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Full text of "De legibus libri tres;"

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.M. TULLII CICERONIS 


DE LEGIBUS LIBRI TRES. 


ERKLART 


Ds. ADOLF pu MESNIL. 


POSU ὦ 


LEIPZIG, 
DRUCK UND VERLAG VON B, G. TEUBNERK. 
1819. 


by^ 


VORWORT. 


Unter sámmtlichen Schriften Ciceros ist dem Herausgeber 
keine bekannt, die mehr Stoff zu sachlicher Belehrung darbóte, 
als ,,de Legibus". Das erste Buch enthált für den Kundigen 
und Scharfbliekenden, der die Andeutungen und kurzen Sátze 
zu beziehen und zu ergánzen vermag, eine umfassende Ueber- 
sicht der alten Philosophie. Das zweite und dritte Buch führt 
so tief in die Staatsalterthümer ein, wie kein anderes Werk. 
Die Sprache haben manche bemàángeln und für unvollkommener 
als sonst halten zu müssen geglaubt, weil sie knapper als ge- 
wóhnlich ist, auch unter dem Vorurtheil, dass eine Schrift, die 
nicht vollendet ist, die Spuren davon im Ausdrucke zeigen 
muss. Aber dieser Ansicht wird kaum derjenige beistimmen, 
der sich bewusst is, um wie viel schwieriger es ist, einen 
Gedanken kurz und scharf als breit und in der Hülle vieler 
Worte auszudrücken, dem es ferner für ausgemacht gilt, dass 
einer wissenschaftlhnichen Erórterung Knappheit würdiger ist 
als Breite. Was aber den Umstand betrifft, dass das Werk 
nicht vollendet ist, so wird man kaum annehmen kónnen, dass 
Cicero für die Ausfeilung seiner übrigen philosophischen Schriften, 
die er fast allesammt in einem Zeitraum von zwei Jahren ge- 
schaffen hat, mehr Zeit erübrigt habe als für de Legibus, 
zu dessen Abfassung in dem bestehenden Umfang ihm nach 
wahrscheinlicher Vermuthung wenigstens sieben Monate zu 
Gebote standen. Diese Momente waren es, die den Heraus- 
pe bedauern liessen, dass dies Werk von dem Kreise der 

ectüre an den hóheren Schulen bisher ganz ausgeschlossen 
war und die Neigung in ihm erweckten, es denselben durch 
eine umfassende und eingehende Erklürung zugünglich zu 
machen. Abgeschreckt wurde er davon nicht durch den Hin- 
bliek auf die ansehnlichen Lücken, welche die Schrift auch in 
dem vorliegenden Umfange darbietet, da Lücken sich auch in 
anderen Werken, wie de Natura Deorum, etc., finden, diese aber 
nur dann in unleidlicher Weise stóren, wenn sie, wie in de 
liepublica, háufig den Zusammenhang unterbrechen, was in de 
Legibus nicht der Fall. Zu diesen in der Sache liegenden 
Gründen, welche zur Bearbeitung dieser Schrift aufforderten, 


VI VORWORT. 


kam aber, was der Verf. nicht versehweigen will, auch ein 
persónlicher, der, dass er Gelegenheit suchte, einen wenn 
auch nur geringen Theil der Ergebnisse seiner Studien des 
Cicero, denen er sich seit einer Reihe von Jahren, besonders 
in der Richtung auf die Beobachtung seines Sprachg ebrauchs 
gewidmet hat, mitzutheilen. 

Nach diesen Entstehungsgründen ist auch im Allgemeinen 
der Charakter der Ausgabe zu beurtheilen.  Hauptzweck ist 
eine gründliche Erklürung. Sie soll ein volles Eindringen in 
den Inhalt móglich machen. Das aber kann nicht dadurch 
geschehen, dass dem Schüler eine leidlich den Sinn wieder- 
gebende, zum Nachdenken weiter nicht anregende, Uebersetzung 
dargeboten wird, sondern dadurch, dass das Material in móg- 
lichster Vollstándigkeit vorgelegt wird, aus dem heraus der 
Gedanke zu erfassen und zu begreifen ist. Dass eine solche 
Erklürung weniger an den Schüler als an den Lehrer gerichtet 
ist, liegt auf der Hand; aber darum dient sie nicht weniger 
der Schule. Gegenüber dieser lücksicht auf Vollstündigkeit 
und Gründlichkeit musste die auf Geschmack und Gefülligkeit 
schweigen, und würde es dem Verf. nur erfreulich sein, wenn, 
nachdem er den Boden nach Krüften geebnet, er ihn von 
anderer berufener Hand einladend und reizvoll hergerichtet 
sühe. Dass aber alle, oder auch nur annühernd alle Schwierig- 
keiten von ihm weggerüumt worden sind*), ist er weit ent- 
fernt, zu hoffen zu wagen. An nicht wemgen Stellen hat er 
seine Rathlosigkeit offen eingestanden, was ihm Pflicht der 
Ehrlichkeit erschien und richtiger, als viele Herausgeber es 
machen, die aus Furcht sich eine Blósse zu geben oft die 
schwierigsten Sachen unberührt lassen und nun den Leser 
durch das Gefühl demüthigen, dass anderen ein Leichtes sei, 
was er selbst zu bewültigen nicht vermag: ein Verfahren, das 
jedenfalls aueh der Wissenschaft nieht frommt.  Anderseits 
kann und wird ihm sicher der Vorwurf gemacht werden, dass 
er in der Erklürung zu weit gegangen und vieles, was nicht 
mehr streng zur Sache gehóre, herbeigezogen habe. Leugnen 
kann und will er dies nicht, sondern nur damit erklüren, dass 
nach seiner Ansicht nur dann die Schrift für die Schule recht 
fruchtbar gemacht wird, wenn sie gleichsam als eine Propàü- 
deutik für die an Preussischen Anstalten wohl nirgends be- 
sonders gelehrte Alterthumswissenschaft benutzt wird, wozu 
es erforderlich schien, dass nichts Wichtiges, zu dessen Mit- 
theilung sich Gelegenheit bot, übergangen würde. 

Diese Bemerkungen haben indes keineswegs die Tendenz, 


ν ἢ Auch für hier und da untergelaufene Irrthümer wird um Nach- 
sicht gebeten, wie dass zu 1, 1 die aus Fam. X. 21 u, X. 24 citirten 
Worte dem Cicero beigelegt sind, die dem Munatius Plancus angehóren. 


VORWORT. vH 


den Schein zu erregen, als ob bisher in der Erklárung dieser 
Schrift noch niehts Erhebliches geleistet worden sei  Viel- 
mehr welches Wort der Anerkennung genügte der staunens- 
werthen Leistung eines Turnebus, einer Leistung, den besten 
aus der Heroenzeit der klassischen Philologie an die Seite zu 
setzen, wie sie unser in gleichem Verháltniss mit der Verviel- 
seitigung der Studien verflachtes Zeitalter kaum noch hervor- 
zubringen vermóchte. Dennoch dürfte es kaum eines Beweises 
bedürfen, dass des Turnebus Commentar schon in vielen Punkten 
veraltet ist, und wenn er erforderlich würe, so dürfte ihn der 
Vergleich der vorliegenden Ausgabe geben. Dass auch von 
den folgenden kritischen Herausgebern, von Bake zumal und 
Feldhügel, zahlreiche und treffliche Beitráge geliefert worden 
sind, darf nicht bestritten werden. Gleichwohl ist dieser Ver- 
such, wie es ja der Zweck mit sich führte, von umfassenderer 
Art, dabei, was nicht verkannt werden dürfte, von móglichster 
Selbststándigkeit. 

Die sprachlichen Erórterungen haben vielfach die Rüch- 
tung, dem an unseren Schulen herrschenden Ciceronianischen 
Hhügorismus entgegenzutreten, der oft auf ungenügender In- 
duction beruht und auf das Lateinschreiben unserer Schüler 
durch die Einengung ihrer Freiheit so nachtheilig wirkt. ' 

Zurückhalten darf übrigens der Verf. nicht das Gestünd- 
niss, dass leider seine Hülfsmittel nicht so vollstündig waren, 
wie es erforderlich schien. Ausser verschiedenen subsidiüren 
Werken fehlte ihm vor Allem bis zu seiner Versetzung nach 
Frankfurt, als die Arbeit grósstentheils vollendet war, die 
Uebersetzung von A. W. Zumpt, die er ungeachtet aller Be- 
mühungen bei Buchhándlern, und trotzdem er sich an den 
Verf. selbst wendete, nicht erlangen konnte. In vielen Exem- 
plaren der Klotzschen Sammlung nümlich, sowohl in dem, das 
er selbst besitzt, als in anderen, die ihm angeboten wurden, 
fehlt grade die Uebersetzung von de Legibus. Er war also an- 
gewiesen auf die Mittheilungen der spüteren Herausgeber, was 
er beklagt, ihn aber nicht dazu bringen konnte, sich zur Auf- 
gabe seines Planes zu verurtheilen. Ist doch die Beschrünkt- 
heit der Hülfsmittel ein Schicksal fast aller Lehrer an Pro- 
vinzialgymnasien, die, wenn ihr nicht einige Nachsicht ge- 
zoll wird, diese zur Enthaltung aller selbststündigen wissen- 
schaftlichen Thütigkeit nóthigen würde. 

Was den Text der Ausgabe betrifft, so hat der Heraus- 
geber auf Selbststándigkeit der Gestaltung desselben verzichtet 
und im Wesentlichen die auf gewissenhaftester diplomatischer 
Kritik beruhende Ausgabe von Vahlen zu Grunde gelegt, doch 
80, dass er die Hürten und Geschraubtheiten, die ófter in 
dieser dem Cicero zugemuthet werden, sich nicht angeeignet 


VIII VORWORT. 


hat. Dadurch hat der Text sich dem C. F. W. Müller'schen, 
der erst nach Vollendung der Arbeit erschien und im Wesent- 
lichen auf gleichen Prinzipien beruht, angenühert. Indes hat 
ihn der Verf. nachtrüglich noch verglichen und stellenweise 
angenommen. Der Zweck der Ausgabe führte es übrigens mit 
sich, dass, wo der Text heillos verderbt war, es genügte, einen, 
wenn auch nicht diplomatisch glaublichen, so doch lesbaren 
Wortlaut herzustellen.  Dieselbe Rücksicht ist es auch ge- 
wesen, die den Verf. bestimmt hat, ll. 54 das Lambin'sche 
Supplement trotz des von Vahlen den früheren Herausgebern 
deswegen ertheilten Verweises wieder aufzunehmen. 

Endlich sei noch bemerkt, dass in den Citaten aus Cicero die 
Paragrapheneintheilung beobachtet, dass in dem ersten Bande 
von Lange' Rómischen Alterthümern (oft blos durch L. be- 
bezeichnet) die auch in den folgenden Ausgaben angemerkte 
Seitenzahl der ersten Ausgabe festgehalten, dass in der Seiten- 
angabe von Seyfferts Laelius, wo nicht die zweite — von 
C. F. W. Müller besorgte — ausdrücklich genannt ist, die erste 
zu verstehen ist, desgleichen bei Haacke's grammactisch-stilisti- 
schem Lehrbuch. 


Frankfurt a. O. den 20. Januar 1879. 
Ad. du Mesnil. 


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EINLEITUNG. 


I. Ueber die Entstehungszeit. 


Nach den Untersuchungen verschiedener Gelehrter, be- 
sonders der abschliessenden von Feldhügel in der Praefatio 
zu seiner Ausgabe, kann es nicht mehr zweifelhaft sein, dass 
Cieero sein Werk de Legibus, wie im Anschluss an de Repu- 
bliea, so unmittelbar nach diesem, in der Zeit zwischen dem 
April oder Mai 52 bis zum Mai 51 verfasst hat.  Begrenzt 
ist diese Zeit durch die Ermordung des Clodius am 20. Januar 
59 oder die Verbrennung seiner Leiche auf dem Forum, deren 
IL 40 Erwáhnung gethan, enger aber wohl noch durch den 
im April d. J. verhandelten Process gegen Milo (Feldh. p. 
XXXV) und die darauf folgenden Gerichtsverhandlungen gegen 
einige Anhünger des Clodius (s. Commentar zu II. 42); ander- 
seits durch Ciceros Abgang nach der Provinz Cilicien im Mai 
51. Drumann (Vl. p. 105) háült es freilich für móglich, dass 
Cic. noch in den Winterquartieren in Cilicien Musse für wissen- 
schaftliche Arbeiten und Fortsetzung der Schrift gefunden habe. 
Darin aber sind Alle einig, dass spüter nach dem Ausbruch des 
Bürgerkrieges (Anfang d. J. 49) ihm Zeit und Ruhe des Geistes . 
gefehlt habe. Aeusseren Anhalt endlich zur Bestimmung der End- 
grenze bietet noch die Erwühnung des Augurn Appius Claudius 
als lebenden (II. 32), der vor der Schlacht bei Pharsalus (30. Sept. 
48) gestorben, sowie in gleicher Weise des Pompejus an mehreren 
Stellen, um nicht zu sagen des Cato (111. 40), der im April 
46 durch Selbstmord endete, sowie eine nur vor der Abfassung 
der Bücher de Finibus (i. J. 45) passende Bemerkung (I. 52). 
Ich füge diesen schon von F. angewendeten Beziehungen noch 
hinzu, dass Cie. eine lex zur Einschrünkung der verschwen- 
derischen Pracht bei Leichenmonumenten vermisst, die es i. J. 
45 (s. zu IH. 62) gab, dass er ausser seinem noch keinen Ver- 
such zur Beschrünkung der Zeit für legationes liberae kennt 

ΤΠ. 18), wührend er 44 eine dahinzielende lex Julia erwühnt 
8. daz.), dass er von der Anhünglichkeit und Ergebenheit des 
Senates gegen ihn spricht (III. 29), was auf die Zeit nach 
dem Dürgerkrieg nicht mehr passt, dass Servius Sulpicius, wie 
Cicero de legibus 1 


2 EINLEITUNG. 


in der Rede pro Murena, ihm zwar ein hervorragender Jurist 
von umfassendem Wissen (l. 17) ist, aber doch einer, der 
noch immer eine systematische und logisch zergliedernde Be- 
arbeitung des Rechtes vermissen liess (ebd. u. 11. 47), die er 
Brut. 152, also i. J. 46, eben diesem rühmend zugesteht. 
Nur unter einer Voraussetzung liesse sich das Werk im spü- 
terer Zeit geschrieben denken, wenn man nümlich annühme, 
dass er das Gesprüch, in das die Untersuchung eingekleidet 
ist, in eine frühere, die oben bezeichnete, Zeit verlegt hat. 
Aber wie würe es móglich, dass sich nicht wenigstens Stim- 
mungsandeutungen fünden, wie sie der Spürsimn von Peter 
in seimer Ausgabe des Brutus Exc. lIL allerdings aufgefun- 
den zu haben meint, in Wahrheit aber nicht vorhanden 
sind (s. Feldh. p. XXXI flg.). Vielmehr athmen diese Bücher 
noch im Ganzen eine frische Stimmung, in welcher die Schiá- 
den des Staates noch heilbar erscheinen, und die Hoffnung 
auf eigene Mitwirkung dazu nicht aufgegeben ist, und zeigen 
nichts von der Gedrücktheit spüterer Zeit. — Diesem unzweifel- 
haften Ergebnisse aber steht die auffallende Thatsache gegen- 
über, dass Cic. im Brut. 19 es geradezu leugnet, nach den 
Büchern de Rep. etwas herausgegeben zu haben, dass er Tusc. 
IV. 1 sich für seine Bemerkung über die Staatsverfassung und 
die Sitten der Vorfahren ausführlich und gründlich gehandelt 
zu haben, auf die Bücher de Rep. bezieht, die de Leg., welche 
doch an erster Stelle hütten genannt werden müssen, nicht 
namentlich aufführt, dass er Div. II. 1 in der bekannten Auf- 
zühlung seiner sümmtlichen  wissenschaftlnichen Werke de 
Legibus* übergeht. Die Lósung dieser Schwierigkeit ist darin 
zu suchen und gefunden worden, dass Cie. diese Schrift, ent- 
. weder überhaupt niemals oder nach jenen Angaben veróffent- 
licht hat. Hat er sie aber niemals veróffentlicht, so hat er 
sie auch niemals vollendet, hat er sie spüter veróffentlicht, so 
hat er sie spüter vollendet. Für welche von beiden Alter- 
nativen hat man sich zu entscheiden? Man findet Stellen, aus 
denen die Wahrscheinlichkeit herausklingt, dass er sie spüter 
wieder aufgenommen hat oder wenigstens hat aufnehmen 
wollen. ln einem Briefe an Varro vom April d. J. 46 (Fam. 
IX. 2. 5) schreibt er: JModo nobis stet illud — scribere et legere 
πολιτείας. εἰ, si minus in curia atque in foro, at in lilleris et 
libris, wt. doctissimi veteres fecerunt, gubernare rem. publicam et 
de moribus ac legibus quaerere. Die andere ist Brut. Cap. 
4—5D, die freilich sehr dunkel ist und keinen sichern Anhalt 
gibt. Cie. hat Erquickung gefunden in einem soeben erschie- 
nenen Werke des Atticus: liber annalis, in welchem die ganze 
Geschichte Roms kurz dargestellt war. Von diesem heisst es: 
lile vero. et nova mihi quidem. multa. attulit et. eam utilitatem, 


"e 


EINLEITUNG. E 


quam requirebam, ut explicatis ordinibus temporum uno in con- 
spectu omnia viderem. Quae cum studiose tractare coepissem, psa 
mühi tractatio litterarum | salutaris fuit adimonwitque, Pomponi, 
ut a te ipso sumerem aliquid ad me reficiendum teque remau- 
nerandum si non pari at grato tamen munere; quamquam illud 
Hesiodium laudatur, quod eadem mensura. reddere jubet qua. acce- 
peris aut etiam cumulatiore, si possis. .Ego autem voluntatem 
tibi profecto emetiar, sed rem ipsam mondwm.posse videor; idque 
ut ignoscas peto. Nec enim ex movis, ut agricolae solent, fructi- 
bus est, unde tibi reddam quod accepi; — 816 ommis fetus re- 
gressus  exustusque flos siti veteris. ubertatis exarwit — mec 
ez conditis, qui jacent in tenebris et ad quos ommis mobDis 
aditus, qui paene solis patwit, obstructus est. Seremus gitur 
aliquid tamquam in inculto et derelicto solo; quod ita 
diligenter colemus, ut impendiis etiam augere possimus largitatem 
iui muneris; modo idem moster animus efficere possit. quod. ager, 
qui cum. multos annos quievit, uberiores efferre fruges solet. T'um 
ille: Ego vero et exspecto ea quae polliceris nec exigam nist tuo 
commodo, et erunt mihi pergrata, si solveris. .Mihi quoque, in- 


| quit Brutus, exspectanda sunt ea quae Attico polliceris, etsi for- 


tasse ego a te hujus voluntarius procurator petam, quod ipse, cui 
debes, se incommodo exacturum negat. At vero, inquam, tibi ego, 
Brute, non solvam, misi prius a te cavero amplius eo momine 
neminem, cujus petitio sit, petiturum. .:Non mehercule, inquit, tibi 
repromittere istuc. quidem. ausim. | .:Nam hunc, qui megat, video 
flagitatorem non 4llum quidem tibi molestum, sed adsidwum tamen 
et acrem fore. Tum Pomponius Ego vero, inquit, Brutum nihil 
mentiri puto. — Videor enim jam te ausurus esse appellare, quon- 
iam longo intervallo modo primum animadverti paulo te hilariorem. 
Itaque quoniam hic quod mihi deberetur se exacturum | professus 
est, quod huic debes, ego a te peto. Quidnam id? inquam. | Ut 
scribas, inquit, aliquid; jam pridem enim conticwerunt tuae 
litlerae,  . Nam wt illos de re publica libros edidisti, nihil a te 
sane postea accepimus; eisque mosmet ipsi ad. velerum rerum mo- 
strarum memoriam comprehendendam impulsi atque incensi sumus. 
Sed illa, cum poteris; alque wt possis, rogo; munc vero, inquil, 
8i es animo vacuo, expone nobis quod quaerimus. Quidnam est id? 
inquam. Quod mihi muper in Tusculano inchoavisti de oralori- 
bus, quando esse coepissent, qui etiam et quales fuissent. Cicero will 
dem Atticus den Dank für sein Geschichtswerk dadurch abtragen, 
dass er auch ein wissenschaftliches Product liefere und zwar mit 
Benutzung jenes Werkes. Unter diesem Product verstehen nun 
Peter, Feldh., Piderit das Werk de Legibus. Demnach fassen sie in 
derelicto $o0lo nicht von einem überhaupt vernachlüssigten und 
brach gelassenen Boden, sondern von einem solchen, der nach 
angefangener Bearbeitung wieder liegen gelassen worden ist. 
1} 


4 EINLEITUNG. 


Atticus nun will die Vollendung des Werkes ruhig abwarten. 
Brutus dagegen übernimmt es, für jenen dasselbe eizutreiben. 
Hierdurch fühlt sich Atticus gedrungen, die Schuld, in welcher 
Cicero beim Brutus für einen ihm gesendeten tróstenden und 
anregenden Brief (Dr. 12) stand, einzutreiben, indem er ihn 
zur Abfíassung eines Schriftwerkes zu bewegen sucht. (Letz- 
leres beziehen Pid. und andere auf den Orator, der insofern 
grade zur Befriedigung des Brutus geeignet sel, weil dieser 
sich bekanntermassen mit rhetorischen Studien eingehend be- 
schüftigte und von Cic. als der künftige Trüger der Beredt- 
samkeit angesehen wurde.) Dann drüngt Attieus, sofort einen 
schon früher eimmal begonnenen Vortrag über die Geschichte 
der Beredtsamkeit aufzunehmen und somit in das Thema der 
Schrift selbst einzugehen. Im Zusammenhang mit dieser Fas- 
sung wird unter conditis fructibus, von denen wegen des Druckes 
der Zeitverhültnisse Cie. dem Atticus zum Entgelt nichts dar- 
bieten zu kónnen bedauert, der in langjührigen Studien ein- 
gebrachte und aufgehüufte Stoff an philosophischen Gedanken, 
unter 40vi fructus irgend ein anderer zu eimem Schriftwerk 
fertig daliegender Stoff verstanden. Eine Schwierigkeit wird 
dabei von alien Auslegern übersehen. Wiührend Atticus sich ge- 
neigt erklürt, die Abtragung seines Guthabens ruhig abwarten 
zu wollen, kann er nicht umhin, den Cic. zu mahnen, seiner Ver- 
bindlichkeit gegen Brutus sobald als móglich gerecht zu werden, 
indem er etwas schreibt — nicht über einen gewissen Gegen- 
stand, sondern überhaupt etwas. Ergibt nicht der Gegen- 
satz zu diesem seinem im Namen des Brutus gestellten Ver- 
langen, dass unter der ihm selbst zugedachten Dankesleistung 
sowohl Attieus wie Cicero überhaupt kem Sehriftwerk ver- 
stehen? Wenn aber kein Sehriftwerk, so kann auch die Fort- 
setzung von de Legibus damit nicht gemeint sein. Was aber 


— ist nun die weitere Frage — kann gemeint sein, wenn kein 
Schriftwerk? Was Anderes als ein Vortrag — ein Vortrag, 


wie er ja bei den meisten seiner Schriften als von ihm oder 
einem anderen gehalten fingirt ist? ^ Worüber einen Vortrag 
vorzubereiten, Cie. die Lectüre des liber annalis, in welchem 
nulla non lex neque pax neque bellum neque res illustris po- 
puli Romani n.n suo tempore notata war (Nep. Att. 18), 
die Veranlassung gab, ergrübeln zu wollen ist müssig, auch 
festzustellen unmóglich. Jedenfalls aber kann es auch kein 
zur Absolvirung des in de Legibus behandelten Stoffes fin- 
girter Vortrag sein, da ein aus dem Buche des Atticus ge- 
schópfter Vortrag sich nicht mehr in den Rahmen jenes uns 
überlieferten Gesprüches, für welches ein Sommertag eines 
früheren Jahres angesetzt ist, einfügt. Damit soll jedoch 
die Frage ganz unerledigt gelassen werden, ob ein blosser 


EINLEITUNG. 5 


mündlicher Vortrag überhaupt als passendes Gegengeschenk 
für das Schriftwerk des Atticus angesehen werden konnte. Es 
ist nur der Zweck, die fast undurchdringliche, wenigstens noch 
nicht zerstreute, Dunkelheit der ganzen Stelle aufzudecken und 
gegen bestimmte Folgerungen aus derselben Einspruch zu er- 
heben. Wenn demnach auch von dieser Stelle abgesehen werden 
muss, so reicht doch die oben angeführte hin, um die Wahrschein- 
lichkeit, dass Cic. 1. J. 46 die Schrift de Legibus weiterzuführen 
und zu beendigen beabsichtigt habe, zu erweisen. Hat er diese 
Absicht auch ausgeführt? Ich bin geneigt, die Frage — wenig- 
stens was den zweiten Theil derselben betrifit*) — zu verneinen 
und zwar zunüchst aus einem schon von anderen angeführten 
Grunde. Cic. erklürt es in einem Briefe an Atticus (IV. 16. 
2) als semen Grundsatz, den einzelnen Büchern seiner Schriften 
Vorreden vorauszuschicken, einen Grundsatz, den er auch sonst 
überall festgehalten hat und um so leichter ausführen konnte, 
als er einen Vorrath von Vorreden zur Verfügung liegen hatte, 
aus dem er nach Bedürfniss und Belieben auswühlte (Att. XVI. 
6. 4. Nun kann man ja A. W. Zumpt (in der Einl. zu seiner 
Uebersetzung) beistimmen, dass man eine Vorrede durchaus 
in keinem dieser Bücher vermisst, dass sie als ein vóllig über- 
flüssiges, fast stórendes, Beiwerk erscheinen würde. Aber das 
trifft auch einen grossen Theil der überlieferten Vorreden und 
ist bei dem angegebenen Verhültnisse auch durchaus nicht zu 
verwundern, einem Verhàáltnisse, welches einmal einen hóchst 
komischen Unfall für ihn herbeiführte, dass er aus Irrthum 
von derselben Vorrede zweimal Gebrauch machte (s. d. a. St.). 
Der andere Grund ist der, dass nur ein einziges Citat sich findet, 
das mit Sicherheit einem folgenden Buche und zwar der An- 
gabe nach dem fünften zuzuweisen ist. Dieses Citat aber selbst 
ist von der Art, dass es die Annahme ausschliesst, dass dies 
Buch habe das letzte sein sollen: Visne igitur quoniam sol paulu- 
lum a meridie jam devezus videlur nequedum satis ab his 
novellis arboribus omnis hic locus opacatur. Man bedenke, dass 
für das inhaltsreiche Gesprüch ein ganzer Tag berechnet ist 
((l. 19. Il. 7) und zwar ein Tag von grósster Lünge, ein 
Sommertag (III. 30), dass bei solcher Lünge es angemessen 
war, das Gesprüch wührend der gróssten Mittagshitze einige 
Zeit auszusetzen, wie auch sonst geschehen (vgl. d. Or. 11. 
361. III. 17 u. Pid. Einl. 8 19), wenn auch in diesem Falle 
darum kein Ortswechsel angenommen werden darf (IL. 1), -— 
und man wird in Anbetracht dessen, dass beim,Deginn des D. 
Buches nur ein wenig die Mittagszeit überschritten 1st, zu dem 


— ——— ÀMá HÀ ——À 


*) Spuren, dass sie wieder aufgenommen, liessen sich vielleicht 
eutdecken, 5, zu I. 33. 


6 EINLEITUNG. 


Schlusse kommen, dass noch ebensoviele Bücher folgen sollten, 
als vorangegangen sind, also der Autor die Summe der Bücher 
auf acht berechnet haben wird. Wenn nun, wie gesagt, kein 
Citat sich findet, das ausdrücklich aus einem der folgenden 
Bücher entnommen ist, überhaupt nur eins noch vorhanden 
ist, das sich nicht mit Wahrscheinlichkeit einem der ersten 3 
Bücher einverleiben liesse, so ist man wohl zu der Vermuthung 
berechtigt, dass Cic. über das 5. Buch, vielleicht sogar über den 
Anfang des 5. Buches, nicht hinausgekommen, somit das Werk 
unvollendet geblieben ist. Sich in weitere Muthmassungen 
einzulassen, ob die Schrift aus seinen nachgelassenen Papieren 
von Tiro oder Atticus oder sonst einem herausgegeben sein 
mag, würe müssig. : 


II. Ueber den Plan des Werkes. 


Cie. spricht es selbst an vielen Stellen aus (wie Div. II 
1), dass er es als eine patriotische Pflicht betrachte, seinem 
Volke die griechische Philosophie zu vermitteln, um es nicht 
auf einem so wichtigen Gebiete des Wissens in Abhüngigkeit 
von den Originalschriften eines fremden Volkes oder ihm ferner 
den Flecken des Mangels an hóherer Bildung anbaften zu 
lassen. So hat er denn allmühlich in einer Reihe von Schriften 
das ganze System der griechischen Philosophie, soweit er es 
beherrschte, entwickelt und vor Augen gestellt. Den Anfang 
machte er mit der Darstellung des für die Rómer interessan- 
testen und ihrem Verstündnisse am nüchsten liegenden Theils 
der Philosophie, der Staatslehre, welche selbst nur eine Unter- 
art der praktischen Philosophie bildet. Auch er selbst fühlte 
sich sicherlich durch sie am meisten angezogen und ist an 
ihre Behandlung noch zu einer Zeit gegangen, wo er noch 
nieht von aller praktischen Betheiligung an Staatsgeschüften aus- 
geschlossen, wenn auch sein Einfluss und seine Mitwirkung 
bedeutend gemindert waren. Auf die Schrift über den Staat, 
in welcher die Frage nach der besten Verfassung beantwortet 
und der Werth der übrigen erórtert wird, deren Abfassung 
in die Zeit zwischen 54 und 52 füllt, folgte, wie wir oben 
gesehen, die Schrift über die Gesetze. Alle übrigen philoso- 
phischen Werke füllen mit einer einzigen unbedeutenden Aus- 
nahme die beiden vorletzten Jahre seines Lebens, 45 und 44, 
aus, eine Zeit, in welcher, wie er selbst bekannte, ihm kein 
anderer Weg mehr offen stand, sich um seine Mitbürger ver- 
dient zu machen, als der litterarischer Thütigkeit. Nachdem 
er sich in einer Art einleitenden Schrift, dem Hortensius, wegen 
seiner Beschüftigung mit der Philosophie gerechtfertigt, wird 
in dem verhültnissmüssig gründlichen und umfangreichen Werke 


EINLEITUNG. 1 


de Finibus die Ethik der angesehensten Schulen der alten Philo- 
sophie abgehandelt und damit die praktische Philosophie in 
der Hauptsache vollendet, sodass jedoch noch in mehreren 
Sehriften, den Tusculanae Disputationes, dem Cato Major und 
Laelius, den Officien u. a. auf die Ethik zurückgekommen wird, 
theils um einzelne Punkte derselben weiter auszuführen, theils 
um sie populürer und íasslicher darzustellen. An die Schrift 
de Finibus schliesst. sich die Behandlung des zweiten oder 
eigentlich ersten Haupttheils, der Dialektik, in den Academicis, 
dann mit theilweiser Unterbrechung durch die obengenannten 
Moralschriften die Behandlung des dritten Hauptgebietes, der 
Naturphilosophie, in den Werken de natura deorum, de divina- 
tione, de fato an, womit die ganze Philosophie aufgerollt ist. 
Zu dem oben angegebenen Zweck theoretischer Bildung seines 
Volkes kommt aber für die politischen Schriften, zumal de Legi- 
bus, ein ebenso wichtiger anderer. Er will seinem Volke und allen 
der Freiheit würdigen Vólkern praktischen Nutzen bringen, 
indem er ihnen die Mángel und Scháden ihrer politischen Zu- 
stánde aufdeckt und durch Aufstellung eines Verfassungsmusters 
das Mittel an die Hand gibt, zu einem besseren und glück- 
licheren Dasein zu gelangen. Andeutungen dieser Absicht, an 
denen es überhaupt nicht fehlt (s. Feldh p. XL), kann man 
in allen jenen Stellen finden, in welchen er an Stelle mangel- 
hafter Einrichtungen und Zustünde des rómischen Staates 
bessere zu setzen erklürt (wie IL. 29. IIT. 58. ib. 46) und 
setzt. Das Verhültniss der beiden staatswissenschaftlichen 
Werke zu eimander würden wir, wenn wir es nicht aus ihrem 
Inhalt selbst kennten, ebenfalls aus Andeutungen von ihm 
entnehmen kónnen: Qwoniam a te scriptum est de optimo rei 
publicae statu, consequens esse videtur ut scribas tu idem de legibus 
I. 15. Quoniam ejus reipublicae, quam optimam esse docuit Scipio, 
lenendus est nobis et. servandus status omnesque leges accommo- 
dandae ad illud. civitatis genus ib. 20. Cf. IT. 23. IIT. 4. ib. 12. 
Cic. selbst also erklürt die Schrift de Legibus als eine noth- 
wendige Érgünzung von de Re publica. Und in der That ist 
sie dae, Wáhrend ,de He publica^ im Allgemeinen die beste 
Staatsverfassung erforscht und begründet, führt ,de Legibus^ 
dieselbe im Besonderen aus. Jene entháült den Aufbau, diese 
den Ausbau. Welches ist aber die beste Verfassungsform, die 
in de Ke p. ermittelt wird, und der die Einzelgesetze sich an- 
passen müssen? Nicht eine der drei Hauptformen: Monarchie, 
Aristokratie, Volksherrschaft, sondern eine aus allen dreien gleich- 
mássig gemischte, wie er sie in der ülteren Verfassung loms 
aus der Zeit nach den beendeten Btündekiümpfen in Ueber- 
einstimmung mit Polybius (VI. 11: ὅτε uiv y&Q εἰς τὴν τῶν 
ὑπάτων ἀτενίσαιμεν ἐξουσίαν, τελείως μοναρχικὸν ἐφαίνετ’ 


8 EINLEITUNG. 


εἶναι, ὅτε δὲ εἰς τὴν τῆς συγκλήτου, πάλιν ἀριστοχρατικόν᾽" 
καὶ μὴν εἰ τὴν τῶν πολλῶν ἐξουσίαν ϑεωροίη τις, ἐδόκεε 
σαφῶς εἶναι δημοκρατικόν) verkórpert findet. Hierdurch wurde 
ihm seine Aufgabe wesentlich erleichtert. Er konnte sich nun 
von den Conceptionen griechischer Philosophen frei machen, 
deren Verfassungsideale, zumal des Plato, mit seinem gesunden 
Sinn sich nicht vertrugen und bei dem rómischen Volke nie- 
mals Eingang gefunden haben würden, ohne sich in freie 
Speculationen einlassen zu müssen, wozu ihm die Krüfte fehlten. 
Er brauchte nur das Vorbild der ülteren Verfassung zu copiren 
und die spüteren Zugestündnisse an die demokratische Partei, 
die er als Abirrungen ansah, zu streichen, unter Hinzufügung 
einzelner dem Staate fehlender und für zweckmüssig gehal- 
tener Bestimmungen,*) um seinen Verfassungsbau auszuführen 
und fertig zu stellen. Gerade dieser Umstand aber, dass das 
Werk eine durchaus positive Unterlage hat, ist es, der uns das- 
selbe so werthvoll macht, wie vielleicht kein anderes von Cicero. 
Es ist dadurch für uns eine der Hauptquellen der rómischen 
Staatsalterthümer geworden. Nur bedarf es einiger Vorsicht 
beim Gebrauch derselben, da theils zu unterscheiden ist, was 
ülterer, was noch seiner Zeit angehórt, theils auch, was von 
ihm selbst etwa zugethan und eingeführt wird, was freilich, 
wo es der Fall, von ihm auch angedeutet wird. 

Wenn demnach ersehen wird, dass Cicero auf diesem Ge- 
biete viel selbststündiger verfahren ist, als in den übrigen 
Theilen der Philosophie, dass er mehr die Werke der Griechen 
nachgeahmt als übertragen hat, so dürfen wir doch nicht so- 
weit gehen, zu glauben, dass er ihnen hier nichts weiter als 
die Anregung verdankt, im Uebrigen auf eigenen Füssen steht. 
Die ganze Voruntersuchung über das was Gesetz ist, welche die 
Grundlage des Werkes bilden soll und das erste Buch ausfüllt, 
ist den Griechen entlehnt; ferner die Uebersicht des Stoffes 
und dessen Vertheilung; endlich die üussere Anlage und sozu- 
sagen Inscenirung. n letzterer Beziehung erklürt er sich 
selbst von Plato abhüngig, dessen Werk zegà νόμων er im 
Auge hat, wie es ihm ja überhaupt die Anregung gegeben. 
Auch in dem zweiten Punkte wird man Plato als Führer er- 
kennen, nicht so dass er ihm überall blindlings gefolgt würe, 
aber doch so dass er die Richtung von ihm empfangen hat. 
Sein Einfluss macht sich in den spüteren Büchern immer be- 
merkbarer. Wenn man ihn aber anfangs auch als Quelle für 
die Gedanken des ersten Buches angesehen hat, so ist diese 
Meinung vóllig irrig und schon von Turnebus widerlegt wor- 


ἢ Quoniam non recognoscimus munc leges rei publicae Romanae, sed 
aut repetimus ereptas aut novas scribimus. II. 87, 


EINLEITUNG. 0 


den. Hier hat er Alles aus den Lehrbüchern der Stoiker ge- 
schópft, wie des Nüheren im Commentar nachgewiesen; doch 
muss es dahin gestellt bleiben, welches Stoikers. "Turnebus 
vermuthet des Chrysippus (s. 1. Cp. 6) und nach ihm Andere. 
Ich bin geneigt, da er III. 14 die Abhandlungen der Stoiker 
auf diesem Gebiete für praktisch unfruchtbar erklürt mit Aus- 
nahme derer des Diogenes und Panaetius, anzunehmen, dass er 
die Schriften der letzteren benutzt hat. Denn wenn er auch die 
Erórterung des ersten Buches allgemein gehalten hat, so hat 
er sie doch nur in Rücksicht auf seinen praktischen Zweck, 
für den sie ihm unentbehrlieh schien, vorausgeschickt. Und 
warum sollte er, wenn ihm populürere Werke zu Gebote stan- 
den, von unpopulüreren Gebrauch machen? Dass manche der 
dort vorgetragenen Gedanken sich auch vom Chrysippos nach- 
weisen lassen, widerstreitet nicht. Sind es doch seimme Gedanken, 
die auch Diogenes und Panaetios verarbeitet haben. —  Uebri- 
gens ist nicht zu verkennen, dass Cie. von der ganzen so ge- 
dankenreichen und bedeutsamen Voruntersuchung, die unstreitig 
den geistvollsten Theil des Werkes ausmacht, so gut wie gar 
keimen Gebrauch gemacht hat. Sie erscheimt als eine Art 
hors d'oewwre, nicht als ein integrirender Bestandtheil des 
Werkes. Worin hegt dies? Darin, weil ihm die dialektische 
Kraft fehlte, aus allgemeinen Prümissen besondere Sáütze her- 
zuleiten und zu abstrahiren. So kommt es denn, dass seine 
Gesetze ganz unvermittelt und unentwickelt mit eimem Mal da- 
stehen. Ihre Begründung geschieht nun nachtrüglich und ganz 
nach Art der fix und fertig dem Volke vorgelegten Rogatio- 
nen, welche nach der Verlesung vom Antragsteller durch eine 
suasio gerechtfertigt und empfohlen werden. Dass dies Ver- 
fahren mehr rhetorisch als philosophisch ist, leuchtet ein. 
Es bleibt noch übrig, den Inhalt der acht Bücher, auf 
die, wie wir oben annahmen, das Werk angelegt war, so weit 
móglich, zu bestimmen. Der Inhalt der ersten 3 Bücher steht 
natürlich ausser Frage. Das 1. handelt über den Begriff des 
Gesetzes; das 2. enthált die Religionsverfassung; das ὃ. 
die Magistratsverfassung. ln beiden reiht sich am Schlusse 
die Darlegung des positiven, auf beiden Gebieten zur Zeit in 
Hom geltenden, Hechtes an die Aufstellung und Besprechung 
des eigenen Entwurfes: im 2. ist sie ausgeführt, im 3. nur an- 
gekündigt. Auch über den Inhalt des 4. kann kein Zweifel 
sein; er wird von Cicero selbst angegeben (III. 47) de judicis 
(d. h. über die Gerichtshófe und Prozessformen, s. z. St.).*) 
Für das 5. Buch vermuthe ich unter Benutzung einer eigenen 
*) Ein auffülliger, làngst widerlegter und doch wiederaufgenommener 


Irrthum ist es von Teuffel (Litteraturgesch. p. 324) als Inhalt des vierten 
de postestatum jure, welches den letzten Theil des dritten Buches bilden 


10 EINLEITUNG. 
Angabe des Cicero*) als Thema die Erziehung, die auch bei 
Plato durch Gesetze geregelt wird und zwar in dem auf die 
Einsetzung der Magistrate und Richter (6 B.) folgenden Buche. 
Für die folgenden Bücher bietet Cic. keinen Anhalt mehr. Doch 
móchte ich fast vermuthen, wie bei Plato die Regelung der 
Lebensweise der Bürger, der Berufsarten: des Acker- 
baus, GeWwerbes und. Handels, die Anordnung und Ein- 
richtung militürischer Uebungen zum Zweck der Kriegsvorberei- 
tung den Inhalt des folgenden Buches bildet, dies auch bei 
Cicero der Fall sein sollte. Dann bliebe für das 7. und 8. B. 
die Bestimmung des Privat- und óffentlichen Rechtes 
übrig. In dem ersteren, welches das Familienrecht mit umfasst, 
dürfte auch ein Platz für Bestimmung des Verhültnisses zwischen 
Freien und Sklaven, Patronen und Freigelassenen sein: im 
letzteren würden nicht blos die allgemeinen Rechte aller Bürger 
gegen Alle (Criminalrecht) sicher zu stellen, sondern auch die 
Rechte von Peregrinen gegen Bürger, von Vólkern gegen Volker 
(Vólkerrecht) festzusetzen sein. Auch bei Plato bildet dieses 
mit Einschluss der Strafbestimmungen für Verletzung der auf- 
gestellten. Rechtssatzungen den Inhalt der letzten Bücher. 
Was endlich die Anlage des Werkes betrifft, so ist das- 
selbe in der Form eines Dialogs gehalten, der sich zwischen 
Atticus, Quintus und Marcus Cicero auf des Letzteren Gute 
bei Arpinum entspinnt, wo er wührend der heissen Sommer- 
zeit auf einige Tage mit Quintus Zuflucht gesucht hatte und 
den Besuch des Atticus empfing. Beim Anblick der Eiche des 
Marius frügt Attieus den Cicero, ob ein von ihm in seinem 
Gedichte Marius erwühntes Wunder, das dem Helden daselbst 
begegnet sein soll, auf Wahrheit beruhe oder nieht. Cic. eine 
directe Antwort ablehnend, betont den verschiedenen Zweck 
von Dichtung und Geschichte; was dem Atticus Veranlassung 
gibt, Cieero aufzufordern, doch eine Geschichte zu schreiben 
und auch auf diesem Gebiete den Namen Homs zu Ehren zu 
bringen. Das Weitere in der Inhaltsangabe. 


III. Inhaltsangabe. 


Buch I. 


1. Zweck der Dichtung Vergnügen, der Geschichte Wahrheit. 

2. Bisherige róm. Geschichtsschreibung ohne künstlerischen 
Werth (Uebersicht derselben). 

2. Zur Geschichtsschreibung fehlt dem Cieero vorlüufig die 
nóthige Musse. 


sollte, anzunehmen, dann weiter de jure publico zu nennen, sodass cr 
Ciceros eigene Angabe ganz unberücksichtigt lüsst. 
*) III. 29 fig. 


EINLEITUNG. 11 


4. Dagegen ist er bereit de jure civili zu handeln; 

5. aber in dem weiteren Sinne de jure civitatum, welches 
alle Staaten umfasst und aus der allgemeinen menschlichen 
Natur hergeleitet wird. 

6. Definition vom Gesetz. Es ist die die Natur be- 
herrschende und in ihr wirkende Vernunft. | 

1. Herleitung des Rechtes aus der Natur: Die Gótter 
stehen mit den Menschen durch Vernunft und Abstammung in 
Rechtsgemeinschaft. 

8. Beweis ihrer Verwandschaft aus der Entstehungsge- 
schichte des Menschengeschlechts, aus dem allen Menschen 
innewohnenden Begriff Gottes, aus der góttlichen Fürsorge für 
die Menschen; 

9. und vor Allem aus der Vollkommenheit der mensch- 
lichen. Natur. 

10. Noch nàher aber ist die Verbindung der Menschen 
unter einander, die nicht blos hervortritt in der Gemeinsam- 
keit und Gleichheit ihrer natürlichen Anlagen, 

11. sondern auch in der Uebereinstimmung ihrer Gefühle, 
Neigungen und Urtheile; 

12. sowie in dem daraus entspringenden gegenseitigen 
Wohlwollen. 

19. Recapitulation des vorhergehenden Beweisganges und 
Ankündigung der Absicht, den Satz, dass das Recht auf der 
Natur beruhe, noch specieller behandeln zu wollen, wobei aber 
nur auf den Beifall derjenigen Philosophen gerechnet werde, 
welche das hóchste Gut im die Tugend setzten. 


us Bekümpfung der epikureischen Ansicht, dass der 
16. Nutzen, insbesondere die Rücksicht auf die Strafe, 
17. der Antrieb zur Gerechtigkeit sei, und dass die Will- 
1g. | kür des Gesetzgebers das Recht geschaffen habe. — 
19. Das Náühere zu Cp. XIV. 


20. Die weitere Verfolgung der Untersuchung über den 
Ursprung des Hechtes lüuft zuletzt in die Frage über das 
hóchste Gut aus; 

21. in. Betreff deren Cie. sich dahin entscheidet, dass die 
Stoiker mit den Akademikern und Peripatetikern im Wesen 
übereinstimmten, und nur in der Wortfassung sich unterschieden. 

22. Lob der Weisheit und des Studiums derselben, der 
Philosophie, welche uns nicht blos die wahren Gesetze er- 
kennen lüsst, sondern vor Allem zur Selbsterkenntniss führt, 
welehe die Wurzel ist aller menschlichen Vollkommenheit; 
denn sie lehrt uns unsere Aufgaben auf dem Gebiete 

29. der Ethik, der Physik, . 

24. der Dialektik und Hhetorik. 


12 EINLEITUNG. 


Buch II. 


C. 1. Es wird beschlossen, den Ort des Gesprüches zu 
ündern und sich nach einer Insel im Fibrenus hinüberzubegeben, 
wobei Atticus seine Bewunderung der Oertlichkeit ausspricht. 
Cie. bemerkt ihm darauf, dass sie für ihn noch den besonderen 
Hheiz der Heimat habe. 

2. Für den in einem Municipium geborenen róm. Bürger 
gibt es zwei Vaterstüdte: jenes und Hom, letzteres aber sei 
ihm von grósserer Bedeutung. 

29. Bemerkungen über die Schónheit des Platzes, den man 
inzwischen erreicht hat, und Anrufung der Gótter für den 
folgenden Theil des Gesprüches, der die im Besonderen aufzu- 
stellenden Gesetze enthalten soll. 

4. Doch vorher findet eine Heecapitulation der Haupt- 
ergebnisse des vorigen Buches Statt. Das oberste Gesetz ist 
die Vernunft Gottes, welche vor allen geschriebenen Gesetzen 
besteht und sich dahin geltend macht, das Rechte zu gebieten, 
das Unrechte zu verbieten. 

5. Diesem Gesetze müssen die bürgerlichen entsprechen, 
wenn sie den Namen Gesetz verdienen sollen; solche dagegen, 
welche mit jenem im Widerspruch stehen, indem sie Verderb- 
liches bezwecken, sind keine Gesetze. 

6. Cie. im. Begriff zu seinen Gesetzen überzugehen, findet 
es angemessen, dem Beispiele Platos folgend den einzelnen 
Partieen derselben jedesmal ein Prooemium zur Empfehlung 
ihrer allgemeinen Tendenz vorauszuschicken. 

1. Dem entsprechend wird als Einleitung in den jetzt 
folgenden religiósen 'Theil der Gesetzgebung eine góttliche 
Weltregierung, insbesondere die Fürsorge der Gótter für das 
Menschengeschlecht, behauptet und kurz begründet. 

8—9. Text der die Religion betreffenden Gesetze. 

10. Attic. erklürt, seime Zustimmung zu der lex davon 
abhüngig machen zu wollen, dass sie ihm in allen wichtigeren 
Punkten besonders empfohlen u. als zweckmüssig nachgewiesen 
werde. Dies geschieht darauf mit denjenigen Bestimmungen, 
welche sich auf den Verkehr mit den Góttern (ad divos adeunto 
sq. und die Fernhaltung fremder oder auslündischer Gott- 
heiten beziehen. 

11. Erklürung und Rechtfertigung der Sütze von der Ver- 
ehrung der Gótter in Tempeln und Hainen; von der Bewah- 
rung der Familiengebrüuche, von der Consecration ausgezeich- 
neter Menschen und rühmenswerther Eigenschaften; 

12. von der Zeit der Feste, Wahl der Opfergaben, Ein- 
richtung des Kalenders, den Arten der einzusetzenden Priester 
und ihren Aufgaben, insbesondere der Augurm. 


EINLEITUNG. 13 


13. Bei dieser Gelegenheit wird der Streit zwischen Mar- 
cellus und Appius Claudius berührt, ob die Auguraldiseiplin 
nur dem Nutzen des Staates diene oder auch die Zukunft vor- 
herzuerkennen vermóge. Cic. entscheidet sich dahin, dass sie 
ehemals beides leistete, in seiner Zeit nur noch das erstere. 

14. Empfehlung der folgenden Sátze betreffend die Ein- 
setzung der Fetialen und Haruspices, das Verbot der náchtlichen 
Feiern, einschliesslich der Mysterien ausser den unter gewisser 
Beschrünkung zuzulassenden Eleusinischen Mysterien; 

15. von dem Einschreiten der Staatspriester bei religiósen 
Verschuldungen; von der Eintheilung und Einrichtung der Spiele, 
ihrem Einfluss, msbesondere der Musik, auf die Sitten; 

16. von der Bewahrung der vüterlichen Gebráuche, der 
Unzulássigkeit von Geldsammlungen im Dienste der Religion, 
den Arten der Bestrafung des Tempelraubes, Meineides, der 
Unkeuschheit der Vestapriesterimnen, von der Versóhnung der 
Gotter durch Schenkungen, dem Eingehen und der Erfüllung 
von Gelübden. 

11. Zum Beweise, dass die Gótter Rechtsverletzungen in 
Hinsicht der letzteren ahnden, wird das Beispiel des Clodius 
und seiner Genossen angeführt. 

18. Schlussbesprechung des Satzes von den Gelübden: 
was die Wahl der Gegenstünde und das darin zu beobach- 
tende Mass betrifft. Vorbemerkungen zu dem noch übrigen 
auf die sacra privata und die Bestattungsgebrüuche bezüg- 
lichen Theile. 

19— 21. Cic. erlàutert seinen aus dem róm. Pontificalrecht 
entnommenen Satz von den sacra privata und widerlegt im 
Anschluss daran die Behauptung der Juristen, dass zum Ver- 
stündniss des priesterlichen Rechtes die Kenntniss des Civil- 
rechtes erforderlich sei; indem er ausführt (19 — 920), dass letz- 
teres nur in der Spaltung der allgemeinen Sütze jenes in eine. 
unendliche Zahl von Einzelbestimmungen beruhe, die sich durch 
logisches Denken von selbst ergeben; (21) dass vielmehr, so- 
weit sich das Civilrecht eigenartig geltend mache, es nicht 
zur Sicherung und Stütze, sondern zur Aufhebung des priester- 
lichen Rechtes gereiche. 

22— 21. Ueber die Rechte der Todten. 

22. Ueber die Begrübniss-Pflichten und Arten nach Prie- 
sterrecht. 

20—24. Bestimmungen der XII Tafeln zur Wahl der Be- 
grübniss- und Verbrennungs-Plütze und zur Ermüssigung des 
Aufwandes und der Schmerzensüusserungen zu Ehren Ver- 
storbener. 

2D. Die Beschrünkung des Aufwandes zu Ehren Verstor- 
bener will Cic. auch auf die Grabmüler bezogen wissen. 


14 EINLEITUNG. 


26. Bestimmungen der Griechen, insbesondere einiger Ge- 
setzgeber von ihnen, zur Verminderung des Aufwandes im Hin- 
sicht der Feierlich'keiten und Grabmiüler. 

21. Die betreffenden Bestimmungen des Plato. Hiermit 
wird der Abschnitt über die Einrichtung des Religionswesens 
beschlossen. 


Buch III. 


1. Uebergehend zu dem die Magistratsverfassung enthalten- 
den Gesetze will Cicero wieder nach dem Vorbilde Platos 
demselben ein Prooemium.vorangehen lassen. Dies geschieht, 
und es wird in demselben auseinandergesetzt, dass die Natur 
selbst, das oberste Gesetz, das Verhültniss von Herrschaft und 
Unterthünigkeit darstelle. 

2. Ebenso und noch deutlicher lehrt die Geschichte, dass 
die Menschen Gebieter bedürfen, wenn anders in àültester Zeit 
überall Kónigsherrschaften bestanden haben, aber auch in den 
freien Staaten die kónigliche Gewalt nicht aufgehoben, son- 
dern nur getheilt und auf bestimmte Zeit beschrünkt ist. Zum 
Wohle des Staates aber ist es nothwendig, dass sowohl die 
Behórden massvoll gebieten als die Untergebenen willig ge- 
horchen. 

3—4. Text des die Magistratsverfassung betreffenden Ge- 
setzes. 

5. Nachdem Quintus bemerkt, dass diese Verfassung der 

róümischen im Wesentlichen entspreche, wünscht Atticus die 
Zweckmüssigkeitsgründe für dieselbe zu hóren, was Marcus 
zusagt, mit dem Bemerken, dass er dies thun werde in Hin- 
bliek auf die einsehlagenden Lehren der griechischen Philo- 
sophen, von denen besonders Theophrastus und der Stoiker 
Diogenes zu berücksichtigen seien. 
6. Sonst sei die Staatsrechtslehre ausser noch von Panae- 
tius von den Stoikern wenig fruchtbar behandelt worden; viel 
gründlieher und fruchtbringender von der Schule des Plato 
und Aristoteles. 

1. Ob es zweckmüssiger für die Staaten sei, unter einer 
einzigen unbeschrünkten Gewalt zu stehen oder unter einer 
beschrünkten, wie es in Sparta das Kónigthum durch das 
Ephorat, in Rom das Consulat dureh das Tribunat war? 

Nach einer grossen Lücke enthült 

8. die Empfehlung der Gesetzesbestimmungen: domum cum 
laude redeunto und in Betreff der legationes liberae. Dann 
folgt der Passus betreffend die Einrichtung des Volkstribunats. 
Hier erhebt sich eine heftige Polemik, indem Quintus in diesem 
Cap. und in 

9. die Zweckmüssigkeit des Tribunats bestreitet und ihm 


EINLEITUNG. 15 


vor Allem die Schuld für die Unbilden, welche Marcus nach 
seinem Consulatsjahre und seinen grossen Verdiensten um den 
Staat durch Clodius erfahren, zuschreibt, wührend Marcus 
theils in 

10. den Nutzen des Tribunates zu erweisen theils in 

11. die Schuld des erlittenen Unrechtes von diesem ab- 
zuwáülzen sucht unter gleichzeitiger Rechtfertigung des Pom- 
pejus für die Wiederherstellung des Tribunats. 

12. Weitere Empfehlung der lex bis ceteris specimen esto. 
Es folgt 

in 18. und 14. die ausführliche Begründung des letzt- 
cenannten Passus, indem die Wichtigkeit des sittlichen Bei- 
spiels der Vornehmen und Máchtigen überhaupt erórtert wird. 

15 —11. Rechtferhgung des Gesetzespassus, dass die 
Abstimmung frei, aber nicht geheim sein solle. Der Sinn 
wird dahin erlüutert: Die Abstimmuuag solle auf Tüfelchen 
Statt finden, wie sie in Rom seit einiger Zeit statt der frühe- 
ren mündlichen bestand, doch so, dass den Optimaten gestattet 
561, die Tüfelehen vor dem Einwurf in das zur Aufnahme 
dienende Gefáss anzusehen. 

18. Fortsetzung der Gesetzesempfehlung bis: par majorve 
potestas plus valeto, 

19. desgleichen bis doceri « magistratibus privatisque. pa- 
tiunto. Dann folgt die Vertheidigung derjenigen Sütze, welche 
die Privilegien aufheben und die Capitalgerichtsbarkeit auf 
die Centuriatcomitien beschrünken. 

20. Beendigung der suasio; insbesondere betreffend die 
Beaufsichtigung des Staatsarchivs, dessen Nothwendigkeit er- 
hártet wird, durch die Censoren und die  Rechenschafts- 
ablegung sámmtlicher Beamten vor denselben. 

Auf die Frage Ciceros, ob Atticus und Quintus an dem 
Vorgetragenen Genüge finden, erwidert ersterer, er wünsche 
noch eine genaue Angabe der Amtsbefugnisse für die rómischen 
Magistrate nach dem bestehenden Rechte von ihm zu hóren, 
was Cicero zusagt. 


DE LEGIBUS 


LIBER PRIMUS, 


IL 1. Arricvs. Lueus quidem ille et haec Arpinatium 
quercus agnoscitur saepe a me lectus in Mario: si manet illa 
quereus, haec est profecto: etenim est sane vetus. QuINTUS. 
Manet vero, Attice noster, et semper manebit: sata est enim 
ingenio. Nullius autem agricolae cultu stirps tam diuturna 
quam poétae versu seminari potest. ATT. Quo tandem modo, 
Quinte? aut quale est istuc, quod poétae serunt? Mihi enim 
videris fratrem laudando suffragari tibi. Q. Sit ita sane: verum 
tamen, dum Latinae loquentur litterae, quercus huie loco non 
deerit, quae Mariana dicatur, eaque, ut ait Seaevola de fratris 
mei Mario, 


canescet. saeclis innumerabilibus; 


Cap. I. 8 1. lucus ille — haec 
quercus: ersterer ist entfernter, letz- 
tere nüher. 

lectus Beziehung zum entfernteren, 
als Hauptbegriff gedachten, Nomen, 
wovon sich sonst wenig sichere Bei- 
aplele bei Cic. finden, ad Fam. X. 
21. 5 non modo honorem, sed miseri- 
cordiam quoque, defuturum ; X,24.1 
amor et. iudicium utrum plus digni- 
tatis sit allaturus; d, Nat. deor, I. 82 
crocodilum aut ibim aut felem vio- 
latum (vielleicht aber letztere als 
communia gedacht) Madv. rechnet 
dahin d. Fin. 3. 8 35 perturbationes 
naturae vi commoventur, omniaque 
ea sunt opiniones ac iudicia levitatis 
(zweifelhaft). Verwandt damit ist 
die Beziehung des Relativums auf 
das erstere, somit entferntere, Sub- 
stantiv, wie Leg. 2. 29 Feriarum 
festorumque dierum ratio requictem 
habet sq. Quas compositio anni con- 
ferre debet. — 8. das. 

» in Mario: ein Gedicht Ciceros 


zur Verherrlichung seines Lands- 
mannes. 

agricolae cultu stirps tam diuturna 
quam poétae versu seminari scheint 
ein Zeugma zu sein, da durch des 
Landmannes Pflege ein Baum ge- 
zogen (educiiur), nicht gepflanzt 
wird, indess kann durch Pflege auch 
der Samen veredelt werden. 

suffragari tibi. Quintus war Dich- 
ter, besonders von Tragódien (Dru- 
mann Bd. Vl. p. 750). 

ut ait Scaev. de fratris mei Mario. 
Der Sinn ist zweifelhaft. Entweder 
einfach: wie Sc. von meines Bruders 
Gedicht Marius sagte; oder — wie 
Bake erkl. —: wie Sc. in dem Ged. 
Marius sagt. Allerdings genau ge- 
nommen kann de nicht ,in* be- 
deuten, es heisst vielmehr ,,aus*'. 
Dieses ,,aus'* aber ist mit dem No- 
men, nicht mit dem Verb zu ver: 
binden: Der Scaev. aus dem Ged. 
Marius, d. h. der aus dem Marius 
zu entnehmende, oder wie wir ihn 


ἘΠῚ ἘΠ ΘΑ πὸ 1. 2. 1T 


2. nisi forte Athenae tuae sempiternam in arce oleam tenere 
potuerunt aut, quod Homerieus Ulixes Deli se proceram et 
teneram palmam vidisse dixit, hodie monstrant eandem; mul- 
taque alia multis locis diutius commemoratione manent quam 
natura stare potuerunt. Qua re 'glandifera' illa quercus, ex 


qua olim evolavit 


Nuntia fulva Iovis miranda visa figura, 


aus dem Mar. kennen (von Versen 
oft: illa de Iphigenia, Republ. I. 30, 
aber auch von Personen: ille de Ho- 
mero T hersites — s. Feldh.—, Platonis 
de Timaeo dewm Nat. d. 1. 18, — was 
Schóm. zur St. nicht richtig, richtig 
dagegen Nàgelsb. Stil. $ 124. 4, fasst). 
Mit Recht zwar bemerkt Feldh., dass 
das nur in dem Falle bei Personen 
geschehen kónne, wenn ihnen vom 
Dichter ein bestimmter Charakter 
ertheilt wird, nicht bei solchen, die 
der Wirklichkeit nach dargestellt 
werden (historischen). Aber was 
hindert anzunehmen, dass der im 
Gedichte auftretende Scaevola ein 
vom Dichter frei umgestaiteter sei? 
Bedenklnich auch die freie Verbin- 
dung des Prüpositionalattributes mit 
dem Substantiv, für die selbst civis 
e republica maxime Leg.II.66, wo die 
Steilung, und Orat. 47 declamatorem 
aliquem de ludo aut rabwlam de foro, 
wo das Pronom. stützt, kein volles 
Analogon bietet, wohl aber ein Beisp. 
zu lll. 14, 5. das. a Theophr. Vgl. auch 
Nágelsb. Stil. $ 75. 2. Süpfle Prakt. 
Anl. 1I. $ 145. (lex de suffragiis 111. 
38.) Zur Unterstützung dieser Erklà- 
rung s&cheint Folgendes zu dienen: 1. 
wenn Cic, ein Gelegenheitsepigramm 
eines Scaev. (über diese zu 1l. 47) 
angeführt hátte, so hátte er diesen 
wahrscheinlich durch einen Zusatz 
nüher bezeichnet, was bei einer 
Anführung aus dem Gedichte nicht 
nóthig war, falls in demselben nur 
einer der beiden Scaevolae (wahr- 
scheinl. der Augur, als Freund und 
Verwandter des Marius cf. Drumann 
V. 221) vorgekommen war. 2. kennt 
man die Scaevolae nicht als Schón- 
ger, die Verse gemacht hütten, 

is& das Wort camnescet auf das 
Gedicht bezogen nicht passend, wohl 
aber auf den Baum. Denn ein un- 


vergüngliches Gedicht zeigt keine . 


Cicero de legibus. 


Spuren des Alters, ein Baum aber 
kann sehr wohl gleichzeitig als un- 
vergànglich und doch durch das 
Alter gezeichnet (mit Moos bedeckt) 
gedacht werden. canescere aber ein- 
fach für dauern zu nehmen heisst 
der Sprache Gewalt anthun. — Mit 
dieser Erklárung fallen alle Bestim- 
mungen über die Abfassungszeit des 
Gedichtes, die man aus dieser Stelle 
geschópft hat, und es lásst sich über 
dieselbe nichts weiter vermuthen, als 
was das Wort periculum (Versuch) 
8 4 andeutet, dass es in Ciceros 
Jugend geschrieben sei. 

$ 2. palmam — dixit cf. Odyss. 
Z 162. Zio δήποτε τοῖον 4πόλ- 
λωνος παρὰ, βωμῷ Φοίνικος νέον 
ἔρνος ἀνερχόμενον ἐνόησα. 

misi forte.. Der Sinn ist: es 
müsste denn (iron., wie schon Feldh. 
erkannt) sein, dass Athen einen un- 
vergáànglichen Oelbaum hat besitzen 
kónnen und dass der in Delos ge- 
zeigte Lorbeerbaum noch derselbe 
ist, den Ulysses gesehen hat. Wenn 
das nüámlich der Fall wáre, kónnte 
die Marianische Eiche nicht in Ewig- 
keit dauern. Denn die Unvergüng- 
lichkeit jener Báume (die ju angeb- 
lich unter dem besonderen Schutze 
der Athene und des Apollo standen) 
würde dann eine Folge ihrer wunder- 
baren Natur sein, uud die Maria- 
nische Eiche, die sich einer gleichen 
Natur nicht erfreute (was anzu- 
nehmen wenigstens kein Grund war), 
müsste nach dem natürlichen Gange 
untergehen. [So aber besteht die 
Ewigkeit jener Bàume nicht in der 
Wirklichkeit, sondern nur im Liede; 
in gleicher Weise wird sie aber auch 
derEiche des MariuszuTheil werden.) 

gland. offenbar dem Gedichte ent- 
nommenes Epitheton; sonst würe es 
tiberflüssig. 


evolavit. Aus diesem Worte folgt 


2 


18 DE LEGIBUS 


nune sit haec. Sed cum eam tempestas vetustasve consump- 
serit, tamen erit his in locis quercus, quam Marianam quercum 
vocabunt. 32. ATT. Non dubito id quidem. Set haec iam non 
ex te, Quinte, quaero, verum ex ipso poéta, tuine versus hane 
quercum severint, an ita factum de Mario, ut scribis, acceperis. 
Mancvs. RHespondebo tibi equidem, sed non ante quam mihi 
tu ipse responderis, Attice, certen non longe a tuis aedibus 
inambulans post excessum suum Romulus Proculo Iulio dixerit 
se deum esse et Quirinum vocari templumque sibi dedieari in 
eo loco iusserit, et verumme sit ut Athenis non longe item a 
tua illa antiqua domo Orithyiam Aquilo sustulerit: sic enim 
est traditum. 4. ATT. Quorsum tandem aut cur ista quaeris? 
M. Nihil sane, nisi ne nimis diligenter inquiras in ea, quae isto 
modo memoriae sint prodita. A'TT. Atqui multa quaeruntur 
in Mario fictane an vera sint, et a non nullis, quod et in re- 
centi memoria et in Arpinati homine versere, veritas a te 


postulatur. 


nicht, dass wirklich jene Wunder- 
erscheinung sich zugetragen habe, 
wie meistens angenommen wird (da- 
gegen aber schon Drum. V. p. 209 
Ànm.), vielmehr ergibt sich aus dem 
Folgenden (8 3) das Gegentheil. 
Cic. erklürt es für überflüssig, die 
Frage zu beantworten, ob jene Eiche 
und die damit verknüpfte Begeben- 
heit der Wirklichkeit angehóren, 
ebenso wie etwa die, ob jenes Zu- 
sammentreffen zwischen Romulus 
und Proculus Julius oder die Ent- 
führung der Orithyia, Tochter des 
Erechtheus, durch Boreas thatsüch- 
lich seien. Warum erscheint ihm 
letztere Frage als müssig? Offen- 
bar, weil Niemand daran glaubt. 
Daraus folgt doch wohl, dass auch 
jenes Ereigniss auf der Eiche 
(worüber vergl. die noch erhaltenen 
Verse: de Divin. I. 106) erdichtet ist, 

8 3. de Mario gehórt zu factum, 
nicht zu acceperis: ob du erkundet 
hast, es sei so, wie du schreibst, 
dem Mar. geschehen — es sei ihm 
etwas derartiges begegnet. Der Ver- 
bindung mit acceperis steht die Un- 
wahrscheinlichkeit entgegen, dass 
zwischen Cic. und Marius, bei dessen 
Tode ersterer 21 Jahr alt — jünger 
gewissnoch bei der Abfassung des Ge- 
dichtes— war, Beziehungen obgewal- 
tet haben, welche die Annahme einer 
persónlichen Mittheilung zulassen. 


M. Et mehercule ego me cupio non mendacem 


twis aedibus. Atticus wohnte auf 
dem Quirinalis (Corn. Nep. Att. 13) 
in der Nühe des Quirinustempels, der 
dem Romulus an dem Orte des Zu- 
sammentreffens erbaut worden. 

verumme sit ut — verene factum 
sit ut οἵ. F. Schultz. L. Sprl. $ 399. 
Α. 4. Vgl potest illud quidem fal- 
sum esse, ut circumligatus fwerit 
angui Div. 2. 66; non verisimile est 
ut p. Sull. 57. 8. Halm. Andere 
Beispiele eines freien Gebrauches 
von ut: adiungitur ut — efficitur, 
Top. 18. mon consentaneum est ut 
Fin. 3. 43. optimum est ut Fin. 2. 6, 
dazu Madvig. Vgl. zu II. 11 u. I. 58. 

antiqua domo, darnach lag des 
Attieus Haus im Südosten Athens, 
wo es der llissos bespült, denn 
dorthin verlegen die Nachrichten 
der Alten (Paus. I. 19 ὁ δὲ Εὐλισσός 
eoru» ἔνϑα παίζουσαν Ὠρείϑυιαν 
ὑπὸ ἀνέμου Βορέου φασὶν ἁρπα- 
σϑῆναι u. Plat. Phüdr. 229. B.) den 
Vorfall. 

8 4. quorsum: Atticus argwóhnt, 
dass Cic. seinen epikureischen Ra- 
tionalismus, der ein Eingreifen der 
Gótter in die menschlichen An- 
gelegenheiten leugnete, auf die 
Probe stellen wolle. , 

nihil soviel als: zu keinem Zwecke, 
aus keinem Grunde, eigtl in keiner 
Hinsicht (so quid oft warum). 

isto modo durch die Dichter. 


LIB. I. CAP. 1.2. 8 29—5. Tire d 


putari. Sed tamen non nulli isti, Tite noster, faciunt imperite, 
qui in isto periculo non ut a poéta, set ut a teste veritatem 
exigant; nec dubito quin idem et cum Egeria conlocutum Nu- 
mam et ab aquila Tarquinio apicem impositum putent. ᾧ. 
Intellego te, frater, alias in historia leges observandas putare, 
alias in poémate. 5. M. Quippe cum in illa ad veritatem 
euncta referantur, in hoc ad delectationem pleraque. Quam- 
quam et apud Herodotum patrem historiae et aput Theopom- 
pum sunt innumerabiles fabulae. 

II. Arr. Teneo quam optabam occasionem neque omit- 
tam. M. Quam tandem, Tite? ΑΤΎ. Postulatur a te iam diu. 
vel flagitatur potius historia. Sie enim putant, te illam trac- 
tante effici posse ut in hoc etiam genere Graeciae nihil ceda- 
mus. Atque ut audias, quid ego ipse sentiam, non solum mihi 
videris eorum studiis, qui litteris delectantur, set etiam patriae 
debere hoc munus, ut ea, quae salva per te est, per te eundem 
sit ornata. Abest enim historia litteris nostris, ut et ipse in-- 
tellego et ex te persaepe audio. Potes autem tu profecto satis 
facere in ea, quippe cum sit opus, ut tibi quidem videri solet, 


ab aquila, cf. a bestiis multum su- 
peramur Fin. II. 111. a feris vexatus 
Inv. I. 108. ab his movellis ar- 
boribus hic locus opacatur Leg. 
Frg. 5. 

$ 5. quippe cum. Quippe leitet 
meistens eine Erláàuterung ein; dem- 
gemüss lásst sich die Antwort er- 
günzen: £go vero puto oder ita est. 
Analog p. Plane. 53. A£ nonnullas 
(tribus Plancius cum .Plotio tulit) 
pwnctis paene totidem. — Qwippe 
cum jam facti prope superioribus 
comitiis declaratique fuissent. Aehn- 
lich Leg. 1. 17. Att. ,,Non ergo a 
praetoris edicto — juris disciplinam 
hauriendam putas*. M. ,,Non enim 
id quaerimus —'* Erg. Non puto 
vor den Worten des M. (cf. II. 43. 
Brut. 152. Div. 1. 123). Ueber nam 
8. Zumpt zu Ver. L 133, ebds. II. 
72; III 196. (Xen. Mem. 2.6. 7. Socr. 
καὶ ἄνδρα 07 AÉg£16,0g ἀντοὺς φίλους 
τοὺς πρόσϑεν εὖ ποιῶν φαίνηται, δῆ- 
λον εἶναι καὶ τοὺς ὕστερον εὐεργε- 
τήσοντα; ΟΥοῦ, καὶ γὰρ ἵπποις, 
ἔφη, ὃν ἂν τοῖς πρόσϑεν ὁρῶ καλῶς 
χρώμενον, τοῦτον κἂν ἄλλοις οἶμαι 
καλῶς χρῆσθαι, u. Breitenb. zu ib. 
Ll 4. 9). Doch kónnte man auch 
schreiben Quippe: ewm in illa, &odass 
die Erlüuterung mit ewm begünne. 
Denn bisweilen findet sich quippe 


in der Antwort: p. Caecin. 55. Hecte 
igitur dicetur te restituisse? Quippe. 
p. Mur. 74. ergo ad cenam si quis 
vocat, condemnetur? Quippe, inquit. 
Vgl auch d. Fin. IV. 7. (So 
schreibt, wie ich nachtráglich er- 
sehe, C. F. W. Müller). 

Theopompos aus Chios (geb. 380 
v. Chr.) schrieb ᾿Ελληνικαὶ ἱστορίαι 
seit dem Ende des Pelop. Krieges 
bis auf die Zeit des Philipp, sonst 
vom Cic., besonders wegen seiner 
rhetorischen Schreibweise, sehr be- 
wundert.  ,JPhilisti Syracusi et 
Thucydidis concisis sententiis, etiam 
non satis apertis, officit Theopom- 
pus elatione atque altitudine oratio- 
"is Suae. Brut. 66, 

Cap. II. Abest sq. litteris kann so- 
wohl als Dat. gefasst werden nach 
Analogie von deesse (d. Orat. I. 48 
quid. huic abesse poterit de maazima- 
rum rerum scientia; ebs. Brut. 276) 
als für den Ablat., ad Fam. 4. 6. 2 et 
domo abswm et foro, Offic. I. 43 id 
autem abest officio; Acad. post. I. 1 
cwm €jus villa abessemus; d. Leg. 
2, 2 cum Iioma absis. Min Theil 
dieser Stellen ist freilich durch die 
neue kritische Methode, die es liebt, 
die Schriftsteller zu corrigiren statt 
zu emendiren, mit Nichtachtung der 
Handschriften beseitigt. 

9* 


90 DE LEGIBUS 


unum hoc oratorium maxime. (6. Quam ob rem adgredere, 
quaesumus, et sume ad hane rem tempus, quae est a nostris 


hominibus adhuc aut ignorata aut relicta. 


Nam post annalis 


pontifieum maximorum, quibus nihil potest esse ieiunius, si 
aut ad Fabium aut ad eum, qui tibi semper in ore est, Cato- 
nem aut ad Pisonem aut ad Fannium aut ad Vennonium venias, 
quamquam ex his alius alio plus habet virium, tamen quid 


unus bei Superlativen (deutsch 
vor Allen) ist bekannt, weniger viel- 
leicht, dass noch andre Partikeln 
hinzutreten kónnen, wie v el p. Planc. 
95 quocum me wno vel maxime ami- 
citia sociaret. p. Caecin. 34 hoc genus 
unum vel maczimum oder facile. 
p. Habir. post. 923. virum unum 


totius Graeciae facile doctissimum ; . 


sowie dass «nus auch bei blos super- 
lativischen Begriffen steht, Acad. 
post. 1. 40 unum praeter ceteros 
mirabatur, de Nat. deor. ll. 74 nec 
hoc in te convenit unum wurbanitate 
limatum cf. Schómaun zur St., zu 
dessen Anführungen aus Dichtern 
ich hinzufüge Plaut. Stich. I. 1. 15 
unice unus probus perhibetur. 

8 6. ad hanc rem zur oratorischen 
Behandlung der Geschichte. Die 
Handschriften iucundius ; würe diese 
Lesart richtig, so  kónnten die 
Priesterjahrbücher nur von der ora- 
torischen Seite gerühmt sein, denn 
um ἃ πάντ Vorzüge handelt es sich 
hier nicht. Dies aber verkehrt 
(vgl. d. Or. 11. 53). Dem Sinn ge- 
nügt ieiunius (iniucundius gesteht 
diesen Annalen gar keinen Reiz zu, 
was zu stark). 

Fabium — Pisonem, dieselbe Zu- 
sammenstellung und dasselbe Urtheil 
d. Or. 2. 61 u. 53. 

Q. Fabius Pictor, der ülteste róm. 
Geschichtsschreiber (Liv. I 44. 2) 
schrieb eine rómische Geschichte 
von der Zeit des Aeneas bis zu 
Ende des 2. Punischen Krieges, an 
dem er Theil nahm (Eutrop. 3. 5) 
in griechischer Sprache. Von diesem 
Werke erschien einelat Bearbeitung, 
von der es unsicher, ob er sie noch 
aelbstausgeführt (Teuffel Róm. Littg. 
115. 5). Zwei Fabi anzunehmen 
(wie Peter und Piderit im Index zu 
d. Orat), von denen der eine in 
Griech., der andre in Lat. Sprache 
róm. Geschichte behandelt hátte, 


dazu ist weder sonst zureichender 
Grund (Του, ebds.), noch nóthigt 
diese Stelle dazu. Denn wenn Atti- 
cus den Kunstwerth der histor. Litte- 
ratur der Rómer einer Prüfung unter- 
zieht, braucht er diejenigen Rómer 
nicht auszuschliessen, die sich einer 
andren als der róm. Sprache be- 
dient hatten, da auch diese durch 
den Gedankeninhalt und die Dar- 
stellungsweise Geist und Geschmack 
der Rómer bekundeten. 

M. Porcius Cato (geb. 234, Cons. 
195, gest. 149) verfasste in hohem 
Alter die Origines, 7 Bücher róm. 
Gesch. von der Urzeit bis auf seine 
Zeit, die ülteste Urkunde latei- 
nischer Prosa; günstiger als hier 
und d. Or. 11. 53 im Brut. 66 be- 
urtheilt (origimes eius. quem florem 
aut quod  lwmen eloquentiae non 
habent? ). 

L. Calpurnius Piso Frugi Cons. 


133 schrieb Annales, die sich. durch 


Nüchternheit und Wahrheitsliebe 
empfahlen, von Gellius, dem Ver- 
ehrer des Altertbümlichen, auch 
wegen 3jhres einfachen $Stils be- 
wundert, von Cic. auch im Brut. 
106 getadelt (annales reliquit. sane 
exiliter scriptos). 

C. Fannius (Strabo) 122 Cons., 
Kriegsgeführte des "Tiberius und 
Gegner des jüngeren Gracchus, 
scheint in seinen Annalen nur die 
selbsterlebte Zeit behandelt zu ha- 
ben (Teuff. 142. 4). Sallust ge- 
steht ihm Wahrheitsliebe zu. 

Ueber Vennomius, den Dionys. 
Halic, zur Geschichte des Servius 
Tullius einmal aunführt, sowie über 
den nachher erwühnten Clodius 
ist so gut wie nichts bekaunt, 

quamquam 8j. Wenn gleich der 
eine mehr Kraft, als der andere 
hat, so sind doch alle fade und 
trocken - ohne das ausreichende 
Mass von Kraft. Wahre Kraft, wenn 


LIB. I. CAP. 2. 8 5—7. S 


tam exile quam isti omnes?  Fannii autem aetati coniunctus 
Antipater paulo inflavit vehementius habuitque vires agrestis 
ille quidem atque horridas, sine nitore ac palaestra, sed tamen 
admonere reliquos potuit ut adeuratius scriberent. Ecce autem 
successere huic belli, Clodius, Asellio: nihil ad Caelium, set po- 
tius ad antiquorum languorem et inscitiam. Y. Nam quid Macrum 


auch noch plump und roh, ist erst 
bei Antip. zu finden. 

Hdschr. aetate coni. wie p. Cluent. 
12 libido scelere — coniuncta, d. Or. 
243 dicendi vis festivitate coniuncta, 
ad Attic. 9. 10. 4; doch scheint 
eine instrumentale Auffassung, die 
dieser Construction zu Grunde liegt, 
vgl Seyff. Lael. p. 305, hier nicht 
zulássig. 

L. Caelius Antipater, Freund des 
Laelius, dem er seine Geschichte 
des 2. Punischen Krieges widmete, 
ging über den annalistischen Ton 
hinaus, indem er seine Darstellung 
durch Einflechtung von Reden und 
Schilderungen belebte. Dass er 
auch auf das Formale Werth legte, 
zeigt eine Angabe des Fronto, dass 
er Sich nach dem Stil des Enuius 
gebildet habe. Vgl. über ihn d. 
Or. IJ. 54 addidit historiae maiorem 
sonum vocis. 

nitor ac palaestra bilden den um- 
gekehrten Gegensatz von agrestis 
atque horridus.  Palaestra kunst- 
mássige Ausbildung, Schule (Or. 
186 numerus cognitus quasi quandam 
palaestram εἰ extrema, lineamenta 
orationi attulit u, 228 motus habet 
palaestram quandam, μὲ idem αὐ 
adspectum sit. venustus) steht dem 
báuerisch ungelenken Wesen, das 
Glatte (und  Abgerurdete) dem 
Rauhen (und Eckigen) entgegen. 
Also: seine Darstellung war ein- 
drucksvoll und energisch — vires 
habuit —, aber noch ungelenk und 
eckig, ohne Abrundung und Schule. 

accuratius scheint hier nicht auf 
die àussere Sorgfalt zu gehen, da 
Glátte und Feinheit der Form dem 
Cael. npe wurden, son- 
dern den Gegensatz einer oberflüch- 
lichen Darstellung zu bezeichnen, 
welche sich um das Detail nicht 
kümmert und dem Leser den Inhalt 
nicht zur Anschauung bringt (cf. 


at in inveniendis componendisque 
rebus mira accurato Brut. 238). 

bellói, welehes die  Handschrr., 
wàre ironisch auf die Folgenden zu 
beziehen. Aber nicht zu leugnen 
ist, dass die lronie einen viel zu 
harten Tadel enthalte, auch die 
Substantivirung des Adj. anstóssig 
und kaum durch Beispiele, wie: 
sapientissimis et fortissimis civita- 
iem iuentibus Rep. 2. 59. α doctis- 
simis Graeciae Leg. 3.13, in denen 
eine Hàrte sich auch nicht ver- 
kennen làsst, zu stützen sein würde. 
Die Ausgg. meistens Gelli. Be- 
kannt ist Cn. Gellius, dessen An- 
nalen in Betreff der Koónigszeit 
hàufig angeführt werden. Aber ein 
zweiter Historiker dieses Namens 
geht weder aus Dion. Hal. 1. 7 
συνέγραψαν Ilóoxi0g τε Κάτων καὶ 
Φάβιος Μάξιμος καὶ Οὐαλέριος ὁ 
᾿ἀντιεὺς καὶ Λικίννιος Μάκερ ΑΓλιοίτε 
καὶ Γέλλιοι καὶ Καλπούρνιοι καὶ 
ἕτεροι συχνοί noch aus Cic. Div. I. 
55 omnes hoc historici, Fabii, Gellii, 
sed proxime Caelius hervor. 

Sempronius Asellio nahm an dem 
Numantinischen Kriege Theil und 
schrieb eine Geschichte seiner durch 
die Gracchischen Volksbewegungen 
heftig erregten Zeit, die sich über 
die chronistische Weise der Ge- 
schichtsbehandlung erhob und in die 
Ursachen und Ziele politischer Be- 
wegungen tiefer einging (Gellius 
N. A. V. 18. 8). Ciceros Urtheil 
über ihn ist einseitig und rührt, 
falls genauere Bekanntschaft vor- 
ausgesetzt werden darf, wahrschein- 
lich daher, dass jener in stilistischer 
Beziehung noch hinter Caelius zu- 
rückblieb. 

nihil ad Caelium 8c, ὄντες, cf. 
Nügelsb. 8 96. 2. 

87. Verdüchtiger noch ist Ciceros 


. Urtheil über C. Licinius Macer, Vater 


des berühmten Hedners (Vertreters 


99 DE LEGIBUS 


— 


numerem? cuius loquacitas habet aliquid argutiarum, nec id 
tamen ex illa erudita Graecorum copia, sed ex librariolis La- 
tinis, in orationibus autem multa set inepta elatio, summa 


inpudentia. 
tores, 
non possumus, 


Sisenna, eius amicus, omnes adhuc nostros scrip- 
nisi qui forte nondum ediderunt, de quibus existimare 
facile superavit. 


Is tamen neque orator in 


numero vestro umquam est habitus et in historia puerile quid- 
dam consectatur, ut unum Clitarehum neque praeterea quem- 
quam de Graecis legisse videatur, eum tamen velle dumtaxat 
imitari: quem si adsequi posset, aliquantum ab optumo tamen 


des genus Atticum) u. Dichters 
(Freundes des Catull) Licinius Cal- 
vus, mit dem er nicht blos in poli- 
tischer (Macer war Antioptimat), 
sondern auch in persónlicher Feind- 
schaft lebte. Als Prütor verurtheilte 
Cic. ihn wegen Erpressungen, die 
sich jener in seiner prütorischen 
Provinz hatte zu Schulden kommen 


lassen, und  veranlasste seinen 
Selbstmord.  Hauptsüchlich zeich- 
nete jenen gründliche  Quellen- 


forschung aus (auch von Cic. Brut. 
238 zugestanden); seiner Darstellung 
that allzugrosses Streben nach rhe- 
torischem Effect Abbruch (Teuff. 
153. 5—8). 

argutiae pikante und geistreiche 
(Gegs. trivial) Darstellung, nach 
dem Folgenden soviel als: durch 
Reminiscenzen feiner Bemerkungen 
und geistreicher Gedanken andrer 
Schriftsteller (auch Dichter) ge- 
würzt, IEeminiscenzen aber, die 
nicht herrührten aus dem wissen- 
schaftlichen Reichtham, den die 
griech. Litteratur darbot, sondern 
aus den  unreifen  Erzeugnissen 
schriftstellermder Hómer [argutus 
eindringend, mit dem Ver- 
stande τς scharfsinnig, auf den 
Verstand, d. h. wirkend und ihn an- 
regend — geistvoll und interessant; 
anderseits auf die Sinne — lebhaft 
(vom Vortrag) und wohlklingend, 
háufig in allen diesen Beziehungen 
mit dem Nebenbegriff des auf d 
Schein  gerichteten:  spitzfindig, 
witzelnd, geziert]. 

orationibus, die seiner Geschichta- 
schreibung  eingeflochten — waren. 
Ueber ihn als Redner vgl. Cic. Brut. 
238. 

impudentia Uebertreibung. 


L. Cornelius Sisenma, geb. um 
120, Mitvertheidiger des Verres 
gegen die Anklage des Cicero, ge- 
storben 67 im Seerüuberkriege auf 
Kreta als Legat des Pompejus, ver- 
fasste eine ausführliche Geschichte 
(historiae) des bellum Marsiecum u. 
des Bürgerkrieges zwischen Marius 
und Sulla in alterthümlich ge- 
schraubtem Stile. Wührend aber 
Cic. ihn für einen Nachahmer des 
wegen Mangels an Wahrheitsliebe 
und als Erfinder von Abenteuern 
verrufenen Klitarch (Zeitgenosse 
u. Geschichtsschreiber Alex. des 
Grossen) erklürt und ihm kindische 
Neigung, Wunderbares und Anek- 
dotenhaftes zu erzühlen vorwirft, 
rübmt der zu einem Urtheile com- 
petentere Sallust an ihm Gründ- 
lichkeit und Sorgfalt. 

wi forte. — Um die Zeit 
inc di sprüchs (52) schrieb Caesar 
ΠΑΡᾺ γεν 7m über den Gall. 


facile bei Superlativis (gewühn- 
lich) u. superlativen Begriffen, z. B. 
vincere p. Quint. 70, Rep. I. 37. 
Somn. Scip. 16., supero auch Fam. 
V. 8. 4; 192. 1. 

Ueber Sis. als Redner vgl.Brut, 228. 

δὲ — etiamsi, sonst bei negativem 
Hauptsatz (S Ὃ τὰ Aufg. II. 261. 7. 
Beispiele : rov. Cons. 18 si es- 
sent. illi d. viri, tamen ego Suc- 
cedendum non putarem, d. Rep. I. 
43 si Cyrus dustissimus fuit vex, 
tamen populi illa res non expetenda 
fuisse mihi videtur, p. Corn. Balb: 
38, p. Flac. 2, de Har. resp. 60, d. 


Le Leg. Agr. 2. A. p. Cluent. 126, 
$. 174, de opt. gen. dic. 9, d. 
Off, 3. 31, Pis. 75, Fam. I. 9. 21; V.12. 


1), doch bisweilen auch bei affirm. 


LIB. L CAP. 2,3. 87 8... 23 


abesset. Qua re tuum est munus hoc, a te exspectatur, nisi 
quid Quinto videtur secus. 

HI 8. Q. Mihi vero nihil, et saepe de isto eonlocuti su- 
mus. Set est quaedam inter nos parva dissensio. ATT. Quae 
tandem?  Q. A quibus temporibus scribendi capiat exordium. 
Ego enim ab ultimis censeo, quoniam illa 510 scripta sunt, ut 
ne legantur quidem, ipse autem aequalem aetatis suae memoriam 
deposcit, ut ea complectatur, quibus ipse interfuit. Arr. Ego 
vero huie potius adsentior. Sunt enim maximae res in hae 
memoria atque aetate nostra: tum autem hominis amicissimi, 
Cn. Pompei, laudes inlustrabit, incurret etiam in illum memo- 
rabilem annum suum: quae ab isto malo praedicari quam, ut 
aiunt, de Remo et Romulo. M. Intellego equidem a me istum 


Haupts. p. Quint. 78 si sil diceret, 
tacito ipso officio quemvis commo- 
veret, d. Rep. 1. 43 si Massilienses 
summa iustitia reguntur, inest tamen 
in ea condicione similitudo servi- 
tutis; Acad. prior. 139 si — sequi 
velim, nonne ipsa veritas mihi ad- 
versetur? — Brut. 200 si praeteriens 
aspexerit, si mihil audiverit, tamen 
oratorem versari in eo iudicio in- 
telleget; Brut. 263; p. Scaur. 41. 

quid adverbieller Accusativ, eben- 
so nachher mihi. 

Cap. Π|. 8 8. aequalis c. Genit. 
eine seiner Zeit gleichlaufende d. h. 
gleichzeitige Geschichte wie Leg. II. 
9 quae vis non modo senior quam aetas 
populorum sed aequalis dei, Har. 
resp. 37 quod sacrificium tam vetu- 
stum est quam hoc quod aequale 
huius urbis accepimus, Or. 215. Be- 
zóge man aetatis suae auf memoriam, 
80 würe aeq. überflüssig. 

in hac memoria genügte, wie 
nostra memoria Font. 12; nonnullos 
memoria nostra mon vitasse Ver. I. 
17; vestra et superiorum memoria 
tot homines nocentes accusatos esse 
scitis Ver. Ill. 64; quod persaepe 
et nostra et patrum memoria iudices 
non dubitandum putaverunt Vont. 
28; nostra patrumque memoria bis 
in Sicilia fugitivorum copiae ver- 
satae 8unt Ver. III. 125; multi etiam 
superiori memoria cives Homani 
alias 8e in civitates contulerunt Corn. 
B. 28. Für ín würde die Auffass. 
von Drüg. Histor. Synt. L p. 488 


an unsrer St. passen, ,bei 4» wird | 


nicht eine den ganzen Zeitraum 


erfüllende, sondern eine einmal oder 
wiederholt  wührend desselben 
bemerkte 'Thatsache bezeichnet", 
doch steht in gleichem Falle auch der 
blosse Ablat., s. die obigen Beispiele. 
(Für i» bei einem Attribut bemerke 
flgde Beispp.: (n omn? puncto tempo- 
ris Nat. d. II. 94; in ipso iàmmolatio- 
nis tempore Div. I. 119; on qua aetate 
Brut. 161; £n lla aetate, Lebens- 
alter, Brut. 265; in consulatu meo 
Phil. 7. 24; in bellis periculosis Phil. 
9. 3; ferner — wáührend: inm ommi 
memoria Vatin. 33. Leg. 3. 24; in 
aeterno praeteriti temporis spatio 
Nat. d. 2. 36; in ommi aeternitate 
ib. 2. 43; in longa aetate Div. 2. 141; 
in hoc spatio Brut. 321; für blossen 
Ablat.: adversis casibus 'T'usc. 3. 84: 
quarto consulatu suo Fin. 9. 61; 
priore consulatu Attic. T. 9. 3; tertio 
consulatu Fin. 1. 93; certis sacri- 
ficiis ac diebus Leg. II. 19; coti- 
dianis epulis Mur. 14; imperio no- 
stro Ver. 4, 134; armata civium 
dissensione Cael. 70; sommo illo 
Acad. pr. 88; superiori ommi ora- 
tione Ver. 3. 10; prima petitione 
L. Agr. 2.4; proxima mea contione, 
Rede, L. Agr. 3. 2; illo iudicio 
Cluent. 100; Aoc iudicio Quinct. 8; 
(uo 4, Ver. 8. 186; 4. centumvirali 
Caec. 53; ommi motu Phil. 7. 18 
und regelm. bei actione: prima 
actione Flac, 48, cf. Ver. 1. 138; 
2. 102; 4. 102; Caecin. 3. binnen: 
una hominis vita Rep. II. 2.) 

de Hemo et Homulo sprichwórt- 
lich, wie wt aiunt zeigt, aber sonst 
nicht nachzuweisen. 


24 DE LEGIBUS 


laborem iam diu postulari, Attice. Quem non recusarem, si 
mihi ullum tribueretur vacuum tempus et liberum. Neque 
enim occupata opera neque inpedito animo res tanta suscipi 
potest. Utrumque opus est, et cura vacare et negotio. 9. Arr. 
Quid? ad cetera, quae scripsisti plura quam quisquam e nostris, 
quod tibi tandem tempus vacuum fuit concessum? M. Sub- 
siciva quaedam tempora incurrunt, quae ego perire non patior, 
ut, si qui dies ad rusticandum dati sint, ad eorum numerum 
adcommodentur quae scribimus. Historia vero nec institui 
potest nisi praeparato otio nec exiguo tempore absolvi, et ego 
animi pendere soleo, cum semel quid orsus sum, si traducor 
alio, neque tam facile interrupta contexo quam absolvo insti- 
tuta. 10.. ATT. Legationem aliquam nimirum ista oratio 
postulat aut eius modi quampiam cessionem liberam atque 
otiosam. MM. Ego vero aetatis potius vacationi confidebam, 
cum praesertim non recusarem quo minus more patrio sedens 
in solio consulentibus responderem senectutisque non inertis 


grato atque honesto fungerer munere. 


vacuum temp. e. lib. | Dieselbe 
Verbindung d. Or. 3. 57; Fat. 2; 
allein liberum temp. NMabir. perd. 
11 (dieselben Stellen beweisen, dass 
kein Unterschied der Bedeutung 
zwischen beiden Wórtern ist). 

cura vacare €t negotio entspricht 
in chiastisch. Stell. dem  occup. 
opera und imped. an. (cf. 8 6). 

& 9. quid tibi tandem; tand. folgt 
meistens unmittelbar dem Frage- 
wort. Dagegen Rep. lll. 48; Nat. 
d. L 100; Ver. V. 54; ib. 172. p. 
Sul. 80; Hosc. Com. dreimal, 88 8, 
19, 39, quid si tandem; Div. 2. 46. 

subs. (Herleit. in Klotz Lex.) über- 
schüsasige, von den Geschüften er- 
übrigte Z. — Nebenstunden. 

otiwm (oppos. subsic. t.) dauernde 
Gescháüftsfreiheit. 

pendere in der Schwebe sein, kei- 
nen Ruhepunkt finden, hier in Auf- 
regung, unrubig sein, sonst gewóhnl. 
von Bangigkeit Tusc. 4. 35; Attic. 
8..5..9,. 3b. 14, 123. 14. 25, 16... 
(Liv. erweitert diesen Gebrauch des 
Genit, und verbindet animi stupere 
6 36. 8; territus animi 1. 34. 4 —) 

contexo eigtl. telam ; wir in ühn- 
lichem Bilde wieder aufnehmen (den 
Faden). 

810. legatio libera (denn liberam 
gehürt zu beiden Nomina) bezeichnet 
(vgl. IIL. 9 ἃ. besond. 18) eine 


Sic enim mihi liceret 


Senatoren oft  beigelegte  Eigen- 
schaft, in der sie unter dem Titel 
eines Legaten ohne amtliche Wirk- 
samkeit und Vollmacht in den Pro- 
vinzen auftraten mit dem Hechte 
auf freie Bewirthung und Transport. 
Doch bezieht sich der Ausdruck 
liber wahrscheinlich auf das Recht, 
sich überall hin zu bewegen, wel- 
ches wirkliche legati nicht hatten. 
Also im Wesentlichen soviel als 
zeitweilige Zurückgezogenheit von 
Amtsgeschüften. 

confid eb am nüml, ehe ich deinen 
Vorschlag, eine legatio libera zu 
bekleiden, vernommen. 

solium der Ehrensessel des pater 
familias, auf welchem auch der pa- 
tronus den ihn befragenden Klienten 
HRechtsbescheide ertheilte (d. Or. 
Π|. 133). Dieser Dienst aber pflegte 
erst nach dem 60. Lebensjahre, nach 
welchem die gesetzliche Befreiung 
vom Staatsdienste eintrat (Lange 
R. Alterth. I. 8 60. p. 350—51) 
ausgeübt zu werden, D meto- 
nymischer Ausdruck für: ehrenvolle 

usse cf. d. Or. 2. 143 cwm se de 
turba et a subselliis in otium soliwm- 
qw contulerit. Die Vereitelung der 

ier geüusserten Hoffnung durch 
die spüteren politischen Ereignisse 
wird von Cic. oft beklagt, wie Brut. 
8. Off. III. 8 2—3. 


LIB. IL. CAP. 3. 4. $ 8—12. 25 
et isti rei, quam desideras, et multis uberioribus atque maioribus 
operae quantum vellem dare. 

IV. 11. Arr. Atqui vereor ne istam causam nemo noscat 
tibique semper dicendum sit, e£ eo magis, quod te 1056 mutasti 
et aliud dicendi instituisti genus, ut, quem ad modum Roscius, 
familiaris tuus, in senectute numeros in cantu remiserat ipsasque 
tardiores fecerat tibias, sic tu a contentionibus, quibus summis 
uti solebas, cottidie relaxes aliquid, ut iam oratio tua non 
multum a philosophorum lenitate absit: quod sustinere quom 
vel summa senectus posse videatur, nullam tibi a causis va- 
cationem video dari. 12. Q. At mehercule ego arbitrabar posse 


id populo nostro probari, si te 


Quam ob rem, quom placebit, 


uber. atq. major. r.: gemeint sind 
die spáter (a. 45—44) auch wirklich 
— aber unter dem Einfluss anderer 
Umstànde Nat. d. 1. 71—9 — aus- 
geführten und herausgegebenen phi- 
losophischen Untersuchungen. 

Cap. IV. 8 11. causa bezeichnet 
nicht die Ursache, der Geschichts. 
schreibung sich zu entziehen, son- 
dern sich von der politischen 
und oratorischen Thàtigkeit 
(dem Sinne nach in aetatis vaca- 
tioni, nachher a causis vacationem, 
enthalten) zurückzuziehen. Ista 
aber bezieht sich entweder auf 
seine  Bereitwillgkeit, dann als 
Hechtsberather zu dienen, oder auf 
seine Absicht, geschichtliche und 
philosophische Werke zu schreiben. 

noscat nicht erfahre, sondern — 
agnoscere, anerkenne, gelten lasse 
cf. Fam. 4. 4. 1; Att. 9. 7. 5. 

aliud dicendi genus sc. remissius. 
Ciceros Redestil und Vortrag in 
seiner Jugend war so feuerig, dass 
sein Leben in Gefahr kam (Brut. 
313). Eine Milderung des Pathos 
trat zuerst dureh Molo (Brut. 316), 
weiter durch den Fortschritt der 
Jahre ein. 

Koscius, der berühmte róm. Ko- 
miker, nach dessen, sowie des 
ossen Tragikers Aesopus, Vortrag 

; sich gebildet (Plut, Leb. d. 
Cic. 5), und den er in einer noch 
grossentheils erhaltenen Kede ver- 
theidigt hat, war der Liebling des 
Volkes und mit vielen Vornehmen 
(auch Sulla) befreundet. Für Cice- 
ros Bewunderung sprechen viele 


ad ius respondendum dedisses. 
experiendum tibi censeo. M. 


Stellen, d. Or. I. 130; ib. 258; Brut. 
290. Dieselbe Bemerkung wie hier 
findet sich d. Or. I. 2514. 

«wmeros — tibias. Die Aufgabe 
des Schauspielers in den canticis 
bestand nur in dem Geberdenspiel 
und pantomimischen Tanz, wührend 
der Gesang oder gesangartige Vor- 
trag einem Puer überlassen wurde 
(Liv. VII. 2. 9—10). 2psas hat nur 
dann einen Sinn, wenn das Flóten- 
spiel mit der Action des Schau- 
spielers und dem gleichzeitigen Ge- 
sange nicht zeitlich zusammenfiel, 
sondern vorangehend (práludirend) 
Takt und Melodie angab. Hiermit 
stimmen auch andere Nachrichten, 
wie Varr. R. R. I. 2. 16 bei Teuff. 
RH. L. 16. 5, Cic. Acad. pr. 20. 

relaxare ὦ nach Analogie von 
remittere, das mit a (Liv. 6. 24. 10 
nihil remittitur a summo certamine 
animi) ἃ. ófter mit de u. ex (Beispp. 
Klotz Lex.) constr. wird, ebenso 2m- 
minuere mit de (d. Or. I. 259, Fam. 
V. 5. 1) detrahere mit de ἃ. ex. 
Bei relax. wohl das einzige Beisp. 
dieser Constr. 

8. 12. ius respondere τι. de iwre vesp. 
techn. Ausdrücke für die eine der 
drei Functionen der éwris consulti, 
nümlich respondere, cavere, cf. 
8 17 — worm auch das scribere 
meist eingeschlossen, bisweilen, wie 
Mur. 19, noch als besondere Seite 
unterschieden wird — agere (d. Or. 
I. 212 ἃ, Piderit Ind. juris consulti), 
mit dem Accus. auch Leg. I. 14 
(responsitare 1.), M. 29, de Or. 1. 


. 198, mit de Brut. 80, 


26 DE LEGIBUS 


Id * si quidem, Quinte, nullum esset in experiundo periculum. 
Set vereor ne, dum minuere velim laborem, augeam atque ad 
illam causarum operam, ad quam ego numquam misi paratus 
et meditatus accedo, adiungatur haec iuris interpretatio, quae 
non tam mibi molesta sit propter laborem, quam quod dicendi 
cogitationem auferat, sine qua ad nullam maiorem umquam 
causam sum ausus accedere. 19. ATT. Quin igitur ista ipsa 
explicas nobis his subsicivis, ut ais, temporibus et conscribis 
de iure civili subtilius quam ceteri? Nam a primo tempore 
aetatis lur] studere te memini, quom ipse etiam ad Scaevolam 
ventitarem, neque umquam mihi visus es ita te ad dicendum 
dedisse, ut ius civile contemneres. 

M. In longum sermonem me vocas, Attice: quem tamen, 
nisi Quintus aliud quid nos agere mavult, suscipiam et, quo- 
niam vacul sumus, dicam.  Q. Ego vero libenter audierim. 
Quid enim agam potius aut in quo melius hune consumam 
diem? 14. M. Quin igitur ad illa spatia nostra sedesque per- 
gimus? ubi cum satis erit ambulatum, requiescemus, nec pro- 


Id*. Der Text zweifelhaft, da ad Scaevolam. | Cicero hat die 


weder eine Ergünzung von facerem 
wahrscheinlich, noch die Annahme 
eines Anakoluthes, wo nullum e. in 
exp. per. für das anfangs etwa be- 
absichtigte nullius esset periculi ein- 
getreten würe, oder eines Hyper- 
baton, wo id auf eriundo be- 
zogen würde. Urlichs Rhein. Mus. 
1878 p. 154 liest: Id quidem si, bei 
welcher Wortstellung facerem aller- 
dings leichter sich ergünzen liesse. 

paratus von der üusseren Vor- 
bereitung durch  Herbeischaffung 
von Beweismitteln, meditatus von 
der inneren durch Nachdenken? 
Vgl. aber Brut. 139 mulla medita- 
tionis suspicio; imparatus semper 
aggredi ad dicendum videbatur, sed 
ita erat paratus, ut illo dicente iu- 
dices non nunquam viderentur non 
satis parati ad. cavendum fwisse. 

