der Diaspora weilenden Angehörigen,
sondern allgemeiner die Juden überhaupt mit euch anredet. Zu lesen ist T\y[y^
\>?p.« «\nn für -^^iSj? nj;n^, ferner DDHU^ für DD"^nu^, und UT^t) bedeutet: noch
bei euren Lebzeiten, harmoniert aber nicht besonders mit «\nn nj^S. Zu "l^Vi
r\\:i^ vgl. Am 9 u.
Hag Einleitung I 378 Hag Einleitung I
HAGGAI.
Einleitung.
I. Das Buch, sein Inhalt und seine Entstehung. Das Buch Hag, das
zehnte unter den „Zwölf Propheten" sowohl in der hebräischen wie in der griechischen
Sammlung, unterscheidet sich deutlich von den meisten übrigen Prophetenbüchern.
Sind diese in der Hauptsache Sammlungen der prophetischen Reden, so ist das
Buch Hag eine Berichterstattung über dieselben, in der zwar die Worte des
Propheten aufgeführt, einmal aber auch die AYirkungen, die sie hervorriefen, erwähnt
werden. Da die Beden den Hauptinhalt ausmachen^ ist es doch nicht eine eigentlich
historische, sondern eine prophetische Schrift, und Hag hat darum mehr Becht, unter
den Propheten zu figurieren, als die Erzählung über den Propheten Jona. Im
Ganzen sind es vier Beden des Propheten, von denen berichtet wird: 1) Cap. 1;
2) 2 1-9; 3) 2 10-19 und 4) 2 20-23. Sie werden genau nach Monat und Tag im
2. Jahre des Darius datiert und handeln ohne Ausnahme von dem Tempelbau und
den glücklichen Folgen, die sich an denselben knüpfen. Näheres s. bei der Erklärung.
Der genannte historische Charakter macht es wahrscheinlich, dass die Ent-
stehung des Buches nicht auf den Propheten selbst zurückzuführen ist. Dafür
sprechen noch andre Eigentümlichkeiten: die fast regelmässige Beifügung des Titels
i^'^lin zu dem Eigennamen ""JD erklärt sich leichter, wenn nicht Hag selber den Be-
richt aufzeichnete; ebenso deutet wohl die Auffassung des Propheten als des Instru-
mentes der göttlichen Offenbarung, die sich in dem Gebrauche von T? (1 l 2 1 10, s.
zu diesen Stellen) statt des üblichen '7^ zeigt, darauf hin, dass der Berichterstatter
zu denen gehörte, welche durch den Propheten das Wort Gottes empfingen. End-
lich aber sieht die Wiedergabe der Beden mehr dem Beferate eines Fremden als der
Aufzeichnung durch den Propheten gleich ; denn sie enthält wohl die Hauptgedanken
und lässt die trefflichen Kontraste erkennen, durch die sich die prophetische An-
sprache wirkungsvoll gestalten musste, aber zeigt nicht die sorgfältige Ausführung,
die man von dem Bedner selber erwarten dürfte. Lange, nachdem die Beden ge-
halten waren, kann jedoch der Berichterstatter sein Beferat nicht aufgezeichnet
haben ; er weiss auf alle Fälle noch nichts von einem zweiten Darius, kennt auch die
Hag Einleitung I 379 Hag Einleitung II
Daten der Ansprachen ganz genau und überliefert ohne jede Bemerkung die Desig-
nation Serubbabels zum König des messianischen Keiclies als göttliche Weissagung
(2 20-23). Die beiden letzten Punkte zusammen zwingen zu der Annahme, dass das
Heferat vor dem Sturze Serubbabels angefertigt wurde. Die näheren Umstände, die
das Verschwinden Serubbabels von der Bildfliiche her})eiführten, sind uns unl^ekannt;
das Ereignis selber fällt aber ohne Zweifel entweder noch in die Bauzeit des 'J'empels
oder denn in die nächsten darauffolgenden .Jahre. Vermutlich ist Serubbabel als
Statthalter von Juda abgesetzt worden, als Darius seiner Widersacher Herr ge-
worden war und eine Neueinteilung des persischen Heiches samt einer neuen örenz-
bestimmung der Provinzen vornahm. Mit Klosteemann (Gesch. des V. Israel S.
213) den Propheten Sacharja für den Heferenten zu halten, der in Hag 1 — Sach 8
in genauer chronologischer Ordnung die auf den Tempelbau bezüglichen Worte Gottes
zusammengestellt habe, hat keinen sichern Grund (s. zu Hag 1 15). Ebenso scheint
mir auch die Annahme von HoTHSTEIN (Genealogie des Kgs Jojachin S. 38—41).
dass uns in Hag der Hest einer rein historischen Schrift vorliege, deren Absehen auf
den Bericht über den Tempelbau gerichtet war, den Charakter des Buches Hag nicht
genau zu bestimmen: es ist eine Berichterstattung über die Heden des Propheten,
nicht eine Geschichte des Tempelbaus, letzteres auch nicht, wenn man sie auf eine
Darstellung der Mitwirkung des Propheten bei demselben eingrenzt (s. noch zu 1 15).
Vorausgesetzt ist bei dieser Auffassung des Buches als eines Heferates über
die Heden des Propheten, dass Hag im Allgemeinen intakt vorliegt. Weder ist mit
Sellin und HOTHSTEIN angenommen, dass hinter 1 15 ein Stück weggeschnitten,
noch mit KlOSTERMANN, dass Sach 8 9-13 hierher zu versetzen sei (s. zu 1 15).
Andrerseits aber reichen auch die Gründe nicht hin, um mit Andee 2 10-19 oder mit
BÖHME 2 20-23 für sekundäre Stücke des Buches zu erklären; s. die Vorbemerkungen
zu diesen Abschnitten. Im Übrigen fehlt es natürlich auch im Texte Hag's nicht an
grösseren und kleineren Glossen und an Versehen der Abschreiber, vgl. z. B. 1 7*^ 13
15 2 5^ 17 18^-^ und in LXX zu 2 9 14 und s. für das Einzelne die Auslegung.
II. Der Prophet, seine Zeit und seine Bedeutung. Haggai, LXX A/Yalo;,
ist im AT ausser im Buche Hag auch Esr 5 l als ein Hauptförderer des Tempelbaus
genannt. Andere glaubwürdige Nachrichten giebt es nicht; denn wenn in LXX die
Psalmüberschriften Ps 145 — 148 Haggai und Sacharja erwähnen, so hat dies keinen
historischen Wert, so wenig als die Legende in den EpiPHANIUS zugeschriebenen
Vitae prophetarum, nach der Hag als junger Mann aus Babel zurückgekehrt ist, den
Bau des neuen Tempels gesehen, dort als der erste das Halleluja gesungen (offen-
bar aus den genannten Psalmüberschriften erschlossen) und dann ein ehrenvolles Grab
in der Nähe der Priestergräber gefunden hat (s. Nestle Margin. 26-29). Sicher
bleibt allein, was das AT bietet. Danach fällt seine Wirksamkeit in Jerusalem von
Ende August bis in den Dezember des Jahres 520 v. Chr., also in die Anfangszeit
der Hegierung Darius' I. (521—486), und seiner Initiative ist es vor*allem zu danken,
dass der Tempelbau in Angriff genommen wurde. Wahrscheinlich ist Hag 537 mit
den ersten Kolonisten auf die Erlaubnis Cyrus' hin aus Babel zurückgekehrt; dass
er den salomonischen Tempel noch gesehen habe, also als Knabe oder Jüngling 586
ins Exil weggeführt worden sei, ist aus 2 3 nicht zu entnehmen. Es können auch ganz
andre Gründe, als ein hohes Alter, es veranlasst haben, dass wir nach 520 nichts
Hag Einleitung II 380 Hag Einleitung 11
mehr von Hag erfahren. An die Stelle des ersten jüdischen Statthalters Scheschbassar
(Esr 1 8) war inzwischen der Davidide Serubbabel getreten und neben ihm stand als
das Haupt des Priesterkollegiums Josua ben Josadak (1 l). Wenn die im Jahre 537
Zurückgekehrten den Versuch, den Tempel zu bauen, wirklich gemacht haben (vgl.
Bertholet zu Esr 4 5 und Esr Einl. V), so muss er gleich zu Anfang so gänzlich
fehlgeschlagen haben, dass Hag und Sach ihn total ignorieren konnten. Man be-
gnügte sich mit dem Notaltar, der an der Stätte des Brandopferaltars alsbald nach
der Zerstörung des Tempels war errichtet worden, vgl. 2 14 und Jer 41 5. Erst im
Jahre 520 ist der Tempelbau begonnen und vier Jahre hernach 516 vollendet
worden.
Alle vier Heden des Propheten handeln vom Tempelbau oder stehen doch, wie
die vierte, mit demselben in engster Beziehung. Dass Hag aber selber Priester ge-
wesen sei, ist auch 2 11-13 nicht zu entnehmen, eher das Gegenteil. Ebenso kann
man nicht sagen, dass nur die Gedanken an den Tempel ihn erfüllten und diese ihm
den Anstoss zu seinen Heden gegeben hätten. Es sind vielmehr die wichtigen ge-
schichtlichen Ereignisse der Gegenwart, die auch ihn wie die früheren Propheten
anregten und in deren Gefolge er das besonders von Hes verheissene messianische
Heil erwartete. Jetzt ist die Zeit zu der grossen Weltumwälzung auf Erden ge-
kommen ; denn bei der Thronbesteigung Darius' I. gährte es im ganzen Heiche,
namentlich im Osten, in Babylon traten nacheinander zwei Prätendenten auf, die sich
den Namen Nebukadnezar gaben. Um auf das Heil gerüstet zu sein, da die Welt-
reiche zusammenbrechen und Jahwe in Jerusalem sich verherrlicht, muss der Tempel
gebaut sein ; ohne ihn lässt sich die messianische Zeit nicht denken, er ist das not-
wendige Mittel, diese das herrliche Ziel. Auf die historischen Motive der messia-
nischen Bewegung von Hag und Sach hingewiesen zu haben, ist das Verdienst Stade's
Gesch. des V. Isr. II, 113, vgl. ferner Ed. Meyer Entstehung des Judentums S.
79—89 und T. K. Cheyne Jew. Hei. Life after the Exile 1898, 14.
Trotzdem auch Hag und Sach von der Geschichte die Anregung zu ihrem
prophetischen Auftreten erhalten haben, so sind sie doch ihren Vorgängern an Be-
deutung lange nicht gleich. Denn im Grunde werden sie nicht zu neuen eigenen Ge-
danken angeregt, sondern zur Anwendung und Ausführung der Worte der früheren
Propheten. Hesekiel hatte die Verherrlichung des Tempels mit der grossen Welt-
umwälzung verknüpft. Letztere vollzieht sich eben jetzt, also ist der Tempel zu
bauen und das Heil nahe. Aus diesem Grundgedanken, besonders wenn man ihn
kombiniert mit Dtjes's Weissagungen, leiten sich leicht alle Gedanken Hag's ab; man
sieht, er gehört nicht zu den originalen Männern, die die Weltlage aus innerster Er-
leuchtung zu beurteilen vermöchten, sondern zu den Epigonen, denen das Licht aus
den Worten der früheren Propheten zuströmt. Wie sehr Hag sich auch von den
Propheten des 8. und 7. Jahrh. unterscheidet und welche Macht auf ihn der von Dtn
und Hes ausgehende Geist ausübt, zeigt einerseits der Mangel jeglichen ernstlichen
sittlichen Tadels und andrerseits die Wichtigkeit, die der Tempel und der Kultus für
ihn besitzen. Hag beginnt die Periode der schriftgelehrten prophetischen Eschato-
logie. Dass es übrigens seinen Ansprachen an rhetorischer Kraft und eindrucksvollen
Kontrasten nicht fehlte, beweist nicht nur ihr Erfolg, sondern auch das Heferat, so
kurz und knapp es bisweilen gehalten ist.
Hag Einleitung III 381 Hag 1 1
III. LIlicratiir. A. Köhler Die naclkexilischen Propheten I. 1860;
L. JiEINKE Der Proph. Hag. 1868; W. Br)nME Zu Maleachi und Haggai in ZATW
1887, 210—217, spec. 215—217; J. J. 8. J ^BROWNE Haggai and Zecharjah, Cambridge
1893; T. Andre Le prophöte Aggee, Paris 1895; JüLIüS HÖHMER Haggai und
Sacharja, zwei Propheten des Herrn in Neue kirchl. Zeitschrift 1901, 717 — 740; Ed.
Sievers Metrische Studien I, Textproben 1901, 494f. ; J. C. Matthes Hag 1 9 2 15-19
in ZATW 1903, 123—126; T. K. Cheyne Critica sacra II, 1903, 174 f.
Erklärung.
I. Die erste Prophetie Haggais: die Aufforderung zum Bau des Tempels,
und ihre Folgen Cap. I.
Das ganze Buch Hag hat mehr den Charakter eines historischen Berichtes über
die Thätigkeit, als den einer Sammlung der Reden des Propheten. Dies tritt besonders
deutlich in Cap. 1 hervor, das am Schlüsse über den Erfolg seines ersten Auftretens be-
richtet V. 12-15, zeigt sich aber auch darin, dass das Buch keine Gesamtüberschrift trägt,
sondern zu Anfang jedes Abschnittes einen einleitenden Vers aufweist, der in Form eines
ganzen Satzes je weilen die Datierung der folgenden prophetischen Worte beibringt, bis-
weilen auch die Adressaten näher bestimmt, vgl. 1 1 2 1 f. 10 20.
1 Die Art der Datierung zeigt, dass die Judäer im Exil den genaueren
babylonischen Kalender kennen gelernt und adoptiert haben, der im Gegensatz
zu dem altisraelitischen den Jahresanfang auf den Frühling verlegt. Nach
diesem Wechsel konnten die alten kanaanäischen Monatsnamen nicht mehr
festgehalten werden, einstweilen begnügte man sich, die Monate durch Zahlen
zu bezeichnen, ging aber dann bald dazu über, auch die babylonischen Namen
anzuwenden. Vgl. Benzinger Archäol. § 30 S. 198—202 und meine Artikel
Chronology of the OT, Month und Year in Encycl. Biblica. Als Zeit-
punkt des ersten Auftretens Hag's wird das zweite Jahr des Königs Darius
genannt, also, da Darius hebr. Därejäwes = pers. Därayavaus von 521—486
regierte, das Jahr 520 v. Chr. Es kann sich nämlich nur um Darius I. Hys-
taspis handeln, weil jegliche Näherbestimmung fehlt, also er noch der einzige
König dieses Namens war. Der König heisst er, nicht der persische König,
weil für die Zeit Hag's kein andrer in Frage kommen konnte. Der sechste
Monat, später Elul genannt (Neh 6 15), entspricht den letzten Tagen des
August und den ersten Wochen des September, der erste des Monats fällt so-
mit noch in den August 520 v. Chr. Zu der Verwendung der Kardinal-
zahlen U^m und nnjfj in Anlehnung an den Stat. constr. n'^^ und UV vgl. Ges.-
Kautzsch27 § 134p. n n:;n, durch die Hand d. h. vermittelst des Pro-
pheten ergeht Gottes Wort nach der spätem Auffassung, die in den Propheten
gleichsam den Kanal, die Mittler, für die göttliche Offenbarung sieht, s. zu
Jes 20 2 und vgl. Hos 1 2. Die Nennung der Adressaten ist nicht mit
Hag 1 1 382 Hag 1 6
SiEVEES als „historisch-genealogisches Scholion" zu entfernen, vielmehr ist
nach LXX und der Analogie von 2 if. lo 2of. davor 1b« Ib«'? in den Text auf-
zunehmen. Das Wort Jahwes ist gerichtet an das weltliche und das geistliche
Oberhaupt in Jerusalem. Das politische Oberhaupt, der Statthalter (nns =
Lehnwort aus dem Babylonischen, s. KAT^ 649), heisst ^«^n'p«^-)! ^n?lt; die
abweichende Genealogie I Chr 3 19, die ihn einen Sohn Pedajas nennt, kann
die Glaubwürdigkeit des zeitgenössischen Berichtes in Hag nicht in Frage
stellen, s. auch Esr 3 2 5 2 und vgl. zu I Chr 3 19. Die Identifikation Serub-
babels mit Scheschbazzar ist durchaus unberechtigt, s. den Nachweis von
Bertholet zu Esr 1 8 und von Andre S. 48—63. Das geistliche Oberhaupt
ist Josua (= V^^^^ Esr 3 28 4 3) ben Jozadak mit dem Titel ^njH 'iTl'lir}, der Hohe-
priester^ den Dtn und Hes noch nicht kennen, der zum ersten Mal im sog.
Heiligkeitsgesetz Lev 21 lo erscheint und nun bei Hag und Sach als ganz
üblich und in gleicher Bedeutung wie Lev 21 lo = der Grösste im Collegium
(vgl. Sach 3 8) auftritt, s. auch meine Gesch. der isr. Rel.^ 224f.
2—11 die Ursache der Not des Volkes. 2 die Nachlässigkeit und
Gleichgiltigkeit der Leute in religiösen Dingen. Die häufig wiederkehrende
Anwendung der Formel: so spricht Jahwe, zeigt, wie wichtig es dem Propheten
erschien, die göttliche Autorität seines Wortes zu betonen; den früheren Pro-
pheten war das Bewusstsein, in Jahwes Auftrag zu sprechen, viel lebendiger,
sie fanden darum solche Bekräftigungsformeln viel weniger für nötig. Zu
VsXx\ Dj;n vgl. Jes 8 6, weder ein verächtlicher Nebenbegriff, noch ein Hinweis
auf die zur Neumondfeier (am 1. des Monats, s. v. i) versammelten Leute
braucht in dem Ausdruck zu liegen. Für das sehr verschrobene ^STlj; «^ 1.
mit Hitzig u. a.: «n nj; ^^, zu rij; = nnj; vgl. Ps 74 6 Hes 23 43; die Voran-
stellung von nrij? dient der Hervorhebung: 7'^/ 55^ noch nicht. Übrigens giebt
keine alte Version das erste ny wieder; ob es im Text fehlte oder nur nicht
verstanden wurde, muss unentschieden bleiben. Der masculine Gebrauch
von nj; fällt hier um so weniger auf, als das masculine Prädikat vorhergeht,
vgl. ZATW 1896, 44 f. Von einer Inangriffnahme des Tempelbaus durch
die Juden gleich nach der ßückkehr im Jahre 638/7 weiss Hag sowenig, wie
Sach und Esr 5 2; wie die damit im Widerspruch stehende Notiz in dem
Dokument Esr 5 6-17 und in der chronistischen Darstellung von Esr 3 zu be-
urteilen ist, s. zu Esr 5 I6. 3 f. Die göttliche Beurteilung der Sachlage
lautet ganz anders, vgl. II Sam 7 2. Die neue Einleitung y. 3 hält mit TI "Vj^
statt ^y^ die Form eines Berichtes ein, vgl. Vorbem. zu Cap. 1. 4 DriS
dient der nachdrücklichen Hervorhebung des Suffixes in DD^, vgl. Ges.-
Kautzsch27§ 135 g; D'^i^DD steht im casus adverbialis, darum ohne Artikel, zur
Beschreibung des Zustandes des vorangehenden Substantivs, s. § 118p und
vgl. auch Am 2 le; zu der kostbaren Vertäfelung der Zimmerwände vgl. I Reg
7 7 Jer 22 14. 5 f. Ihre Wege, d. h. ihr Ergehen, die Erfahrungen, die sie
machen müssen, sind Beweis genug für dieses göttliche Urteil v. 3 f. Was sie
erfahren, schildert 6 ; es ist der Unsegen, der auf allem ihrem Thun liegt. Mit
der Fortsetzung des Verbum finitum durch die indifferenten Infinitive (vgl.
dazu Ges.-Kautzsch2 7 § 113 z) hängt es zusammen, dass 1^ für 03^ stehen
Hag 1 6 383 Hag 1 9
kann. Was der Lohnarbeiter verdient, nniss alles sofort zur Bestreitung
der nötigsten Lebensbedürfnisse ausgegeben werden; der Geldbeutel ist stets
leer, wie wenn er durchlöchert wäre, vgl. Sa('li 8 lo. Viel unwahrscheinlicher
ist der Sinn, den Andrk in v. g'» findet; 2)p:i 111!i soll nämlich „ein durchbohrtes
Steinchen'' bedeuten und ein solches, mit einem Siegel versehen und um den
Hals eines Mensciien gehängt, das Unterscheidungszeichen sein, dass der Be-
treffende der Sklave eines bestimmten Herrn sei. Das ganze Sätzchen soll
dann besagen: dem Lohnarbeiter bleibt trotz aller Arbeit nichts übrig als die
Sklaverei. Mag die Anwendung solcher Erkennungszeichen bei Babyloniern
und Juden Sitte gewesen sein, es müsste dieser Sinn doch viel deutlicher aus-
gedrückt werden und auch das 'b^ 1?nii^p ist ihm nicht günstig. 7 8 Direkte
Aufforderung, den Tempel zu bauen, und bestimmte Versicherung, dass davon
das Kommen der messianischen Zeit abhängt. Da v. 7'^ hier den Zu-
sammenhang nur stört, so ist er mit Wellh. als falsche Wiederholung von
V. 5^ zu entfernen. 8 Der Bau soll nicht nur in Holz aufgeführt w^erden,
vgl. 2 15, sowie Esr 6 4; aber da an der Stätte des verbrannten Tempels noch
genug brauchbare Bausteine vorhanden waren, musste vor allem Bauholz
herbeigeschafft werden. Solches fand sich im Gebh^ge, "\T]T] hat den Artikel,
weil es im Gegensatz zu dem Flachland den gebirgigen Teil des Landes be-
zeichnet; es ist nicht an den Libanon zu denken, die Höhen auch in der ISTähe
Jerusalems müssen damals noch bewaldet gewesen sein, vgl. Neh 2 8 8 i5.
Für nD3^^, ich werde mich verherrlichen, ist es nicht notier mit Kere rn33^<,
ich will etc., zu lesen; die Verherrlichung Jahwes geschieht in der Erfüllung
der messianischen Hoffnungen, in der Herbeiführung des herrlichen messia-
nischen JReichs^ speziell damit inauguriert, dass er sich in seiner Herrlichkeit
in den Tempel niederlässt, vgl. Jes 66 5 und s. y. Gall Die Herrlichkeit
Gottes 11. 9—11 Nochmalige Begründung von v. 7 f.: Das Elend der
Gegenwart rührt nur von der Vernachlässigung des Tempelbaus her. Die
Schilderung beginnt hier mit Inf. absol. und setzt sich fort mit Verbum finitum,
DilSin definiert somit nach Person und Zahl das vorangehende niö, vgl. die
umgekehrte Reihenfolge v. 6. Da es Schwierigkeiten hat, zu toj;??'? Hiin
als Subj. 7\:^^X\ anzunehmen mit dem Sinne: „siehe, es (das erwartete Viele)
wurde zu Wenigem", wird man besser mit Wellh. und Nowack entweder ^
entfernen oder nach LXX H^HI für 7\\T\\ lesen: Ihr zählet auf viel und es wird
wellig. Auch der geringe Ertrag, wenn er eingebracht ist, schwindet auf ge-
heimnisvolle Weise dahin; H MSi, anblasen, hat einen ähnlichen Sinn wie be-
sprechen, incantare, es ist eine etwas andre Form desselben Zauberns. Die
Wirkung hängt von den Umständen ab, entweder ist es eine heilsame, die ein
Übel z. B. eine Krankheit entfernt und einen Segan verleiht vgl. Hes 37 9 f.
Joh 20 22, oder wie hier eine schädliche, die Verderben herbeiführt, vgl.
Wellh. Arab. Heident.2 159f., ferner Matthes ZATW 1903, 123 und bes.
den von L. Bauek MNDPV 1899, 9 erwähnten Aberglauben der Araber in
Palästina: „Den Muslimen ist es im höchsten Grad unangenehm, wenn jemand
über eine mit Getreide belegte Tenne hinpfeift. Dann kommt, sagen sie, der
Teufel bei Nacht und nimmt einen Teil des Erntesegens." Zu HD = n»
Hag 1 9 384 Hag 1 U
vgl. Ges.-Kautzsch27 §§ 37 f. b y^'^ muss man als Schilderung des eifrigen
Bemühens verstehen, wo es sich um das eigene Interesse, den Besitz eines
eigenen Hauses handelt; der Sinn wird aber weit besser, wenn man mit Wellh.
0"*:^^ und W^^ liest: während ihr an euren eigenen Häusern Behagen habt,
oder mit Cheyne D'^^'^H = (Prv 10 4) ßeissig, wo es euer Haus angeht, vor-
zieht. Solche Selbstsucht fordert die Strafe heraus 10 f. Da die Stellung von
uyhv durch keinen Nachdruck motiviert und das Wort von LXX nicht be-
zeugt ist, so ist es als Dittographie des vorangehenden ]tW mit Wellh. u. a.
zu entfernen. Die Inconcinnität der beiden parallelen Sätzchen fällt
sehr auf: D^ötJ^ steht ohne Artikel, während V1?0 ^^ aufweist; ^tsi? ist dem
entsprechenden Tho.\ incongruent, wenn man es privativ =- 'b^ nvni?, so dass
kein Tau mehr ist, deutet, und kann doch nicht partitiv gefasst werden, da es
sich um das Ausbleiben des Taus überhaupt handelt. Übrigens muss K^3 in
beiden Sätzen in der gleichen transitiven Bedeutung: zurückhalten^ ein-
schliessen, stehen; also liest man am besten unter Vergleichung von Sach 8 12
n\'^ und D^IDI^Hj vgl. Wellh. 11 So lange das Gotteshaus n^in ist, gebührt
dem ganzen Lande ^in, Dürre, die für das gesamte Leben in Pflanzen-, Tier-
und Menschenwelt die verheerendsten Folgen hat. Vor ^^''^1^ ll^fcj bieten
manche Codd. "^1 (vgl. auch die Versionen), was in den Text aufzunehmen ist,
da nicht eine neue Kategorie genannt wird, sondern zusammenfassend alles,
was mit den vorhergenannten Produkten in dieselbe Kategorie gehört, als
von der Dürre betroffen hingestellt werden soll. Die Aufzählung ist sehr weit-
läufig und umständlich; alle Arbeit der Hände kann doch schwerlich etwas
anderes als die Feldarbeit im Auge haben, an die schon vorher bei Getreide,
Most und Ol, den drei Hauptprodukten des Landes (Hos 2 10), gedacht ist.
12—15 Der Erfolg dieses Auftretens Hag's: die Inangriffnahme des
Tempelbaus. 12 Dj;n n^'ltillÄ^ bedeutet nicht die übrigen vom Volke ausser
den bereits Erwähnten (hier Serubbabel und Josua), sondern die Gesamtheit
des Teiles der Nation, der aus dem Exil zurückgekehrt war und der im Ver-
gleich zu dem früheren Volke und Staate ein „Rest", die „übriggebliebenen"
genannt werden konnte. Der Ausdruck ist der vielgebrauchte terminus tech-
nicus für die Zurückgekehrten und überhaupt für die in der Katastrophe Jeru-
salems und im Exil nicht untergegangenen geworden, vgl. v. u 2 2 Sach 8 6
Mch 2 12 5 6. b^'^rhä für 'ps'^n^^ti^ wie v. u und 2 2. Für -^j;i ist "^«1
ZU schreiben, mit dem es häufig in der späteren Zeit durch die Abschreiber
verwechselt ist, vgl. Jer 26 5 35 18; ebenso ist D/T^t^ statt DUNI^Pi^ zu lesen, da
dieses eher entbehrlich, jenes aber dem Sinne förderlich ist („gemäss dem
Auftrag, den ihm Jahwe an sie gegeben hatte,) und auch von den alten
Versionen geboten wird (Wellh., Ooet u. a.). 13 unterbricht den engen
Zusammenhang von y. 12 und y. 14, nennt Hag nicht N^HJ*^, sondern V!\T\\ "^iSi^D,
enthält in "^ n'i::«'?)?:^ eine Parallele zu 'i:i1 1ti^«5 in y. 12», und die zweite Hälfte
Y. 13^ ist = 2 4^. Somit ist y. 13 eine spätere Zuthat, die den Propheten als
ausserordentlichen Gesandten Jahwes fasst, wie Mal 2 7 in den Priestern die
ständigen göttlichen Boten sieht, vgl. auch Mal 3 1 und s. W. Böhme ZATW
1887, 215 f. Vermutlich will die Glosse das Ende von y. 12=^ erklären. 14 Zu
Hag 1 14 385 Hag 2 5
nn 1'J?n vgl. Esr l i 5. Die Ansprache llai^^'s liatte ihre Wirkung, sie erfüllte
die Leute mit Angst und begeisterte sie für den Hau des Tempels. Und
sie kamen und arbeUelen heisst so viel wie: nie machlen sich an das Werk, sie
nahmen es in Anfiri/p. Auf den Zeitpunkt ist dabei nicht reflektiert und die
Bestimmung dessell)en wird nach diesen Worten nicht erwartet. Trotzdem
folgt 15 ein bestimmtes Datum; man wird es am besten als nachträgliche Bei-
fügung zu betrachten haben, da es als ursprünglicher Textbestandteil nicht so
am Ende des Satzes, scmdern am Anfang sei es mit ^rv"\ eingeleitet vor ^«l^^l
oder einfach hinter diesem Verb stehen würde. Der Vers will offenbar den
Beginn fixieren, er nennt den 24. des 6. Monats, also etwa Mitte Sept. 520.
Viel unwahrscheinlicher ist es, in v. 15 den Anfang eines neuen Abschnittes
zu sehen, dessen Schluss anderswohin verschlagen oder gänzlich verloren ge-
gangen sei. So hat einerseits Klostermann Gesch. des V. Israel 213 ver-
mutet, Sach 8 9-13 sei das zu diesem Datum und hinter v. 15 gehörige Gottes-
wort, andrerseits vertreten Sellin Studien II, 50 und Bothstein Genealogie
des Kgs Jojachin 40 die Ansicht, es sei hier ein historischer Abschnitt, der
von der Grundsteinlegung durch Serubbabel handelte, weggefallen. Aber
Sach 8 9-13 ist, wo es steht, am rechten Platz und eine eigentliche Erzählung
der Grundsteinlegung gehört nicht in die Berichterstattung über Hag's Reden.
<
2. Die zweite Prophetie: Die Herrlichl<eit des neuen Tempels 2 i— 9.
1 nennt als Datum den 21. des 7. Monats, also erste Hälfte des Okt. 520.
Es ist „nach dem Priesterkodex ein Haupttag des Laubhüttenfestes; davon
merkt man hier nichts" (Wellh.). Also kann nicht das Datum, resp. die erst
später auf dasselbe fallende Feier, Hag den Anlass zu seinen Worten gegeben
haben; wahrscheinlich hatte vielmehr bereits die Begeisterung den Bedenken
Platz gemacht, es möchte nicht gelingen, die Schwierigkeiten zu überwinden
und ein ansehnliches Gebäude zu errichten, und dieser nautlosen Stimmung
tritt der Prophet mit einer herrlichen Verheissung kräftig entgegen. 2 Nach
LXX wird auch hier wie 1 12 14 ^3 vor iT^I^?^ zu lesen sein. 3 zeigt, in
welchen Äusserungen die Entmutigung des Volkes sich Luft machte (vgL v. 3^),
lässt andrerseits erkennen, dass noch solche am Leben waren, die den Tempel
Salomos gesehen hatten, vgL 3 12. Dass Hag selber einer von diesen gewesen
sei, ist aber den Worten nicht zu entnehmen. Zu der Verwendung von
3 — 5 bei der Vergleichung s. Ges.-Kautzsch2 7 § 161 c. 4 Der Titel
^l'^jn ]0^n steht wie hier auch Sach 3 8 in der Anrede. Zu dem absoluten
Gebrauch von H^J^ vgl. die gute Parallele I Chr 28 20; der Imperativ ist =
frisch ans Werk! 5 Es ist vergebliche Mühe, wenn man die Worte am
Anfang von "l^'in'JI^J! bis Dll^^p in den Zusammenhang einzugliedern sucht;
sie stören den Fortschritt der Gedanken und die Grammatik, sie sind eine
Glosse, welche LXX noch nicht in ihrer Vorlage vorfand, und zwar eine
Glosse zu dem folgenden '•nni, um nach Jes 59 21 neben dem Geist auch an das
Wort Gottes als Bindemittel zwischen Israel und Gott zu erinnern. Zu über-
setzen ist: (mein Geist bleU)t unter euch) mit, nebst dem Wort, das etc. Zu
dem in Israel gegenwärtigen Geiste Gottes vgl. ausser Jes 59 21 auch Neh
Kurzer HG zum AT XIII 25
Hag 2 5 386 Hag 2 10
9 20. Wo Gott und sein Geist zugegen sind, ist keine Mutlosigkeit am
Platze V. 5^; was alles in dieser Versicherung v. 4^' 5^ eingeschlossen ist, führen
6—9 aus: die Erschütterung der Welt, die Verherrlichung des Tempels und
das Heil in Jerusalem. 6 Wellh. wird Recht haben, wenn er
H\'l toyp nniSl l^y auf „Confusion zweier Varianten" zurückführt, deren eine
lautete: 'D •^:iS nns llj; = noch einmal (nns, wie II Reg 4 35 6 lo Lev 16 34,
= «nniSl Dy? Jos 6 3) will ich erschüUern (vgl. LXX: stl airot; lyoj osiow),
während die andre besagte: D "'^tjl ^'^T\ DJ^D ^Ij; = noch kur%e Zeit und ich
erschüttere. Die erste Variante müsste etwa in der Katastrophe, die Jeru-
salem und Juda getroffen, die frühere Welterschütterung sehen; jedenfalls
giebt sie keinen so guten Sinn, wie die zweite, die auf die Nähe eines die ganze
Weltlage umgestaltenden Ereignisses hinweist. Mit Wellh. und Nowack ist
daher diese letztere vorzuziehen und iini? aus dem Texte zu entfernen, das
ohnehin nicht als Zahlwort zu dem folgenden DJ^D gezogen, zu dem aber auch
nicht ein Subst., wie ilj;, ergänzt, noch ^<^^ toj;» als Exposition gefasst werden
kann. Dass diese Verheissung Weissagungen aus Tritojes zur Voraussetzung
habe, wie Coenill will, ist durchaus nicht notwendig; die Prophetieen Hes's
und Dtjes's, die von physischen und politischen Weltumwälzungen zum Heile
Israels reden, genügen vollauf zu ihrem Verständnis und ihrer Erklärung; vgl.
hiezu ferner die Einleitung II S. 380. 7 Für n'lön, das nicht mit Vulg. als
Bezeichnung des Messias zu fassen ist, hat man, dem Plural ^l^^^^ entsprechend,
mit LXX rilDH (Gen 27 15) zu punktieren =- die Kostbarkeiten^ vgl. v. 8: Silber
und Gold; Cheyne schlägt w^eiter für tt\C^T\ vor: Hh^lp = die Gaben. Die Aus-
führung dieser Verheissung s. Jes 60 5-22. Strömt der Reichtum der Völker
(Böhme möchte das eine D*;1-in in D"'^j;n ändern), wie es sich gehört, da er
Jahwes Eigentum ist, nach Jerusalem, so kann es nicht an der Herrlichkeit
des Tempels fehlen, er wird 9 an Glanz die salomonische Herrlichkeit weit
überbieten, darum ist die Mutlosigkeit der Wiedererbauer des Tempels übel
angebracht. ]1insn gehört zu ^UlS; es ist der alte Tempel, der wieder ersteht.
Zu dem Glanz der heiligen Stätte kommt die Sicherheit, die deren Bewohner
und Nachbarn erfahren, d. h. das messianische Heil, vgl. die ähnliche Ver-
heissung Sach 2 9. Der Zusatz der LXX: „und Seelenruhe, um das ganze
Fundament (1. Ib'l statt HD'^ xiiCovii) zu erneuern, um diesen Tempel wieder
herzustellen", scheint aus Esr 9 9 stammende Glosse zu Dl^^ zu sein; beachte
die Trennung dieses Sätzchens von D1^^ durch '15 '•> Di<li und vgl. Sellin Stud.
zur Entstehungsgesch. der jüd. Gemeinde II 46.
3. Die dritte Prophetie : der mit dem Tempelbau beginnende Segen 2io-i9.
Die Herkunft dieser Verse von Hao: ist durch T. Andre bestritten. Erstlich sollen
die Verse die Ausführung der vorangehenden Rede unterbrechen, nämlich den in logischer
Folge dazu gehörenden Schluss v. 20-23 abtrennen, der erklärt, dass der Krieg, mit dem
Jahwe die Heidenwelt erschüttert, ein Krieg der Heiden gegen einander sei v. 22 und
dass, wenn der Friede in Jerusalem herrscht und die Reichtümer dort zusammenfliessen,
die Macht Serubbabels befestigt werde v. 23. Zweitens zeio^e sich der Autor von v. 10-19
als pretre-legaliste im Gegensatz zu Hag, der sich als theocrate-clerical charakterisiere.
Drittens weise der Abschnitt direkte Widersprüche zu Hag auf; denn dieser rede von
Hag 2 10 387 Jlag2l2
aussergewöhnlicher Dürre als der Ursache der (Jnfrurlitbarkoit und misslichen Lage,
während in 2 10-19 als solche Nässe und Ilagel erscheinen v. 17, und ♦•benso nenne 2 18
als Tag der Grundsteinlegung den 24. des neunten Monats, dagegen ilag in 1 16 als
Tag der Inangriilnahme des Werks den 21. des sechsten Monats. Viertens sei schliess-
lich eine grosse Verschiedenheit des Sprachgebrauchs zu bemerken, es stehen einander
gegenüber 7\\r\) n^3 in Hag und n\ri\ bp'T} 2 15 18, D^ö3 V^^'b^ 1 11 und D.in; n^pv^'h^
2 14 17, ferner heisse Öl 1 11 "in^% dagegen 2 12 ^0^, Wein 1 11 ti^n'-ri, dagegen 2 12 y\,
ausserdem werde nicht «''San ""^n wie bei Hag, sondern (abgesehen von der Überschrift
2 10) nur ">in gesagt und rede der Abschnitt von den ,, Priestern", nicht von dem Hohe-
])riester. Diese Beobachtungen sind richtig, aber der Schluss auf fremde Herkunft des
ganzen Abschnitts ist übereilt. Scheidet man nämlich die sekundären Elemente im Ab-
schnitt selber aus (s. die Exegese), so fallen die sachlichen Widersprüche weg; die dann
noch bleibenden Differenzen im Sprachgebrauch sind ohne Gewicht und leicht erklärlich,
und von einer Unterbrechung der Gedankenfolge kann überhaupt nicht die Rede sein, da
nicht die logische Zurechtlegung, sondern die Geschichte und die thatsächlichen Verhält-
nisse über die Reihenfolge der Reden des Propheten entscheiden (s. unten). Übrigens ist
die verheissene Fruchtbarkeit des Landes kein so untergeordnetes Element, dass es sich
nicht ebenso gut als Exposition von v. 1-9 verstehen Hesse, wie v. 20-23.
Wie die zweite Rede nimmt auch die dritte ihren Ausgang von Bedenken und
Stimmungen, welche sich unter den neuen Ansiedlern in Jerusalem erhoben und ver-
nehmen Hessen. Man kam sich doch nicht so irreligiös vor, wie der Prophet in der ersten
Rede gesagt hatte, man brachte ja auf dem Brandopferaltar (s. v. 14) Gott Opfer dar, und
meinte darum auch weder die Missjahre verdient zu haben noch vom Tempelbau sich
Grosses für die Zukunft versprechen zu dürfen. Diesen Einwänden und Bedenken tritt
Hag entgegen, indem er durch das Gleichnis von der viel grösseren Anstecku!]gskraft des
Unreinen als des Heiligen dem Volke klar zu machen sucht, dass „das bisschen Heilige"
auf dem Notaltar das Profane im alltäglichen Leben nicht aufheben kann, sondern um-
gekehrt durch dieses auch profaniert wird; damit begründet Hag zugleich von neuem
seine Forderung und seine Verheissung: mehr Heiliges! d. h. vor allem baut den Tempel !
dann erst kann, wird aber auch der Segen kommen. Vgl. Wellh.
Der Abschnitt ist charakteristisch für die Anschauung des Propheten Hag: Tempel
und Kultus stehen im Mittelpunkt seiner Gedanken, man sieht, wie die dtn'ische Kultus-
reform und Hes nachwirken; die früheren Propheten dachten anders über Kultus und
Tempel, vgl. nur z. B. Jer 7. Übrigens ist aus den Versen auch zu ersehen, da-.s die
Thora noch nicht als in einem Buche schriftlich niedergelegt und fixiert gilt, aus dem die
Priester ihre Weisheit zu schöpfen hätten, sondern dass diese noch ihre eigenen Ent-
scheidungen zu treffen hatten. „Die Thora lebt noch", sie ist noch nicht zum Buche
erstarrt.
10 Die EinleituDg fixiert die Rede auf den 24. des 9. Monats, also un-
gefähr auf die Mitte des Dez. 520. Mehrere Codd. lesen wie die LXX 'b^ für
'T^; dann wäre aber 11* noch weniger zu erwarten, als im gegenwärtigen Texte.
11^ Dass die Priester und nicht der Hohepriester befragt wird, woran Andke
Anstoss nimmt (s. Vorbem.), erklärt sich leicht daraus, dass die Priester ein
Collegium bilden, unter denen der Hohepriester nur das Haupt, der Vor-
sitzende, primus inter pares, ist, vgl. zu 1 i. Über Hlin = Weisung vgl.
Vorbem. und s. Hos 4 6 Mal 2 7. 12 ]T\ = ü^, ist Aramaismus, vgl.
Kautzsch Die Aramaismen im AT S. 26 f.; da ]n ebenso Jer 3 i vorkommt,
kann es nicht für späteren Ursprung von v. io-i9 beweisend sein, ev. ist sein
Vorhandensein in Hag wie Jer 3 i dem Abschreiber zur Last zu legen, s. zu
Jer 2 10^ ^ip n^!l ist Opferfleisch, s. Jer 11 15. Dass bei dieser
rituellen Anfrage die einfachsten Bezeichnungen für die Lebensmittel und
25*
Hag 2 12 388 Hag 2 15
nicht die erhabeneren, in proplietischer Rede beliebten |5*l, t^ll'^n und "^T\T (vgl.
zu 1 11) gebraucht sind, ist ganz natürlich; ein Indicium fremder Herkunft
von V. 10-19 kann niclit darin gesehen werden (s. Vorl)em.). Das indeterminierte
]'QV^ nach den mit dem generellen Artikel determinierten Substantiven fällt
auf, Uniformierung scheint aber nicht angezeigt zu sein. In Lev 6 20
liegt nicht das Fundament, sondern eine Analogie zu der hier gegebenen Ent-
scheidung vor. 13 Das Fehlen des Titels S'^^jn bei dem Namen ^^r\ (auch
V. 14) dürfte schwerlich zu der Annahme fremder Herkunft von v. 10-19 be-
reclitigen; im Verlaufe der Erzählung konnte der blosse Name genügen, s.
Vorbem. und vgl. auch Böhme. W^^ SDlp ist ein durch Berührung eines
Toten, resp. durch einen Todesfall in seiner Familie unrein gewordener; ü^^^
ist Abkürzung für n^ tTD^ vgl. Lev 19 28 22 4 Num 5 2 9 10. Zu 14, der
Anwendung des Gleichnisses, vgl. Vorbem. Ob Böhme mit Recht ]?
1 ntn"Dj;n entfernt, ist zu bezweifeln. DH^"!*' r\\^V^'b:i ist der einfachere
Ausdruck für das wesentlich gleichbedeutende D*;?? J^^?"]"^! 1 11 und entspricht
dem Tenor des Zusammenhangs, vgl. zu y. 12; ein verschiedener Autor wird
dadurch so wenig erfordert, wie durch den Gebrauch von Mli in Bezug auf die
Juden, vgl. Zph 2 9 Ex 19 6; ein und derselbe Autor konnte DM-i von den
Heiden (2 7 22) und "^lU von den Juden gebrauchen. Mit Ü^ kann nur auf
den Notaltar hingewiesen sein, der bald nach der Rückkehr aus Babel er-
richtet wurde (Esr 3 3); immerhin scheint in diesem D^ etwas Verächtliches
zu liegen (Wellh.).
Der Zusatz der LXX besteht, wie Wellh. erkannt hat, aus zwei Elementen: das
eine, 6oüV7]0rjcJovTat oltuo TupocrtoTroi) rovwv auTtbv = sie quälen sich ah mit ihren profanen
Arbeiten^ passt zum Texte, ist aber doch kaum mehr als richtige Glosse dazu; das andere
weist in seinem letzten Teile, xai ijxKjelTS ev TruXai^ IXsYyovta, eine Entlehnung aus
Am 5 10 auf, wozu der erste, svexev tcov XrjjxjjiaTCDv aoTwv tojv opöpivwv, in der richtigen
Aussprache und Lesart des zu Grunde liegenden hebräischen Textes : ITO Dnnp^ ]V\ = weil
ihr Bestechung nehmt, statt *^n^ Q^J^j?^ ]Vli einen passenden Anfang bildet. Beide Elemente
sind sekundär; das zuletzt erwähnte will offenbar v. 14'^ durch Hinweis auf Amos kommen-
tieren, vgl noch V. 17.
15 Nachdem Hag im Vorangehenden gezeigt hat, dass jede Berufung
auf die „dort" dargebrachten Opfer zum Beweise der Religiosität nicht Stich
hält, legt er nun dar, dass eine Änderung der Lage von der Erstellung des
Tempels ausgehe. Er fordert die Erbauer des Tempels auf, auf die kommen-
den Tage zu achten, da jetzt ein Wendepunkt erreicht ist. Die Versabteilung
im Folgenden ist nicht dem Sinne entsprechend; besser würde ein Versschluss
hinter H^^Dl, als hinter Hjn;; gemacht. Die gegenwärtige Einteilung hat auch
mich (in der Übersetzung bei Kautzsch), wie andere Ausleger verleitet, hier
im Gegensatz zu y. i8 dem H^j;?? die unmögliche Bedeutung weiter rückwärts
zu geben, während ihm nur der Sinn: und darüber hinaus nach vorn^ temporal:
in die Zukunft^ zukommt, vgl. I Sam 16 13 30 25 (so Wellh.^ Andre, Nowack,
Matthes). Noch verfehlter ist es, wenn auch y. i8 von einem Rückblick ge-
deutet wird, so YAN HoONACKER Zorobabel 78, Restauration Juive 105 — 122,
Sellin a. a. ü. II, 46—56. Die Zukunft wird ganz anders sein, als die
Vergangenheit; die traurigen Zustände, die in dieser herrschten, w^erden in
Hag 2 15 389 IFag 2 19
V. 15-17 noch einiiiMl wie in Cap. 1 geschildert, um den Segen der neuen Zeit
um so schärfer liervortreten zu hissen. 15'' ist Vordersatz zu Dnvnn in
V. 16. "^ ^5^^ ist im Unterschied von '^ n*»? das eigentliche Tempelgebäude, an
dem jetzt eben Stein auf Stein gefügt wird. 1(> Für das unmögliche
Dill'^np, dessen Suffix keine Beziehung hat, bietet IjXX tivs; f|T£; danach
schlug ich bei Kautzscii die Lesung D^^^'^ ^p vor, noch besser ist die Ver-
mutung: von Matthes, dass ür\^^r[ HD = wie wart ilii\ HlaiideA ihr dfi}* zu lesen
sei; die mas. Lesart erklärt sich leicht aus Haplographie des n. Für S2l
1. beidemal S2, zu diesem Gebrauch des Inf. absol. vgl. 1 9. Zu der Aus-
lassung der Massangahe hinter W^^)^V., und D^^lpH, wo etwa HSD und HD'« stehen
könnten, vgl. Ges.-Kautzsch'-^' § 134n; zu dem Perf. mit \ : ^n^7^ s. dieselbe
Konstruktion 1 9. ni^S, das Jes 63 3 Keller bedeutet, hat schwerlich
hier den Sinn eines Masses; es wird als Glosse zu I^j^'^n in den Text gedrungen
sein (so Matthes), die Änderung in HI^DD drückt einen selbstverständlichen
Gedanken aus, für den zudem ^i)sp genügte. 17 stimmt fast wörtlich mit
Am 4 9 überein, bringt die Ursache erst nach der Wirkung v. 16 und nennt im
Widerspruch mit In Getreidekrankheiten, die von Nässe herrühren, kennt
also keine Dürre. Somit ist der Vers durch irgend einen Glossator beigefügt
er bildet übrigens einen guten Nachsatz zu dem ebenfalls teilweise aus Arnos
entnommenen Zusatz in der LXX zu v. 14. Die Randbemerkung ist demnach
nur halb in den masor. Text geraten. Für das sprachlich sehr bedenkliche
nDn«-r«*l ist entweder Drsnt:^-]'^«! (ev. D'^nti^ U^y^\) oder geradezu nach Am 4 9
DPin^ ^b\ zu setzen, vgl. auch LXX. 18* nimmt nach der Schilderung
V. 15^ f. die Aufforderung y. 15* wieder auf. 18^ ist mit Ausnahme der
letzten zwei Worte nicht ursprünglicher Text; in der Rede des Propheten ist
doch die Näherbestimmung des „heute" durch ein Kalenderdatum rein über-
flüssig, also fällt einmal vom 24. des 9. Monats als Glosse weg. Dann aber
beruht die weitere Bestimmung dieses Tages als des Taffes der Gnindstein-
leffunff offenbar auf unrichtiger Auffassung von v. 15^; denn y. 15'^ redet nicht
von der Grundsteinlegung und diese ist jedenfalls, da die Arbeit schon vor drei
Monaten aufgenommen wurde, weit früher als am 24. des 9. Monats erfolgt.
Den nachträglichen Ursprung dieser Näherbestimmung deutet auch die Ein-
führung mit b an, das im Sinne von scilicety nämlich^ öfter an der Spitze
solcher Beifügungen steht vgl. Jer 1 18 II Chr 28 15. Die Fassung von \rh ==
nyi ist unmöglich. Nach alledem ergiebt sich, dass am 24. des 9. Monats (Ygl.
Y. 10) bereits der Aufbau des Tempels in vollem Gange ist und dass gerade
die begonnene rüstige Arbeit dem Propheten Anlass zu seiner neuen Ansprache
bot. Die Worte D^^n^ ^ID^*^ gehören zu 19, der auf die Zukunft weist,
welche ganz anders als die y. is'^ f. geschilderte Vergangenheit sein wird und
sich bereits in dem eingetretenen Umschwung zum Besseren ankündigt. VIJ
ist hier der Same, der ausgesät wird, und rrjup bedeutet den Speicher , die
Vorratskammer^ worin das Korn aufbewahrt wird, vgl. Jo 1 17; die Frage ist
also: Bleibt das Saatkorn noch im Speicher, wie in früheren Jahren, wo infolge
der Regenlosigkeit und Dürre (vgl. 1 lof.) die Aussaat unmöglich war? und
sie hat den Sinn: Jetzt fällt wieder der notwendige, das Erdreich erweichende
Hag 2 19 390 Hag 2 23
und die Saat vorbereitende Regen und ist die Bestellung des Feldes möglich;
vgl. Eenzijsger Archäol. 208. Da die Worte auf den Dezember datiert sind
(v. 10) und die Wintersaat je nach dem Eintritt des Frühregens Ende Oktober,
im November, oft erst Anfang Dezember beginnt, so ist anzunehmen, dassHag
auf die bereits erfolgte Aussaat hinweist und die glückliche Wendung, die er
mit dem Tempelbau in Zusammenhang bringt, schon ihren Anfang genommen
hat. Die Erklärung von Hl^^lD? = in Angst resp. ein Gegenstand der Angst
empfiehlt sich nicht; der Sinn wird w^eniger gut und formell fallen Artikel und
2 essentiae auf. Ist der Regen eingetreten, so darf auch von den Frucht-
bäumen Ertrag erwartet w^erden. Man lese 1)^] für das unverständliche lyi
und ebenso St!^i für ^^'^J, s. Bemerkungen bei Kautzsch und Matthes ZATW
1903, 126. Kurz wird v. 19^ als Charakter der neuen Periode hervor-
gehoben, dass jetzt, da am Tempel gebaut wird, Segen an Stelle des Unsegens
treten werde.
4. Die vierte Prophetie: Untergang der heidnischen Reiche und Serubbabels
Erhöhung 2 20-23.
Die Verse sind von Böhme Hag abgesprochen, aber mit unzulänglichen Gründen ;
denn "bij statt 1^3 könnte auch erst einem Abschreiber zu Last fallen, n^i^ kann, aber
muss nicht auf die Tätigkeit eines Ergänzers hinweisen und die Wiederholung von v. 6^
in V. 21 dient der Einleitung der folgenden Ausführung. Wie sollte übrigens auch ein
Ergänzer dazu gekommen sein, eine solcheWeissagung, die sich nicht erfüllte, anzufügen?
20 Das Datum ist dasselbe wie das der dritten Prophetie, aber durch
den Inhalt sind die beiden Worte verschieden. Zu "^«, das das nächste
Ziel nennt, statt T2 vgl. Vorbem. und zu v. lo. 21 Der letzte Adressat
ist diesmal Serubbabel allein, ihm sollen die für ihn so wichtigen Folgen der
AVelterschütterung angekündigt werden. Zu y. 21^ vgl. v. 6^. 22 Die
zweite Hälfte exponiert die erste, in welcher der Sturz der heidnischen Reiche
als das Ergebnis der Welterschütterung bezeichnet ist. Die Heidenwelt sinkt,
ihre Macht pm, d. h. Eosse und Wagen, fällt, zu HT^ vgl. Jes 34 7. Am Schluss
fehlt wohl ein Verbum, etwa ^bB\ (Wellh., Nowack). Das zweite nD^?::ö ist
vielleicht mit Böhme zu entfernen. 23 Dann beginnt das messianische
Reich, die Herrschaft Israels, und Serubbabel wird König. ^Hj^iJ dient einfach
zur Einleitung der folgenden Handlung, ohne dass ihm eine selbständige Be-
deutung zukommt, vgl. Dtn 4 20 II Reg 14 21 23 so. Der Siegelring^ an
der Hand (Jer 22 24) oder auch auf der Brust (Cnt 8 6) getragen, wurde als
wertvolles Besitztum ganz besonders sorgsam gehütet. Wenn Hag Serubbabel
verheisst, dass er Gottes Siegelring werden solle, so hebt er damit die Un-
glücksweissagung von Jer 22 24 auf und ersetzt sie durch eine Prophetie, die
Serubbabel zu höchster Würde beruft und ihm für Jahwe eine Bedeutung zu-
sichert, wie sie ein Siegelring für seinen Besitzer hat. Mit der Bezeich-
nung ^^"2)1 und mit ''r\in5, wie mit seiner Verheissung der Erhöhung erinnert
Hag an Dtjes, vgl. Jes 42 1 52 13, und das dreimahge Hin;: C«i hebt die Wichtig-
keit und Sicherheit der Verheissung hervor: das davidische Reich soll ganz
gewiss wieder erstehen.
Sach Einleitung I 391 Sach Einleitung I
SACHARJA.
Einleitung.
I. Allgemeines über das Buch Sacharja.
Dass das Buch Sach, das elfte unter den „Zwölf Propheten" sowohl in der he-
bräischen, als auch in der griechischen Sammlung, nicht vias Werk eines einzigen
Autors ißt, ist schon lange erkannt und gegenwärtig sozusagen allgemein ange-
nommen. Schon eine rein äusserliche Betrachtung muss zu diesem Resultate führen:
Nur in Cap. 1—8 finden sich Überschriften, welche den Namen des Propheten nennen
und genaue Datierungen nach den Jahren des Königs Darius geben, während in
Cap. 9 — 14 bloss zweimal ähnliche Angaben vorkommen, die aber dann ganz allgemein
lauten und weder Autornamen noch Daten enthalten, s. 9 1 und 12 1. Sind im ersten
Teile Cap. 1—8 die einzelnen Abschnitte durchwegs durch eine Einleitungsformel ge-
kennzeichnet, so folgen im zweiten Teile Cap. 9—14 die verschiedenen Stücke ohne
jede Einführung unmittelbar aufeinander. Sieht man nun näher zu, so ergeben sich
auch in Bezug auf Haltung und Darstellung, auf Inhalt und Charakter die grössten
Verschiedenheiten zwischen Cap. 1 — 8 und Cap. 9 — 14. Um nur einiges zu nennen, so
ist in Cap. 1— 8 von Josua und Serubbabel und vom Tempelbau, der im Vordergrunde
des Interesses steht, die Rede, in Cap. 9—14 vernimmt man aber von diesen Persön-
lichkeiten und dieser wichtigen Angelegenheit keine Silbe , sondern hört von dem
Sturz der feindlichen Weltmacht, von den bösen Pegenten, die sich auf Kosten ihrer
Untergebenen bereichern, daneben speziell von einem guten und einem ruchlosen
Hirten, sowie von einem schlimmen Justizmord, dessen sich die Jerusalemer schul-
dig gemacht haben.
Der Anstoss zu einer Unterscheidung der letzten sechs Capitel von den ersten
acht ist jedoch nicht von einer solchen Betrachtung des Buches selber ausgegangen,
sondern von einer Stelle des Neuen Testaments. In Mt 27 9 f. wird nämlich Sach 11 12 f.
citiert und zwar nicht als AVort Sacharjas, sondern Jeremias. Dieses ungenaue Citat
veranlasste den Engländer JOSEPH Mede im Jahre 1653, die Vermutung zu ver-
Sach Einleitung I 392 Sach Einleitung I
öffentlichen, Cap. 9 — 11 seien vorexilischen Ursprungs und jeremianischer Herkunft.
Diese Ansicht fand vielfache Zustimmung und bald wurden alle sechs letzten Capitel
für vorexilisch erklärt, so auch von G. B. FlÜGGE, Archidiaconus in Hamburg, der
1784 diese Anschauung in Deutschland zur Geltung brachte. Über die Herkunft der
einzelnen Capp. 9 — 14 war man allerdings nicht einig. Erzbischof Newcome (1785)
verlegte Cap. 9 — 11 in die letzte Zeit des israelitischen Reiches, vor den Fall von Sa-
maria, und Cap. 12 — 14 in die Zeit zwischen dem Tod Josias und der Zerstörung Jerusa-
lems; ähnlich urteilte später BerthoLDT, der 1814 als der erste vermutete, der Autor
von Sach 9—11 sei der von Jes 8 2 erwähnte Sacharjaben Jeberech ja, und Cap. 12 — 14
unter der Regierung eines der letzten unabhängigen judäischen Könige entstanden
dachte. Natürlich fehlte es auch nicht an Verteidigern der Einheit des ganzen Sacharja.
Aber es regten sich ebenfalls bereits Stimmen, welche eine nachsacharjanische Her-
kunft von Sach 9—14 behaupteten. Zuerst hatte GeotiuS (1644) diese Ansicht geäussert,
dann CoRRODI (1792) sie verteidigt und 1824 trat ElCHHORN dafür ein, dass 9 1-1012
eine Beschreibung des Einfalls Alexanders des Grossen vom Jahre 332 v. Chr. sei und
13 7-14 21 als ein Trostlied über den Tod des Makkabäers Judas dem Jahre 161 v. Chr.
entstamme, während das übrige der Zwischenzeit zuzuweisen sei. Die Überzeugung,
dass Cap. 9 — 14 durchaus nachsacharjanischen Ursprungs sei, hat besonders seit Stade's
kritischen Studien in ZATW 1881 und 1882 immer mehr sich durchgesetzt (man
vgl. bes. das Urteil von Franz Delitzsch Messian. Weissagungen 1890, 149), wenn
schon einzelne noch an der Einheit des ganzen Sacharja festhalten (so G. L. E.OBINSON
1896) oder die Capp. 9 — 14 für vorexilisch erklären (so Grützmacher 1892), resp.
wenigstens für Cap. 9—11 eine vorexilische Grundlage annehmen (so Baudissin
Einl. 1901). Immerhin kann man für die Entstehungszeit von Cap. 9 — 14 nicht bei der
Periode der Diadochenkämpfe zwischen 306 — 278 v. Chr. stehen bleiben , wie Stade
es gethan hat; man muss bis ins 2. Jahrb., wahrscheinlich in das Jahr 160 v. Chr.
hinabgehen. S. unten Einl. Uli.
Demnach sind im Buche Sach zwei Teile zu unterscheiden : 1) die Prophetien
Sacharjas des Zeitgenossen Serubbabels Cap. 1—8, und 2) die Weissagungen eines
Unbekannten, den wir Deuterosacharja nennen können, Cap. 9 — 14. Zu einer Zer-
legung des zweiten Teiles liegt ein äusserer Grund nicht vor, denn die Überschriften,
die 91 und 121 sich finden, gehen auf spätere Diaskeuase, nicht auf eine erste Hand
zurück , wie die gleichlautende Überschrift Mal 1 1 zeigt. Wie die letzten 27 Capitel
des Buches Jes durch gleichlautende Unterschriften 48 22 57 21 (66 24) auf drei Gruppen
verteilt werden, so sollten die letzten 9 Capitel des Zwölfprophetenbuches in ebenso
viele Gruppen von je drei Capiteln zerlegt werden. Diese Überschriften gehören
somit der Redaktion der ganzen Sammlung der zwölf Prophetenbücher, nicht dem
Autor oder Bedaktor von Sach 9 — 14 an. Auch der Umstand, dass der Schluss von
114-17 in 13 7-9 sich findet, spricht nicht dafür, dass Cap. 9 — 14 jemals in die zwei
Sammlungen Cap. 9 — 11 und Cap. 12 — 14 zerfiel. Dass keine inneren Gründe eine
Verteilung von Cap. 9 — 14 auf verschiedene Autoren fordern, s. unten Einl. III 1 und
Erklärung.
Sach Einleitung II 393 Sach Einleitung II
II. Das Buch und die Bedeutung Sacharjas, des Zeitgenossen Serubbabels.
I. Das Hiicli Sach 1 — H und seine ijilstehiin^. Dan Bucli Sach's, soweit
es von dem Zeitgenossen Serubbabels herrührt, gleicht einigermassen dem Buche Hag,
da es wie dieses mehr den Charakter einer Berichterstattung über die Erlebnisse und
die Wirksamkeit des Propheten als einer Sammlung seiner Prophetien hat. Andrer-
seits unterscheidet es sich doch wieder von dem Buche Hag, Insofern es nicht nur
wie dieses ein nachträgliches lleferat ist, sondern in seiner schriftlichen Konzeption
wirksam vor den Leserkreis treten will. Sach ist nämlich offenbar Volksredner und
Schriftsteller zugleich gewesen. Er hat als Prophet zum Volke gesprochen, wie
sich aus 1 2-6 14-17 (vgl. den Auftrag fc^lp v. 14 und v. 17) 2 10-17 4 6-10 7 3-8 23 (vgl.
bes. 7 5) ergiebt, er hat auch wie die früheren Propheten durch eine symbolische
Handlung dem Volke Serubbabel als den künftigen König designiert 6 9-15; aber er
ist ebenfalls Schriftsteller gewesen , der mit dem geschriebenen Wort zu seinen Zeit-
genossen redete. Denn die Darstellung der acht Visionen, die das Mittelstück seiner
Prophetenschrift bilden, lässt erkennen, dass sie nicht auf Hörer, sondern auf Leser
berechnet ist; als Ganzes machen diese Visionen einen bedeutenden Eindruck, vv^ährend
sie in der Vereinzelung viel vi^eniger Gewicht haben. Mag Sach darum seinen Volks-
genossen auch mündlich von seinen Visionen erzählt haben, er hat doch selber zu
direkt praktischem Ziele sein Prophetenbuch konzipiert. Die planvolle Anordnung
der Visionen (s. Vorbem. zu 1 7—6 8) , sowie die geschickte Einleitung und der treff-
liche Abschluss 6 9-15 resp. Gap. 7f. sprechen dafür, dass nicht ein Fremder erst nach-
träglich über Sacharjas Prophetenthätigkeit referiert hat. Im Unterschied von Hag
ist auch der Titel ^^''^iH nur spärlich verwendet (vgl. in den Datierungen 1 1 7) und
redet der Prophet abgesehen von den Überschriften von sich in der ersten Person,
vgl. Hag Einl. I. Die Unordnung in Cap. 4 kann gegen die Autorschaft Sacharjas
nicht ins Feld geführt werden; denn 4 6-10 ist nur durch irgend ein Missgeschick an
seine jetzige Stelle geraten.
Die Zeit, da Sacharja Cap. 1 — 8 niederschrieb , kann nicht fraglich sein. Der
Prophet hat ohne Zweifel sofort nach dem Empfang seiner Visionen und jedenfalls
noch vor dem Sturze Serubbabels, von dem er nichts vermuten lässt, da er ihn ja im
Gegenteil als den Vollender des Tempelbaus und künftigen König bezeichnet vgl. 4 9
6 13, seine Schrift verfasst. Man kann nur fragen, ob nicht Cap. 7 und 8 erst später
aufgezeichnet sind. Das ist sicher, wenn in den Absendern der Gesandtschaft 7 2
wirklich die Führer der Gemeinde zu sehen sind , die an Serubbabels Stelle kamen,
s. zu 7 2 und über Serubbabels Verschwinden von der Bildfläche Hag Einl. I, S. 379.
Man kann ein Indicium dafür auch darin sehen, dass in Cap. 8, wo die Zukunft ge-
schildert wird, jeder Hinweis auf ein Königtum fehlt. Darnach hätte Sacharja zuerst
Cap. 1—6 geschrieben und zwar nach dem Datum von 1 7 jedenfalls noch im Jahre 519,
Cap. 7 f. dagegen müsste er nach 7 1 erst in oder nach dem Dezember- 518 hinzugefügt
haben. Unmöglich ist es nicht, dass in der Zwischenzeit, also noch ehe der Tempel
vollendet war, Serubbabel seine führende Stellung verlor. Der Prophet hat dann
seinen Glauben an eine herrliche Zukunft nicht verloren, auch als sich die Hoffnungen,
die er an Serubbabel geknüpft hatte, als unrichtig erwiesen.
Leider ist die Schrift des Propheten nicht in unversehrtem Zustand auf uns ge-
Sach Einleitung II 394 Sach Einleitung II
kommen. Sie hat bes. in der Darstellung der Visionen vielfache Eingriffe erfahren,
die das Verständnis erschweren, s. darüber die Erklärung. Namentlich ist aber hier
der Punkt hervorzuheben, dass die spätere Zeit die Weissagungen auf das Königtum
Serubbabels nicht unverändert gelassen, also an deren Nichterfüllung Anstoss ge-
nommen hat. Denn sie hat zur Korrektur dieser Weissagungen in 6 9-15 so sehr ein-
gegriffen, dass jetzt die Krone Serubbabels für Josua bestimmt gewesen zu sein
scheint und dass an Stelle des ganz bestimmten Davididen Serubbabel der allgemeine
Ausdruck HD^, Spross, tritt (vgl. 6 12 und schon 3 8 bes. auch v. 9). Die Hohe-
priester haben ja später auch die Spitze des politischen Gemeinwesens gebildet und
der Spross Hess sich noch immer von der Zukunft erhoffen. Es ist offenbar, da sich
Sacharjas Weissagungen nicht erfüllten, die Frage aufgetaucht, ob er auch wirklich
ein von Jahwe gesandter Prophet war; man hat die Frage bejaht und durch Redaktion
des Textes den Hauptanstoss beseitigt, indem man die Weissagung des Messias auf
die Endzeit deutete. Dem gleichen Zwecke diente auch die Beifügung der Bemer-
kung: und ihr werdet erkennen, dass mich Jahwe zu euch gesandt hat, 2i3 15 4 9
6 15. Diese Beifügung war möglich in einem Zusammenhang, den man auf die
eschatologischen Ereignisse bezog. Nur 4 9 ist sie auf das geschichtliche Ereignis der
Vollendung des Tempelbaus angewendet; offenbar war der E-edaktor resp. Interpo-
lator der Ansicht, dass es wirklich Serubbabel war, der den Bau im Jahre 516 zu
Ende geführt habe. Ob er damit im Rechte ist, kann nicht sicher ausgemacht werden.
Nach dem oben über 7 2 Ausgeführten ist es wahrscheinlicher, dass Serubbabel vor
516 vom Schauplatz abberufen wurde. Dann ist der Beifügung zu entnehmen, dass
die Redaktion einer späten Zeit angehört, die die Geschichte der Vergangenheit nicht
mehr genau kannte. Vgl. zu allen angeführten Stellen die Erklärung. Über die Ent-
stehung des Buches Sach 1 — 8 lässt sich sonait sagen: Sacharja hat die Capitel selber
geschrieben und zwar höchst wahrscheinlich Gap. 1 — 6 zu Anfang (Febr.) 519 und
Cap. 7 f. um das Neujahr 517, also etwa zwei Jahre nachher. In viel späterer Zeit
hat eine Redaktion dafür gesorgt , dass die Widersprüche der Weissagung mit der
Geschichte nach 517 verschwanden.
Gegen die Ansicht, die neuerdings von Sellest und NOWACK geteilt wird, dass
Sacharja in seinen Visionen zum Teil einen Standort vor 520 nehme, s. Schluss der
Vorbem. zu 1 8 — 6 8. Über die eigentümliche äusserst komplizierte und in höchstem
Grad unwahrscheinliche Auffassung Peiser's Yg\, Schlussbemerkung zu 3 10.
2. Der Prophet Sacharja und seine Bedeutung. Sacharja, iTIDJ (Zd:-
karja)j LXX Za^apia^, ist wie sein etwas älterer Zeitgenosse Haggai ein Haupt-
förderer des Tempelbaus gewesen, vgl. Esr 5 1 6 14. Über die Verschiedenheit der
Tradition inbetreff seines Vaters vgl. zu 1 1 , ebendort s. auch über sein Priestertum.
Aufgetreten ist er als Prophet im Nov. 520 und seine letzte prophetische Ansprache
datiert nach 7 1 aus dem Dez. 518. Es ist somit eine kurze Prophetentätigkeit, von
der wir wissen, immerhin ist sie noch länger als die Haggais, s. Hag Einl. IL Andere
glaubwürdige Nachrichten als die des AT's über Sacharja haben wir nicht. Wenn in
den Vitae prophetarum des Pseudo-EpiPHANlUS erzählt wird , dass der Prophet die
Geburt von Josua und Serubbabel ihren Vätern vorausverkündet und Cyrus seine
Siege über Lydier und Meder geweissagt habe, so ist der legendenhafte Ursprung
dieser Nachrichten sofort ersichtlich (s. NESTLE Margin. 28 f.).
Sach Einleitung II 395 Sach Einleitung II
Der Prophet Sacharja war, wie wir aus dein AT, insbesondere nach seinen
eigenen Worten wissen, ein Gesinnungsgenosse Haggais. Auch Sacharja erwartete in
nächster Zukunft die AuiVichtung des niessianischen Heils und Reiches mit dem
Davididen Serubbabel an der Spitze; für diese Zeit musste ein Tempel da sein, darum
feuerte auch er seine Volksgenossen zu eifrigem Betriebe des Tempelbaus an. So ist
Sacharja ein zweiter Zeuge der grossen enthusiatischen Bewegung, welche sich um
520 V. Chr. in Jerusalem geltend macht. Die Gährung, die sich bei der Thronbe-
steigung Darius 1. da und dort im persischen lleiche zeigte , erregte die Hoffnung,
dass jetzt der Zeitpunkt der Erfüllung der Weissagungen auf eine für die Juden heil-
volle Weltumwälzung nahe sei. Diesen Glauben zu fördern und aller Mutlosigkeit
entgegenzutreten, ist des Propheten Verlangen. In seinen Visionen stellt er dar, wie
alle Hindernisse aus dem Wege geräumt sind und wie Josua und Serubbabel und
damit das ganze jüdische Volk in Jerusalem und in der Diaspora sich der besonderen
Liebe und Fürsorge Gottes getrösten und erfreuen können; in der vollen Gewissheit
des messianischen Königtums lässt er bereits eine Krone für Serubbabel anfertigen.
Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt; aber sein Glaube an Gottes Hilfe war so fest,
dass der Zusammenbruch der Form ihm den Kern nicht rauben konnte (s. II 1 und
Cap. 7 f.).
Sacharja fühlt sich den früheren Propheten gegenüber als Epigone; aber er
hat seinen Glauben, den er ihnen verdankt, der ihm aber nicht ein unverstandenes
Erbe, sondern als lebendige Wahrheit im Innersten aufgegangen ist, in eigentümlicher
und selbständiger Form dargestellt (vgl. Vorbemerkung zu 18—6 8). Zu den Be-
sonderheiten Sacharjas gehört die Reflexion über den Modus der Offenbarung. Der
Angelus interpres vermittelt ihm die Erkenntnis des göttlichen Willens und was er
so geschaut und gehört mit dem Innern Auge und Ohr, das stellt er auch in der gleichen
dramatischen Weise dar, indem er über seine Vision und Audition berichtet. Von
Bedeutung ist dabei ferner, dass er Jahwe bereits in weiterer Ferne von den Menschen,
transcendenter als die Früheren, fasst, so dass ein eigener Engel, der MaVak Jahwe,
die Vertretung Gottes den Menschen gegenüber vermittelt. Überhaupt ist es wichtig,
wie Sacharjas Phantasie die Umgebung Gottes mit mannigfachen Gestalten belebt,
wie die Angelologie bei ihm eine grosse Rolle zu spielen beginnt und er Elemente
verschiedener Herkunft, teils solche, die wohl in der Volkserzählung und Volksan-
schauung vorhanden waren (s. zu 4 10 und Schlussbemerkung zu 5 5-11), teils solche,
die sich ihm bei der psychologischen Zergliederung seines Innenlebens ergaben (s. zu
2 5 und Vorbemerkung zu 3 I-IO), in seiner Darstellung verwendet. Man sieht, wie
Sacharja nach verschiedenen Richtungen für die Geschichte der israelitischen Reli-
gion eine grosse Bedeutung hat; er ist nicht nur das Abbild seines Zeitgenossen Hag-
gai, sondern eine durchaus selbständige und charakteristische Gestalt. Zum Schluss
sei noch hervorgehoben, wie sich auch in Sacharja noch eine Synthese von Hesekiel
und Deuterojesaja zeigt. Sacharja kennt wie Hesekiel den Gegensafz zwischen Juden
und Heiden (vgl. 1 15 2 12), aber er schliesst doch wie Deuterojesaja die Heiden nicht
von der Teilnahme am messianischen Heile aus (vgl. 2 15 6 15 8 20-23).
Sach Einleitung III 396 Sach Einleitung III
III. Das Buch und die Bedeutung Deuterosacharjas.
I. Entstehung und Einheit von Sach 9—14. Der Inhalt von Sach 9—14
lässt sich kurz dahin skizzieren, dass der erste Teil 9 1-11 3 den Sturz der Weltmacht
und die Aufrichtung des Reiches Gottes verheisst, der zweite 11 4-14, wozu 13 7-9 ge-
hört, das Treiben der Hegenteu, insbesondere auch das Thun eines ruchlosen Hirten
verurteilt und der dritte 121-13 6 141-21 die Rettung Jerusalems vor dem Ansturm
der Heiden und die herrlichen inneren wie äusseren Folgen schildert, die mit dieser
E-ettung Zions zusammenhangen. Schon diese allgemeine Angabe des Inhalts legt es
nahe, dass diese Capitel nachhesekielisch sind; denn auf Hesekiel gehen die escha-
tologischen Schilderungen zurück, die vom Sturze der Völkermacht bei ihrem Angriff
auf Jerusalem sprechen. Das erweist sich aber durchaus auch im Einzelnen. Stade
hat besonders nachgewiesen, wie sehr die Elemente der Darstellung Dtsach's bei
früheren Propheten zu finden sind. Der sichere Nachweis nachexilischer und nach-
sacharjanischer Entstehung ist aber dann erbracht, wenn der Zeitpunkt gefunden ist,
der alle historischen Andeutungen und Anspielungen in Cap. 9— 14 verständlich macht.
Dieser Zeitpunkt ist das Jahr 160 v. Chr., wie im folgenden zu zeigen ist. Vor-
erst sei aber darauf hingewiesen, wie alle Argumente für vorexilische Herkunft hin-
fällig sind : Die Erwähnung von Ephraim und Joseph in 10 3 — 11 3 (10 6 7) beweist nicht
die Existenz des nordisraelitischen Staates ; der ganze Zusammenhang führt darauf, dass
an das in der Diaspora befindliche Ephraim gedacht ist, dessen Wiedervereinigung
mit Jerusalem man seit Hesekiel erhofft. Die Behauptung, dass in 91-7 die Nach-
barn Israels in derselben Weise erscheinen wie in Amos Cap. If. , ist nicht einmal
richtig, denn von Edom, Ammon, Moab ist in 9 1-7 keine Rede; übrigens sind in
Am 1 Philister und Phönizier nicht ursprünglich (vgl. zu Am 1 6-10), es würde somit
die Übereinstimmung zwischen Sach 9 und Am 1, wenn sie vorhanden wäre, ein neues
Argument für späte Herkunft von Dtsach sein. Die Nennung von l^t^'iSI (z. B. 10 10) for-
dert nicht den Bestand des assyrischen Eeiches ; l^ti^'S ist im AT sehr häufig der Ausdruck
für Syrien (s. ferner zu 10 10). Die Bekämpfung des Götzendienstes und des Propheten-
tums 131-6 ist nicht nur in vorexilischer Zeit verständlich; es ist eine ganz irrige
Anschauung, dass es nach dem Exil in Israel keine Propheten und keinen Götzendienst
mehr gegeben habe. Endlich liegt in 12 11, wo die Klage um Hadadrimmon erwähnt
wird, keine Anspielung auf den Tod Josias in der Schlacht bei Megiddo vor. Dass
auch nichts für Zusammengehörigkeit von Cap. 9 — 14 mit Cap. 1 — 8 spricht, ist bereits
unter Einl. I. hervorgehoben.
In die griechische Zeit weist schon Jawan 9 13, das nur die griechische Welt-
macht bedeuten kann, mit der Zion, das theokratische fromme Judentum, im Kampfe
war. Dass der Sitz derselben in Syrien zu suchen sei , zeigen die ersten Verse 9 1 f. ;
daraus ist zu schliessen, dass die Weltmacht, deren Sturz der Prophet in Aussicht
stellt, nichts andres als das Seleucidenreich ist. Diesem gehörte Judäa und Palästina
überhaupt von 197 — 142 v. Chr. an, also kann der nähere Zeitpunkt der Entstehung
Dtsach's nur innerhalb dieser Grenzpunkte liegen. Auf ein ganz bestimmtes Datum
führt die Darstellung 114-17 13 7-9, bes. die Darstellung 1115-17 13 7, die als Leiter
des Volkes und allem nach als Hohepriester einen ruchlosen Mann voraussetzt und
ihn mit dem Gerichte Gottes bedroht. Es kann nur Alkimus sein, der von 163 — 159 v. Chr.
Sach Einleitung III 397 Sach Einleitung III
Hohepriester war; das ergiebt sich nicht bloss aus seiner Charakterisierung 11 15 ff.,
sondern auch aus der Combination mit den Anspielungen, welche der vorangehende
Abschnitt enthält, worin von drei bösen Hirten, die rasch nacheinander dahin ge-
rafft wurden, d. i. von den drei Hohepriestern: Lysimachus, Jason und Menelaus
(s. zu 118) und einem ihnen folgenden gutgesinnten Hirten, d. i. dem Hohepriester
Onias IV. geredet wird (s. Schlussberaerkung zu 11 14). Demnach ist Dtsach oder
mindestens der Abschnitt 114-17 13 7-9 im Jahre 160, als Alkimus seine Bosheit ge-
zeigt hatte, kurz vor dem ihm angedrohten Tod entstanden. Auf die gleiche Zeit
weist endlich die letzte deutliche zeitgeschichtliche Anspielung in Cap. 12, wo in
V. 10 an einen Justizmord erinnert wird, den die Jerusalemer noch tief bereuen werden.
Es kann nur an den gewaltsamen Tod Onias' III. im Jahre 170 v. Chr. gedacht werden
(s. zu 12 10). So stimmt alles zusammen, dass als fester Zeitpunkt der Entstehung der
in Cap. 9 — 14 gesammelten Prophetien das Jahr 160 v. Chr. zu nennen ist. Kein ein-
ziger Abschnitt fügt sich nicht aufs beste in dieses Jahr; im Gegenteil erhält ein
jeder von da aus die beste Beleuchtung.
Ist der Zeitpunkt der Entstehung für alle Bestandteile von Cap. 9 — 14 derselbe,
so ist auch die Einheit der Autorschaft nicht zu bezweifeln, wenn nicht gewichtige
Gründe zur Annahme verschiedner Autoren zwingen. Die Anspielungen auf die Zeit
vor 160 V. Chr. finden sich gleichmässig in sämtlichen Stücken von Dtsach , so dass
Gleichzeitigkeit aller feststeht. Gegen die Einheit des Autors dürfen aber kleine Diver-
genzen in der Schilderung der eschatologischen Ereignisse nicht ins Feld geführt
werden. Die Elemente des Bildes sind von der Tradition gegeben und auch die Ver-
einigung derselben beruht nicht auf der originalen Conception eines selbständigen
genialen Propheten, sondern ist das B^esultat einer langen Geschichte. Die kleinen
Divergenzen (s. Vorbem. zu 12 1 — 13 6 141-21 und zu 141-21) sind somit kein aus-
reichender Beweis gegen die Einheit des Autors von Dtsach, sie fallen nicht der
Herkunft von verschiedenen Autoren, sondern der Tradition und langen geschicht-
lichen Vergangenheit zur Last, deren kompliziertes Produkt auch das eschatologische
Gemälde Dtsach's ist, so sehr der Prophet den überkommenen Stoff selbständig
verwertet.
Von sämtlichen einzelnen Stücken ist vielleicht nur das kleine Stück 10 1 f. nicht
auf Dtsach zurückzuführen, vgl. Vorbem. zu 10 1 f. Im übrigen ist aber auch die
Schrift Dtsach's von Glossen und Einfügungen nicht verschont geblieben. Sie sollen
hier nicht im Einzelnen aufgezählt werden, nur auf die eine soll hingewiesen werden :
12 7 8, weil sie erst aus dem Anfang des 1. vorchristl. Jahrhunderts zu stammen scheint,
vgl. Vorbem. zu 12 7 f. Ist diese Auffassung richtig, so hat man noch um 100 v. Chr.
Änderungen durch Zusätze in den prophetischen Büchern anbringen können, wie ja
auch aus dem Buche Jes bekannt ist. Dieser Termin wird durch keine Überlieferung
als zu spät erwiesen; dass Jes Sir 49 10 schon am Anfang des 2. Jahrh. v. Chr. von
den „zwölf Propheten" spricht, hindert in keiner Weise, dass die ein paar Jahrzehnte
später entstandene Prophetie Dtsach's noch in das Zwölfprophetenbuch aufgenommen
werden konnte, erklärt im Gegenteil aufs beste, warum die übrigens wohl anonym
erschienene Prophetie nicht mehr als selbständiges Buch, sondern nur als Anhang
eines der zwölf Bücher in der Sammlung erscheint.
2) Die Bcdeulun^ Dtsach's ist schon zu einem guten Teile durch die genaue
Sach Einleitung III 398 Sach Einleitung^
Fixierung seiner Entstehungszeit festgestellt und hervorgehoben. Es hat einen hohen
AVert dass wir in Sach 9—14 eine Schrift aus dem Jahre 160 v. Chr. besitzen, die uns
einen Einblick in die Verhältnisse jener Zeit und vor allem in die Gedanken des
Autors eines etwas jüngeren Zeitgenossen des Verfassers von Dan, thun lässt. Ber-
THOLET (Stellung zu den Fremden 219—222) hat Dtsach gut charakterisiert, wenn er ihn
ungefähr in die Mitte stellt zwischen die beiden Richtungen der Chasidim oder wie sie
von da an heissen, der Pharisäer d. i. der Abgesonderten einerseits und des der Ver-
weltlichung sich zuneigenden Makkabäers und namentlich seiner Nachfolger andrerseits.
„Sein Gesichtskreis ist weiter als der der ersteren und von grösserer religiöser Aus-
schliesslichkeit als der der letzteren." Wohl erwartet Dtsach im Unterschied von
den Pharisäern, die sich der Welt gegenüber ablehnend verhalten, dass der jüdische
Monotheismus die ganze Welt beherrschen werde und dass die Heiden auch Jahwe-
kult üben werden (vgl. 14 9) ; aber im Unterschied von den hellenistischen Sadducäern
will er nichts von hellenistischem Wesen wissen : die Fremden haben von ihren Greueln
zu lassen 9 7 und müssen sich zum Judentum mit samt seinem Ceremonialgesetz be-
kehren, wenn sie in das Gottesreich Aufnahme finden wollen. Die antitheokratische
spec. syrische Weltmacht (9 1 ff. 10 11 111-3 12 2 ff. 14 8-5) muss vernichtet werden;
dann wird ein Gottesreich aufgerichtet, in dem das mosaische Pitualgesetz gilt, Jerusa-
lems Heiligkeit eine levitische ist (14 20 21) und die Zugehörigkeit vor allem durch
die Teilnahme an den kultischen Feiern des Laubhüttenfestes dokumentiert wird
(14 16-19). Das Gottesreich ist nach Dtsach ein judaisiertes Weltreich mit dem
Friedenskönig in Jerusalem (vgl. 9 9 14 20^). Dass nach Dtsach im Gottesreich „die
Mauer des Gesetzes zerbrochen" sei und dass „sein Aufbau in der Herzensfrömmigkeit
gipfele", ist von EcKAKDT mit Unrecht behauptet. Wie sehr im Gegenteil das Ge-
setz Dtsach am Herzen gelegen ist, zeigt er mit seiner Opposition gegen die undisci-
plinierten Propheten, die sich nicht unter die Zucht der Tora und der reinen Lehre
stellten, s. zu 13 1-6, zeigt er auch mit seiner Beurteilung der Hohepriester Onias III.
und Onias IV., als deren Anhänger er sich ausweist, s. zu 114-14 und 12 lö. Seine
Anschauung kann darum nicht als höherstehend denn die von Mal 1 11 und Jes 25 6-8
taxiert werden.
IV. Litteratur.
Commentare: A. Köhler Weissagungen Sacharjas I 1861, II 1863; C. J.
Beedenkamp Der Prophet Sacharja 1879; C. C. H. Wright Zecharjah and his
Prophecies 1879 ; T. T. PerOWNE Haggai and Zechariah 1893.
Monographien und Abhandlungen: a) zum ganzen Buche: Joseph Mede
Dissertationum ecclesiasticarum triga quibus accedunt fragmenta sacra, London 1653;
W. NewcOME An attempt toward an improved Version of the twelve minor prophets,
London 1785; H. CoRRODI Versuch einer Beleuchtung der Gesch. des jüd. und christl.
Bibelkanons I, Halle 1792; L. Bertholdt Einleitung IV, Erlangen 1814; J. G. EICH-
HORN Einleitung 4 1824; E. AV. Hengstenberg Christologie des ATs II S. 9—400,
1832; Julius Boehmer Haggai und Sacharja, zwei Propheten des Herrn in Neue
kirchl. Zeitschr. 1901, 717—740; T. K. Cheyne Grit, sacra II, 1903, 181—193.
b) zum ersten Teil: K. Marti Der Prophet Sacharja der Zeitgenosse Serubbabels
1892; K. Marti Zwei Studien zu Sacharja, I. Der Ursprung des Satans (Sach 3)
Sach Einleitung IV 399 Sacli 1 2
StK 1892, 207—245, II. Der Bericht über die dem J/ropheten aufgetragene symbo-
lische Handlung 6 9-15 StK 1892, 7HJ— 7:J1; J. Ley Zu Sacharja 6 9-15 StK 1893,
771—782; H. GuNKEL Schöpfung und Chaos 122—131, 1895; F. E. TetsER /u Zakha-
ria in Orient. Litter.-Zeitung 1901, 305—317 ; E. Sellin Studien zur Entstehungsgesch.
der jüd. Gemeinde II, 63—104: Das Buch Sacharjas, 1901; Ed. Sievers Metrische
Studien I Textproben 1901, 496—499. c) zum zweiten Teil: (B. G. FLÜGGE) Die
Weissagungen, welche bey den Schriften des Propheten Zacharias beygebogen sind,
Hamburg 1784 ; E. F. J. VON Ortenberg Die Bestandteile des Buches Sacharja 1859;
B. Stade Deuterozacharja. Eine kritische Studie in ZATW 1881 1—96, 1882 151 -172
und 275 — 309; F. MoNTET Etüde critique sur Ma date assignable aux six derniers
chapitres de Zecharja, Geneve 1882; AV. Stärk Untersuchungen über die Komposition
und Abfassungszeit von Zach. 9 — 14 1891 ; G. GrÜTZMACHER Untersuchung über den
Ursprung der in Zach 9 — 14 vorliegenden Profetien 1892; N. I. RuBINKAM The Second
Part of the Book of Zechariah with Special Reference to the Time of its Origin,
Basel 1892; E. EcKARDT Der Sprachgebrauch von Zach. 9—14 in ZATW 1893 76—109
und Der religiöse Gehalt von Sacharja 9—14 in ZThK 1893 311—331 ; G. L. ROBINSON
The Prophecies of Zechariah with Special Beference to the Origin and Date of Chap-
ters 9—14, Chicago 1896; JuLIUS BÖHMER Das Eäthsel von Sach. 9—11 und von
Sach 12 — 14 in Ev. Kirchen-Zeitg 1901 Nr. 17 und 39; A. VAnHoonacKER Les cha-
pitres IX — XIV du livre de Zacharie in Eevue Biblique 1902, 161—163 und 347—378.
Erklärung.
A. Der erste Teil des Buches Cap. 1—8.
i. Die Einleitung: Aufforderung zur Umkehr zu Jahwe, dessen Worte
unvergänglich sind, I i-6.
Die Überschrift 1 nennt das Datum und den Autor. Ersteres ist unvoll-
ständig, da die Angabe des Tages fehlt; vermutlich ist diese ausgefallen, vgl.
1 7 7 1. Immerhin lässt sich darnach bestimmen, dass Sach zum ersten Mal als
Prophet im November 520 v. Chr., also zwei Monate später als Hag, auftrat.
Der Autor heisst l'^J?'!? '"^'^m? ^"^H?!' während erEsr 5 i 6 unur „Sohniddos"
genannt wird. Ob in den historischen Schriften (s. auch Neh 12 16) die Nennung
des Vaters ausgelassen und nur der Grossvater als der Bekanntere genannt
wird oder ob dort das Fehlen des Zwischengliedes unabsichtlich ist oder ob
endlich das Zwischenglied im Prophetenbuch auf einer Vermischung und Ver-
wechslung von Sach dem Sohne Iddos mit Sach dem Sohne (Je-)Berechjas
Jes 8 2 beruhe, ist fraglich. Dagegen ist nach Neh 12 16 wohl sicher, dass Sach
zu den Priestern gehörte.
Als Grundlage zu dem Bussruf 2—6 dient die Erinnerung an den ge-
waltigen Zorn Jahwes über die Väter 2, vgl. auch 7 12-14. Durch das Obj. ^^[^
Sach 1 2 400 Sach 1 7
wird das Verb ^^JJ verstärkt, s. Ges.-Kaützsch27 § 117 q; die Einsetzung von
bnj ist unnötig, LXX scheint dazu durch 7 12 verleitet zu sein. 3 Die
an — in □H'^'^S sind die Zeitgenossen des Propheten, die, um von dem Zorne
Gottes loszukommen (vgl. Hag 16 9 2 u), thun sollen, was die Väter nicht ge-
than haben. 4 giebt die s])ezielle Anwendung und Ausführung von
V. 3. D'»;ty«in D^S'^niiri, im Kanon des AT's jetzt Titel der Bücher Jos-Reg,
bezeichnet hier die Propheten vor der epochemachenden Katastrophe Jerusa-
lems, beweist aber auch, „wie tief man den Abstand der Gegenwart von der
Vergangenheit empfand" (Wellh.), vgl. auch 7 7 12. Statt DD"^^^bj;rsi 1.
DD*''7bj;:?p5| (vgl. V. 6 und Cod. babyl.), da eine Form b'hVü nicht vorkommt und
eine Ableitung von n^"^^y mit uy^n nicht harmoniert. 5 f. Begründung
des Bussrufs durch den Hinweis auf die Lehren der Geschichte: die Väter wie
die Propheten sind dahingegangen; aber Gottes Worte sind unvergänglich,
ihre Wahrheit hat sich an den Vätern erwiesen und sie besteht darum auch
heute noch in voller Kraft, vgl. auch Jes 40 6 8 55 8-11. Zu )2^^^) ist
DD^^ni« Subj.; die Umkehr war nicht die Folge der Warnung, sondern der
Strafe und bedeutete nichts weiter als die gezwungene Anerkennung der Wahr-
heit des prophetischen Wortes, die sie, wo es noch Zeit gewesen wäre, die
Strafe zu vermindern, verweigerten (damals sprachen sie ganz anders vgl. z. B.
Jer 5 i2f.). n^ti^M ist daher nicht in Widerspruch mit v. 4 und man hat nicht
mit ßoTHSTEiN und Now^ack die Zeitgenossen Sach's zum Subj. zu nehmen und
in V. 6^ einen historischen Bericht über die Wirkung seiner Worte zu sehen.
Dieser Erklärung entspricht die Fassung des Satzes (vgl. das Fehlen des Subj.
und die verschiedene Bedeutung, die dem Suff, ^i — zukäme) sehr wenig. ]?
steht korrelativ zu 1ti^«3, nicht zu ^li^D'ins.
2. Ein Cyclus von acht Visionen, abgeschlossen durch eine sinnbildliche
Handlung, 17-6 15,
Das Datum 7 geht auf den ganzen Visionencyclus, bestimmt also die
Zeit, in welcher Sach diese Gesichte hatte; weder soll mit dem 11. Monat des
2. Jahres Darius', = Febr. 519, nur die Zeit der Veröffentlichung, wieNow^ACK
vermutet, angegeben sein, noch lässt v. 7 die Annahme zu, dass die Entstehung
oder doch der Standpunkt einzelner der folgenden Visionen in einer früheren
Zeit liege (s. u. Vorbem. zu 1 8— 6 8). tonii^ t^nh-^Jin, die Beifügung des
später üblichen Namens des 11. Monats (s. zu Hag 1 i), erweckt den Ein-
druck einer Glosse, vgl. ebenso 7 i. Zu dem Schwanken in der Schrei-
bung des Namens Iddo, hier NHj; (so auch Esr 5 i), v. i Hj; (vgl. auch «^j;
I Reg 4 14), vgl. «i:n-! Esr 2 64 neben IUI I Ohr 29 7 und h^^pj Jo 4 19 neben
•'i?^ Ex 23 7.
Die acht Visionen 18—68 bilden ein nach Anlage und Reihenfolge gut geord-
netes und wohl abgerundetes Ganze. Die erste Vision schildert die Ruhe, die zur Zeit
noch in der Welt herrscht, und den Eifer, von dem Jahwe zur Hilfe Jerusalems erfüllt
ist, und in der^ letzten sieht Sach, wie die Werkzeuge ausgesandt werden, um die nahe
bevorstehende Änderung in der Lage der Welt zum Heile Judas herbeizuführen. Die sechs
mittleren Visionen exponieren den Willen Jahwes und räumen alle Hindernisse weg, die
Sack 1 7 401 Sack 1 8
sich dem Glauben an die Durchfiilirunpf dcH Ileil« (;ritf^n;^(;n stellen. Sio |rrü[>pierr3n sich
in drcii Paaro und jewoilen bereitet ein Paar das fol^ainde vor, resp. führt das folgende
den (jiedankeu des vorhergehenden fort. Das erste l'aar (zweites und drittes (iesichtj zeigt,
wie iu den iMilehtcm der Welt kein Hindernis zur Durchführung des messianischen Heiles
vorliegt, weil Jahwe höliere Mächte zu Gebote stehen, um die Feinde zu besiegen und
vernichten und Jerusalem zu verherrlichen. Das zweite Paar (viertes und fünftes Gesicht)
legt dar, dass auch in Juda selber kein Hindernis besteht, im Gegenteil das Heil schon
vorbereitet ist: Josua der Hohepri(!ster ist zum Zeichen, dass die Schuld der Vergangen-
heit vergeben ist, zu Gnaden angenommen und die Fürsorger Gottes wacht über ihm, wie
über seinem zum künftigen König bestimmten Genossen. Was der messianischen Ordnung
Widersprechendes jetzt Juda noch anhaftet, wird, wie das letzte Paar (sechstes und sieben-
tes Gesicht) verheisst, aus dem Lande entfernt: die Sünder und die Sünde.
Es sind, wie man sieht, im wesentlichen die „messianischen" Gedanken Hes's und
Dtjes's, die iu eigenartiger Gestalt hier wiederholt sind. Immerhin handelt es sich nicht
um eine rein schriftgelehrte Reproduktion überlieferten Stoffes; dem Propheten ist die
"Wahrheit der früheren Weissagungen auch für die Gegenwart kräftig aufgegangen und
sein Herz ist lebendig von derselben ergriffen und überzeugt. In diesem Sinne kommt
also dem Inhalt der Weissagung Sach's der Charakter des Originalen und Unmittelbaren
zu. Was dagegen das Gewand betrifft, in welchem die Visionen Sach's erscheinen, so hat
man entschieden den Eindruck, nicht Gestalten und Darstellungen unmittelbarer Intuition,
sondern Gebilde der lebendigen Phantasie und der Überlegung des Propheten vor sich zu
haben. Kurz gesagt: die „Nachtgesichte" Sach's sind weder leere Träume, noch blosse
Pkantasiegebilde, sondern die vom Propheten mit vollem Bewusstsein entworfenen Dar-
stellungen der ihm aufgegangenen Wahrheit.
Ist im Grossen die Gedankenfolge eine überlegte und leicht verständliche, so ist
dagegen die Darstellung in den einzelnen Visionen lange nicht so durchsichtig. Die Situa-
tion ist oft nicht vollständig klar gelegt und oft muss man auch mit Andeutungen statt
mit Ausführungen sich begnügen. Übrigens mag bisweilen der Text unvollständig sein
und durch Bearbeitung resp. Glossierung gelitten haben. S. die Erklärung.
Die geschlossene Gedankenfolge, die sich in der Anordnung der Visionen darbietet,
ist der Verlegung der einzelnen Gesichte in verschiedene Zeiten gerade so wenig günstig,
wie das einheitliche Datum v. 7. Warum aber die Gesichte zum Teil oder ganz besser in
eine frühere Periode passen sollten, ist nicht ersichtlich. Denn wenn schon 519 die Welt
nicht so ruhig war, wie es nach 1 11 scheint, so erwartet der Prophet doch gewiss, dass
die Welterschütterung unmittelbar bevorsteht (vgl. 6 1-8), er mag die damaligen Wirren
im Osten des Perserreichs als unbedeutend betrachtet und die messianiscke Krisis mit
Jahwe und dem Tempelbau in enge Verbindung gebracht haben.
Die erste Vision: Jahwes Liebeseifer für Zion 1 8-ir. Die Personen,
die in der Vision erscheinen, sind ausser den Reiterei auf den verschiedenfarbigen Pferden :
der Mann zwischen den Myrten = Jaliwe und der Engel, der mit mir redet — der angelus
interpres des Propheten. Der Gang der Handlung ist folgender: die Keiter der Pferde
bringen Jahwe die Meldung, dass die ganze Erde in Ruhe und Frieden liege. Auf die
Frage, ob denn nicht bald die Zeit des Zornes über Zion vorbei und das Heil nahe sei,
bekommt der angelus interpres und durch ihn der Prophet die tröstliche Antwort von
Jahwe, dass Jerusalem bald Gottes Erbarmen erfahren werde. Zur Begründung dieser
Auffassung des Textes vgl. die Erklärung.
8 Th;^_r\, des Nachts vom 23. auf den 24. Schebat (v. 7) ist dem Propheten
die im folgenden verkündete Wahrheit offenbar geworden und hat sich ihm
für die Darstellung derselben die folgende Form ergeben. Vgl Vorbem. zu
1 8—6 8. Man kommt nicht durch, wenn man den Mann, der zwischen
den Mi/rlen steht, zum Anführer der Reiter macht, wie die Beifügung, dass er
auf rotem Rosse sass, zunächst vermuten lässt, denn nach v. ii empfängt der
Kurzer HC zum AT XIII 26
Sach 1 8 402 Sach 1 11
zwischen den Myrten Stehende von diesen Reitern Meldung. Ohnehin stimmen
die beiden Prädikate ^5*1, reitend, und "iDj;, stehend , nicht gut zusammen;
darum hat man mit Ewald, Wellh. und Nowack «IITj D'liJ D^D'^j; DDh als fehler-
haften Einschub zu entfernen. Dann ist der Mann, der %wischen den Myrten
steht, der die Reiter zur Berichterstattung empfängt (v. ii), niemand anders
als Jahwe, vgl. auch 6 i — 8 bes. v. 5 und die Audienzen vor Jahwe im Prolog
des Hiob. Wo Jahw^e den Bericht entgegennimmt, ist für uns trotz den An-
gaben zwischen den Myrteri, nb:^ö5 IC^tJ, unbestimmbar, da eine Örtlichkeit
n^:itt, das als Tiefe, Thalgrund gefasst wird, oder H^^D, = Schattenplatz, nicht
bekannt ist. Übrigens lesen LXX für D^Dinn hier überall ^'^^T\T[ (dva |x£oov idiv
öpscov), was nach 6 i (s. dort) vermutlich die richtige Lesart ist (so auch
Cheyne). *''^*]0'^1 kann nicht richtig sein, wenn ^^'^ Jahwe bezeichnet; es
stand ursprünglich ihm gegenüber, etwa VJD'p, da (vgl. Wellh.). Statt
der drei Farben für die verschiedenen Pferde hat LXX offenbar richtig vier,
vgl. 6 2 f. Wahrscheinlich ist für D'^jPlfe^, das man gewöhnlich nach dem arab.
bskaru, Rotfuchs, = fuchsrot fasst, aber nach D^DllJ? nicht gut am Platze ist, zu
lesen D'^lht^, schwarze, und am Schlüsse als vierte Klasse noch D^^'n^jn^, gescheckte,
einzusetzen. Vier Farben sind es, weil sie die vier Himmelsgegenden repräsen-
tieren, und die Farben sind verschieden, weil jeder eine besondere Beziehung
auf eine spezielle Himmelsgegend, resp. auf den ihr zugeteilten Planeten (Mer-
kur, Mars, Jupiter oder Saturn) zukommt. Vgl. Winckler in Mitteil, der
Vorderasiat. Gesellsch. 1901, 327 (177), und KATs 633. Dass die Pferde von
Reitern besetzt sind, versteht sich von selbst. 9 Dass der vorher nicht
erwähnte, aber von Sach angeredete "^^'^^5 der angelus interpres ist, ergiebt sich
aus dem Folgenden. •»? ll'^H "^ijb?2n, der Engel, der mit mir redet, ist der
ständige Begleiter des Propheten und hat die Aufgabe und die Befähigung,
ihm die Offenbarungen Gottes zu vermitteln und verständlich zu machen, mit
einem Wort: das Amt der Inspiration des Propheten. Sach hat also die ihm
verliehene prophetische Fähigkeit, die göttliche Offenbarung aufzunehmen und
zu verstehen, als ein alter ego von sich unterschieden, verselbständigt und per-
sonifiziert, gerade wie der nicht viel früher als Sach lebende prophetische Autor
Yon Jes 21 6 dieses zweite Ich „den Späher", HB^tsn, nennt. Beide Stellen
zeigen, wie man anfing, über die Art und Weise des Erlebnisses der Offen-
barung zu reflektieren. Vgl. zu Jes 21 6 und ferner Maeti StK 1892, 236 —242.
Mit 'U1 ^ij"|i;? giebt der angelus interpres dem Proph. den Bescheid, dass er
sich die gewünschte Erklärung aus dem weiteren Verlauf der Vision entnehmen
könne. Mit diesem Bescheid stimmt 10 nicht; denn in v. lo greift der
Mann zwischen den Myrten in den privaten Dialog von Prophet und angelus
interpres ein und giebt gerade die von v. 9 abgelehnte mündliche Erklärung.
Was V. 9 in Aussicht stellt, bringt dagegen v. ii. Deshalb ist mit Wellh. v. lo
als späterer Zusatz zu entfernen. Wie sich auch im Folgenden zeigt, hat bei den
Späteren über die hier auftretenden Personen Konfusion geherrscht. 11 Die
Reiter erstatten nun ihren Bericht und zwar ganz natürlich dem Mann zwischen
den Myrten. Dass er hier nj/T "^S^tt genannt wird, beruht auf der Verwechs-
lung des Mannes zwischen den Myrten mit dem angelus interpres. Mit Wellh.
Sach 1 11 403 Sach 1 16
und NowACK ist ti^'^i^ri als ursprünglicher ^l'ext für HIH^ ^^^'Q zu setzen. Der
Bericht: die ganze Erde ist ruliig und stille, besagt: von der ersehnten Er-
schütterung von Hhumel und Erde, welche die herrliche messianische Zciit
einleitet, ist noch nichts zu verspüren, vgl. Hag 2o— ü 21 — 23. Man darf sich
wundern, dass der Prophet die damaligen Unruhen im Osten des Perserreichs
nicht beachtet hat; deswegen aber mit v. Hoonacker, Sellin und Nowack
anzunehmen, der Standort des Propheten sei die Zeit am Ende des Exils, wäre
unüberlegt, da zu jener Zeit Cyrus die Welt mit dem Ruhm von seinen Waff'en-
thaten erfüllte. 12 bringt nun die Hauptfrage, die das Gemüt des Pro-
pheten erfüllt: Wann kommt denn endlich die Zeit des Heils, die trotz der
Rückkehr immer noch nicht angebrochen ist? Es ist der Angelus interpres,
der die Frage im Namen Sach's an Jahwe richtet; denn derselbe erhält v. 13
von Jahwe die Antwort. Darum hat man njn^_ ^^^'O in v. 12 mit Wellh.,
NowACK in "'S in'in '?Iijbr?n zu verbessern. Sach rechnet den Zorn Jahwes
von der Zerstörung Jerusalems an im Jahre 586, und von da bis 519 (s. v. 8)
sind es beinahe 70 Jahre. Auch diese Zahl spricht gegen die Annahme, dass
der Prophet in diesem Gesicht den Standort am Ende des Exils nehme (s. zu
V. 11). Sach hat die Zahl selbst gerechnet und sie schon deshalb nicht aus
Jer 25 11 29 10 entlehnen können, weil diese Stellen später sind und wahrschein-
lich ihrerseits auf unsere Stelle zurückgehen, s. KHC zu Jer 25 11. 13 U^^n:^,
Tröstungen, ist Apposition zu D'^l^'l, vgl. Ges.-Kautzsch^^ § 131 c. Den Inhalt
der trostreichen Antwort Jahwes an den Angelus interpres erfährt man durch
die Mitteilungen v. u-17, die der letztere an den Propheten richtet. 14 Sach
erhält den Auftrag zu verkündigen («1p vgl. Jes 40 6), dass Jahwe von grossem
Eifer für Jerusalem und Zion erfüllt ist. nb'llj n«ip verstärkt als inneres Objekt
den Begriff des Verbums vgl. Ges.-Kautzsch27 § 117 q. n«^p, an sich eine vox
media, kann hier nur den Eifer der Liebe bedeuten, wie das h = für zeigt; über-
haupt ist in der späteren Zeit Jahwes Eifer als nur zu Gunsten Israels thätig
aufgefasst worden, vgl. auch 8 2 und s. KHC zu Jes 9 6. 15 Der grosse
Zorn über die Heiden ist das Komplement zu dem Eifer Jahwes für Zion.
D^i5«^n heissen die Heiden nicht als die jetzt in stiller Ruhe liegenden (v. 11),
sondern als die in übermütigem Trotz sich sicher fühlenden, vgl. Am 6 1 Jes
37 29 Jer 48 11, s. auch Zph 1 12, wo wohl auch so für D^t^J^H zu lesen ist. I^'l^
knüpft an DMlin an und leitet die Angabe des Grundes von Jahwes Zorn auf die
Heiden ein; die Fortsetzung ist anakoluthisch: welche (= von welchen gilt):
ich zürnte ein wenig, sie aber halfen zum Unglück. Es ist derselbe Gedanke,
der nach der Wegführung Judas mehrmals uns entgegentritt: die Heiden, die
Werkzeuge des göttlichen Zornes über Israel waren, haben ihren Auftrag und
ihre Befugnis überschritten, sie sollten züchtigen (vgl. tOj;D) und haben ver-
nichtet, vgl. Hab 1 11 i2'> 17 2 5ff. Jes 10 5-15, beachte auch Jes 40 2'\ Das Ur-
teil über das Volk Israel und seine Sünden hat sich im Laufe der Geschichte
geändert; die früheren Propheten urteilten anders. 16 f. exponieren die
Wohlthaten, die für Juda aus Jahwes erwachtem Liebeseifer erwachsen werden.
^P^Z'ä ist sog. perf. propheticum; es drückt die gewisse Erfüllung des Ver-
sprechens aus: Jahwe wendet sich erbarmend Jerusalem zu, dem er bis dahin
Sach 116 404 Sach 2 4
zürnend den Rücken gekehrt hat. Der Tempelbau, der sicher fortschreiten
wird, ist ein deutliches Zeichen dieses Erbarmens und damit zugleich des
Anbruchs der messianischen Zeit, vgl. auch Mal 3 i. Für mp, = njjj oder
nip., das sich auch I Reg 7 23 Jer 31 39 findet, will Kere das gewöhnliche )\>
lesen. Jerusalem lag also damals trotz Hag 1 4 noch zum grössten Teil in
Trümmern vgl. 2 5ff.; aber der Wiederaulbau soll nicht ausbleiben. 17 Zu
•'Ij; vgl. n"Vi7]] •'Ij; V. 12 und Jer 33 12 f.; die Städte Judas sind Jahwes Städte. Zu
n5;j^-Dn, sie werden üherßlessen. mit Flexion ohne ^ vgl. Ges.-Kautzsch^^
§ 72 k. Zum Schluss wird noch einmal hervorgehoben, dass Jahwe sich
wiederum Zions erbarmen und Zion zu seiner Wohnstatt erwählen wird vgl.
V. 16 2 16. Für Dn;i = trösten, 1. nach LXX xal sXstjosi und v. 12 16 mit Wellh.,
OoRT, NowACK Dnil = er wird sich noch Zions erbarmen.
Die zweite iiiul die dritte Vision: Die Yernichtun^ der heidnischen Mächte
und die Herrlichkeit Jerusalems 2 1— 17. Die beiden Gesichte sind die Entfaltung der
Verheissungen, in welche das erste ausmündete, und sie gehören so als ein Visionen-
paar enger zusammen. Die Liebe zu Zion und der Hass über die Völker bekunden sich
in der Niederwerfung der Feinde und der Verherrlichung Jerusalems (2 1-9). Die Begleit-
erscheinungen und die Folgen von beiden exponiert der Schluss 2 10-17, der „prophetische
Lyrik im Stil von Jes 40 ff." (Wellh.) aufweist.
Das zweite Gesicht: vier Hörner und vier Schmiede 2 1-4. 1 Das
Hörn ist wie öfters (z. B. Ps 92 11 Jer 48 25) Sinnbild der Macht und die Vier-
zahl deutet wie 1 8 (s. dort) auf die vier Himmelsgegenden und nicht auf vier
auf einander folgende Reiche, wie sie in den Visionen Daniels erscheinen.
Sach denkt nicht an einzelne Weltreiche, etwa Assur und Babel, sondern die
ganze Heidenwelt, vgl. 1 15 Hag 2 6. Juda hat ja seit der Exilierung von allen
Seiten nur Feindschaft erfahren und schon bei Hesekiel erscheint die gesamte
Völkerwelt im Gregensatz zu der Theokratie auf Zion. 2 Bei 115.^ sie %er-
streuten, bleibt Sach nicht im Bilde der niiljp, sondern denkt an die durch
diese repräsentierten Völker. Der Hass der Heiden hat den Juden nirgends
B.uhe gelassen. Wegen der inconcinnen Anknüpfung und der unsach-
gemässen Beihenfolsre ist mit Wellh. und Nowack Dbtyn*''! ^8*lti^^"^^5 nach
rn^rr^'HS zu entfernen, vgl. auch das .Fehlen dieser beiden Namen in v. 4. 3 Die
vier Schmiede repräsentieren die Mächte, welche die Feinde Israels auf allen
Seiten niederwerfen werden, die Sieger über die heidnischen Mächte; vgl. die
riTltr^lD •'trin Hes 21 36 und bes. auch Jes 54 I6. 4 Die Antwort, die der
Angelus interpres v. 4^ Sach auf die Frage nach der Aufgabe der vier Schmiede
giebt, ist sehr umständlich; sie beginnt unnötig mit der Wiederholung der
Bedeutung der „Hörner" und kann sich nachher nicht genugthun in der Ver-
wendung von b mit Infinitiven. Die Entfernung von H^S nach 1b^^ in v. 4^ (so
Wellh.) hilft wenig, da dabei nur eine sehr verwickelte Konstruktion mit
vorangestelltem Obj. nli"1j>)n herauskommt: die Hörner die in Schrecken
%u setzen kommen diese. Der Text scheint viel mehr gelitten zu haben. Secun-
där ist wohl zunächst die Wiederholunßf aus v. 2 samt dem Schlüsse: ti^^^^"''D3
1tr«n t^'^ri^"^, wo mit Wellh. n^S für ^^^ zu lesen sein wird; n^N""^D3 — der-
massen, dass, vgl. Mal 2 9. Nach dieser Ausscheidung hat UT\^ keine Beziehung
mehr, und unter allen Umständen ist das doppelte JIJ^ im Schlusssatze auffallend.
Sach2 4 405 Sach 2 lO
LXX hat für T'inn^ toü (i;uvai, danach liest Gunkel (Schöpf, und Chaos 122)
inr^b und punktiert Dn« für Dn«; aber der damit gewonnene Sinn „die Hacken
ZU wetzen'' ist schwerlich eine Verbesserung. Eher darf man wohl ont^ l^'inn?
(vielleiclit nnnn^, zu vertilgen, zu lesen) als Parallele zu niilj^TiS ni^^S und
'i:i D^llin als Parallele zu nunp, resp. nach LXX zu ursprünglichem ni:"3j^n j;?l«
betrachten. Vermutlich lautete v. 4 von nb«'? ab einfach: y?l«-ri« nii:^ D^sn njp«
nu^l^n = rf/^^^' kommen um die vier Horner niederzuwerfen. Das Übrige im
Text wäre dann Auffüllung teils um die Parallele aus v. 2 der Situation ent-
sprechend zu vervollständigen, teils ('Ul DM:in) um die „Hörner'' noch genau zu
erklären. Für rv^r\\ pS liest LXX Hin: p^S.
Das dritte (iesicht: der Jünj^liiif^ mit der Messsclmiir 2 5-i>. 5 Der
ty'^«, Mamiy wird später 'lj;in, der Jüngling, genannt; er repräsentiert nicht, wie
manche Exegeten vermuten, den Propheten selber, sondern ist eine Personifi-
zierung des im Volke und auch im (von seinem alter ego, dem Angelus inter-
pres, noch unbelehrten) Propheten lebenden ungeduldigen Wunsches, zu wissen,
w^elche Grösse und Ausdehnung das wiederaufzubauende Jerusalem haben
solle. Passend wird diese wissbegierige Ungeduld durch einen Jüngling dar-
gestellt, vgl. StK 1892, 237 f. 6 Es handelt sich um das irdische Jerusa-
lem und seine mit Sehnsucht erwartete Wiederherstellung. 7 Für das
erste «>;'' liest LXX n??jr, was der ursprüngliche Text sein wird (Wellh. u. a.);
der Angelus interpres hat ja seinen ständigen Platz bei dem Propheten. Zu
"TDj;, dastehend, auftretend, vgl. 3 5 und TpS^n Jes 21 6. AVir würden den Inhalt
etwa so ausdrücken: Gleichzeitig trat der Angelus interpres auf und kam ein
anderer Engel ihm entgegen hervor. 8 Subj. zu "IDN'l ist der Begleiter-
engel des Propheten und angeredet wird von ihm der andere Engel. I^.^H
\\r\, jener Jüngling y ist der Mann mit der Messschnur v. 5; dem soll der andere
Engel nacheilen und ihm die Mitteilung machen, dass sein Vorhaben, die
Grenzen Jerusalems abzustecken, ganz unnütz sei; denn ni?*lS d. h. in offenem
Gelände vgl. Hes 38 ii Est 9 19, nicht als n^^D Tj; d. h. als ummauerte Stadt,
die keiner Erweiterung fähig ist, soll Jerusalem wohnen d. i. daliegen, also:
absque muro habitabitur Jerusalem. Wegen des Nachdrucks, der auf nins
liegt, ist dies Wort vorangestellt. Die Menge der Menschen und Tiere,
die Jerusalem bevölkern werden, fordert die Ausdehnungsfähigkeit der Stadt.
Eine Gefahr hat das nicht; denn 9 Jahwe selber will ihr ringsum eine
Feuermauer sein, sie aufs beste schützen, vgl. Jes 4 5 26 i 33 21 s. auch II Peg
617, und im Innern ihr zur Yerheri'lichung gereichen, s. zu Hag 1 8. Die vom
Propheten Sach (vgl. auch Hes 38 11) erwartete Herrlichkeit traf nicht ein;
Nehemias grösste Sorge war es im folgenden Jahrhundert, die Gemeinde in Jeru-
salem durch Mauern vor den Angrifi'en der heidnischen Umgebung zu sichern.
Prophetische Mahnungen und Yerheissun^en 2 lo-ir, * Rothstein (die
Genealogie des Kgs Jojachin 41f.) hat Recht, wenn er 2 10-17 als aus dem geschlossenen
-Rahmen der Gesichte herausfallend ansieht; er möchte jedoch den Abschnitt Sach nicht
absprechen, sondern nur vermuten, dass ein fremder Diaskeuast ihn hierher gesetzt habe,
weil er sich gar wohl an 2 1-9 anschliessen lasse. Aber es kann sehr wohl der Prophet
selber diese passende Stelle benutzt haben, um den straffen Gang der Erzählung von seinen
Gesichten zu unterbrechen und den Gefühlen und Hoffnungen Ausdruck zu verleihen, die
Sach 2 10 406 Sach 2 12
ihn gerade erfüllten, als er die grossen Verheissungen von der Vernichtung der Heiden-
welt und von der Verherrlichung Zions erhalten hatte. Auch anderswo wiederholt sich
doch eine ähnliche Erscheinung, vgl. 4 6-10 (s. dort). Andrerseits kann nach dem Inhalt
weder geschlossen werden, dass in 2 10-17 der Standort des Propheten die letzte Zeit des
Exils sei (so Nowack), noch dass unter Cyrus keine Heimkehr von Exulanten stattgefunden
habe (so Kosters). Um 519 sassen der Exulanten noch genug in Babel und in der Heiden-
welt und gerade die nach 2 1-9 zu erwartende messianische Krisis mit dem Gericht über
die heidnischen Mächte und dem Heile Zions konnte der Anlass für den Propheten sein,
zur Flucht aus der AVeit und zur Heimkehr nach Zion aufzufordern.
10 11 Aufforderung zur Heimkehr aus dem Exil. 10 MH als Aus-
ruf des Ermahnens gebraucht wie Jes 18 i 55 i ; besonders die letztere Stelle
ist lehrreich und genau parallel. Für ^D^l ist nach LXX ^D^ ohne ] zu
lesen; eine Flucht ist die Heimkehr, weil der Heidenwelt das Gericht bevor-
steht 2 4. ]15^ ]>"l^, das Nordland, ist Babylonien (vgl. v. ii), wohl so ge-
nannt, weil der Weg dorthin zuerst nordwärts bis an den Euphrat führte, doch
vgl. zu Jo 2 20. Im mas. Text ist v. lo^ keine gute Fortsetzung: „flieht
aus Babel, denn ich habe euch in alle Winde zerstreut ^S ist doch kein annehm-
barer Zusammenhang. Giebt man ""Wlö die Bedeutung: ausbreiten und sieht
in dem Perf. ein Perf. der Gewissheit, so harmoniert die verheissene Ausbreitung
nach allen Seiten nicht mit v. ii, wo als Ziel der Flucht Zion genannt wird.
Man lese darum mit Wellh. und Nowack nach LXX J^?*]«)? für y51«3 und
^P^^^, resp. mit Chetne "^ripp^ für ""n^^"!?: denn aus den vier (s. hierzu 1 8)
Winden des Himmels sammle ich euch (das Perf. ist das Perf. der Gewiss-
heit). 11 ]f Ii ist nicht als Vokativ, sondern nach LXX (sU 2]i(i)v) als
Lokativ zu fassen; Zion ist ja der Ort der Rettung und der Herrlichkeit v. sf. 14.
Angeredet ist vielmehr ^D?"-^? ^5^*^N was jedoch in by^ HD^I*^ zu verbessern ist
(ni ist aus Dittographie der letzten Buchstaben von niti^V entstanden Wellh.
u. a.); denn das erste würde die Einwohnerschaft Babels bedeuten, w^ährend
doch nur die in Babel wohnende Judenschaft sich retten soll.
12 13 Motivierung der Aufforderung zur Flucht. Spezielle histo-
rische Ereignisse waren es nicht, die den Propheten zu dieser Aufforderung
veranlassten; Grund genug sind ihm die bevorstehenden eschatologischen Be-
gebenheiten. 12 Der mit 7\)7\\ ID^ Hä angekündigte Spruch folgt erst
V. 13; demnach ist v. 12^ eine Parenthese, worin der Prophet das Einschreiten
Gottes gegen die Heiden motiviert, und die auch von LXX bestätigte Lesart
li"»;^. richtig. Aus der Yergleichung mit dem Spruche Gottes v. 13^ ergiebt sich,
dass DDn« D^Wt^n D^.llin-^« das Obj. zu 11?« ist (vgl. mit diesem Obj. 'f) hh^
und die nur auf dasselbe zu beziehenden Suffixe DH— in v. 13^), Somit ist IHS
^^yhyi 11^5 als Fremdkörper, der den Zusammenhang stört, aus dem Kontext
zu entfernen (Wellh., Nowack). Der Sinn der drei eingeschobenen Worte
•^inbty nins in« ist uns^ewiss; 1U3 nn«, hinter Ehre, bedeutet doch auch nicht:
um Ehre %u erlangen. Oort ändert in '^ "11^5^ "1^1^; aber was diese grammatisch
nun eingegliederte Bemerkung: der mich nach Ehre ausschickte^ im Zusammen-
hang soll, bleibt unklar. Die Verbindung "JIM in« kommt auch in Ps 73 24 vor.
Cheyne liest dort dafür nins nn«; danach schlägt er vor, auch hier so zu lesen
oder noch besser p« für ni« zu setzen, ferner "^^H^^ in die Form "^xbw zu ver-
Sach 2 12 407 Sach 2 17
bessern und das ganze Sätzchen ^nbc^ 1^22 yi^, in das Land der Herrlichkeit
hat er dich (jesajidt, an den Schluss von v. ii zu setzen. Es ist möglich, dass
diese Verl)indung Hecht hat. Zu 'b^ 1??S ä/jer ("h^ -- b'^_)jtnd sprechen
vgl. Jer 22 18. |";j; riDIi, der Aufjapfel, (auch yy_ ]W^'^ genannt; wird mit
der grössten Sorgfalt behütet, vgl. JJtn 32 lo Prv 7 2 Ps 17 8; zu der Bedeutung
von nn^ und IIIT^S vgl. KHC zu Ps 17 8. 13 *3 steht recitativ zur Ein-
führung des Spruches (Jottes. ^J^ T ^"^^n == zum Schlage (jegen jmd mit
der Hand ausholen, vgl. Jes 1 9 16. Die Lesart schwankt zwischea DH'^nzj;'?
und DiTI^J;^; der sachliche Unterschied ist unwesentlich, doch liest bereits die
LXX das Particip. Die Juden sind jetzt die den Heiden dienenden, sie sind
von ihnen ausgeplündert (v. 12); mit dem Eintritt des Weltgerichts (v. 1-9)
kehrt sich das Verhältnis um. Derselbe Gedanke ist ausgesprochen Hag 2 7 f.,
auch schon Jes 49 22fo und dann wieder Jes 60 5-16 61 4-6 62 11 f. Der
Schlusssatz V. 13'' kehrt wieder v. 15 4 9 6 15: An der Erfüllung soll die Sendung
des Propheten durch Jahwe erkannt werden (vgl. die Aufstellung dieses Grund-
satzes Dtn 18 22). Diese Bemerkung tritt offenbar der Ansicht entgegen, dass
Sach nicht von Jahwe geschickt sei. über das Auftreten einer solchen Meinung
kann man sich nicht wundern, da die Erfüllung lange auf sich warten Hess.
Wahrscheinlich w^aren es aber nicht die unmittelbaren Zeitgenossen, die solche
'Zweifel hegten (vgl. Hag 1 12-14), sondern die Späteren. Die Bemerkung rührt
deshalb wohl von einem Redaktor her, der Sach nicht aus der Reihe der echten
Propheten ausgeschieden sehen und daher auf die Erfüllung in der Endzeit
hinweisen w^oUte. Durch die Entfernung von v. 13^ leidet der Zusammenhang
nicht. S. Einl. II 1.
14 — 16 Aufforderung an Zion zum Jubel über 'das ihm bevorstehende
Glück. 14 ''?"i, gegen die Regel auf der Endsilbe betont, wie Jes 54 1
Zph 3 14, s. Ges.-Kautzsch27 § 67 ff. Der Grund zum Jubel ist die
baldige Rückkehr Jahwes, noch ist er fern, sein Tempel ist ja auch noch nicht
gebaut. 15 Dann werden, so fährt der Prophet in eigenen Worten fort,
auch viele Völker sich Jahwe anschliessen und ihn verehren; zu lesen ist mit
LXX 1^ für h, wie auch die Grammatik verlangt. DJ^^ 1^, ihm zum Volk^
d, h. zu seinen Verehrern und Anhängern. Dieselbe Verheissung findet sich
8 20-23 Jes 2 1-4 Mch 4 1-4 Jes 19 18-25. Dem Zusammenhang ent-
sprechend kann in v. 15^ nur ]'2m für ^P^y^'^] gelesen werden, LXX sieht darin
mit Unrecht eine Aussage über die Völker und liest ^i?^]; aber "^in^ p^* ist
der Ausdruck für Gottes Wohnen unter seinem Volk. Übrigens ist damit nur
V. 14 wieder aufgenommen und daran das sekundäre Element aus v. 13^ an-
geschlossen; es wird daher ganz v. 15^ Interpolation sein. 16 ist Fort-
setzung von V. 15*: Auch wenn die Völker Jahwe verehren, so bleibt doch
Juda sein Eigentum und Erbe (vgl. p^n und Tbr\} Dtn 32 9) und zwar auf dem
heiligen Boden, vgl. zu dieser Bezeichnung Palästinas II Mak 1 7 : tj dyta y^
und Jes 11 9 65 25: "^^liJ nn. Zu v. iß^ vgl. 1 17.