8 13. quin igitur, ebenso I. 14. 

ista ipsa sc. quae iuris interpre- 
tandi sunt. Also Atticus erwartet 
einen systematischen Vortrag über 
nlles das, was ein iuris cons. zu 
raàthen und zu lehren hatte, sowie 
eine nachtrüglich schriftliche Ab- 
fassung dieses Vortrages. Cf. 8 14 
Ende u, 17 Anfg. 

ut ais also war der Ausdruck noch 
nicht gelüufig. 


erste juristische Bildung von Q. Scae- 
vola augur empfangen, nach des- 
sen Tode er sich dem pontifex an- 
schloss (Lael. 1. 1) Wegen ἃ 
primo t. a. muss hier der Augur 
verstanden werden. Uebrigens war 
Cic. keineswegs fachmünnisch aus- 
ara wie er es zu sein hier sich 

en Anschein gibt (cf. p. Mur. 28). 


sermonem der Sache nach soviel 
als Vortrag, aber doch unter Be- 
theiligung mehrerer; longum, weil 
das ius civ., der Gegenstand des- 
selben, umfangreich 1st. 


audierim widerspricht der Unter- 
scheidung von Haacke (Gramm. stil. 
Lehrb. $ 76) ,in der ersten Person 
des potentialis bezeichnet das Praes. 
die Geneigtheit, das Perf. die Móg- 
lichkeit*; ebenso Liv. X. 3. 4 haud 
abnuerim mag nicht bestreiten; 
VIL. 26. 15 crediderim bin geneigt 
zu glauben. 

8 14. spatia Spazierweg, Pro- 
menade (— Spazierengehen d. Or. 
IL 28. Mur. 70) wie silvestribus 
spatiis 8 15, nobilitata spatia Fin. 
5. 1. 1. Analog ambwlatio. Hier 
eine Baumallee lüngs des Fluss- 
ufers (15), in welcher sich auch 
Rnhebünke zum fBitzen befanden. 


LIB. 1. CAP. 4. 8 12—14. 2 


fecto nobis delectatio deerit aliud ex alio quaerentibus. Arr. 
Nos vero et hac quidem adire si placet, per ripam et umbram. 
Set iam ordire explicare, quaeso, de iure civili quid sentias. 
M. Egone? summos fuisse in civitate nostra viros, qui id inter- 
pretari populo et responsitare soliti sint, set eos magna pro- 
fessos in parvis esse versatos. Quid enim est tantum quantum 


ius civitatis? quid autem tam exiguum quam est munus hoc 


eorum, qui consuluntur? quamquam est populo necessarium. 
Nec vero eos, qui ei muneri praefuerunt, universi iuris fuisse 
expertis existimo, set hoc civile quod vocant eatenus exercuerunt, 
quoad populo praestare voluerunt. [ἃ autem in cognitione 
tenue est, in usu necessarium. Quam ob rem quo me vocas 
aut quid hortaris? ut libellos conficiam de stillicidiorum ac de 
parietum iure? an ut stipulationum et iudiciorum formulas 


^08 vero sc. pergamus; hac, auf 
diesem Wege, weist auf per ripam 
et wmbr. hin, adire sc. ad spatia 
illa. 
per rip. e. wmbr. s. v. ἃ. per opa- 
cam ripam (15), aber sehr auffállig, 
weil nach 15 die spatia selber sich 
làngs des schattigen Flussufers be- 
fanden. Falls die Ueberlieferung 
nicht anzufechten, müsste man an- 
nehmen, dass die eigentliche Pro- 
menade (spatia illa), die sie auf- 
suchen, einen besonders gepflegten 
Theil des beschatteten Flussufers 
bildete , welcher durch Sitzbünke, 
Standbilder und Anderes sich von 
dem übrigen (Ufer unterscheiden 
mochte. 
per ripam sc. des Lirisflusses. 
Die Villa des Cic. befand sich in 
der Nühe des Liris und unweit der 
Einmündung des Fibrenus in den- 
selben, vgl. II. 1—6 und den bei- 
n Plan. Man wird sich am 
n den Sachverhalt 80 vor- 
stellen: Die drei Freunde waren 
von Ciceros Villa in der Richtung 
auf Arpinum, d. h. nach $Südost zu 
ge en, bis zu der Eiche des Ma- 
rius oder noch über diese hinaus. 
Dann wurde eine Schwenkung nach 
dem Liris (nach Westen) gemacht, 
wo sie darauf am Ufer entlang in 
nórdlicher Richtung bis zu den eben- 
falls am Ufer gelegenen und nicht 
mehr weit von der Einmündung 
des aus Osten kommenden Fibrenus 
entfernten spatia sich begaben. Von 


hier setzten sie spáter (II. 1) nach 
der Insel des Fibrenus hinüber. 

praestare voluerunt — solange 
ihr Streben dahin ging, dem Volke 
überlegen zu sein. Dies aber er- 
langten sie dadurch, dass sie das 
allgemeine Naturrecht (aequum) so 
wenig wie móglich zur Geltung 
kommen liessen und statt dessen an 
den oft willkürlichen Formen des 
Civilrechtes mit peinlicher Strenge 
festhielten. Indem deren Kenntniss 
nur den Adligen zugünglich, dem 
Volke aber verschlossen war, blieb 
dieses von jenen abhángig. Diesen 
Tadel spricht Cic. oft aus, z. B. s. p. 
Mur.25 erant in magna potentia qui 
consulebantwr , a quibus etiam dies 
tanquam a Chaldaeis petebantur 
und die folgende ergetzliche Schil- 
derung; Leg. Il. 47. 

in cognitione. In berührt sich 
Ofter mit dem Abl. limit,, wie 
Brut. 303 erat in verborum splen- 
dore elegans, behált aber localen 
Sinn: zeigt sich auf dem Gebiete 
der Erkenntniss, der Theorie, ge- 
ringfügig (dasselbe Urtheil Mur. 25), 
auf dem der Praxis nothwendig. 
Cf. 3. 98. 

libellos geringschützig, wie libra- 
rioli (8 1). ; 

stilic, pariet. | Lieblingsbeispiele 
des Cic. zum Ausdruck der Gering- 
fügigkeit der Jurisprudenz, Or. 72, 
Leg. 11. 47, Mur. 22. Zur Orien- 


. tirung über die Sache mag Folgendes 


dienen: Bestand zwischen zwei 


9g DE LEGIBUS 


componam? Quae et scripta a multis sunt diligenter et sunt 
humiliora quam illa quae a nobis exspectari puto. V. 15. Arr. 
Atqui, si quaeres, ego quid exspectem, quoniam scriptum est 
a te de optimo rei publicae statu, consequens esse videtur ut 


scribas tu idem de legibus. 


Sic enim fecisse video Platonem 


illum tuum, quem tu admiraris, quem omnibus anteponis, 


quem maxime diligis. 


M. Visne igitur, ut ille Cretae cum 


Clinia et cum Lacedaemonio Megillo aestivo, quem ad mo- 


Nachbarhüusern eine gemeinsame 
Scheidewand, so war das Eigen- 
thumsrecht beider Nachbarn dahin 
beschrünkt, dass keiner von beiden 
zu baulichen Zwecken die gemein- 
same Wand mniederreissen konnte, 
ohne für den Schaden des anderen 
haftbar zu werden. |Hein, Privatr. 
d. Róm. p. 215, 2. Aufl) Baute 
der eine von beiden sein Dach über 
die gemeinsame Wand in den Luft. 
raum des andren hinein, was er 
durfte, so war er der einschrünken- 
den Bedingung unterworfen, das 
Wasser nicht in des Nachbars 
Grundstück hinüberfallen zu lassen 
(stilicid.. Wein p. 205 —6 Anm. 
(ein Fall der Art Top. 24). 

stipulatio ist ein Vertrag, ge- 
schlossen durch eine .bestimmte 
mündliche Frage des Creditor und 
eine der Frage genau entsprechende 
Antwort des Debitor, durch welche 
dieser dem ersten ein Forderungs- 
recht gewührt (Rein 659 fl) Die 
Frage enthielt immer die Worte 
(dari, fieri, praestari) spondes? Die 
Antwort ebenso (dari, f., p.) spondeo 
od, promitto. Der Arten aber gab 
es sehr viele: totidem genera, quot 
rerum. contrahendarum., 

iudiciorum formulae sind die so- 
lennen Worte und Gebrüuche, deren 
man sich bei Anstellung einer legis 
actio (d. h. Verfahrens, sein strei- 
tiges Hecht geltend zu machen 
Hein p. 886) zu bedienen hatte, wo- 
bei das geringste Versehen den Ver- 
lust des ganzen Prozesses nach sich 
zog. Eine solche legis actio in Be- 
zug auf Eigenthumsrecht (vindi- 
catio) wird Mur. 26 ausführlich 
mitgetheilt. 

scripta a multis. Das erste der- 
artige Werk war von Cn. Flavius, 
ehemals Sekretür des Ap. Claudius 


Caecus, spüter, a. 304, aedil. curulis 
verfasst, ius Flavianum genannt, 
worüber Liv. IX. 46, d. Or. I. 186, 
Mur. 25 u. Pid. Ind. d. Or. 

Cap. V. 8 15. Cic. verfasste im 
J. 54 nach dem Vorbilde von Plato 
ein Werk über den Staat in dia- 
logischer Form, dessen RednerScipio 
Aemilianus, Laelius, Mummius und 
andere waren. Es umfasste 6 Bücher, 
von denen aber nur die ersten zwei 
mit annühernder Vollstündigkeit auf 
uns gekommen sind. 

Sic en. Denn Plato liess auf sein aus 
10 Büchern bestehendes Werk περὶ 
πολιτείας ein 12 Bücher umfassendes 
περὶ νόμων, die beide vollstündig er- 
halten sind, folgen. Das Platonische 
Gesprüch περὶ νόμων ist unter 3 
Personen, einen Athener, einen Kre- 
ter (Klinias) und einen Lacedümonier 
vertheilt, deren Unterhaltung sich 
auf einer Wanderung aus Cnossos 
nach dem Tempel und der Grotte 
des Zeus entspinnt. Unter dem 
Athener, dessen Name nicht genannt 
wird, verbirgt Plato, wie auch Cic. 
hief annimmt, sich jedenfalls selber. 
(Die handschriftliche Lesart Crete 
cum Clinia kaun nicht richtig sein, 
denn diese Anastrophe der Prüpo: 
sition ist erst von Tacitus in die 
Prosa eingeführt, s. Nipperdey zu 
Tac. Annal. II. 60 ἃ. Dráger Ta- 
citeisch, Spraehgebr. 8 225. δ.) 

Lac. M. Die Apposition, wie 
auch sonst oft (Ponticus Heraclides 
Tusc. 5. 8; Nat. d. I. 34, zur Unter- 
scheidung; aber nicht immer 80 z. B. 
Leg. 3. 14; Leontinus Gorgias Fin. 
2. 1. Stoicus Diogenes Acad. pr. 137; 
Lacedaemonius Pausanias Top. 75), 
steht nachdrücklich voran, weil 
Megillos in dem Gesprüche die An- 
sichten seines Volkes vertritt. Vgl. 
z. II. 41. 


πὴ τ BAD-L.5.8144—17. ὁ 99 


dum describit, die in cupressetis Gnosiorum et spatuüs sil- 
vestribus, erebro insistens, interdum adquiescens, de institutis 
rerum publiearum ae de optimis legibus disputavit, sic nos 
inter has procerissimas populos in viridi opacaque ripa inam- 
bulantes, tum autem residentes quaeramus isdem de rebus 
aliquid uberius quam forensis usus desiderat? 10. ATT. Ego 
vero ista audire cupio. M. Quid ait Quintus? Q. Nulla de re 
magis. M. Et recte quidem. Nam sie habetote, si ullo in 
genere disputandi, in hoc ista patefieri, quid sit homini a natura 
tributum, quantam vim rerum optimarum mens humana conti- 
neat, cuius muneris colendi efficiendique causa nati et in lucem 
editi simus, quae sit coniunctio hominum, quae naturalis soci- 
etas inter ipsos. His enim explicatis fons legum et iuris in- 
veniri potest. 17. ATT. Non ergo a praetoris edicto, ut plerique . 
nunc, neque a XH tabulis, ut superiores, set penitus ex intima 
philosophia hauriendam iuris disciplinam putas. M. Non enim 
id quaerimus hoc sermone, Pomponi, quem ad modum cavea- 
mus in iure aut quid de quaque consultatione respondea- 
mus. Sit ista res magna, sicut est, quae quondam a multis 
claris viris, nunc ab uno summa auctoritate et scientia 
sustinetur, set nobis ita complectenda in hac disputatione tota 


8 16. disputandi der Philosophie, 
ebenso hunc civilem in disputando 
locum Leg. 3. 14. 

$ 17. a praetoris edicto. Neben 
den Gesetzen galt als eine wichtige 
Quelle des róm. Rechts das edictum 
praetorium, welches nur dadurch 
Gesetzeskraft erhalten konnte, dass 
es von den immer folgenden Prà- 
toren angenommen und beibehalten 
wurde (edictum tralaticium, per- 
petuwm). Zunüchst diente es nur 
dazu, die bestehenden Gesetze zu 
erklüáren resp. die besonderen Fülle 
unter dieselben unterzuordnen, An- 
weisungen zur Ausführung derselben 
zu geben u. 8. w., schritt aber mit 
der Zeit dazu vor, die Gesetz- 
gebung theils zu modificiren, theils 
zu erweitern und zwar in dem Sinne, 
dass es den Geist der Gesetze und 
die Billigkeit (aequum bonum) gegen 
den starren Buchstaben zur Geltung 


brachte, Im Gegens. zu dem ius 
civile im engern Sinne — vgl. zu 
I] 46 — (ius strictum) hiess das 


daraus hervorgegangene Recht ws 
honorarium. 

XII Tff. die Hauptquelle des ge- 
schriebenen Rechte. Eine andere 


wichtige Rechtsquelle, das Gewohn- 
heitsrecht, wird hier übergangen. 

non enim vgl. 8 5. 

cavere (cf. $ 12) heisst ein Rechts- 
geschàft vorsichtig und mit den 
nóthigen Sicherungsmitteln d. h. 
strenger Beobachtung der gültigen 
Formen abschliessen. 

ab wno jedenfalls auf den grossen 
Juristen jener Zeit, Servius Sulpi- 
cius (Cons. 51) zu beziehen, gegen 
den Cic. die Rede pro Murena hielt, 
obwohl er sonst auf freundlichem 
Fusse und im Briefwechsel mit ihm 
stand. (Vgl. über ihn zu II. 47 ἃ. 
Rein, R. Civr. p. 56.) 

in hac disputatione comp. Ortlich 
&t. bloss. Abl. cf. d. Or. I. 22 com- 
plectar in his. libris; ühnlich con- 
tineri in enthalten sein, neben bloss. 
Abl., wie Verr, II. 118 ewm in commu- 
nibus iniuriis totius provinciae Sthe- 
nii quoque causa contineretur. Dass 
der Abl. nicht stehen muss, wenn 
der Inhalt eines Werkes bezeichnet 
wird (Süpfle, Prakt. Anl. I. 8 146. 
71 y), beweisen noch folgende 
Stellen: quae de optima re p. sentire- 
mus, im ser libris ante dimimus 


" Leg. 3. 4; oratio, in qua auctoritas 


30 DE LEGIBUS 


causa est universi iuris ac legum, ut hoc civile quod dicimus 
in parvum quendam et angustum locum concludatur. Natura 
enim iuris explicanda nobis est eaque ab hominis repetenda 
natura, considerandae leges, quibus civitates regi debeant, tum 
haec tractanda quae composita sunt et descripta iura et iussa 
populorum, in quibus ne nostri quidem populi latebunt quae 


vocantur 1ura civilia. 


VI. 18. Q. Alte vero et, ut oportet, a capite, frater, repetis 
quod quaerimus, et qui aliter ius civile tradunt, non tam iu- 


stitiae quam Llitigandi tradunt vias. 
ac potius ignoratio iuris litigiosa est quam seientia. 
Nunc iuris principia videamus. 


posterius. 


M. Non ita est, Quinte, 
Set hoc 


Igitur doctissimis viris proficisci placuit a lege, haud scio 
an recte, si modo, ut idem definiunt, lex est ratio summa 1in- 
sita in natura, quae iubet ea, quae facienda sunt, prohibetque 


ornatur senatus, quo pro ordine illa 
dicuntur Brut. 164; litteras misit, 
in quis — folgt der Inhalt Jug. τὸ. 5. 

causa Gegenstand, Frage. 

descripta abgegrenzt, abgesteckt, 
abgetheilt in Bezug auf die ver- 
schiedenen Stünde und Glieder des 
Staates cf. II. 11. 

Natwra enim flg. Inhaltsangabe 
des ganzen Werkes a. Natura iuris 
Inh. des erst. Buches, b. leges, qui- 
bus — regi debeant, tum haec quae 
composita sunt — iura : diese beiden 
Materien sind nicht auf verschiedene 
Bücher vertheilt, sondern wie das 
2. und die Schlussbemerkung des 
3. Buches zeigt, in der Weise ver- 
knüpft, dass die von Cic. aufgestell- 
ten Gesetze den ersten Theil, eine 
Uebersicht der wichtigsten Gesetze 
des róm, und einiger anderen be- 
deutenden Staaten deu letzten Theil 
eines jeden Buches bildet. 

ne — quidem ohne descensio ad 
minus — auch nicht, cf. Madv. d. 
Fin. Excurs. III. 

Cap. VI. 8ξ 18. ac potius son- 
dern vielmehr, oft so nach einer 
Negation Offic. I. 68 nec vero im- 
peria expetenda ac potius aut. mon 
accipienda; Hor. Ep. II. 2. 197 distat 
enim spargas tua prodigus an neque 
sumptum invitus facias neque plura 
parare labores ac potius — grato 
fruaris tempore raptim; Sat. I. 1. 
109; ebenso potiuwsque Offic. IL. 92 
non ercludentes ab rei suae usu 
$u0s potiusque et amicie imperiientes, 


Fin. L 51; οὐ potius Off. III. 32. 
Aehnlich blos ac: Fam. V. 12, 2. non 
te exspectare ac tempus adripere. Cf. 
Seyff. Pal. Mat. 1I c. III. 8 16. 

Im Folgenden schliesst sich Cic. 
ganz den Lehrsützen der Stoiker 
an, wenngleich Anklünge daran 
schon bei Plato und Aristot., aus 
denen ja auch die Stoiker geschópft 
haben, zu finden sind. (Die An- 
nahme, dass Cic. auch den Inhalt 
dieser Schrift dem Plato entlehnt 
habe, widerlegt er selber IT. 17.) 
Schon Plat. bezeichnet das Gesetz 
als die Vertheilung oder Festsetzung 
der Vernunft τοῦ vov διανομήν Leg. 
IV. p. 714 A, Arist. als die reine, 
leidenschaftslose Vernunft ἄνεν 
ὀρέξεως νοῦς ὁ νόμος ἐστίν Pol. 3. 16 
(p. 1287). Doch erst bei den Stoikern 
wird es bestimmter so gefasst, dass 
es die allgemeine (hóchste) die 
ganze Natur durchdringende (insita 
in natura) Vernunft sei, welche 
wiederum mit Vorsehung (πρόνοια), 
Verhüngniss (εἱμαρμένη), Gott (ϑεός, 
Ζεύς) identifizirt wird, cf. Zeller 
Phil. d. Griech, ΠῚ. Th. 1. Hàálfte 

. 12 flg., Nat. d. I. 36 ἃ. 39, erst 
dort wird der Begriff so geprügt, 
dass er gleichsam die Züge des 
Pantheismus, der ja auch aus der 
folgenden ganzen Eróürterung des 
Cic. hervorleuchtet, erkennen lüsst, 
erst dort wird dieser Begriff grund- 
legend für den gesammten Bau 
der Staatslehre. Die hieran sich 
knüpfende Schlussfolgerung zeigt 


EH T BEP. 5.6.-8 17—19. at 


contraria. Eadem ratio cum est in hominis mente confirmata 
et confecta, lex est. 19. Itaque arbitrantur prudentiam esse 
legem, cuius ea vis sit, ut recte facere iubeat, vetet delinquere, 
eamque rem ill Graeco putant nomine a suum cuique tribu- 
endo appellatam, ego nostro a legendo. Nam ut illi aequitatis, 
sie nos delectus vim in lege ponimus et proprium tamen 
utrumque legis est. Quod si ita recte dicitur, ut mihi quidem 
plerumque videri solet, a lege ducendum est iuris exordium: 
ea est enim naturae vis, ea mens ratioque prudentis, ea iuris, 
atque iniuriae regula. Sed quoniam in populari ratione omnis 
nostra versatur oratio, populariter interdum loqui necesse erit 
et appellare eam legem, quae scripto sancit quod vult aut iu- 


eine gewisse Ungenauigkeit der 
Form. Die Frage ist: Was ist Ge- 
setz? Antwort: Die hóchste all- 
waltende Vernunft. Ist nun die 
menschliche Vernunft zur Voll- 
kommenheit ausgebildet, so unter- 
scheidet sie sich nicht von der all- 
gemeinen Vernunft.  Folglich ist 
das Gesetz auch dasselbe wie die 
vollkommene menschliche Vernunft. 
Die vollkommene menschliche Ver- 
nunft aber nennt man Klugheit 
iech. φρόνησις). Also ist das 
resetz dasselbe wie Klugheit. Cic. 
aber vertauscht unter der Hand 
Subj. und Prádicat. Wiührend die 
Frage ist: Was ist Gesetz? wird 
erklárt, was die  vollkommene 
menschliche V ernunft, was die Klug- 
heit sei und zwar in dem Sinne, 
dass Klugheit ein Gesetz sei, welche 
das Gute zu thun und das Schlechte 
zu lassen befehle (legem , cuius ea 
vis sit, μὲ recte facere iubeat etc.). 
Der Sache nach macht es freilich 
keinen Unterschied, da Klugheit 
und Gesetz sich begrifflich decken. 
(V εἰ. 8 ὅ8.)), Nachher (8 19) findet 
sich denn auch wieder die um- 
p und für den vorliegenden 
weck richtige Fassung: ex est 
mens ratioque prudentis. 
confirmata et confecta; conf. voll- 
stándig ausgebildet, (sodass die Bahn 
der Entwicklung zurückgelegt ist; 
die Aenderung in perfecta micht 
nóthig) und gefestigt. Erst die 
Festigkeit bezeichnet die hóchste 
Stufe der Vollendung. Denn wie 
Aristot. in der Nikom. Ethik B. VII. 
ausführlich darthut, kann die er- 


langte Tugend durch die zeitweilig 
wieder auflebende Gewalt der schon 
unterworfenen Sinnlichkeit erschüt- 
tert werden, ein Zustand, den er 
mit ἀκρασία, s. Cap. 2 u. flg. — 
verschieden von ἀκολασία — be- 
zeichnet und zwar entweder durch 
Ueberraschung (Zust. der προπέτεια) 
oder Ueberwindung (Zust. der ἀσϑέ- 
νειαὶ) S. Cap. 8. Dann fehlt mit der 
Festigkeit noch die hóchste Stufe 
der Vollendung. Demnach scheint 
hier ein Hysteronproteron vorzule- 
gen. Doch ist anderseits auch die 
Vollendung erst das Hesultat der 
Festigkeit und diese somit ein Theil 
jener; wie hier auch I. 27 confirmat 
rationem et perficit. 

8 19. Graeco nomine: νόμος von 
νέμειν. mostro: lex won legere in- 
sofern die Wahl dessen, was wir 
thun sollen,des Rechten vor dem Un- 
rechten, vom Gesetze bestimmt wird 
(cf. II. 11). Doch ist diese Etymo- 
logie unrichtig. Legere ist s. v. a. 
λέγειν Sagen, somit lex Ansage, An- 
kündigung, Geheiss. 

plerumque solet Pleonasmus, wie 
Top. 100 quod saepe venditores 
solent; Rep. 1. 34 persaepe te 
disserere solitum. 

naturae vis oben ralio insita in 
naiwra; Talioque prudentis oben 
prudentia; iuris atq. ini. reg. oben 
delectus. 

popul, ratione wir: Gebiet, Gegen- 
stand, Frage (wie 8 17 causa); eben- 
80 Cat. 2. 9 ut eius diversa studia 
in dissimili ratione perspicere pos- 
$itis, und mehr bei Nügelsb. Stil. 
8 63. 1. 


39 DE LEGIBUS 


bendo aut vetando, ut vulgus appellat. Constituendi vero iuris 
ab illa summa lege capiamus exordium, quae saeclis omnibus ante 
nata est quam scripta lex ulla aut quam ommnino civitas con- 
 stituta. 20. Q. Commodius vero et ad rationem instituti sermonis 
sapientius. M. Visne ergo ipsius luris ortum a fonte repeta- 
mus? quo invento non erit dubium quo sint haec referenda, 
quae quaerimus. Q. Ego vero ita esse faciendum censeo. ArTT. 
Me quoque adsceribito fratris sententiae. M. Quoniam igitur 
eius rei publicae, quam optumam esse docuit in illis sex libris 
Scipio, tenendus est nobis et servandus status omnesque leges 
adcommodandae ad illud civitatis genus, serendi etiam mores 
nec scriptis omnia sancienda, repetam stirpem juris a natura. 
qua duce nobis omnis est disputatio explicanda.  ATT. lHec- 
tissime, et quidem ista duce errari nullo pacto potest. 

VIL 21. M. Dasne igitur hoe nobis, Pomponi — nam 
Quinti novi sententiam —, deorum immortalium vi, natura, 
ratione, potestate, mente, numine, sive quod est aliud verbum 
quo planius significem quod volo, naturam omnem regi? Nam 


8 20. fonte die Quelle zur Er- 
kenntniss dessen, was Gesetz (des 
Vernünftigen), ist die Natur, wie 
gleich bemerkt wird (stirpem a na- 
tura). 

docuit — Scipio: Rep. I. 69 e tri- 
bus primis generibus (nàml. regnum, 
optimatium dominatus, populi im- 
perium) longe praestat regium, regio 
autem ipsi praestabit id, quod erit 
aequatum εἰ temperatum ez tribus 
optimis rerum publicarum | modis. 
Ebenso — was den Vorzug der 
gemischten Verfassung betrifft — 
urtheilten die Stoiker cf. Zeller III. 
1. p. 176 a. E., auch Plato in den 
Gesetzen IV. p. 712 e meint dies, 
wührend er in seiner Republik die 
aristokratische Verfassung, in wel- 
cher die Philosophen an der Spitze 
stehen, vorgezogen hatte.  Aristo- 
teles dagegen erklürt an einer Stelle 
(Nikoin. Eth. 8. 12 Anfg., womit 
auch Pol. IV. 2. p. 1289 stimmt) 
die kónigliche, an einer anderen 
Pol. HII. 15 (αἱρετώτερον ἄν εἴη ταῖς 
πόλεσιν ἀριστοκρατία βασιλείας) die 
aristokratische für die beste. Die 
Lósung dieses Widerspruches findet 
Zeller II. 2. p. 568 darin, dass mit 
der letzten Ansicht Arist. sich mehr 
auf den praktischen, mit der erste- 
ren δὰ den idealen Standpunkt ge- 
stellt habe. Mit dieser Ansicht von 


der Vorzüglichkeit der gemischten 
Verfassung stimmt es übrigens über- 
ein, dass Plato von den vorhandenen 
Verfassungen die spartanische und 
kretische (Leg. 4. p. 412 d— e), Cic. 
die rómische am hóchsten stellte. 

serere eine uns fremde Metaphora, 
ebenso rem publicam s. Rep. 1]. 5; 
leges 'Tusc. I. 31. 

natura, qua duce echt stoischer 
Grundsatz, cf. d. Fin. III. 26, wie 
diesen ja auch die Glückseligkeit 
in ἀκολούϑως τῇ φύσει ξὴν (Zell. 
1Π. 1. p. 126, u, Fin. a. ἃ. O.) bestand. 

Cap. VII. $8 21. deorum immort. 
vi naturam ommem regi —. Wozu 
dieses Zugestündniss gemacht wer- 
den soll, leuchtet aus der folgenden 
Darstellung des Cic., die an mehr- 
facher Unklarheit leidet, nicht her- 
vor. Der 8 23 geführte Beweis von 
einer Rechtsgemeinschaft zwischen 
Góttern und Menschen gelingt auch 
ohne dies Zugestündniss. Nur für 
den Absatz: si vero flg., der eine 
Bestütigung des schon erbrachten 
Beweises enthült, wird von diesem 
Zugestündnisse Gebrauch gemacht. 
Ich glaube den Grund darin finden 
zu müssen, dass Cic. aus seinen 
Quellen, den benutzten Schriften 
der Stoiker, nur Einiges flüchtig 
herausgeschópft, Manches, was zur 
Sache gehórt und des Zusammen- 


LIB. τ CAP. 6. 7. 8 19—21. 33 


si hoc non probas, ab eo nobis causa ordienda est potissimum. 
ATT. Do sane, si postulas: etenim propter hune concentum 
avium strepitumque fluminum non vereor condiscipulorum ne 
quis exaudiat. M. Atqui cavendum est. Solent enim, id quod 
virorum bonorum est, admodum irasci, nec vero ferent, si 


hangs wegen nóthig ist, aber aus- 
gelassen habe, wie ja auch in an- 
deren seiner Werke vorgekommen 
und für de finibus in mehreren 
Füllen von Madvig unwiderleglich 
dargethan ist. Die Stoiker scheinen 
eine Rechtsgemeinschaft zwischen 
den Góttern und Menschen durch 
drei Gründe erwiesen zu haben: 
1) weil die Menschen von Gott die 
Gabe der Vernunft empfangen liaben 
und somit durch Dankbarkeit an 
Gott gebunden und in ein Rechts- 
verháltniss zu ihm gesetzt sind; 
2) weil die Menschen mit Gott resp. 
den Góttern eine Staatsgemein- 
schaft bilden (S 23, erste Hàlfte); 
3) weil sie — durch Verwandtschaft 
— eine Familie mit ihnen bilden 
(823 zu Ende). Nur für den ersten 
Beweis ist die Voraussetzung einer 
-góttlichen Vorsehung, die Alles leitet 
und Alles schafft, nóthig; dieser Be- 
weis ist hier aber nicht ausgeführt, 
wird jedoch gewissermassen Cap. 
$—9 in einem anderen Zusammen- 
hang wieder aufgenommen. Eine 
andere Unklarheit liegt darin, dass 
Cic. zwischen dem Plural dei und 
dem Bing. deus nicht streng genug 
unterscheidet, obwohl die dei nach 
$ 23 von dem deus supremus et 
praepotens verschieden und ebenso 
wie die Menschen ihm unterwor- 
fen sind. Hier würde es wegen 
des daraus gezogenen Schlusses: 
praeclara icione hominem a deo 
supremo generatum. esse genauer dei 
statt deorum heissen. ^ Dasselbe 
Schwanken bemerkt man auch nach. 
her: homini cwm deo rationis socie- 
tas und lege homines cum dis con- 
sociati putandi sumus, sowie auch 
an anderen Stellen z. B. Nat. d. II. 


Eo 80, 

arum aber war es nóthig, um 

Gesetze und Hecht für den Staat 

der Menschen zu finden, eine Rechte- 
emeinschaft zwischen Gott und den 
enschen nachzuweisen, wie das 


Cicero de legibus, 


Cic. jedenfalls im Anschluss an die 
Stoiker hier gethan? Deswegen, 
weil einen Theil der Staatsgesetz- 
gebung die Einrichtung des Cultus 
bildet, die nur auf ein Rechtsver- 
háltniss zwischen Gott und den 
Menschen gegründet werden kann. 
Die Erfüllung unserer Pflichten ge- 
gen Gott, die Frómmigkeit, er- 
scheint also dem Cic., der Auffas- 
sung der Stoiker gemáss (vgl. Zeller 
IIL 1. p. 173, Anm.), als eine Spe- 
zies der Gerechtigkeit. 

In Betreff des Zweifels, den die 
hier an Atticus gerichtete Frage 
andeutet, ob dieser den Inhalt der- 
selben zugeben werde, muss man 
berücksichtigen, dass Atticus ein 
Epikureer war. Bekanntlich aber 
dachten sich die  Epikureer die 
Gótter in ewiger Ruhe und ohne 
ale Einwirkung auf die mensch- 
lichen Angelegenheiten, indem sie 
annahmen, dass eine solche die 
Glückseligkeitderselben beeintràch- 
tigen müsste. Atticus bequemt sich 
auch nur widerwillig und mit Vor- 
behalt (si postulas) zu dem ge- 
wünschten Zugestündniss (sane in 
dem  gewóhnlich  concedirenden 
Sinne: immerhin). 

fliwninwm des Liris ἃ. Fibrenus 
(od. abstract.: Stróüómungen?). 

irasci, die Heftigkeit der Polemik 
der Epikureer (cf. Nat. d. I. 93—94; 
Tusc. IIL 38 senex ille acriculus) 
sowie ihre eifersüchtige Verehrung 
ihres Meisters (d. Fin. I. 14; 32 — 
wozu Madv. —; 71; Nat. d. I. 85; 
δὰ 5. 3; Leg. 3. 1) verspottet Cic. 
oft. 

adinodum nicht selten bei Verbis, 
hauptsüchlich denen des Affects u. 
verwandten Begriffes: delectari Rep. 
8. 42; Leg. 2. 17; 62; d. Fin. 2. 3; 
Brut. 265 (Act.); gaudere Leg. 2. 5; 
diligere Brut. 266 ; mirari Caecin. 65; 
probare Wep. 5. 11; Acad, pr. 16; 
Kep. 1, 34; mentiri Off. 1, 150; pro- 
desse Mur. 38; tenere Off. 1. 110; 


3 


34 DE LEGIBUS 

audierint te primum caput viri optimi prodidisse, in quo scripsit 
nihil curare deum nec swi nec alieni. 22. ATT. Perge, quaeso: 
nam id, quod tibi concessi, quorsus pertineat expecto. M. 
Non faciam longius. Huc enim pertinet, animal hoc providum, 
sagax, multiplex, acutum, memor, plenum rationis et consilii, 
quem vocamus hominem, praeclara quadam condicione genera- 
tum esse a supremo deo. Solum est enim ex tot animantium 
generibus atque naturis particeps rationis et cogitationis, quom 
cetera sint omnia expertia. Quid est autem, non dicam in 
homine, sed in omni caelo atque terra, ratione divinius? Quae 
quom adolevit atque perfecta est, nominatur rite sapientia. 


mit non: delectari Lael. 49; flagi- 
tare Fin. 1. 15; exspectare Ac. pr. 2; 
aspernari Ac. pr. 148; vituperare 
Off. 1. 151. 

nec vero und fürwahr nicht, cf. 
IL. 13. 


caput Satz cf. Acad. pr. 101 ex 
uno Epicuri capite; ib. 88 quattuor 
sunt capita ἃ. zu 11. 53. 

$ 22. quem vocamus hominem. 
Vgl. Seyff. Gr. $ 141 ,nicht richtet 
sich das Relativ nach dem Prüdi- 
catssubstantiv, wenn bei dem Subst. 
das pron. determ. is od, pron. in- 
finitum gesetzt oder zu denken ist: 
animal quod hominem | vocamus", 
Darnach müsste hoc hier nicht aufs 
Relativ hinweisen, sondern der Re- 
lativeatz nachtrüglich zur Erklü- 
rung hinzugefügt sein; ebenso 
müsste man erklüren: mescio quam 
illam wmbram, quod appellant ho- 
nestum d. Fin. 1. 61. Aber Liv. 7. 
20. 5 ne appellarent consilium, quae 
vis ac mecessitas appellanda esset 
muss jedenfalls id ergünzt werden. 
Vgl. G. T. Krüger Gramm. d. L. 
Spr. $300, Anm. 3 u. zu Leg. II. 11. 


non dico, nom dicam gewóhnlich 
in der descensio ad minus (cf. Madv. 
461 b. A. 2) deutsch: ich will nicht 
sagen -— sondern nur, aber wenig- 
stens, z. B. (sondern nur) an explora- 
tum cuiquam potest esse, quo modo se 
hoc habiturum sit corpus, non dico ad 
annum sed ad vesperum d. Fin. 2. 92; 
vgl. Fin. 2. 215; Lael. 48; Pis. 10; 
ib. 30; ib. 53 (quis tibi non dicam 
horum civium sed tuorum legatorum 
obviam venit); ib. 75; p. red. in 
sen. 1; har. resp. 18; Planc. 81; 


ib. 102; Mil. 34; Div. 2. 299; Marc. 4; 
und mit umgekehrter Stellung — cf. 
Halm — Mil. 33; (aber wenigstens) 
Fin. 2. 94; Cluent. 182; auch mit 
certe Pis. 23; Plane. 78; dagegen 
an dieser Stelle, wie auch an einigen 
anderen — waàs ich noch von Kei- 
nem angemerkt gefunden habe — 
ist dieser Ausdruck steigernd (in 
der adscemsio ad maius). Vgl. quid 
si haec non dico maiora fuerunt in 
Clodio quam in Milone sed (s. so- 
gar) in illo mazima, nulla in hoc 
Mil. 35; wt id agatur, licueritne εἰ 
facere, quod fecit, am vero, non di- 
cam, nom licuerit, sed mefas fuerit 
Corn. B. 10; crebris usurpare ser- 
monibus soleo mom disiunctissimas 
terras citius passibus cuiusquam po- 
tuisse peragrari quam wis mon di- 
cam cursibus sed victoriis lustratae 
sunt Marc. 5; Homam vero ipsam 
o familiae non Calpurniae sed Cal- 
ventiae neque huius urbis sed. Pla- 
centini municipii meque paterni ge- 
neris sed braccatae cognationis de- 
decus Pis. 53; auch mit ipse: poe- 
nam mon dico legum, quas saepe 
perrumpunt, sed ipsius turpitudinis, 
quae acerbissima est, mom vident 
Off. 3. 36. Wie also non modo bis- 
weilen für mon dico (cf. Madv. 
a. &, Ὁ.) gebraucht wird, so ergibt 
sich das Umgekehrte auch für non 
dico. Was den Unterschied des 
Indic. u. Conjunct. betrifft, so be- 
merkt darüber Süpfle Uebgsb. III. 
St. 148. A. 3: mon dicam drückt 
dasselbe wie ^on dico, nur beschei- 
dener, zurückbaltender aus: ich 
will grade nicht sagen. 

sapientia (σοφία) ist die Voll- 


LIB. I. CAP. 7. $ 21—23. 35 


23. Est igitur, quoniam nihil est ratione melius eaque est et 
in homine et in deo, prima homini cum deo rationis societas. 
Inter quos autem ratio, inter eosdem etiam recta ratio est com- 
munis. Quae cum sit lex, lege quoque consociati homines cum 
dis putandi sumus. Inter quos porro est communio legis, inter 
eos communio iuris est. Quibus autem haec sunt inter eos com- 
munia, ei civitatis eiusdem habendi sunt. Si vero iisdem 
imperiis et potestatibus parent, multo iam magis. Parent 
autem huie caelesti descriptioni mentiqüe divinae et prae- 
potenti deo, ut iam universus hie mundus una civitas sit 
communis deorum atque hominum existimanda. Et quod m 
civitatibus ratione quadam, de qua dicetur idoneo loco, aszna- 


tonibus familiarum distinguuntur status, id in rerum natura 


endung der theoretischen Erkennt- 
niss, wie prudentia die der prak- 
tischen Einsicht, 

8 23. putandi sumus gegen F. 
Schultz Gramm. 8 392. 2: , wenn 
zugleich der Infin. durch ein Par- 
ticip mit oder ohne esse gebildet 
ist, so muss in den mit den Par- 
ticipien des Passivs zusammen- 
gesetzten Zeitformen von dicor u. s. w. 
die unpersónliche Construction ge- 
braucht werden." Auch ist das in 
der That um nichts auffálliger, als 
wenn das Prádieatsnomen ein Ad- 
jectiv ist, wie Nat. d. 1. 24 dei 
membra partim ardentia partim re- 
frigerata dicenda sunt. 


inter eos im reciproken Sinne 
auffalig statt des sonst gebráuch- 
lichen inter se, inter ipsos (Hand 
Tursel. III. p. 398—99), aber von 
Haase zu Reisig A. 374 in Schutz 
genommen. 

descriptio Abgrenzung der be- 
sonderen Aufgaben eines jeden 
Theiles, Organisation cf. 8 17 u. 
ΠῚ. 5. 

quod Adv. wenn, dass: die That- 
sache, dass — unterschieden werden, 
zeigt sich in der Natur cett. — quod 
fit. in. civitatibus, μὲ agnationibus 
familiarum status distinguantur, id 
— oder: in c. a. familiarum 
distinctio etur, ea àn r. m. t. e. 
magnificentior. Das adverbielle quod 
wird frei hier mit id aufgenommen. 

ratione quadam: nach einer ge- 


wissen, ffáher anzugebenden Weise, 
Rechnung (in der Weise, dass nicht 
blos die Sóhne und Tóchter, son- 
dern auch die Kinder der Sóhme, 
aber nicht die der verheiratheten 
Tóchter, durch agnatio mit dem 
pater fam. und seinen Angehórigen 
verbunden waren und dieselbe Fa- 
milie bildeten). Wollte man, was 
weniger passt, aus einem gewissen 
Grunde übersetzen, so kónnte man 
an Eigenthums- od. sonstige Rechts- 
übertragungen denken. 


idoneo loco in dem Buche, wel- 
ches über das  Civilrecht han- 
deln, insbesondere in dem Theil, 
der s&ich auf das Familienrecht be- 
ziehen sollte. 


Siatus familiae — denn fami- 
liarum. gehórt zu status — 
steht dem st. libertatis u. civitatis 
gegenüber «und bezeichnet nicht 
blos die Stellung in einer Familie, 
z. B. ob filius od. pater familias, 
sondern auch die Stellung, welche 
man in der Gesammtzahl der Fa- 
milien einnimmt, d. h. welcher Fa- 
milie man angehürt. Somit ist der 
Sinn des ganzen Satzes kurz der: 
wie in den Staaten durch die 
Summe der agnatií Familien gebil- 
det werden (eigtl von einander 
unterschieden werden), so muss 
man auch die Gótter und Menschen, 
welche agnati des einen, hOchsten 
Gottes sind, zu einem PFamilien- 
verbande (Geschlechtsgemeinschaft : 
gens) rechnen. 

3 


36 DE LEGIBUS 


tanto est magnificentius tantoque praeclarius, ut homines deo- 
rum agnatione et gente teneantur. 

VIIL 24. Nam cum de natura omni quaeritur, disputari 
solet — et nimirum ista sunt, ut disputantur — perpetuis 
cursibus conversionibusque caelestibus exstitisse quandam ma- 
turitatem serendi generis humani, quod sparsum in terras atque 
satum divino auctum sit animorum munere, quomque alia qui- 
bus cohaererent homines e mortali genere sumpserint, quae 
fragilia essent et caduca, animum esse ingeneratum a deo. Ex 
quo vere vel agnatio nobis cum caelestibus vel genus vel stirps 
appellari potest. Itaque ex tot generibus nullum est animal 
praeter hominem quod habeat notitiam aliquam dei, ipsisque 
in hominibus nulla gens est neque tam mansueta neque tam 
fera quae non, etiam si ignoret qualem habere deum. deceat, 


E 


ut von tanto abhüngig: diese 
Rechnung oder Eintheilungsweise 
kommt hier in einer um 80 viel er- 
habeneren Weise zur Geltung, dass 
Menschen und Gótter (die im übri- 
gen so weit auseinanderstehen) zu 
einer Familie verbunden werden. 

agnatione et gente: und somit 
(gewóhnlicher in diesem Sinne qwe 
u. atque vgl. Nügelsb. St. 8 193). 
Ueber diese bei et seltene Bedeu- 
tung vgl. die Beispiele bei Hand 
Tursel. II. p. 484. 

Cap. VIIL. 8. 24. ista — dispu- 
tantur (nach Mos.) wegen des schrof- 
fen Wechsels der Construction (vor- 
her unpersónlich gebraucht) nicht 
ohne Bedenken. Sonst sind Bei- 
spiele transitiven Gebrauchs nicht 
selten, Leg. I. 36; Acad. II. 9; p. 
Planc. 37 (sogar mit substantiv. 
Subject agitata et disputata huius 
rei causa). 

perp. conv. Die Stoiker dachten 
sich die Welt — auch vor ihrer 
gegenwürtigen Verfassung — als 
kugelfórmig und imn bestündiger 
Drehung um ihre Axe begriffen, 
Nat. d. jn 46 mundus est deus volu- 
bilis εἰ rotundus; 49 mundi volu- 
bilitas, quae misi in globosa. forma 
esse mon potest, cognoscitur, cf. $ 84. 

maturitat. Der erste Schritt zu 
der gegenwürtigen Gestaltung ist 
die Bildung der vier Elemente, Nat. 
d. II. 84, dazu Schómann. 

serendi gen. h. um den Samen 
des Menschengeschlechts zu bilden. 


mort. genere sterbl. Stoffe. 

agnatio nobis cum — appell. po- 
lest. — necessitudo mobis cwm cae- 
lestibus esse dici potest , quae agn. 
appelletur. Für diese scheinbare 
Brachylogie (so von Schóm. zu Nat. 
d. IL. 51 gefasst), richtiger Prügnanz 
im Gebr. von appellare — appel- 
lando dicere, vgl. Ac. post. 25 enitar 
ut Latine loquar nisi in huiusmodi 
verbis, ut philosophiam aut rheto- 
ricam aut physicam aut dialecticam 
appellem. 

aliquam eine wirkliche, nicht s. 
v. &. ullam. 

mansueia auch keine Hypercultur 
versteigt sich dazu, den Glauben 
an Gott aufzugeben; doch wenn 
auch nicht seitens einer gens, so 
doch seitens einzelner Klassen und 
Individuen, so im Alterthum be- 
kanntlich seitens der Sophisten 
Protagoras: περὶ μὲν ϑεῶν ovx 
χω εἰδέναι οὐδ᾽ ὡς εἰσὶν οὐδ ὡς 
οὐκ εἰσίν, Zell. I. p. 781). 

ualem habere --- deceat nicht 
vollig gleichbedeutend mit pwtare, 
ducere, wie habendum zeigt, wofür 
diese Verba nicht eintreten kónnten. 
hab. als vorhanden annehmen. Doch 
die Meinung Seyffert's (Gr. $ 160. 
A. 2), dass in dem Sinne für etwas 
halten im Activ pro stehen müsse, 
wogegen es mit dem doppelt. Accus. 
,etwas an Jmd. haben*" bedeute, 
passt selbst für Cic. nicht (Plaut.: 
haud digmum habet Merc. 1. 2. 7, 
besond. Mil. IV. 8. 44 quamquam 


LIB. I CAP. 7. 8. $ 23—25. 31 


tamen habendum sciat. 25. Ex quo efficitur illud, ut is 
agnoseat deum, qui unde ortus sit quasi recordetur et cogno- 
scat. lam vero virtus eadem in homine ac deo est neque alio 
ullo in genere praeterea. Est autem virtus nihil aliud nisi per- 
fecta et ad summum perducta natura. Est igitur homini cum deo 
similitudo. Quod cum ita sit, quae tandem esse potest propior 
certiorve cognatio? Itaque ad hominum, commoditates et usus 
tantam rerum ubertatem natura largita est, ut ea, quae gi- 
gnuntur, donata consulto nobis, non fortuito nata videantur, nec 
solum ea, quae frugibus atque bacis terrae fetu profundun- 
tur, sed etiam pecudes, quod perspicuum est partim esse ad 


alios fideliores semper habwisti tibi 
quam me), so d. Fin. I. 37 maximam 
illam voluptatem habemus als Epi- 
kureer, Corn. B. 51 cwius civitatis 
sit, id habent hodie leve; Div. 2. 127 
quae vera, quae falsa habet? 

825. Ex quo efficitur sq. Das 
folgt nicht daraus, sondern ist Vor- 
aussetzung dessen, dass, wer von 
Gott entsprungen ist, ihn erkennt. 
Die richtige Folge ist, dass, wer 
Gott erkennt, sich seines Ursprungs 
von ihm erinnert — wf qui cognoscit 
Deum, is unde ortus sit quasi re- 
cordetur et (ewm) agnoscat. Doch 
ist darum wohl nicht zu ándern, so 
wenig wie Fin. 3. 58, wo das zu 
Beweisende ^ und  Vorausgesetzte 
mehrfach verwechselt ist. [Die 
Lehre, dass unsere ganze Erkenntniss 
eine Wiedererkenntniss, ἀνάμνησις, 
sei, ist von Hause aus Platonisch. 
Phád. 9. 18 flg.] 

virtus eadem: der Satz ist an- 
fechtbar nach Arist. Nik. Eth. 7. 1 
ὥσπερ οὐδὲ ϑηρίου ἐστὶ κακία οὐδ᾽ 
ἐρετή, οὕτως οὐδὲ ϑεοῦ, ἀλλ᾽ ἡ 
μὲν τιμιώτερον ἀρετῆς ἡδ᾽ ἕτερόν τι 
γένος κακίας. Uebrigens unter- 
scheidet dieser in der richtigen Er- 
kenntniss, dass die Tugend die spe- 
zifische Vollkommenheit ist, sogar 
bei den Menschen soviel Tugenden 
als Naturen, und nimmt eine ver- 
schiedene für die Münner, eine ver- 
schiedene für die Weiber, eine an- 
dere für die Herren, eine andere für 
die Sklaven an, Pol. I. Cap. 13. 

Aus der Gleichartigkeit der Tu- 

end schliesst C. auf die Aehnlich- 

eit des Wesens (natura) der Men- 
schen und Gótter und somit auf 


ihre Verwandtschaft. Also ist simi- 
litudo prágnant zu fassen.  Be- 
achtenswerth ist Eusner's (Fleckeis. 
Jahrb. 1877, p. 620— 22) Vermu- 
thung, dass Naturae vor est igitur 
ausgefallen; doch zweifelhaft, be- 
sonders um der zu markirten Stel- 
lung von Naturae willen. 

Quod c. 1. sit, denn die Aehnlich- 
keit ist ein Merkmal der Verwandt- 
schaft. 

itaque — nat., nümlich die von 
Gott durchdrungene und beherrschte 
Natur. 

bacae Baumfrüchte, in derselben 
Verb. ófter, wie Leg. IL 19; Tusc. 
5. 37; Div. I. 116; Cat. M. 5. Die 
Verbind. zweier Ablative in dop- 
pelter Beziehung: an Früchten in 
Folge der Befruchtung, hier um so 
hürter, als der erste (eine Art in- 
sirumentalis) mit dem zweiten (cau- 
Salis) sich logisch berührt. Vgl 
p. Font. 41 (31) cwius sanguine 
bellum sociale macula sceleris im- 
butum est. Brut. 256 omissis illis 
divinis consiliis, quibus saepe con- 
Stituta est. imperatorum | sapientia 
salus civitatis. Leg. 9. 39 compleri 
iucunda severitate Livianis modis. 
Best. 53. ib. 59 (iniuriis inferendis 
bello nos lacessivit); auch oben I. 19. 

Zu dem Gedanken, der der stoi- 
schen (teleologischen) Auffassung 
der Welt so recht entepricht vgl. 
die ausführliche Entwicklung Nat. 
d. I, 8 154—62; auch Fin. 3. 67. 

quod p. e. Wenn quod richtig 
ist (quas würe correcter), so hat 
Cic. den ersten Theil des Satzes 


. (ad hom. comm. et wsus larg. e.) 


vergessen und bezieht sich nur auf 


38 . DE LEGIBUS 


usum hominum, partim ad fructum, partim ad vescendum pro- 
creatas, 26. Artes vero innumerabiles repertae sunt docente na- 
tura: quam imitata ratio res ad vitam necessarias sollerter con- 
secuta est. IX. Ipsum autem hominem eadem natura non solum 
celeritate mentis ornavit, sed et sensus tamquam satellites ad- 
iribuit ac nuntios et rerum plurimarum obseuras nec satis 
expressas intellegentias incohavit quasi fundamenta quaedam 
scientiae figuramque corporis habilem et aptam ingenio humano 
dedit, Nam cum ceteras animantes abiecisset ad pastum, so- 
lum hominem erexit ad caelique quasi cognationis domiciliique 
pristini conspectum excitavit, tum speciem ita formavit oris, 
ut in ea penitus reconditos mores effingeret. 27. Nam et oculi 
mire arguti quem ad modum animo adfecti simus locuntur et 
is, qui appellatur vultus, qui nullo in animante esse praeter 
hominem potest, indicat mores, quoius vim Graeci norunt, no- 
ren omnino non habent. Omitto opportunitates habilitatesque 


den zweiten als selbstündigen Ge- 
danken gefassten Theil (quae gign. 
— don. c. n. videntur ut pec.). Die 
Hdschrr. nachher sit, was Madv. 
nach Vahl. Ang. zu schützen sucht. 
ad usum, wenn man die Zug- 
kraft oder andere Eigenschaften, 
wie Wachsamkeit (Pferde, Hunde 
cf. Nat. d. Il. 151), fructum , wenn 
man den Ertrag (Milch, Wolle) 
benutzt; ad vescemd. cf. Nat. d. II. 
151. « 
8 26. artes vero: auch die Künste 
zur Befriedigung der übrigen Be- 
dürfnisse (z. B. Wohnung) ver- 
danken wir der Fürsorge der Natur, 
die uns die Vorbilder in ihren eige- 
nen Einrichtungen, sowie die Fü- 
bigkeit, sie zu beobachten, gegeben 
hat. 

Cap. ΙΧ. Endlich die ganze Ein- 
richtung der menschlichen Natur 
beweist die ganz besondere Fürsorge 
der góttlichen Vorsehung für uns. 
Derselbe Gedanke weiter ausgeführt 
Nat. d. Ill. $8 133—153. 

nec satis (erg. expressas Als 
Gegs. zu adumbratas cf. 1.59. u. Cael, 
12 od. dilucidas, andere illusiratas 
etc.) intellegentias incohavit; hiermit 
fallt Cic. aus der wahren Lehre der 
Stoiker heraus, denn diese kannten 
keine angebornen Begriffe wie die 
Akademie, sondern nur empirisch 
entstandene. Sie sprechen zwar 
von προλήψεις ἃ, φυσικαὶ, κοιναὶ, 


ἔννοιαι, doch meinen sie damit 
nicht — Begriffe, sondern 
solche, die auf natürlichem Wege 
bei allen Menschen gleichmüssig 
zu Stande gekommen sind, im 
Gegens. zu den a posteriori durch 
die Wissenschaft methodisch gebil- 
deten Begriffen, Zeller Ph. d. Gr. 
III. p. 32 flg. Die Annahme, dass 
die Stoiker angeborne Begriffe lehr- 
ten, war durch falsche Deutung der 
obigen Ausdrücke entstanden und 
bei den Popularphilosophen (auch 
Seneca, Plutarch) verbreitet, ebds. 
zu 33. A. 1. 

cognationis ,,Verwandtensitzes'*, 
das Abstractum als Appos..zu einem 
Concret. incongruent. 

penitus verb. mit reconditos. 

8 27. arguti sprechend (manus 
arguta d. Or. 8. 218); statt nimis 
lies mire (Vahl. ist nimis nicht 
anstóssig, aber dies würde einen 
Tadel enthalten, was C. nicht be- 
absichtigen kann). 

cuius vim Graeci ... Cic. liebt 
es, den Reichthum der lat. Spr. im 
Ggs. zur griech. zu rühmen, vgl. 
Fin. L 10; HL 5; d. Or. II. 18; 
Nat. d. l8. ᾿. 

omnino zur Verstürkung der Ne- 

tion, wie Att. 3. 23. 9. (Mehr 

eispp. Feldh., dazu Brut. 214; 
Parad. 47; d. Or. 2. 57; d. Fin. 
4.20; 21; vgl. auch Hand Tur. IV. 
p. 316.) 


LIB. 1. CAP. 8—10. 8 25—28. 39 


reliqui corporis, moderationem vocis, orationis vim, quae con- 
eiliatrix est humanae maxime societatis: neque enim omnia sunt 
huius disputationis ac temporis et hune locum satis, ut mihi 
videtur, in iis libris, quos legistis, expressit Scipio. Nunc quon- 
iam hominem, quod principium reliquarum rerum esse voluit, 
generavit et ornavit deus, perspicuum sit illud, ne omnia disse- 
rantur, ipsam per se naturam longius progredi: quae etiam 
nullo docente profecta ab 115, quorum ex prima et incohata in- 
tellemsentia genera cognovit, confirmat ipsa per se rationem 
et perficit. | 

X. 28. Arr. Dii inmortales, quam tu longe iuris principia 
repetis! atque ita, ut ego non modo ad illa non properem, 
quae expectabam a te de iure civili, sed facile patiar te hunc 
diem vel totum in isto sermone consumere. Sunt enim haec 
maiora, quae aliorum causa fortasse conplecteris, quam ipsa 
ila, quorum haec causa praeparantur. M. Sunt haee quidem 
magna, quae nunc breviter attinguntur, sed omnium, quae in. 
hominum doctorum disputatione versantur, nihil est profecto 
praestabilius quam plane intellegi nos ad iustitiam esse natos 


in iis libris — Scipio, nach Lac- 
tant. d. op. div. 1. — denn die 
Stelle ist nicht überliefert — im 
4. Buche de re publ, welches über 
die rechte Erziehung handelte; nach 
der Meinung andrer (Mai, Nobbe, 
5. Klotz Ausg. Vorbemerk. zu B. 11.) 
im 3. Buche, worin gezeigt wurde, 
dass die Staaten am sichersten sich 
auf die Gerechtigkeit stützten. 

principium ungewühnlich für ca- 
put, princeps. 

profecta ab ii$.... nach Ansicht 
der Stoiker war der auf empirischem 
Wege gewonnene Begriff noch nicht 
der Abschluss der Erkenntniss, son- 
dern erst der auf dialektischem 
Wege gesicherte Begr. (ἐπιστήμην 
εἶναι κατάληψιν ἀσφαλῆ Zel. III. 

. 93. A. 3), was Zeno mit dem be- 

nnten Bilde von der Faust aus- 
drückte Acad. 11. 145. Letzteres 
scheint in den Worten: confirm. 
rat. et perf. zu liegen , bringt die 
Erkenntniss zum sichern Abschluss'*. 
Cie,, der wie oben gesehen, der 
stoischen Stufenleiter der Erkennt- 
niss. (Wahrnehmung, Erinnerung, 
Erfahrung, Wissen) nicht folgt, son- 
dern, wie die Akademiker, von an- 
geborenen Ideen ausgeht, hat fol- 
gende Stufenleiter: die im Geiste 


; 
4 - 


noch schlummernde, dunkele Idee, 
die durch Erfahrung erwachte und 
bestimmte Idee, die dialektisch 
(durch Schlussfolgerung) gesicherte 
Idee. Mit £s wird die Mittelstufe 
bezeichnet, wührend quorwm genera 
(so verb.) das erste Stadium angibt. 
Die ea (118) begreifen zwar auch 
genera, aber die an den Einzeldingen 
schon geklürten und  erprobten. 
Erst mit der dritten Stufe beginnt 
die freie Thàtigkeit des mensch- 
lichen Geistes, daher profecta ab 
{ϊ8, quorum genera. So erklàrt sich 
wohl der verzwickte Ausdruck. 
(Hütten die angeborenen εἴδη als 
Ausgangspunkt hingestellt werden 
sollen, so liesse sich dieser Sinn 
leicht dureh Emendation: ab iis, 
quae — genera, herstellen.) 

Cap. X. 8 28. complecti prügnant 
τες complectendo (ad vem complecten- 
dam) afferre ,xoit hineinziehen* vgl. 
complecti vis amplissimos viros ad 
tuum et Gabinii scelus Pis. Ὁ. com- 
plectar nonnulla, quae fortasse viden- 
tur minus necessaria Brut, 313. 

in disputatione — versantur Gegen- 
stand sein von, vgl, d. Or, I. 23 quae 
quondam accepi in disputatione elo- 


: quentissimorum hominum es8e ver- 


$ata und Nàügelsb. Stil. p. 299. 


40 DE LEGIBUS 


neque opinione, set natura constitutum esse ius. ld iam pate- 
bit, si hominum inter ipsos societatem coniunctionemque per- 
spexeris. 29. Nihil est enim unum uni tam simile, tam par, 
quam omnes inter nosmet ipsos sumus. Quod si depravatio 
consuetudinum, si opinionum vanitas non inbecillitatem ani- 
morum torqueret et flecteret, quocumque coepisset, sui nemo 
ipse tam similis esset quam omnes essent omnium. [taque 
quaecumque est hominis definitio, una in omnis valet. 30. Quod 
argumenti satis est nullam dissimilitudinem esse in genere: 
quae si esset, non una omnis definitio contineret. Etenim 
ratio, qua una praestamus beluis, per quam coniectura valemus, 


8 29. unum uni tam simile.... 
die Aehnlichkeitin den Nebendingen, 
wie Farbe der Haare, Augen u. dgl. 
zwischen Einzelnen kann nie so 
vollstüindig sein, wie die Ueberein- 
stimmung 1n den wesentlichen Eigen- 
schaften und Merkmalen zwischen 
Allen ist. 

quodsi depravatio flg. Alle Ver- 
schiedenheiten im Denken, Fühlen, 
Wollen unter den Menschen sind 
Abweichungen von der wahren 
Natur und das Ergebniss üusserer 
Einflüsse, besonders schlechter Bei- 
spiele. Das ist es, was Cic. sagen 
wollte. Doch ist der Gedanke un- 
klar und uncorrect von ihm gefasst. 
Denn die opinionum pravitas ist 
nicht das, was die Abweichungen 
bewirkt, sondern eben selbst eine Ab- 
weichung, die bewirkt wird: nicht 
die Ursache, sondern das Product. 

quocunque coepisset, deutsch: 
dahin zóge, wohin sie es liebt — 
unternimmt. Der Conjunctiv beruht 
auf einer erst in neuerer Zeit (Peters, 
Deutsch-Krone, dessen Resultate 
Drüger Histor. Synt. $151 zusammen- 
gestellt hat, Piderit Brut. 6) mehr 
beachteten, besond. bei Cic. ge- 
wühnlichen, Attractio modi, von 
der mir ausserdem noch folgende 
Beispiele aufgefallen sind 1) zu 
irrealen hypoth. Sützen, wie hier: 
Leg. Agr. III. 10 si illa solum sanci- 
ret, quae a Sulla essent (sind) data, 
tacerem; Acad, IT. 7 quod gravius 
ferrem, si quisquam ullam discipli- 
nam probaret praeter eam, quam ipse 
sequeretur; Acad. III (Frg. Klotz 
P. IV. Vol. IIT. p. 257) quodsi liceret 
ut tis, qui in itinere deerravissent, 
sic vitam deviam secutis corrigere 


errorem; Brut. 152 quod nunquam 
effecisse ipsius iwris scientia, misi 
eam praeterea didicisset artem, quae 
doceret rem tribuere; Fin. 3. 50 
confunderetur omnis vita, cum inter 
res ea$, quae ad vitam degendam 
pertinerent, nihil interesset; Sest. 
78 qui diceret; Fam. III. 10. 5 qui 
suscepisset ; ib. IV. 7. 4 quae nolles; 
Tusc. I 9; IIL 35. 2) zu an- 
deren  Conjunetivsützen: Top. I 
cum uterque nostrum libellos, quos 
vellet, evolveret (oder Conj. der 
Wiederh., von dem sich auch Bei- 
spiele zu finden scheinen Div. I. 102 

educeret, Cael. 11 se praestitisset u. 
13 opus esset? s. auch zu cum II. 14); 
Dom. 9 εὖ sí quod in sententia vi- 
tiwm est, mon magis sit eius, qui 
dixerit, quam omnium qui probarint ; 
Pis. 85 cum se recreare nemo posset, 
qu semel incidisset (Wiederh.?); 

in. 4. 30 cum dicant; ib. 4. 37 
cum perduzerit (das zweite Mal per- 
duxit zu lesen, s. Madv. 2. Edit. 
das.); ib. quae — dederit; Div. I. 5 
cum ii qui ab eo profecti essent. — 
manerent ; ib. 30 qui monuerit ; Liv.4. 
56. 1 plebis victoria in eo fuit, ut, 
quae mallent, comitia haberent. 

essent. gegen die Hdschrr., aber 
nothwendige, schon alte, Emenda- 
tion, s. Vahl. 

8 30. Etenim ratio, worin das 
eigenthümliche Wesen des Men- 
schen liegt. 

per quam gewühlt zur Vermeidung 
eines doppelten Ablativs. 

coniect. v. bezeichnet die Muth- 
massung, Erfindungsgabe, durch die 
wir Zukünftiges oder überh. was der 
Wahrnehmung nicht aufgeschlossen 
ist, erkennen. 


LIB. I. CAP. 10. 11. $ 28—31. 41 


 argumentamur, refelhimus, disserimus, eonfieimus aliquid, con- 
cludimus, eerte est communis, doctrina differens, discendi qui- 
dem facultate par. Nam et sensibus eadem omnia conprehen- 
duntur, et ea, quae moveni sensus, itidem movent omnium, 
quaeque in animis inprimuntur, de quibus ante dixi, incohatae 
intellegentiae similiter in omnibus inprimuntur, interpresque 
est mentis oratio verbis discrepans, sententiis congruens. 231. 
Nee est quisquam gentis ullius, qui ducem naturam nactus ad 
virtutem pervenire non possit. 

XL Nee solum in rectis, sed etiam in pravitatibus in- 
signis est humani generis similitudo. Nam et voluptate ca- 
piuntur omnes, quae etsi est inlecebra turpitudinis, tamen habet 
quiddam simile naturalis boni: levitate est enim et suavitate 
delectans: sie ab errore mentis tamquam salutare aliquid 


argumentari positiv begründen, 
beweisen, sei es auf dem Wege der 
Induction oder Deduction (ratioci- 
natio), cf. d. Inv. I. $ 51. 

refellere das Gegentheil wider- 
legen, u. dadurch negativ beweisen, 
d. Inv. 1. 78 flg. reprehendere ge- 
nannt. 

disserere dialektisch erórtern ist 
ein umfassender Ausdruck, der beide 
vorhergehenden  Beweisarten ein- 
schliesst. 

conficere der gewóühnl. Aasdruck 
für schliessen aus — gleich ob in- 
ductiv oder deductiv (cf. d. Inv. I. 
53; 54; 59 flg), wofür auch per- 
ficere Fin. 2. 85 — ist mit concludere 
(auch cogere Inv. 1. 59) vóllig iden- 
tisch, und beides in dem argumen- 
tari (refellere) schon  einbegriffen, 
80 dass eine blos rhetorische Hàüu- 
fung des Ausdruckes vorliegt. 


nam eL sens. — et σα... beide 
Sütze enthalten dasselbe, doch so, 
dass zuerst die Identitüt des Ob- 
jectes der Sinneswahrnehmungen, 
dann die Identitát des Subjects der- 
selben mehr hervorgehoben wird. 
Es liesse sich zwar die — nicht 
anstóssige — Tautologie vermeiden, 
wenn man, wie einige wollen, itidem 
auf dieselbe Weise d. h. in gleichem 
Vorgange und mit gleicher Wirkung 
erklárte, doch dann hátte Cic. die 
Construction nicht geándert. 

imprimuntur ganz im Sinne der 
Stoiker, die sich die Seele kórper- 
lich und die Vorstellung wie den 


Abdruck eines Siegels in Wachs 
dachten. 

Cap. XI. $31. sed etiam 4n pr. sq. 
Cic. gibt den Inhalt des Capitels mit 
diesen Worten nicht richtig an, denn 
es handelt sich in demselben nicht 
blos um fehlerhafte Richtungen des 
Geistes. Vgl. unten: Qwae autem 
natio non comitatem flg. Ueber das 
wirkliche Thema s. Inhaltsangabe. 

voluptate cap. Die Stoiker hielten 
die Affecte für etwas schlechthin 
Verwerfliches, für Fehler des Ur- 
theils (vudicia levitatis) vgl. Fin. 8. 
35 u. besond. Tusc. B. III u. IV, 
deren ausschliesslichen Inhalt der 
Beweis dieses Satzes bildet. 

et voluptate: auch? (vgl. zu 8 33) 
oder anakoluthisch mit Bezug auf 
das etwa vorschwebende εἰ dolorem 
respuunt? 

levitas erklürt sich aus dem Ge- 
gensatz der asperitas des dolor 
(letztere auch sonst háufig als Merk- 
mal des Schmerzes angegeben wie 
Fin. 4. 52; 72; Tusc. Il. 17; 18; 
29; 30). 

est — delectans cf. latissime pa- 
tens — est (haec societas) Off. I. 51. 
alter (8c. est) verbis comprehendens 
Brut. 317. videmus haec signa nun- 
quam  mentientia (nicht von vid. 
abh.) Div. LI. 15. S. Nügelsb. Stil. 
8 72, c. ᾿ 

810 τα itaque, Flac. 66. Ac. II. 99. 

error menlis — errans m. wie oben 
8$ 29 imbecillitatem animi; u. unten 


Jl. 36 imprud. oc. cf. Zumpt Gr. 


8$ 672. 


42 DE LEGIBUS 


adsciscitur, similique inscitia mors fugitur quasi dissolutio naturae, 
vita expetitur, quia nos, in quo nati sumus, continet, dolor 
in maximis malis ducitur, cum sua asperitate, tum quod naturae 


interitus videtur sequi. 


32. Propterque honestatis et gloriae 


similitudinem beati qui honorati sunt videntur, miseri autem 


qui sunt inglorii. 


Molestiae, laetitiae, cupiditates, timores 


similiter omnium mentes pervagantur, nec si opiniones aliae 
sunt aput alios, ideireo qui canem et faelem ut deos colunt 
non eadem superstitione qua ceterae gentes conflictantur. 
Quae autem natio non comitatem, non benignitatem, non gratum 


asciscere — Uebers. des stoischen 
Ausdrucks λαμβάνειν (προσίεσϑαι, 
ἐκλέγεσθαι) cf. Fin. 8. 17 — hat als 
Gegenstand res mediae, synon. su- 
mere Fin. 3. 20, assumere Fin. 3.18; 
legere Fin. 4. 40; seligere Fin. 3. 31; 
dagegen bezeichnet erpetere (αΐρεὶῖ- 
σϑαι) in strenger Sprache die Rich- 
tung auf das wahrhaft Gute, vgl. 
Holst. zu Fin. 3. 20 u. Stellen wie 
Fin. 2. 38; 4. 20; 39; 72. 

mors fug. Dass der Tod kein 
Uebel sei, ist der Inhalt des 1. 
Buches der Tusc. 

dolor im malis — die Stoiker 
hielten den Schmerz für kein Uebel 
Tusc. II. 29. Fin. III. 29. Cic, ver- 
ficht im 2. Buche der Tusc. die An- 
sicht, dass er ein sehr geringes 
Uebel sei. 

asperitate, gewóhnlicher  würe 
propter. Vgl. aber III 15 regale 
genus regis vitiis vepudiatum est, 
10. 8 iique praeeundo — praetores 
appellamino (? vgl. C. F. W. Müller 
Adv. Crit. zu de Leg. p. XLV); 
Mur. 23 aliis virtutibus consulatum 
dignum putavi; Hortens. Exord. 12. 
Klotz (Bait. 40) wna cognitione ma- 
turae etiam deorum vita laudanda; 
Part. Or. 76; Div. i. Caec. 8. Mehr 
Nipperd. zu Tac. Ann. III. 24. 
Feldh. zu Leg. 3. 22. Noch kühner 
für ex: istis legibus, quas recitasti, 
non potuit istius familia servos M. 
Tullii occidere, Tull. 48. Vgl. auch 
Seyff. Lael. $ 51. p. 338. 

honest. et. glor. Die Ansicht der 
Stoiker über den Ruhm wird Fin. 3. 
57 vorgetragen. Sie rechneten ihn 
zu den προηγμένα, aber nicht zu 
den Gütern. 

molest. laet. cupid. tim. bezeichnen 


nach der Lehre der Stoiker die vier 
Hauptaffecte, 'denen die übrigen 
untergeordnet wurden, und zwar 
beziehen sich zwei auf ein ver- 
meintliches Gut, die laetitia auf ein 
gegenwürtiges, die cupiditas auf 
ein zukünftiges, zwei auf ein ver- 
meintliches Uebel, die molestia (oder 
aegritudo) auf ein gegenwürtiges, 
timor. auf ein zukünftiges. gl. 
darüber Tusc. IV. 11 ἃ. Fin. 3. 35. 

non eadem superst. Auch der 
Aberglaube ist ein allgemeiner 
menschlicher Fehler, wenn auch 
der Inhalt desselben bei den ver- 
schiedenen Vólkern ein verschiede- 
ner ist. Vgl. Hor. Sat. ll. 3 (wo 
die Lehren der Stoiker verspottet 
werden) V. 79 u. V, 281—295. Cic. 
Nat. d. II. 71 sq. 

nec 8ὲ — idcirco, 80 wird idc. 
regelmüssig gebraucht, wenn nach 
Aufstellung einer Bedi oder 
eines Grundes eine Folge negirt 
werden soll Vgl. $ 42; Il. 10; 
Fin, 4. 13; d. Or. 2. 38; 170; p. 
Quinct. 87; Top. 16; Fat. 9; selten 
(wenigstens bei Cic. deo, d. Or. 
ll. 302; propterea Or. 68; ob eam 
causam d Or. I. 216; Fin. 4. 30; 
2. 49; cf. Hand, Turs. idc. 4; 
Wichert Stil. 8 240; Nügelsb. Stil. 
8185. (Ueber das in lebhafter Rede 
hier besonders gebrüuchliche con- 
tinuo vgl. Wich. $ 123.) 

comitas (Freundlichkeit im Be- 
nehmen — in Geberden und Wor- 
ten) erhült als Gegensatz superbia; 
gratus animus — ingrati; somit ist 
7u benignitas malefici und | crudeles 
als Ggs. zu nehmen. Demnach steht 
benignitas hier nicht, wie sonst 
meistens, in dem engeren Sinne von 


LIB. I. CAP. 11. 12. 8 31—33. 43 
LÀ 
animum et beneficii memorem diligit? quae superbos, quae 
maleficos, quae crudeles, quae ingratos non aspernatur, non 
odit? quibus:ex rebus cum omne genus hominum sociatum 
inter se esse intellegatur, illud extremum est, quod recte vi- 
vendi ratio meliores T efficit. Quae si adprobatis, pergam ad 
reliqua: sin quid requiritis, id explicemus prius. ATT. Nos 
vero nihil, ut pro utroque respondeam. 

XII 33. M. Sequitur igitur ad partieipandum alium ab 
alio communicandumque inter omnes 1us nos natura esse factos. 
Atque hoc in omni hae disputatione sic intellegi volo, ius 
quod dicam natura esse, tantam autem esse corruptelam malae 
consuetudinis, ut ab ea tamquam igniculi extinguantur a 
natura dati exorianturque et confirmentur vitia contraria. Quod 
si quo modo est natura, sic iudicio homines 'humani, ut ait 
poéta, 'nihil a se alienum putarent', coleretur ius aeque ab 


omnibus. 


Freigebigkeit cf. Off. I. 44. (opp. 
maligniias, Knauserei cf. Liv. V. 
20. 2; 22. 1); sondern in dem wei- 
teren von Güte, welche sich ebenso 
durch Dienstleistungen wie durch 
Geldopfer bethátigt cf. Off. IL. 52. 
(Reiffersch. streichtmaleficos ; warum 
dann nicht lieber crudeles? Wenig- 
stens berührt sich beneficentia, der 
eigentliche Ggs. von maleficus, mehr 
mit benignitas, cf. Off. I. 42., als 
clementia der Ggs. von crudelitas.) 

meliores efficit. ^ Dass das gute 
Leben besser macht, ist eine leere 
Bemerkuug. Denn wie verstánde 
sich das nicht von selbst?  Ausser- 
dem kann darin unmóglich eine 
Eigenthümlichkeit des Menschen- 
geschlechts gesehen werden, die 
&uf eine Verbindung desselben 
schliessen lasse. Ich vermuthe einen 
Begriff wie glücklich (laetiores? 
oder ommes beatos — felices? An 
sich wáüre ommes micht nóthig, s. 
Vahl.). 

Cap. XIL. 8 33. part. alium ab 
alio (ab beim Gerund., wie Dom. 19, 
Fam. I. 9. 17; cf. F. Schultz 8 413, 
A. 3) sc, iuris, was aus dem folgen- 
den ius herauszunehmen. 

inter omnes - omnibus (ab om- 
mibus) inter 86 (omnibus inter omnes) 
Off. 1, 51. 

quomodo — sic wie Acad. Il. 8 38; 
ῷ 146; Off. I. 136; Fin. 3. 67. 

humani — alien. putar. Worte 


[Quibus enim ratio a natura data est, isdem etiam 


des Terenz Heaut. I. 1. 25, auch Off. 
L 30 (vgl Fin. 3. 63) angeführt. 

Quibus enim flg. Mit fast den- 
selben Worten war oben ὃ 23 die 
Rechtsgemeinschaft zwischen den 
Góttern und Menschen dargethan. 
Ausserdem unterbrechen diese Worte 
(bis exitiorum qmniwm) den Zusam- 
menhang. Cic. leitete sachlich aus 
der Verwandtschaft und Gleichheit 
aller Lebensbedingungen die Rechts- 
gemeinschaft unter den Menschen 
her. Wozu bedarf es nach Ab- 
schluss dieser Herleitung noch die- 
ser formal-dialektischen Begrün- 
dung? Sodann schliessen sich die 
folgenden Worte: Unde est illa sq. 
trotz Allem, was Feldh. gegen Bake, 
der recteque flg. bis amicitia locus 
anstóssig gefunden, sagt, wenig ge- 
nau an das Vorhergehende an. 
Nicht aus dem Zusammenfallen des 
Nutzens und des HRechtes ist der 
Ausspruch des Pythagoras φίλων 
πάντα κοινά, der, wie man anneh- 
men muss, hier ausgefallen ist, her- 
vorgegangen, sondern aus der Er- 
wügung, dass bei denen, die durch 
Gleichheit des Wesens und der Ge- 
fühle mit einander verbunden sind, 
auch dasjenige, was dem Anderen 
widerführt, einem selbst nicht fremd 
sein dürfe. Auch der folgende Satz: 
cum hane benevolentiam | weist auf 
die Terentianischen Worte zurück, 
die nach so vielen Zwischeneützen 


44 DE LEGIBUS 


recta ratio data est: ergo et lex, quae est recta ratio in iubendo 
et vetando: si lex, ius quoque. Et omnibus ratio: ius igitur 


datum est omnibus, recteque Socrates exsecari eum solebat, 


qui primus utilitatem a iure seiunxisset: 34. id enim quere- 
batur caput esse exitiorum omnium.| Unde est illa Pytha- 
gorea vox: [de amicitia locus.] Ex quo perspicitur, quom hane 
benivolentiam tam late longeque diffusam vir sapiens in aliquem 
pari virtute praeditum contulerit, tum illud effiei, quod quibus- 
dam incredibile videatur, sit autem necessarium, ut nihilo sese 
plus quam alterum diligat. Quid enim est quod differat, quom 
sint cuncta paria? Quod si interesse quippiam tantulum modo 
potuerit, amicitiae iam nomen occiderit, cuius est ea vis, ut, 
simul atque sibi aliquid alter maluerit, nulla sit. Quae prae- 
muniuntur omnia reliquo sermoni disputationique nostrae, quo 


facilius ius in natura esse positum intellegi possit. 


De quo 


quom perpauca dixero, tum ad ius civile veniam, ex quo haec 


ommnis est nata oratio. 


dem Leser kaum noch gegenwártig 
sein kónnen. Hiernach halte ich: 
Quibus enim flg. — exitiorum om- 
nium für einen spüteren Zusatz, den 
entweder Cicero selber (denn sprach- 
liche Anstósse, die Bake entdecken 
wollte, bietet die Stelle nicht) oder 
ein Anderer gemacht hat. Mit Ein- 
schaltung der Worte von recteque 
an aber bis locus, wie Dake thut, 
sind die Hauptbedenken nicht be- 
seitigt. Fraglich würde sein, ob 
auch der Satz: wnde est flg. für ein- 
geschoben zu halten sei, der aller- 
dings unbeschadet des Sinnes eben- 
falls fehlen kónnte. 

et für etiam, das die Puristen 
überall bei Cic. zu entfernen suchen, 
findet sich handschriftlich sowohl 
hier, wie noch an vielen anderen 
Stellen: 8 40 et in idis 8 44 et 
communis 1ntellegentia; 2. 63 nam 
εἰ Athenis; 3. 4 et in his eti am (Ὁ), 
wo 8. Nat. d. IL. 155 et spectaculum ; 
HL 11 et illud; Corn. B. 65 et illa; 
Cluent. 10 simul et :llud; 48 desgl.; 
155 desgl.; Hosc. Com. 39 et tw; 
Off. I. 133 et alii; 1. 142 et ordinem; 
d. Fin. 3. 27 et probandum; Div. 
I. 34 et auctoritatem; 1. 40 et apud 
Ennium; I. 63 et id ipsum; 1. 65 
et illud; 1. 121 et signa eius ge- 
neris; Rep. V. 8 et vestrae litterae; 
ib. II. 32 in einem Fragm. et istum 
und hernach et alteri. (Caecin. 58 


et ipsi handschriftl., wofür Halm 
ei emendirt. |Mehr Drüg. Hist, 
Synt. $ 312. Beachtung verdient, 
dass besonders háüufig ein Pronomen 
auf et folgt. 

et omnibus; et in der Assumptio 
wie Tuse. III. 9 qui in morbo sunt, 
sani non sunt: et omnium insipien- 
tium animi in morbo sunt. Mehr 
Tischer zu dies. St. cf. Hand Turs. 
II. », 489, Seyffert, Schol. lat. p. 200. 

ocraies exSecr. sq. Dieser Aus- 
spruch findet sich auch — mit ge- 
ringer Modification — Off. III. 11 
Socratem exsecrari solitum eos, qui 
primum haec — wtilitatem et hone- 
statem. — natura cohaerentia opi- 
nione distrazxisset, 

8 34. late l., seltene Stell. wie 
Nat. d. I. 54; meist umgekehrt, wie 
Nat. d. II. 40; Div. I. 79; Fin. 2. 115; 
Caes. b. g. IIL 35; Liv. X. 34. 10. 

plus st. magis Ofter bei Verben 
des Affects (cf. Hand Turs. IV. p. 
475) wie Il. 3 plus me delectat ; 


II. 4 plus amabo; Att. 6. 2. 10 plus - 


plusque diligo; Fam. 10. 19. 2 plus 
faveo (Rep. IV. 11 non plus decuit); 
aber auch sonst Parad. 29 plus uti- 
mur; Acad. IL 107 plus uti. 

differat τα intersit ,ein Unter- 
schied sein", wie Fin. 3. 50 aliquid, 

wod differret, esse voluerunt (vgl. 
Lem Madv.); Acad. I. 18; II. 55; 
Rep. I. 67; Div. 2. 76; 96. 


- 
C 


LIB. I. CAP. 12. 13. $ 33—35. 45 


XIIL 35. 9. Tu vero iam perpauca scilicet. Ex his enim, 
quae dixisti, Attico ...... videtur, mihi quidem certe ex na- 
tura ortum esse jus. ArT. An mihi aliter videri possit, cum 
haec iam perfecta sint, primum quasi muneribus deorum nos 
esse instructos et ornatos, secundo autem loco unam esse ho- 
minum inter ipsos vivendi parem et communem rationem, deinde 
omnes inter se naturali quadam indulgentia et benivolentia, 
tum etiam societate iuris contineri? Quae quom vera esse 


Cap. XIIL 8 35. scilicet hoffent- 
lich (fürwahr, jedenfalls) cf. Att. 
2. 19. 4 impendet negotiwm, ad. quod 
iw scilicet advolabis. Zu ergànzen: 
dices od. dic. Der Ausfall impera- 
tivischer Formen bei Verben des 
Sagens und Thuns im Gesprüchton, 
auch sonst δέξου, cf. Fin. 2. 17 finem 
interrogandi, si videtur (sc. fac), 
dazu Madv.; Fin. 4. 2 quare ad ea 
primum (sc. responde od. respon- 
deatur). Mur. 62 at temporis causa 
(sc. me feceris, οἷ. Halm dazu); hier 
um 80 leichter, weil nur dieser Mo- 
dus, nicht auch das Verb, das vor- 
ausgegangen (dixero), hinzuzufügen 
(cf. Drág. I. $ 119. II. 3. B. a. u. 
5. c). Feldh. fasst scilicet in der 
gewóhnlichen iron. Bedeut.,, und 
ergánzt also dixisti. Aber Cic. hatte 
78 nicht gesagt, dass er Weniges 
darüber gesprochen habe, sondern 
sprechen werde. 

Attico, hierauf ist eine Lücke im 
Texte, die etwa auszufüllen ist mit 
quoque (etiam), opinor oder opinor, 
ipsi —. Vahl. meint, dass nichts 
— und bezieht Attico dem- 
nàch auf dixisti. Aber. das Ge- 

rüch war doch nicht an diesen 
blos gerichtet. 

mihi quidem certe: Quintus, der 
entweder durch kein Lehrsystem 
(s. Drum, VI. p. 751) gebunden, oder 
als Peripatetiker (cf. Fin. 5. 96) 
verwandter Richtung mit Marcus 
waàr, konnte unbedenklicher den 
Gründen des letzteren nachgeben, 
als der dem Epilureismus zugethane 
Atticus 


videtur ortum e. i. Den Anstoss, 
welchen Haupt an der prügnanten 


Bedeu von mihi videtur τα 
censeo, mihi persuadeo nimmt, hebt 
Vahl. durch Berufung auf Tusc. V. 


12 non mihi videtur ad beate víiven- 


dum satis posse virtutem (wozu vgl. - 
Tisch.)  Hiernach scheint auch an 
dieser St. der Accus. c. Inf. anzu- 
nehmen, worauf wohl auch die Stel- 
lung von videtur hindeutet. 

inter ipsos cf. $ 16, $28. II. 16. 
Off. I. 20; ebds. 51, u. Berger Stil. 
8 29. 

muneribus — instructos weist auf 
den in Cap. VII—IX enthaltenen 
Nachweis von der góttlichen Ab- 
stammung der Menschen hin, wnam 
— rationem auf die in C. X—XI 
dargelegte Gemeinsamkeit und Ver- 
bindung der Menschen durch gleiche 
Geistes-Anlagen und -Zustünde, om- 
nes — benevolentia auf die Ausfüh- 
rungen in C. XII; twm etiam reiht 
etwas frei und locker das Ergebniss 
der gesammten Erórterung an, das 
auch C. XII schon bezeichnet war. 

Es dürfte hier die Frage aufzu- 
werfen sein, in welchem Verhilt- 
niss die drei hier aufgestellten Sátze 
zu einander stehen, welche Bedeu- 
tung sie für den Beweis, dass das 
Recht in der Natur wurzele, haben. 
Genügte der zweite Satz, dass die 
Menschen durch  Gleichheit der 
Grundbedingungen ihres Lebens, 
nümlich ihrer geistigen EFigenschaf- 
ten, mit einander verbunden sind, 
nicht, um das gegenseitige Wohl- 
wollen und damit ein gemeinsames 
Hecht zu begründen? Wozu be- 
durfte es erst des Satzes, dass die 
Menschen von Gott mit einem Theile 
seines Wesens ausgerüstet und mit 
ihm verwandt sind? Aus Ciceros 
Auseinandersetzung leuchtet das 
nicht klar hervor; es bedarf viel- 
mehr dazu eines freien Eingehens 
in die stoische Lehre überhaupt. 
Oben (8 21) war schon bemerkt, 
dass aus der Verwandtschaft mit 
Gott, aus der Mittheilung seines 


46 DE LEGIBUS 


recte, ut arbitror, concesserimus, qui jam licet nobis a natura 
leges et iura seiungere? 236. M. Recte dicis, et res se sic 


habet. 


Wesens an die Menschen die Fróm- 
migkeit, die eine Unterart der Ge- 
rechtigkeit bildet (cf. Part. or. 8 78, 
d. Fin. 3. 64, Leg. 1. 60; Nat. d. 
IL 153; 1. 116; ἃ. oben zu 8 21) 
hergeleitet, dass darauf ein wich- 
tiger Theil der Staatsgesetzgebung, 
die Einrichtung des Cultus, welche 
den Inhalt des zweiten Buches aus- 
macht, gegründet wird. Aber da- 
mit würe die Beziehung des Satzes 
nur auf einen Theil des Rechtes 
erklürt, wührend mit dem anderen 
Theil, welcher das Recht der Men- 
schen zu einander begreift, noch 
kein Zusammenhang sich ergübe. 
Die Sache liegt so. Nach der Lehre 
der Stoiker ist die Grundlage aller 
menschlichen Pflichten der Trieb 
der Selbsterhaltung, die Selbst- 
sucht (Fin. 1Π|. 16). Um von dieser 
aber zu den Pflichten gegen Andere 
zu gelangen, bedienten sie sich der 
Brücke der Verwandtschaft (Fin. 
III. 62; IV. 17; cf. II. 45. Off. I. 12 
u. 1. 54). Die Verwandten sind mit 
dem eigenen Wesen verwachsen 
und entweder der Ursprung oder 
Ausfluss desselben. Die Elterm lie- 
ben in den Kindern einen "Theil, 
die Kinder in den Eltern den Quell 
ihres Wesens. Die Verwandtschaft 
unter den Menschen aber ist eine 
mittelbare, sie beruht auf der ge- 
meinsamen Abstammung von Gott 
(At III. p. 180, besonders die 
telle aus Epictet, ἃ, p. 103. A. 4). 
Gott ist das Ganze, welches uns 
Alle umfasst (Z. II]. p. 77 flg. u. 
p. 103); durch ihn, d. h. als Theile 
von ihm, hüngen wir mit einander 
zusammen und gehóren uns an 
Z. III. p. 173). In dem zweiten 
atz aber, welcher die Gleichheit 
des Wesens unter den Menschen 
ausspricht, ist die Schranke unserer 
Zuneigung und somit des Rechtes 
bestimmt. Zu den Thieren, welche 
ja auch in gewissem Sinne Gott, 
als dem All, der Natur, angehóren, 
stehen wir in keinem HRechtsver- 
hültnisse (Fin. II. 67), weil die Ver- 


Verum philosophorum more, non veterum quidem 


schiedenheit ihres Wesens das Band 
aufhebt und eine gegenseitige Zu- 
neigung verhindert, Somit ist einer- 
seits Verwandtschaft, andererseits 
Gleichartigkeit des Wesens Grund- 
bedingung des Wohlwollens und 
folglich des Rechtes. 

q"i findet sich ausser bei fieri 
und posse (Ell.-Seyff. 305. A. 3) bei 
licet, wie hier, Ver. 5. 45 (in indir. 
Frage: quaeram, qui licuerit), bei 
evenit Div. 2. 38, bei convenit 
Cluent. 128. Rab. post. 31. Caec. 7. 
Rep. I. 11. Nat. d. 1I. 79; 87; Fam. II. 
16. 2; Fin. 2. 32; ebds. 79. Sall. Cat. 
51. 24; bei decet Leg. 2. 16; consenta- 
neum est Vat. 34 (inind. Fr.), beiappa- 
ret Rep. 3.45 (1nd. Fr.), bei in mentem 
venit Cluent. 122, bei est Nat. d. 1. 
89 (Conject. v. Sehoemann); ebds. 
2. 6 (qui est hoc illo evidentius); 
bei convenire persónl. Fin. 2. 88. 
( qui i$ sibi conveniet), bei distinguere 
ófter d. Or. 2. 144. (qui distingue- 
mus), Acad. II. 48. (abhüngig, nihil 
ut esset, qui distingueretur), ebds. 
ΤΠ, 80 (qui distinguis); bei anderen 
Verben Leg. 1. 55 (qui vides?), 
Brut. 199 (qui praestat), Tusc. 5. 89 
(qui isti melius se habent), Nat. d. 
3. 14 (ind. Fr. qwi ista intellecta 
sint); d. Or. 2. 104 (ind. Fr. qui 
vocetur) u. ebenso 2. 107; Acad. II. 
63 (nd. Fr. qui tibi constares); p. 
Tul. 55 (qui comperisti); ohne Ver- 
bum: Nat. d.3. 36 qui magis? erg. 
vultis; ebds. 3. 40 qui meliora? erg. 
vultis od. statwitis ; ebds, 3. 3 qui tan- 
dem? Div. I. 87 qui hoc turpius, erg. 
est. Vgl. dazu noch Busch, Zeitschr. 
f. Gymnasialw. 1874 (Sept. Oct.). 

8 36. veterum von den Sokratikern, 
Akademikern, Peripatetikern im 
Gegens. zu den Stoikern, ebenso 
d. Fin. 4. 17, ebds. 4. 91 (vetus 
philosophia) ; Acad. I. 3; in gleichem 
Sinne ófter antiqui, d. Fin. 4. 8; 
ebds. 4. 20; 4. 94; 4, 62; b. 73; 
Acad. I. 39; Leg. I. 54; 55; ferner 
superiores Acad. I. 38; d. Fin. 4. 58. 
Da aber vetus, wie antiquus ein 
relativer Begriff, so versteht es sich 


LIB. I. CAP. 13. 8 35. 36. 41 


illorum, sed eorum, qui quasi officinas instruxerunt sapientiae, 
quae fuse olim disputabantur ac libere, ea nune articulatim di- 


stincta dicuntur. 


Nec enim satis fieri censent huie loco, qui 


nune est in manibus, nisi separatim hoc ipsum, natura esse 


von selbst, dass die Bedeutung nach 
dem Zusammenhang verschieden 
sein kann, so veteres physici von 
Empedocles u. s. w. Acad. II. 13; 
antique in Bezug auf die álteren 
'Akademiker alleim Acad. I. 43 (so 
antiqua Academia Leg. I. 583. vetus 
Academia Acad. I. 7; ebds. 33 u. 
43. IIl. 132, ebds. 136. Leg. I. 38. 
Fin. 5. 8. opp. recens Leg. 1. 39. 
adolescentior Fam. 9. 8. 1. mova 
Acad. 1. 46. Fin. 5. 7), die álteren 
Epikureer Fin. 1. 6. Vgl. Feldh. 
z. d. St. 

officinae: die zergliedernde, in's 
Kleinste zerlegende — dabei Alles 
in bestimmter Reihenfolge auf- 
führende — Behandlungsweise der 
Stoiker, in welcher jeder einzelne 
Punkt wieder mit der gróssten Ge- 
nauigkeit und Ausführlichkeit der 
Begründung festgestellt wird, ver- 

leicht C. mit Werkstátten oder 

abriken, wo jedes Stück besonders 
in besondren dafür eingerichteten 
Abtheilungen hergestellt und mit 
móglichster Vollkommenheit aus- 
gearbeitet wird. 

fuse ac libere in freiem Ergusse, 
so dass der Vortrag in einer ge- 
wissen Breite, ohne sich immer auf 
das Wesentlichste zu beschráünken, 
und ohne bestimmte Ordnung des 
Einzelnen, bequem dahin floss. 

articulatim | distincta Glied für 
Glied geschieden, d. h. in einzelne 
Glieder zerlegt, in streng sondern- 
der Behandlung, wobei sich zur 
Sache nicht Gehóriges nicht leicht 
einschleichen konnte. 

separatim. | Die Angemessenheit 
dieses Ausdrucks, sowie der vorher- 
gosse Bemerkungen in diesem 

usammenhang leuchtet nicht recht 
eim, da die bisherige Erórterung 
eine gesonderte Behandlung des 
hier angegebenen Punktes nicht 
vermissen Tiess, auch nirgends aus 
dem Hahmen des Themas heraus- 
que war. Den Vorwurf, der 

sonst oft genug trifft, über 


die vorliegende Frage hinauszu- 
schweifen, begründet das Voran- 
gehende in keiner Weise. Denn 
Alles, was von C. VII bis XII vor- 
getragen war, diente lediglich dem 
Beweise, dass das Recht in der 
Natur beruhe. Fassen wir aber die 
nachfolgende Erórterung in's Auge, 
so ist sie allerdings in sofern nicht 
ganz massgebend zur Prüfung, in 
wiefern dem hier geáusserten Vor- 
satz mehr als bisher entsprochen 
werde, da nach diesem Capitel in 
den Handschriften sich eine gróssere 
Lücke findet. "Was jedoch dann 
kommt (C. XIV —XIX),unterscheidet 
sich von der bisherigen Beweis- 
führung darin, dass sie negativ ist, 
d. h. in der Widerlegung des Ge- 
gentheils besteht (nur mit einigen ge- 
legentlichen Unterbrechungen: $ 42 
est enim wnwm 1us — sive musquam ; 
Cp. 17 nam ut vera — ad naturam 
referenda suni; 8 51 am corporis 
pravitates — stultitia dici | potest, 
wo die indirecte Beweisführung in 
die directe umspringt) Wenn zwi- 
schen diesem Theil und dem vor- 
hergehenden positiv sachlichen Be- 
weise noch etwas vermisst wird, so 
ist es hóchstens noch eine (posi- 
tiv formal-dialektische  Be- 
gründung, welche durch blosse logi- 
sche Combinationen oder Begriffs- 
verbindungen den zu beweisenden 
Satz zu gewinnen sucht, von der 
Art, wie sie in C. Xll, aber an un- 
rechter Stelle (quibus enim ratio — 
8, oben), vorkam, auch sich spüter 
einmal — OC. 17, s. daselbst — ge- 
legentlich findet, vgl. auch IT. 
12—13, wie sie sich Fin. III 27—29 
an die sachliche Herleitung des 
hóchsten Gutes anschliesst und auch 
sonst gern von den Stoikern ange- 
wendet wurde. Vgl. Ciceros Schrift 
de Fato, in welcher die stoische 
Begründung ihrer Ansicht, dass Alles 
durch das Schicksal regiert werde, 
sowie die Widerlegung derselben 
nur auf formal-logischem Wege ge- 


48 DE LEGIBUS 


ius, disputarint. ATT. Et scilicet tua libertas disserendi amissa 
est, aut tu 1s es, qui in disputando non tuum iudicium sequare, 
set auctoritati aliorum pareas. 31. M. Non semper, Tite. Sed 


iter huius sermonis quod sit vides. 


Ad res publieas firman- 


das et ad stabiliendos iure sanandosque populos omnis nostra 


pergit oratio. 


Quocirca vereor committere ut non bene pro- 


visa et diligenter explorata principia ponantur, nec tamen 
ut omnibus probentur — nam id fieri non potest —, sed ut 
eis, qui omnia recta atque honesta per se expetenda duxerunt 
et aut nihil omnino in bonis numerandum, nisi quod per se ᾽ 
ipsum laudabile esset, aut certe nullum habendum magnum 


schieht. Dass ein solches Ver- 
fahren sich hier anreihen sollte, 
wird auch durch den einigermassen 
ühnlichen Ausdruck, mit dem Fin. 
Π|. 26 zu demselben übergegangen 
wird, nahe gelegt: Quod autem con- 
tinet eam disciplinam, de qua loquor, 
ut quod honestum sit, id solum bo- 
»wm iudicemus, potest id quidem 
f"se et copiose et omnibus electissi- 
mis verbis gravissimisque sententiis 
εἰ augeri et ornari, sed. consectaria 
me Stoicorum brevia et acuta de- 
lectant. Mag nun aber eine der- 
artige Beweisführung oder gleich 
die Zefutatio Contrarii darauf ge- 
folgt sein, so ist in jedem Falle 
der Ausdruck separatim für verfehlt 
zu halten. Fragen wir, was Cicero 
beider Wahldesselben vorgeschwebt 
haben mag, so dürfte es das sein, 
dass die sachlichen Ausführungen 
in Betreff der Gottühnlichkeit τ, s. w. 
ein selbstündiges Interesse haben, 
welches nicht nóthigt, den Blick 
immer auf die These zu richten, 
wührend diefolgenden Ausführungen 
sich nur um das Thema bewegen. 


et scilicet: et vor Versicherungs- 
partikeln führt ófter eine Entge- 
gnung ein, gleichsam als ergánzenden 
Zusatz zu einer vorhergegangenen 
Bemerkung, cf. $ 4 et mehercule, be- 
sonders hüufig so et quidem, worüber 
zu IIl. 24. 


libertas d. a. e. bezieht sich auf 
die philosophische Richtung Ciceros, 
dem die neuere Akademie, zu wel- 
cher er sich bekannte, volle Frei- 
heit gab, sich in allen Lehrsystemen 
umzusehen und das, was am tüber- 


zeugendsten schien, auszuwühlen; 
vgl. unten. 

aut, welches auf den ersten Blick 
auffallig ist (denn die Unterwerfung 
des eigenen Urtheils unter das An- 
derer scheint sich mit der Freiheit 
des Denkens nicht zu vertragen, 
weshalb ect passender erschiene) lüsst 
sich so erklüren: entweder hast du 
dich von der neueren Akademie 
losgesagt und damit principiell 
die Freiheit deiner Meinungen auf- 
gegeben, oder du nimmst diese 
Freiheit zwar grundsützlich noch 
für dich in Anspruch, thatsüch- 
lich aber opferst du sie dem An- 
sehen Anderer. 

8. 37. sanare cf. Att. 1. 18. 2 
corrigere et sanare civitatem. Die 
damaligen politischen und recht- 
lichen Zustünde, insbesondere Roms, 
hielt Cic. für durchaus verderbt, zu 
deren Heil er sich schmeichelte 
durch diese Schrift beitragen zu 
kónnen, 

ut omnibus p. (damit), als wenn 
nolo committere voranginge, was 
dem Sinne nach in vereor liegt. 

mihil ommino — laudabile esset, 
nümlich vor Allen die Stoiker, ausser- 
dem die Skeptiker (Pyrrho), welche 
das hóchste Gut in die ἀπάϑεια 
setzten und das Vorhandensein aller 
Dinge ausser der Tugend und dem 
Laster in Zweifel zogen (Madv. z. 
Fin. II. 43), Aristo, &. unten, Erillus, 
dessen Prinzip des glücklichen Le- 
bens die Weisheit, cf. Fin. 2. 35 
u. 43; 3. 31. 

aut certe nullum — posset, Platos 
und Aristoteles Schule; ferner Calli- 


LIB. I CAP. 13. $ 36—38. 49 


bonum, nisi quod vere laudari sua sponte posset, — 38. iis 
omnibus, sive in Academia vetere cum Speusippo, Xenocrate, 
Polemone manserunt, sive Aristotelem et Theophrastum cum 
ills congruentis re, genere docendi paulum differentis secuti 
sunt, sive, ut Zenoni visum est, rebus non commutatis inmuta- 
verunt vocabula, sive etiam Aristonis difficilem atque arduam, 


ho, der zur Tugend das Vergnügen, 
oe keel der zu ihr die Schmerz- 
losigkeit hinzufügte, cf. Fin. II. 34 
u. 35. 

8 38. Speusippus, aus dem athen. 
Demos Myrrhinus, geb. 395 v. Chr., 
ein Sehwestersohn Piatos, wurde 
nach dessen Tode (348) sein Nach- 
folgerin der álteren Akademie, T 334. 

Xenocrates aus Chalcedon, geb. 
396, Nachfolger des Speusippos, 
25 Jahre lang Vorsteher der Aka- 
demie, durch strenge Sittlichkeit 
ausgezeichnet, von der manche 
Anekdoten zeugen; ᾧ 314. 

Polemo aus Athen, Schüler des 
Xenocrates und Lehrer des Zeno. 
Von einem ausschweifenden Leben 
wendete ersich plótzlich mit grossem 
Ernst der Philosophie zu, Hor. Sat. 
IL. 3. 253 flg. 