17 Aufforderung zur Vorbereitung auf Jahwes Kommen, vgl. dazu Zph 1 1 ;
„aber Zph droht, Sach verheisst" ( Wellh.). Nach dem Exil ist der Tag Jahwes,
da das Gericht über die Juden schon ergangen ist, nur das über die Heiden
Sach 2 17 408 Sach 3 l
noch aussteht, weit mehr ersehnt, als gefürchtet. Zu ItT^^jJ ]1J;ö = dem Him-
mel vgl. Dtn 26 15 Jer 25 so und zu dem Perf. Niph. Ilj;;? s. Ges.-Kautzsch 27
§ 72 V und ee.
Die \ierie und die fünfte Vision: Die Aorbereilun^ des Heiles in Juda
durch (iottes Gnade und Fürsorge 3 1—4 14. Die Zusammengehörigkeit dieser
Visionen ergiebt sich deutlich aus ihrem Inhalt; denn es handelt sich in beiden um die
Führer der neuen Gemeinde, das geistliche und das politische Haupt derselben, Josua den
Hohepriester und Serubbabel den Statthalter. Beide erfreuen sich, so wird ausgeführt,
des göttlichen AYohlgefallens und dürfen sich der göttlichen Fürsorge und Hut getrösten.
Das vierte Gesicht: Die Begnadigung des Hohepriesters 3 1-10. Josua
der Hohepriester steht vor dem Tribunal des Engels Jahwes und neben ihm „der Satan",
um ihn zu verklagen. Die Klage wird abgewiesen mit dem Hinweis auf die Strafe, die ja
so gründlich ergangen sei, dass die Gemeinde nur einem aus dem alles verzehrenden Feuer
geretteten Brandscheit gleiche, und auf die unumstösslich feststehende Erwählung Jerusa-
lems durch Jahwe als der Stadt des kommenden messianischen Königs. Die Schuld,
deren Josua angeklagt wird, ist keine Privatschuld (etwa, wie man ganz mit Unrecht ver-
mutet hat, die Heirat einer nichtjüdischen Gattin), noch auch ein amtliches Vergehen als
Hohepriester, sondern es ist die Schuld des Landes (vgl. v. 9), als dessen Vertreter und
geistliches Haupt Josua erscheint. Des Landes Schuld aber sind die Sünden, die das Volk
in die Verbannung führten und durch diese Wegführung ihre Bestrafung erfuhren (vgl. v. 2^).
Doch scheinen die gegenwärtigen schwierigen Verhältnisse, in denen die Gemeinde sich
befindet, noch deutlich zu verraten, dass die Schuld immer noch nicht abgetragen ist.
AVer vom Unglück verfolgt wird, kann nicht ohne Schuld sein und immer muss noch die
Klage gegen ihn vor Jahwe in Kraft sein. Besonders wenn sich in dem Bewusstsein der
Gemeinde mit der Beurteilung der heutigen Gegenwart die Erinnerung an die Drohungen
der „früheren Propheten" (1 4) verband, konnte sich das Gefühl festsetzen, dass eine glück-
liche Zukunft unmöglich sei und dass das Recht eine völlige Vernichtung fordere, da die
Schuld und die Sünde des Volkes zu gross seien, um vergeben zu werden. Diese Zweifel
und Bedenken, diese Einwände und Ansprüche, welche das Becht und die göttliche Ge-
rechtigkeit nach der damals gewöhnlichen Auffassung erheben mussten, wurden zu Stimmen
der Anklage, die gerade die Gewissenhaftesten in ihrem Innern vernahmen. Diese An-
klage objektiviert und peronificiert nun Sach, wie er die ungeduldige "Wissbegierde nach
der Ausdehnung Jerusalems in dem jungen Mann mit der Messschnur darstellte (2 5), in
dem Satan, der vor Gott die Anklage gegen die Gemeinde führt. Er heisst, was er ist,
der Ankläger; es kommt in seiner ganzen Gestalt auf nichts andres an, als dass er die
Anklage erhebt, dass er der Träger und Vertreter der von dem Becht hergenommenen Be-
denken gegen die Herbeiführung der messianischen Zeit ist. Da nun eine frühere Existenz
einer solchen Gestalt des Satans unerwiesen ist (Hiob halte ich auch in seinen Anfangs-
kapiteln für später als Sach 1 — 8), dieselbe auch in ihrem Charakter keine Züge einer Ver-
wandtschaft mit den Wüstendämonen aufweist und die Versetzung einer solchen dem
Volksglauben entnommenen Spukgestalt in den himmlischen Areopag überhaupt unwahr-
scheinlich klingt, ist anzunehmen, dass Sach diese Gestalt des Satans selber gebildet hat.
Sie ist das nach aussen geworfene Bild der im Innern gegen Gottes Gnade sich erhebenden
Stimme, und im himmlischen „Hofstaat" einen solchen Ankläger sich vorzustellen, musste
nicht schwer werden , da bei irdischen Königen dergleichen Diener nicht fehlen mochten,
die mit oder ohne amtlichen Auftrag ähnliche Geschäfte besorgten, vgl. Hes 21 28 29 16
I Reg 17 18 und Jes 62 6. Dem Propheten ist die Nichtigkeit aller anklagenden Be-
denken seines natürlichen Sinnes und seiner rein juristischen menschlichen Betrachtungs-
weise offenbar geworden; die Vision hat den Zweck, diese Wahrheit von Jahwes Gnade
seinen Zeitgenossen kund zu thun, ihre Zweifel verstummen zu lassen und ihren Mut zu
beleben, darum wird der Satan vor Jahwes Thron zur Einstellung seiner Anklage und zum
Schweigen verurteilt. Zu Cap. 3 vgl. meine Studie: Der Ursprung des Satans in
StK 1892, 207—245, sowie meine Gesch. der isr. Rel. 4 § 55; ferner s. Georg Hoffmann,
Sach 3 1 409 Sach 3 5
Hiob S. 32. Einen älteren Tlrsprung und volkfitümliclien Ilinter^i'und des Satans dagegen
nimmt an Hans Duhm, die bösen Geister im AT S. 1(> — 20 58 — 6J.
1 r[)r\"^ ^^bü ist von nirr^ verscliicden, aber niclit mehr wie frülier bloss als
die Repräsentation, sondern als der irdische Stellvertreter Jahwes gefasst vgl.
Mal 3 1 Jes 63 9 Ps 34 8 35 5. Dass hier die erste Spur von der Vorstellung
des Engels als des Schutzengels der Gemeinde vorliege, hat wohl Krätzschmar
(Bundesvorstellung 238f.) mit Unrecht angenommen; denn dass der „Engel
Jahwes" für die Gemeinde eintritt, liegt nicht in einer besondern Beziehung,
die der Engel zu ihr hätte, sondern in der Entscheidung und dem Willen Jahwes,
dessen Diener er ist. IJber ]Db^n s. Vorbemerkung. Die rechte Seite
des vor Gericht Stehenden ist nicht ausschliesslich der Platz des Anklägers,
wiePs 109 31 im Vergleiche mit Ps 1Ö9 6 zeigt, wo Jahwe zur Rechten des An-
geklagten erscheint, um ihm zu helfen. Zur Rechten jemandes stehen bedeutet
daher: ihm zur Seite treten, die Hand auf ihn legen; der Unterschied von rechts
und links bleibt dabei ausser Spiel (so Wellh.). 2 Für das erste 1V\T\\ ist
mit Wellh. u. a. XWX\\ '^^^^? zu lesen; nur dieser ist gegenwärtig v. i 3, von
jenem wird als einem Abwesenden in der 3. Pers. gesprochen v. 2. Aus
den Worten des Ti)r\\ "^S^D ersieht man, dass der Ankläger geltend macht mit
der Strafe, die Juda betroffen hat, sei dem Rechte nicht Genüge gethan und
dieses fordere weit schärfere Massnahmen, lasse überhaupt eine Besserung
der Lage nicht zu. Jahwe entscheidet anders und die Anklage wird als un-
begründet endgültig abgewiesen, vgl. zu "\^_\ Jes 17 13. Die Strafe ist ja in aller
Härte ergangen, die aus dem Exil Zurückgekehrten sind nicht mehr als ein
ti^JSItt '^^D n^«, vgl. dazu Am 4 ii, und Jahwes Wahl von Jerusalem ist nicht rück-
gängig zu machen, vgl. 1 17 2 16. 3 Zum Verständnis der folgenden drama-
tischen Darstellung von Josuas Freisprechung wird nachgeholt, dass Josua
als Angeklagter in schmutzigen Kleidern vor Gericht erschienen ist. D'^i^l^ ist
Plur. das Adj. ^i^1i\ 4 Der Engel Jahwes befiehlt den xy&> D^1J?V0' ^^^^ ^'^^'
ihm stehenden^ d. i. den Gerichtsdienern, die selbstverständlich auch im himm-
lischen Gerichtshof nicht fehlen, Josua die schmutzigen Kleider auszuziehn.
Die natürliche Portsetzung dieses Befehls ist der Schluss von v. 4^ : D in« Iti^^'l^Hy
wie mit der LXX zu lesen ist. Zu der Entfernung der schmutzigen Kleider
bildet die Bekleidung mit Peierkleidern das notwendige Complement: die An-
klage ist abgewiesen, Josua steht bei Jahwe in Gnaden undEhren. Der Zwischen-
satz verrät sich als Glosse durch Inhalt und Form; denn der Mal'ak Jahwe
kann sich nicht an Stelle Jahwes setzen und von sich aussagen, was Jahwe
thut, der allein die Sünde verzeiht. Die Worte sind als Glosse an den Rand
geschrieben, um Jahwe selber den Sinn der an Josua vollzogenen Handlung
erklären zu lassen, und haben, in den Text geraten, die Verderbnis in ^ni< Vilh7\
nach sich gezogen. 5 Nach LXX ist Ittb^J als sekundär zu entfernen und ^ö'^^l
für irs*"'?^; zu lesen. Der Kopfbund, ^^:ä^, ist das Insigne des Würdenträgers,
hier des Hohenpriesters wie HDJ^p Hes 21 3i Jes 62 3 des Königs. Josua soll die
förmliche Investitur zum Hohenpriester erhalten. Die Ausführung des Be-
fehles ist kaum vollständig erhalten; vielleicht ist hinter D'^HJS das schwer zu ent-
behrende D'^lhD einzusetzen und die Reihenfolge der beiden Glieder umzustellen ;
Sach 3 5 410 Sach 3 8
bei ^''^^n könnte lin^n eher fehlen. Das Aufstehen des Engels hat einen viel
bessern Grund, ^venn es geschah, um die Wichtigkeit der folgenden feierlichen
Verkündigung hervorzuheben, als um die Ausführung der Investitur zu über-
wachen. Darum lese man nt?j;, Perf., und ziehe die drei Worte zu 6. Zu 3 H^J^H
s. Gen 43 3 Jer 42 i9 und vgl. Dtn 30 1 9. 7 mö^D 1??li^, die Ordnung befolgen,
meint hier insbesondere die kultischen Ordnungen beobachten, wie sie im Jahwe-
dienst gelten, und jedenfalls allen Dienst auf den Höhen vermeiden, vgl. Hes 44 15
48 11. Bei diesem Sinn der Bedingungssätze versteht man die mit nriS'D^l begin-
nenden Nachsätze; denn die Treue in der Vermeidung von Höhendienst, der den
Spätem als Götzendienst erschien, konnte Josua erst zum Regenten über den
Tempel geeignet machen. ^Xy^^ und "^"l^Jn zusammen sind die ganze Tempelanlage;
nun soll der Hohepriester darüber verfügen, nicht mehr wie früher die Könige.
Um dieses JSTeuen willen ist wohl das Pronomen 7\:\)^ hervorgehoben. D?*) ♦ ♦ ♦ ♦
u:^\=sowohl — als auch, gehört zu den Verben. Zu dieser Herrschaft über den
Tempel erhält der Hohepriester noch die hohe Verheissung, j ederzeit vor Gott Zu-
tritt zu haben, d. h. also eine Gott so angenehme Person zu sein, dass er der Erhö-
rung der von ihm vorgebrachten Bitten sicher sein kann vgl. J er 30 2 1 . H^NH D'"lö Vn
sind dieselben wie v. 4, die himmlischen Diener des Engels Jahwes, und D'D^n??,
wohl besser DO^ni? gelesen(GES.-KAUTZsCH27§530), bedeutet Gänge, dX^oZutritt,
8---10 bereitet mancherlei Schwierigkeiten. Formell fällt auf, dass in
V. 9 die Anrede an Josua aufgegeben ist und y. lo eine Mehrzahl angeredet
wird, sowie dass v. 9 von jenem Lande (^<^*^^) spricht, ohne dass vorher doch
ein Land genannt ist. Sachlich stösst man sich daran, dass nicht, wie sonst
(vgl. 4 6-10), Serubbabel als das politische Haupt neben Josua erscheint, sondern
j^mein Knecht Spross^^ ; und endlich weiss man sich nicht recht zu helfen, was
man unter „dem Stein" y. 9 zu Yerstehen hat. Es kommt dazu, dass die Grund-
stellen im Buche Jeremia, auf denen die Bezeichnung des Messias als „Spross"
beruht, jüngeren Datums sind, Ygl. Jer 23 5 33 15. Es ist darum mit Duhm (s.
zu Jer 23 5) anzunehmen, dass hier Sach späterer Bearbeitung unterzogen
worden ist; vermutlich sind y. 8^ und lo spätere Zuthaten und ist auch v. 9 nicht
intakt überliefert, s. die Erklärung. 8 Josua ist noch angeredet wie v. 7,
IUI nn^? gehört nicht mehr zur Anrede, sondern ist der Beginn des Wortes,
auf das zu hören er zu Anfang Yon v. 8 aufgefordert wird. Mit ''? nach ^'•iD^
ist nichts anzufangen, es verwirrt nur die Konstruktion und das Verständnis
des Satzes; man wird es darum als falsche Dittographie des vorangehenden
^" aus dem Texte entfernen (Wellh., Nowack). Auch T\^7} ist ungrammatisch
und nur als Folge des eingeschobenen ^S ebenfalls zu Unrecht eingeschlichen;
zur Verteidigung eines Übergangs von der Anrede in die dritte Person darf
man sich nicht auf Zph 2 12 berufen, s. dort. Der Sinn von v. 8^ ist: Josua und
das ganze Priesterkollegium, das er präsidiert, sind Männer des Vorzeichens,
(vgl. zu nslD Jes 8 18 Hes 12 6 24 24) d. h. im Allgemeinen: die Gewähr einer
glücklichen Zukunft. Wie diese speciell zu deuten ist, bleibt schwierig, weil
V. 8^ überarbeitet ist. Ohne v. 8^ erwartete man entsprechend dem ganzen
Kontext am ehesten die Versicherung der Vollendung des Tempelbaus, und es
ist immerhin möglich, dass dies das Ursprüngliche war, Ygl. auch zu v. 9. Jetzt
Sach3 8 411 Sachs 10
steht V. s'^ da: denn siehe ich bringe meinen Knecht Spross d. h. den raessia-
nisclien König; fürSacli ist esSerubbabel und dieser ist schon da, diei^'assung
ist also unsacliarjanisch, s. Vorbem. zu v. 8-10. Von der erst bevorstehenden
Rückkehr Serubbabels aus dem Exil kann man die Worte doch auch nicht
verstehen; Serubbabel ist mit Josua zurückgekehrt. Zu erklären: icli bringe
den schon anwesenden Serubbabel als Zeraah, ist äusserst gezwungen.
9 Die Konstruktion wird am einfachsten so erklärt, dass man nj;^^ T\T\\^ ]^ij"^y
U^yVi als Zwischensatz und ^^yr\ als Wiederaufnahme des Hin zu Anfang von
V. 9 auffasst. Für "^ ^^^^ ist vielleicht ^''^d'? zu setzen (doch s. weiter unten).
Aber was ist das für ein Stein^ der von Gott vor Josua gelegt ist? Wi^jAjE.. sieht
in V. 9 eine Ausführung von v. 8'\ Der Stein scheint ihm der Edelstein zu sein,
der für das Diadem des Königs Serubbabel bereits angeschafft und dem Hohe-
priester übergeben worden ist. Die sieben Augen fasst er als die sieben Facetten
des Steines, auf deren mittelster demnächst ein Name, d. h. der Name Serub-
babels, eingraviert werden soll. Ist es nicht als unmöglich zu bezeichnen, dass
das G-esicht von der Begnadigung Josuas in eine Verheissung der Krönung
Serubbabels auslaufe, wie auch die fünfte Vision in den zwei Gesalbten (4 u)
beide nebeneinander stellt, so wäre es doch erwünscht, wenn der Zusammen-
hang mit 3 1-7 ein engerer wäre. Viele Exegeten sind daher der Ansicht, dass
der Stein irgend welche Beziehung zu dem Tempel habe. Aber der Grund-
stein (Hitzig u. a.) kann es nicht sein, weil derselbe bereits gelegt ist (Hag 2 18,
vgl. mit Sach 1 7), noch ferner liegt es, an einen Edelstein zu denken, den der
Hohepriester statt der zwölf in seinem Brustschilde tragen soll (Beedenka^ip),
oder darin den Stein zu sehen, der im neuen Tempel als Ersatz der Bundeslade
seinen Platz finden solle (Oeelli). Früher (StK 1892, 211—215) dachte ich,
der Stein könne als Sjmabol des Tempels gefasst werden; die Unterscheidung
des Steines in 3 9 von dem Steine in 4 7 und 10 muss ich aber jetzt für unmög-
lich halten und darum j^iSin für den Schlussstein des Tempels ansehen (so auch
Steinee). Der Sinn von v. 9 scheint mir daher zu sein: Jahwe verheisst, dem
Schlussstein (des Tempels), auf den sieben Augen gerichtet sind (vgl. Esr 5 5),
d. h. dem Jahwes ganze allessehende Fürsorge (= die sieben Augen vgL 410)
gilt, den gehörigen Schnitt und die notwendige Gravur, sei es die Inschrift, sei
es die Verzierung, die ihm gebührt, zu geben, also für die Vollendung des
Tempelbaus zu sorgen. Von hier aus halte ich es für möglich, dass ursprüng-
lich ^5?1! ^^'^^ fü^ J^^'^'T "'^p'? zu lesen war, vgl. zu 6 11; so steht v. 9 in engem
Zusammenhang mit 3 1-8^ und Serubbabel ist dabei nicht vergessen. An die
Vollendung des Tempelbaus schliesst sich dann vortrefflich die Verheissung
des messianischen Heils; denn dieses muss anbrechen bei der Vergebung der
Schuld des Landes an einem Tag d. h. auf einen Schlag, vgl. Hag 2 10-19
Sach 8 10-19. Damit schliesst das Gesicht gut ab, das dem Satan jede Erinne-
rung an Schuld untersagt. ^^7^ bis l^l^JH ist auffallend (s. Vorbem. zu v.
8-10), es kann aber nichts anderes meinen 2ii'& jenes Land, in dem dann der
Tempel vollendet steht. Zu 10 vgl. Mch 44; die Einleitung mit ^^'nr} Dl"?
und die Anrede ^t<"lpn lassen vermuten, dass der Vers spätere Zuthat und Aus-
führung von V. 9^ß ist, s. Vorbem. zu v. 8-10.
Sach 3 10 412 Sach 4 l
Andre, aber kaum bessere Auffassungen von v. 9 vertreten Sellin (Studien II,
78-80) und Peiser (Orient. Litter.-Zeit. 1901, 314f.). Sellin vergleicht die Bestallungs-
urkunde eines Nebopriesters zu Borsippa, die in den Mitteilungen der Deutschen Orient-
Gesellschaft Nr. 4 S. 14 ff. veröffentlicht ist. „Es handelt sich, wie Sellin schreibt, um eine
auf beiden Seiten stark konvexe Tafel aus hartem schwarzen Stein von 15 i/2 cm Breite,
22 cm Länge. Sie ist künstlerisch ausgestattet und mit einer Inschrift von 100 Zeilen ver-
sehen. Die merkwürdig scharf ausgeführten Abbildungen auf den einzelnen Seiten stellen
nach der Inschrift selbst alle die Götter dar, die darüber wachen, dass nie diese Urkunde auf-
gehoben werden soll. Unter diesen Bildern nun finden wir etwa in der Mitte der schmalen
oberen Kante die sieben Augen, neben Mond und Sonne offenbar eine Darstellung der
sieben Planeten. Die Bestallungsurkunde seibat lautet in der Hauptsache folgendermassen:
„„Die Göttin Nana u. s. w., deren Ausspruch unabänderlich ist, unbeugsam ihr Befehl, die
gleich einem barmherzigen Vater freundlich sich zuwendet; und der Gott Ae, der Starke,
Kraftvolle, der vor ihr einhergeht, der die Aufsicht führt über die Tempel, die Einkünfte
festsetzt — sie sahen mit ihren heiteren Mienen gnädig an den Nabumutakkil, Sohn des
Aplu-etir, und führten ihn in das AUerheiligste Nebos von Borsippa und gaben ihm zu
eigen täglich so und so viel Mehl und Wein, Rind- und Schaf fleisch, Eische, Vögel, Ge-
müse u. s. w. an allen Einkünften des Tempels Ezida, so viele deren sind, gaben sie ihm
Anteil, gemäss dem Spruche der Priester, und dass die Ernennung nicht angefochten
werde, siegelten sie dieselbe und händigten sie ihm ein für ewig."" Der Urkunde folgt die
Aufzählung der bei der Siegelung derselben beteiligten Würdenträger. Die erste Stelle
nimmt hier das Stadthaupt von Borsippa ein." Sellin hält dafür, dass wir jetzt in dieser
Urkunde „noch einen ähnlichen Stein mit sieben Augen besitzen, wie Sacharja ihn dem
Josua in der Vision hat einhändigen lassen", und dass die sieben Augen, die allein von jenen
auf dem babylonischen Steine befindlichen Bildern Verwendung finden konnten, das Sym-
bol dafür seien, dass Jahwe für alle Zeiten über die Giltigkeit der Bestallungsurkunde
Josuas wachen werde. Die Eingravierung in den Stein (v. 9*^ nnris nriöp ""iin) entspreche
der Siegelung der Urkunde durch die Gottheit und "• ^^^b ^ririj v. 9^, dessen Perfektum
präsentisch zu übersetzen sei wie z. B. Gen. 14 22, drücke die Einhändigung der Bestallung
aus, endlich sei in v. 8^ Serubbabel genannt als der erste Würdenträger, der Josua sein
Amt zu verschaffen habe. Aber es ist fraglich, ob Eingravierung soviel wie Siege-
lung ist und ob dann die Einhändigung als etwas so Nebensächliches nur in einem Neben-
satze angeführt werden könnte. Auch ist v. 9, so verstanden, weit mehr Begründung von
V. 7 als von v. 8. Um der sieben Augen willen, die doch auf einer viel breiteren Grund-
lage ruhen (s. 4 10), wird es zu gewagt sein, v. 9 nach der Bestallungsurkunde des Nebo-
priesters von Borsippa zu erklären.
Noch weniger Zustimmung dürfte Peiser zu teil werden, dessen Erklärung von
V. 9 mit seiner sehr verwickelten Auffassung von Sach zusammenhängt. Die Schrift, welche
der Verf. von Sach 1 — 7 9 seinen Visionen zu Grunde legte, soll die Beschreibung einer
assyrischen Stele enthalten und auch einen Auszug aus der Inschrift dargeboten haben.
Diese Inschrift will nun Peiser in nnnö (= Siehe ich bin schreibend ihre Schrift seil,
die Schrift der Stele, die mit ]3« vorher genannt sein soll) erwähnt finden; „was aber die
assyrischen Könige fürchteten und wogegen sie den Fluch der Götter herabriefen, war,
dass ihre Schrift und ihr Name weggewischt werde ; und gerade darauf scheint das folgende
hinzudeuten. Die vorausgesetzte Quelle schloss wohl an die Beschreibung der Stele den
Bericht, dass Jahwe sie zerstört hat, so dass er von sich sagen konnte: \>ixn ]'IV ns ^r\W^
X\in (= „ich habe weggewischt die Schuld dieses Landes an einem Tage"). Und als Folge
dieses Eingreifens wurde gesegnete Zeit erwartet: v. 10."
Das fünfte Gesicht: Der Leuchter und die zwei Ölbäume, 4 i-6a I0b-i4,
samt einem Wort über Serubbabel 4 6b— lOa. Das Wort über Serabbabel unter-
bricht die Erzählung der Vision; wo es steht, ist es so wenig an seinem Platze, dass es
auch nicht durch einen Bedaktor, sondern nur durch Versehen dorthin gelangt sein kann.
Nach seinem Inhalt, der sich auf den Tempelbau bezieht, ist es entweder als Beigabe zu
Sach4l 413 Sach 4 10
3 9 oder zu 4 14 j^ein(3int. Die Vision selber hat den Sinn: „Serubbabel und Josua
stehen unter der speziell(3n Obhut dessen, dessen Jjichter, dessen Aupen die. ganze Welt
durchleuchten, durchstr(!ifen" (AVellh.). Dargestellt wird dieser (ledanke in folgender
Weise: Sach sieht einen Leuchter mit sieben Lampen und zwei Ölbäume, einen zur Rechten,
den andern zur Linken des Leuchters, die nachher als die beiden, vordem Herrn der ganzen
Erde als Diener stehenden Gesalbten, also als Serubbabel und Josua erklärt werden.
1 Die Einführung der neuen Vision ist interessant; sie zeigt, dass Sach
seinen Zustand l)ei der Vision als Wachsein empfindet, also die Zeit, da der
Angelus interpres ihm nicht Offenbarungen erteilt, der Späher nicht auf der
Warte steht, mit dem Schlafe vergleicht. Für gewöhnlich ist er nicht sehend;
aber es giebt Momente, wo er Dinge sieht, die dem gewöhnlichen Auge ver-
borgen sind. 2 Die Form der Darstellung ist Am 7 8 8 2 Jer 1 ii 13 sehr
ähnlich. Statt 1D«">1 ist mit Kere 1DSJ (s. auch LXX) zu lesen. Zu der An-
lehnung des ganzen Satzes ^\^ 2T\] an den Stat. constr. mi^Dygl.GES.-KAüTZSCH27
§ 130 d. Für n^^ hat man mit LXX nV^, ein Ölbehälter^ zu schreiben, da das
Suff, ganz unnötig und kein Nomen b'^ nachweisbar ist, s. auch v. 3. Ebenso ist
nach LXX das Suff, an K}^rp^ zu tilgen, das eine Suff, hat das andre nach sich
gezogen. Auch vor der unmöglichen Vorstellung, als ob 14 (7 + 7) oder gar
49 (nj;n^1 nj^l?^ distributiv gefasst) Bohren die Lampen mit dem Ölbehälter
verbunden hätten, bewahrt uns LXX, welche nj;:n^ vor nj^n^*! nicht gelesen
hat. Schliesslich ist noch für H^^^T^I^ ^üi^ das einfache n^^V""^^^^ zu lesen; es
kann hier, wo es sich um die ßöhren handelt, nicht nachträglich eine andre
Ortsbestimmung für die Lampen folgen, als die vorher gegebene: H^^j; Hill
Eher ist das ganze Relativsätzchen als überflüssig zu tilgen. Der Leuchter war
somit, wie sich von selbst versteht, ein Stehleuchter, oben am Ständer befand
sich die Gulla^ das Olreservoir, im Kreise lagen ringsum auf gleichem Niveau
sieben Lampen, jede durch eine Röhre mit dem Reservoir verbunden. Sach
hat zu dieser Beschreibung sich nicht ein Vorbild an dem Tempelleuchter
nehmen können, da im salomonischen Tempel sich kein siebenarmiger Kande-
laber, sondern zehn einzelne Leuchter befanden (I Reg 7 49); umgekehrt scheint
vielmehr Sach's Beschreibung für die Konstruktion des siebenarmigen Leuch-
ters des zweiten Tempels massgebend gewesen zu sein, immerhin fehlte diesem die
Gulla, vgl. Ex 25 3i-40 und die Abbildung des Leuchters, den Judas Makkabäus
zum Ersatz für den von Antiochus Epiphanes weggenommenen herstellen Hess
(I Mak 1 23 4 49 f.), auf dem Titusbogen in KHC Ex S, 124. 3 L. mit
Wellh. und NowACK n^'^n'^D für nVnn rD'^D; die Ölbäume stehen neben dem
Leuchter (vgl. iT^j; v. 3^), n^^in ist wie n^t^l (v. 2^) falsches Explicitum für
das Femininsuffix. 4 beginnt die Erklärung der Vision; in 6 wird sie
unterbrochen, da dort mit Ul 15"! ^J ein dem Zusammenhang fremdes Stück,
nämlich ein Jahwewort über Serubbabel, einsetzt, das bis h"yT\\ TS v. lo^ reicht.
Vgl. Vorbem. zu Gap. 4 und s. die Erklärung von v. 6^ß-io=^ (excl. Tb^ nj;nt^)
hinter v. 14. 10^ giebt samt den beiden letzten Worten der ersten Vers-
hälfte die Fortsetzung der Erklärung der Vision. In v. 6^« hiess es noch: Da
hob er an und sprach %u mir also: Was er sagte, steht v. lo: diese sieben
Lampen sind die Augen Jahwes, die die ganze Erde durchschweifen. Nach
Sach4ll 414 Sach4 6
dieser Erklärung ist der Leuchter mit den sieben Lampen ein Bild für Jahwe,
seine Allwissenheit und die damit verbundene Allmacht (vgl. v. u'^). Dass Sach
hier mit einem Material operiert, das letztlich auf babylonische Vorstellungen
zurückgeht, kann man zugeben; aber es sind Vorstellungen, die zum Gemeingut
des Volkes geworden sind, wie z. B. die Darstellung der göttlichen Allwissen-
heit durch sieben Augen, und ob der Zusammenhang des Bildes mit den sieben
Planeten dem Volke noch bewusst gewesen wäre, dürfte sehr fraglich sein, auch
wenn schon Josephus Bellum jud. V 5 5 diese Erklärung vertritt, vgl. KAT^
625 5. Auf diese „sieben Augen" beschränkt sich im Grunde das Babylonische
in diesem Abschnitt; denn, ob man mit Gunkel (Schöpf, und Chaos 124 — 130)
auch den Leuchter selber als ein babylonisches kultisch-mythologisches Symbol
als Abbild der Sonne und der Planeten und als Bild des Weltbaums betrachten
darf, ist noch sehr zu bezweifeln. 11 — 14 Zwei Fragen und nur eine Ant-
wort, Gunkel vermutet, dass die Antwort auf die erste Frage verloren sei;
aber die vorhandene Antwort v. isf. passt viel besser zu der ersten Frage als
zu der zweiten, vgl. v. ii: „zur Rechten und zur Linken des Leuchters" mit
V. 14^': „stehend vor dem Herrn der ganzen Erde". Somit wird die unbeant-
wortet bleibende zweite Frage eine spätere Einfügung sein (so Wellh. und
Nowack) ; Zeichen sekundären Ursprungs weist 12 auch sonst auf: es wird von
Dingen gesprochen, von denen man in der Beschreibung der Vision nichts ge-
hört hat, nämlich von den zwei Olivenbüscheln (D*'0"'?'J *''??^j wohl = Zweig-
spitzen der Ölbäume), von den %wei goldenen Röhren (nilP^?), deren Aufgabe
man nicht recht versteht, trotzdem von ihnen gesagt wird: die von auf sich
(wohl= von oben her^ aus sich) das Gold (wohl = Ö7 zu fassen) ausgiessen,
w^ahrscheinlich nicht in die Lampen, sondern in die Gulla, also indirekt in die
Röhren (letzteres nimmt Targum an, nach dem Gunkel als ursprünglichen
Text etwa vermutet: nmn nip^J^iD^ ^r\Tr\ urvhvr:^ D^pnrsn = die das Öl von ihnen
zu den goldenen Armen leiten^ vgl. auch LXX). Der Interpolator hat wohl die
Ölbäume nicht als das blosse Symbol der Gesalbten verstanden (s. v. u), sondern
sie, das Bild und "^^^^'^"''^? (v. 14) weiter ausdeutend, als Ölspender gefasst und
ohne Berücksichtigung der authentischen Erklärung v. lo^ in dem Leuchter
etwa ein Bild der jüdischen Gemeinde erblickt, deren Gedeihen von dem geist-
lichen und politischen Leiter abhängt. Oder dachte der Interpolator bei den
Ölbäumen an die beiden Geschlechter Aarons und Davids und bei den Oliven-
büscheln an die damaligen Spitzen dieser Familien, Josua und Serubbabel?
Allerdings wäre dann die nähere Beschreibung v. 12^ fast völlig bedeutungslos.
i;;2i wird den Sinn von im Bereich von haben. 13 ist die genuine Fortset-
zung von V. 11. 14 Die „ Ölsöhne^'- sind Josua und Serubbabel als die beiden
Gesalbten, Josua ist gesalbt als Hohepriester (Lev 4 3), Serubbabel als der
designierte König (== H''^*») vgl. Hag 2 23. Der Gedanke an Geistessalbung
liegt hier fern. Vor dem Herrn der ganzen Erde stehen sie d. h. sie stehen
in der Hut des Allmächtigen, dem sie dienen.
ßaßb — j^Qa (excl. H^« nj;^^'), ein für sich stehender Abschnitt (s. Vorbem.
zu Cap. 4), in dem die Vollendung des Tempels durch Serubbabel ver-
heissen wird. 6 "^JS; = ^j;; über ^ nicht an Serubbabel ergeht das Wort.
Sach 4 6 415 Sach 410
Ein erfreuliches Wort des (jllaubens, das kräftig der Mutlosigkeit entgegentritt,
ist V. 6^ vergleichbar jenem Worte Jes 31 3. Zu nn, dem Geiste Gottes, der
eine alles überwindende Kraft hat, vgl. zu Jes 31 3 und Hag 2 5. Die Apo-
siopese macht das Wort noch kräftiger. 7 folgt die Anwendung auf den
speziellen vorliegenden JB'all: Die Hindernisse und Schwierigkeiten, die sich
gegen den Tempelbau auftürmen, sollen durch Gott weggeräumt werden. Die
Anrede an den Berg der Hindernisse, wie der kurze Befehl: Vor Serubbabel
%ur Ebene! macht sich etwas zu pathetisch. Oort schlägt daher H'^ia^J (= wer
macht den g. Berg zur Ebene?) für nri« vor ; weit besser aber ist es, mit M. Lam-
bert (s. ZATW 1902, 338 für in nn« ^p zu lesen: inn-fi« "'npb^l, = ich werde
den grossen Berg vor S. zur Ebene machen. So ist auch die ungrammatische
Verbindung von ^njiT^n (st. inn) verschwunden, vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 126 x.
Zum Inhalt von v. 7^ vgl. Jes 40 4. Subj. zu S^^ini ist Serubbabel; er wird
herausführen aus der Bauhütte ^t<in injjn'H«, den Giebelstein (so ist zu lesen
für nc^^'nn vgl. ty^<in ]nijn, da die Deutung von n^^<in als nach dem Haupte,
nach der Spitze des Tempels, doch zu unsicher ist). Die Erklärung von Jisn
n^'i<"in als Grundstein ist schon dadurch verboten, dass derselbe bereits gelegt
ist, vgl. V. 9 das Perf. HD^ das sich nicht mit Sellin als Imperf. Kai fassen
lässt; es müsste mindestens das Fem. stehen. Sellin (Studien 1190—95) setzt
allerdings niti^^^1n]!5^iln; aber das kann nicht helfen, seine Bevorzugung des Grund-
steines, wobei er an den des früheren Tempels denkt, der als gutes Omen für
den Neubau („Jubelruf: Gunst. Gunst ihm") aus dem „Berg" von Trümmern
(Cheyne schlägt dem gemäss U^^^T} in, Trümmerhügel, für ^lljn in vor) „heraus-
gebracht" werden soll, beruht mehr auf Analogien aus babylonischen Bau-
inschriften^ als auf dem hebräischen Kontexte. n^ ]n ]n niS^n ist sehr
unsicher: man erklärt gewöhnlich so, dass das erste Wort = unter Jubelrufen
verstanden und in den übrigen ein solcher Ruf gefunden wird: Schönheit, Schön-
heit ihm! = herrlich ist er! Aber n^ könnte auch zu r.l^^'n gehören: Rufe des
Jubels über die Schönheit werden ihm zu teil, oder am Ende ni«t^'n etwas ganz
andres bedeuten, wie Form, Gestalt, Ornament, oder dergl. 9^ erklärt in
einem zweiten Wort Jahwes ( v. 8) bestimmt die Aussage von v. 7: Serubbabel
hat den Tempel gegründet, er wird ihn auch vollenden. 9^ ist Wort des
Propheten resp. des Überarbeiters, es steht ganz unpassend mitten in Jahwes
Rede v. 9» lo. Vgl. die gleichlautenden Interpolationen auch 2 13 15 6 15. Wegen
DD''^« wird man Dnj;n^'! zu schreiben haben. 10^ begründet nicht v. 9^ sondern
weist im Anschluss an v. 9* (^'S =ja) darauf hin, dass auch die, die jetzt mut-
los und verzagt sind, den vollendeten Bau mit Freuden sehen werden. Zu der
Mutlosigkeit am Tag kleiner Anfänge vgl. Hag 2 i-9. •>)? ist = wer immer.
TaVl dem metaplastischen Perf. Kai t? von t^iS (als ob das Verb tD lautete) vgl.
Ges.-Kaützsch27 § 72 dd. Für ^'^l^n ]n«n fordert der Zusammenhang
dieselbe Bedeutung, die ti^M'in ]n«n v. 7 hat (Wellh., Nowack). Mehr lässt
sich kaum sagen; denn wie ^"^n^n, sonst = j?/^/^ mit dem Schlussstein was zu
thun hat, ist unerfindlich, und Bleilot heisst '3n 'sn schwerlich. Vielleicht darf
man mit LXX darin ein von dem Verb bin abgeleitetes Adj., das dann aller-
dings Femininform haben sollte, sehen, oder steckt darin eine Corruption dör
Sach 4 10 416 Sach 5 3
beiden folgenden Worte (so Cheyne) oder eine Dittographie des folgenden
T^, die mit ursprünglich vorangegangenem 'in, der Abkürzung von li^Nin,
zusammengeflossen ist? Zu 10'^— 15 s. o. S. 413f.
Die sechste und die siebente Vision: Die Reinigung des Landes von Sündern
und Sünde 5 i-ii.
Die beiden Visionen exponieren die 3 9 gegebene Verheissung. Die zweite ergänzt
die erste : auch die Macht der Sünde, nicht nur die Sünder sollen aus dem Lande verschwinden.
Das sechste Gesicht: Die fliegende Schriftrolle 5 1-4. Eine gewaltige
Schriftrolle sieht der Prophet über das Land dahinfliegen; sie wird ihm erklärt als der
Fluch, der im ganzen Land bei den Sündern einkehrt und sie samt ihrem ganzen Hause
ausrottet.
1 Die Tih^ip, Schr^if trolle, ist hier aufgerollt gedacht, also als ausgebreitetes
Blatt, Ygl. Jes 34 4, wo für den Himmel das Bild eines grossen aufgerollten
Buches gebraucht ist. 2 Die Dimensionen des fliegenden Blattes 10 Ellen
(= c. 5 m) Breite d. h. Höhe und 20 Ellen (= c. 10 m) Länge, haben keine be-
sondre Bedeutung, jedenfalls stehen sie in keiner Beziehung zu den Massen von
Räumlichkeiten des Tempels Salomos oder der Stiftshütte, sie sollen nur das
Blatt als von enormer Grösse hinstellen, und das Verhältnis von 10 zu 20 wird
im Allgemeinen dem Verhältnis von Breite und Länge einer gewöhnlichen
einzelnen Bolle entsprechen, vgl. Blau Studien zum althebr. Buchwesen
I, 72. Dass das Blatt beschrieben gedacht ist, geht aus der Erklärung
hervor, die 3 dafür giebt: es ist der Flucht der über das ganze Land
(nicht: über die ganze Erde, vgl. v. 6 ii) ausgeht. Der Glauben an die Wirk-
samkeit des Fluchworts ist bekannt; die Niederschrift des Fluches und die
äussere Applikation desselben an den Verfluchten verstärkt seine Wirkung,
vgL die Bereitung des Zauberwassers durch die Abspülung des niedergeschrie-
benen Fluches in das Wasser Num 5 23. Ein fliegender Zettel mit darauf-
geschriebenem Fluch, vom Wind ins Haus des Frevlers getragen, genügte eben-
falls und konnte zur Handhabung des Rechtes dienen; umgekehrt bewahren
beschriebene Zettel, die man als Amulette auf sich trägt, vor Schaden und
bringen Glück, vgl. Eutin g- Reise in Inner- Arabien I 75 f. 87 93 99. Die
Erklärung von v. 3^ als Angabe des Zweckes von v. 3^ (Wegfegung der
Sünder aus dem Lande) scheitert an dem Per f., so wie an der Bedeutung von
njp^ = ungestraft^ straflos bleiben, s. zu Jo 4 23; auch wäre der Gedanke von
V. 4 vorweggenommen. Demnach liegt in v. 3*^ die Angabe des Grundes für
V. 3^ vor: der Fluch geht aus; denn es ist straflos geblieben u. s. w. Dazu muss
nun der Sinn von HlDD n?p passen; also ist kaum eine Beziehung auf den Fluch
wahrscheinlich und H^D . . . n^^p heisst schwerlich: auf der einen auf der
andern Seite oder von da . . . von dort. Wellh. wird mit der Vermutung das
Richtige treffen, dass eine Zeitangabe für die Dauer der Straflosigkeit darin
liege: T\^2 njj? = schon seit lange, n?3? ist nach 7 3 statt HbD zu sprechen und
wahrscheinlich mit Nowack auch einfach nach 7 3 HT statt H^D zu setzen: ^ jetzt
wer weiss wie lange schon! vgl. zu diesem HT auch 1 12. Die Vergleichung von
i^ijJ, seit, mit H^D (so Wellh.) ist doch zu fraglich. Straflos geblieben
seit lange sind alle Diebe und J?|ti^?n"^3, alle Schwör er-, aber da das AT nicht
auf dem Standpunkte von Mt 5 34-37 steht, sondern das Schwören beim Namen
/
Sach 5 3 417 Sach 5 11
Jahwes zur Pflicht macht Dtii 6 :) 10 20 (vgl. Jes 48 1), so muss, wie v. 4 sicher
beweist, dahinter '^J^^'? ''PC^? eingesetzt werden, so dass alle Meineidigen an
Stelle aller Schwör ei' tritt. 4 Die Zeit der Straflosigkeit ist vorbei, der Fluch
geht aus und wirkt von selber. Zu m'j'j = r\)\\ s. Ges.-Kautzsch'^7 § so i. Die
Zerstörung des Hauses des Frevlers ist altes Strafrecht und bedeutet den
Ausschluss der ganzen Familie aus dem Verbände des Volkes (Wellh.), vgl.
auch Dan 2 5.
Das siebente (iesichl: Das Weib im Epha 5 5-ii. Ein EpLa erscheint
dem Propheten. Darin sitzt, wie sich zeigt, ein Weib, das als die Bosheit gedeutet wird.
Darauf tragen zwei andere, mit Storchenflügeln versehene Weiber das Epha und die darin
sitzende Bosheit durch die Lüfte nach Sinear, um sie dort anzusiedeln. Von den Juden
geht die Sünde und Schuld jetzt über auf ihre Feinde in Babel; dorthin gehört sie.
5 Ohne Verbesserung bleibt der Sinn unverständlich. Wellh. und No-
"WACK setzen HD'^sn nach HD in den Text: aber so stossen sich die beiden nn
in den auf einander folgenden Fragen v. 5 und v. 6. Darum ist vielmehr HD'^iSin
statt HD zu lesen; HO ist == HÖ und "^i^n gleicht dem vorangehenden n«1, wurde
deshalb vom Abschreiber übersehen. Also : sieh da das Epha^ das zum Vorschein
kommt! vgl. dieselbe Konstruktion 6 8. 6^ ist dazu gute Fortsetzung:
Und ich fragte: Was ist das? In v. e"^ folgt eine doppelte Antwort auf
die Frage von v. 6^; aber die erste ist total nichtssagend, wohl nichts als Rand-
verbesserung zu V. o, hier unrichtig dem Text eingegliedert, also hat man sie zu
entfernen. In der zweiten allein ursprünglichen Antwort 1. mit LXX QJ'l?
(t) dSixta aüTü>v), ihre Missethat, statt DJ^^j;, ihr Auge, das die Exegeten zu allerlei
Künsteleien verleitet hat, dem aber kein einfacher verständlicher Sinn ab-
zugewinnen ist. Wie das Epha die Sünde der Leute im ganzen Lande dar-
stellen kann, erklärt das Folgende. 7 Das Epha ist ein Hohlmass von offen-
bar runder Gestalt; denn es hat einen runden (vgl. 15?) bleiernen Deckel. Wie
der sich hebt, so zeigt sich (1. mit LXX Hiini für n^t]), dass ein (= ein einzelnes,
darum T\X]^ ; nicht = irgend ein) Weib darinnen sitzt. 8 Die personifi-
zierte Bosheit, welche dies Weib ist, will natürlich aus ihrem Yerliess ent-
weichen; darum wird sie rasch zurückgestossen und das Epha mit der Blei-
platte verschlossen. 9 Zur Fortschaffung der Bosheit erscheinen zwei
andere Weiber, die zu weitem raschem Fluge mit Storchenflügeln ausgerüstet
sind. Eine andre Bedeutung kommt diesen Weibern nicht zu, als dass sie den
Transport von Judäa nach Babel zu besorgen haben. Weiber sind sie, weil sie
ein Weib fortschaffen sollen, zwei, weil dadurch die Erfüllung der Aufgabe
erleichtert ist. Flügel erhalten sie, weil der Transport durch die Luft erfolgen
soll, und Storchen?iVigQ\ sind es wohl, weil der Storch solche weite Keisen
macht. Fasstmanün^'DiD^ rm= Wind in ihrenFlügeln, so^kann das nur bedeuten,
dass der Wind sie hob und somit den Transport unterstützte. Besser nimmt
man aber V\Y\ = Geist, Leben; also Leben war in ihren Flügeln, sie regten sich,
gerieten ins Schwingen, Leben war darein gekommen, vgl. Hab 2 19^ 10
n^n =•- njn, s. Ges.-Kautzsch27 § 32 n. 11 Der Bestimmungsort ist Sinear
d. h. Babylonien vgl. Jes 11 11 Dan 1 2; dort soll sie auch bleibend sich auf-
halten, dazu wollen sie ihr ein Haus bauen, zu Tb (für n'j) vor nachfolgender
Kurzer HC zum AT XTTI 27
Sach 5 11 418 Sach 6 3
Tonsilbe vgl. Ges.-Kautzsch27 § 23 k 103 g. ]^)r[] ist schwierig, weil es
ein unnötiges Gewicht legt auf einen nebensächlichen Gedanken, ob man es
als direkte Fortsetzung fasst: und es (das Haus) soll liergerichlel oder aus-
gestaltet werden^ oder ob man darin eine Bedingung für das Folgende erblickt:
und ist es hergerichtet oder ausgestattet, Nowack entfernt es daher als Dub-
lette von niT'ni; jedenfalls erscheint es überflüssig. Für die unmögliche
Mischform nn^^ni, resp. 'ini, (vgl. Ges.-Kaützsch27 § 72 ee) 1. mit LXX
nrT'ini =■■ um sie dort nieder%uset%en, nniD?^"^j;, an ihrem Platze d. h.
dort wo sie hingehört. Babel, die Heimat des Todfeindes der Judäer, ist der
rechte Sitz für die Sünde, vgl. auch 2 lo 6 8.
Der Abschnitt v. 5-11 ist auch deshalb interessant, weil sich Elemente in seiner
Darstellung finden, die in der späteren Literatur öfters wieder erscheinen. Entstammen
dieselben ganz der Phantasie des Propheten oder hat er sie sich aus den Erzählungen des
Volkes angeeignet? Wie dem sei, wichtig ist, dass um 520 v. Chr. Stoffe erscheinen, zu
denen sich besonders in der späteren Märchen- und Volksliteratur Parallelen finden. Man
denkt doch bei der im Epha verschlossenen Frau Bosheit an ähnliche Erzählungen, in
denen von Geistern und Dschinnen berichtet ist, welche in Flaschen oder andre Gefässe
gebannt sind. Und bei der Luftreise nach Babel erinnert man sich, wie leicht in den Er-
zählungen von 1001 Nacht und in anderen ähnlichen Charakters dienstbare Geister in die
entlegensten Gegenden ziehen, von weither Gegenstände herbeischaffen oder weithin
bringen, selbst auch wie hier dort gleich ein wunderbares Schloss errichten. Zwar sollen
nähere Parallelen nicht vergessen sein: ich erwähne zuerst die Erzählung Hesekiels
darüber, wie er von den Exulanten weg nach Jerusalem und wieder zurück gebracht
wurde, s. Hes 8 3 11 24, dann die Legende von Habakkuks Versetzung von Palästina nach
Babel und zurück im Laufe eines Tages, s. Zus. zu Daniel: Bei und der Drache v. 33-39
und vgl. oben S. 330, und endlich die Lev 14 1-7 48-53 vorgeschriebene Ceremonie vom
Fliegenlassen des einen Vogels, der die Unreinheit gleichsam mit sich fortnimmt, s. zu
der Stelle KHC Lev S. 46.
Die achte Vision: Die Ausfahrt der Wagen zur Ausrichtung des Zorngerichts
Jahwes an den Heiden 6 i-8.
Zur ganzen Vision vgl. Vorbem. zu 1 8—6 8. 1 Die nl^31??, Wagen,
stellen, wie sich aus der folgenden Darstellung ergiebt (vgl. bes. v, 8), die
Werkzeuge des göttlichen Zorns, resp. die ihm zur Verfügung stehenden Mächte,
dar. Zu der Vi erzähl vgl. zu 1 8. D^'^IHH "^^^j die zwei Berge, werden
als bekannte Ortlichkeit vorausgesetzt; erwähnt sind sie vielleicht auch Is
(s. dort). Wir wissen von ihnen nur nach v. o, dass sie in der Nähe der Woh-
nung Gottes liegen, s. auch 1 s und vgl. die sieben (je drei in Reihen rechts und
links, der siebente in der Mitte) Berge im Buch Henoch 18 6-io. Ob eine
mythologische Vorstellung und was für ^eine darin steckt, ist nicht bekannt.
Dass der Zion und der Olberg das Modell dieser ehernen Berge abgegeben
hätten, ist nicht unmöglich. 2 f. Jeder Wagen hat eine Bespannung von
Pferden einer besonderen Farbe. Über die Bedeutung der Farben s. zu 1 8. 3
die Pferde am vierten Wagen werden als D^'tiDS C'niS bezeichnet; aber in v. 6 f.
sind diese Bezeichnungen Epitheta verschiedener Pferde. Da nun |^b^Jl als
Farbenname überhaupt zweifelhaft ist, in seiner Bedeutung sta7^k aber nicht
zu Farbennamen passt, da ferner v. 6 f. die D^t3"l« fehlen, so wird D^?D« in v. 7
in D^Ä'IS zu verbessern und in v. 3 als Nachtrag der falschen Lesung in v. 7 an-
Sache 5 419 Sach 6 8
zusehen, also zu entfernen sein, vgl. Wellh. 5 Graramatisch ist daran
Anstoss zu nelimen, dass niN:i1\ das im jetzigen Text Attribut zu dem deter-
minierten ninn sein muss, oline Artikel steht; sachlich fällt die Erklärung des
einen Bildes durch ein neues, nämlich der Wagen durch Winde auf. Es ist
daher mit Wellh. >*?1fc?^ zu lesen und nis^l'^ steht prädikativ zu n^yi: diese
Wagen gehen aus nach den vier Jlumnelsrichtungen. JJer Wegfall des b ist
entweder Absicht: die formell inconcinne Antwort sollte regelrechter gemacht
werden (Wellh.), oder altes Versehen, das sich bei der alten Schreibung b^
für späteres H^S leicht erklärt vgl. Ges.-Kautzsch^? § 34 b (Nowack). n?*nnD
\y\ byi = nachdem sie sich bei dem Herrn der ganzen Welt (4 u) gestellt haben,
natürlich um seine Befehle zu erhalten, vgl. Hi 1 6 2 i. 6 Die Konstruktion
ist nicht über allen Zweifel erhaben: D^'^^J'"' als Prädikat zu dem für ^^^ zu
supplierenden nDS"!!?!! ist auch als constructio ad sensum sehr hart. Vielleicht
ist n^'ll^^? am Anfang hinzugesetzt, um den Übergang jon den „Wagen" auf
die „Pferde" zu erklären; lassen wir die Worte als Zusatz weg, so fehlt für
Konstruktion und Sinn nichts. Der Wechsel von Particip und Perf. ist
kaum ursprünglich; Wellh. stellt daher überall das Particip D^i^^^i'^ her, das in
der That am besten passt, wo es sich nicht um Erzählung, sondern Beschrei-
bung handelt: die schwarzen Pferde wollen, sind im Begriff zu ziehen nach
<
dem Norden. Zu dem Verhältnis der Farben zu den Himmelsgegenden s. zu
1 8. DH'^'^njSl'^ij? muss auch eine Himmelsrichtung angeben, und zwar eine
andre als den vorher genannten Norden, also ist die Fassung: „hinter den
schwarzen her", nicht am Platze. Zu gesucht aber ist die Übersetzung: „in
der Richtung hinter sich" = nach Westen, weil man bei der Orientierung nach
Osten schaut, on^in« scheint zusammengeflossen aus Dlj^H fl« = Oste7i
(Wellh., Nowack). 7 Der Anfang ist verdorben und verstümmelt. Für
n^^D^jn'j ist D^l?n«n zu lesen, s. bei v. 3. Hinter ^t^^), resp. n^«^*\ ist die Angabe
der Richtung verloren, etwa n"il^n p.JS!"^^j;, nach dem Abendland, (Nowack). Zu
^ü\)2\] sind nicht nur die roten Pferde Subj., sondern sämtliche vier (3-espanne.
Nach der Erklärung des Angelus interpres folgt hier die Fortsetzung der Er-
zählung: Die Gespanne strebten, wie der Prophet sieht, darnach abzugehen um
die Erde zu durchziehen, jedes den ihm zugehörigen Teil. Da erging der Be-
fehl doch wohl von Gott und nicht von dem Begleiterengel: Ab! durchzieht
die Erde! Da durchzogen sie die Erde. In 8 kann nur der Angelus inter-
pres Subj. sein, nur er spricht in den Visionen direkt zu Sach. ^TS^ pj^ri = er
rief mich an, vgl. LXX avsßoYjas. Im Namen Jahwes darf er aber nicht
sprechen, darum ist ^X\T\ als Verkennung der Abkürzung "^ HH zu betrachten,
also XT\X\\ T\Y\ zu lesen. Ferner ist nach LXX \ vor ^n^iJl zu lesen : sie werden
den Zorn Jahwes am Lande des Nordens Ruhe finden lassen d. h. ihn stillen
und befriedigen; vgl. die parallele Redensart !2 in^n H^iH Hes 5 13 16 ^'i etc. Zu
nn = Zorn s. Jdc 8 3 Jes 25 4 30 28 etc. Der besondere Aufruf und die
Hervorhebung der nach Babel ziehenden Pferde haben ihren Grund darin,
dass dem Proph. das Gericht an Babylonien, dem Centrum der den Juden
feindlichen Weltmacht, das wichtigste war, vgl. 2 lo 5 ii.
Sach 6 9 420 Sach 6 13
Die Herstellung' einer Krone für Serubbabel 0 9-15. Der Abschnitt bildet
den Abschluss der Visionenreihe, sofern er einem Gedanken Ausdruck verleiht, der die
Visionen beherrscht: der Verbindung des messianischen Heils mit der Vollendung des Tem-
pelbaus, verkörpert in Serubbabel, dem Leiter des Tempelbaus und dem künftigen König.
Dieser Gedanke wird dadurch dargestellt, dass Sach für Serubbabel eine Krone verfertigt.
Die Verse haben durch intensive Überarbeitung stark gelitten. Jetzt erscheint der Hohe-
priester als der Gekrönte, nicht der Davidide; der Überarbeiter hat dieProphetie nach der
Geschichte korrigiert, die den Hohepriester, nicht einen König an die Spitze der jüdischen
Gemeinde stellte. Verwandt sind mit v. 9-15 die Gedanken von 39 4 6-1 0^
10 Die von mir in StK 1892, 716 — 734 vertretene und auch in der Über-
setzung bei Kautzsch wiedergegebene Auffassung, welche ohne Textänderung
auszukommen sucht, leidet an grosser Künstlichkeit und steht nicht im Ein-
klang mit V. 14; sie kompliziert auch die Konstruktion und die Verhältnisse in
einer Weise, dass ich sie nicht mehr halten möchte. Die Sache liegt viel ein-
facher, wie W^ELLH. gezeigt hat, und das führt auch in den folgenden Versen zu
mancher wichtigen Verbesserung. Nach v. 14 stehen die vier aus Babel ge-
kommenen Männer auf einer Linie; wenn sie in v. lo durch nn« nS21 bis rT'S
f T - T T "
auseinandergerissen werden^ so liegt eine Textverderbnis vor. Zuerst scheint
das notwendig zu erwartende r\^1^^ vor dem Namen Josia in IV2 ns^l verlesen
zu sein und dieses erhält dann seine Erklärung durch die Glosse Dl'^^ nn« n«n^
O - T - T T
i<^nT\, welche nachträglich in den laufenden Text geriet. Der ursprüngliche
Text lautete also : Nimm von der Gola, von Heldai und von Tobia und von Je-
daja und von (1. n^jin^i) Josia, dem Sohne Zephanjas, die von Babel hergekommen
sind. Sobald n*"? vor 7Vp^^ fällt, ist die Übersetzung: „wohin sie aus B. gekommen
sind", ganz unmöglich. Die vier Männer überbrachten eine Gabe der in Babel
weilenden Gola für den Tempelbau. Man sieht, dass die Exulanten die Verbin-
dung mit Jerusalem aufrecht erhielten und über die Ereignisse in Jerusalem gut
unterrichtet waren, 11 Durch P-nj^^l wird nip'? v. lo wieder aufgenommen, um
den Satz weiter zu führen ; ri^^JJI = um machen zu lassen. Statt niltt? ist der
Sing. T\y^V zu lesen; denn der Sing. Ti'^T^Pi v. 14 zeigt, dass es sich in beiden Versen
nur um eine Krone handelt. Dass sie für Serubbabel als künftigen König be-
stimmt war, geht mit Sicherheit aus v. 12 f. hervor; also muss v. 11^ von dem Über-
arbeiter (s. die Vorbem. zu v. 9-15) später eingefügt sein ( Wellh., Nowack). Denn
da nur eine Krone verfertigt wird, kann auch die Einfügung von ^5S"5| ti^812-i
nicht richtig sein und darum die Achtheit von v. 1 1^ nicht retten. 12 Bei Weg-
fall von V. 11^ hat das Suff, von V/N keine Beziehung; man hat UT\'^b^ zu lesen: zu
ihnen seil, zu den vier Männern von v. 10. Mit v. 12^ verhält es sich wie mit der
andern Zemach-Stelle 3 s'^ (s. dort). Siehe, ein Mann ,^Spross'^ genannt, unter
dem wird es sprossen, d.h. wenn man an die Bedeutung von HD^ in den Grund-
stellen Jer 23 5 33 15 denkt, von ihm wird eine neue Phase der davidischen
Dynastie ausgehen; diese Aussage hat offenbar einen Hinweis auf Serubbabel ver-
drängt, der neben dem „Spross" natürlich nicht Platz hatte. Mit 'IUI JIJ^^ will
diese Einfügung zu dem ursprünglichen Wortlaut überleiten, diese letzten Worte
gehören darum auch noch der Einfügung an. 13* ging, ehe v. 12^^ einge-
schoben war, auf Serubbabel: seinen Tempelbau und seine Thronbesteigung.
Zu *Tfn vgl. Jer 22 18 I Chr 29 25. Dass in v. 13^ von zwei Personen die
Sach 6 13 421 Sach 7 1
Rede ist, zei^t ÜT}^^^ ]**5; also kann Serubl>ab(;l nicht Kchii^ und Priester in
einer Person sein. Auch TjXX bestätigt dies noch durch l^'^D'^p, zu seiner
lieclUen , das an Stelle von 1«p?''7j; (fehlerhartc Wiederholung aus v. 13^) zu
lesen ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist somit der Name des Priesters,
also J^^in^, hinter n\71 ausgefallen (Wellii. und Nowack): und JoHua wird
Priester sein zu seiner ReclUen. Der Schlusssatz lässt durchblicken, dass
bereits Kivalitäten zwischen dem politischen und dem geistlichen Führer be-
standen. Die Hegemonie der Priester warf ihren Schatten voraus. 14 Die
Krone (es ist nur eine, wie n\7^ beweist) soll zur Erinnerung an die vier Männer
im Tempel Jahwes sein! Der Tempel ist ja noch nicht fertig gebaut und die
Krone hat Sach für das Haupt Serubbabels, nicht zum Andenken an die Geber
machen lassen. Der Vers ist demnach sekundär und entspricht der späteren
Situation, da Serubbabel nicht König geworden und der „Zemach" auch noch
nicht erschienen war. Man deponierte die Krone des künftigen Königs nach
Serubbabels Tod im Tempel, Das ist dieser Interpolation zu entnehmen.
Die Namen müssen denen in v. lo entsprechen, also 1. '^'^^n? (so noch Pesch.,
vgl. auch LXX toT<; üTrojisvooai, das wohl an "l^n, beständig sein^ dauern, denkt,
somit für ^^Tn zeugt) für ubrh und n'^^^^'"^^ für ]T\h (da man ]n doch kaum appella-
tiv oder für den Namen eines Bruders Josias nehmen kann). 15 Das
erste Sätzchen wird die Fortsetzung von v. 13 und der Abschluss des ursprüng-
lichen Zusammenhangs sein: Ferne umfasst sowohl die Juden in dem Exil und
der Diaspora, als auch die Heiden; die Unbestimmtheit ist wohl Absicht, vgl.
8 20-23 Hag 2 7. n njl, bauen am Tempel, z. B. ihn verschönern, ist auch dann
noch möglich, wenn er gebaut ist, vgl. Hag 2 8 f. Der zw^eite Satz '^y\ DriJ^T*;
kann nicht an die vier Männer gerichtet sein, zu denen Sach doch seit y. 12
spricht (vgl. urvh^^ n*i)?iJ1 Y. 12). Nur ein späterer Interpolator konnte die Situa-
tion vergessen und sich über die Köpfe der Hörer des Propheten an die Spä-
teren wenden, die an Sach's Prophetentum zweifelten, s. zu 2 13 15 4 9. Der
dritte Satz v. 15^ ist unYoUständig. Den abgebrochenen Schluss kann man
etwa nachDtn 28 1-14 ergänzen; dem Inhalte nach finden sich die Verheissun-
gen in Cap. 7f. dargelegt, deren Erfüllung offenbar an den Gehorsam gegen
Gottes Stimme geknüpft werden soll. Auch v. 15^ steht ausser Zusammenhang
mit der Rede an die Yier Männer; von Sach rührt er nicht her, vielleicht Yon
dem Interpolator von v. ih^^.