Aristoteles aus Stagira, geb. 384, 
Gründer der peripatetischen Schule, 
der grósste Denker und Gelehrte 
des Alterthums, 1 322. 

hrastus aus Eresos auf Les- 
bos, zuerst der Schüler des Plato, 
dann der Schüler und Freund des 
Aristoteles, von 322 an Haupt der 
creen contem Schule, auf dem Ge- 
iete der Ethik noch jetzt durch 
seine ἠθικοὶ χαρακτῆρες bekannt. 
Grósser noch sind seine Verdienste 
in der Naturkunde, besonders in 
der Pflanzenlehre (Fin. 5.10). Ueber 
seine politischen Schriften vgl. 
lil. 14. 

congruentes re, genere d. p. diffe- 
rentes. Uebereinstimmung herrschte 
in sofern, als Plato — jedoch nicht 
ohne einiges Schwanken in seiner 
Lehre — das Sinnlichangenehme 
neben dem Sittlichguten nicht ver- 
warf, und Aristoteles ausser der 
Tugend auch die kórperlichen und 
&usseren Güter zur Bedingung der 
Glückseligkeit machte. Dagegen in 
der Methode des Lehrens ist der 
Unterschied nicht, wie Cic. cs an- 


Cicero de legibus. 


gesehen wissen will, eben gering, 
wenn anders Plato eine apriorische 
Idee des Guten annahm, Arist. die 
Erkenntniss desselben auf empiri- 
schem Wege gewinnen liess, jener 
ferner die Tugenden (deren er der 
Volksansicht folgend vier annahm) 
aus den drei Seelenvermógen (vovs, 
Svuog, ἐπιϑυμία) und ihrem Ver- 
hàltniss zu einander herleitete (s. 
Republ.), dieser aus der Verschieden- 
heit der Objecte (daher er soviel 
kannte als Gegenstánde des Be- 
gehrens) und dabei jene bekannte 
Bestimmung der Tugend als die 
Mitte zwischen zwei entgegenge- 
setzten Lastern erfand und durch- 
führte. 

Zeno der berühmte Stifter der 
stoischen Schule, aus Cittium auf 
Cyprus (daher von Cic. Fin. 4. 56 
scherzhaft Poenulus genannt), kam 
ungefáhr um 326 nach Athen und 
hórte hier den Cyniker Crates, den 
Megariker Stilpo und Diodor, die 
Akademiker Xenocrates und Polemo. 
Erst im reifen Mannesalter lehrte 
er in der στοὰ ποικίλη, starb im 
hohen Alter um 260. 

rebus von comm. — vocabula, in- 
sofern die Stoiker die  üusseren 
Güter προηγμένα, die entgegenge- 
setzten Uebel ἀποπροηγμένα nann- 
ten. Dem Beweise, dés damit 
nichts in der Sache, sondern nur 
in den Worten geündert sei, ist 
das 4. Buch de Finibus gewidmet. 

Aristo aus Chios, um 275 v. Chr, 
Schüler des Zeno und Polemo, er- 
klürte Alles zwischen der Tugend 
und dem Laster für ἀδιάφορα (cf. 
unten $ 55) und setzte die Glück- 
seligkeit selbst in die ἀδιαφορία 
der Seele; cf. Madv. d. Fin. II. 43. 
Von den Skeptikern unterschied er 
sich haupteüchlich dadurch, dass 
jene auch keinen Antrieb des Han- 


.delns übrig liessen, dieser als sol- 


chen dasjenige anerkannte, 
4 


ΕΒ 


50 DE LEGIBUS 


sed iam tamen fractam et convictam sectam secuti sunt, ut 
virtutibus exceptis atque vitiis cetera in summa aequalitate 


ponerent, iis ommibus haec, quae dixi, probentur. 


39. Sibi 


autem indulgentis et corpori deservientis atque omnia quae 
sequantur in vita quaeque fugiant voluptatibus et doloribus 
ponderantis, etiam si vera dicunt — nihil enim opus est hoc 
loco litibus —, in hortulis suis iubeamus dicere, atque etiam 
ab omni societate rei publicae, cuius partem nec norunt ullam 
neque umquam nosse voluerunt, paulisper facessant rogemus. 
Perturbatricem autem harum omnium rerum Academiam, hanc 


dem Weisen in den Sinn küme 
(quodcunque in mentem incidit et 
quodcunque tanquam occurrit, d. 
Fin. 4. 43, dazu Madvig). 


probentur (Emendation des Tur- 
nebus) Coniunctivus optativ., der 
nicht mehr von wt abhüngig zu 
denken ist (das erlaubt der neue 
Ansatz mit his omnibus und die 
Lünge des Satzes nicht), sondern 
anakoluthisch für den Finalsatz ein- 
tretend. 


8 39. sibi indulgentes flg. Dass 
Cic. hier die Epikureer im Auge hat, 
obwohl auch die Cyrenaiker, die 
Anhünger des Aristippos, die Lust, 
und Hieronymus (cf. Fin. 2. 8), was 
der Ansicht Epikurs in Wahrheit 
noch nüher steht (cf. Fin. I. 37), 
die Schmerzlosigkeit für's hóchste 
Gut erklürten, geht aus dem folgen- 
den Aortulis hervor. (Vgl. unten 
8 54.) Denn mit diesen werden die 
Gürten Epikurs bezeichnet, die er 
testamentarisch seinem Schüler Her- 
marchus und dessen Nachfolgern 
auf dem Lehrstuhle hinterlassen, in 
denen auch zu Ciceros Zeit noch 
die Lehrvortrüge dieser Schule ge- 
halten wurden. Vgl. Fin. 5. 3. 
Nat. d. I. 93 u. 120. d. Or. 3. 63. 
— litibus mit Anspielung auf die 
Streitlust der Epikureer, wozu s. 
& 91. 


societate rei p. Dass die Epikureer 
keinen Werth auf die Betheiligung 
am Staatsdienste legten, ist bekannt 
(vgl. Epikurs Rath μὴ πολιτεύεσθαι, 
Att. 14. 20, 5) und folgte auch 
nothwendig aus ihrem Princip des 
glücklichen Lebens, Sprachen sie 
doch auf Grund desselben auch den 


Góttern alles Eingreifen in die 
menschlichen Angelegenheiten ab. 


paulisper facessant. Die Gleich- 
gültigkeit gegen die Zustimmung 
der Epikureer, die Cic. hier zur 
Schau trügt, dürfte nicht aufrichtig 
sein, da die ganze folgende Er- 
órterung, wie ein Blick auf das 2. 
Buch de Finibus lehrt, gerade gegen 
diese gerichtet ist. 


Perturbatricem. Die neuere Aka- 
demie (deren Stifter Arcesilas, und 
Hauptvertreter Carneades u. Clito- 
máàchus waren) schloss sich in der 
Lehrmethode sowie theilweise in 
dem Inhalt ihrer Lehren wieder 
enger an Socrates an, wührend die 
ültere sich an Plato hielt. So 
machte sich jene vor Allem den 
socratischen Grundsatz zu eigen, 
dass die hóchste Weisheit darin 
bestünde, zu wissen, dass man nichts 
wisse, leugnete aber folgerichtig, 
dass auch dieser Grundsatz Gewiss- 
heit habe. Hierdurch berührte sie 
sich mit dem Skepticismus, und 
schon die Alten waren in Zweifel, 
worin der Unterschied beider Rich- 
tungen lüge. Indessen erkannte sie 
doch auf dem Gebiete der Moral 
wenigstens die Geltung des Wahr- 
scheinlichen an. Von dieser Schule 
nun konnte Cic. nicht erwarten, 
dass sie sich durch seine Gründe 
überzeugen liess, vielmehr musste 
sie, ihrem Princip gemüss, dass es 
keine Gewissheit gübe, auch der 
bündigsten Beweisführung ihre Zu- 
stimmung versagen und Alles, was 
festgestellt zu sein schien, wieder 
wankend machen und in Ver- 
wirrung bringen. 


LIB. I. CAP. 13. $ 38. 39. 51 


ab Arcesila et Carneade recentem, exoremus ut sileat. Nam 
si invaserit in haec, quae satis scite nobis instructa et com- 
posita videntur, nimias edet ruinas. Quam quidem ego placare 


cupio, summovere non audeo. . 


Arcesilas aus Pitane in Aeolien, 
ein Schüler des Peripatetikers Theo- 
phrast und des Akademikers Polemo, 
geb. um 315, gest. 241. 


Carneades geb. 213 zu Cyrene, 
Schüler des Arcesilas, war im J. 155 
(mit Diogenes und Critolaus) Mitglied 
der bekannten Philosophengesandt- 
schaft in Rom. In seinen sehr be- 
redten Vortrágen bekámpfte er be- 
sonders die Ansichten des berühmten 
Stoikers, seines Zeitgenossen Chry- 
sippus. Seine Lehren wurden, da 
er, in seiner Methode ein echter So- 
kratiker, nichts Schriftliches hinter- 
liess, von seinem Schüler Clitoma- 
chus der Nachwelt  überliefert; 
t 129. 

submovere non audeo. Zu dieser 
rücksichtsvollen Bemerkung bewog 
Cicero der Umstand, dass er sich 
gelbst zu dieser Schule záhlte, wenn- 
gleich er auf dem Gebiete der 
Moralphilosophie sich mehr zu den 
Stoikern hielt. 


Cap. XIV. $40. Der Anschluss an 
den Text, dem offenbar eine gróssere 
Lücke vorhergeht, lásst sich durch 
Voranschickung etwa folgender Ge- 
dankenreihe gewinnen: Beruhte das 
Recht blos auf menschlicher Satzung, 
80 würde die menschliche Gesell- 
schaft auch die Macht haben, bei 
vorgekommenen Vergehungen ge- 

en das bestehende Recht von dem 
ebertreter Des alle cta 
rupit; indem sie entweder 
in der von demselben zu verbüssen- 
den Strafe eine volle Genugthuung 
erblickte, oder ein gewisses Rei- 
re. rh diat t zuliesse. In Wahr- 
heit aber verhált sich die Sache ganz 
anders. Bei blossen Verstóssen ge- 
das formelle Hecht ist ein 
inigungeverfahren zu nichts Nutze, 
wie wenn ich eins der grausamen 
Gesetze &Sullas (übertreten  hátte, 
oder als ich gegen die lex Porcia 
die Catilinarier, welche sich zum 
Untergange des Vaterlandes ver- 
schworen hatten, hinricbten liess. 


[Denn auch in dieser Hinsicht sind 
wir ohne Anwendung alles (s. unten) 
Sühneverfahrensgereinigt. Dagegen 
bei wirklichen Verbrechen gegen 
die Menschen oder irgend welcher 
Pfichtwidrigkeit ist eine Reinigung 
überhaupt nicht móglich.] Hiermit 
beginnt die Reihe der Argumente, 
welche gegen die Epikureische An- 
sicht, dass die Grundlage des Rechts 
der Nutzen, resp. die Willkür des 
Gesetzgebers sei, aufgeführt werden. 
Wir záhlen sie der Uebersicht wegen 
hier gleich kurz auf: 


Càp. XIV. 


1. Wenn die Strafe der Grund wàre, 
das Recht zu beobachten, so würde 
mit der Verbüssung der Strafe 
oder der Anwendung eines áusse- 
ren Sühneverfahrens das Unrecht 
alle Bedeutung verlieren, 

2. so würde im Falle der Straf- 

losigkeit kein Mensch sich vor 
Unrecht scheuen, 

. 80 verdiente ein Uebeltháter viel- 
mehr unvorsichtig als ungerecht 
genannt zu werden. 

4. Nehmen wir den Nutzen als An- 
trieb zur Gerechtigkeit an, so ist 
Gerechtigkeit nichts weiter als 
Schlauheit. 


Cap. XV. 


. Wenn die Gesetzgebung das Recht 
schüfe, so kónnte dasselbe auch 
durch Gesetze von Tyrannen be- 
gründet werden. 

6. Wenn die Gerechtigkeit in der 
Beobachtung der geschriebenen 
Gesetze bestünde und durch den 
Nutzen (Nützlichkeit dieser Be- 
obachtuug) geboten  würe, 80 
würde dieselbe mit dem Fortfall 
des Nutzens schwinden. 

. Wenn nicht die Natur, sondern 
der Nutzen, Quelle des Hechtes 
ist, 80 fallen alle Tugenden fort, 
welche in der Gemeinschaft der 
Vernunftwesen beruhen (deren 
Zweck die Wohlfahrt der anderen 
Vernunftwesen ist). 


4 


I 


σι 


. 


59 DE LEGIBUS 


Cap. XVI. 


8. Wenn der Wille der gesetzgeben- 
den Kórperschaften des Staates 
das Recht begründete, so kónnte 
die Verübung jeglichen Verbre- 
chens Ausfluss des Rechtes wer- 
den, 80 kónnte das, was jetzt für 
tugendhaft gilt, als lasterhaft ge- 
stempelt werden, und umgekehrt, 

. Kónnte das Gesetz, was recht 
und unrecht, gut und schlecht 
is£, bestimmen, so kónnte man 
nicht von guten und schlechten 
Gesetzen sprechen, 

10. Làgeinderschwankenden, freien 
Meinung, nichtin dem angebornen, 
gemeinen, Menschenverstande der 
Massstab für Recht und Unrecht, 
so würden auch die Begriffe des 
sittlich Guten und Schlechten auf 
der Meinung berahen, und nicht 
blos diese, sondern auch die der 
Tugend und des Lasters, und 
nicht blos diese, sondern auch 
diejenigen der Unterarten der 
Tugend und. des Lasters. 


Cap. XVII. 


11. Wie das Wahre und Falsche, das 
Uebereinstimmende und  Wider- 
sprechende von Natur erkannt 
wird, so muss auch die Erkennt- 
niss der Uebereinstimmung des 
ganzen Lebens, nümlich der Tu- 
gend, auf der Natur beruhen. 

12. Die natürlichen Anlagen und 
Krüfte aller Wesen werden von 
der Natur her erkannt: es ist 
somit undenkbar, dass nicht auch 
die Produete dieser Anlagen, die 
Tugenden und Laster, von Natur 
erkannt werden; wenn aber die 
Tugenden und Laster, so noth- 
wendig auch dasjenige, was diesen 

emiüss ist, das sittlich Gute 
dele) und sittlich Schlechte 
(Schimpfliche). 

13. Das Edele (honesta) und somit 
BRühmliehe muss ein rühmliches 
Gut enthalten: der Begriff des 
Guten aber beruht auf der Natur, 
nicht auf willkührlicher Annahme 
— denn sonst müsste auch die 
Glückseligkeit, welchedas hóchste 
Gut ist, auf blosser Einbildung 
beruhen — folglich beruht die 
Unterscheidung dessen, was edel 


eo 


und schimpflich ist, auch anf der 
Natur. 

14. Wenn der Einwand erhoben 
wird, dass der Herleitung des 
sittlich Guten und Sehlechten, des 
Rechten uud Unrechten, aus der ὦ 
Natur die Meinungsverschieden- 
heit entgegenstehe, welche herr- 
sche über das, was gut und schlecht, 
recht und unrecht sei, so ist die- 
ser Einwand hinfüllig: denn die 
Meinungsverschiedenheit rührt.da- 
her, dass das natürliche Gefühl 
der Menschen durch den schüd- 
lichen Einfluss falscher Lehre und 
schlechter Beispiele verdorben 
wird. 

Cap. XVIII. 

15. Wenn das Recht nicht von Natur 
erstrebenswerth würe, so würden 
alle guten Menschen, die das 
Recht um seiner selbst willen er- 
streben, irren: was nicht annehm- 


ar. 

16. Wenn die Freigiebigkeit des 
Nutzens wegen erstrebt würde, 
80 würe sie eine Lohndienerin. 
Dies aber widerspricht dem Be- 
griffe der Freigiebigkeit. Ebenso. 
wenig kann die Gerechtigkeit 
dem Nutzen nachgehen. 

17. Wenn ferner die Tugend nur 
aus dem Verlangen nach Gewinn 
hervorgeht, so ist sie weiter nichts 
als schelmische — auf Ueber- 
vortheilung gerichtete — Klug- 
heit (berührt sich mit Arg. 4). 

18. Die einzelnen Ua eem der 
Gemeinschaft, wie —— 
keit, Dankbarkeit, Freundschaft, 
kónnen ihrem Wesen nach dann 
nicht mehr bestehen, sondern 
gehen alle in sehlauer Gewinn- 
sucht auf: müssen auch mit dem 
Wegfall des Nutzens sofort preis- 
gegeben werden (berührt sich mit 
Arg. 7, theilweise aueh mit 6). 


Cap. XIX. 


19. Auch bei anderen Tugenden als 
denen, die in der Gemeinschaft 
wurzeln, wie Müssigung, Enthalt- 
samkeit, Bescheidenheit, Scham- 
haftigkeit, verbietet sieh die An- 
nàhme ihrer Entstehung aus dem 
Nutzen. Denn ihre U tung 
hat keinen anderen Nachtheil zur 


Lib. 1. CAP. 14. 8 40. 53 


XIV. 40. Nam et in iis sine illius suffimentis expiati 
sumus. Αὐ vero scelerum in homines atque inpietatum nulla 
expiatio est. ltaque poenas luunt non tam iudiciis, quae quon- 
dam nusquam erant, hodie multifariam nulla sunt, ubi sunt 
tamen, persaepe falsa sunt, set eos agitant insectanturque 
furiae, non ardentibus taedis, sicut in fabulis, sed angore con- 


scientiae fraudisque cruciatu. 


Quod si homines ab iniuria 


poena, non natura arcere deberet, quaenam sollicitudo vexaret 


Folge als (hóchstens) den des 
übelen Rufes. Dass man sich 
aber vor diesem mehr als vor 
dem Fehler selbst fürchten solle, 
ist lácherlich. 

20. Und wenn es gescháhe, dass 
man nur um des übelen Rufes 
willen die Verletzung gewisser 
Tugenden fürchtete, so besüsse 
man die Tugenden nicht; denn 
Lob und Tadel hat einen zu 
lobenden und zu tadelnden Ge- 
genstand, námlich die Tugend 
und das Laster, zur Voraussetzung ; 
wer also das Lob, welches die 
Folge der Tugend ist, hóher 
schátzt, als den Grund des Lobes, 
die Tugend selbst, kann diese 
nicht besitzen. 

21. Das Laster als Verunstaltung 
der Seele muss ebenso natür- 
lichen Abscheu erregen, als jede 
Hüsslichkeit des Kórpers: was 
auch der Widerwille, den gewisse 
Laster, wie Habsucht, Wollust, 
Feigheit, Dummheit, von selbst 
erregen, beweist. 

29. Wenn die Laster blos wegen 
der aus ihnen hervorgehenden 
Nachtheile und Strafen gemieden 
würden, (ebenso die 'Tugenden 
um der Belohnungen willen er- 
strebt), s0 würde man nur durch 
die Strafen, nicht durch das Wesen 
der Laster selbst, unglücklich 
(und durch den Lohn der T'ugenden 
o Wa wás anzunehmen Thor- 

eit. 

28. Wenn die Tugend um anderer 
Dinge willen, wie Geld, Ehren, 
BSchónheit, Gesundheit, Vergnü- 
gen, erstrebt würde, s0 würe sie 
nicht das Hóchste, sondern jene 
Dinge stánden hóher. Aber nicht 
blos sind jene Güter in ihrer 
Wirkung gering und unbestándig, 


sondern grade in Verachtung der- 
selben zeigt sich das Wesen der 
Tugend. 

[Wenn somit die Tugend um 
ihrer selbst willen erstrebenswerth 
ist, so auch das in sie einbegriffene 
Recht. | 

Statt illius hat die Conjectur des 
Turnebus: wllóus viel Wahrschein- 
lichkeit. Der substantivische Ge- 
brauch ist ohne Bedenken, vgl. Nat. 
d. IIL. 5 nec me — ullius wnquam 
oratio movebit ; Liv. IX. 31. 10 sine 
ullius praecepto; ib. 34. 1 sine ullius 
assensu; ferner Cic. Brut. 288 τὴ 
ullo; dsgl. Liv. VIII. 26. 7; Cic. 
Phil. IL. 38 cwm llo — sermones 
contulit? Fam. 3. 9. 1 ab wilo; 
dsgl. p. Planc. 6; dsgl. Liv. IX. 34. 1; 
Cic. Tusc. 5. 37 meque est wllum; 
Liv. 5. 40. 4 mec prohibente wllo 
(dazu Weissenb.); Cic. Tusc. 5. 38 
cum alio wwllos Acad. II. 11 ex ullo 
Academico; ib. 34 mec perspicuwm 
ullum relinquitur ; Liv. 4.11.4 nec ulli 
Komano ; Sest. 105 ullum conductum. 

impictatum (Pflichtwidrigkeit) 
noch hinzugefügt, weil dieser an 
sich schwüchere Begriff  weiter- 
greifend und umfassender ist. 

nulla sunt, 80 ulla oft als stàrke- 
res «on bei esse und Verben der 
Bewegung, s. Berger Stil. $ 78. 
Of. Acad. Il. 130 in mediis ea mo- 
menta, quae Zeno voluit, nwlla esse 
censuit; Div. I. 81 formae quae nwllae 
$Sunt; ib. 80. 

homines ab ini. poen. flg. Ansicht 
der Epikureer, cf. Fin. I. 50; II. 53; 
11; 76. 

deberet, nicht einfach arceret, weil 
ja die Menschen zum grossen Theil 
sich vom Unrecht trotzdem nicht 


. abhalten lassen (debere hier etwas 


frei, denn eigentlich haben die Men- 
schen die Schuldigkeit, Pflicht, sich 


54 DE LEGIBUS 


impios sublato suppliciorum metu? quorum tamen nemo tam 
audax umquam fuit quin aut abnueret a se commissum esse fa- 
cinus aut iusti sui doloris causam aliquam fingeret defensionem- 
que facinoris a naturae iure aliquo quaereret. Quae si appel- 
lare audent impii, quo tandem studio colentur a bonis? 

Quod si poena, si metus supplici, non ipsa turpitudo de- 
terret ab iniuriosa facinerosaque vita, nemo est iniustus, aut 
incauti potius habendi sunt inprobi. 41. Tum autem qui non 
ipso honesto movemur ut boni viri simus, sed utilitate 
aliqua atque fructu, callidi sumus, non boni. Nam quid faciet 
is homo in tenebris, qui nihil timet nisi testem et iudicem? 
quid in deserto quo loco nactus quem multo auro spoliare 
possit inbecilum atque solum? Noster quidem hic natura 
iustus vir ac bonus etiam conloquetur, iuvabit, in viam de- 


ducet: 


abhalten zu lassen, also genauer 
deberent arceri (abstinere), was auch 
vorgeschwebt haben mag). 

tamen: mochte auch keine Strafe 
zu fürchten sein. 

iusti sui doloris Genit. subi. ,,einen 
ihm widerfahrnen gerechten Schmerz 
als Grund angübe; sich auf einen 
ihm angeblich verursachten ge- 
rechten Schmerz beriefe*. Zu dem 
Gedanken vgl. Fin. 3. 36. 

quae in ungenauer Beziehung nicht 
blos auf naturae iure, welches den 
Hauptinhalt des Wortes bildet, son- 
dern auch auf die beiden náchst 
vorher angegebenen Mittel oder 
Arten, sich zu vertheidigen. Aehmn- 
liche Freiheiten im Gebrauch des 
Plural nicht selten, worüber Madv. 
Fin. 11. 61. p. 249 α΄ V. 68. p. 725. 

appellare: sich berufen auf. In 
diesem Sinne sonst mit dem Objects- 
casus eines Beamtennamens, ausser- 
halb der publicistischen Sphüre nur 
mit dem eines Pronomens con- 
struirt (cf. Haacke, Gramm. stil. 
Lehrb. 8 27. 2), steht hier aus- 
nahmsweise mit dem Accusat. einer 
Sache. 

aut, wofür die Emendation in ac 
sehr nahe liegt, vgl. $ 18, hat ge- 
wissermassen restringirende Bedeu- 
tung: oder, wenn wir dies nicht 
gelten lassen wollen, so verdienen 
sie, die wir ?niusti oder improbi 
nennen, doch im Grunde der 
Sache (wenigstens wenn wir der 


is vero, qui nihil alterius causa faciet et metietur suis 


Sache nach  urtheilen) eher für 
unvorsichtig gehalten zu werden. 
Aehnl. Feldh. u. Vahl. Vgl. p. red. 
in sen. 19 qui cum videret scelera- 
tum. civem aut domesticum potius 
hostem. 

incauti: denn nur dadurch, dass 
816 sich der Strafe aussetzen, sind 
sie ungerecht, was, wenn sie be- 
hutsam und schlau würen, sie zu 
vermeiden wüssten. Letzteres im 
Gegensatz zu den Epikureern aus- 
führlieh dargelegt Fin. II. 583—857. 

8 41. wtihtate aliqua flg.; s0 im 
Hinblick auf die Epikureer Fin. 2. 59 
si omnia haec — aequitas, fides, 
iustitia — ad wtilitatem referantur, 
virum bonwm non posse reperiri per- 
spicuum est. Cf. Fin. I. 34. II. 76. 

in tenebris, cf. Fin. 2. 52, wo 
es gegen die Epikureer heisst: Cur 
iustitia laudatur? aut unde est hoc 
contritum vetustate proverbium : qui- 
cum in |s —? erg. mices nach 
Off. III. 77 u. Fin. 3. 88 Quid dici 
poterit, si turpitudinem non ipsam 
per se fugiendam 6886 statuwemus, 
quominus homines tenebras et soli- 
tudinem nacti nullo dedecore se ab- 
stineant ? 

deserto quo: quis ohne Anschluss 
an ein Formwort, wie Part. or. 62; 
Fat. 15; 36; 37. (Leg. 3. 10 u. 11.) 
Vgl. Drüg. I 8 44. 4 und zu Leg. 
II. 66. 

faciet — metietur. Es kónnte auch 
das Praesens in Ansehung der All- 


55 


eommodis ommia, videtis, credo, quid sit acturus. Quod si 
negabit se illi vitam erepturum et aurum ablaturum, numquam 
ob eam causam negabit, quod id natura turpe iudicet, sed quod 
metuat ne emanet, id est, ne malum habeat. O rem dignam, 
in qua non modo docti, sed etiam agrestes erubescant! 

XV. 42. Iam vero illud stultissimum, existimare omnia 
iusta esse, quae sita sint in populorum institutis aut legibus. 
Etiamne, s1 quae leges sint tyrannorum? si triginta illi Athenis 
leges inponere voluissent aut si omnes Athenienses delecta- 
rentur tyrannieis legibus, num idcirco eae leges iustae habe- 
rentur? Nihilo, eredo, magis illa, quam interrex noster tulit, 
ut dictator quem vellet civium indicta causa inpune posset 
occidere. Est enim unum 1us, quo devincta est hominum 
societas et quod lex constituit una. Quae lex est recta ratio 
imperandi atque prohibendi: quam qui ignorat, is est iniustus, 
sive est illa seripta uspiam sive nusquam. Quod si iustitia 
est obtemperatio scriptis legibus institutisque populorum, et si, 


LIB. I. CAP. 14. 15. 8 40—42. 


gemeinheit des Gedankens stehen; 
doch das Futur. ist nicht weniger 
richtig. Denn die Handlungen eines 
im Zeitpunkt dieser Bemerkung von 
einer solchen Gesinnung Erfüllten 
gehóren der Zukunft an. Dazu 
kommt das Futurum im Prádicats- 
satze: was bei dem Streben der 
lateinischen Sprache nach Gleich- 
artigkeit und Symmetrie (Berg. Stil. 
$ 101) nicht ohne Einfluss ist. Vgl. 
fep. VI. 29. (Somn. Scip. 21.) Zd- 
que ocius faciet (sc. amimus, ut in 
domum suam pervolet), si iam tum, 
cum erit inclusus in corpore, eminebit 
foras et ea, quae extra erwnt, con- 
templans quam mazime se a corpore 
abstrahet: warum nicht est — eminet 
— sunt — abstrahit, da bei der 
Allgemeinheit des Gedankens auch 
die Gegenwart mit eingeschlossen 
ist? 

metuat. Der Conjunctiv ist &0 zu 
erkláren, dass dieser den wirklichen 
Grund angebende Satz als Theil 
der von negabit abhüngigen Rede 
zu fassen ist und somit eine Aus- 
sage im Sinne des bezeichneten An- 
bhángers epikureischer Grundsátze* 
enthált. 


ne malum habeat, wie es auch in 
om der epikureischen An- 
sicht Fin. ll. 71 heisst: mam mec 
vir bonus ac iustus haberi potest, 


qui, ne malwm habeat, abstinet se 
ab iniuria. 

erubescant. Zu in bei diesen und 
anderen Verben des Affects s. Haacke 
stil. Lehrb. 8 24. 1. 

Cap. XV. 8 42. ínmterrex. Ge- 
meint ist das Gesetz, welches Ende 
82 der Int. L. Valerius Flaccus be- 
antragte, dass alle Hanalungen, 
welche Sulla als Consul und Pro- 
consul vollzogen, für zu Recht be- 
stehend erklürt würden und ihm auch 
für die Zukunft die Gewalt uüber- 
tragen würde, über Leben und Tod, 
über Gut und Habe der Bürger frei 
zu verfügen. Gehüssig macht Cic. 
aus diesem für Sulla geltenden 
Specialgesetz de Sulla dictatore ein 
allgemeines de dictatore überhaupt. 

hominum hat den Ton, welches 
entgegengesetzt ist dem civium: 
nur das die Menschheit umfassende, 
nicht blos für Bürger eines bestimm- 
ten Staates aufgestellte Recht kann 
als solches anerkannt werden. 

lez — wna das einzige und für 
alle dasselbe Gesetz. 

est recta ratio sq. cf. 8 18—19; 
8 23; 8 33. 

obtemperatio — legibus ein Grücis- 
mus (8, K. W. Krüger. Gr. Sprachl, $ 
48. 12. A, 4), den nur Plautus hüufiger 
angewendet, Cic. beim Dat. nurin De- 
linitionen zugelassen hat (s. Keisigs 
Vorl. herausgg. v. Haase $ 340), wie 


56 DE LEGIBUS 


ut eidem dieunt, utilitate omnia metienda sunt, negleget leges 
easque perrumpet, si poterit, is, qui sibi eam rem fructuosam 


putabit fore. 


Ita fit ut nulla sit omnino iustitia, si neque 


natura est eaque, quae propter utilitatem constituitur, utilitate 


alia convellitur. 


43. Atque, si natura confirmatura ius non 


erit, tollentur * * Ubi enim liberalitas, ubi patriae caritas, 


Top. 28 abalienatio est traditio alteri 
neru. Sonst findet er sich àm hüu- 
figsten beim Accus. des Zieles, wie 
domum reditionis spes Caes. B. G. 
I. 5. (Beim Ablat. Leg. II. 8 38.) 

idem die Epikureer, vgl. zu 8 41 
u. Off. I. 5 u. III. 118. 

negleget leges sq. derselbe Ge- 
danke ausführlicher dargelegt Fin. 2. 
53—59. 

neque natura — convellitur : wenn 
die Gerechtigkeit nicht auf der 
Natur beruht, anderseits aber die 
auf den Nutzen gegründete (Ge- 
rechtigkeit) durch einen andren 
Nutzen erschüttert (umgestossen) 
wird. Zu dem Gedanken vgl. Fin. 
2. 718 u. 3. 70. [Das handschrift- 
liche illa dient eher dazu, den Sinn 
zu verdunkeln, als ihn klarer hin- 
zustellen, als wenn das einfache 
Substantiv ohne Pronomen stünde.] 

neque — que cf. Fin. 1, 48 mec 
intemperantiam propter se esse fw- 
giendam  temperantiamque  expeten- 
dam; Fin. Ill. 8 nec enim in Tor- 
quati sermone quicquam implicatum 
nostraque dilucida oratio; Rep. I. 58 
nam aequabilitas — servari potest 
eaque quae appellatur aequabilitas 
iniquissima est; Catil. II. 28 wt ne- 
que bonus quisquam intereat pau- 
corumque poena salvi esse possitis. 

8 43. confirmatura erit: das Par- 
ticip. Fut. bietet der Erklürung 
Schwierigkeit, daher Lambin con- 
firmatum dafür vermuthete, was 
freilich leichter würe (vus matura 
confirmatum erit — in natura con- 
stitutum e. , beruhen wird auf — 
eine feste Grundlage baben wird in 
— der Natur), doch scheint die Er- 
klürung nicht grade unmüglich. 
Confirmaturus ist einer, der prü- 
disponirt ist, sicher zu stellen (ob 
im Sinne von Wollen oder Sollen 
ist gleichgültig, vgl. Zumpt 8 498. 
Drüger Hist. Synt. 8 140 a.), der 
seiner Beschaffenheit nach dazu be- 


stiümmt ist (Aussicht hat), sicher 
zu stellen; also matura ius con- 
firmatwra est ist die Natur, welche 
ihrer Beschaffenheit nach bestimmt 
ist, das Recht sicher zu stellen, 
oder ein sichres Recht aus sich 
hervorgehen — entstehen — zu 
lassen. Dieser Gedanke ist inso- 
fern nicht unpassend, als das Recht 
erst ein Product der Natur ist, aus 
dem Verhültniss der Theile zum 
Ganzen der Natur und der Theile 
unter sich hervorgeht (oder nach 
anderer Auffassung: Ausfluss des 
Gesetzes und somit der Natur ist; 
denn Gesetz und Natur ist den 
Stoikern dasselbe) Was nun das 
Futurum erit — tollentur betrifft, 
so vertrügt sich dieses ganz wohl 
damit. An sich kónnte ja ebenso- 
gut das Praesens stehen est — 
tolluntur: wenn dies der Fall ist, 
80 gehen damit unter. Das Fut. 
bezeichnet die erst zu gewinnende 
Erkenntniss: wenn wir nicht an- 
nehmen (begriffen haben) werden, 
dass die Natur...., $0 werden wir 
keine Móglichkeit sehen, dass die 
Tugenden — fortbestehen: in wel- 
chem Sinne das Futurum nicht blos 
im Griechischen hüufig (Krüger Gr. 
Spr. $ 53. 7. 1) angewendet wurde, 
sondern auch im Latein; ohne dass 
jedoch dieser Gebrauch bisher bei 
den Grammatikern die genügende 
Beachtung gefunden hütte. Am be- 
kanntesten ist er in Sützen wie: 
hoc pueri possunt, viri non poterunt ? 
(— posse putabimus?). Vgl. unten 
8 49 si emolumentis virtus erxpetitur, 
una erit virtus (— wnam esse vir- 
tutem statuendum erit), quae malitia 
rectissime dicetur. 11. 8 23 erunt 
fere in more maiorum. | Off. I. 142. 
Ita videtur eadem wis ordinis et 
collocationis for e. 

tollentur . ... die Lücke erg. Vahl. 
(ühnlich Bake) dem Sinne nach 
richtig: virtutes omnes, quae in ho- 


LIB. I. CAP. 18. 16. 8 42. 43. 51 


ubi pietas, ubi aut bene merendi de altero aut referendae gratiae 
yoluntas poterit exsistere? Nam haec nascuntur ex eo, quia 
natura propensi sumus ad diligendos homines, quod fundamen- 
tum iuris est. Neque solum in homines obsequia, sed etiam 
in deos caerimoniae religionesque tolluntur, quas non metu, 
set ea coniunctione, quae esi homini cum deo, conservandas 
puto. XVL Quod si populorum iussis, si principum decretis, 
si sententiis iudicum iura constituerentur, ius esset latrocinari, 


minum societate cernuntur. Denn 
von diesen ist nach dem Folgenden 
hier nur die Rede und leuchtet 
die angegebene Folgerung zunáchst 
auch nur ein. Cf Off. III. 118. 
Fin. 2. 71; 23. 117 (tollitur bene- 
ficium , tollitur gratia, quae sunt 
vincla concordiae). 

Ὶ kann nach dem Zusammen- 
hang hier nicht p. in deos, Frómmig- 
keit, sein (vgl. auch Fin. 5. 65), 
da auf diese erst nachher die Rede 
kommt (nec solum in homines sed 
etiam in deos —), auch nicht p. in 
patriam, die ebenfalls eine Species 
der pietas ist (s. d. Inv. 2. 66. 
Liv. 5. 7. 12 u. meine Programm- 
abh. Gnesen 77. p. 9), denn diese 
war eben aufgeführt worden, son- 
dern pietas in homines (die pflicht- 
mássige Liebe und Ehrerbietung: 
denn pietas ist jede Gesinnung 
und Handlungsweise, die sich ver- 
geltend, nicht gewührend, kund 
gibt, mag das Object dabei sein, 
welches es wolle), speciell vielleicht: 
kindliche Liebe, insofern der Fort- 
schritt vom Vaterland zu den Eltern 
nahe lag, obgleich zu dieser enge- 
ren Auffassung nichts drüngt. 
gewissem Sinne kónnte auch in 
patriam ergánzt werden, wenn man 
annáhme, dass zwei Seiten des Pa- 
triotismus bezeichnet würden: die- 
jenige, welche in der natürlichen 

neigung des Gemüthes — caritas, 
und diejenige, welche in dem Be- 
wusstsein empfangener Wohlthaten 
und der Pflicht der Vergeltung be- 
ruht — pietas. 
de altero, weil in Wendungen, 
wie wohl thun, Uebeles zufügen, zu 
willen sein u. à. immer ein Ver- 
hültniss von zweien vorschwebt, so 
oben $ 41 nihil alterius causa faciet ; 
ebenso $ 49. Att. 7. 2. 4. Vgl. 


principum 


ferner: deos intellegimus mec sibi 
fingere ullam, molestiam nec. alteri 
quaerere Nat. d. I. 56. qwi alterum 
accusat Div. in Caec. 27. ib. 831. 
ib. 71. Verr. III. 1. ib. 4. p. Sulla 31. 
Cluent. 120 cett. tw fortunas aite- 
rius 4n iudicium afferas Cluent. 186, 
quorum vita 1n alterius manu posita 
est p. Quinet. 6. alterius bona pro- 
scribere ib. 51. alteri incommodare 
ib. luctuosum tradé alteri ewm bonis 
p. Quinet. 95. alteri damnum dare 
p. Tull. 34. v alterum detrusit 1b.45. 
caput alterius defendere p. Quinct. 8. 
id est defendere cupiditati alterius 
obtemperare ib. Y. proximum esse 
sapientia, qui alterius bene inventis 
obtemperet Cluent. 84. minus stultus 
eui nihil in mentem venit quam qui 
quod alteri venit im mentem com- 
probat ib. 

ex 60 quia, die Erklürung eines 
Demonstrativs durch quia, die nach- 
drücklicher ist, als durch qwod, ist 
selten: Tusc. I. 42 quod ex eo sciri 
potest, quia corpora mostra — coa- 
leseunt. Cf. Feldh. und Leg. II. 3. 

caerimonia Verehrung —  Ver- 
ehrung bezeugender Gebrauch — 
daher mit ín, wie sonst auch mit 
dem Genit., religionem, quae in metu 
εἰ caerimonia deorum sit, Inv. 2. 66. 
ib. 161. 

tolluntur mit einer gewissen 
Flüchtigkeit des Ausdrucks, nach- 
dem vorher das Futur. gesetzt wor- 
den war. An sich erlaubt, wie wir 
oben gesehen, der Gedanke ebenso 
gut das Praesens wie das Futur. 

Cap. XVI. populorum 4. — con- 
Stituerentur: Hiermit werden die 
Hauptquellen des Civilrechts be- 
zeichnet, das auf der Gesetzgebung 
beruhte (im legibus), auf decretis 
(den senatus consultis 
und edictis magistratuum), auf der 


58 DE LEGIBUS 


ius adulterare, ius testamenta falsa supponere, si haec suflra- 
giis aut scitis multitudinis probarentur. 44. Quod si tanta 
potestas est stultorum sententiis atque iussis, ut eorum suf- 
fragiis rerum natura vertatur, eur non sanciunt ut, quae mala 
pernieiosaque sunt, habeantur pro bonis et salutaribus? aut 
cur ius ex iniuria lex facere possit, bonum eadem facere non 
possit ex malo? Atqui nos legem bonam a mala nulla alia 
nisi naturae norma dividere possumus. Nee solum ius et in- 
iuria natura diiudicatur, sed omnino omnia honesta et turpia. 
Nam et communis intellegentia nobis notas res efficit easque 
in animis nostris incohavit, ut honesta in virtute ponantur, in 


vitiis turpia. 
natura posita dementis est. 


45. Ea autem in opinione existimare, non in 
Nam nec arboris nec equi virtus 


quae dicitur, in quo abutimur nomine, in opinione sita est, 


sed in natura. 


richterlichen Auslegung (rebus $udi- 
catis). Vgl. Top. 28 und Rein 
Privatr. d. R. p. 44 flg. Die Be- 
ziehung von principum decreta auf 
despotisch regierte Staaten verwirft 
Feldh. mit Recht. 

suffragiis aut scitis. .Scita im 
publicistischen Sinne sind Beschlüsse 
einer  stündischen Versammlung 
(plebs), spáter auch des Volkes unter 
Vorsitz eines stündischen Beamten 
(tribunus plebis), s. Lange Róm. 
Alterth.II. p. 528. Diese beruhtenaber 
in jedem Falle auf suffragia, 80 dass 
kein klarer Gegensatz zwischen 
suffragiis und scitis hervortritt. Soll 
also nicht eine unnütze  Weit- 
schweifigkeit des Ausdrucks vor- 
liegen, so müsste man von dem 
technischen Gebrauche absehen und 
scita etwa für Willenserklürung 
schlechthin nehmen. Dann würe 
dieser Zusatz im Sinne der Ver- 
allgemeinerung gemacht: denn es 
braucht der Wille des Volkes sich 
nicht gerade durch Stimmabgabe 
kund zu geben. 


8 44, sententiae mit Beziehung 
auf iudices und Senat, iwssa m. B 
auf das Volk. 


atqui und doch als Einwand 
gegen die Ansicht, dass die lex Recht 
aus Unrecht machen kónne: denn 
kónnte sie das, wie kónnte man 
da von guten und schlechten Ge- 
setzen sprechen, da gut immer das- 


Quod si ita est, honesta quoque et turpia na- 


jenige würe, was das Gesetz be- 
stimmte? 

Nec solum: der Gedanke enthàült 
einen kleinen Sprung. Man muss 
vorher einschieben: folglich beruht 
der Unterschied von Recht und Un- 
recht auf der Natur. 

nam et communis sq. Das et, das 
man freilich gern entbehren würde, 
dürfte so zu erklüren sein: Zu den 
übrigen Gründen, welche für die 
Entstehung des Rechtes aus der 
Natur sprechen, wie die Wandelbar- 
keit des Nutzens, die Machtlosigkeit 
der Gesetze, Alles zu bestimmen, 
was sie wollen, die Kritik, die den 
Gesetzen gegenüber geübt wird, 
kommt auch der in Betracht, dass, 
wie viele anderen Begriffe, so auch 
die der Tugenden und Laster, folg- 
lich auch der des Rechts aus dem 
gemeinen Menschenverstande  ge- 
schópft werden, nicht auf dem 
Wege des subjectiven Meinens in 
uns aufgenommen sind. 

8 45. Ea sc. virtutem , vitia. 

Nam mec arboris.... Wollten 
wir auch annehmen, dass Gesetze 
für den Menschen bestimmt hütten, 
was als Tugend und Laster ange- 
sehen werden soll, so erstreckt sich 
doch die Gesetzgebung nicht auf 
Büume und Pferde. Wenn wir also 
auch denen Tugend (deutsch viel- 
mehr Tüchtigkeit) beilegen, 80 folgt 
daraus, dass dieser Begriff aus der 
Natur entsprungen ist. 


LIB. I. CAP. 16. 17. 8 43—45. 59 


tura diiudieanda sunt. Nam si opinione universa virtus, eadem 


eius etiam partes probarentur. 


Quis igitur prudentem et, ut 


ita dicam, catum non ex ipsius habitu, sed ex aliqua re ex- 


terna iudicet? 
in natura est. 


Est enim haec virtus perfecta ratio, quod certe 
Igitur omnis honestas eodem modo. 


XVII. 


Nam ut vera et falsa, ut consequentia et contraria sua sponte, 
non aliena iudicantur, sic constans et perpetua ratio vitae, 


Nam si opinione universa .. .: 
zweiter Grund, warum die Tugend 
für einen angebornen Begriff ge- 
halten werden soll, námlich des- 
halb, weil auch unsre Begriffe von 
den einzelnen Tugenden von der 
Natur, nicht von etwas Aeusserem 
ausgehen; z. B. ein Kluger (catus, 
ursprünglich soviel als acutus, be- 
zeichnet die praktische Klugheit 
im engeren Sinne, die sich in allen 
Verhàáltnissen zurecht zu finden 
weiss Dass hier eine gehàssige 
Nebenbedeutung fern liegt, liegt 
auf der Hand.) nach der inneren 
Beschaffenheit, nicht nach etwas 
Aeusserem — etwa ob er einem 
vom Staate aufgestellten Vorbilde 
gemáss ist — beurtheilt wird. — 
Offenbar ist dieser Grnnd nicht ein- 
leuchtender, als der Schlusssatz 
selbst. 

est enim virtus. | Unzweifelhaft 
5801} dieser Satz den Grund enthalten, 
warum die Klugheit auf die Natur 
zurückzuführen sei. Dies geschieht 
aber nur durch ἴτω Definition der 
Klugheit, nicht der Tugend. Folg- 
lich ist die Ueberlieferung falsch. 
Der Text làsst sich leicht verbessern 
durch Einschiebung von haec vor 
virtus. An sich ja ist nicht zu 
leugnen, dass die Definition ebenso 
auf die Tugend passt (cf. Fin. 4. 35 
rationis enim perfectio est. virtus, 
ib. 5. 39 virtus, quae rationis ab- 
solutio definitur, u. Madv. zu Fin. 
2. 88), wie auf die Klugheit oder 
Weisheit (oben ὃ 22 ratio cum ado- 
levit atque perfecta est, mominatur 
rite sapientia), aber auf letztere 
doch unmittelbarer; auf die Tugend 
erst, insofern als diese von den 
Btoikern mit der Weisheit identi- 
ficirt wurde (cf, Fin. 3. 23 u. Madv. 
dazu ;3. 25 sapientia εἰ animi 

itudi complectitur et. iusti- 
tíam s4., wie früher schon von 


Socrates (Plat. Lach. 194 D. Zeller 
IL. p. 97). Ausserdem zeigt auch 
ganz deutlich der folgende Satz: 
igitur omnis honestas sq., dass jener 
erst die Zwischenstufe bildet, um 
zu der Tugend zu gelangen. 

quod certe in matura est. Denn 
die Vernunft ist den Menschen an- 
geboren, folglich hat auch die 
Vollendung derselben ihre Wurzel 
in der Natur. (Of. Fin. 3. 23 wt 
membra mobis data sunt, item et 
ratio et perfecta ratio. 

Cap. XVII. consequentia —. con- 
sentanea cf. Or. 16 cermere conse- 
quentia, repugnantia videre; d. Div. 
2. 150 et consequentia et repugnantia 
videntes ; auch mit dem Dativ: videa- 
mus quam sint praeclare illa his con- 
sequentia Fin. 3. 26; desgl. Brut. 
152; cf. Madv. zu Fin. 2. 34. 

sua sponte, mon aliena durch 
eigene, in ihnen liegende, nicht 
anderweitig entlehnte Kraft (dies 
der Grundbegriff des Wortes s. F. 
Schultz Synonym. 467, cf. mea sponte 
perspexi Fam. 4.3. 1) d. ἢ. nach 
eigenem, nicht fremdem Wesen. 
Aliena wohl nur durch den Gegensatz 
von 84a hervorgerufen, denn sonst 
findet sich in klassischer Sprache 
sponte nur mit dem Pron. poss. 

constans et perp. 8q. Vgl. d. Fin. 
3. 91 summum àllud per se laudan- 
dwm et expetendum bonum, quod 
cum positum sit in eo, quod ὁμο- 
λογίαν Stoici, nos appellemws con- 
venientiam; 3. 24 vita agenda certo 
genere quodam: quod genus con- 
veniens consentaneumque | dicimus; 
98. 90 sequitur perpetua — ad ex- 
tremum constans consentaneaque ma- 
twrae selectio, in. qua inesse et in- 
tellegi incipit, quid sit. quod. vere 
bonwm possit dici. ''usc. 4. 34 vir- 
tus est adfectio animi constans con- 
veniensque; Fin. 4. 77 omme pecca- 
lum. imbecillitatis et inconstantiae 


60 DE LEGIBUS 


quae virtus est, itemque inconstantia, quod est vitium, sua 
natura [twwdicabétur. An arboris aut eculei àngeniwm natura] pro- 
babimus, ingenia iuvenum non item? 40. An ingenia natura, 
virtutes et vitia, quae existunt ab ingeniis, aliter iudicabuntur? 
Àn ea non aliter, honesta et turpia non ad naturam referri 


necesse erit? 


Quod laudabile est, bonum in se habeat quod 


laudetur necesse est: ipsum autem bonum mon est opinionibus, 


sed natura. 


est. Das logisch Uebereinstimmende 
und Widersprechende wird seiner 
eigenen Natur nach erkannt: daher 
auch die Tugend und das Laster, 
die nur eine Species des Ueber- 
einstimmenden und Widersprechen- 
den sind. 

Die Lücke is& von Madvig dem 
Sinne nach richtig ausgefüllt: Wir 
sprechen von einer guten Natur- 
anlage bei Pflanzen und "Thieren 
und beurtheilen diese nur in Rück. 
sicht auf den Begriff — das Wesen 
jener selbst, nicht in Rücksicht auf 
andere Zwecke (z. D. den Werth 
eines Pferdes nur in Rücksicht auf 
Schnelligkeit und Zugfühigkeit des- 
selben, nicht auf Wachsamkeit — 
wie den eines Hundes); ebenso 
werden wir auch bei der Werth- 
schützung der Naturanlage junger 
Menschen nur von dem Wesen des 
Menschen ausgehen (d. h. von der 
Fühigkeit, in Kunst, Wissenschaft, 
edler Sitte zu glünzen, nicht von 
derjenigen, Macht oder Reichthümer 
zu gewinnen). 

ingenium von Sachbegriffen nicht 
selten, so poma sui ingenii Colum. 
3. 1. 2; (ingenio arbusta ubi nata 
8$unt, mon insita Naev. bei Nom. 
p. 322, 33; mehr bei Klotz Lex. 

8 46. Aus dem ingenium (griech. 
φύσις, sonst gewóhnlich mit natura 
übersetzt, hier deshalb nicht, weil 
dies Wort anderem Zwecke — den 
Gegensatz von opinione und utilitate 
zu bezeichnen — dient) entwickelt 
sich die Tugend, die im Verhàlt- 
niss zur φύσις eine ἕξις (Aristot. 
Nikom. Eth. 2. 1) ist. 

— necesse erit? Hiermit ist«der 
auf die Beurtheilungsweise des in- 
genium gegründete Beweis für die 
Naturgemüssheit des honestum (und 


Nam ni ita esset, beati quoque opinione essent, 


somit des $ws) abgeschlossen. Es 
folgt ein neuer formal-dialektischer. 


Quod laudabile bonum est sq. Die 
handschriftliche Ueberlieferung er- 

ibt Unsinn. Ein  rühmliches 

ut (was soviel als sittlich gut, 
honestum, sein würde) enthült et- 
was Hühmenswerthes. Denn das 
Gute beruht auf der Natur, nicht 
auf subjectiver Meinung. Wozu be- 
darf es erstens überhaupt eines 
Beweises, dass ein rühmliches 
Gut etwas Rühmenswerthes ent- 
halte? Und zweitens: wie wird das 
damit bewiesen, dass das Gute auf 
der Natur beruhe? Man stelle ver- 
suchsweise die Sátze so: das Gute 
beruht auf der Natur. Folglich ent- 
hàlt ein rühmenswerthes Gut etwas 
Rühmenswerthes. Ist das nicht 
vollig ungereimt? Der Schluss kann 
doch nur der sein: Folglich beruht 
das rühmenswerthe Gut auch auf 
der Natur. Liesse sich aber über- 
haupt aus dem Satze, dass das 
Gute auf der Natur beruhe, be- 
weisen, dass das rühmliche Gute 
rühmenswerth sei, 80 müsste doch 
von diesem  Ergebniss nachher 
irgend welcher Gebrauch gemacht 
werden. Dies ist aber so wenig der 
Fall, dass die weitere Schlussfolge- 
rung sich nur auf den (handschrift- 
lichen) Obersatz: das Gute beruht 
auf der Natur, stützt: Qware cwm 
bonum et malum natura iudicetur, 
honesta quoque et turpia ad naturam 
referenda sunt. — Ferner ist noch 
das zu bemerken, dass Cic. bisher 
in seiner Erórterung sich durchaus 
den Lehrsützen der Stoiker an- 
schloss. Die Aufstellung eines law- 
dabile bo»wm aber im Unterschiede 
von bona mon laudabilia gehórt 
nicht den Stoikern, sondern den 


LIB. I. CAP. 17. 8 45. 46. 61 


quo quid diei potest stultius? Qua re quom et bonum et ma- 
lum natura iudieetur et ea sint principia lawdand?, certe ho- 
nesta quoque et turpia simili ratione diiudieanda et ad natu- 


Akademikern und Peripatetikern 
an. Diese nümlich, welche auch 
kórperliche und àussere Güter an- 
erkannten, unterschieden von diesen 
das honestum dadurch, dass sie es 
als bonum laudabile definirten. Vgl. 
Fin. 4. 49. Die Stoiker dagegen 
lessen überhaupt nur das honestum 
als ein Gut gelten. Fin. 3. 26. Alle 
diese Anstósse lassen sich nun leicht 
durch folgende Aenderungen besei- 
tgen: der letzte durch eine blosse 
Wortversetzung, wie sie schon 
einige Herausgeber haben eintreten 
lassen: Quod. laudabile est, bonum 
in se habeat 8q.: die vorhergehen- 
den durch Aenderung von enim in 
autem, wodurch dieser Satz aus 
einem logischen Obersatz in die 
assumptio verwandelt wird. Dann 
schreitet der Beweis sinngemüss in 
folgender Weise vor: Alles Lobens- 
werthe enthàált ein lobwürdiges Gut. 
Das Gute aber beruht auf der Na- 
tur, nicht auf subjectiver Meinung. 
(Denn sonst würde auch das hóchste 
Gut, die Glückseligkeit, nur ein 
vermeintliches sein.) Folglich ist 
auch das honestum auf die Natur 
zurückzuführen — nur dass statt 
laudabile, was erwartet wird, ho- 
nestwm eingesetzt ist. Indess diese 
Vertauschung ist logisch gerecht- 
ferti Vgl Fin. 2. 45 honestum 
íd intellegimus, quod tale est, wt 
sine ullis praemiis fructibusve per 
se ipsum possit iure laudari. 
Fin. 3. 48 laudabile omne honestum 
und nachher: quis tibi primum illud 
(bonum omne laudabile) concesserit? 
quo quidem concesso mihil opus est 
secundo: 8i emim omme bonum 
laudabile est, omne honestum 
€st; wo l1 ile und MHhonestum 
γα! ἔν gleichgesetzt sind. Ebenso 
Tusc, 5. 483. u. 45. Ausserdem lag 
diese Vertauschung dem Hómer um 
80 nüher, als laudabile und honestum 
—€— iffe sind, wie im 

tschen: lobenswerth und ehren- 
werth. Für unser Gefühl freilich, 
die wir das Zusammemnfallen des 


laudabile und Ahonestwm nicht so 
leicht empfinden, da sich uns für 
letzteres das deutsche Wort ,,sitt- 
lich gut* unterschiebt, enthàlt die 
Gedankenreihe einen  auffálligen 
Sprung, den auch selbst dem latei- 
nischen Leser gegenüber, wie die 
oben angeführten Beispiele zeigen, 
eine genauere Dialektik vermieden 
haben würde, hier aber die ge- 
dràngte, dureh die Anháufung so 
vieler Argumente auch gebotene 
Kürze leicht entschuldigt. 

et ea sint principia natwrae: Der 
Sinn dieser Worte ist dunkel. aa- 
turae fasst man allgemein als Genit. 
subiect.: ,und da diese — das Gute 
und Schlechte — die von der Natur 
aufgestellten, ausgehenden, Prin- 
cipien sind.^ Aber Principien wo- 
von? Dies muss man sich ergánzen, 
und thun auch die Ausleger ganz 
nach Belieben. Feldh. ,,)nach denen 
beurtheilt wird, ob etwas gut oder 
schlecht  sei*.  Vóllig verkehrt. 
Denn erstens würde in diesem Sinne 
nicht principia stehen kónnen, son- 
dern norma, regula (Massstab), so- 
dann kónnte: quibus, utrum qwid 
malum an bonwm sit, iudicatur un- 
móglich fehlen, drittens ist es auch 
ein Nonsens zu sagen: das Gute 
und Schlechte ist der Massstab, wo- 
nach beurtheilt wird, ob etwas gut 
oder schlecht sei. Besser Turnebus: 
die Principien — des Rühmlichen, 
der Tugend, Pflicht, Sittlichkeit, 
d. h. das Gute und Schlechte ist 
die Wurzel der Sittlichkeit (hone- 
sias) und ihres Gegentheils. Nur 
versteht man nicht, wie das zur 
Ergüánzung dienende Glied aus- 
gelassen werden konnte.  Ausser- 
dem aber spricht gegen ihn wie 
gegen Feldh., dass maturae eine 
müssige Wiederholung des eben Ge- 
sagten, dass das Gute und Schlechte 
in der Natur beruhe, würe. Dem- 
nach scheint mir die Ueberlieferung 
nicht haltbar zu sein und zwar der 
Fehler in naturae zu stecken, wo- 
für ich lawdandi worschlage. Das 


62 DE LEGIBUS 


ram referenda sunt. 47. Sed perturbat nos opinionum varietas 
hominumque dissensio, et quia non idem contingit in sensibus, hos 
natura certos putamus, illa, quae aliis sie, aliis secus nec isdem 


Gute und Schlechte ist die Grund- 
lage, der Ursprung, des Lobens; 
dasjenige, wovon das — s. v. à. 
man beim -— ]Loben ausgeht. 
Einerseits erscheint dieser Gedanke 
hier. nothwendig. Nachdem der 
eine der Vordersütze wegen der 
Einschaltung des zu seiner Begrün- 
dung dienenden Satzes: Qwod «i 
ita esset — stultius? — wiederholt 
worden war, musste auch das 
Gleiche mit dem anderen, dessen 
Erinnerung durch die Einschaltung 
nicht weniger getrübt war, ge- 
schehen. Anderseits wird màn auch 
den durch malwm scheinbar indi- 
cirten Begriff des Tadelns nicht 
grade vermissen. Würe laudabilis 
(wobei dahingestelli bleibt, ob 
dieser Genitiv vom substantivirten 
Neutrum überhaupt zulüssig würe) 
gesetzt, so hütte dem malwm ent- 
sprechend et nom laudabilis (vitu- 
perabilis) hinzugefügt werden miüs- 
sen. Dagegen laudandi drückt blos 
die Thátigkeit des Lobens aus, über 
deren Eintritt eben das Vorhanden- 
sein von Gutem oder Schlechtem 
entscheidet. 

8 47. Sed perturbat nos flg. Der 
hier folgende Gedanke wird aus- 
führlicher entwickelt Tusc. III. 8 2 
flg.: Simul atque editi in lucem su- 
mus, in omni contimuo pravitate 
opinionum versamur, ut paene cum 
lacte nutricis errorem swrisse videa- 
mur. Cum vero parentibus redditi, 
deim magistris traditi sumus , tum 
ita variis imbuimur erroribus, ut 
vanitati veritas εἰ opinioni confir- 
matae natura ipsa cedat. Accedunt 
etiam poétae, qui — audiuntur, le- 
guntur, ediscuntur et. inhaerescunt 
penitus in mentibus: cum vero eodem, 
quasi mazimus quidam magister, 
populus accessit atque omnis wundi- 
que ad vitia consentiens multitudo, 
tum — plame  inficimur | opinionum 
pravitate a naturaque desciscimus. 
Dann werden im weiteren Verlaufe 
als Ursachen geistiger und sitt- 
licher Verwirrung angegeben: fama 


popularis, quae simulatione hone- 
statis formam eius pulchritudinem- 
que corrumpit. Quid? qui pecuniae 
cupiditate, qui voluptatum libi- 
dine feruntur, quorumque ita per- 
turbantur animi, ut non multum 
absint ab insania. 


Dass übrigens die Spitze dieser 
Ausführungen wieder gegen die 
Epikureer gerichtet ist, kann nicht 
zweifelhaft sein. Diese waren es 
ja, welche den Sinnen sichere Er- 
enntniss der Wahrheit beilegten, 
welche das Urtheil der Sinne für 
ein unbestreitbares hielten — da- 
her sie auch das sinnliche Ver- 
gnügen zum Princip der Glückselig- 
keit erhoben und alle Tugenden, 
auch die Gerechtigkeit, auf dieses 
zurückführten. Vgl. Lucret. d. Rer. 
nat. IV. 476 flg. 


Invenies primis ab sensibus esse 
creatam 
JNotitiem veri, neque sensus posse 
refelli. 
Nam maiore fide debet reperirier 
illud 
Sponte sua veris quod possit vin- 
cere falsa: 
Quid maiore fide porro quam sen- 
sus haberi 
Debet? | An ab sensu falso ratio 
orta valebit 
Dicere eos contra, quae tota ab 
sensibus orta est? 
Qui nisi sunt veri, ratio quoque 
falsa fit omnis. 
d. Fin. L 22 iudicia rerum .Epi- 
curus im sensibus pomit, quibus si 
semel aliquid falsi pro vero proba- 
tum sit, sublatum esse omne iudi- 
cium veri et falsi putat. 1. 80 Ita- 
que negat opus esse ratione meque 
disputatione, quamobrem | voluptas 
expetenda, fugias dolor sit. Sen- 


tiri haec putat ... Cf. Fin. II. 36, 

sensibus Ggs. Opinkonibus sinn- 
lichen Eindrücken, Sinneswahrneh- 
mungen. 


nec isdem und auch nicht den- 
selben, und auch denselben nicht 


LIB. L CAP. 17. 8 46. 47. 63 


semper uno modo videntur, ficta esse dicimus. 


Quod est 


longe aliter. Nam sensus nostros non parens, non nutrix, 
non magister, non poéta, non scaena depravat, non multitu- 


dinis consensus abducit a vero. 


Animis omnes tenduntur in- 


sidiae vel ab iis, quos modo enumeravi, qui teneros et rudes 
quom acceperunt, inficiunt et flectunt ut volunt, vel ab ea, 
quae penitus in omni sensu inplicata insidet, imitatrix boni, 
voluptas, malorum autem mater omnium, quoius blanditiis cor- 
rupti, quae natura bona sunt, quia dulcedine hac et scabie 


carent, non cernunt satis. 


einmal, also hier mit herabsteigen- 
der Bedeutung. 

sensus Ggs. animi: Sinne (Sinnes- 
vermógen). 

wuno modo immer auf eine, d. h. 
dieselbe Weise, so geht wnus oft 
in die Bedeutung von idem über. 
Cf. p. Sulla 9 simplex officium at- 

wuna bonorwm est omnium causa. 

Flaec. 63 .LacedaemomW, qui soli 
toto orbe terrarum septingentos iam 
annos wnis moribus et munquam 
mutatis legibus vivunt; d. Dom. 129 
uno tempore cautiones fiebant pe- 
cuniarum , foedera feriebantur pro- 
vinciarum , regum appellationes ve- 
nales erant, cett. Pis. 85 milites 
nostri cum wno genere morbi affli- 
gerentur;  Caecin. 70 mihil quod 
aequabile inter ommis atque wnwum 
omnibus esse possit; C. Rab. perd. 5 
quoniam uno tempore et vita C. Ra- 
birii et salus rei publ. vestris suf- 
fragiis permittitur ; Tusc. I. 89 non 
wno bello pro patria cadentis Sci- 

! Hispania vidisset. 

parens. Auffallig ist der Singular, 
wobei man im Zweifel ist, ob man 
Vater oder Mutter verstehen soll. Auf 
die Mutter scheint die Stellung des 
Wortes hinzudeuten, da die Reihen- 
folge der Nomina sonst der Zeitfolge 
entepricht, der Einfluss des Vaters 


aber erst in rer Zeit sich kund 
gibt ; für den Vater aber kónnte man 


pu machen, das$ ohne hinzutre- 
e Bezeichnung des Geschlechte 
dieser Sinn der vorwiegende ist. 
scaena, zumal die Komódie, 
teneros et rudes inficiunt et flectunt 
in chiastischer Wortstellung. Denn 
pne bezieht sich auf teneri (wo- 
das Bild junger Pflanzen vor- 
schwebt), inficere auf rudes (ein 


Epitheton, das auf ungefárbte Wolle 
hindeutet). 
implicata sich einschmiegend und 
umstrickend — sich verschlingend. 
ab ea, quae — voluptas mit hier 
naheliegender Personification des 
Sachnamens. (Cf. Tusc. 5. 119 al& 
tantam praestantiam in bonis animá 
esse dicunt, ut ab his corporis et 
externa, obscurentur. Oben 8 31 ab 
errore mentis ascisciiur; 8 33 ab 
consuetudine igniculi exstinguantur ; 
Fin. 3. 49 neque ab ulla re, quod 
non sii in bonis, id quod sit im 
bonis contineri potest; 5. 4 a sede- 
que 1psa desiderari puto; Div. 2. 89 
ab sideribus moveri; Fam. V. 12. 3 
a gratia flecti te mon potuisse u. oft. 
imitatriz — voluptas. Diese Art 
Attraction in Relativsützen nicht 
gerade háufig. Cf. III. 19 Aaec est 
quam Scipio laudat temperationem ; 
Att. II. 24. 1 quas litteras dedi, te 
4s evocabam; Cluent. 117 Sequitur 
id, quod ill $udicium appellant, 
maiores nostri munquam meque — 
nominarunt — neque — observarunt, 
aninadversionem censoriam; p. Sul. 
92. Mehr Beispp. Krüger Lat. Gr. 8 
551. 1 u. 8 670. 3. 6. Reisig 8 344. 
imitatriz boni, ühnlich wird die 
fama popularis imitatric gloriae 
(solidae) genannt, 'Tusc. 3. 4. 
scabies offenbar im Hinblick auf 
das Epikureische γαργαλισμός, wo- 
für sonst titillatio gewühlt wird, 
d. Nat. d. 1. 113; Fin. I. 39; Tusc. 
4. 47; Off. III. 63; dessen philo- 
sophische Erklürung: iucundus mo- 
(us, quo 8ensus hilaratur Fin. 2. 8; 
commotio suavis iucunditatis $n cor- 
pore 2. 13; voluptas, quae ad sensus 
cum suavitate. affluit et illabitur 1. 
39; qua sensus dulciter ac ducunde 


64 DE LEGIBUS 


XVIII. 48. Sequitur, ut conclusa mihi iam haec sit omnis 
oratio, id quod ante oculos ex iis est, quae dicta sumt, et ius 
et omne honestum $ua sponte esse expetendum. Etenim omnes 
viri boni ipsam aequitatem et ius ipsum amant, nec est viri 
boni errare et diligere quod per se non sit diligendum. Per 
se igitur ius est expetendum et colendum. Quod si ius, etiam 
iustitia: sin ea, reliquae quoque virtutes per se colendae sunt. 
Quid? liberalitas gratuitane est an mercennaria? S1 sine prae- 
mio benigna est, gratuita: si cum mercede, conducta: nec est 
dubium quin is, qui liberalis benignusve dicitur, officium, non 


fructum sequatur. 
nihil pretii. 


tutum causa atque sententia est. 


movetur 2. 18; cum ommes sensus 
dulcedine omni quasi perfusi mo- 
ventur 2. 114.  Scabies hier Be- 
zeichnung einer angenehm jucken- 
den Empfindung (— pruritus), sonst 
aber in dieser Bedeutung (denn 
Hor. Ep. L 12. 14 inter scabiem 
tantam et contagia lweri ist sie 
streitig) — wenigst. in klassischer 
Periode — ohne Beleg. 

Cap. XVIII. 8. 48. oratio, diese 
rhetorische Formel hier auf den 
Vortrag im Dialog angewendet, 
wie Fin. 4. 78 iam enim concluda- 
tur oratio. Οἷ Seyff. Schol. lat. 
8 40. 3. 

sua sponte sq. Cf. honestum ipsum 
per se, Sua vi, sua sponte, sua ma- 
tura — laudabile Fin. 2. 50 (ami- 
citiam ipsam sua sponte, vi sua, ex 
se et propter se expetendam Fin. 
2. 83). 

Etenim —.  Ungeachtet der An- 
kündigung des Sehlusses reiht sich 
eine neue Kette von Beweisen an. 

omnes viri bomi der Beweis ec 
auctoritate (das testimonium der 
Chrie, zu den πίστεις ἄτεχνοι ge- 
hórig). 

gratuita unentgeltlich, freiwillig 
darbietend. Cf. probitas gratwita, 
non invitata voluptatibus mec prae- 
i;jorum  mercedibus  evocata Fin. 
2. 99. 

benigna im engeren Sinne (vgl. 
8 32), vom Vermógen spendend, 
opfernd (freigebig) — Die über- 
lieferte Lesart benignus ist wohl 
nicht haltbar. Denn man müsste 
benignus, aus liberalitas zu ent- 


Ergo item iustitia nihil expetit praemii, 
Per se igitur expetitur. Eademque omnium vir- 


49. Atque etiam si emolu- 


nehmen (mit ühnlicher Freiheit 
8 50 mon petulamtis in Beziehung 
auf die Nomina abstracta modestia 
cett.), als Subject hinzudenken, ohne 
dass doch ein Grund war, das Sub- 
ject liberalitas, nachdem dessen Per- 
sonification mit mercenaria schon 
eingetreten war, wieder aufzugeben. 
cum mercede. Cum (begleitender 
Umstand: unter Empfang von, vgl. 
Liv. 9. 16. 3 pacem cum precibus 
petere, gewóhnlicher Ablat., cwm 
(tis mei periculo Cic. Marc. 15) 
durch den Gegensatz von sine her- 
vorgerufen, wührend an sich auch 
Ablat. pret. stehen kónnte. 
nec führt einen versichernden Zu- 
satz zu dem aus den vorhergehen- 
den Sützen von selbst sich ergeben- 
den Schlusse: ergo gratwita est ein 
-— und fürwahr, in der That, auch 
nicht. Cf. Nügelsb. Stil. 8 192. 3 a. 
Zu dem Gedanken vgl. d. Fin. 2. 72 
id enim contendimus (Stoiker gegen 
die Epikureer), wt officii fructus sit 
ipsum officium; u. Div. I. 87 Qwi hoc 
turpius quam quod Epicurus nullam 
censet. gratwitam esse virtutem ? 
causa — sententia. Gleiche Be- 
wandtniss hat es mit allen Tugen- 
den (und alle haben denselben Sinn 
— Begriff). Cawsa Lage, Verhült- 
niss, synon. mit ratio, condicio, wie 
oft. Fin. L 49 (dazu Madvig) 6» 
eadem causa sunt, χα amtequam 
mati; IV. 66 illud in eadem causa 
est; p. Sest. 57 desgl; p. Font. 
8 26 (16) qui optima in causa sunt; 
Leg. Agr. III. 9 meliore in causa; 
Vat. 30 de anni illius causa; Corn. 


LIB. I. CAP. 18. $ 48. 49. 65 


mentis, non suapte vi virtus expetitur, una 
quae malitia rectissime dicetur. 


erib virtus, 
Ut enim quisque maxume 


ad suum commodum refert quaecumque agit, iia minime est 
vir bonus, ut, qui virtutem praemio metiuntur, nullam vir- 


tutem nisi malitiam putent. 


Ubi enim benefieus, si nemo 


alterius causa benigne facit? ubi gratus, si non eum ipsum 
cernunt grati, quo referunt gratiam? ubi illa sancta amicitia, 


B. 45 in exquirendis condicionibus 
civitatum atque causis; Leg. 3. 41 
causas populi teneto. 

S 49. suapte vi, s. oben zu sua 
sponte, ferner d. Inv. 2. 157 est 
quiddam expetendum, quod sua vi 
nos adliciat ad. sese, non emolumento 
captans aliquo; Fin. 2. 44 ipsum 
$4a vi propterque se expetendum; 
3. 21 vi sua et dignitate expetendum. 

wna erit (Fut. zu 8 43) virtus 
wird es nur eine Tugend geben, 
nàümlich die Kunst, Vortheile zu er- 
langen. In Wahrheit ist diese Fol- 
gerung, dass dann die Unterschiede 
der Tugenden aufhóren würden, 
ebenso hinfalhg, als wenn man be- 
hauptete, dass die Stoiker, welche 
die Tugend in das Streben nach 
dem Naturgemüssen setzten, die 
Unterscheidung der Tugenden auf- 

ehoben háütten. Die Verschieden- 

eit der Tugenden ergibt sich aus 
den verschiedenen Arten des Natur- 
gemássen (sowie theils aus den 
Arten und dem Verhültniss der da- 
bei wirkenden. Seelenvermógen). 
Dieselbe Verschiedenheit wird sich 
auch geltend machen, wenn das 
Object im Allgemeinen der Vortheil 
ist. Bake berichtigt Cicero, wenn 
er vorschlágt: mulla erit virtus at- 
que m. r. d. 

malitia mit einer Art von Wort- 
spiel als scheinbarer Gegensatz von 
virtus, wáhrend es doch auf einer 
anderen Begriffsstufe steht und einen 

iellen Fehler bezeichnet, Cf. 
in. 8. 39 Quas enim Graeci κακίας 
appellant, vitia malo quam malitias 
nominare; 93. 40 sim κακίαν mali- 
tíiam dixisses, ad aliud mos unum 
certum vitium | consuetudo | Latina 
traduceret : nunc omni virtuti vitium 
contrario nomine opponitur; dae- 
selbe Tusc. 4. 34; d. Nat. d, III. 
75 est emim malitia versuta et 
fallax nocendi ratio; Off. 2. 10 
Cicero de legibus. 


li saepe versutos homines et callidos 
admirantes malitiam sapientiam 1u- 
dicant; 3. Τ1 eaque malitia, quae 
vult illa quidem se esse prudentiam, 
sed abest ab ea distatque plurimum; 
Part. or. 81 prudentiam malitia imi- 
iíatur — also betrügerische, bós- 
willige Schlauheit; Fin. 4. 68 falla- 
ciloquae, ut ait Accius, malitiae — 
Wortverdrehungen, mit der Absicht 
zu táuschen. Ferner vgl. Fin. 2. 
46; Rep. 3. 26; Tusc. 8. 50; p. 
Quinct. 56; Cluent. 183; Off. 3. 61; 
u. besond. die Komiker, wie Plaut. 
Epid. 4. 1. 23 muliebris malitia ad- 
hibenda est mihi. |n Ermangelung 
eines entsprechenden deutschen 
Wortes mag als Nothbehelf dafür 
Arglist (oder übelgesinnte Schlau- 
heit) für bonus gutherzig dienen. 
nullam virtutem sq. — nihil vir- 
tutem n. m. putent mit einer sonst 
nur bei Demonstrat. od. Relat. pro- 
nomina gewóhnlichen Attraction. 
Vgl. G. T. A. Krüger 8 300. 1. 
Ubi enim beneficus sq. Begrün- 
dung des Gedankens, dass die ein- 
zelnen Tugenden dann schwinden 
und statt aller derselben nur die 
auf  Uebervortheilung gerichtete 
Schlauheit übrig bleibe: und zwar 
beginnt diese Ausführung mit den 
Tugenden der Gemeinschaft, von 
denen schon oben 8 43 die Rede 
war. Doch waltet ein gewisser 
Unterschied des Gedankens zwischen 
dieser und jener Stelle ob. Oben 
hiess es: jene Tugenden kommen 
überhaupt nicht zum  Vorschein, 
hier ist der Sinn: sie kommen zwar 
der That nach zum Vorschein, sind 
aber ihrem Wesen .und Begriffe 
nach nicht mehr für 'Tugenden 
ihrer Art, sondern für Erschei- 
nungen gewinnstüchtiger Schlauheit 


anzusehen. 


ubi ila sancta amicitia. Vgl. 
hierzu die ausführlichere Erürterung 


» 


66 DE LEGIBUS 


si non ipse amicus per se amatur toto pectore, ut dicitur? 
qui etiam deserendus et abiciendus est desperatis emolumentis 
et fructibus, quo quid potest diei immanius? Quod si amicitia 
per se colenda est, societas quoque hominum et aequalitas et 


iustitia per se expetenda. 


50. Quod ni ita est, omnino iustitia 


nulla est: id enim iniustissimum ipsum est, iustitiae mercedem 


quaerere. 


XIX. Quid vero de modestia, quid de temperantia, 


quid de continentia, quid de verecundia, pudore pudicitiaque 
dicemus? Infamiaene metu non esse petulantis an legum et 


desselben Gedankens in dem zwei- 
ten, die Widerlegung der Epiku- 
reischen Lehre enthaltenden Buche 
d. Fin. $ 78— 85. 

toto pectore (bei Cic. δέξου in den 
Briefen), Ausdruck der Volkssprache, 
daher wt dicitur hinzugefügt. 

qui etiam deserendus &q. Cf. Fin. 
2. 19 Quid ages, si utilitas αὖ ami- 
citia defecerit? .Helinquesne? Quae 
ista amicitia est?  Retinebis? Qui 
convenit ? 

per se expetenda, Ueber die Aus- 
lassung der Copula beim Partic. 
Fut. pass. s. Zumpt 8 776. A. 

Cap. XIX. 8 50. Qwid vero de 
modest. cett. Vgl. die bezüglich 
dieser Tugenden entsprechende, im 
Wortlaut sogar anklingende Zurück- 
weisung des Epikureischen Stand- 
punktes d. Fin. 2. 60; 92. 73. 

Modestia Fühigkeit, seine Lei- 
denschaft zu müssigen, zu beherr- 
schen  (Mássigung, Selbstbeherr- 
schung) setzt das Vorhandensein von 
Leidenschaften voraus. Temperan- 
tia (von tempus, Verhültniss) der 
Zustand des rechten Verhültnisses 
zwischen den verschiedenen Seelen- 
krüften, Gleichgewicht der Seele, 
Besonnenheit (Temperantia  expe- 
tenda, quia pacem animis affert et 
608 quasi concordia quadam placat 
ac lenit. Temperantia «est enim, 
quae in rebus aut expetendis aut 
f'ugiendis ut rationem sequamur mo- 
net Fin. 1. 47). Da diesem Gleich- 
gewicht besonders die Uebermacht 
der Sinnlichkeit entgegensteht, so 
bezeichnet temperantia oft im enge- 
ren Sinne das Zurücktreten der 
Sinnenlust (ἐπυϑυμία): temperantia 
in. praetermittendis voluptatibus cer- 
nitur Fin. 5. 67. temp. constat ex 


praetermittendis voluptatibus | cor- 
poris d. Nat. d. 3. 38, wührend 
modestia im engeren Sinne die Be- 
ziehung auf den ϑυμός, Zorn, Trotz, 
Uebermuth annimmt, da diese 
Leidenschaften es sind, die am 
plótzlichsten und  unwiderstehlich- 
sten hervorbrechen und von der 
Vernunft mehr im Zaume gehalten 
als entfernt werden kónnen (in 
diesem Sinn auch bisweilen Ge- 
horsam). Continentia Genügsam- 
keit, insbesondere in Ansehung 
dessen, was zur Nahrung, Kleidung, 
Wohnung dient. Vgl. die ausführ- 
liche Erlüuterung "Tusc. 5. 97—99 
u. Off. II. 86. continentia in victu 
omni atque cultu corporis. — Vere- 
cundia die Scheu, die man vor 
anderen empfindet, etwas Un- 
rechtes oder Unpassendes zu thun. 
Pudor die Scham vor sich sel- 
ber, etwas Unrechtes zu thun (Ehr- 
gefühl)  Pwuwdicitia die Scham- 
haftigkeit im engeren Sinne. Alle 
die genannten Tugenden haben das 
gemein, dass ihre Verletzung nicht 
von Staatswegen bestraft wird. Da- 
her enthált die folgende Frage: 
infamiaene metu am leg. $4. in sich 
selbst die Antwort: infamiae metu 
-— jedoch nur im Sinn der An- 
bhünger der Nützlichkeitstheorie. 
Diese Antwort wird darum in der 
That auch nicht ausdrücklich ge- 
geben, gleichwohl, als würe sie ge- 
geben, vorausgesetzt. Continentes 
ergo et verecundi sq. 

non petulantis, als gingen statt 
der n. abstracta »«odestia cett. die 
entsprechenden concreta voraus. Vgl. 
zu benigna 8 48 u. Off. I. 101 omnis 
actio vacare debet temeritate nec vero 
agere quicquam, cuius mom possit 


LIB. I. CAP. 18. 19. 8 49—51. 6" 


iudiciorum? Continentes ergo et verecundi sunt ut bene audiant 
et ut rumorem bonum colligant erubescunt? pudet etiam loqui 
de pudicitia? At me istorum philosophorum pudet, qui ullum 


iudicium vitare nisi vitio ipso vitato honestum putant. 


51. 


Quid enim? possumus eos, qui a stupro arcentur infamiae metu, 


causam reddere, als wenn quisquis 
agi voranginge; ib. ILI. 39, mehr 
Heine zu Off. I. 101. 

Das handschr. innocentes enthàlt 
das Gegentheil von strafwürdigen 
Vergehen, wührend die vorherge- 
nannten 'Tugenden solche waren, 
deren Verletzung nicht strafbar ist; 
ausserdem bisweilen noch die Be- 
deutung uneigennützig. Aber auch 
diese Tugend war im Vorhergehen- 
den nicht erwáhnt und passte auch 
nicht, da deren Gegentheil die aca- 
ritia nicht ohne weiteres für straf- 
los gelten kann. Daher halte ich 
eine Aenderung des Textes für 
nóthig und schreibe continentes (cf. 
Fam. IX. 19. 1 ewm reges tam sint 
continentes), welches die continentia 
und damit verwandten Tugenden 
modestia, temperantia wieder auf- 
nimmt, wie verecundi die verecundia 
und damit verwandten pudor, pu- 
dicitia. 

Die Láücherlichkeit der epikurei- 
schen Ansicht, dass aus der Furcht 
vor übelem Rufe die hier behan- 
delten Tugenden hervorgehen, wird 
damit gekennzeichnet, dass manche 
Aeusserungen jener Tugenden in 
blosser Veründerung der Gesichts- 
farbe oder in Worten bestehen, die 
weder durch die óffentliche Meinung 
controllrt noch zum Theil durch 
berechnete Absicht hervorgebracht 
und geleitet werden kónnen. 

— ^s; viopupid steht ebemn- 

falls in Verbindung mit ut — colli- 

und um in guten Huf zu 

ommen — schümt man sich sogar 

über solches, was die Schamhaftig- 
keit betrifft, zu sprechen? 

de icitia ist sehr auffüllig. 
W h übersetzt heisst es: über 
die Schamhaftigkeit. Aber warum 
sollte man Anstand nehmen, über 
die Schamhaftigkeit selber, als eine 
rühmenswerthe Eigenschaft, zu 
sprechen? Oder gingen die lómer 
— im Sinne des Cicero — in ihrem 


Widerwillen gegen schamverletzen- 
de Dinge so weit, dass sie nicht 
blos diese zu nennen, sondern auch 
die Enthaltung derselben, die Scham- 
haftigkeit, weil deren Erwüáhnung 
den Gedanken auf jene hásslichen 
Dinge hinlenkte, zu rühmen sich 
scheuten?  Anderseits hat man für 
eine concrete Bedeutung des Wortes, 
sei es wie wir sie mit Scham ver- 
binden, sei es als res pwdendae 
überhaupt, keinen Beleg. 

At führt die Entgegnung Ciceros 
auf die vorhergehende den Utilita- 
riern beigelegte Ansicht ein. 

istor. phil. der Epikureer. 

iudicium — — honestum, so nach 
Eussner's (Fleckeis. Jahrb. 1877 p. 
620—622) ansprechender Emenda- 
tion; die Hdschr. 2pso notatum p.: 
die es für tugendhaft halten, das 
Laster nicht um seiner selbst, son- 
dern um des Urtheils der Menschen 
willen zu meiden.* (Vielleicht besser 
in der Stellung: vitio vitato ipso, 
die &ich noch durch die Alliteration 
empfiehlt; s. zu 3. 32). 

"isi mit Bezug auf die in pudet 
liegende Negation, die sich leicht 
durch Auflósung von pudet in: ón- 
dignum (non dignwm) esse plhilo- 
sophis — dedecere (non decere) philo- 
sophos sentio (putare) ergibt. 

8 51. Zu diesem 8 vgl. ausser den 
zu dem vorhergehenden angeführten 
Stellen noch Fin. 3. 38. 

Quid enim? leitet einen apago- 
gischen Beweis per inductionem ein, 
ΒΟ dass gefragt wird, ob etwas Ein- 
zelnes, dessen Gegentheil feststeht 
und aus dessen angenommener Gül- 
tigkeit der zu widerlegende Satz 
sich per inductionem ergeben würde, 
Statt finde. Vgl. Seyffert Schol. 
lat. 8 48. — Diejenigen, welche sich 
unzüchtiger Handlungen nur aus 
Furcht vor (übler Nachrede ent- 
halten, die doch nicht eintreten 
würde, wenn die Sache nicht selbst 
schimpflich würe, halten sich nicht 


5* 


68 DE LEGIBUS 


pudieos dicere, quom ipsa infamia propter rei turpitudinem 
consequatur? Nam quid aut laudari rite aut vituperari potest, 
81 ab eius natura recesseris, quod aut laudandum aut vitu- 
perandum putes? Àn corporis pravitates, si erunt perinsignes, 
habebunt aliquid offensionis, animi deformitas non habebit? 
cuius turpitudo ex ipsis vitiis facillime perspici potest. Quid 
enim foedius avaritia, quid inmanius libidine, quid contemp- 
tius timiditate, quid abiectius tarditate et stultitia diei potest? 
Quid ergo? eos, qui singulis vitiis excellunt aut etiam pluri- 
bus, propter damna aut detrimenta aut cruciatus aliquos mi- 
seros esse dicimus an propter vim turpitudinemque vitiorum ? 
Quod item ad contrariam laudem in virtutem diei potest. 52. 
Postremo si propter alias res virtus expetitur, melius esse ali- 
quid quam virtutem necesse est. Pecuniamne igitur an honores 
an formam an valetudinem? quae et quom adsunt perparva 


an das Wesen der Sache, sondern 
an etwas Accidentielles und ver- 
dienen darum nicht für züchtig ge- 
halten zu werden. Das Lob selbst, 
das nach Ansicht der Epikureer das 
Bestimmende zur Tugend sein soll, 
ist doch nichts Ursprüngliches, son- 
dern leitet seinen Ursprung erst aus 
dem Wesen der Sache, die gelobt 
wird, her. 

An corporis pravitates —. Ueber 
diese rhetorische Form des sog. 
Argumentum ex contrario s. βου τ, 
sch. 1. 8 55. 8 ἃ. 

offensionis Abstossendes — von 
Natur Widerwillen Erregendes. Die 
Epikureer wollten zwar auch die 
Laster gemieden wissen, aber nicht 
weil sie abstossend würen, sondern 
wegen der aus ihnen erwachsenden 
Nachtheile. 

vitiis ergibt hier im Gegensatz 
zu dem generellen animi deformitas 
von selbst den Begriff der einzelnen 
Fehler, ohne dass die Hinzufügung 
von singulis, die nachher geschieht, 
durchaus nothwendig war. 

Qwid enim sq. Die angeführten 
vitia sind den vier Cardinaltugenden 
entgegengesetzt, avaritia der iusti- 
tia, libido der temperantia, timiditas 
der fortitudo, tarditas sq. der pru- 
dentia. 

immanis was das rechte Mass 
überschreitet und dadurch  ab- 
schreckt, hier von der abschrecken- 
den Wildheit der Wollust, vgl. p. 
Scaur. 13 (wührend auch umgekehrt 


das abschreckende Uebermass in 
Verschmühung der Lust damit be- 
zeichnet werden kann: temperantiam 
immanitas in voluptatibus aspernan- 
dis imitatur Part. or. 81). 

abiectus drückt nicht Abscheu, 
wie unser verworfen, aus, sondern 
Geringschützung: missachtet, nie- 
drig, gemein. íarditas sc. mentis 
synonym mit stultitia. 

quid ergo? eine im apagogischen 
Beweise gebrüuchliche Formel, leitet 
einen der Form nach richtigen, dem 
Inhalte nach unwahren Schluss ein, 
woraus sich die Ungereimtheit der 
aufgestellten Behauptung ergibt. 
Vgl. Seyff. schol, l. $49. Der Satz, 
aus dem der hiermit eingeführte 
Schluss gezogen und dessen Wider- 
legung bezweckt wird, ist: amimi 
deformitas mihi offensionis habet 
8. V. &. tilia mon ipsa matura fu- 
giuntur. Denn wenn es richtig ist, 
dass die Fehler nieht um ihrer 
selbst sondern der aus ihnen er- 
wachsenden Nachtheile willen ge- 
mieden werden, 80 folgt auch, dass 
sie nicht selbst sondern erst durch 
die daransich knüpfenden Nachtheile 
unglücklich machen. 

in virtutem in Bezug auf, wie 
Off. I. 28 est in philosophos dictum. 
Brut. 160 exstat in eam legem oratio. 
Dazu von Piderit eführt: Brut. 
164 ebenso; d. Or. Il. 352 carmen 
in eum scripsisset; Att. VII. 1. 8 
sententiam in me dixisset; Caes. b. 
G. 1. 48 senatus comsulia (1m eos 


, 


LIB. 1. CAP. 19. 20. 8 51—68. | 69 


sunt et quam diu adfutura sint certum sciri nullo modo potest, 
an — id quod turpissimum dictu est — voluptatem? At in ea 
quidem spernenda et repudianda virtus vel maxime cernitur. 

Videtisne quanta series rerum sententiarumque sit atque 
ut ex alio alia nectantur? Quin labebar longius, nisi me reti- 
nuissem. XX. Q. Quo tandem? Lubenter enim, frater, quod 


istam orationem, tecum prolaberer. 


M. Ad finem bonorum, 


quo referuntur et cuius apiscendi causa sunt facienda omnia, 
controversam rem et plenam dissensionis inter doctissimos, sed 
aliquando iam iudicandam. 53. Arr. Qui istuc fieri potest 
L. Gellio mortuo? M. Quid tandem id ad rem? ATrT. Quoniam 


facta. Gewóhnlicher ist in dieser 
Bedeutung der Ablativ, wozu Seyft. 
Lael. p. 44, Madv. zu Fin. 4. 37. 

8 52. certum als Subject des Satzes, 
wovon wieder der Fragesatz an 
Stelle eines ergünzenden Genitivs 
abhángig zu denken ist (— quorum 
diuturnitatis certa, scientia — teneri 
non potest), nicht ohne Hárte; doch 
beruft man sich zur Stütze dieser 
Construction auf Fam. IX. 9. 1. 
Certum scio iam convaluisse eam. 

voluptatem: Ansicht der Epi- 
kureer. Vgl. Fin. L 42 Ut me. 
dicorum scientiam mon ipsiu& artis 
sed bonae valetudimis causa pro- 
bamus, sic sapientia, qwae ars vi- 
vendi putanda est, non expeteretur, 
si nihil efficeret: mune expetitur, 
quod est artifer conquirendae et 
comparandae voluptatis; u.I. 46 flg. 

series zusammenhángende Reihe; 
Reihenfolge und Verkettung. 

rerum $q. der Dinge d. h. that- 
sáchlichen Verhàültnisse und Ge- 
danken. 

nectere ex nach Analogie von 
pendere σα. Cf. Fin. 3. 74 quid non 
$iíc aliud ex alio mectitur? | Ebenso 
aptus: rerum causas alias ex aliis 
aptas et necessitate nexas 'Tusc. 5. 10; 
Acad. II. 31; Fin. II. 47; d. Fat. 34; 
Parad. 17; Tusc. 5. 36 und mehr 
dazu noch Tischer das. 

labebar war im Begriff noch 
weiter fortzuschweifen, mich weiter 
zu verlieren. Vgl. über diesen Indic. 
in irrealen hypoth. Sátzen F. Schultz 
Lat. Spr. αὶ 336. A. 6 (bezeichnet 
eine Handlung, die zwar angefangen 
hat, aber nieht zu Ende gekommen 
ist"). Der Nebensatz pflegt negativ 


zu sein, s. Haacke, Gr. stil. Lehrb. 
8 93. 1. b. 

Cap. XX. quod — orationem. Der 
Text scheint nicht in Ordnung zu 
sein. Denn die Ellipse des Verbums 
(habes?) ist kaum anzunehmen, da 
von den für diese geltenden Bedin- 
gungen, dass der Satz ein selbstündi- 
ger sein, die Rede den lebhaften Ge- 
spráchston haben muss, über das aus- 
gelassene Verbum kein Zweifel sein 
darf — vgl. Madv. zu Fin. I. 9 —, die 
erste wenigstens nicht zutrifft (ob- 
gleich die Briefe auch in diesem 
Punkt freier, Att. 4. 8. b. 9 vel 
quod ab isdem vel quod praeter opi- 
nionem vel quod viri boni nusquam). 
Man kónnte vermuthen: quo ista 
oratione tendis tec. sq. Cf. d. 
Div. 2. 4. Att. 16. 5. 8. 

iam lebhaft und in dem Sinne, 
dass die zur Stütze der verschiedenen 
Ansichten dienenden Gründe schon 
erschópfend beigebracht und somit 
die Frage zur Entscheidung reif sei. 

8 58. L. Gellius ein ülterer Freund 
des Cic., Zeitgenosse der HRedner 
Crassus und Antonius, aber ita diw 
vixit, ut multarum aetatum oratori- 
bus implicaretur (Brut. 174), im 
J. 120 1m Gefolge (comtubernalis) 
des Consul C. Papirius Carbo (Br. 
105), erwarb sich auf dem Gebiete 
der gerichtliehen Beredtsamkeit ala 
Vertheidiger ^ einiges ^ Verdienst, 
Wann er die Prütur bekleidet, ist 
ungewiss, denn mit dem Consul d. 
J. 72 ist er nicht zu verwechseln. 
Dass er in Betreff philosophischer 
Fragen ein sehr naives Urtheil be- 


'sases, lehrt diese Stelle. 


Qui fieri pot. Gellio sq. —?, weil 


10 DE LEGIBUS 


Athenis audire ex Phaedro meo memini Gellium familiarem 
iuum, quom pro consule ex praetura in Graeciam venisset 
essetque Athenis, philosophos, qui tum erant, in locum unum 
convocasse ipsisque magno opere auctorem fuisse, ut aliquando 
controversiarum aliquem facerent modum. Quod si essent eo 
animo, ut nollent aetatem in litibus conterere, posse rem con- 
venire, et simul operam suam illis esse pollieitum, si posset 
inter eos aliquid convenire M. Ioculare istue quidem, Pomponi, 
etl a multis saepe derisum: sed ego plane vellem me arbitrum 


nach Ansicht des Atticus kein An- 
drer sich die Entscheidung dieser 
Frage zutrauen wird. 

Phaedrus nebst Zeno der hervor- 
ragendste Vertreter der Epikurei- 
schen Lehre zu Ciceros Zeit, den 
Cic. selbst zu Athen gehórt (Fin. 
1. 16), und dessen Werk περὶ ϑεῶν 
er zu de Natura deorum eifrig be- 
nutzt hat; war im Umgange hóchst 
liebenswürdig (Fam. 13. 1. 2 flg.), 
aber in der Polemik, wie alle Epi- 
kureer, reizbar und heftig (Nat. 
d. 1. 93). Dass Atticus ihn im 
hohen Grade verehrt, bezeugt diese 
nebst andren Stellen. (Fin. 5. 3; 
Fam. 13. 1. 5.) 

audire memini: das Reflexivpro- 
nomen ausgel., wie III. 23 progredi 
cogitat; lII. 43 est auguris meminisse 
praesto esse debere; 111. 45 latrones 
scivisse aliquid dicerent; Or. 23 re- 
cordor Demosthenem  anteferre; d. 
Or. 2. 149 pollicitus coacturum; 
3. 18 putem diutius posse debere; 
Div. in C. 38 putasne posse; Ver. 
A. L 23 wmespondisse mon putare; 
IL lib. 1. 60 respondit confecisse; 1. 
84 respondit nom persequi; 97 de- 
scensuros pollicebantur ; 117 qui dicat 
heredem esse (s. Zumpt); 2. 81 me- 
gato pecuniam accepisse; 93 pro- 
nuntiat exacturum; Fiu. 5. 31 mi- 
namur praecipitaturos; Cluent. 36 
inire — perficere posse arbitrati sunt ; 
100 Stajenus accepisse dicebat; 126 
reliquisse subscripserunt; 140 posset 
megare dirisse; 162 debere negavit ; 
176 quaesituram esse dixit; Acad. 
Il. 64 ut ei respondere posse diffi- 
derem; 81 non tw verum testem ha- 
bere ostenderis; 128 videntur con- 
siderare earum rerum auctoritatem, 
si quae inlustriores vileantur, amit- 
tere (Inv. 2. 1 pingere velle dixit?); 


Frg. Or. contra Anton. et Catil. 6. 
(Baiter XI. p. 22) dicturus es parum 
auzilio esse vidisse; Fam. IX. 2. 1. 
Mógen auch manche dieser Stellen 
eine leichte Emendation zulassen 
(wiein BaitersAusg. Ofter geschehen), 
80 widerstreben doch nicht wenige 
andere. Vgl. Madv. zu d. Fin. 5. 31. 

pro consule er praetura. Auch 
gewesene Prütoren — selbst privati 
— konnten eine proconsularische 
Provinz, somit das imperium pro: 
consulare erhalten. Vgl. Lange 
I. p. 538 und p. 569. Welche Pro- 
vinzen als proconsulares gelten soll- 
ten, bestimmte jedesmal der Senat. 

ipsisque — iisque — wt ipsi, nach 
Müller Adv. crit. p. XXXVII mit 
Beruf. auf Seyff. Lael. in seiner 
Ausg. p. 448. 

auctorem esse hat ganz verbalen 
Sinn, daher ófter mit dem Accus. 
des Pron. verbunden, Fam. 6. 8. 2 
quid sim tibi auctor; sowie mit 


dem Adverb, Att. 15. 5. 2 wt ab- 


sim vehementer mihi auctior est; 
Brut. ad. Cic. 1. 11. 2 ?Ili magno- 
pere auctor fui, ne differret — 

8i posset: ob. Cf. Zumpt 3 354. 
F. Schultz 8 203. A. 2. 

vellem me arbitrum. — Cic. glaubt 
die Frage — aber in anderem 
Sinne als Gellius — entscheiden 
zu kónnen, nümlich dahin, dass 
zwischen den  Hauptdisciplinen, 
welche die Tugend in das hóchste 
Gut einschliessen, der Sache nach 
kein Unterschied Statt finde; der 
Streit sich also anf diese und die- 
jenigen, welche die Tugend aus- 
schliessen, beschrünke, von denen 
letztere unbedenklich zu verurtheilen 
seien. Die weitere Ausführung des 
ersten Theiles dieses Gedankens ent- 
hàlt das 4. Buch de Finibus. 


asit add 


LIB. I. CAP. 20. 21. 8 53. 54. 11 


inter antiquam Academiam et Zenonem datum. Arr. Quo 
tandem istue modo? M. Quia de re una solum dissident, de 
ceteris mirifice congruunt. ATT. Ain tandem? unane est solum 
dissensio? 54. M. Quae quidem ad rem pertineat, una. Quippe 
quom antiqui omnes, quod secundum naturam esset, quo iu- 
varemur in vita, bonum esse decreverint, hic nihil nisi quod 


honestum esset putarit bonum. 


ATT. Parvam vero controver- 


siam dicis ac non eam, quae dirimat omnia! M. Probe quidem 
sentires, si re ac non verbis dissiderent. 

XXI. Arr. Ergo adsentiris Antiocho familiai meo — 
magistro enim non audeo dicere —, quocum vixi et qui me 


una solum, gewühnlich blos una, 
doch vgl. Mur. 18 «nus autem solus 
possit obtinere; Ver. 2. 18 unam 
solam scitote esse civitatem; 5. 95 
unam illam noctem solam; Fam. IV. 
9. 1 uno sensu solum; lnv. I. 12 
wunwm iudiciale autem (genus) solum 
esse qui potest; d. Reg. Alex. Frg. 3 
(Bait. ΧΙ. p. 33) unum solum nomen; 
bei andren Zahlwórtern: Leg. Agr. 
9. 87 iris solum urbis; Cluent. 127 
duos esse corruptos solos; Sest. 81 
duo soli; Acad. IL. 138 íris solas 
esse sententias; ebenso tantum: Acad. 
Il. 74 excepit unum tantum. Die 
Zulüssigkeit von modo ist bekannter, 
Seyff. Pal. 8 19. Wich. Stil. p 404 
(vgl. Fin. 4. 11). 
8 54. omnes hinzugefügt, um die 
, Academia von den eigent- 
lichen Anhüngern derselben auch 
auf die Peripatetiker auszudehnen, 
wie Fin. 5. 7 audebo te ab hac 
Academia nova ad illam veterem 
vocare, in qua, ut dicere Antiochum 
audiebas, non 1i solum mumerantur, 
qui Academici vocantur, Speusippus, 
Xenocrates sq., sed etiam Peripatetici 
veteres; ib. 21 antiquis, quos eosdem 
Academicos εἰ Peripateticos momi- 
namus. 
iuvaremur, D. ,"und wodurch 
wir gefürdert w.". Ueber die Sub- 
ordination in Relativsátzen s. Seyff. 
Lael. p. 186 flg. ($ 27). 


vero in der lronie, wie oft, 
Ver. 5. 124; Phil 13. 24; Rab. 
perd. 12. 


ac mon, hdschr. at, 8. v. à. da- 
gegen: aus dem Sinne derer, welche 
im τὰ cape zu Cie. den Streitpunkt 
nicht für geringfügig halten. Doch 


liegt darin eine Hürte; einfacher 
ac ^on: und nicht vielmehr. 
dirimat scheidet. 


probe oft bei Verben des Er- 
kennens u. Urtheilens, vgl. Haacke 
stil. Lehrb. $ 61. 3. p. 179. (Cf 
Off. 1. 62 probe definitur). 


Cap. XXI. Antiochus aus Ascalon, 
Schüler des Philo, von dessen neu- 
akademischer Richtung er sich aber 
wieder der ülteren Akademie zu- 
wandte (veteris Academiae mobilissi- 
ws e&t prudentissimus philosophus 
Brut. 315), wenigstens nach seiner 
eigenen Auffassung, obwohl er in 
Wahrheit mehr einem Eklekticismus 
huldigte und die Lehren der ülteren 
Akademie, Peripatetischen Schule 
und Stoa zu verschmelzen suchte, 
dabei eine besondere Hinneigung 
zu den Stoikern verrieth (germa- 
nissimus Stoicus, si pauca mutasset, 
Acad. II. 132). Ihm gehórt die An- 
sicht an, dass über den Begriff des 
hóchsten Gutes jene drei Schulen 
in der Sache übereinstimmten und 
nur in der Wortfassung sich unter- 
schieden: eine Ansicht, die ihm 
Cic. entlehnt und demgemüss im 
4. Buch de Finibus dargelegt hat 
(vgl. Madv. Praef. p. LXII) Er 
lehrte im Ptolemaeum zu Athen 
und hatte die angesehensten lómer 
zu seinen Zuhórern, wie Varro, 
Drutus, Atticus, auch Cicero, der 
seinen Umgang und. Unterricht im 
J. 79 sechs Monate lang (Brut. 315), 
genoss, Er starb in Syrien, wohin 
er dem Lucullus gefolgt war. 

magistro mon &q. weil Atticus ein 
Anhünger Epicurs war. 


12 DE LEGIBUS 


ex nostris paene convellit hortulis deduxitque in Academiam 
perpauculis passibus. M. Vir iste fuit ille quidem prudens et 
acutus et in suo genere perfectus mihique, ut scis, familiaris: 
quoi tamen ego adsentiar in ommibus necne mox videro: hoc 
dico, controversiam totam istam posse sedari δῦ. Arr. Qui 
istue tandem vides? M. Quia, si, ut Chius Aristo dixit solum 
bonum esse quod honestum esset malumque quod turpe, ceteras 
res omnis plane paris ac ne minimum quidem utrum adessent 
an abessent interesse, valde a Xenocrate et Aristotele et ab 
illa Platonis familia discreparet essetque inter eos de re maxima 
et de omni vivendi ratione dissensio. Nune vero, quom decus, 
quod antiqui summum bonum esse dixerant, hic solum bonum 
dicat, itemque dedecus illi summum malum, hic solum divitias, 
valetudinem, pulchritudinem commodas res appellet, non bonas, 
paupertatem, debilitatem, dolorem incommodas, non malas, 
sentit idem quod Xenocrates, quod Aristoteles, loquitur alio 
modo. Ex hac autem non rerum, sed verborum discordia con- 
iroversia est nata de finibus, in qua quoniam ususcapionem 


hortulis: cf. 8 39. 

perpauculis passibus: Abl. inter- 
valli. 

in omnibus necne: Am weitesten 
unterschied sich Cic. von Antiochus 
in der Erkenntnisslehre, wo Cic. 
den Standpunkt der neueren Aka- 
demie (Acad. II. 92 flg) vertrat, 
Ant. sich die Ansichten der Stoiker 
angeeignet hatte (Acad. II, 4 flg.); 
aber auch in gewissen Punkten der 
Moralphilosophie, wie darüber, ob 
ale Affecte an sich verwerflich 
selen — was Ant. mit den Stoikern 
annahm — oder nicht. Vgl. Acad. 
II. 135—390. 

mox videro eine Wendung, mit 
der die Entscheidung der Frage 
auf eine spütere, unbestimmte Zeit 
verschoben wird. Ueber das Fut. II. 
8. F. Schultz 8 325. A. 3. 