3. Jahwes Forderungen und Verheissungen dargelegt im Anschluss an eine
Anfrage über die Fasttage 7 1— 8 23
Die Anfrage über die Fasttage 7 1-3. 1 Das Datum gilt der v. 2 be-
richteten Gesandtschaft, ist jetzt aber durch die Einfügung Yon ninii'inn iTH
iTI?!"^« zerrissen und von ihr annektiert. Dass dieses Sätzchen jedoch Ein-
schub ist, Yerrät sich auch daran, dass es gegen die Gewohnheit nnpr^^S sagt
und nicht *h^ vgl. y. 4 6 9 8 18. Übrigens erhält man erst bei Entfernung des-
selben eine annehmbare Konstruktion und bildet vh^''^ v. 2 eine cjrade Fort-
Setzung, 80 dass man nicht mehr das Unmögliche versucht, nb^;] mit Plusquam-
perfektum zu übersetzen. AVie dieses Sätzchen, das immerhin sachlich ilecht
Sach 7 2 422 Sach 7 3
hat, weil die folgende Rede Sach's sich an die Anfrage anschloss (v. 4 ff.), ist
auch der Monatsname ^l'^DpS sekundär, vgl. zu 1 7 Hag 1 1. Der 24, des
9. Monats von Jahr 4 des Darius fällt in den Monat Dezember 518 v. Chr.
2 Leider giebt der Text keine sichere Auskunft über die Absender und die
Gesandten. Man ist auf Vermutungen angewiesen. Jedenfalls ist ^S"rT^? nicht
als Ortsbezeichnungzufassen, weder als Name von Bethel, da vielmehr Männer
von Bethel ('^ ^'^y^) für die Absender gesagt sein müsste, noch appellativ als
Obj. = nach dem Hause Gottes ^ da man nin^Ti"'?, nicht ^^^"ri*'^ sagt, s. v. 3. Es
gehört offenbar mit 1?t?1"^ zusammen; ich dachte StK 1892, 732 f. an die Mög-
lichkeit von Familie des Elsarezer , besser vermutet Wellh. im ganzen Com-
plex 1:JS1t:^':^^n^D einen Eigennamen, als solchen schlagen Cheyne (The Expos.
1897, 369f.) und Stade (ZATW 1902, 328) "^?«1'^^? vor, vgl. zu diesem Namen
Belsarezer (= Bei, schütze den König!) Dan 5 i. Ist er der einzige Absender,
wie das singul. nur auf einen Namen gehende Suff, in Vti^JiJ zu zeigen scheint,
so hat man mit Wellh. ein "HS vor 'ö UT\ einzufügen. Weiter muss man dann
annehmen, dass dieser Mann im Namen der Gemeinde zu fragen berechtigt
ist; denn ..das Ich in ns^NH und "Tl^t^J^ von v. 3 ist die Gemeinde". Schwerlich
aber ist es, wie man schon dachte, ein anderer Name für Serubbabel, eher der-
jenige des Nachfolgers Serubbabels (so Stade). Anders gestaltet sich jedoch
die Lage, wenn "^1!^ XlT] auch Absender, nicht Abgesandter ist und man D^ti^JS
für Vti^5^51 liest (so Cheyne). Nun besagt der Text: Belsare%er und Regemme-
lek sandten Männer, Diese Auffassung hat wohl das meiste für sich, V^il^fj
kann leicht aus D^'^JS verdorben sein, da der Schreiber gerade wie LXX *^^)5
als „König" nahm, also schrieb: der König und seine Leute. Unsicherer ist
die Identifikation von Belsarezer und Regemmelek mit ]^^!? und Hj'jJ^*] resp.
n^^lpyi (Dill = DJ^I , "I^D = T\^) in der Liste der Führer der Zurückkehrenden
Esr 2 2 Neh 7 7. Immerhin ist es möglich, dass diese beiden nach der Ab-
berufung resp. dem Tod Serubbabels die zwei führenden Mitglieder des Kol-
legiums der „Häupter" waren und im Namen der Gemeinde seil, der Laien-
schaft die Anfrage in betreff des Fastens stellen konnten, vgl. Cheyne a. a. 0.
370, Das reL Leben der Juden nach dem Exil 10 f. und Art. Regem-melech
und Sharezer in Encycl. Bibl., sowie Sellin II los. Zu dem Ausdruck
'IUI ni^nb, = um Jahwe gnädig %u stimmen^ vgl. zu Ex 32 ii. Dass es sich dabei
um Opfer handelte, versteht sich nach dem Grundsatz, dass niemand leer vor
Jahwe erscheinen darf, von selbst vgl. Ex 23 15 34 20 Dtn 16 16. Man ersieht
daraus, dass der Opferdienst auch vor Vollendung des Tempels geübt war, s.
auch Hag 2 i4. 3 Zum Opfern waren Priester nötig, es waren Priester
am Hause Jahwes , auch Avenn dieses erst im Erstehen begriffen war. Dass hier
die Propheten mit den Priestern zusammenstehen, ist nicht verwunderlich; es
war schon so vor dem Exil bei der Einführung des Dtns, doch im 8. Jahrh.
lauteten die Stimmen der Propheten anders und auch noch bei Jeremia.
Die Frage: Soll ich (seil, die Gemeinde, ein sicheres Beispiel für die Personi-
fication der Gemeinde) weinen etc. setzt die Möglichkeit voraus, dass die Fast-
tage nicht mehr zu halten seien; es muss also der Tempelbau schon so weit ge-
fördert gewesen sein, dass die Klage des fünften Monats über die am 7. des
^
Sach7 3 423 Sach7l2
5. Monats 586 v. Clir. erfolgte (vgl. TT lieg 25 8f.) Yerbrennurig des 'j'einj)els
und dei" Stadt gegenstandslos erscheinen konnte. Di(5ser Fasttag war der
wichtigste, darum auch der am strengsten und allgemeinsten innegehaltene;
war er nicht mehr am J?latze, so fielen von selbst auch die anderen Fasttage
dahin, die gewissermassen untergeordnete Thatsachen aus der Geschiclite der
Katastrophe des Tempels zur Ursache hatten. Neben dem genannten Fasttag
im 5. Monat waren im Exil bis dahin noch drei andre Fasttage üblich (vgl. v. 5
und 8 19): im 4. Monat (8i9) der 9. Tag, weil an diesem Tage Jerusalem ein-
genommen worden war (Jer 39 2), im 7. Monat (v. 5 8 i9j der 3. oder 24. Tag
wegen der Ermordung Gedaljas (II Reg 25 25 Jer 41 iff.) und im 10. Monat
(8 19) der 10. Tag wegen des Beginns der Belagerung Jerusalems durch Nebu-
kadnezar (II Heg 25 i). Der Inf. It^H steht als Casus adverbialis und be-
schreibt die näheren Umstände, unter denen das Weinen sich vollzieht, s. Ges.-
KaUTZSCH 27 § 113 h. Zu n\ vgl. 112 5 3 7 5.
Erster Teil der Antwort des Propheten: Nicht FastBn, sondern Gerechtig-
keit und Liebe liat Jahwe von jeher gefordert 7 4-14. 5 YI^T) DJ^, von den
D^'^nä unterschieden, ist die Laienschaft, die ganze Gemeinde, in deren Namen
die Anfrage gestellt wurde. Der Bescheid v. 5^^ lautet: Ob ihr fastet oder
nicht, berührt Jahwe nicht, sondern nur euch; Fasten und Essen haben keinen
religiösen Wert. Für nn 1. Ht, s. v. 3. Zu '':ino^ = ^b ür\m vgl. Ges.-
Kautzsch27 g ii7x und zu der Hervorhebung des Suff. ^^ durch "^^S § 135e.
Zu dem Inf. abs. HlÖDl nach Verb. fin. s. Hag 16. 6 Dem Essen kommt
nur eine Beziehung auf die Essenden zu, also auch dem Fasten nur auf die
Fastenden. 7 Ganz andres fordert Jahwe. Es ist höchst bedeutungsvoll,
dass auch Sach die Worte der früheren Propheten, so wie er thut, zusammen-
fasst, dass er nämlich nur von sittlichen Forderungen sj)richt und in keiner
Weise von kultischen. Das ist um so beachtenswerter, als er ja an die Vollen-
dung des Tempelbaus das Kommen des Heils knüpft. Jedenfalls meinte er in
keiner Weise, dass durch Tempelbau und Cultus die sittlichen Forderungen
abgelöst werden könnten. Statt "HS ist bi< = n^iSI mit LXX zu lesen.
Die früheren Propheten s. 1 4. Aus v. 7 (vgl. auch 8 5) lässt sich erschliessen,
wie verödet damals Juda noch war. 8 und 9^ sind späterer Einschub;
denn sie zerstören den Zusammenhang von v. 7 und 9^ vgl. auch npDr':'t< statt
'h)^, wie in der Interpolation von v. i. Zu 9^ 10 finden sich die Belege fast
auf jeder Seite von Am Hos Jes Mch und Jer. vns ti^^N ist eine erstarrte
Formel, gerade wie unser einander; '^ t^ riyi ist daher gegenseitiger Schaden
s. zu Gen 9 5 (PC) , die Formel ist wohl entstanden durch Zusammenstellung
der beiden Zwillings Wörter, vgl. die gewöhnliche Stellung VniJ nj;"i tr^«8i7.
Uff. Der Ungehorsam gegen diese prophetischen Forderungen führte das Un-
glück herbei. Zu der XTTp i^n| vgl. Hos 4 16 und n'^SDH D/Ti|« s. Jes6,io.
12 Zu dem Diamant-hQxz vgl. das Herz von Stein Hes 11 1 9. Ihr Herz war un-
empfänglich für die Hlln d. h. die mündliche Weisung und die Worte der
Propheten, bezw. Gottes, da die Propheten nur die Mittler sind, die aber selbst
wieder durch Gottes Geist die Offenbarung erhalten. Diese Vorstellung hält
die Linie der Reflexion über die Inspiriertheit der Propheten inne, wie die
Sach 7 12 424 Sach 8 5
Vorstellung vom Angelas interpres. Das Ganze v. 7 ff. ist eine lehrreiche
Darlegung über die Entstehung des göttlichen Zornes, der die Katastrophe
Jerusalems brachte. 13 setzt die begonnene Erzählung fort, exponiert
die Wirkung des Zornes an den Vätern (vgl. 1 2). Die Imperfecta in v. 13'' sind
unter der Rection des Perf. "IJ?S, sie beschreiben Vergangenes. 14 Für
dS^DSI ist t^l zu lesen, also zu übersetzen: und ich zerstäubte sie, vgl. die Perf.
DI^T und ni3^^; es ist die Fortsetzung von "IDiJ in v. 13 und die 1. Pers. statt
der 3. ist nur Nachwirkung von V?^^ in der 1. Pers. in v. 13. Zu dem syrisch-
artigen « statt « in 'VD« vgl. Ges.-Kautzsch^^ § 23 h 52 n. Zu Q^j;t «^ ^\^^
vgl. Jer 16 13 22 28. Den Ausdruck n^lp^ inj;p s. auch 9 8, für seine Be-
deutung vgl. Ex 32 27. ^ö^^^l, nicht die Absicht, aber die Folge des Un-
gehorsams war die Verwandlung eines reizenden Landes (Dtn 8 7-9 Jer 3 19
12 10 Ps 106 24, vgl. auch "»^-sn }^*j« Dan 11 16 41, s. zu Dan 8 9) in eine Einöde
(vgl. V. 7).
Zweiter Teil der Antwort: Auch jetzt, wo die Zeiten sich geändert haben
und Jahwe von Liebe zu Zion erfüllt ist, bleibt die alte Forderung 8 i-ir. Mit
7 4-14 ist die Antwort nicht fertig: der Zorn Gottes über Juda ist nicht das letzte Wort
des Propheten. Mut darf die Gemeinde haben und in furchtloser Zuversicht in die Zukunft
hinausschauen, aber nicht vergessen, was Jahwe fordert. Wie in der Vergangenheit, so
handelt es sich auch jetzt und fernerhin nicht um das Fasten. Der Abschnitt 8 1-17
steht nicht, wie man hat behaupten wollen, ausser Zusammenhang mit Cap. 7. Ohne
Cap. 8 wäre die Anfrage 7 1-3 nur halb beantwortet, und scheidet man 8 1-17 aus, so
fehlt den Versen 8 18-23 die notwendige Vorbereitung; 8 1-17 ist das notwendige Binde-
glied und die richtige Überleitung zwischen 7 4-14 und 8 8-23. Zudem liegt in Cap. 7 f.
ein ähnlicher Gedankengang vor, wie der, der die Einleitung des ganzen Buches 1 1-7 mit
der folgenden Darstellung vom Eintreffen des Heiles zusammenhält. Die vielfache Überein-
stimmung mit Hag 1 6-11 2 10-20 nach Inhalt und Form kann doch bei den auch sonst in
weitgehender Weise gleichgesinnten Zeitgenossen nicht auffallen, zumal es noch derselbe
Gegenstand ist, der gerade hier behandelt wird, nämlich die Wendung zum Bessern, die
sich für den Ertrag des Landes ankündigte. In v. 1-17 liegen sieben mit ntts* ni
nifc<^iJ nj<T eingeleitete Worte Jahwes von verschiedener Ausdehnung vor, die durch die
drei folgenden v. 18-23 auf die Zehnzahl gebracht werden. Zu der Wiederholung der
Einleitungsformel vor jedem der zehn Worte bemerkt Hteronymüs: Per singula verba
atque sententias, quibus Israeli prospera et pro rerum magnitudine pene incredibilia pro-
mittuntur, propheta proponit: Haec dicit Dominus omnipotens, alio sermone hoc loquens:
ne putetis mea esse, quae spondeo, et quasi homini non credatis ! Dei sunt promissa, quae
replico. Anklänge an rhythmische Formen finden sich in den ersten Gottesworten; aber
von der Durchführung eines eigentlichen Metrums ist hier keine Eede.
1 Die Einleitungsformel markiert den Beginn des neuen Abschnitts, der
im Unterschied von 7 7-14 sich der Gegenwart zuwendet. 2 Zu dem
ersten Jahwewort: Jahwes Liebe zu Zion und Hass gegen die Völker vgl.
1 i4f. 3 Das zweite Jahwewort: Jahwes Rückkehr nach Zion, das er
während des Exils verlassen hatte, vgl. 1 I6 2 u, und die herrliche Zukunft
Jerusalems: es ist jetzt die treue Stadt vgl. Jes 1 21 26 und Zion der heilige
Berg^ von Jahwe bewohnt und hinfort unangetastet von den Feinden vgl.
Jo 4 17 Ob V. 17. 4 5 Das dritte Jahwewort: Jerusalem wird bevölkert
sein mit Greisen und Kindern, an denen gerade jetzt eben es fehlte. Kein
Krieg und Unglück kürzt das Leben der Menschen, und keine Sorge lastet auf
Sach 8 6 425 Sach 8 14
der Jugend (Reuss). Vgl. Jes 65 20. 6 Das vierte Jaliwewort: Bei Gott
ist kein Ding unmöglich. IVEitn niuss v. 6'' fragend fassen, die Fragepartikel
kann fehlen vgl. Ges.-Kaut/scii2 7 § 150 a; denn die Fassung als positive Aus-
sage ergiebt den etwas gezwungenen Sinn: Die Herrlichkeit wird so gross sein,
dass sie nicht nur Menschen, sondern auch Jahwe als ein Wunder vorkommt.
Allerdings ist DJin D''p'^? bei der Fassung als Frage störend; denn es bedeutet
nur in Jenen Tagen, und nicht in diesen Tagen^ und muss darum wohl als
fremder Eindringling ausgewiesen werden, vgl. noch zu v. 10. Der Sinn ist:
Was dem aus dem Exil zurückgekehrten Reste (vgl. zu Hag 1 vi) unmöglich
vorkommt, ist bei Gott nicht unmöglich. Das Wort tritt der Mutlosigkeit ent-
gegen, die wir aus 4 10 Hag 2 3 kennen, und das Folgende zeigt die Wege,
welche zur Erfüllung des für unmöglich Gehaltenen führen. 7 8 Das
fünfte Jahwewort: Die Heimführung der Diaspora von Ost und West d. L
aus der ganzen Welt vgl. Mal 1 11 Jes 59 i9 Ps 50 1 ; wahrscheinlich ist li^'Di^n
hinter n"]tp zu setzen und 1t^lD!2 zu lesen (Wellh., NmvACK), in LXX fehlt
allerdings ti^'Dt^^n ganz. Zum Inhalt vgL 2 10 f. Jes 43 5 6 Jer 30 10. Zu
S'^ vgl. Jer 30 22 Hos 2 25; zu njjn^n^i HDSIS vgl v. 3^ und bes. Hos 2 21, wo der
Gedanke Sach's weiter ausgeführt wird. 9 — 13 Das sechste Jahwewort:
Die grosse Wendung hat bereits begonnen, darum Mut! Zu den Anklängen
an^Hag 1 6-11 2 10-20 vgl. Vorbem. zu v. 1-17. 9 Zu DD^"; njpmn vgl.
Hag 2 4. n^«n D"^p^^5 steht hier richtig, vgl. zu v. 6 über DHn D''P'^?. Diese
Worte sind die Worte v. 1-8, und mit den Propheten meint Sach sich und
Hag. "l-HI Dl*'^ 11^*^5 ist Glosse zur Näherbestimmung dieser Tage; denn als
integrierender Teil kann es sich nach seiner Form weder an D^'D^H, da sich DI*"!!
damit stösst, noch an D*'}^*':?!*! anschliessen, da es zu unvollständig lautet. "W\^
bedeutet d, i. und die Glosse erinnert an Hag 2 15. 10 Für nnn D^D^'^ ^:^tb
ist zu schreiben Th^7\ Tl 'b; die Änderung ist Folge des Einschubs, der die
Tage als vergangene präcisierte; von hier ist wohl die gleiche Datierung auch
in V. 6 eingeschlichen. Zum Inhalt von v. 10^ s. Hag 1 6 9-11. Das Suff.
in nij^^? bezieht sich auf das zweite Wort der Stat.-constr.-Verbindung. Aller
Verkehr stand still; jeder war der Feind des andern und auch die Leute der
Nachbarschaft waren Jerusalem feindselig gestimmt. Für vh'ä^y 1. 'j^l, vgl.
7 14. 11 Die früheren Tage sind nicht die Tage vor dem Exil, sondern die
jüngst vergangenen, die vor der Gegenwart n^«n D^p^"^ ^^^h liegen. 12 yit
Ut>\^7] kann weder den Weinstock dX^ Friedenssaat bezeichnen, noch ist die Wort-
stellung gut, wenn man mit Klosteemann liest Dl^^' nj;"il = seine Saat ist wohl-
behalten; LXX liest l.Pers., danach wird mit Wellh., NowACKDlb^ '"^J^l!? = ^(^f^
will Wohlstand säen, zu lesen sein, vgl. Hos 2 23 ff. Wodurch dieser Wohlstand
herbeigeführt wird, exponiert der Rest von v. 12, vgl. Hag 2 19 1 10. 13
Galten die Juden bis dahin als Beispiel von Verfluchten (Jer 24 9, vgl. Jes
53 3 f.), so werden sie künftig zum Paradigma von Gesegneten dienen (Gen
12 3 48 20, vgl. Jer 29 22). Haus Juda und Haus Israel ist unrichtiges
Explicitum des Subj. in Erinnerung an die Weissagungen Hes's von der Wieder-
vereinigung und Herstellung Judas und Israels; Sach redet aber die zurück-
gekehrten Exulanten an vgl. v. 12: r\]T\ D3;n nn«^. 14—17 Das siebente
Sach 8 U 426 Sacli 9 1
Jahwewort: Bei dieser Wendung des Schicksals zu einer herrlichen Zukunft
sind aber die Forderungen Gottes nicht zu vergessen, deren Nichterfüllung
durch die Väter einst das Unglück herbeibrachte. Zu 14 vgl. 1 6. 15 Zu
dem adverbialen Sinne von ''PDti^ = wiederum und der asyndetischen Stellung vor
dem Hauptverb •»r^püj s. Ges.-Kautzsch^^ § 120 g. IG Das zweite n?^«
ist zu tilgen, es wird aus 7 9 eingedrungen sein (Wellh., Nowack). tOS^p
Dl'?^ ist ein Gericht^ das zum Frieden, zur Heilung^ nicht zur Verschlimmerung
des Schadens führt. 17 Zu ^nj;n nV.T^« ^^^ vgl zu 7 9, zu IJ^^ nj;n^ vgl. 5 3 f.
Das überflüssige, von LXX nicht bezeugte 1^« lässt man lieber als fremden
Bestandteil weg.
Letzter Teil der Antwort: Die Umwandlung der bis jetzt gefeierten Fast-
tage in fröhliche Feste und das Herbeiströmen der Heidenwelt zum Glücke in Je-
rusalem 818-23. Der Schluss der Rede geht auf den Ausgangspunkt zu-
rück und giebt die direkte Antwort auf die gestellte Frage : Übt Recht und
Liebe, so wird das messianische Glück die unglückliche Vergangenheit ver-
gessen lassen. 18 = v. i. 19 = das achte Jahwewort: Die Fasttage
vgl. 7 3. Wellh. erinnert daran, dass Sach den grossen Versöhnungstag von
Lev 16 noch nicht kennt und dass die fröhlichen Feste der vorexilischen Zeit
bis dahin noch nicht wieder gefeiert zu sein scheinen. DI^^'H vgl. y. 16
Mal 2 6. 20 — 22 Das neunte Jahwewort: Der Zug vieler Städte und
Völker nach Jerusalem zur Anbetung Jahwes vgL Jes 2 1-4 Mch 4 1-4.
20 nj; steht an der Spitze des Satzes und wird gefolgt von ^^ als Einleitung
der dazugehörigen Aussage, wie die Zeitbestimmung T\1^X\7\ D'^D'^S in v. 23.
21 Zu "^ •'iöTl« niVn^ vel. 7 2. 23 Das zehnte Jahwewort: Die Sehnsucht
der Heiden nach dem Heil und Glück in Jerusalem. Zu Hl^ti^^ 'pä s. Jes
66 18; zu der Wiederaufnahme von \^^\T\^. durch ^p^'inni vgl. zu nip^ und %T\^^
6iof. Zu dem Bekenntnis der Heiden DDISJ? n\n^« vgl bes. Dtjes 45 15
(s. zu der Stelle) und am Schlüsse des Buches Hes 48 35 die Zusammenfassung
des Heils in dem Namen Jerusalems: Höti^ TWTS"^.
TT V : -
B. Der zweite Teil des Buches Cap. 9—14.
I. Sturz der Weltmacht und Aufrichtung des Reiches Gottes 91-113.
Mit der Überschrift „Sturz der Weltmacht und Aufrichtung des Reiches Gottes"
sind die Hauptgedanken des Abschnitts angegeben; durch diese Zusammenfassung will
aber in keiner Weise gesagt sein, dass in 9 1-11 3 ein einheitliches Ganzes mit strenger Ge-
dankenfolge vorliege. Im Gegenteil ist es sicher, dass wir hier eine Reihe von einzelnen
Weissagungen vor uns haben, die mehr oder weniger das angegebene Thema behandeln.
Der schroffe Übergang, der sich ohne jegliche Überleitung in Bezug auf den Redenden
und den, von dem die Rede ist, vollzieht, sowie auch der Wechsel des Metrums samt dem
verschiedenen Inhalt sind Beweis für den relativ selbständigen Charakter der einzelnen
Stücke. Trotzdem können die einzelnen Stücke demselben Verfasser und derselben Zeit
angehören.
1. Die Herstellung des messianischen Reichs mit dem Friedenskönig in Zion
9 1—10. Das messianische Reich, das Jahwe aufrichten wird, hat die Ausdehnung
des einstigen davidischen Reiches. Seine Grenze im Norden ist Hamath und im Süden
der Bach Ägyptens (vgl. v. 2 10 und I Reg 8 65). Jahwe sind unterworfen die Städte Arams
Sach 9 1 427 Sach 9 3
(v. l'') und Pl)(")nizieTis und die Bevölkerung Philistäas, und von Zion aus gebietet dei
messianische König den Völkern Krieden. Der Abschnitt besteht aus sechs Sechs-
zeilern, die sieh leicht herausstellen, sobald die fremden Bestandteile (s. zu v. 1 und v. S)
ausgeschieden werden. Die Zusamraengehörigkeit der Verse kann durch den Übergang zur
direkten Hede Jahwes in v. 6'' nicht in Frage; gestellt werden ; denn er erfolgt in der leich-
testen Weise, es beginnt mit v. 6** eine neue Strophe und nach dem Zusammenhang ist
es ganz natürlich, dass .Jahwe hier selber redend eingeführt wird. Dagegen erledigt sich
der Personenwechsel in v. 9 f. dui'ch Textemendation, die von der LXX bestätigt wird,
8. zu V. 10.
In 1 sind Überschrift und Anfang der Prophetie zusammengeflossen. Die
Überschrift muss mindestens n]n^""in"l Sb^D umfassen, vgl. 12 i Mal 1 i, wenn
nicht nach der Meinung des Autors dieser drei Überschriften (9 i 12 i Mal 1 1)
auch noch die folgende Ortsbezeichnung dazu genommen werden sollte. Vgl.
über diese Überschriften Einl. I. Sinn und Metrum verlangen, dass njJl^
wiederholt werden muss; denn mit ihm beginnt die erste Strophe. 1 (von
Hin;; an) 2: Jahwe ist im Lande Hadrak Und Damaskus ist sein Sitz; Denn
Jahwes sind die Städte von Aram Und auch Hamath^ das daran grenzt, Tyrus
lind Sidon^ Sind sie doch so sehr weise. Das Land "^Jlin ist nach den assyrischen
Inschriften ( = Hatarika) nördlich vom Libanon gelegen, wo auch Ilamath sich
findet ( = Epiphaneia am Orontes), das die Idealgrenze des davidisch-salomo-
nischen Eeiches im Norden bildet vgl. I Reg 8 65. In liimp, sein Sitz,
kann sich das Suff, nur auf Hin;; beziehen, daher ist die gewöhnliche Fassung,
die in '^ in'l den Anfang der Prophetie sieht, verwerflich; Damaskus ist Jahwes
SitZy wo er nach Belieben sich niederlassen kann, vgl. Ps 132 8 ii. Begründet
wird diese Aussage durch v. i^ der aber in der gegenwärtigen Fassung unver-
ständlich ist. Denn was soll es heissen: Jahwe hat das Auge auf die Menschen
und alle Stämme Israels? Die Israeliten waren doch auch Menschen. Zudem
ist die übliche Übersetzung von Dn« ]^j;, das Absehen auf die Menschen, kaum
möglich. Inmitten der vielen Eigennamen thut's das allgemeine Mensch nicht,
man hat offenbar mit Klosteeiniann ThLZ 1879, 566 Dn« nj; , die Städte Arams,
(Ball Encycl. Bibl. 1932 2 weniger gut: DI« Dj;, das Volk von Aram) zu lesen.
Dass auch bei dieser Lesung und alle Stämme Israels nicht ursprünglich ist,
zeigt 2 das Suff, in nn-'^n^n, das nur auf D^N sich beziehen kann und davon
nicht durch andres getrennt werden darf. Die Einfügung setzt wohl noch die
richtige Lesart voraus und will den Gedanken fernhalten, Israel sei jemals
nicht Jahwes Volk gewesen. Für nD:pn ist, wie die Grammatik nach der
Mehrzahl der Subjekte verlangt, mit LXX JiDDH zu lesen. Die falsche Ver-
wendung der Weisheit (vgl. v. 3 Hes 28 4) ist der Grund, warum Tyrus dem
Gerichte verfällt, vgl. Hes 28 i-io. Beachtenswert ist, dass bei der Auf-
richtung des Reiches Gottes der Hauptschlag gegen die feindliche Macht im
Norden und zwar in Aram zu erfolgen hat; denn man erkennt daraus, dass es
das Reich der Seleuciden ist, das der Prophet als den Hauptfeind kennt: Ha-
drak-Aram ist ja gerade die Landschaft von Antiochien, und dort war der Sitz
der seleucidischen, niemals der assyrischen Herrschaft. Also ergiebt sich, dass
die Weissagung aus den Jahren 197—142 v. Chr. stammt, da Palästina unter
seleucidischer Herrschaft stand. Wenn Jahwe im Norden die Grenzen des
Sach 9 3 428 Sach 9 7
davidischen Keiches hergestellt hat, dann ist die Hauptmacht der Feinde ge-
brochen und kommen Phönizien und Philistäa an die Reihe.
3 4, zweite Strophe: Die Eroberung von Tyrus, das sich bald nach dem
Falle unter Alexander dem Grossen 332 v. Chr. wieder erholte und die bedeu-
tendste Stadt Phöniziens geworden war, vgl. Schlussbemerk. zu Jes Cap. 23
KHC Jes S. 182. 3 Tunis baute sich eine Festung, vgl. zu 1i:>n in diesem
Sinne II Chr 11 5 und beachte den Gleichklang mit 1i:J, Und häufte Silber auf
wie Staub Und Gold so viel wie Kot auf den Gassen. Zu ^nn vgl. Prv 3 u.
4 Siehe de?' Herr icird es seines Besit%es berauben, zu ti^"'"lin, aus dem Besitze
vertreiben, des Besitzes berauben, vgL I Sam 2? Und sein Bollwerk (s. zu
Jes 26 1) ins Meer stürzen Und es selbst die Stadt wird vom Feuer verzehrt.
5 6^, dritte Strophe: Die Unterwerfung der Philister städte, die mit
Angst und Schrecken den Fall von Tyrus sehen. Natürlich fehlt in der Reihe
der Städte das 711 zerstörte Gat vgl. Zph 2 4 Am le-s; die Namenfolge ist
dieselbe wie Jer 25 20. Askalon soll es schauen und schaudern, zu dem Zere
in der ultima und zu dem Ton auf derselben in N"in s. Ges.-Kautzsch2' § 75 p
und hh; vielleicht liegt für beides auch ein Grund in dem Gleichklang von N^in
mit «yr^. Und Gaza soll es schauen und vor Angst sich winden. Und Ekron,
denn seine Hoffnung ist zu Schanden geworden. Angesichts von Jes 20 5f. und
von ^yr\ zu Anfang des Verses ist kaum HD^D, ihre Hoffnung d. i. Tyrus, mit
Wellh. und NowACK in nnt^DO, ihr Vertrauen, zu verändern; über ti^-^in vgl.
zu Jo 1 10. Aus Gaza wird der König verschwinden d. h. er wird seine
Freiheit und Unabhängigkeit verlieren, Und Askalon unbewohnt sein. Zu 2^*^,
bewohnt sein vgl Jo 4i8. Durch Flucht und Exil verschwindet die alte Be-
völkerung. 6=" Und Mischlinge werden in Asdod wohnen, 15.1?^, d. i. Misch-
linge, sind die in den Städten und im Lande bereits vorhandenen unteren
Klassen und die von überallher in eine verwüstete Stadt zusammenlaufenden
Leute, eine Mischrasse im Vergleich zu der edlen angesessenen Bevölkerung,
vgl. Beetholet Stellung zu den Fremden 143 f. Die Änderung in T"^ip, = assyr.
mindidu, Steuerbeamter ^ (so Cheyne Encycl. Bibl. 4321) ist unnötig und un-
wahrscheinlich. Der Prophet, der weissagt, ist nicht durch Erinnerung an
Neh 13 23 f. zu seiner Weissagung gekommen, auch urteilt er über den ItJp?? an-
ders als Dtn 23 3 und kennt er die Strenge von Neh 13 23f. nicht. Vgl. noch
ZATW 1900, 166 f.
6^ 7, vierte Strophe: Reinigung des Philisterlandes von heidnischen
Greueln und Einverleibung desselben in das Reich des Messias. 6^ Der
Hochmut, der Stolz der Philister d. h. ihre politische Selbständigkeit wird von
Jahwe vernichtet und 7 ihre religiösen Eigentümlichkeiten, die in den
Augen der Juden nur als Greuel taxiert werden können, müssen verschwinden :
Ich entferne ihr Blut d. h. das blutige Opfer, da sie das Blut nicht ausiliessen
lassen vgl. Hes 33 25, aus ihrem Munde Und ihre Greuel d. h. unreine und im
Gesetz verbotene Speisen aus ihren Zähnen. Sie w^erden zur Enthaltung vom
Blut und vom Erstickten etc. gezwungen, also zu Proselyten gemacht; ja sie
sollen sogar dem messianischen Reiche einverleibt werden, eine H'^IS^, ein
Best, der die messianische Zeit erlebt und ihr Glück erfährt, sein für unsern
Sach 9 7 429 Sach 9 9
Gott. Eine solche Hoffnuii^^ führt in späte Zeit, in das zweite Jahrh., wo man
an eine Jndaisierung des PhilisterLandes dachte nnd wo sie anch dann zum
grossen Teil durch die Makkal)äcr durchgelülirt wurde, vgl. I Mak 1160-62
12 33f. 13 1-11. In «5in"D? ist «^n collectiv, bezieht sich, wie die Singular-
suff, auf das coUectivo n)rpö; D?, auch, ist gesagt, weil neben den Juden auch
dieser Rest des Philisterhindes zum messianischen Reich gehören wird, wie
V. 7'' erklärt: die Philister werden sein wie ein Geschleckt in Juda^ 1. ^|pij
(Meli 5 1) für ^^^«, das nur auf einen einzelnen gehen kthinte, und die Leute
von Ekron den Jerusalemern nicht nachstehen. Archaistisch wird für Jerusa-
lemer ''DU'',, JebusiteTy gesagt.
8 bringt einen Gedanken, der in diesem Zusammenhang sehr fern liegt. Ist im
Norden die feindliche Macht im Centrum getroffen, Tyrus erobert und im Südwesten
Philistäa besiegt, also das Reich Jahwes hergestellt von Hamath bis an die Grenzen von
Ägypten, da brauchts nicht noch eines besonderen Schutzes für den Tempel zu Jerusalem.
"Wie der Inhalt ist auch die Form merkwürdig, denn die Ulf von UT^^bv sind durch das
Vorangehende nicht erklärt, der Plural kann doch nicht stehen, um Juden und Philister,
von denen v. 7 besonders handelte, zusammenzufassen. Ich sehe in dem Vers eine Rand-
glosse zu V. 10, die erklären soll, wie trotz der Vernichtung alles Kriegsmaterials der
Tempel und sie d. h. Ephraim und Jerusalem vor Angriff und Knechtung geschützt sein
werden. Zu b njn, sich lagern um {den Tempel), vgl. Ps 34 8 ; Perles (Analekten 89)
schlägt dafür ohne Not ^r\')'y\ vor, vgl. pn njs II Reg 25 1. nn^D versteht die Mas.
= «n^?2, vor einem Heere: die Mas. kann Recht haben, doch ist wahrscheinlich zu lesen:
nn^ö, ev. blos n^ö, = als Besatzung, vgl. I Sam 14 12. Bei n^öl "inj?» dachte der
Glossator wohl an die Palästina durchziehenden Heere der Seleuciden und Ptolemäer und
bei M wird ihm vor allem das Bild des Antiochus Epiphanes vor Augen geschwebt
haben. Zu "lil 'n'«*^ nns^-^S fehlt das Obj. wie Jer 7 11; es wird für den Sinn zu er-
gänzen sein: was geschehen ist im Tempel und in Palästina. Also: Ich habe mit eigenen
Augen jetzt den Greuel der Verwüstung im Tempel und die Not im Lande gesehen; das
soll sich nicht wiederholen, darum v. 8^
9, fünfte Strophe: Aufforderung an Zion, über das Kommen des messia-
nischen Königs zu jubeln. An die Spitze des Reiches Jahwes (v. i-7) gehört ein
König in Zion. Aber der messianische König ist nicht den Königen der Welt
gleich, die mit äusserem Prunk und auf stolzem Eosse einziehen, damit an-
deutend, dass sie ihre Herrschaft auf Gewalt und Macht gründen. Dieses
eigentümliche, von sonstigen Schilderungen (vgl. Jer 17 25 22 4) ganz verschie-
dene Bild des künftigen Königs zeigt, dass der Prophet der Klasse der From-
men angehört, die wie der Verf. des Buches Dan die Hilfe allein von Jahwe
erwarteten. "h^l ist gegen die Regel hinten betont, s. Ges.-Kautzsch27
§ 72 s. p*'"^? bedeutet wohl hier nicht „moralisch gerecht", obschon der
König diese Eigenschaft hat, sondern „den der im Recht ist, der recht hat"
allen Feinden und Gegnern gegenüber, es kommt dem Sinne von „siegreich"
nahe vgl. Wildeboer ZATW 1902, 167 — 169; aber dass er wirklich den
Sieg, die Hilfe Jahwes erfahren hat und immer erfährt, drückt erst y^li aus,
vgl. Ps 33 16. ''^Ij;, eigentlich unterdrückt, arm, ist nach dem Exil gerade-
zu ein Ausdruck für fromm geworden; auch der Messias heisst hier so, weil er
„nicht aus der in Jerusalem herrschenden Partei der Gottlosen, sondern aus
der unterdrückten der Frommen" hervorgehen wird (Wellh.). Darum ist sein
Sach 9 9 430 Sach 9 1 1
Reittier auch nicht das stolze Kriegsross, sondern das Eselsfüllen. Zu dem
explicativen \ in b])_\ vgl. Ges.-Kautzsch^" § 154 a N^b.
10, sechste Strophe: Die Herrscherthätigkeit des Messias. Für
W^ni 1. rm.Dni vgl. das folgende "1511 und LXX; Subj. ist der Messias : er rottet
alles Kriegsmaterial aus, so dass die Kriege aufhören, vgl. zu Hos 2 20. Dass
hier Ephraim zum Reiche des Messias gerechnet wird, ist nach v. 1-7 wohlver-
ständlich, übrigens vgl. v. 10^. '^'p Dl^C^ ^i^ni, er spricht Frieden^ d. h. durch
sein Urteil und seinen Befehl schafft er Frieden den Völkern^ natürlich auch
über die Grenzen seines Reiches hinaus (vgl. Jes 2 Mch 4), das nach v. 10'^ ganz
entsprechend dem v. 1-7 aufgerichteten Reiche Jahwes auf das Gebiet innerhalb
der Idealgrenzen des heiligen Landes (Num 34 1-1 2) bemessen wird: vomEuphrat
im Norden bis %u den Enden der Erde, also wohl bis da, wo die Wüste im Süden,
resp. Südwesten beginnt, bis zum Bach Ägyptens, vom Meer im Osten d. h. dem
toten Meer zum Meer im Westen, d. h. dem Mittelmeere. Zu dem Friedensreich
unter den Völkern vgl. Jes 2 4 11 6-10 Mch 4 3 und s. auch Ps 72 8.
Die Ansicht, dass der Abschnitt v. 1-10 in die Zeit des Heranzugs Alexanders des
Grossen zu verlegen sei (so auch Rubinkam) und dass bei dem )ä^l (v. 8) an den Perserkönig
Oclius gedacht sei, lässt sich nicht halten. Eine Eingliederung von Aram und von Philistäa
in das Reich Jahwes konnte von Alexanders Siegen niemand erhoffen. Allen Judicien,
welche die Verse aufweisen vgl. zu v. 1 f. v. 5-7, entspricht nur die Zeit der Seleuciden-
herrschaft über Palästina und des kräftigen Erwachens der Hoffnung auf die Hilfe Jahwes
und die Neuaufrichtung eines israelitischen Reiches. "Was der Prophet verheissen, ist bis
zu einem gewissen Grade durch die Makkabäer verwirklicht worden, man vgl. z. ß. I Mak
12 24-33, in welch kurzem Abschnitt Hamath, Damaskus und Askalon als die Stätten der
Kriegsthaten der Makkabäer genannt sind.
2. Die Heimkehr der Diaspora in die herrlich geseg^nete Heimat nach der
Besiegung der griechischen Weltmacht 9 ii-iv. Die herrliche Eriedenszeit
(v. 9 f.) kommt erst nach Besiegung der Feinde (v. 1-7). Der neue Abschnitt (v. 11-17)
ist von demselben Gedanken beherrscht wie 9 1-10, er schildert den gewaltigen und blutigen
Kampf, den das Judentum mit dem Griechentum unter göttlicher Hilfe siegreich bestehen
wird, worauf dann die jüdische Diaspora aus der ganzen Welt nach Zion zurückkehrt.
Die Verse 11-17 bilden somit eine Parallele zu v. 1-10, die trotz der Anknüpfung mit
riJ<'D^ als selbständiges Stück zu behandeln ist. Auch im Metrum tritt diese Selbständig-
keit zu Tage; denn gegenüber den Sechszeilern stehen hier fünf Vierzeiler.
Der erste Vierzeiler wird in Uf. zu suchen sein; leider ist der Text nicht
unversehrt überliefert. Als fremdes Element ist bereits von Rubinkam, G. A.
Smith, Nowack in v. 11 12 D"".?? I'^i^ erkannt, das wohl hinzugefügt ist, damit man
112, Grube, Zisterne, nicht eigentlich, sondern bildlich verstehe = Gefängnis,
Exil. Ein fremdes Element scheint aber auch v. 12^ zu sein, weil es mehr einer
vergleichenden Reflexion als einer Weiterführung der Weissagung ähnlich
sieht. Der Text ist ja allerdings unsicher, die LXX hat anders, aber nicht
verständlicher gelesen, und so bleibt die Übersetzung zweifelhaft: auch heute
heisst es: zwiefältig gebe ich dir Ersatz. Zu T'Iiö soll das Subj. fehlen nach
GtES.-Kautzsch-^ § 116 s; zu auch heute ergängt man wie früher und sieht
dann in Ul n^^D ein Citat, das sich ursprünglich auf die Rückkehr aus dem
babylonischen Exil bezogen habe. Dies Citat kann Jes 40 2 nicht sein, da dort
von Strafvergeltung die Rede, eher könnte an Jes 61 7 gedacht sein. Lässt
Sach 9 11 431 Sach 9 14
man diese zweilelhaften Elemente ausser Betraclit, so bleibt als echter Bestand
folgende Strophe übrig: Um deines Hundcshhiles tcillen lasse ich Auch deine
Gefangenen los aus der Grube Und es werden zurückkehren zu dir, Zion, Die
nicht ho/lnumjslos Gefangenen. D? zu Anfang des Satzes bezieht sich auf '?I'^1''C«,
nicht auf n«, vgl. Ges.-Kautzsch'^^ § 153. "^nnS'DI ist ein prägnanter
Ausdruck; schwerlich aber kann ^T\^y^ = Hund mit dir gefasst und von dem
am Sinai unter Blutvergiessung vollzogenen Bundesscbluss Ex 24 3 ff', verstanden
werden, wie ich noch bei Kautzsch für möglich hielt; das Suff, gehört zu der
ganzen Stat.-constr.- Verbindung : rft'm Bundesblut, vgh Ges.-Kautzsch'^' § 135r.
T^'yi hat dabei den Sinn von den durch den Bund den Israeliten auferlegten
Pflichten, 3 D"! ist demnach das in Ausübung der religiösen Pflichten vergossene
Blut, also die Opfer, ganz besonders wohl das täglich dargebrachte blutige
Thamidopfer, vgl. Kkätzschmar Bundesvorst. 232 f. Weil Zion seine religiösen,
spec. seine kultischen Pflichten erfüllt, werden auch seine Angehörigen, die
jetzt noch im Exil festgehalten sind, frei. i2 Für ]1155^ n^ti^, das als
Anrede an die Gefangenen schlecht in den Zusammenhang passt, und wegen
der Unverständlichkeit von ]11??, einem air. Xsy., das gewöhnlich als fester Platz,
etwa = Zion, gefasst wird, sehr zweifelhaft ist, habe ich oben in der Übersetzung
vermutet: ]1*:i "^^ ^^?^1; LXX hat wenigstens noch kein 1 zwischen ^ und 2 im
Vert gelesen. Hljpr^n ''TCtJ sind Gefangene, die Hoffnung auf Befreiung
haben, sicher auf ßettung rechnen dürfen.
13, der zweite Vierzeiler, begründet die Verheissung der Befreiung der
Diaspora mit dem Hinweis auf den bevorstehenden Sieg des Judentums über
das Griechentum. Denn ich spanne mir Juda Als Bogen, den ich mit Ephraim
fülle. Und biete deine Söhne auf gegen Jawan Und mache dich wie das Schwert
eines Helden. Juda, Ephraim und Zion sind die Waffen: Bogen, Pfeile und
Schwert, die Jahwe im Kampf gegen Jawan handhabt. Ephraim ist ja noch
vorhanden, wenn auch noch zum Teil in der Diaspora, „die späteren Juden be-
trachten sich als Nachfolger und Erben aller Stämme Israels" und .^Zion ist
hier überall die Gesamtbezeichnung der Theokratie, die auch Joseph oder
Ephraim unter sich begreift" (Wellh.). ril^'J^ ist Obj. zu "^y\^ zugleich
aber knüpft sich daran das Relativsätzchen (ohne 11^'S bei indeterminiertem
Nomen): D'^ID« "'O^^P = den ich fülle d. h. belege mit Ephraim als dem Pfeile.
Die Fassung Ephraims als Köcher empfiehlt sich w^eniger, da Pfeile notwendiger
sind und besser zu Bogen und Schwert passen als ein Köcher. Zu lliy
= aufregen, aufbieten, vgl. Ps 80 3. Neben der Anrede an Zion ist die
Anrede an Jawan unmöglich; aber die Verbesserung des zweiten IJ^J? in ^5?
mit den alten Versionen genügt nicht, das ganze Wort ist durch ein Versehen
hereingekommen (vgl. auch v. 14), gerade wie das richtige Explicitum Jl^li zu
dem ersten. Beide Wörter: das glossierte "^Jl^? und die Glosse ]1^:i, standen
wohl einst am Rande und wurden nachher unrichtig in den Text eingeschoben.
Jawan ist die griechische Weltmacht, nach y. if. repräsentiert durch die Seleu-
ciden.
14, der dritte Vierzeiler: Jahwe erscheint zum Kampf. Jahwe ivird über
ihnen d. h. den Zionssöhnen (T^^ oder ''iia vor ]V in v. 13 ist also nicht brauch-
Sach 9 14 432 Sach 9 17
bar) erscheinen Und sein Pfeil wie der Blitz ausfahren Und Jahwe wird in die
Posaune slossen d. h. das Signal zum Angriff geben Und in den Stürmen des
Südens einher sehr eilen. ^J^i« ist als das Kere zu dem folgenden Ketbib T\\r\\
zu entfernen. Zu den Stürmen des Südens vgl. Hab 3 3, doch s. auch
Jes 21 1, nach welcher Stelle die Südstürme besonders furchtbar gewesen zu
sein scheinen. In v. u hat der Prophet das Wort genommen und den
Held zu schildern begonnen, auf den v. i3 am Schlüsse hinweist.
15, die vierte Strophe: Jahwe schützt die kämpfenden Juden, die ein
furchtbares Blutbad unter den Feinden anrichten. Jahwe der Heere wird sie
schirmen, vielleicht ist ni>^n:i sekundär, wie "'i^S v. 13, Dass sie siegen und die
Söhne .... niedertreten Und trinken ihr Blut wie Wein Und voll davon werden
wie die Ecken des Altars, Mit KIostermann ThLZ 1879, 564 ist für das un-
haltbare ^^?«1, das nach dem folgenden ^n^ und 12 6 „gemodelt" scheint, eine
Form des Verbs Vd^, aber besser nicht Ql^^^l, sondern einfach ^'PDJI sie werden
die Oberhand haben, siegen, und für das störende ^)on das zu \T^\ passende
Obj. D?p^, ihr Blut, zu lesen, vgl. LXX. Weiter muss aber dann mit V^i^.'^^?^
der Feind bezeichnet sein, den sie überwältigen und dessen Blut sie trinken,
also die Jawanier. Offenbar ist daher "^^1 für "»in« zu lesen (Wellh.); wie aber
die Griechen V^J?"'^^!^ heissen (y^p. bedeutet sonst Schleuder), ist unerklärt. Das
Blut der Feinde trinken wie Wein ist offenbar bildliche Redensart für Kampf-
lust und Mordgier (Nowack) = das Blut in Strömen vergiessen. Im
letzten Stichos y. l8^ der in gutem Anschluss an das Vorangehende schildert,
wie die Sieger vom Blute besprengt sind, ist wohl p'JtD?, wie die Opferschale,
zu viel neben 'D ri^1\3, wie die vom Opferblut besprengten Ecken des Altars.
Letzteres scheint doch auch der bessere Vergleich zu sein und p"3|??? könnte
entstanden sein aus der abgekürzten Variante: D 't 1D3. Zu v. 15^ und der darin
hervortretenden Stimmung der Juden gegen die Feinde vgl. Jes 63 i-6 Ps 149 6.
16 17, die fünfte Strophe: das Glück der Sieger im fruchtbaren Lande
Jahwes. Und Jahwe ihr Gott schafft ihnen Heil, Wie Schafe weidet er sie in
seinem Land. Ja, tvie herrlich und wie schön wird es sein! Korn und Most
spriessen darin. Die Verse sind durch mancherlei Zuthaten verunstaltet.
Wellh. hat richtig als solche niDDI^np nU"^5n«3 (so zu lesen für '»in« ^?) erkannt,
da wie schimmernde Diademsteine weder zu dem Bilde von den Schafen noch
zu der Fruchtbarkeit des Landes (v. i?) sich schickt; niDplini? ist nicht sicher,
doch liegt wohl der Sinn von schimmern (man denke an D^i, zittern, das etwa
vom unruhigen Funkeln gebraucht sein kann) darin. Durch diesen Einschub
hat der Text gelitten; Wellh. vermutet den Ausfall von HJ^T und liest ]«li?,
also: wie Schafe weidet er sein Volk in seinem Lande; besser erscheint mir
die Annahme, dass der Best von DJ^T. er wird sie weiden, in löj? vorliege. Der
Text war verwischt und wurde dann unrichtig ergänzt; das hatte zur Folge,
dass man auch ]^s^^^ statt l«^? punktierte, was zu der seltsamen Vorstellung der
„Herde seines Volkes" führte. Weitere Zuthaten sind aber das hier sinnlose
oder doch nichtssagende «inn DI'*? v. 16 und die D'^'l^n? und ni^^HS 17, die
schon durch die merkwürdige Stellung des Verbums verdächtig erscheinen,
abgesehen davon, dass es schwer sein dürfte, einen besonderen Zusammenhang
Sach9i7 433 Sachl0 2
der Jünglinge mit Korn und der Jungfrauen mit Most naclizuweisen. Es wird
daher etwa für v. i?'' zu lesen sein: n;i ^2^y ^)yn] ]y], Korn n?id Most, die köst-
lichsten Gaben, sprirsscn reichlich darin seil, in dem Lande Jahwes (irup"]«
V. 16), auf das sich auch die Suff, in v. i?*^ beziehen müssen, man lese daher mit
Wellh., Nowack, V. Gall (Herrlichkeit Gottes 16) nn^to und n;D\ Die
fremden Elemente von v. lef. lassen sich zu einem Sätzchen zusammenreihen:
„an jenem Tage sind Jünglinge und Jungfrauen wie schimmernde Diademsteine",
das vielleicht die Schönheit und Pracht des Landes und seiner Einwohner zu
V. 17^ erklären wollte und vom Rande zerrissen in den 'J'ext eingeschoben wurde,
um schliesslich Veranlassung zu geben, dass man die Feinde in v. 15 aus j;bj5"'i2
zu j;'2p."'^??^j Schleuder steinen^ machte.
3. Von Jahwe, nicht von Teraphim und Wahrsagern kommt der Segen 10 1 2.
Der kleine Abschnitt hebt sich von der Umgebung deutlich ab ; denn er enthält im Unter-
schied von 911-17 und von 10 3ff. Mahnung, nicht Weissagung. Zwar lehnt er sich an
9 17 an, da er auf den hinweist, der den dort geschilderten Segen spendet, und auch mit
10 3 ff. ist eine Verbindung hergestellt, da v. 2'^ dst^ Bild von Herde und Hirt gebraucht, das
10 3 erscheint. Aber der Zusammenhang ist ein rein äusserlicher; der Tenor der Gedanken
ist sehr verschieden: 9 17 handelt es sich um den Segen des Landes in der messianischen
Zeit, dagegen 10 1 um den fruchtbaren Regen der Gegenwart; 10 3 ff. spricht vom Frevel
der Regenten, 10 2 dagegen von der Sünde des Volkes. Somit kann in den Versen nur
ein isoliertes Stück gesehen werden, das als Anhang zu 9 (11-) 17 gedacht ist, von dem
später noch ein Übergang auf 11 3 ff. in 11 2^ gesucht wurde. Da nämlich auch der Zu-
sammenhang von 11 2'^ mit 11 1 2^ sehr locker ist, wird man v. 2^ als nachträgliche Klammer
ansehen. Ob der Prophet von 9 1-17 auch der Verf. von 10 1 2^ ist, kann nicht mit Sicher-
heit behauptet werden. Die beiden Verse sind ein Anhang zu Cap. 9 zur Mahnung der
Zeitgenossen des Autors. Auch wenn sie von zweiter Hand stammen, so gehören sie einer
späten Zeit an; dass Zauberei und Wahrsagerei in den letzten Jahrhunderten v. Chr.
unter den Juden nicht fehlten, ersieht man nicht nur aus dieser Stelle, vgl. Jes 57 12 f.
Hab 2 \\i. Ist V. 2^^ nachträgliche Zuthat, so besteht der Abschnitt aus zwei Vierzeilern.
1 Erbittet von Jahwe Regen, die Beifügung ti^IpbD nj^| ist eine unverständ-
liche Limitation, die auch LXX oder ihrer Vorlage nicht behagte, weshalb
dort der Frühregen neben den Spätregen tritt; es handelt sich um den Regen
überhaupt, nicht speziell den Spätregen, den man von Jahwe erbitten und nicht
durch irgend einen Zauber sich zu verschaffen suchen soll. Jahwe schaffet
Donner strahlen, vgl. zu D^rtn Hi 28 26 38 25; Giebt Regen für euch, Für Jeden
Gewächs auf dem Felde, 1. u:h für Dn'j, wie der Impera. ^b^^ verlangt, und ent-
ferne n^D^ vor D^J, mit dem es wesentlich identisch ist (vgl. zu Hi 37 6) und für
das es der Schreiber aus Versehen zuerst hinsetzte (ähnlich ist viell. ^J^nhlS ^y\
Jes 3 12). Regen ist die Grundbedingung und darum der Inbegriff des Segens
der Natur, vgl. Jo 2 21-24; von ihm, resp. von seinem Geber, hängt das Wohl-
ergehen ab, vgl. 14 17. Schwerlich ist er aber mit Wellh. nur als Bild für
Hilfe und Neubelebung in mehr politischer Bedeutung zu nehmen. 2^ Die
Götzen helfen nichts; die sind gänzlich zu lassen, nur von Jahwe ist Segen zu
erwarten : Denn die Teraphim reden Lug Und die Wahrsager schauen Trug
Und eitle Träume reden sie, Spenden windigen Trost. Zu D'D'jnn vgl. Hos 3 4,
sie reden d. h. sie geben Orakel vgl. Hes 2126, aber Lügenorsikel, darum
stehen sie mit D^Dppn zusammen, vgl. Jes 2 6 3 2 Mch 3 6 f. Für «^,f n nib'pn
Kurzer HC zum AT XIII 28
Sach 10 2 434 Sach 10 4
ist nicht mit Stade und Nowack N*1^ niö'^rjn zu schreiben, sodass die Träume
Subj. werden; die Verba ^l^l"! und I^IDni^ gehen auf die beiden Subjekte von
V. 2»* zurück. Eher ist der Artikel vor Slti^ zu tilgen. Die Perfekta drücken die
Erfahrung, die Iraperfekta die Gewohnheit aus. Das Urteil über die
Götzen erinnert an Hab 3 18 und der ganze Halbvers hat wohl I Sam 15 23 vor
Augen, s. Stade ZATW 1881 59—61.
2'^ ist nachträgliche Zuthat, die dem Gedanken von v. 2^ eine andre Wendung giebt:
V. 2^ soll nicht die Mahnung von v. 1 begründen, sondern die Ursache von eiügetretener
Not und Bedrückung darlegen. Sonderbar ist auch die Subjektlosigkeit, nachdem doch
vorher nur von Götzen und Wahrsagern die Rede war. Dem Glossator sind die „sie" eben
die Israeliten, sie mussten iveiterziehen , wie eine Herde, als Nomaden ohne festen Wohn-
sitz ins Exil wandern, und ins Elend kommen, 1. mit LXX ^3j;i für US?'_, vgl. Jes 53 4 Ps
119 71, iveil ihnen kein Hirte war, d. h. weil sie Jahwe verlassen und Götzendienst getrieben
hatten. Der Abfall von Jahwe führte das Exil wie alle nachherige Knechtung herbei. Die
Änderung von ^^DJ in ^lyi oder ^5;y, umherirren, (Wellh., Nowack) und die Entfernung
von U_S?^_ (Nowack) sind unnötig.
4. Der Sturz der gottlosen Fremdherrschaft 10 3— 11 Hi Dass es sich bei
den „Hirten" und „Böcken", gegen die Jahwes Zorn entbrennt, um fremde Herrscher, die
über Juda regieren, handelt, zeigt v. 4 (s. unten die Erklärung). Einheimische Führer
sollen aufkommen und durch Jahwe gekräftigt die heidnische Macht stürzen; die Dias-
pora kehrt zurück und setzt sich im freien Lande fest. Die ganze Prophetie 10 3 — 11 3
umfasst zehn Vierzeiler.
3, die erste Strophe fasst kurz den Inhalt des ganzen Orakels zusammen :
Auf die Hirten ist mein Zorn entbrannt Und die Leithammel werde ich strafen ;
Denn Jahwe schaut nach seiner Herde Und macht sie zu stolzen Rossen. Der
Wechsel zwischen erster und dritter Person darf bei unserm Propheten nicht
sehr auffallen, der ohne Bedenken bald Jahwe redend einführt, bald selber das
Wort nimmt. Zu dem guten Sinne von "IJ^Ö mit "ns, = nachjmd. sehen, sich
jmds. annehmen, vgl. Jer 23 2, zum schlimmen Sinne mit ^j; = an jmd. Heim-
suchung üben, ihn strafen, vgl. Jes 24 21. Zu dem Bild von den Hirten
für die Regenten des Volkes vgl. Jer 23 i-4 ; D^il^r^J?, == Leithammel, ist ebenfalls
Bezeichnung für die Führer s, Jes 14 9. rr\^r\\ n^?"riiS; ist Glosse ( WellHc ,
Nowack) und nisn? amplificatorische Auffüllung; aber ebenso ist auch nön^ö?
zu entfernen. Dass es sich um Kriegs rosse handelt, ist selbstverständlich; das
Wort ist fälschlich aus v. 5 hier beigefügt worden. Gut bemerkt Wellh. : „Die
Weissagung, dass die Schafe sich in Streitrosse verwandeln werden, hat sich
in den makkabäischen Kriegen sehr merkwürdig erfüllt."
4, die zweite Strophe: In Zukunft sollen nur Einheimische die Führer
sein. Aus ihm selbst (stammen) die Ecksteine, Aus ihm selbst die Pfähle,
Aus ihm selbst die Kriegsbogen, Aus ihm selbst gehen alle Machthaber hervor.
^i?2)? ist nicht auf Jahwe zu beziehen. Ein Gegensatz zwischen von Gott und
von Menschen eingesetzten Regenten würde wohl anders ausgedrückt, vgl. Hos
8 4. Jahwe ist offenbar der Sprechende und für die Beziehung des Suff, auf
Juda spricht Jer 30 21% auf welche Stelle unser Vers zurückgeht. Die Be-
fehlshaber im Staate werden unter verschiedenen Bildern genannt: zu H^? vgl.
Jes 19 13; zu ^V\\, Zeltpflock, s. Jes 22 23; Kriegsbogen bezeichnet wohl den mili-
tärischen Führer. Zuletzt kommt eine eigentliche Bezeichnung für einen Macht-
Sach 10 4 435 Sach 10 9
haber, nämlich b^^i, und zwar wie Jes 312 60 i7 oline üble Nebenbedeutung.
1'in;;, das in V. 4 nach dem Sing, sich eigentümlich ausnimmt, gehört zum fol-
genden Verse; es steht öfters am Anfang eines Satzes, z. B. .les 11 14 45 16
Jer 51 38.
5, die dritte Strophe: Die Niederwerfung der Fremden. VMsammen
(setze nn^ vom Ende von v. 4 an Stelle von Vni, das bei falscher Satztrennung
notwendig wurde, s. v. 7, wenn es nicht bloss aus falscher iJittogiaphie hervor-
gegangen ist) zerstampfen sie Helden Wie den Kot der Hassen im Kampf, 1. mit
Wellh., Nowack und G. A. Smith D^lii;^ statt .33, das aus v. ? stammt, und
to^'ps statt to'^p!!, da der mas. Text den Helden die Aufgabe doch gar zu leicht
macht. Und sie streiten, denn Jahwe ist mit ihnen, Und die Reiter zu Hoss
werden zu schänden. VT\\ = alle zusammen, nämlich die Führer und die
Geführten. Zu T\\^\Vs to^ps s. Mch 7 lo; zu ^t^nh vgl. 9 5. D^p^iD ^^Dh
sind die Feinde, die Weltmächte, die sich auf Rosse verlassen, s. Jes 30 16 31 i
Hos 14 4 und vgL Hes 23 6 12 23 und bes. 38 15.
6^, die vierte Strophe: Jahwe stellf Juda und Israel in früherer Blüte
wieder her: Ich mache das Haus Juda stark Und dem Haus Joseph bringe ich
Hilfe, Jch führe sie zurück, denn ich habe Erbarmen mit ihnen Und es wird
sein, als hätte ich sie nicht Verstössen, Für die Unform D'^nUC^ln'l, die Ablei-
tung von n^J oder "IW offen lassen will, 1. wie v. 10 D^nia^ni, vgl. Ges.-Kaützsch2 7
§ 72 X. Zwischen dem ersten und zweiten Stiches ist nicht mit Wellh.
und NovTACK allzu scharf zu trennen, wenn sich schon das Folgende in der Haupt-
sache auf „Joseph" bezieht; es waren immer auch noch Judäer in der Diaspora
und für Juda bedeutete die Rückkehr eine Verstärkung, für Joseph eine ßesti-
tution. Übrigens zeigt die Nennung des Subj. in v. 7, dass der Autor erst von
dort an die Zurückführung der Diaspora Josephs d. h. des Nordreichs allein
im Auge hat. 6'' ist sekundär eingefügt, um die Sicherheit der Verheissung
aus der Zugehörigkeit Jahwes zu Israel zu begründen: Jahwe erbarmt sich
Israels und erhört sein Gebet gewiss, weil er sein Gott ist. Im Zusammenhang
ist diese recht allgemeine Begründung und Aussage jedenfalls unnötig.
7, die fünfte Strophe: Die neue Lebenskraft und Lebensfreude Ephraims.