& 55. Aristo s. oben 8 38. 

esse: man erwartet esset, Doch 
liegt in dieser Attraction des con- 
dicionalen Vordersatzes an das ein- 
geschaltete Verbum des Sagens eine 
Art eleganter Nachlüssigkeit, wo- 
für die griech. Sprache besonders 
reich an Beispielen ist; s. Feldh. 
zu d. St. Of. Cic. Rep. I. 58. Si 
ut Graeci dicunt omnis aut Graios 
esse aut barbaros, vereor sq. 

Xenocrate, s. ὃ 38. 

familia Schule, vgl. 3. 14; d. 


Or. 1. 42; 3. 61; Fin. 4. 49; Div. 
2. 3. Dafür auch gems Fin. 4. 51. 

nunc vcro zur Bezeichnung des 
thatsüchlichen V erhültnisses einer ir- 
realen Annahme gegenüber (deutsch : 
80 aber), wie oft: Verr. 4. 115; 
Corn. B. 39; Flac. 38; d. Dom. 88; 
L. Agr. 85; Caec. 9. 35; d. Fat. 9; 
p. Font. 49; d. Inv. I. 8; Il. 139; 
seltner nunc autem Tusc. 3. 2; 4. 54; 
Rep. 3. 14; Nat. d. IL. 90. Am 
hüufigsten blos »unc, wie Tusc. 3. 
2. Vgl. Seyff. Pal. p. 70. 

decus — virtus, honestum; wie 
Fin.2.44; ib. 56; dedecus — vitium, 
turpitudo, wie Tusc. 2. 14. 

paupertatem sq. Nur üusserlich 
findet ein Parallelismus statt; in 
Wirklichkeit entsprechen sich die 
Gegensütze nicht, denn mag man 
auch debilitas (op. integritas) ale 
Gegens. von valetudo gelten lassen, 
wozu noch dolor ergünzend hinzu- 
tritt, so geht doch pulchritudo leer 
aus. 

de finibus im scherzhaften Doppel - 
sinne als hóchste Zwecke und als 
Grenzen aufgefasst, was den Weg 
bahnt zu einer witzigen Anwendung 
einer Bestimmung aus dem róm. 
Civilrecht. 

Usucapio ist Eigenthumserwerb 
durch fortgesetzten Besitz einer 
Sache, durch Verjáhrung, die bei 


LIB. IL. CAP. 21. 8 54—56. 


19 


xH tabulae intra quinque pedes esse noluerunt, depasci vete- 
rem possessionem Academiae ab hoc acuto homine non sine- 
mus, nec Mamilia lege singuli, sed e x11 tres arbitri finis regemus. 


56. Q. Quamnam igitur sententiam dicimus? 


Grundstücken nach dem Zwólftafel- 
gesetze in 2 Jahren eintrat. Ent- 
zogen waren der Usucapio res sacrae, 
sanctae, publicae, liberi homines (cf. 
Rein p. 252) und der fünf oder 
sechs Fuss breite Saum der Privat- 
grundstücke, sodass von jedem der 
beiden Grundstücke 2'/ oder 3' 
abgingen. (Lege duodecim tabula- 
rum cautum erat, ut inter vicinorum 
praedia constitutis finibus quinque 
pedum spatium relinqueretur, qua 
ire, agere — Vieh treiben wterque 
dominus posset, itemque ut circum- 
verti aratrum posset). Mochte also 
auch der Besitzer eines Grundstückes 
21, Fuss Raum des nachbarlichen 
Grundstückes ohne Stórung durch 
dessen Besitzer fortgesetzt benutzen, 
so konnte er doch niemals Eigen- 
thumserwerb darauf begründen. — 
Beide Systeme, das der Stoiker und 
der Akademiker resp. Peripatetiker, 
berührten sich nun in dem Grund- 
satze, dass die Tugend die Bedingung 
des glücklichen Lebens sei, doch 
$0, dass zur vollendeten Glückselig- 
keit letztere auch das Hinzutreten 
kórperlicher und áusserer Vorzüge, 
die sie ebenfalls Güter nannten, ver- 

, erstere diese nur als 
wünschenswerth hinstellten, aber 
nicht als Güter, sondern nur als 
schátzenswerthe Dinge angesehen 
wissen wollten (cf. Fin. 4. 56 rebus 
ii$, quas mos bonas dicimus, con- 
cessit. Zeno μὲ haberentur aestima- 
biles et ad naturam accommodatae, 
faterique coepit. sapienti, hoc est 
summe beato, commodius tamen esse, 
8i ea quoque habeat, quae bona non 
audet appellare). Dieser Unterschied 


ist aber genau besehen nur ein Ὁ 


Wortunterschied, kein sachlicher. 
Wenn demnach die Stoiker den 
Grundsatz, dass die Tugend die 
Bedingung des glücklichen Lebens 
sei, der gegenüber die üusseren Vor- 
theile, wenn gleich ihr Besitz immer- 
hin wünschenswerth sei, nicht in 
Betracht kümen, als ibr Eigenthum 


M. Requiri 


in Anspruch nahmen, so griffen sie 
damit in das Besitzrecht der Aka- 
demiker und Peripatetiker ein, die 
diesen Grundsatz mit ihnen theilten, 
und massten sich das, was beiden 
Parteien gemeinsam angehórte, wor- 
in die beiderseitigen Systeme gleich- 
sam zusammenstiessen, allein an. 

depasci: abgeweidet werden durch 
Vieh; ein Merkmal ausschliesslichen 
Eigenthums s. v. à. ganz zu eignem 
Nutzen verwendet w. 

acutus homo, cf. Fin. 4. 56 tuus 
ille Poenulus — homo igitur. acutus 
flg. u. oben 8 38. 

Die lex» Mama, vermuthlich 
vom Volkstribun Mamilius 165, 
doch steht über die Zeit nichts 
Sichres fest, s. Rein p. 762, be- 
stimmte, dass bei Streitigkeiten 
über den fünf Fuss breiten Grenz- 
raum ein Schiedsrichter zur Ent- 
scheidung der Sache bestellt würde, 
wührend bei sonstigen Besitzstreitig- 
keiten der Prütor angegangen wer- 
den musste. 

ires, nach der ursprünglichen Be- 
slüàmmung der XII Tafeln, hier 
passend auf die drei Theilnehmer 
des Gesprüchs bezogen. 

regere fines, der technische Aus- 
druck für Grenze abstecken, ziehen 
(Top. 43. Mur. 22. Rein p. 761); 
aber terminos pangere, die Grenz- 
steime feststellen (uneigentlich finis 
pangere, Pis. 37). 

8 56. sententiam dicere, techni- 
scher Ausdruck: ,,Richterspruch 
fállen', (s. ferre, wenn die Stimme 
vermittelst "Tüfelehen abgegeben 
wurde). 

dicimus lebhafter als das Futur. 
od. Conj. dub. mit dem Gedanken, 
dass die Entscheidung unzweifelhaft 
und unverzüglich gefaállt werden 
kónne, (Hüufiger im Griechischen, 
&, Καὶ W, Krüger Gr. Spr. 8 53. 1. 
A. 9. Vgl. contra vera quid dici- 


.mus? Div. L. 60; postulone a prae- 


tore Quinct. 54; mwm te ad fabulas 
revoco Div, L. 40; an dum bestia: 


(4 DE LEGIBUS 


placere terminos, quos Socrates pegerit, iisque parere. Q. Prae- 
clare, frater, iam nunc a te verba usurpantur civilis iuris et 
legum, quo de genere expecto disputationem tuam. Nam ista 
quidem magna diiudicatio est, ut ex te ipso saepe cognovi. 
Sed certe ita res se habet, ut ex natura vivere summum bonum 
sit, 1d est, vita modica et apta virtute perfrui, aut naturam 


loquantur exspectamus ib. 84 u. zu 
II. 36. 

Socrates sq. "Von einer klaren 
Grenzbestimmung kann man bei 
Socr. noch nicht reden. Er fasst 
als das hóchste Gut die aus der 
Selbsterkenntniss sich  ergebende 
Tugend, ohne zu bestimmen, ob 
üussere Güter hinzutreten müssen; 
Zeller IL. p. 104. Auch bei Plato 
αν sich noch eine gewisse Un- 
sicherheit der Begriffsfassung, ob- 
gleich sich bei ihm schon deutlicher 
erkennen lüsst, dass er auch dem 
Angenehmen eine Stelle in der 
Glückseligkeit ^ eingerüumt ^ und 
üussere Uebel, wie Verlust von 
Angehórigen, als Stórungen des 
Glückes angesehen habe (Z. II. 
p. 561 u. oben $ 38). Wenn also 
Cic. dem Socr. eine sichere Grenz- 
bestimmung  beilegt, 80 ist das 
Sache seiner subjectiven Auffassung, 
zu der er aber nicht selbstündig, 
sondern durch den Einfluss des An- 
tiochus gelangt ist. Denn dieser 
wie aus dem 4, B. de Fin, wo 
seine Ansichten vorgetragen wer- 
den, erhellt, làsst (8 14) die ülteren 
Philosophen, nüàmlich Socrates und 
seine Nachfolger, die Akademiker 
und Peripatetiker, das hóchste Gut 
als das naturgemüsse Leben ver- 
stehen, wenn er auch zugibt, dass 
ausdrücklich diese Definition zuerst 
von Polemo aufgestellt sei (cwm 
superiores, e quibus planissime Po- 
lemo, secundum maturam vivere sum- 
ium bonum esse dixissent, wozu 
Madv.) n dieser auf den Socrates 
schon zurückgeführten Definition 
nun findet Cic. die feste Grenzbe- 
stimmung des hóchsten Gutes, von 
der nicht abgegangen werden kónne, 
und innerhalb deren sich auch die 
Ansichten der Stoiker wie Akade- 
miker und Peripatetiker hielten . 

ista quidem — dii. mit bekannter 
Attraction des Pron., für istius rei 


dii. (vgl. Berger Stil. 8 32), die am 
háufigsten bei genws (ex eo genere 
quae prosunt Fin. 3. 70) und ^wu- 
merus (qui mwmerus Ver. 3. 114); 
ebenso er qua copia Ver. 3. 136. 
haec similitudo d. Or. 3. 56. qua 
ex similitudine Acad. 11. 145. istam 
rationem | (Rechenschaft darüber) 
Mur. 68. quo metw Pis. 93. ista 


existimatio Cael. 4. ea scientia 
Fin. L 63. hic dolor Fin. 2. 66 
(mehr dort Holst.). haec defensio 


Fin. 3. 36. quae ommis notio (Unter- 
suchung worüber) d. Dom. 34. hwic 
amoenitati τα hwius sc. fluminis 
Leg. ll. 7. hac dulcedine sc. cam- 
twum ib.38. — Dem Gedanken nach 
ist unter ista die Frage zu ver- 
stehen, ob in der Fassung der 
üusseren Vorzüge, einerseits als 
commodae res, anderseits als bona, 
ein Wort- oder Sachunterschied ent- 
halten sei. 

Sed sq. Wührend Quintus die 
Entscheidung der Frage, ob die 
akademische oder stoische Ansicht 
über den Werth der üusseren Güter 
den Vorzug verdiene, aufgegeben 
oder aufgeschoben sehen will, erklàrt 
er sich doch darin mit Marcus ein- 
verstanden, dass die angeblich von 
Soer. herrührende Definition des 
hóchsten Gutes als das naturgemüsse 
Leben unanfechtbar sei. 

vita modica heisst nicht mit 
müssigen Gütern ausgerüstet, was 
abgesehen von sprachlichen Grün- 
den auch darum unmóglich, weil 
Quintus, nachdem er eine Ent- 
scheidung für üusserst schwierig 
erklürt hat, sich für die Richtigkeit 
der peripatetischen Ansicht ent- 
scheiden würde. vita modica ist 
eine massvolle, überall das rechte 
Mass  bewahrende Lebensweise, 
worin nach Aristoteles die Tugend, 
welche die Mitte zwischen zwei 
Lastern hült, besteht. 

et apta virt. erklürender Zusatz. 


LIB. IL. CAP. 21. $ 56. 


15 


sequi et eius quasl lege vivere, id est, nihil, quantum in ipso 
sit, praetermittere qüo minus ea, quae natura postulet, conse- 


quatur, quod fem hoc valet virtute tamquam lege vivere. 


propter hoc diiudieari nescio an numquam, sed hoc sermone 
certe non potest, si quidem id, quod suscepimus, perfecturi sumus. 


apta, gewOhnlich mit ex constr. 
8. $ 59, hier mit dem blossen Ablat., 
wie noch Tusc. 5. 40 (mon same 
optabilis ista rudentibus apta for- 
twna), nach Anal. von coniunctus 
(Haacke stil. L. 8 35. 2. p. 110), refer- 
ius u. ἃ. : mit der Tugend ausgerüstet 
— tugendhaft; perfrwi, weil das 
tugendhafte Leben zugleich der 
Quell des wahren Glückes ist. — 
Wáàhrend Q. somit die Frage über 
den Werth der áusseren Güter offen 
làsst, leitet er doch aus dem natur- 
gemássen Leben die Nothwendig- 
keit der Voraussetzung eines tugend- 
haften Wandels ab. 

quom. ea quae m. p. c.: Zu den 
Postulaten der Natur gehórt vor 
Allem, was der Seele dient, ihr 
zum Wohle gereicht, nümlich das 
tugendhafte Handeln. 

Die traditionelle Lesart quod énter 
haec velit sq. gibt keinen ertrág- 
lichen Sinn.  Wórtlich übersetzt 
besagt sie: weil sie — die Natur 
— im Besitze dieser Dinge (int. 
h., wenn sich dieser Sinn noch 
herauspressen làásst) die Gebote 
der Tugend erfüllt sehen móchte. 
Im Besitze welcher Dinge? — Der- 
ienigen, welche die Natur er- 

eischt. Dann dürften darunter 
nur die Dinge verstanden werden, 
welche die sinnliche Natur er- 
heischt, d. ἃ, die üusseren Güter, 
weil sonst die rane ama der- 
selben zur virtus keinen Sinn hátte. 
Aber ist es nicht verkehrt, die Er- 
langung dieser als den Hauptinhalt 

des naturgemüssen Lebens hinzu- 
stellen? 1st es nicht verkehrt, das- 
jenige, was als Inhalt des natur- 
mássen Lebens, als hóchster 
weck, hingestellt wurde, mit quod 
wieder einem noch hóheren Zwecke 
unterzuordnen? Dazu kommt, was 
oben bei der Erklürung von modica 
schon geltend gemacht wurde, dase 
Quint. sich damit bestimmt für die 
akademisch-peripatetische Ansicht 


erklàren würde, wahrend er die 
Entscheidung als àusserst schwierig 
bezeichnet hatte. — Erwarten dürfte 
man denselben Sinn, den die Worte 
vita modica et a. v. p. ergaben, der 
mit folgender leichter Emendation 
gewonnen wird: qwod item hoc 
(Cod. A. iter hoc) valet; item eben- 
$0, wie ex natura vivere, führt na- 
turam sequi darauf hinaus — ergibt 
— dass das tugendhafte Leben Be- 
dingung des Glückes sei; valet: be- 
deutet, wie Fin. 2. 13 quaerimus 
verbum .Latimwm par Graeco et quod 
idem valeat. 'Tusc. 5. 24 quae dixit, 
idem valent. Off. 8. 39 hoc verbum 
quid valeat, non vident. 

hoc die Entscheidung über die 
Bedeutung der üáusseren Güter oder 
über den Vorzug der stoischen oder 
akademischen Ansicht. quapropter 
schliesst sich nicht an den letzten 
Gedanken sed certe — lege vivere, 
welcher gleichsam  parenthetisch 
eingeschoben ist, an, sondern greift 
auf magna diwudicatio est zurück. 
(Allerdings liegt darin eine Hürte, 
die indes nicht durch einfache Hin- 
auswerfung der dazwischenliegen- 
den fSütze beseitigh werden kann, 
weil sich daraus andere Unzutrüg- 
lichkeiten ergeben, s. Vahl.) 

an mwmqwam 80. possit; über die 
Ergànz. s. Drüg. 1, 8 119; II. 3. 
(Vgl. zu II. 26.) 

si perfecturi sumus: ,Diese (pe- 
riphrastische) Form steht immer, 
wenn die Bedingung einer Hand- 
lung, die geschehen 8011, angegeben 
wird: Me igitur ipsum ames oportet, 
si veri amici futuri sumus Fin. 2. 85; 
respersas. manus sangwine dudices 
videant oporlet, si — credituri sunt 
HKosc. Am. 08. Madv. Gr. 8 341. 
Anm. Cf. Nat. d. 1, 90 nati nun- 
quam Sunt, si aeterni sunt. futuri ; 
Off. L. 72 rem publicam capessentt- 


.bus despicientia adhibenda est rerum 


humanarum , 81 
sunt εἰ — victuri; 


nec amc futuri 
Brut. 332 quid 


—— 


Qua- 


16 DE LEGIBUS 


ATT. Αὐ ego hue declinabam nec invitus. 


Licebit alias: 


XXII. 51. Q. 


nune id agamus, quod coepimus, quom prae- 


sertim ad id nihil pertineat haec de summo malo bonoque 


dissensio. 
adhue dicta sunt, 


M. Prudentissime, Quinte, dicis. 


Uatigo Q. ὃο 


Nam quae a me 


te Lycurgi leges neque Solonis 


neque Charondae neque Zaleuci nec nostras ΧΙ tabulas nec 


te exercuit illa vetus Academia, si 
quidem similes maioris partis ora- 
torum futuri sumus? Ebenso beim 
Relativ: Nat. d. I. 103 utatur suis 
bonis oportet, qui beatus futurus 
est ; Fin. 3. 73 quod, qui convenienter 
naturae victurus est, ei proficiscen- 
dwm est ab omni mundo; Off. I. 85 
qui rei publicae praefuturi sunt, 
duo Platonis praecepta teneant. 

declinabam nec invitus, Nec in 
dem Sinne ,und zwar nicht'* ist 
anstóssig. Denn dadurch erhült 
der zweite Theil den Charakter 
eines Zusatzes, der erste Theil aber 
bis declinabam erscheint als ein 
vollstándig  abgeschlossener  Ge- 
danke, was nicht móglich. Denn 
nicht allein Atticus, sondern auch 
Quintus schweifte dahin ab, nur 
mit dem Unterschiede, dass Atticus 
es gern, Quintus wider Willen that. 
Also erwartet man mom invitus. 
Der Ausweg, nec in dem alterthüm- 
lichen Sinne einer stürkeren Ne 
tion zu fassen, wie es in den Ge- 
setzen dieser Schrift, welche die 
alterthümliche Sprache nachahimen, 
einigemal steht (II. 22 quod meque 
erpiari; lIL 6 mee oboediens; ib. 
nec esto; HI. 9 mec erunt; 111. 11 
nec aderit) und in einigen Wort- 
verbindungen sich erhalten hatte, 
wie nec opinatus, res nee mancipi etc., 
ausserdem bei Liv. I. 25. 10 (alter 
qui nec procul erat; s. Weissenb.), 
bei Verg. Ecl. IX. 6 (quod mec ver- 
tat bene) und ófter bei Plautus vor- 
kommt, vgl. Drüg. 8 318. 2, ist 
bedenklich. 

Cap. XXII. 8 57. .Licebit alias: 
über die Ellipse vgl. Nügelsb. 8 183. 
1; Drüg. 8 116, 

dicta sunt ... Die Lücke erg. 
Lambin: e media philosophia ducta 
sunt. Tw autem alicuius civitatis 
leges fortasse desideras. Q. Equi- 
dem | nec Lycurgi sq. Sonst liegt 


es auch nahe, die Lücke etwa so 
auszufüllen: 60 spectant, ut ius in 
natwra positum - esse intellegatur. 
Dann kónnte folgen: Nunc leges 
considerandae videntwr, quae vale- 
ant ad res publicas firmandas et 
populos iure stabiliendos (cf. 8 37) 
oder ein Satz (wie V. meint), dessen 
Inhalt dem Sehluss von 8$ 17 ent- 
sprüche. Endlich zum Anschluss 
an den Text (nach V. Vorschlag): 
Q. Neque vero ego a | te sq. 

Charondas und  Zaleucus  be- 
rühmte Gesetzgeber  Unteritaliens 
aus der Mitte des 7. Jahrhunderts, 
über deren Leben und Wirken aber 
nur sagenhafte und einander wider- 
sprechende Nachrichten vorhanden 
sind. — Charondas aus Catana ge- 
bürtig (nach-Anderen Bürger von 
Thuri, was aber chronologisch un- 
haltbar, da dieses ums Jahr 443 ge- 
gründet), schrieb Gesetze für seine 
Vaterstadt und einige Stüdte Unter- 
italiens (in anderen, wie Thurii, 
fanden sie spüter Eingang, wie aus 
Diodor XIL 12 flg. erhellt), die 
mehr auf die sittliche Bildung des 
Volkes, als den Schutz des bürger- 
lichen Lebens hinzielten; dabin 
gehórt (Diod. XII. 12—13) die Ein- 
riehtung eines allgemeinen, un- 
entgeltlichen Volksunterrichtes. 
Die Aufrechterbaltung derselben 
sicherte er durch die boten. 
dass Niemand ausser mit der 
Schlinge um den Hals eine Gesetzes- 
veründerung beantragen durfte 
(Diod. XIL 17). Doch finden wir 
dieselbe wire πὶ Ἂν γεν auf Za- 
leucus übertragen (Polyb. 12. 16). 
Seinen Tod .soll er durch eigene 
Hand gefunden haben, weil es ihm 
aus Ünachtsamkeit widerfahren 
war, gegen eins seiner eigenen Ge- 
setze zu verstossen. 

Zaleucus war Gesetzgeber seiner 
Vaterstadt Locri Epizephyrii. Auch 


LIB. I. CAP. 21. 22. 8 56—658. 1l 


plebiseita desidero, sed te existimo cum populis tum etiam 
singulis hodierno sermone leges vivendi et disciplinam daturum. 
58. M. Est huius vero disputationis, Quinte, proprium id, quod 
expectas, atque utinam esset etiam facultatis meae! Sed pro- / 
fecto ita se res habet, ut, quoniam vitiorum emendatricem |. 
legem esse oportet commendatricemque virtutum, ab ea vivendi 
doctrina ducatur. Πα fit ut mater omnium bonarum rerum sit 
sapientia, a quolus amore Graeco verbo philosophia nomen 
invenit, qua nihil a dis inmortalibus uberius, nihil florentius, 


nihil praestabilius hominum vitae datum est. 


Haee enim una 


nos cum ceteras res omnes tum, quod est difficillimum, docuit, 


ut nosmet ipsos nosceremus: 


sententia est, ut ea non homini quoipiam, 


er verfolgte in seinen Gesetzen, 
welche die ersten geschriebenen ge- 
wesen sein sollen, eine vorwiegend 
sittliche Tendenz: so forderte er in 
dem Prooemium derselben (darüber 
5. Leg. II. 14) zur Frümmigkeit und 
Verehrung der Gótter auf (Diod. 
XII. 20). Nüheres ist über sein 
Leben nicht überliefert. 
plebiscita, s. z. $ 43. 

: 58. Est huius vero: die un- 
gewóhnliche Stellung von vero ist 
deswegen hier gewühlt, weil nicht 
est, sondern Awius den Ton hat. 

Ita fit sq. Hier ist ein Sprung, 
indem ein Gedanke ausgefallen ist 
des Inhalts: das Gesetz aber wird 
durch die Weisheit gefunden (vgl. 
unten ὃ 68 unde sc. ex sapientia 
illa 86. ea, de quibus acturi sumus, 
nümlich leges manant), oder das 
Gesetz ist die Weisheit (est ratio 
prudentis $ 19; ratio perfecta est 
sapientia $ 92; dieselbe auch lex 
$ 23). 

Graeco verbo, Abl. instr.: durch 
d griechische Wort, d. h. durch 

iechische Zusammensetzung 
des dos ortos ist die Liebe zur Weis- 
heit zum Stamm der Benennung 
gemacht worden und als solcher 
erkennbar, nicht durch das latei- 
nische, welches nicht auf Zusammen- 
setzung, sondern auf Uebertragung 
aus dem Gr. beruht. 

momen invenit mit Sachsubject, 
wie: quod ab litui NM no- 
men invenit d, Div. I. 30; Aristo- 
lochia, quae E ez inventore 


 zeugt, d. Fin. 5, 44: 


cuius praecepti tanta vis et tanta 


sed Delphico deo 


repperit d. Div. I. 16. (Nat. d. II. 
104.) 

qua sc. philosophia. 

florentius von lebendigerer und 
dauernderer —Schónheit; uberius 
reicher an Ergebnissen. 

docwit wi, cf. d. Or. 2. 196 hoc 
vos doceo ut in dicendo irasci, ut 
dolere, wt flere possitis, ebenso do- 
cumentum dare liv. 8. 35. 7; si 
hie tibi dies satis documenti dederit, 
ut bello ac pace pati legitima  4m- 
peria possis; documento est me Liv. 
7. 6. 11; (exemplwm est ne Liv. 8. 
35. 10). So bei unpersónl. Verben 
ut im Sinne der Forderung: mazi- 
mwm esti ut Acad. IL. 38; pertinet 
ad rem «t d. Inv. 2. 164; Phil. 
9. 12; additum esse hoc wt com- 
servare | deberent, hier unregel- 
mássig, weil debere hinzugefügt 
Corn. B. 38; quae est designandi 
licentia wt deus hoc fecerit, gemacht 
haben soll Div. 2. 127. 


cuipiam irgend einem — gleich 
wem (quispiam irgend ein beliebiger, 
F. Schultz Syn. 430. à). — [In 


Wahrheit 8501} dieser Ausspruch von 
Chilon aus Lacedaemon herrühren 
(Diog. L. I. 16); mit vielen anderen 
Kernsprüchen an der Wand des 
delphischen Tempels aufgezeichnet, 
wurde er jedoch wegen der Treff- 
lichkeit seines Inhaltes dem Gotte 
selbst beigelegt, wie Cic. selbst be- 
quod prae- 
ceptum quia maius erat, quam ut 
ab homine videretur, idcirco adsi- 
gnatum est. Deo, Vgl. Tusc. 1, δῷ, 


18 DE LEGIBUS 


tribueretur. 


59. Nam qui se ipse norit, primum aliquid 


se habere sentiet divinum ingeniumque in se suum sieut 


tribueretur: Das Imperf. wird von 
Lieven (Consecut. tempor. des Cic., 
Riga 1872, p. 19) trefflich dahin 
erlàutert, dass in íamta sententia 
est eine Wendung wie semper tanti 
aestimata est sich berge.  Lieven 
nennt diesen Gebrauch des Tempus 
einen prügnanten, insofern ein 
Ueberschuss von Zeitinhalt über die 
eigentlich ausgedrückte Zeit darin 
enthalten sei*. Weitere  Beleg- 
stellen aus Cic. finden sich dort eine 
grosse Menge angeführt, wie Off. 
IIL. 13; Acad. II. 56; II. 140; Fam. 
XIV. 4. 4; Att. VIII. 12. 1; XIII. 
19. 4; p. Sest. 32; Fin. I. 21; Leg. 
III. 27 etc). Vgl. auch Leg. III. 14 
qui utraque re excelleret, quis praeter 
hunc inveniri potest? Verr. II. 191 
laudantur veteres oratores, quod cri- 
mina diluere dilucide — copiose 
causas defendere solerent; d. dom. 
23 omitto (— licuerit tibi, licuisse 
tibi concedatur, extraordinariae po- 
testati praeficere). Catonem, | cuius 
erimia virtus tegere videretur im- 
probitatem; Pis. 30 hanc legem qui 
se metuere dicerent, hos consules mon 
dicam animi hominwm, sed fasti 
ulli ferre possunt? Eine andere Er- 
klürung dagegen -- aus .Attractio 
temporis ? — fordert wohl Acad. Il. 
88 tum, cum videbantur, quomodo 
viderentur, id quaeritur wu. Div. 2. 
96 illudne dubium est, quin multi, 
cum ita mali essent, ut quaedam 
contra naturam depravata haberent, 
restituerentur et corrigerentur ab 
natura? 

859. Das Folgende verrüth eine 
o Nachlüssigkeit des  Aus- 

rucks und des Gedankens und 
bietet daher manche Schwierigkeit. 
Dem primum entspricht kein deinde. 
Es frügt sich, wodurch |letzteres 
dem Sinne nach vertreten wird; 
schwerlich durch das que in tanto- 
que, denn dieser Satz enthàült nur 
die Folge von dem Vorhergesagten: 
que ist, wie so oft, hier s. v. ἃ. 
und somit; schwerlich auch durch 
et vor cum se ipse perspexerit. Denn 
erstens konnte hier Cic. das primum 
noch nicht vergessen haben. Ferner 


lüàuft der Gedanke in beiden Theilen 
im Wesentlichen auf dasselbe hin- 
aus: ,Ein solcher Mensch wird 
sich des góttlichen Geschenkes im 
Thun und Denken würdig zeigen: 
wird dahin gelangen, vermittels 
der Weisheit eim guter und glück- 
licher Mensch zu werden. Dann 
bleibt nur übrig in idemque cum 
caelum 854. das zweite durch pri- 
mum indicirte Glied der Gedanken- 
reihe zu finden, wührend als drittes 
der mit atque (im Sinne von post 
oder twm) haec. sq. eingeleitete Satz 
sich anschliesst. Also die Drei- 
theilung der Weisheit in Ethik, 
Physik, Dialektik (mit der Rhe- 
torik) ist es, die Cic. schon im Sinne 
hat und mit primum einführt. Hier- 
durch aber sind wir genóthigt, Alles, 
was 1 ue vorangeht, auf die 
sittliche Vollkommenheit zu be- 
ziehen; in dem Sinne hütten wir 
sapientiam | nach adipiscendamque 
zu fassen, was allerdings im Sprach- 
gebrauche der Stoiker gewóhnlich 
ist (vgl. d. Fin. 3. 23; 24; 25 u. 
flg.); hátten auch bei rerum omnium 
intellegentias vo weise an die 
Begriffe des Sittlichen zu denken, 
die gleich darauf besonders mit 
cognitis perceptisque virtutibus her- 
vorgehoben werden. Einen weite- 
ren Mangel an Bestimmtheit ver- 
rüth es, dass Cic. zweimal sapientia 
als verschiedene  Sprossen einer 
Stufenleiter hinstellt. Das Streben 
nach Weisheit (philosophia, wofür 
unten 8 62 earum parens — sapien- 
tia sogar die Weisheit selber ein- 
esetzt, und dadurch ein neuer 

irkel hinzugefügt wird) erzeugt 
die Selbsterkenntniss: aus dieser 
entspringt die Weisheit (denn 
aus der Selbsterkenntniss gewinnt 
der Mensch die Einsicht, dass er 
die Mittel habe zur Erlangung der 
Weisheit); die Weisheit aber er- 
langt er dadurch, dass er unter 
Führung der Weisheit die an- 
gebornen dunklen Vorbegriffe auf- 
hell. Hier kommt es darauf an, 
um Cie. vor dem Vorwurf einer 
petitio principii zu bewahren, den 


LIB. I. CAP. 22. 8 58. 59. 19 


simulaerum aliquod dieatum putabit tantoque munere deorum 
semper dignum aliquid et faciet et sentiet, et, quom se ipse 
perspexerit totumque temptarit, intelleget, quem ad modum 


Begriff der sapientia genauer zu 
fassen. Der einfachste Weg schiene 
der, dass man sapientia duce gar 
nicht auf quibus illustratis, sondern 
auf bonum virum se fore bezóge. 
Doch dieser verbietet sich, weil 
im Sinne der Stoiker Weisheit und 
Tugend identisch sind, erstere nicht 
als Wegweiserin zu letzterer hin- 
gestellt werden kann; ja nicht ein- 
mal zur Glückseligkeit, da auch 
diese unzertrennlich mit der Weis- 
heit verbunden ist. Ferner kann 
man bei sapientia duce an die Weis- 
heit Anderer denken, die Einem 
durch Unterricht, Lectüre, oder 
auf irgend welchem Wege sonst 
mitgetheilt wird, sodass der Ge- 
danke ist: nicht durch die eigene 
Weisheit gelangt man dazu, die 
Vorbegriffe aufzuklàren und sich 
dadurch Weisheit zu erwerben, son- 
dern durch die Einem zu Hülfe 
kommende Weisheit Anderer. Drit- 
tens lásst sich der Anstoss auch 
dadurch heben, dass, wie wir oben 
sapientia im engeren Sinne als die 
sittliche Vollkommenheit gefasst 
haben, wir hier sapientia im enge- 
ren Sinne als das richtige dialek- 
tische oder Schlussverfahren ver- 
stehen, mit dem aus bekannteren 
und klareren Begriffen weniger be- 
kannte und schwerer zu erfassende, 
wozu grade die sittlichen Begriffe 
gehóren, die auf dem Wege der 
Analogie gewonnen werden (s. Fin. 
8. 83; Zell 1Π,|, p. 32 u. 42) er- 
mittelt werden. 

Endlich muss die Nachlássigkeit 
des Ausdrucks bemerkt  werdem, 
mit der nach ímntelleget, quanta 
instrumenta habeat αὐ obtinendam 
sapientiam in der peus : quon- 
iam etc. überflüssiger Weise 
der Begriff « des Einsehens noch 
einmal gesetzt ist (cernat se — 
fore), somit gesagt ist: sieht ein, 
wie er zur Erlangung der Weis- 
heit mit den Vorbegriffen aller 
Dinge ausgerüstet ist, durch 
deren Aufhellung er einsieht, dass 
er einst werde ein tugendhafter 


und  glücklicher Mann werden; 
statt dass es genügt hátte, den 
Beguíff des Einsehens durch den 
blossen Conjunctiv des Verbums 
(futurus sit) festzuhalten. Dieser 
Pleonasmus ist hier um so làstiger, 
weil Cic. zugleich die bekannte 
Attractio modi, mit der das Ab- 
hàngigkeitsverhàltniss des Infinitiv- 
satzes auf das regierende Verbum 
die Form der Abhángigkeit durch 
den Conjunetiv übergehen  làsst 
(worüber Zumpt 8 551 und Madv. 
Fin. V. 8), angewendet hat. Auch 
ist es als incorrect zu rügen, dass 
zur Begründung dessen, dass der 
Mensch durch Selbsterkenntniss sich 
bewusst wird, zur Weisheit gelangen 
zu kónnen, Cic. hinzufügt, dass er 
einsieht, er werde durch die Tugend 
glücklich werden; wührend die 
Glückseligkeit erst eine Folge der 
Weisheit ist und als solche für die 
Móglichkeit der  Erlangung der 
Weisheit nicht in Betracht kommt. 
[Geringer dürfte der Anstoss sein, 
wenn man statt cernat cernet schreibt 
undeinen neuen Hauptsatz annimmt, 
der dadurch allerdings anakoluthisch 
und hart erscheint, dass quoniam 
principio einen zweiten, in ab- 
hàngiger Form sich anschliessen- 
den, Causalsatz erwarten less. Aber 
einerseits erscheint dann beatum 
se fore als weitere Folge, was es 
sein muss, angereiht, sodann ist 
cernet nicht überflüssig. Endlich 
kónnte die Háürte, mit der der 
zweite Grund als ein untergeordneter 
Theil einem anderen Satze einver- 
leibt ist, durch eine gewisse 
Lebhaftigkeit ^ entschuldigt ^ wer- 
den, mit der sich dem Schrift- 
steller die Folge aufdrüngt. Doch 
wage ich in Anbetracht der noch 
immerhin nicht |ansprechenden 
Form und der sonstigen Spuren 
von Nachlüssigkeit nichts zu ent- 
scheiden. | 

simulacrum Gótterbild. Er wird 
seinen Leib als einen Tempelraum 
ansehen, in den der Geist als ein 
Gótterbild hineimgesetzt ist. 


80 DE LEGIBUS 


a natura subornatus in vitam venerit quantaque instrumenta 
habeat ad obtinendam adipiscendamque sapientiam, quoniam 
principio rerum omnium quasi adumbratas intellegentias animo 
ac mente conceperit, quibus inlustratis sapientia duce bonum 
virum et ob eam ipsam causam cernat se beatum fore. 
XXIIL 60. Nam quom animus cognitis pereeptisque vir- 
tutibus a corporis obsequio indulgentiaque discesserit volup- 


subornatus innerlich (eigentl. im 
Geheimen) ausgerüstet. 

obtinendam adip. von F. als Figur 
der Hysterologie gefasst, die aber 
hier schwer zu erklüren wüáre, 6b- 
tinere heisst jedoch nicht blos be- 
haupten, sondern auch — unter 
Kampf und Widerstand — erlangen 
(durchsetzen), s. Lex. Als Gegner 
ist die Sinnlichkeit zu denken. 
Adipiscor erfassen, erreichen, urgirt 
die Gewissheit und Vollkommenheit 
des Besitzes. 

animo ac mente, gewóhnliche Ver- 
bindung zur Bezeichnung des Geistes 
im weitesten Sinne, der den animus, 
das Gefühls- und Begehrungsver- 
mógen, und mens, die Denkkraft, 
begreift. Cic. mochte diese um- 
fassende Bezeichnung für nóthig 
finden, weil die Stoiker eine Ver- 
schiedenheit der Seelenkrüfte nicht 
gelten liessen (νομέξουσιν οὐκ εἶναι 
τὸ παϑητικὸν καὶ ἄλογον. διαφορᾷ 
τινι καὶ φύσει ψυχῆς τοῦ λογικοῦ 
διακεκριμένον, ἀλλὰ τὸ αὐτὸ τῆς 
ψυχῆς μέρος, ὃ δὴ καλοῦσι ἡγεμο- 
νικόν, Plut. d. virt. mor. C. 3), 
sondern ein einziges, sich auf ver- 


schiedene — Weise —bethütigendes, 
Seelenvermógen annahmen. 8. Zell. 
III. p. 103. 


Cap. XXIII. 8 60. Die bekannte 
Dreitheilung der Philosophie in 
Ethik, Physik und Dialektik, 
welche der folgenden Entwicklung 
zu Grunde liegt und auch sonst sich 
oft von Cie. angewendet findet, wie 
d. Fat. 1. Fin. I. Cp. 6—7; Cp. 8, 
8 26; IV. 8 4 u. flg.—$ 13; Acad. 
II. 116 αἱ. flg.—8 146; Tusc. V. 68, 
wird Acad. I. 19 dem Plato zuge- 
schrieben. Für die Verbindung dieser 
drei Theile mit der Selbsterkennt- 
niss bietet sich als Parallelstelle 
dar Tusc. V. 8 70 flg.; einzelne der 
Theile finden wir noch an anderen 


Stellen auf jene bezogen, so die 
Ethik und Physik Fin. V. 8 41—44, 
die Physik Fin. IIJ. 73. 

Zunüchst (in $ 60) wird das sitt- 
liche Gebiet durehmustert und in 
die vier Cardinaltugenden zerlegt, 
in die Müssigkeit (a corporis ob- 
sequio — oppresserit), die Tapfer- 
keit (— effugerit), die Gerechtigkeit 
mit Einschluss der zu ihr gehórigen 
Gottesverehrung, s. oben zu 8 21 
und 8 35 (— susceperit), die Klug- 
heit (— prudentia), und im An- 
schluss an den vorhergehenden Ge- 
danken die Glückseligkeit als un- 
zweifelhaftes Ergebniss derselben 
statuirt. lm Folgenden dagegen 
kommt es Cic. nicht weiter darauf 
an, auf die Bedeutung der ge- 
nannten Wissensgebiete, der Physik 
und Dialektik, für die Glückselig- 
keit hinzuweisen, sondern er nimmt 
den ursprünglichen Faden wieder 
auf und zeigt den Zusammenhang 
dieser Disciplinen mit der Selbst- 
erkenntniss. 

corporis  Sinnlichkeit,  Sinnes- 
triebe, in deren Beherrschung die 
temperantia, σωφροσύνη, besteht; 
voluptatemque — oppresserit, denn 
die Stoiker begnügten sich nicht, 
wie die Peripatetiker, mit der Be- 
herrschung der Lust, sondern ver- 
langten, weil sie jeden Affect an 
sich für fehlerhaft hielten (oben zu 
8 x deren vollstindige Unter- 
drückung und Ausrottung (Zell. III, 
134). Dass Cic. hier nur δὴ die 
niedere sinnliche Lust denkt, ob- 
wohl im Sinne der Stoiker auch 
die geistige (animi laetitia, welche 
der Sprachgebrauch auch unter 
voluptas begreift, s. Fin. 2. 13) als 
im Widerspruch mit der von der 
Tugend unzertrennlichen ἀπάϑεια 
und als Stórung des dem Weisen 
zukommenden Gleichgewichts der 


LIB. I. CAP. 22. 28. $ 59—61. ᾿ S1 


tatemque sicut labem aliquam dedecoris oppresserit omnemque 
mortis dolorisque timorem effugerit societatemque caritatis 
coieri& cum suis omnisque natura coniunctos suos duxerit cul- 
tumque deorum et puram religionem susceperit et exacuerit 
illam, ut oculorum, sie ingenii aciem ad bona seligenda et 
reicienda contraria, quae virtus ex providendo est appellata 
prudentia, quid eo diei aut cogitari poterit beatius? 61. Idemque 
quom. caelum, terras, maria rerumque omnium naturam perspexe- 
rit eaque unde generata, quo recursura, quando, quo modo obi- 
tura, quid in iis mortale et caducum, quid divinum aeternumque 


Seele, verwerflich war, zeigt das 
gehássige Beiwort labem aliquam 
is. 

societatem sq. Zu dieser Um- 
schreibung der Gerechtigkeit vgl. 
Fin. 2. 45; 3.63; Off. LI. 19; 20; 50 
u. flg. III. 28; 118 etc. 

0. mat. coniunctos d. h. gleich- 
artige Wesen, wozu die Thiere nicht 
gehóren, cf. Fin. 3. 67. 

puram religionem im Gegens.zu der 
verwerflichen superstitio. Vgl. Nat. 
d. 11. 71. Cultus deorum est optimus, 
ut eos semper pura, integra, incor- 
rupta et mente et voce veneremur. 

seligenda — reicienda, die Ter- 
minologie ist insofern hier nicht 
genau, als Gegenstand des selig. 
und reéic. im strengen Sprachge- 
brauch res commodaeund incommodae 
(προηγμένα und ἀποπροηγμένα) sind, 
nicht bona und mala. Vgl. zu 8 81. 
Auch würde diejenige prudentia, 
deren Gescháüft das selig. und reic. 
ist, nach strenger Auffassung zu 
den mittleren Pflichten (x«$7x0v), 
'nicht zu den vollkommenen (κατόρ- 
$9opu«) zu záhlen sein, wührend Cic. 
hier nicht daran denkt, einen &olchen 
Unterschied zu machen. 

8 61. Das Verhültniss zur Selbst- 
erkenntniss erscheint bei der Natur- 
kunde umgekehrt als bei der Sitt- 
lichkeit: wáhrend die Vollkommen- 
heit dieser Frucht der Selbsterkennt- 
niss war, wird die Naturkunde als 
Wurzel letzterer hingestellt; ebenso 
Tusc. 5. 70; Fin. 5. 44. Vgl. Rep. 
IL 26 fig. 

wnde generata: aus dem Feuer, 
welches nach stoischer Lehre das 
Princip und der Grundstoff aller 
Dinge, cf. Zell ΠῚ, 79 flg. Cic. 
Nat. d. 11. 57. Aus diesem bildet 


Cicero de legibus, 


sich zunüchst die Luft, dann das 
Wasser, zuletzt die Erde, und aus 
deren Zusammensetzung die Ge- 
sammtheit aller Einzelwesen. Ζ. 
ebds. u. 96. N. d. II. 84. 

quo recursura: ins Feuer, ebds. 
u. N. d. II. 118. 

quando — quomodo. Das Wie? 
wird von den Stoikern beantwortet: 
durch einen allgemeinen Weltbrand 
(ἐκπύρωσις) Nat. d. ebds. (ex quo 
eventurum id, de quo Pamaetiwm 
addubitare censebant, wt ad extre- 
mum mundus ignesceret: dta mihil 
relinqui praeter àgnem, a quo rur- 
sum, animante ac deo, renovatio 
mundi fieret atque idem ornatus 
oriretur); Somn. Sc. 15. Acad. Il. 
119. Div. I. 111. — Wann? Cwm 
ad idem, wnde semel profecta sunt, 
cuncta astra redierint (ἀποκατάστα- 
σις) S. Sc. 16. quando omnia sidera, 
quae "wnc diversos agunt cursus, 
in Cancrum comvenerint d. h. zur 
Zeit der Sommersonnenwende im 
Zeichen des Krebses stehen, Senec. 
Nat. quaest. III. 29, nach Ablauf 
des sog. grossen Weltjahres ($8. 
Sc. 16), das Cicero im Hortensius 
nach einer Angabe bei Tac. Dial. 16 
auf 12954 J. berechnete, worauf 
dann eine neue Weltbildung nach 
demselben Gesetz wie die frühere 
vor sich geht (s. ob. d. St. a. N. d.). 

quid. caducum — aeternum. Ewig 
ist der Urstoff, das Feuer, der zu- 
gleich Gott iet (Z. III..70 flg.); ver- 
gánglich Alles, was durch Ver- 
ánderung aus demselben hervor- 
gegangen ist. Auch die Einzel- 
seelen als solche bestehen nur bis 
zum Ende der Weltzeit, wo sie 
zum Urstoff zurückkehren (Z. III. 
105). 


6 


82 DE LEGIBUS 


sit viderit ipsumque ea moderantem et regentem paene pren- 
derit seseque non unius cireumdatum moenibus loci, set civem 
totius mundi quasi unius urbis agnoverit, in hac ille magni- 
fieentia rerum atque in hoc conspectu et cogmitione naturae, 
. dii inmortales, quam se ipse noscet, quod Apollo prae- 
cepit Phythius, quam contemnet, quam despicieí, quam pro 
nihilo putabit ea, quae volgo ducuntur amplissima! XXIV. 62. 
Atque haec omnia quasi saepimento aliquo vallabit dis- 
serendi ratione, veri et falsi iudieandi scientia et arte 
quadam intellegendi quid quamque rem sequatur et quid 
sit quoique contrarium. Quomque se ad civilem societatem 


ipsumque — moderantem sq. nüm- 
lich Gott, Vorsehung, Verhüngniss, 
Gesetz, Weltseele d. h. die die 
ganze in ihrer jetzigen Gestalt 
bestehende Welt durchdringende 
feuerige Kraft, welche, sobald sich 
Alles wieder in den Urstoff, das 
Feuer, aufgelóst hat, identisch ist 
mit der Materie selbst; Z. III. 70 flg. 
Die Vollkommenheit der Bildung 
aller Einzeldinge, die Regelmüssig- 
keit und Gleichmüssigkeit aller Er- 
scheinungen in der Welt, wie zu- 
mal des Laufs der Gestirne, lüsst 
die planvolle Einrichtung und die 
Leitung einer Alles beherrschenden 
Kraft fast handgreiflich erscheinen. 

seseque mon wnius sq. Der Ge- 
danke der Verbrüderung aller Men- 
schen, der Kosmopolitismus, von 
Einzelnen, wohl kaum mit Hecht, 
schon dem Socrates zugeschrieben 
(Tusc. 5. 108) ist mit voller Ent- 
schiedenheit zuerst von den Stoikern 
erfasst und entwickelt worden (Z. 
III 179 flg. Nat. d. II. 78 u. 154. 
Fin. III. 64) und bildet einen der 
Grundzüge ihres Systems. 

quam 86 moscet flg. seine Ver- 
wandtschaft mit Gott, Ueberlegen- 
heit über den Kórper, Abhüngigkeit 
der Menschen von den allgemeinen, 
ewigen Gesetzen; daher gering 
achten alles Zeitliche und was dem 
niedrigsten und  vergünglichsten 
Theile des menschlichen Wesens, 
dem Leibe, dient. 

quam (wie auch tam) — wie sehr, 
nur bei solchen Verben gebráüuch- 
lich, deren Begriff eine Steigerung 
zulüsst, hauptsüchlich bei Verben 
des Affects (vgl. zu admodum 8 21 
und plus 8 34): Fin. 5. 61 quam 


cupiunt; Att. 5. 3. 2 quam vereor; 
Fam. II. 16. 3 quam abhorrerem; 
VI. 4.1 quam sit metuendus; 11. 13. 
3 quam desidero; 'T'usc. 5. 106 quam 
contemnenda; 'Tusc. I. 96 quam e 
delectat; Div. 2. 39 quam derideant ; 
p. Plane. 54 quam convenit (im 
Sinne v. quam non); Sull. 33 quam 
defugiam (dsgl); Div. 1. 25 quam 
constant; Off. 1. 113 quam deceant ; 
Tusc. 3. 72 inter se quam repugnant ; 
Q. Fr. 6. 4 quam egeam ; Fam. lll. 6. 
2 quam festinares; VII. 5. 1 quam 
mihi persuaserim; bes. hàufig bei velle 
Verr.1I. 102 ; 142; V. II. ; Cael. 8; Fin. 
2.51; Att. X. 4. 10 etc. und posse. — 

Cap. XXIV. 8 62. vallab. d. r. 
Die Dialektik, welche als in der 
Erforschung und Anwendung der 
allgemeinen Denkgesetze bestehend 
auch aus der Selbstbeobachtung 
hervorgeht, wird hier mehr in ein 
mittelbares Verhültniss zur Selbst- 
erkenntniss gesetzt, insofern sie 
dazu dient, die Ergebnisse der Ethik 
und Physik sicherzustellen. Vgl. 
Fin. 3. 72. Der Vergleich ist den 
Stoikern entlehnt, ect εἰκάξουσι 
τὴν φιλοσοφίαν ἀγρῷ παμφόρω, οὗ 
τὸν περιβεβλημένον φραγμὸν εἶναι 
τὸ λογικόν Diog. L. VII. 40. 

ad civ. societ, Das Bedürfniss des 
Gemeindeverkehrs, für welchen die 
zumeist in Frage und Antwort sich 
bewegende, durch Knappheit des 
Ausdrucks und scharfe Begrenzung 
der Begriffe den Geist anspannende 
und durch Trockenheit ermüdende 
Dialektik sich nicht eignete, hat 
eine zusammenhüngende, sich in 
behaglicher Breite ergiessende und 
daher leicht sich mittheilende, durch 
Schmuck und steigerndes Pathos 


LIB. LI. CAP. 23. 24. 8 61. 62. 83 


natum senserit, non solum illa subtili disputatione sibi uten- 
dum putabit, sed etiam fusa latius perpetua oratione, qua regat 
populos, qua stabiliat leges, qua castiget improbos, qua tueatur 
bonos, qua laudet claros viros, qua praecepta salutis et laudis 
apte ad persuadendum edat suis civibus, qua hortari ad decus, 
revocare a flagitio, consolari possit adflictos factaque et con- 


(exornando et amplificando) an- 
regende und fesselnde Redeweise 
entstehen lassen, die rhetorische. 

perpetua oratio als Gegens. zu 
disputatio bildet einen Begriff, da- 
zu kommt fusa latius — dem subtilis 
entgegenges. — als Attribut: also 
kein Asyndeton. 

qua regat populos — stabiliat leges 
bezeichnet die politische Beredtsam- 
keit, genus deliberativum (συμβου- 
λευτικόν), und zwar einerseits die- 
jenige, welche das Handeln in ein- 
zelnen Fállen bestimmt, wie in Be- 
treff der Wahl von Krieg und 
Frieden (regat p.), anderseits die, 
welche es im Allgemeinen regelt 
durch Vertheidigung von Gesetzes- 
antrügen oder der bestehenden Ge- 
setze gegen aufhebende Antrüge. 

castiget improbos, tueatur bonos: 
genus iudiciale (δικανικόν) in den 
beiden Richtungen der Anklage und 
Vertheidigung. 

laudet claros viros Hauptspecies 
des genus  demonstrativum (ἐπι- 
δεικτικόν), laudatio (ἐγκώμιον). Cf. 
part. or. 10. Tría haec genera iu- 
dicii, deliberationis, exornationis, 
quae quia in laudationes maxime 


confertur, proprium habet iam ex 


eo momen. D. Or. II. 43 nam illud 
tertium — laudationes; 65 addat, 
.8í quis volet, sc. causi8 quae τη 
litibus, deliberationibus versantur, 
laudationes ; 333; 341 (illud tertium 
laudationum). 

praecepta — civibus. Unmüglich 
kann C. auf das gen. delib. zurück- 
kommen; vielmehr muss auch hier- 
mit eine Species des gen. demonstrat. 
bezeichnet sein. Dies ist auch wohl 
zu begreifen, wenn man annimmt, 
C. habe dabei Reden wie den Areo- 
pagiticus, Panegyricos, πρὸς Φίλιπ- 
zov und andere des Isocrates im 
Auge gehabt, in weichen den Bür- 

ern oder Hellenen Rathschlüge in 

etreff einer für sie heilsamen und 


ehrenvollen Politik ertheilt werden, 
ohne dass sie doch, weil sie nicht 
dazu bestimmt waren, óffentlich in 
einer mit politischen Befugnissen 
ausgerüsteten Versammlung vorge- 
tragen zu werden, auch meist zu 
allgemeine und umfassende Fragen 
behandelten, für etwas anderes als 
für Prunkreden gehalten werden 
kónnen. Dass Cic. in der That sie 
dazu rechnete, bezeugt er Or. 37 
talium  suasionwm, qualem  Isocr. 
fecit Panegyricum — nachher eius- 
que totius generis quod. ἐπιδεικτικόν 
nominatur. Mit Unrecht bezieht 
dies und das folgende Turneb. auf 
moralische Lehrschriften, deren Ab- 
fassung nicht Aufgabe des Redners 
sein kann. Vgl. darüber Cic. d. 
Or. II. 67—68 δὲ illam quoque 
partem quaestionum oratori volumus 
adiungere, wt de rebus bomis aut 
malis, expetendis aut. fugiendis, de 
virtute, de ustitia  — disciplina 
civitatis, de hominwm moribus di- 
cendum ei putemus: adsumamus eam 
quoque partem, sed ita wt sit circum- 
scripta modicis regionibus. Equidem 
omnia quae pertinent ad wswm ci- 
viwm, morem hominum — compre- 
hendenda oratori puto, si minus, ut 
separatim de his rebus philoso- 
phorwm more respondeat, at certe 
utin causa prudenter possit intexere; 
hisce autem ipsis de rebus loquatur 
simpliciter οὐ splendide, sine wlla 
serie. disputationum et. sine. ieiuna 
concertatione verborum. 

apte ad persuadendum in lüber- 
zeugender Weise, 

hortari ad dec. revoc. « f[flag.: 
schon wegen der Allgemeinheit des 
Inhalts gehóren derartige Heden 
unbedingt zu den Prunkreden. 

consolationes wichtige und oft 


genannte Species des γένος ἐπι- 


δεικτικόν. Οἵ, Nat. d. II, 148, d, 
Or. IL. 50; 64; τὶ unten. 
factaque et. consulta &q. geht auf 


6* 


84 DE LEGIBUS 


sulta fortium et sapientium cum improborum ignominia sem- 


piternis monumentis prodere. 


Quae quom tot res tantaeque 


sint, quae inesse in homine perspiciantur ab iis, qui se ipsi 
velint nosse, earum parens est educatrixque sapientia. 63. ATT. 


Laudata quidem a te graviter et vere. 


Sed quorsus hoc per- 


tinet? M. Primum ad ea, Pomponi, de quibus acturi iam sumus, 
quae tanta esse volumus: non enim erunt, nisi ea fuerint, unde 
illa manant, amplissima. Deinde facio et lubenter et, ut spero, 
recte, quod eam, quoius studio teneor quaeque me eum, quicum- 


que sum, effecit, non possum silentio praeterire. 


die  Geschichtsschreibung. ^ Dass 
auch diese zu den Aufgaben des 
Hedners gerechnet wird, erscheint 
uns auffüllig, ist aber durch ver- 
schiedene Stellen bei Cic. bezeugt. 
Vgl. die überhaupt sehr ühnliche 
St. d. Or. II. 35—36. | Hwius est in 
dando consilio explicata sententia; 
ciusdem εἰ languentis populi in- 
citatio et effrenati moderatio; eadem 
facultate et fraus hominum ad per- 
niciem et integritas ad salutem vo- 
catur. Quis cohortari ad virtutem 
ardentius, quis a vitiis acrius re- 
vocare, qwis vituperare improbos 
asperius, quis laudare bonos orna- 
tius polest; quis maerorem levare 
mitius consolando? | Historia vero 
testis temporum, lux veritatis, vita 
memoriae, magistra vitae, muntia 
vetustatis, qua voce alia misi ora- 
toris immortalitati commendatur? 
Ebenso Or. 37 und d. Or. 1]. 51, 
wo diese Aufgabe noch genauer 
bestimmt wird: .Age vero qualis 
oratoris et quamti hominis in di- 
cendo putas esse historiam 'scribere? 
Si wt Graeci scripserunt, summi, 
inquit. Catulus, si, ut nostri, mihil 
opus est oratore; satis est mom esse 
mendacem, und weiter — 8 64. Zur 
Erklürung dessen ist zu beachten, 
dass für das γένος ἐπιδεικτικόν, 
wohin die Geschichte natürlich auch 
zu ziehen ist, überhaupt nicht münd- 
liche Reden vorausgesetzt werden, 
wie ja denn die des Isocrat. nur 
geschriebene und zum Lesen be- 
stimmte waren, dass ferner die 
Alten gewóhnt waren, einen vor- 
zugsweise praktischen Zweck bei 
der Geschichte anzunehmen, und 
die Einflechtung von Reden ins- 
besondere als einen wichtigen Theil 


ATT. Vero 


der geschichtlichen Darstellung an- 
sahen. 

sempiternis monwmentis pr. nüm- 
lich. Schriftdenkmülern, den Ge- 
schichtswerken. Nur bei vermittel- 
ter Ueberlieferung ist diese Phrase 
im Sinne von verewigen anwendbar. 

perspiciantur der Conj., weil die 
Móglichkeit des  Erkennens  be- 
zeichnet wird, die eben davon ab- 
hüngt, dass (— wenn) Jemand sich 
selbst zu erkennen sucht. 

8 63. laudata — vere. Durch Aus- 
lassung der Copula werden die Ad- 
verbia graviter et vere nachdrück- 
lich und effectvoll hervorgehoben. 
Vgl. II. 19. 

ad ea — quae den Inhalt der 
Schrift: leges et ?us civile. 

tanta sc. quantam sapientiam esse 
et cetera quae in ea posita sunt 
modo ostendimus [amplissima  un- 
genau, als wenn amplissima (ampla), 
nicht tanta voranginge; dem tanta 
würde streng genommen (am ampla 
(praeclara) entsprechen. Da übri- 
gens wnde — manant den Ton hat, 
so dürfte sich vielleicht eine Um- 


stellung der Pronomina empfehlen : 


illa fuerint, unde ea m.]. 

effecit Cic. schreibt der Philo- 
sophie zumeist seine vollendete 
Tüchtigkeit auf dem Gebiete der 
Redekunst zu. Cf. Or. 12 flg. Brut. 
322. 

Vero fürwahr in Entgegnungen, 
in dieser Stellung nicht allzu hüufig. 
Leg. ll. 46 Hoc magis eas res 
memini, quod — ad — ius — per- 
tinent. Vero et a peritissimis sq. 
Div. L 104 Vero — tibi concedo. 
Rep. L 58 Vero minus.. l. 66 
Vero mihi notissima. T dI. 26; 
Brut. 300; Mur. 65; LegfKar. II. 67. 


LIB. IL. CAP. 94. 8 62. 63. LIB. II. CAP. 1. 8 1. 2. 85 


facis et merito et pie, fuitque id, ut dicis, in hoe sermone 
faciundum. 


LIBER SECUNDUS. 


L 1. ArTICUS. Sed visne, quoniam et satis iam ambula- 
tum est et tibi aliud dicendi initium sumendum est, locum 
mutemus et in insula, quae est in Fibreno — nam, opinor, id 
ili alteri flumini nomen est —, sermoni reliquo demus operam 
sedentes? Μ. Sane quidem: nam illo loco libentissime soleo 
uti, sive quid mecum ipse cogito sive aliquid scribo aut lego. 
2. Arr. Equidem, qui nune potissimum hue venerim, satiari 
non queo, magnifieasque vilas et pavimenta marmorea et la- 
queata tecta contemno: ductus vero aquarum, quos isti nilos 
et euripos vocant, quis non, cum haec videat, iriserit? Itaque, 
ut tu paulo ante de lege et de iure disserens ad naturam re- 
ferebas omnia, sic in his ipsis rebus, quae ad requietem animi 
delectationemque quaeruntur, natura dominatur. Qua re antea 
mirabar — nihil enim his in locis nisi saxa et montes cogita- 
bam, itaque ut facerem et orationibus inducebar tuis et versi- 


et merito et pie bezieht sich auf 
das letzte Glied mit deinde, fuitque 
u. s. w. auf das mit primwm ein- 
geführte. 


merito weil du ein Recht dazu 
hast, pie durch Dankbarkeit ver- 
pflichtet (vgl. $ 43; p. Planc. 98; 
p. red. a. Q. 18) bist; also eine Art 
von Gegensatz, der noch schürfer 
hervortritt, wenn man merito dar- 
auf bezieht, dass er der Aufgabe 
würdig sei, weil er so Grosses auf 
dem Gebiete erreicht. 


Lib. 11, Cap. I. 8 1. insula q. e. 
i Fibr.s. z. l. 14. 


& 2. munc potissimum in dieser 
Jahreszeit, im Sommer, wo an an- 
deren Orten Alles verdorrt ist, hier 
dagegen noch im üppigen Grün 
prangt. Vgl. $ 3. 

pavimenta m. aus Mosaikarbeit. 

laqueata t. getüfelte, mit kost- 
baren Verzierungen. Vgl. Hor. Od. 
IL 18. 1—2. 


isti verüchtlich von den Schlem- 
mern seiner Zeit, wie Lucullus, 
Hortensius a. 

nilos et euripos hyperbolisch für 


künstliche Wasserlüufe, in denen 
die Auszweigungen der Nilmündung 
und das Hin- und Herfluthen des 
Euripus nachgeahmt war, deren 
geringer Wasserinhalt aber im Ver. 
gleich zum Liris und Fibren. lácher- 
lich erschien. 

rebus Lustanlagen. 

cogitare rem im Gedanken tragen, 
theils, wie hier, sich vorstellen: of. 
Fam. 15. 16. 2 si insulam Britan- 
"iam  coepero cogitare; Fin. 5. 2 
curiam .Hostiliam intuens. solebam 
Scipionem, cett. cogitare; Rep. 3. 41 
cogitato liomulum aut  Pompilium 
cett.; unten lI. 44; theils be- 
denken: Cluent. 95 quam quidem 
rationem diligenter cogitare debetis ; 
theils auf etw. denken, etw. im 
Schilde führen, s. Lex. 

saxa οἱ montes: JArpinum liegt 
im Volskergebirge, cf. Att, IL. 11. 2 
Nam Arpinum quid ego te invitem? 

Tongsé! ἀλλ᾽ ἀγαϑὴ κουρότροφος, 

7 οὔτ᾽ ἄρ᾽ ἔγωγε 

Ης γαίης δύναμαι γλυκερώτερον 

ἄλλο ἰδέσθαι. 

orationibus cf. p. Planc. 22 tota 
nostra illa aspera et montuosa et 
fidelis εὐ simplex regio; ebds. 20. 


86 DE LEGIBUS 


bus —, sed mirabar, ut dixi, te tam valde hoc loco delectari: 
nunc contra miror ἴθ, cum homa absis, usquam potius esse. 
9. M. Ego vero, cum lieet pluris dies abesse, praesertim hoc 
tempore anni, et amoenitatem et salubritatem hane sequor, 
raro autem licet. Sed nimirum me alia quoque causa delectat, 


quae te non attingit ita. 


ATT. Quae tandem ista causa est? 


M. Quia, si verum dicimus, haec est mea et huius fratris mei 


sed nach einer Parenthese er- 
hált dadurch, dass die Rede sich 
von dieser abwendet, um zum Frü- 
heren zurückzukehren, die Wirkung 
einer Epanalepse. Hier der Deut- 
lichkeit wegen w£ dizi hinzugefügt, 
sonst fehlt es. Vgl. Off. ;A 105 
quin etiam si quis est ad voluptates 
propensior, modo ne sit ex pecudum 
genere — sunt. enim quidam homines 
non ve, sed moyine — sed si quis 
est paulo erectior; d. Or. 3. 129; 
Verr. 5. 38; Vat. 20; 33; Acad. II. 
102 extr. Part. or. 110; Rep. 11. 14; 
Brut. 81. Ebenso nach einer lünge- 
ren Episode Brut. 44 Sed tum fere 
Pericles cett.; ib. 161 Sed haec 
Crassi cum edita oratio sq. Ebenso 
wird der unterbrochene Faden wie- 
der aufgenommen Leg. II. 58 
Sed ut in urbe sepeliri lex vetat sq.5 
Off. I. 97 sed twm servare illud poé- 
las 86. 

8 3. pluris dies: denn Arpinum 
lag etwas entfernt von Rom. 

hoc tempore. Die gewóhnliche 
Zeit, in der reiche, zur regierenden 
Klasse gehórige Hómer sich auf 
ihre  Landgüter ^ zurückzuziehen 
pflegten, war die der vom 4. bis 19. 
mit Unterbrechung des 13. u. 14. 
Sept. wührenden ludi Romani, die 
auch Cic. zu seinen Landaufent- 
halten zu wühlen pflegte, so i. J. 54 
auf seinem Arpinas, wie ein Brief 
d. J. an Quintus (III. 1) bezeugt, 
in die daher auch manche Gesprüche, 
wie das berühmte de Oratore (auf 
dem Tusculanischen Landgute des 
Crassus) verlegt worden sind. Doch 
nóthigt die Hervorhebung der lon- 
gitudo diei (III. 30) und die Be- 
merkung, dass das Gesprüch an 
demselben Tage zu Ende geführt 
werden kónne (II. 69) eine frühere, 
die mittlere, Sommerzeit, anzuneh- 
men, in welcher die ludi Apolli- 


nares vom (6. bis 13. Juli die 
Móglichkeit lüngerer Rast ge- 
wührten. 


delectat sc. hic locus; alia causa 
für das gewóhnlichere a. de c. (Oder 
vielleicht causa Nominativ, delectat 
im eigentl. Sinne — zieht an; quia 
erklürend — qwod, vgl. 1. 43.?) 

"non ita nicht grade, wo sonst 
die Verbindung durch Zwischen- 
wórter nicht unterbrochen wird. 
Ebenso ungewóühnlich ist die Verb. 
dieser Formel mit einem Verbum, 
statt mit einem Adject. od. Adverb., 
die nur noch durch ein Beispiel 
(Att. 3. 15. 3 non ita laudat) be- 
legt werden kann, welches Madv. 
(Fin. 1, 1) durch Erklürung zu be- 
seitigen sucht, Seyff jedoch zu 
Lael. p. 135 gelten lüsst. Der hier 
von Einigen versuchte Ausweg τέ 
me zu erg. (nicht in demselben 
Masse wie mich) verbietet sich, da 
Cic. ein bestimmtes, wenn auch ge- 
ringeres Mass des Antheils an dem 
für ihn bestehenden Grunde bei 
Atticus überhaupt nicht anerkennen 
kann. (Vgl. auch Hand Turs. III. 
p. 498.) Die Beseitigung von ita 
ist bei der  übereinstimmenden 
Ueberlieferung der Hdschrr. unzu- 
lüssig. 

si verum dicimus beliebte Formel 
der Umgangssprache (die Wahrh. 
zu sagen, grade heraus, offen, auf- 
richtig gesagt). Vgl. $ 4 vere di- 
cam; Att. 3. 9.1 dicam quod verum 
est; 11. 7. 3 verum ut loquamur; 
Ep. ad Brut. 1. 15. 6 si verum fa- 
teri volumus; Fam. 9. 24. 2 licet 
enim verum dic.; Br. 256 verum si 
audire volumus; Att. 19. 41. 3 si 
verum scire vis; dsgl. Rab. post. 41; 
ebds. 922 verum si quaerimus; p. 
Sull. 23 si verum quaeris; auch blos 
si quaeris, wie Tusc. 3. 73 ἃ. Verr. 
4. 53. 


LIB. II. CAP. 1. 2. $ 3—4. 81 


germana patria: hine enim orti stirpe antiquissima sumus; hic 
sacra, hic genus, hie maiorum multa vestigia. Quid plura? 
hane vides villam, ut nunc quidem est, lautius aedificatam pa- 
iris nostri studio, qui cum esset infirma valetudine, hic fere 
aetatem egit in litteris. Sed hoc ipso in loco, cum avos vi- 
veret et antiquo more parva esset villa, ut illa Curiana in 
Sabinis, me scito esse natum. Qua re inest nescio quid et latet 
in animo ac sensu meo, quo me plus hic locus fortasse delectet: 
51 quidem etiam ille sapientissimus vir, Ithacam αὖ videret, 
inmortalitatem scribitur repudiasse. ll. 4. ATT. Ego vero tibi 
istam iustam causam puto, cur huc libentius venias atque hunc 
locum diligas. Quin ipse, vere dicam, sum illi villae amicior 
modo factus atque huic omni solo, in quo tu ortus et pro- 


creatus es. 


himc o. s. Die Hdschrr. schwan- 
ken zwischen hic ἃ. hinc, ebenso 
die Herausgg., doch hinc ist un- 
zweifelhaft; hiermit nüàmlich ist ge- 
sagt, dass er aus der Gegend 
stamme, d. h. seine Vorfahren 
dort heimisch waren, noch nicht, 
dass er selbst dort geboren, 
was erst nachher hinzugefügt w.: 
hoc in l. scito m. e. matum, ein 
Fortechr., der mit quid plura? ein- 
geleitet wird. Sonst hátte diese 
Wendung keinen Sinn. 

sacra gentilicia aut Stiftung der 
Vorfahren beruhend, über deren 
Unterhaltung 8. unten ἃ 47 flg. 

lautius glánzender, worin der 
Begriff des Umfangreichen, den 
Einige um des Gegensatzes zu dem 
flg. parva willen durch Aenderung 
in latius zu gewinnen suchten, schon 
enthalten ist. 

patris mostri. Dieser mit der 
Helvia vermáühlt, lebte gróssten- 
theils auf seinem Landgute bei 
AÀrpinum, bis er in spáterer Zeit, 
um die Érziehung seiner Sóhne zu 
vollenden, nach Kom in sein auf 
den Carinae gelegenes Haus ver- 
zog. Trotz seiner schwüchlichen 
Gesundheit erreichte er ein hohes 
Alter (* 64 v. Chr.). 

Der Grossvater, M. Tullius C., 
Gemahl der Gratidia, ein Anhünger 
altrümischer Sitte und der Opti- 
matenpartei. Ueber die Zeit seines 
Todes wissen wir nur soviel, als 
diese 8t. enthilt. 


Movemur enim nescio quo pacto locis ipsis, in 


h. fere so ziemlich, woraus sich 
die temporale Bedeutung mei- 
stentheils leicht ergibt. Vgl. 
Schultz Synon. 445 u. 446. 

Curiana wegen ihrer Einfachheit 
ein Gegenstand der Bewunderung 
des àlteren Cato, der sie von sei- 
nem nahegelegenen Landgute ófter 
besuchte. Vgl. Cat. M. 55; Plut. 
Cat. M. 2. 

me scito sq. Auffallg, dass Atti- 
cus nicht wissen soll, wo Cic. ge- 
boren ist. 

nescio quid: gemeint ist das Hei- 
mathsgefühl. 

plus cf. 1. 34. 

Ithacam sq. Cf. Odyss. A. 56. flg. 

Αἰεὶ δὲ μαλακοῖσι καὶ αἷμυλίοισι 

λόγοισι 

Θέλγει ὅπως ᾿Ιϑάκης ἐπιλήσεται" 
αὐτὰρ Ὀδυσσεὺς 

κάπνον ἀποϑρώ- 
σκοντὰ νοῆσαι 

Ἧς γαίης, ϑανέειν ἱμείρεται. 

Cap. ll. 4.  Qwin ipse sq. 
Schwerlich wird man diese Bemer- 
kung nach der (8 2) vorangegange- 
nen Aeusserung des Atticus: quare 
antea mürabar — wsquam potius 
6886 noch passend finden kónnen. 

orlus geht auf die Familienab- 
stammung; procreatus auf die 
eigene Geburt (vgl. oben orti und 
natum). Also kein Pleonasmus. 

Movemwur enim — sepulchra con- 


'"IÉéuevog καὶ 


templor. Diese St. erinnert an den 


schónen Eingang des 5. Buches d. 
Fin. 8 2 Tum Píso: Natwurane nobis 


88 DE LEGIBUS 


quibus eorum, quos diligimus aut admiramur, adsunt vestigia. 
Me quidem ipsae illae nostrae Athenae non tam operibus 
magnifieis exquisitisque antiquorum artibus delectant quam 
recordatione summorum virorum, ubi quisque habitare, ubi 
sedere, ubi disputare sit solitus, studioseque eorum etiam se- 
pulehra contemplor. Qua re istum, ubi tu es natus, plus amabo 
posthae locum. M. Gaudeo igitur me incunabula paene mea 
tibi ostendisse. 5. ATT. Equidem me cognosse admodum gau- 
deo. Sed illud tamen quale est, quod paulo ante dixisti, hune 
locum — idem ego te accipio dicere Arpinum — germanam 
patriam esse vestram? Numquid duas vos habetis patrias? 
An est una illa patria communis? Nisi forte sapienti illi Ca- 
toni fuit patria non Roma, sed Tusculum. M. Ego me hercule 


hoc, inquit, datum dicam an errore 
quodam, ut cwm ea loca videamus, 
in quibus memoria dignos viros 
acceperimus multum esse versatos, 
magis moveamur — Velut ego nunc 
moveor. Venit enim mihi Platonis 
in mentem, quem accepimus primum 
hic disputare solitum u. flg. 

nostrae Athenae, vgl. ob. 1. 2 u. 
3, unt. 8 5 vestri Attici, ἃ. Fin. 5. 4 
ita enim se Athenis collocavit Pom- 
ponius, ut sit paene unus ex Atticis, 
ut id etiam cognomen videatur ha- 
biturus. 

artibus concret Kunstleistungen 
(Erscheinungen der Kunst), welche 
sich an den Werken offenbaren, 
sodass gewissermassen ein Hendia- 
dyoin vorliegt, in welchem, wie F. 
richtig bemerkt, opus die objective, 
ars die subj. Seite bezeichnet. 
Falsch aber ist es, artes für Kunst- 
werke zu nehmen, wie es nur bei 
Dichtern vorkommt, Verg. Aen. 65. 
359; Hor. Ep. I. 6. 17. 

sedere: so bemerkt Cic. Fin. 5. 2 
die sessio des Polemo u. (8 4) die 
des Carneades. 

sepulchra: dass übrigens Cic. diese 
Neigung des Atticus theilte, be- 
weist der Umstand, dass er das 
Grabmal des Archimedes auf Sici- 
lien aufgesucht hat. 

8 5. admodwm s. I. 21. 

idem ego flg. Mit Recht haben 
Ausleger an diesem Satze Anstoss 
enommen, dà es doch nicht zwei- 
elhaft sein konnte, dass 8 3 von 
diesem Arpinum die Rede war. 


Aber alle Versuche, durch Inter- 
pretation (Unterscheidung des Gutes 
und der Stadt) oder Textünderung 
zu bessern, sind fruchtlos.  Der- 
artige Fehler, die aus Flüchtigkeit 
oder dem Mangel einer für com- 
binirte (dialogische) Darstellung 
ausreichenden Sicherheit des Ge- 
düchtnisses ἃ. Concentrationskraft 
des Denkens herrühren, hat Cic. 
selbst zu verantworten. 

ANwmquid — An — Nicht utrum 
— an, denn mit dieser Form würde 
der Fragende eine gleichmüssige 
Ungewissheit zwischen beiden Thei- 
len der Frage ausdrücken; wührend 
hier der erste Theil für kaum an- 
nehmbar, der zweite für wahrschein- 
lich. gehalten wird. Nun würde 
allerdings die Form der ersten 
Frage die zweite überflüssig ge- 
mácht haben, da sie schon einen 
negativen Sinn gibt; ja es ist ihrer 
Natur widersprechend, eine zweite 
Frage zu indiciren. Allein diese 
erscheint auch nur der Vollstándig- 
keit wegen gleichsam nachtrüglich 
hinzutretend.  ,,Solltet ihr denn 
etwa zwei WVaterstüdte ^ haben? 
Oder besteht nur jene eine gemein- 
same 3“ (Durch Baiters Lesart Qwid ? 
[st. Nwmquid?| .Dwas cett., wozu 
die Codd. allerdings einigen An- 
halt geben, entgeht man freilich 
jener Schwierigkeit; aber, wie V. 
mit Recht bemerkt, erscheint quid? 
nach quale est — nicht mehr 
passend.) 

Ueber Cato's (Censorius)  Ab- 


LIB. II. CAP. 2. 8$ 4. 5. 89 


et illi e& omnibus municipibus duas esse censeo patrias, unam 
naturae, alteram civitatis, ut ille Cato, quom esset Tusculi 
natus, i populi Romani civitatem susceptus est; ita, quom ortu 
Tusculanus esset, civitate Romanus, habuit alteram loci patriam, 


alteram iuris. 


Ut vestri Attici, prius quam Theseus eos demi- 


grare ex agris et in astu, quod appellatur, omnis se conferre 
lussit, et sui erant idem et Attici, sic nos et eam patriam 


dicimus, ubi nati, et illam, qua excepti sumus. 


Sed necesse 


est caritate eam praestare, e qua nomen universae civitati est: 
pro qua morl et eui nos totos dedere et in qua nostra omnia 


stammung aus Tusculum vgl. p. 
Planc. 20. 

municipes s. 8 6. 

ut ille Cato fig. dürfte so zu über- 
setzen sein; wie z. B. Cato, der in 
Tusculum geboren war, in die ró- 
mische Bürgerschaft aufgenommen 
worden ist, (u.) somit (ita — ita- 
que, cf. unten 8 8; Planc. 6; 37; 
Fin. 2. 38; Fat. 26; Inv. 9. 174; 
Tusc. L. 12; das. Tischer) einerseits 
ein órtliches, anderseits ein bürger- 
liches Vaterland hatte. Eine ge- 
wisse Nachlüssigkeit des Ausdrucks 
ist dabei nicht abzuleugnen, die 
sich wohl beseitigen liesse, wenn 
man est nach susceptus striche u. 
für ita idem schriebe (wie Cato, in- 
dem er in Tusculum geboren, in 
die róm. Bürgerschaft aufgenommen 
worden war, zugleich ein órtliches 
cett). Sollte ich aus Baiters u. 
Vahlens Interpunction mit Recht 
schliessen, dass diese einen Ver- 
leich annehmen — wie schon 
rüher, aber im versichernden Sinne, 
Hand, Turs. III. p. 471 — so dürfte 
dieser wohl so aufzufassen sein, 
dass 85 (nos et eam ...) auch dem 
ersten μύ correspondirt (nicht etwa 
ita: denn was würe verkehrter, als 
ein Verháltniss der Ursache und 
Folge in einen Vergleich umzu- 
setzen?), ita aber den oben be- 
zeichneten Sinn: somit  behiült, 
Vielleicht vorzuziehen. 


vestri 5, 8 4. 
Det alte Stüdtebund in Attica, 
dessen Auflósung und Umwandlung 


in eine einzige Gemeinde, Athen, 


dem Theseus zugeschrieben wird 
(Thuc. 11. 15), bestand nach Strabo 


(IX. p. 609) aus den Stádten Ce- 
cropia (Burg v. Athen), Tetrapolis 
(Oenoe, Probalinthos, Tricorythos, 
Marathon), Epacria (sonst Pallene), 
Decelea, Eleusis, Aphidna, Thoricos, 
Brauron, Cytheros, Sphettos, Ce- 
phisia, Phaleron, von denen spáter 
nur noch die durch besondere Hei- 
ligthümer ausgezeichneten Eleusis 
und Brauron als Stádte galten. 


Sui ihrer engeren Gemeinde an- 
gehórig. S. Anh. 


qua exc. Ueber diesen instru- 
mentalen Abl. im Sinne von n mit 
Acc. resp. Abl. bei den Verben des 
Aufnehmens und verwandten 8. 
Haacke Gr. stil. L. 8 40. 1. 


€ qua sq. Die hdschr. Lesart 
qua rei publicae momen wniversae 
civitatis e. versucht F. so zu er- 
klàren: durch welche (Vaterstadt) 
der Name der Republik dem ganzen 
Staate angehórt (od. sich auf die 
ganze DBürgerschaft erstreckt). Da 
man dies aber auch noch nicht 
versteht, so hilft er weiter mit der 
Bemerkung: Republik sei soviel 
als das rómische Gemeinwesen. 
Hisum teneatis! Mit der Beseiti- 
gung von rei publicae (als Glosse 
zu wniv. civ., Wiederholung des e 
nach praestare und. Entfernung des 
Endbuchstabens von civitatis (der 
es vielleicht nicht einmal bedarf), 
ergibt sich ein leicht fasslicher Sinn: 
nach der der Gesammtstaat den 
Namen hàt, benannt ist. 


Nomen mihi est τῶ mominor; e 
wie Off. 3. 66; Leg. I. 24 u. 60; 
Top. 77; Tusc. 2. 48; 5. 23; Hort. 
Frg. 21 Bait.; Div. I. 16; Nat. d. 
II. 104; Phil, III, 16 etc. 


90 DE LEGIBUS 


ponere et quasi consecrare debemus. Duleis autem non multo 
secus est ea, quae genuit, quam illa, quae excepit. Itaque ego 
hane meam esse patriam prorsus numquam negabo, dum illa 
sit maior, haec in ea contineatur. 

III. 6. Arr. Recte igitur Magnus ille nostér me audiente 
posuit in iudicio, quom pro Ampio tecum simul diceret, rem 
publicam nostram iustissimas huic municipio gratias agere 
posse, quod ex eo duo sui conservatores exstitissent, ut iam 
videar adduci hane quoque, quae te procrearit, esse patriam tuam. 

Q. Sed ventum in insulam est. Hac vero nihil est amoe- 
nius. Etenim hoe quasi rostro finditur Fibrenus et divisus 
aequaliter in duas partes latera haec adluit rapideque dilapsus 
cito in unum confluit et tantum complectitur quod satis sit 


ponere verwenden. 

consecrare zum Eigenthum weihen. 

prorsus non werstürkte Negat. s. 
Tusc. 1. 9; d. Or. 2. 61; Madvig 
Fin. Π 17; Hand Turs. IV. p. 619. 
Vgl. omnino mon I. 21. 

Cap. IIl. $ 6. Die folgende Be- 
merkung war nur dann gegründet, 
wenn Arpinum, nicht Hom, als 
Vaterland beider Münner angesehen 
wurde. Sonst hütte der Dank an 
die Adresse Roms gerichtet werden 
müssen. Daher igitur. 

Magnus Beiname des Pompeius, 
mit dem er von seinen Zeitgenossen 
geehrt wurde. Bei Cic. ófter (Arch. 
24.) 

T. Ampius Balbus, Volkstribun 
63, Prütor 58 v. Chr., Freund des 
Cic. u, Pompeius, welches letztren 
Partei er im Bürgerkriege ergriff. 
Nach dessen Beendigung erwirkte 
ihm Cic., wie wir aus einem Briefe 
desselben an jenen (Fam. 6. 12) er- 
fahren, Amnmestie und Rückkehr. 
Ueber den hier angegebenen Freun- 
desdienst dagegen wissen wir weiter 
nichts. (Mehr über ihn Drum. VI. 
p. 282.) 

poswit (Ggs. iacere flüchtig hin- 
werfen) von dem, was mit Absicht 
und Bestimmtheit erklürt, zu einem 
dauernden Zeugnisse niedergelegt 
wird. Cf. Fin. 5. 81; p. red. ad 
Quir. 16; Fam. I. 9. 21. 

municipium ein Titel, der Arpi- 
num schon seit 302 zukam; optimo 
iure, d. h. cum ture suffragii et ho- 
»orum seit 188. Nachdem aber 


durch die lex Iulia (90) alle Stádte 
Italiens das volle Bürgerrecht er- 
halten hatten, schwindet das Cha- 
rakteristische dieser Bezeichnung, 
und mwunic. heisst nun jede italische 
Landstadt. 

duo s. cons. Marius u. Cicero. 

adducor mit Acc. c. Inf. durch 
Brachylogie für a. wt credam, wie 
Cluent. 104; Att. XI. 16. 2; Div. I. 
35; umgekehrt mit wt ohne das 
vermittelnde Verb des Meinens, 
Fin. I. 14 illud adduci vix possum, 
ut quae senserit ille, tibi non vera 
videantur; ib. 4. 55; cf. z. II. 11. 

hoc q. rostro gleichsam durch 
diesen Schnabel (wegen der Ge- 
stalt eines gleichschenkligen Drei- 
ecks), wofür auch hütte gesagt sein 
kónnen: durch diese wie durch 
einen Schnabel, ohne dass hier an 
eine Attraction zu denken würe. 

latera haec der Insel. 

rapide in reissender Heftigkeit. 

tantum — loci. Die weite Ent- 
fernung von tantum macht es wahr- 
scheinlich, dass Cic. locí mit quod 
construirt habe, wovon er es wieder 
trennen mochte, nicht um /oci her- 
vorzuheben, was undenkbar, son- 
dern weil der wichtigste Theil des 
Gedankens auch zuerst zur Mitthei- 
lung drüngte.  Kühner noch p. 
Quinct. 6 omnes quorum 1n alterius 
manw vita posita est. —Leichtere 
Trennungen des Relativums vom 
Nomen in: quibus ego rebus ob- 
iectis putavi, p. red. i. sen. 32; 
quod di omen averterint Phil. 12. 14. 


LIB.IL. CAP 2. 3. 8 5—7. 91 


modicae palaestrae loci. Quo effecto, tamquam id habuerit 
operis ac muneris ut hane nobis efficeret sedem ad disputan- 
dum, statim praecipitat in Lirem et, quasi in familiam patriciam 
venerit, amittit nomen obscurius Liremque multo gelidiorem 
facit. Nee enim ullum hoc frigidius flumen attigi, cum ad 
multa accesserim, ut vix pede temptare id possim, quod in 
Phaedro Platonis facit Socrates. 1. M. Est vero ita, sed ta- 
men huic amoenitati, quem ex Quinto saepe audio, Thyamis 
Epirotes tuus ille nihil, opinor, concesserit. Q. Est ita, ut dicis. 
Cave enim putes Attic nostri Amalthio platanisque illis quic- 
quam esse praeclarius. Sed, si videtur, considamus hie in 
umbra atque ad eam partem sermonis, ex qua egressi sumus, 


revertamur. 


M. Praeclare exigis, Quinte, — at ego effugisse 
arbitrabar — et tibi horum nihil deberi potest. 


Q, Ordire 


igitur: nam hune tibi totum dicamus diem. 
M. A Iove Musarum primordia ...... : 


palaestra freier Platz mit Sáulen- 
hallen herum, die als Spaziergang 
dienten. 

fam. patr. v. durch Adoption; 
wie z. B. der Name der Octavii, 
Vipsanii, um ein bekanntes Beispiel 
spüterer Zeit anzuführen, in dem 
der Iulii unterging. Aber der Fall, 
dass der Name des natürlichen Ge- 
schlechtes sich erhielt, konnte doch 
eintreten, wenn derselbe durch Ver- 
dienste zu Ansehen gelangt war, 
wie das Beisp. des Atticus lehrt, 
der, obwohl von seinem Oheim in 
die gens Caecilia adoptirt, den- 
noch allgemein Pomponius genannt 
wurde. 

in Phaedro jenem berühmten Dia- 
loge Platos, in dessen wegen seiner 
Anmuth  bewundertem  Eingange 
Socrates auf einem ausnahmsweise 
ausserhalb der Stadt unternomme- 
nen fSpaziergange an den llissus 
ge und in einen in der Nühe 
desselben befindlichen, unter einem 
Platanenbaum ^ hervorsprudelnden 
Quell prüfend seine Füsse taucht: 
Ἢ τε αὖ πηγὴ χαριεστάτη ὑπὸ τῆς 
πλατάνου δεῖ μάλα ψυχροῦ ὕδατος, 
ῶφτε γε τῷ ποδὶ τεκμήρασϑαι Cap. 
5 (230 B.j. 

8 7. huic amoenitati cf. 1. 56. 

Thyamis Fluss in Epirus, Cor- 
cyra gegenüber mündend, an dessen 

fern Atticus ein herrliches Land- 
gut Amaltheum, nach der Nymphe 


Amalthea genannt, hatte, dessen 
Beschreibung Cic. (Att. I. 16. 18) 
sich erbat, um sich die Anlagen 
desselben für sein Arpinas zum 
Muster zu nehmen. Quintus, der 
als Schwager des Atticus (Gemahl 
der Schwester desselben, Pomponia) 
diesem noch náher stand, kannte es 
durch Autopsie. 

egredi — digredi cf. Brut. 82 ut 
egrederetur ὦ proposito  ornandi 
causa. 

praeclare exigis du bist ein vor- 
trefflüicher Mahner, verstehst das 
Mahnen meisterlich, nicht: du thust 
recht daran, mich zu mahnen, denn 
die folgenden Worte: et tibi h. m. 
sq. haben den Schein des Wider- 
willigen, wozu die Billigung seiner 
Mahnung nicht passen würde. 

debere schuldig bleiben. 

A love 8q. nach dem Griech. 
Text: 

Ἔκ dig ἀρχώμεσϑα τὸν οὐδέποτ᾽ 

ἄνδρες ἐῶμεν 

"Aóónrov 
der Φαινόμενα (Sternerscheinungen), 
eines noch jetzt erhaltenen Lehr- 
gedichtes des Aratus aus Soli in 
Cilicien, der um 270 am Hofe des 
Antigonos Gonatas lebte. Von Ci- 
ceros Uebersetzung, die er in früher 
Jugend, etwa ums J. 87, verfasste, 
sind uns, sowie von einer spüteren 
des Germanicus, zahlreiche Bruch- 
stücke hinterlassen. 


92 DE LEGIBUS 

sicut in Aratio carmine orsi sumus. Q. Quorsum istue? M. 
Quia nunc item ab eodem et a ceteris diis immortalibus sunt 
nobis agendi capienda primordia. Q. Optime vero, frater, et 
fierl sic decet. 

IV. 8. M. Videamus igitur rursus, prius quam adgrediamur 
ad leges singulas, vim naturamque legis, ne, quom referenda 
sint ad eam nobis omnia, labamur interdum errore sermonis 
ignoremusque vim eius, quo iura nobis definienda sint. 0. 
Sane quidem hercle, et est ista recta docendi via. M. Hanc 
igitur video sapientissimorum fuisse sententiam, legem neque 
hominum ingeniis excogitatam nee scitum aliquod esse popu- 
lorum, sed aeternum quiddam quod universum mundum rege- 
ret imperandi prohibendique sapientia. ta principenr legem 
illam et ultimam mentem esse dicebant omnia ratione aut cogen- 
tis aut vetantis dei. Ex qua illa lex, quam di humano generi 


Quorsum istuc? Die Frage des 
Q. geht nicht dahin, warum er mit 
Jupiter anfange, sondern warum er 
jenen Vers seiner Aratea vorbringe. 
Denn die Entgegnung des Marcus, 
dass er seinen Vortrag ebenso mit 
den Góttern beginnen müsse (vgl. 
zu diesem Ausdruck der Pietát Plato 
Leg. IV. p. 712. B. Θεὸν δὴ πρὸς 
τὴν τῆς πόλεως κατασκευὴν ἐπικαλώ- 
u$) findet sofortige Anerkennung 
von Seiten jenes. (Sonst hütte man 
jener Auffassung Raum geben kón- 
nen, in der Weise, dass man die 
Erwiederung Ciceros auf den Inhalt 
des Buches bezóge, in welchem zu- 
nüchst an die Entstehung des Ge- 
setzes aus Gott erinnert, darauf die 
Einrichtung des Gottesdienstes fest- 
gesetzt wird.) 

agendi publicistischer Ausdruck 
vom Einbringen und zur Berathung 
Stellen von Gesetzen; sonst cwm 
populo, hier mit den beiden Theil- 
nehmern des Gesprüches, von deren 
Gutheissung die Gültigkeit der Ge- 
setze abhüngig gemacht wird. Vgl. 
8 14. 

optime in der Antwort, wie Acad. 
II. 115; Fin. 4. 44 etc. 

Cap. IV. 8 8. Die lüngere Un- 
terbrechung — des — Entwicklungs- 
ganges dureh den vorhergehenden 
Gefühlsaustausch (über. die Oert- 
lichkeit sowie auch schon durch 
die ausserhalb des Themas liegen- 
den Schlussbemerkungen des vori- 


gen Buches liess eine kurze Wieder- 
holung der Hauptergebnisse des- 
selben als  wünschenswerth  er- 
scheinen. 

eius, quo sc. legis. Zur Sub- 
stantivirung vergleiche: 3. 39 eoque 
fit; Div. 1. 121 quo ostento; Rep. I. 
35 videre quo sit melior ; Il. 10 quo 
egeret; Mur. 14 quo constituto; 22 
hoc omisso; 10 eo quo semper wsi 
sumus; Brut. 199 praestat illo; Inv. 
2. 922 hoc intellecto; Div. I. 118 Aoc 
posito; Acad. II. 32 hoc vos moveri 
videbam; Dat. Acad. IL 114 in- 
cognito assentiri. (Fin. III. 72 e 
cui falso assentiamur ?) 

ista r. d. v. das Ausgehen von der 


Begriffserklürung. 
sapientissimorum Philosophen, 
insbesondere der Stoiker. 
neque hom. ing. — populorum 


cf. I. Cap. 165—106. 

scitum cf. I. 8 43. 

aeternum sq. cf. I. 8 19. extr. 

ita cf. 1I. 8 5. 

princip. leg. sq. cf. I. 8 18; $ 23. 

ex qua — laudata mit Prügnanz 
für ex qua illiws legis laus est re- 
petita. 

q. d. hum. gen. d. Die Gótter 
haben den Menschen die Vernunft, 
somit potenziell auch die rechte Ver- 
nunft, die Weisheit, ertheilt (cf. 
Fin. 3. 23 atque ut membra nobis 
data sunt, sic appetitio animi item- 
que et ratio et perfecta ratio). Die 
Weisheit aber, welche in der Er- 


WNo———— —Ó—ÁÀ" 


ex E 


LIB. II. CAP. 3. 4. $ 7—10. 93 


dederunt, recte est laudata. Est enim ratio mensque sa- 
pientis ad iubendum et ad deterrendum idonea. 9. Q. Al- 
quotiens iam iste locus a te tactus est. Sed ante quam ad 
populares leges venias, vim istius caelestis legis explana, si 
placet, ne aestus nos consuetudinis absorbeat et ad sermonis 
morem usitati trahat. M. A parvis enim, Quinte, didicimus 51 
in ius vocat! atque alias eius modi leges nominare. Sed 
vero intellegi sic oportet, et hoc et alia iussa ac vetita popu- 
lorum vim habere ad recte facta vocandi et a peccatis avo- 
candi, quae vis non modo senior est quam aetas populorum 
et civitatium, sed aequalis illius caelum atque terras tuentis 
et regentis dei. 10. Neque enim esse mens divina sine ratione 
potest, nec ratio divina non hanc vim in rectis pravisque 


fassung und Anerkennung der all- 
gemeinen Vernunft besteht, ist Ge- 
setz. 

lex est ratio mensque sq. cf. 1. 
8 18—19. 

sapientis sc. hominis. 

$ 9. vim istius cael. l. e. vim 
hier nicht die begriffliche Bedeu- 
tung, die ist ja eben οὐκ] γέ (men- 
tem omnia r. a. 6. 84.), sondern die 
praktische, eigtl. die Kraft, Ver- 
mógen, Wirkung, nachher erláutert: 
vim ad recte facta vocandi et a pec- 
catis avocandi. Dazu vgl. vim in 
rectis pravisque sanciendis ; ratio ad 
recte faciendum impellens et a de- 
licto avocans, und die 8 10 angeführ- 
ten Beispiele. 

aestus der Strom, dessen Gewalt 
den Schiffer oder Schwimmer vom 
rechten Pfade abtreibt oder in die 
Tiefe zieht (cf. Brut. 282 sed hwnc 
quoque absorbwit aestus quidam àn- 
solitae adolescentibus gloriae). Der 
Sprachgebrauch aber fasst als vis, 
wirkende Kraft, der lex den An- 
trieb, dasjenige, was geschrieben 
oder überh. festgesetzt ist, mag es 
recht oder unrecht sein, zu thun. 

« parvis sq. Das Folgende ist 
eine Bestimmung der XII Tafeln, 
welche die róm. Knaben auswendig 
lernten, 8, unten 8 59, die dahin 
ging, dass der Aufforderung irgend 
emandes, insbesondere des Klügers, 
vor Gericht zu erscheinen, Folge 
zu leisten sei. 

8i in ius vocat — sc. quis. Dieses 
selbstverstándliche Subject wird in 

esbestimmungen oft weg. 


gelassen, regelmássig nach Schoell 
Leges XII tab. p. 73 in den 12 Ta- 
feln. Vgl. $ 60 legíto, quo — fa- 
ciat; ib. $ 45. Auch sonst: amicitia 
voluntas erga aliquem rerum bona- 
rum est illius ipsius causa quem 
diligit Inv. 2. 166. Sin imprudenter 
aut casu quidpiam fecerit, ad eius 
facti deprecationem | ignoscendé pe- 
tenda venia est Part. or. 181; pri- 
mwm officium est wt se conservet 
Fin. 3. 20. (Hwic animi parti omnia 
visa obiciuntur, wt corpus iniscere 
videatur? Div. I. 60. Cf. Plat. Rep. 
IX. 1. p. 571. c) Etwas anders: 
vides quantam rem agat, wo ein be- 
liebiger Stoiker gedacht, Fin. IV. 7. 
Vgl. Feldh. zu 8 45. 

Als Nachsatz erg. ((o nach einer 
bei Anführung von Gesetzen übli- 
chen Kürze des Ausdrucks, vgl. 
Brut. 48. 

vim habere sq. Derartige Gesetze 
haben keine selbstüándige Dedeu- 
tung, sondern nur, insofern sie zu 
bewirken vermógen, dass das echte 
gethan, das Unrechte gemieden 
werde, mit anderen Worten sind 
abgeleitet aus jenem allgemeinen 
und ewigen Gesetze und somit auch 
nur insoweit gültig, als sie mit 
diesem übereinstimmen und die 
Zwecke desselben erfüllen. 

aequalis c. gen. 8. Y. 8. | 

ὃ, 10. mens — sine ratione: mens 
die Denkkraft, Fühigkeit zu denken 
überh.; ratio Vernunft, Fühigkeit 
richtig zu denken. 

hanc vim ec. rationis; in — san- 
ciendis habere habere ita, talem, 


94 DE LEGIBUS 

sanciendis habere, nec, quia nusquam erat scriptum, ut contra 
omnis hostium copias in ponte unus adsisteret a tergoque pon- 
tem interscindi iuberet, idcirco minus Coclitem illum rem gessisse 
tantam fortitudinis lege atque imperio putabimus, nec, si re- 
gnante L. Tarquinio nulla erat Komae scripta lex de stupris, 
ideireo non contra ilam legem sempiternam Sex. Tarquinius 
vim Lucretiae, Tricipitini filiae, attulit. Erat enim ratio pro- 
fecta a rerum natura et ad recte faciendum inpellens et a 
delicto avocans, quae non tum denique incipit lex esse, quom 
scripta est, sed tum, cum orta est: orta autem est simul cum 


mente divina. 


Quam ob rem lex vera atque princeps apta ad 


iubendum et ad vetandum ratio est recta summi lovis. 
V. 11. Q. Adsentior, frater, ut, quod est rectum verum- 


ut in — sanciendis versetur, cerna- 
tur, mehr, als wenn blos stünde 2n 
— sanc. promere, declarare. Eine 
andere, noch mügliche, Erklürung 
hanc auf ad recte facta vocandi zu- 
rückweisen und inm rectis — san- 
ciendis (wieder aus der Verbindung 
versari, cerni in zu erklüren, etwa 
— quae quidem cernitur) als Epexe- 
gese hinzutreten zu lassen, ist ge- 
suchter und in der Structur hürter, 
da es genügt hütte recta — san- 
ciendi zu sagem. 

sancire als unabünderlich, gültig, 
hinstellen, fest bestimmen und so- 
mit einschürfen; für prava s. (vgl. 
ignominia, poena, s. Lex. ἃ. III. 8 46 
ut vis capite, avaritia multa, hono- 
"is cupiditas ignominia sanciatur ; 
1I. 22) ergibt sich daraus: verbieten. 

Die beiden folgenden Beispiele 
dienen dazu, die Verbindlichkeit 
des allgemeinen Sittengesetzes zu 
erlàutern, ohne dass oder ehe es 
noch durch schriftliche "Verord- 
nungen eingeschürft resp. besiegelt 
ist. 

idcirco cf. T. 32. 

Sp. Lucretius Tricipitinus | Se- 
nator und Stadtprüfect unter Tarq. 
Superbus, nach der Befreiung Roms, 
509, Consul, starb bald nach An- 
tritt des Amtes. 

erat — ratio. Ist erat Copula 
oder volles Prüdicat?  Uebersetzen 
wir: denn sie (lez sempit.) war, wie 
wir gesehen (erat  didaktisches 
Imperf, mit Bezug auf die Zeit der 
Betrachtung, Angabe, wie Nat. d. 
l 96 ad similitudinem enim. dei 


propius accedebat hwmana virtus 
quam figura — accedere ratio do- 
cwit, mehr Schoem. daselbst, vgl. 
Drüg. $136; hüufiger noch im Grie- 
chischen, K. W. Krüger 8 53. 2. A. 
5) die von der Natur ausgehende 
Vernunft (I. 18 lex est ratio summa 
insita in natura, quae iubet ea quae 
facienda sunt prohibetque contra- 
ria); oder: denn es bestand schon 
die von der Natur ausgehende Ver- 
nunft? | Unzweifelhaft ^ wohl ver- 
dient die erste Auffassung den Vor- 
zug. Denn illam indicirt eine Er- 
klürung der lex, die zur Begründung 


des Behaupteten diene. Lüge der 
an zweiter Stelle angenommene 
Sinn vor, so müsste — wenn an- 


ders der Ausdruck stringent sein 
soll — vorher blos gesagt sein «on 
contra legem. 

Quam ob rem $q. Im Grunde ge- 
nommen ist dieser Satz entbehrlich. 
Denn erstens war diese Begriffs- 
bestimmung oben $ 8 prüsumirt, 
die sich übrigens leicht aus dem 
von den Stoikern angenommenen 
Zusammenhang von Natur u. Gott 
ergibt, und hier auf einem Umwege 
erst gewonnen wird. Sodann war 
der Zweck dieser Betrachtung die 
vis der lex caelestis, nümlich die 
Gebietung des sittlich Guten und 
ihre ewige Verbindlichkeit darzu- 
thun. 

Cap. V. 811. assentior wt Bra- 
chylogie — a. wt dicam. Cf. ad- 
ducor uí zu 11. 6; concedo wt ein- 
rüiumen Verr. IV. 8; ib. 10; d. opt. 
gen. 4; p. Tull, 56; nemini persua- 


: 
] 


LIB. IE -CAP: 4. 5.8 10. 11. 95 


que, lex idem sit neque cum litteris, quibus scita scribuntur, 
aut oriatur aut occidat. M. Ergo ut illa divina mens summa 
lex est, item, quom in homine est perfecta "aíio, lex est: ea 


vero est perfecia in mente sapientis. 


Quae sunt autem varie 


et ad tempus descriptae populis, favore magis quam re legum. 


nomen tenent. 