Und die Ephraimiten werden Helden gleichen. Und ihr Herz wird fröhlich
sein, wie von Wein, Ihre Kinder werden es sehen seil, die v. 6* verheissene
Rettung und fröhlich sein, Jubeln wird ihr Herz über Jahwe. 00*^^^, die
Ephraimssöhne , sind nichts andres als D*;*]?fcJ, die Ephraimiten , vgl. 9 13 ''^2
8 9, die sechste Strophe, beginnt mit der näheren Darlegung des Weges,
auf dem die Verheissung von v. 6 f. ausgeführt wird: Jahwe ruft die Diaspora
aus der Ferne zurück. Ich will ihnen zischen vgl. Jes 5 26 7 I8 und sie sammeln
Und sie sollen zahlreich werden^ wie sie einst war en^ vgl. die genaue Parallele
Jer 23 3. D^n^lD ^3 ist eine sekundäre Anmerkung wie v. 6^ die gerade wie dort
das theologische Stichwort liebt, dort: Jahwe der Gott Israels und der Erhörer
seiner Gebete, hier: die Erlösung. 9 Ich säte sie unter die Völker Und
sie sollen ihre Kinder grossziehen und heimkehren^ 1. DJ^^I^J für '«1, da es sich
im Anschluss an v. 8 nur um die Vergangenheit handeln kann; dagegen ist es
28*
Sach 10 9 436 Sach 11 1
nicht nötig, mit Wellh. und Nowack D^jIiJJ , ich verstreute sie, zu lesen, da das
Säen ebenso gut zu ]^?j^ von v. 8 und besser zu dem Kindergrossziehen v. 9'' passt.
Jetzt kommt die Zeit der Ernte, da die Früchte der Aussaat unter die Völker
eingeheimst werden, vgl. Jes 27 12. ^i^^^^. D'^j^niJSn^ sehe ich für Glosse
an, die auf der Linie der Einschübe von v. 6 und 8 steht und an die päda-
gogische Wirkung des Exils erinnert. Schwerlich sind auch die Worte eine
gute Vorbereitung für das Folgende; denn die Kinder zogen sie gross, auch so
lange sie Jahwes nicht gedachten. Für VT\\ 1. mit LXX ^^ni. Ins
Exil wurde Israel gebracht, nicht um dort unterzugehen, sondern um dort einer
neuen Generation zu rufen, in der es einst zurückkehren sollte.
10, die siebente Strophe: Die Heimführung aus Ägypten und Syrien
und die ^Ansiedelung in der Heimat. ^'W^ ist nicht das alte Assyrien, das nicht
mehr bestand, als von der Heimführung Judas und Israels aus dem Exil die
Rede war, sondern, wie sehr häufig, das spätere Syrien, s. zu Mch 5 4 f. D"11^P
ist dem Seleucidenreich gegenüber das Reich der Ptolemäer. In das Land
Gilead führe ich sie heim Und nicht wird es ihnen ausreichen. Aus metrischen
Gründen ist X^y^\ wohl zu streichen; es ist eingefügt, um auf Tyrus überzuleiten,
das man in v. 11 fand (s. dort). Zum letzten Stichos vgl. Jes 17 1 6, zum ganzen
Vers Mch 7 u f.
11, die achte Strophe: Der Auszug aus Ägypten und der Sturz von
„Assur" und Ägypten. Und sie durchziehen das ägyptische Meer Und es ver-
trocknen alle Strudel des Nils Und der Hochmut Assurs wird gestürzt Und das
Königsscepter weicht von Ägypten. Z\i lesen ist zu Anfang: D^i:iD"D^_l ^^^j;!, der
Plural nach LXX und die weitere Verbesserung nach Wellh. und Nowack;
zu dem ägypt. Meer vgl. Jes 11 15, gemeint ist das Schilfmeer, ihm entsprechen
die Strudel des Nil'. Meer und Nil vertrocknen, damit sich der Heimkehr der
Diaspora keine Hindernisse entgegenstellen, vgl. auch für die Sache Jes 11 15.
Der Text ist früh durch fehlerhafte Haplographie des D entstellt, vgl. schon
LXX. Den so entstandenen Text las man VT^ D^? (so LXX sv öaXaaoTjj oisvfi)
oder nii D13, wobei man also an Tyrus dachte, so schon der Interpolator, der zur
Erklärung das Sätzchen nb"^n D^n nsni aus 9 4 entnahm und hierher setzte, wo
dann das letzte Wort in D^^? verdarb, vgl. Beilagen bei Kautzsch zu der Stelle.
Mit der Beifügung dieser Glosse hängt die Lesung des Sing. 155^ und die Ein-
setzung von ll^^r'^ in V. 10 (s. dort) zusammen. Weist man die Worte an den
Rand, wohin sie gehören, so erhält man einen richtigen Vierzeiler und wird
nicht mit Wellh. und Nowack li^^nhl, "imni und I^D'^ lesen; die mas. Lesart ist
viel besser, Gott ist ja nirgends genannt und im Notfall wäre allein WZi'^^ für
^ti^'^nh] zu setzen. 12 ist wieder ein Zusatz wie die Einschübe in v. 6 und v. 8.
Die „sie" sind wieder so unbekannt und doch bekannt wie in der Glosse v. 2^
Auch sonst spricht dieForm mit dem von sich abwechselnd in erster und in dritter
Person redenden Jahwe nur für einen Interpolator; denn selbst wenn man DH'llIl,
ihre Stärke für D^iniS^ liest, bleibt die Inconcinnität noch gross genug: Jahwe
redet von sich in der dritten Person, das nin'^ Di^i bestätisft dies ausdrücklich.
Für ^Dpnn^ hat man immerhin in dieser Glosse nach LXX -I^Vnn"^. zu lesen.
12^, die neunte Strophe: Der Jammer der heidnischen Weltmacht über
Sach 11 1 437 Sack 11 4
ihren Fall; die heidnische VV^.dtnnicht erschciint hier nnter dem Bilde des
Libanonwaldes wie des 10 34 und der Waldun^^ Hasans, die (Jedem des Liba-
nons und die Eichen Basans repräsentieren die heidnischen Herrscher. ÖfPne,
lAbimon, deine Tore, Dass Feuer deine Vedern verzehre! Jammert, ihr Eichen
ßasans. Denn gepilK irird der lUinnwald. Mö^dich ist, dass gerade der Libanon
samt Easan als EiUl der heidnisclien Weltmacht erscheint, weil sie wie die
seleucidische Herrschaft im Norden lagen. Nötig ist das aber ni('ht; beide
Waldungen konntenals unverletzliche und unnahbare gut die scheinbar unbesieg-
bare Weltmacht darstellen. Was ^Xi^T\ Ij;^ (Kere: I^^BH) ist, weiss man nicht
sicher; nach Wellh. ist es in der Übersetzung mit Ä«/2W/r«/rf wiedergegeben.
Zu der Artikellosigkeit von "lj;;i vgl. Ges.-Kautzsch^^ g 126w. 2'^ halte
ich ganz für sekundär: der zweite Teil ist Voraufnahme von v. 3"^!^ und mit
verdächtigem ll^i^J eingeleitet (vgl. zu 8 9''); der erste wollte vielleicht die ver-
missten Cypressen des Libanons auch zu ihrem Rechte kommen lassen: wie
Cypressen und Cedern in Jes 14 8 zusammen sich freuen, sollten sie auch zu-
sammen weinen. ^
3, die zehnte Strophe: Noch einmal der Jammer der gestürzten Herr-
scher, die hier unter dem Bilde von Hirten und Löw^en dargestellt werden. Die
Grundstelle hierzu ist Jer 25 34-38. Horch! die Hirten jammern, Weil ihre
Würde vernichtet ist; Horch! die Löwen brüllen, Weil die Pracht des Jordans
vernichtet ist. Die Bedeutung von Dn*]"^« ist unsicher, Nowack möchte dafür
Dn"'j;"i)?, ihre Weide lesen. l'lTn ]\^^ bezeichnet das Dickicht an den Ufern des
Jordans, in dem die Löwen hausen, vgl. Jer 12 5 49 19 50 44. Mit D''pn schlägt
V. 3 auf den Anfang 10 3 zurück: Die Strafe Jahwes hat sich an den fremden
Regenten vollzogen, wenn sie über den Zusammenbruch ihrer Macht und den
Verlust ihrer Wohnsitze jammern.
IL Darstellung des Treibens der Regenten und Bedrohung des ruchlosen
Hirten 11 4— ly 13 #'—9. Der Abschnitt gehört zu den originellsten des ATs, unter-
scheidet sich auch durch seine ganz andre Art von 9l — 118. Dort ist es Weissagung,
hier Darstellung der Geschichte der jüngsten Vergangenheit, dort herrscht die Hoffnung
vor, hier die trübselige Stimmung. Die Gegenwart erweckt den Pessimismus, aber der
Glaube an das Heil der Zukunft erhält den Optimismus. AVas beide Darstellungen verbindet,
ist die Überzeugung, dass die traurige Gegenwart, wie die herrliche Zukunft von Jahwe
geleitet und gewollt ist. In eigentümlicher Weise werden die Ereignisse der Gegenwart
und die göttliche Leitung derselben dargestellt. Der Prophet erzählt, w^as er auf Gottes
Geheiss gethan hat: Zuerst war er für kurze Zeit ein Hirte, der von den besten Absichten
erfüllt war, aber schliesslich sein Amt aufgab, jetzt ist er ein ruchloser Hirte, dem die gött-
liche Strafe angedroht ist. So wird in lebenden Bildern die Geschichte aufgeführt und zu-
gleich das göttliche Urteil über die Personen, die dargestellt werden, gesprochen. Das
Ganze ist aber nicht Erzählung einer wirklich vom Propheten ausgeführten Handlung; die
Darstellung in Form eines Referates ist nur schriftstellerische Einkleidung, eine Art Alle-
gorie, die die Namen der Personen nicht zu nennen braucht, die Sache aber recht deutlich
und anschaulich macht. Da es schw^erlich einem Zweifel unterliegen kann, dass der
ruchlose Hirte der Hohepriester Alkimus ist, so wird die Entstehungszeit dieses Stückes
etwa auf das Jahr 161 oder 160 kurz vor dem Tode des Alkimus zu bestimmen sein. Dieses
Datum harmoniert auch mit dem, was sich aus 9 1 — 11 3 ergab, und was sich auch sonst
aus dem vorliegenden Stücke 114-17 entnehmen lässt, trotzdem die Verhältnisse jener Zeit
nicht bis ins einzelne aufgeklärt sind. Wie Ewald erkannt hat, gehört 13 7-9 als
Sach 11 4 438 Sach 11 7
Schluss unmittelbar hinter 11 17; in 13 7-9 geht zunächst die Drohung von 11 17 weiter
und bricht schliesslich noch die Verheissung durch.
4 Aus V. 15 ergiebt sich, dass der Befehl Jahwes nicht eigentlich gemeint
ist: Der Prophet soll nicht wirklich Hirte werden, sondern ihn darstellen, wie
er ja nachher ebenso einen andern Hirten darstellen soll (v. 15); vgl. ferner
Vorbemerkung. Für \n^S setzt LXX iravToxpaiojp = ni^^n^; nach v. 15
wird man aber "h^ als ursprünglichen Text zu vermuten haben. Das ^^ich^^ des
Abschnitts ist natürlich der fingierte Darsteller; höchst wahrscheinlich liegt
aber auch darin, dass der Prophet sich selber als diesen Darsteller ausgiebt:
er führt die symbolische Handlung nicht in Wirklichkeit aus, sondern stellt
sie nur schriftlich dar. 5 erklärt den Ausdruck nyynT] )«:J, vgl. auch Jer
12 3. ]T\^^p ist neben lO^'^iDb, ihre Verkauf er^ nicht -= ihre Besitzer^ wie z. B. Jes
1 3, sondern = ihre Käufer. Dass hier Käufer und Verkäufer wesentlich iden-
tisch sind, jedenfalls in ihrem Benehmen gegen die Herde gleich verfahren, ist
sicher; ebenso ist kein Zweifel, dass DH'^J^h, ihre Hirten^ von ihnen verschieden
sind, beachte das Masculinsuffix, DH", das sich auf die D^'Yp und D'^ipb bezieht.
Jedoch wird sich der von Nowack angenommene Unterschied, dass die ersteren
die fremden Gewalthaber, die letzteren die einheimische Obrigkeit repräsen-
tieren, nicht halten lassen, führen die ersteren doch den Namen Jahwes im
Munde. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehen die beiden ersten Bezeichnungen
auf die in Jerusalem um die Herrschaft und Hohepriesteramt streitenden Par-
teien und Familien, deren Behandlung des Volkes zu gleicher Zeit als Kauf
und Verkauf taxiert werden kann; man denke an die Kämpfe der Oniaden und
Tobiaden um 170 v. Chr. Die Hirten aber sind die in ihrem Dienste stehenden,
von ihnen meist ganz abhängigen Beamten, 'die fungierenden Hohepriester.
^Dti^^^^ N^l bedeutet: und die sich nicht verschulden: aber diese Worte sind
ironisch gemeint, hinzuzufügen ist'in Gedanken: nach ihrem eigenen Urteil, vgl.
die folgende parallele Aussage, in der die Worte der schlechten Hirten direkt
angeführt [werden. Zu dem Verb]D^JJ vgl. zu Hos 5 15. Für "IDS"'' 1. den
Plural T\m\ ebenso ^DH^ für ^IDn^, vgl. LXX. Das gottlose Geschäft be-
gleiten die Händler mit einem Lobpreis Jahwes, weil sie grossen Gewinn dar-
aus gezogen haben; vgl. zu 1^'J^^^l Ges.-Katjtzsch^^ § 19 k.
6 ist ein Randcitat, das eine Begründung von v. 5^ enthält und damit vom Tenor
der Gedanken abführt. Dieser tendiert doch darauf, dass auf die böse Zeit der schlechten
Hirten mit dem vom Propheten dargestellten Hirten eine bessere kommen sollte, und nicht
darauf, dass die Welt rettungslos zerschlagen werde. Der Inhalt von v. 6 weist auf Zu-
stände hin, wie sie in der Zeit der Diadochen herrschten, als die unaufhörlichen Kriege
der Fürsten und Feldherrn Völker und Länder verwüsteten. Ohne nin^ D«i kann das Oitat
Vierzeiler sein, dessen Verse nach dem Kinametrum gebildet sind: Denn fortan ivill ich
nicht schonen die Bewohner der Erde, dass es sich um die Erde handelt zeigt das allge-
meine ü^Jyn samt der darauffolgenden Erklärung. Siehe ich tvill nun selber ausliefern die
Menschen, Einen jeden in die Geivalt seines Hirten, 1. inx^^i für ^n^*i , vgl. das parallele isbö
und in die Gewalt seines Königs, zu n^_n i^^iJ^n vgl. II Sam 3 8, Und sie die Fürsten werden
die Erde verwüsten und ich werde niemand aus ihrer Ha7id retten.
7 Fortsetzung von v. 4 f. Die im Zusammenhang unbrauchbaren Wörter
]^*S5n ^l^V ]5^ sind mit Klostermann wie v. ii zusammenzulesen, sodass sie lauten:
Sach 11 7 439 Sach 11 10
)S^n ''l'.^nDS, -- für die Händler der Schafe, v^^l. Jes 23 8. Üiese „ Schaf händler''
sind nichts andres als die Käufer und Verkäufer von v. 5 und der Gebrauch
von "^^ij;3--- „Krämer" kann keineswegs für riichtjüdische Abstammung dei'selben
ins Feld geführt werden, vgl. 14 21. Der von Jahwe bei'uiene Hirt steht somit
im Dienst dieser Schafhändler. Die beiden Hirtenstäbe, die seine Wirksamkeit
charakterisieren sollen, nennt er DJ^X lluld, (vgl. v. 10) und D'^'p^h, Verbindung,
(vgl. V. 14). 8 Der Anfang redet von den drei Hirten, die er in einem
Monat vernichtet. Sie müssen im Vorhergehenden ursprünglich erwähnt ge-
wesen sein, wahrscheinlich war ihm der Auftrag zu ihrer Vernichtung von
Jahwe selber gegeben und ist derselbe hinter v. 5 durch den Einschub von
V. 6 verdrängt worden. Immerhin klappt auch nachher nicht alles, denn das
Suffix in DH^ (v. 8'^) kann sich keinesfalls auf „die drei Hirten" beziehen, son-
dern geht höchst wahrscheinlich auf ]^^^n v. 7. Es bleibt daher die Möglichkeit,
V. 8^ könnte hinter v. 7^ gehören; andernfalls muss mit Wellh. hinter v. 8^ eine
Lücke angenommen, in der die Überleitung auf die DH— von v. 8^' gegeben war,
oder v. 8^ als Einschub betrachtet werde«. Die drei Hirten müssen zu
den von v. 5^ charakterisierten gehören; es können, wie Eübi^^kam annimmt,
Lysimachus, Jason und Menelaus sein, die in verhältnismässig kurzer Zeit, hier
in allegorischer Weise auf einen Monat bemessen, aus dem Amte entfernt
wttrden: Lysimachus wurde von einem über seine Gewaltthaten wütend ge-
wordenen Volkshaufen erschlagen (c. 171 v. Chr.) II Mak 4 42, Jason wurde
170 V. Chr. vertrieben und fand im Exil ein schimpfliches Ende II Mak 5 10,
und Menelaus, der 170 v. Chr. wieder in das Hohepriesteramt eingesetzt worden,
erlebte die Aufhebung des Kultus im Jahre 168 v. Chr., gelangte aber nach
der Wiederherstellung desselben 165 v. Chr. nicht zu seinem Amte, da Judas
den gottlosen Griechenfreund von Jerusalem fernhielt, 163 v. Chr. ist er in
Beröa in Syrien eines gewaltsamen Todes gestorben II Mak 13 3-8. Das ist
wohl die beste Erklärung der drei Hirten, für die man von Moses, Aaron und
Mirjam (Hieeonymus) bis auf Galba, Otho und Vitellius (Calmet) Namen ge-
sucht hat; denn diese drei Hohepriester passen entschieden besser als Sacharja,
Schallum und irgend ein unbekannter Prätendent in den letzten Zeiten des
Nordreichs, oder als Antiochus Epiphanes, Antiochus Eupator und Demetrius
oder als Judas, Jonathan und Simon oder als die drei Weltreiche: Assur,
Babel und Persien, oder als Prophet, Priester und König oder als Pharisäer,
Sadducäer und Essener. Zu In einem Monat als allegorischem Terminus
für eine kürzere Spanne Zeit vgl. die Umdeutung der siebzig Jahre Jer's in
490 Jahre bei Dan 9. Für das unsichere Stt. Xey. nbnia (Prv 20 21 ist zu
ändern, s. dort) vermuten Geigee und Nöldeke ZAT W 1897, 187f., n^??, das
jedoch an Jer 3 14 31 32 keine Stütze hat, besser schlägt Nowack T\bvt vor,
vgl. Jer 14 19. 9 Dem Hirten ist das Hirtenamt verleidet, darum über-
lässt er die Herde ihrem Schicksal, das nur der Untergang sein kann vgl. v. 8
13 8. 10 Infolge dieses Entschlusses wird der Stab Huld zerbrochen; was
das bedeutet, sagt v. 10^^: Der Bund, den der Hirt mit allen Völkern geschlossen
hatte, wird aufgelöst, d. h. das Friedensverhältnis zwischen Juda und den
Nachbarn hat ein Ende, Juda ist den Völkern preisgegeben vgl. zu Hos 2 20.
Sach 11 10 440 Sach 11 14
Unter allen Völkern ist an die Nachbarn zu denken, z. B. an die Philister,
Idumäer, Ammoniter, Araber; doch ist auch daran zu erinnern, dass nach der
Darstellung von II Makk 5 i-ii die Streitigkeiten der oben genannten Hohe-
priester Jason und Menelaus zur syrischen Intervention führten. Das Volk
wollte keinen guten Hirten, so griffen die auswärtigen Mächte in seine Schick-
sale ein. 11 Daran, dass gerade an jenem Tage d. h. gleichzeitig der
Friedenszustand aufhört, sehen die Händler (1. wieder wie v. 7 ]N^n "''JVJ?),
dass Jahwe es ist, der spricht, dass er also, wie wir sagen, den Stab über ihnen
gebrochen hat. „Das Verhängnis naht". '•ns D''1?pt2^'n, ihn beobachtende,
heissen die Händler, sie mochten gerade ihn, der nicht wie die früheren Hirten
den Händlern gleichgesinnt war, scharf im Auge haben. Er gehörte nicht zu
den hellenistisch gesinnten Hohepriestern. 12 Die DH— in Q^''b^^, zu denen
der Hirte spricht, können nach dem Zusammenhang doch nur die '^H ''!;^5?5?
sein; auch sachlich ist es das Natürliche, dass nicht die Schafe, sondern die,
welche sie als ihr Eigentum behandeln und für welche er sie weidet (v. 7), den
Hirtenlohn bezahlen. Er fordert von ihnen den Lohn, wenn sie über-
haupt dafürhalten, dass er welchen verdient habe. Da zahlen sie ihm als seinen
Lohn die Bagatelle von dreissig Schekel aus, gerade soviel als ein Sklave
kostet vgl. Ex 21 32, ein Zeichen, wie gering sie seine Dienste taxierten, trotz-
dem sie sahen, dass Jahwe zu seinem Wirken stand. 13 Jahwe befiehlt
ihm hierauf, die dreissig Silberlinge in den Tempelschatz zu werfen, vielleicht
auch ein Zeichen, dass der Hirte im Auftrag Jahwes handelte. Für "l^l^l, der
Töpfer, ist *l?1^^^' ^^^ Schatz, zu lesen, wie das Vi)7}\ n*"? am Ende des Verses
zeigt; denn beim Tempel gab es keinen Töpfer, aber einen Tempelschatz, und
dass „zum Töpfer werfen'' sprichwörtlich für „v^egwerfen" sei, will man nur
aus dieser Stelle erschliessen. Die Verwechslung von S und "^ kommt nament-
lich im Innern eines Wortes häufig vor, weil zwischen zwei Vokalen i< in der
Aussnrache leicht zu "^ wurde, verl. H^ll für JlS"! I Sam 22 1 8 22, nisn^ von ""^^
Jer 3 19 (s. dort). Pesch. und Targ. Jonathan haben auch richtig "i^Msn gelesen.
Dagegen vertritt LXX die mas. Lesart. Interessant ist auch, dass in dem
Abschnitt Mt 27 3-10, der auf messianischer Deutung unserer Stelle beruht,
sich das Schwanken zwischen Tempelschat% und Töpfer wiederspiegelt. Die
Hohepriester finden es schliesslich bei ihrer Überlegung, ob die dreissig Silber-
linge, der teure Preis des guten Hirten, in den Gotteskasten geworfen werden
sollen, richtiger, sie für den Acker des Töpfers zu verwenden. Vgl. Wellh. "1"]^
"iJJ'^n bedeutet wohl die Herrlichkeit des Preises, der herrliche Preis; doch ist
injSl unsicher. Vielleicht ist IjJ'^n IDti^ zu lesen, was der Bedeutung von ^ijj";
Schwer Cs Wert, auch besser entspräche: de?i schweren oder wertvollen Lohn,
dessen du wertgeachtest wurdest. Auf alle Fälle ist es eine ironische Bezeich-
nung der dreissig Silberlinge. Behält man nach mas. Texte ^V\^p^^ bei, so ist
diese Taxierung des Lohnes eine vom Hirten selbst gesprochene sarkastische
Parenthese (G. A. Smith); besser liest man jedoch mit Wellh. und Nowack
die 2. Pers. ri")pj, da eine solche Unterbrechung der Rede Jahwes unschicklich
ist. 14 Jetzt wird auch der zweite Stab gebrochen, der Stab Verbindung;
denn wie die Bedeutung, die diese symbolische Handlung hat, zeigt, darf nicht
Sach 11 U 441 Sach 11 15
mit den alten AusU^gern (auch Luther) der Stab „ W('/ie^^ (== D^^DH, Schmerzen)
verstanden werden. Nicht die Leiden und Nöte sollen aufgehoben werden,
sondern die Verhrüderuruj, 7T\T\^T\, zwischen Juda und Israel oder besser nach
zwei Codd., die p^tf^l"!"; Tür ^«"3^" bieten, zwischen Juda und Jerusalem. Letzteres
ist mit Recht von Wellh. und Nowack vorgezogen. Denn die gewöhnliche
Lesart setzt ja im Grunde noch die Zusammengehörigkeit von Juda und Israel,
nicht blos die Existenz von Israel, also den Bestand des Davidischen Reiches
voraus, da es sich um den Verlust eines realen gegenwärtigen Gutes und nicht,
wie Stade sich denkt, um das imaginäre von den Propheten verheissene Gut
der Wiedervereinigung der beiden Reiche handelt und da ferner ^«it^*^ im
Gegensatz zu Juda nirgends die hellenistisch gesinnte Partei noch die in der
Diaspora lebenden Juden bezeichnet. Nur die Lesart p'^^ni macht den Sinn
klar: die Einheit der Judenschaft soll zerrissen werden, Jerusalem und die
Landschaft Juda nicht mehr zusammengehen; dieser Gegensatz that sich ja
in den Kämpfen der Makkabäer kund, in denen sich die Landschaft gegen die
hellenistisch gesinnte Hauptstadt erhob; vgl. auch unten zu 12 2-7 14 u. Jeru-
salem und Israel wurden aber auch sonst im Texte verwechselt, vgl. Jer 36 2
(s. zu der Stelle und LXX).
Wer der Hirte war, nach dessen Abtreten vom Amte die Intervention des Aus-
landes erfolgte und die Landschaft sich in offenen Gegensatz gegen die Hauptstadt
setzte, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, da die Verhältnisse jener Zeit uns nicht ganz im
Einzelnen bekannt sind. Wellh. hält es für möglich, dass unter dem uneigennützigen Hirten
Hyrkanus der Sohn des Tobias gemeint sei, der „ein Mann von stolzer Gesinnung und
hohen Plänen war, mit seinen Brüdern, den Tobiaden, in voller Feindschaft lebte, sie be-
siegte und ihrer zwei tötete, sich indessen in Jerusalem doch nicht behaupten konnte",
s. JosEPHUS Antiqu. 12 122. Man könnte annehmen, dass „ihm seine Anhänger zuletzt Geld
gaben, damit er Jerusalem verlasse, als das gute Einvernehmen zwischen ihnen aufgehört
hatte und allerlei äussere Gefahren auftauchten" und es sei daran zu erinnern, dass „Hyr-
kanus der Sohn des Tobias nach II Mak 3 11 ein Depositum im Tempelschatz hatte".
Das beides könnte zum Verständnis der Angaben über den Empfang von Lohn und die
Deponierung desselben im Tempelschatz in v. 12 f. dienen. Da aber doch eher ein
wirklicher Hohepriester durch den guten Hirten dargestellt wird, so könnte man zunächst
an Onias III. denken, weil in seiner Zeit die Intervention Syriens begann; aber dann ver-
stände man nicht, wie von ihm gesagt sein könnte, dass er drei Hirten entfernt habe, da
er schon 171 v. Chr. hingerichtet wurde, als Jason und Menelaos sich noch um die Hohe-
priesterwürde stritten. Besser scheint sich sein Sohn Onias IV. zu empfehlen, der während
der factischen Herrschaft des Judas, der von Menelaos nichts wissen wollte (s. zu v. 8),
als Hohepriester fungiert haben könnte vgl. Schürer Gesch. des jüd. Volkes 3 4 I 215, dann
aber doch nach der Hinrichtung des Menelaos durch Alkimus ersetzt wurde. Dann stimmte
die Zeit, denn vor Onias IV. waren drei Hohepriester von ihrem Amte entfernt, auch be-
gannen damals die syrischen Eingriffe und der Gegensatz zwischen Stadt und Land
wurde recht lebendig bei der Einsetzung des hellenistischen Hohepriesters Alkimus im
Jahre 163 v. Chr. Leicht möglich, dass man den übergangenen Onias IV. mit einer kleinen
Summe abfand und dass er im Überdruss über die Jerusalemer nach Ägypten ging. Jeden-
falls war er ein Vertreter der Partei, die nichts von den Griechenfreunden wissen wollte. Die
spätere Gründung des Tempels in Leontopolis spricht eher für, als gegen diese Annahme,
übrigens mag sie zurZeit der Entstehung unseres Abschnittes noch nicht erfolgt gewesen sein.
15 Der neue Hirt, den der Prophet darstellen soll, ist ein ruchloser Hirt,
ein Griechenfreund; er ist offenbar Nachfolger des guten Hirten und wahr-
Sach 11 15 442 Sach 13 7
scheinlich auch der unmittelbare. Wellh. sieht darin Menelaus; ist jedoch
unter dem guten Hirten nicht Hyrkanus der Sohn des Tobias, sondern Onias IV.
gemeint (s. zu v. u), so kann in dem ruchlosen Hirten mit Bertholet (Stellung
zu den Fremden S. 219) und Duhm (zu Jer 50 7) nur Alkimus gesehen werden,
der auch dieser Qualifikation aufs beste entspricht, vgl. I Mak 7 5-25 9 54-57.
IG Das Treiben des ruchlosen Hirten wird nach Hes 34 4 geschildert. Den fol-
genden parallelen Singularen gemäss ist auch der Sing, ilinpi"! zu lesen. Für
das unverständliche ^V^^, das man gewöhnlich = das Zerstreute, das Verirrte
(ij^i nomen abstractum von 1J?i, das jedoch nur „schütteln" bedeutet, pro con-
creto) fasst, 1. mit Oort, Nowack nach Hes 34 4 HH'ilj = das Verstossene,
Verjagte, np^in, gewöhnlich als das Aufrechte, das Gesunde, gefasst,
passt nicht gut in den Zusammenhang, der vielmehr eine neue Kategorie von
Pflegebedürftigen erfordert. Buhl denkt an die Möglichkeit, dass iin^^n nach
arab. Analogie das starr, steif Gewordene, bedeutet, Nowack möchte lieber
nach Hes 34 4 n'^n^n, das Kranke, lesen. Was plD^ in^ipiD^ besagen soll,
ist ganz unklar. Das Spalten der Klauen soll nach Ewald und Hitzig Aus-
druck sein für das Treiben durch steinige Gegenden, nach von Orelli für die
Verstümmelung der Klauen, um die Tiere unbeweglich und daher fett zu
machen, oder gar nach Köhler auf das Essen des Klauenfettes hinweisen. 17,
wozu 13 7-9 die direkte Fortsetzung bildet, beginnt die Drohung gegen [den
ruchlosen Hirten, auf die der ganze Abschnitt abzielt. Die Drohung ist in
metrischer Form gegeben: 11 17 + 13 7-9 umfassen vier Sechszeiler oder, wenn
man lieber will, Tristicha, deren Zeilen in der Mitte eine Caesur aufweisen.
Die erste Strophe liegt in y. i7 vor: Wehe über meinen ruchlosen Hirten, 1. wie
V. 15 '''?''lisn für '^'''psn, das zwar nicht unpassend den Sinn gäbe: Hirte der Nich-
tigkeit, nichtswürdiger H., wobei ''^h mit sog. Jod compaginis stände wie das
folgende "»nji;, vgl. Ges.-Kautzsch2 7 § 901, Der die Schafe im Stiche lässt! Das
Schwert komme über seinen Arm Und über sein rechtes Auge, Din ist durch
13 7 geschützt, darum die Lesung 2yi unrichtig, vgl. auch Jer 50 37 f. (Nowack).
Sein Arm soll völlig verdorren Und sein rechtes Auge erlöschen,
13 y-9: Die zweite — vierte Strophe, der Abschluss von 11 4-i7. Die Zu-
sammengehörigkeit wdrd abgesehen von ihrem Inhalt auch dadurch erwiesen,
dass 11 16 und 13 7 ihr Vorbild an der ß^eihenfolge Hes 34 4 5 haben. 7, die
zweite Strophe: Wache auf, Schwert, gegen meinen Hirten Und den Mann,
der mir so nahe steht, trotz \ ist ^'J^l und 'j; 155 natürlich nur einer, s. 9 9; inj
^TS^H^V = der Mann meiner (3-enossenschaft, der Mann, der mein Genosse ist,
vgl. Lev 18 20, so heisst der ruchlose Hirt, weil er Hohepriester ist, der vom
ganzen Volke Jahwe am nächsten steht vgl. 3 7. Zu der Betonung von
n.Jij; auf der letzten Silbe vgl. zu ''^^^l 9 9. T\'\^y^ ni^n::"D«:i steht ausserhalb
des Metrums, ist auch erst nachträglich eingesetzt um den neuen Sprechenden
im Unterschied von 13 6 zu markieren, als die Verse 7-9 von ihrem ursprüng-
lichen Platz hinter 11 17 nach Cap. 13 verschlagen waren. Ich werde den
Hirten schlagen, 1. nach einigen Codd. und Mt 26 31 n|« (vgl. auch ^Pi^^ni) für
das schon durch sein masc. Genus auffallende "^H; Jahwe selber führt das
Schwert, Dass sich die Schafe %erstreuen. Und ich kehre meine Hand
Sach 13 7 443 Sach 12 l
natürlich zum Schlagen vgl. zu Am 1 8, (lefjm die Kleimm d. h. die Hirten-
buben, so Geiger, Siege]ued-Stade etc., vielleiclit ist nach Jer 49 20 50 45 auch
hier Dn;j;!^ zu lesen (vgl. zu Jer 49 20). S 9^^ die dritte Strophe: Die
Vernichtung von zwei Drittel der Bewohner im ganzen Lande. Und dann ge-
schiehts im ganzen Lande seil. Palästina 14 9 f., Ist der Spruch Jahwes, V.wei
Drittel (Dtn 21 17 II Reg 2 9) darin Sollen ausgerottet werden^ vergehen, nicht
nur exiliert, sondern durch den Tod weggerafft werden, Und der dritte Teil
bleibt da?' in übrig Und ich bringe den dritten Teil ins Feuer, vgl. Jes 6 13
Hes 5 13. 9 (von D'^n^nni an), die vierte Strophe: Das Gericht dient der
Läuterung. Und ich schmelze sie, wie man Silber schmelzt, Und läutere sie,
wie man Gold läutert, vgl. Jes 1 25 Jer 9 6. Er wird meinen Namen anrufen
Und ich teer de ihn erhören; Und ich werde sagen: mein Volk ist es! Und es
wird sagen: Jahwe, mein Gott! L. ''n^)?JJ'!, vgl. vorangehendes *l und LXX.
Der Wechsel von der dritte Teil, sie und er (es) ist vielleicht durch Erinnerung
an die Grundstelle verursacht; v. 9^ sieht nämlich fast aus wie Citat ^nach
Hos 2 22-25.
III. Jerusalems Rettung und herrliche Zukunft 12 I-I3 6 14 i-2i.
Das Thema von Jerusalems Schicksal in und nach dem Gericht über die Heiden-
welf wird in zwei selbständigen Stücken behandelt: 1) 12 1-13 6 und 2) 14 1-21. Jedes der-
selben bietet ein eigentümliches Gemälde der eschatologischen Ereignisse, wenn schon
natürlich auch hier die festen Lehren der nachexilischen Theologie zu Grunde liegen. In
einem Punkte differieren die beiden Stücke so sehr, dass man sich die Frage vorlegen muss,
ob sie beide einem Autor angehören können. Cap. 12 sagt nämlich nichts von einer zeit-
weiligen Eroberung Jerusalems durch die Heiden, während Cap. 14 diese deutlich in Aus-
sicht stellt. Gleichwohl wird man an der Einheit des Autors festhalten können, s. Vorbemer-
kung zu 14 1-21, wenn auch vielleicht angenommen vf erden muss, dass beide Capitel nicht
ganz gleichzeitig entstanden sind.
1. Jerusalems Rettung vor dem Ansturm der Heiden, seine reuevolle Er-
kenntnis einer schweren Schuld und seine Befreiung von aller Sünde und Unreinheit
12 1—13 6. Diese erste eschatologische Schilderung der Ereignisse jenes Tages, der
immer an der Spitze eines neuen Satzes wiederkehrt, sucht die Veränderungen aufzuzeigen,
welche die Rettung Jerusalems an den Geretteten selber hervorbringt. So folgen auf die
Verheissung der Vernichtung der gegen Jerusalem anstürmenden Heiden 12 2-8 die Schil-
derung der grossen Klage, die Jerusalem dann voll Reue über eine schwere Versündigung
abhalten wird 12 9-14, und die Darlegung, dass dann die Bewohner Jerusalems rein sein
werden von aller Unreinheit, von Götzendienst sowie vom Prophetentum (s. zu 13 2) und
vom Geist der Unreinheit 13 1-6. Eine durchgeführte einheitliche metrische Form
lässt sich für dieses Stück nicht erkennen; die Schilderung der Klage v. 11-14 verläuft in
einer so stereotypen Wiederholung derselben Worte, dass hier eine Aufzählung, nicht
Poesie vorwaltet, und die Darlegung über das Prophetentum 13 3-6 erfolgt in prosaischer
Ausführung. In den übrigen Teilen liegt das Schema der dreizeiligen Strophe zu Grunde;
aber die Zeilen in den verschiedenen Tristichen sind nicht durch die ganze Darstellung
von gleicher Länge.
1% die Überschrift, rührt wie die fast gleichlautenden Überschriften in
9 1 Mal 1 1 vom Diaskeuasten her, s. zu 9 i und Einleitung I 392. Wahrschein-
lich stammt von ihm auch 1'^ wenigstens sind solche Doxologieen zu dem Namen
T\)7}\ auch anderswo gerne eingefügt worden vgl. Am 4 13 6 sf. 9 5f.; zu den Ge-
Sach 12 1 444 Sach 12 4
danken des Distichons vgl. Jes 42 5. r[)ri''_ Ci^l könnte am Anfang stehen, s. z. B.
Ps 110 1 ; aber eine Einführung ist gar nicht nötig, vgl Ü ii 10 3.
2 — 8 Jerusalem vor dem Angriff der Heiden gerettet. 2, das erste
Tristichon: Siehe ich mache Jerusalem Zur Taumelschale fi'ir alle Volker
ringsum Und es wird eine Umlagerung von Jerusalem sein, 1. "^"^J^ *i1^^ n^ni, s.
unten. Jerusalem, vor dem gemäss der von Hes 38f. begründeten jüdischen
Eschatologie die dorthin versammelten Heidenvölker vernichtet werden sollen
(s. Vorbemerkung zu Mch 4 ii-i3), wird hier in origineller Weise als eine
Taumelschale^ ^J^l ^D (^p ist hier nicht = Schwelle)^ dargestellt, zu der sich
die Völker herzudrilngen, die aber den daraus Trinkenden Verderben
bringt, vgl. bes. Hab 2 i5f. Jes 51 17-20, sowie Jer 25 löff. Der mas.
Text von v. 2*^ ist unhaltbar, die Übersetzungen, die man versucht hat.(z. B.
„auch für Juda wird Jerusalem eine Taumelschale sein" etc. oder „auch
um Juda wird Belagerung sein bei der Belagerung von Jerusalem"), sind
grammatisch bedenklich und inhaltlich dem Zusammenhang widersprechend.
Die jetzt vielfach beliebte Emendation von Geiger, nach der ^J^ vor ni^rr; zu
entfernen ist, hilft nicht; man übersetzt dann: „Und auch Juda wird dabei
sein bei der Belagerung Jerusalems" ( Wellh., Nowack). Aber es müsste doch
jTnn für rr^rr^ e^elesen werden (s. 14 u), und ob *l12JDn HNI bedeuten kann: an der
Belagerung teilnehmen, ist sehr die Frage, Hes 4 3 bedeutet es das Gegenteil:
belagert sein; endlich hat Juda nach dem Folgenden ganz andres gethan, als
sich an der Belagerung beteiligt, s. v. 6. Es scheint vielmehr nn^iTl'^J^ D51
Glosse zu sein (QJ ist in Glossen gerne gebraucht vgl. Hos 5 5 6 11) und ein-
faches 11^12 iTHI für '?31 7\^7\^ e^elesen werden zu müssen, vs^l. LXX Cod. Alex.
xai eaiai 7:£pto;(Y] sttI' kpooaaXvjfx. Damit gewinnt der Text den besten Sinn, der
auch mit der Parallele v. 3 harmoniert: die Taumelschale Jerusalem w^ird von
allen Völkern belagert sein. Dass die Schilderung bei dieser Emendation einen
eigentümlichen Zug verliere, kann man nicht sagen, denn dieser ist erst in den
Text hinein interpretiert worden. Die für das Versende bestimmte Randglosse
wurde beigefügt, um hervorzuheben, dass auch Juda bei dem Ansturm der
Völker gegen Jerusalem zu leiden hatte, vgl. zu v. 7 f. 3, das zweite Tri-
stichon: Und an jenem Tage werde ich Jerusalem machen Zum Hebestein für
alle Völker Und alle Nationen der Erde werden sich gegen es versammeln;
ein andres Bild für dieselbe Sache wie v. 2, hergenommen von der Kraftübung
der Jünglinge beim Steinheben; dieses heidnische Spiel, das der Verf. im
griechischen Gymnasium zu Jerusalem zu sehen bekam (II Mak 4 12-15), werden
die Heidenvölker mit Jerusalem versuchen. Der Zwischensatz HT^pj^'^S
^Dl*^"^. t01"l^ ist an dieser Stelle jedenfalls verfrüht; die Erfolglosigkeit darf hier
noch nicht erwähnt werden, bevor sich die Völker versammelt haben. Auch
wird die Verbindung von ^SpJSi;i mit dem ersten Satze zerrissen. Dagegen kann
der Umstand, dass lD*lti^ im Kai Lev 21 5, wo es allein im AT noch vorkommt,
von dem absichtlichen Anbringen von Einschnitten gebraucht ist, kaum ge-
nügen, um für das Niph. die Bedeutung von sich %erreissen, sich wund reissen,
bedenklich zu finden. Die Worte sind Glosse, beigesetzt, um sofort das negative
Resultat aller heidnischen Bemühungen zu vermelden. 4aba^ ^jo^g dritte
Sach 12 4 445 Sack 12 7
Tristichoii: A?i Jenem T(i(je^ ist Jahwes Spruch, werde Ich schlaf; en Alle liosse
mit Scheuen und ihre Heiter mit Wahnsinn, Aber über das Haus Juda öffne
ich meine Aufjen. Uoss und Heiter repräsentieren die Weltmächte, s. zu 10 5.
Entsetzen und Walmsinn wird sie er;^reifen, wenn die Strafe sie trifft, vgl. Dtn
28 28. Im Gegensatz dazu hat Jahwe seine Augen offen über das IJaus Juda,
= Jerusalem und Juda vgl. 10 6, d. h. er wacht über ihm und lässt ihm nichts
widerfahren, was wider seinen Willen ist, vgl. Jer 32 1 9 1 Reg 8 29 Ps 32 8.
4^^ kehrt wieder zu v. 4* zurück und gicbt dazu nur eine Variante, die D^D richtig
als D'^ö^n D1D deutet, aber nicht daran denkt, dass DID allein schon die heidnische Macht
darstellt (s. zu v. 4^), und nach Dtn 28 28 noch ]1-i;j; zu ]inön und ]^];^p fügt. Alles spricht
dafür, dass das Sätzchen Glosse ist. 5 unterbricht den guten Gedankengang,
der V. 4''^ mit v. 6 verbindet, setzt femer v. 6 schon voraus, indem er von Reflexionen
redet, die erst gemacht werden können, wenn die von v. 6 verheissenen Dinge geschehen
sind. x\uch dass hier bereits die rnjin^ ^P^^^ die Geschlechter Judas (so ist besser für "^ ^^^b^,
die Häuptlinge, in v. 5 und 6 zu lesen, da doch die Anführer allein nicht die Schlacht
schlagen) erscheinen, fällt bei Vergleichung mit v. 6 auf, der mit x=inn DV2 neu einsetzt
und nun doch ebenfalls von den Tn\7\\ ^B^« spricht. Der Text ist leider zu Anfang von
V. 5^ verdorben, da die Bedeutung von njöX = Stärke sehr zweifelhaft ist, und auch wenn
man ^'2,'^^^ für "• ^) liest, bleibt das Verständnis schwierig; denn soll: Stärke ist den Be-
tvohnern Jer.^s in Jahwe, ihrem Q^ott, heissen: also können wir über die Feinde herfallen,
oder: wie der Sieg über die Feinde und Jerusalems Rettung zeigen? Ersteres scheint mir
unniöglich: wenn die Bewohner jerusalems Hilfe haben bei ihrem Gott, so brauchen
die Geschlechter Judas doch nicht einzugreifen ; letzteres ist eher annehmbar. Allem nach
gehört somit v. 5 hinter v. ö, aber wohl nicht als genuiner Bestandteil, sondern als Glosse,
vgl. zu V. 7f. , wo die v. 5 durchschimmernde Unterscheidung von Jerusalem und Juda
klaren Ausdruck findet. Nach LXX £'jpr^cjo|j.£v eauToT; xou; xatotxouvTa; ist vielleicht zu
lesen -.'^^ b^n i<^Di = Befunden ivird die Kraft der Jerusalemer in Jahwe^ in ^^ läge noch eine
Spur von ^"»n vor. Zur Not kann auch in v. 5 das Schemades Tristichons gefunden werden.
6, einDoppeltristichon: An jenem Tage werde ich die Geschlechter Judas
(1. '^ "'D^S, s. V. 5) machen Gleich einem Feuerbecken in einem Hohstosse Und
gleich einer brennendenFackel in einem Garbenhaufen^ Dass sie rechts undlinks
verzehren Alle Völker rings umher, Jerusalem aber nach wie vor an seiner Statte
bleibt. Wiederum originelle Bilder! Zu dem Gedanken, dass die Judäer selber
eingreifen am jüngsten Tage, vgl. Mch 4 11-13 bes. 12 f., zu dem Schlusssatz 14 11
Jo 4 20. Wie V. 4 rn^rr^'iTH Jerusalem und Juda zusammenfasst, so ist hier kein
Gegensatz zwischen beiden zu erkennen: Die Geschlechter Judas, zu denen die
Jerusalemer auch gehören, kämpfen für die Rettung der Hauptstadt. p^^n^B,
das in vielen Codd. fehlt, ist zu entfernen und nicht durch Veränderung in
Dl'?^.!! zu halten, es giebt unnötig die Erklärung von H^rinri.
7 8 heben sich von der Umgebung schon dadurch ab, dass in der dritten Person
von Jahwe gesprochen wird, während er sonst im ganzen Cap. selber redet. Dann sind
hier zwei Etappen der Hilfe unterschieden : die erste bringt der Landschaft Juda, die zweite
Jerusalem Rettung. Die beiden Verse gehören zusammen, vgl. neben T^srs^^ als Subj. "!'l'n"n''|
in v. 7 und v. 8; die Reihenfolge ist aber eine verkehrte: während v. 7 an v. 6 keinen An-
schluss hat, passt er sehr wohl als Fortsetzung von v. 8. Die Verse fallen, auch nach
ihrem Inhalt aus der Schilderung der eschatologischen Ereignisseheraus, ihr Hauptabsehen
geht darauf, der Uberhebung Jerusalems über die Landschaft entgegenzutreten, und darum
wird darauf hingewiesen, dass die erste Hilfe von Jahwe der Landschaft, nicht Jerusalem
gebracht wird. Das geht auf die Ereignisse der makkabäischen Zeit, man denke daran,
dass die Makkabäer aus Modin, nicht aus Jerusalem stammten und dass die syrische Be-
Sach 12 7 446 Sach 12 10
Satzung der Burg Akra erst 142 v. Chr. aus Jerusalem abziehen musste. Diese Ereignisse
liegen aber für den Autor der Verse nicht in der Zukunft, sie sind ihm aus der geschehenen
Geschichte bekannt; er bringt sie nur in Form einer Weissagung in Erinnerung, um nicht
im eigenen Namen, sondern mit der Autorität eines Propheten die Spannung zu ver-
urteilen, die zu seiner Zeit zwischen den Jerusalemern und den Bewohnern der Landschaft
vorhanden war. Danach l'ässt sich ungefähr die Entstehungszeit dieser Verse bestimmen.
Es ist bekannt, dass besonders unter Alexander Jannäus (102 — 76 v. Chr.) dafe Verhältnis
zwischen der Regierung (= n^'i'n n^3 s. unten) in Jerusalem und dem Volke ein sehr ge-
spanntes war, namentlich auch weil er ein Gegner der in der Gunst des Volkes stehenden
Pharisäer war. Auf diese Zeit passt es ebenfalls, wenn auf die Helden thaten der Jerusa-
lemer verwiesen wird v. 8, wobei man am ersten an die Erfolge der Hasmonäer, eines Jo-
hannes Hyrkanus (134 — 104) und seiner Söhne Aristobul I. (103) und Alexander Jannäus,
zu denken hat. Daher werden die Verse 7 und 8 erst am Anfang des 1. Jahrh. v. Chr. ent-
standen sein. Derselbe Autor kann in demselben Interesse auch mirT'"bi^ Dill und v. 5 bei-
T I - - :
gefügt haben; beide Zusätze sollen die Zusammengehörigkeit von Juda und Jerusalem
hervorheben, besonders, dass die Landschaft in den syrischen Kriegen, auf welche der
Autor von v. 7 f. die Weissagung v. 2-6 deutet, mitgelitten und für Jerusalem mitgestritten
habe. Auch diese beiden Verse kann man auf das Schema eines Tristichons zurück-
führen. Der Interpolator hat sich an das Metrum des Abschnitts gehalten. 7 ri'issri =
Rühmen, wie Jes 1012. T^n r\^2 ist kein Beweis für vorexilische Zeit, es steht hier
in Verbindung mit pb^^T] D^^ wie senatus populusque romanus, bedeutet somit einfach
die Regierung (Wellh.), vgl. auch Ps 122 5; es brauchte nicht einmal ein König die Re-
gierung zu führen. 8 gehört vor v. 7, s. Vorbemerkung. Für '** i^"* wird hier
wegen Dnn der Plur. "• "'l^*' zu lesen sein, den übrigens LXX überall bietet. *1PSI ]^j,
sachlich = hv ]^) 915. "^^11? == ^i^ Held wie David; zu der Umwandlung der Schwachen
in Helden vgl. Jo 4 10. Zur Vergleichung eines Regenten mit Gott, D\'i'b«3, oder
mit dem Engel Gottes vgl. "1125 b^ Jes 9 5 und ferner II Sam 14 17; zu dem tertium com-
parationis s. Ps 34 8 35 5 f.
9 — 14 Jerusalem, über das der Geist der G-nade und des Flehens aus-
gegossen ist, klagt über seine schwere Schuld. In origineller Weise ist
hier der in dem üblichen eschatologischen Gemälde stereotype Zug der Geistes-
ausgiessung verwertet (vgl. Hes 39 29 und s. zu Jo 3 if.); denn hier wirkt die
Geistesausgiessung Erkenntnis der Schuld und bittere Klage über dieselbe.
Zeitgeschichtliche Ereignisse (s. zu v. lo) haben zu dieser Gestaltung der escha-
tologischen Erwartung geführt und konnten dazu führen, weil man das Heil
in nächster Zukunft erwartete. Das Tristichon 9 schliesst gut an v. 6 an,
während es mit v. 8 oder v. 7 keine direkte Verbindung hat. Und an jenem
Tage werde ich trachten Alle Nationen %u vernichten. Die gegen Jerusalem her-
gezogen sind. Die Vernichtung der Heiden ist Vorspiel und Zeitbestimmung
für die Geistesausgiessung: 10, ein Doppeltristichon. Und ich werde aus-
giessen über das Haus David d. h. die Obrigkeit s. v. 7; übrigens erwartet der
Prophet für die Zeit nach der Besiegung der Weltmacht einen König als Re-
genten in Zion 9 9, Und über die Bewohner von Jerusalem d. i. die Untertanen
Einen Geist des Ergriffenseins und des Flehens. Zu nn "^?ti^ vgl. Hes 39 29
Jo 3if. ]n ist doch eher als Ergriffensein , Rührung , zu verstehen und
nicht als Gnade, da es neben D^^Unn nur eine Wirkung des Geistes in den
Empfängern desselben und nicht eine Eigenschaft des Spenders bezeichnen
kann ; also es ist ein aus tiefer Rührung hervorgehendes Flehen, das der Geist
wirkt. Und sie werden hinblicken auf . . . .^ den sie durchbohrten, Und
Sach 12 10 447 Sach 12 ll
um Um klagen, wie man um den einzigen Sokn klagt, Und bitter weinen über
ihn, wie man weint über den Verlust des Erstgebornen. Die Schuld, über
die sie klagen werden, ist mit ^1U"1 *11J^S HS ^b'^ ^D'^BH angedeutet; es handelt sich
somit um die Tötung eines Unschuldigen und zwar sind es Regierung und Volk
von Jerusalem, die dieses Justizmordes sich schuldig gemacht haben. Wer der
Märtyrer ist, fragt sich. Jedenfalls ist die Lesart "h^ sachlich und grammatisch
unhaltbar; "h^ müsste sich auf Jahwe beziehen, den man doch mcXii durch-
bohren kann, und ^^^ HS müsste einen Relativsatz zu dem Suff, in "h^ einleiten,
was ebensowenig der Fall sein kann. Unter derselben Unmöglichkeit leidet die
Konjektur v'ji??, auf ihn, für "h^. Sprachlich möglich dagegen wäre 1ti^^< "h^
(= "lt5^S"^iSI), das man auch als Grundlage von sU ov sccxsvirjaav in einer Reihe von
Codd. der LXX (lucianischer Recension) ansehen kann vgl. auch Job 19 37.
Aber die Schwierigkeit bleibt, dass die Form "hi^ sonst nur in Hi vorkommt und
ausserdem ns gestrichen werden muss. Daher wird der Vermutung Wellh.'s
beizustimmen sein, dass in r\i< •> der Rest der durch Zufall oder Absicht zer-
störten Näherbezeichnung des Märtyrers sei. Gewöhnlich meint man, diesen
Mann nicht näher bezeichnen zu können, aber Rubinkam wird nicht Unrecht
haben, wenn er auf den Hohepriester Onias IIL hinweist, der das Haupt der
strenggesetzlichen altgläubigen Partei w^ar, im Jahre 175 abgesetzt wurde und
im Jahre 170 durch von Jerusalem aus gedungene Mörderhand fiel (II Mak
427-34), vgl. auch Dan 9 26 11 22. Die Auffassung, dass der gute Hirte 11 4-14
sein Sohn Onias IV. sei, kann so nur an Wahrscheinlichkeit gewinnen. Onias III.
war vor ihm der letzte rechtmässige Hohepriester gewesen, zwischen beiden
kamen die drei Hirten 11 8, und jetzt war der ruchlose Alkimus im x^mte 11 15-17
13 7-9. 'b^ to^sn steht hier in übertragenem Sinn = sich erinnern, voll
Reue zurückdenken an, wie Ps 34 6. Zu der Klage um den einzigen Sohn
vgl. Am 8 10. ^j; IDH ist = bitter klagen über, eigentlich: = bitter machen
seil, die Klage; der Inf. setzt das verb. fin. fort Ges.- Kautzsch^^ § 113 z.
11—14, die Schilderung der allgemeinen Trauer, die dann statthaben wird. Sie
wird so gross sein wie die Klage um Hadadrimmon in der Ebene von Megiddo.
HiERONYMus erklärt Hadadrimmon als Ortsnamen und identifiziert es mit
Maximianopolis, das dem heutigen el-Leddschün, dem dMenLegio, entspricht; da
dieses wieder mit dem alten Megiddo zusammenfällt, so müsste Hadadrimmon
auch Megiddo sein. Schon die Beifügung in der Ebene von Megiddo macht diese
Identifikation unmöglich, es braucht nicht einmal daran erinnert zu werden,
dass die Klage um Josia, an die man dachte, nicht in der Ebene von Megiddo,
sondern in Jerusalem gehalten wurde. Überhaupt ist die Deutung auf eine
Ortlichkeit aufzugeben und in Hadadrimmon der Name der Person, um welche
man trauerte, nicht etwa des Mörders (wie Targ. für möglich hält, in dem Ha-
dadrimmon als Mörder Ahabs des Sohnes Omris erscheint) zu* sehen. Beide
Elemente des Namens, Hadad und Rimmon, sind als Namen des babylonisch -
syrischen Wettergottes nachgewiesen (zu Rimmon vgl. II Reg 5i8), darum
wird auch die Komposition einen Gott bezeichnen, und die Klage um Hadad-
rimmon geht, in folge einer Vermengung des Tamüz mit Hadad-Rimmon, auf
die Tamüz-Klage zurück, vgl. Hes 8 14 und Zimmern KAT^ 399 450. Cheyne
Sach 12 1 1 448 Sach 13 13
(Encycl. Bibl. 1931) dagegen vermutet Textverderbnis, sieht in ]1l2"11*n ein
Sclireibversehen und liest für das Übrige sehr kühn ]1"^^Jt?2^\ ni35?3 p3 =-- „wie
die Klage der Frauen, die Tammuz-Adon beweinen". 12 beginnt die in
stereotyper Wiederholung derselben Formeln verlaufende Darstellung der
grossen Klage. Jedem Geschlecht im Lande wird ein besondrer Platz an-
gewiesen und dabei sind wieder Männer und Frauen gesondert. Man kann sich
danach eine Vorstellung machen, wie damals bei solchen Festlichkeiten die
Ordnung aufrecht erhalten blieb. Die Namen sind schwerlich als eigent-
liche Nomina propia damals existierender Geschlechter, sondern als Bezeich-
nungen gewisser Stände oder Kategorien des Volkes zu fassen. T'n'n''? be-
zeichnet die regierende Familie vgl. v. lo. lO^'-f^"^? ist nicht sicher zu erklären;
aber es kann daran gedacht werden, dass liiJIISam 5 u I Ohr 3 5 144Lk3 3i
der Name eines Sohnes Davids ist. Es wäre also möglich, dass damit die
Familie des an ßang dem Fürsten am nächsten Stehenden gemeint wäre. Targ.
kombiniert den Sohn Davids mit dem Propheten Natan ; aber dass an Propheten
zu denken wäre, ist nach 13 i-6 unwahrscheinlich. 13 Den Namen der
regierenden Geschlechter David und Natan scheinen Levi und ^J?ö^'n als die
der Priesterfamilien zu entsprechen: Levi das oberste priesterliche Geschlecht
und die Schiniiten (beachte das Patronymicum) das Geschlecht eines Gross-
sohnes Levis vgl. Num 3 17-21. Also je in der richtigen Abstufung sollen zu-
erst die regierenden, dann die priesterlichen Geschlechter folgen; mehr wird
den Namen nicht zu entnehmen sein. Eigentümlich ist, dass im Targum die
Schim'iten durch das Geschlecht Mardochais des Sohnes Jairs des Sohnes
Simeis erklärt werden. Vgl. Nestle ZATW 1904, 317 f. 14 Aus den v. i2f.
gegebenen Beispielen lässt sich schliessen, wie die Eeihenfolge der übrigen Ge-
schlechter sein soll.
13 1-6 Die Jerusalemer werden durch die Quelle, die sich ihnen aufthut,
von Sünde und Schmutz gereinigt und aus dem Lande werden Götzendienst und
Prophetie ausgerottet.
Auch hier ist ein Element der traditionellen Eschatologie verwertet. Von der Tempel-
quelle ist Hes 47 1-12 Jo 4 18 die Rede; aber wiederum macht der Autor eine originelle
Anwendung von diesem Stücke der Tradition. Die Quelle dient der innern geistigen Rei-
nigung; wohl mag den Anlass zu dieser Deutung die Kombination von Hes 47 1-12 mit
Hes 36 25 gegeben haben, aber die Kombination hat der Autor vorgenommen. Vgl. auch
Jes 4 4. Eigentümlich ist ferner die Zusammenstellung von Götzendienst und Prophetie
und die Ankündigung, dass auch die letztere aus dem Lande verschwinden solle; beson-
ders fällt dies auf, da Jo 3 1 für die Zeit des Heils gerade das Gegenteil weissagt, dass alle
prophezeien werden. Doch ist das wohl nur ein scheinbarer Widerspruch; denn wenn alle
Propheten sind, braucht man keine Extra-Propheten mehr, die sich als solche aufspielen.
Zu dem „Krieg gegen die wildwachsende Prophetie" bildet die durch das Gesetz festgestellte
Lehre den Hintergrund. Man karm keine undisciplinierten Seher und Schwärmer mehr
brauchen, die sich um das, was legitim, was nach Gesetz Sitte und Brauch ist, nicht kümmern.
Dass unter den bekämpften „Sehern" aber Männer von der Originalität und dem sittlich-
religiösen Ernste der alten Propheten gewesen wären, ersieht man nirgends, man hat viel-
mehr den Eindruck, dass nur die Form, nicht der Gehalt bei ihnen prophetisch war. Merk-
würdig ist allein, dass der Vertreter der Ordnung gegen die unruhigen Propheten selber
mit einer Weissagung zu Feld zieht. Vgl. auch Duhm zu Jer 23 16-40.
Sach 13 1 449 Sach 13 6
1, ein Tristichon: An jeiicnt Taije wird eine Ondle aufijiUluin sein Dem
Haus David und den llewohnern Jerusalems Für Sünde und Unreinheit, Zu
der Tempel^/zr//^? vgl. Vorbemerkung, ferner 14 8 J les 47 1-12 Jo 4 18 (Jes 33 21);
zu Uaus Uarids und Bewohner Jerusalems 12 7 10. Die Verbindung der
Quelle mit der moralischen Reinigung legten dem Verf. neben Hes 36 25 auch
die kultischen Termini nfc<t2n ^D Num 8 7 und rrni ^O Num 19 9 nahe; für n^X^vh
ist rikStan'p zu schreiben. 2 ein Doppeltristichon: Und dann an jenem Tage
ist der Sprueh Jahwes (HISD^ kann amplifikatorische Beifügung sein, vgl. 12 4),
teer de ieh ausrotten Die Namen der Götzen aus dem Lande , So dass ihrer
nicht mehr gedacht wird, Und auch die Propheten Und den unreinen Geist
Schaffe ich fort aus dem Lande. Zu v. 2^ vgl. Hos 2 isf. Dass nach dem
Exil der Götzendienst aus Israel verschwunden gewesen sei, ist eine irrige
Auffassung; dagegen zeugen ausser der erwähnten Stelle z. ß. auch Jes 27 9
Ps 16 und die häufige Polemik gegen die Götzen, vgl. zu Hab 2 isf. Die
Zusammenstellung des bekämpften Prophetentums mit dem unreinen Geist
ist bezeichnend, unser Prophet vertritt eben die „reine Lehre", zwar auch in
Prophetien, aber freilich wohl nur schriftlich und anonym, vgl. Vorbemerkung.
3 Die Abneigung gegen das Prophetentum wird einst so gross sein, dass der als
Prophet auftretende Sohn von seinen eigenen Eltern getötet wird; sie vollziehen
an< ihm das Urteil, das im Gesetz dem Lügenpropheten gesprochen ist Dtn 13 6
18 20. Prophet gilt soviel als Peind der reinen Lehre. 4 Die Propheten
werden selber des verfehmten Berufes sich schämen und ihn aufgeben. Wird
einer noch von prophetischer Begeisterung ergriffen = '\r\'^:i^T\1i^ wofür aber
entweder regelmässig ISD^H^ oder mit Bildung nach Art der T^'b (s. Ges.-
Kautzsch27 § 75 qq) inin^n^l zu lesen ist, Wl^ so schämt er sich seines Schauens.
Das Zeichen des Propheten, den lüirenen Mantel (vgl. II Reg 1 8 Mt 3 4 Mk 1 6),
zieht keiner mehr an. ti^n? ]j;??^ bedeutet nicht, um sein Prophetentum zu
verheimlichen, sondern um %u betrügen seil, mit seinen Prophezeiungen, die
geradezu als Lügen gelten. 5 Niemand will nicht einmal mehr Prophet
gewesen sein. Mit dem Sing. 1??S1 wird ein Beliebiger aus den v. 4 be-
schriebenen Propheten herausgegriffen. ^Di« ^^''Di «*^, so hat auch Amos
gesprochen, s. Am 7 14. 'p •'45j:jn ül)^ ''? kann nicht bedeuten: Ich bin
schon in der Jugend als Sklave von jemand gekauft worden; denn Dl« heisst
nicht „jemand", sondern „jedermann'', auch ist •'^Sjpn auffällig als einziger Beleg
eines Hiph. von njJJ, und endlich war doch nicht jeder Sklave Landarbeiter.
Man lese daher mit Wellh. und Nowack "^i"^ip HDI« d. h. Land ist mein Be-
•T : •• TT-:
sit% von meiner Jugend auf, also: die Landarbeit ist mein Beruf, ich bin Land-
wirt von Jugend auf. 6 Selbst die Narben von Ritzwunden, die er sich
als Prophet wohl zur Erzeugung der Ekstase nach Art der aus I Peg 18 28 f.
bekannten Nebiim beigebracht hat, will er nicht als Beweis seines früheren
Prophetentums gelten lassen, sondern lieber im ^z/Ä/^rhause empfangen haben.
Zu den Hautritzungen s. meine Gesch. der isr. Rel. ^ § 10 S. 36. ^"'T \^
ist wohl = auf deiner Brust, wie D'^^j; X^ = auf der Stirne\ Wellh. meint da-
gegen, der Ausdruck könnte vielleicht bedeuten: die vorliegen, die du nicht
ableugnen kannst. ''?n«ö sind nicht die Eltern, sondern = meine Buhlen
Kurzer HC aum AT XIII 29
Sach 13 6 450 Sach 14 3
Vgl. Hos 2 7. Iti^iJ ist am besten als Stellvertreter des **? recitativum zu
erklären, vgl. GES.-KAUTZsch27 § 157 c, und IV^ ist = n"^ns, vgl. § 118 g.
7 — 9 gehört zu 11 4-i7, s. die Erklärung oben nach 11 17.
2. Jerusalems Rettung aus den Händen der Heiden und seine Erliebung zum
heiligten Zentrum der Welt 14 1—21. Im Unterschied von dem parallelen Stücke
12 1 — 13 6 stellt Cap. 14 hauptsächlich die äusseren Folgen dar, die Jerusalems Rettung
am Ende der Tage begleiten : die Veränderungen in Natur und Geschichte. Auch hier liegen
der Schilderung die Weissagungen früherer Propheten zu Grunde, aber auch hier wiederum
sind sie in eigentümlicher Ausführung gegeben, vgl. die Erklärung. Auf den wichtigen
Unterschied, dass hier von einer Eroberung Jerusalems durch die Eeinde gesprochen wird,
während Cap. 12 nur von einer Belagerung handelt, ist schon in derVorbem. zu 12 1 — 13 6
14 1-21 hingewiesen. Wahrscheinlich ist dieses Schwanken in der Schilderung des Ge-
schicks Jerusalems durch die Verschiedenheit der älteren Weissagungen hervorgerufen, die
wohl in der späteren Überarbeitung alle die Rettung Jerusalems melden, aber zu einem grossen
Teil die Feinde doch zuerst siegreich sein lassen, vgl. für diese Verbindung von älteren Ele-
menten, die den Sieg der Feinde weissagen, und von Jüngern Zusätzen, welche die Rettung
verheissen, z. B. Jes 5 29 f. 31 4f. Schwankt die Darstellung in Bezug auf das Mass der
Erfolge der heidnischen Feinde, so ist doch überall das definitive Resultat dasselbe: die
Rettung Jerusalems, und darauf kommt es an. Deshalb ist auch Cap. 14 nicht von einem
andern Autor abzuleiten als 12 1 — 13 6. Das ganze Capitel zerfällt in einzelne Teile
von verschiedener Grösse, die in der Regel wie 12 1 — 13 6 durch «^nn D1>n n*^r\) eingeleitet
sind: v. 1-5 schildern das Erscheinen Jahwes und seiner Heiligen zur Rettung Jerusalems;
nach V. 6 f. ist Jahwe das ewige Licht der glücklichen Zeit des Heils, sodass Tag und
Nacht nimmer wechseln; V. 8-11 verheissen den Ausgang einer doppelten Quelle von Jeru-
salem, das Königtum Jahwes über die ganze Erde und die wunderbare Änderung der
geologischen Konfiguration Palästinas; v. 12-19 sprechen von der Strafe der Völker, die
nicht zur Anbetung Jahwes nach Jerusalem hinaufziehen, und in v. 20 f. wird endlich die
Heiligkeit Jerusalems und Judas geschildert. Metrisch liegt der Darstellung viel-
fach das Schema des Vierzeilers zu Grunde, doch s. zu den einzelnen Abschnitten.
1_5 Jahwe erscheint mit seinen Heiligen zur Rettung des von den Fein-
den eroberten Jerusalems. Der Abschnitt ist durch verschiedene Vermehrungen
bereichert: einmal erweist sich v. 2 als Interpolation dadurch, dass hier Jahwe selber
spricht, während v. 1 und v. 3 von Jahwe in dritter Person gehandelt wird, dass ferner
hier von Jerusalem die Rede ist, während v. 1 Jerusalem angeredet wird (s. auch zu v. 5^),
und dass endlich «^"»l v. 2*^ mit «5J''1 v. 3^ sehr unschön sich stösst. Dann ist in v. 4 die
Bestimmung der geographischen Lage des Olbergs, die für Jerusalemer und Judäer doch
rein überflüssig ist, spätere Zuthat, wie noch andre kleinere Bestandteile. Endlich ist auch
in V. 5 die historische Notiz über die Flucht beim Erdbeben zur Zeit Uzzias ein sekun-
däres Element des Textes, wahrscheinlich veranlasst durch die falsche Lesung von DnDil
(s. zu V. 5). Was als ursprünglicher Bestand übrig bleibt, ordnet sich leicht in das Schema
von drei Vierzeilern.
1 3, der erste Vierzeiler: Siehe es kommt ein Tag Jahwes, Da wird deine
Beute geteilt in deiner Mitte, Und Jahwe %ieht aus und kämpft Wie einst als
er kämpfte am Tage des Krieges. Dass Jerusalem angeredet ist, erleidet
keinen Zweifel. D1^ und Hin^ sind hier durch das Verbum «| getrennt,
darum musste letzterem b vorgesetzt werden; dass aber mit Hin;;^ ni\ ein Tag
Jahwes, nur der bekannte r\)T\\ D1\ der Tag Jahwes, gemeint ist, versteht sich
und ergiebt sich aus dem folgenden von selbst. Zum Beuteteilen d er Sieger
vgl. zu Jo 3 3. 3 Dnn D'llÜ? ist eingeschoben, um die Beziehung auf die
Interpolation v. 2 herzustellen. 'i:i1 D1''3 bedeutet: wie er überhaupt jemals
Sachl43 451 Sach 14 5
im Kriege gekämpft hat; man kann an die Rettung Israels aus^Agypten oder
an den Kampf gegen die Drachen in der Urzeit denken, vgl. Utn 4 34 Jes 51 9-ii.
nijp ist das im Aramäischen gebräuchliche Wort für Krieg, vgl. zu Koh 9 18.
2 ist Glosse zu v. 1^, s. die (iründe in der Vorbemerkung zu v. 1-5. Auch sachlich ist
die Eeiheniblge nicht gut; denn v. 2*** müsste chronologisch v. l'* vorangehen. Auffallend
ist zudem, dass das Sätzchen ni'?:itl^n n^tr^iim D^nnn ^iDti^Ji Reminiscenz aus der Schilderung
von Babels Eroberuno: ist Jes 13 16. Wahrscheinlich hat der Glossator in v. 1 nicht die
Weissagung des eschatologischen, sondern eines für ihn bereits der Geschichte angehörenden
Geschickes Jerusalems gesehen; man könnte an Antiochus Epiphanes denken, der 170
V. Chr. Jerusalem brandschatzte, unter den Bewohnern ein grosses Bhitbad anrichtete und
den Tempel plünderte (I Mak 1 20-24). Dies Ereignis mochte der Glossator sehr wohl als
Vorspiel der vom Propheten in Aussicht gestellten definitiven Rettung betrachten.
4, der zweite Vierzeiler: Und es treten seine Füsse auf den Ölherg
Und es spaltet sich der Ölberg in der Mitte Und es weicht die Hälfte des
Berges nach Norden Und die andre Hälfte .... nach Süden. Zu den Wir-
kungen, die Jahwes Erscheinen auf Erden begleiten, vgl. zu Mch 1 4, s. ferner
Jdc 5 5 Nah 1 5 Hab 3 6 Jes 63 19. Über die geographische Glosse, die die
Lage des Ölbergs bestimmt, s. Vorbem. zu v. i-5. ^^Tin W^ fehlt mit Recht in
den babyl. Codd. Als Glosse betrachte ich auch den Schluss von v. 4=*: nnip
'i:n, da diese Worte nur ausführen^ was sich aus v. 4*^ von selbst ergiebt; denn
wenn die beiden Hälften des Ölbergs nach Norden und Süden wichen, so zieht
sich ein grosses Thal dazwischen von Osten nach Westen. Hinter 1'':^ni
scheint ein dem t^D^ im Parallelstichos entsprechendes Verb ausgefallen zu sein.
5^''^ der dritte Vierzeiler : Und verstopft wird das Thal , bis
Asal, Und einzieht Jahwe dein Gott Und alle Heiligen mit ihm. Der Text von
Y. 5*^ ist am besten erhalten, doch ist mit LXX '^"2] für "^3 und 1)SJ? für 'TjDJ; zu
lesen; ferner ist \n^^ in ^^'^'^^5 zu korrigieren, der Schreiber verirrte sich von
dem einen D auf das andere, sodass im hebr. Text auch das von LXX noch
gebotene 1 fehlt. Angeredet ist Jerusalem, wie in v. i ; diese Anrede ist dem
Inhalt viel mehr entsprechend, als das ^^b^5, „mein Gott", des hebr. Textes.
Die Heiligen sind die Engel, die himmlischen Heere, die Jahwe zum Kampfe
gegen die Feinde Jerusalems mit sich führt, vgl. Jo 4 ii Ps 103 20. Der
Anfang, v. 5^*, ist verdorben; jedenfalls ist aber, da keine „ihr" angeredet sind,
mit LXX, Targ., Symmachüs, den babyl. Codd. und dem Cod. Erfurtensis 3
(s. Baek-Delitzsch 84 89) DriDil, und verstopft wird, fürDPip;!, und ihr werdet
fliehen, zu lesen. Die Örtlichkeit '^in"«''?, nachher onn"*»?, ist unbekannt, an die
Berge von 6 1 ist schwerlich zu denken; der Lage nach entspräche üin"^5, wie
Wellh. zu lesen geneigt ist. Aber der weitere Text ist unverständlich; auch
wenn man ^^l^_ ^? in j;5Jl ö[nn] ändert, so weiss man nicht, was es sagen soll:
Und es reicht das Thal Hinnom bis Asal (vgl. zu "^7« J^?^ Jer 51 9), da die Lage
von ^;fS, in Pausa 'p^JJ, nicht bekannt ist, vgl. auch Mch 1 11.
5^^ "lil DritpJ] ist Glosse zur Erklärung des von 0^13, fliehen, abgeleiteten Dnoil zu
Anfang des Verses; die Glosse erinnert in gelehrter Weise an das Erdbeben zur Zeit
Uzzias, auf das nur noch die einem ähnlichen gelehrten Interesse entsprungene Notiz in
Am 1 1 hinweist, s. zu Am 1 1. Nur einem Glossator kann man zutrauen, dass er derart
aus der Rolle fällt und die Leute, die den jüngsten Tag erleben sollen, zugleich als Zeit-
genossen des Erdbebens unter Uzzia hinstellt.
29*
Sach 14 6 452 Sach 14 10
6 7 In der herrlichen Endzeit bleibt zu Jerusalem die Temperatur immer
gleich angenehm und ist es stets heller Tag ohne Wechsel von Licht und
Einsterniss. Wenn Jahwe auf Zion sich niederlässt, sind die Bewohner Jerusa-
salems vor jeder Unbill der Witterung geschützt und ist er selber das nie unter-
gehende ewige Licht. Diese Schilderung erinnert an Jes 4 5 f., vgl. ferner Jes
30 26 60 i9f. 24 23 Hes 24 23, sowie Apk Joh 21 23 22 5 und bes. Apk Esr
7 39-42. Ausser der Einleitung ^)nr\ ÜV2 n^HI, die für das Metrum un-
berücksichtigt bleiben kann, liegt in v. 6 f. ein Tristichon vor, dessen Zeilen
ungefähr in der Mitte eine Cäsur aufweisen. 6 A^icht wird sein HU%e und
Kälte und Frost ^ für 11fc<, das mit der Aussage von v. 7 in Widerspruch steht,
ist mit Wellh., Ooet, Nowack dem ganzen Zusammenhang gemäss Din, Hit%e^
zu lesen, vgl. auch Jes 4 6 Apk Esr 7 4i, und für ]1«Öp'' ni"1p\ das unverständlich
ist (s. Anmerkung bei Kautzsch), hat man nach LXX (xal ^üj^vj xal iiaYo;)
mit den genannten Erklärern ]1^Sp1, ^^"^ßl? = und Kälte und Frost ^ zu setzen
(Kere liest wenigstens auch Öpl für öp';). 7 Und es wird beständig Tag
sein^ ohne Wechsel von Tag und von Nacht Und auch %ur Abendzeit wird Licht
sein. injSl'DI'' ist == ein ununterbrochener beständiger, einziger Tag^ wie die
Fortsetzung deutlich macht, aus der allerdings mit Wellh. T\)J\h J^IJ'; \^\T\, = er
ist Jahwe bekannt (für das Imperf. 1. vielleicht das Partie. K^i;), als „ein Stoss-
seufzer, gläubig und resigniert zugleich", auszuscheiden ist.
8 Der doppelte Quell, der von Jerusalem ausgeht. Ohne die Einleitungs-
formel (s. zu V. 6) macht v. 8 ein Tetrastich aus: Es wird lebendiges Wasser
von Jerusalem ausgehen. Die Hälfte davon fliesst nach dem östlichen Meere
d. i. das Tote Meer, Und die andre Hälfte nach dem westlichen Meere d. i. das
mittelländische, Im Sommer und im Winter wird es vorhanden sein; für H^H";
1. mit Wellh. und Nowack, da D';)? Subj. ist, den Plural ^^T• ^^ der Tempel-
quelle, die hier nach beiden Seiten frisches Wasser spendet, also das Land im
Osten und Westen fruchtbar macht, vgl. zu 13 i.
9 Jahwe, der eine König und der eine Gott der ganzen Welt. Ein
Distichon von zwei Langzeilen: Uyid Jahwe wird König sein über die ganze
Welt, Jenes Tages wird Jahwe einer sein und sein Name einer. ^^'^SiT^S
muss trotz v. lo = die ganze Erde gefasst werden, da die Deutung = das ganze
Land doch im Zusammenhang zu wenig besagt; die Hoffnungen der Juden
reichten auch in politischer Hinsicht bis an die Grenzen der Erde vgl. z. B.
Jes 2 2-4 Mch 4 i-4 5 3. Der politischen Einheit unter der Herrschaft
Jahwes wird die religiöse Einheit der Welt entsprechen: Jahwe ist der eine
Gott und im Kultus der ganzen Welt wird sein Name gebraucht. Der Mono-
theismus herrscht also nicht nur in sofern, als die andern Völker mit andern
Namen den einen Gott anrufen, vgl. Mal 1 ii 14.
10 11 Die Änderung der geologischen Gestaltung des Landes, so dass
Jerusalem über seine Umgebung, die zur Ebene wird, emporragt. Zu dieser
physischen Erhöhung Jerusalems vgl. Vorbem. zu Mch 4 i-5. Wahrscheinlich
bilden die beiden Verse einen Sechszeiler und ist am Anfang die Einleitungs-
formel «inn Dl'^n T^'^JV^^ zu ergänzen (vgl. zu v. 6). Das ganze Land wird sich
%ur Ebene wandeln Von Geba bis Rimmon im Süden Jerusalems, gemeint ist
Sach 14 10 453 Sach 14 13
somit die Landschaft Juda, da (jcha an der Nordgrenze Judas liegt vgl. 1 Reg
15 22 II 23 8 und Himmon nach der Beifügung „im Süden von Jerusalem" das
an der Südgrenze von Palästina gelegene sein muss, vgl. jlrsi ]*'j; = Umma er-
Rain (Im in Jos 15 32. Dies aber wird hoch sein und an seiner alten Ort
und Stelle wohnen Vom Ihmjaminsthor bis zu den Ki'migskeltern. Zu n^^lj^ll
statt HDI"! vgl. zu DSj^l Hos 10 14. In den folgenden Angaben der Grenzen
Jerusalems halte ich die Worte DlpD'lj; bis ^^5^50 für Einschub: einmal ist
vom ßenjaminslor, das nach Jer 37 1 3 in der nördlichen Stadtmauer zu suchen
ist (vielleicht = Schaftor ZDPV 1885, 282), bis zur Stätte des Thores ]1t:^«in,
das man mit dem H^^'^H "IJ^C^ im westlichen Teil die Nordmauer identifiziert
(s. zu Neh 3 e), bis zum Eckthor , das an der Nordwestecke der Stadt liegt, und
vom Turm Chananel, der in der Nähe des Schafthors sich fand (s. zu Neh 3 i),
zu den König skelt er n^ die vermutlich im Süden beim königlichen Garten lagen,
keine gute Bestimmung der Ausdehnung der Stadt, da nur die Nord- und die
Ostgrenze angegeben sind; dann findet sich die Angabe ^5^^'nj^ ^^450 ^"l^öp
n^öH auch Jer 31 38 in einem ähnlichen Texte. Ich vermute daher, dass diese
Worte als Bandglosse unserer Stelle beigeschrieben waren und in verkehrter
Ordnung und Versehrtem Zustand (D^^BH statt Hiön und h^y^\ statt '^ÖD) in den
Text gerieten und dass- auch ]1ti^'S*!n Ij;^ DlpD'^TJ^, = bis zur Stätte des früheren
Thores^ sekundär ist, vielleicht beigegeben, weil das Eckthor, das damit erklärt
werden soll, zur Zeit des Glossators nicht mehr existierte (vgL ZDPV 1885,
281). Lassen wir diese fremden Elemente weg, so giebt der Text ganz gut die
Ausdehnung Jerusalems von Norden nach Süden an. 11 beginnt mit U^JI
HD? das schwerlich was andres ist als eine fehlerhafte Dittographie des vorher-
gehenden oder des nachfolgenden H^t^'^l; ohne diese Einfügung schliessen sich
die zwei letzten Stichen viel besser an v. lo an: Und ein Bannfluch wird nicht
mehr eintreten Und Jerusalem in Sicherheit wohnen d. h daliegen. Zu dem
Bann D")n vgl. Jes 43 24-28 Jer 25 9 Mal 3 24.
12—19 Die Strafe der Völker, die wider Jerusalem zu Feld gezogen sind,
und der von ihnen Übriggebliebenen, die Jahwe nicht Verehrung erweisen.
Ein fremdes Element, das den Zusammenhang stört, sind die Verse 13 und 14;
was übrig bleibt, lässt sich in sieben Tetrastiche gliedern. 12% die erste
Strophe : Und das wird der Schlag sein, Womit Jahwe schlagen wird Alle die
Völker y Die gegen Jerusalem zu Felde zogen. 12^, die zweite Strophe :
Verfaulen lassen wird er ihr Fleisch, Während sie noch auf ihren Füssen
stehen, Und ihre Augen verfaulen ihnen in den Augenhöhlen Und ihre Zimge
verfault ihnen im Munde. Vgl. zur Sache Hes 38 22. Der Inf. absol. p^H dient
der Hervorhebung des Verbalbegriffs, vgl. den lateinischen Infin. historicus
und s. Ges.-Kautzsch27 § 113 ff. Der Singular geht auf die einzelnen
Völker, vgl. § 145 m; auch am Schluss ist demnach der Sing*. ^TD!l zu lesen
(Wellh., Nowack), vgl. i:it^^.
13 14, eine Interpolation, die v. 12 von der Fortsetzung v. 15 trennt und auf die
Situation von v. 2 zurückführt (Wellh., Nowack, G. A. Smith). Sie giebt eine neue Ver-
sion über die Art und Weise der Vernichtung der Feinde, vgl. 12 4 6 14 3-5; am nächsten
steht die Schilderung 12 4. Eine nijT."nö!;nö, ein panischer Schrecken, wird gewaltige Ver-
Sach 14 13 454 Sach 14 18
— ^ — ___ , • , __ — __ — _ —
wirrung unter ihnen ^ seil, den Völkern (vgl. aber auch v. 14, wo auch Juda mit ergriffen
wird) anrichten, vgl. 12 4 I Sam 5 11 Jes 22 5. Infolge davon wird jeder den andern er-
greifen und die Hand jedes sich wider den andern erheben, sodass sie also selber sich
gegenseitig bekämpfen und umbringen, vgl. Jdc 7 22 Hes 38 21 II Chr 20 23. 14 Der
von Jahwe gewirkte panische Schrecken ist so gross, dass selbst Juda in der Verwirrung
gegen (nicht tw) Jerusalem streitet. Doch bleibt es fraglich, ob diese Notiz über Juda nicht
ein Einschub im Einschub, eine sekundäre Folgerung aus der allgemeinen Verwirrung, ist.
Jedenfalls wird im Folgenden diese Angabe nicht berücksichtigt; denn es handelt sich
nur um die grosse Beute, die der Reichtum der erschlagenen Feinde aus der Völkerwelt
gewährt. Der Zusammenhang der verschiedenen Aussagen dieser Verse ist sehr lose
(Wellh., Nowack). Zu dem Streit Judas gegen Jerusalem vgl. zu 12 4 und 12 7 8
und zu der gewaltigen Beute vgl. Hes 39 10.
15, die dritte Strophe, ist die direkte Fortsetzung Yon v. 12, wie das ]5"J
lind ebenso^ das auf v. 12 zurückweist, deutlich genug zeigt: Und der gleiche
Schlag wird die Rosse treffen^ Die Maultiere^ die Kamele Und die Esel und
alles Viehy Das in jenen Lagern sich findet. r\^^T\ HD???? ist vollständig über-
flüssig, es ist erst eingesetzt, als das durchaus verständliche ]51 durch den Ein-
schub von V. 13 f. zu weit von v. 12 getrennt war. 16, die vierte Strophe: Und
so viele übrig bleiben aus allen Völkerm^ Die werden Jahr um Jahr hinaufziehen,
Um denKönig Jahwe der Heere anzubeten Und das Laubhüttenfest %u feiern. D'^i5|n
p'^C^'^T'^j; ist Glosse, die ausdrücklich beifügt, was sich aus dem Zusammenhang
von selbst versteht: es handelt sich natürlich um den ganzen Überrest ("inl-in"^?),
der von der Heidenwelt noch übrig bleibt. Zu Ti)1V Tj^D^ vgl. v. 9. Die
ganze Heidenwelt wallfahrt einst Jahr für Jahr zum Laubhüttenfest nach
Jerusalem, wie jetzt schon die jüdische Diaspora dorthin pilgert. Jerusalem
bildet das Zentrum der AVeit für die Heiden, wie für die Juden; dort residiert der
König der ganzen Erde und dort bringt man ihm alljährlich am Laubhüttenfest
seine Huldigung dar, wie man andrerseits von dort auch seine Weisungen
empfängt, vgl. Jes 2 2-4 Mch 4 1-4. Das Laubhüttenfest ist von alters her
das wichtigste in der Reihe der Peste geblieben und hat auch in der späten
Zeit^ der unser Kap. angehört, seinen Charakter als Dankfest für den Ernte-
segen nicht ganz verloren; denn der Segen der Natur bleibt aus für die, welche
nicht am Laubhüttenfest Jahwe für den empfangenen Segen denDank abstatten,
wie V. 17 f. zeigt. 17, die fünfte Strophe: Welche aber nicht hinaufziehen
Von den Geschlechtern der Erde nach Jerusalem, Um den König Jahwe der
Heere anzubeten. Auf die wird kein Regen fallen, d. h. deren Land wird un-
fruchtbar bleiben. 18, die sechste Strophe: Und wenn das Geschlecht der
Ägypter Nicht hinaufzieht und nicht sich einstellt. So wird sie der Schlag treffen.
Womit Jahtce die Völker schlägt. Der Schluss 'i:n ^h I^S ist durch Abirren
des Schreibers auf v. 19 fälschlich in v. I8 wiederholt; er ist hier aber unbrauch-
bar, da er gerade die besondre Behandlung Ägyptens unnötig machte, wenn
sie dieselbe Strafe erfahren wie die andern Völker. Die Einsicht in diesen
Widerspruch hat zum Einschub von ^b vor DH"^^? geführt, das jedoch mit Recht
von LXX und Pesch. nicht geboten wird. Man lese also ^Tvhty und trenne
dies Wort nicht durch Athnach von dem folgenden. Die Strophe besagt, dass
die x^gypter, welchen der Nil das Land fruchtbar macht und welche keines
Sachl4l8 455 Sachl4 2l
Regens bedürfen, nicht straflos ausgehen werden, wenn sie von Jerusalem fern
bleiben. Jahwe straft sie, wie er die Völker straft. Was für eine Strafe es ist,
wird nicht gesagt. Man denkt an Misswachs resp. Hungersnot, bei den Ägyp-
tern eine Folge des Ausbleibens der Nilüberschwenimung; vielleicht weist aber
riD^öH darauf hin, dass die Ägypter der Schlag von v. 12 treffen soll. Dann
dürfte zu beachten sein, dass in v. 1 8 mehrere Codd. DM-in"^?'ri« resp. D''^j;n"^3"n«
bieten, also direkt an v. 12 erinnern. 19, die siebente Strophe: Das wird
die Strafe Agj/ptens sein Und die Strafe alter V'ötker , Wetc/te nicht liinauf-
%iehen zu /'eiern Das Fest der Laubhütten. ns^n, eigentlich Sünde ^ hat
hier wie Num 32 23 Jes 5 18 den Sinn von Strafe^ die die Sünde nach sich zieht.
20 21 Die Heiligkeit Jerusalems und Judas. Die beiden Verse enthalten
zwei Vierzeilerund eine Schlussbemerkung v. 21^^, die man vielleicht als Distichon
wird fassen dürfen. 20^ Jenes Tages steht auf den Schelten der Rosse:
Jahwe heilig; das bedeutet, dass die Rosse, die bei den Propheten so oft die
widergöttliche Weltmacht repräsentieren vgl. 9 10 10 5 und zu Mch 5 9, dann
nicht mehr kriegerischen Zwecken dienen, sondern im Dienste Jahwes stehen
und ihm angehören. Darum tragen sie auch auf ihren Schellen, die schwerlich
als Glöckchen, sondern als klirrende Metallplättchen zu denken sind, die Auf-
schrift: Jahwe heilig vgl. Ex 28 36. Aller Krieg hat dann ein Ende und Jerusa-
lem bleibt unbefehdet. 20^ Und die Töpfe im Hause Jahwes werden sein
Wie die Becken vor dem Altare, Wahrscheinlich besteht das tertium compa-
rationis doch nicht in der Heiligkeit, da die Töpfe im Tempel überhaupt schon
heilig waren, sondern in der Grösse: die Töpfe zum Bereiten der Opfermahlzeit
müssen wegen der ungeheuren Menge der Opfernden riesengross sein ( Wellh.).
Unter den Ü*'p'1]p sind dann Gefässe zu verstehen, die ein grosses Volumen auf-
wiesen, eigentliche Kessel. 21 Aber so gross die Tempelgefässe sind, sie
genügen nicht, wenn die Unmasse der Pilger aus allen Völkern zu den Festen
nach Jerusalem zieht; was an Töpfen in Jerusalem und Juda vorhanden ist,
soll heilig sein, also zu kultischen Zwecken verwendet werden können: Dann
wird jeder Topf in Jerusalem und in Juda Jahwe der Heere heilig sein Und
alle Opfer er werden kommen Und von ihnen nehmen und darin kochen, Dass
mit dieser Schilderung nur überhaupt die Heiligkeit Jerusalems als des kul-
tischen Zentrums der ganzen Welt hervorgehoben werden soll, versteht sich von
selbst; vgh zu Jo 4 17 und zu Jes 61 4-6. Ob v. 21 '^ wirklich zum genui-
nen Bestände des Capitels gehört, ist mir fraglich. Der Gedanke, dass kein
Händler mehr im Hause Jahwes sein soll, lässt sich wohl mit der Betonung
der Heiligkeit des Tempels verbinden, aber berührt doch eine etw^as andre
Seite dieses Begriffes, vgh Mt 21 12. Doch mag gar wohl recht oft das Treiben
der Händler 0^5^53 vgl. 11? 11) als im Widerspruch auch mit der kultischen
Heiligkeit des Tempels empfunden worden sein.
Mal Einleitung I 456 Mal Einleitung I
MALBACHI.
Einleitung.
L Das Buch, sein Inhalt und seine Entstehung. Das Buch Mal ist das letzte
unter den „Zwölf Propheten" im hebräischen AT wie in der griechischen Sammlung der
LXX. Es trägt weit mehr als die Bücher Hag und Sach 1 — 8 den Charakter einer eigent-
lichen Prophetenschrift, da seinen Inhalt nicht ein Peferat über Prophetenthätigkeit,
sondern prophetische Mahnungen, Drohungen und Verheissungen ausmachen. Auch
in der Form bewahrt es prophetische Art ; denn wie in den meisten Prophetenschriften
sind die Gedanken in metrischer Form ausgesprochen (vgl. darüber Yorbem. zu 1 2-5).
Das Ganze zeigt eine überlegte Disposition : wie den einzelnen Abschnitten ein thema-
artiger allgemeiner Satz, aus dem das Folgende abgeleitet wird, vorangestellt ist, so
findet sich an der Spitze des ganzen Buches ein kurzer Abschnitt, der als Grundlage
der folgenden Darlegungen dient. Die Liebe des über die Grenzen Israels hinaus
gebietenden Jahwes zu Jakob, die im ersten Abschnitt 1 2-5 festgestellt und bewiesen
wird, ist dieser Ausgangspunkt. Liebt Jahwe wie ein Vater Jakob, so haben die
Priester vor allem, die seine speziellen Söhne und Diener sind, ihm Liebe und Ehr-
furcht zu erweisen und dafür zu sorgen, dass ihm auch durch die Laien die schuldige
Verehrung zu teil werde, sie haben aber auch, wenn sie ihre Pflicht versäumen, zu
gewärtigen, dass sie aus ihrer Ehrenstellung entfernt werden, vgl. den zweiten Ab-
schnitt 16 — 2 9. Ist Jahwe der Vater Jakobs, so folgt ferner daraus, dass alle An-
gehörigen Jakobs Brüder sind und als Brüder miteinander leben sollen, also in Handel
und Wandel einander Treue zu halten und sich vor jeder Untreue, ganz besonders
auch in der Ehe, zu hüten haben, ansonst sie auf Jahwes Huld und Gnade nicht zählen
dürfen, vgl. den dritten Abschnitt 210-16. Der Pest des Buches weist die Ein-
reden der Skeptiker zurück, die an der vom Propheten behaupteten Liebe und Macht
Jahwes zweifeln, weil ja im Gegenteil der Übeltäter und der Übermütige glücklich
fahre, der Fromme aber keinen Nutzen seiner Frömmigkeit sehe. Es sind drei Ab-
sätze, in denen sich der Prophet gegen diese Skeptiker wendet: 1) 217 — 3 5: das
Gericht wird plötzlich hereinbrechen, es bedeutet besonders für die unehrerbietigen
Mal Einleitung I 457 Mal Einleitung II
Söhne Levis eine genaue Sichtung und Jjiiulerung und für die Ubelthäter alle eine
rasche Bestrafung; 2) 3 6-12: der Betrug, den das ganze Volk hei der Ablieferung
des Zehntens und der Abgaben an den l^erapel ü})t, ist die Ursache, warum in der
Gegenwart von .Jahwes Segen nichts gesehen werden kann; und 3) 3 13-21: der 'J^ag
wird kommen, wo der Unterschied zwischen Fromm und Gottlos für jedermann
ersichtlich sein wird, wo die Gottlosen mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden,
aber den Gottesfürchtigen die Sonne des Heils und der Heilung von allen Schäden
aufgeht.
Wie diese Inhaltsübersicht zeigt, ist das Buch im Grossen und Ganzen aus
einem Gusse. So wie es aber vorliegt, ist es nicht auf einmal entstanden. Es liegen
nämlich in dem Buche auch einige fremde Bestandteile vor, die eine andre Auffassung
als das übrige Buch aufweisen. Für die kleineren Zufügungen ist die Auslegung zu
vergleichen; hier sei nur auf die beiden wichtigen Zusätze aufmerksam gemacht, auf
den Einschub 2 11 12, wozu vielleicht noch einige Elemente aus 2l4f. gehören, und
auf den Anhang 3 22-24. Der Einschub 2 11 12 verurteilt in schärfster Weise die
Heirat von NichtJüdinnen als eine Entweihung des Heiligtums, als eine Sünde, die
die Wirksamkeit des ganzen jüdischen Kultus in Frage stellt. Es ist sehr zu zweifeln,
ob der Prophet, der über die Heiden ganz anders dachte (1 ll), diese Verurteilung
der Mischehen teilte; in den Versen, die ihm angehören innerhalb des Abschnitts von
2 10-16 , ist es ihm um die Polemik gegen die Untreue überhaupt und besonders auch
in Hinsicht darauf zu thun, dass die Ehescheidung so leicht genommen wurde. Der
Anhang 3 22-24 ermahnt zum Gehorsam gegen das Gesetz Moses und verheisst in
Interpretation von 3 1 das Kommen Elias als des grossen Widerhersteilers der Ord-
nung aller Dinge vor dem jüngsten Tage, damit Jahwe nicht das Land mit dem Bann
belegen müsse. Diese Zusätze bestimmen die Zeit der Entstehung des Buches: Die
Verurteilung der Mischehen gehört in die Tage Nehemias und Esras, sowie der Herr-
schaft des PC in der Gemeinde; also existierte damals bereits das Buch, in das 2 11 12
eingeschoben ist. Der Anhang aber ist Jesus Sirach bekannt, der die Worte von 3 24
verwendet, vgl. JSir 4810; also: wie die Prophetenschrift in der Zeit Nehemias und
Esras, so war das Ganze samt dem Anhang schon vorhanden zur Zeit Jesus Sirachs,
d. h. um 180 v. Chr.
II. Der Prophet, seine Zeit und seine Bedeutung, In der Überschrift 1 1
wird der Prophet, von dem die drei Capitel stammen, ^?^^D genannt, ebenso in dem
Titel des Buches beiLXX: MaXa^ia^, während im Texte ll dafür äy^eXo; auxou
steht. Maleachi ist in der Tradition sein Name geblieben , doch hat er wegen seiner
für einen Menschen wenig passenden Bedeutung : ''pfcj^? = iTpJJ^D , Bote Gottes , der
späteren Legende Anlass gegeben, zu erklären, Maleachi habe die schöne Gestalt und
das Aussehen eines Engels besessen, vgl. Pseudo-EpiPHANIUS Vitae prophetarum bei
Nestle Marg, 28 f. Nun ergiebt sich aus der ganzen Art von 1 1, dass die Überschrift
des Buches in allen ihren Teilen von fremder Hand stammt, s. zu 1 1, also die Schrift
ursprünglich anonym ausgegangen ist. Auch lässt sich noch erkennen, wie die Über-
schrift zu dem Namen Maleachi gekommen ist. Es wurde derselbe in dem "'^fc^vÖ von
3 1 gefunden , sei es dass der Verf. der Überschrift diese Stelle auf den Propheten
deutete und in '^?ij7?? wirklich einen Eigennamen sah oder sei es dass er darin nur
eine Bezeichnung des Propheten erblickte und es als Stichwort an die Spitze des
Mal Einleitung II 458 Mal Einleitung II
Buches stellte. Jedenfalls legt die Überschrift 1 1 die Stelle 31 anders aus^ als der
Anhang 3 22-24; aber sie hat mit ihrer Auslegung nicht mehr Recht als dieser s. zu 3 1.
Ist somit der Name des Propheten völlig unbekannt, und sind alle Vermutungen,
die darüber aufgestellt wurden, nicht sicherer als die unrichtige Vermutung des
Autors von 1 1 , so lässt sich dagegen die Zeit des Propheten ziemlich genau fest-
stellen. Alles weist auf die Periode von der Vollendung des nachexilischen Tempels
bis zur Einführung des PC in der jerusalemischen Gemeinde. Denn einerseits existiert
der Tempel 1 10 3l 10 und kann in demselben geopfert werden, andrerseits sind die
Zustände in Jerusalem derart, dass unmöglich die Durchführung der Reform durch
Esra-Nehemia schon vorauszusetzen ist. Dies wird speziell auch dadurch ausgeschlossen,
dass der Prophet die vom PC gebrachte scharfe Unterscheidung von Priestern und
Leviten nicht kennt, sondern beide zusammen die Leviten nennt 2 4 f. 3 3, vgl. Schlußs-
bemerkung nach 2 9. Fragt man nach dem genaueren Zeitpunkt innerhalb dieser
Periode, so wird man in die Nähe des Endes derselben verwiesen; denn die Ver-
hältnisse, welche die Schrift in Jerusalem voraussetzt, sind ganz diejenigen, welchen
durch die Peform Esra-Nehemias ein Ende bereitet werden soll. Man denke an die
Gleichgiltigkeit dem Kultus gegenüber und an die Geringschätzung des Opfers und
andrerseits an die Mühe, die es Nehemia kostete, die Zehntabgabe durchzusetzen, vgl.
zu 3 6-12. Nichts spricht auch dafür, den Propheten zu einem etwa von Esra oder
Nehemia abhängigen Zeitgenossen dieser Männer zu machen; die Polemik gegen die
Mischehen 2 11 f. stammt nicht von ihm, sie ist von einem Spätem, der ein Anhänger
Esras und Nehemias war, in sein Buch eingefügt (s. zu der Stelle). Der Prophet ist
ohnehin, wie seine Worte zeigen, ein durchaus selbständiger Mann, er gehörte offen-
bar zu dem Kreise der Gottesfürchtigen, von denen er in seinem Buche spricht 3 16 f.
20 f., dem Kreise in Jerusalem, der mit dem Treiben ihrer Volksgenossen unzufrieden
war und eine Reform herbeiwünschte. Man wird darum mit der grössten Zuversicht
die Entstehung des Buches Mal in die Zeit vor Nehemia und Esra ansetzen dürfen;
wie kurz oder lang vorher, bleibt allerdings eine offene Frage. Hält man dafür, wie
es die traditionelle Auffassung ist, dass Esra 458 v. Chr. in Jerusalem eintraf und das
Gesetz 444 v, Chr. einführen konnte, oder stimmt man der Ansicht bei, die Nehemia
zuerst nach Jerusalem kommen (um 445 v. Chr.) und Esras Thätigkeit in Jerusalem
erst 432 beginnen lässt, sodass die Einführung des Gesetzes auf 430 fällt (s. KHC
Esra und Nehemia Einl. V), so ist doch mit dem Ansatz, dass „Maleachi" gegen das
Ende der ersten Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr., also um 460 resp. 450, gelebt habe, im
Allgemeinen gewiss das Richtige getroffen. In dieser Zeit kommen auch 1 8 und 1 3
zu ihrem Rechte, s. zu diesen Stellen. Wenn TOREEY das Buch erst der ersten
Hälfte des vierten Jahrhunderts zuweist, so beruht dies lediglich auf seiner andern
chronologischen Bestimmung der Statthalterschaft Nehemias in Jerusalem, die nach
ihm nicht vor das vierte Jahrhundert fallen soll. Abgesehen von der Festlegung
dieser Daten stimmt er aber der allgemeinen Argumentation zu. Anders urteilt nur
WiNCKLER, der die Schrift ins zweite Jahrhundert hinabsetzt, in die Zeit unmittelbar
nach der Errichtung eines Altars für den olympischen Zeus auf dem Brandopferaltar
zu Jerusalem am Ende des Jahres 168 v. Chr. Damit aber in Mal Anspielungen auf
diese Ereignisse gefunden werden konnten, musste der Text in einer ganz unzu-
lässigen Weise geändert werden. Jedenfalls kann der Versuch Winckler's nicht als
Mal Einleitung II 459 Mal Einleitung II
eine Erklärung des Maleachitextes angesehen werden. ÜbrigenH hl lebe ])ei einer so
späten Ansetzung völlig unbegreiflich, wie Jesus Sirach schon um 180 v. Chr. einen
Zusatz zu dem Maleachibuch, der '\ l erklären will, citieren konnte; vgl. oben Einl. 1
(am Ende).
Der Prophet „Maleachi" gilt im Allgemeinen als ein einlacher Alann und für
gewöhnlich wird ihm keine grosse Bedeutung zugeschrieben. Aber man wird mit
dieser Beurteilung dem Propheten schwerlich gerecht. Es ist wahr, dass es seinen
Tetrastichen an eigentlichem poetischen Schwünge fehlt; aber seine Darstellung, die
sich oftmals in liede und Gegenrede ergeht, macht doch keineswegs den Eindruck
eines trockenen Schulvortrags oder blossen rabbinischen Schulstreits, sondern viel-
mehr des lebendigen Kontakts und des lebhaften Verkehrs mit Freunden und Gegnern.
Was vor allem jedoch nicht gering anzuschlagen ist, das ist der Gedankeninhalt, den
das Buch aufweist und der von einer selbständigen , eigenartigen und bedeutenden
Persönlichkeit Zeugnis ablegt. Wohl ist er weit mehr ein Kind seiner Zeit, als es
die alten Propheten des achten und siebenten Jahrhunderts gewesen waren, und er
lebt in den Anschauungen der nachexilischen Periode ; aber wenn er den Kultus hoch-
hält und die Entrichtung des Zehnten fordert, so ist es wohl zu beachten, dass er
darin die Formen sieht, in denen ein viel tieferer Gehalt sich ausdrücken kann, und
dass ihm an dieser der rechten Form zu Grunde liegenden Gesinnung alles gelegen
ist. 'Was er fordert, sind nicht Opfer und Zehnten, sondern in Opfern und Zehnten
sich darstellende Ehrfurcht und Treue gegen Gott, vgl. 16 f. 3 8. Er ist weder dem
Formalismus noch der äusserlichen Gesetzlichkeit verfallen. Wie sehr er in die Tiefe
des sittlichen Wesens der Forderungen Gottes eindringt, zeigt seine Beurteilung der
Ehe und der Ehescheidung in 210 isf. 16, in der er sich von der Laxheit des ge-
wöhnlichen Judentums weit entfernt und dem NT und vor allem Jesus nahe kommt.
Obwohl er die Gefühle eines Juden teilt, wo es sich um die Edomiter handelt, ist er
doch fern von dem fanatischen Nationalismus und engherzigen Partikularismus (die
Worte gegen die Mischehen fallen nicht ihm zur Last, s. zu 2 11 f.); er bekundet im
Gegenteil eine merkwürdige Freiheit und Weite des Blicks , wenn er die Heiden,
welchen es bei ihren Opfern in Aufrichtigkeit um Gottesverehrung zu thun ist, als
bessere Diener des einen Gottes Jahwe hinstellt, als die Juden, die Jahwe verdorbene
Gaben bieten (s. zu 1 10 f.). Auch hier sieht man, wie wenig dem Propheten auf die
Form und wie ihm alles auf den Sinn, auf die Gesinnung ankommt. Es ist in diesem
Zusammenhang auch sehr beachtenswert, dass er das Gericht als ein innerjüdisches
darstellt, jedenfalls ein Zeichen, dass er den Hochmut nicht teilt, der auf die Heiden
hinabzusehen gewohnt war. Ist nicht alles bei diesem Manne vollständig aus einem
Gusse und sind nicht die letzten Konsequenzen gezogen, zu denen seine Überzeugung
führen musste (vgl. z. B. zu 2 10), so ragt er doch weit über die gewöhnliche Art des
nachexilischen Judentums hinaus und reiht sich den selbständigen Persönlichkeiten
an, die in den Verfassern von Hiob, Jona und Buth uns aus dieser Periode bekannt
sind. Sein Buch ist deshalb ein äusserst wertvolles Denkmal aus der Zeit vor der
Einführung des Gesetzes, es verschafft uns, wie das Werk seines Zeitgenossen Trito-
jesaja, einen wichtigen Einblick in die Zustände zu Jerusalem, wo sich die verschie-
densten Richtungen geltend machten: die „Übermütigen" (3 15), die Gleichgiltigen,
die Skeptiker und die Frommen (Gottesfürchtigen) , und wo Probleme und Fragen
Mal Einleitung II 460 Mal 1 2
auftauchten (über den Wert der Frömmigkeit), die noch lange die ernstesten und
tiefsten Denker der jüdischen Gemeinde beschäftigten. Als das Zeugnis eines selbst-
ständigen und über die Menge hervorragenden Mannes aus der Periode vor der fast
völligen Alleinherrschaft des Gesetzes bildet das Buch Mal einen würdigen Abschluss
des Zwölfprophetenbuches.
III. Litteratur* L. Eeinke Der Prophet Maleachi 1856; A. KÖHLER Die
Weissagungen Maleachis 1865; W. BÖHME Zu Maleachi und Haggai ZATW 1887,
210—217; iLBachmann Alttest. Untersuchungen 1894, 109— 112: Kaleb oder Maleachi?;
T. T. Perowne Malachi 1896; C. C. Torrey The Prophecy of 'Malachi' in Journal
of Biblical Lit. 1898, 1—15; H. WiNCKLER Altorientalische Forschungen II, 531—539
Maleachi (Dec. 1899); Ed. Sievers Metr. Studien I. Textproben 1901, 498—501: Ma-
leachi 1; T. K. Cheyne Grit. Bibl. II, 1903, 194—198.
Erklärung,
Die Überschrift des Buches 1 1 lautet in ihrem ersten Teile wie die Über-
schriften Sach 9 1 12 1, die von der Hand eines Redaktors oder eines Diaskeu-
asten des Zwölfprophetenbuches herrühren, s. Sach Ein]. I. Es ist daher zu
vermuten, dass auch die Überschrift 1 i denselben Ursprung habe und zwar in
ihrem ganzen Umfang. Denn ohne die mit Sach 9 i 12 i übereinstimmende Ein-
leitungsformel steht ^:?^hü T^ in der Luft, und dass diese Bemerkung von
zweiter Hand stammt, verrät sich schon durch den Gebrauch von T21 statt des
übHchen "^«, s. Hag Einl. I S. 378. Es ist darum auch kaum zu bezweifeln,
dass der Name '?«^J? erst aus 3 i erschlossen ist, der Verf. also seine Schrift
anonym hat ausgehen lassen. S. Einl. II. Der wirkliche Name des Verf. 's ist
unbekannt; denn die Hypothese Bachmann's, dass der Zusatz derLXXzu y. i:
ösaöe 5yj km zac, xapBia; ufAcüv, auf den zu 2h2 ^D*"^! verderbten ursprünglichen
Text n^D"1W^, = und sein lYame war Kaleb , zurückführe, also der Prophet
Kaleb geheissen habe, ist haltlos, weil der griech. Text in hebr. Wiedergabe
nur DD^rilll'? ^j; ^D^tol lauten könnte , was einem n^5 ID^'^l doch sehr fern steht,
s. Matthes ZATW 1903, 126 f. Das Plus der LXX will die etwas abrupt be-
ginnende Ansprache v. 2 vorbereiten und einleiten oder ist beigefügt von jemand,
der ''piJT'r? (vgl. LXX a^y^Xo; aoxou) nach Hag 1 13 als Bezeichnung Haggais,
also Haggai als Autor von Mal Cap. 1—3, fasste und das durch diesen Zusatz
aus Hag 2 15 i8 andeuten wollte (Toeeey).
!. Jahwes Liebe zu Jakob I 2-5.
Die Wahrheit der Aussage, dass Jahwe Jakob liebt, beweist der Prophet mit dem
Schicksal Esaus. Das Unglück, das den Bruder betroffen hat und vor dem Jakob bewahrt
blieb, ist ein Argument für Jahwes Liebe zu Jakob, wie man ebenso aus der Liebe Gottes
zu Israel folgern darf, dass er gegen dessen Feinde einschreiten wird, vgl. Jes 14 1. Wie im
Mal 12 461 Mal 1 4
Krieg nach antiker Anschauung der Sieg über Recht oder Unrecht entscheidet, so kann
auch aus der Verschiedenheit des Schicksals sonst naliesteliendor Völker erschlossen wer-
den, wer der Liebling Gottes ist. .lakob und Esau sind lirüder, also, sollte man denken,
Jahwe gleich nahestehend; trotzdem hält Jahwe zu .Jakob und hekundet, wie sehr sein Hass
dem Hasse Jakobs fi;G^iin Esau ent8])richt. Das Unglück Edoms besteht in einer gewal-
tiofen Verwüstun<^ die das Land betrollen hat. Es kann sich schwerlich um ein anderes
Ereisrnis handeln, als um den Kinbriich der Araber in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts.
Die Edomiter hatten schon, als die Katastrophe über Juda hereinbrach, gedrängt von den
aus Süden einfallenden Arabern, sich auf Kosten der unglücklichen Judäer im Süden Ju-
das festgesetzt, vgl. Sach 7 7 Ob v. 10-14. Jetzt war zu Anfang, resp. in der ersten Hälfte
des 5. Jahrh. der Hauptvorstoss der Araber-Nabatäer erfolgt, der das edomitische Gebiet
in eine Wüstenei verwandelte, vgl. Ob Einl. II S. 229. Schon in diesem ersten Ab-
schnitt tritt uns das Charakteristische in Mal's Darstellungsweise entgegen, dass er sich
in lebhafter AVeise die Einreden der Hörer durch Fragen selbst vorlegt, um sie dann ab-
weisen und widerlegen zu können. Mit der Schulsprache der Schriftgelehrten in der
Mischna hat dieser Stil des Propheten nichts zu thun, sondern er hängt mit seiner persön-
lichen Eigenart zusammen. Wie das ganze Buch Mal in seinen originalen Abschnit-
ten ist auch dieser Eingang in Vierzeilern abgefasst. Es sind deren vier: v. 2*^*, v. 2^^^ 3,
V. 4^ und V. 4^ 5. Schon hier zeigt es sich, dass die Stichen der verschiedenen Strophen
nicht in strikter Weise die gleiche Länge aufweisen ; aber innerhalb einer und derselben
Strophe ist immerhin die Gleichmässigkeit nicht zu verkennen.
2 Wie sehr Jakob bei Gott in Gnaden steht und von ihm geliebt wird,
zeigt die Behandlung seines Bruders Esau, der den Hass Gottes in bitterster
Weise soeben hat erfahren müssen, vgl. Vorbemerkung. niH^ DiJ^ ist der
vierte Stichos der ersten Strophe, vielleicht ist nit^D^ hinter n]n^_ zu er-
gänzen, ^nsj, mit dem die zweite Strophe (v. 2^^ s) beginnt, ist eine
ganz unerwartete Folge der vorher konstatierten Bruderschaft Jakobs und
Esaus (s. Am 1 ii); die Liebe Jahwes zu Jakob kann, da sie allen Erwartungen
widerspricht, um so weniger fraglich sein. 3 Da der Wechsel der Kon-
struktion von D^'^, einmal mit direktem Obj. HDö^, das andremal mit h in ni^nb,
hart ist und Hliri statt des gewöhnlichen mascul. Plurals D^5^ sonst nirgends
vorkommt, ist die Richtigkeit der Lesart niin^ zweifelhaft und die Übersetzung
für die Schakale noch zweifelhafter. LXX eU hü^iiaxa scheint r\^^b resp. r\):ib
zu Wohnungen^ %u Auen (der Wüste) gelesen zu haben, was Böhme und No-
WACKfürdenrichtigenText ansehen, währendToEEEYderKonstruktion des ersten
Sätzchens entsprechend besser nur n'U liest und n^ als Dittographie der vor-
angehenden Buchstaben erklärt. Die Auen der Wüste sind aber keine gute
Parallele zu HDö^, vgl. Jer 9 9 Ps 65 13. Oort sieht daher das ganze ni^nS für
fehlerhafte Dittographie von IH^Ö? an und Chetne hält PXTvh für möglich; das
richtige wird aber sein, dass ['p]b ^nnj dafür gelesen wird : ich machte sein
Erbe zur Wüste, die Buchstaben sind in unrichtige Ordnung geraten und
S ]nj = zu etwas machen ist häufig, vgl. Gen 17 20 48 4 Jer 1 18. 4^, die
dritte Strophe: DllfcJ bezeichnet hier das Land, darum ist es als-femin. behan-
delt, s. 1l?«r^. Zu ^li^'^l, wir sind zerstört, vgl. das Poel \2}^>^ Jer 5 17;
wie die Trümmer im folgenden zeigen, geht die Bedeutung des Verbs besonders
auf das Zerstören von Bauwerken. Dem Hochmut der Edomiter, der wie einst
die Ephraimiten (Jes 9 9) spricht, setzt Jahwe sein Wort entgegen, dass alle
Bemühung umsonst sei, um die definitive Verwüstung zu hindern. So rasch.
Mal 1 4 462 Mal 1 7
wie der Prophet dachte, ist allerdings Edoms Ende nicht gekommen; welche
Blütezeit Edom noch erlebte, davon geben heute noch die Ruinen des jetzt
verödeten Landes ein grossartiges Zeugnis, vgl. das Prachtwerk von Beünnow
und V. DoMASZEwsKi Die Provincia Arabia 1 1904. 4^ 5 = vierte Strophe.
Verödung eines Landes ist der Beweis für den Frevel seiner Bewohner und
den göttlichen Zorn, der sie getroffen. Für ^^^^], die 3. pers. Plur. für das in-
definite „man'"', scheint LXX das Passiv i^")p] gelesen zu haben. Mit
Sievers wird üb'\y"l)l als Zusatz zu betrachten sein, da die Juden zur Zeit
Mal's doch nicht sehen konnten, dass Edom auf immer gehasst sei vgl. v. 5.
5 ^'^^TV.. und DriS heben hervor, dass es ihr eigenes Erlebnis und ihre eigene
Erfahrung sein werde : "1)11 ^"ir d. h. Jahwes Macht reicht über die Grenzen
Israels hinaus. Das ist der grosse Vorzug Israels, dass es die Liebe des all-
mächtigen Gottes besitzt, üniversalismus und Partikularismus schliessen sich
für Mal nicht aus.
2. Die Unehrerbietigkeit der Priester gegen Jahwe 1 6—2 9.
Der Abschnitt zeigt, welche hervorragende Wichtigkeit der Opferdienst und die
Priesterschaft in den Augen des Propheten hat. Dass ein Prophet so spricht, ist wohl zu
beachten; die Zeiten haben sich geändert: seit Hesekiel eine Kultusverfassung für das
neue Jerusalem entworfen hat und seit Haggai und Sacharja den Tempelbau als die wich-
tigste Angelegenheit der Zurückgekehrten hingestellt haben, mussten der Kultus und die
Priesterschaft in der Wertung ganz besonders steigen. Es kann darum auch nicht auf-
fallen, dass nicht alle Gemeindeglieder, sondern die Priester als die Söhne und Diener
Jahwes erscheinen. Die Scheidung zwischen Klerus und Laien hat Fortschritte gemacht;
aus der politischen Gemeinschaft wird eine theokratische Gemeinde, welche die Priester-
schaft zu leiten hat. Das ist die Signatur des Zeitalters, das mit der Rückkehr aus dem
Exil angebrochen ist. Immerhin ist anzuerkennen, dass Mal hinter der Vernachlässigung
des Kultus einen tieferen Schaden erblickt: die Unehrerbietigkeit gegen Jahwe vgl.
V. 6 7 14. Auch diesem Abschnitt liegen Vierzeiler zu Grunde, die allerdings zum
Teil durch spätere Textverderbnis zerstört sind, s. die Auslegung.
6—14 Die Sünden der Priester. 6*^=^ (bis •'«niD) die erste
Strophe: der allgemeine Satz, von dem die Darlegung ausgeht: der Sohn hat
seinen Vater zu ehren. "Wie in der Parabel vom Weinberg Jes 5 1-7, so
sollen auch hier die Hörer und Leser unbeeinflusst von der Rücksicht auf die
eigne Person die Zustimmung zu der vom Proph. gestellten Forderung geben,
um erst nachher zu merken, dass sie über sich selber das Urteil gesprochen
haben. Darum setzt der Prophet die Anrede an die Priester zu ihrer Über-
raschung erst an das Ende. Sie sind die Söhne und die Diener Gottes^ s. Vor-
bem. Hinter llj^l ist nach LXX und den folgenden zwei Substantiven *'11^3
und '^i^IlD notwendig mit den meisten Auslegern i^T";, = (der Diener) fürchtet
(seinen Herrn), einzusetzen. DS ^551 ]5 erinnert an den Dekalog Ex 20 12
Dtn 5 16; zu den sog. Herrschaftspluralen V^'llS und D'^^n^J vgl. Ges.-Kautzsch27
§ 124i. 6^^ (von 10« an) 7^* die zw eite Strophe. Dni?«l ist nicht Fortsetzung
des Particips '^ ^p, sondern Einführung der von den Priestern erwarteten Ein-
rede (s. Vorbem. zu v. 2-5). 7^°^ Wie das Opfer nn^, Brot, Speise, ge-
nannt wird vgl. Lev 21 8 17, so kann der "^ n3|?? auch "^ ]n^l^^ der Tisch Jahwes,
heissen vgl. Hes 41 22. ^ijip hat nirgends einen andern Sinn als verunreinigt,
Mal 1 7 463 Mal 1 10
beßeckt, die Ahscliwäcliiing in mlndenccrlig, schlcc/U, (so Wellh.) ist schwer-
lich gerechtfci'tigt; die Eelleckuiig liegt nicht an der (Qualität des Opfers,
sondern an der Haltung und Gesinnung derer, die es darbringen, wie der Proph.
selbst sagt auf den neuen Einwand 7^^ mit dem die dritte Strophe (v. 7^P^ 8"^)
beginnt und den sie gegen die mit D^^^;i^ beginnende Antwort auf die Frage
von V. o'^ erheben, indem sie sagen: womit luiben wir es belleckt? 1. mit LXX
und ToRREY ^n^Ilb«? für ^I^^S?, da nur von einer Befleckung des Opfers, nicht
Jahwes die Rede war und die Rede sein kann. Die Geringschätzung, mit der
die Priester vom Altar Jahwes redeten, haftet dem Opfer als Befleckung
an. Die Tilgung von ^X^)l^\ Hö? Dn"i)?«1 durch Wellh. und Nowack ist
darum unberechtigt (Torrey). 8^ Die Geringschätzung hat noch weitere
Folgen, die Priester kümmern sich nicht, ob auch fehlerhafte Tiere geopfert
werden, die nicht dargebracht werden dürfen vgl. Lev 22 22-25. In ihren Augen
yi ]''S ist es nichts Schlimmes, hat es gar nichts auf sich, schadet es nichts,
wenn auch solche Tiere geopfert werden. Und doch würde 8^ (Beginn der
vierten Strophe) kein Landpfleger sich derartige Gaben gefallen lassen, 1.
nach LXX cod. Alex, und v. 10 13 2 13 mit Wellh. ^H^TH für ^^T.H; ein der-
artiges Geschenk (denn es handelt sich nicht um Abgaben) würde jedenfalls
nicht bewirken, dass der Beschenkte dem Geber seine Gunst zuwendete. Der
Sing.< ^nn'^ljpn steht, weil der Prophet sich an den Einzelnen wendet: es soll
es doch einer versuchen. Der nriB, Statthalter , braucht durchaus nicht
Nehemia zu sein; dass er es aber gerade war, ist möglich. Doch hat es natür-
lich von Scheschbazzar an bis in die griechische Zeit in Jerusalem Statthalter
gegeben. niND^ njn^ 115« ist wie öfters hier eingeschoben. 9 gehört
eng mit v. 8^ zusammen und zieht ironisch den Schluss aus v. 8^ um zu zeigen,
welche beleidigende Geringschätzung Jahwes ihr Thun einschliesst. Und nun,
wenn dein Statthalter solche Gaben so gern hat, so fleht doch Gott an seil,
mit dergleichen Opfern, vgl. '2"n« nVn = opfern Sach 7 2 und beachte ^«,
Gott, nicht niH^, in Gegenüberstellung zu nns, und er wird sich schon unser
erbarmen. „Die Aufforderung ist ironisch, nicht Mahnung zur Busse", sagt
mit Recht v. Orelli; eine Mahnung zur Busse, die Hitzig, Wellh., Nowack
hier finden, stört den Gedankengang, da v. 9^t^ sicher zu v. s zurückkehrt und
nicht einen Bussruf fortsetzt. Vielleicht ist aber dieses Uin^l gar nicht ur-
sprünglicher Text (vgl. das auffallende uns). Sicher unterbricht das folgende
Sätzchen: Von eurer Hand ist solches nt<t d. h. ein Opfern von Gaben, die der
Statthalter nicht annähme, auf dem Altar Jahwes, geschehen^ wirklich prakti-
ziert worden, den Zusammenhang und ist daher als Randbemerkung zu be-
trachten; die genuine Fortsetzung zu Und nun so fleht einmal Gott an mit sol-
chen Opfern! ist nämlich: Wird er etwa einem von euch seilte Gunst zuwenden?
D'^iD D^p = D^iS DD'^DD, irgend jemand von euch, weil ihr es seid. . Zu dem
Einschub ':? '^ 1D« s. zu v. 8. 10, die fünfte Strophe. Der Wunsch, dass
besser aller Opferdienst eingestellt würde, ist nach der Darlegung von v. 7-9
verständlich; der Gottesdienst, wie er geübt wird, ist ja viel schlimmer als un-
nütz: er ist eine schwere Beleidigung und freche Geringschätzung Jahwes. ''P
D55"°5» ^^^ ^'^^ unter euch, ist = 0 wäre doch unter euch einer! vgl. zu dem
Mal 1 10 464 Mal 1 12
Gebrauch des Fragesatzes als Wunschsatz Ges.-Kautzsch^^ § 151 a und zu der
Verwendung von D? § 153. Unter den Türen können nur die Türen des Tempels
d.h. des Vorhofes verstanden werden; der Ausdruck ist schwerlich mit Wellh.
metaphorisch zu fassen, wie im vulgären Deutsch: die Bude zumachen. Sind
die Türen verschlossen, so kommt kein Opfernder mehr herein und sie zünden
nicht mehr, wie bisher, vergeblich ohne irgend welche Wirkung das Feuer auf
dem Altare an; zu diesem Sinne von VWtl T«n vd. Jes 27 ii 50 ii. r\r\yc^
hat bei Mal den allgemeinen Sinn von Opfergabe (vgl. auch v. ii), nicht den
speziellen von Speisopfer. Auch hier ist '25 "^ 1J?« Einschub, vgl. v. 8 und v. 9.
11^, die sechste Strophe, beginnt die Begründung von v. lo^: Von euch be-
gehre ich keine Opfergabe; denn während alle Heiden aller Orten mich mit reinen
Gaben ehren, entweiht ihr meinen Namen durch Darbringung befleckter und
nichtswürdiger Opfer. Der Sinn von v. ii ist klar: in aller Welt wird Jahwe
durch Opfer geehrt; auch versteht es sich nach dem Zusammenhang von selbst,
dass V. 11 wie v. lo und v. 12 auf die Gegenwart und nicht auf die Zukunft geht.