Omnem enim legem, quae quidem recte lex 


appellari possit, esse laudabilem quibusdam talibus argumen- 


tis docent: 


Constat profecto ad salutem civium civitatumque 


incolumitatem vitamque hominum quietam et beatam inventas 
esse leges, eosque, qui primum eius modi scita sanxerint, po- 


deatur (überzeugt) w£ gratiis cona- 
tus sis Verr. 5. 11; me in cogita- 
tionem quidem cadit ut fuerit tem- 
st. wt fuisse iniellegamus Nat. 
d. 1. 21; retinendum hoc esse, deus 
ut beatus immortalisque sit st. wt 
esse statuatur ib. 1. 95; illud video 
te pugnare, species ut quaedam sit 
deorum ib. 15; quomodo tibi swmis 
ut sequatur Acad. II. 50; cwm di- 
cunt hoc wnwm se tollere wt quic- 
quam possit videri ib. 33; 4m ista 
sum sententia ut Leg. 3. 33; mehr 
Madv. zu Fin. I. 14. 
lez idem, weil der überlieferte 
Text hier unvollstándig, von mir 
hinzugefügt: man kónnte auch, um 
den Ausfall der Worte sich leichter 
zu erklüàren, lex quoque einsetzen. 
Aeternum | quoque, was V. ein- 
schiebt, genügt dem Gedanken 
nicht. Denn das war nicht das 
Wesentliche der vorhergehenden 
Untersuchung, dass das sittlich 
Richtige, d. h. Gute ewig sei; 
auch ist jenes nicht passendes Subj. 
zu oriatur — occidat; denn die 
Unveründerlichkeit des Gesetzes, 
nicht des Guten, war zu beweisen und 
bewiesen worden. Der Wechsel des 
Subj. indessen bietet zu wenig An- 
stoss, um deswegen etwa noch den 
Ausfall von ea vor aut zu vermuthen. 
ratio — perfecta sind Worte, die 
V. versuchsweise zur Ausfüllung 
der unzweifelhaft hier vorhandenen 
Lücke eingefügt hat. 
descriptae versch. won scriptae, 
abgegrenzt, bemessen, zugetheilt, 
assend zu varie und ad tempus. 
gl. unten iussa descripserint; iura 
€t iussa 1. 17, s. das.; mores, leges, 
iura d. Or. 3. 76; iura Rep. 1. 2; 
Off. I. 124; p. Sest. 91. 


'lLl. p. 426; 


favore sc. hominum. 

talibus durch folgende. Cf. Tim. 
7 ialó quodam modo molitus est; 
Nep. Cim. 2 tali modo liberatus est. 

docent die Philosophen, insbeson- 
dere die Stoiker. 

Constat sq.  .Docent liess er- 
warten, dass das Folgende als Ge- 
danke der Philosophen in indir. 
Rede eingeführt werden würde, 
etwa so: Imvenías quidem esse ad 
salutem — leges. Um aber durch 
die Beziehung auf das Subject des 
vorigen Satzes nicht einen Zweifel 
an der objectiven Wahrheit des 
Gesagten entstehen zu lassen, ist 
die directe Form für das Folgende 
gewühlt und durch die gleichzeitige 
Hinzufügung einer Versichrungs- 
partikel dasselbe vom Schriftsteller 
gleichsam verbürgt und als un- 
zweifelbaft hingestellt. Dass dar- 
unter aber die Concinnitüt der Rede 
leidet, ist nicht zu verkennen. 

scila sana. sonderbarer Ausdruck, 
insofern sciscere wie samcire — un- 
verletzlich machen durch Bestim- 
mungen gegen Uebertretungen, ins- 
besondere Strafandrohungen (Lange 
Il. p. 538) — Sache des Volkes 
war, die Initiative des Legislators, 
auf die es hier ankommt, somit 
verborgen wird.  Indessen erklürt 
&ich dies wohl nach Analogie von 
creare, condemmare und anderen 
publieistischen Ausdrücken, welche 
in dem Sinne von: dasjenige her- 
beiführen, was der Inhalt des 
Verbums ist, creare von. dem Ma- 
gistratus, der die Wahl leitet und 
den Gewàühlten verkündet, Lange 
condemnare vom An- 
klüger, resp. Kedner, der die Ver- 
urtheilung durchsetzt, Cluent, 9; ib. 


96 DE LEGIBUS 


pulis ostendisse ea se scripturos atque laturos, quibus illi ad- 
scitis susceptisque honeste beateque viverent, quaeque ita con- 
posita sanctaque essent, eas leges videlicet nominarunt. Ex 
quo intellegi par est eos, qui perniciosa et iniusta populis iussa 
descripserint, quom contra fecerint quam pollieiài professique 
sint, quidvis potius tulisse quam leges, ut perspicuum esse 
possitin ipso nomine legis interpretando inesse vim et sententiam 


iusti et veri legendi. 


120; Verr. 5. 177 (nam istum pau- 
cis horis primae actionis omnium 
mortalium sententiis condemnavi) ge- 
braucht wurden. Also hier: unver- 
letzliche Beschlüsse herbeigeführt 
haben, — sanzcxerint, das Tempus 
absol. ohne Beziehung auf das fol- 
gende Fut., für das daraus zu 
entnehmen: bevor sie festsetzten. 
quae sancta essent, eas leges. ln 
Correlativsützen ist die Beziehung 
des Pronomens auf das Prüdicats- 
nomen selten, vgl. zu I. 22. 

Das überhDeferte mominarent ist 
unzulüssig: eine derartige Bemer- 
kung kann den alten Gesetzgebern 
nicht zugeschrieben werden, weil 
sie damit die Verbindlichkeit der 
endgültig festgestellten Gesetze von 
vorn herein in Frage gestellt und 
der Beurtheilung und Willkür der 
einzelnen Bürger anheimgegeben 
hütten. Also erscheint die Emen- 
dation: mominarunt, welches ein 
Abschreiber wegen desnicht verstan- 
denen Conjunctivus des Nbs. geün- 
dert haben mochte, fast nothwendig. 
— nominarunt die Gesetzgeber, 
solche Bestimmungen, welche (eigt]. 
von solcher Art, dass sie) den an- 
gegebenen Zwecken entsprachen, 
wie es die ihrigen waren, dagegen 
nicht etwaige Zwangsgebote, welche 
die Macht des Stürkeren schon vor 
ihrer Gesetzgebung erlassen haben 
mochte. Zumpt: man nannte, als ob 
die Menschen überhaupt nach 
der inneren Beschaffenheit frügen 
und einen anderen als einen ganz 
üussern Massstab für das, was Gesetz, 
háütten. — Der Conj. qualitatis hat, 
da er eine Kategorie von Füllen be- 
zeichnet, verallgemeinernden Sinn, 
wührend der Indicat. auf eine An- 
zahl bestimmter Fülle hinweist und 
dadurch gewissermassen beschrünkt. 


12. Quaero igitur a te, Quinte, sicut illi 


Der Conj. ist hier nicht auffülliger 
als in folgenden Beispielen: omnes 
iucundum motum , quo sensus hila- 
retur, voluptatem vocant Fin. 2. 8; 
leves, qui hastam tantum gererent, 
vocabantur Liv. 8. 8. 5. Cui pro- 
posita sit conservatio sui, necesse est 
hwic partes quoque sui caras esse 
Fin. 5. 37; natura est (calor Subj.), 
quae contineat. mundum Nat. d. 2. 
29; non esse huius civitatis, qui se 
alii civitati dixerit, potest Corn. B. 
28; modestiam quandam affert cogni- 
tio rerum caelestium is, qui videant, 
quanta sit etiam apud deos mode- 
ratio Fin. 4. 11; gens est (Galli), 
cui natura corpora magna magis 
quam. firma dederit Liv. 5. 44. 4. — 
Uebrigens liesse der Conjunct. sich 
auch als Ausdruck der Vote 
einer im Satze bezeichneten Per- 
son, hier des Subjectes, fassen 
(F. Schultz 8 368). Vgl. Att. II. 1. 
62 Pactus libros, quos frater swus 
reliquisset, mihi donavit; oben I. 33 
qui — seiuwncisset; Sest. 130 und 
freier Fin. 5. 49 Mihi quidem Ho- 
merus huiusmodi quiddam vidisse 
videtur in dis quae de Sirenum 
cantibus fimacerit (mit Beziehung 
auf mihi, s. Madv.); Div. 2. 128 
cum languore corporis mec mem- 
bris uti mec sensibus potest, in- 
cidit in visa varia et incerta ex 
reliquiis, ut. ait. Aristoteles, inhae- 
rentibus earum rerum, quas vigilans 
gesserit aut. cogitaverit, 

in ipso momine interpr. in dem 
Worte Gesetz selbst, wenn es er- 
klürt wird, wir es erklüren. S. Anh. 

8 12. (li die Stoiker, die durch 
Schürfe und Knappheit der Dialek- 
tik sich auszeichneten: Stoicorum 
autem non ignoras, quam sit. subtile 
vel — potius disserendi genus 
Fin. 3. 3; Stoicorum more agamus, 


f" ome m ood amo ela LEE AS cha D C i t mms t 


LIB. II. CAP. 5. $ 11—13. 97 


solent: Quo si eivitas careat, ob eam ipsam causam, quod eo 
careat, pro nihilo habenda sit, id estne numerandum in bonis? 
Ὁ. Ae maxumis quidem. M. Lege autem carens civitas estne ob 
id ipsum habenda nullo loco? Q. Dici aliter non potest. M. Ne- 
cesse est igitur legem haberi in rebus optimis. 13. Ὁ. Prorsus 


adsentior. 
sciscuntur in populis. 


qui breviter astringere solent argu- 
menta Tusc. 3. 13; Stoicorum con- 
8ectaria brevia et acuta Fin. 8. 26; 
Stoicorum dwmeta Acad. 11. 112; 
d. Or. I. 43; Tusce. 5. 76; d. Or. 8. 
66; Brut. 114; ib. 120; Parad. 2. 


Quo Correlat zu τά. Also: Ist 
das, bei dessen Entbehren ein 
Staat, eben weil er dessen ent- 
behrte, für nichts zu achten würe, 
für ein Gut zu halten? 


id estne. Die Anhüngung von 
4e an das erste Tonwort hier des 
Wohlklangs wegen unterlassen. In 
der folgenden Frage dagegen ist 
die Zurückziehung von «e aus der 
ersten Stelle in die Mitte des Satzes 
um des Tones willen geschehen, 
also nicht auffállig. Vgl. post autem 
varietatene delectari putamus Nat. 
d. 1. 22; hac lege sublata videntwurne 
Phil. I. 19; ill immanes quaestus 
ferendine Phil. V. 11; populus Ho- 
manus id patieturne fieri d. Inv. 1. 
56; supplicio dignusne sit Inv. 2. 97; 
iwre €t rectene (ein Begriff) Part. 
Or. 43; haec in unone sit Rep. 3. 
471; detrusum dicesne Caec. 49; ea 
possisne ib. 14; conferam Swullamne 
Cluent. 94; haec omnia sciasne Vat. 
34; ob hasce omnis res sciasne V at. 
36; signa scirentne fuisse Verr. I. 51; 
frumentum ab iis Sumpseritne Verr. 
4. 150. 


Ac maxzumis quidem. Die Prüposi- 
tion fállt im Lat. (wie im Griech. K, 
W. Krüg. $ 68. 9) fort in eng sich an- 
schliessenden Fragen u. Antworten, 
die unter demselben Prádicat stehen. 
Cf. Nügelab. $ 121. 2; Haacke Stil. 
$ 51. 3; Berger Stil. $ 56. 2, c.; 
Süpfle Prakt. Anl 8 180. 4. 
Z4. B. Nobilis wrbis fateris ab ho- 
stibus esse captas. — Quibus autem 
hostibus? Nempe eis, quos tw aras 


Cicero de legibus, 


Àn ea 
gunt, quam si latrones aliquas 


M. Quid? quod multa perniciose, multa pestifere 
non magis legis nomen attin- 


consessu suo sanxerint? Nam 


et focos relinquere coegisti Pis. 91; 
Cat. M. 15; Tusc. 1. 93; 3. 37; 
Brut. 172. Aber doch nicht regel- 
máàssig, cf. Part. Or. 3 Quot im 
partes tribuenda est omnis doctrina 
dicendi? | Im ires. Cedo quas? 
Primum in ipsam wm oratoris, 
deinde in orationem , tum in quae- 
stionem. | In quo est ipsa vis? Im 
rebus et in verbis; wo der Wechsel 
zwischen Wiederhol. u. Auslass. d. 
Prüp. beachtenswerth ist. Font. 39 
multa in .L. Pisonem turpia ac fla- 
gitiosa dicuntur. At in quem vi- 


rum? Font. 11 a quibus igitur? 
a civibus Romanis. Vgl. zu III. 
33. 


8 13. Qwid? quod hier, wie unt. 
8 15, nur in anreihendem, nicht 
steigerndem, Sinne. 


An ea — nothwendige Emenda- 
tion von mir. Denn dass verderb- 
liche Gesetze keine Gesetze sind, 
ist eben das, was bewiesen werden 
soll (wozu der vorhergehende Be- 
weis, dass alle Gesetze etwas Gutes 
seien, den Weg bahnte), kann also 
nicht vorausgesetzt werden.  Letz- 
teres aber würde durch einen He- 
lativsatz geschehen, durch den es 
zu einem  Theile der Assumptio , 
gemacht würde. 


(Nümlich 

Propositio: Alle Gesetze sind 
etwas Gutes. 

Assumptio: Viele —Volksbe- 
schlüsse sind schlecht [d. ἢ, 
nicht gut].  . 

Conclusio: ^ Viele — Volksbe- 


schlüsse — nAmlich die ver- 
derblichen und somit schlech- 
ten — sind keine Gesetze.) 
Ueber an in der Antwort (deutsch : 
doch wohl) s. Ellendt-Seyff, Gramm. 
8 308. A. 2. 


T 


OR DE LEGIBUS 


neque medicorum praecepta dici vere possunt, si quae inscii 
imperitique pro salutaribus mortifera conscripserunt, neque in 
populo lex, euieuimodi fuerit illa, etiam si perniciosum aliquid 
populus acceperit. Ergo est lex iustorum iniustorumque dis- 
tinctio ad illam antiquissimam et rerum omnium principem 
expressa naturam, ad quam leges hominum diriguntur, quae 
supplicio improbos adfieiunt, defendunt ac tuentur bonos. 

VI. Q. Praeclare intellego, nec vero iam aliam esse ullam 
legem puto non modo habendam, sed ne appellandam quidem. 
14. M. Igitur tu Titias et Apuleias leges nullas putas? Q. Ego 
vero ne ne Livias quidem. M. Et recte, quae praesertim uno 
versiculo senatus puncto temporis sublatae sint: lex autem 
illa, euius vim explicavi, neque tolli neque abrogari potest. Q. 


med. praecepta Prüdicat — si quae 
Subject. 

cuicuimodi fuerit illa. 8. Anh. 

iust. ini. q. distinctio in der Weise, 
dass iusta geboten, iniusta verboten 
werden, was erláàuternd gleich nach- 
her (quae suppl. — afficiunt, defend. 
sq.) hinzugesetzt wird, 

Cap. VI. 8 14. Titias. Sex. Titius 
Volkstrib. 1. 7. 99, seditiosus civis et 
turbulentus d. Or. 2. 48, suchte, in die 
Fusstapfen des von ihm verehrten 
Saturninus tretend, durch eine lex 
agraria die Volksgunst zu gewinnen, 
wobei er von dem Redner Anto- 
nius, dem damaligen Consul, heftig 
bekümpft wurde. Auch als Redner 
war er nicht unangesehen; mur 
tadelte man an ihm eine unmünn- 
liche Ausgelassenheit im Geberden- 
spiel und Bewegung, die einem ge- 
wissen Tanz seinen Namen gaàb. 
(Brut. 225.) Spüter wurde er ver- 
bannt, weil er das Bild des Satur- 
ninus in seinem Hause hatte (Rab. 
perd. 24). 

L. Apuleius Saturninus, Volks- 
irbun im J. 103 ἃ. 100, seditioso- 
rum omnium post Gracchos eloquen- 
tissimus (Brut. 224), erregte durch 
seine leges à) de maiestate zur 
Einsetzung ausserordentlicher Ge- 
riebte gegen Servilius Caepio und 
andere an der Unterschlagung der 
Tempelschütze von Tolosa bethei- 
ligten Hàüupter der Aristokratie, 
b) frumentaria zur bilhgeren Ver- 
abfolgung von Getreide an das 
Volk, c) zwei agrariae zum Behuf 
von Landanweisungen in Afrika u. 


Gallia, sowie als eifriger Anhünger 
des Marius, den erbitterten Hass 
der Aristokratie, dem er in einem 
Handgemenge zum Opfer fiel. 

M. Livius Drusus, Volkstribun 
v. J. 91, ein Mann von edler Ge- 
sinnung und eindrucksvoller Beredt- 
samkeit (Brut. 222), suchte durch 
vermittelnde Reformen die ent- 
gegenstehenden Parteien zu versóh- 
nen. Er gab eine lex iudiciaria, 
durch welehe der Senat um die 
gleiche Zabl seines bisherigen Be- 
standes (300) aus den Hittern er- 
günzt und ihm die alleinige Ge- 
richtsbarkeit zurückgegeben wurde, 
ferner über Colonien, Acker- u. 
Kornvertheilung, Milderungen 
der Gracch. Vorschlüge, sowie de 
civitate sociis danda. Er ver- 
darb es aber mit beiden Parteien und 
liess sich dann mit den durch seine 
Vorschlüge  aufgeregten ^ Bundes- 
genossen 1n geheime Verhandlungen 
ein. Allein ehe es zur Ausführung 
kam, wurde er ermordet u. seine 
Gesetze auf Antrag des Consul L. 
Marcius Philippus (cf. 8 31) wegen 
Nichtbeachtung der Auspicien vom 
Senat für nichtig erklürt. 

tollere eigtl. genereller Ausdruck 
für jedwede Art von Beseitigung 
eines Gesetzes (vgl. d. Or. I. 247 
veteres leges novis legibus esse sub- 
latas) steht bier, dem  abrogare 
(ein ülteres Gesetz durch ein neues 
abschaffen) entgegengesetzt, in dem 
speziellen Sinn: wegen eines Form- 
fehlers cassiren (ebenso Leg. 1], 31), 
wofür rescindere, refigere (Lauge 


LIB. II. CAP. 5. 6. 8 13. 14. 99 


Eas tu igitur leges rogabis videlicet, quae numquam abrogen- 
tur. M. Certe, si modo acceptae a duobus vobis erunt. Sed, 
ut vir doctissimus fecit Plato atque idem gravissimus philo- 
sophorum omnium, qui princeps de re publica conscripsit idem- 
que separatim de legibus eius, id mihi eredo esse faciundum, 
ut, prius quam ipsam legem recitem, de eius legis laude dicam. 
Quod idem etiam Zaleucum et Charondam fecisse video, quom 
quidem ilh non studi et delectationis, sed rei publicae causa 
leges civitatibus suis scripserunt. Quos imitatus Plato videlicet 


Alterth. IT. p. 538) der technische 
Ausdruck war. 

vir doctissimus mit Bezug auf 
sein Wissen, die  Kenntniss des 
'Thatsáchlichen, hier des Gebrauchs 
von Seiten der früheren Gesetz- 
geber (Charondas —  Zaleucus); 
gravissimus phil. gewichtvollste, ge- 
diegenste, geht auf die Erkenntniss 
der Gründe. 

princeps entweder der erste nam- 
hafte resp. in gründlicher Weise 
den Gegenstand behandelnde, denn 
vor ihm hatten schon die Pytha- 
goreer Hippodamus περὶ πολιτείας, 
Archytas περὶ νόμου geschrieben; 
auch von Heraclit wird ein Werk 
λόγος πολιτικός betitelt. erwáhnt; 
oder es mochten dem Cic. àltere 
Werke unbekannt geblieben sein. 

id ungenau nach wt — fecit, als 
ob quod fecit voranginge cf. Off. I. 
1 ut ipse coniunzxi, idem tibi censeo 
faciundum; Fin. 4. 34 ut Phidias 
potest. instituere, huic similis est 
sapientia; oben I. 23. 

laude Lóblichkeit, Vorzug, Vor- 
züglichkeit, wie oft. Wie aber 
kann der Werth der lex gepriesen 
werden, ehe diese selbst mitgetheilt 
ist? Cie. meint nicht den beson- 
deren Inhalt seiner lex, sondern 
den Zweck derselben im Allgemei- 
nen (der dahin ging, einen würdigen 
Dienst der Gottheit einzurichten). 
Lez ferner umfasst hier, wie noch 
unten mehrfach, $ 16 legis pro- 
oemium ; 8 38 conclusa tam magna 
lex; 8, 2 legem ipsam, de religionum 
lege; 11 lex recitata. est, eine Reihe 
von demselben Gebiete, hier dem 
Gottesdienste, ^ angehórigen  Be- 
stimmungen (der Plural ὁ 17 leges 
7 o u. 8. 48; vgl zu II. 


Plato —, der die Bedeutung sol- 
cher προοίμια d. Leg. IV. p. 722. 
D. flg. bespricht. 

etiam, wie Halm, Baiter, Feldh., 
nach den Handschriften, wáhrend 
Vahl. et gelesen hat. Jedenfalls aber 
dürfte οὐ nur dann passen, wenn es 
vor Plato nur diese beiden Gesetz- 
geber gegeben hátte. (Für auch 
schwerlich.) 


Zaleweus — Charondas s. 1. 57. 
studii Forschungstrieb. 
seripser wnt.  lndic. nach cwm, 


denn der Sinn: und zwar haben 
jene in diesem Falle, die in diesem 
Falle, wàhrend sie. Cwm nàmlich 
reiht einen gleichzeitigen, 
thatsáchlichen Umstand in 
rein üàusserlicher Verbindung 
an, ohne den inneren Zu- 
sammenhang zu berücksich- 
tigen; zum Ausdruck des letz- 
teren dient der Conjunctiv, wobei es 
ganz unerheblich ist, ob cwm in 
temporaler, causaler, concessiver 
oder sonst welcher Bedeutung ge- 
setzt ist. Dies ist das Grundgesetz, 
welches ich von den bisherigen 
Grammatikern noch nicht mit aus- 
reichender Bestimmtheit ausgespro- 
chen finde. Richtig ist es ja, daas 
im temporalen Sinne meist der 
Indicativ steht, aber nur deshalb, 
weil eine temporale Bestimmung 
meistens unwesentlicher, in lose: 
rem, mehr üáusserem Zusammenhang 
mit dem Gedanken stehend, ist; in 
gleicher Weise steht im begrün- 
denden und adversativen Sinne 
meistens der Conjunctiv, weil der 
positive resp. negative Grund ein 
wesentliches Moment für die Er- 
kenntnie8 und. richtige Beurtheilung 
des Hauptgedankens ist. Nahe ge- 
legt wird diese Auffassung schon 


1* 


100 


durch das entsprechende Verhült- 
niss bei HRelativsützen, zu denen 
Sütze, die von quom, einer Relativ- 
partikel, regiert werden, ja in ge- 
wissem Sinne gehóren. Dort tritt 
bei innerer Abhüngigkeit regel- 
mássig der Conjunctiv, bei àusserer 
Beziehung, die zumal in solchen 
Sátzen, die eine selbststündige 
Geltung haben und alsHaupt- 
sütze angesehen werden kón- 
nen, immer besteht, der Indicat. 
ein. Belege für dies Gesetz bieten 
sich zahlreich dar. 


Cum in Temporalsützen mit dem 
Conjunctiv, abgesehen von den be- 
kannten Füllen beim Imperf. und 
Plusquamperf., wenn die Heihen- 
folge der Begebenheiten, nicht der 
Zeitpunkt bezeichnet wird (F. 
Schultz 8 365. LI. 4) und wo eine 
Beschaffenheit in der Zeitbestim- 
mung enthalten ist (Ellendt-Seyff. 
8 266. A. 3; Haacke Stil. L. $8 87. 
1; F. Schultz 8 365. III. 4): mecum 
L. Flaccus fuit tum, cum te qui- 
dam non longe a porta cwm licto- 
ribus errantem visum esse narraret 
Pis. 54; cum mazime (grade als) 
conquererentur apud  pátres vim 
dictatoris, repente strepitus ante cu- 
riam lictorum auditur Liv. 8. 33. 4. 
(Vgl auch bei Cie.: haec cum ma- 
xime testificaretur, in vincla con- 
iectus. est. Verr. V. 17; haec cum 
maxime loqueretur , lictores circum- 
sistunt Verr. V. 142; wenn auch 
hier vielleicht ein BHineinspielen 
einer concess. Bedeutung in die 
temporale gefunden werden mag); 
classem cum primum invesperasceret 
(als es eben Abend wurde) inflam- 
mari iussit (durch den Infin. nicht 
bedingt) Verr. V. 91; — in der 
Wiederholung: qui cwm in con- 
vivium venisset, si quicquam caelati 
adsperxerat, manus abstinere non 
poterat Verr. IV. 48; im. lustranda 
colonia cwm imperator exercitum, 
censor populum lustraret, bonis no- 
minibus, qui hostias ducerent, elige- 
bantur Div. 1. 102; semperque huic 
generi, cum plebes publica calami- 
tate impendiis debilitata deficeret, 
salutis omnium causa aliqua suble- 
vatio quaesita est Rep. Il. 59; JDe- 
iotarum cum plures in. equum  8u8- 


DE LEGIBUS 


tulissent, quod haerere in eo senex 
pov, admirari solebamus Dej. 28. 
ei Liv. und Spüteren bekanntlich 
durch den Einfluss des Griechischen 
hàufig. Cwm interim, sonst nach 
Halm (Verr. V. 162) mit dem Indic., 
wo  indessen, "wührend indessen 
(vgl. Tusc. 4. 6; Prov. Cons. 5; 
Cluent, 82), mit d. Conj. p. Sull. 
16 quod sine illo Catilina facinus ad- 
misit? cum interim Sulla cum eisdem 
illis non modo solitudinem non quae- 
reret ; Pis. 9 ab eodem vetus illa ma- 
gistra pudoris, censura sublata est, 
cum tw interim verbo nunquam 
significaris sententiam twam. 

Auch der Indic. findet sich im 
Widerspruch mit den gewóhnlichen 
Regeln: honesto verbo vitiosa res 
appellatur: ut cum Africanus cen- 
sor tribu movebat ewm centurio- 
nem, qui in Paulli pugna non ad- 
fuerat , cum iste se custodiae causa 
diceret im castris remansisse. Non 
amo, inquit, mimiwum diligentes. 
Man erwartet moveret, aber der 
Indic. steht, nicht etwa, weil man 
übersetzen kónnte: in dem Zeit- 
punkt wo, sondern weil die Be- 
stimmung weniger wichtig für den 
Hauptgedanken: da ein Centurion 
dem Africanus — in einem Falle, wo 
ihn dieser aus dem Senate stiess — 
erklürte, er sei zum Schutze des 
Lagers in demselben zurückgeblie- 
ben, erwiederte jener etc. d. Or. 
2.972. Sed omnia in €o praecipitia 
ad exilium fuerunt. (Nam — cum 
ipse im Leontinos cwm cetero exer- 
citu profectus erat (ein zwar erlàu- 
ternder, aber nicht wesentlich er- 
günzender Zusatz) — liberas aedis 
coniurati, imminentes viae angustae, 
qua descendere ad forum rea: solebat, 
sumserunt Liv. 24. 7, 1—2. (Cic. Nat. 
d. 3. 18 cum totius mundi convenien- 
tiam | afferebas | Zenonisque brevis 
conclusiones differemus, vgl. unten.) 

Cum mit Indic. in Causalsützen: 
cum bis sumpsit. quod. voluit (nicht 
dadurch dass, was  unpassend), 
etiamsi facilis nos ad concedendum 
habuerit, id tamen quod  adsumit, 
concedi mullo modo potest Div. 2. 
107; quid faceres pro innocente ho- 
mine, cum propter hominem per- 
ditissimum de officio decedis (vgl. qui 


LIB. II. CAP. 6. $ 14. 


decedis — decedas , beides richtig, s. 
unt. z. ὃ 58)Verr. Àct.1.28;0 praeclare 
coniectum in illam provinciam omen 
communis famae atque sermonis ! cum 
ex momine istius quad iste in provincia 
facturus esset, perridicule homines 
augurabantur Verr. 2. 18; quod 
genus sc. exornationis cum latwm 
esse potest, unum ez eo delegimus, 
quod ad laudandos claros viros sus- 
cipimus Part. Or. 1. 69; cum a 
civitatibus pro frumento pecuniam 
exigebas (nicht als) wnde erat fru- 
mentum, quod Romam mitteres , si 
tu id non omne clausum possidebas 
Verr. 3. 119. Idque cum faciebat, 
nemo dubitabat, quin voluptatem 
eius spectaret, quem statim putaret 
de capite suo iudicaturum Verr. 9. 
33. Zweifelhafter aber schwerlich 
anders zu fassen in flg. Stellen: 
sed cum ob tua decreta pecuniae 
dabantur, non erat quaerendum, cu- 
ius manu numerarentur Verr. 2. 26; 
tu cum civitatum Siciliae omne fru- 
mentum improbas, num ex Aegypto 
missurus es? Verr. 3. 172; qui tibi 
erat magis obstrictus beneficio recenti, 
cum se fratrem wzxoris tuae fratri 
tuo germano antelatum videbat (da- 
durch dass wáre gesucht) Dom. 118; 
nihil me clamor iste commovet, sed 
consolatur, cwm indicat esse quos- 
dam civis Rab. perd. 18. Vielleicht 
auch 80: quod cwm ita est, ex edicto 
bona possessa nom sunt Quinct. 65. 
(Zweifelh., aber doch zu beachten, 
Brut. 55 cum accipiebat, s. Pid.) 
Den Uebergang von dadurch dass 
in da zeigt Caec. 3 δὲ sunt viri 
Loni, me adiuvant, cum id iurati 
dicunt —; sin minus idomei, me 
non laedunt, cum fides eis si mon 
habetur, de testium fide derogatur. 
Bemerkenswerth ferner auch der 
Indicat. Cael. 59, wo der abhüngige 
Satz ein Erklürungssatz von der 
Art zu sein scheint, wo sonst der 
Conjunctiv gebráuchlich, s. βου, 
& 266. A. 2 am Ende: extremum 
sensum ad memoriam rei publicae 
d px) kc cum me intuens [flentem 
significabat sq. Vgl das obige 
Beisp. Nat. d. 3. 18. 

Cum in Concessivsützen mit dem 
Indicativ, wobei allerdings zu be- 
merken, dass diese Bütze den con- 


101 


cessiven Sinn nie ganz rein her- 
vortreten lassen, sondern zugleich 
ein zeitliches Moment enthalten. 
Dies wird man jedoch nur natür- 
lich finden, wenn man bedenkt, 
dass der concessive Sinn auf dem 
Begriff des Gleichzeitigen beruht 
und aus ihm hervorgegangen isí. 
Vgl. idem und das deutsche wàüh- 
rend, wo der zeitliche Ursprung 
klar zu Tage íritt Darum aber 
streng immer das zeitliche Mo- 
ment hervortreten zu lassen mit 
Nichtachtung des adversativen er- 
scheint unzulássig. Omnia falsa 
atque insidiose ficta comperta sunt, 
cum tamen metwitur etiam "unc 
Milo (wo jedoch — wührend doch) 
p. Mil 67. JF gemitus ommium 
et clamor, cwm iamen a wpraesenti 
supplicio tuo contimwit populus se 
Verr. V. 74; cum tamen conlegit ipse 
se Pis. 27; (in gleichem Falle auch 
der Conjunctiv: Quotiens te pater 
eius domo sua eiecit! cum tu tamen 
nocle socia per tegulas demitterere 
Phil 2. 45) Quam diw im eorum 
enumeratione versamur , cum tamen 
spisse atque viz ad Antonium Cras- 
sumque pervenimus Brut. 138; ex 
quo intellegitur multa in vita falso 
homines | opinari: | cum — (wofür 
Nügelsb., wie mir scheint, sinn- 
widrig quoniam emend.) ille, qui 
nihil viderat sciens quod nefas esset, 
lumina amisit, istius, qui non solum 
aspectu, sed etiam flagitio caerimo- 
nias polluit, poena omnis oculorum 
ad caecitatem mentis est conversa 
Dom. 105; qui cum populi non so- 
lum commoda, verum etiam salutem 
oppugnant et impediunt, oratione 
adseqwi volunt, wt popwlares esse 
videantur Leg. Agr. 2. 7. Cum bellis 
Carthaginiensibus Sicilia vexata est, 
tamen aratorum interitio facta nulla 
est Verr. lll. 125. Nunc cwm ille 
dammatus est, tamen a se oportere 
dicunt peti praecepta dicendi d, Or. 
|. 283; quibus boni tribuni plebis 
cum stipendium extorquere voluerunt, 
nunc consultum repente volunt Liv. 
b. 5. 4, Beachte ferner noch: quod 
cum docwistis, twm rursus. dicitis 


: Fin. 4, 46; eum corpore debilitantur, 


animo tamen mon cedunt Caec, 42; 
cum hoc concessit, vincit tamen spon- 


102 


DE LEGIBUS 


hoc quoque legis putavit esse, persuadere aliquid, non omnia 
vi ac minis cogere. 15. Q. Quid? quod Zaleucum istum negat 
ullum fuisse Timaeus? M. At Theophrastus, auctor haud de- 
terior mea quidem sententia, meliorem multi nominant; com- 


memorant vero ipsius cives, nostri clientes, Locri. 


Sed sive 


fuit sive non fuit, nihil ad rem: loquimur quod traditum est. 
VII. Sit igitur hoc iam a principio persuasum civibus, domi- 
nos esse omnium rerum ac moderatores deos eaque, quae gerantur, 


sionem ib. 92. Erst nachtrüglich 
bin ich durch Drüger II. $ 496 flg. 
mit den Ergebnissen der gründ- 
lichen Untersuchungen von Hoff- 
mann, Zeitschr. f. óst. Gymn. 1860, 
u. v. Lübbert: die Synt. von quom, 
Breslau 1870, bekannt geworden, 
was mit den ungünstigen órtlichen 
Verhültnissen, in denen ich die 
Arbeit  unternahm, entschuldigt 
werden mag. Da ich jedoch nach 
wesentlich anderen Gesichtspunkten 
verfahren bin, so fand ich darin 
keinen Anlass, die vorhergehende 
Erórterung zu streichen, in der 
Meinung, dass sie auch so noch 
ihren Werth haben, jedenfalls Inter- 
esse beanspruchen dürfte. 

Plato — putavit cf. de Leg. 4. 
129. B. ἐξὸν δυοῖν χρῆσϑαι πρὸς 
τὰς νομοϑεσίας, πειϑοὶ καὶ fo, 
τῷ ἑἕτέρω γρῶνται μόνον Sq. 

8 15. Timaeus àus Tauromenium 
(zwischen 355—259) lebte, von 
Agathocles aus Sicilien vertrieben, 
50 Jahre zurückgezogen in Athen 
und schrieb dort in mehreren grósse- 
ren Werken die ültere Geschichte 
von Italien und Sicilien, die Kriege 
des Pyrrhos u. die Regierung des 
Agathocles in rhetorischer Manier. 
Polybios, der seine Geschichte einer 
ausführlichen und strengen Kritik 
(B. XII. 3—28) unterwirft, spricht 
ihm wegen Ungründlichkeit, Un- 
wahrheit und  Tadelsucht jeden 
Beruf zum Historiker ab.  Seines 
Angriffs gegen "Theophrastos ge- 
denkt auch er 12/ 12 φησὶ τήν τε 
πολιτείαν καὶ τὰ λοιπὰ φιλάνϑρωπα 
τοῖς Λοκροῖς ᾿Δριστοτέλη καὶ Θεό- 
φραστον κατεψεῦσθϑαι τῆς πόλεως. 

At Theophrastus --- 8c. dicit 
(fuisse) aus megat zu entnehmen. 
Diese Auslassuog des entgegen- 
gesetzten affirmativen Verbs nach 


einem vorangehenden negativen, 
zumal in Gegensützen, ist an sich 
nicht anstóssig, vielmehr  regel- 
müssig (s. Haacke Gramm. stil. 
Lehrb. 5. 2. c., vgl. II. 67 vetat lex 
er agro culto wllam partem sumi 
sepulcro, sed quae corpora sine de- 
trimento virorum recipiat, ea po- 
tissimum wt compleatur sc. iubet), 
hier nur auffállig und hart wegen 
der gleichzeitigen Auslassung des 
Objectes. Indes ist es nach den 
von Madv. zu Fin. II. 28. angeführ- 
ten Beispielen für diesen Gebrauch, 
die zum Theil eine weitgehende 
Freiheit in demselben darlegen, ge- 
wagt, eine feste Grenze des Zu- 
lüssigen bestimmen zu wollen. 
Sonst lüge die von BDaiter auf- 
enommene Conjectur Creuzers, der 
en Ausfall von commemorat vor 
commemorant annimmt, sehr nahe. 

Theophrastus, cf. 1. 38, wahr- 
scheinhnch in seiner Schrift περὶ 
νομοϑετῶν, s. Diog. L. 5. 45. 

clientes. | Es war gewóhnlich, 
dass Stüdte, ja ganze Volkerschaften 
sich unter den Schutz eines vor- 
nehmen und angesehenen Rómers 
stellten, der sie vor Gericht, Senat 
und Volk zu vertreten hatte. Oft 
war dies Patronat in der Familie 
erblich, wie in der der Marcelli 
das über  Sicihen. In Ciceros 
Clientel befand sich nach p. Planc. 
97 das ganze südliche Italien von 
Vibo (Hippo) im südlichen Theile 
der Westküste an bis nach Brundu- 
sium hinauf, 

Cap. VIL ἃ principio von vorn 
herein, vgl. Brut. 157; Div. I. 118; 
IL. 133; Dom. 138; Top. 72; eben- 
so a primo oft, s. Madv. zu Fin. 3. 
32; mit iam ,gleich" verb., wie 
Caec. 18 iam principio; Liv. 9. 5. 
12, 9. 17. 5 iam primum; Liv. 5. 


"o NS 


LIB. II. CAP. 6. 7. $ 14—16. 


103 


eorum geri vi dicione ac numine, eosdemque optime de genere 
hominum mereri et qualis quisque sit, quid agat, quid in se admit- 
tat, qua mente, qua pietate colat religiones intueri piorumque et 
impiorum habere rationem. 16. His enim rebus inbutae mentes 
haud sane abhorrebunt ab utili aut ἃ vera sententia. Quid est 
enim verius quam neminem esse oportere tam stulte adrogantem, 


51. 6, Sall. Cat. 15. 1 iam omnium 
primwn. 

dominos sq. ausführlicher dieselbe 
Ansicht entwickelt Nat. d. II. 73 flg. 

vi, dicione ac numine besteht aus 
zwei Gliedern: durch ihre Fáühig- 
keit zu vollführen und durch die 
Anwendung dieser Fáhigkeit, durch 
die Bestimmung des zu Vollfüh- 
renden. So findet das ac vor dem 
dritten Worte wohl eine genügende 
Erklürung. Vgl zur oratio bimem- 
bris Nügelsb. 8 173 ἃ. Cic. Part. 
or. 54 im verbis, quibus actio vocis, 
voltus et gestus congruens accom- 
modanda, wo der hórbare u. sicht- 
bare àussere Vortrag unterschieden 
"werden. Ein andres Beispiel hat 
man durch Emendation zu besei- 
tigen gesucht; ob mit Recht, zu 
bezweifeln: Verr. Act. 1. 55 ubi id 
interrogando argumentis atque ora- 
tione firmavero, denn die Unter- 
scheidung des selbstthütigen Ver- 
fahrens durch Schlüsse und Vor- 
trag und des von andren abhángi- 
gen durch Fragen dürfte die Gegen- 
überstellung zweier Glieder wohl 
rechtfertigen. An andren Stellen 
fehlt es schon an handschriftlicher 
Sicherheit: Part, or. 37 praesentia, 
praeterita et futura (vorliegende u. 
fernliegende Zeit unterschieden?); 
Phil. 12. 27 de auctoritate senatus, 
de suffragiis populi et de iwre civi- 
tatis, — Auffálhgere Beispiele bei 
Sall: Medi, daos: et Armenii 
Jug. 18. 4; avaritiam, imperitiam 
atque superbiam ib. 85. 45. — Zu 
dicione ausser in den stehenden 
Wendungeu vgl p. Quinct. 94 si 
fas est. respirare Quinctium. contra 
"nutwn  dicionemque .Naevii (Plin. 
Paneg. 4 cuius dicione nutuque ma- 
ría terrae, pac bella regerentur). 
iudicio, wie V, schreibt, 
nicht: denn iudiciwm zeigt sich in 
der Unterscheidung des Gegebenen, 
nicht in der Auftindung dei Un- 


passt . 


bekannten. Das Handeln aber be- 
ruht darin, etwas noch nicht Be- 
stehendes  hervorzubringen,  ge- 
schieht also durch Einsicht, Vor- 
aussicht, Erfindungsgabe, consilio, 
prudentia, sollertia, (so Nat. d. 11. 
75 deorwm consilio mundum  ad- 
ministrari; ebenso 76; 80 deorwm 
consilio et providentia m. a., ib. om- 
nia regi divina mente ac prudentia). 

optime d. gen. h. m., die weitere 
Ausführung dieses Gedankens s. 
Nat. d. Il. 154 flg., bes. 165— 
Schluss; vgl. auch oben das. 130— 
33; 151—52. 

qualis qu. 8. sq. Die schon im 
alten Volksglauben begründete An- 
sicht, dass die Gótter sich um das 
Thun und Treiben der Menschen 
kümmern, das Verdienst belohnen, 
Verschuldungen bestrafen, lag auch 
in der Consequenz des stoischen 
Systems und wird demgemiüss von 
Cotta in der Kritik desselben Nat. 
d. III. 80 flg. widerlegt. 

quid in se admittat welche Ver- 
schuldungen er auf sich lade. 

qua mente —. Zu dieser edlen 
Ansicht, welche die Gótter die Ge- 
sinnung, nicht die Opfer schützen 
làsst, vgl. Hor. Od. 111. 23 

Immwnis aram si tetigit manus, 

Non swmptwosa blandior hostia 

Mollivit aversos penates 
Farre pio et saliente mica. 
Sicherlich entsprach sie auch dem 
Sinne der Stoiker, in deren Rich- 
tung es lag, den Volksglauben 
einerseits zu wahren, anderseits zu 
vertiefen und zu veredeln. 

8 16. haud sane hier nicht wie 
sonst mit abgeschwüchter Nega- 
tionskraft , nicht sonderlich" (s. 
Haacke Gr. stil L. 8 97. 4), son- 
dern mit verstürkter: gewiss nicht, 

(Quid. est enim sq. 1m Folgenden 
werden die Hauptgründe des Chry- 
sippus für das Dasein Gottes und 
für eine góttliche, d. h. verntünf- 


104 DE LEGIBUS 

ut in se rationem et mentem putet inesse, in caelo mundoque 
non putet? aut ut ea, quae vix summa ingenii ratione com- 
prehendat, nulla ratione moveri putet? Quem vero astrorum 
ordines, quem dierum noctiumque vicissitudines, quem mensum 
temperatio quemque ea, quae gignuntur nobis ad fruendum, 
non gratum esse cogunt, hune hominem omnino numerari qui 
decet? Quomque omnia, quae rationem habent, praestent 118, 
quae sint rationis expertia, nefasque sit dicere ullam rem praestare 
naturae omnium rerum, rationem inesse in ea confitendum est. 
Utilis esse autem has opiniones quis neget, quom intellegat 
quam multa firmentur iure iurando, quantae saluti sint foederum 
religiones, quam multos divini supplici metus a scelere revo- 


tige (denn Gott und Weltvernunft 
sind den Stoikern identisch, zu I. 
18) Weltregierung angeführt. 

ut in se rationem sq. cf. Nat. d. 
II. 8 (30); 32; 36; (38); 39; auch 
oben $ 18. 

ut ea, quae υἱῷ sq. Cf. Nat. d. 
1, 97 Quwis hunc hominem dixerit, 
qui ea casu fieri dicat, quae quanto 
consilio gerantur , mullo consilio 
assequi possumus? 8 115 aut alia 
quae matura, mentis et rationis ez- 
pers, haec efficere potuit, quae mon 
modo wt fierent. ratione eguerunt, 
sed. intellegi qualia sint, sine summa 
ratione mon possunt? 

ingenii ratione V ernunfttháütigkeit 
des Geistes, eigtl. Berechnung, Er- 
wügung (ingeniwm das Vermógen; 
ratio die Bethütigung desselben), 
aleo ingenii nicht überflüssig. 

(uem astrorum  — ordines | 8q. 
Diesen Beweis, der eigentlich in 
zwei Theile, die Betrachtung der 
Ordnung und Regelmüssigkeit der 
Welterscheinungen und die der 
Wohlthaten, welche die Einrich- 
tung der Welt den Menschen ge- 
wührt, zerfüllt, hatte schon Cle- 
anthes s. Nat. d. II. a, ὃ 15; b, 
8 13. Zum ersten Theile vgl. ferner 
8 19; 49—506; 90; 97; 101—119. 
Die Beziehung auf den Genuss und 
das Ergótzen der Menschen ebds, 
8$ 155. Zu dem anderen Theile 
vgl. die oben zu optime d. g. h. m. 
angeführten Stellen, bes. 156— 62. 

mens, temp. verschiedene Würme- 
beschaffenheit der Monate. 

qui zu I. 35. 

omnia quae rat. sq. Dieser Be- 


weis rührt schon von Zeno her, 


Nat. d. IL. 21 Quod ratione utitur, 
id melius est quam id quod ratione 


non utitur. | .Nihil autem. mundo 
melius. Ratione igitur mundus 
utitur. Vgl. ferner zu. demselben, 


der sich mit dem ersten übrigens 
berührt, 8 30; 36; 38; 47. 

habent — sint. Der Wechsel des 
Modus, der durch eine geringe Mo- 
dification des Sinnes bedingt ist 
(die Zahl der vernünftigen Wesen 
ist allenfalls übersehbar, die der 
unvernünftigen weniger, daher un- 
bestimmt: Vorzug hat vor sol- 
chem, welches der Vernunft ent- 
behrt) hat nichts Auffülliges. Bei- 
spiele zahlreich: sententiarum orna- 
menta, quae permanent, sunt illa 
quidem permulta, sed quae emineant, 
pauciora Or. 81. Mehr Feldh. 
Ebenso auch in  Conjunctional- 
sützen: JDocui causam ommino cur 
postularet non fuisse, quod neque pe- 
cunia deb ebatwr, et si maxime debe- 
retur, commissum nihil esset Quinct. 
60. Vgl. auch Madv. Fin. 3. 49. 

iure iurando, wobei die Gótter 
als Rücher des Meineids angerufen 
wurden; ebenso bei Vertrügen als 
Rücher des Vertragsbruches, cf. 
Liv. I. 24. 7—8. 

religiones Heiligkeit; der Plur. 
des Abstr. in Bezug auf die Mehr- 
zahl der foedera vgl. Berg. Stil. 
$ 11. 2. 9 

suppl. met. Von dieser eben 
wollten die Epikureer befreien, in- 
dem sie die Gótter als theilnahm- 
los an den Angelegenheiten der 
Menschen hinstellten. Fin. L 63; 


TT 
EE TIN 


&c»«hp ^—^sisledisbe d o. amu LE 70. 


Bic: 


LIB. II. CAP. 7. 8$ 16—18. 105 
carit, quamque sancta sit societas civium inter ipsos diis in- 
mortalibus interpositis tum iudicibus, tum testibus? Habes legis 
prooemium: sie enim haec appellat Plato. 17. Q. Habeo vero, 
frater, οὐ in hoc admodum delector, quod in aliis rebus aliisque 
sententiis versaris atque ille. Nihil enim tam dissimile quam 
vel ea, quae ante dixisti, vel hoc ipsum de deis exordium. 
Unum ilud mihi videris imitari, orationis genus. M. Velle 
fortasse. Quis enim id potest aut umquam poterit imitari? 
Nam sententias interpretari perfacile est: quod quidem ego 
facerem, nisi plane esse vellem meus. Quid enim negotii est 
eadem prope verbis isdem conversa dicere? Q. Prorsus adsen- 
tior. Verum, ut modo tute dixisti, te esse malo tuum. Sed 
iam exprome, si placet, istas leges de religione. 18. M. Ex- 
promam equidem, ut potero, et quoniam et locus et sermo 
familiaris est, legum leges voce proponam. Q. Quidnam id est? 
M. Sunt certa legum verba, Quinte, neque ita prisca, ut in ve- 


64; Nat. d. 1. 51— 56. Man be- 
merkt leicht in allen in dies. Cap. 
vorgetragenen Sátzen den Gegen- 
satz zum Epikureismus. 

iudicibus — testibus. Letzteres 
beim Abschluss von Vertrügen, Ab- 
leistung von Schwüren, ersteres bei 
behaupteter  Nichterfüllung resp. 
Wahrheitswidrigkeit derselben. 

8 17. in hoc nach Analogie von 
glorior, laetor, erubesco (1. 41) u. a. 
e. Haacke Gr. stil. Lehrb. $8 24.1 nicht 
zur Bezeichnung der Ursache, son- 
dern des Umstandes, bei dem die 
Freude hervortritt resp. um den sie 
sich dreht, so Fam. VI. 4. 4; Fin. 
I. 39, dazu Madv. 

Nihil tam diss. cf. 1. 18. 

Velle fortasse nicht Ausdruck der 
Bescheidenheit, sondern eines in 
diesem Falle richtigen Bewusst- 
seins, Selten geht die dialogische 
Form bei Cic. abgesehen von ge- 
legentlichen Zwischenbemerkungen 
über die Einleitungen hinaus; zur 
fortlaufenden Entwicklung sie zu 
benutzen fehlte ibm die Kraft (vgl. 
$ 5) Auch die anderen Vorzüge 
der  Platonischen Sprache: das 
poetische Element, die feine Ironie 
und Humor standen ihm in geringem 
Masse zu Gebote, 

meus mir selber angehórend, d. h. 
selbststándig, so nachher tuus; suus 
Fin. 4. 10 semper esse poterit in 
disputando 8wus; ib. b. 14 hic quo- 


que swus est. Das 
alienus ib. 1. 17. 

8 18. familiaris für Vertraute 
und Freunde bestimmt (vertraulich 
sermo), als ob auch die Schrift 
selber für diese nur bestimmt wáre. 
Aber Cic. macht diese Bemerkung, 
um durch diese Nachahmung der 
publieistischen Sprache in einer 
philosophischen Schrift nicht làcher- 
lich zu erscheinen. 

legum. leges (traductio, πολύπτω- 
τον) in dieser Stellung, um legwm, 
welches das gróssere Gewicht hat, 
hervorzuheben. Mehr Beispp. dieses 
Hyperbaton Feldh. zu II. 9, ferner 
Nat. d. 3. 19 ab hac ea quaestione, 
quae munc in manibus est, separan- 
tur; Quinct. 47 hil tam | advoca- 
tione copiosa uterer und oben zu 
8 6. Y 

vor sonst gewóhnlich concret, 
Ausspruch, hier abstract Sprech- 
weise, ebenso de opt. gen. d. 1 in 
ceteris (sc. poémalis) swus est cui- 
que certius somus et quaedam  in- 
Lellegentibus nota vox; Brut. 289 
subsellia grandiorem οἱ pleniorem 
vocem. desiderant, 

(Quidnam id est? Was meinst du 
damit? 

sunt cert, leg. verba, im Zeitalter 
Ciceros noch hatte sich für die Ge- 
setze eine alterthümliche Sprache 
erhalten, wenn auch nicht so fossil, 
wie in den XII Tafelgesetzen und 


Gegentheil 


106 


DE LEGIBUS 


teribus xir sacratisque legibus, et tamen, quo plus auctoritatis 
habeant, paulo antiquiora quam hic sermo est. Eum morem 


igitur eum brevitate, si potuero, consequar. 
me edentur non perfectae — nam esset infinitum —, 


Leges autem a 
sed 


ipsae summae rerum atque sententiae. 19. Q. Ita vero necesse 


est. Qua re audiamus. 


VIIL M. Ad divos adeuwnto caste. 


den leges sacratae, d. h. denen, 
deren Uebertretung mit Verfluchung 
des Schuldigen und Hingabe an die 
Gótter der Rache und Unterwelt 
belegt war, wie diejenige war, durch 
welche das Tribunat im Jahre 494 
eingesetzt wurde (diese im Beson- 
deren oft unter lex sacrata oder 
leges sacratae — Plural wegen der 
einzelnen Bestimmungen, vgl. zu 
$ 14 — zu verstehen), die lex Icilia 
v. J. 492, welche jene lex dahin 
erweiterte, dass wer einen Volks- 
tribun im Vortrage unterbrüche, 
vor ein Volksgericht gestellt wer- 
den sollte, lex Horatia v. J. 449: 
ne quis ullum magistratum sine pro- 
vocatione crearet; qui creasset, eum 
ius fasque esset occidi, neve ea caedes 
capitalis noxae haberetur Liv. 8. 55. 
3, u. a. Vgl. Lange R. A. I. 437. 

hic sermo die jetzige, heutzutage 
übliche Ausdrucksweise, nicht die- 
ses unser Gesprüch, denn mit der 
Zeit dieses natürlich schnell ver- 
laufenden, über die nüchste Gegen- 
wart nicht hinausreichenden, kann 
das Alter einer Sprachweise füglich 
nicht verglichen werden. 

cum brevitate unter gleichzeitiger 
Anwendung von Kürze: die Sprache 
der bürgerlichen Gesetze, wie be- 
kanntlich auch die Gerichtssprache, 
s. Mur. 28, mochte theilweise an 
alterthümlicher Umstündlichkeit ἃ. 
Weitschweifigkeit leiden. 

sí potuero über diesen Gebrauch 
des Fut. IL. st. 1. von volo und 
possum im Bedingungssatze vgl. 
F. Schultz 8 325. A. 3; Leg. II. 45. 

consequar verstürktes seqwi folgen, 
nachgehen, nachstreben, anstreben, 
zu erreichen suchen, wie: Qwem 
Diogenes | Babylonius | consequens 
partum lovis ad physiologiam tra- 
ducens deiungit a fabula Nat. d. I. 
41. Quos Sex. Titius consecutus 
Brut. 225; isia exilitas, quam iste 


Pietatem adhi- 


de industria consequebatur ib. 284. 
Custos ommium virtutum | dedecus 
fugiens laudemque | maxime — con- 
sequens verecundia est Part. or. 19; 
Oif. L 116; Fin. I. 33. 

esset infinitum, der Conj., weil die 
vorangehende Verneinung der Sache 
die lrrealitàt der Annahme stark 
hervortreten lüsst. Vgl. Feldh. z. St. 
u. Süpfle Prakt. Anl. 1. $ 158. 2. Zus. 

ipsae, aus dem Begriff der Ab- 
sonderung ,,grade* ergibt sich leicht 
der der Ausschlhlesslichkeit ,,nur* 
(wie im Griech. bei αὐτός K. W. 
Krüger 8 51. 6. A. 7) Cf. qwi 
non omnia minima repetet, sed pon- 
dera rerum ipsa comprehendet Part. 
or. 60. Omnes wno animo M. Fon- 
teium atque wna voce defendunt. 
(Quodsi tantas auxiliorum nostrorum 
copias Indutiomarus ipse despeverit 
— Font. 46. 

summae r. à. 8. der Hauptinhalt 
und Sinn der Dinge (— Haupt- 
punkte und -gedanken), ohne Aus- 
führung im Einzelnen (perfectae). 

Cap. VIII. 8 19. Die folgende lex 
schliesst sich  grósstentheils den 
Verfassungsbestimmungen der Hó- 
mer an, vgl. $ 23 u. Einl. p. 8. 


adire sich nahen: in Gebeten 
und Opfern. 
caste rein theils vom  Kórper 


durch vorhergehende Besprengung 
oder Waschung (unten $ 24) oder 
zeitweilige  Enthaltung  unreiner 
Dinge wie des Beischlafs, gewisser 
Speisen ete., auch in Hingicht der 
Kleidung, daher die "Trauer den 
Verkehr mit den  Góttern  aus- 
schloss (zu 8 45 ἃ. 8 55), die Prie- 
ster weisse Kleider trugen; theils 
von der Seele (unten ebds.). 
Pietatem adhibento. Cf. zu. Ill. 9 
duella. Diese Bestimmung scheint 
nur negativ einen Sinn zu geben 
so, dass ein ?mpius sich den Gót- 
tern nicht nahe. Aber in dieser 


ie nc dE Lat 


Pd 


Lib. II. CAP. 7. 8. 8$ 18. 19. 


107 


bento, opes amovento. Qwi secus fazit, deus ipse vin- 


dez erit. 


Separatim nemo habessit deos meve movos neve ad- 
venas nisi publice adscitos; privatim colunto, quos vite 
a patribus [cultos acceperint]. 


[In urbibus] delubra habento. 


bento et larum sedes. 


Form kommt sie, wenn auch etwas 
beschránkter gefasst, unten (8 22) 
vor: Impius me audeto placare do- 
mis iram deorum. Wir würden also 
den Ausdruck lieber absolut fassen, 
da sich doch die pet. nicht für 
bestimmte einzelne Acte in Bereit- 
schaft halten làsst, wofern sie nicht 
überhaupt da ist —: d. ἢ. Frómmig- 
keit soll man den Góttern entgegen- 
bringen, gegen sie hegen und be- 
thütigen (vgl. reverentiam adh. ad- 
versus homines Off. I. 99; miseri- 
cordiam adhibere Rab. perd. 5), 
wenn der Satz nicht unten 8 25 
in dieselbe Verbindung mit den 
Opfern gesetzt wáre. — Die Werth- 
losigkeit reicher Opfer wird ebenso 
von Hor. Od. III. 23. 16 anerkannt. 

deus ipse, somit kein weltlicher 
Richter, auch kein pontifex, der bei 
den Rómern vermóge seiner all- 
gemeinen  sacralen  Strafgewalt 
or Halic. Il. 73) bei gewissen 

erletzungen der Art (wie in Hin- 
sicht der Reinheit) Strafe mochte 
verhüngen kónnen. Den Grund s. 
unten 8 20. 

Separatim n. habessit: dieser alte 
Conj. Perf. hat Aoristbedeutung, 8. 
Schweizer-BRidler $ 142. A. 8. Also 
ist der Gebrauch des Perf. in der 
3. Person hier nicht als Ausnahme 
zu betrachten, wie Liv. 9. 11. 13 
nemo moratus sit. Vgl Zumpt 
529. A. u. Drüg. $ 149. B. novos, 
neue, noch nirgends anerkannte; 
advenas auslündische, wie 1518, Se- 
rapis, Sabazius u. andere; nisi pu- 
blice adacitos, wie Aesculap aus 
Epidaurus Liv. X. 47, Cybele aus 
Pessinus, Liv. 29. 10— 14. Der 
Gegensatz von privatim (innerhalb 
der Familie oder gens) im folgenden 
Satze lehrt, dass es sich hier um 
üffentliche Ausübung eines vom 

nicht anerkannten Gottes- 
dienstes handelt. Und in der That 


Lucos in agris ha- 


finden wir z. B., dass Isis und Se- 
rapis auf dem Capitol óffentliche 
Altáre hatten, die unter heftigem 
Widerstand der demokratischen 
Partei i. J. 58 v. Chr. zerstórt wur- 
den, s. Preller Róm. Myth. p. 727. 
Im gewissen Sinne gehóren hierher 
auch die i. J. 186 aufgehobenen 
Bacchanalien; denn der auf so 
fremdartige Weise verehrte (óffent- 
lieh, insofern nicht im engeren 
Kreise der Familie) Bacchus er- 
schien nicht mehr als der rómische 
Liber pater. Vgl. Liv. 39. 15 ad- 
moneret vos hos esse Deos, quos 
colere, venerari, precarique maiores 
vestri instituissent, non illos (in Be- 
zug auf den Gott der Bacchanalien), 
qui pravis et extermis religionibus 
captas mentes velut furialibus sti- 
mulis ad omne scelus et ad omnem 
libidinem agerent. Aehnliches liest 
man noch ófter, wie Liv. 25. 1 
tanta religio et ea magna ex parte 
externa civitatem incessit, ut aut ho- 
mines aut dii repente alii vide- 
remntwr facti: mec iam in secreto 
modo atque intra parietes abolebantwur 
Homani ritus; sed im publico 
eiiam ac foro Capitolioque mu- 
lierum turba, erat mec sacrificantium 
nec precantium Deos patrio more. 
— patribus (cultos acceperint nach 
Madv. Conjectur), rite auf gehórige 
Art, d. b. ioa Gesetze gemüss, mit 
Recht, s. unten $ 26 nam a patribus 
acceptos deos ita placet coli, si huic 
legi paruerint ipsi, d. h. keine 
fremden oder auslündischen Gótter 
eingeführt haben. 

delubra habento im Gegens. zu 
der religiósen Ansicht anderer VOl- 
ker, z. DB. der Perser, s. unten 
8 20. 
. lucos meist in der Nühe von 
Landsitzen, doch zum Theil auch 
in den Stüdten. 

larum sedes, nicht der lares fa- 


108 


DE LEGIBUS 


Ritus familiae patrumque servanto. 

Divos et eos, qui caelestes semper habiti, colunto et 
ollos, quos endo caelo merita locaverint, Herculem, Libe- 
rum, Aesculapium, Castorem, Pollucem, Quirinum, AST 
olla, propter quae datur homini ascensus in caelum, 
Mentem, Virtutem, Pietatem, Fidem; earumque laudum 
delubra sunto, neve ulla vitiorum. 


miliares (8 42), die ihren Platz im 
lararium des Hauses hatten, sondern 
der lares compitales oder viales 
(— publici), welche als schützende 
Gottheiten der Nachbarschaft ihre 
Capellen an Kreuzwegen (compitis) 
hatten. Preller p. 499. 

ritus — patrumque serv. scheint 
nur auf den Privatcultus zu gehen, 
da unten 8 21 noch einmal von 
den ritus patrii gehandelt wird: ex 
patriis ritibus optima colunto, wo 
an den  ffentlichen Cultus zu 
denken sein wird. 

Divos et eos —. Vgl. zu dieser 
Eintheilung Preller p. 64. 

qui caelestes semper, vor allem 
die 12 di maiorum gentium: Jupiter, 
Juno, JNeptun, Minerva, Mars, 
Venus, Apoll, Diana, Vulcan, Vesta, 
Mercur, Ceres Prell. p. 60. 

merita loc. Die sogen, Halb- 
oder consecrirten Gótter, Vgl. Nat. 
d. II. 62. 

habiti sc. sunt, ebenso zu erg. 
beim Partic. Perf. u. im Nebensatze 
Fin. 4. 64 quoniam catuli, qui iam 
dispecturi sunt, caeci aeque et ii, 
qui modo nati, Platonem sq. Vgl. 
zu 1, 63 u. IL 41; Dráüg. $ 116. 
Die Auslassung beruht hier auf der 
Kürze der Gesetzessprache. 

locaverint, Der auffallige Conj. 
(qualitatis — si quos locaverint, 
ovg ἄν, cf. II. 8 11) dürfte sich so 
erklüren, dass die folgenden Namen 
nicht eine erschópfende Aufzáhlung 
der zu dieser Klasse gehórigen ent- 
halten sollten. Denn es liessen 
sich noch andere dahin zühlen, wie 
Aristaeus, der Erfinder des Oel- 
baums (Nat. d. 3. 45) u. künst- 
lichen Bienenzucht (Verg. Georg. 4. 
318 flg.) Nat. d. ἃ. a. O. 

ast die Hdschrr., welches Bü- 
cheler in Fleckeis. Jahrb. 79. p. 
765 für ein alterthümliches Wort 


— verschieden von dem adversat. 
at oder ast — hült — wt, dann — 
Sic, wie ὡς — ὥς; Scholl. XII tab. 
rell. p. 107 sq. — íum nimmt 
(eigentlich — δὲ oder cum temp., 
wobei Bezug genommen wird auf 
IlL. 9 ast potestas; 10 ast quid erit ; 
11 ast quid twrbassitur — s. dazu 


aber meine  Erklürung. Dann 
heisst es: JPatet hamc oppositorum 
cum — ium vel si — tum vicem 


una ista vocula effici; eine ebenao 
complicirte wie unzureichend be- 
gründete Theorie) Ern. emendirt 
atque, was genügen würde. Denn 
dass nicht mit et fortgefahren, lüsst 
sich daraus erklüren, dass diese 
Klasse nicht als selbststündige 
dritte, sondern als Unterabtheilung 
der zweiten gedacht ist, welche die 
dei consecrati resp. incerti (s, Prell. 
p. 63), somit auch die Tugenden 
begreift. 

earumque — laudum | (rühmliche 
Eigenschaften, wie oft, vgl. $ 14) 
delubra s., wie in Rom der Fall 
war. Der àlteste Tempel der Mens, 
nach der Schlacht am Trasimener- 
see (217) gestiftet, befand sich auf 
dem Capitol. Pr. p. 628. Einen 
andern widmete ihr Aemilius Scau- 
rus etwa ums J. 109 Nat. d. 2. 61; 
Plut. d. Fort. Rom. 10. Die Virtus 
hatte mehrere Tempel, zwei im 
Verein mit Honos: einen von M. 
Marcellus, dem Eroberer von Sy- 
rakus (Nat. d. 2. 61) an d. P. Ca- 
pena, einen andern von Marius ge- 
stiftet; einen dritten ihr allein von 
Scipio Minor nach der Eroberung 
von Numantia geweiht.  Preller 
p. 613. .Pietas hatte einen Tempel 
am Forum Olitorium, von Acilius 
Glabrio, dem Sohne des Siegers an 
den 'Thermopylen (Pr. p. 620), 
F'ides einen auf dem Capitol, von Nu- 
ma gegründet. (Pr. p. 225.) Cic. er- 


Dnm ———— να, 


LIB. II. CAP. 8. $ 19. 20. 


Saera sollemnia obeunto. 


109 


Feriis iurgia amovento, easque in famulis operibus 
patratis habento, itaque, ut ita cadat, in annuis anfracti- 


bus descriptum esto. 


Certasque fruges certasque bacas 


sacerdotes publice libanto: hoc certis sacrificiis ac die- 


bus. 


wühnt noch zweier ihr gemachten 
Widmungen: durch Atilius Cala- 
tinus und Aemilius Scaurus, viel- 
leicht aus Anlass von Erneuerungen 
desselben Tempels. Nat. d. 2. 61. 
sacra sollemnia sc. publica; von 
den privatis unten $ 22 am Ende. 
Feriis i. a. — iurgia im ursprüng- 
lichen Sinne:  Hechtsstreit (?wre 
agere). Dies Verbot nach rómisch. 
Grundsatz: inque feriis imperandis 
maiores mostri ut litibus et iurgiis 
se abstinerent  imperabant Div. I. 
102. "Vgl. Lange 1. p. 263 (309, 
2. Ausg.), der aber merkwürdiger- 
weise anzunehmen scheint, dass an 
den dies mefasti (vgl. $ 21 zu me- 
fasta) hilares, zu denen die meisten 
stehenden Feste, nàml. 35 von den- 
selben, gehórten, die Rechtsstrei- 
tigkeiten nur für die Zeit der 
Opfer ausgeschlossen waren, was 
mit dieser Stelle unvereinbar. 
in famulis sq. beim — in Bezug 
auf das —  Gesinde beobachten, 
d. h. vom Gesinde begehen lassen. 
op. patr. nach vollbrachter Ar- 
beit, eine Einschránkung, die den 
gesunden Sinn der Hómer bezeugt. 
itaque 89. und es soll so in Be- 
treff der Feste, d. h. der Zeit der 
Feste angeordnet sein, dass es sich 
80 fuge (treffe). in annuis anfracti- 
bus heisst wahrscheinlich: in den 
Jahreskalendern und ist zu de- 
seriptum esto zu ziehen. Eine Ana- 
logie bietet fasti, Kalender, eigtl. 
die Tage óffentlichen Redens, für 
fastorum descriptio. Zu cadat ge- 
zogen würe es müssig. Das erste 
ita (nicht itaque als ein Wort — 
daher) erhált also seine Ergünzung 
dureh den Satz wt ita cadat, das 
zweite ita durch den vorhergehen- 
den Satz, aus dem zu entnehmen: 
ut opera patrata sint, Cic., der hier 
vom róm. Staat ganz absieht und 
die Ansetzung der Feste für vollig 
frei hált, verlangt von der geist- 


20. Itemque alios ad dies ubertatem lactis feturae- 


lichen Behórde, dass die Feste von 
ihr so angesetzt werden, dass die 
làndlichen Arbeiten durch sie nicht 
gestórt werden. (S. unt. 8. 29 Quas 
compositio ammi conferre debet ad 
perfectionem operum rusticorum), also 
z. B. keine Feste in die Erntezeit 
oder in die Zeit der AÀussaat fallen. 
Damit aber diese Rücksicht auch 
dauernd ihren Zweck erreichte, war 
noch ein Zweites nóthig, dass das 
Kalenderjahr in Uebereinstimmung 
mit dem Sonnenjahr gesetzt wurde, 
damit die von Hause aus passend 
angesetzten Feste sich nicht all- 
máhlich so verschóben, dass sie 
den Betrieb der Landwirthschaft - 
hinderten. Daher folgt weiter unt. 
noch eine Bestimmung über ge- 
naue Regulirung des Kalenders. — 
Zugegeben werden muss eine Hárte 
des Ausdrucks, die sowohl in dem 
doppelten zia als in dem unpersón- 
lich gesetzten deseriptwm esto, wo- 
für descriptae sunto (feriae) das Ge- 
wüóhnlichere würe, liegt; doch ist 
diese wohl beabsichtigt, um der 
Sprache mehr das Geprüge der 
Alterthümlichkeit zu geben. 


certasque fruges Feldfrüchte, ba- 
cas Baumfrüchte (s. I. 25) besond. 
den Góttern des Landbaus; nach 
Zeit, Bedeutung der Feste und den 
Góttern, die sie betrafen, verschie- 
dene, worüber die Hómer genaue 
rituelle Vorschriften hatten. Unter 
den fruges kommen besonders vor 
Spelt (far, ador), Gerstenschrot 
(mola), Bohnen. 

libare. | Der Gebrauch dieses 
Wortes bei trockenen Opfern — 
sonst fast nur bei Dichtern, s. Lex. 

ist zu beachten. 

certis sacrif. ac d. Ablat. tempor., 
zu 1, 8, 

8 20, lac (bei vielen Opfern, 
meist in Verb. mit Wein und Ho- 
nig, wie bei dem Ceresopfer am 


110 


DE LEGIBUS 


que servanto. Idque ne omitti possit, ad eam rem ratione 


cursus anmwos sacerdotes finiumto. 


Quaeque quoique 


divo decorae grataeque sint hostiae providento. 
Divisque aliis alii sacerdotes, omnibus pontifices, 


Ambarvalienfest, Verg. Georg. 1. 
344, gebrüuchlich) als animalisches 
Product mit "Thieropfern (fetura 
Nachzucht, Jungvieh) zusammen- 
gestellt. Die blutigen Opfer kamen 
erst spüter unter dem Einfluss des 
griech. Cultus mehr in Gebrauch, 
wührend Numa sie, wenn auch 
nicht ganz, so doch grósstentheils 


ausgeschlossen hatte. ^ Prell. p. 
115. 
omitti; die Hdschrr. committi, 


was Vahl. in dem Sinne von in re 
delinqui mit Berufung auf sacrum 
commissum ὃ 22, das aber eine an- 
dere Erklàrung zulüsst, vertheidigt. 
Die Unterlassung der Darbringung 
des vorschriftsmüssigen jungen (fe- 
tura; auch lactens sàugend) Opfer- 
thieres konnte eintreten, wenn durch 
Verschiebung des Kalenders das 
Opfer in eine Zeit fiel, wo Jung- 
vieh noch nicht geboren war. Da- 
her wird strenge Sorgfalt in der 
Führung des Kalenders geboten. 
Dies Geschüft lag bei den Rómern 
den pontifices ob. Da die Rómer 
das Mondjahr von 355 T. (sollte 
eigentlich von 354 T. sein) hatten, 
so war Uebereinstimmung mit dem 
Sonnenjahr nur durch fortgesetzte 
Einscbaltung zu erreichen. In 
alterer Zeit bestand ein vierjühriger 
Schaltcyklus, indem ein Jahr ums 
andere je 28 und 27, seit den De- 
cemvirn je 23 und 22 Tage ein- 
geschaltet wurden. Aber auch die 
Heform der Decemvirn ergab noch 
einen regelmüssigen Fehler von 
4 Tagen in vier Jahren. Daher 
wurde durch die ler .Acilia (191) 
der vierjührige Cyklus abgeschafft 
und den Pontifices Vollmacht ge- 
geben, nach Gutdünken einzuschal- 
ten, eine Vollmacht, die sie zur 
Verbesserung des Kalenders jedoch 
nicht benutzt haben. Bekanntlich 
brachte erst Julius Caesar durch 
eine gründliche Heform Ordnung 
in den Kalender i. J. 46 (Lange I. 


262—63). Das Nühere über den 
Kalender s. zu nefasta 8 21. 

finire — definire, wie finire cui 
diem d. Fat. 30 (Att. 8. 3. 3), mo- 
dum Leg. II. 66. 

Quaeque sq. cf. $ 29, so den münn- 
lichen Gütern máünnliche, den weib- 
lichen weibliche, den  hóheren 
gróssere, den niederen kleinere 
(hostiae im engeren S., u. lactentes), 
den oberen Góttern weisse, den un- 
teren schwarze (vgl. Forbiger Hellas 
u. Rom IL p. 56 flg), ausserdem 
bestimmte Thiere bestimmten Gót- 
tern, wie der Ceres das Schwein 
(Ovid Fast. I. 349 flg.), dem Liber 
der Bock (ebdas. u. Georg. II. 380 flg.), 
derselbe auch dem Pan, eine Kuh 
der Juno, eine unfruchtbare der 
Proserpina (Verg. Aen. 6. 251), eine 
trüchtige (forda) der Tellus (Fast. 
4. 634), ein Kalb der Minerva, eine 
Hirschkuh der Diana, ein Stier 
(weisser) dem Jupiter, ebenso 
(schwarzer) dem Neptun, dem Mars 
das Pferd, ein Esel dem Priapus 
(Fast. I. 440), eine Taube der Venus. 


Vgl. Pauly HBeallex.  Sacrificia. 
(Qwoique zu 8 60. 
alii s. Anh. 


pontifices ein Collegium von ur- 
sprünglich 5 einschliesslich — des 
pontif. maximus, spüter 8 (Lange 
I. 268), seit Sulla 16 Mitgliedern, 
dessen Befugnisse in der Aufsicht 
über alle Priester und Diener mit 
dem Recht der multae dictio, jà der 
Hinrichtung seitens des Pontif. ma- 
ximus, in der Anordnung des Ka- 
lenderwesens, in der Ueberlieferung 
der Rechtskunde und Ertheilung 
von Rechtsbescheiden (unten $ 29 
respondendi iuris) zumal in sacral- 
rechtlicher Beziehung, darunter 
quae prodigia susciperentur atque 
cwrarentur (Liv. I. 20), auch in Ver- 
richtung einzelner Opfer bestanden 
(Lange I. 8 51), mit einem Wort: 
sie bildeten die geistliche Regie- 
rung. 


à 


δὼ anco S LU, 


LIB. II. CAP. 8. $ 20. 


singulis flamànis sunto. 


111 


Virginesque Vestalis àn urbe 


custodiunto ignem foci publice sempaternum. 
Quoque haec privatim et publice modo rituque fiant 


discunto ignari a publicis sacerdotábus. 


Eorum autem 


genera sunto iria: unum, quod praesit caerimomiis et 
sacris, alterum, quod 4nterpretetur fatidicorum et va- 
tium ecfata incognita, quorum senatus populusque asci- 


flamines Opferpriester einzelner 
Gottheiten; deren es bei den Ró- 
mern 3 maiores gab, flamen Dialis 
(der angesehenste), dessen Gemah- 
lin flaminica den Dienst der mit 
Jupiter unzertrennlich verbundenen 
Juno und Minerva, wie überhaupt 
Priesterfrauen den der dem máànn- 
lichen Gotte ihres Gemahls zunàchst 
stehenden weiblichen Gottheit, ver- 
sah — s. Preller p. 58 u. 108 —, 
Martialis ἃ. Quirinalis; diese pa- 
tricischen Geschlechts, vom Pontif. 
max. ernannt; und 12 minores, auch 
plebej. Geschlechts, von denen 9 
dem Namen nach bekannt sind: 
f.  Volcamalis, | Palatualis — (der 
Schutzgóttin des Palatiums), F'wr- 
rinalis (der Góttinnen der Finster- 
niss, cf. Nat. d. 3. 46), Floralis, 
Carmentalis (Carmenta der Sage 
nach Mutter des Evander, vermuth- 
lich dieselbe, wie Fauna oder Bona 
Dea Pr. p. 357), Portunalis, Fa- 
lacer (einer unbekannten Gottheit), 
Pomonalis (Pr. p. 108). Ausser 
diesen werden noch /flamines Cu- 
riales (von denjenigen der ver- 
ótterten Kaiser in spáterer Zeit 
E nicht zu reden) erwühnt, der 
Zahl der  Curien  ent«prechend 
dreissig, die als Gehiilfen der Cw- 
riones die bei den einzelnen Curien 
bestehenden sacra wahrzunehmen 
hatten (Lange l|. 215). Vesta- 
lische Jungfrauen bei den Ró- 
ΤΏ ΘΓ ursprünglich 4, «püter 6, vom 
Pontif. max. ernannt (capere), in 
spáterer Zeit auch aus plebejischem 
Geschlechte, aber patrimae et ma- 
trimae; sempiternum: ein Erlóschen 
des Feuers galt als Vorbedeutung 
gros.en Unglücks für den Staat, 
und wurde die schuldige Vestalin 
mit Kuthenbieben vom Pont. M. 
quanam Das Feuer musste dann 
er Natur wieder abgewonnen wer- 
den entweder durch Bohrung in 


einem íruchttragenden Holze oder 
durch Entzündung an der Sonne, 


dem Urquell des Feuers. Pr. p. 
542. 
Andere bei den  Rómern an- 


gesehene  Priesterschaften, theils 
Einzelpriester, wie Rex sacrificulus, 
Priester des Janus, als Vertreter 
des Kónigs an Würde dem Pontif. 
maximus vorangehend, wie auch 
die flamines matores, an Macht aber 
nachstehend und von ihm eingesetzt 
(ob unter die flamines mit ein- 
begriffen?), theils Collegien wie 
Sali (19 palatinische, dem Mars, 
19 collinische, dem Quirinus ge- 
weiht, beide patricisch: durch Co- 
optation — wie alle Collegien, jedoch 
drei derselben, diejenigen, zu denen 
die Plebejer sich den Zugang durch 
die lex Ogulnia erkümpft, JPonti- 
fices, Augures, X |. XV| vir? sacr. 
fac., so auf Grund einer Vorwahl in 
den Comitia tributa durch die 
grósste Minoritüt derselben, 17 Tri- 
bus, 8. Lange II. 463 flg. — gewühlt), 
fratres Arvales, Luperci etc. werden 
hier übergangen. Daraus folgt 
jedoch noch nicht, dass Cic. sie 
aus seiner Verfassung habe aus- 
schliessen wollen, zumal im folgen- 
den das genus publicorum sacer- 
dotum, quod praesit caerimoniis 
εἰ sacris einen weiten Spielraum 
lüsst. 

praes. caer. €. 8. schliesst sowohl 
die den Gottesdienst leitenden pon- 
Hfices, die überdies auch selbst 
einige Opfer, der Vesta, den Lares 
u. Penates Lange I. 261, vollzogen, 
als ihn verrichtenden Priester ein 
und hat als Gegensatz die die Zu- 
kunft erkundenden theils auf Grund 
von Weissagungen, sacerdotes sibyl- 
lini, theils auf Grund von Zeichen, 
augures, 

quorum sc, vatiwum erg. ecfata, 
Solcher Seher gab es drei in tom 


112 


verit. 


DE LEGIBUS 


Interpretes autem Iovis optimi mazumi, publici 


augures, signis et auspiciis postera vidento, disciplinam 


tenento. 
tem:populi auguranto. 


21. Sacerdotesque et vineta virgetaque et salu- 
Quique agent rem duelli quique 


popularem, auspicium praemonento ollique optemperanto. 


anerkannte, die Cumáische Si- 
bylle, die Sibylla Albunea zu Ti- 
bur, die fratres Marcii. Die Sprüche 
dieser drei, mit Ausnahme derer 
der /ratr. M. in  griechischer 
Sprache abgefasst, bildeten den 
Inhalt der Sibyllinischen Bücher, 
deren Aufbewahrung im Capitol 
(beim Brande desselben 85 v. Chr. 
zerstórt, wurden sie spüter nach 
der Erinnerung oder auf Grund 
ühnlicher Sammlungen in grie- 
chischen $Stüdten, wie Erythrae, 
wieder zusammengestellt) und Aus- 
legung einem  Priesterorden auf- 
getragen war, der der Zahl der 
Mitglieder entsprechend anfangs 
Duumviri, spüter Decemviri, seit 
Sulla Quindecimviri sacris faciundis 
hiess. Diese Priester standen im 
Dienste des Apollo (Pr. p. 272). 

Interpretes autem. Die lockere 
Anknüpfung mit autem, weil diese 
Klasse sich mit der vorigen be- 
rührt. S. oben 8 19 zu olla, pr. 
quae sq. 

lovis: Jupiter als Gott der Hóhen 
und des Himmels war hóchster 
Quell der Offenbarung durch seine 
himmlischen Zeichen (Pr. p. 167), 
wie Ζεὺς πανομφαῖος. Es waren 
fünf Arten von Zeichen, aus denen 
die Augurn den Willen der Gótter 
(Halm: ostenta als Particip), resp. 
die Zukunft (postera) erforschten: 
er caelo (Blitzerscheinungen), ec 
avibus, ex tripudiis (dem Fressen 
der Hühner), ez quadrupedibus (wie 
Füchsen, Hunden, die über den 
Weg liefen), ex diris (sonstigen er- 
schreckenden Zeichen), von denen 
die ex avibus und tripudiis hier 
unter auspicia zusammengefasst 
sind, die übrigen schlechtweg signa 
genannt werden. 

discipl. tenento sie sollen die über- 
lieferte Wissenschaft und Beobach- 
tungsweise (Methode), wie sie be- 
sonders in den libri augurales 
niedergelegt war, bewahren. 


8 21. Sacerdotesque Accus. Zu den 
Obliegenheiten der Augurn gehórte, 
die Priester und manche Oertlich- 
keiten zu inauguriren, wie Wein- 
berge und junge Anpflanzungen von 
Obst- und anderen Büumen (sonst 
virgulta cf. Georg. 2. 3; — dasselbe 
für Setzlinge ebds. 346; Lucr. 5. 
932), ferner das Gebet des hóchsten 
Magistrats um das Wohlergehen 
des Volkes, sodass er zu ermitteln 
hatte, ob der Tag dafür günstig 
sei (salut. aug., der technische Aus- 
druck dafür, cf. Div. I. 105; Suet. 
Octav. 31). Vgl. Lange I. 263; 
Prell. 110. — quique agent sq. sie 
sollen denjenigen (erg. eos cf 
Colum. 11. 2. 1 caeli varietatem 
mutationemque si praemonitus fue- 
rit) Magistraten, welche eine Hand- 
lung des Krieges oder Friedens 
unternehmen wollen, das auspicium, 
insbesondere die Bedeutung des- 
selben, vorherverkünden, und die 
Magistrate haben sich darnach zu 
richten. — Die one der 
Vogelzeichen war eigentlich Sache 
des Magistrats; dieser nur hatte 
das Recht, sie anzustellen (habet 
auspicia) und die spectio derselben, 
wührend der Augur als Gehülfe 
desselben i» auspicium adhibetur 
oder in auspicio est auf Grund eines 
fórmlichen Vertrags, worin jener 
zur Hülfeleistung auffordert: 0. 
Fabi, te mihi in auspicio esse volo, 
dieser der Aufforderung Gehór ge- 
bend antwortet: awdivi; ferner das 
Resultat der angestellten Beobach- 
tung in seiner Bedeutung verkündet 
(nuntiat, resp. obnuntiat, wenn dem 
Unternehmen  ungünstig ^ Doch 
konnte der Mag. dem Augur auch 
die Beobachtung selber überlassen 
und sowohl die Verkündigung des 
Zeichens selber als seiner Bedeu- 
tung entgegennehmen. In jedem 
Falle aber hatte er sich dann dem 
góttlichen Willen nach der Deu- 
tung des Augur zu fügen. (auspicium 


— " 


LIB. II. CAP. 8. $ 20. 21. 


113 


Divorumque iras providento sisque apparento caelique 
fulgera regionibus ratis temperanto urbemque et agros 


von augurium eigentlich so unter- 
schieden, dass es das Vogelzeichen 
nach der Erscheinung, aug. nach 
der Bedeutung bezeichnet, ist hier. 
wie an vielen Stellen im beider- 
&eitigen Sinne gesetzt. Cf. Lange 
8 50. 

Divorumnque sq. geht im Gegens. 
zu den vorhergehenden auguriis 
impetritis (geflissentlich angestell- 
ten) auf auguria oblativa, wozu die 
€x caelo u. diris gehórten. Nàüm- 
lich, wenn auch die Auspicien für 
gewisse Handlungen, wie eine 
Volksversammlung, günstig waren, 
80 konnte sie doch noch durch 
derartige Zeichen, wie den morbus 
comitialis (Epilepsie) oder einen 
Blitz unterbrochen werden. Lange 
IL 412. Die Augurn hatten also 
die Pflicht, aus solchen Zeichen den 
Zorn der Gótter vorauszuschauen 
(voraus: weil erst die vollendete 
Handlung den Zorn entstehen lásst 
— oder: ehe er sich durch Strafe 
áussert) und zu obnuntiiren. Die, 
welche bei der Handlung betheiligt 
waren, hatten ihnen, oder was viel- 
leicht richtiger, dem Zorn der 
Gótter, nachzugebemn (sis altlatein. 
Dat. für iis, Schweiz.-Sidl. $ 112. c. 
A. 6). Falsch wird providere von 
einigen für abwenden, wie anschei- 
nend auch von Preller gefasst, der 
als Function der Augurn angibt: 
bei ausserordentlichen Gelegenhei- 
ten, namentlich bei drohenden Er- 
scheinungen des Himmels den Zorn 
der Gótter zu sühnen, Blitze zu be- 
schwüren... p.110. Denn es findet 
sich kein sicheres Beispiel für diese 
Bedeutung. Die dafür angeführte 
Btelle (Att, 10, 16. 2): cetera, quae 
quidem consilio provideri poterunt, 
cavebuntur, làsst sich so erklüren: 
die übrigen Gefahren, soweit sie 
durch vernünftige Erwügung vor- 
ausgesehen jm kónnen, werden 
vermieden werden. 

ewe o f. ὮΝ sie sollen die Blitze 
nach den gültigen Gegenden ge- 
hórig bestimmen  (eintheilen, be- 
messen) Nach der etruskischen 
Disciphn , der hierin auch die 


Cicero de legibus, 


Augurn folgten, war der Himmel 
in 16 Theile getheilt (Div. 2. 42); 
die von der linken Seite, wenn 
man das Gesicht nach Süden ge- 
richtet hatte, d. h. aus dem Osten 
kommenden Blitze galten im All- 
gemeinen als günstig und um- 
gekehrt. Doch eine noch mehr 
ins Einzelne gehende Beobachtung 
ergab noch eine weit genauere 
Bestimmung des Vorzeichens, vgl. 
Lucr. 6. 86 
JNe trepides caeli divisis partibus 
amens 
Unde volans ignis pervenerit aut 
in utram se 
Verterit hinc partim, quo pacto 
per loca septa 
Insinuarit, et. hinc dominatus ut 
extulerit se... 
urbemque sq. Templum: der für 
die Auspicien bestimmte Bezirk. 
Als solchen hat man zu unterschei- 
den 1) den am Himmel abgegrenz- 
ten, 2) den an der Erde bemessenen. 
Letzterer zerfàllt wieder in zwei 
Arten: 8) in einen weiteren, inner- 
halb dessen die Beobachtungen gül- 
tig sind: templum maus; b) in 
einen engeren den Standpunkt des 
Augurn wührend der Beobachtung 
begrenzenden: f. minus oder augu- 
raculum (tabernaculum). Bezeichnet 
wurde das templum immer auf die- 
selbe Weise. Der Augur zog mit 
seinem  knotenlosen Krummstabe 
(litwus) eine gerade Linie von Nor- 
den nach Süden (cardo), die recht- 
winkelig gekreuzt wurde durch eine 
von Osten nach Westen gehende 
(decwmamnus). Indem nun iu einer 
gewissen, aber gleichen, Entfernung 
diesen parallele Linien angenommen 
wurden, entstand ein Quadrat, in 
dessen Mittelpunkt (decussis) der 
Augur selbst stand. Als üusserste 
Grenze des Beobachtungsbezirkes 
für stüdtische Auspicien galt das 
pomoerium, innerhalb dessen über 
stádtische Angelegenheiten, wie 
ausserhalb dessen über auswürtige 
die Befragung vorzunehmen war. 
Daa augwraculum befand sich der 
Aussicht wegen stets auf einem 


5 


114 


[et] templa liberata et effata habento. 


DE LEGIBUS 


Quaeque augur 


iniusta nefasta vitiosa dira deizerit, inrita infectaque 
sunto, quique non paruerit, capital esto. 
IX. Foederum, pacis, belli, indotiarum, injuriarum 


oratorum fetiales iudices, nontii sunto. 


tanto. 


erhóhten Punkte, in der Stadt ge- 
wüóhnlich auf dem Capitol (die Aus- 
sicht hemmende Gebüude mussten 
auf Befehl des Augurn abgetragen 
werden, Lange I. 254), auf dem 
Lande auf einer Bergeshóhe. So- 
weit nun das templum bestimmt 
und unter Gebetformeln eingeweiht 
war, heisst es effatum, soweit es 
befreit sein musste von Allem , was 
der Aussicht hinderlich war, libe- 
ratum (nach Anderen soviel als 
vom Profanen geschieden , Pauly 
Divinatio p. 1161). Wenn hier wrbs 
und agri selbst als templa bezeich- 
net werden, so ist natürlich an die 
templa maiora zu denken. S. übri- 
gens Anh. 

Quaeque awgur iniusta: wider 
Recht und Herkommen ; nefasta : an 
einem dies nefastus verhandelt oder 
vollzogen (dies mefasti gab es im 
vorcüsarianischen Kalender 118 T., 
davon 53 mit N bezeichnet, viel- 
leicht als nefasti tristes, 48 mit NP, 
vielleicht nefasti hilares; unter diese 
zwei Klassen fallen die 45 feriae 
stativae, cf. 8 19 zu iurgia, unter 
die letzteren die sümmtlichen ?dus, 
als feriae lovis; im engeren Sinne 
fasti 43 Tage, an denen nur Gerichts- 
verhandlungen statthaft waren; da- 
hin gehóren alle Kalenden und 
Nonen, die nicht schon unter die 
nefasti fielen, ausserdem alle Nach- 
tage der Kalenden, Nonen Ὦ. Iden, 
die sog. dies postriduami; ferner 
188 dies comitiales, an denen so- 
wohl Comitien als Gerichtsverhand- 
lungen zulüssig; doch wurde diese 
Zahl noch eingeschrünkt durch die 
nundinae, jed. 9. Tag — die Rómer 
hatten 8tügige Wochen —, an wel- 
chen die Landleute in die Stadt 
kamen, um ihre Waaren abzu- 
setzen, an denen keine Comitien, 
wohl aber Gerichtsverhandlungen 
Statt finden durften, Lange I. 8ὶ 51); 
vitiosa: ohne oder gegen die Auspi- 


Bella discep- 


cien resp. unter nicht gehóriger 
Beobachtung derselben; dira: durch 
schlimme Vorzeichen, die sog. dira, 
gestórt; deixerit (vgl. übrig. Anh.) 
— dixerit, da das lange ἡ in alter 
Sprache ein Mittellaut zwischen 
e und ἡ war und auch bhüufig so 
geschrieben wurde; inrita sq.: soll 
ungültig sein. Hierdurch wurden 
die Augurn zu einer Art von Cassa- 
tionstribunal erhoben; und wir 
haben viele Beispiele in der róm. 
Gesch., wo von ihnen Beamte, als 
vitio creati, zur Abdankung ge- 
zwungen,  Urtheile gerichtlicher 
Comitien aufgehoben und Gesetze 
annullirt wurden (Lange I. 255). 
capital der 'l'odesstrafe verfallen. 
Cap. IX. fetiales Spruchmünner, 
ein Collegium von 20 Mitgliedern, 
mit einem aus ihrer Mitte zu jeder 
einzelnen Amtsverhandlung gewühl- 
ten, also nicht stündigen, Obmann 
oder Aeltesten, pater patratus ge- 
nannt, an der Spitze, Lange I. 8 49, 
waren die offiziellen Vertreter des 
Vülkerrechts, welche (über Inne- 
haltung der Formen bei Abschluss 
von Vertrügen und  Waffenstill- 
stánden, bei Friedensschlüssen und 
Kriegserüffnungen, (über etwaige 
Beleidigungen der Gesandten, er- 
littene wie zugefügte, der eigenen 
wie fremden, zu wachen und befin- 
den (iudices) die Entschlüsse der 
Staatsregierung in Hinsicht alles 
dessen zu verkünden (nwntüi), ins- 
besondere den Krieg zu erklüren (c/a- 
rigare), die hergebrachten Formeln 
bei Fredens-, Bundes- u. Waffen- 
stillstandsschliessungen — auszuspre- 
chen und die damit verbundenen 
Ceremonien zu vollziehen hatten 
(ein Beispiel letzterer Art bei Liv. 
I. 24). net Beweise, dass ins- 
besondere auch die Ueberwachung 
des Gesandtenrechts, die Aburthei- 
lung  angeschuldigter  Gesandter, 
event. ihre Auslieferung, zu ihren 


WEPTEEUEN 
LIB. II. CAP. 8. 9. 8.51. 


115 


Prodigia, portenta ad Etruscos aruspices, si sena- 
tus iussit, deferunto: Eiruriaque principis disciplinam 


Competenzen gehórte, vgl. Varro 
bei Nonius zu Fetiales: δὲ cwius 
legati violati essent, qui id. fecissent, 
quamvis nobiles essent, ut dederentwur 
civitati statuerunt, fetialesque vi- 
ginti, qui de his rebus cognoscerent, 
iudicarent et statwerent, constitue- 
runt und Lange I. 244. Somit 
dürfte die Corruptel dieser Stelle 
durch Einschiebung von iniuriarum 
nach indotiarum geheilt sein. — 
(Von meiner Emendation weiche ich 
auch nicht zu Gunsten der von 
Urlichs Rhein. Mus. 78. p. 155 
foederum pacis belli indotiarum 
ratorwm*'', die mir nachtráglich 
bekannt geworden: sie entscheiden 
über die Gültigkeit der Vertráge, 
seien es nun friedliche oder für 
Waffenstillstand geschlossene oder 
"foedera, quibus etiam cwm hoste 
devincitur fides, wobei die Erklàá- 
rung von belli gesucht, foederum 
ratorum — über die Gültigkeit der 
Vertráge hart würe, zurück.) 


. . Bella disceptanto: sie sollen die 
Kriege entscheiden, natürlich nicht 
diejenigen, die schon geführt wur- 
den; denn diese konnten nur durch 
die Ueberlegenheit der Waffen oder 
das gemeinsame Abkommen der 
beiderseitigen Staatsregierungen auf 
dem Wege der Verhandlungen zum 
Austrag gebracht werden, sondern 
diejenigen, welche  auszubrechen 
drohten. Da aber Cic. mit diesen 
Worten nicht dasselbe sagen kann, 
wie vorher mit belli iudices sunto, 
80 ist hier nicht, wie dort, an die 
formale Hechtmüssigkeit, sondern 
an die in der Sache liegende, in- 
nere, zu denken. Ein Hecht der 
Entscheidung über diese hat aber 
(s. Rein in Pauly Reall. fetiales) 
in spüterer Zeit ihnen nicht zu- 
viera folglich stellt Cic. sich 
ier auf den Standpunkt der alten 
Zeit oder bildet sich ein Ideal des 
Fetialenrechts unabhángig von den 
thate&chlichen Verhàltnissen. 


prodigia, portenta eine in publi- 
cistischer Sprache beliebte Háufung 
des Ausdrucks. Zur Bedeutung vgl. 


Nat. d. II. 7 Praedictiones vero et 
praesensiones rerum futurarum quid 
aliud declarant, nisi hominibus ea 
ostendi, monsirari, portendi, prae- 
dici? ex quo illa ostenta, monstra, 
portenta, prodigia dicuntur (áhnlich 
Div. I. 93), wozu Schóm. nach Dó- 
derlein bemerkt, dass in prodi- 
giwm das Bedeutungsvolle und 
Folgenreiche, (in  ostentwm das 
Wunderbare und Ausserordentliche, 
in porteniwm das Schreckliche 
und Gefahrdrohende, in monstrum 
das Unnatürliche und Hàssliche der 
Erscheinung besonders hervortrete. 
(Forb. Hell. u. Rom II. Cap. 11, 
Note 84 best. den Untersch. so: 
prodigiwm sei der allgemeine Aus- 
druck für schlimme Erscheinungen; 
portent. u. ost. solche in der leb- 
losen Natur, monstrum an lebenden 
Wesen.) 

Etruscos aruspices: diese, die zur 
Zeit der Republik noch keine feste 
Kórperschaft in Rom bildeten, son- 
dern erst unter Kaiser Claudius 
(Tac. Ann. 11. 15) in einen colle- 
gialischen Verband traten, waren 
vor diesem Zeitpunkt wenigstens 
stets Etrusker, entweder im Auf- 
irage des Senates besonders aus 
Etrurien herbeigerufen, oder in om 
sich schon aufhaltend (Forb. Hell. 
u. Rom II. p. 87, Pauly Reall. Di- 
vinatio p. 1165). 

iussit  — iusserit  archaistisch, 
Schweiz.-Sidl. 8 142. A. 3. Neue 
II. 8 69 flg. Vgl. oben $ 19 faxim, 
unten 8 22 clepsit, rapsit. Ihre 
Wirksamkeit trat eben erst unter 
der angegebenen Bedingung ein, 
weil sie kein Glied der róm. Staats- 
verfassung bildeten, und weil an- 
dernfalls die pontifices oder X (.X V) 
viri das Gescháft der Deutung und 


Vm, der prodigia besorgten 
(Pauly Divin. p. 1167 u. Forb. II. 
p. 201). 

principis. Hierünter sind Vor- 


nehme Étruriens zu verstehen (Tac. 

à, &. Ὁ, primoresque Etruriae sponte 

aut patrum  Homanorum | impulsu 

relinuisse &cientiam). Diese Bestim- 
g* 


116 


doceto. 


DE LEGIBUS 


Quibus divis creverint, procuranto, idemque 


fulgura atque obstita pianto. 
Nocturna mulierum sacrificia ne sunto praeter olla, 


mung sollte verhüten, dass diese 
Kunst dadurch, dass sie von armen 
und niedren Leuten ausgeübt wurde, 
dem Broterwerb und betrügerischen 
Zwecken dienstbar gemacht würde. 
(Andere verstehen unter principes 
Vornehme des róm. Staates mit 
Bezug auf die bekannte Stelle 
Div. I. 92 quocirca bene apud ma- 
iores mostros senatus tum, cwm flo- 
rebat imperium, decrevit ut de prin- 
cipum filiis Χ (Hdschr. sex] singulis 
KEtruriae populis in disciplinam tra- 
derentur, ne ars tanta propter tenui- 
tatem. hominum a religionis aucto- 
ritate abduceretur ad mercedem at- 
que quaestum , welche Valer. Max. 
vor Augen gehabt zu haben scheint 
I 1. 1, wo er mittheilt: Decem 
principum filios dari solitos He- 
truriae populis ad percipiendam 
sacrorwm disciplinam. | Aber die 
Zahl VI oder X, auf róm, Jünglinge 
bezogen, würde, da es XII etruski- 
sche Bundesstüdte gab, eine viel 
zu grosse Gesammtzahl, nümlich 
72 od. 120, ergeben. Denn wir 
müssen ser oder decem im Sinne 
von seni oder deni nehmen, was 
in Verbind. mit singuli — 8, F. 
Schultz 8 79. I. A. — unbedenklich, 
weil als Gesammtzahl angenommen 
die Zahl in Widerspruch küme mit 
der Zahl der etruskischen Bundes- 
stidte. Daher sind auch àn diesen 
Stellen die neuesten Herausgg. ge- 
neigt, unter principes Etrusker, die 
ja unter róm. Botmüssigkeit stan- 
den, zu verstehen.. Der Dat. singulis 
KE, populis kónnte mit einer nach- 
lissigen Kürze für haruspicum in 
singulis .E. pop. collegiis [sodalita- 
tibus] gesagt sein, Val. M. den 
Cicero missverstanden oder dasselbe 
gemeint haben. Sollte aber prin- 
cipes dennoch an allen jenen Stellen 
auf Mitglieder der róm. Aristokra- 
tie zu beziehen sein — denn zu 
einer sicheren Entscheidung dürfte 
man bei der Unklarheit der Worte 
schwerlich gelangen — $0 würde 
daraus noch keineswegs folgen, 


dass die Rómer selbst die Haru- 
spicin ausgeübt hütten. Das wider- 
spricht dem Wortlaut unserer Stelle 
[^N arusp., das allen sonstigen 

achrichten. Dann müssten wir 
mit Hartung und anderen [s. Pauly 
Div. p. 1166] annehmen, dass die 
Massregel nur den Zweck gehabt 
habe, den Rómern ein Urtheil über 
eine regelrechte Ausübung der 
Lehre zu gestatten und sie vor Be- 
trügereien zu behüten. 

creverint archaistisch für decre- 
verint. Cf. III. 6 quodcunque sena- 
tus creverit, ebenso 8; degl 28; 
Subj. aruspices erg. procwramdwm 
esse; procuranto dieselben: den aru- 
spices stand bei prodigiis sowohl 
die Entscheidung darüber, welche 
Gótter erzürnt waren und gesühnt 
werden mussten, als auch die 
Vollziehung der Sühne, hauptsüch- 
lich durch Opfer und Gebete (Forb. 
IL. p. 200), zu. 

fwlgera jd Hendiadyoin — ein- 
schlagende Blitze, was in der Vul- 
gürsprache einfach fulmina; denn 
fulgur eigentlich s. v. a. Lichtstrahl, 
Wetterleuchten, obstitum das, was 
demselben sich in den Weg gestellt 
hat (obsisto), von demselben ge- 
troffen ist. Doch ist die Verbin- 
dung beider Wórter immerhin ein 
jue de publicistischer Umstáünd- 
lichkeit, da sonst sowohl fulgur 
als obstitum allein in diesem Sinne 
gesetzt wird. Das Verfahren der 
expiatio fulgurum (auch fulguratio, 
davon die Haruspices fulgwratores, 
gen.) bestand darin, dass der Blitz 
an dem Platze, wo er eingeschlagen, 
begraben wurde (condere fulgur), 
tudo das getroffene Erdreich auf- 
gegraben und in der Tiefe eine 
Art Sarg gemauert wurde. Ein 
solches Tnitzgrab hiess von der 
Aehnlichkeit mit einem Brunnen 
puteal und von dem Opfer eines 
zweijihrigen Schafes, das dabei 
Statt fand, bidental (Forb. II. p. 
201). πὰ 

Nocturna sq. Also nur die all- 


LIB. IL. CAP. 9. 8 21. 


ID 


quae pro populo rite fient: neque initianto, nisi ut ad- 


solet Cereri Graeco sacro. 


jáhrliche Opferfeier (in der Nacht 
vom 3.—4. Decbr.) für die Bona 
dea wird hiermit zugestanden, bei 
welcher sie von den Frauen im 
Hause des obersten Staatsbeamten 
um Heil und Segen für das róm. 
Volk beschworen wurde (Pr. p. 
355). 