Man darf dagegen nicht einwenden, dass ein solcher Gedanke im Munde des
Proph., der sonst für das Gesetz eintrete, unerhört sei, und gegen die Grammatik
dieParticipien in v. 11 und in v. 12, trotzdem sie einander parallel stehen, verschie-
den behandeln, nämlich in v. 11 auf die Zukunft, in v. 12 aber auf die Gegenwart
beziehen. Auch hilft es nicht, an Proselyten zu denken, deren es doch kaum
zu Mal's Zeit in aller Welt gab. Vielmehr ist nach der Anschauung des Pro-
pheten die Anbetung des Gottes, der auch in Jerusalem verehrt wird, allerorten
auf Erden verbreitet; also anerkennt der Verf. den Monotheismus in den heid-
nischen Religionen, man fing ja damals an, bei Heiden und Juden von „dem
höchsten Gott" zu reden, vgl. Wellh. In den Augen des Verf. ist somit der
höchste Gott überall der eine, es ist Jahwe, den Israel kennt; im letzten Grunde
verehren die Heiden Jahwe D1p»-^D2, an jeder heiligen Stätte, vgl. auchZph 2 11,
und sie thun es mit grösserer Treue und mit mehr Eifer, als die Juden und
ihre Priester, denen der Kultus eine gleichgiltige Sache ist. Der Text
ist nicht ganz intakt: mt^^ ist neben IDpö ganz überflüssig, da beide dasselbe
bedeuten; es soll offenbar IDpö erklären = geopfert wird, vgl. Lev 6 15. Ein
Subst. = Räucherwerkkdjm Itpip^ nicht sein. Auch miHD nn:p!| bietet Schwierig-
keiten, mit dem ^i erscheint es als nachträgliche Erklärung = und zwar reine
Gabe; aber ^ wird erst nach Einfügung der Glosse mtl eingesetzt sein, ursprüng-
lich war nniö direkt mit IDJpD zu verbinden, sei es, dass nmp als Subj. zu dem
voranstehenden mascul. I^JpD genommen werden muss, sei es, dass man in Dn.täj?»
zu verbessern und nnit? als Obj. zu fassen hat (s. noch zu 2 12 ^^). W^ \i^
13^« (bis ini^^), die siebente Strophe. '^J "^ ID« ist beidemal v. 11 und v. 13 se-
kundär, vgl. zu V. 8; ebenso ist v. 12^ hier nach v. 7 zur Erklärung als unnötige
Glosse beigesetzt. 12 Im Gegensatz zu der Ehre, die die Heiden Jahwe
darbringen, entweihen die Priester in Jerusalem seinen Namen; diese Ent-
weihung geschieht, wie die Glosse v. 12^> nach v. 7 sagt, dadurch, dass sie so
gering von Altar und Opfer denken: beide sind ihnen nichts Keines und Wert-
volles, sondern ^«ip und HD:?, s. zu beiden in v. 7. Vor HDi ist in^; mit W. R.
Smith (The OT in the Jewish Church 444) u. a. als verfehlte Dittographie
Mal 1 12 465 Mal 1 14
des folgenden Wortes zu entfernen und also nn^] zu lesen. Von den Opfern
als der Frucht (^^?) des Altars zu sj)reclicn, wäre auch sehr gesucht. l'^DS, seine
Speise, ist gleichbedeutend mit TX])V DH^, s. v. 7; das Suff, geht auf ''5'^^5, das
vielleicht als Kere für HJiT in den Text gekommen ist. VM'^ steigt, wie die
Priester den Namen Jahwes entweihen, nw'^no ist Kontraktion aus Ti HD, vgl.
Dd'??? Jes 3 15 und Ges.-Kautzsch'-^ § 37 c und bedeutet: was ist doch der Opfer-
dienst für eine Mühsal! Nicht das Essen des Opfers, sondern die kultische
Darbringung ist ihnen eine Last; wie ganz anders steht es bei den Heiden!
Die Stellung von n^n vor HD ist nach Ps 133 1 nicht zu beanstanden.
Schwierig ist iniS DrinDni, einmal steht das Wort, nämlich "> \Th'ä oder ^DS, wo-
raut iniS sich zu beziehen hat, recht fern, und dazu noch in der Glosse, und dann
wird das Verb HDJ im Kai und mit ? in dem Sinne gebraucht, den man hier
erwartet, vgl. Hag 1 9. Auf alle Fälle wird man mit Geätz und Nowack ini«
in •'0*'^ zu korrigieren haben, w^as als starker Ausdruck gut an das Ende der
Strophe passt: und ihr verachtet mich. Ob aber "H« n''ön = 2 nsj zu setzen
ist, bleibt die Frage. 13^P (von Dnsnm an) l3^ die achte Strophe. Für
das durch seine Indetermination auffallende ^^t^, Geraubtes, das auch sachlich
nicht in die folgende Reihe passt, 1. mit Wellh. *i5j;n"niSl, das Blinde; die
fehlenden Buchstaben T\T\^ sind nach den letzten Buchstaben des vorhergehen-
den Wortes vom Schreiber durch Versehen übergangen. Das zweite Drit^^H]
nimmt, wenn der Text richtig ist, zur Erleichterung der Konstruktion das erste
wieder auf (vgl. Sach 6 lof. 823); für ^^^??^■^^? ist aber dann mit Wellh.
nn:p nhb> (=lni<) zu lesen. Nowack dagegen zieht vor, T\r\^ DH^^^ni als irrige
Wiederholung ganz zu entfernen, mit Recht, nur ist wahrscheinlich nns DH^^ni
die zu Unrecht ganz und am unrichtigen Ort in den Text geratene Randkorrektur
zu dem ersten DHi^^ni, nach Avelchem T\'T\^ einzusetzen ist. Soll ich es wohl-
gefällig annehmen von eurer Hand, D?T9, weil es von euch kommt, Spricht
Jahwe der Heere, 1. ni«ri:i "^ nach LXX. 14, die neunte Strophe: ein Wort
über die Laien, die ihrerseits wie die Priester den Kultus nicht* ernst nehmen
und nicht die geforderte schuldige Ehrfurcht vor Jahwe beweisen. Sie geloben
ein Gelübde und finden sich ab mit dem schlechtesten Tier in ihrer Herde.
Die Priester, die doch über die rechte Gottesverehrung zu wachen haben und
dafür verantwortlich sind, haben nichts dazu zu sagen, sie lassen solche Betrüger,
die ein gutes Stück unter ihrer Herde haben, aber ein geringwertiges und elen-
des beim Lösen ihres Gelübdes dafür substituieren, ruhig gewähren. Möglich
ist, dass diese Mitverantworthchkeit der Priester den Grund zu diesem Tadel
gegen die Laien bildet. Andernfalls sind die Laien nur nebenbei gerügt, weil
die Privatopfer gegenüber dem wohl schon damals dargebrachten Thamid, für
das die Priester zu sorgen hatten, eine nebensächliche Rolle spielten. ^?1i
wird durch den Schluss des Halbverses erklärt, nnti^n, wie gewöhnlich gelesen
wird, ist als femin. für nnn^^j, resp. nnnti^ö (s. Ges.-Kautzsch27 § 80 b N. 2) zu
erklären, = ein verkümmertes weibliches Tier; doch ist die gut bezeugte Lesart
rnii^9 (s. Baer, Ginsbubg) vorzuziehen: ein verkümmertes Stück genügt dem
gelobten wertvollen männlichen Tier gegenüber. Der Deutlichkeit dient, wenn
man mit G. A. Smith nach LXX 1"nii1, und wenn er es seil, das männliche Tier
Kurzer HC zum AT Xni 30
Mal 1 14 466 Mal 2 3
gelobt^ liest, vgl. das folgende \ und Koh 5 3. Für ^y^)ib 1. nach vielen Codd.
(s. Ginsbürg) ^Y^^b,^ s. auch zu v. 12. Der Schluss v. 14^, in dem wieder
(s. zu V. 8) zu Unrecht ^ "^ 1??iJ eingeschoben ist, motiviert den ausgesprochenen
Fluch: anderes als Fluch kann dem nicht zu teil werden, der Jahwe, den grossen
König, dessen Namen unter den Heiden gefürchtet ist, beim Opfer betrügt.
2, 1—9 Die Ankündigung der Strafe. 1 njtip muss hier, da
nachher kein Befehl folgt, in einem etwas andern Sinn als gewöhnlich gebraucht
sein, nämlich im Sinne von Feststellung ^ Beschluss; weniger genau ist wohl
Auftrag^ Botschaft. Der Beschluss geht allerdings die Priester an, darum
steht D?^'?^ nnyi = und nun wird euch folgender Beschluss mitgeteilt. Als Ein-
leitung scheint V. 1 ausserhalb des strophischen Schemas zu stehen. Der erste
und zw^eite Vierzeiler dieses Abschnitts finden sich y. 2f., genauer v. 2* (Be-
ginn der zweiten Strophe: ''PH^l^'j) und v. 3^ (ausgenommen die zwei letzten
Worte). Zu v. 2^ und v. 3^ s. unten. 2 f. bringen die v. 1 angekündigte
nj^D: Wenn die Priester Jahwe nicht ehren (vgl. dazu 1 6-14), so sendet er gegen
sie den Fluch und macht auch aus ihrem Segen, mit dem sie ausgezeichnet
sind, einen Fluch. Diesen Sinn hat D^Ti1D1!l"ni^ '^nil^l, wo wahrscheinlich nach
LXX und dem Suff. H im folgenden H^ni^S der Sing. DDriJ*!^ zu lesen ist: denn
es handelt sich weder um die Verfluchung ihrer Opfergefälle, noch ihrer Segens-
sprüche, sondern um Umwandlung ihrer bevorzugten Stellung als Söhne und
Diener Jahwes (1 6) in Niedrigkeit und Verachtung, s. v. 9. Gegen den
Schluss, V. 2^, erheben sich starke Bedenken: v. 2^ giebt den Inhalt des Be-
schlusses, V. 2^ redet von bereits erfolgter Ausführung desselben, während y. 3
dann wieder die Fortsetzung des Beschlusses enthält. Es ist daher v. 2^ nicht
nur nachdrucksvolle Wiederholung von v. 2% sondern steht im Gegensatz dazu.
Also muss man v. 2^ wohl als späteren Zusatz erklären. LXX hat zum Teil
einen andern, aber nicht besser verständlichen Text gelesen und die Vermu-
tung von Wellh., dass *111}J D5 für nW^iS D51 zu setzen und als Verstärkung des
Verbs *'ni1S"! zu fassen sei, hilft nicht ganz, da die Wiederholung der Bedingung
("IUI DD^^'JS; "'S) am Schlüsse damit noch nicht begründet ist. 3 Weder IJ^i,
djwhen, noch yi^n, die Saat, lässt sich verstehen ; für das erstere 1. mit Wellh.
ynä, = abschlagen y abhauen^ vgl. LXX, die V"*^ = acpopiC«> 0 statt 1) gelesen
hat, für das letztere 1. mit den alten Versionen ?'l^'l, = der Arm, Die Drohung
beruht also auflSam 2 31 (Wellh.): der Arm wird den Priestern abgeschlagen
d. h. ihre Macht, ihr Amt und ihr Ansehen ihnen geraubt. Ja, nicht nur das,
sie werden auf das Schimpflichste behandelt: Unrat wird auf ihr Angesicht
gestreut, vgl. DD^'iS'^j; Ü^ID "^il^l].*!. Die „Herkunftsangabe" für den LTnrat
in DD''?n ti^")ö, der Unrat eurer Feste seil. Festopfertiere, ist sehr überflüssig,
darum wohl Glosse (Wellh., Nowack). Der Schluss des Verses wird gewöhn-
lich nach Jer 16 4 22 19 Am 4 2f. vom Hinausschaffen ihrer Leichname auf den
Mist verstanden; aber der Ausdruck dafür ist nicht vertrauenerweckend. Auch
wenn man für das =^ man wird hinaustragen gefasste ^^*^iT mit dem folgenden
D^niJ zusammen D5"'n^^^Il^ und ich werde euch hinaustragen , liest, so ist i^^to^
nicht das für diesen Gedanken erwartete Wort und bleibt V^^? ohne gute Be-
ziehung, da der „Mist" ihnen ja ins Angesicht geschleudert ist. Wahrschein-
Mal 2 3 467 Mal 2 7
lieh entstammen die Worte einer llandglosse, die Am 4 2 citieren wollte, vgl.
dort D50^^ ^'^^]' 4, die dritte Strophe: An dem Ausgang, den die Sache
nehmen, wird, ob sie mm Jahwe die Ehre geben oder nicht, werden sie erkennen,
dass Jahwe diesen Beschluss ilmen zugesandt hat wegen des Bestandes seines
Bundes mit Lein. Zu T\V7f7 kann nicht TV\^i:^T\ Subj. sein; es müsste dann min-
destens nriVn'p gesagt werden, auch wäre der Gedanke, der neue Bund mit den
Bestimmungen von v. 2 f. solle nun an die Stelle des alten Bundes mit Levi
treten, deswegen schon sonderbar, weil die Bestimmungen von v. 2 f. nur die
Konsequenz des Levibundes sind und mit ihm harmonieren. Jahwe will den
Bund erhalten und verfährt demselben gemäss mit den Priestern. 5f. wird
dargelegt, was das Wesen dieses Bundes war. Die Konstruktion in v. 5 (der
vierten Strophe) ist verschieden aufgefasst, man hat schon ü\h^T\\ D'^nn in
unmöglicher Weise als direkt von ""Tyy^ abhängig fassen wollen, = „ein Bund
des Lebens und des Heils," und S"11D als Obj. zu D^r^SJ angesehen = ,,als Grund,
als Hebel der Gottesfurcht." Am einfachsten aber versteht man Dl^ti^'m D'^Tin
einerseits und ^<'11ö andrerseits, beide auf gleicher Linie stehend und die Pflichten
der beiden bundschliessenden Parteien nennend, als die Exposition dessen,
was durch den Bestand des Bundes garantiert war und auch thatsächlich ver-
wirklicht wurde, also als die Exposition zudem ersten Sätzchen: Mein Bund
war vorhanden mit ihm: d. h. von meiner Seite war es Leben und Heil, die gab
ich ihm, von seiner Seite Furcht , und er fürchtete mich Und beugte sich vor
meinen Namen. Zu T\T\^T\, = er war vorhanden , bestand, vgl. ni'^nb v. 4, zu nn^,
dem Niph. von nnn, als Parallelwort zu «T, vgl. Dtn 31 8. Zu D"'^nn s. Dtn
30 15, zu Dl^^n vgl. Hes 34 25 37 26 Jes 54 lo. «"11D ist hier Gottesfurcht,
nicht „Ehrfurcht und Achtung von Seiten des Volkes," wie Valeton ZAT W
1893, 261 erklärt. 6, die fünfte Strophe, beschreibt die Früchte, die die
Gottesfurcht im Wirken Levis zeitigte. HD« niin ist der Wahrheit entsprechende
Unterweisung, die also, wie wir schliessen dürfen, auch noch zu MaFs Zeit als
die Aufgabe und das Amt der Priester galt, vgl. Hag 2 ii Sach 7 3; sie haben
namentlich das Volk darin zu unterweisen, was Jahwes Willeist, und müssen
so vor jeder Verfehlung und Verschuldung auch im Kultus (vgl. bes. 1 u) die
Leute bewahren (]^j;d l^^H). Es war damals noch eine lebendige mündliche
(vgl. 5in"'ö!i und VHD'^n) Unterweisung. nblj; ist das Gegenteil von DID« niin,
also von der Wahrheit, dem Willen Gottes abweichende Entscheidung. Zu
Di^i^!i '^i'^n vgl. II Keg 20 3 : D^^ n^in ^^nnn und zu "'ns i;yr^ vgl. Gen 5 22. Der
ganze Zusammenhang zeigt, dass die tiefe ethische Auffassung, welche die vor-
exilischen Propheten von Jahwe und seiner Tora besassen, s. zu Hos 4 16, eine
starke Umbiegung insHituelle und Kultische erfahren hat. Das hängt mit dem
Charakter der nachexilischen Religion zusammen: wahre Religiosität bleibt
ja Ehrfurcht und heilige Scheu vor Gott, aber sie äussert sich hauptsächlich
in genauer Beobachtung des Kultus und Ritus und darum hat sich die Unter-
weisung der Priester vornehmlich mit kultischen und rituellen Fragen zu be-
schäftigen, vgl. 1 7.
7 halte ich mit Böhme für Interpolation. Der Vers schildert die Aufgabe eines
rechten Priesters, was nach der Darlegung von v. 6 doch post festum erscheint. Vor allem
30*
Mal 2 7 468 Mal 2 10
aber unterbricht der Vers den engen Zusammenbang von v. 6 und v. 8 und schwächt so
den scharfen Kontrast ab, der zwischen dem Verhalten der Priester und dem Levis hervor-
gehoben werden soll: v. 8^ nimmt, in seinen beiden Teilen, direkt Bezug auf die beiden
Aussagen von v. 6^, vgl. 'ij'i^.ri ]ö "i^D mit ^n« "^^n und b^B^DH mit]'iyö n^^n. Dazu kommt, dass
V. 7^ durchaus eigentümlich ist: Jahwe spricht doch v. 6 und v. 8, hier erscheint er in
dritter Person, und Maleacbi sieht in ni.T. '^^h^ etwas andres als den Priester, s. 3 1. Der
Einschub ist aus Elementen von v. 6 (vnDt^a. nttS nnin, -in^ö!!) und v. 9 ("lö^) gebildet und
verrät eine hohe Wertschätzung des Priesterstandes, vgl. den ähnlichen Einschub Hag 1 13.
r\V'^ ist nicht zu verstehen vom allgemeinen AVissen, sondern von religiösem d. h. spez. in
Sachen des Gesetzes und des Kultus, wahrscheinlich aber auch der Dogmatik und Escha-
tologie. Zu dem andern Begriff von nvi bei den alten Propheten s. Hos 4 1.
8, die sechste Strophe, hebt den Widerspruch hervor, in dem die Priester
zu dem Levibunde stehen. Über den Kontrast von v. 8^ zu v. 6^ vgl. bei v. 7.
Ihr Treiben bedeutete ein zu Grunderichten des Bundes mit Levi, vgl. DriH^;
denn von ^"llö, Furcht vor Gott, ist keine Spur mehr vorhanden vgl. 1 6-i4 und
darum kann auch von Leben und Heil keine Rede mehr sein. Das wird in
9, der siebenten Strophe, näher ausgeführt. Haben sie ihre Verpflichtung
nicht erfüllt, so bin auch ich (vgl. "'iS'D^l) nicht mehr daran gebunden, sondern
behandle sie vielmehr gemäss ihrem Verhalten gegen mich. Sie sind darum
auch bereits ü'^]2!l, verachtet^ undD^'^D^ niedrig^ von oben herab angesehen, wie sie
ihrerseits auf Jahwe keine Rücksicht nehmen. Dass mit v. 9^ auf das Treiben
der Priester, wie es 1 6-i4 geschildert ist, zurückgewiesen wird, ist nur durch die
Lesart D^-iD in Frage gestellt, während alles andre darüber keinen Zweifel lässt.
Diese Lesart bringt aber ein ganz neues Moment in die Darstellung, als ob von
parteiischem Urteil im Gericht die Rede gewesen wäre, ein Moment, das so
nebenbei nicht am Platze ist. Man lese daher für D^'^D mit Toreey "'^D, das von
einem Schreiber fälschlich als Abkürzung von D^'iS, also als "'^Ö, verstanden
worden war, und lasse, wie es das Natürlichste ist, ÖDi'^if? auch bei D ■i^^b^'i'l nach-
wirken, so dass sich der ganz klare Sinn ergiebt: Gan% dem entsprechend dass
ihr euch nicht an meine Wege haltet Und um mich bei der Erteilung der Tora
euch nicht kümmert. Zu ^^B «ti^i vgl. T^t ^W^n 1 8, w^o wie hier in dieser ge-
bräuchlichen Redensart "HS fehlt und der Sinn kein andrer ist, s. ferner Prv 6 35.
Levi, Leviten, heissen die Priester, also kennt der Autor die scbarfe Unterschei-
dung von Priestern und Leviten nicht, die bereits Hesekiel fordert, indem er nur die Zado-
kiden als Priester gelten lassen will vgl. Hes 44, die aber erst der Priesterkodex in Jeru-
salem einführt, welcher genau die Priester als die Aharoniden von den übrigen Leviten
als ihren Gehilfen trennt. Die Zeit des Verfassers von Mal ist daher jedenfalls vor die
Einführung des PC in Jerusalem zu setzen. Übrigens aber scheint er "1^ nicht mehr recht
als Nomen proprium zu fühlen, da er v. 8 ^)br\ (mit Artikel) sagt.
3. Gegen Treulosigkeit und Ehescheidung und gegen die Mischehen 2 lo-ie.
Der Abschnitt ist der schwierigste des ganzen Buches Mal. Der Text liegt in solcher
Verwirrung und solch verdorbenem Zustande vor, dass man an seiner Heilung verzweifelt.
Dann ist in neuester Zeit die gewöhnliche Auffassung, die darin auch eine Polemik gegen
die Heirat von NichtJüdinnen sieht, von zwei verschiedenen Seiten angegriffen und ihr
die Ansicht entgegengestellt worden, dass es sich vielmehr um Götzendienst handle. C. C.
ToRREY gelangt zu diesem Verständnis durch die Annahme, dass die "Worte in figürlichem
Sinne aufzufassen seien, der Inhalt soll danach sein, Juda der treulose Gatte habe an dem
Weib seiner Jugend d. h. seiner nationalen Religion durch die Heirat der Tochter eines
Mal 2 10 469 Mal 2 11
fremden Gottes d. li. durcli die Annahnie eines fremden Kultus Verrat geübt. Winckler
dagegen gewinnt, ohne einen figürlichen Sinn des (ianzen annehmen zu müssen, durch
blosse Texterklärung, aber mit vielfachen Textünderungen das viel speziellere Resultat,
dass der Abschnitt gegen die Einrichtung des Antiochusaltars im Tempel zu Jerusalem
unter Antiochus Epiphanes polemisiere. Beide zusammen machen energisch gegen die
Anschauung, dass der Abschnitt sich ebenfalls gegen die mit den Mischehen verbundene
Scheidung von den jüdischen Frauen richte, geltend, es sei durchaus nicht einzusehen,
wie die Heirat einer Ausländerin mit der Scheidung von der jüdischen Gattin in notwen-
diger oder auch nur wahrscheinlicher Verbindung stehen sollte. Es ist zuzugeVjen, dass
TouREY und Winckler mit dieser Einsy)rache Recht haben; denn man wird sich nicht
darauf berufen dürfen, dass ein solcher Zusammenhang doch einmal vorkommen konnte,
z. B. etwa, wenn die reichen und einflussreichen Verwandten der jüdischen Frau eine
Ausländerin neben ihr nicht dulden wollten. Trotzdem kann diesen neuen Auffassungen
nicht beigestimmt werden; denn die figürliche Fassung ist gezwungen und die Beziehung
auf den Antiochusaltar nur durch gewaltsame Textänderungen möglich gemacht. Zudem
bestehen noch andre Schwierigkeiten, die durcli diese Auffassungen nicht gehoben werden.
Die Verwünschung v. 12 passt nicht mitten in den Context, am wenigsten vor v. 13; eben-
so stossen sich v. 10 und v. 1 1 ; denn v. 11 ist mehr Parallele als Ausführung von v. lo und
differiert auch im Ausdruck eigenartig, vgl. ^rni2«"n^in h^n v. 10 mit n);}^ ^ip 'jv'n v. 11.
G. A. Smith scheint mir darum im Grossen recht gesehen zu haben, wenn er zwei ver-
schiedene Stücke in dem Abschnitt unterscheidet: nämlich 1) v. 10 13-16 und 2) v. 11 12.
Über den Ursprung des letzteren Stückes, das gegen die Mischehen auftritt, lässt sich
Sicheres nicht sagen; wahrscheinlich ist es die Einfügung eines späteren, s. unten. Das
erste Stück dagegen trägt durchaus die Art Mal's an sich, es beginnt mit einem allgemeinen
Satze und auch die Anwendung der Einrede fehlt nicht. Der Inhalt ist Tadel der Treu-
losigkeit, als Vielehe speziell auch die Scheidung von der Gattin hervorgehoben wird.
Die hier vertretene Auffassung von der Ehe kommt der Auffassung Jesu nahe Mt 19 4-9
5 31 f. Um so mehr ehren die Worte ihren Autor.
10, die erste Strophe: Aus dem Satze: Einer ist der Vater und der
Schöpfer von uns allen, leitet? Mal die Pflicht des brüderlichen Verhaltens
gegen einander für die Juden ab. Der Schluss wird dadurch nicht aufgehoben,
dass er auf alle Menschen überhaupt ausgedehnt werden könnte. In der An-
wendung, die der Prophet nachher von seiner Folgerung macht, findet sich
übrigens, wenn v. 1 1 f. mit dem Verbot der Heirat von Ausländerinnen aus-
geschieden sind (s. Vorbem. und zu.v. iif.), nichts, was gegen die weitere Aus-
dehnung des Schlusses verstiesse. Immerhin ist sich der Prophet kaum der
Tragweite seines Wortes bewusst gewesen und in seiner Auffassung von Valer
war die Limitierung auf die Juden gegeben, da er nicht an physische, sondern
an religiöse Verbindung denkt. Aber gerade so ist es bei aller nationalen Be-
schränkung ein Ausdruck, der sehr an das neutestamentliche „unser Vater" er-
innert. Die Bezeichnung Jahwes als des Schöpfers ist erst seit Dtjes beliebt.
Für "i?^i, das vielleicht als Niph. verstanden wurde, ist Hiin^ zu lesen, wie das
Verb 15? im Imperf. lautet. Die Treulosigkeit bedeutet eine Entweihung
des Bundes unserer Väter , d.h. des von Jahwe mit unsernVätern-geschlossenen
Bundes, vgl. Ex 19 5 f., sie ist also die Verletzung einer religiösen Pflicht.
11 12 Verurteilung der Ehen mit Ausländerinnen, eine den Zusammenhang
von V. 10 und v. 13 unterbrechende Interpolation, die von ganz anderem als dem treulosen
Verhalten gegen den Nächsten spricht und nicht an die Ethik wie v. 10, sondern an den
Kultus denkt. Die Verse sind vom Interpolator hier eingeschoben, um dem l^n von v. 10
ein in seinen Augen noch abscheulicheres 1^3 an die Seite zu stellen; schwerlich stammen
Mal 2 11 470 Mal 2 13
sie von Mal her, der die Ausländerinnen wohl anders beurteilt hat, vgl. 1 11. 11 Dass
n*]^5 hier von Untreue gegen Gott gemeint ist, zeigen das parallele nnrin, das der übliche
terra, techn. für kultische Greuel ist, und die weitere Fortsetzung, v. ll'\ i ^«^iti^'^n
ist als Zusatz zu entfernen, wie schon die Reihenfolge Juda, Israel, Jerusalem zeigt, aber
auch der Inhalt, der sich nur auf Juda und Jerusalem bezieht, an die Hand giebt. ts^lfs
nin^ ist das Heiligtum Jahwes, das durch Verbindung mit Götzendienern entweiht wird,
vgl. Lev 20 3 Hes 5 1 1 43 7. in« lir«, das er seil. Jahwe liebt, beschreibt das Heilig-
tum, um die Grösse des Frevels noch besonders hervorzuheben. "iji '^^'•^^ ist die
Tochter eines fremden Gottes, das heisst aber für den, der daran denkt, dass im A.T die
Juden Gottes D''^^ genannt werden, nicht: eine Göttin^ wie Winckler behauptet, sondern:
die Angehörige eines fremden Kultes, eine Heidin. Der Ausdruck ist auch eigentlich,
nicht bildlich = eine fremde Religion (Torrey) zu fassen; LXX hat nn wegen des voran-
gehenden hv^ übersehen, der Sing. n3, nicht der Plur. nii!i steht, weil es schon Sünde ge-
nug ist, wenn der singulare rri^rT] auch nur eine heidnische Frau heiratet. rTl^rT] heisst so-
viel wie ein Jude, einer der ein Jude ist; ein solcher bringt es über sich, das Heiligtum
Jahwes zu entweihen, eine Heidin zu heiraten. Den Beweis, dass von wirklicher Heirat
von Heidinnen die Rede ist, bringt übrigens 12, wo solchen Ehen als Strafe Kinder-
losigkeit und gänzliche Ausrottung der Familie gewünscht werden. n3t?^S/^_ ist = T^'pp,
n«t zu fassen, wenn nicht gar so zu lesen ist. Für T\^V) *1P, das keinen verständlichen
Sinn giebt (s. Anm. bei Kautzsch), will Wellh. nach LXX, die mit ihrem eidc, xai xaTuet-
voi^Tl auf ij; statt nj; weist, nyyi VJ = Kläger und Verteidiger lesen. Wenn das heissen
soll, dass der Übelthäter aus der Rechtsgemeinschaft ausgeschlossen sei, so wäre statt der
Zelte Jakobs das Gerichtstribunal zu sagen, und wenn es sagen soll, dass es für ihn weder
Kläger noch Verteidiger gebe, so konnte er das ebenso gut als einen Segen wie als einen
Fluch ansehen. Es ist daher mit Torrey zu vermuten, dass in HiJ^I ny eine alte Ver-
stümmelung des vom Autor der beiden Verse aus 3 19 entlehnten Ausdrucks ^jyi tynts^,
Wurzel und Zweig, vorliegt, womit ein vortrefflicher Sinn gewonnen ist; denn dann
wünscht V. 12 solchen Ehemännern heidnischer Weiber völlige Ausrottung ihrer Familien,
s. 3 19. Solche Textverstümmelung ist bei Interpolationen, die sich mit dem engen Räume
am Rande und zwischen den Columnen behelfen mussten, wohl begreiflich. Der
Rest des Verses gehört nicht mehr zu dieser Interpolation v. 11 12^; wäre er ein genuiner
Teil, so müsste er vor "'^nijiö stehen, was aber überhaupt ein Opferer noch nach der Aus-
rottung der ganzen Familie soll, ist nicht einzusehen. Die Worte sind an falsche Stelle
geratene erklärende Glosse zu 1 11^^ und bestätigen die dort ausgesprochene Vermutung,
dass nmö Obj. zu [D'']lbj5ö sei, s. zu 1 11.
13 ist Fortsetzung von v. lo und enthält die zweite Stropiie. n^t kann
sich nicht über v. 12 hinweg auf v. 11, sondern nur nach Ausschaltung von v. 11 f.
auf V. lo"^ beziehen: auf das treulose unbrüderliche Betragen der Juden unter-
einander, rc^y^ ist eingesetzt, um den durch die Interpolation zerrissenen
Zusammenhang scheinbar [herzustellen, vgl. den ähnlichen Gebrauch von H"'^^
Gen 22 15. LXX 1. n'^i^ == "^n^:'^, was die Ursprünglichkeit nicht rettet. Durch
diese Einsetzung erhielt ^^^'t eine Beziehung auf das Folgende und wurde dem-
zufolge niD5 statt !iD5n^ gelesen; der Fehler kann auch einem blossen Versehen
entsprungen sein, vgl. die ähnliche Umstellung der Buchstaben 1 3 nun^ für
h Tinü. Zu lesen ist also: ^DDH^ S'^Vt^ HNTI == Und dies (durch Treulosigkeit den
väterlichen Bund entweihen) thut ihr und bedeckt etc. d. h. und wagt trotzdem
den Altar Jahwes mit Thränen zu bedecken; vgl. für Inhalt und Form [die
treffliche Parallele Jer 7 9 10. Es handelt sich natürlich nicht, wie auch
G. A. Smith noch annimmt, um die Frauen, von denen im ursprünglichen Zu-
sammenhang bis dahin nicht die Rede war, sondern um die D'^iys und D''b>^nö
Mal 2 13 £71 Mal 2 15
von V. 10^ die hier anj^eredet sind. '"^I??^! ""P? wird, da seine Stellung auf-
fällt, erklärende tilosse zu njJOI sein: mil Thränen l)edeckt ihr den Altar d.h.
mit Weinen und Schlnvhzeu. \^t^ kann nach dem Zusammenhang nur
bedeuten: weil nicht; )P hat ja häulig den Sinn von wegen und dass \^r^ sonst
vielfach = so dass nickt steht z. B. Zph 3 6, bildet kein Hindernis für diese
andere Fassung, vgl. Jes 50 2 und Ges.-Kaützsch^? § 152 y. Es können also
die D^'l^i nicht begreifen, dass Jahwe ihnen nicht gnädig gesinnt ist und sie
Not und böse Zeiten erleben (s. 3 ii); sie sehen nicht ein, dass ihre Treulosig-
keit gegen einander die Ursache ihrer Not ist, die Opfer, so meinen sie, sollten
Jahwe erweichen und genügen, um von ihm nur Gutes zu erfahren. Es ist die
alte Art, die im Kultus die Religion erschöpft sieht. Zu "'pS njD == sich
freundlich zuicenden, vgl. Num 16 15; r\r\'pb ist von ]^«?? abhängig wie HliS, nur
die weite Entfernung verschafft ihm ein einleitendes h, Subj. zu beiden Infini-
tiven ist Jahwe, was Ooet hinter ni^D ohne Not in den Text einsetzt. 14
(bis ns), die dritte Strophe: Und ihr fragt: warum? Weil Jahwe Z.euge war
Zwischen dir und dem Weib deiner Jugend^ Dem du die Treue gebrochen. Die
D^lijä fragen noch nach der Ursache, nach dem Warum (HD ^J?) der göttlichen
Ungnade; der Prophet nennt ihnen nun als Beispiel ihrer Treulosigkeit die
Untreue gegen ihre Gattin, die Leichtfertigkeit, mit der sie eingegangene Ehen
wiöder lösen. Der Gedanke ist ganz fern zu halten, als ob es sich zugleich um
Ehelichung einer Ausländerin handle; davon sagt der Prophet nichts, er hat
nur das Unrecht im Auge, das bei den offenbar recht leicht genommenen Schei-
dungen den Gattinnen von ihren Ehemännern widerfuhr. Diese Beurteilung
der Scheidung als Treubruch zeigt die hohe Auffassung des Propheten von der
Ehe. n^yn d. h. Jahwe war Zeuge des Eheschlusses, wie er der Zeuge
und Bürge jedes Vertrages ist und daher den Bruch der Ehe nicht gelinder
beurteilt und nicht geringer bestraft als den jedes andern Vertrags. Zu
^'^y^V) tW^ vgl. Jes 54 6; diese Bezeichnung der Gattin hebt schon die Grösse
des Unrechts hervor und man muss daher fragen, ob die Motivierung '"\y\ S%*1"1
ursprünglich ist. Man könnte dies annehmen, da die Treulosigkeit gegen einen
Gefährten resp. eine Gefährtin ein schlimmes Vergehen ist; da aber dann bei
^n^'IS n^S der Gegensatz gegen nichtjüdische Frauen hineinspielt: deine Frau
jüdischer Religion^ so ist hier ein Gedanke eingemengt, der nur demEinschub
V. 11 f. entspricht. Mal aber fern liegt. Er unterscheidet bei seiner Forderung
der Treue nicht zwischen Frauen jüdischer und nichtjüdischer Herkunft. ^'^7\\
^y\ am Schluss von v. u ist daher als v^om Interpolator von v. 11 f. eingefügt
zu betrachten. 15 ist unverständlich. Die Übersetzung: Kein einziger
hat so gehandelt, der noch nicht alle Besinnung verloren hatte, ist bedenklich,
da in« und nn diese Bedeutung kaum ertragen und die ganze Aussage wenig
Vertrauen erweckt. Fasst man in^ = Gott, vgl. v. 10, und liest mjt Wellh. S^n,
^«ty'^1 und V}> für «^1, ^^m und 1^, so kann man zur Not (denn nn I^Strn ist durch
I Sam 1436 25 22 nicht geschützt) übersetzen: Hat nicht einer uns den Atem ge-
schaffen und erhalten ? Und was verlangt der Eine ? Samen Gottes! (so Wellh.) ;
aber eine neue Frage mit dem gleichen Sinn wie v. 10 ist nicht wahrschein-
lich und in«n und in« = Gott sehr zweifelhaft. Eher Hesse sich der Sinn, den
Mal 2 15 472 Mal 2 17
Wellh. mit diesen Worten verbindet, im Zusammenhang verstehen: „„Samen
Gottes" sind die Kinder. Wenn man Kinder von der Frau hat, so ist der
Zweck der Ehe erreicht; darauf dass sie einem auch gefällt, kommt es nicht
an. Malachi protestiert dagegen, dass man die Frau der Jugend entlässt, wenn
sie alt und hässlich geworden ist." Aber andre sehen in dem „Einen" Abra-
ham und in den Worten eine Zurückweisung der Einrede, die sich auf Abrahams
Verstossung der Hagar berufen habe, was allerdings eine sehr unpassende
Berufung gewesen wäre. Am Ende könnte darin auch eine mit dem Einschub
V. 11 f. verwandte Anschauung sich Ausdruck verschafft haben, sodass D^'l*^^5 y*jt
den Sinn haben müsste: Kinder jüdischer Religion, vgl. Hos 2 25. Alles bleibt
unsicher und ohne diese Worte kann v. 15^ die gerade Fortsetzung von v. 14
sein: So hütet euch nun für euer Leben, T\T\, so viel wie t^D^ vgl. ti^DiS 1?2ty^
Jer 17 21, Und keiner sei treulos gegen das Weib seiner Jugend^ 1. wegen Hä^l';
mit NowACK nach Pesch. r^V)\ ni^«!l ^^^\ für ^n^lj^i '«n-1. Immerhin ist mit der
Möglichkeit zu rechnen, dass v. 16^ die bessere Variante biete, s. dort. 16
ist nicht viel verständlicher als v. 15. HDDI bis Hisn^ könnte Fortsetzung
von V. 15^ und Schluss des ganzen Stückes sein: Dass er nicht (die Wirkung
der Negation ^S von liD"! erstreckt sich auch auf diesen zweiten Satz, vgl.
Ex 28 43 Lev 19 12 etc. Ges.-Kautzsch2 7 § 152 z) mit Unrecht sein Kleid be-
decke ^ wobei ich aber nicht nach Koran Sure 2 183 t^u'p vom Weibe verstehen
möchte. Der Schluss ist Wiederholung von v. 15 ^ vielleicht in besserem
Wortlaut, da vor Untreue im Allgemeinen gewarnt und so zum Anfang v. 10
zurückgelenkt wird. Der Anfang v. 16^* wird gewöhnlich verstanden:
denn ich hasse Scheidung^ wobei man mit Wellh. ^^'^^ oder besser *'^^^y^ für
^55^ liest. nODI (als Infin. gelesen: rtMl oder niD51) soll dann ein dem vh^
paralleles zweites Obj. sein. Alles muss hier in Schwebe gelassen werden; es
ist gar leicht möglich, dass, wie W, R. Smith vermutet, die massoretische Punk-
tation die Übersetzung des Targum stützen will, welches charakteristisch ge-
nug den Anfang mit den Worten wiedergiebt: HltSS n^ n'^^D Di^ ''"ItJ d. h. sieh^
wenn du sie hassest , entlass sie! Vermutungsweise sei aus Elementen
von V. 15 f. eine vierte, abschliessende Strophe zusammengestellt: Denn ich
hasse Scheidung Und Bedeckung seines Kleides mit Unrecht (wie Betrug des
Nächsten und dergleichen) ; So hütet euch für euer Leben^ dass ihr nicht treu-
los seid! Spricht Jahwe der Heere.
4. Die Nähe von Gottes Kommen zum Gericht 2 17—3 5.
Der Abschnitt macht uns mit neuen Kreisen aus der Gesellschaft der Zeitgenossen
des Propheten bekannt. Es sind Kreise, die sowohl von den Gottlosen (3 15 18) als auch
von den Frommen und Gottesfürchtigen (3 16) zu unterscheiden sind, Kreise, die zu dem
besseren Teil des Volkes gehörten, unter denen aber eine skeptische Stimmung herrschte
und die an Jahwes Eingreifen in das Ergehen der Menschen zu zweifeln begannen. Es
ist eine ähnliche Stimmung, wie sie aus Tritojesaja und aus manchen Psalmen bekannt ist.
Der Prophet weist diese Zweifel zurück, indem er das nahe Kommen Jahwes ankündigt,
welches Gericht und Läuterung bringen, also zeigen wird, dass Jahwe mächtig genug ist,
in die Schicksale der Menschen einzugreifen, und dass die Sünder ihm nicht angenehm
sind. Beachtenswert ist, dass der Prophet das Gericht nur als innerjüdisches darstellt, das
die Gemeinde von den bösen Elementen reinigt.
Mal 2 17 473 Mal 3 l
17, die erste Stroplie: Die skeptischen Reden ermüden (y^MHj .Jahwe,
sie sind ihm eine Last und ein Arger. Die Skeptiker sagen: Jeder, der
böses thut, rmiss gut sein nach Jahwes ürlell, Oder wo ist denn sonst der Gott
des Gerichts? Es giebt keinen Gott des Gerichts, sonst müsste er schon lange
einschreiten. U7id er mnss Freude an Urnen hatten, sclieint nicht ursj)rünglich,
sondern Glosse zu "* 'j;!i D1D zu sein. Vielleicht ist sogar auch T\\7y_ ^^"^^ zur
Näherbestimmung von DID eingefügt, das ohne diese den trefflicheren Sinn
von glücklich hat, so dass der dritte Stichos lautet: Jeder, der Böses thut, fährt
gut, 3 1, die zweite Strophe: Das von den Skeptikern bezweifelte Gericht
wird kommen. Die Weissagung Hag's und Sach's, dass Jahwe zu dem erbauten
Tempel kommen werde, wird sich erfüllen, wenn schon der Glaube und die
Hoffnung der Frommen durch das lange Ausbleiben auf eine harte Probe ge-
stellt sind. Jahwe sendet seinen Boten vor sich her, um ihm den Weg zu be-
reiten und alle Hindernisse zu entfernen. Diese Verheissung eines Vorläufers,
in dem man zu Unrecht den Propheten selber gesehen hat, welcher darum auch
den Namen „Maleachi" erhalten hat, beruht auf Jes 40 3. Jahwe, der Herr,
hat seinen Wegbereiter wie irdische Herren und Könige; er braucht um so
mehr einen solchen, als er plötzlich erscheint und in seinen Tempel einzieht.
Dass dieser Vorläufer bereits schon der Thätigkeit seines Herrn, dem Ge-
richte, vorgreife, ist nicht gesagt. Zu DSHD vgl. auch v. 5 und Lk 21 34. ^"ä^
D'^^lpnD Dri« weist auf den in den Worten der Skeptiker liegenden Wunsch 2 i7;
vgl. den Wunsch der noch schlimmeren Skeptiker Am 5 18. ri'^'l^H "^«^1?^
"Illl fällt auf als reine Wiederholung der vorangehenden Worte mit geringer
Variation und in umgekehrter Reihenfolge, vgl. D"'??n mit Ö^'^'pnp und ^^^"n^n
mit i^lü^ D^^n?. Zudem weiss man nicht recht, was mit dem tvy^T[ "^J??^?? anzu-
fangen ist, ob er mit einem der beiden andern Kommenden und mit welchem,
mit dem Vorläufer oder mit Jahwe, zu identifizieren oder ob er ein dritter ist.
Die parallelen Ausdrücke lassen ihn nur mit Jahwe in Verbindung bringen ;
beliebt ist nun seit Keaetzschmar (Die Bundesvorstellung im AT S. 237 — 239)
die Deutung des Bundesengels als des Schutzengels der Gemeinde, der somit
am Ende der Tage als mit Jahwe zugleich herniedersteigend erscheint. Dem
widerspricht aber aufs deutlichste die Beifügung D^??n DH« 1!^«, da von dem
Herbeiwünschen dieses Engels vorher nichts steht; auch steigen wohl mit Jahwe
seine Helden herab, aber dass er speziell noch den Schutzengel der Gemeinde
in seinem Gefolge nötig gehabt habe, wäre eine ganz singulare Vorstellung,
und wo Jahwe selber ist, braucht die Gemeinde nicht noch einen besonderen
Schutzengel. Darum ist die Auslegung im Recht, die in dem Engel des Bundes
Jahwe selber findet, nn.^n ^^hr^ ist nur eine andere Bezeichnung Jahwes, wie
in Sach Hin;; "^i^^??. Diese beiden Bezeichnungen sind allein danach verschieden,
dass T\)T\\ '^Jf?^^ = der Jahwe repräsentierende Bote, Jahwe in Repräsentation
ist, nnnn tjwSi? dagegen = der Bote, den die jüdische Gemeinde, die Anhänger
der jüdischen Religion, als Repräsentanten Jahwes zu erwarten hat, die der
jüdischen Gemeinde (für die Endzeit) zugesicherte Repräsentation (Jahwes).
In beiden Ausdrücken spricht sich die Scheu aus, die den transcendenten Gott
nicht in allzu direkte Verbindung mit der Welt bringen will. Weiter aber
Mal 3 1 474 Mal 3 6
ergiebt sich aus dieser Identität von l^^?^ und H'^isn ^^^t?, dass der letzte Satz
nur eine Glosse ist, die v. i''* dogmatisch richtig interpretieren will. 2, die
dritte Strophe: Der Tag Jahwes ist ein Tag des Gerichts und der Läuterung,
vgl. Am 5 18 f. Zu bb? vgl. '^on Jo 2 11 und zu n??j; vgl. Ps 130 3. Zu
dem Feuer des Gerichts vgL Jes 30 27 Jo 2 3 Sach 13 9 Mt 3 12, zu dem Laugen-
salz Jer 2 22. In 3, der vierten Strophe, ist Jahwe nicht mehr, wie v. 2,
mit dem Feuer verglichen, sondern der Schmelzer, zum Bilde vgl. Jer 6 27-30. ^D?
widerspricht dem folgenden ^M?! = wie Silber. Jahwe läutert pj?t (Ps 12 7
Hi 28 1, vgl. Jes 25 6) die ^il ''^3, die Priester (s. Schlussbem. zu 2 9), die es
auch besonders nötig haben nach 1 6—2 9, wenn sie Jahwe Hj^l^?, in Gerechtig-
keit d. h. in Avürdiger Beschaffenheit, Opfer darbringen sollen, dass sie von
Gott mit Wohlgefallen angenommen werden können, vgl. 1 6-13 2 13. Die
Stellung von Hjn;;^ fällt auf, es liegt kein Nachdruck darauf und die Fassung:
dass Jahwe solche habe, die darbringen etc. erscheint etwas gesucht. Wahr-
scheinlich ist ^)}}'^h, Einschub einer ängstlichen Seele, die ohne auf v. 4 zu sehen,
fürchtete, man könnte auch an Opfer andrer Götter denken. Der Ge-
brauch des Particips mit 7VT\ nähert sich dem aram. Sprachgebrauche. 4, die
fünfte Strophe: Wie in 2 of. wird auch hier die Vorzeit in idealem Glänze
vorgestellt (Wellh.), vgl. auch Jer 2 2f. 5, die sechste (v. 5^) und die
siebente (v. 5*^) Strophe: Das Gericht. Es trifft nicht die Priester allein,
sondern alle Sünder. ^^wb sieht direkt auf die Frage nach dem Gott
des Gerichts in 2 17 zurück. "in?5D *1J^, ein schneller Zeuge, ist Jahwe; das
bedeutet, weil der Zeuge hier mit dem Richter identisch ist: einer, der nicht
lange zu untersuchen hat, sondern rasch die Strafe vollzieht, vgl. zu DSJlö v. 1
und zu TJ^n 2 14. Als Zeuge kennt er auch die Ubelthäter sehr wohl, die ihm
darum nicht verborgen bleiben können: die D'^DtS^DD Verl. Ex 22 17: die D''B^^iö
Vgl. 2 14 Ex 20 14 Dtn 5 17 22 20 Lev 20 10; die ^y;il D^?^'; vgl Sach 5 3; die
TD^ *'(?^y, wie mit Entfernung von IDt?^ zu lesen ist, da das Verb nur ein per-
sönliches Obj. kennt und auch noch Din^l HJD^S;? regiert, vgl. Lev 19 13, sowie
Ex 22 21-^23 Dtn 24 17 und Jes 1 17, und die 1?"'^?? abgekürzt für 1? tOS^D ''^D,
VgL Dtn 24 17 Ex 22 20 Am 5 12. ''^^^^T, ^\ nennt nicht eine neue Klasse,
sondern nennt die Wurzel der Sünde: den Mangel an Religiosität, an Scheu vor
Jahwe, der für die Fremdlinge und die Schutzlosen überhaupt eintritt; das
Sätzchen gehört zunächst zu der letzten Kategorie, kennzeichnet aber auch
alle übrigen.
5. Gegen den Betrug Jahwes in Unterschlagung oder mangelhafter Ablieferung
des Zehnten 3 6— 12,
Wie der Zusammenliang mit dem vorigen Stücke gedacht ist, kann wegen der Un-
verständUchkeit von v. 6 nicht gesagt werden. Der Gedanke, der v. 6-12 zusammenhält,
ist aber klar: Der Betrug, der gegen Jahwe in der Entrichtung des Zehnten geübt wird,
ist die Ursache der Not in der Gegenwart. Nach Dtn 14 22-29 soll der Zehnte im
dritten Jahr den Leviten, die sich in den Ortschaften des Landes befinden, zu ihrem Unter-
halt gegeben werden; nach PC Num 18 21-32 gehört der Zehnte ganz und jedes Jahr den
Leviten, aber davon soll der Zehnte wieder den Priestern abgegeben werden. Für die Durch-
führung dieser Forderung samt Ablieferung des Zehnten in den Tempel sorgte Nehemia,
Mal 3 G 475 Mal 3 9
vffl. Neh 10 38-40 1310-13. Mal atiniTni initJ*C und Neh überein; daraus aber den Schluss
zu ziehen, dass Mal nach Eintüiirung des IMJ gelebt haben niÜHse, wäre übereilt, weil es
natürlich eine Über^angsstufe zwischen Din und VC ga)> und was das neue Gesetz kodi-
fizierte, schon lange durch die Umstände in die Praxis eingeführt sein konnte. Übrigens
zeigt sich auch hier, wie Mal mit seinem Urteil nicht an der Aussenseite haftet: IJnge-
nauigkeit in der Zehntenabgabe ist nicht nur als Verletzung des Gesetzes verwerflich,
sondern als Symptom eines viel tiefer sitzenden Schadens; es fehlt an Ehrfurcht vor Gott,
an wahrer Religiosität.
() 7% die erste Strophe: Aufforderung zur Umkehr an die Jakobssöhne.
6 *•? scheint v. 6-12 an 2 i7— 3 5 anzuknüpfen. Vielleicht soll gesagt sein: Jahwe
hat sich nicht geändert, wie die nach dem Gericht rufenden Skeptiker ver-
meinen (2 17); denn er straft auch jetzt schon mit Misswachs und Not die Sünde
des Volkes. Der Zusammenhang würde klarer sein, wenn v. ß^ verständlich
wäre. Aber ür\*h^ iib: ihr seid nicht alle geworden^ kann nicht wohl heissen:
ihr seid noch die alten Sünder, die Jakobssöhne, unter Anspielung auf das im
Folgenden gebrauchte Verb y^JJ resp. Ij^j; (s. zu v. 8); der Sinn: „ich bin nicht
anders geworden, ihr aber auch nicht", ist doch fraglich. Diesen Sinn hat es
vielleicht auch, wenn man mit v. Orelli das Pi. Dri*'^? liest und dies in ellip-
tischer Wendung fasst = ihr habt nicht fertig gemacht seil, eure Sünden, fahrt
fort zu sündigen. Jedenfalls hilft eine Ableitung von ^^^3, abhalten, nicht weiter.
7^^ gehört offenbar mit v. 6 zusammen als Beschreibung der Jakobssöhne, die
als Ausgangspunkt vorangestellt ist. 0^1?^ ^^1 hat kein Obj., Wellh.
u. a. punktieren daher Dr\"l5^, 2. pers. plur. mit Suff, der 3. plur.; wahrschein-
lich aber ist die Bemerkung, die neben "'j^n)? QH^iD nichtssagend ist, nur Glosse
dazu, das folgende l^ß^, umkehren, nimmt auch nur auf "I^D, sich abkehren, Rück-
sicht. 7'' 8, die zweite Strophe, enthält die Abweisung einer Einrede:
Ihr sagt: wieso sollen wir umkehren? Weil ihr mich betrügt! Und ihr sagt:
wieso haben wir dich betrogen? Am Zehnten und an der Abgabe! Das Sätzchen
V. 8^* kommt verfrüht: denn es passt besser als Begründung des Fluches an den
Anfang von v. 9 als hier, wo bloss die Sünde zu konstatieren ist. Auch der An-
schluss von ''^ an v. 7^ kommt der Gedankenfolge zu statten. Statt V5iJj das
sich nur noch Prv 22 23, und zwar in der Bedeutung von berauben, findet, wird
mit Wellh. nach dem Zusammenhang unserer Stelle ^pj^, betrügen^ zu lesen
sein, wie wohl auch LXX gelesen hat; das Wortspiel mit ^^T: "^^3, Jakobssöhne
= Betrüger, spricht ebenfalls dafür. n)pnr^ni "^b^???n sind in der lebhaften
Rede und Gegenrede als Bezeichnung des Gegenstandes, worin sich der Betrug
Gottes zeigt, zu fassen; die grammatische Verbindung fehlt, die Worte sind
Ausruf: Zehnten und Abgabe! wie steht es damit! HD^IH ist die Abgabe,
die dem Heiligtum resp. den Priestern gegeben wird, vgl. Hes 44 so 45 13; neben
dem Zehnten erscheint sie schon Dtn 12 11 und wird nach Neh 10 38 12 44 an
den Tempelschatz für die Priester abgeliefert. Zu "i^??? s. Vorbem.
8^" 9, die dritte Strophe: Wird ein Mensch Gott betrügen? Welch unerhörter
Frevel! Mit dem Fluche seid ihr belegt^ Und doch betrügt ihr mich. Eure ganze
Sippschaft. Der Fluch, der auf ihnen lastet, nach v. 11 die Unfruchtbarkeit
des Feldes, hält sie nicht ab, im Frevel zu verharren. Zu dem Partie. Niph.
Dn«i vgl. Ges.-Kaützsch27 § 67 u. M:in hat hier wohl eine verächtliche
Mal 3 10 476 Mal 3 14
Nuance und erinnert an Jes 1 4. 10^ (mit Ausnahme des eingeschobenen
"ü '^ ins, s. zu 1 8), die vierte Strophe, nimmt nun die Aufforderung zur Um-
kehr von V. 7 wieder auf und exponiert nach dem dargelegten (v. 8 f.), worin die
Umkehr besteht. 1t^iJI?n"^|TiS , den gan%en Zehnten, nicht nur einen Teil; der
Nachdruck liegt auf ^3. Zu 1^1«n n^? vgl. Neh 10 39 13 5 6 Sach 11 13.
Zu ^"It? = Zehrung vgl. Ps 111 5 Prv 31 1 5; hier ist gemeint die Zehrung für die
Priester am Tempel und für die Bestreitung des Kultus vgl. Neh. 10 38-40.
ni^t^, d. h. mit der v. lo^« genannten Treue in der Ablieferung des Zehnten.
10^', die fünfte Strophe, beginnt die Exposition der Verheissung D^"^^« H^^ti^fcJ
(v. 7); sie knüpft mit i<^"DS an '^^''^O? ^°? ^^^ aber grammatisch doch eine selbst-
ständige Bedeutung, da N^"D55 ^Is Schwur- resp. Beteuerungspartikel auch
einen selbständigen Satz einleiten kann. An Stelle des Fluches v. 9 wird Segen
treten; der Regen, den Jahwe reichlich sendet, macht der Unfruchtbarkeit des
Landes ein Ende. Zu den Fenstern des Himmels vgl. Jes 24 18. '^'l"''b?"nj;,
wörtlich: bis zum Nichtmehrsein von Bedarf, also = bis zum Übermass,
11, die sechste Strophe: Der Segen des Landes wird vor jedem Schaden be-
wahrt bleiben. Zu !l "Ij;^ vgl. Sach 3 2; b^i^H, der Fresser, ist die Heuschrecke,
^?^, eine Fehlgeburt haben, ist hier poetisch vom Weinstock ausgesagt, der die
Früchte nicht zur Reife bringt. Die beiden letzten D^'j legen, wenn sie
nicht rein überflüssig erscheinen sollen, einen Nachdruck auf diese Aussage:
für euch, der nur verständlich ist bei dem Gedanken, dass Juda Segen, die
Heiden aber Plagen erfahren werden. Da dieser Gegensatz zwischen Juden
und Heiden durch nichts weder im Vorhergehenden noch im Gedankenkreis
MaFs (vgl. 1 11) angezeigt ist, halte ich diese beiden D^^ für eingefügt von einem
Spätem, der die Juden nur im Gegensatz zu den Heiden zu betrachten gewohnt
war, der darum auch 12 hinzusetzte, wo die in v. 12^ gegebene Zusammenfassung
von V. 10'^ 11 zur Begründung der Folgerung v. 12^ zeigt, dass das Ganze nicht
aus einem Gusse stammt, dass der x^utor von v. 12 vielmehr trotz v. lo*^ 11 für
nötig befindet, seinen Zusatz v. 12^ noch besonders zu begründen. Zum In-
halt vgl. Sach 8 13 23, zum Ausdruck fön }*1iSl vgl. Jes 54 12 Sach 7 u, zu beidem
s. Jer 3 19 Hes 20 6 15 Dan 8 9 11 I6 41.
6. Der Unterschied der Gottlosen und der Gottesfürchtigen im kommenden
Gehellt 313-21.
Der Abschnitt bildet eine Parallele zu 217—3 5. Angeredet sind wie dort die Zweif-
ler und Skeptiker im Volke, die sowohl von den Gottlosen verschieden sind, wie von den
Frommen, '•ö^ ''«T, an die sich der Prophet erst v. 20f. ausdrücklich richtet.
13—15, die erste (y. 13 u^^a) ^^^ die zweite (v. u^l^ i5) Strophe: die
Klage über die Wertlosigkeit religiösen Verhaltens. 13 ^pm^ stark, zu
stark sein (^j;) gegen jmd, bedeutet: sich gegen jmd viel herausnehmen, vgl.
nnyjin 2 17. Zu dem reciproken Niph. IJ^li, = sich untereinander bereden,
vgl. V. 16 Hes 33 30 Ps 119 23. 14 Wie «1^ und die Frage VW^^ einander
entsprechen = es trägt nichts ab , so auch^DNn"^« IhV und initt^D 1»^ = die re-
ligiösen Pflichten erfüllen, vgl. zu letzterem Sach 3 7. Interessant ist der
dritte Parallelausdruck zu Anfang des zweiten Tetrastichs : n'il'liP ipj) = in
Mal 3 14 477 Mal 3 19
Traurigkeit einhergehen; denn er zeigt, wie in dieser Periode die Traurigkeit
das Charakteristikum der Frömmigkeit war, wie ja auch die D^^^V die Frommen
sind. ni«n^ niH'' scheint unnötiges Explicitum für das Suff, zu sein, I. V^DD,
jedenfalls ist niS^^ zu viel. 15 Mit D^H sind nicht etwa Heiden gemeint,
sondern die ÜbermiWgen , die Gottlosen (vgl. njjti^'l '•Wj;) unter den Juden, die
sich um Gott und Religion nicht kümmern, das Gegenteil der nj<T_ '^8*1^ und der
löt^ •»n^n V. 16, vgl. auch zu Ps 19 u. Trotzdem sie durch ihr ganzes Thun und
Treiben Gott herausfordern (D^^^^J löB), -i^^^ werden sie erbaut d. h. sie kommen
vorwärts, gedeihen, vgl. Jer 12 16, und ^to'pö^;!, werden gerettet, verfallen nicht
dem Ruin und Untergang. 16 f. das Verhalten der Gottesfürchtigen.
16, die dritte Strophe. An tij ist kein Anstoss zu nehmen; die Änderung in
nt (Wellh., Nowack u. a.) stellt die Sache auf den Kopf, weil sie die Gottes-
fürchtigen mit den v. 13-15 Angeredeten identifiziert, deren Worte Gott zurück-
weist, vgl. \^\X\ V. 13, während für jene ein himmlisches Merkbuch angelegt wird.
tS, damals ^ bezieht sich auf die Zeit der in v. 13-15 erwähnten Kundgebungen;
diese veranlassten die T\\J\\ ""iStT' ^^^ zusammenzuthun, sich gegenseitig zu be-
lehren und zu ermahnen, um nicht in die gleichen Z^veifel zu verfallen und die
Ansichten der Zweifler von sich fernzuhalten. Dieses Ausharren in der
Treue und im Glauben blieb nicht unbeachtet und ist unvergessen bei Jahwe:
vor ihm ist ein Merkbuch hierüber, seil, über ihre Namen und ihre Thaten, an-
gelegt, wie etwa die Könige ein solches haben, vgl. z.B. Est 6 i. Wellh. nennt
mit Recht den Glauben an ein himmlisches Merkbuch „eine Art Vorstufe
zum Glauben an das ewige Leben"; vgl. auch meine Gesch. der isr. Rel. ^ 294.
Zu ]1"13t *^DD, resp. Buch des Lebens vgl. ferner zuHes 13 9 und zu Jes 4 3. Die
Änderung von ^ns^ iii '? ^i^?!l (so Nowack) ist unpassend, da Jahwe dieses Buch
so wenig selber führt, wie der persische König; ebensowenig ist mit Wellh.
an "»nn«, noch mit Nestle ZATW 1902, 305f. an T^lVi = ^r\:^^ü, preisend, für
""^t^'n zu denken, da H^n nach Jes 33 8 gerade das Gegenteil von DJSlD, verachten,
also: achten, Beachtung schenken, in Berechnung %iehen, ist, vgl. auch Jes 53 3.
17, die vierte Strophe: Was das Verzeichnetsein im himmlischen Merkbuch
für eine Bedeutung hat, wird sich zeigen am Tage, da Jahwe einschreitet; n'^j;
wird hier handeln im Gegensatz zum unthätigen Zusehen bedeuten wie Ps 22 32
37 5 52 11 (Wellh., Nowack). Dann werden die Gottesfürchtigen zu Jahwes
nV^D, Eigentum, vgl. Ex 19 5, also seinen besondern Schutz und väterliche Liebe
erfahren, während die Gottlosen das Gericht trifft, vgl. ^J?n. Die Konstruktion
mit n^^D am Schluss wird durch die metrische Form erklärlich (vgl. auch v. 19^^*),
so dass der „Einfall" Nestle's ZATW 1902, 305 nicht zu billigen ist, Dj;b für
D1*^ zu lesen: %um Volk, das ich zum Eigentum mache. 18 f. Die Skep-
tiker werden dann, wenn den Gottesfürchtigen Gottes väterlicher Schutz und
den Gottlosen Strafe zuteil wird, den Wert der Frömmigkeit und den Unter-
schied von Fromm und Gottlos erkennen, vgl. v. 14. 18, die fünfte Strophe.
Die verlorene Einsicht (HSl) bekommen sie wieder , ^V\^'^\ ist adverbial ge-
braucht und in \% schimmert der substantivische Ursprung = Unterschied noch
durch. 19, die sechste (bis ti^j^) und die siebente Strophe: Die Ver-
nichtung der Gottlosen am Tage des Gerichts. Zu dem Feuer des Gerichts
Mal 3 19 478 Mal 3 22
vgl. 3 2; zu n^i^n? nj;ä vgl. Hos 7 4; zu ty;:, Stoppeln, als Bild für die Gottlosen,
vgl. Jes 5 24 Ob V. 18 Mt 3 iif. lü^S, so dass, dient zur Einführung des
Folgesatzes, vgl. Ges.-Kaützsch2 7 § 166 b. Statt 2\Vl liest man besser
mit Wellh., Nowack das Niph. ntj;;;; das Subj. ist dann ^ij;! C^ltr, Wurzel und
Zweig y eine Redensart, die auf das Bild vom Baume zurückgeht, vgl. zu Am
2 9. 20 f. Das Heil der Gottesfürclitigen und ihr Sieg über die Frevler, in
direkter Rede an die Gottesfürchtigen geschildert. 20^ die achte Strophe:
der Aufgang der Sonne des Heils, die von den Kirchenvätern auf den Messias
gedeutet wurde, an welchen jedoch Mal nicht gedacht hat, vgl. Jes 60 i f.
njj*]^, Gerechtigkeit^ geht ihnen auf d. h. sie erscheinen durch das Glück, das
ihnen wird, als die Gerechten, als die, welche recht hatten in ihrer Treue gegen
Jahwe; nfj^^ umfasst Rechtfertigung und Heil. ^^?"!)?7 Heilung, von allem
Schmerz und Schaden, neue Lebenskraft und frischer Lebensmut, wird ihnen
zu teil, während im Gegensatz dazu der Ruin über die Gottlosen kommt; vgl.
zu V. 20^ Jes 1 27 28. Zu den Flügeln = den Strahlen der Sonne vgl. die
Flügel der Morgenröte Ps 139 9; mit Wellh. erinnert man sich auch an die
Darstellung der geflügelten Sonnenscheibe bei den Ägyptern. 20'^ 21, die
neunte Strophe: die Freude der Frommen und die Zertretung der Frevler.
Und ihr werdet ausziehn und springen Wie Kälber aus dem Stalle d. h. bei
dem neuen Lebensfrühling, der für sie angebrochen ist, werden sie Kälbern
gleichen, die aus dem Stall ins Freie gelassen hüpfen und springen; vgl. Am 6 4.
Zu tyj|S vgl. zu Hab 1 8 und Jer 50 ii. 21 Und ihr werdet die Gottlosen
zertreten Unter den Sohlen eurer Füsse, vgl. Mch 4i3. Das Übrige im Verse
ist sekundär: 1DS ^%"I^"*'3, denn Staub werden sie sein, ist selbstverständlich
beim Zertreten und klingt mit seinem ^^'l';'^? s^hr prosaisch; v. 21^* bringt eine
unnötige Zeitbestimmung in Worten, die aus v. 17 entnommen sind. Die beiden
Zuthaten mögen zusammengehören und sollen kurz das Resultat des Gerichts
für die Gottlosen zusammenfassen. Vielleicht hat der Glossator bei ID^jl an
Asche gedacht vgl. v. 19; dann wäre die Inkongruenz mit dem Zertreten ein
neues Argument für sekundären Ursprung.
22—24, ein Anhang: die Sendung Elias. Dass die Verse spätere Zuthat
sind, ergiebt sich sofort aus dem Wechsel der Angeredeten zwischen v. 21 und v. 22. Dort
sind es die Gottesfürchtigen, hier ganz allgemein die Juden überhaupt; denn die Mahnung,
das Gesetz nicht zu vergessen , brauchen gerade die Gottesfürchtigen nicht. Ferner wird
V. 23 f. eine Erklärung von v. 1 gegeben, die dem Sinne Mal's nicht entspricht, der bei dem
Vorläufer v. 1 nicht an einen Propheten gedacht hat (s. zu v. l). Endlich sind auch sprach-
liche Differenzen beachtenswert, z. B. dass Mal nirgends sagt mn^_ DV oder \X')^ir\) bnjn nin^. DV
wie hier, sondern nur i^^n ni*ri 3 19 oder TW"^ "•;« "i^« Dl'n 3 17 (21), dass er nur von 7\y\T\r\
28 9 spricht, aber nicht von n^ö niin3 22, dass in 3 22-24 niemals das im Buche Mal
sonst so häufige (ni«lV) '^)J}\ *^^? vorkommt. Nach alledem ist Böhme zuzustimmen, dass
V. 22-24 nicht von demselben Autor wie das übrige Buch Mal berühren (so auch Torrey,
während eigentümlicher "Weise Nowack nur v. 23 f. beanstandet). 22 Die Mahnung
zum Gehorsam gegen das Gesetz ist hier beigefügt, weil Mal als der letzte der Propheten
galt, also nach ihm keiner mehr auftrat, der dem Volke das Gesetz empfahl, was man als
die Aufgabe der Propheten betrachtete. Mose ist der Anfang und das Ende des hebräischen
Schrifttums und sein Gesetz der Kern und der Stern des Judentums; an Mose und sein
Gesetz ist man daher für alle Zukunft gewiesen. Aus den Ausdrücken D'^ööl^ö^ D''j5n und
Mal 3 22 470 Mal 3 24
nih (statt "^yp), die dem Dtn eigentümlich sind, liat man geschlossen, dass der Autor des
Verses nur das 13tn, nicht aber den PC als Gesetz Moses gekannt habe; aber man beachte
doch n^r, ein bei PC so beliebtes Verbum, und vergesse nicht, dass die Einwirkung des
Dtn's sich noc^h lange nach der Einführung des 1*0 erhalten hat und selbst die Ptedaktion
des Hexateuchs zeigt, wie der spätem Zeit die homiletische Ausdrucksweise des Dtn neben
dem juristischen Stil von 1*C noch sehr wohl zur Verfügung stand, vgl. Jos Einl. III S.
XIII. 2Ii Nur noch einen einzigen Prophciten wird Gott unmittelbar vor dem
jüngsten Tage senden, nämlich Elia; für die Kombination von Mose und Elia als der be-
deutendsten Persönlichkeiten des AT's vgl. auch Mt 17 3. Wenn man einmal zur Erklärung
des i;«^ö in 3 1 nach einem Propheten suchte, so bot sich entschieden Elia, der nicht ge-
storben, sondern in den Himmel entrückt war, als besonders geeignet dar. Übrigens hat
man auch an die "Wiederkehr anderer grossen Männer geglaubt z. B. Jeremias vgl. Mt
1614. Elia hat, vielleicht infolge von uns unbekannten Legenden, im Gedankenkreis des
späteren Judentums eine wichtige Rolle gespielt, vgl. JSir 481-11, bes. v. lOf. Mt 11 14
17 10 11 Joh 1 21 25 und s. Weber Jüd. Theol.2 352—354. Die inconcinne Konstruk-
tion mit Jahwe in erster ("»piX) und in dritter Person (T^iri^ DI*") spricht für eine sekundäre
Hand, gerade wie die Übernahme von «"Jl'am '^njn mn^_ DV «in ^Iph aus Jo 3 4. 24 Die
Aufgabe, die Elia zugewiesen wird, die Väter und Söhne miteinander zu versöhnen, hängt
wohl auch mit der Legende zusammen ; doch lässt sich auch an die Thätigkeit Elias nach
dem AT denken, da er das in Anhänger Baals und Jahwes zerteilte Volk zur Besinnung rief.
Die Worte lassen die verrotteten Zustände der Gemeinde, ihre Uneinigkeit und Zerrissen-
heit zu des Autors Zeit erkennen, Zustände der Art, wie sie Mch 7 1-6 geschildert werden
und auch aus Tritojesaja bekannt sind. Zu der von Elia erwarteten Apokatastasis v. 24^ vgl.
Mk'9l2. Sie ist nötig, sonst bringt Jahwe, wenn er erscheint, dem Lande die Vernich-
tung, muss er an ihm den Bann vollstrecken, vgl. Sach 14 11, eine Drohung, die nach
3 1-4 20 f. recht seltsam klingt und die die massoretische Vorschrift begreiflich macht, am
Ende den zweitletzten Vers v. 23 zu wiederholen.
Sachregister
480
Sachregister
SAOHEE&ISTEE.
Aaron 291 293.
Aberglauben 364 383.
Abgabe 475.
Abraham 302.
Ackersleute 121.
Adam (Ortsname?) 57.
Adler 232.
Adma 89.
Adullam 272.
Aegypten 62 68 70 71 88 91
93 100 103 112 142 143 175
298 300 429 436 454 455;
Bach Aegyptens 426 430 ;
Rückkehr nach Aegypten
69 87 ; Zug aus Aegypten
29 85 101 152 169 291 292
301.
Aelteste der Gemeinde 116
117 122.
Aera 155.
Ahab 295 296.
Ahas 13 267.
Akazienthal 141.
Akor, Thal 29.
Akra, die Burg — , 446.
Akzib 271.
Alarmhorn 174 432.
Alexander der Grosse 392
430.
Alexander Jannäus 446.
Alkimus 396 397 437 441 442
447.
Allegorie 3 9 14 17 34 36 111
245 437 439.
Allgegenwart 221.
Allianzpolitik 93.
Allmacht 185 186 221 222 247
249 250 414.
Allwissenheit 185 186 414.
Alphabet 313.
Altar 46 68 69 78 81 97 121
130 178 220 380 464 470;
Altarbecken 455; Ecken
des Altars 432; Hörner
des Altars 178 ; Notaltar
380 388.
Amasja 150 211 212.
Ammon 151 158 163 227 357
369 370.
Amoriter 168 169.
Amos XV XVI 145; sein
Buch, Jesaja bekannt 144,
niedergeschrieben 147;
seine Heimat 145; seine
Tätigkeit 147; seine Zeit
146.
Amulett 416.
Andromeda 246.
Angelologie 395.
Angelus interpres 395 401
402 403 404 405.
Angst 127 355 365 366 428.
Ankläger 408 409.
Ansteckungskraft des Un-
reinen 387.
Antichrist 354.
Antigonus 229.
Antiochus IV. Epiphanes
298 354 429 451.
Antisemitismus 355.
Apfelbaum 121.
Apokalyptiklll 115 126 132.
Araba 206.
Araber 228 229 234 369 461.
Aram, Aramäer 146 159 160
223 224 426 427.
Aramaismus 120 132 451.
Aristobul I. 446.
Arme, der 166 167.
Arpad 147.
Asal 451.
Asche, sitzen in — 255.
Aschenkuchen 61.
Äschere 268 290.
Asdod 161 175 368.
Askalon 161 368 369 428.
Assur, Assyrer 51 62 68 69
70 71 80 87 88 93 103 104
106 146 147 175 198 205 332
337 343 357 359, = Syrien
91 288 289 298 300 396 436.
Assurbanipal 304 305 321.
Assurdan 147.
Assurnirari 147.
Asur-etil-ilani 305.
Audienz bei Jahwe 402.
Audition 221 355.
Auflösung aller Bande des
Bluts und der Pietät 298.
Aufschlitzen der Weiber 104
163.
Augapfel 407.
Auge, sieben Augen 411 412
413 414.
Augenhöhle 453.
Ausgleich zwischen dem Ge-
schick der Frommen und
der Gottlosen 333.
Ausland, = unrein 214 ; aus-
ländisches Wesen 359;
Ausländerei 364 ; Auslän-
derin 469 470.
Aussaugung derBürger278.
Baal, Baalim 23 24 25 26 27
29 30 33 50 64 75 86 88 99
108 ; Baal Peor 75.
Baalsbilder 25.
Baalsdiener 357.
Baalsdienst 24 75 86 99 359
362.
Sacliregister
481
Sacliregiater
Baalsf^aben 70.
Baalstage 27.
Baalsverelirerin 16 17.
Babel, Babylonien, 284 285
406 418 120; babylonische
Vorstellungen 414.
Bach der Araba 146.
Backenstreich 286.
Backenzähne 119.
Balak 293.
Bama, Bamoth 211 290;
Waldbama 280.
Bann 286 479; — fluch 453.
Barfussgehen 268.
Barmherzigkeit Gottes ge-
gen die Heiden 244 247
256 257.
Bartverhüllung 279.
Basan 301 309 437.
Basanskühe 179.
Bauholz 383.
Baum, heiliger43, verdorrter
77.
— kultus 43.
Bauten der Chaldaer 345.
Bär, Bärin 101 195.
Beamte, königliche, 46 363
373.
Bedrückung 50 166 192 278
359.
Beeri 2 14.
Beerscheba 44 188 219 220.
Begegnung mit Jahwe 184
185.
Bekaim 270.
Belagerang,— swall, 286 323
340.
Belomantie 43.
Belsarezer 422.
Benhadad I. 158 159.
Benjamin 49.
Berg, der heilige 424; — vor
Serubbabel415 ; ewige ur-
alte — e 351 ; die zwei
— e 418.
Berittene 171.
Berufung zumProphetenl73.
Bestallungsurkunde 412.
Bestechung 166 280.
Bet-Arbel 84 85.
Bet-Awen 44 49 81.
Bet-Eden 159 160.
Bet-el 49 58 79 80 81 95 178
181 186 211 212 219 220.
Kurzer HC zum AT XIII.
Bet-Ephrata 287.
Bet-ha-Esel 270 271.
Bet-le-Aphra 270.
Bet-lehem 287.
Bettag 122 130.
Beute 28() 365 450.
Bik'atAwen 159.
Bilderdienst 66 67 86 99.
Bileam 291.
Blei 210; -lot 210 415.
Blut 136 432; -genuss 428 ;
-vergiessen 142 366 432 ;
Bundes— 431.
— schuld 98.
Bogen 431 , — der trügt 64;
Kriegs — 434.
— schütze 171.
Bollwerk 428.
Bosheit 417.
Bosra 163.
Bote, von Jahwe geschickt,
232.
Brandopfer 56 293.
— altar 130 380 387.
Brandscheit 184 408.
Braut 120; — gemach 130.
— kauf 34 35 36.
Brot 24 71; — mangel 182;
Trauer — 71.
Bruderbund 162.
Brust, auf die — schlagen
318.
— kästen 101.
Buch des Lebens 477.
Buhle 24 26 ; — lohn 70.
Buhlerhaus 449.
Bund, der neue — Jahwes
mit Israel 7; — mitLevi
467468; — mit den Vätern
469; Bundesblut 431.
Bundesengel 473.
Burg 70 191 290 322.
Busse 113 122 254 255.
Bussfasten 255.
Bussgebet 104 105.
Bussruf 399.
Busstag 110 122 129 130.
Ceder 168 437.
Ceremonlalismus 294.
Chaldaer 326 327 328 329 332
333 337 338 340 341343344.
Chasidim 398.
Chatarika = Hadrach 147
427.
Chomer 35 36.
Cisterne 183 430.
Confiscation 214 280.
Cypresse 107 108 437.
Damaskus 151 158 159197198
427.
Damm, eiiu;ii — aufschütten
340.
Dan 219 220.
Darius 379 381.
David 201 446; Haus Davids
446 448 449; HiitteDavids
224225226: derneue Davi-
dide 286 287 288420 : Wie-
derherstellung des davi-
dischen Reiches 37 38 224
225 226 390 426.
Dämonen 97 371408; = Be-
gleiter der Götter 351.
Deckel 417.
Dekalog 39.
Demut 293 368; die Demü-
tigen 368.
Deportation 159 161 214.
Deuteronomium, deuterono-
misches Gesetz 359, — Be-
form 360.
Deuterosacharja XV XVI
396, seine Eichtung 398
429 ; religiöse Pflichten
nach — 431.
Diademstein 432 433.
Diadochen 438.
Diamantherz 423.
Diaspora 137 229 276 298 300
377396421430435; Samm-
lung und Heimkehr der
— 283 376 425 431.
Didaktisches 244 247.
Dieb 58 233 416.
Disteln 71 72 81.
Diwan 176 177 200.
Dodekapropheton XIV.
Dogmatik der jüdischen Ge-
meinde 374.
Donner des Gerichts 158;
Donnerschläge 128 129;
Donnerstrahlen 433.
Dornen 71 81 312.
Dornhecke 297.
Doxologie 152 185 187 191
222 443.
Drache 245 246.
Dreschen 285 286.
31
Sachregister
482
Sachregister
Dreschwagen 159 170.
Dünger 180.
Dürre 124 125.
Ebenholz 178.
Ecke des Altars 432.
Eckstein 434.
Eden, der Garten 127.
Edom 112 142 143 152 158 161
162 163 164 228 229 231 —
237 239 459 461.
Ehe 6 14 15 469 471.
— brecherei 22.
— brecherin, Strafe der —
— 23 25 27 320.
— Scheidung 457 459 468469
471.
— schluss 471.
Ehrenplatz 177.
Eiche 43 168 437.
Eifer Jahwes für Zion 403.
Einhegung 24 25.
Einzug in Kanaan 27 28.
Eiterung 50 51.
Ekron 161 368 428 429.
Elegie 157.
Elfenbein 178 200.
Elia XIV 133 457 478 479.
Elkosch 307 308.
Emoriter 100.
Ende, das, = Termin der
Endzeit 336.
Endzeit 45 110 153 157, s. fer-
ner Eschatologie, Frucht-
barkeit, Messias und mes-
sianische Zeit.
Engel 140 457, — des Bun-
des 473, s. Angelologie.
Enthaltung von Blut und Er-
sticktem 428.
Entsetzen 127 366.
Entweihung 168 465 469.
Epha 216 417.
Ephod 37.
Ephraim 429 431 435.
Erbarmen Gottes 31.
Erdbeben 128 129 146 152
155 156 217 221 223 310
451.
Ernte 83 436.
— wagen 170.
Erstgeborener, Opfer des —
293.
Ersticktes 428.
Erstlinge 71.
Erzählungen der Genesis 92 \
94.
Eschatologie 113 114 141 161
229 237 263 285 357 358 360
374 380 396 397 406 443 444
445 446 448.
Esel, Eselsfüllen 430 454.
Eule 371.
Euphrat 430.
Exil 9 28 53 225 226 276 283
284 436; Exilierung 71.
Fackel 317 445.
Fahrgeld 249.
Falle 74 173 174.
Fallgrube 46 47.
Familien auseinander reissen
276.
Fangnetz 46 47.
Farbe 402 418, rote 316; Be-
deutung der verschiede-
nen Farben 402 418.
Fasten 122 129 255 422 423.
Fasttag 110 122 421 422 423
426.
Fehlgeburt 476.
Feierkleid 409.
Feige 296 322.
Feigenbaum 26 121 183 282
322 355.
Fels = Gott 341.
Fest 27 69 70 181 195 218 315
426; Ursprung derFeste 26.
— Jubel 70.
— Ordnung 448.
— speise 35.
Festung 239.
Feuer 136 159 209 238; —des
Gerichts 474 477.
— becken 445.
— mauer 405.
Finsternis 128 194 218 279
365 ; Hinausstossen in die
— 311.
Fisch 39 341; der grosse —
245 246 252.
— fang 179 341.
Flachs 24 26.
Fluch 416 425 453 466 475.
Flugblatt 148 150.
Forderungen Jahwes 291 293
423 426.
Frau des Oberpriesters von
Betel 214; Frauen von
Samarien 179.
Freigabe 182.
Fremde, die 71 214; Fremd-
herrschaft 434 435.
Frevel, Frevler 108 158 159
164 176 181 200 294.
Friedenskönig 426 430.
Friedensreich 281 282 427430.
Fromme, der 327 332 333 334
335 357 429 456 459 476.
Frost 452.
Frömmigkeit 95 456 477.
Frucht der Lippen 106.
Fruchtbarkeit des Landes
(indermessianischenZeit)
9 27 28 31 32 38 110 113 141
224 387 432.
Frühfeige 75.
Frühregen 133 134 433.
Fürbitte, Fürbitter 208 210.
Garbenhaufen 445.
Garn 342.
Garten 46 127 183 227.
Gat 160 161 199 269 368.
Gath ha-Chepher 241.
Gaza 152 158 160 161 368428.
Geba' 452 453.
Gebet 123 241 249 252 326.
Gebetskampf 95.
Geburtswehen 102 103.
Gefangene auf Hoffnung 431.
Geier 272 339.
Geist Gottes 385 415 423;
Mann des Geistes 73 ; un-
reiner Geist 449.
Geistesausgiessung 110 113
135 446.
Gelage 179 201,
Geldbeutel 383.
Gelübde 105 251 254 315 465.
Gemeinde, jüdische; Krisis
in derselben 375.
— Versammlung 130.
Gerechte, der 108 333 337.
Gerechtigkeit, Jahwes 108
299 307 314 327 335 372
373 408, des Menschen 31
59 196 205 423 478.
Gericht 157 193 204 205 218
359 472 473 474 477 478,
— zum Frieden 426; das
letzte — 185 333, s. ferner
Weltgericht.
Gerichtsdiener 409.
Gerichtsverhandlung 265 292
Sachregister
488
Sachregister
Gerste 35 36.
Gesalbte, der 354 414.
Gesandtschaft :i93.
Gesäuertes 182.
Geschichtsbetrachtung (>.
Geschmeide 27.
Gesetz 114, — von Ursache
und Wirkung 175; —
Moses XIV 457 478 479,
mosaisches Ritualgesetz
398.
Gesetzlosigkeit 334.
Gesichte sehen 136, s.Yision.
Gestirndienst, assyrischer
363.
Getreide 25 63.
— krankheit 389.
— tenne 70.
Gewaltthat 176 200 294 334.
Gewicht falsches 216 295.
Gewitter 141 157 266 309 353.
Gewürm der Erde 27 30 341.
Gibea 49 74 81 82.
Giebelstein 415.
Gift 205.
— blume 79.
Gilbe 183.
Gilead 57 97 159 163 239 301
436.
Gilgal 44 77 97 181 188 293.
Glatze 218 272.
Glaube 337, prophetischer
149 150.
Gnade 302 408.
Gog 208 355.
Gold 318 428 443.
Gomer bat Diblaim 2 14 15
16 17 33.
Gomorrha 184 370.
Gott vgl. Jahw^e ; der leben-
dige — 21, — ist kein
Ding unmöglich 425, —
verzeiht 19; — betrügen
475, — vergessen 28. Got-
tes Wesen 335, — Wun-
dermacht in der Natur 191.
Tochter eines fremden
Gottes 470.
Gottesbescheid 279.
Gottesdienst, der wahre 258.
Gotteserkenntnis 31 53 54
468, bei Hosea 5 38 39 41
56 69.
Gottesfurcht 467 468.
Gottesfürchtig 458 459 472
476 477 478.
Gotteshaus 74.
Gotteskampf 94 95.
Gotteskasten 440.
Gottesnanie 204; Wechsel
des — 242 243.
Gottesreich 376 396 398 427.
Gotteswort 13, s. ferner
AVort.
Gottheit, assyr.-babyl. 197.
Gottlose, der 327 332 333 335
337 354 472 476 477 478.
Gottlosigkeit 38 39 277.
Gottverlassenheit 52 278.
Götter, andre 33.
Götze 45 66 80 88 107 268
290 347 348 433 434 449.
— apparat 290 291.
— bild 267 268 290.
— diener 357 470.
— dienst 23 30 66 89 114 165
166 197 290 396 410 434 443
448 468.
— freund 253.
Grab, schmähliches 316.
— Schändung 164.
Granatapfelbaum 121.
Grasschnitt 208.
Grausamkeit 84 85 104 159
162 163.
Grauwerden 61.
Greis 130.
Greuel, kultische 57 58 97
428, — derVerwüstung429.
Griechen vgl. Jawan 113.
Griechenfreund 441.
Griechentum 430 431.
Grosskönig 51 68 80.
Grundsteinlegung 389.
Gussbilder 66 99.
Gut, das Gute 65 149 188 189;
die Guten werd en bewahrt
und gerettet 224 225.
Güte Gottes 38 63 64.
Gymnasium, griechisches in
Jerusalem, 444.
Haar, das — scheren 272.
Habakkuk XVI, sein Name
328 331, Legende über
330 418
- Ge-
sinnungsgenosse Jeremias
328, Zeitgenosse Jeremias
und Nahums 329330.
Habgier, Habsucht 192 272.
Hadad 447.
Hadadrimmon 396 447,
Hadrach 147 427.
Haggai XVI, Jjeförderer
des Tempelbaus 379; seine
Anscliauung von Tempel
und Kultus 387, seine
Wirksamkeit 379; sein
Buch ein ileferat über
seine Reden 378 379.
Haken 179.
Hamath 146 199 206 426 427.
Hand, auf den Mund 301;
die — schwingen =
Gestus des Spottes 371.
Harfe 195 196 201.
Harmonie zwischen den phy-
sischen und den geistigen
Sphären 31.
Harpune 179.
Hasael 158 159 160.
Hasmonäer 446.
Haus 205, aus Quadersteinen
192, im Orient 365 382;
Ebenholz — 178, Elfen-
bein — 178, Winter —
178, Sommer — 178. —
Jahwes 71, = Kanaan 77.
— gÖtter 72.
Hauteinschnitte 63 449.
Händeklatschen 325,
Hebestein 444.
Hebräer 250.
Hefe 365.
Heide, Heiden, 259 285 291
299 403 457 459; gleich-
berechtigt wie Juden 247,
Gott nicht gleichgiltig
244; ihr Angriff von Je-
rusalem 444; ihr Bekennt-
nis zu Jahwe 426 454, ihre
Religiosität 244 251 ; ihre
Strafe 454455 ; ihre Unter-
w^erfung unter Jahwe 301 ;
ihre Verehrung Jahwes
459 464 466.
— freundlfchkeit 360 374.
— hass 259 298 374 424.
— mission 245.
Heidentum 70.
Heidenwelt, besiegt 298299,
gerichtet 406, strömtnach
Jerusalem 426.
31*
Sachregister
484
Sachregister
Heil 7 84 408; das raessia-
nische — 299 350 358 403
420 478.
Heilig, Heiligkeit 90 91 141
179 237 335 407 455; levi-
tische Heiligkeit 398 455,
Heiliger = Gottesname
93 351.
Heilige, der — Jahwes, 450
45 L
Heiligtum 81 211 220 470;
Entweihung des — 457.
Heilsverkündigung bei Am
152 153, bei Hos 9, bei
Mch 258 262 264, bei Na
303 306 314, bei Zph 360
372.
Heilung 52 53 324 478.
Heimkehr aus Exil 9 10 22
28 38 91 97 107 299 406.
Heirat von NichtJüdinnen
457.
Heldai 420.
Hellenismus 333 441.
Herakles 246.
Herbstfest 26.
Herdenturm 284.
Herold 140.
Herrlichkeit Jahwes 346351,
— des geretteten Jerusa-
lems 376.
Hesione 246.
Heuschrecke 119 127 128 131
183 207 208 323 324 476 ;
Namen und Stadien der
— 118 134 323.
— plage 110 117.
Himmel 52 222 223 267 408,
Verfinsterung des — s 141.
— fenster 476.
— gewölbe 223.
— beer 362 363.
— richtung 419.
Hinnomthal 451.
Hirt 288 434 437 438 439 441 ;
drei böse XV 391 397
439, ein guter XV 391
397, ein ruchloser 391 396
397 437 441 442.
Hirtenbube 443.
Hirtenstab Huld 439, —Ver-
bindung 439 440, —Wehe
441.
Hiskia 13 260 267 361.
Hitze 452.
Hofgesellscliaft 363 364.
Hofstaat, himmlischer 408.
Hohepriester 382 387 394 396
397 398 401 408 410 420 421
437 438 439 440 441 442 ;
— = Genosse Gottes 442.
Holzstoss 445.
Hörn = Sinnbild der Macht
404; — des Altars 178.
Hosea, das Buch, Bekannt-
schaft Jesajas mit dem-
selben 10, Entstehung lOf.,
Redaktion nicht vorexi-
lisch 11, sekundäre Ele-
mente 8—10, Text 11, das
ursprüngliche 2 10.
Hosea, der Prophet, Bürger
Nordisraels XIV XV 2,
seine Dichtungen 5, kein
Fanatiker 18, seine Gattin
2 16, zweite Heirat 9 33,
Kinder 3, kein blosser
Lyriker 27, sein Name 2,
Priester (?) 2, Sohn Beeris
2, seine Stimmung 75, pro-
phetische Thätigkeit4 — 8,
Zeit 3 4.
Höhe, Höhenkuli (vgl. Bama)
37 70 79 211.
Hungersnot 182 219.
Hurenlohn 26.
Hurerei 22 42 43.
Hürde 277.
Hyrkanus Sohn des Tobias
441.
Jagd 47.
Jahresanfang, Verlegung des
— 381.
Jahwe Sebäot 149 190; =
Arzt 53 86 106, = Erhörer
der Gebete Israels 435,
= Erlöser 435, = Fels
341, = Feuermauer 405,
= Führer der Heimkeh-
renden 91 277, = Gott des
Himmels 250, = Gott der
Höhe 292 293, = Helfer
102, = Herr aller Mächte
148, = Herr der ganzen
Welt 286, == Hirt 101 432
434, = König 277 283 284
285 376 452 454 466, =
Leiter der Geschichte 437,
= Licht Zions 299, =
Löwe 91 101, = Menschen-
töter 87, = Eatgeber 284,
= Eächer 308 309, =
Schiedsrichter der Völker
282, = Schmelzer 474,
= Schöpfer der Menschen
469, = Schöpfer und Herr
des Alls 185 186, =
Schöpfer von Meer und
Festland 250, = Ursache
des Unglücks 174, = Va-
ter 86 87 469, = Vogel-
steller 62, = Zeuge 374
471 474. Jahwes Auge
414, — Bogen 352, —
Bote 473, — Gäste 361,
— Heer 129, — Heilige 450
451 , — Helden 140, — Kö -
eher 352 353. — Namen
288 464 466, babyl.Aequi-
valent 109, iVussprechen
des — Namens 204, Ent-
weihung des — Namens
464, Geborgensein im Na-
men — 376, Furcht vor
dem Namen — 294, Nen-
nung seines Namens über
jemand 226, Wandeln in
seinem Namen 282, —
Pfeil 353, — Schwert 222
442, — Vorläufer 473478,
— Wohnsitz 52 113 142
157 351 407 418, — Wort
s. Wort. Jahwes Barm-
herzigkeit 129, — Eifer
131403, — Eifersucht 308
309, — Forderungen 291,
— Fügung 15, Gerechtig-
keit 372 373, — Gnade
300 302, — Hass 461, —
Heiligkeit 90, — Herr-
schaft 240, — Liebeseifer
für Zion 401, — Liebe zu
Jakob 456 460 461, —
Macht 164 462, — Beue
103, — Eückkehr 407, —
Schalten 309 311, —
Schmerz 89 90, — Still-
schweigen 333 335 377, —
Verhältnis zu Israel 130
131 172 173, — Wesen 148^
— Wohltaten 291 293403,
— Wunder 298 301.
Sachresf ister
485
Sachregister
Jahwe zerstört sein Hei-
ligtum 220. Jaliwe su-
chen 53 84 188 189 268;
bei — schwören 220 ; vor
— iiiehen 249.
Jahwehekenncir 137 291.
— bild 66 86 220.
— dienst 24.
— furcht 79.
Jakob, der Erzvater 92 94
95 98.
Jakobssöhne 475.
Jason 347 439 441.
Jawau = Jonier, Griechen,
113 139 396 431 432.
Jägersmann 77.
Iddo 400.
Idealgrenzen des heiligen
Landes 430.
Idololatrie 397.
Jebusiter 429.
Jedaja 420.
Jehu, Dynastie 3 5 17.
Jerobeam 11. 3 13 14 17 146
158.
Jerusalem 260 265 294 296
405429 441 444 445 449 470,
Benjaminsthor in — 453,
Eckthor in — 453, Fisch-
thor in — 364, Königs-
kelter in — 453, Maktesch
in — 364, Neustadt in —
364, Stampfe (Mörser) in
— 364, Turm Chananelin
— - 453, — = treue Stadt
424, — = Zentrum der
Welt 281 450 454. Jeru-
salemsBeamtenkreise 277,
— Belagerung 286, —
Endzeit 285 299 452, — Er-
höhung 281 452, ~ Er-
oberung 228 443 450, —
Erwählung 408, — Heilig-
keit 141 398455, — Herr-
lichkeit 404, — Klage 443,
— Neubevölkerung 424,
— Bettung 374 376 396
443 450, — Beue 443, —
TJnverletzlichkeit 306 315,
. — Verkommenheit 258
357 372 374, — Wert be-
urteilt 406, — Wieder-
herstellung 299 300, —
Zerstörung 112 280 284
Die Spannung zwisclien
— und Juda 446.
Jezreel, Blutschuld von —
3 18.
Jezreel, Jloseas Sohn, 3 14
17 20 21 32.
Igel 371.
Illusion, religiöse 172 189 194
219 260 280.
Insellitnder 370.
Inspiration 97 155 402 423.
Inspirierte, der 73.
Intervention, syrische 440.
Joas ben Joahas 158.
Joch 83 314.
Joel XYI, seine Art 114
125 126 129 131 138 140,
sein Buch 111-115, sein
Namel09,seineSprachell3.
Johannes Hyrkanus X V 229
446.
Jojakim 332.
Jona ben Amittaj 241.
Josaphat, Thal 137 141.
Joseph 190 205 396 435;
Schaden Josephs 205.
Josia 358 361 363 396 447.
Josia ben Zephanja 420.
Josua ben Josadak 380 382
391 401 408 409 414.
Jotham 13 267.
Israel, ein Ehrenname 135
138, = Jahwes Erbbesitz
301, Gattin 22, Volk 427.
Anfang seiner Sünde 81,
Israels Altwerden 61, —
Charakterzug 92, — Ge-
schichte 85, — Jugend-
, zeit 29 75 196, — Nieder-
' gang 78, — Braerogative
172 223 225.
Israeliten = Kinder des le-
bendigen Gottes 20 21,
I ihr Hochmut 47, ihre
I Menge 20 21, ihre Unver-
besserlichkeit 55, ihre Ver-
mehrung 32.
i Juda 116 212 367 431 441 445
454 470, Judas Wieder-
herstellung 227 237; —
bei Arnos 146 148 151 158
165, — bei Hosea 2 8 9
10 11 19 44 48 49 51 55
58 70 83 92 93 94.
Judaisierung 428 429.
Judas Makkabäus 229392398
441.
Juden und Judentum 214
430 431.
Jungfrau 432 433.
Justiz, gewissenlose 166, un-
gerechte 190; — mord280
391 397 447.
Jüngling 405 432 433.
Kalb 100 478, — vonBethel
79 80, von Samarien 66 ;
die beiden Kälber 82.
Kaleb 460.
Kalender, babylonischer
381.
Kalk 164.
Kalne 199.
Kamel 454.
Kanaan 96, seine Naturpro-
dukte 25 26.
Kaphtor 223.
Karkemisch 327.
Karmel 158 222 309.
Karnajim 205 206.
Kaufpreis einer Braut 35 36.
Käfer 323.
Kedesche 44 167.
Kelter 70 134 141.
— treter 140 226.
Kerijjot 164.
Kewan 197.
Kinderlosigkeit 42 76 470.
Kinderopfer 292 293.
Kindersterben 76.
Kir 159 160 223 224.
Kir-Moab 164.
Kislew 422.
Klage 318 447 448.
— lied 273 274.
Klappnetz 174.
Klaue, das Spalten der —
442.
Kleinodien 72 104 318.
Klugheit 193.
Koptbund 409.
Korn 25 32 121 216 432 433.
— abgäbe 192.
— brand 183.
— Wucherer 215 217.
Korrektur, dogmatische 199
224.
Königin in Ninive 317 318.
Königsheiligtum 212.
Sachregister
486
Sachregister
Königsmahd 208.
Königtum 37, bei Hosea 7
59 60 79 80 81 85 102.
Krankheit 50 53 86 106.
Krämer 323.
Kreta, Kreter 369.
Krieg 4 183 184 186 203 238
316, heiliger — 140 278 ;
kriegerisches Selbstge-
fühl 289; — gegen die
Frevler 82; Aufborendes
Kriegs 30 429 430; Grau-
samkeit im — 84 163.
— beute 275 286.
— geschrei 164 165 365.
— material 183 290 429 430.
— sitte 138.
— Waffen 431 432, Um-
schmieden der — 140 282.
Krippe 124.
Krone für Serubbabel 395
420 421.
Kuchen, Aschen — 61,
Trauben: — , Weinbeer —
35.
Kuh, störrige 45.
Kulturland, Eintritt in das
— 75 78 81 83 196.
Kultus 6 7 26 43 444751 57 58
68 69 70 71 75 106 112 113
114 121122 149182 187 410
458 459 462 469 471 ; — =
Sünde Israels 23 42 48 78 ;
Urteil über den — bei
Amos 180 181219 220, bei
Haggai 387, bei Hosea 24
56, bei Joel 112 113, bei
Micha 293.
— apparat 290.
— eifer 182.
Kusch, Kuschiten223321322
357 358 370 371 375.
Kuschan 351 352.
Küssen, kultischer Brauch
100.
Kyaxares 305.
Lachisch 271.
Laienschaft 423 465.
Lampe 413 414.
Lanzenspitze 282.
Laubhüttenfest 385 398 454
455.
Laugensalz 474.
Lärmschlagen 126.
Läuterungsgericht 443 457
472.
Leben 188 189 190 337.
Lehre, reine 398 448 449.
Leiche 184 215.
— Verbrennung 203.
Leidenschaft, politische 61.
Leithammel 434.
Letek 35 36.
Leuchte 364 365; Leuchter
412 413 414.
Levi, Leviten 448 457 458
467 468 474.
Libanon 107 309 347 436 437.
— wein 107.
Libyer 321 322.
Licht 194299;— Wechsel 452.
Liebe, Gottes 31 32 86 106
424 456, — zu Jahwe 5;
:Nächsten — 38 39 55 56
423.
Liebeserweisung 293 423.
Lilie 106.
Limitation 362.
Lippe, reine 375.
List, Ueberlistung 94 95.
Liturgisches 331 356.
Lo-'Ammi 3 14 15 19 20 22
32.
Lobopfer 182.
Lobpreis Gottes 135 254.
Lodebar 205 206.
Lohnarbeiter 383.
Lo-Ruchama 3 14 15 18 20
22 32.
Los, das — werfen 138 235
250 322; = Anteil am
heiligen Lande 274; Un-
glückslos 246.
Lösegeld 192.
Löwe 52 101 173 175 195 289
373 437.
— höhle 319
Luftreise 418.
Luxus, Luxuriosität 176 177
200 201 359.
Lüge, Lügen 39 276, = Götze
166; — lehrer = Götze
348; — Orakel 433.
Lysimachus 397 439.
Makkabäer 288 289 290 298
306 327 354 398 429 430 445.
Mal'ak Jahwe 395 402 408
409 446.
Maleachi XV f. 456 457,
seine Bedeutung 459.
Malstein 37 78 178 290.
Manasse 321 358 359.
Mantel, härener 449.
Maresa 272.
Marktsteinversetzer 50.
Marot 271.
Mass, falsches 216 295.
Massa 331.
Massebe s. Malstein.
Matrose 249 251.
Mattathias 289.
Maulbeerfeigenbaum 213.
Maultier 125 454,
Märchen, aegyptisches 246.
— litteratur 418.
Meergras 253.
Megiddo 447.
Meineidige 417.
Melde 370.
Memphis 71 72.
Menahem ben Gadi 3 4 13
50 51 60 80.
Menelaus 397 439 441 442.
Mensch, Subjekt der Beli-
gion 292 293.
Menschenleben, Wert des-
selben 366.
Menschenopfer 57 77 100 291.
Menschenraub 161.
Merkbuch, himmlisches 477.
Messias 38 259 286 287 288
354 394 410 427 429 430;
messianischesHeil 386401
411, — Hoffnung 298, —
Eeich 379 390 395 426 429,
— Zeit 38 107 114 133224
225 226 274 281299 300301
401 404.
Messschnur 405.
Metrum und Strophenbau,
bei Joel 117, Kinametrum
236 266 267 269 272 274
303 314 371 374 375 438;
Distichon 20 274 285 289
290 303 308 334 336;
Tristichon 225 442 443 446
449 ; Tetrastichon 20 22 28
105 151 157 173 181 186
188 190 194 214 216 218
221 222 224 225 226 227
252 266 272 274 277
278 280 281 284 285 286
Sacbregistcr
487
Sachregister
291 294 29(> 298 3J5 334
338 349 361 307 3()8 369
371 374 376 430 433 434
438 450 459 461 463 466
476; Füiiizeiler 105 288
289 ; Sechszeiler 289 298
372 427 442; 8iebciizeiler
157 314; Zehnzeiler 151
158 276.
Micha ben Jimla 259; —
der Moraschtite XVI 259
265; seine Art 279, ver-
glichen mit Arnos und
Jesaja 261. Verwechs-
lung beider Micha 264 296.
Midian 351 352.
Midrasch 245.
Milkom 362 363.
Minzarim 323.
Mirjam 291 293.
Mischehe 457 458 459 468 469
470.
Mischlinge 428.
Mispa 46 47.
Mist 180.
Mittavindaka 246.
Mittelmeer 219 430.
Moab 151 158 164 228 357 369
370.
Mode, assyrische 357 364.
Monatsname 381 400 422.
Mond 362 363.
Monotheismus, prophe-
tischer 149 452 459 464.
Moph 72.
Moral 187 188 262 263.
Moreschet Gat 259 260 265
271.
Morgengewölk 55 56.
Morgenrot 126 186.
Mose 98 291 293 457 478 479.
Most 25 32 43 44 63 121 226
432 433.
Motte 50 52.
Musik 195 201 ; musikalische
Beizeichen 348 349.
Myrte 401 402.
Mythologie246309349 352418.
Nabopolassar 304 305 327.
Nachlese 233 296.
Nachstellungen 74.
Nahum XVI 304, seine
Denkweise 305 f., Zeitge-
nosse Jeremias 305.
Name, heiligcir 168, byinbü-
list'hcr 14, (ibicks — und
Unglücks — 9 20 22; —
der Baale 30 362, — Got-
tes, ilm anrufen 375, aus-
sprechen 204 ; einen —
austilgen 316 362.
— gebung 9 20 22 32.
— Spielerei 269.
Narbe 449.
Nasiriier 75 1^18 169 :i59.
Natan 448.
Natur, Gaben der — 25,
Mitleidenschaft der — an
den Sünden der Menschen
39 217, Segen der — 132,
Wunder der — 101 222,
Wundermacht Gottes in
der — 191.
— Ordnung 32 372 373,
Nebukadnezar 337.
Necho 337.
Negeb 239.
Nehemia 458 463.
Nessel 370.
Netz 62 63 341.
Neumond 26 49 216.
Neuvermählte 130.
Nil 223 436.
Nimrod 289.
Ninive (Nineve) 241 245 —
249 254 256 257 303 304
305 315 316 321 '324 358
371 ; == Buhlerin und
Zauberin 320; Ninives
Königsburg 317, — Poli-
tik 320, — Sünden 319,
— Wasserthore 317.
No-Ammon 304 305 321.
Nordische, der 131 132.
Nordland 406 419.
Nordreich 70 147.
Not 63.
— hütte 243.
Obadja XVI 227.
Oberpriester 211 213 214.
Obrigkeit 66 277.
Obst, reifes 214, — sammeln
296.
Ocean, der grosse 209 352
353.
Oel 24 25 32 93 121 134 201
202 292 293 295.
— bäum 107 183 356 412 413. 1
— behillter 413.
— berg 450 451.
— BÖhno 414.
Ofen 60 61.
(Jfl'enbarung 14 336, lie-
llexion über den Modus
der — 395 402.
(Ohrläppchen 177.
(Jlive 295.
— büschel 414.
Omri 295 296.
Oniadeij 438.
Onins III. 397 398 441 447.
Onias IV. 397 398 441442.
Opfer 37 43 48 56 69 71 129
149 181 195 251 254 292
293 422 458 459 462 463
465, blutiges — 428, täg-
liches — 112 120 121 431
465; Schlacht — 195 196
375, Speis — 120 129 196
375, Trank — 120 l29.
— gäbe 195 463 464.
— gaste 363.
— kuchen 17.
— mahl 195.
— schale 432.
— tier 463 465.
Optimismus 437.
Orakel, Senden und Beisen
nach — 219.
Orgien, kultische 47 58.
Orion 191.
Ostmeer 132.
Ostwind 93 103 256 257.
Palästina, heiliger Boden
407.
Palme 121.
Panther 101.
Paran 351.
Pardel 339.
Paronomasie 121 123 202 368
428.
Partikularismus 185 245 294
375 459 462.
Pekach ben Bemalja 4.
Pekachja 4.
Pelekan 371*
Pelela 127 136.
Perseus 246.
Personifikation 121 122 405
417, — der Gemeinde 422,
s. auch Angelus interpres ;
Satan.
Sachregister
488
Sachregister
Pessimismus 437.
Pest, Pestilenz 103 183 203
351.
Petra 229 232.
Pfaffe 39 40 79 362.
Pfand, Pfändung 168.
Pfeil Jahwes 432.
Pflichten, soziale 39.
Pflugeisen 282.
Pflügen, Pflüger 83 226.
Pforte der Hoffnung 29.
Pharisäer 398 446.
Philister 112 138 139 152160
161 175 223 228 239 357
368 369 427 428.
Phönizier 112 138 139 152 162
427 428 429.
Phraortes 305.
Plan Jahwes 285.
Plejaden 191.
Politik 51 106.
Posaune 165 432.
— blasen 126.
— schall 164.
Pranger, an den — gestellt i
werden 321.
Priester 39 40 41 42 46 117
169 211 278 280 373 387
456 458 462 465 466 467
468 474, — geschlechter
448; — kollegiura 410;
Aufgabe der — 41, Hege-
monie der — 421 ; Ver-
hältnis der — zu den
Phropheten 422. — =
Söhne Jahwes 462.
Problem des Leidens der
Frommen 337.
Procession 197.
Prophet 39 40 41 42 56 73 74
98 147 169 173 175 211 212
373 396 420 449; falsche
— 278 279, die früheren
— 400 421, die „kleinen"
— XIV, patriotische —
306, undisciplinierte 398
448 449, — wie sie das
Volk wünschte 276. — =
Gesandter Jahwes 384,
= kein Vorherwisser be-
stimmter Ereignisse 15.
— gilde, zunft 212 213.
— legende 110 147 241 330
379 394 479.
— Schriften XIII, ihre Rei-
henfolge XIII XIV.
Prophetentum XV f. 15
304 327 443 448 449, Auf-
fassung vom — 8 19 152
155 174 381 384 449.
Prophetenwort 13 400 423;
Erfüllung des — 245 255
407, Herkunft des — 245.
Prophezeien 136.
Proselyten 428.
Psalm 242 243 247 252 253
298 300 326 327 330 332
333 348; alphabetischer
— 303 306 308.
Psychologisches 395.
Ptolemäer 429 436.
Ptolemäus Lagi 229.
Put 321 322.
Quellen, Versiegen der —
209.
Pabba 163.
Rache an den Heiden und |
Feinden 291 306 308 309
311 312 369.
Rabe 371.
Rama 49.
Ramman-nirari III. 146.
Raserei der Propheten 74.
Raub der Chaldäer 344 345.
Rauch 100, — Säule 136.
Räuberbande 58.
Recht 31 95 261 334 408;
Sinn für — 59 261 279;
— Israels 54 55.
— fertigung 134.
Rechtlosigkeit 175 176 297
334.
Rechtspflege 166 192.
Rechtthun 293.
Refrain 180.
Regemmelek 422.
Regen 54 84 182 183 289 390
433 454 476; Vorstellung
von der Entstehung des
— 191 ; Regenlosigkeit
182.
Reich, heidnisches, s. AVelt-
macht; messianisches, b.
Messias.
Reichtum der Völker =
Jahwes Eigentum 386.
Reinheit und Unreinheit 71
276 375 388; Reinheit =
Grundzug in Gottes We-
sen 333 335.
Rekabiten 169.
Religion der Israeliten 70
169 180 195 196 334 335
471 477; Festhalten an
der — im Exil 95; — bei
Arnos 148 149 150 180 185
187 188 194 211 223, bei
Hosea 6 8 18 39, bei Ma-
leachi 459 467 474 475, bei
Micha 258 261 262 263 291
292 293 294.
Religiosität der Heiden 244
251.
Res in von Damaskus 4 158.
Rest 283 289 369 376 384 425,
— Josephs 190.
Retter 240; Rettung, wun-
derbare 252 253 357.
Rezon 158.
Rhabdomantie 43.
Richter 277 373.
Ricinus 256 257.
Riedgras 103.
Rimmon, ein Gott, 447, ein
Ort 452 453.
Rind 47 83 125.
Ring (Schmuckgegenstand)
27.
Rivalität zwischen dem po-
litischen und dem geist-
lichen Führer 421.
Ross 106 183 205 271 290 317
434 435 445 454, Rosse
verschiedener Farbe 402
418 419. Schellen der
Rosse 455.
Röhre 413 414.
Ruhbett 176.
Rückkehr Jahwes nach Zion
424.
Sa* an an 270.
Saat, Saatkorn 67 389 390
425.
Sabäer 139.
Sabbat 26 216.
Sacharja ben Iddo XVI
Gesinnungsgenosse Hag-
gais 395, Hauptförderer
des Tempelbaus 394,
Schriftsteller und Volks-
redner 393 ; sein Buch 393,
Tradition über seinen
Sachregister
489
Sachregister
Vater 394 399 400, Zweifc;!
an seinem J*rophüteniuni
394 407 421; — roilek-
tiert über den Modus der
OlFenbarung 395.
Sacharja ben Jeberechja 392
399.
Sacharja ben Jerobeam II.
3 17 18 50.
Saddiicäer 398.
Sakkut 197.
Salbung der Könige 59 68,
s. auch üelsöhne ; — zum
Gastmahl 202 295.
Sallum ben Jabes 3 13 50.
Salmanassar III. 146.
Samarien, Samaritaner 59 66
67 79 104 175 176 177 179
198 199 202 203 220 260265
266 267.
Samas-sum-ukin 304.
Sand am Meer 21.
Sandalen 166.
Sanftmütig 375.
Sanherib 10 19 260 315.
Satan 408.
Sängerin 215.
Säulenknauf 221.
Scepterträger 159 160.
Schaddaj 123.
Schadenfreude 236 285.
Schaf 47 356 432 442.
— händler 438 439.
— herde 125 289.
— hirt 145 146 156 157 2l3.
Schakal 268.
Schal man 85.
Scham26, Schamlosigkeit 23
166 167.
Schaphir 270.
Schändung 214.
Schebat 400.
Scheidung zwischen Hoch-
mütigen und Demütigen
374 375.
Scheinheiligkeit 274.
Schekel 216 440.
Scheol 103 222 253 343;
Scheols Pestilenz 103, —
- Hachen 343, — Unersätt-
lichkeit 343.
Schephela 239.
Scheschbassar 380 382 463.
Scheu, religiöse 251.
Schiiflirucli 219, Auswerfen
des (ieräts 249 f., Schiil'H-
kapiiän 250.
Seh im' i 448.
Schittim 293.
Sclilachtfest 361.
Schlaf 324.
Schlange 195 222 301 ; Meeres-
schlange «= ] )rache 222. i
Schlinge 46 74 234.
Schmied 404.
Schmuck 27.
Schnitter 140 226.
Schnitzbild 290.
Schophet 165.
Schriftgelehrsamkeit 156 160
161 290.
Schriftrolle 417.
Schutzdach 317.
Schutzengel 473.
Schutzgott 220.
Schweigen 187 193 376.
Schwelle 221, über die —
hüpfen 364.
Schwören 39 44 79 220, —
Jahwes 179 203 216 217.
Schwörer 416.
Sed 97.
Seemannsbrauch 251.
Segen und Unsegen 382 383
390 425 433 466 476.
Seher 212.
Selbstgefühl 289.
Selbstsucht 278 384.
Seleuciden und — reich 396
427 429 430 431 436 437.
Sepharad 229 239.
Serubbabel XV 379 380
382 390 391 393 395 408
410 411 412 413 414 415
420 421 422; — zum
König designiert 390 394.
Seuche 103 351.
Sichel 141.
Sidon 260 427.
Sieb 225.
Siebenzahl 152 165 288 411
412 424.
Siegelring 390.
Siegesbote 315.
Silber 25 318 428 443.
— schekel 35.
Simon der Makkabäer und
seine Söhne 288.
Sinear 417.
Sinnlichkeit 44.
Sinsariskiii) 305.
Sirius 191.
Sittenlosigkeit 166 167 175
176.
Sittim 46 47.
Sittlichkeit 148 149 279;
Verkehrung aller pitt-
lichen Begriffe 280.
Skeptiker 456 459 472 473
475 476 477.
Sklavenhändler 139 161.
Sklaverei 139 161 167 292,
Verkauf in die — 276.
Skythen 305 329 358 359 361
371.
Sodom 184 370.
Sommerfrüchte 214.
Sonne des Heils 478; Flügel
der — 478.
Sonnenfinsternis 218.
Sonnenstich 257.
Späher == Prophet 297.
Spätregen 54 134 183 433.
Spiel, griechisches 444.
Spott 296 ; — über die Wun-
der des Jonabuches 247 ;
— der Heiden 130 236 299
369 370.
— lied 344.
Spreu 100 368.
Sprichwort, sprichwörtliche
Redensart 123 169 195 282
440.
Spross, Zemach, 394 410 411
420.
Stahl 210.
Stallfütterung 208.
Statthalter , jüdischer 380 382
463.
Staub, sich im — wälzen
270.
Stechdorn 297.
Stein 410 411; — heben 444.
Stern 191.
Stierbilder 66 100.
Stille, ehrfurchtsvolle 363.
Stoppeln 478.
Storchenfiügel 417.
Strafrecht 417.
Strauss 268.
Stroh 238 312.
Strophenbau s. Metram.
Sachregister
490
Sachregister
Sturm, auf dem Meer 249
251, — des Südens 432;
— ernten 67.
— bock 317.
Superstition 204.
Sünde 416 417 448; — Is-
raels 23 42 102 105 300,
— Samariens und Judas
267 ; die zwei — Israels 82.
— bekenntnis 53.
— register 56.
Sünder, Ausrottung der —
224 225.
Süsswein 119.
Sykoraorenpflanzer 145 146
213.
Symbol 210, symbolische
Handlung 393 438, —
Namen 14.
Synkretismus 359.
Syrien 396; s. auch Assur.
Tabor 46 47.
Tafel 336.
— Inschrift 336.
Tag, drei Tage 246 247 252 ;
— Baals 27; — Jahwes
110 111 112 113 123 126
128 132 135 141 149 171
194 198 218 230 234 237
238 349 359 361 363 365
367 374 407 450 452 474;
— von Jezreel 21 ; — der
„Späher" 297; — derVor-
zeit 97.
Tamuz 447.
Tanut-Amon 321.
Tapsarim 323.
Tartessus 248 249 255.
Tau 55 56 106 289.
Taube, einfältige 62 ; girren
wie die — 318.
Taumelbecher 346.
Taumelschale 444.
Taumelwein 238.
Teman s. Theman.
Tempel, Gottes im Himmel
266; heidnisch er — 70 139;
— in Jerusalem 120 281
387 395 424 455 458 464
473, Verherrlichung des
— 386, Händler im —
455: — in Leontopolis
441.
— anläge 410.
— bau 378 380 382 384 391
404 410 411 415 420 421
422.
— berg 280 281.
— gebäude 389.
— leuchter 413.
— quelle 141 142 448 449
452.
— schätz 80 139 286 440441.
— schütz 429.
— türe 464
— Vorhalle 130.
Temperatur Jerusalems 452.
Tenne 70 100 285.
Teraphim 37 433.
TerelDinthe 43;
Text, Beispiel für seine Ent-
stehung 368.
Thal der Entscheidung 141,
— Josaphat s. Josaphat.
Theben s. No-Amon.
Thekoa 145 146 156.
Theman 163 235 350 351.
Theokratie 404.
Theophanie 95 266 309 310
348 349 350 352 355 431.
Thor = Gerichtsplatz 191,
— eines Landes 277 322 ;
Wasser — 317.
Thora,Thorot 69 333 334387
467 468, — Jahwes 165
281 282 398.
Tiämat, tehöm, 352 353.
Tiere, wilde, 26 30 39 101
102 125 289 347; zahme
— , ihr Fasten mit den
Menschen 255.
Tiglat-Pileser III. 4 51.
Tisch, zu — liegen 201.
Tobia 420.
Tobiaden 438 441.
Tod 103, Seuchen des —
103 ; den — herbeiwün-
schen 257, die Seele vom
— loskaufen 96.
Topf 455.
Tote Meer, das 219 430 452.
Totenklage 186 193 321.
Totenkläger 193.
Totenverehrung 71.
Totenvolk der Urzeit 253.
Töpfer 440.
Tracht, ausländische 364.
Tradition 92 94 95.
Transcendenz Gottes 250292
395 473.
Traube 75 296 356.
— kuchen 34 35.
Trauer, schmerzlichste 286,
— um den einzigen Sohn
218 447, — der Erde 39
158.
— brot 71.
— ceremonie 321.
— gewand 218.
— speise 71.
— zeichen 120 218 255 268
270 272 279.
Traum 433 434, Träume ha-
ben 136.
Traurigkeit 477.
Treue Gottes 31 302, —
gegen Jahwe 5 459, —
unter einander 38 39.
Treulose, der 335 337 338.
Treulosigkeit Israels 48 92
468 471.
Tribut 61 68; — an Tiglat-
Pileser 4 51,
Trunkenheit 118; = Bild
für Entsetzen 322.
Tyrus 152 158 161 162 260
427 428 429.
Ueberbordwerfen eines Pas-
sagiers 251.
Ueberfall 275.
Uebermut derChaldäer 344.
Uebermütig 459 477.
Ueberschreitung des Auf-
trags Jahwes 340 403.
Umdeutung 152 219.
ümgestaltuDg, geologische,
des Landes 452.
Umkehr zu Jahwe 399.
Unbeschnittene 272.
Undank, — barkeit 168 357.
Unehrerbietigkeit 462.
Unehrlichkeit im Handel 216
217.
Unfruchtbarkeit 76 77 475.
Ungeduld 405.
Ungehorsam 168.
Unglück 279.
Universalismus 39 185 245
259 360 375 462,
Unmut 255 256.
Unrat, ins Gesicht geworfen
321 466.
Sachregister
491
Sachregister
Unschuldige 251 257.
lliisitiliclikeit 41^.
llDterschenkel 177.
Untreue, eheliclie 7 15 457
472; — g^-gen Jahwe 17.
Unzucht 44.
Urzeit 253.
Usia (Uzzia) 13 146 451.
Verächter Jahwes 357.
Verblendung 275.
Verbrennung der Gebeine
zu Kalk 164.
Verfaulen bei lebendigem
Leibe 453.
Vergebung der Schuld 105
302 411.
Vergeltung, gerechte 238.
— lehre, individuelle 327
333.
— recht 139.
Vergessen der Baale 29, —
Jahwes 28 101.
Verherrlichung Jahwes 383.
Verlobung Jahwes mit Is-
rael 31.
Vermehrung, wunderbare,
des Hestes Jakobs 289.
Verschwörung 4 211.
Versöhnungstag 426.
Vertäfelung der Häuser 382.
Vertrauen auf Wagen und
Eosse 271 290.
Verzagtheit 319.
Verzeihung 255 257 409.
Verzweiflung 81 253.
Vierzahl 404 418.
Vision 151 207 209 214 221
231 336 355 393 400 401
413.
Vogel 27 30 39 76 173, Flie-
genlassen eines — 418.
— jagd 174.
— schaaren 76.
-^ steller 62 74.
Volk, Anschluss der Völker
an Jahwe 407, Herbei-
strömen der Völker zum
Tempel 281 426.
Volkserzählung 246 395 418.
Vorbote des jüngsten Tages
110 111 123 128 132.
Vorläufer Jahwes 473 478.
Vorratskammer 124 389.
Vorzeichen 410.
Vorzelt 474.
Völkergeri.lii 113 137 285
374.
Wachs 266.
Waffengattung 171.
Wage, falsche 216 295.
Wagen 271 290 316 317 418.
Wahnsinn 445.
A¥ahrsagung279280 433 434.
Wallfahrt 189 454 455.
Walten Gottes in G eschichte
und Natur 191.
AVarte, die 336; Wartturm
336.
Wasser 24.
— teich 318.
— Versorgung 323.
Wegführung in die Wüste
27.
Wehen der messianischen
Zeit 193 376.
Weherufe 326 327 330 333
342-348.
Wehklage 193 447.
Weib, im Epha 417; Teil-
nahme der Weiber an den
Festen 27; — - der Jugend
471 472.
Weidenbach 206.
Weihe, sich weihen 363.
Wein 43 44 71 119 168 201
227 295 432 435.
Weinberg 29 183 192 227 267
268 296.
Weinkrug 201.
Weinlese 193 296.
Weinstock 26 78 107 282 315
425 476.
Weintrinker 118.
Weise, der 152 235.
Weisheit 294 427.
Weissagen, Weissagung 136
336.
Weisspappel 43.
Weisungen Jahwes 69.
Weitherzigkeit 292.
Weltbaum 414.
Weltbild 223.
Weltgericht 137 138 264 265
266 304 326 348 349 350
355 357 358 360 363 366
368 374 407 ; Geborgen-
sein am Tage des — 368.
Weltmacht, heidnische, 390
391 396 404 427 430 435
437 445.
\V(;ltmecr 353.
Weltreicli, judaisiertes 398.
Weltumwälzung 380 386 390
403.
Wermut 191 205.
Westmeer 132 452.
Wiederaufleben 53 55.
Wiederherstellung Jerusa-
lems 299, — Judas und
Israels 435.
WiederholungderGeschichte
28, — des zweitletzten
Verses 479.
Wiedervereinigung Jahwes
mit Israel 9 27 28 31 ; —
Israels und Judas 9 20
238 276 287 315 425.
Wiederverheiratung 35.
Wildesel 67 68.
Wind 276 406, — säen 67.
Winterregen 133.
Winzer 121 233.
— messer 282.
Wirren desNordreichs50 102.
Wissbegierde 405.
Wolf, Nachtwolf 339 373.
AVoile 24 25 26.
Wort Jahwes 13 14 56 119
131 282 385 400 ; Hunger
nach dem — Jahwes 218
219; — machen 79.
Wortspiel 189 269.
Wunderbaum 243 256.
Wurfholz 173 174.
Wurmfrass 50.
Wurmstich 256.
Wüsten Wanderung 28 101;
vierzig Jahre der — 152
169 196.
Zauber und Zauberkunst 320
383 433.
— wasser 416.
Zeboim 89.
Zecher 45.
Zehnten 71 181 457 458 459
474 475 476.
Zehnzahl 424.
Zeichen zur Sammlung der
Israeliten 91; — als Vor-
boten des Tages Jahwes
128 136 141 218.
Zeltpllock 434.
Sachregister
492
Sachregister
Zemach s. Spross.
Zephanja XVI, seine Art
359, seine Herkunft 359;
abgebildet mit einer La-
terne 365,
Zerrissenheit, geistige 298.
Zerschmettern der Kinder
104 322.
Zerstörung, definitive 268.
Zerstreuung u. d. Völker 78.
Ziegelform 323.
Zion 133 142 157 198 238 239
240 280 283 284 28o 286
296 300 357 401 424 431;
— = heiliger Berg 237;
Zions universale Bedeu-
tung 263 281 282, — Ge-
rettete 240, — G]ück407,
— Hoffnung 298, —
Eecht 299, — Sünde 299,
— Unverletzlichkeit 238.
Zorn Jahwes 50 90 102 106
221 222 251 259 291 299
300 310 348 350 352 365
368 374 399 400 401 403
419 420 424 462.
Zornesbecher 238.
Zug nach Jerusalem 21.
Zwölfprophetenbuch XIII-
XVL
n
f^ '>-■ »■» i^.^ ^
■»te;|