Die Hdschr. neve que init., WwOr- 
aus einige falsch merce quem ge- 
macht haben. Das Obj. fehlt mit 
absichtlicher Zweideutigkeit des 
Ausdruckes, ist aber aus mulierum 
zu ergánzen. (Feldh. neve quoi, 
was wenigstens dem Sinne nach 
auch passen würde.) Dass hier nur 
von den Frauen die Rede ist, zeigt 
$37 diligentissime sanciendum est, 
ut mulierum famam multorum oculis 
luz clara custodiat, imitienturque 60 
ritu Cereri, quo .Komae initiantur, 
aus welchen Worten auch hervor- 
geht, dass ut assolet nicht bedeutet: 
wie gewühnlich, nach der Sitte, 
sondern in der gebrüuchlichen, 
üblichen Weise (eo ritu), d. h. am 
Tage. Von den Mánnern kann hier 
um so weniger die Rede sein, als 
8 35—36 die Frage in Betreff dieser 
noch für vóllg offen gehalten 
wird und Cic. dem Wünsche des 
Attic. nachgebend erst dort sich 
dahin entscheidet, diesen die nücht- 
lichen Mysterien zuzugestehen. Das 
Verbot des  Geheimdienstes mit 
Ausnahme des eleusinischen für die 
Weiber ist aber auch nach dem 
Verbot  nüchtlicher Feier nicht 
überflüssig, da zwar für die meisten 
Mysterien Nachtfeier (παννυχίδες, 
pervigilia, üblich war, aber doch 
nicht nothwendige Voraussetzung 
für alle, wenn anders es feststeht, 
dass die Einweihung in die Bac- 
chanalia Anfan s am Tage geschah 
(Liv. 89. 13 J'res im ammo statos 
dies habuisse, quibus interdiw Bac- 
chis initiarentur ; Prell p. 717), 
ferner wahrscheinlich ist, dass die 
Mysterien des Zeus in Creta (an- 


dere berühmte sind die Samothra- . 


kischen, Schóm. I. 385 flg., die der 
Isis und des Osiris, ebds. p. 388 flg., 
die orphischen, ebds. 334 flg., der 


Kybele u. s. w.) bei Tage gefeiert 
wurden (Prell bei Pauly Myst. p. 
329). Graeco sacro zur Bezeich- 
nung des eleusinischen Cultus ist 
hinzugefügt, da es ja denkbar war, 
dass die Ceres noch auf andere 
und ausschweifendere Weise ver- 
ehrt wurde, sogut wie in den Bac- 
chanalien sich ein eigenthümlicher 
und besonders orgiastischer Ge- 
heimdienst des Bacchus in Italien 
ausgebildet hatte. Uebrigens unter- 
schied man bei den eleusinischen 
Mysterien drei Stufen der Ein- 
weihung, diejenige in die kleinen 
Mysterien im Frühlingsmonate An- 
thesterion, welche hauptsüchlich den 
Zweck der Vorbereitung durch Süh- 
nungen und Reinigungen hatte, die 
in die grossen Mysterien im Boe- 
dromion — beim Beginn des Herb- 
stes — desselben Jahres: die so 
Eingeweihten hiessen μύσται; end- 
lich diejenige, welche zur vollen 
Anschauung (ἐποπτεία: die so Ein- 
geweihten ἐπόπται) des Allerhei- 
hgsten führte, welche erst im 
nüchsten Jahre wiederum bei der 
grossen Eleusinienfeier im Boedro- 
mion Statt* fand.  Móglich dass 
mit der Beschrünkung der Weiber 
auf Einweihung am Tage auch 
diejenige auf einen niedrigeren 
Grad der Weihe verbunden war, 
s. unten zu $ 35. — Ueber neque 
beim Imperat. vgl. Drüg. I. $ 153. 
10 (unt. 1II. 11); sonst freilich nach 
vorhergehendem  bejahendem, bei 
Dichtern auch in der Fortsetzung 
von 4e, 8. das, doch wird die dich- 
terische Freiheit nicht über den 
alterthümlichen Gebrauch hinaus- 
gegangen sein. — as$80let, unpersón- 
lich mit Erg. von fieri, wie háufig, 
vgl. Lael. 7 cwm in hortos D. Bruti, 
ut assolet, venissemus, mehr Klotz 
Lex., seltener so solet: senatus quos 
ad. soleret. referendum censuit. Nat. 
d. IL. 10; quoniam tw non, ut olim 
80lebat, Atellanam sed, ut unc fit, 
mimum introducisti Fam, IX. 106. 7; 
simul, id quod in tali re solet, alii 
jortenta. atque prodigia muntiabant 
jall. Cat, 30; cf. Nügelsb. $ 183. ὃ. 


118 


DE LEGIBUS 


22. Sacrum commissum, quod neque expiari poterit, 
impie commissum esto: quod ezpiari poterit, publici 


sacerdotes expianto. 


Loedis publicis, quod sine curriculo et sine certa- 


8 22. sacrum commissum: Es 
handelt sich um Verstósse bei Aus- 
übung heiliger Handlungen, wie 
Opfern,  Gebeten,  Processionen, 
Spielen, bei der die strengste Be- 
wahrung der hergebrachten Formen 
geboten war, jede Abweichung von 
ihnen als sündhaft galt. Eine in 
dieser Beziehung begangene Ver- 
schuldung hiess piaculum commis- 
sum (Prell p. 117), insoferm sie 
durch den Priester gesühnt werden 
konnte; die Handlung selbst musste 
dann von Neuem vorgenommen 
werden. So berichtet Plutarch 
(Coriol. 25), dass ein Opfer aus 
diesem Grunde 30mal erneuert 
wurde (ἀεί. τινος ἐλλείματος ἢ 
προςκρούματος γίνεσθαι δοκοῦντος). 
Die Art der Verstósse konnte sehr 
geringfügig sein, wie wir aus Cic. 
Har. resp. 23 ersehen: si ludius 
constitit (Stockung der Tanzbewe- 
gung) aut tibicen repente conticuit 
aut puer ille patrimus εἰ matrimus 
tensam non tenuit (eins der Pferde, 
die den Gótterwagen Zogen, scheu 
wurde) si lorum omisit, aut si 
aedilis verbo aut. simpuvio (Opfer- 
schale) aberravit, ludi sunt mon rite 
facti. Eine absichtlich unrechte 
Ausübung einer heiligen Handlung 
(audacia in admittendis foedis reli- 
gionibus 8 37) ist unsühnbar, wie 
sie von Cic, dem Clodius vorgewor- 
fen wird, welcher Spiele der grossen 
Mutter (Megalesia) durch Sclaven 
abhalten liess und die Freien ver- 
jagte (Har. resp. 94). Diese Be- 
stimmung berührt sich mit der 
obigen: ritus fam. patr. servamto 
und der unteren: ex patriis rit. opt. 
serv., ergünzt sie aber in doppelter 
Weise, erstens insofern sie die 
Folgen, die eine Uebertretung der 
Art nach sich zieht resp. den Weg 
zur Abwendung derselben, wenn 
unfreiwillig, angibt; zweitens sich 
auch auf Nebenumstünde heiliger 
Verrichtungen bezieht, deren Ver- 
letzung zwar den Góttern anstóssig, 


aber noch nicht ein Aufgeben des 
eigentlichen ritws ist. Beachtens- 
werth ist noch, dass hier bei sol- 
chen Verschuldungen üusserer Art 
den Staatspriestern das Recht einer 
mindestens (s. aber zu 8 37) ideellen 
Bestrafung (audaciam in adm. rel. 
f. dammet atque impiam — iudicet 
8 37) zuerkannt wird, wührend 
oben bei verwandten Vergehungen 
wie gegen das Gebot der Reinheit 
und der Beschrünkung des Auf- 
wandes bei Opfern ein mensch- 
liches Eingreifen durch Strafe ganz 
ausgeschlossen war. — Was nun 
den Ausdruck saerum commissum 
betrifft, so hat man ihn als gleich- 
bedeutend mit commissum in sacrum 
gefasst, ohne für diesen Gebrauch 
eine andere Parallele als idque ne 
committi (oben in demselben Ge- 
setze $ 20), das wir in omitti ge- 
ündert haben, anführen zu kónnen. 
Dagegen führt das in zum Theil 
entsprechendem Sinne gebrüuch- 
liche piaculum commissum, sowie 
Ciceros erlàuternde Worte — unten 
8 37 — in admittendis foedis reli- 
Pange auf eine andere Erklürung 
in. Nümlich sacer, eigentlich den 
Góttern als Eigenthum geweiht, 
ist auch oft soviel als ihnen zur 
Strafe, Vernichtung, verfallen, ver- 
flucht von einer Person, Verfluchung 
bedingend, fluchwürdig von einer 
Sache oder Handlung (awri sacra 
fames ἃ. dgl) Dies dürfte aber 
insbesondere auf solche  Hand- 
lungen passen, die durch ungehórige 
Form im Verkehr mit den Góttern 
eine unmittelbare Ehrenverletzung 
derselben enthalten — auch auf 
unfreiwillige, solange nicht Genug- 
thuung geleistet. Also — religióse 
Verschuldung; sofern absichtlich, 
Frevel. ἔν 

ne vgl. 1. 8 56. 

ludis jux sq. Wenn die sehr 
schwierige Lesart richtig ist, so 
lüsst die Stelle nur folgende Er- 
klürung zu: Bei den óffentlichen 


LIB. II. CAP. 9. $ 22. 


119 


iione corporum fiat, popularem laetitsam in cantu et fa- 
dibus et tibiis moderanto eamque cum divum honore 


iungunto. 


Ex patriis ritibus optuma colunto. ; 
Praeter Idaeae matris famulos eosque iustis diebus 


ne quis stipem cogito. 


Spielen soll man die Fróhlichkeit 
des Volkes, soweit sie ohne Lauf 
und kórperliche Wettkámpfe erregt 
wird (laetitiam facere d. Fin. I. 25), 
am (beim) Gesang, Saiten- und 
Flótenspiel mássigen ... Die Be- 
ziehung des Relativsatzes auf das 
folgende pop. laetitiam ist hart, 
nur dadurch zu entschuldigen, dass 
Letzteres als Haupttheil des Ge- 
dankens den Sinn ganz erfüllte und 
beherrschte. | Unmóüglich aber ist 
Feldh.'s Erklàrung des Relativsatzes 
durch quatenus fit wt ludatur, in- 
dem ludis publicis für gleich ge- 
nommen wird mit cwm ludi publici 
celebrantur. Das heisst den Schrift- 
steller stammeln, nicht reden lassen. 
Einigen Anstoss ferner gibt, nach- 
dem die laetitia dem Gegenstande 
nach durch den Relativsatz schon 
bestimmt ist, der weitere Zusatz 
in cantu sq. Doch dürfte dieser 
an Erheblichkeit verlieren, wenn 
man erwágt, dass die Bestimmung 
des Relativsatzes noch zu weit war, 
da sie erst die scenischen Spiele 
bezeichnete, noch nicht denjenigen 
Theil von ihnen, auf den es hier 
ankommt, die musikalischen Par- 
tien oder Begleitung derselben. — 
Zur Sache erfahren wir aus $ 38 flg., 
dass Cic. die Ansicht Platos theilte, 
dass die Musik einen wesentlichen 
Einfluss auf die sittliche Bildung 
habe und das Volk sowohl zu ver- 
weichlichen als in wilde Ausgelas- 
senheit zu versetzen vermóge. Dar- 
aus folgt, dass irrig Bait. im vor 
cantu gestrichen hat; denn damit 
würde nur die Richtung und Len- 
kung der Fróhlichkeit durch die 
Musik verlangt, wührend Cic. die 
Mássigung in der Wahl der Ton- 
weisen, des musikalischen Charak- 


ters, fordert. Zu in bei laetitia . 


vgl. delectari $ 17. 
cum div. hon. i. Das Vergnügen 
der Spiele, also die Spiele selbst 


sollen mit Verehrung der Gótter 
verbunden, d. h. zu Ehren der 
Gótter gefeiert werden. So auch 
in Rom. Die ludi Romani (Sep- 
tember), Capitolimi (Octob.), Ple- 
bei; (Novemb), Magni  (unbe- 
stimmter Zeit, nicht regelmiàssig, 
Pr. p. 200) wurden zu Ehren des 
Jupiter gefeiert, und zwar die Magni 
nur als circenses, die anderen 
auch als scemici; .Apollimares (Juli, 
circ. ἃ. scen.), Cereales (Mitte 
April, circ.) den bezeichneten Gott- 
heiten, J'lorales der Flora (Ende 
April, circ. ἃ. scen.) JMegalenses 
z. E. d. grossen Mutter (Anfang 
April, circ. ἃ. scen), Saeculares, 
ursprünglich T'erentimi, weil am 
Terentium auf dem Camp. Mart. 
gefeiert, genannt, zanüchst den un- 
teren Góttern Dis und Proserpina, 
spáter auch den oberen, wie Apoll 
und Diana, den angenommenen 
Schutzgottheiten des Augusteischen 
Zeitalters, Jupiter u. Juno u. s. w. 
(circens. ἃ, gladiatorii) Z'awrii den 
unteren Góttern (nicht regelmüssig). 
Dazu kamen funebres od. novendiales, 
von Privaten abgehalten zu Ehren 
der Manen der Verstorbenen (meist 
gladiat..  Nüheres bei Preller zu 
dens. Vgl. zu III. 8 7. 

er pair. rit. sq. den Fall be- 
treffend, dass verschiedenartige Ge- 
brüuche aufgekommen waren. Dass 


hier von  óffentlichen  Feierlich- 
keiten die Hede s. oben zu rit. 
famil. $ 19. 


Mit echt rómischer Nüchternheit 
erklürt Cic. sich gegen die, leicht 
das $Staatsinteresse — geführdende, 
HKeligionsbettelei. .Eine Ausnahme 
wird nur gemacht für die ver- 
schnittenen Priester der Cybele 
(Idaea mat. vom Phrygischen, für 
den Stammsitz der lHtómer angese- 
henen, Berge Ida), Gall, die durch 
Herkommen das Hecht hatten, bei 
dem jührlichen Umzuge durch die 


120 


DE LEGIBUS 


Sacrum sacrove commendatum qui clepsit rapsitve, 


parricida esto. 


Periurii poena divina exitium, humana 4edecus. 
Incestum pontifices supremo supplicio sanciunto. 
Impius ne audeto placare donis iram deorum. 
Caute vota reddunto. Poena violati iuris esto. Quo- 


Stadt für die grosse Mutter zu 
sammeln (μητραγυρτεῖν), aber dar- 
um auch um so verüchtlicher er- 
schienen (Pr. p. 451). Ovid. Fast. 
4. 350 leitet die Sitte dieser Geld- 
sammlung von den Beitrügen her, 
die nach der Aufnahme der grossen 
Mutter in Rom i. J. 204 zur Er- 
bauung eines Tempels für sie zu- 
sammengebracht wurden.  lustis 
diebus: nümlich um die Zeit der 
Megalesia (s. zu ludis). 

Sacrum sacrove sq. Die Tempel 
und Heiligthümer galten immer als 
die sichersten Aufbewahrungsorte; 
daher der Staatsschatz dort nieder- 
gelegt zu werden pflegte, wie bei 
den Athenern in dem ὀπισϑόδομος 
des Parthenon, bei den Rómern im 
Tempel-des Saturn. Auch Privat- 
leute vertrauten ihnen gern ihre 
Schütze an, wie der Greis Euclio 
in der Aulularia des Plautus seinen 
Topf mit Gold (aula) dem Tempel 
der Fides (s. Act. III. 4. 46). Vgl. 
unten 8 41. Der Haub eines zur 
Aufbewahrung anvertrauten Gutes 
(sacro commend.) galt ebenso als 
sacrilegium, wie der eines heiligen 
Gegenstandes (sacrum) selber: ein 
so schweres Vergehen, dass es dem 
Vatermorde  gleichgesetzt ^ wird, 
Aehnlich Plato in Betreff des fs96- 
συλος: ἄν τις περὶ ϑεοὺς ἢ περὶ 
γονέας ἢ περὶ πόλιν ἠδικηκὼς 
ἀναφανῇ, δίκη τούτῳ ϑάνατος sq. 
Leg. IX. p. 854. E. 

oriurit sq. Das róm. Recht sah 
von einer peinlichen Bestrafung des 
Meineids ab, indem es diese den 
Góttern überliess, s. Cod, Just. IV. 
Tit. 1 ?urisiurandi contempta religio 
satis deum ultorem habet — nur in 
ültester Zeit wurde er mit Hinab- 
sturz vom Tarpejischen Felsen be- 
straft —, dafür trat die hóchste 
Ehrenstrafe ein, indem der Mein- 
eidige für infamis erklürt wurde, 


d. h. des ?us suffragii et honorum 
verlustig und unfühig, eine Crimi- 
nal- oder sonstige óffentliche (actio 
popularis) Klage anzustellen und 


Zeugniss abzulegen. Vgl. Rein p. 
143 flg. 

incestum hier im engeren Sinne 
Unkeuschheit der  Vestalischen 
Jungfrauen (sonst auch  Blut- 


schande), wurde von den Pontifices 
mit erschwerter "lodesstrafe ge- 
ahndet, indem die schuldige V. 
lebendig begraben wurde. 
sancire hier bestrafen, wie auch 
wohl III. 46 vis capite sanciatur, 
Ofter unter Strafe verbieten s. 8 10. 
Impius sq. Entsprechend dem 
obigen (8 19) Verbote, dass selbst 
Fromme sich des Aufwandes bei 
Opfern enthalten sollen, wird Gott- 
losen jedes Opfer oder sonstige 
Ehrengeschenk an die  Gótter 
untersagt: ein Verbot, welches eine 
sehr würdige Auffassung des gótt- 
lichen Wesens bekundet, insofern 
es davon ausgeht, dass die Gótter 
nur auf die Gesinnung, nicht auf 
Gaben oder üusseren Dienst Werth 
legen. — Aus der hier vorliegenden 
Bedeutung von placare , beschwich- 
tigen, versóhnen'** entwickelte sich 
die besonders bei Dichtern hàufig 
vorkommende, allgemeinere, des 
Huldigens durch Opfer und reli- 
ióse Verrichtungen überhaupt, wie 
or. Od. 1. 36. 2 twre εἰ fidibus 
placare; ib. 3. 23. 3 si ture placaris 
εἰ horna fruge lares; 9. 14. 6; Ov. 


Fast. 1. 671 οἷο; Cic. Leg. II. 
25; 30. 
caute v. sq. Man soll die Ge- 


lübde behutsam erfüllen, d. h. ohne 
Schmülerung anderer Rechte. Die 
Erlàuterung folgt unten 8 42 flg. 
an einem Beispiele aus Ciceros 
eigenen Lebensschicksalen. Clodius 
hatte (s. die Rede de Domo) das 
Haus Ciceros mniederzureissen und 


LIB. IL: CAP 9. $ 22. 


circa ne quis agrum consecrato. 


sacramdi modus esto. 


121 


Auri, argenti, eboris 


Sacra privata perpetua manento. 


an Stelle desselben der Libertas 
einen Tempel zu weihen gelobt, wel- 
chen er auch ausführte. Dies hat 
nicht ohne Verletzung nicht nur der 
Rechte Ciceros, sondern vor Allem 
der seiner Laren und Penaten ge- 
schehen kónnen. Die Verletzung 
früherer Rechte ist strafbar (poena 
viol. i. e). Daher dürfen auch 
Aecker nicht geweiht werden. Denn 
nach 8 45 ist die Erde allen Gót- 
tern heilig p Durch Uebertragung 
eines Theils derselben an einen be- 
stimmten Gott werden somit die 
Rechte der übrigen gekránkt. Diese 
nach dem Wortlaut der Stelle ein- 
zg mógliche Erklürung bietet aber 
manche Anstósse. Der wichtigste 
ist der, dass Cic. $ 45 gegen Ende: 
terrae cultum  segniorem | suspicor 
fore, si ad eam wutendam ferroque 
subigendam superstitionis aliquid 
accesserit sich gegen Platos Be- 
ründung seines Verbotes, einen 
Theil der Erde zu weihen, ver- 
wahrt. Auch káme er, wenn er 
diesem Grunde beistimmte, mit 
sich selbst in Widerspruch, da er 
oben (8 19) lucos, also gewisse 
Theile der Erde, Góttern zugeeignet 
hatte. Daher hat Madvig quocirca 
als aus 8 45 quocirca me quis iterum 
idem consecrato eingedrungen aus 
dem Texte gewiesen.  Hiernach 
würe der Zweck des Verbotes nur 
Masshaltung wie im Folgenden. 
Sodann muss man sich fragen: 
warum Cic. nicht lieber das Ein- 
gehen als die Erfüllung eines un- 
erechten* Gelübdes untersagt hat. 

ielleicht, weil ein solches für eo 
ipso nichtig galt; der an Erfüllung 
esselben interessirte Gott durch 
Ersatz befriedigt werden konnte. 
Jedenfalls verlangt aber die Ueber- 
einstimmung in Gedanken, dass 
auch consecrare von der Darbrin- 
ἔπιε der Gabe, der Hingabe zum 
;genthum selber verstanden wird, 
wie Arch. 27 Fulvius non dubitavit 
Martís manubias Musis consecrare, 
nicht von der Vorbestimmung, dem 
Angeloben, dazu, in welchem Sinne 


das Wort bei genauem Gebrauche 
unterschiedlich von dedicare, s. zu 
Dom. 125 u. 126, gesetzt wurde. 
Zu bemerken ist noch, dass zur 
Lósung der Schwierigkeiten einige 
reddunto in faciwnto geándert wis- 
sen wollen, oder es in demselben 
Sinn (— sagen, aussprechen, sonst 
^wncwpare) fassen, unter 2uwris das 
Recht auf Erfüllung des Gelübdes 
verstehen. Dann aber passt die 
unten 8 42 gegebene Erlàuterung 
nicht. 

Awri sq. Cic. untersagt die Wid- 
mung von Gold, Silber und Elfen- 
bein nicht ganz wie Plato (s. 8 45), 
sondern nur das Uebermass; also 
leitet ihn mehr eine besonnene 
Rücksicht auf Erhaltung des Ver- 
mógens, die ja auch in anderen 
Bestimmungen dieser lex (s. oben 
opes amovenio; unten swmptum in 
ollos sq.) durchleuchtet, als der 
Platonische Grund (s. a. a. O.). 

Sacra priv. Die Besorgung der 
von Vorfahren gestifteten, in der 
Familie zu vererbenden, sacra war 
oft eine leostspielige Verpflichtung; 
daher in einer Zeit, wo die Ach- 
tung vor dem alten Cultus ge- 
schwunden war, nach Mitteln und 
Wegen gesucht wurde, um sich 
dieser Verpflichtung zu entledigen. 
Diesem Bestreben kaàm juristische 
Schlauheit und Interpretationskunst 
zu Hülfe, worüber s. unt. $ 52— 53, 
u. besonders Muren. 27 sacra ill 
(maiores) interire noluerunt: horum 
(iuris consultorum) ingenio senes ad 
coémptiones faciendas interimendo- 
rum sacrorum causa reperti sunt. 
Nümlich Frauen, auf denen die 
Verpflichtung ruhte, gingen mit 
einem kinderlosen, alten Manne eine 
Ehe durch coémptio (s. darüb. Lange 
I. 93) ein, wodurch das Vermógen 
und die Verpflichtung auf diesen 
überging; wurden darauf nach vor- 
heriger Verabredung aus der Manus 
desselben unter Rückerstattung des 
Vermógens wieder losgelassen. Die 
Verpflichtung aber behielt dieser 
gegen Enteschüdigung bis zu seinem 


122 


DE LEGIBUS 


Deorum manium iura sancta sunto. Nos leto datos 
divos habento: sumptum in ollos luctumque minuunto. 
X. 29. ATT. Conclusa quidem est a te íam magna lex 


sane quam brevi. 


Set, ut mihi quidem videtur, non multum 


discrepat ista constitutio religionum a legibus Numae no- 


Tode, mit dem sie, wenn er weder 
Vermógen noch Kinder besass, für 
immer erlosch. Diesen juristischen 
Kunstgriffen also will Cic. entgegen- 
treten. 

Deor. man. sq. Durch den Tod 
und die Weihe der Bestattungs- 
gebrüuche gelüutert, erhóht und 
gleichsam consecrirt, wurden die 
Verstorbenen fortan wie andere 
Gótter und Geister verehrt (Prell. 
p. 72) Der Name bedeutet die 
Lichten, Guten (ebds. p. 455). Ihre 
Rechte bestanden besonders in dem 
sacrificium  novendiale, dem Süh- 
nungsopfer und  'Todtenschmaus 
nach der Bestattung, ferner in der 
alljáhrlichen Privatfeier des Sterbe- 
tages, mit Spenden am Grabe und 
Bekrünzen desselben,  parentalia 
genannt, sowie in der óffentlichen 
Todtenfeier im Februar 13— 21, 
auch parentalia, der letzte "Tag 
von dem Todtenopfer feralia, ge- 
nannt, worauf die Carsstia, der 
Todtenschmaus, ^am 22. folgten 
und den Abschluss machten (Prell. 
p. 482 flg). Zu Hauslaren erhoben 
hatten sie ferner die besonderen 
Rechte dieser. Darüb. Pr. 486 flg. 
bonos st. mos schreibt  Urlichs 

hein. Mus. 1878 p. 155, weil nach 
II. ?7 nur die Seelen der Guten 
góttlieh seien.] 

Sumptum sq. wieder massvoll 
und rómisch. Das Nühere darüber 
unten ὃ 59 flg. 

Cap. X. 823. sane quam Pleo- 
nasmus nàch Analogie von mirum 
quantum, mirum quam. (Att. 13. 40), 
nimium quantum, nimis u. nimium 
quam, admodwm quam (bei Plaut.), 
valde quam (Brut. Fam. XI. 13. 3), 
immane quantum (Hor. Od. I. 27. 6) 
und dem griech. ϑαυμαστὸν ὅσον 
od. ϑαυμαστῶς ὡς, ὑπερφυῶς ὡς etc. 
s. K. W. Krüger 51. 10. 12---18. Vgl. 
Q. Frat. 2, 4. 5 sane quam refrizit; 
Fam. 4. 5. 1 s. q. pro eo ac debwi 
graviter molesteque tuli; 8. 1. 2 s. q. 


repressit; 8. 4. 2 s. q. incutit multis 
magnum metum; 8. 6. 1. 8. q. non ea 
invidia; 8. 10. 1 8. q. commoti sumus. 
8. 14. 1; 11 13. 4. 

legibus Numae. Numa wurde in 
spüterer Zeit als Gründer der ganzen 
rümischen Rheligionsverfassung an- 
gesehen; so legt ihm Dionys die 
Einsetzung folgender Collegien bei: 
der Curionen (seit der Aufnahme 
der Lwuceres 30, der Zahl der Curien 
entsprechend), der J'lamines (ma- 
iores, wenn anders die minores erst 
mit der Entstehung der plebs hin- 
zugetreten sind; doch führten einige 
auch diese auf Numa zurück s. 
Prell 108 u. 137), der tribuni Ce- 
lerum, augures (die Liv. schon unter 
Romulus annimmt, Cic., Rep. II. 26, 
von der Dreizahl unter homulus 
durch Numa auf die Zahl fünf er- 
hoben werden lüsst), der Vestali- 
schen Jungfrauen, der Sal 
Palatini (die Collini oder Agonales 
sollen unter Tullus Hostilius hin- 
zugekommen sein), der F"et/ales, der 
Pontifices. B. Il. 64—73. Eine 
andere Gruppe, die der Sodalitüten 
oder Brüderschaften, wie die Lw- 
perci, sodales Titii, fratres Arvales, 
ist um die Zeit jener Gründungen 
schon als bestehend zu denken. 
Pr. p. 111. Ferner auf Numa als 
den Reprüsentanten der alten Zeit 
führt man die Vorschriften in Be- 
ireff der Einfachheit des Cultus 
(opes amovento), der Enthhltung von 
aller Vergegenwürti der Gótter 
durch Tempel un "Büder, dag 
theilweise Verbot blutiger Opfer 
zurück; dagegen auch die Ueber- 
ladung mit religiósen Observanzen, 
die strengen Vorschriften in Betreff 
der castitas, der Anwendung der 
einmal hergebrachten und consecrir- 
ten Formeln der Gebete (indigita- 
menta) oder frommen Gebrüuche, 
sowie der piacula im Falle ihrer 
Verletzung. Dieser alten Periode 
setzt man eine spütere, in die Zeit 


LIB. II. CAP. 9. 10. 8 22—24. 193 
strisque moribus. M. An censes, quom in illis de re publica 
libris persuadere videatur Africanus, omnium rerum publicarum 
nostram veterem illam fuisse optumam, non necesse esse op- 
tumae rei publieae leges dare consentaneas? ATT. Immo pror- 
sus ita censeo. M. Ergo adeo expectate leges, quae genus illud 
optumum rei publieae contineant, et, si quae forte a me hodie 
rogabuntur quae non sint in nostra re publica nec fuerint, 
tamen erunt fere in more maiorum, qui tum ut lex valebat. 
24. ATT. Suade igitur, si placet, istam ipsam legem, ut ego 
"UTEI TU ROGAS' possim dicere. M. Ain tandem, Attice, non 
es dicturus aliter? ATT. Prorsus maiorem quidem rem nullam 
Sciscam aliter, in minoribus, si voles, remittam hoc tibi. Q. 
Atque mea quidem eadem sententia est. M. At, ne longum 
fiat, videte. ATT. Utinam quidem! quid enim agere malumus? 


der Tarquinier fallende Entwicke- 
lungsstufe gegenüber, welche den 
Einfluss des etruscisch-griechischen 
Cultus darstellt und sich in Pracht- 
entfaltung und bildlicher Vereh- 
rung offenbart. So schreibt man 
den Tarquiniern die Erbauung des 
Capitolinischen Tempels, die Ein- 
führung der ludi romani, der Pro- 
cessionen; ferner die Zulassung der 
etruscischen Haruspicin, die Auf- 
nahme des Apollinischen Cultus 
mit den Sybillinischen Weissagun- 
gen und die damit verbundene Ein- 
setzung der duwmviri (spáter X u. 
XV wiri) saeris faciundis, der 
sacerdotes sibyllini, zu. Pr. p. 127 flg. 
In Ciceros Lex sind beide Systeme 
verschmolzen; das letztere mag mit 
nostrisque moribus bekannt sein. 

in illis de republica 8q. Scipio, 
welcher von den drei einfachen 
Verfassungen die monarchische für 
die beste δᾶ], für besser noch als 
diese die aus den drei einfachen, 
der mon., aristokratischen, demo- 
kratischen zusammengesetzte, er- 
kennt unter den bestehenden der 
rómischen den Preis zu, insofern sie 
— wie auch Polybius in Hinblick 
auf das Consulat, den Senat und 
die Comitien urtheilte, s. B. VI. C. 
11 fig. u. Einl. p. 7 — auf der Zusam- 
mensetzung beruhte. Rep. 1. 69 — 
70 u. ll. 41—43. Vgl. oben I. 20. 

veterem: zu seiner Zeit erschien 
sie dem Cic, entartet. 

necesse esse, nicht oportere: denn 
nicht die Zweckmüssigkeit, sondern 


die logische Nothwendigkeit, die 
darauf beruht, dass Africanus da- 
von überzeugt hat, soll ausgedrückt 
werden. 

Ergo adeo: daher eben, grade. 
Adeo urgirt einen Begriff der Art, 
dass es ihn steigert (sogar) oder 
bekráftigt (eben, grade), gehóürt so 
mehr der alten Sprache an, sodass 
es über Cic. hinaus in der Prosa 
sich fast nur bei alterthümelnden 
Schriftstellern, wie Gell., noch findet. 
Die Functionen desselben haben 
spüter theilweise andere Partikeln 
übernommen, wie cel (etiam), qui- 
dem (Tursell I. p. 143, 147). Am 
háufigsten steht es bei Zahl- und 
Massbegriffen u. Pronomina, selten 
bei Adverbien und nur bei solchen, 
die eine gewisse Demonstrativkraft 
áussern, wie inde, nwnc, nuper. So 
auch hier bei ergo, welches an- 
streift an hanc ob causam. οὶ 
Pronom. vgl. Cic. id adeo Caec. 81; 
Cluent. 80; Verr. 4. 141 (mehr da- 
selbst Halm); quarwm adeo Fin. 
2. 37. 

rogabwntur publicistisch, 50 nach- 
her suadere, indem Quintus und 
Atticus scherzhaft an Stelle des 
Volkes gedacht werden. 

erunt zu I. 8 43. - 

8 24. utei sq. Die gewüóhnliche 
Genehmigungsformel war blos wti 
rogas, Lange IL. p. 422. tw viel- 


leicht hier nachdrücklich dem ego 


gegenübergestellt. Zur  Orthogr. 
vgl. $ 21 u. 8 60. 


remittam tibi hoc sc. ut. suadeaa. 


124 DE LEGIBUS 

M. Caste iubet lex adire ad deos, animo videlieet, in quo 
sunt omnia. Nec tollit castimoniam corporis, sed hoc oportet 
intellegi, quom multum animus corpori praestet observeturque, 
ut casta corpora adhibeantur, multo esse in animis id servan- 
dum magis. Nam illud vel aspersione aquae vel dierum nu- 
mero tollitur: animi labes nec diuturnitate evanescere nec 
amnibus ullis elui potest. 25. Quod autem pietatem adhiberi, 
opes amoveri iubet, signifieat probitatem gratam esse deo, 
sumptum esse removendum. Qui enim paupertatem cum divi- 
tiis etiam inter homines esse aequalem velimus, cur eam sumptu 
ad sacra addito deorum aditu arceamus? praesertim cum ipsi 
deo nihil minus gratum futurum sit quam non omnibus patere 
ad se placandum et colendum viam. Quod autem non iudex, 
sed deus ipse vindex constituitur, praesentis poenae metu religio 
confirmari videtur. Suosque deos aut novos aut alienigenas 
coli confusionem habet religionum et ignotas caerimonias sacer- 


dotibus. 
si huic legi paruerint ipsi. 


illud sc. die Unreinheit des Kór- 
pers, wie sich aus dem Zusammen- 
hang ergibt, indem tollitur, der 
Gegensatz von servare, auch in dem 
Subjecte den Gegensatz von dem 
entsprechenden Nomen des vorigen 
Batzes: corporis castimonia, zu sehen 
nóthigt. 

aspersione, Bei den Opfern für die 
unteren Gótter genügte vorherige 
Besprengung, wührend bei solchen 
für die oberen der ganze Kórper 
vorher in laufendem Wasser ge- 
badet werden musste. Macrob. 3. 1. 
dierum. mwmero: z. B. 10, bisweilen 
gar 20 oder 30, wührend deren 
man sich des Fleisches oder des 
ehelichen Umganges (secubare) ent- 
hielt ; amnibus Strüóme Wassers, der 
Plural (cf. I. 21) insofern als Theile 
des Flusses gedacht werden, nach 
Analogie des Plurals bei Abstracta 
und gewisser Concreta, wie aera 
(Tafeln), pices (Pechstücke), s. 
Nügelsb. Stil. 8 48. 2. (So maria 
Plin. Hiet. N. IX. 54 [80], unten 
in einer Anmerkung zu 3. 30.) 

8 25. Qui enim nach einer Ver- 
besserung Madvigs. Die Hdschrr. 
Quid enim? paupertatem cum (wüh- 
rend) divitiis sq. Auf quid enim? 
aber, welches einen apagogischen 
Beweis einleitet (vgl. L. 8 51) folgt 


26. Nam a patribus acceptos deos ita placet coli, 


eine zweite Frage nur mit »um, 
ne oder ohne Fragewort. S. Seyf- 
fert Schol. lat. 8 48 f. 

aequalis cum nur &àn dieser St. 
bei Cic. (bei anderen s. Klotz Lex.), 
nàch Analogie von aequare cum 
Inv. I. 3; Leg. 3. 24; Brut. 138; 
exaequare 8. Lex., ἃ. ἃ. 

placare zu ὃ 22. 

religio der Gottesdienst mit den 
für ihn bestehenden Gebrüuchen. 

suosque eigene von zweierlei Art, 
entweder neue oder — vgl. oben 8 19. 

habet confus. rel. hat zur Folge, 
et ignot. caer. führt bei sich (hat 
an sich) d. h. ist begleitet von. 
Somit steht habere hier in zwie- 
facher Nüancirung des Sinnes, der- 
gleichen ófter vorkommt. Vgl. perti- 
nere 8 33 augurum disciplina videtur 
fwisse duplex, wt ad rei publ. tem- 

nonnunquam (hier: in Bezie- 


pus : 
hung stand zu, d. h. abhing von), ad 


agendi consilium saepissime pertine- 
ret (hinzielte, abzweckte auf, diente 
zu) So Pind. Ol. 1. 141 ἕλεν δ᾽ Oivo- 
μάου βίαν (tódtete oder überwand) 
παρϑένον tt σύνευνον (gewann); 
Hom. Il. XT. 328. Vgl. übr. Anb. 

8 26. Nam in der bekannten 
elliptischen Anwendung: der Cultus 
eigener Gótter ist verboten. Hier- 
bei werden nicht die von den Và- 


LIB. Il. CAP. 10. 11. 


8 94- 96. 195 


Delubra esse in urbibus censeo, nec sequor magos Per- 
sarum, quibus auctoribus Xerxes inflammasse templa Graeciae 
dieitur, quod parietibus ineluderent deos, quibus omnia debe- 
rent esse patentia ac libera quorumque hie mundus omnis 


templum esset et domus. 


Xl. Melius Graii atque nostri, 


qui 


ut augerent pietatem in deos, easdem illos urbis quas nos in- 


colere voluerunt. 


Adfert enim haec opinio religionem utilem 


civitatibus: si quidem et illud bene dictum est a Pythagora, 
doctissimo viro, tum maxume et pietatem et religionem ver- 


sari in animis, cum rebus divinis operam daremus, 


et quod 


Thales, qui sapientissimus in septem fuit, homines existimare 


tern überkommenen Gótter aus- 
genommen. Denn nur in dem 
Falle sollen diese verehrt werden, 
wenn diese selbst jenes Verbot be- 
achtet haben. Also mit nam wird 
dem Einwurfe vorgebeugt, dass 
den Familien ein besonderer Cultus 
eingeráumt sei, somit jenes Verbot 
kein allgemeines sein dürfe. . Ueber 
diesen so háufigen Gebrauch in der 
occupatio s. Seyft. Schol. 1. 8 22; 

IL. 8 348. 4. Cf. Leg. II. 
$ 28 Nam illud vitiosum. So auch 
in der Praeteritio: Nam qwid Ma- 
erum wwumerem? 1. 7. Vgl. sonst 
Nat. d. I. 27; 28; 3. 41; Acad. I. 
34; Planc. 91; Cael. 4; 5; 6; 10; 
17; Corn. B. 1; Flacc. 43; Rab. 
perd. 8; Brut. 81 Nam Q..Metell.; 
161 (dazu Jahn); 163 etc. 

Jelubra esse c. censeo mit dem 
Acc. 6. Inf. zur Bezeichnung dessen, 
was geschehen soll, háufig im Pas- 
siv, seltener im Act., s. Weissenb. 
zu Liv. 2. 5. 1; Drág. II. 8 441. 5. 
Bei Cic.: cwm legatos decermi non 
censuissem, Phil. 8. 21. 

Xerxes templa  inflammasse | (cf. 
Nat. d. 1, 115) d., quod parietibus 
sq. (cf. . 9. 14). Zu den Re- 
o» ten der Perser vgl. 

rod. I. 131 Πέρσας δὲ οἷδα ἀγάλ- 
ματα μὲν καὶ νηοὺς καὶ βωμοὺς 
οὐκ ἐν νόμῳ ποιευμένους ἰδρύεσθαι 
ἀλλὰ καὶ τοῖσι ποιεῦσι μωρίην ἐπι- 
φέρουσι, ὡς μὲν ἐμοὶ δοκέειν, ὅτι 
οὐκ ἀνθρωποφυέας ἐνόμισαν τοὺς 
ϑεοὺς κατάπερ οἵ “Ἕλληνες εἶναι" 
οἵ δὲ νομίζουσι “ιὲ —(Ahura- 
mazda) μὲν ἐπὶ τὰ ὑψηλότατα τῶν 
ὀρέων ἀναβαίνοντες θυσίας ἔρδειν, 
τὸν κύκλον πάντα τοῦ οὐρανοῦ Jí« 


καλέοντες (dies irrig, s. Stein Ζ. 
St). ϑύουσι δὲ ἡλίῳ (Mithra) καὶ 
σελήνῃ (Mah) καὶ γῇ (der Tochter 
des Ahuram.) καὶ πυρὶ (dem Sohne 
desselben) καὶ ὕδατι (Ardvigüra) 
καὶ ἀνέμοισι. 

Cap. ΧΙ. Graii selten und immer 
mit einer gewissen Ehrerbietung 
resp. Anerkennung. 

nostri — zu der Auslassung der 
Verba facere (so hier) dicere, iudi- 
care τ. S. w. bei Adverbien in Be- 
zug auf eine vorhergehende Angabe 
vgl. Berger Stil 8 89. 3; Zumpt 
8 771, u. III. 46 Graeci hoc dili- 
gentius. 

rebus divinis op. d., insofern die 
Alten sich beim Opfer die Gótter 
gegenwürtig dachten (Schóm. II. 
p. 228), háàufig auch Bilder der- 
selben anwesend hatten, wie immer, 
wenn das Opfer im Tempel dar- 
gebracht wurde, wo sich der Altar 
vor der Bildsüule des Gottes be- 
fand (Forb. IT. p. 57). Der Aus- 
spruch des Pyth. "autete: βέλτιστοι 
γιγνόμεϑα πρὸς τοὺς ϑεοὺς βα- 
δίζοντες, wo der Begriff der gótt- 
lichen Gegenwart noch stürker her- 
vortritt. 

quod (Relat) Thales sc. divit, 
also das Act. aus dem Pass. dictwm 
est zu ergünz. Ueber diese Ellipse 
des genus verbi s. Drüg. I. 8 119. 
p. 202. Vgl. zu I. .δ6, 

in seplem: JPiltacus (aus Myti- 
lene), 5olon, Cleobulus (Lindus), 
Periander , Ohilon (Bparta). 1168 


. (Priene), T'hales aus Milet zwischen 


639—546. Nach ihm war der Ur- 
grund aller Dinge das Wasser. 
Cic, verwickelt sich unvermerkt 


126 


DE LEGIBUS 


* ὶ " 
oportere omnia quae cernerent deorum esse plena: fore enim 
omnis castiores, veluti quom in fanis essent maxime religi- 


OSIS. 
non solum in mentibus. 
in agris. 


Est enim quaedam opinione species deorum in oculis, 
21. Eandemque rationem luci habent 
Neque ea, quae a maioribus prodita est cum do- 


minis tum famulis, posita in fundi villaeque conspectu, religio 


Larum repudianda est. 


Iam ritus familiae patrumque servare id est, quoniam 
antiquitas proxime accedit ad deos, a dis quasi traditam reli- 


gionem tueri. 


Quod autem ex hominum genere consecratos, sicut Her- 
culem et ceteros, coli lex iubet, indicat omnium quidem animos 


in einen Widerspruch; denn dieser 
Ausspruch des Thales unterstützt 
offenbar die Ansicht der Perser, 
dass den Góttern keine Tempel zu 
bauen, wenn anders sie dadurch an 
bestimmte Orte gebannt werden. 
Man müsste denn annehmen, dass 
Cic. nur auf den begründeten Satz: 
alle sind reiner, sobald sie sich in 
besonders geheiligten Tempeln be- 
finden, Rücksicht nehme. Doch dem 
scheint entgegenzustehen, dass sonst 
nur der Ausspruch des Thales 
(πάντα εἶναι πλήρη ϑεῶν, Arist. 
An. I. 5; Diog. L. I. 27; Themist. 
lib. 1. d. anim. s. Turneb.), nicht 
auch dieser Grund angeführt wird. 

Est enim sq. ein Sprung. Ver- 
mittle: was natürlich ist. Denn 
wir empfinden dort durch die Bil- 
der die Gegenwart der Gotter. 
Diese aber werden mit Recht auf- 
gestellt. | Oder: demnach ist es 
recht, den Góttern Tempel zu er- 
bauen und — was damit in un- 
zerirennlichem Zusammenhang — 
Bildsüulen zu errichten. 

opinione sq. Wir haben, wie 
man glaubt (Rath conjic. nicht 
übel, doch nicht nothwendig, opi- 
nor) ein in den Augen liegendes 
— den Augen eingedrücktes, mit- 

etheiltes — Bild der Gótter, nicht 

los ein im Geiste befindliches, d. h. 
eine sinnliche, nicht blos geistige 
Vorstellung derselben. 

8 27. eandemque rat.  Dieselbe 
Bewandtniss haben die Haine, nàm- 
lich dass sie uns die Gótter nahe 
rücken und gleicheam  vergegen- 


würtigen, somit zur Frümmigkeit 
hinlenken. 


religio .Larum die Gottesvereh- 
rung der Laren, die durch die in 
den compitis aufgestellten Bilder 
derselben in die Nàhe der Land- 
güter gelegt ist.  Jeligio nicht 
Heilgthum, wie F. meint, wozu 
prodita nicht passt, Das Hauptfest 
derselben, die compitalia, waren 
feriae conceptivae bald nach den 
Saturnalien (Dec.), und hatten wie 
diese den Charakter eines heiteren 
Volksfestes, bei welchem die Scla- 
ven sich einer ühnlichen Freiheit 
erfreuten, ja sogar das Festopfer 
bedienten (Prell. p. 493). 


lam ritus sq. Die Hdschrr. ser- 
vari, was vielleicht beizubehalten 
und von censeo (delubra esse) ab- 
hüngig zu machen, indem die an 
jenen Satz geknüpften Ausführungen 
gleichsam als Zwischengedanken 
nicht hinderten, dass das Verbum 
noch im Bewusstsein blieb. Der 
Uebergang ins Activ (twer?)ist zu ent- 
schuldigen durch das Verbum, das 
sonst mit einem weniger passenden 
wie retinere hütte vertauscht wer- 
den müssen. Der blosse Infinitiv 
nach Analogie von iubere, monere, 
hortari, wenn eine allgemeine Per- 
son (man) gedacht 1st — s. F. 
Schultz 8 385. A. 2 — suadere u. a. 
Drüg. II. 8 417. Die SM in 
servare befriedigt nicht, da dem 
Gedanken, der daraus Mhervorzu- 
gehen scheint: die Gebrüuche der 
Famille und Váüter ehren heisst 
(weil sich das Alterthum den Gót- 


LIB. IL. CAP. 11. 8 26—28. 


inmortalis esse, set fortium bonorumque divinos. 


121 
28. Bene 


vero, quod Mens, Pietas, Virtus, Fides consecratur humana: 
quarum omnium Romae dedicata publice templa sunt, ut, illa 
qui habeant — habent autem omnes boni —, deos ipsos in 


animis suis conlocatos putent. 


Nam illud vitiosum Athenis, 


quod Cylonio scelere expiato Epimenide Crete suadente fece- 
runt Contumeliae fanum et Inpudentiae: virtutes enim, non 


tern am meisten náhert), eine von 
den Góttern gewissermassen über- 
lieferte Religion bewahren, die 
Form nicht recht entspricht. Denn 
weder durfte die mit τά eingeleitete 
Erklárung durch Angabe des Grun- 
des unterbrochen werden, noch ist 
id kráftig genug, um auf dieselbe 
hinzuweisen. — Das Alterthum be- 
rührt sich mit den Góttern nach 
mythologischer Auffassung, weil 
die ersten Menschen — im golde- 
nen Zeitalter — mit den Góttern 
gelebt haben, nach philosophischer, 
weil sie aus dem góttlichen Wesen 
entsprungen sind (1. 25). 

8 28. bene vero quod, s. zu me- 
lius 8 26. 

Mens — Fides humana cf. 8 19 
olla, propter quae datwr ho- 
mini adscensus in caelum. Manu, 
was die Hdschrr. st. humana haben, 
würe schwer zu erklüren, aber jeden- 
falls nicht, wie V. meint, mit ho- 
minis opere, sondern nach Dom. 105 
iisdem manibus domum consecrasse 
von einer feierlichen Bewegung der 
Hand bei der Weihung eines T'em- 
pels oder einer Bildsáule zu ver- 
stehen (Andere noch haben dabei 
an postem tenere — ófter in derselben 
Rede erwühnt, cf. $ 119 flg. —, was 
bei der dedicatio geschah, gedacht). 
Vgl. Anh. 

quarum sc. Sunt und zwar pu- 
blice dedicata. Cf. at earum templa 
sunt publice vota et dedicata, nach- 
her ceteri, m templa sunt de- 
dicata Nat, d. III. 43. 

Nam Erg. ,aber nicht (überall 
wird so angemessen verfahren". 

Cylonio $c. das gegen Kylon 
oder dessen Anhünger verübte Ver- 
brechen. 

Kylon aus Athen, Eupatride 
und Schwiegersohn des Tyrannen 
Theagenes aus Megara, einst Sieger 


in Olympia, suchte im J. 612 wüh- 
rend der olympischen Spiele sich 
der Burg zu Athen zu bemáchtigen, 
wurde aber von dem Archon Me- 
gakles, einem Alkmàáoniden, ein- 
geschlossen. Er selbst und sein 
Bruder entkamen zwar, seine An- 
háünger aber ergaben sich gegen 
das Versprechen, dass ihr Leben 
geschont würde. Dessenungeachtet 
wurden sie, zum Theil an den AI- 
türen der Erinnyen, niedergemacht. 
In Folge dessen galten die Alk- 
máüoniden, in deren Auftrage dies 
geschehen, als fluchbeladen und 
dem Zorne der Gótter verfallen, zu 
dessen Sühnung Epimenides aus 
Cnossus in Creta, ein im Rufe be- 
sonderer Heiligkeit und Weisheit 
stehender Priester, auch Verfasser 
von Lehrschriften und Gedichten, 
darunter von χρησμοί und καϑαρμοί 
d. h. Sühnelieder, i. J. 596, damals 
schon ein  Greis, herbeigerufen 
wurde. Er liess gewissen Góttern 
Heiligthümer und Altáre errichten, 
ordnete den Gottesdienst und weihte 
den Staat dem Apollo. 

Contumeliae ὝΤβρεως, 
"Avaió (ag. 

virtutes enim —. Der Satz schliesst 
sich zwar in strenger Folge an das 
Vorhergehende an. Doch überlie- 
fert Lactant., dass Cic. im Zusam- 
menhang mit dieser Erórterung ge- 
tadelt habe, dass die Griechen den 
Cupidines und Amores Bilder er- 
richtet hütten. Wenn also Lact. 
nicht aus Flüchtigkeit oder durch 
das Gedüchtniss getüuscht eine 
Verwechselung beging (cf. Nat. d. 
IH. 61 Quo ex genere Cupidinis et 
Voluptatum εἰ Lubentinae | Veneris 


Impud. 


: cocabula consecrata sunt, vitiosarum 


rerum neque naturalium), 80 kónnte 
— ja nach seinen Worten zu 
schliessen: et ideo hwic sententiae 


128 


DE LEGIBUS 


- 


vitia consecrare decet, araque vetusta in Palatio Febris et altera 
Esquilis Malae Fortunae detestanda atque omnia eius modi 
repudianda sunt. Quod si fingenda nomina, Vicae Potae potius 
atque Statae cognominaque Statoris et Invieti Iovis rerumque 
expetendarum nomina, Salutis, Honoris, Opis, Victoriae. Quon- 


adiecit: virlutes enim 86. — müsste 
diese Bemerkung vor diesem Satze 
ausgefallen sein (etwa so lautend: 
nec minus illud, quod cupidinum 
et amorum simulacra 4n gymmnasiis 
consecraverunt). 

Febris, deren Macht die Rómer 
in dem feuchten Tiberthale beson- 
ders empfanden und durch religió- 
sen Dienst von sich abzuwenden 
suchten — wie ja im gleichen 
Sinne auch die Furien durch Altüre 
und Heiligthümer geehrt waren. 
Dieselbe Góttin hatte übrigens 
nach Pr. p. 605 noch eine Capelle 
auf dem Esquilin und in dem vicus 
longus auf dem Quirinal. 

Fortuna Mala vgl. Pr. p. 559. 

Esquiliis, ebenso in gleicher An- 
gabe d. blosse Abl. Nat. d. 3. 63. 
In Bezug auf Stadttheile u. andere 
sich mit Stüdtenamen berührende 
Ortsangaben, wie von Hafenórtern 
(Piraeus) schwankte der Sprach- 
gebrauch, doch galt die λῶν μος Στ 
nach Ciceros eigener Angabe (Att. 
7. 3. 10) für regelmüssig; so auch 
bei Liv. 2. 28 alia in .Esquiliis, 
alia in Aventino fiant concilia, Vgl. 
F. Schultz 8 259. A. 3; 6. T. A. 
Krüger 8 386. A. 1. 

Quodsi fingenda sq. hieraus ist 
bis zu Statae fingenda od. fingantur 
(dies nach Drüg. 119. I. 3 resp. II. 
3.) zu ergánzen, nachher per zeugma 
ponantur zu entnehmen. Für das 
Folgende (rerumque 8q.) würde etwa 
passen consecrandi causa (nümlich 
res exp.) sumantur (deligantur) oder 
schlechthin consecrentur. Vgl. Nat. 
d. 2. 61 cupidinis et voluptatum vo- 
cabula consecrata sunt. Offenbar 
wird der Ausdruck dem Gedanken 
nicht gerecht. Vgl. übr. Anh. 

Vica JPota Siegesgóttin a vin- 
cendo et potiundo, deren Tempel 
nach Liv. 2. 7 sich am Fusse der 
Velia (nórdlieh vom Palatin) wo 
einst das Haus des Valerius Poplicola 
gestanden hatte, befand. Pr. p. 609. 


Stata Mater eine der Vesta ver- 
wandte Schutzgóttin der Strassen 
und óffentlichen Plütze, welche das 
Feuer zum Stehen brachte und so- 
wohl die Hüuser als das Strassen- 
pflaster gegen seine verheerenden 
Wirkungen schützte. Das erste 
Bild derselben befand sich auf dem 
Forum, spüter gab es deren in den 
verschiedenen vici. Pr. p. 531. 

lupiter Stator, Hemmer der 
Flucht, dem ein Tempel von Ro- 
mulus im Kampfe gegen die Sa- 
biner am Eipngangsthor des Palatin 
von der via sacra gelobt worden. 
Liv. I. 12; Pr. p. 703, — Die Con- 
struction: des Jupiters Beiname des 
Stator sq. Also Jovis gem. possess., 
die folgenden Genitive epexegetisch. 

Salus eine sabinische Heilgóttin, 
deren Heiligthum sich auf dem 
Quirinal befand, wonach das be- 
nachbarte Stadtthor porta salutaris 
hiess. Ihr Tempel, 302 v. Chr. ein- 
geweiht, ist deswegen merkwtürdig, 
weil er von Fabius Pictor, dem 
ersten, welcher diesen Zunamen 
und zwar eben von dieser That- 
sache her erhalten, ausgemalt war. 
In ihrem Tempel fand das alljühr- 
liche durch das augwriwm salutis, 
s. $ 21 eingeweihte feierliche Ge- 
bet für die Gesundheit des róm. 
Volkes Statt. Pr. p. 601. 

Honos zu Virtus 8 19. Füg zu 
den dort angegebenen Heiligthü- 
mern hinzu das vor der Porta Col- 
lina, nach Leg. II. 58. 

Ops die gütige Mutter Erde, Ver- 
leiherin der Fülle und des üppigen 
Segens, theilte als Gattin des Sa- 
turnus mit diesem den Tempel am 
Fusse des Capitol und dessen Sa- 
turnalienfeier am 17. Dec.; «spüter 
mit Rhea identifizirt und als solche 
Mutter des Jupiter erhielt sie auch 
einen Sitz in dessen Tempel auf 


dem Capitol. Pr. p. 409 flg. 
Victoria hatte mehrere Tempel, 
die  ausgezeichnetsten auf dem 


a pt 


LIB. II. CAP. 11. $ 28. 


129 


iamque expectatione rerum bonarum erigitur animus, recte 


etiam Spes a Calatino consecrata est. 


Fortunaque sit vel 


Huiusce diei — nam valet in omnes dies — vel Respiciens 
ad opem ferendam, vel Fors, in quo incerti casus significantur 


magis, vel Primigenia a gignendo, Comes tum 


Palatin und Capitol, letzteren von 
'"L. Postumius 294 im Samniter- 
kriege geweiht, und viele Bild- 
denkmáler, darunter das berühmte 
goldene von Hieron aus Syrakus 
nach der Niederlage von Cannae 
geschickt, im Gewichte von 220 
Pfund. Pr. p. 609. 

A. Atilius aus Calatia in Cam- 
panien stammend, daher Calatinus, 
258 und 254 Consul, triumphirte 
249 als Dictator über die Carthager, 
von Cic. ófter mit Verehrung ge- 
nannt, wie Nat. d. 2. 165; Tusc. I. 
110. Berühmt war sein Grabmal 
vor dem Capenischen Thore, wel- 
ches die Inschrift trug: Hwnc «num 
plurimáe coséntiwnt géntes | Popií 
primarium fuísse virum Cat. M. 61; 
Fin. 2. 116; Tusc. I. 13. Der von 
ihm der Spes gegründete Tempel 
(einen andren hatte er der Fides 
geweiht, s. zu $ 19), welche nach 
Pr. p. 617 besonders eine Verkün- 
derin des Erntesegens war, befand 
sich am Forum Olitorium. 

Fortuna Hwiusce (in den In- 
schriften Hwiusque) Diei, die dem 
qun Καιρός entsprechende 

lücksgóttin der günstigen Gele- 
genheit, welche als solche von 
einem zum andern Tage neu ist, 
scheint zwei Tempel gehabt zu 
haben, einen am Circus Maximus, 
einen andern im Marsfelde; einer 
davon war von Catulus in der ent- 
scheidenden Schlacht mit den Cim- 
bern gelobt worden. Pr. p. 558. 
iciens die sich nach Jemand 

zur Hülfeleistung umsehende wurde 
auf dem  Palatin und auf den 
Eequilien verehrt. Pr. ebds. Fors 
die UNE NES in des günstigen 
Zufalls, s. Pr. (in diesem Sinne 
auch von Cic, jedenfalls aufgefasst, 
da er die Consecration der unheil- 
stiftenden J'ortuna tadelte), die 
álteste der in Rom verehrten 71 Ὁγ7- 
tunae, hatte zwei schon von Ser- 
vius, wie geglaubt wurde, gegrün- 

Cicero de legibus. 


dete Tempel, den berühmtesten 
ausserhalb der Stadt am rechten 
Tiberufer an der Via Portuensis, 
wohin am 24. Juni, ihrem Stiftungs- 
tage, alle Gedrückten u. Hoffenden, 
auch die Sclaven, aus der ganzen 
Stadt hinzogen, entweder über die 
Brücken oder in schaukelnden Káh- 
nen auf dem Fluss, unter allerlei 
Lustbarkeiten; einen andern am 
Forum Boarium. Pr. p. 553. 
Primigenia die Erstgeborne und 
Allerzeugende hatte ein Heiligthum 
sowohl auf dem Capitol (angeblich 
von Servius Tullius, Plut. Fort. 
Rom. 10) als auf dem  Quirinal. 
Vorbild ihres Cultus war der alte 
und weitberühmte in Praeneste, wo 
sie für die Mutter des Jupiter und der 
Junogalt und ein Orakel hatte,in dem 
sie ihren Willen durch Loose offen- 
barte. Pr. p. 555 flg. und 561 flg. 
Comes twm ... Der Schriftst. 
scheint mit veránderter Construc- 
tion noch andere Epitheta an- 
geführt zu haben; erg. zunáüchst 
etwa recte appelletur oder appellata 
est, wiewohl dieser Beiname unter 
den vielen, die sie sonst noch hatte, 
vgl. Plut. Fort. liom. 10; Pr. p. 
552 flg., grade sich nirgends findet, 
ühnlichen Sinnes wie dieser aber 
Dua Geleitsgóttin, Pr. p. 560. Die 
Annahme, dass hier Worte aus- 
gefallen, wird auch dadurch unter- 
stützt, dass der im Gesetze fol- 
gende Passus: Sacra sollemnia 
obeunto keine Berücksichtigung fin- 
det. Andere, welche eine Lücke 
nicht anerkennen, verbinden a 
gignendo comes, welches soviel sein 
soll al8 quae os a primo ortu comi- 
tatur, und ziehen twm zum Folgen- 
den. Aber welche Hürte des Aus- 
druckes! davon abgesehen, dass 
diese Erklirung den wahren Sinn 


.des Wortes — 8, oben -—- nicht 


treffen würde, sowie, dass die 

Statuirung einer paseivischen Be- 

deutung: seit dem Erzeugt-, beaser 
9 


130 


DE LEGIBUS 


XII. 29. Feriarum festorumque dierum ratio in liberis 
requietem habet litium et iurgiorum, in servis operum et la- 


borum. 


Quas conpositio anni conferre debet ad  perfectio- 


nem operum rusticorum. Quod ad tempus ut sacrificiorum 


Geboren-, werden, gewagt ist und 
in den wenigen dafür angeführten 
Beispielen (s. A. Krüger 
8 486), die übrigens auch eine 
activische Auffassung zulassen dürf- 
ten, wie Verr. Act. 1. 8 44 censendi 
causa — des Schützens wegen von 
Seiten des Magistratus, d. h. Ge- 
schütztwerdens — haec frequentia 
convenit, vgl. Tischer zu Tusc. I. 
53; F. Schultz 8 417. A., eine nur 
unsichere Stütze findet. 

Cap. ΧΙ]. $ 29. Das Wesen (Art, 
Beschaffenheit, ratio) der Feier- 
und Festtage trügt in sich für die 
Freien Erholung von den Rechts- 
hündeln, für die Sclaven von den 
Arbeiten und Anstrengungen, d. h. 
es liegt in dem Wesen der Feier- 
tage, dass die Freien Ruhe ha- 
ben ἃ. s. w. JDóderlein bestimmt 
den Unterschied von feriae und 
dies festi dahin, dass erstere Er- 
holungstage (οἵ. 8 55), letztere 
Freudentage bezeichnen. Darnach 
würe der Begriff von feriae allge- 
meiner, insofern jeder Freudentag 
ein Erholungstag, aber noch nicht 
jeder Erholungstag ein Freudentag 
ist. Dasselbe Verhültniss nimmt 
auch Preller p. 144 an, welcher 
den dies festus aus Opfer und 
Opferschmüusen und feriae, d. h. 
Gottesdienst und Ruhe von der Ar- 
beit bestehen lüsst. Somit ist festo- 
rum dierum nach feriarum, dem 
umfassenderen Begriffe, überflüs- 
sig? In der That scheint Cic. dies 
selbst durch die nachfolgende Con- 
struction angedeutet zu haben, da 
er das Relativum nur nach feriae 
construirt, anstatt nach dem letzten 
Worte oder nach beiden (als Neutr.). 
Vgl. zu L 1. Doch mag festorum 
dierum  hinzugesetzt sein, weil fe- 
riae z u allgemein gefunden werden 
kann, da es die Beziehung auf den 
Gottesdienst, auf den es ankommt, 
nicht scharf  hervortreten  lüsst. 
[Umgekehrt findet Turneb. in dies 
festi den  umfassenderen Begriff, 


und làsst Spiele als solche, nicht 
aber als feriae gelten!) 

compositio anni Kalendereinrich- 
tung. Zur Sache vgl. 8 19. 

Quod ad tempus sc. feriarum zu 
der — für die — Zeit der Feste, 
die sich Cic. trotz der vorher ge- 
forderten Beziehung auf die Voll- 
endung der Arbeiten noch nicht 
qoas bestimmt denkt, weil diese 

orschrift erst das im Allgemeinen 
festzusetzende Datum der feriae 
stativae betraf, dies Datum aber 
für jedes einzelne Jahr wieder aus 
den zu 8 19 fin. 20 init. behandel- 
ten Gründen ohne Weiteres nicht 
passte. Also forderte diese Vor- 
schrift eine dem  Zeitverhültniss 
jedes einzelnen Kalenderjahrs Rech- 
nung tragende Ergünzung. Statt 
dass dieselbe aber von demselben 
Gesichtspunkte, der auch hierfür 
hátte massgebend sein kónnen, aus- 
geht, nimmt sie auf einen noch 
wichtiger erscheinenden Punkt Be- 
zug, nüàmlich dass den Góttern die 
für jedes Fest gebührenden Opfer 
gewahrt werden kónnen. Unmóg- 
lich ist die Erklürung: was die Zeit 
anbetrifft, denn von dieser handelte 
schon der vorhergehende Satz. Damit 
fáàllt auch das von V. beibehaltene, in 
diesem Sinne gefasste, handschrift- 
liche quod tempus, abgesehen von 
der sprachlichen Monstrositüt eines 
solchen Gebrauchs. Nicht geleugnet 
werden soll jedoch, dass der oben 
angenommene Gedanke nicht ganz. 
eben isí, und es mag der Kritik 
noch vorbehalten sein, die richtige 
Lesart zu finden. Für den Sinn 
würde etwa folgende Aenderung 
vollkommen genügen.  Qwod ut 
tempus et sacri m. 8q., d. h. 
damit diese Zeit — nümlich der 
vollendeten lündlichen Arbeiten — 
sowie die für die jedesmaligen 
Opfer üblichen Gaben von Früchten 
und Jungvieh genau beobachtet — 
eingehalten — werden kónnen ἃ. 8. w. 
S. Anh. 


LIB. II. CAP. 12. $ 29. δ 13 
libamenta serventur fetusque pecorum, quae dicta in lege sunt, 
diligenter habenda ratio intercalandi est: quod institutum perite 
a Numa posteriorum pontifioeum neglegentia dissolutum est. 
Iam illud ex institutis pontificum et aruspicum non mutandum 
est, quibus hostiis immolandum quoique deo, cui maioribus, cui 
laetentibus, cui maribus, cui feminis. Plures autem deorum 
omnium, singuli singulorum sacerdotes et respondendi iuris et 
conficiendarum religionum facultatem adferunt. Quomque Vesta 
quasi focum urbis, ut Graeco nomine est appellata, quod nos 
prope item Graecum mon interpretatum nomen tenemus, con- 
plexa sit, ei colendae virgines praesint, ut advigiletur facilius 
ad custodiam ignis et sentiant mulieres naturam feminarum 


omnem castitatem pati. 


libamenta enthált die Beziehung 
auf Früchte, vgl. $ 19. 

serventur, was nicht geschah, 
wenn die Feste sich in eine Zeit 
verschoben hatten, wo die erforder- 
lichen Früchte noch nicht gewonnen 
oder sich nicht mehr erhalten hat- 
ten; vgl. auch zu 8 20. 

quae dicta sunt nicht im Deson- 
deren, sondern im Allgemeinen als 
erforderlich angegeben u. genannt; 
man erwartete de quibus dictum est. 

intercalandi zu 8 20. 

a Numa, dem auch Livius I. 19 
sowohl die Eintheilung des Jahres 
in 12 Mondmonate (ursprünglich 
soll es 10 gehabt haben Pr. p. 142) 
ale die Einschaltung von Monaten 
zur PE der Uebereinstim- 
mung mit dem Sonnenjahr zu- 
schreibt. 

dissolutum est; sodass, als Caesar 
(zu 8 20) den Kalender ordnete, er 
67 Tage einschalten musste. Cf. 
Suet. Caes. 40 F'astos iam pridem 
vitio pontificum adeo twrbatos, ut 
neque mmessium feriae aestati mec 
Ui ! auctumno competerent. 

quibus hostiis zu ὃ 20. 

respondendi iuris (cf. 1. $ 12) zu- 
náchst in Betreff des Sacralrechts, 
doch waren die Pontifices auch die 
Sachkundigen im  Bürgerrechte; 
conficiendarwm rel. V errichtung aller 
religiósen Handlungen, darunter 
insbesondere der Opfer. Dass letz- 
tere Thütigkeit auch den Ponti- 
fices zukam s. $ 20 bei praesit 
caerim. 

quasi focum, denn eigentlich 


gehórt der Heerd nur dem Hause 
an. 

wt Graeco sq. Da der Gegen- 
stand, den Jemand unter sich hat, 
gewóhnlich nicht den Namen der 
Person selbst — ohne Veründerung 
der Form —- abgibt, so vermisst 
man nach wí den Zusatz von ?psa. 

quod momen, Ἑστία (vgl. Nat. d. 
IL. 67), non interpretatum, wie sonst 
gewühnlich geschah, 2. B. Ἥλιος 
mit Sol, Γῆ mit Tellus, Ἕως mit 
Aurorà τ. 8. w. Doch irrte Cicero; 
denn Vesta ist mit Ἑστία aus einer 
gemeinsamen Wurzel im Sanskrit: 
was abzuleiten, welches wohnen 
bedeutet (Pr. 532). 

complexa s. dem Bereich ihrer 
Lom zuertheilt erhalten 
at. 

virgines s. $ 20. Die Waltung 
am hàáuslichen Heerde kam den 
Frauen, nicht den Münnern zu. 
Analog gebührte ihnen auch die 
Aufsicht über den focus publicus 
(der, eine überwólbte Feuerstütte, 
sich in einem runden, angeblich 
von Numa gegründeten Tempel am 
Abhange des Palatin gegen das 
Forum und die Saera via befand): 
Jungfrauen insbesondere deshalb, 
weil diese nicht durch hüusliche 
Geschüfte, wie Verheirathete, von 
ihrer — Obliegenheit ^ abgezogen 
wurden. 

omnem τω ommis generis, nicht 


' blos die eheliche —— σῴν “- 


Keuschheit, sondern auch die für 
den Gottesdienst erforderliche Kein- 
heit (zu 8 19). 

9* 


132 


DE LEGIBUS 


90. Quod sequitur vero, non solum ad religionem pertinet, 
sed etiam ad civitatis statum, ut sine lis, qui sacris publice 


praesint, religioni privatae satis facere mon possint. 


Conti- : 


net enim rem publicam consilio et auctoritate optimatium 


semper populum indigere. 


Descriptioque sacerdotum nullum 
iustae religionis genus praetermittit. 


Nam sunt ad placandos 


deos alii constituti, qui sacris praesint sollemnibus, ad inter- 
pretanda ali praedicta vatium, neque multorum, ne esset in- 
finitum, neque ut ea ipsa, quae suscepta publice essent, quis- 


quam extra conlegium nosset. 


31. Maximum autem et prae- 


stantissimum in re publica ius est augurum cum auctoritate 


8 30. 
sind. 

Continet . .. mit dem Acc, c. Inf, 
nicht wie vorhin pertinet ad civ. 
st. mit ut, weil hier nicht eine For- 
derung ausgesprochen werden soll, 
sondern ein Urtheil über den nach- 
folgenden Gedanken, wie bei den 
Ausdrücken  iwstum,  aeqwum est, 
conducit, oportet und andren. So 
auch oben 8 25 confusionem habet 
coli deos ... Beispiele ühnlicher 
Art: Div. i. Caec. 70. Verr. lib. 
IL 4. Planc. 35 extr. Corn. B. 31. 
Flacc. 30. Vat. 28. Acad. 11. 120. 
Fat. 36. 

optimatium, weil die Priester- 
ümter in ülterer Zeit nur aus Pa- 
triciern, seit der lex Ogulnia zwar 
zum Theil auch aus P ebejern (zu 
8 20), aber doch nur der Nobilitas 
angehórigen und senatorischen Ran- 
ges, besetzt wurden. 

placandos s. ὃ 22. 

multorum zu S 20. 

neque mult. — neque ut sq. Mit 
Recht hat diese Satzverbindung An- 
stoss gegeben. Durch neque — neque 
werden zwei Gedanken unter einem 
gemeinsamen QGesichtspunkte ver- 
einigt; diese Gemeinsamkeit aber 
leuchtet hier nicht hervor, wo der 
erste Satz eine nühere Bestimmung 
zu vatwm enthült, der zweite etwas 
in Betreff der Priester oder der 
ihnen unterbreiteten praedicta aus- 
führt. Man hat den Ausweg ge- 
sucht, dass man das erste meque 
mit und zwar nicht erklürt hat. 
Dies fórdert aber auch nicht. Denn 
dann würde die explicative Partikel 
sich auch auf den zweiten Satz er- 
strecken (und zwar nicht von 


non possint unvermógend 


vielen und nicht so, dass u. s. w.), 
zu dem sie nicht passt, denn den 
zweiten Theil des Gedankens an- 
zunehmen, kam man durch das 
Vorhergehende nicht in Versuchung, 
sodass dem durch eine Erklürung 
hütte vorgebeugt werden müssen. 
In Wahrheit steht meque — neque 
in correspondirendem Sinne, und 
liegt die Unebenheit mehr in der 
Form als im Gedanken. Beide Glie- 
der gehóren nümlich als nühere Be- 
stimmung zu praedicta vatum und 
stehen untereinander in einem ge- 
wissen Gegensatz, was folgende 
Aenderung der Form leicht ersehen 
lisst: ali ad interpretanda prae- 
dicta vatum neque ea multorum ne- 
queeaipsa a quoquam extra collegium 
noscenda oder meque ea multorum 
et ea solis, qui constituti sunt, sacer- 
dotibus noscenda d. h. andere Priester 
sind dazu bestimmt, Weissagungen 
von Sehern zu deuten, einerseits 
nicht (zwar nicht) von vielen — 
anderseits aber (jedoch) diese aus- 
schliesslich selbst. 

8 31. ?us sq., constr. coniwnctum 
cum augurum auctoritate: das be- 
deutendste Recht ist dasjenige, 
welches mit dem sachverstündigen 
Rathe der Augurn verbunden ist. 
An sich waren die Augurn nicht 
competent, Versammlungen aufzu- 
lósen, Magistrate zur Abdankung 
zu zwingen und was weiter folgt; 
es war dies Sache der Magistrate 
selber; nur insofern sich diese dem 
sachverstündigen Urtheile derselben 
um der Folgen willen, die ihr 
Widerstand gehabt haben würde, 
zu fügen hatten, hatten sie ein 
mittelbares Recht zu. 


LIB. I CAP. 12. $ 30. 31. 


133 


coniunctum. Neque vero hoc, quia sum ipse augur, ita sentio, 
sed quia sic existimare nos est necesse. Quid enim maius est, 
si de iure quaerimus, quam posse a summis imperiis et sum- 
mis potestatibus comitiatus et concilia vel instituta dimittere 
vel habita rescindere? Quid gravius quam rem susceptam di- 
rimi, si unus augur 'alio die dixerit? quid magnificentius quam 
posse decernere, ut magistratu se abdicent consules? quid re- 
ligiosius quam cum populo, cum plebe agendi ius aut dare aut 
non dare? quid? leges non iure rogatas tollere? ut Titiam 


ipse augur. Cic. war im J. 53 
. auf den Vorschlag (nominatio) des 

Hortensius (s. Brut. 1) in das Colle- 
gium der Augurn cooptirt worden. 

necesse dem Sachbestande nach, 
wie das Folgende geigt. 

imperium — pot. Letzteres ist 
jede Amtsgewalt und erstreckt sich 
&uch auf die niederen Magistrate, 
wührend Zmperium eine über die 
blos administrative potestas hinaus- 
gehende und in das Privatrecht der 
Bürger eingreifende hóchste richter- 
liche und kriegsherrliche Zwangs- 
gewalt bezeichnet, welche die hóhe- 
ven Magistrate vom Praetor auf- 
würts mit Ausnahme des Censor 
besassen. Sie àusserte sich insbeson- 
dere in dem 4us vitae necisque, von 
Leibes- und Gefüángnissstrafen. 
In spáterer Zeit hatten es nur noch 
Heerführer ausserhalb der Stadt, 
daher seitdem imperiwm gleichbe- 
deutend wurde mit militürischer, 
potestas mit bürgerlicher Amts- 
gewalt. Vgl. Lange I. $ 44 p. 205 flg. 
$ 46 p. 230. 8 47 p. 234—836. 

comitia, comitiatus die von einem 
LA. aram geleiteten . feierlichen 
Volksversammlungen, in denen das 
Volk in seine politischen Abthei- 
lungen pepe -—— was immer 
nur zur Abstimmung über eine vom 
Magistrat gestellte rogatio geschah 
— erscheint; concilia  Volksver- 
sammlungen ohne leitenden Ma- 
gistrat, ob gegliedert oder nicht; 
in ülterer Zeit waren dies die Ver- 
sammlungen der Plebs, die von 
noch nicht als Magistratus geltenden 
Tribunen geleitet wurden, daher 
mit Beziehung darauf concilia un- 
qus für gleichbedeutend mit 

arteiversammlungen genommen 
wurden; contio eine ungegliederte 


Volksversammlung unter Leitung 
eines Magistratus, daher insbeson- 


edere der den Comitiis unmittelbar vor- 


aufgehende Theil der Versammlung, 
in welchen vorberathen und Reden 
gehalten wurden. Lange II. 8 119. 

rescindere der technische Aus- 
druck für Cassation durch ein Gut- 
achten der Augurn (Lange II. p. 538), 

dirimere für jede Stórung des ge- 


ordneten  Verlaufs der  Comitien 
(L. IL. p. 427), 

alio die bei einer obnuntiatio 
(L. I. 254). 


cwm populo in den Centuriat- 
comitien, plebe in den  Tribut- 
comitien. 

Zur Sache vgl. zu $ 21; dazu noch 
Lange II. 8 121. 4. 

quid? (leges) hierinanderem Sinne 
als bei qwid religiosus, nàümlich 
blos lebhaft  anreihend — ferner 
(Seyff. Schol. lat. 8 27) und dem 
quam untergeordnet. 

tollere s. zu 8 14. 

lex Titia 8. 8 14; Livias ebds. 

L. Marcius Philippus Cons. 91 
(mit Sex. Julius Caesar), Censor 86, 
ein hóchst angesehener, ehrgeiziger 
und leidenschaftlicher Mann, suavis 
orator, gravis, facetus, duobus swm- 
imis Crasso et Antonio proximus 
accedebat, sed. longo intervallo tamen 
proximus (Brut. 173; 186), billigte 
die gemüssigt conservative, dem 
Livius Drusus freundliche Haltung 
des Senates nicht und griff den 
HKedner Crassus, welcher die leges 
desselben vertheidigte, 80 heftig an, 
dass dieser in Folge dessen in ein 
Fieber verfiel und starb (d. Or. 3. 


1—6). Von demselben erzühlt Hor. 
Ep. 1. 7. 46 flg. eine sehr launige 
Anekdote. 


ul Titiam eq. Der Ausdruck ist 


134 


DE LEGIBUS 


decreto conlegi, ut Livias consilio Philippi consulis et auguris: 
nihil domi, nihil militiae per magistratus gestum sine eorum 
auctoritate posse cuiquam probari? 

XIIL 32. Arr. Age, iam ista video fateorque esse magna, 
set est in conlegio vestro inter Marcellum et Appium optimos 
augures magna dissensio — nam eorum ego in libros incidi —, 
cum alteri placeat auspicia ista ad utilitatem esse rel pu- 
blieae composita, alteri disciplina vestra quasi divinare videan- 


tur posse. 


Hae tu de re quaero quid sentias. 


M. Egone? 


divinationem, quam Graeci μαντικήν appellant, esse sentio et 


logisch nicht correct (es sollte 
heissen: «t£ Titia — Liviae — sub-e 
latae sunt); denn die Frage quid 
religiosius quam leges —- tollere? 
ist von allgemeiner Geltung und 
ausserhalb jeder Zeitsphüre stehend ; 
die folgenden Bestimmungen aber 
Titiam — .Livias — decreto collegii 
— consilio Philippi consulis et au- 
guris sind besonderer, zum Theil 
singulürer, Art, und nur in der Ver- 
gangenheit zu denken, zumal die 
letzte, deren Unvertrüglichkeit bei 
Zusammenfassung des Satzes: was 
ist gottesfürchtiger, als die Livi- 
schen Gesetze auf den Hath des 
Consul und Augur Philippus auf- 
zuheben? sofort einleuchtet. Doch 
trifft die Schuld hierfür Cic. selber, 
welchen ein Streben nach Kürze zu 
diesem Fehler verführte. 

Cap. XIII. 8 32. Age führt, wie 
ófter, eine Einriumung ein, doch 
80, dass auf die folgende Frage: 
hac tw de re quaero sq. lebhaft hin- 
gewiesen wird. (S. Seyff. Schol. 1. 
8 26 p. 46) Vgl. Leg. Agr. II. 67. 
Age, mon defimis locum. Quid? 
naturam agri? Sehr selten sonst 
mit folg, assertorischem Satz, wie 
Pis. 64. Age, senatus te odit. 

C. Claudius Marcellus, nicht zu 
verwechseln mit M. Claud. M., dem 
bekannten Gegner Cüsars, für den 
Cic. eine Rede hielt, war Urenkel 
des Eroberers von Syrakus und 
verwaltete als Proprütor Sicilien 
i. J. 10. Bekannter noch ist Appiws 
Claudius Pulcher, der Bruder des 
berüchtigten Clodius, Consul.i. J. 
54, Vorgünger des Cic. in der Ver- 
waltung von Cilicien, nach seiner 
Rückkehr von dort ambitus und 
maiestatis angeklagt, aber von Hor- 


tensius und Brutus glücklich ver- 
theidigt, erhielt darauf die Censur, 
schloss sich im Bürgerkriege an 
Pompeius an, starb aber noch vor 
der Schlacht bgi Pharsalus auf der 
Insel Eubóa, wohin er sich, dem 
Kampfe auszuweichen, ,jnach der 
Weisung der Pythia^ zurückgezogen 
hatte. Sein Werk de disciplina 
augwurali hatte er dem Cic., mit 
dem er, früher gespannt, nach sei- 
nem Consulat in  andauerndem 
freundschaftlichem —  Briefwechsel 
stand, gewidmet (Fam. 3. 4. 1). 

alteri — ad utilitatem dem Mar- 
cellus. 

alteri — divinare — posse dem 
Appius; daher spóttisch von seinen 
Collegen Pisida oder Soranus ge- 
nannt. Vgl. dazu Div. 1. 105; 
2. ἴδ. 

composita zurechtgelegt, zurecht- 
gemacht, daher s. v. ἃ. eingerichtet 
in tüuschender Absicht, wie oft. 

tu quid sentias, denn Atticus 
selbst als Epikureer durfte nicht 
anerkennen, dass die Gótter durch 
Zeichen die Zukunft vorherverkün- 
den (reliqui vero ommes praeter 
Epicurwum balbutientem de natura 
deorum — divinationem | probaverunt 
Div. I. 5). 

esse partem, Zur Eintheilung der 
Divinatio vgl. Div. I. 12 Duo sunt 
divinandi genera, quorwm alterwm 
artis est, alterum naturae, Quae 
est autem gens, quae on awt 65 - 
stipicum aut monstra aut fulgura 
interpretantiun aut awgurwm aut 
astrologorum, aut sortium — 
ea enim fere artis. sunt. — aut 
somniorum autvaticinationum 
— haec enim duo naturalia putantur 
— praedictione moveatur? 


ἢ QEPOJà 13^ 8 31—33. 


135 


huius hane ipsam partem, quae est in avibus ceterisque signis 
diseiplinae nostrae. Si enim deos esse concedimus eorumque 
mente mundum regi et eosdem hominum consulere generi et 
posse nobis signa rerum futurarum ostendere, non video cur 
esse divinationem negem. 99. Sunt autem ea, quae posui: ex 


quibus id, quod volumus, efficitur et cogitur. 


Iam vero per- 


multorum exemplorum et nostra est plena res publica et omnia 
regna omnesque populi cunetaeque gentes, ex augurum prae- 
dictis multa incredibiliter vera cecidisse. Neque enim Polyidi 


ceterisque signis cf. $ 20 zu Iovis. 
Si enim sq. Cic. bedient sich 
hier, doch mit Beschránkung auf 
die Hauptpunkte, der  Schluss- 
folgerung der Stoiker. Cf. Div. I. 
82 hac Stoicorum ratione conclu- 
ditur: Si sunt di meque amte de- 
clarant hominibus quae futura sint, 
aut non diligunt homines, aut quid 
eventurum sit, iynorant, aui existu- 
mant nihil interesse hominum scire, 
quid sit futurum, awt mom censent 
esse suae maiestatis praesignificare 
hominibus quae sunt futura, aut ea 
ne ipsi quidem significare possunt. 
At neque mon diligunt mos, meque 
ignorant ea quae ab ipsis constituta 
sunt, neque mostra mill interest scire 
ea, neque hoc alienum ducunt ma- 
iestate sua, neque non possunt futura 
praenoscere (vielm. praemonstrare, 
cf. Mos). Nom igitur sunt di mec 
significant futura; sunt autem di: 
significant ergo. Vgl. Anh. 
$ 33. Sunt autem sq. Untersatz. 
E Ze εἰ cogitur nothwendig 
olgt. 
agegen in seiner Schrift de 
divinatione widerlegt Cicero — dem 
Marcellus zustimmend de Div. 2. 75 
— vom fBtandpunkt der neueren 
Akademie aus den eben vorge- 
tragenen, in jener Schrift von sei- 
nem Bruder Quintus entwickelten 
Beweis, überhaupt die Ansicht der 
Stoiker; doch offenbar mehr der 
wi haftlichen Kritik wegen, als 
in voller Ueberzengung der Richtig- 
keit der Gegengründe. Vgl. Div. I. 7 
etenim nobis ipsis quaerentibus, quid 
sit de dírinatione iudicandum, quod 


a Carneade multa acute et copiose . 


contra Stoicos disputata sint, veren- 
tibusque me temere vel falsae rei vel 
non satis cognitae adsentiamur, fa- 


ciendum videtur, ut. diligenter etiam 
atque etiam argwmenta cum ar - 
gwmentiscomparemwus, ut feci- 
mus im 48 tribus libris, quos 
de natura deorum scripsimus; 
welche letzteren Worte wieder ihre 
Beleuchtung finden durch den cha- 
rakteristischen Schluss Jener Schrift: 
Haec cwm dicta essent, ita discessi- 
mus, ut Velleio Cottae (die kritisch- 
negirende der Neu-Akademiker) 
disputatio verior, mihi Balbi (die 
stoische) ad veritatis similitu- 
dinem videretur esse pro- 
pensior. Ferner Div. IL. 48 Nov 
plane despero ista esse vera, sed 
nescio οὐ discere a te volo. 

lam vero. Hierauf folgt der In- 
ductionsbeweis. 

Gegen den von Einigen beibe- 
haltenen handschriftlichen (ex ist 
von Rath hinzugefügt) Text spricht 
ausser der unertrághnchen Hürte des 
Ausdrucks, dass dann multa nicht 
mehr praedicta, sondern Dinge, 
Thatsachen sein würden, die, wenn 
516 sich zugetragen haben, immer 
wahr sein müssen, so dass Zncredi- 
biliter vera keinen Sinn gibt, man 
müsste es denn activisch nehmen 
für bewührend, was es nicht heissen 
kann. 

vera cecidere ala wahr abgelaufen, 
richtig eingetroffen; cf. sed « te 
mihi omnia semper honesta et iucunda 
ceciderunt, Quint, Fr. 1.3.1; si minus 
fortissimi viri virtus grata cecidisset 
Mil. 81. 

Die im Folgenden genannten Seher 
finden sich fter zusammengestellt, 
wie Div. I. Cp. 40. Nat. d. II. $ 7. 

Polyidos aus Corinth τοῦ Κοιρά- 
vov τοῦ "Afavrog τοῦ Μελάμποδος 
Paus, I. 48, sonst noch als Seher 
erwühnt Il. 13. 663 flg. Pind. ΟἹ, 


136 


DE LEGIBUS 


neque Melampodis neque Mopsi neque Amphiarai neque Cal- 
chantis neque Heleni tantum nomen fuisset neque tot nationes 
id ad hoc tempus retinuissent, Árabum, Phrygum, Lycaonum 


13. 105. Apollod. 3. 3. (Ders. Held 
. eines gleichnamigen, nicht erhalte- 
nen, euripideischen Stückes.) Als 
Vogelschauer bezeugt ihn ausser 
Cic. Div. I. 89 noch Aelian Nat. hist. 
5. 2 und Hygin, s. Prell. Griech. 
Myth. II. p. 478. 

Melampus von denaus dem dichten 
Laube, unter welchem er von seiner 
Mutter ausgesetzt war,  heraus- 
reichenden und in der Sonne ge- 
bráunten Füssen benannt, Sohn des 
Amythaon, der ülteste griech. Seher, 
übte durch geheime Opfer und 
Sühnungen die Heilkunst. Als 
Vogelschauer bezeichnet ihn die 
Sage, dass in Pylos, wo er zuerst 
lebte, ihm Schlangen die Ohren 
gereinigt haben, so dass er die 

prache der Vógel verstand. Als 
er für seinen Bruder Bias, der nur 
um diesen Preis die Tochter des 
Neleus bekommen konnte, die Rin- 
der des Iphiklos rauben wollte, 
wurde er gefangen, befreite sich 
aber von der Strafe durch eine 
Probe seiner Sehergabe und erhielt 
die Rinder. Spüter heilte er die 
Tóchter des Kónigs Proitos von 
Argos von der HRaserei, wofür ihm 
dieser eine derselben, die Iphianassa, 
zur Gemahlin gab und den dritten 
Theil des Kónigreichs. 

Mopsus, wie es scheint, nicht der 
berühmtere Sohn des Ampyx und 
der Nymphe Chloris, Lapithe, wel- 
cher, Theilnehmer an der kalydoni- 
schen Jagd und Seher der Argo- 
nauten, in Libyen durch einen 
Schlangenbiss getódtet und von den 
Argonauten daselbst bestattet wurde, 
s. Apoll. Arg. 4. 1518 flg.; sondern 
der jüngere, Sohn des Kreters 
Rhakios oder des Apollo und der 
Manto, der bei Klaros unweit Ko- 
lophon, wo seine Mutter Priesterin 
des Apollo war, einen Wettstreit 
der  Hüthsellósung mit Calchas 
(Strab. p. 642) bestand und durch 
seinen Sieg den Tod des letzteren 
herbeiführte; dann mit seinem 
Bruder Amphilochus Mallos in Ci- 
licien gründete und in einem Zwei- 


kampf mit diesem um die Herrschaft 
dieser Stadt zugleich mit diesem 
fiel und zu einem orakelspendenden 
Heros erhoben wurde. Dass letzterer 
emeint, wird aus der oben ange- 
führten Stelle d. Div. I. 85 wahr- 
scheinlich: — Amphilochus εἰ 
Mopsus Argivorum reges fuerunt, 
sed iidem augures iique wrbis in 
ora marituma Ciliciae (ausser 
Mallos auch Mopsuestia) Graecas 
condiderunt. Atque etiam ante hos 
Amphiaraus et Tiresias . . . 
Freilich die Bezeichnung Argivorum 
rez scheint weder auf diesen noch 
auf jenen zu passen, sondern nur 
auf den Stiefbruder des letzteren 
Amphilochus, den Sohn des Alkmüon 
(nach anderen des Amphiaraus) und 
der Manto und Enkel des Amphia- 
raus (s. Prell. Gr. M. IL. p. 370). 
Als Vogelschauer kennen wir den 
andren Mopsus aus Pind. Pyth. 4. 
337 μάντις ὀρνίχεσσι καὶ κλάροισι 
ϑεοπροπέων Μίόψος, dagegen über 
den Sohn der Manto liegt meines 
Wissens kein  Zeugniss dafür 
vor. Ae. über beide Pr. IL p. 
xit 
M Sra der berühmte argivi- 
S ow eher, Sohn des Oikles aus 
dem Gescblechte der Melampodiden, 
wollte an dem Zuge gegen Theben, 
den unglücklichen Ausgang des- 
selben voraussehend, micht Theil 
nehmen; durch den Verrath seiner 
Gattin Eriphyle aber dazu genóthigt, 
wurde er mit seinem Streitwagen 
lebendig in die Erde aufgenommen 
und darauf zu einem weissagenden 
Gott erhoben. Wie Cic. ihn zu den 
Vogelschauern rechnet, 80 auch 
Sophokles Oedip. Kol. 1309. "Au- 
φιάρεῶς τὰ πρῶτα μὲν δόρει κρα- 
τύνων, πρῶτα δ᾽ οἰωνῶν ὁδοῖξ, da- 
egen Pausanias I. 34. ὅ δοκῶ δ᾽ 
᾿μφιάραον ὀνειράτων. διακρίσει μά- 
woe: προσκεῖσϑαι" δῆλον 9t, ἡνίκα 
ἐνομίσϑη ϑεὸς, δι᾿ ὀνειράτων μαν- 
τικὴν καταστησάμενος, freilich nach- 
dem er im Hinblick auf ihn vorher 
gesagt: “μάντεών γε οὐδεὶς χρησμο- 
λόγος ἦν τὸ ἀρχαῖον, ἀγαϑοὶ δὲ 


BIB, IE- "CAP. 18. 8$ 33. 


X 


ὀνείρατα ἐξηγήσασϑαι καὶ Ó Loy v à- 
ναι πτήσεις ὀρνέϑ'ων καὶ σπλάγ- 
χνα ἵερείων, letzteres nach Schóüm. 
Gr. À. I. p. 68 mit Unrecht. 


Caichas: Κάλχας Θεστορίδης οἰωνο- 
πόλων 04 ἄριστος ll. I. 69. qui 
ex passerum numero belli Troiani 
annos augwratus est Div. 1. 72 
mit Bezug auf Il. 2. 299 flg. 


Helenus: Πριαμίδης Ἕλενος, otcvo- 
πόλων 0x ἄριστος ll. 6. 76. 
Qui tripodas, Clari laurus, qui 
sidera sentis 
Et volucrum linguas et. praepetis 
omina pinnae Aen. 3. 360. 


Arabum sq. Cf. Phryges autem 
εἰ Pisidae et Cilices et Arabum natio 
avium  significationibus plurimum 
obtemperant. Div. 1. 92; ib. 94 
(ib. 2). 

id (— retinwissent) in flüchtiger 
und unbestimmter Bezeichnung st. 
augurari, augurandi studium, disci- 
plinam. Ueber diesen Gebrauch 
des Neutrums des Pronom. für einen 
bestimmten Begriff s. Madv. zu 
Fin. 3. 21; 5. 37 und Mur. 29 mihi 
videntur plerique hoc malwisse sc. 
dicendi consuetudinem; Rep. 3. 47 
agnosco morem ἔμ aversum ὦ 
ratione populari. Sed quan- 
quam potest id lenius ferri, quam 
tw soles ferre in Bezug auf ein vor- 
hergehend gedachtes popwlé impe- 
riwun. Div. L 15 Quis hoc ra- 
»unculos videre suspicetur? Div. 2. 
134 Nihilme de vitello? Id enim 
ei ez ovo videbatur awrwm  decla- 
ras86; ebenso der Plural, wie quae 
(quorum) 'Tac. Ann. III. 63, dazu 

ipperdey. Die Beziehung auf nomen 
is& weder der Sache nach annehm- 
bar, weil abgesehen von den hand- 
schriftlich nicht feststehenden Ara- 
bum doch auch bei den übrigen 
der genannten Volker nicht alle die 
n zoe Ὅλα, re ey einige 

i einigen, wie Mopsus und Calchas 
bei den Ciliciern, nachweislich in 
besonderer Verehrung gestanden 
haben (Pr. IL p. 484 flg.), noch 
auch dem Sinne nach. Dian der 
Gedanke: der Name vieler Propheten 
hátte sich nicht so lange erhalten, 
wenn nicht ihre Prophezeiungen 
durch ihr hohes Alter sich ale wahr 


137 


erwiesen hátten, d. h. sich so lange 
erhalten und dadurch als wahr er- 
wiesen hátten, streift hart an eine 
Tautologie, da nicht leicht Pro- 
phezeiungen ohne den Namen ihrer 
Urheber überliefert werden, somit 
das dauernde Andenken an jene 
auch das an diese fast nothwendig 
bedingt. Anders dagegen der Ge- 
danke: Die Vogelschau würde sich 
nicht bis auf den heutigen Tag er- 
halten haben, wenn nicht das An- 
denken an viele alte Weissagungen 
derselben sich bis heute erhalten 
(und ihre Wahrheit verbürgt) hátte. 
Denn das dauernde Andenken an 
Prophezeiungen ist noch weit ent- 
fernt, zusammenzufallen mit der 
dauernden Ausübung der betreffen- 
den Weissagekunst. Dagegen von 
einer anderen Incorrectheit ist der 
Gedanke nicht freizusprechen. Nàm- 
lich der Satz: «eque enim — momen 
fwisset passt logisch nicht zu dem 
nachfolgenden ^ Bedingungssatze; 
denn das Plusquamperfectum in 
jenem (fwisset) weist entweder aus- 
schliesslich. oder doch mit auf die 
Zeit hin, wo die Propheten noch 
lebten, die praedicta also noch keine 
vetustas hatten. Dazu hátte ein 
Nachsatz kommen müssen: isi 
praedicta eorum certa fwissent; den 
Cic. auch offenbar im Sinne gehabt 
und nur mit Rücksicht auf den 
náchstfolgenden Satz geündert hat. 
Ein ühnlicher aus dem Streben nach 
Kürze  hervorgegangener Fehler 
stellt sich im folgenden Satze heraus, 
wie schon Feldh. bemerkt hat. Denn 
Nec vero Itomulus auspicato — con- 
cidisset erforderte als Nachsatz ein- 
fach: mis mulia ist? ad veritatem 
admirabilia dixissent — nicht omnes 
hi; dann: neque Navii tam diu no- 
men florere den: nis$ ipse multa 
ad veritatem admirabilia dixisset. 
Statt dessen hat Cic. beide Ge- 
danken in Eins verschmolzen und 
einen Nachsatz gebildet, der zu 
keinem von beiden genau passt, — 
Was übrigens die im vorhergehen- 
den Satze enthaltene Begründung 
der Wahrheit der Weissagungen 


durch die lange Dauer ihres An- 


denkens betrifft, so findet dieselbe 
Sophistik des Beweises sich bei 


138 DE LEGIBUS 

Cilicum maximeque Pisidarum, nisi vetustas ea certa esse docu- 
isset. Nec vero Homulus noster auspicato urbem condidisset 
neque Atti Navi nomen memoria floreret tam diu, nisi omnes 
hi multa ad veritatem admirabilia dixissent. Sed dubium non 
est quin haec disciplina et ars augurum evanuerit iam et ve- 
tustate et neglegentia. lta neque illi adsentior, qui hanc sci- 
entiam negat umquam in nostro collegio fuisse, neque illi, qui 
esse etiam nunc putat. Quae mihi videtur apud maiores fuisse 
duplex, ut ad rei publicae tempus non numquam, ad agendi 
consilium saepissime pertineret. 34. ATT. Credo hercle ita esse 


istique rationi potissimum adsentior. 
XIV. M. Reddam vero et id, si potero, brevi. 
In quo et suscipiendo et gerendo et de- 


enim de iure belli. 


Isocrates Panegyr. $ 30. Ἔξ ὧν 
ἄν τις xata gov; σειξ TOV λεγομέ- 
γῶν ὡς ἀρχαίων ὄντων, ἐκ τῶν αὐὖ- 
τῶν τούτων εἰκότως ἂν καὶ τὰς 
πράξεις γεγενῆσϑαι νομίσειεν" διὰ 
γὰρ τὸ πολλοὺς εἰρηκέναι καὶ πάν- 
τας ἀκηκοέναι προσήκει. μὴ καινὰ 
μὲν, πιστὰ δὲ δοκεῖν εἶναι τὰ λε- 
γόμενα. Vgl.| auch $ 69 οὐ γὰρ 
ἄν ποϑ᾽ oí λόγοι περὶ αὐτῶν το- 
σοῦτον χρόνον διέμειναν, εἰ μὴ καὶ 
τὰ πραχϑέντα πολὺ τῶν ἄλλων διή- 
νεγκεν. 

vetustas — lange Dauer, Lünge 
der Zeit, wie: III. $ 20 quae iam 
prisca videntur propter vetustatem; 
Brut. 258 hanc rem deteriorem vetu- 
stas facit; Dom. 117 peritiores vetu- 
stas facit; Dejot. 31 senatus iudicia 
quae unquam vetustas obruet? Div. 
I. 109 affert vetustas omnibus in 
rebus longinqua observatione incre- 
dibilem scientiam; ib. I. 38. (vetusto 
lapsu — longo Cic. d. Consul. v. 
30, Div. I. 19). 

JHomulus auspicato —. Cf. Rep. 
II. 5; 16; Div. I. 3; 107—108; Liv. 
I. 6 fin. 7 init. 

Atti Navi Nat. d. 2. 9; Div. I. 
31—33; Liv. L 36: ,Age dum, in- 
quit Tarquinius, divine tu, inaugura 
fierine possit, quod unc ego mente 
concipio. Cum ille futurum dixisset: 
Atqui hoc animo agitavi, inquit, te 
novacula cotem discissurum. — Tum 
illum haud cunctanter | discidisse 
cotem ferunt.** 

ad veritatem cf. III. 19 insignis 
ad deformitatem. Seyff. Pal. L 1. 
8 1. p. 11; Nügelsb. p. 338—239. 


Sed redde cetera. 
Sequitur 


neque illi adsentior, qui — negat 
8q., sc. Marcellus. 

neque illi, qui esse — putat sc. 
Appius. 

ad rei publicae tempus auf die 
Lage des Staates, wenn dieselbe 
bedroht war, z. B. durch demago- 
gische Antrüge, der Art dass zur 
Abwendung oder Vereitelung der- 
selben ungünstige Auspicien vor- 
geschützt wurden — dies im Sinne 
des Marcellus. 

ad agendi consilium auf Einho- 
lung eines Rathes über das zu be- 
obachtende Verhalten, Befragung 
über die zweckmüssigste Hand- 
lungsweise, worüber als etwas noch 
Ungewisses nur durch die Divi- 
natio entschieden werden kann, so- 
mit im Sinne des Appius. 

8 34. redde trage vor, aber 
gleichsam zur Abtragung deiner 
Schuld, insofern es in Aussicht ge- 
stellt ist; ebenso Brut. 258 redde 
quae restant. Freier noch Leg. 3. 
13 reddes de magistratibus wt dis- 
putes quibus de causis — 8. dazu. 

Cap. XIV. sequitur de iwre belli 
τὸ (τὰ) περὶ τῶν ἐν πολέμῳ δι- 
καίων, nachher de nocturnis sacrific. 
mulier.; ll. 45 unc de sacris per- 
petuis ,.. restat; 8 41 quid ad pon- 
tificem de iure parietum sq. ? ib. 
JDe sacris, credo, de votis sq.; 111. 
33 proximum autem de suffragiis 
est; & 43 deinde de promulgatione, 
de singulis rebus agendis cett. sc. 
sequitur; 46 sequitur de captis pe- 
cuniis. Har. resp. 30. Vgl. Nàgelsb. 
Stil. 8. 3. 1. 


LIB. II. CAP. 13. 14. 8 33—35. 


139 


ponendo ius ut plurimum valeret et fides eorumque ut publici 
interpretes essent, lege sanximus. lam de aruspicum religione, 
de expiationibus et procurationibus sat esse plane in ipsa lege 
dictum puto. ATT. Adsentior, quoniam omnis haec in jeligione 


versatur oratio. 


M. At vero quod sequitur quo modo aut tu 
adsentiare aut ego reprehendam sane quaero, Tite. 


35. ATT. 


Quid tandem id est? XM. De nocturnis sacrifieiis mulierum. 
ATT. Ego vero adsentior, excepto praeserüm in ipsa lege 
sollemni sacrificio ae publico. M. Quid ergo aget laechus 


eorumque sc. ?uris et fidei. 

exrpiationibus cf. 8 21 fulgura 
atque obstita pianto; denn die Ró- 
mer hegten die aberglàubische Vor- 
stellung, dass jeder Blitz, der in 
die Erde eingeschlagen hat und 
darin erstorben ist, gleich einem 
Verstorbenen entsühnt und 
begraben werden müsse. Forb. II. 
p. 201. procurationibus: $ 291 quibus 
divis creverint procuranto; allgemei- 
ner Ausdruck der Sühnung von pro- 
digia ebds. p. 200; sat esse plame 
8, Ành. 

quoniam in religione sq. sich um 
den religiósen Dienst — Beobach- 

der heiligen Gebràuche —, 

welche der Nutzen des Staates be- 
stimmt, dreht; opp. ?m rerwm veri- 
tate, nicht um die innere Wahr- 
heit. In letzterem Falle würde er 
— zumal als Epikureer — die Be- 
stimmungen des Cic. nicht ohne 
Weiteres anerkennen, sondern eine 
ausführliche Begründung verlangen. 
[Man kónnte auch die Bemerkung 
ironisch fassen in dem Sinne: dass 
es auf dem Gebiete der Gottes- 
verehrung ihm nicht zukomme, das 
Warum untersuchen zu wollen, son- 
dern einfach das Ueberlieferte und 
auf Grund der Ueberlieferung Fest- 
gesetzte anzunehmen — wir würden 
sagen — zu glauben, So theilweise 
Turneb. ] 


oratio setzt die Fiction einer 
óffentlichen Verhandlung fort; zu 
8 23 u. 24. 

assentiare sc. id, so mit dem Acc. 
des Neutrums eines Pron. od. Adj. 
δέξου, meist mit hinzutretendem 
Dat. der Person, wie d. Or. I. 535; 
ib. 91; ib. 196; 2, 227; 3. 184; 
Nat. d. 3. 65; aber auch ohne die- 
sen, Acad. II. 68. 


reprehendam | zurücknehme  (re- 
ceptus sententiae Liv. 4. 51). Aehn- 
lich Sall. 43 (Verr. III. 223? 224?). 
Umgekehrt nachholen: qwod erat 
praetermissum Verr. 3. 51. Damit 
berührt sich die háufige Bedeutung 
von widerlegen: Flacc. 41; Part. 
or. 27; 33; 44; 51; 52; 120; 139; 
d. Inv. I. 78 flg. cf. ob. I. 30. 

8 35. sollemni sacr. 85. zu 8 21. 

Qwid ergo aget sq. Diese Frage 
und die folgenden Bemerkungen 
sind aus zwei Gründen auffállig: 
1) weil in dem Gesetze nur die 
nocturna mwulierwm sacrificia un- 
tersagt waren; 2) weil ebendaselbst 
für die eleusinischen Mysterien die 
Entscheidung schon dahin getroffen 
war, dass sie unter gewisser Be- 
schrünkung zuzulassen seien. Am 
wahrscheinlichsten wird man sich 
die Sache so erklüren: In dem 
Verbote der Nachtfeiern für die 
Frauen liegt eine Abneigung gegen 
alle παννυχίδες dem Prinzipe nach, 
dessen Consequenz sich auch auf 
die Münner zu erstrecken schien. 
Sodann hob die im Ges. ausge- 
sprochene Beschrünkung (auf die 
Tageszeit, zu $ 21) den Charakter 
der Mysterien insoweit auf, dass 
gefragt werden konnte, was dann 
überhaupt noch aus den Mysterien 
werde. Wenn dann im Folgenden 
die Beibehaltung derselben geneh- 
migt wird, ohne dass die betreffende 
Bestimmung der lex geündert wird, 
so liegt darin kein Widerspruch, 
indem für die Miünner, die nach 
antiker Auffassung einen hóheren 
Anspruch auf geistige Befriedigung 
hátten — für diese aber war die 
Entscheidung noch frei -— die 
Nachtfeier eingerüumt, den Wei- 
bern versagt wird. Ausserdem móge 


140 


DE LEGIBUS 


Eumolpidaeque nostri et augusta illa mysteria, si quidem sacra 
nocturnatollimus? Non enim populo Romano, sed omnibus bonis 


es erlaubt sein, noch eine Vermu- 
thung aufzustellen, durch die alle 
Schwierigkeiten gehoben werden 
dürften. Der Passus in dem Gesetze 
und die Frage beziehen sich — wie 
mich dünkt — auf verschiedene 
Theile der Mysterienfeier, das Ge- 
setz auf denjenigen, welcher einen 
vorbereitenden Charakter hatte, und 
in dem Ceres das Centrum der 
Verehrung war, die Frage auf den- 
jenigen, welcher die unten berühr- 
ten tieferen Aufschlüsse über das 
menschliche Dasein und Fortleben 
gab und sich vorwiegend um Iak- 
chos(mystischer Name des Bacchus) 
drehte. Der erstere Theil dürfte 
die kleinen Mysterien sein, die in 
Athen am llissos im Tempel der 
Demeter und Kore begangen wur- 
den und in erster Linie auch ihnen 
wohl galten, s. Prell.l. p. 616—17, 
deren Zweck, s. oben zu 8 21, Rei- 
nigung und Sühnung war, und 
mit der Einweihung in welche auch 
viele, besonders Fremde, sich be- 
gnügten, s. Schóm. II. p. 369; der 
andere Theil die grossen Mysterien, 
von denen der wichtigste Festtag, 
der 20. Boedromion, lakchos hiess, 
Pr. L p. 617, bei denen, weil sie 
in Eleusis gefeiert wurden, auch 
das eleusische Geschlecht der Eu- 
molpiden hauptsüchlich in Wirk- 
samkeit trat. Nun lüsst es sich 
ferner wohl denken, dass für die 
ersteren die Nachtfeier weniger un- 
bedingt nothwendig, für die letzte- 
ren unerlüsslich erschien. In diesem 
Sinne nun ist offenbar, auch nach- 
dem die Einweihung in die kleinen 
Mysterien am Tage zugestanden 
war, die Frage: was aus den grossen 
werden wird, wenn die Nachtfeier 
ausgeschlossen ist, ganz am Platze 
— wenn anders diese unbedingt 
darauf beruhten, ist ferner die Er- 
wartung des Atticus, dass Cic. für 
diese eine Ausnahme  statuiren 
werde, und die Einwilligung Ciceros 
dazu klar und verstündlich, ebenso 
das Einverstündniss des Atticus mit 
der unbedingten Ausschliessung der 


Nachtfeier für Rom (tw vero istam 
Romae legem rogato), nur nicht für 
sich mit Beziehung auf seinen 
Aufenthalt in Athen und durch- 
weg, sowie die Antwort des Cic., 
dass er auch abgesehen von Rom 
und ganz im Allgemeiuen darauf 
bestehen müsse, den Weibern die 
Theilaahme an den nüchtlichen 
Mysterien zu versagen, dagegen be- 
reit sei, sie den Münnern zuzu- 
gestehen. 

JEwmolpidae ein nach einem my- 
thischen Ahnherrn .JEwmolpos be- 
nanntes priesterliches Geschlecht, 
welches die  Hierophantie, das 
hóchste Ehrenamt bei den Myste- 
rien, erblich inne hatte, mit dem 
ausser der Vorzeigung und Erklü- 
rung der geheimnissvollen Heilig- 
thümer auch die Leitung liturgi- 
scher Gesünge verbunden war. Ein 
zweites Geschlecht war das der 
Keryken, aus welchem der Herold 
gewühlt wurde; aus demselben 
wahrscheinlich auch der dem Hie- 
rophantes an Würde .zunüchst 
stehende δαδοῦχος. Ein vierter 
Beamter ist der Altarist, ὁ ἐπὶ 
βωμῷ (Schóm. 11. p. 366). 

nostri, 8. 36 quibus ipsi initiati 
sumus. 

tollimus, nicht tollemus, denn die 
Aufhebung i ist schon ausgesprochen. 
Sonst das Praes. im Nebens. in Be- 
ziehung auf Fut. im Hauptsatz: 
Nat. d. 2. 8; 3. 225; Verr. 4. 85; 
Cael. 80; Flacc. 106; Leg. Agr. II. 
11; Brut. 325; Rab. post. 18; Acad. 
IL'93; Of. L 106; 146; Rep. VI. 
20; Caecin. 60; Fam. 3. 9. 6; im 
Gesetz d. Inv. ὃ, 122: 148; in Be- 
zug auf einen Futurbegriff Tusc. 
δ. 67; Brut. 24; Verr. 3. 71; 220; 
Planc. 47; Leg. . 8. 1; Caecin. 
48; 49; 104; p. Quinct. 19; Rab. 

ost. 15 (cf. Madv. Fin. 3. 70). 
Bei Liv. in Bez. auf Fut.: 5. 4. 
10; 7. 30. 10; 8. 21. 4; auf Futur- 
begriff: VIL. 34. 4; 40. 6.1] Selten 
umgekehrt das Praes. im Folge- 
satz, wührend der Bedingungssatz 
im Fut, wie Off. I. 123 sin libido 1 


LIB. II. CAP. 14. $ 35. 86. 


141 


firmisque populis leges damus. 36. Arr. Excipis, credo, illa, 
quibus ipsi initiati sumus. M. Ego vero excipiam. Nam mihi 
eum multa eximia divinaque videntur Athenae tuae peperisse 
atque in vitam hominum attulisse, tum nihil melius illis my- 
steriis, quibus ex agresti immanique vita exculti ad humanitatem 
et mitigati sumus, initiaque ut appellantur, ita re vera principia 
vitae cognovimus, neque solum cum laetitia vivendi rationem 


accepimus, sed etiam cum spe meliore moriendi. 
mihi displiceat in nocturnis poétae indicant comici. 


Quid autem 


Qua li- 


centia Romae data quidnam egisset ille, qui in sacrificium 
cogitatam libidinem intulit, quo ne inprudentiam quidem ocu- 


accesserit, duplex malum est luxuria 
(ein Uebel ist sie 80 schon); Cluent. 
158 non.dubito quin , si qua causa 
ad vos delata sit eius, qui lege mom 
teneatur, etiamsi inviti absoluturi 
sitis, tamen  absolvatis (in eurem 
Charakter liegt, ihn freizusprechen); 
Fat. 11 quae tolluntur ommia (in 
dem Sinne einer unausbleiblichen 
Folge, als wenn sie schon eingetre- 
ten würe, cf. zu 8 36), si vis et na- 
tura fati ex divinationis rationc 
firmabitur. Vgl. G. T. A. Krüger 
443. 2; Dráger I. 8 139. 

populo Romano, denn in diesem 
Falle würe die Einweihung nicht 
überhaupt ausgeschlossen, da sie 
sich in Athen vornehmen liess. 

firmis in fester staatlicher Ge- 
schlossenheit befindlichen (oder 
Hendiad.: von fester  Sittlich- 
keit?). 

8 36. .Ezcipis. In dem Praes. 
liegt die sichere Erwartung, dass 
es geschehen wird resp. die An- 
nahme, dass Cic. es schon im Sinne 
hat; cf. 1, 56 (II. 35 Ende) — oder 
vielleicht eine Beziehung auf den 
etwas unklaren Wortlaut des Ge- 
setzespassus, 8, das,, der es zweifel- 
haft erscheinen liess, ob es nicht 
schon geschehen sei. 

credo ohne Ironie, nicht selten: 
L 41; 42; IL 47; 54; 58; Rep. 3. 
25; Fin. II. 71; 119; Nat. d. 2. 59; 
Brut. 287; d. Or. I. 56; Planc. 16; 
Div. 1. 87; Fam. I. 9. 20 cett. 

. dpsi init. 8. Von der Einweihung 
in die Mysterien waren die Bar- 
baren ausgeschlossen. (Isocr. Paneg. 
157.) Zu denselben wurden jedoch 
die Homer, als sie den Griechen 


nüher bekannt wurden, nicht ge- 
rechnet. Im Uebrigen war sie allen, 
ausser Schuldbeladenen, zugáng- 
lich, Frauen und selbst Sclaven, 
die nicht barbarischen Ursprungs. 
Fremde jedoch bedurften der Ver- 
mittlung eines athenischen Bürgers, 
μυσταγωγός. Schóm. Il. 367. 

cum spe meliore moriendi: τὴν 
τελετήν, ἧς OL μετασχόντες περί τε 
τῆς τοῦ βίου τελευτῆς καὶ τοῦ σύμ- 
παντος αἰῶνος ἡδίους τὰς ἐλπίδας 
ἔχουσιν Isocr. Paneg. 28. 

poctae ind. com. Cf. Plaut. Aulul. 
Prol. 36 qui $llanc stupravit noctu 
Cereris vigiliis; ib. IV. 10. 69; 
Caecil. Plocius (nach Menand. im 
selben Stück) an einer Stelle, cuius 
loci haec fere sententia est: Iia 
hominis pauperis in pervigilio vitiata 
est (Gell. N. A. 2. 23. 14). 

illes Clodius, der beim Jahres- 
feste der Bona Dea (z. $ 21) sich 
verkleidet in das Haus des Jul. 
Caesar, damaligen Prütors u. Pontif. 
Max., eingeschlichen hatte und ent- 
deckt durch Caesars Mutter Aurelia 
die Veranlassung gab, dass dieser 
sich von seiner Gattin. Pompeja 
schied. Angeklagt entging Clod. 
der Verurtheilung durch Bestechung 
der Hichter und das Schweigen 
des Hauptbelastungszeugen Caesar. 
Das Nühere Plut. Caes. Cic. 28. 


imprudentiam oculorum unbedach- 
ter Blick zu 1, 31, Zur Sache vgl. 
Har. resp. 8 eaque sacra, quae viri 
oculis ne imprudentis quidem. aspici 
fas est, mon solum aspectu υἱ- 
e sed flagitio stuproque violavit, 
ib. 37. 


142 


DE LEGIBUS 


lorum adici fas fuit? ATT. Tu vero istam Romae legem ro- 


gato. 
revertor: 


Nobis nostras ne ademeris. XV. 37. M. Ad nostra igitur 
quibus profecto diligentissime sanciendum est, 


ut 


mulierum famam multorum oculis lux clara custodiat initien- 
turque eo ritu Cereri, quo Romae initiantur. Quo in genere 
severitatem maiorum senatus vetus auctoritas de Bacchanalibus 
et consulum exercitu adhibito quaestio animadversioque decla- 


rat. 


Atque ommia nocturna, ne nos duriores forte videamur, 


in media Graecia Diagondas Thebanus lege perpetua sustulit. 
Novos vero deos et in his colendis nocturnas pervigilationes 
sic Aristophanes, facetissumus poéta veteris comoediae, vexat, 


rogato einrüumend, ausser in der 
Form «esto, nicht eben hàufig, s. 
G. T. A. Krüger 8 464. 2; Gossrau 
8 429. A. 1; cf. I. 20. 

Cap. XV. 8 37. mostra sc. in- 
stituta, praecepta. Andre Herausgg. 


schreiben mostras sc. leges, was 
leichter. 
eo ritu am Tage (z. 8 21). 
senatus — auctoritas im eigent- 


lichen Sinne (massgebliche Erklü- 
rung) bezeichnete einen  Senats- 
beschluss, gegen den intercedirt 
worden, oder bei dem ein Form- 
fehler in Betreff der Berufong, der 

it, des Ortes und der beschluss- 
fühigen Zahl constatirt war. Lange 
11. 8 115. Keins von beiden aber 
war nach Liv. 39. 14—19 der Fall, 
auch würde er dann nicht auf 
offentlich aufgestellten Tafeln ver- 
breitet sein, was bekanntlich 
schehen, wie die im Wiener Mu- 
seum aufbewahrte Erztafel bezeugt. 
Also steht hier s. auctor. im wei- 
teren Sinne, gleichbedeutend mit 
sen. consultwm. 

DBacchanalia ein von Etrurien 
nach Rom gekommener bacchischer 
Geheimdienst, der statt religióser 
Erbauung der wüstesten Ausschwei- 
fung diente, ja auch zu politischen 
Conspirationen benutzt wurde und 
80 den gesammten Sitten- und 
Rechts-Zustand des Staates geführ- 
dete. Besonders der letzte Punkt 
mochte es sein, der den Senat zu 
so energischem Einschreiten bewog 
dass siebentausend Münner und 
Weiber, die daran betheiligt wa- 
ren, in Strafe genommen und zwar 
zum gróssten Theil hingerichtet 


wurden (186 v. Chr. Sp. Postumio 
Albino Q. Marcio Philippo coss.). 
Das Nühere über die Art der Ent- 
deckung und Unterdrückung bei 
Liv. 39. 8—90; Prell. p. 714—718. 
Von einer Mitwirkung von Truppen 


aber wird nur an dieser St. be- 
richtet. 
JDiagondas, dieser Gesetzgeber 


sonst nicht weiter bekannt. 

lez perpetua ein durchgehendes 
— also alle Nachtfeiern ohne Aus- 
nahme betreffendes — Gesetz, s. 
v. a. lez, iussum. generale (Lange II. 
p. 519), im Gegensatz zur lex des 
Cic.,, in welcher das sacrum Bonae 
Deae ausgenommen war, oder dem 
sen. c DBacchan., in wel- 
chem eine einzelne Nachtfeier auf- 
gehoben war. [Der zeitliche Sinn 
scheint nicht zu passen, da, wenn 
man auch Anordnungen einer tran- 
sitorischen  Massregel überhaupt 
noch als Gesetz gelten lassen will 
— Lange ἃ. a. Ὁ. —, hier gegen- 
über den vorhergehenden, ebentalls 
für immer geltenden, Bestimmungen 


dieser Zusatz müssig ist.] 


JNovos sq. Grade diese — vor- 
nehmlich aus Asien und Aegypten 
eingeführten — waren es, an die 
sich ein orgiastischer Dienst zu 
knüpfen pflegte. 

Aristophanes , nüchst Homer der 
genialste Dichter des Alterthums, 
zwischen 444 u. 388 v. Chr. 

veteris comoediae, deren Tendenz 
Verspottung lebender, politisch ein- 
flussreicher Máànner war, üusseres 
Kennzeichen der Chor, Hauptver- 
treter Kratinos, Eupolis, Phrynichos, 
Arist, 


br e iz». 


LIB. Ii. CAP. 14. 15. “ὃ 36—38. 


143 


ut aput eum Sabazius et quidam alii dei peregrini iudicati e 


civitate eiciantur. 


Publieus autem sacerdos inprudentiam consilio expiatam 
metu liberet, audaciam in admittendis religionibus foedis damnet 


atque impiam iudicet. ' 


38. Iam ludi publici quoniam sunt cavea circoque divisi, 


Sabazius Phrygisch-thracischer 
Gott (Ar. Àv. 875 φρυγέλῳ Σαβα- 
ξέῳ) mit Dionysos identifizirt, in 
seinem Wesen und Cultus am nách- 
sten stehend dem Ζιόνυσος Ζαγρεύς, 
d. h. dem in den orphischen My- 
sterien gefeierten leidenden, wan- 
delbaren, zeithchen, ewigen, ge- 
storbenen und wieder  belebten. 
Pr. I. 549 u. 553. — Das hier er- 
wàahnte Stück — Ὧραι — ist nicht 
erhalten; dagegen  gelegentliche 
Verspottungen finden sich noch 
Vesp. 9. Av. 875; Lysistr. 388. 

peregrini, wie etwa  .Adonis 
(Lysistr. 389 verspottet), Kbele (Av. 
877 versp.), Kotytto (verwandt mit 
Kybele, Pr. I. 549) Isis. Vgl. Schóm. 
II. 160. 

imprudent.  Unbesonnenheit sc. 
in Ausübung religióser Handlungen, 
consilio durch ein überlegtes Ver- 
fahren; metu liberet, als wenn nicht 
imprudentiam, sondern imprudentem 
yoranginge.  Aehnliche Freiheiten 
ih der Beziehung finden sich ófter, 
vgl. Fin. 4. 15 genere vitae, quod 
virtute fruitur, wozu Madv. be- 
merkt: eam vitam, im qua inesset 
virtus, Cicero sic appellavit, ut simul 
significaret hominem virtute tanquam 
bono fruentem; Acad. 11, 1 magnum 
ingenii Luculli, magnum opttmarwum 
artium studium,twm liberalis doctrina 
caruit omnino rebus urbanis (eigt]. 
Lucullus , vir magno ingenio cett., 
carwit). Zur Bache vgl. 8 22 u. 
Macrob. L 16. 10 praeter mulctam 
vero sacerdotes  affirmabant | eum, 
qui feriis aliquid imprudens egisset, 
porco piaculum dare debere; pru- 
peers ig orn pow Scaevola 

ex at. admittere sich 
zu Sehulden kommen lassen, ein- 
gehen; rel. foed. den Gottesdienst 
entstellende, ^ entweihende (6- 
bráuche; impiam gottlos, u. implic. 
unsühnbar. 


8 38. cavea sq. nach — Ab. instr. 
zur Bezeichnung des Erkenntniss- 
grundes oder Massstabes. Seyff. Gr. $ 
176. À. 4. sint sq. ,,s0 sollen die Spiele 
des kórperlichen Wettkampfes, mag 
er im Lauf-, Faust- oder Ringkampf 
bestehen, sowie die im Pferderennen 
bis zu einem gewissen Ziele des 
Sieges (usque ad u. s. w. nur zu 
curric. eq. zu ziehen, dient zur Um- 
schreibung für Pferde wettrennen) 
in den Circus gewiesen sein: in 
einem (von den stufenweis auf- 
steigenden Sitzreihen) umschlosse- 
nen 'Theaterraum sollen sie mit 
Gesang, Saiten- und Flótenspiel, 
sofern dies gemássigt bleibt, ver- 
anstaltet werden.* Die Handschr. 
haben certationes, was durch Miss- 
verstáündniss vielleicht aus certatio- 
^is entstanden; ferner curriculis, 
doch steht einerseits in der lex der 
Sing., anderseits würde durch den 
Ablativ das Wagenrennen zu den 
kórperlichen Uebungen gerechnet, 
was füglich nicht angeht, auch in 
der lex nicht geschehen ist; dann 
blos c?rco, was mOglicherweise bei- 
zubehalten ist: ,,sollen dem Circus be- 
stimmt sein', wenngleich die Emen- 
dation i» nach » eine sehr leichte; 
statt constituti in: constitutis. Da- 
gegen weicht fiamt weiter von der 
Ueberlieferung, nümlich vice ab und 
ist eine sehr zweifelhafte Emenda- 
tion. Doch voce, wie die meisten 
schreiben, lásst sich aus vice nicht 
machen, da ausser fides (8. unten 
zu T'imoth. f.) die Instrumente nicht 
πὰς “γε τς sein kónnen, sondern nur 

er Vortrag, somit 1s.moderatus sit 
[derselbe Einwurf trifft auch Urlichs 
— Hhein. Mus. 78 p. 156 — Emen- 
dation: vincat, abgesehen von der 
Geschraubtheit der Verbindung: 
cavea vincat| stehen müsste (vgl. 
übr. Anh.); ferner dwmmodo, vgl. 
V., in keiner richtigen Beziehung 


144 


DE LEGIBUS 


sint corporum certationis cursu et pugillatu et luctatione cur- 
rieulique equorum usque ad certam victoriam in circo consti- 
tuti: in cavea cantu fiant ac fidibus et tibiis, dum modo ea 


moderata sint, ut lege praescribitur. 


Adsentior enim Platoni 


nihil tam facile in animos teneros atque molles influere quam 
varios canendi sonos, quorum diei vix potest quanta sit vis in 
utramque partem. Namque et incitat languentes et languefacit 
excitatos et tum remittit animos, tum contrahit, civitatumque 
hoe inultarum in Graecia interfuit antiquom vocum conservare 
modum: quarum mores lapsi ad mollitias pariter sunt inmutati 
cum cantibus aut hac dulcedine corruptelaque depravati, ut 


zu constituti sint steht. Auch würde 
der Ausdruck sich so weniger mit 
dem Gesetzestexte berühren. 


corporum certationis sq. Die flg. 
Angabe der Kampfesarten ist eine 
im Wesentlichen erschópfende, zu 
denen nur die Mischgattungen des 
πένταϑλον (Sprung, Lauf, Faust-, 
Ringkampf, Diskus) und des παγ- 
κράτιον (Faust- und Ringkampf zu- 
gleich) bisweilen hinzugefügt wer- 
den, wie bei dem Elegiker und 
Eleat. Philos. Xenophanes aus Ko- 
lophon, El. 2. 


AM εἰ uiv ταχυτῆτι ποδῶν 
νίκην τις ἄροιτο 
ἢ πενταϑλεύων, ἔνϑα Διὸς 
τέμενος 
πὰρ Πίσαο doge ἐν Ὀλυμπίῃ, εἴτε 
zoMECO»v 
ἢ καὶ πυκτοσύνην ἀλγινόεσσαν 
ἔχων 
εἴτε τὸ δεινὸν ἄεϑλον, ὃ παγ- 
κράτιον καλέουσιν 
εἶτε καὶ ἵπποισιν. 
fides — tibiae Bélinis;.- Flóten- 
spiel; wie manus Hündearbeit und 
dgl mehr, s. Nügelsb. St. p. 44 
8 12. 


Platoni sq. Plato wie andere 
EOS Philosophen (vgl Arist. 

l 5. b οἰητέον πρὸς ἀρετήν τι 
τείνειν τὴν μουσικὴν, ὡς δυναμένην, 
καϑάπερ ἡ γυμναστικὴ τὸ σῶμα 
ποιόν τι ᾿“παρασκευάζξει, καὶ τὴν μου- 
σικὴν τὸ ἦϑος ποιόν τι ποιεῖν SQ.) 
schrieb der Musik einen grossen 
Einfluss auf die sittliche Bildung 
zu, 80 dass er auch in der Wahl 
der Tonweisen die grósste Sorg- 
samkeit verlangte, von denen er 


die dorische und phrygische als 
geeignet zur Erziehung empfahl 
(κινδυνεύει δωριστὶ λείπεσθαι καὶ 
φρυγιστῶ, dagegen die ionische und 
lydische als μαλακαὶ καὶ συμποτικαὶ 
ἁρμονίαι verwarf, Rep. 3. 10; wüh- 
rend Arist. Pol. 5. 7; die phrygische 
als ὀργιαστικὴν καὶ παϑητικὴν aus- 
geschlossen, die lydische dagegen 
neben der dorischen angewendet 
sehen will Die hier bezeichnete 
Stelle findet sich Rep. 4. 4 κατὰ 
σμικρὸν εἰσοικισαμένη ἡ διὰ μουσι- 
κῆς παρανομία ἠρέμα ὑποῤῥεῖ πρὸς 
τὰ ἤϑη τε καὶ τὰ ἐπιτηδεύματα flg. 
Vgl. auch Leg. Il. 11. p. 669— 70, 
IIl. 15. 700—701. 

teneros at molles hier ihrer 
allgemeinen Natur nach, nicht von 
denen der Kinder; influere Eingang 
finden. 

incitat sc. cantus aus canere. 

remitto aus der Spannung los- 
lassen, in eine gelassene, behag- 
liche Stimmung, in Wohlgefühl, 
versetzen; contraho sammeln — auch 
beengen, andüchtig und ernst, resp. 
bang und trübe stimmen. 

civitatum sq. vgl. unten zu Lace- 
daemon. 

pariter zugleich, hier, wie unten 
8 39. pariter cum modorum fl., im 
Uebergange von der eigentl. Be- 
deutung, freier noch p. red. in sen. 
36 in rem publicam swm pariter 
cum re publ. restitutus; d. Or. 3. 10; 
sen. 50; Tusc. 1. 24; Div. 2. 33; 
Sall Jug. 77; 106; Liv. 8. 22. 6; 
6. 8. 9; 10. b. 1. 

hac dulcedine c. cf, I. 56. 

dulce. corrupt.  verführerischen 
Reiz. 


LIB. II. CAP. 15. 8 38. 39. 145 
quidam Tutant, aut, cum severitas eorum ob alia vitia ceci- 
disset, tum fuit in auribus animisque mutatis etiam huic mu- 
tationi loeus. 39. Quam ob rem ille quidem sapientissimus 
Graeciae vir longeque doctissimus valde hane labem veretur. 
Negat enim mutari posse musieas leges sine mutatione legum 
publicarum. Ego autem nec tam valde id timendum nec plane 
contemnendum puto. Illud quidem video, quae solebant quon- 
dam conpleri severitate iucunda Livianis et Naevianis modis, 
nunc ut eadem exsultent, cervices oculosque pariter cum mo- 
dorum flexionibus torqueant.  Graviter olim ista vindicabat 
vetus illa Graecia longe providens quam sensim pernicies inlapsa 


quidam, Cic. im Grunde nicht, 
nach III. 32. 

eorum sc. morum. 

vitia fehlerhafte Zustánde. 

tum im Nachsatze nach cwm: 
Or. IL 174; Verr. 5. 147; Div. I. 
72; 99; 100; Leg. Agr. II. 25; 
Acad. IL 9; 128; d. Inv. 2. 127; 
138; Fin. 2. 33; 3. 33; 50; Rep. I. 
66, nach cum d a Liv. 5. 11. 4; da- 
durch dass Brut. 261 (s. Pid.); nach 
Partic. d. Inv. 2. 127; Div. I. 61; 
Liv. 10. 38. 4; wbi Liv. 4. 57. 2; 
8. 6. 12; und besonders nach si. 

hwic der Musik. 

$ 39. ille quidem sc. Plato, den 
Cic. von dem Zauber seiner Sprache 
($ 17) hingerissen von allen Philo- 
sophen am meisten verehrte, cf. 
3. 1; Div. I. 78 und 62; II. 66; Rab. 
post. 23; Tusc. I. 39; Nat. d. II. 32; 
d. Or. I. 218; Brut. 121; Att. 4. 16. 3; 
Or. 62. 

hanc labem diesen Verfall, nàml. 
der Musik. 

Negat enim... dass es móglich 
sei, die musikalischen Gesetze zu 
ándern, ohne gleichzeitig eine Aen- 
derung der Staatsgesetze dadurch 
herbeizuführen: οὐδαμοῦ κινοῦνται, 
μουσικῆς τρόποι ἄνευ πολιτικῶν νό- 
pov τῶν μεγίστων. Rep. 4. 3 p. 424. 

Illud q. s. Anh. 

quae man erwartet Das 
Neutr., wie es scheint, mit ver- 
Achtlicher Unbestimmtheit, wie im 
D. was — das (Theaterversamm- 
lungen, welche). 

leri mehr als affici, vollauf 

von emer Sache erfüllt, gleichsam 

gesüttigt werden; sev. i. von einem 

wohlthuenden Ernste. Vgl. Fin.5.69 

quonam gaudio complerentur. Acad. 
Cicero de legibus, 


qui. 


IL. 127 hwmanissima completur ani- 
mus voluptate. Wegen d. doppelten 
Abl. vgl. zu I. 25. 

Livius Andronicus aus "Tarent 
kam bei Eroberung seiner Vater- 
stadt 272 als Kriegsgefangener nach 
Rom und wurde durch eine Ueber- 
setzung der Odyssee in saturnischem 
Versmass und freie Uebertragung 
einer Reihe von griechischen Tra- 
gódien und Komódien Begründer 
der rómischen Dichtkunst. Alter 
Sitte gemáss Schauspieler seiner 
eigenen Stücke führte er nach Liv. 
VIL 2 eine wichtige Aenderung in 
der scenischen Darstellungskunst 
ein, indem er den Vortrag der 
cantica, die er früher selbst ge- 
sungen, einem eigens dazu bestellten 
Sünger übertrug, dem Schauspieler 
nur noch die Begleitung derselben 
durch Tanz und Pantomime vorbe- 
haltend. 

Cn. Naevius aus Campanien ge- 
bürtig, jüngerer Zeitgenosse des 
Vorhergehenden, verfasste ein Epos 
vom ersten punischen Kriege in 
saturn. Versmass und viele Komó- 
dien, in denen er mit dem grüssten 
Freimuth die ersten Münner des 
Staates, wie die Meteller und Scipio- 
nen angriff, daher er in Verbannung 
nach Utica gehen musste, wo er 
204 in hohem Alter starb. Seine 
Sprache rühmt Cie, d. Or. 3. 45 als 
eim Muster unverfülschten, alter- 
thümlichen Ausdrucks, 

modi 'T'onweisen, Melodien; flexio- 
nes modorwm die hin- und her- 
schwebenden Beugungen, Colora- 
turen, Modulationen des Gesanges. 

longe providens weit vorausschau- 
end, wie das Verderbniss, nachdem 


10 


146 DE LEGIBUS 

civium in animos malis studiis malisque doctrinis repehte totas 
civitates everteret, si quidem illa severa Lacedaemo nervos 
iussit, quo plures quam septem haberet, in Timothei fidibus 
incidi. 

XVI. 40. Deinceps in lege est, ut de ritibus patriis co- 
lantur optumi: de quo cum consulerent Athenienses Apollinem 
Pythium, quas potissimum religiones tenerent, oraclum edi- 
tum est 'eas quae essent in more maiorum". Quo cum iterum 
venissent maiorumque morem dixissent saepe esse mutatum 
quaesissentque quem morem potissimum sequerentur e variis, 


respondit *'optumum'. 


Et profecto ita est, ut id habendum sit 


antiquissimum et deo proximum, quod sit optumum. 
Stipem sustulimus nisi eam, quam ad paucos dies pro- 


es sich sacht in die Gemüther ein- 
geschlichen,auf einmal ganze Staaten 
umstürzt. Also das voraus bezieht 
sich auf das einstige Zusammen- 
brechen der Staaten, zu sensim 
illapsa ist aus providens: videns, 
intellegens zu entnehmen. Der Aus- 
druck beruht auf einer kühnen Zu- 
sammenziehung zweier Structuren: 
intellegens quam sensim pernicies in 
animos illabatur et wt i1llapsa re- 
pente civitates  evertat providens. 

malis studiis m. d, durch schlechte 
Neigungen und Lehren mit illapsa 
zu verbinden. 

repente steht 1nit sensim in schein- 
barem Widerspruch, der so zu lósen 
ist, dass repente, wie oben ge- 
schehen, für auf einmal (griech. 
d 9900v) genommen wird, insofern 
der Gedanke ist, dass der lange im 
Verborgenen angesammelte Krank- 
heitsstoff auf einmal in voller Ent- 
wicklung hervorbricht und die Staa- 
ten in den Abgrund reisst, nicht all- 
máhlich zum Vorschein kommt und 
eine langsame Auflósung herbei- 
führt. Vgl. Sulla 75 ex multis ab 
adulescentia conlectis perditorum ho- 
minum vitiis repente ista tanta im- 
portunitas inauditi sceleris exarsit ; 
ib. 76 ex magnis et diuturnis et iam 
desperatis rei publicae morbis ista 
repente vis erupit; Fam. 1. 9. 20 
cum inclusum illud odium multarum 
iniuriarum omme repente apparuit. 
Verg. Georg. III. 472 mec singula 
morbi Corpora corripiunt, sed. tota 
aestiva repente  Spemque | gregem- 


que simul cunctamque ab origine 
gentem. 

illapsa in. Einige den Hdschr. 
folgend lassen i» aus. Aber der 
überhaupt seltene transitive Ge- 
brauch von Compositis mit $» bei 
Cic. (s. Drüg. 1. 8 169. 2) ist hier 
um 80 unwahrscheinlicher, als sich 
der Sinn einer óOrtlichen Rich- 
tung: 'hineinschleichend in' her- 
vordrüngt. 

Timotheus aus Milet, Musiker 
und Dithyrambendichter, der die 
siebensaitige Cither um vier ver- 
mehrte (Paus. 3. 12. 10), Zeitgenosse 
eds Euripides (geb. 446, $ 357 v. 


Cap. XVI. 8 40. ritibus patr. zu 


po 86. Wann und in 
welchem Falle dies geschehen, ist 
nicht nüher bekannt. Doch be- 
zeichnet Xenoph. Mem. IV. 3. 16 
die erste Antwort als eine gewühn- 
liche der Pythia. auf eine derartige 
Frage. Ὁρᾶς yàg | ὅτι ἐν “ελφοὶς 
ϑεὸς ὅταν τις αὐτὸν ἐπερωτᾷ πῶς 
ἂν τοῖς ϑεοῖς view ἀποκρίνεται" 
νόμῳ πόλεως. Vgl. ib. I. 8. 1. 

Das Aelteste steht im nüchsten 
Zusammenhang mit den Góttern, 
8. zu 8 27, ist also das Beste und 
umgekehrt. 

Stipem sq. Diese Stelle führt 
Servius aus dem Gedüchtnisse an, 
daher in den Worten etwas ver- 
ündert und mit einem Zusatze, der 
nicht auf Cic. zurückzuführen. 

ad paucos dies zu 8 22. 


LIB. IL. CAP. 15. 16. $ 39—41. 1471 
priam Idaeae Matris excepimus: implet enim superstitione ani- 
mos et exhaurit domus. 

Saerilego poena est, neque ei soli, qui sacrum abstulerit, 
sed etiam ei, qui sacro commendatum. 41. Quod et nunc 
multis fit in fanis, et Alexander in Cilicia deposuisse apud 
Solensis in delubro pecuniam dicitur et Atheniensis Clisthenes 
Iunoni Samiae, civis egregius, quom rebus timeret suis, filiarum 


dotis credidisse. 
Iam de periuriis, 
disputandum est. 


de incesto nihil sane hoc quidem loco 


Donis impii ne placare audeant deos, Platonem audiant: 
qui vetat dubitare qua sit mente futurus deus, quom vir nemo 
bonus ab inprobo se donari velit. 

Diligentiam votorum satis in lege dictum est T ac voti 


superstitione mit dem falschen 
Glauben, dass man sich die Gótter 
durch Geschenke und Entàusserung 
seines Besitzes geneigt mache: eine 
vorausgehende, wohl zu beherzigen- 
de, Verurtheilung spáter zur Herr- 
schaft gelangter Religionsansichten. 

8 41. Quod sc. ut sacro aliquid 
commendetur. Vgl. übr. Anh. 

Alexander in Cil. Alexander ver- 
weilte in Soli bei seinem Durchzug 
durch Cilicien nach Arr. 2. 5. 5 flg. 
làngere Zeit und feierte dort glàn- 
zende Feste wegen seiner Genesung. 
Ob er damals oder vielleicht nach 
dem spáter bei [8808 erfochtenen 
Siege, durch den er reiche Beute 
(8000 Tal. Arr. 2. 11. 10) gewann, 
und nach welchem er den Solensern 
den Rest der wegen ihrer perser- 
freundlichen Gesinnung ihnen auf- 
erlegten Strafgelder erliess, oder 
wann sonst er jenen Schatz nieder- 
gelegt habe, muss in Frage bleiben. 

Atheniensis Clisthenes. zur Unter- 
scheidung von dem "Tyrannen zu 
Sikyon; vgl zu L 15; ferner Div. 
1. 5; ib. 31; Nat. d. I. 27; L 63; 
Off. L 155; Leg. 3. 14; Liv. IX. 
22. 1; 24. 1. 

K leisthenes, welcher nach der Ver- 
treibung der Pisistratiden durch 
Kleomenes I. 510 mit den anderen 
Alkmáoniden nach Athen zurück- 
qu war, richtete die Verfassung 

mokratisch ein, musste 2 Jahre 
spáter dem  aristokratischen von 

leomenes unterstützten sagoras 


weichen, kehrte aber bald zurück 
und befestigte die Demokratie. 

lunoni Samae, deren von dem 
Samier Hhoekos, Herod. III. 60 
(nach Paus. VII. 4. 4 von dem 
Aegineten Smilis), erbauter Tempel 
nebst dem der Ephesischen Artemis 
allem von Herodot (IL 148) für 
würdig befunden worden ist, mit 
dem aegyptischen Labyrinth. ver- 
glichen zu werden. Vgl. über ihn 
ausser Paus. a. a. O. noch Cic. 
Verr. I. 50. 

nihil same nichts eben (grade) cf. 
III. 12; 14; synonym mit μι ad- 
modwm.  Haacke Gr. Stil. Lehrb. 
8 97. 4. 

Pl. audiant, den Pl. vernehmen, 
hóren was Pl. sagt: dieser nümlich 
ἃ. 8. w. Andere fassen den Satz 
mit «e selbststindig (Punkt nach 
deos). Dann wáüre audiant s. v. a. 
hóren auf. 

qui velat sq. Vgl. de Leg. IV. 8 
p. 716 fin. παρὰ δὲ ιαροῦ δῶρα 
οὔτε ἄνδρα ἀγαϑὸν οὔτε ϑεὸν ἔστι 
ποτὲ τό γε ὀρϑὸν δέχεσθαι. Vgl. 
Alcib. II. C. 13. p. 149 E.; Euthyphr. 
c. 16 84.5; Hep. II. C. 7. p. 364 B. sq.; 
Ill. 4. p. 890 E; Leg. X. C. 18. 
p. 906 D. sq. 'Ebenso Zaleucus 
Diod. 12. 20 (τῶν ϑεῶν οὐ yoigóv- 
τῶν ταῖς τῶν πονηρῶν ϑυσίαις τε 
καὶ δαπάναις). 

Diligentiam 86. Der "Text ist 
corrumpirt oder lückenhaft. Wenn 
letzteres, was wahrscheinlicher, so 
lüest sich die Lücke, die hinter 


10* 


148 


DE LEGIBUS 


sponsio, qua obligamur deo. Poena vero violatae religionis 


iustam recusationem non habet. 


Quid ego hic sceleratorum utar exemplis? quorum plenae 


tragoediae. 


Quae ante oculos sunt, ea potius adtingam. Etsi 


haec commemoratio vereor ne supra hominis fortunam esse 
videatur, tamen, quoniam sermo mihi est apud vos, nihil reti- 
cebo, velimque hoc, quod loquar, diis inmortalibus gratum 
potius videri quam grave hominibus. 


dictum est anzunehmen sein würde, 
etwa so ergüánzen: esse adhibendam 
reddendorum. Atque (oder — was 
noch genauer —: e. a. r. In quo ne 
quid loci detur ad peccandum — I. q. 
ut facilius caveatur iniuria) caute fiat 
ipsa promissio — ac voli sq. Da 
der betreffende Gesetzespassus von 
der Behutsamkeit in Erfüllung der 
Gelübde handelte, 80 müssen auch 
diese Worte in diesem Sinne ge- 
fasst resp. ergünzt werden. Jl. 
votorum aber würde für diesen Sinn 
noch nicht genügen. Da die vor- 
liegende Stelle aber auch, wie 
sponsio votorum zeigt, das Eingehen 
von Gelübden selbst berührt, so ist 
es wahrscheinlich, dass ferner Worte 
ausgefallen sind, worin der aus dem 
Schweigen des Gesetzes darüber sich 
leicht darbietende Schluss, als ob 
Unbedachtsamkeit im Eingehen von 
Gelübden als vóllig bedeutungslos 
gelten sollte, abgewehrt wird. pro- 
wissio sc. domi, cf, Verr. 5. 184 
donum lovi promissum; Flor. I. 11. 4 
pactusque victoriam templa promisit 
et reddidit; ferner Petron. 88; Tibull 
8. 5. 88: Juv. 18. 233. 

violatae religionis einer dadurch 
begangenen Religionsverletzung, 
dass etwas, was sich schon im Be- 
sitze eines Gottes befindet, einem 
anderen zur Einlósung eines unbe- 
dachten Gelübdes übertragen wird; 
8. z. 8 292. 

quorum plen. trag. Da von Ver- 
brechern, die zur Erfüllung ihres 
Gelübdes das Recht anderer Gótter 
verletzt haben, die Tragódien nicht 
voll sind, 80 ist ersichtlich, dass 
Cic. hier viol. rel. in weiterem Sinne 
nimmt als Verletzung der Ehrerbie- 
tunggegen Gotter überhaupt. Erst in 
diesem Sinne kann behauptet werden, 


dass die Tragódien reich sind an Bei- 
spielen dafür. Man denke an die 
Andromache des Euripides, in wel- 
cher Neoptolemus mit dem "Tode 
büsst, weil er Priamus am Altar 
des Ζεὺς 'Eoxsiog erschlagen, den 
Tempel von Delphi aus Zorn gegen 
Apollo, weil er bei dem Tode des 
Achilleus behülflich war, hat an- 
zünden wollen; an Ajax des Oileus 
Sohn, welcher wegen Entweihung 
des Minervatempels, aus dem er 
die Kassandra geraubt, bei Eubóa 
mit seinen Schiffen zu Grunde geht; 
an die vielen Fülle, in welchen ein 
Sterblicher sich gegen Gótter ver- 
gangen, wie Lykurgos und Pentheus 
gegen Dionysos etc. 

p . Die Auslassung von sunt 
des Affectes wegen, hier im Neben- 
satze (cf. 8 19). Ausführliches bei 
pics Pal. 1. II. 8 (p. 17 flg); Nà- 
gelsb. Stil. 188. 2; Drüg. $ 116. 
Andere Beisp. III. 23; 27; 40; 42 
(zweimal); 47. 

Etsi sq. Die Erwühnung der ihm 
von Seiten der Gótter widerfahrenen 
Auszeichnung durch die Verfolgung 
derjenigen, welche um seinetwillen 
die Religion verletzt hatten, und 
durch die als Beschützer ihrer Heilig- 
thümer erl ehrenvolle Rück- 
kehr aus der Verbannung. 

apud vos, die ihm das nicht als 
Anmassung anrechnen werden. 

gratum nur um den Góttern sei- 
nen Dank zu bezeugen wegen der 
ihm erwiesenen Gnade, nicht um 
durch Selbstverherrlichung sich über 
die Menschen zu erheben und ihnen 
dadurch beschwerlich (drückend und 
anstóssig) zu werden. 

velimque. Die Handschr. volam. 
Aber das Fut. würe gerade so un- 
logisch, als wenn verebor st. vereor 


LIB. II. CAP. 16. 17. 8 41. 42. 


149 


XVII 42. Cum perditorum civium scelere discessu meo 
religionum iura polluta sunt, vexati nostri Lares familiares, 
in eorum sedibus exaedificatum templum Licentiae, pulsus a 
delubris is, qui illa servarat, cireumspicite celeriter animo — 
nihil enim attinet quemquam nominari — qui sint rerum exi- 


stáànde. Der Wunsch, durch die be- 
absichtigte Rede sich dankbar zu 
zeigen, muss ebenso schon gegen- 
wáàrtig sein, als die Besorgniss, an- 
massend zu erscheinen; kann nicht 
mit der Zeit der durch denselben 
hervorgerufenen und beeinflussten 
Rede zusammenfallen. 


Cap. XVII. 8 42. perditor. civ. 
des Clodius und seines Anhangs. 


discessu regelmüássiger Ausdruck 
des Cic. für seine Verbannung, s. 
Drum. V. p. 652 Not. 75; ausser 
den dort angeführten Stellen noch 
p. red. i. sen. 19; Dom. 59; 60; 115; 
Pis. 31; 32; Phil 2. 109; um sie 
damit als eine freiwillige zu be- 
zeichnen, insofern das von Clodius 
herbeigeführte  Plebiscit unrecht- 
mássig und somit unverbindlich 
war. 

religionum iura die ins Gebiet 
der Religion fallenden (der Religion 
angehórigen) d. h. religiósen Rechts- 
satzungen und Rechtsgebráuche (cf. 
Dom. 127 ius totum omnium religio- 
^wm), erklàrt durch das folgende: 
vex. — 68, in eorum — Liácentiae, 
pwlsus cett.; dafür unten einfach 
religiones prostratae. 

vexati — Dom. 108 ista tua Li- 
bertas deos penatis et familiares 
meos lares expulit, ut se ipsa tan- 
quam 1n captivis sedibus colloca- 
ret Βα. : 

Lares familiares (zu & 19) die 
verklürten Geister der Vorfahren, 
Schutzgótter des Hauses, die, wie 
sie an allen Schicksalen der Familie 
den innigsten Antheil nehmen, auch 
mit dieser das Haus verlassen; von 
den , den Góttern des Heer- 
des ales) oder des tüglichen 
Brotes (penus) nach Pr. p. 535 mehr 


dem Namen ale dem Wesen nach 


verschieden. 
exaedif. mit dem Begriff der Voll- 
endung des Baues opp. íncohatum. 


Licentiae der Frechheit, boshafte 
Bezeichnung für Libertas, cf. Dom. 
131 simulacrum mon libertatis pu- 
blicae sed licentiae conlocasti, das 
Obendrein, wie Cic. ib. 111 angibt, 
ursprünghnch ein Grabmonument 
einer T'anagraea meretrix war, 
welches sein als Jáger von Kunst- 
denkmálern  berüchtigter Bruder, 
der Augur (zu 8 32), aus Griechen- 
land geraubt hatte. — Clodius hatte 
gleichzeitig mit dem Beschluss der 
Verbannung Ciceros auch den auf 
Einziehung seines Vermógens, Zer- 
stórung seines prachtvollen Hauses 
auf dem Palatin durchgesetzt, an 
dessen Stelle der Libertas ein Tem- 
pel geweiht werden sollte. In 
Wahrheit handelte es sich nach 
Cic. für den Clodius darum, den 
Platz zur Verbindung mit seinem 
fast angrenzenden Hause und zur 
Anlegung von Lustanlagen für sich 
zu gewinnen, da nur der zehnte Theil 
des Grundstückes für die Kapelle 
und das Denkmal der Libertas an- 
gewiesen wurde. Dom. 8$ 116. 


servarat durch Unterdrückung der 
Catilinar. Verschwórung, vgl. Dom. 
144. Diese Umschreibung seiner 
Person (ebenso p. red. in sen. 7; 
8; 16; Dom. 122; Pis. 23; 29) dient 
zur nachdrücklichen Hervorhebung 
seines Verdienstes. 


"nihil — attinet ist von keinem 
Belang, man braucht nicht, bald mit 
bloss. Infin., bald mit Acc. c. Inf. 
wie Quinct. 60; Dom. 138; Pis. 36; 
Fin. 2. 21. 

nominari — was einerseits un- 
nóthig, da jeder verstand, auf 
welche Personen — einen Clodius, 
einen Gabinius — die Worte zielten, 
anderseits es hominibus grave und 
gehüssig gewesen sein würde, dies 
aber durch eine rein sachliche 
Darstellung am besten vermieden 
wurde, 


150 


DE LEGIBUS 


tus consecuti. Nos, qui illam custodem urbis omnibus ereptis 
nostris rebus ac perditis violari ab impiis passi non sumus 
eamque ex nostra domo in ipsius patris domum detulimus, 
iudicia senatus, Italiae, gentium denique omnium conservatae 


patriae consecuti sumus. 


Quo quid aecidere potuit homini 


praeclarius? Quorum scelere religiones tum  prostratae ad- 
flictaeque sunt, partim ex illis distracti ac dissipati iacent, 


custodem wrbis eine kleine Statue 
der Minerva, die er in seinem Hause 
hatte und am Tage vor seiner Ab- 
reise in den Tempel des Capitoli- 
nischen Jupiter trug, mit einer In- 
schrift sie als Beschützerin der Stadt 
bezeichnend, entsprechend fer grie- 
chischen Benennung πολιοῦχος (Plut. 
Cic. 31; Cass. D. 38. 17). Spáter 
nach Caesars Tode von einem Sturme 
umgeworfen, wurde sie auf Beschluss 
des Senates wieder aufgerichtet 
(Drum. II. p. 256). 

omnibus creptis sq. ein jedenfalls 
übertriebener Ausdruck; denn da- 
mals, als das Bild fortgetragen wurde, 
konnte noch nicht alles ausgeraubt 
und vernichtet sein, weil erst nach 
Ciceros Entfernung der Beschluss 
auf Vermógenseinziehung erging und 
die Zerstórung des Hauses erfolgte. 
S. Plut. Cic. 31 ὁ δὲ Κλώδιος ἐξε- 
λάσας τὸν Κικέρωνα κατέπρῆσε μὲν 
αὐτοῦ τὰς ἐπαύλεις (Landgüter: 
Tusculanum und Formianum), κατέ- 
πρησε δὲ τὴν οἰκίαν καὶ rà τόπῳ 
ναὸν ᾿Ἐλευϑερίας ἐπῳκοδόμησε᾽ τὴν 
δ᾽ ἄλλην οὐσίαν ἐπώλει καὶ 
διεκήρυττε καϑ᾽ ἡμέραν; ferner 
Cass. D. a. ἃ. O. Appian Bell. Civ. 
2. 15, auch Dom. 60 cum post mewm 
discessum omnium fortwnas spe 
devorasses, argenti et supellectilis 
meae cupiditate te esse caecatum mon 
arbitror; p. red. in sen. 17—18. 
Bemerkenswerth ist es auch, dass 
Dom. Cp. 20 flg.,, wo Cic. zum Be- 
weise, dass der gegen ihn gefasste 
Verbannungsbeschluss ein erzwunge- 
ner sei, die Gewaltthaten des Clodius 
aufzühlt, die demselben voraufge- 
gangen, er von einer Plünderung 
seines Hauses nicht redet. Und so 
urtheilt auch Drum. Il. p. 268, dass 
die Vernichtung seines SA erst 
nachher erfolgt sei. Dagegen er- 
sehen wir freilich aus Dom. 55, dass 


Cic. im freien Besitze seines Hauses 
schon vorher nicht war. Und so 
mochte wohl manches schon bei 
Seite gebracht und verdorben wor- 
den sein. (Die Uebersetzung: die 
wir verhüten wollten, dass die custos 
«. nàch der Plünderung unseres Be- 
sitzes verletzt würde, ist unzulüssig: 
denn die Annahme, dass diese Ver- 
letzung nicht auch vor oder wüh- 
rend derselben hütte geschehen kón- 
nen, würe zu sonderbar.) 

iudicia senatus sq. Zur Sache vgl. 
p. red. i. sen. $ 24—28; ad Quir. 15— 
18; Dom. 28; Pis. Cp. 14. 831—306; 
8 51—852; Sest. 128 flg. Das Wesent- 
liche ist, dass der Senat unter Vor- 
sitz des Consuls Lentulus Cicero 
allen Vólkern und Provinzialbeamten 
empfahl, denen, welche ihm hülf- 
reich gewesen, dankte und alle Italer 
aufforderte, zu den Comitien wegen 
seiner Rückberufung zu erscheinen; 
sowie dass diese unter der zahl- 
reichsten ira po. ὃ die je er- 
hórt, abgehalten, der Erklürung des 
Pompeius, Cicero habe den Staat 
gerettet, aufs lebhafteste zugestimmt 
und die Rogation mit den Stimmen 
aller Centurien "m 90; ad Quir. 17) 
verus wurde. Dazu kamen die 

eglückwünschungen resp. Dank- 
sagungen auswürtiger Gemeinden 
und Fürsten. 

Ein zweiter Genitiv von einem 
vorhergehenden  abhüngig nicht 
selten, Fin. 3. 51 (rationem hwius 
verbi faciendi Zenonis) und mehr 
daselbst Holst. 

partim ex wie Phil. 8. 32; Vat. 16, 
Ofter mit Genitiv Fin. 3. 51; Div. 
IL. 113; Off. IL 72; p. leg. Man. 18; 
Reisig 8 193; Zumpt 8 271. 

distracti sq. aus ihrem Verbande 
gelóst und hier- und dorthin zer- 
streut; Zacere daliegen in Unglück 
und Trauer, hier von der Verbannung 


LIB. II. CAP. 17. $ 42. 


151 


qui vero ex iis e£ horum scelerum principes fuerant et praeter 
ceteros in ommni religione inpii, non solum vita privati sunt, 
conscientia cruciati atque dedecore, verum etiam sepultura et 


(cf. p. red. i. sen. 24). Zunàáàchst ist 
dabei an den Consul d. J. 58 — 
in welchem Cic. verbannt wurde — 
A. Gabinius zu denken, welcher mit 
Calpurnius Piso den Clodius, weniger 
diesem, als den Triumvirn zu Liebe, 
in der Verfolgung Ciceros unter- 
stützte, ja aus der Beute seines Ver- 
mógens sich mit bereicherte (p. red. 
in sen. 18; Dom. 62). Zur Beloh- 
nung verschaffte ihm Clodius die 
Provinz Syrien, die er schmáhlich 
aussog, ein Jahr über die gesetzlich 
bestimmte Zeit behielt, auf làngere 
Zeit willkürlich mit dem Heere ver- 
liess, um den von seinem Volke 
vertriebenen Ptolemaeus  Auletes 
(Vater der Kleopatra) wieder auf 
den aegyptischen Thron zu setzen. 
Bei seiner Rückkehr nach Rom 54 
wiederholt angeklagt, wurde er zu- 
letzt verurtheilt und ging ins Exil 
(nach App. B. Civ. 2. 25 zu Caesar 
nach Gallien. Ferner kann man 
an den Secretür des P. Clodius, den 
S. Clodius, welcher dessen Gesetzes- 
entwürfe abfasste und bis zu seinem 
Tode ihm treu ergeben war (Ascon. 
ad Mil 8), denken. Er wurde im 
Jahr der Ermordung des Clodius 
gleich nach Milo angeklagt und ver- 
urtheilt, worauf er ebenfalls nach 
Gallen ins Exil ging, aber nicht, 
wie Gabinius,von Caesar, sondern erst 
nach achtjühriger Verbannung von 
Antonius rehabilitirt wurde. Doe 
ihn Drum. II. p. 386 flg. Ein an- 
derer Freund des Clodius, Munatius 
Plancus Bursa (Ascon. ad. Mil. 7; 
18 flg.)) wurde ebenfalls in diesem 
Jahre (52) von Cic. angeklagt, ver- 
urtheilt und genüthigt ins Exil zu 
gehen (fand auch bei Caesar, und 
zwar in Ravenna, eine Zuflucht). 

Ueber ihn Drum. IV. p. 213 flg. 
qui vero 8. Dass dies auf den 
bei Bovillae von Milo erschlagenen 
Clodíus, dessen Leiche am Tage 
von einer Volksmenge in 


die Curie g en und mit dieser. 


verbrannt wurde (Ascon. ad Mil. 
7—8), geht, liegt auf der Hand. 


Vgl. dazu aus Mil. Nec vero mon 
eadem ira deorum hanc eius satelli- 
&ibus iniecit. amentiam, ut sine ima- 
ginibus, sine cantu atque ludis, sine 
exsequiis, sine lamentis, sine lau- 
dationibus, sine funere, oblitus cru- 
ore et luto, spoliatus illius supremi 
diei celebritate, cwi cedere inimici 
etiam soleant, ambureretur abiectus 
8 86. Aber wer ausser diesem in 
den Plural noch eingeschlossen ist, 
das zu errathen, bedarf es einer 
Sphinx. Ausser dem Clodius selbst 
werden sonst nur Gabinius und Piso 
als die Haupturheber seines Un- 
glücks hingestellt (p. red. i. sen. 
$ 8—18). Von diesen aber ist auf 
den einen schon im vorigen Satze 
Bezug genommen, von Piso liess 
sich überhaupt nicht behaupten, 
dass er für seine Uebelthaten habe 
büssen müssen. Wen gübe es aber 
sonst noch, auf den man die harte 
Bemerkung, dass er zur Strafe der 
Ehren des Begrübnisses habe ent- 
behren müssen, beziehen kónnte? 
Man müsste denn an die Triumvirn 
denken, die allerdings in gewissem 
Sinne die MHauptanstifter seines 
Elendes genannt werden konnten, 
von denen dem Crassus i. J. 53 in 
der Schlacht bei Karrhae das Haupt 
und eine Hand abgeschlagen und 
als Siegestropháen versendet wurden 
(0 δὲ Σουρήνας τὴν κεφαλὴν τοῦ 
Κράσσου καὶ τὴν χεῖρα πρὸς Too- 
δὴν ἔπεμψεν εἰς ᾿Δρμενίαν, Plut. 
Crass. 32); Pompeius 48 in Aegyp- 
ten ermordet, sein Kopf dem Caesar 
überbracht, der übrige Leib anfangs 
den Kaubthieren zur Speise hinge- 
worfen, nachher mnothdürftig be- 
graben (Drum. IIL p. 525; Plut. 
Pomp.80); endlich Caesars blutiger 
Leichnam auf dem Forum ühnlich 
wie der des Clodius mit zufüllig 
zusammengerafftem Holzgerüth (ro 
νεκρῷ περισωρεύσαντες ἐξ ἀγορᾶς 
βάϑρα καὶ κιγκλίδας καὶ τραπέξας 
ὑφῆψαν αὐτοῦ καὶ κατέκαυσαν Plut. 
Caes. 68) von der Menge (dieserseita 
allerdings in der Absicht sie zu 


152 DE LEGIBUS 

iustis exequiarum caruerunt. 43. Q. Equidem ista agnosco, 
frater, et meritas dis gratias ago, sed nimis saepe secus ali- 
quanto videmus evadere. M. Non enim, Quinte, recte existimamus 
quae poena divina sit sed opinionibus vulgi rapimur in errorem 
nec vera cernimus. Morte aut dolore corporis aut luctu animi 
aut offensione iudicii hominum miserias ponderamus, quae 
fateor humana esse et multis bonis viris accidisse. Sceleris 
est poena tristis et praeter eos eventus, qui secuntur, per se 
ipsa maxima est. Vidimus eos, qui nisi odissent patriam, 
numquam inimici nobis fuissent, ardentis tum cupiditate, tum 


metu, tum 


ehren, zu 8 58) verbrannt wurde 
und deren schmühlicher Ausgang 
sich Div. 2. 22— 23 ausdrücklich 
neben einander ausgeführt findet. 
Aber abgesehen auch von Pompeius, 
den Cic. verehrte (cf. IT. 6; III. 26, 
gewissermassen auch IIT. 22), wie 
würde er von diesen so harte Aus- 
drücke gebraucht haben, wie in 
ommi religione impii und ecruciati 
dedecore? und wie vertrüge sich 
dies mit der aus sonstigen Angaben 
und Andeutungen (s. Einleit.) mit 
Wahrscheinlichkeit sich ergebenden 
Entstehungszeit dieser Schrift? Dass 
aber der Plur. eine Beziehung ent- 
halten sollte auf die mit Clodius 
zu gemeinsamem Unternehmen ver- 
bundenen Banditen und Sklaven, 
die zum Theil mit ihm gefallen, 
oder dass er ganz bedeutungslos 
stànde — was aber bliebe weiter 
noch übrig? — würe eine mehr 
verzweifelte als befriedigende An- 
nahme. 

In der Ausfüllung der Lücke bin 
ich V. gefolgt, nur dass ich statt 
excesserunt privati sunt geschrieben 
habe, weil man sonst die Worte 
leicht dahin verstehen würde, dass 
sie an Gewissensqualen gestorben 
seien. 

8 43. .Non enim ... recte... wenn 
wir glauben, dass es im Wesent- 
lichen oft anders komme, d. h. dass 
Schuldige ihrer Strafe —— 

offensione iudicii Unfall, Miss- 
erfolg vor Gericht: Verurtheilung 
in eimem Prozesse vgl. offensiones 
belli d. imp. Cn. Pomp. 28; ib. 26; 
offensiuncula accepta Planc. 51. 

humana, 'Turn.: in homines ezc- 
petere solere. 


conscientia, quidquid agerent, medo timentis, 


tristis trauervoll, nicht leicht zu 
ertragen. 

per se ipsa m. e. Vidimus sq. 
Zu dem Gedanken vgl. Har. resp. 
8 38—39, besonders: mam corporis 
quidem nostri infirmitas multos subit 
casus per se; denique ipsum corpus 
tenwissima de causa saepe conficitur : 
deorum tela in impiorum mentibus 
figuntur. 

eos qui sc. die Clodianer. 

odissent. Das Imperf., welches oft 
in Bedingungssützen an Stelle eines 
d. Plusquamperf. eintritt, wenn die 
Bedingung als eine fortbestehende, 
nicht auf die Zeitsphüre des Folge- 
satzes beschrünkte hingestellt wer- 
den soll (s. bes. Süpfle Pr. Anl. II. 
8 63. 3b. Zus. 1), erscheint hier 
um $0 passender, als einige von 
ihnen, wie Gabinius (Piso) noch 
lebten. Dazu kommt, dass das 
Plusqpf. eine Umschreibung nóthig 
gemacht hütte (perosus essem), die 
gern vermieden wird. 

ardentis — metu Zeugma, indem 
aus ardentes hierzu und zu con- 
scientia der meine Begriff auf- 
geregt zu entnehmen ist; cupiditate 
von Verlangennach unrechtmüssigen 
Vortheilen, metu Furcht vor Nach- 
theilen, Strafe, conscientia Gewissens- 
bissen, die auch, wenn keine Nach- 
theile besorgt werden, eintreten. 

modo — vicissim in ungenauer 
Corresponsion, ófter modo — twm 
wie Nat. d. I. 34; — tum autem ib. 31 
und 35; anderes s. Klotz Lex. und 
Drüg. IL. p. 88—89. 

timentis — religiones die Macht, 
den Einfluss der Religion opp. con- 
temnentis, somit nach metu sc. in- 
commodorwm nicht überflüssig. — 


LIB. Π. CAP. 17. 18. 8 42—45, 


153 


vicissim contemnentis religiones, iudicia perrupta ab isdem et 
corrupta, hominum, non deorum. 44. Heprimam iam me, non 
insequar longius eoque minus quo plus poenarum habeo quam 
petivi. Tantum ponam brevi, duplicem poenam esse divinam, quod 
constat et ex vexandis vivorum animis et ea fama mortuorum, 
ut eorum exitium et iudicio vivorum et gaudio conprobetur. 

XVIII. 45. Agri autem ne consecrentur, Platoni prorsus 
adsentior, qui, si modo interpretari potuero, his fere verbis 


Diese Leidenschaftlichkeit und Un- 
ruheebenist die góttliche Strafe. Vgl. 
die obige Stelle (Har. resp.39), wo es 
noch heisst: cwm furialis in contio- 
nibus voces mittis, cum domos civium 
evertis,cum aedis sacras inflammas — 
tum baccharis, twm furis, twm das eas 
poenas, quae solae sunt hominum 
sceleri a dis immortalibus constitutae 
und »on sunt illi eiulatus et gemitus 
Philoctetae tam miseri quam illa 
exsultatio Athamantis et quam se- 
nium (Gewissensangst) matricida- 
rum. Auch dom. 105 ommis poena 
ad caecitatem mentis est conversa; 
ib. 141 istius vaecordissimi mentem 
cura metuque dei terrebant. 


iudicia — corrupta auch das eben, 
dass sie in die Lage gesetzt waren, 
durch Vergewaltigung oder Be- 
stechung der Gerichte sich vor 
schwerer Ahndung zu schützen — 
dass sie in ihrer Verzweiflung kei- 
nen anderen Ausweg fanden — ist 
Strafe. 


hominum — "on deorum. Vgl. 
Har. resp. ebds.: 8i diligenter attendes, 
intelleges hominum poenas deesse ad- 
huc, non deorum. Homines te in re 
foedissima defenderunt; homines tur- 
pissimum | nocentissimumque lauda- 
runt; homines confitentem iudicio 
liberaverunt, hominum beneficia pror- 
8us8 concedo tibi iam maiora non esse 
quaerenda ; adis quidem immortalibus 
wae potest homini maior esse poena 
wrore atque dementia? | Dass auch 
hier wiederhaupteAchlich auf Clodius 
hingezielt wird, ist an sich und 
durch den Vergleich der Stellen 
klar. Er hatte die Einleitung eines 
zuverlüssigen Gerichteverfahrens ge- 
gen ihn wegen des Frevels an der 
ona dea dadurch gestórt, dass er 
die Comitien, welche über die Roga- 


tion des Valerius Messalla, dass der 
Prátor die Richter ernennen sollte, 
zu befinden hatten, mit einer be- 
waffneten Rotte sprengte (Drum. II. 
p. 208; vgl. auch über ihn bei 
einer Anklage Milos de vi gegen 
ihn Drum. Bd. II. XI. 41. 815 à. E; 
Halm ἘΠῚ]. zu p. Sest. 8 23); dar- 
auf die durch Loos erwáhlten Rich- 
ter, wie Cic. an vielen Stellen z. B. 
Har. resp. 36 und 37 fin. ihm vor- 
wirft, bestochen. Dass aber diese 
Bemerkungen auch auf andere in 
mehr oder weniger Stücken, z. B. 
Catilina, Gabinius, Piso passen, ist 
leicht ersichtlich. 

8 44. insequar longius cf. Verr. 
III. 51. 
plus poenarum h. Genugthuung. 


quod constat: denn sie besteht; 
ausserhalb des Abhüngigkeitsver- 
háltnisses. 

et ea, man erwartet et ex ea (über 
Unregelmássigkeiten der Art 8. 
Nügelsb. Stil. $ 121); vielleicht ist 
ex ausgefallen, doch, wie schon F. 
bemerkt, ist der Anstoss wegen des 
nur einmal gesetzten ex um so 

eringer, weil, auch wenn die 

iederaufnahme des ez im Ge- 
danken unterbliebe, die Construction 
nicht fehlerhaft sein würde, da con- 
e auch mit bloss. Abl. verbunden 
wird. 


et ea f. m. der Ruhm war das- 
jenige, womit sich die Alten über 
die Vergünglichkeit des Lebens am 
besten zu trósten wussten, daher 
auch das Gegentheil davon als eine 
der schwersten Strafen galt. 

Cap. XVIIL 8 46, Platoni: de 
Leg. XIL 7. eub fin. p. 955—850. 


potuero st. Fut. L, s. F. Schultz 
9 325. A. 3, ob. p. 106. 


154 


utitur. 
deorum omnium est. 
consecrato. 


DE LEGIBUS 


"Terra igitur, ut focus domiciliorum, sacra 
Quocirca ne quis iterum idem 
Aurum autem et argentum in urbibus et 


privatim et in fanis invidiosa res est. Tum ebur ex 
inani corpore extractum haud satis castum donum 


deo. 
fani. 


Iam aes atque ferrum duelli instrumenta, non 
Ligneum autem quodcumque voluerit, uno e 


ligno dicato itemque lapideum in delubris commu- 


nibus. 


Textile ne operosius quam mulieris opus men- 


struum. Color autem albus praecipue decorus deo est 


cum in cetero tum maxime in textili. 
absint nisi a bellicis insignibus. 


Tineta vero 
Divinissima autem 


dona aves et formae ab uno pictore uno absolutae 


ut sowie, rein vergleichend; nicht 
mit begründendem Sinne, wie in der 
Regel bei einer Apposition (Pl. 
ἑστία τε). 

sacer c. gen. regelm. bei Cic., 
ausser in der Bed. ,zur Strafe ver- 
fallen", s. Haacke 8 32. 2. 

et in famis invidiosa. Auch in 
Tempeln erregt es Neid und Miss- 
gunst und ist óOfter Ursache zu 
Kriegen und Plünderungen von 
Tempeln geworden: man denke an 
den heiligen Krieg (355—346). 

inani seelenlos, wie Ovid Heroid. 
XV, 116, mehr bei F. — Alles Todte 
galt als unrein; daher auch jeder, 
der an einer Leichenfeier Theil ge- 
nommen, Sich nachher reinigen 
musste, Verg. Aen. VI. 229—230 u. 
zu 8 19. — Mehr aber mochte noch 
die Rücksicht auf Sparsamkeit vor- 
liegen, wie das Flg. vermuthen lüsst. 

non fani, wo man Frieden sucht. 

lign. quodcumque Plat. ξύλου δὲ 
povobviov O0 τι ἂν ἐϑέλῃ τις ἀνα- 
τιϑέτω. Die Handschrr. quodque, 
woraus andere quod qwi oder quis 
gemacht haben. Aber dem ὅ τε ent- 
spricht besser quodcumque. Zu vo- 
luerit erg. nach 8 9 quis. quod- 
cumque als Subst. hüufig Cluent. 159; 
d. Inv. IL. 5 fin.; Leg. 3. 6; Fam. 
10. 32. 5; Liv. 5. 42. 2; 6. 14. 8. 

uno e ligno. Was versteht Cic. 
darunter? aus einer Holzart? aus 
einem Holzstamme?  Gewiss hat er 
Pl. missverstanden, der nicht w»o 
exv sondern solo ex ligno confectum 
meint d. h. ohne weiteren Schmuck 
und Beisatz von Gold oder sonst. 


communibus im Ggs. zu privatis. 

albus, daher auch die Farbe der 
Priestergewünder; s. Forb. H. u. 
R. IL. p. 74; bei den Griechen mit 
wenigen Ausnahmen, Schoem. II. 412. 

in cetero z. B. bei Opferthieren, 
zu $ 20. Das collective ceterum er- 
scheint zu den Collectivbegriffen 
textile, ligneum u. s. w. nicht un- 
pens der Sing. auch sonst bei 

ic., theils mit Substantiv: ceteri 
sumptus 8 62; ceterum ornatum Inv. 
L 51; ev cetera diligentia — cwm 
cetera vita ib. II. 90; pro cetera eius 
audacia Verr. Act, IL. 1. 6; ceterum 
argentum ib. IV. 49; cetera series 
Acad. IL. 91; cetera iurisdictio Att. 
VI. 2. 5 (auch Q. Frat. d. pet. cons. 16 
cetera vita, noch ófter Liv.: cetera 
praeda 9. 37. 10; mehr Kl. Lex.), 
theils ohne: de cetero Fin. I. 26. 

nisi (über d. Gebr. Z. 8 735), nach 
einem scheinbar positiven, in Wahr- 
heit jedoch negativen S., denn ab- 
Sint — ne adhibeantur. Cf. I. 50 u. 
II. 40 stipem sustulimus nisi. Aber 
Hosc. Am. 12 inter ommes constat 
nisi; dazu F. Schultz 196. A. 2; 
Acad. I. 25 Latine loquar misi in 
huius modi verbis. 

bell. ins. bes. Schilde und Fahnen 
(φοινικές --- bei den Rómern vexillum 
rubrum — Admiralsfahne und Kriegs- 
kleid der Spartaner). 

divinissima gottwürdigsten, ϑειό- 
ταται. 
aves. Zu den Weihgeschenken ge- 
hórten auch die Thiere; oft wurden 
ganze Heerden für Gotter gehegt, 
80 zu Apollonia für Helios eine 


LIB. II. CAP. 18. 8 45. 46. 


die, itemque cetera huius exempli dona sunto. 
Sed ego cetera non tam restricte praefinio vel 


ili placent. 


155 
Haec 


hominum vitis vel subsidiis temporum victus. "Terrae cultum 
segniorem suspicor fore, si ad eam utendam ferroque subi- 
gendam superstitionis aliquid accesserit. 

ATT. Habeo ista. Nune de sacris perpetuis et de ma- 
nium iure restat. M. O miram memoriam, Pomponi, tuam! 


At mihi ista exciderant. 


46. ATT. Ita credo, sed tamen hoc 


magis eas res et memini et expecto, quod et ad pontificium ius 


Heerde von Schafen. Seltener wur- 
den Vógel dazu verwendet, wie 
z. B. Hàhne und Hühner. Pfauen 
wurden im Haine der Hera auf 
Samos, im Heiligthum der Artemis 
auf Leros Perlhühner unterhalten. 
(S. Schoem. 11. p. 208—9.)) Der 
Grund, warum Pl. ihnen den Vor- 
zug gab, beruhte offenbar auf Spar- 
samkeit.  Stallb. zu Pl. versteht 
unter Vógelnauch gemalte, wie es for- 
mae (ἀγαλματαὶ sind, was doch sehr 
sonderbar wáre; unter letzterem: 
Arabeskenverzierungen! | Formae: 
gemalte Gestalten, Gemálde von 
Góttern und anderen Wesen; aber 
(ab uno $q. ohne zu mühsame De- 
tailausführung. 

huius exempli (cf. erudelissimis 
exemplis honestissimos homines in- 
teremit Phil. 14. 8) 80. generis, nàm- 
lich von einfacher und wohlfeiler. 

celera nicht im Gegensatz zum 
Folgenden, sondern zu: agri me 
consecrentur, Plat. assent. Nur in 
diesem ist er mit Pl. einverstanden ; 
alles Uebrige mag er nicht so knapp 
beschrünkt — resp., wie Gold, Sil- 
ber, Elfenbein etc., ganz ausge- 
schlossen — sehen. 

subsidiis wegen der Hülfsquellen 
unserer Zeit, insbesondere des ent- 
wickelten Handels mit Indien, wo- 
durch edle Metalle und Elfenbein 
80 reichlich zuflossen, dass der Werth 
derselben betrüáchtlich gesunken und 
ihr Gebrauch zu Weihgeschenken 
kein Zeichen von Verschwendung 
war. 

Terrae cultum, — Hiermit erklürt 
sich C. n den von Pl. zur Stütze 
&einos otes, Aecker zu weihen, 
angeführten Grund: dass die Erde 
allen Góttern angehóre. Denn die 
Folge einer solchen Religionsansicht 


(superstitio) würde sein, dass man 
Bedenken tragen würde, überhaupt 
die Erde zu bebauen; wenn anders 
Territorien, die den Góttern ange- 
hórten, entweder ganz unbearbeitet 
blieben (wie die Krissáische Ebene), 
oder nur zum Nutzen dieser d. h. 
ihrer Heiligthümer bewirthschaftet 
wurden. Vgl. Schoem. II. p. 187—89. 

ferro subigere mit dem Pfluge be- 
arbeiten, aber mit der Vorstellung, 
dass die Erde damit gleichsam ver- 
letzt und gemisshandelt werde. 

habeo sc. als etwas, was er ge- 
wünscht hatte zu — bekommen d. 
h. hóren (,das hátten wir'*). 

de sacris zu S 34. 

8 46. et ad pont. — et ad civ. 
nicht blos zum Priesterrechte, son- 
dern auch zum Civilrechte gehóren, 
worüber er grade Belehrung und 
eine schriftliche Abhandlung von 
Seiten Ciceros — s. I. 15. — ge- 
wünscht hatte. 

ius civile fasst Turneb. in dem 
hier unmüglichen Sinne von Privat- 
recht — den es bisweilen hat, s. 
Reim p. 109. Denn wie kann Cic. 
sagen — was nachher folgt —, dass 
er von jeder Art Gesetzesbestimmung 
die privatrechtliche Seite ins Auge 
fassen wolle, da doch nicht jede 
eine solche hat? Also steht us 
civile in dem gewóhnl, Sinne des 
dem róm. Volke eigenthümlichen 
HKechts (nachher 4. c. mostrwm), 
das auf legibus, plebiscitis, Scon- 
sultis, auctoritate prudentiwm (Ju- 
ristenerklárung) — Rein a. &. O. — 
beruhte. Vgl. zu 1. 17. Zu diesem 
aber kennen wir sonst nur als Ge- 
gensatz ius gentium und ius naturae, 
nieht iws pontificium, welches als 
Theil des ws publicum dem ius 
privatum, bald auch als drittes 


156 DE LEGIBUS 

et ad civile pertinent. M. Vero, et ἃ fperitissimis sunt 
istis de rebus et responsa et scripta multa, et ego in hoc 
omni sermone nostro, quod ad cumque legis genus me dis- 
putatio nostra deduxerit, tractabo quoad potero eius ipsius 
generis ius civile nostrum, sed ita, locus ut ipse notus sit, 
ex quo ducatur quaeque pars iuris, ut non difficile sit, qui 


modo ingenio possit moveri, 
sultatiove acciderit, 
capite repetendum. 


quaecumque nova causa con- 
eius tenere ius, quom scias a quo sit 


XIX. 47. Sed iuris consulti, sive erroris obiciundi causa, 
quo plura et diffieiliora scire videantur, sive, quod similius 


jenen beiden gegenübergestellt wird. 
Bedenkt man aber, dass in dem 
Sacralrecht — was in dem Wesen 
der Religion liegt — mehr die all- 
gemeinen, vólker- oder naturrecht- 
lichen Grundsütze zur Geltung kom- 
men, dass die Priester gradezu die 
Aufgabe hatten, das beschrünkte 
Staaterecht im Sinne der Billigkeit 
zu ergünzen — wie sie z. DB. die 
ursprünglich rechtlosen Fremden 
schützten und Vergehen gegen sie be- 
etraften —, so wird man xm Gegen- 
überstellung wohl begreifen. In 
der That ist es auch nur ein all- 
gemeiner, gleichsam  naturrecht- 
hncher Grundsatz, den das ius pon- 
tificium in Betreff der sacra privata 
aufstellt, nüàmlich dass sie — was 
die Achtung gegen die Gótter ver- 
langte — bestehen bleiben und der- 
jenge, welcher das Gut ihres 
Stifters erhült, auch sie zu be- 
streiten habe. 


Vero zu I. 63. 
a peritissimis sc. iuris wie 47; 59. 
a. p. — responsa — scripta. Als 


solche, die sei es durch Bescheid, 
sei es durch Schrift darüber ge- 
handelt haben, werden unten, 8 52, 
Ti. Coruncanius und P. Scaevola, 
& 49 Q. Scaevola, der Sohn des 
Publius, genannt. Von Corunc. steht 
anderweitig fest, dass er nichts 
Schriftliches hinterlassen, sondern 
nur Rechtsbescheide ertheilt, die 
sich aber — in welchem Umfange 
ist ungewiss — durch Tradition er- 
halten hatten. Rein p. 51. 

quod — cunque. Ue er diese Ofter 
bei Cic. — meist so, dass ein Pro- 
nom., seltener ein andres Wort, da- 


zwischentritt — vorkommende T me- 
sis s. Holst. zu Fin. 4. 69 fin. 
locus der allgemeine Rechtsgrund- 
satz, welcher gleichsam der Ort ist, 
unter den bestimmte Fülle unter- 
gebracht werden kónnen. So loci 
communes allgemeime Wahrheiten; 
Topik die Auffindungslehre der Be- 
weisgründe durch Zusammenstellung 
allgemeiner Begriffe und Sütze, unter 
welche die einzelnen Fülle zu sub- 
sumiren und dadurch ins Licht zu 
setzen sind. — Cic. verzichtet also 
auf eine detaillirte Zusammen- 
stellung der rümischen Rechtsgrupd- 
sütze und begnügt sich mit der An- 
gabe des leitenden Grundsatzes, ohne 
zu bedenken, dass die Complicirt- 
heit und Eigenartigkeit des Civil- 
rechtes grade in dem Ineinander- 


greifen und gegenseitigen Durch- 
kreuzen verschiedener Rechtssütze 
beruht, und dass der allgemeine 


Rechtssatz oft als ein mehr natur- 


rechtlicher die Eigenthümlichkeit 
des róm. Wesens gar nicht zum 
Ausdruck bringt. 
pars iuris besondrer Rechtssatz. 
ingenio p. moveri ,von beweg- 
lichem Geiste ist". 


causa Fall, cf. d. Or. 2, 110 causa 


erioris generis. 

capite Hauptsatze s. v. a. loco. 
Cf. 8 51 und I. 21. 

Cap. XIX. 8 47. difficiliora PE 


Ebenso begründet findet sich der- 


selbe Vorwurf d. Or. 2. 142 in quo 
isti nos iuris consulti impediunt a 
discendoque deterrent. Video. enim 
in Catonis et in Bruti libris mno- 


minatim fere referri, quid alicui de ͵ 


iure viro aut mulieri responderint ; 


Lib. II. CAP. 18. 19. 8$ 46. 47. 


151 


veri est, ignoratione docendi — nam non solum scire aliquid 
artis est, sed quaedam ars esí etiam docendi — saepe quod posi- 
tum est in una cognitione, id in infinita dispertiuntur, velut 
in hoc ipso genere, quam magnum illud Scaevolae faciunt, 


pontifiees ambo et eidem iuris peritissimi! 


"Saepe' inquit 


Publi filius *ex patre audivi pontificem bonum neminem esse 


nisi qui ius civile cognosset." 


Totummne? quid ita? quid enim 


ad pontificem de iure parietum aut aquarum aut ullo omnino 
nisi eo, quod cum religione coniunctum est? [ἃ autem quan- 
tulum est! De sacris, credo, de votis, de feriis, de sepulchris et si 


credo ut putaremus in hominibus, 
non in re consultatiomis aut dubi- 
tationis causam aliquam fuisse, ut 
quod homines Àmnwumerabiles essent de- 
bilitati, voluntatem discendi simul cum 
spe perdiscendi abiceremwus. 

In den Hdschrr. fehlt nach ars 
est. Die Erg. des Verb subst. aber 
aus der Copula erscheint hart, wie 
auch I. 23 eaque et in hom. e. 1. deo, 
wo in d. Hdschrr. est fehlt. Ob 
die Hárte von Cic. verschuldet, mag 
zweifelhaft sein. 

docendi; was nach seiner Ansicht 
der Redner Crassus vermocht haben 
würde: Haec Crassus aliquando no- 
bis expediet et exponet dàscripta ge- 
neratim. à. ἃ. O., nach seinem und 
anderer Urtheil Servius Sulpicius 
(cf. L 17) wirklich geleistet hat: 
iwris civilis magnum usum apud 
multos fuisse existimo, artem 4n hoc 
(Servio) uno; quod munquam,. effe- 
cissel ipsius iwris scientia, misi eam 
praeterea, didicisset artem, quae do- 
ceret rem | wniversam tribuere τη 
partes, latentem explicare definiendo, 
obscuram explanare interpretando : 
ambigua primum videre, deinde dis- 
tinguere; postremo habere regulam, 
qua vera εἰ falsa Yudicarentur et 
quae quibus propositis essent quae- 
que mom essent consequentia. Hic 
enim. attulit. artem omnium artium 
maximam: dialecticam. Brut. 152. 
Es galt dieser als der entschieden 
grósste Jurist der republ Zeit 
(nicer des Aquilius Gallus und 

ucilius Balbus), dessen Ansichten 
(in 180 Büchern niedergelegt) bis 
in die spütesten Zeiten als mass- 
gebend erwühnt werden. 

in hoc ipso gemere sc. de sacris 
perpetuis. 


Scaevolae, pontifices ambo: Vater 
und Sohn, der Vater Publius, der 
Sohn Qwintwus, letzterer von seinem 
Zeitgenossen, dem Augur (Cons. 117), 
der ein Sohn des Q. (Cons. 174, 
Kriegstribun gegen Perseus) war, 
durch den Zusatz JP. fil. unter- 
schieden. Alle Mucier waren grosse 
Juristen. Der àltere der Pontifices, 
Publius, 133 Cons., hinterliess 10 
Bücher; der jüngere Q., der be- 
rühmteste dieser Familie, Cons. 105, 
82, zwei Jahre nach dem Todesjahr 
des Augur, von der sullanischen 
Partei ermordet, primus ius civile 
constituit, generatim n libros XVIII 
redigendo; hatte viele Schüler, wie 
C. Aquilius G., Lucilius B., auch 
Cicero, doch letzteren erst nach 
dem Tode des Augur (s. Lael. 1). 
Vgl. Rein p. 53 sq. 

quid enim — sc. attinet. 

de iure p. sq. zu 34; zur Sache 
I. 14. 

i. aq. Cf. Mur. 22 íw scis, ut 
aquae plwveiae arceantur. | ,,Kein 
Grundbesitzer darf Veranstaltungen 
treffen, um den natürlichen Lauf 


' des Regenwassers zum Schaden des 


nachbarlichen Grundstücks zu hem- 
men, sondern er muss dasselbe auf 
natürliche Weise ablaufen lassen. 
So darf der hóher gelegene Nach- 
bar das Wasser dem tiefer gelegenen 
weder entziehen, noch auf einmal 
damit überschwemmen oder den 
Lauf beschleunigen; der tiefer ge- 
legene darf das Herabfliessen nicht 
hindern, sodass eine Restagnation 
entsteht. Dem Verletzten steht die 
actio aquae plwviae arcendae zu." 
Hein p. 218. 

de sep., die Hdschrr. et de se- 
pulchris. Dadurch würden zwei Paare 


158 


DE LEGIBUS 


quid eius modi est. Cur igitur haec tanta facimus, cum cetera 
perparva sint, de sacris autem, qui locus patet latius, haec sit 
una sententia, ut conserventur semper et deinceps familiis 


prodantur et, ut in lege posui, perpetua sint sacra. 


Exposite 


haec iura pontificum auctoritate consecuta sunt, ut, ne morte 
patris familias sacrorum memoria occideret, iis essent ea ad- 


iuncta, ad quos eiusdem morte pecunia venerit. 48. 


von Begriffen entstehen, für die 
kein Grund zu entdecken, da weder 
feriae zu sepulchra, noch sacra zu 
vota in einer gemeinsamen Beziehung 
stehen, die nicht unter allen ob- 
waltete. 

cetera von dem eben genannten 
— weist auf das folgende sacra als 
Gegens. hin: alles mit Ausnahme 
der sacra. 

haec sit auch von cum abhángig; 
sententia Grundsatz. 

deinceps familiis in fortlaufender 
Reihe den Familien: von Familie 


zu Familie. 

Exposite auf dem Wege der Aus- 
legung,  Erklürung:  erklürungs- 
weise. 


pontif. auctor. durch Gutachten, 
massgebliches Urtheil. 

haec iura weist nur auf dis essent 
ea adi. sq. hin, nicht, wie andere 
interpungiren, auch auf ne morte p. 
Denn letztrer Passus bedurfte nicht 
erst der Erklürung zu seiner An- 
erkennung, sondern war unmittel- 
bar in dem Gesetze: perpetua sint 
enthalten. Der Plur. iura von 
einem einzelnen Hhechtsgrundsatze 
erklürt sich aus der Beziehung auf 
die einzelnen, concreten Fülle, in 
denen er zur ÀAnwendung kam. 

consecuta sunt: ergaben sich aus 
dem vorigen Satze, sind dem- 
gemüss aufgestellt worden. 

ne morte sq. nimmt den vorigen 
Satz zur deutlicheren Begründung 
wieder auf, 

venerit anstóssig. Man erwartet 
venisset. Wir haben das Perf. wohl 
nach Lieven, Cons. temp. des Cic. 
p. 34 zu fassen, welcher constatirt, 
dass das Perf. resp. Praes. bisweilen 
vorkomme in Sützen, die ein Mittel- 
ding zwischen directem Citat und 
indirecter Vorstellung sind. Direct: 
Wer in den Besitz des Geldes ge- 


consecut. p. 45 flg.), 


Hoc uno 


kommen ist, auf den wollten die 
Pontiff. die Verpflichtung der sacra 
übertragen wissen. Mit dem Perf. 
der dir. Rede wird der relative Be- 
dingungssatz absolut hingestellt: 
Wenn Jemand u. s. w., dann in 
Beziehung auf den Inhalt desselben 
angegeben, wie die Priester ver- 
fahren wissen wollten. Dass damit 
der Bedingungssatz eine selbstün- 
digere Geltung und gróssere Kraft 
erhàlt, ist offenbar. (Vgl. darüber 
Lieven p. 11.) Mit Recht bemerkt 
L.,dass wenn solche Nüancirungen 
des Gedankens in der Abhüngigkeit 
nicht ausgedrückt werden kónnten, 
die modale Ausdrucksweise zu einer 
Zwangsjacke für die freie Bewe- 
gung om Gedankens geworden würe 
(p. 10). Beispiele finden sich bei 
L. p. 34 dafür, jedoch spürlich 
(zahlreich nur beim qwi qualitat. ἃ. 
angegeben. 
Ich füge denselben hinzu: .Lege 
cautum est, me quis sepulcrum fa- 
ceret operosius, quam quod decem ho- 
mines effecerint triduo 2. 64; quae 
tanta in te fuerit audacia, w£ quod 
novem tui conlegae sibi timendum 
esse duxerint id wnus tw inriden- 
dum pwtares Vat. 17; Phil. 5. 15; 
(cum. decrevisset invito eo, qui cum 
populo ageret, seditionem mon posse 
fieri, quippe cui liceat — Leg. 3. 
42). Aehnliche Inconsequenz, je- 
doch nicht beim Relat., in flg.: 
Qwid attinwit. postulare ut adderet 
in 1udicium iniuria εἰ quia mon 
impetrasses, tribunos pl. appellare, 
ἊΣ de iniuria nom addiderit 
ull. 38; ^onne haec fwit oratio, 
quod vi familia fecisse videretur, id 
tametsi iure wwllo fieri potuerit, 
se nihil addituros ib. 39; quos fun- 
dos continuavit, cum 60 wsque vi- 
cinos  proscriberel , | quoad 
fundi formam perfecerit ... 


LIB. II. CAP. 


19. 8 47. 48. 159 


posito, quod est ad cognitionem disciplinae satis, innumerabilia 
nascuntur, quibus implentur iuris consultorum libri: quaeruntur 


enim qui astringantur sacris. 


Heredum eausa iustissima est. 


Nulla est enim persona, quae ad vicem eius, qui e vita emigrarit, 


propius accedat. Deinde, qui 
Agr. 3. 14. Ohne Wechsel des 
Temp. zwischen zwei Neben- 
sátzen: ἐπ docebant iribus modis 
sacris adstringi — si capiat S 49. 
Hoc te ratio non docebat, wt immor- 
talitate vincamwuwr ab ea maíwura, 
sic animi praestantia vinci Nat. d. 
I. 96; hoc diceret ea se quant« vo- 
luerit vendidisse Verr. 4. 16; quae 
fuerit Cn. Pompei hesterno die 
gravitas , admiratione nostra decla- 
rari videbatur Corn. B. 2; iia gu- 
bernarem, ut somniav erim Div. II. 
122; Fin. 1. 25; Tusc. 1. 60. In 
Anbetracht solcher und noch vieler 
andrer Beispiele eines freien Ge- 
brauchs, an denen hier und da die 
rohe Hand eines mit der Tempus- 
folge zu wenig vertrauten Kritikers 
getastet hat, würe es vermessen, 
hier um des ungewóhnlichen Perf. 
willen die Echtheit des Satzes an- 
fechten zu wollen. Dem Gedanken 
aber nach ist er geradezu unent- 
behrlich. Denn ohne diesen wáre 
die folgende auf den Besitz des 
Familiengutes gegründete  Unter- 
scheidung von vier Fállen einer 
Verpflichtung zur Unterhaltung der 
sacra ganz unvermittelt. Auf ihn 
ferner weist deutlich quod proposi- 
tum est — weiter unten — hin: 
denn die Uebereinstimmung jenes 
Passus mit dem obersten Satze: 
mo sint leuchtet nicht ohne 

eiteres ein. Kónnte man doch 
nach diesem (familiis  prodantur) 
— annehmen, dass Verwandt- 
schaft für die Bewahrung des Fa- 
miliengottesdienstes massgebend sei. 
Endlich bemerkt auch V. mit 
Recht, dass ἢ 50: Videtis igitur 
omnia pendere ex wmno illo, quod 
pontifices cwn pecunia sacra con- 
iungi volunt so keine rechte Be- 
zie haben würde. 

$ 48. quaeruntur st. quaeritur 
durch eine Art Attraction, wie Lael. 
56 constituendi sunt qui sint. in 
amicitia fines; p. leg. Man. 34 haec 


morte testamentove eius tan- 


qua celeritate gesta, sini. quamquam 
videtis, tamen a me in dicendo prae- 
tereunda on sunt; d. Or. 2. 132 
illa quaerenda: quae argwmenta 
ad. τὰ quod in iudacium venit spec- 
tantia debeant adferri; 1b. 187 Quae 
vero quaeruntur qualia sint; Leg. 
I 4 mulia in Mario quaeruntur 
fictane sint. Mehr G. T, A. Krüger 
669. 2. Dass in manchen der Bei- 
spiele auch die Auffassung einer 
Epexegese Platz hat, üherh. die 
Grenze zwischen dieser und einer 
Aitraction schwer zu ziehen ist, 
kann nicht bestritten werden, ist 
aber auch wohl um so weniger von 
Bedeutung, als schwerlich dem La- 
leiner selbst dieser Unterschied zum 
klaren Bewusstsein kam. [Die 
Móglichkeit dieses Sprachgebrau- 
ches — oder sagen wir Sprach- 
licenz — háütte umsoweniger von 
C. F. W. Müller, Adn. crit. zu 
seiner Ausg. p. XLII. bestritten 
werden sollen, als schwer zu er- 
sehen, wie aus quaeritur quae- 
runtur entstehen konnte.] 

qui astr. 8. wer nach dem an- 
geführten Grundsatz, dass der Be- 
sitz des Familiengutes entscheidet, 
nunmehr verpflichtet ist. In strenger 
Conclusion müsste es allerdings nun 
heissen: wer als Besitzer des Geldes 
anzusehen sei. Doch Cic. mochte 
fühlen, dass die Frage so gestellt 
schon über das Gebiet der sacra 
hinausgreift und ihren Platz in dem 
Capitel vom Erbrechte hütte ein- 
nehmen méíissen, 

heredum 80wohl der natürlichen 
(Intestat-) als  testamentarischen 
Erben. 

emigrares Ofter migrare wie 8 55; 
Somn. 8c. 1 (Rep. VI. 9); Fin. I. 62. 

morte -» donatione mortis causa, 
wie Gaj. instit. II. 225 (legatorum 


omine mortisve causa); ib. 226; 
vgl Bavigny Zeitschr. f. gesch. 
HKechtewissensch. Il. p. 366, wo 


dieser ganze Abschnitt einer aus- 


160 


tundem capiat quantum ommes heredes. 


DE LEGIBUS 


Id quoque ordine: 


est enim ad id, quod propositum est, accommodatum. Tertio 
loco, si nemo sit heres, is, qui de bonis, quae eius fuerint, 


quom moritur, usu ceperit plurimum possidendo. 


führlichen Untersuchung unterzogen 
ist — (das Wichtigste davon bei 
Mos. Creuz. angeführt): Schenkung 
eines Ehegatten an den anderen 
für den Fall des Todes: die einzig 
mógliche Schenkungsart, da alle 
anderen, als der innigen Gemein- 
schaft der Ehe  widersprechend, 
durch Gesetz ausgeschlossen waren 
(Rein p. 443). 

testamento s. v. a. legato, denn 
der Testamentserben "war schon 
vorher gedacht. £antund. q. also 
die Hàlfte des Ganzen. Seit der 
lex Voconia (nach Liv. 173 v. Chr.) 
konnte keiner als Legatar oder 
mortis causa mehr als die Hülfte 
erhalten, wührend nach den 12 
Ταῦ die Freiheit des Erblassers 
unbeschrünkt war. Vgl. Gaj. II. 
226; Lange II. p. 261 flg. 

ordine sc. fit. 

id quod prop. 86. sc. dis essent e. a. 
ad quos — pecunia venerit (s. oben). 
Indes die Consequenz dieses Satzes 
leuchtet erst unter Zuhülfenahme 
eines anderen, dass ein Legatar 
nicht mehr als der Erbe erhalten 
darf, ein: denn im Fall, dass nur 
ein Erbe würe, kónnte man ja 
nicht sagen, dass der Legatar den 
gróssten Theil des Geldes habe. 

quom moritur gehórt zum vorher- 
gehenden Gliede quae «eius fue- 
rint, seltener Gebrauch des Praes. 
histor. nach Analogie von dwnm. (Vgl. 
F. Schultz 327. 2. A. 3.) 

usu ceperit possidendo durch Ver- 
Jáhrung des Besitzes das Meiste 
erworben hat. possidendo erscheint 
pleonastisch, steht aber ebenso Gaj. 
II. 41 donec tw eam possi usu 
capias. Man αν: sich das für den 
Sprachge brauch überflüssige Hin- 
zutreten von poss. etymologisch er- 
klàren, da wsus eigentl. Benutzung 
heisst, was weniger als possessio 
ist und den Rechtsgrund der Ver. 
jàhrung an sich noch nicht er- 
kennen lüsst. Oder es kann auch 
darum geschehen sein, um anzu- 


Quarto qui, 


deuten, dass Güter, die keinen heres 
hatten, als bona vacantía auf rein 
natürlichem Wege ohne anderen 
Hechtstitel als den einer blossen 
Besitzergreifung (selbst wenn 
diese unredlich: wsucapio improba 
oder lwucrativa Gaj. II. 52—55. Rein 
p. 831) verjührungsweise in Eigen- 
thum verwandelt werden konnten. 
Verkehrt aber ist, was F. zur Er- 
klürung dessen bemerkt, dass es 
hinzugefügt sei, um den Schein zu 
vermeiden, als ob die Verpflichtung 
zu den sacra erst an den Eigen- 
thumserwerb gebunden sei. Aber 
— wenn das nicht der Fall — wozu 
stánde dann wsuw ceperit? — Heisst 
doch das weiter nichts als verjüh- 
rungsweise zum Eigenthum er- 
halten. War doch gerade um der 
sacra willen bei Erbschaften die 
Verjührungsfrist in allen Füllen auf 
1 Jahr festgesetzt (Gaj. 11. 53), 
wührend sie sonst bei Grundstücken 
2 Jahre dauerte (zu I. 55 u. Gaj. 
II. 42). .Bonorum possessio aber 
iwre praetorio, welche er durch 
jenen Zusatz bezeichnet wissen 
will, entstand nie durch wsucapio, 
wurde vielmehr durch diese stets 


zum  quiritarischen — Eigenthum 
(Rein p. 201). 
Quarto sq. Im Falle der Zah- 


lungsunfühigkeit einer Person trat 
Concurs ein. Das Vermógen wurde 
im Wege der Versteigerung ver- 
kauft. Der Küufer war verpflich- 
tet, die beim Verkauf ausgemachten 
Procentsütze an die Glüubiger zu 
zahlen. (Vgl. Rein p. 943 flg.) Mit 
Rücksicht dabei vermuthete Sav., 
dass de zu streichen und die Stelle 
dann 80 zu übersetzen sei: Wer 
den Creditoren am meisten von 
ihren Forderungen rettet. Indessen 
war er selbst über die Richtigkeit 
dieser Vermuthung im Zweifel. 
Und in der That kann man sich ja 
denken, dass das Vermógen ver- 
pfüándet war, die  übertragenen 
Pfandstücke keinen vóllig, sondern 


LIB. II. CAP. 19. 20. $ 48. 49. 


161 


si nemo sit qui ullam rem ceperit, de creditoribus eius pluri- 
mum servet. 49. Extrema illa persona est, ut si qui ei, qui 
mortuus sit, pecuniam debuerit neminique eam solverit, proinde 
habeatur quasi eam pecuniam ceperit. 

XX. Haec nos a Seaevola didicimus, non ita descripta 


ab antiquis. 


Nam ili quidem his verbis docebant, tribus 


modis sacris adstringi: hereditate, aut si maiorem partem 
pecuniae capiat, aut si maior pars pecuniae legata est, si inde 


den einen mehr, den anderen we- 
niger befriedigten. In diesem Falle 
rettete der eime mehr, der andere 
weniger von seiner Forderung. (In 
quantitativ., nicht relativem, Sinne 
darf plurimum — auch abgesehen 
von servare, was dazu nicht passen 
würde — natürlich nicht genommen 
werden. Denn einer, welcher im 
Concurse darum das Meiste erhielt, 
weil er das Meiste geborgt, verlor 
auch das Meiste, so dass kein 
Grund war, ihn besonders zu be- 
lasten.) 

8$ 49. Extr. sq. Wenn kein Erbe 
da war und das Vermógen des 
Verstorbenen herrenlos wurde, so 
erloschen damit zugleich die For- 
derungen und Schulden desselben 
(Rein p. 819). Bestand dasselbe 
nur in Geld, das er auszustehen 
hatte und ihm geschuldet wurde, 
80 war es nur natürlich, dass der 
Schuldner als ein solcher angesehen 
wurde, der das Geld von ihm er- 
halten, und somit billig, dass er 
die vermügensrechtlich mit dem- 
selben verbundenen Pflichten und 
Lasten, wie die der sacra, zu tragen 
hatte. 

proinde quasi in dem Verhült- 
nisse stehend, als wenn (perinde q. 
ganz $0 wie); Haacke $ 96. 

$i qui nach Keieig $ 202 von 
quis gar" nicht unterschieden, sodass 
in der Wahl von beiden die Rück- 
sicht auf Euphonie entecheidet; 
nach F. Schultz & 88. Anm.; & 89. 
2 frágt qui als Indefin. wie ale 
Fragewort nach der Beschaffenheit, 
qwi$ nach der Person. Wie hier 
Ty, e m : Off. I. 52; Verr. 

, ; Leg. Agr. 1. 27; Caec. 86; 87; 
Vat. 12; Parad. 8; 12; Fam. 3.8. 3; 
6; 9. 17. 1; 10, 17. 2; Att. 9. 14. 2; 
quasi qui Top.32; ne — qui: Sull. 34; 

Cicero de legibus. 


43; Inv. 2. 53; 167; qu fragendes 
Substant. Nat. d. 3 74; Div. I. 54; 
II. 134; Acad. II. 9; Caec. 20. 

Cap. XX. antiqui die àlteren 
Juristen — nicht die pontifices ; denn 
diese begnügten sich mit der Auf- 
stellung des allgemeinen Prinzips; 
zu $ 46; 47 extr. | 

his verbis d. ihre Lehre hatte 
folgenden Wortlaut. 

asiringí: man kann man, al- 
quem, erg. (s. F. Schultz 248. A. 
3. 6); in Wahrheit ist ein persónl. 
Subj. gar nicht gedacht — D. ,,trete 
eine Verbindliehkeit ein* (8 58 se- 
peliri lex vetat, $ 66 $ussit efferri); 
die davon abhàng. Sàtze werden 
dann so behandelt, als ob oliquem 
stánde, indem das Subj. in der 
3. Pers. Sing. steht (F. Schultz ebds., 
Drág. I. $ 50 b.); ebenso unten, 53, 
quicquid, cepisset astringi; Fin. 4. 
64 πε) adiuvat 4n virtute procedere, 
quominus miserrimus sit. 

sí maior. p. p. €. bezieht Turn. 
auf die donatio mortis causa, was 
die Stellung zu empfehlen scheint; 
über die anderen selteneren Fülle 
hátten die Alten dann noch keine 
Entscheidung getroffen. Savigny da- 
gegen erkennt darin den 3. der 
oben bezeichneten Fülle: qui — 
usuceperit. plurimum possidendo. 

— si inde quippiam c. im we- 
sentlichen Unterschiede von den 
neueren, die, wie unten folgt, durch 
Selbstabzug es dem Legatar müg- 
lich machten, sich der Verpflich- 
tung der sacra zu entziehen. — 
Diese Bestimmungen zeigen zu- 
gleich, dass damals die lex Voconia 
(6, oben 8$ 48), so wie die lez 
Furia (183 v. Chr. Lange Il. 223, 
Hein 810), welche schon vorher die 
Vermüchtnisse und Schenkungen, 
und zwar noch mehr als die lex 


162 


quippiam ceperit. 


50. Sed pontifieem sequamur. 


DE LEGIBUS 


Videtis 


igitur omnia pendere ex uno illo, quod pontifices cum pecunia 
sacra coniungi volunt isdemque ferias et caerimonias adscri- 


bendas putant. 


Atque etiam dant hoc Seaevolae, quom est 


partitio, ut, si in testamento deducta scripta non sit ipsique 
minus ceperint quam omnibus heredibus relinquatur, sacris 


ne alligentur. 


Voconia durch Beschrünkung der- 
selben auf 1000 asses beschnitten 
hatte, noch nicht bestanden, son- 
dern den XII Tff. gemáss noch volle 
Legirfreiheit war. 

capiat zu 8 47. 

& 50. pontificem dem Q. Scae- 
vola. 

Videtis igitur sq. dass alle die 
Spezialbestimmungen desselben, wie 
sje oben aufgestellt waren, auf den 
einfachen Satz der pontifices zu- 
rückgehen, dass der Besitz des Gel- 
des über die Uebernahme der sacra 
entscheidet. 

sacra hier im engeren Sinne 
Opfer', zu denen Feste u. ander- 
weitige religióse Gebrüuche hinzu- 
kommen. 

isdem denselben, welche die sacra 
übernehmen. 

dant schwierig; nach Einigen — 
edunt, praecipiunt, was nicht angeht; 
nach Anderen in dem gebrüuchl. 
Sinne ,zugeben", Aber wem? Den 
Priestern nicht, denn diese wollten 
von dem folg. Verfahren zur Be- 
freiung von den sacra, 8. ὃ 52— 53, 
nichts wissen. Man kónnte also 
nur verstehen: demjenigen Legatar, 
der sich so befreien wollte. Viel- 
leicht ist dant hoc eine Corruptel 
aus docent, von welchem durch 
Versehen oc ausgefallen war. Das 
übrig gebliebene dent konnte um 
des Sinnes willen in dant geündert 
und das nachtrüglich zur Verbesse- 
rung übergeschriebene oc für hoc 
genommen sein. doceo ut zu 1. 58. 

5caevolae Subj. 

partitio eine Testamentsart, in 
welcher dem Legatar nicht be- 
stimmte Sachen oder eine bestimmte 
Summe Geld, sondern eine Quote 
der ganzen Erbscbaft, ein Drittel, 
Viertel oder welcher "Theil sonst 
— hier ist die Hülfte angenommen 


In donatione hoc idem secus interpretantur, 


— verschrieben war (Rein p. $07. 
A. 3), wodurch er factisch Miterbe 
wurde. (Die Rómer legten be- 
kanntlich bei der Quotenbestim- 
mung eines Testaments die Einthei- 
lung des as in 12 wnciae, 6 sex- 
tantes, 4 quadrantes, 3 trientes u. 8. w. 
zu Grunde.) 

deducta — deductio nach Ana- 
logie von remissa, offensa, repulsa, 
collecta, s. V. Diese betrug nach 
8 53 regelmüssig centum mummi. 
Indem man sich diese also selber 
von der Hiülfte, die einem vermacht 
war, abzog, befreite man sich von 
der unbequemen Pflicht der sacra, 
insofern gegen den Willen des Erb- 


.lassers, als, wenn dieser dies ge- 


wollt hátte, er selbst das Legat um 
soviel niedriger gestellt hütte. 

In donatione &q. ,Wührend also 
bei den Legaten ohne Wissen und 
Willen des Erblassers ein Ver- 
móügensvortheil erlangt ^ werden 
konnte, war etwas Aehnliches bei 
Schenkungen nicht müglich: jedes 
Schenkungsversprechen des filius 
familias, welches ohne Wissen und 
Willen des pater f. geleistet wor- 
den, blieb ungültig und ohne prak- 
tischen Werth.^ Dies ist die ge- 
wüóhnliche Auffassung des Sinnes. 
Doch hat diese manche Bedenken. 
Erstens ist Aoc nicht ganz klar. 
Was deuten sie anders? Man muss 
aus minus capere sacris ne all. her- 
ausnehmen: ohne Wissen des pat. 
f. einen Vermügensvortheil erlangen 
wollen, was etwas herbeigezogen 
ist. Zweitens ist der Grund des 
Unterschiedes hier auch zu klar. 
Wer beim Legat in gedachter Weise 
einen Vortheil sucht, thut das zu 
einer Zeit, wo der pat. f. nicht 
mehr am Leben, also nicht in der 
Lage ist, seine Einwilligung zu 
geben; wer dagegen hinter dem 


T 
M 


LIB. II. CAP. 90. 8 49— 51 163 


et quod pater familias in eius donatione, qui in ipsius potestate 
est, approbavit, ratum est: quod eo insciente factum est, si 


id is non adprobat, ratum non est. 


Rücken des p. f. vom f. f. sich 
ein Geschenk versprechen lüsst, 
thut das zu einer Zeit, wo der 
Vater noch darüber zu disponiren 
hat und in der Lage ist, seine Ein- 
wiligung zu geben oder zu ver- 
sagen. Endlich erscheint der Zu- 
sammenhang überhaupt so etwas 
zu locker. Sollte daher nicht viel- 
leicht unter donatione d. mortis 
causa zu verstehen und der Sinn 
im Allgemeinen der sein: Bei Le- 
gaten kann man sich ohne Wissen 
und Willen des Erblassers von der 
Last der sacra befreien; bei den 
diesen nahestehenden — daher auch 
oben mit diesen verbundenen — 
Schenkungen von Todeswegen geht 
dasselbe nicht an. Hatte nümlich 
ein Hausherr seiner Ehefrau die 
Hálfte des Vermógens mortis causa 
geschenkt, so ist der Sohn nicht 
im Stande, seiner Mutter durch 
eine hinter dem Rücken des Va- 
ters mit ihr eingegangene Stipula- 
tion, 100 nummi von jener Schen- 
kung sich übertragen zu lassen — 
eine solche Stipulation aber würde 
ihrem Wesen nach eine Schenkung 
des Sohnes sein —, Erlass von der 
religionsdienstlichen Verpflichtung 
zu verschaffen. Nur im Falle, dass 
der Vater um diese Stipulation 
wüsste und sie anerkennte, würde 
sie diesen Zweck erreichen. (Um 
zu begreifen, wie die Mutter nur 
im Wege der Schenkung gleichen 
Antheil an der  Erbschaft mit 
einem  Sohne erlangen kónnte, 
muss man fich eine Ehe ohne 
manus, zu Ciceros Zeit schon die 
ewühnliche, 8, Lange Il. 97, 
enken). Ohne Bedenken ist diese 
Auffassung freilich nicht, schon 
um der doppelten Beziehung von 
donatio willen. Indessen würden 
die oben erhobenen Ausstellungen 
fortfallen (hoc sich genau an minus 
cap. sacr. me all, anschliessen), der 
Zusammenhang stringent sein, der 
Grund des Unterschiedes ein zu 
erwágender. Er lag übrigens dar- 


51. His propositis quae- 


in, dass, wenn die Frau die sacra 
nicht tragen wollte, sie in der 
Schenkungsstipulation mit dem 
Manne die Hálfte der Erbschaft 
nicht hátte annehmen sollen; wo- 
gegen der Legatar, der von dem 
ihm zugedachten Antheil nichts ge- 
wusst zu haben braucht, nicht in 
der Lage war, vorher sich jener 
Verpflichtung zu widersetzen. 


et quod explicativ , und zwar — 
nàmlich*. 

851. His prop. Beispp., wo ohne 
Prápos. der Ablat. plur. des sub- 
stantivirten Adj. oder Pron. steht, 
zahlreich. 1. 17 RAés explicatis; 
Phil. 9. 3 quibus dictis; Off. I. 99 
his expositis, sehr hàufig; Invent. 
2. 49 omnibus diclis; Fin. 4. 78 
paucis additis; Brut. 131 doctus 
Graecis; Fin. 3. 8 ommibus ezc- 
cellens (woran Madv. merkwürdiger- 
weise Anstoss nahm und den Aus- 
fall von rebus od. virtutibus ver- 
muthete); Off. 1. 2 nostris legendis 
(aber nachdem »ostra — voran- 
gegangen); Liv. I. 28. 2 paratis 
omnibus, ebenso V. 19. 6; 1. 45. 1 
formatis omnibus; Vl. 14. 13 ceteris 
omissis; Vl. 18. 5 his inflatus; VI. 
29. 4 depopulatis omnibus; VII. 93. 
5 omnibus instructis comparatisque ; 
VIII. 20. 10 Ais decretis; IX. 31. 14 
lis accensus; IX. 838. 2 proximis 
vastatis; X. 92. 8 his agendis; Sall. 
Iug. 70. 2 maioribus astricto; ib. 
104. 3 impetratis omnibus, | Sub- 
stantivischer Genet. caelestium or- 
dinem Nat. d. 9. 56; fortwitorum 
concursio Top. 76; ignarus om- 
nium Sall. Iug. 85. 10, Doch ist 
hier die Frage, ob wir his als sub- 
stantivirt ansehen, oder propositum 
substantivisch (dann abhüngig von 
nascuntur) in dem freilich seltenen, 
mir nuf in zwei Beispielen bekann- 
ien, Sinne 2 Obersatz: d. Or. II. 


215; Brut. 152. nehmen wollen. 
Indes scheint mir der Gedanke 
s0 weniger correct. Vgl. auch 


& 48 in. 
11" 


164 


DE LEGIBUS 


stiuneulae multae nascuntur, quas quis qui intellegat non, si 


ad caput referat, per se ipse facile perspiciat? Veluti, 


si 


minus quis cepisset, ne sacris alligaretur, ac post de eius 


quis vor qui was sich beim Lesen 
der Stelle um der strengeren Satz- 
und Frageform willen mir immer 
von selbst aufdrüngte, hált, wie ich 
nachtrüglich ersehen, auch V. für 
nothwendig. 

qui intellegat — intelle x (Brut. 
200; d. opt. g. 1, Verr. IV. 4; ib. 
94; 'Off. Ir 48). 'Also — quas quis 
homo intellegens non facile per- 
spiciat? 

cepisset nicht zur Bezeichnung 
einer irrealen Bedingung,' was un- 
passend würe, sondern durch den 
Einfluss der indir. Rede mit Bezug 
auf das Perf. des im Sinne ge- 
habten regierenden Verbs: voluerunt, 
statuerunt. Denn dass dieses ge- 
dacht, micht, was strenger dem 
vorhergehenden Satze entsprüche: 
quis non facile perspiciat, intellegat, 
zeigt das Folgende: .qwin etiam ca- 
vent. 

Der Gedanke dieses Satzes ist 
folgender: Wenn der Fall eintritt, 
dass ein Legatar, dem mehr als 
allen Erben vermacht, um sich der 
Unterhaltungspflicht der sacra zu 
entziehen, etwas weniger als die 
Hülfte aus der Erbscbaft fordert 
(exigere); einer von seinen Erben 
aber wieder, nachdem er gestorben, 
den auf ihn fallenden Theil der 
Differenz zwischen dem, was sein 
Erblasser angenommen 'und hatte 
beanspruchen kónnen, nachfordert, 
und durch den Zuwachs dieser Nach- 
forderung die früher eingeforderte 
Geldsumme (superior exactio) auf 
mehr oder eben soviel als den Be- 
trag dessen gebracht wird (mom 
minor esset facta), was alle Erben 
erster Reihe erhalten hatten, 80 
80ll derjenige, welcher seinen Theil 
nachgefordert hat, allein ohne Bei- 
steuer seiner Miterben (zweiter 
Reihe) zur Tragung der sacra ver- 
flichtet sein. "Turn. erlàutert den 

all $0: Ein pater fam. hinterlüsst 
seinen Erben 5j, (qwincumz) seines 
Vermógens, dem Legatar ἧς (sep- 
tunz) Der Legatar, um die Last 


der sacra nicht auf sich zu nehmen, 
fordert nur */, von den Erben ein 
und überlüsst ihnen die noch übrigen 
*A3 seines Anspruches (praeter- 
mittere). Er stirbt und hinterlüsst 
zwei Erben. Der eine von diesen 
fordert seinen Antheil von der von 
seinem Erblasser ausgeschlagenen 
Summe — den drei Zwólfteln der 
ersten Erbschaft — τὸ ?/, nach. 
Dadurch  belüuft sich die ganze 
Summe, die an den Legatar resp. 
seine Erben gekommen, auf δ᾽, 
Zwóolftel, also um '/, mehr als ur- 
sprünglich den E rben ausgesetzt 
war. Dann soll der, welcher die 
*/,, nachgefordert, ohne seinen Mit- 
erben zum Unterhalt der sacra ver- 
pflichtet sein. Turn. brauchte den 
Legatar, um ihn die Befreiung von 
den sacra erreichen zu lassen, nicht 
gleich auf */, hinuntersteigen zu 
lassen, sondern nur bis zu 5/4, oder 
noch weniger unter der Hülfte; und 
einer von zwei Erben desselben 
würde durch Nachforderung schon 
die Hàlfte d. h. nicht weniger, als 
dann den Erben erster Reihe noch 


übrig bliebe, erreichen und somit 
der Verpflichtung zu den sacra ver- 
fallen. Aber allerdings der Aus- 


druck esset relicta, sowie sine cohe- 
redibus scheint darauf zu deuten, 
dass Cic. meinte, der Legatar dürfe 
nicht soviel, als allen Erben ver- 
schrieben war, annehmen, wenn 
er der Verpflichtung entgehen 
wollte; denn bei mehr als zwei 
Erben des Legatars würe es nicht 
móüglich, dass einer durch Nach- 
forderung die Hálfte erreichte, Be- 
merkenswerth ist aber bei dem 
ganzen Passus, dass Cic. offen- 
bar davon ausgeht, dass dem Le- 
gatar durch das Testament ein An- 
spruch auf mehr als die Hiülfte 
eingerüumt war; denn sonst kónnte 
ja durch die Nachforderung eines 
einzelnen von mehreren seimer Erben 
niemals die Summe erreicht werden, 
die allen Erben (1. Reihe) hinter- 
lassen war oder noch übrig bliebe; 


LIB. II. CAP. 20. 21. 8 61. 52. 


165 


heredibus aliquis exegisset pro sua parte id, quod ab eo, quoi 
ipse heres esset, praetermissum fuisset, eaque pecunia non 
minor esset facta cum superiore exactione, quam heredibus 
omnibus esset relicta, qui eam pecuniam exegisset, solum sine 


coheredibus sacris alligari. 


Quin etiam cavent, ut, cui plus 


legatum sit quam sine religione capere liceat, is per aes et 
libram heredes testamenti solvat, propterea quod eo loco res 
est ita soluta hereditate, quasi ea pecunia legata non esset, 

XXI. 52. Hoc ego loco multisque aliis quaero a vobis, 


nach dem Obigen dagegen es ge- 
setzlich nicht gestattet war, mehr 
als die Hálfte durch Legat zu ver- 
machen. Da nun wohl kaum an- 
zunehmen, dass die Entscheidung 
der Scaevolae sich auf Verhàltnisse 
bezog, die nicht mehr bestanden 
(erst durch die lex F'alcidia a. 40, 
Lange IIL 576, wieder eintraten), 
850 bin ich geneigt zu glauben, dass 
Cic. sich die Sache nicht recht klar 
gemacht und eine Bedingung mit 
aufgenommen hat, die ungehórig: 


8ὲ ea pecunia mom minor esset facta, 


— reélicia. Lassen wir diese nàm- 
lich fort, so scheint die Folge um 
nichts weniger begründet, und der 
Widerspruch mit dem Früheren ist 
gehoben. Die Bedingung dient nur 
dazu, um die Sacra an das Plus 
resp. Tantundem des Geldes zu 
knüpfen. Für denjenigen Erben des 
Legatars nun, welcher seinen Theil 
des Selbstabzuges jenes nachforderte 
und erhielt, bestand gewissermassen 
das Vermüchtniss ungeschmálert; 
er erkannte es damit seinerseits als 
ganz ausgezahlt an. Somit war es 
nur folgerichtig, ihn die sacra tragen 
zu lassen. 
quoi heres esset. der Dat. háüufiger 
als der Genit. in Verbindung mit 
esse. Haacke Gr. Stil. $ 32. 1 (so- 
mit Sachsubstantiv: quem swis 
is heredem esse cupiebat Caecin. 
12). Z. Orth. vgl. $ 60. 
sine religione ohne religióse Ver- 
pflichtung sc. die Sacra zu besorgen. 
per aes et libram sq. Cf. Kein 
p. 666. Der Legatar lóst, entlastet 
den Erben von der Auszahlung des 
Legats, aber nur zum Schein, in- 
dem er, was er als Theil der Erb- 
schaft nicht jose sich als per- 
sónliche Schuld des Erben zusichern 


làsst. Dadurch ist sein Verháltniss 
zum  Erblasser ganz gelóst: das 
Geld ausser Conex mit der Hinter- 
lassenschaft, also auch ohne die an 
ihr haftenden — Verbindlichkeiten. 
Die Form per aes et libram ent- 
spricht der privatrechtlichen Art, 
ein Testament zu machen. Diese 
bestand darin, dass das ganze Ver- 
mógen (familia pecuniaque) in Ge- 
genwart eines libripens und fünf 
Zeugen an einen familiae emptor, 
ursprünglich den Haupterben, spáter 
nur einen Figuranten, verkauft wur- 
de, wobei der Scheinkàáufer die Wage 
berührte und das aes dem Testator 
übergab (Lange I. 137—838: Rein 
p. 789). Das Ganze war also eine 
Nachahmung des Mancipationsver- 
fahrens. Unter einem gleichen sym- 
bolischen Acte also wurde das Legat 
dem Erben zugewendet, aber nur 
$ub fiducia. Dieser, nachdem er als 
soleher entlastet, gelobt dafür, wie 
53 extr. des Nüheren angegeben 
ist, im Wege der Stipulation (da- 
zu 8, Il. 8 14) die gleiche Summe 
als sein persónliches Debitum zahlen 
zu wollen. 

Soluta hereditate: auf der Erb- 
schaft ruht gleichsam das Legat als 
eine Last; demgemiüss wird auch 
die Erbschaft davon befreit, 

quasi — «essel; quasi, meist der 
Consec. tempor. folgend, wird doch 
auch ófter nach Analogie der hy- 
poth. Partikeln behandelt und mit 
dem  Conj. der Nebenzeiten bei 
irrealem Sinne verbunden (Lieven p. 
34). Ebenso $53 extr., auch ut $1: idem 
faciunt, ut 8i laevam partem neglege- 
rent Fin. 4. 36. Vgl. Fam. III. 5. 4; 
XIII. 43. 2, 

. Cap. XXI. $ δῶ, multisque aliis: 
in vielen anderen Punkten; man 


166 


DE LEGIBUS 


Seaevolae, pontifices maximi et homines meo quidem iudicio 
acutissimi, quid sit quod ad ius pontifieium civile appetatis. 
Civilis enim iuris scientia pontifidum quodam modo tollitis. 
Nam sacra cum pecunia pontificum auctoritate, nulla lege 


coniuncta sunt. 


Itaque si vos tantum modo pontifices essetis, 


pontificalis maneret auetoritas, sed quod idem iuris civilis 


'stis peritissimi, hace scientia illa eluditis. 


Placuit P. Scae- 


70lae et Ti. Coruncanio, pontifieibus maximis, itemque ceteris, 
^08, qui tantundem caperent quantum omnes heredes, sacris 


alligari. 


Habeo ius pontifieaum. 53. Quid hue accessit ex 


iure civili? partitionis caput scriptum caute, ut centum nummi 
deducerentur: inventa est ratio, eur pecunia sacrorum molestia 


liberaretur. Quodsi hoe qui 


kann dabei an den zu $ 22 ange- 
gebenen Modus interimendorum sa- 
crorum denken; doch mochten der- 
artige Kniffeleien auch bei anderen 
Religionsbestimmungen ^ vorkom- 
men. 

appetatis, wenn anders dasselbe 
dazu dient, das  Priesterrecht 
nicht zu stützen, sondern zu unter- 
graben. 

nulla lege: wáre das der Fall, so 
würde das Gesetz umgangen. Das 
würe zwar kein gerngeres Ver- 
gehen, aber berührte doch nicht 
ihre Eigenschaft als Priester. So 
aber liegt grade darin der eigen- 
thümliche iderspruch und das 
besonders Verwertliche ihres Ver- 
fahrens, dass sie das Priesterrecht, 
zu dessen Hütern sie bestellt sind, 
durch ihre Kenntniss des Bürger- 
rechts aufheben. 

illa sc. das, was die Priester be- 
stimmen. Zllam sc. auctoritatem ist 
nicht nóthig. Vgl. zu $ 33. 

Placuit sq. d. h. ihnen in ihrer 
Eigenschaft als Priester; denn als 
Juristen entkrüfteten sie den Satz. 

Ti. Coruncanius | 288 — Cons, 
kümpfte als solcher gegen die 
Etrusker und den Pyrrhus; der 
erste plebej. Pontif. Maxim. Aus- 
ezeichnet durch Weisheit und 
juristische Kenntniss wird er auch 
als derjenige genannt, der zuerst 
Rechtsbescheide  ertheilt hat (zu 
8 46). 

Habeo ius pontif. Der vorher- 
gehende Satz war oben $8 48 den 
Juristen, nicht den Priestern bei- 


testamentum faciebat cavere 


gelegt; doch wurde er im Einklang 
mit dem einzigen priesterlichen 
Satze, dass die sacra mit dem Gelde 
verbunden werden sollen, befunden. 
Insofern kann er hier als ein Satz 
des Priesterrechtes hingestellt wer- 
den. 

8 53. partitionis caput: der die 
partitio betreffende Passus des Te- 
staments (so c. legis: S 62; leg. 
agr. I. 2; II. 15; 26; p. red. i. sen. 8; 
Verr. Accus. I. 118. Cf. zu Leg. I. 
21) also, wie Εἰ, richtig erklürt, s. 
v. ἃ. die Theilungsbestimmung. 

deducerentur, wie das vorher- 


gehende scriptum zeigt, vom Te-. 


stator; vom Selbstabzug des Le- 
gatar ist erst nachher die Rede. 

ratio cur nach Analogie von cawsa 
cur, genauer würe qua. 


Quodsi, falsch V. quasi, mag er - 


cavere im Sinne von: verhüten oder 
caute scribere nehmen. Wenn im 
ersteren Sinne, so widerspricht die 
der ironischen Satzfassung zu Grunde 
liegende Annahme (,,als ob er nicht 
hütte wollen** — ,,er hat doch w.'), 
dass der Testator die Befreiung 
von den sacra habe verhüten wollen, 
dem vorhergehenden Satze; wenn 
im letzteren Sinne, so ist der Ge- 
danke überhaupt unklar. Und wie 
kann das so allgemein hinge- 
stellt werden, dass der Testator die 
Befreiung von den sacra wolle? 
cavere . .. es liegt der positive 
Sinn zu Grunde, wie mit wt (oben 
8 51; testamento cavere ut dies na- 
talis ageretur Fin. 2. 103), und 


nimmt offenbar das caute scribere 


ns 


LIB. I. CAP. 21. $ 52—54. 


161 


noluisset, admonet iuris consultus hie quidem ipse Mucius, 
pontifex idem, ut minus capiat quam omnibus heredibus relin- 
quatur. (Superiores dicebant quiequid cepisset adstringi)  Rur- 


sus sacris liberantur. 


Hoe vero nihil ad pontificium ius et e 


medio est iure civili, ut per aes et libram heredem testamenti 
solvant et eodem loco res sit, quasi ea pecunia legata non 
esset, si 1s, cul legatum est, stipulatus est id ipsum, quod 
legatum est; ut ea pecunia ex stipulatione debeatur, sitque ea 


non [sacris alligata. 


54. Venio ad mamnium iura, quae maiores mostri ei sa- 


wieder auf. In diesem Sinne, des 
caute scribendi und caute contira- 
hendi bildet es ja eben eine der 
Hauptfunctionen des Juristen (zu 
I. 14 und 17). Was aber den Conj. 
Plusqpf. betrifft, wofür molwit er- 
wartet werden kónnte, so erklárt 
sich dieser aus der indirecten Haltung 
der Rede und der Beziehung auf 
das Subject des Hauptsatzes (Mu- 
cius). 

hoc si cavere moluisset (noluerit 
nicht nóthig, weil das Praes. von 
etwas Vergangenem steht, wie ge- 
wühnlich bei Urtheilen  àálterer 
Schriftsteller und Gewührsmànner, 
5. F. Schultz $ 329. A. 3), ?psi minus 
capiendum Mucius censet. 

Superiores nothwendige Emenda- 
tion von Turn. in Hinblick auf 
antiqui sacris astringi docebant, si 
inde quippiam ceperit $ 49; wobei 
jedoch der ganze Satz vielleicht als 
Randbemerkung eines  aufmerk- 
samen Lesers anzusehen; denn er 
unterbricht in unangenehmer Weise 
den Fortgang der Hede. Denn 
Kursus — liberantur schliesst sich 
an den vorhergehenden Satz: ut 
minus capiat admonet und steht 
parallel dem obigen: Znventa e£. r. 
cur pecunia sacr. mol. liberaretur. 
Wenn er von Cic, ist, so ist er als 
parenthetische Adversative zu neh- 
men. (V., der den Satz in der 
hdschr. Form  beibehàlt, dürfte 
schwerlich eine passende Erklürun 
dafür haben. Denn wenn wir doch 
die Verbindung von super mit ca- 
pere: ,Was man darüber nimmt" 


zulassen, so erscheint der Gedanke - 


verkebrt. Denn erstens müsste in 
Bezug auf Mucius dicebat stehen; 


dann ist die Bemerkung unnütz: 
soweit sie richtig, ist sie schon in 
adm. ut min. cap. enthalten. Drittens 
ist sie nicht richtig. Denn die Ver- 
bindlichkeit tritt nicht erst mit der 
Mehrnahme, sondern schon mit dem 
gleichen Antheil mit dem Erben ein.) 
per aes et libr. eine civilrecht- 
liche Form, die sich bei der Man- 
cipatio (Lange I. 114), Coemptio 
(ib. 93), Adoptio (ib. 105), .Eman- 
cipatio (1b. 107), Nexwum d. h. Ver- 
tragseingehung (ib. 129— 30), Testa- 
menten (ib. 137— 38) findet. 

ut — solvant — res sit, dass man 
nach der Bestimmung der Juristen 
— lósen kann, und die Sache — 
sein soll. 

eodem. quasi wie Lael. 14, dazu 
Seyff. 

id ipsum Obj. ,sich grade das 
hat versprechen lassen"; οὐ leitet 
den Folgesatz ein: sodass. 

81: die Bedingung kann nur zu 
eodem loco res sit gehóren. Da aber 
auch ohne diese das Verhültniss 
grade so sein würde, als wenn 
nichts yermacht würe, so streift si 
an das concessive etiamsi. (Wenn 
auch das Legat thatsüchlich zur 
Auszahlung kommt, 80 soll die 
Sache doch so aussehen, als ob die 
Legatsverbindlichkeit gelóst würe.) 
Vgl. I. 7. 

8 54. Die hier folgende Lücke 
ist von Lambin nach den von Turn. 
gegebenen Fingerzeigen ausgefüllt 
worden, in einer an den Text leicht 
sich anschliessenden und das Ver- 
stándniss erleichternden Weise. Daas 
diese Einschaltung aber den Ausfall 
nicht vollkommen deckt, dariu muss 
V. beigestimmt werden. Mit Recht 


168 DE LEGIBUS 

pientissime | instituerunt οἱ religiosissime coluerunt. — Februario 
aulem mense, qui tum extremus anni mensis erat, mortuis paren- 
tari voluerunt, quod tamen D. Brutus, ut scriptum a Sisenna 
est, Decembri facere solebat. Cuius ego rei causam. cum mecum 
quaererem, Brutum reperiebam idcirco a more maiorum discessisse 
— qmam Sisennam video causam cur is vetus institutum | mon 
serverit ignorare. Brutum. autem maiorum nostrorum institulum 
lemere neglexisse, non fit mihi veri simile] doctum hominem 
sane, cuius fuit Accius perfamiliaris —, sed mensem, credo, 
extremum anni, ut veteres Februarium, sic hic Decembrem 


sequebatur. 
[adiunctum] putabat. 


vermuthet dieser, dass Cic. der Dar- 
legung der Rechte der Manen eine 
Untersuchung über die Beschaffen- 
heit der menschlichen Seele und 
das künftige Dasein der Abge- 
schiedenen  vorausgeschickt habe 
und dass demmach hierher das von 
Lact. Inst. div. III. 19. 2 überlieferte 
Fragment: gratulemurque nobis sq. 
zu verweisen sei Darauf deutet 
ferner ganz klar 8 68: Deinceps 
dicit (Plato) eadem illa de immor- 
talitate animorum et reliqua post 
mortem tranquillitate bonorum, poe- 
nis impiorum, was keinen Sinn 
geben würde, wenn C. nicht vorher 
davon gehandelt hátte. 
Februar ursprünglich der letzte 
Monat d. J. 
Ovid. Fast. II. 49. 
Qui sequitur. Tanum veteris. fuit 
ultimus anni 
Tw quoque sacrorum, Termine, 
fimis eras. 
Primus erat Iani mensis, quia 
iamua prima est: 
Qui sacer est imis Manibus, 
imus erat. 
Postmodo creduntur spatio distan- 
tia longo 
Tempora bis quini continuasse 
viri. 
Ueber die Todtenfeier im Februar 
s. zu 8 22 extr. Als Sühn- und 
Reinigungsmonat eignete er sich 
vorzugsweise sowohl zur Todtenfeier 
als zur Beschliessung des Jahres. 
Die Bemerkung (über D. Brutus, 
dessen Erwühnung durch Ciceros 
folgende Worte: cuius fuit Accius 
perfamiliaris (vgl. Arch. 27 Decimus 


Hostia autem maxima parentare pietatis esse 


quidem Brutus, summus vir et im- 
perator, Attii, amicissimi sui, car- 
minibus templorum ac monumento- 
rum aditus exornavit suorum, und 
Brut. 107) angedeutet wird, ist aus 
Plut. Quaest. Rom. 34 ,, Διὰ τί, τῶν 
ἄλλων Ῥωμαίων iv τῷ Φεβρουαρίῳ 
μηνὶ ποιουμένων χοὰς καὶ ἐναγι- 
σμοὺς τοῖς τεϑνηκόσι, “έκιμος Βροῦ- 
τος, ὡς Κικέρων ἱστόρηκεν, ἐν 
τῷ “εκεμβρίῳ τοῦτ᾽ ἔπραττεν 3." ent- 
nommen. 

1). Brutus, Cons. 138 mit P. Scipio 
Nasica Serapio, wurde nach Hispania 
ulterior gesandt und unterwarf bis 
zum J. 134 ganz Lusitanien; von 
seinem Sieg über die Gallaeker er- 
hielt er den Beinamen Gallaecus, 
triumphirte i. J. 132, erat cum litte- 
ris Latinis tum etiam Graecis ut 
temporibus illis eruditus (Brut. 107). 
Cf. III. 20. 

Sisenna zu I. 75. Die Bemerkung 
über diesen ist aus der Luft ge- 
griffen. 

L. Accius oder Attius, geb. 170, 
t 104, Sohn eines Freigelassenen, 
bezeichnet den Gipfel der róm. 
Tragódie; durch Erhabenheit der 
Gesinnung und der Sprache dem 
Aeschylus verwandt, dessen Tragó- 
dien er sich auch besonders zum 
Muster nahm. 

sed zu 11. 2. 

hostia maxima: den Manen wur- 
den gewóhnlich Salz, Gerstenschrot, 
Blumenkrünze (Ov. Fast. 2. 535 sq.), 
ausserdem Spenden von Wasser, 
Wein, Milch und Honig (Verg. 
Aen. V. 77 sq.) geopfert; denn parva 
petunt. Manes (Ov. a. a. O). Dem 


LIB. II. CAP. 21. 22. 8$ 54. 55. 


169 


XXII. 55. Iam tanta religio est sepulchrorum, ut extra 
sacra et gentem inferri fas negent esse, idque apud maiores 


nostros À. Torquatus in gente Popillia iudicavit. 


Nec vero 


tam deniceales, quae a nece appellatae sunt, quia residentur 
mortuis, quam ceterorum caelestium quieti dies feriae nomina- 
rentur, nisi maiores eos, qui ex hac vita migrassent, in deorum 


numero esse voluissent. 


Brutus schienen sie aber damit nicht 
genug geehrt. Unter ἢ. m. ist nach 
Festus das Schaf zu verstehen; 
warum so gen. nicht recht klar, 
wenn anders hostiae auch Külber, 
Ziegen und Schweine umfassen, s. 
Forb. II. p. 56, (vielleicht das aus- 
gewachsene im Ggs. zum Lamm?), 
wührend victimae ^ hauptsáchlich 
Rinder; mazima der Ster (Verg. 
Georg. Il. 147). Vgl. F. Schultz 
Synon. 

adiunctum von Turn. und andren 
als Substant. genommen nach Ana- 
logie von attributum rei. Aber 
dieser Gebrauch des leztr. W. ist 
mittelalterlich. Die Hinweisung auf 
cuius consequens id sit, Fin. 4. 68, 
reicht nicht aus. Va Ἠράμ ). 

Cap. XXII. 8 55. extra sacra et 
gentem — qui e. 8. €. g. Sunt oder 
of €. 8. €. g. ὄντες. Ueber diesen 
kühnen Gebrauch eines Prüposi- 
tionalausdrucks s. Náügelsb. St. 8 3. 
1. a. 8 75. 3. 8 96. 2. sacra sc. gen- 
tilicia. Bei den Rómern gab es 
keine gemeinsamen  Begrübniss- 
stütten ausser für die Armen am 
Esquilin; sonst hatten die gentes 
ihre gemeinsamen sepulchra (meist 
in der Náhe von Landstrassen); bis- 
weilen auch einzelne Familien, ja 
Personen solche für sich. 

A. Torq. Der Fall nicht nüher 
bekannt. Man denkt an A. Manlius 
deos Cons. 244 und 241. Er müsste 
in der Eigenschaft als Pontif. M. 
entechieden haben. 

nec tam — quam hier in unge- 
wóbnlicher Bedeutung & nec aeque 
— ac. Sonst wird in dieser Ver- 
bindung das 1. Glied ausgeschlossen 
- nicht sowohl als auch. Doch 


gradezu für ebenso kann tam nicht 


stehen, es bat stets steigernden 
Sinn » so sehr. Der Gedanke ist: 


Eas in eos dies conferre ius, ut nec 


verdienen in demselben Grade feriae 
genannt z. w. (würden nicht ebenso 
entschieden, so gut, f. gen.). 

denicales wird von Pr. 482 für 
gleichbedeutend genommen mit dem 
die Bestattungsfeier am 9. Tage vom 
Tode (richtiger von der Bestattung) 
beschlnessenden sacrificium novem- 
diale. Dem widerspricht das folgende: 
eas in eos d. conf. i. Denn die Be- 
stimmung des Tages für dieses hatte 
man nicht in seiner Hand. Ausser- 
dem dauerte dieses nur einen Tag, 
wahrend eos dies auf eine mehr- 
tàgige Feier schliessen lásst. Es 
war vielmehr offenbar ein jàhr- 
liches Erinnerungs- oder Reinigungs- 
fest, aber, wie das Folgende zeigt, 
ausserhalb der Zeit der allgemeinen 
parentalia im Februar (zu 8 22). 
Vgl. unten. 

residere ein in die Volkssprache 
übergegangener ritueller Ausdruck 
für feiern (eigtl. müssig zubringen). 
Vgl. Plaut. Capt. IIl. 1. 8. Πα 
venter gutiwrque resident eswriales 
ferias. Auch possidere scheint in 
diesem Sinne gebraucht w. zu sein: 
Tuas possidebit mulier faxo ferias, 
ib. Epid. III. 4. 37. 

res. mortuis; mortui hier gleich 
gesetzt mit neci dediti, woran 
Lamb. nicht ohne Grund  An- 
stoss nahm und statt qwia quae- 
que vermuthete. Doch hat sich Cic. 
wohl diese Begriffsvertauschung er- 
laubt. 

ius e iure constitutum est; oportet 
nicht — licet: ist Gebot des Rechtes. 

uL nec... das Todtenfest soll 
weder concurriren mit einem an- 
deren Privat- wie z. B. Geburtetage- 
feste der Familie, noch mit einem 
óffentlichen. Man würe versucht, 
es für identisch zu halten mit den 
Privatparentalia (zu 8 22), wenn 
diese nicht als gemeiniglich an den 


110 


ipsius neque publicae feriae sint. 


DE LEGIBUS 


Totaque huius iuris con- 


positio pontificalis magnam religionem caerimoniamque decla- 


rat. 


Neque necesse est edisseri a nobis, quae finis funestae 


familiae, quod genus sacrificii Lari vervecibus fiat, quem ad 
modum 0s resectum terra optegatur, quaeque in porca con- 


Sterbetag des  Dahingeschiedenen 
geknüpft eine freie Bestimmung 
nicht zuliessen. Móglich auch, dass 
es eine um die Zeit vor der Ernte 
abgehaltene Heinigungsfeier war, 
wo man um eines reichen Ertrages 
willen sich mit der Ceres, welche 
als Góttin des Ackers die Ver- 
storbenen in ihren Schooss auf- 
nimmt, wegen etwaiger Pflichtver- 
süumnisse gegen die Todten aus- 
sühnte und die porca praecidanea 
schlachtete (Pr. p. 406). Es wurde 
mit solcher Stile und Gewissen- 
haftigkeit beobachtet, dass selbst 
die Hausthiere für diese Zeit Ruhe 
hatten und einberufene Soldaten 
sich nicht zu stellen brauchten 
(Pr. p. 482). 
hwius iuris nicht blos der demi- 
cales, sondern überhaupt eius, quod 
ad mortuos pertinet; rel. caer. q. 
Gewissenhaftigkeit, genaue Erwü- 
ung aller zu berücksichtigenden 
mstünde, und Feierlichkeit hin- 
sichtlich der zu beobachtenden Ge- 
brüuche. 
finis fam., ebenso Fam. 10. 32. 4; 
19. 1. 1; Att. 9. 10. 4; Liv. 4. 2. 4; 
9. 26. 9; 22. 571. 5; 87. 26. 11. 
funesta s. v. ἃ. funere polluta, Die 
Trauer verunreinigte; daher wurde 
ein in Trauer befindliches Haus zur 
Warnung Vorübergehender durch 
eine davor aufgepflanzte Cypresse 
oder Kiefer gekennzeichnet; schon 
im Angesichte des Todten mit einer 
eigenen Art von Besen ausgekehrt, 
die porca praesentanea, wersch. v. 
praecidanea 8. oben, zur Reinigung 
der Betheiligten geopfert; nach Be- 
stattung der Leiche der ganze Con- 
duct mit geweihtem Wasser be- 
eprengt, 9 Tage darnach endlich 
als letztes Sühnopfer das sacrif. 
novemdiale dargebracht. Hiermit 
hórte die Verunreinigung auf. (Pr. 
.479 —82; ders. Pauly Reall. funus. 
orb. L p. 117 fl) — Was die 


Trauerzeit betrifft, um die es sich 
hier nicht handelt, so belief sich 
diese bei Weibern auf hóchstens 
10 Monate, bei Münnern war sie 
unbestimmt, denn viris mullum 
legitimum tempus est, quod mullum 
honestum. Sen. Ep. 63. 


quod. g. sacr. v. Vervecibus ist den 
meisten verdüchtig, weil es die 
Antwort auf die Frage nach dem 
enus zu enthalten scheint. Man 
ann es jedoch ertragen, wenn 
unter gen. der Zweck des Opfers 
verstanden wird, nach welchem man 
z. B. Bitt-, Dank-, Sühnopfer unter- 
schied. Der Zweck des hier be- 
zeichneten ist letzter Art. Gleich 
nach der Bestattung wurde dem 
Lar d. h. dem verklürten Geiste 
des Todten ein Opfer von Widderr 
dargebracht (Pr. a. a. O.). Widder 
wie Schweine waren die bei Sühn- 
opfern üblichen 'Thiere, doch so, 
dass Schweine Reinigung, Widder 
Sühnung bezweckten. Schóm. Gr. 
A. IL p. 347—348. (Dass übrigens 
auch die Opferverrichtung selbst 
eine eigenthümliche sein konnte, 
zeigt Cato d. r. rust. 134 in Betreff 


der porca praecidamea. | Cf. Pr. 
p. 407.) 
quemadmodwm in dem  abge- 


schwüchten mit dass sich berühren- 
den Sinne: wie — nicht auf welche 
Art. Vgl. Brut. 307 εὖ possis videre 
quemadmodum simus in spatio A. 
Hortensium ipsius vestigiis persecuti ; 
ein sehr seltener Gebrauch.  Ge- 
wóhnlich dafür wf. 


os resectum. In Anlehnung an 
die ursprüngliche Bestattungsweise 
des Begrabens war es eine durch 
Priestervorschrift geheiligte Sitte, 
auch bei Verbrennung der Leiche 
einen Finger abzuschneiden und zu 
beerdigen. 


in porca c. unklar.  F. ,quae 
fieri oporteat, si porca sit con- 


LIB. If. "CAP. 22; 


$ 55. 56. Tr 


tracta iura 'sint, quo tempore incipiat sepulchrum esse et 


religione teneatur. 


56. At mihi quidem antiquissimum sepulturae genus illud 


fuisse videtur, quo apud Xenophontem Cyrus utitur. 


Redditur 


enim terrae corpus et ita locatum ae situm quasi operimento 


matris obducitur. 
proeul a Fontis ara est, 


Eodemque ritu in eo sepulchro, quod haud 
regem nostrum Numam conditum 


accepimus gentemque Corneliam usque ad memoriam nostram 


hae sepultura scimus esse usam. 


tracta. Aber was soll da weiter 
geschehen, als dass sie geopfert 
werde? Gesuchter ist Turn.s Er- 
klárung: qwibus suscipienda porca 
Sit, quibus non. Um diesen Sinn 
herauszubringen, muss man sin 
prágnant fassen — exsistant, valeant : 
welche Rechte bei der Verwirkung 
eines Schweinopfers zur Geltung 
kommen 8. v. à., welcher Rechte 
Verletzung dabei geahndet wird, 
oder: durch welche Verletzungen 
einer in die Verbindlichkeit dazu 
verfallt, Die Nothwendigkeit der 
Verbindung porca contracta, nicht 
wie andere gewollt haben, Zwra 
conir. wird aus $ 57 extr. ersicht- 
lich. Uebrigens halte ich die Worte 
für corrumpirt und vermuthe: q. :. 
p. c. neglecta (wofür man, wenn 
man die Kakophonie nicht 'scheut, 
in noch nüherem Anschluss an den 
Text fracta od. confr. verm. kónntoe) i. 
sint, d. h. welche Rechte im Falle der 
Verwirkung einer porca ausser Acht 
gelassen sind, sc. die herkómmlichen 
und durch die Priester sanctionnirten 
— dem Todten gebührenden — Be- 
stattungsgebráuche; nicht dass alle, 
sondern irgend eins derselben. Zur 
porca c. vgl. oben. 

quo tempore cf. unten 57: prius- 
quam in 08 iniecta gleba est — 
nihil habet religionis. Dazu aber 
kamen noch Spenden und Opfer 

€u8 caesus) und andere von den 
riestern — vorgeschriebene — Ge- 
brüuche,. Pr. p. 481. 

8 δῦ, At: im Vorhergehenden 
vgl. os resectum — bezog sich Cic. 
auf eine Leichenverbrennung; da- 
her wird die Beerdigung im Gegens. 
dazu mit at eingeführt. 

Xenoph. Cyrop. VIII. 7. 25 τὸ δ᾽ 


C. Mari sitas reliquias apud 


ἐμὸν σῶμα, ὦ παῖδες, ὅταν τελευ- 
τήσω μήτ᾽ ἐν χρυσῷ ET: μήτε ἐν 
ἀργύρῳ «μήτε ἐν ἄλλῳ μηδενὶ, ἀλλὰ 
τῇ γῇ ὡς τάχιστα ἀπόδοτε᾽ τί γὰρ 
τούτου μακαριώτερον τοῦ γῇ μιχϑῆ- 
ναι, ἣ πάντα μὲν τὰ καλὰ φύει τε 
καὶ τρέφει. 

situm rituelles W. cf. unten sitas 
rel. und 8 57. 

Fontis ara. Das Grab des Numa 
soll sich am Janiculus befunden 
haben, und als 181 zwei Sárge da- 
selbst aufgefunden wurden, das eine 
leer, das andere mit Büchern, wurde 
das leere für das des Numa er- 
klárt; die in dem anderen enthalte- 
nen Bücher, welche Pythagoràische 
Lehren enthielten, für Urkunden 
des Numa gehalten, die aber wegen 
ihrer der Volksreligion feindlichen 
Tendenz auf Befehl des Senates auf 
dem Comitium verbrannt wurden. 
(Liv. 40. 29; Plut. Num. 22.) Beim 
Janiculus, dem Heiligthum des Janus, 
der Vater des Lichts (Sonnengott) 
und zugleich Ursprung aller Quellen 
und Flüsse (Pr. 151) war, befand 
sich ein Altar seines Sohnes J"ontus 
oder Fons (a. a. O.), nicht zu ver- 
wechseln mit anderen Verehrungs- 
stütten desselben, wie an der Porta 
Fontinalis dem Campus M. zu (Liv. 
35. 10), und einem von Papirius 
Maso, dem Besieger Corsicas 231, 
an der P, Capena gestifteten (Nat. 
d. 3. 52) Heiligthum. Cf. Pr. 500. 

gent. Corn. — Dasselbe berichtet 
Plin. H. N. VII. 54 (187). Ausser- 
dem wurden auch kleine, noch zahn- 
Ao:e Kinder und Fulguriti so be- 


graben. Auch bei den Griechen 
waren beide Bestattungsarten neben 
einander in Gebrauch.  Schóm, Il. 


542, 


112 DE LEGIBUS 

Anienem dissipari iussit Sulla vietor, acerbiore odio incitatus, 
quam s; íam sapiens fuisset quam fuit vehemens. 57. Quod 
haud scio an timens ne suo corpori posset accidere primus?e 
patriciis Corneliis igni voluit eremari. Declarat enim Ennius 
de Africano: 

Hic est ille situs. 

Vere: nam siti dicuntur ii, qui conditi sunt. Nec tamen eorum 
ante sepulehrum est, quam iusta facta et porcus caesus est. 
Et quod nunc communiter in omnibus sepultis venit usu, ut 
humati dicantur, id erat proprium tum in iis, quos humus 
iniecta contexerat, eumque morem ius pontificale confirmat. 
Nam prius quam in os iniecta gleba est, locus ille, ubi crema- 
tum est corpus, nihil habet religionis: iniecta gleba tumulus 


si tam sap. f. Der Gedanke miss- 
fallt 1. wegen tam. Denn es ge- 
hórte dazu kein besonderer Grad 
von Weisheit, 2. weil entweder das 
gleichzeitige Vorhandensein zweier 
Eigenschaften (so weise als heftig) 
angenommen wird, die einander 
ausschliessen; oder wenn blos die 
eine mit Ausschluss der anderen 
der "Vergleichungssatz (das Ver- 
glichene in sich aufnimmt: von 
heftgerem Hasse erfüllt, als wenn 
er nicht so heftig als er war, son- 
dern in dem Masse weiser gewesen 
würe.  Dessenungeachtet bin ich 
nicht sicher, dass der Text durch 
δὲ tam nicht richtig ergünzt ist: 
wenigstens sehe ich nicht, wie es 
anders geschehen kónnte, um einer 
Ungereimtheit zu entgehen. 

8 57. patricii Corn. Es gab auch 
plebejische, wie die Balbi, Galli 
und die von Sulla mit dem Bürger. 
recht beschenkten Sclaven. 

JDeclarat abs. bezeugt dies (die 
frühere Sitte der Beerdigung bei 
den Corneliern). Vgl. Seyff. Schol. 
lat. II. 8 51. B. b. 

Ennius 239 zu Rudiae in Cala- 
brien geb., t 169, verfasste ausser 
seinem berühmten epischen Ge- 
dichte, den Annales, Tragódien, 
Satiren und Epigramme. Zu letzte- 
ren — in eleg. Versmass gedichtet 
— gehórt dies Frgm., welches Sen. 
Ep. B. XVIII. 5. 33 vervollstündigt: 

quoi nemo civi? neq 
hostis 
Quivit pro factis reddere oprae 
pretium. 


porcus: wem? schwerlich dem 
Verstorbenen, dem ein Widder, s. 
oben, geopfert. Eher dem Dis pater 
oder Orcus oder schlechthin den 
chthonischen Góttern, um sich von 
etwaiger Unterlassungsschuld bei 
der Bestattung zu reinigen (8 55 
zu ut nec). 

sepultis genereller Ausdruck, um- 
fasst auch die Verbrannten; bei 
hwmati dagegen ist derselbe Ge- 
brauch eine Licenz der gewóhnl. 
Sprache. 

cumque morem nicht eos humatos 
dicendi quos humus contexerat, son- 
dern humum iniciendi. Die Sitte, 
Erdeaufzuschütten, hàlt das Priester- 
recht dadurch aufrecht, dass es 
ohne dies keinen Bestattungsplatz 
als geweiht anerkennt. 

Das Folgende hat sachliche wie 
Textesschwierigkeiten. Das Priester- 
recht verlangte Deerdigung eines 
abgeschnittenen und unverbrannten 
Gliedes. Bei allen sepulcris? auch 
bei Grabgewóülben, in denen die 
mit den unverbrannten Gebeinen 
der Verstorbenen gefüllten Urnen 
beigesetzt waren? Warum denn? 
Waren sie unterirdisch, wie meisten- 
theils, so fanden sich ja hier noch 
unversehrte Theile unter der Erde 
— was das Priesterrecht forderte —, 
wobei es gleichgültig sein muss, ob 
eine Mauer oder Erddecke sie barg, 
ebenso wie es im Flg. als be- 
deutungslos gilt, ob Wasser oder 
Erde die Leiche deckt. Waren sie 
aber über der Erde, so ist die 
Frage, wo die Erdscholle hinge- 


LIB. IH CAP. 22. $ 56. 57. 


113 


[et humatus est, et gleba] vocatur, ac tum denique multa 
religiosa iura conplectitur. ltaque in eo, qui in nave necatus, 
deimde in mare proiectus esset, decrevit P. Mucius familiam 


schüttet werden sollte. Pr. scheint 
anzunehmen, dass in den einzelnen 
Nischen solcher Grabgewólbe (Co- 
lwunbaria genannt) neben der Urne 
sich ein Erdaufwurf mit dem ab- 
geschnittenen Finger darunter be- 
fand. Dieses aber sich vorzustellen, 
fàllt schwer. In der That jedoch 
spricht C. gar nicht von solchen 
Grabmáàlern, sondern von einem 
locus, ubi crematwm est corpus, der 
keineswegsidentisch mit dem eigent- 
lichen. sepulchrum ist (wenigstens 
nicht zu sein braucht, zu 8 60), sich in 
der Regel vielmehr in einiger, wenn 
auch meist geringer Entfernung von 
demselben befand (Forb.l. 119— 20. 
Pauly HI. p. 547). Wenn somit 
an diesen Platz, die wstrina, ge- 
dacht werden muss, so ist die Frage, 
wie dieser schlechthin als Be- 
stattungsplatz angesehen w. kann. 
Ganz natürlich, weil hier die ver- 
brannten und mit der Holzasche 
gemischten Theile der Leiche ein- 
gebettet wurden (wo nicht, wié in 
álterer Zeit, 8. $ 60, zugleich auch 
die unverbrannten Knochen) Auch 
dieser bedurfte der Weihe — und 
dazu eines noch nicht von der 
Flamme verzehrten Theiles. Diesen 
aber kann man sich hier leicht von 
der Erde $0 zugedeckt denken, dass 
darauf die im Flg. trotz der Un- 
sicherheit des Textes ersichtlich ent- 
haltene Bezeichnung eines tumulus 
passt: wührend sie bei jenen Grab- 
hallen schwer zu erklüren würe. 
Dass aber diese busta — 80 hiessen 
die seiesdurch Bergung der Leiehen- 
asche, sei es auch der Gebeine, 
zu Bestattungsplátzen gewordenen 
Brandstütten, cf. Feldh. z. II. 61 — 
neben den Bewahrungsrüumen der 
Urnen als Grabstátten galten, wird 
vielfach bestütigt. Soll. VII. 333— 
340, 433 flg., wo wir ersehen, dass 
trotzdem ein jeder die Gebeine «ciner 
Angehórigen sammelte, um sie nach 


Hause mitzunehmen, der gemein- 


same Verbrennungsplatz mit einem 
Grabhügel versehen und geweiht 


wurde. Vgl.ferner die Bemerkungen 
von Zoega de obeliscis IV. 13. 
p. 272 sq., der, die hier vorge- 
tragene Auffassung der Stelle thei- 
lend, Folgendes sagt: Quapropter 
etiam 4n bustis cippos erigere com- 
sueverunt, im quibus motatum, quas 
illic crematus esset: cuiusmodi tres 
e Tiburtino lapide reperi prope 
mausoleum Augusti atque spectantes 
ad Germanici Caesaris fihos ezc- 
stant in Museo Pio... Sic Augusti 
ustrinam religiose clausam memorat 
Strabo (V. cp. 8 extr. C 236 ἐν 
μέσῳ δὲ τῷ πεδίῳ ὃ τῆς καύστρας 
αὐτοῦ περίβολος καὶ οὗτος λέϑου 
λευκοῦ, κύκλῳ μὲν περικείμενον ἔχων 
σιδηροῦν περίφραγμα, ἐντὸς δ᾽ oi- 
γείροις κατάφυτος). 

Die Stelle ist schwer zu emen- 
diren. V. Zniecta gleba twm et illic 
hwmatus est et gleba twmulus vo- 
catur, der von der Heinsianischen 
Lesart: twm et illis ausgeht. Aber 
erstens hat Awmatus keine Be- 
ziehung, zweitens ist nicht die 
Frage, wer beerdigt ist, sondern 
dafür nach Priesterrecht gilt: eher 
würe das handschriftliche 2s sc. 
pontificibus beizubehalten; drittens 
ist gleba tumulus voc. hart. Ohne 
dass ich im Stande wáüre, eine wahr- 
scheinliche — Emendation  vorzu- 
schlagen, würde ich für sinnent- 
sprechend etwa Flg. halten: ?nzecta 
gleba tum et ustus (8 58 urito) hu- 
matus et ubi ustus tumulus ex gleba 
vocatur. 

Itaque P. Mucius: entschied ver- 
schieden über einen, der im Schiffe 
getódtet und dann ins Meer ge- 
worfen und einen, der im Meere 
ertrunken. In beiden Füllen seien 
zwaür die Angehórigen rein, aber 
im ersteren müsse der Erbe jühr- 
lich ein Keinigungsopfer darbringen 
und ein dreitügiges Fest (denicales?) 
fern; im letzteren Falle nicht. 
Man findet den Grund des Unter- 
&chiedes darin, dass von Einem, der 
im Schiffe getódtet, ein Glied zu 
regelrechter Bestattung hütte ab- 


114 DE LEGIBUS 

puram, quod os supra terram non exstaret; porcam heredi 
esse contractam et habendas triduum ferias [et porco femina 
piaeulum pati]; si in mari mortuus esset, eadem praeter pia- 
culum et ferias. 

XXIII. 58. Arr. Video quae sint in pontificio iure. Sed 
quaero ecquidnam sit in legibus. M. Pauca sane, Tite, et, uti 
arbitror, non ignota vobis. Sed ea non tam ad religionem 
spectant quam ad ius sepulchrorum. Hominem mortuum, in- 
quit lex i duodecim, in urbe ne sepelito neve urito. Credo, 
vel propter ignis periculum. Quod autem addit »eve writo, 
indicat non qui uratur sepeliri; sed qui humetur. Arr. Quid? 
qui post xir in urbe sepulti sunt clari viri? M. Credo, Tite, 
fuisse aut eos, quibus hoc ante hane legem virtutis causa 


genommen werden kónnen. Aber 
wie traf dies den Erben, der doch 
selten dabei und in der Lage 
sein konnte, durch diese Unter- 
lassung eine Schuld auf sich zu 
laden? Es war eben presterlicher 
Grundsatz, dass in alle Verpflich- 
tungen gegen den Verstorbenen der 
Erbe eintritt, 

porco f. p. p. scheint Glosse für 
porc. contrahere. 

eadem, màn erwartet idem. Der 
Plur. lásst sich vielleicht so er- 
klüren, dass zugleich auf das Motiv 
hingewiesen wird: dann sei kein 
Gebein oberhalb der Erdflàche und 
somit die Familie rein. 


Cap. XXIIL 8 58. religionem 
die  religióse — Verehrung der 
Todten. 


ius sep. das die Anlage und den 
Besitz (8 61 wsucapi vetat) von 
Grabstütten betreffende Recht, das 
nicht die Rücksicht auf die Todten, 
sondern auf das Gemeinwohl zur 
Grundlage hat. 

ler nicht speziell: ein (gewisses) 
oder das bezügliche Gesetz, sondern 
zusammenfassend: das Gesetz, wie 
es in den XII Tafeln vorliegt. 

sepelito — writo, 3. Pers. man 
zu 8 9. 

vel schon: denn es gab auch noch 
andere Gründe: Jul. Paul. lib. sent. I. 
Corpus in civitatem inferri mon licet, 
ne funestentur (verunreinigt w.) sacra 
civitatis. 

Quod aut. sq. Mit dieser Be- 
merkung schlügt sich C. selbst, 
denn oben hatte er sepelire für um- 


fassend — bestatten genommen 
und von /hwmare, als einer Species 
desselben, unterschieden. lIndessen 
missversteht er doch den Sinn der 
Worte der XII Tafeln. Mit sepelire 
wird nicht blos das Begraben be- 
zeichnet, sondern das Beisetzen 
überhaupt, auch von den Gebeinen 
Verbrannter. Von diesem aber ist 
noch das wrere, ein dem sepelire 
vorangehender Act, verschieden. 
Jedenfalls hütte C. besser gethan, 
die Bemerkung (s0 auch unten 
8 60 extr. wegzulassen; sie fórdert 
sachlich nichts, sondern stórt. 

Quid? qui — viri? Erg. etwa: 
qui — valente illa lege —  sepe- 
liri potuerunt? oder legem nonne 
nullam esse, nihil valere, declarant 
— ad irritum redigunt? 

Die innerhalb der Stadt nach den 
XII Tafeln Begrabenen zerfallen in 
zwei Klassen: 1. in die Nachkommen 
derer, die vor den XII T. daselbst 
begraben, die das bei den Vor- 
fahren  stattgefundene Verfahren 
ohne Anspruch auf persónliche Aus- 
zeichnung gewahrt haben; 2. die- 
jenigen, denen es nachher um ihres 
persónlichen Verdienstes willen ein- 
gerüumt worden. Dass es aber auch 
vor den XII T. Ausnahme war, zeigt 
der Zusatz: quibus virtutis causa 
tributum est. Also auch damals 
verbot es im Allgemeinen die Sitte 
und gestattete es nur denen, die 
sich ausgezeichnet hatten. — Vgl. 
übrigens Plut. Quaest. Hom. 79, 
wo wir erfahren, dass bei den der 
ersten Klasse Angehórigen dies Vor- 


LIB. II. CAP. 292. 23. 8 57. 58. 


175 


iributum est, ut Poplieolae, ut Tuberto, quod eorum posteri 
iure tenuerunt, aut eos, si qui hoe, ut C. Fabricius, virtutis 


recht nur zum Schein gewahrt 
worden ist, indem man sich be- 
gnügte, die Leiche solcher auf das 
Forum zu tragen, dort abzusetzen 
und eine Fackel neben ihr anzu- 
zünden, dann aber die Leiche wieder 
aufzuheben und nach der ausser- 
halb der Stadt hergerichteten Brand- 
státte überzuführen. 

tributum est: durch den Indicativ 
wird der Inhalt des Nebensatzes 
aus der Subjectivitàt der abhàng. 
Hede herausgehoben und objectiv 
hingestellt. Cf. Inv. 2. 58 qua affi- 
ciuntur, was Bait. eingeklammert. 
Warum? ib. 141 quibus de scriptum 
est; Font. 18 qui probare possunt; 
Prov. Cons. 12. minus quam erat; 
d. Or. I. 229 quam ferebat; Inv. I. 
11 alio nomine atque adversarii 
dicunt; Rep.lll. 49. fin. ubi iustitia 
non €st; ib. quod ei qui plus potest 
utile est; Quinct. 77 (àhnlich) etiamsi 
habere visi sunt (Bait. emend. essent); 
Liv. VI. 5. 3 quoad habuerunt (mehr 
dazu Weissb.); IX. 25. 5 simul au- 
dierunt (m. d. Weissb.); VIII. 10. 12 
8i 1$ homo, qui devotus est, moritur, 
probe factwm videri (Weissb.). So 
wird auch oft ein Relativsatz, der 
causalen oder concessiven Sinn hat, 
objectiv mit dem Indicat. hinge- 
stellt. Darüber s. Lieven p. 9. Vgl. 
(causal) Protagoras qui negat mihil 
suspicari videtur Nat. d. I. 29; in 
quibus obliviscuntur Mil. 63; qui 
victis sua reddiderunt Leg. Agr.1.19 ; 
qui vobis doceo Acad. I. 18; qui ne- 
gabas Frg. in Ant. e. Cat. 6; qui 
meque — ausus es Pis. 97; quem in 
amplissimum | ordinem | cooptarunt 
Cael 5; cuius mullae litterae per- 
feruntur Prov. Cons. 14; cui praeter 
honestum  mihil est Acad. II. 135; 
Concess. Caesar qui illis fuerat ira- 
tissimus tamen remittebat Phil. 8. 19; 
cuius quaestor fueras, appellatus es 
de pecunia Phil. 2. 71; quod ob- 
tentum est ib. 109; cui debebat mo- 
lissimus esse Flacc. 46; quem stare 


t Best. 7; qui ne sentit qui- 
em 'Tusc. L 92; voluerunt in Ant.- 


6, Cat. 14; zugleich qualitativ: 
cuius prudentiam miramur, | eius 


stultitiam tinemus? Phil. 5. 50; ix 
eorum tabella spem sibé proponit, 
quorum — voce damnatus est Verr. 
5. 41; in me qui reus mon fui 
Dom. 83; ón me qui profectus sum 
ib. 87; qu dies totos — ubet, is 
Caec. 36; íw mentionem facis qwi 
— conatus es Rab. perd. 13; qu 
ne in novissimis quidem erat histrio- 
nibus Rosc. Com. 30; 2n ea civitate, 
in qua nemini patromwm deesse vo- 
luerunt Mur. 10; cwm reliquiis eo- 
rum quos sine ferro viceram Planc. 
86; cui dedit non postulanti, huius 
de facto — Corn. B. 10; cuius mores 
erant reprehensi, hunc moribus prae- 
fwisse Cluent. 119; eine quem sibi 
offensiorem sciebat ib. 172; 4s qui 
tot cives trucidavit, 1n Ant. e. Cat. 2. 
Auch findet sich der Ind., wo der 
(ausschliesslich) qualit. Sinn sehr 
nahe legt: iw es is qui me sae- 
pissime ornasti Fam. 15. 4. 11; quid 
quisquam meminit quod mon animo 
comprehendit? Acad. 11. 22; ορέϊ- 
mates quis ferat qui Swis comütüs 
hoc nomen sibi adrogaverunt? (— si) 
Rep. 1. 50; restat ut omnes unum 
velint qui modo habent (— si) Marc. 
32; mon potest wlla aestimatio re- 
prehendi quae aratori incommoda 
non est Verr. 3. 214; erat eo splen- 
dore qui ex clarissimis gemmis esse 
debebat Verr, 4. 65; temporibus dis 
quae requirebant Planc. 13. Auch 
wechselt Indic. und Conj. : qui religio- 
nes retinere volt ei quifana spoliarit 
inimicus mon esse qui polest? qui 
iwre aequo omnis pulat csse opor- 
lere, is tibi mon infestissimus sit? 
qui sociorum iniuriis doleat, is in 
Le non concitetur? Verr. 8. 6. 

P. Valerius Popylicola an der V er- 
treibung der Kónige betheiligt, vier- 
mal Consul. Von diesem berichtet 
dasselbe Plut. a. a. O., ebenso von 
Fabricius. 

P. Postumius T'wbertus Cons, 505 
u. 503, wegen glücklicher Treffen 
mit den Sabinern erlangte er einen 
grüsseren und kleineren (ovatio) 
Triumph. Dion. V. 39. u. 47. 

C. Fabricius Luscinus Cons. 282, 
278, 973. 


176 DE LEGIBUS 

causa soluti legibus consecuti sunt. Sed w£ in urbe sepeliri 
lex vetat, sic decretum a pontifieum collegio non esse ius in 
loco publieo fieri sepulchrum.  Nostis extra portam Collinam 
aedem Honoris. Aram in eo loco fuisse memoriae proditum 
es. Ad eam cum lamina esset inventa et in ea scriptum 
lamina: honoris, ea causa fuit, ut aedis haee dedicaretur. Sed 
quom multa in eo loco sepulchra fuissent, exarata sunt. Statuit 
enim collegium locum publicum non potuisse privata religione 
obligari. 

59. Iam cetera in ΧΙ minuendi sumptus sunt lamentatio- 
nisque funebris, translata de Solonis fere legibus. Hoc plus, 
inquit, ne facito. Iogwm ascea ne polito. Nosüs quae se- 
cuntur. PDiscebamus enim pueri XH, ut carmen necessarium, 
quas iam nemo discit. Extenuato igitur sumptu tribus riciniis 


sepiliri zu 8 49. 

decernere mit Acc. c. Inf. eine 
gutachtliche Erklürung abgeben, 
dass Drüg. II. p. 386. ?us est mit 
Acc. c. Inf. regelmüssig (Drüg. II. 
402), selten wt ib. 273. 

Pt. Collina an der Nordspitze. 

lam. Metallplatten dienten zur 
Bezeichnung óffentlicher und ge- 
weihter Orte. Somit galt die Auf- 
findung dieser Platte als Beweis, 
dass diejenigen privati, die ihre 
Grabstütten dort angelegt hatten, 
sich óffentliches resp. einer Gott- 
heit gehóriges (Honoris gen. poss., 
oft so auf Inschriften, wie Veneris 
Victricis Grut. p. 60 n. 4) Eigen- 
thum  widerrechtlich  angeeignet 
hatten. 

Sed gehórt nur zum Nebensatz. 
Das Vorhandensein von Grübern 
hütte kónnen der Errichtung eines 
Tempels entgegenzustehenscheinen. 

fuissent das Plusqpf. mit Bezie- 
hung auf den Zeitpunkt der dedi- 
catio, um der Auffassung zu begeg- 
nen, als ob sie nachher noch da- 
gewesen und durch Umpflügen be- 
seitigt worden; ex. — sunt dagegen 
mit Bez, auf die Zeit des Schrift- 
stellers. 

priv. rel. o. für Privatverehrung 
in Anspruch genommen -— ihr 
eigens und ausschliesslich zugewie- 
sen — werden. 

8 59. Hoc weist auf eine vorher- 
gehende Bestimmung über das 
Mass dessen, was bei Beerdigung 


oder Verbrennung einer Leiche an- 
gewendet werden darf. 

inquit sc. lev aus dem Zus. zu 
erg., wie 8 60 zu excipit; 111. 41 
u. 42 zu addit ἃ. iubet. Also liegt 
weder hier noch 8 60 der bekannte 
unpers. Gebrauch  (,heisst es'5, 
welchen zuerst Bentley zu Hor. 
Serm. IL. 4. 79 erlüutert hat, vor. 
Dagegen findet er sich p. Tull. 50; 
Brut. 287; Verr. V. 148; Mur. 26; 
Flacc. 55; Cluent, 92; Rab. perd. 
29; Fin. 2. 78; 4. 76; 16; Acad. 
IL 101 extr.; Parad. 20. Vgl. Drág. 
I. 8 50; Holst. z. Fin. 2. 93. 

facito — polito zu 8 58. 

ascea (ascia) eine Zimmermanns- 
axt weniger zum Spalten (dolabra), 
als zum Behauen und Abglütten. 
— Der Luxus ging noch weiter: 
auch bemaltes Holz wurde an- 
gewendet. Plin. H. N. 35. 49. 

tribus riciniis sc. fimitis (als 
Grenze gesetzt). Die Auslassung 
lisst sich nur dadurch erklüren, 
dass die Worte einem bekannten 
Passus aus d. XII Tfges. angehó- 
ren, sodass ein róm. Leser das 
fehlende Prüdicat im Bewusstsein 
hatte und sich von selbst ergánzte. 

ricinium (Diminut. v. rica; nach 
Anderen v. reicere) ein doppelt ge- 
legter weiblicher Ueberwurf, der 
von trauernden Weibern getragen, 
um nachher in den brennenden 
Holzstoss hineingeworfen zu wer- 
den. Denn es war Sitte, den 
Todten dadurch zu ehren, dass mit 


LIB. II. CAP. 28. 24. 8 58—60. T4Y 
et tunicula purpurea et decem tibicinibus tolht etiam lamen- 
tationem: Mulieres genas ne radunto neve lessum funeris 
ergo habento. Hoc veteres interpretes Sex. Aelius, L. Acilius 
non satis se intellegere dixerunt, sed suspicari vestimenti ali- 
quod genus funebris, L. Aelius lessum quasi lugubrem eiula- 
tionem, ut vox ipsa significat: quod eo magis iudico verum 
esse, quia lex Solonis id ipsum vetat. Haec laudabilia et locu- 


pletibus fere cum plebe communia. 


Quod quidem maxime e 


natura est tolli fortunae discrimen in morte. 
XXIV. 60.  Oetera item funebria, quibus luctus augetur, 


ΧΙ sustulerunt. 


ihm theils Gegenstánde, die ihm 
lieb gewesen waren, theils Ge- 
schenke der Angehórigen, in Tep- 
pichen, Kleidungsstücken, Schmuck- 
sachen, Weihrauch, Spezereien und 
Anderem bestehend, verbrannt wur- 
den (Forb. 1. 120). Der darin über- 
hand genommenen Verschwendung 
steuerte auch Solon; s. Plut. Sol. 
21 οὐδὲ συντιϑέναι πλέον ἱματίων 
τριῶν εἴασεν. 

tibicinibus. An der Spitze des 
von den designatores geordneten 
Leichenzuges ging die Trauermusik 
aus libicines — bei besonders statt- 
lichen Leichenbegángnissen auch 
wohl aus £ubicines — und Klage- 
weibern (praeficae) bestehend. 

Mulieres g. 8q. ἀμυχὰς δὲ xo- 
πτομένων καὶ TO ϑρηνεῖν πεποι- 
ἡμένα καὶ τὸ κωκύειν ἄλλον iv τα- 
φαῖς ἑτέρων ἀφεῖλε Σόλων (Plut. 
&. a. O.). 

lessus kennt noch Plaut. im Sinne 
von Klagegeheul: 

Thetis quoque etiam  lamen- 
tando lessum fecit filio (Truc. 
IV. 2. 22). 

Sex. Aelius Paetus Catus (Egregie 
cordatus homo catus Aelius Sextus, 
Enn. Ann. bei Cic. Tusc. L 18; 
Rep. I. 30) 198 Cons. mit T. Quinctius 
Flamininus,  berühmter  Rechte- 
gelehrter und jurist. Schriftsteller, 
welcher das gesammte Privatrecht 
in drei Theilen aufstellte, von denen 
der erste die ΧΙ Tff., der zweite 
die in etatio derselben, der 
dritte die legis actiones — Formen 
der Prozesshandlungen — enthielt, 
das Ganze ius Aeliamum genannt. 

L. Acilius noch Lael. 6 als Jurist 
und Zeitgenosse des Cato Cens. 

Cicero de legibus, 


Homini, inquit, moríwo me ossa legito, 


erwühnt: Seimus L. Aciliwum apud 
patres nostros appellatum esse sa- 
pientem, quia prudens esse in iwre 
civili putabatur. Da aber Pompon. 
Dig. I. 2. 2. 38 einen P. Atilius 
als berühmten Juristen neben S. 
Aelius, gleichfalls mit dem  Bei- 
namen Sapiens, erwühnt, so liegt 
der Versuch sehr nahe, beide zu 
verschmelzen; was auch in man- 
chen Ausgaben durch entsprechende 
Formenánderungen geschehen ist. 

L. Aelius Stilo Begründer der 
philosophisch-grammatischen Stu- 
dien, die nach ihm .Aeliana studia 
genannt, insbesondere Ausieger der 
axamenta Saliorum u. d. XII Tff, 
Lehrer des Varro u. Cicero, tantus 
optimatium fautor ut Q. Metellum 
AINwmidicum in exilium (100) comi- 
tatus sit. Vgl. Brut. 205—7; Suet. 
d. ill. gramm. C. 8. 

quasi móchte man gern entbehren; 
es lásst 1. nicht als wahres Trauer- 
geheul erscheinen — weil es wenig 
geeignet war, wahre Trauer aus- 
zudrücken? weil es mehr gemacht 
und gesangartig war? 

ut Vor 1. s. onomatopoietisch, 
wahrscheinlich das  Geplürr der 
praeficae nachahmend. 

lex Sol. 8. oben. 

fere: was vom Gesetze zugestan- 
den (tria ricinia cett.), kann s0 ziem- 
lich. auch. dem Armen zu Theil 
werden, (Nicht: diese  Bestim- 
mungen treffen im Ganzen ebenso 
den Heichen, als wenn das Gesetz 
für den Reichen weniger Gültigkeit 


. hátte.) 


Cap. XXIV. 860. inquit zu $ 59. 
legito — faciat zu 8 9 ἃ, 8 D8. 
Das XIItafelgesetz verlangte also, 


12 


118 


quo pos funus faciat. 
mortem. 


dass die Knochen an demselben 
Orte begraben würden, wo der 
Leichnam verbrannt, und zwar ohne 
Absonderung derselben von den 
übrigen verbrannten Theilen. Das 
ossilegium war aber spüter allge- 
meiner Gebrauch, sowie die Bei- 
setzung der gesammelten Gebeine 
in besonderer Grabstütte. Wenn 
somit diese Bestimmung der XII 
Tafeln nicht in Kraft geblieben 
ist, so setzt dies dessenungeachtet 
noch keine Missachtung des Ge- 
setzes voraus, da dessen Haupt- 
zweck, die Verhinderung einer 
zweiten Leichenfeier und der da- 
mit verbundenen Kosten auch so 
erfüllt werden konnte und erfüllt 
wurde, indem die Beisetzung still 
und ohne Feierlichkeit vor sich 


ging. οι ἄγ | 

bell. per. im. Krieg und in der 
Fremde, vgl. Nàgelsb. 8 20. 3. b. 
Im Fall, dass Jemand fern von der 
Heimat umgekommen und bestattet 
worden, konnte eine Ueberführung 
der gesammelten Gebeine ins Vater- 
land und feierliche Beisetzung der- 
selben in dem Familienbegrübniss 
nicht ohne Verletzung der Huma- 
nitàt gewehrt werden. 

de wnct. was die Salbung — be- 
trifft; so unabhüngig von einem 
Verb de nicht selten: Quare de con- 
stituendis actionibus, de accipiendis 
subeundisque iudiciis, de excipienda 
iniquitate actionis, de comparanda 
aequitate — paululum ea separo a 
iudiciis Part. or. 100, De bona 
autem fama Chrysippus quidem et 
Diogenes detracta utilitate me digi- 
tum quidem eius causa porrigendum 
esse dicebant Fin. 3. δ. Mehr Madv. 
z. d. St., Nügelsb. 8 100. 2. b. Dazu 
Fam. I. 9.19; XI. 20. 2; XIV. 1. 8; 
Q. Fr. 1. 2. 18; Div. 2. 65. 

circumputatio nach F. Herum- 
putzen (vgl Lex. zu puto), περι- 
στέλλειν, was ausser durch Wa- 
schung und Salbung — omnisque 
und überhaupt ἃ. — noch durch 
Bekrünzung und mancherlei Aus- 
schmückung, z. B. mit Bündern, 


DE LEGIBUS 


Excipit bellieam — peregrinamque 
Haec praeterea sunt in legibus: 
servilis unectura tollitur omnisque cireumputatio. 


de unctura . . que 


Quae et 


geschehen konnte und bei Freien 
geschah. Vor que erg. etwa pol- 
linctura, nach Anal. von wunctura, 
iunctura , cinctura, tinctura vu. ἃ. 
Pollinctura  Thütigkeit des im 
Dienste des Libitinarius (nebst den 
vespillones u. praeficae) stehenden 
pollinctor : Zubereitung der Leiche im 
weitesten Sinne. Also auch hier que 
verallgemeinernd. Der uns auffüllige 
Widerspruch des  Verbotes, die 
Leiche der Sklaven zu salben und 
zu schmücken mit der eben aus- 
gesprochenen Billigung des Grund- 
satzes, allen Unterschied beim Tode 
fallen zu lassen, konnte dem Be- 
wusstsein Ciceros und antiker Leser 
sich entziehen, da die Freien sich 
kaum noch durch eine Gemeinsam- 


keit der Natur mit den Sklaven 
verbunden glaubten, wenn anders 
ein Geistesfürst bei dem weit hu- 


maneren Ansichten, als die Rómer, 
huldigenden griech. Volke, Aristo- 
teles, den Sklaven eine wichtige 
Geisteskraft, τὸ ουλευτικόν, ab- 
sprechen konnte (Pol. I. 13 ὁ μὲν 
γὰρ δοῦλος ὅλως οὐκ ἔχει τὸ βου- 
λευτεκόν) und in dieser Beziehung 
sie unter die Weiber und Kinder 
stellte. [Man kónnte auch finden, 
dass die Salbung eines Sklaven 
mehr als Luxus anzusehen war, 
als die eines Freien, da ein Sklave 
bald I x οἷν die Leiche eines 


Freien 7 Tage ausgestellt zu wer- 
den pflegte, die Salbung dieser also 
zu m Erhaltung nothwendig 


ὯΝ Beibehaltung des hdschr. 
circumpotatio und Beziehung dieser 
und der wnctura auf das Leichen- 
mahl (Griech. περίδειπνον) erhalten 
wir einen weit weniger ansprechen- 
den Sinn. Denn dass Sklaven sich 
zu jenem Mahle gesalbt hátten und 
zwar mit solcehem Aufwande, dass 
das Gesetz dagegen einzuschreiten 
Veranlassung hatte, ist schwer denk- 
bar. Dazu kommt, dass eine Er- 

ünzung der Lücke sich nicht leicht 
arbieten würde. Denn da Alles 
darauf führt, das Gesagte von den 


MS ὦ 


LIB. H. CAP. 24. 8 60. 


recte tolluntur, neque tollerentur, nisi fuissent, 


119 


Ne sumptuosa 


respersio, ne longae coronae, me acerrae praetereantur. 
Illa iam signifieatio est laudis ornamenta ad mortuos perti- 
nere, quod coronam virtute partam et ei,,qui peperisset, 
et eius parenti sine fraude esse lex impositam iubet. Credoque, 
quod erat factitatum, ut uni plura funera fierent lectique plures 


Todten zu verstehen, so bedürfte 
es zur Beziehung von wnctura auf 
die Lebenden eines erklárenden 
Zusatzes, wie convivali in epulo 
funebri (sacrificio novendiali) und 
eines Substantivs für qwe. Die 
Erg. von V. aber: cenaque dürfte 
ausser ihm selbst wohl Niemandem 
genügen. 

Ne sumpt. ,,Das Verbot eine kost- 
spielige Besprengung, lange Kránze 
und  Rauchpfannen anzuwenden 
(erg. als Prád. etwa adhibeantur) 
wil ich übergehen.* Doch finde 
ich die Form der praeteritio hier 
recht unangemessen. Denn erstens 
ist sie zu rhetorisch, zweitens lüsst 
sie den angeführten Gedanken als 
weniger wichtig (sei es um der 
Sache willen, sei es weil er selbst- 
verstándlich) erscheinen. Warum 
diese Bestimmung aber (in einer 
von beiden Beziehungen) weniger 
wichtig sein soll, als die vorher- 
gehenden, leuchtet mir nicht ein, 
zumal sie für das Verstándniss der 
folgenden, die sich darauf stützt: 
cor. v. p., unentbehrlich ist. Also 
vermuthe ich  praehibeantur. 
Zur Sache: Es war &Sitte, den 
Scheiterhaufen mit Blumeng 6 win- 
den und Cypressenzweigen zu um- 
geben, wührend des Verbrennens 
mit Áromen und Wein zu be- 
sprengen, sowie auch die nachher 
aufgesammelten Gebeine, ja das 
Grab selber. Forb. I. 120; Pr. 481; 
Aen. VI. 215—27.  Krünze und 
Laubwerk wurden übrigens auch 
auf das Paradebett und das Grab 

legt und jedenfalls dann, wenn 
fonque mit von dem Verbote be- 
troffen.  Acerrae liessen, den lectus 
funebris umgebend, Wohlgertüche 
emporsteigen. 

coron. virt. Es gab deren ver- 
schiedene, den Lorbeerkranz dee 
Triumpbator (e. triwwphalis), den 


Myrthenkranz des mit der ovatio 
geehrten Feldherrn (c. ovalis), den 
aus Eichenlaub für Rettung eines 
Bürgers aus den Hànden der Feinde 
(c. civica), aus Gras für Entsetzung 
einer belagerten Stadt (c. obsidio- 
nalis, mehrere aus Gold (die aber 
nach dem Folgd. neve awrwm sq. 
hierin nicht eingeschlossen sein 
dürften): einen in Gestalt von Zinnen 
einer Stadtmauer für den, welcher 
zuerst die Mauer einer belagerten 
Stadt erstiegen (c. muwralis) die 
c. vallaris und navalis für Erstei- 
gung eines Lagerwalles und feind- 
]ichen  Schiffes. ^ Rückert Róm. 
Kriegsw. p. 41. Zu der Sitte, Ge- 
genstánde, die dem Todten lieb 
gewesen, mit ihm zu verbrennen, 
vgl. $ 59 ricin. ἃ. Aen. a. a. O. 

eius parenti. Nach dem Grund- 
satze, dass Alles, was der Sohn 
erwirbt, dem Vater gehórt, konnten 
auch die Ehrenzeichen des Sohnes, 
wenn dieser vorher gestorben und 
sie zurückgelassen hatte, als dem 
Vater gehórig angesehen und mit 
ihm verbrannt werden. Kinder 
dagegen oder andere Verwandte 
des Ruhmbekrünzten sind — wie 
wir sehen — nicht in diese Be- 
stimmung mit einbegriffen. 

sine fraude wunbeschadet, ohne 
Verletzung (eigtl. bóswillige Ueber- 
tretung, Umgehung) d. G. 

impositam als wenn dicit, nicht 
iubet (das sich auf die Zukunft 
richtet) folgte. Eine Erklürung des 
Gesetzes ist aber wiederum ein 
Befehl. So ergab sich diese inner- 


lich. nicht ganz homogene Con- 
struction. — Ein Analogon bietet 
volo. 


plura fierent. funera $q., nicht in 
dem Sinne, wie oben, wo ein funus 
der Leiche zum Scheiterhaufen und 
ein andres der Gebeine zur Grab. 
stütte unterschieden wurde, sondern 


12" 


180 


DE LEGIBUS 


sternerentur, id quoque ne fieret lege sanctum est. Qua in 
lege quom esset, neve aurum addito, quam humane excipitur: 
quoi awro dentes vincti escunt, ast im cwm illo sepelirei 


ureive se fraude esto. 
tum esse sepelire et urere. 
sepulchris, 
sepulcris cavet. 


wie lecti plures zeigt, mehrere fu- 
nera erster Art. Dies konnte na- 
türlieh nur so geschehen, dass 
neben dem wirklichen fw»wus noch 
andere  symbolische — veranstaltet 
wurden. Davon finden sich aber 
mehrere Beispiele. | So berichtet 
Tacit., dass, wo die Leiche des 
Germanicus hindurch passirte, alle 
Ceremonien der Verbrennung durch- 
gemacht wurden:  wbi colonias 
iransgrederentur , — atrata — plebis, 
trabeati equites pro opibus loci ve- 
stem odores aliaque funerum 80]- 
lemnia cremabant, Ann. 3. 2. (vgl. 
Lips. dazu); ferner Senec. ad Marc. 
consol. 3, dass dem Drusus allent- 
halben Scheiterhaufen errichtet und 
angezündet wurden; Cicero Cluent. 
27—928, dass Papia dem von ihrem 
ehemaligen Gatten Oppianicus er- 
mordeten Sohne, nachdem er schon 
verbrannt u. bestattet, im Schmerze 
von der Trauer ausgeschlossen wor- 
den zu sein, ein zweites funus ver- 
anstaltete: cwm audivisset sibi non 
solum filium sed etiam exsequiarum 
munus ereptum .Larinum confestim 
exanimata venit et ibi de integro 
funus iam sepulto filio fecit. 

addito zu ὃ 58. 

excipitur sq. Der verworrene 
Text combinirt die Ueberlieferung 
und Verbesserung: ezcipiat altera 
lex praecipit altera lege. Der letz- 
tere Theil mag der ültere sein, 
aber schon corrumpirt. — Prae 
war verschrieben, die  Verbesse- 
rung in er enthült der erste 
Theil Ferner liess das Aussehen 
der Stelle erkennen, dass cipit das 
Wort nicht abschloss, Warum aber 
der Corrector cipíat annahm, ist 
mir nicht ersichtlich. Endlich al- 
tera lege deutet entschieden auf das 
ursprüngliche Passiv hin. Nachdem 
aber das Act. gelesen, resp. in der 


Et simul illud videtote, aliud habi- 
61. Duae sunt praeterea leges de 
quarum altera priatorum aedificiis, 


altera ipsis 


Nam quod rogum bustumve novum vetat 


Verbesserung beibehalten, musste 
daraus altera lex werden. Altera 
lege selbst aber kann auch nicht 
von Cie. herrühren, sondern er- 
scheint als Glosse. Denn wenn in 
dem Gesetz, welches die Abhaltung 
mehrerer fwnera untersagte, auch 
das damit gar nicht zusammen- 
hàngende Verbot, Gold den Todten 
beizulegen stand, so konnte unm- 
móglich in einem anderen Gesetze 
die Ausnahme davon stehen. Ausser- 
dem deutet das gegensützliche ast 
auf das viltiiite νοῦς Vorhergehen 
des allgemeinen Verbotes hin. Das 
hat schon Madv. erkannt. 
2 -— — cui Schweiz.-Sidl. 8 117. 

nid von dem Inchoat. esco aus 
essco, nicht identisch mit erunt, 
wohl aber im Sinne sich damit be- 
rührend, eigtl: der Fall eintritt, 
dass die Zühne —- befestigt sind. 
Schweiz.Sidl. 8 161. A. 7. 

im -— ewm; ib. 8 112. c. A. 6. 

sepelire wurei. ei alte Schreib- 
weise für ein langes ὁ, ib. $ 2, was 
nicht befremdlich, wenn man er- 
wügt, dass i im Lat. etwas breit 
gesprochen wurde und ins e über- 


ging. Ritsehl, Vorl. über Lat. Gr. 
ahn zu Brut. 8& 259. Cf. zu 
8 21. Cp. 8 extr. p. 114. 


se ohne, aus einem alten Ablat. 
séd für sich. Sehweiz.-Sidl. 8 177. 

at leitet oft den Nachsatz (von 
Bedingungs- und Concessiv-Sützen) 
ein (Turs. I. 427 flg.; Seyff. Gr. 345. 
4. A., F. Schultz $ 192); hier aber 
steht es nicht ἴῃ Beziehung auf 
den Vorder-, sondern einen vor- 
hergehenden ' Satz. 

8 61. bustum hier Grab einer 
verbrannten Leiche übh., nicht blos 
der Leichenasche (zu 8 57); denn 
die XII Tafeln liessen ($ 60) kein 
besonderes Grab für die Gebeine 


LIB. II. CAP. 24. $ 60—62. 


181 


propius sezaginía pedes adici aedes aliemas invito do- 
mino, incendium veretur acerbum. Quod autem forwm, id 
est, vestibulum sepulchri bustumve wsucap? vetat, tuetur ius 
sepulchrorum. Haec habemus in xij sane secundum naturam, 


quae norma legis est. 


Reliqua sunt in more, funus ut indi- 


catur, si quid lndorum, dominusque funeris utatur accenso 
atque lictoribus, 62. honoratorum virorum laudes in contione 


zu. novum: Also ein àálteres sollte 
in diesem Falle nicht gestórt wer- 
den. propius ohne quam u. Casus- 
veründerung, wie bei plus, minus, 
amplius. Cf. Dumne propius urbem 
CC milia admoveret Phil. VI. 5 u. 
Drág.l. 8 246. 5. lex veretwr: zu 
beachten die weitgehende Personi- 
fication. (Noch kühner: accusatio 
crimen desiderat, rem ut def iniat, 
argumento probet, teste confir- 
qm εἰ. Cael. 6.) acerbum nicht recht 
verstüándlich; denn schmerzlich ist 
auch die Verbrennung einer Leiche, 
wenn auch in anderer Beziehung 
als die eines Hauses. Der Gedanke 
konnte nur sein: ein verlustbringen- 
der. Das heisst aber acerb. nicht. 
Nicht übel die Conj. von Manut. 
aediwm. (Móglich, dass hier eine 
'Texteslücke, zumal da die Hdschrr. 
vetat nach acerbum haben: die 
auch C. F. W. Müller andeutet.) 
Auffallg ist, wie von dem bustum 
eine Feuersbrunst besorgt w. kann, 
und wozu dies dem rogus noch hin- 
zugefügt, wenn anders bustwm einen 
rogus am selbigen Orte zur Vor- 
aussetzung hatte. Letzteres wohl 
nur deshalb, um zu erkennen zu 
geben, dass der Besitzer des be- 
nachbarten Grundstückes das Recht 
hatte, nicht blos den Scheiter- 
haufen, sondern, wenn dieser ab- 
gebrannt war, auch noch das bu- 
siwm binnen einer gewissen Zeit 
wegrüumen zu lassen. Auf den 

Punkt weiss ich nicht zu 
antworten; móchte glauben, dass 
der Grund sich nicht darauf, son- 
dern nur auf rogus bezieht. Wenn 
aber die Gefahr einer Feuersbrunst 
nicht bei einem bustwm bestand, 
welchen Grund hatte sonst das 
Gesetz, dieses unter besa 
stinden zu verbieten? ielleicht 
weil durch zu grosse Nàühe dae 
Haus in gewissem Grade verunrei- 


n Um- 


nigt wurde,  funestabatur (vgl. 
Schóm. IL. p. 849): was bei alten 
Grübern theils aus anderen Rück- 
sichten unbeachtet blieb, theils 
auch in Folge der schon vor- 
geschritteneren Verwesung weniger 
der Fall war. 

forum bustumve wusuc. weder den 
(begrenzten) Vorraum vor dem 
Grabe, noch das Grab selber. b«- 
siwm ex maiore parte gesagt, weil 
die meisten Grüber (der Forderung 
der XII Tafeln gemáss, 60 init.) der 
Art waren. 

si quid lud. Ueber die bei Be- 
grübnissen üblichen Gladiatoren- 
spiele s. Pr. p. 482 u. oben $ 22 
zu ludi. 

dominusque funeris der Erbe. 
Vgl. 8 57. 

accensus war auch bei Magi- 
'straten kein von Staatswegen be- 
stellter Amtsdiener, sondern von 
ihnen selbst erwühlter, meist einer 
ihrer Freigelassenen (ursprünglich 
aus dem Heere entnommen: Or- 
donnanz), doch vom  Staate be- 
soldet; zu beliebigen Diensten ver- 
wendet, wie zur Berufung (eigtl. 
Sache des praeco) Meldung τι. a. 
Lange I. 664. 

lictores, deren es für die hóheren 
Magistrate 3 Decurien von je 24 
und ausserdem noch einige andere 
gab; stets — wie alle apparitores, 
Amtsdiener —  Freigeborne oder 
Freigelassene, Hauptgeschüft der- 
selben war twrbam swmmovere. Sie 
schritten bei Leichenbegüngnissen 
mit gesenkten fasces der Leiche 
voran. Forb. 1. 119; Lange I. 661. 
— per Satztheil dominwsque s8q. 
is, nicht. der Bedingung: sí qwid 
ludorum . untergeordnet, sondern 
steht absolut, 

& 62, Die laudationes pro ro- 
stris auf dem Forum, über welches 
der Zug stets sich bewegte, sind 


182 


DE LEGIBUS 


memorentur easque etiam cantus ad tibieinem prosequatur, eui 
nomen neniae, quo vocabulo etiam ap«d Graecos cantus lugu- 


bres nominantur. 


XXV. Q. Gaudeo nostra iura ad naturam accommodari 
maiorumque sapientia admodum delector. M. Sed credo, Quinte, 
ut ceteri sumptus, sic etiam sepulchrorum modum recte requiri. 
Quos enim ad sumptus progressa iam ista res sit in C. Figuli 


sepulchro vidisse te credo. 


Minimam olim istius rei fuisse 


cupiditatem, multa exstant exempla maiorum. Nostrae qui- 
dem legis interpretes, quo capite iubentur sumptus et luctum 


bekannt genug. Ihr Eindruck wurde 
dadurch erhóht, dass wührend ihres 
Vortrages die Reprüsentanten der 
Ahnherrn sich auf sellae curules 
niederliessen und ihnen zuhórten. 

easque als wenn laudationes vor- 
anginge. 

cantus sc. der Klageweiber, prae- 
ficae, ad tibicinem unter dem Vor- 
&piel von Flóten, prosequatur ausser 
beim  Sehlusse, auch wohl in 
Pausen. 

nenia Loblied auf den Verstor- 
benen, meist abgeschmackten In- 
haltes, sodass ». den Sinn von 
Dummheit erhielt. ^ Nach dieser 
Stelle haben griech. Woürterbücher, 
vnvíc aufgenommen, das sonst nicht 
vorkommt; wührend νηνέατον (νη- 
νίατος ὃ) aus griech. Quellen, aber 
nicht den auf uns gekommenen 
Schriftstellern angeführt wird. Be- 
kannter dagegen 1st in diesem Sinne 
ἰάλεμος (ϑρῆνος). 

Cap. XXV. recterequirisq. Hieraus 
ist zu schliessen, dass bis dahin noch 
kein Gesetz die verschwenderische 
Pracht der Grabmüler einschrünkte. 
Dagegen in Briefen an Atticus aus 
d. J. 45 (XIL 35. 2; 36. 1.) wird 
eines solchen Erwühnung gethan, 
das, wie man annimmt, von Caesar 
herrührt. 

C. Figulus wahrscheinlich der 
Consul v. J. 64 (mit L. Julius Caesar), 
welcher Ciceros Verfahren gegen 
die Catilinarier billigte und unter- 
atützte. 

multa extant exempla  nümlich 
Grabmüler, die durch ihre Einfach- 
heit beweisen, dass die Altvordern 
den Prachtaufwand darin nicht 
liebten. Zu der etwas harten Con- 
struct. vgl. permultorum exemplorum 


est. plena n. resp. e. a. p. multa vera 
cecidisse 8 33; cum exemplis uterer 
multis semper id valuisse plurimum, 
quod habwisset aequitatis plurimum 
Caec. 80; exposui exemplum multa 
adiwngi 'lop. 50; completae sunt 
aures vestrae me agrariae legi obsi- 
stere Leg. Agr. 3. 3; obtuderunt eius 
awres te sociwm praetoris fwisse 
Verr. 3. 157; magnus est liber Di- 
caearchi melius esse Div. 2. 105; 
religionem iniecisset non posse iustum 
iudicari Caec. 97; Cluent. 88; Font. 
29 (19); Prov. Cons. 15; Flacc. 30; 
Brut. 147. Doch zweifellos ist der 
Text nicht: die Hdschrr. extarent 
aápla mit Zeichen der Lücke vor 
apla; oben  blos vidisse credo; 
schlechte Hdschrr. alioquin vor mul- 
ta, wonach Kl. und Andre : sepulcro 
vides. Sed credo .. . cupiditatem. 
Alioquin multa exstarent exempla 
mai. Abgesehen von alioquin 
schiene mir dieser Text gefülliger; 
und ich dachte daran, unter Aende- 
dieses unklassischen Wortes 
nnon, das Uebrige 80 zu lassen. 
Der Sinn dann: Denn würde es 
sonst nicht viele Beispiele der 
Vorfahren dafür geben? Für die 
Auslassung von sonst in solchen 
Sützen vgl. Div. I. 83 frustra enim 
(di) ps dente und den bekannten 
griech. Sprachgebr. bei Sützen mit 
γὰρ ἄν, worüber K. W. Krüger 
8 δά. 12. A. 9. 
Nostrae legis des von Cic. sumptum 
in ollos luctumque minwwunto (8 22). 
capite $ 583. iubentur — intelle- 
gant dieselben, sc. interpretes. Madv. 
» Etsi ad omnes lez pertinebat, tamen, 
quia ceteri nominati non erant, ver- 
bum retulit ad interpretes, qui ipsi 
eadem lege tenebantur**, 


LIB. II. CAP. 24. 25. 8 62—64. 


183 


removere a deorum manium iure, hoc intellegant in primis 
sepulehrorum magnificentiam esse minuendam. 08. Nec haec 


a sapientissimis legum scriptoribus neglecta sunt. 


Nam et 


Athenis iam ab illo primo rege Cecrope, ut aiunt, permansit 
hoe ius terra humandi, quam quom proxumi iniecerant obduc- 
taque terra erat, frugibus obserebatur, ut sinus et gremium 
quasi matris mortuo tribueretur, solum autem frugibus expia- 


tum ut vivis redderetur. 


Sequebantur epulae, quas inibant 


propinqui eoronati, apud quos de mortui laude quom quidquid 
veri erat praedicatum — nam mentiri nefas habebatur —, 


iusta confecta erant. 


8 63. Nam et sq. Statt des er- 
warteten Beweises folgen erst Vor- 
bemerkungen. Auch in Athen, wie 
in Rom, bestand und besteht die 
Sitte einfacher Beerdigung. Aber 
dabei ist man nicht stehen ge- 
blieben. Es hat allmáhlich ein 
grosser Luxus auf dem Gebiete der 
Bestattung Platz gegriffen, indem 
man die prachtvollsten Grabgewólbe 
(zur Aufbewahrung der Urnen im 
Anschluss an die noch verbreitetere 
Sitte des Verbrennens) herrichten 
liess. Da traten Gesetzgeber 
auf (8 64 extr. sq.), um dieser 
Verschwendung zu steuern, 
theils andere (deren Namen nicht 
genannt), theils vor allen De- 
metrius Phal. und alsphiloso- 
phischer Gesetzgeber Plato. 

Cecrope von uralter Zeit her. Ce- 
crops attischer Autochthon, Grün- 
der von Athen und Erbauer der 
Burg, nach ihm Cecropia gen. 

hoc iws dieser Rechtsgebrauch 
(Sitte und Verpflichtung F.) s. zu 
8 55 p. 169 u. flg. 

iniecerant --  obserebatur: die 
Praeterita zeigen an, dass dieser 
Gebrauch damals nicht mehr be- 
stand. Er muss (überh. sehr früh 
aufgehórt haben, da wir in histori- 
scher Zeit Begrübnissplütze immer 
als geweihte «und unverletzliche 
Stütten kennen (Schóm. II. p. 549). 

frugibus expiatum: der durch das 
Todte verunreinigte Boden erschien 
durch Hervorgehenlassen von Ge- 
treide, dem Symbol alles Lebenden 
und  Lebenspendenden, gereinigt 


und den Menschen zu beliebiger 


Verwendung und Nutzung zurück- 
gegeben. 


64. Postea quam, ut scribit Phalereus, 


Sequebantur ep. Hier folgt eine 
die Einfachheit der alten Zeit in 
der Todtenfeier überh. charakteri- 
sirende Digression, welche fortge- 
setzt wird (8 64 in) durch Er- 
wühnung der schon oben, 59, an- 
gegebenen solonischen Bestimmun- 
gen gegen die frühesten Abwei- 
chungen von jener Einfachheit und 
Mássigung bei Leichenbegüngnissen, 
bis Cp. 26 in. die Rede zu den se- 
pulchris zurückkehrt. 

epulae περέδειπνον (8 60). 

coronati. Das Bekrünzen (und 
Salben) war überhaupt Sitte bei 
Gastmáühlern, doch geschah es bei 
diesen freiwillig, wührend es bei 
dem "Todtenmahl wohl als eine 
heilige Pflicht der Verwandten gegen 
den als Gastgeber angesehenen Ver- 
storbenen galt, auch unterscheiden- 
des Merkmal dieser von den fremden 
Leidtragenden sein mochte. 

quidquid veri; eine Grenze, die 
bei den Rómern nicht eingehalten 
zu werden brauchte. Schlecht aber 
zu reden galt bei beiden für Im- 
pietát, sogar für strafbar (ἐπαινεῖς 
ται τοῦ Σόλωνος καὶ ὁ κωλύων 
νόμος τὸν τεϑνηκότα κακῶς ἀγο- 
ρεύειν Plut. Sol. 21). Erg. erat; 
cf. Drág. I. $8 116. Jedenfalls ist 
hier die relative Natur nicht er- 
loschen, wie in einigen anderen 
Beispielen: Tusc.5. 98; d. Or. I. 67 ; 
Cluent. 52; Fin. 5. 24; dazu Madv. 

iusta confecta die Pflichten erfüllt, 
Alles abgemacht. 

8 64. Demetrius aus Phaleron, 
schlechthin  ófter Phalereus ge- 
nannt, wie Brut. 38; Or. 94, geb. 
um 345 v. Chr., Zógling des Theo- 
phrast, Staatemann, Kedner (Ver- 


184 


DE LEGIBUS 


sumptuosa fieri funera οἱ lamentabilia eoepissent, Sólonis lege 
sublata sunt: quam legem eisdem prope verbis nostri decem- 


virl in decimam tabulam coniecerunt. 


Nam de tribus riciniis 


et pleraque illa Solonis sunt, de lamentis vero expressa verbis 


sunt: 
ergo habento. 


Mulieres genas ne radwunto neve lessum funeris 


XXVI De sepulchris autem nihil est apud Solonem am- 
plius quam ne quis ea deleat neve alienum inferat poena- 
que est, si quis bustum — nam id puto appellari τὔμβον — 


ireter des genus medium, dessen 
Zweck delectare, Brut. 37) und Phi- 
losoph. Nachdem er unter Cassander 
317—307 Athen mit so glücklichem 
Erfolge verwaltet hatte, dass die 
dankbaren Bürger ihm zahlreiche 
Statuen errichteten, musste er nach 
der Eroberung Athens durch De- 
metrius Poliorcetes flüchten und 
starb 283 als Verbannter in Ober- 
Aegypten. Ciceros Bewunderung 
für ihn (vgl. unten $ 66) findet den 
feurigsten Ausdruck III. 14. Dass 
sie übertrieben, lehrt Schóm. 1. 
552—555. 

posteaquam | — coepissent: der 
Conj. mit subj. Beziehung auf den 
vou diesem Beweggrund geleiteten 
Solon — postea cum, was B. hier 
und in den anderen Belegstellen 
für den Conj. p. leg. Man. 9; Fam. 
IL. 19. 1; Cluent. 181, wo überall 
gleichfalls ein subject. Verhültniss 
zu erkennen, trotzdem der Conj. 
von alten Grammatikern Diomed, 
p. 388; Charis. p. 203 bezeugt wird, 
willkürlich dafür einsetzt. [Es liesse 
sich hier auch unter dem Einfluss von 
scribit. Phalereus eine Hinwendung 
und theilweiser Uebergang zur or. 
obl per Anakoluthie annehmen, 
wie er im Griech. nach ὡς λέγεται, 
οἶμαι oft vollstàndig, s. K. W. Krüg. 
55. 4. 1, bisweilen auch im Latein., 
zu lI. 55, eintritt. Cf. Madv. zu 
Fin. 3. 49.] 

sublata sunt nicht funera, son- 
dern quae in illis sumptwuosa et 
lamentabilia erant, resp. sumptuosa 
εἰ lamentabilia funera, mit einer 
aus dem Streben nach Kürze hervor- 
gegangenen Licenz des Ausdrucks. 

de trib. ric. — de lamentis: ent- 
weder illa als Subj. für alle drei 
Glieder anzusehen, oder die Con- 


struction nach dem zu 8 34 de iure 
belli Ausgeführten zu fassen, mit 
der Modification, dass hier τά, wo- 
zu das vorausgehende i//a nóthigte, 
nicht τό zu denken ist. 

Cap. XXVI. alienum inf. einen 
nicht zur Familie oder Genossen- 
schaft gehórigen; was ebenso wie 
bei den Griechen (vgl. Schóm. II. 
549) auch bei den Rómern (8 55 in.) 
als Entweihung der Grabstütte galt. 

poenaque . . . Es steht Strafe 
darauf. Im Gegensatz zu diesen 
Worten Ciceros werden die folgen- 
den als dem Wortlaut nach (in 
lat. Uebertragung) dem $olon an- 
gehórg durch inquit bezeichnet, 
Zu der Stellung von inquit, die 
durch die Parenthese bedingt, vgl. 
Fin. 3. 20 progrediamur igitur, quo- 
niam, inquit 8q.; 1b. 3. 10. 

bustum, die Grabstütte einer ver- 
brannten Leiche, die nach 57 stets 
einen Erdaufwurf hatte, entspricht 
dem τύμβος sowohl. etymologisch, 
da letzteres (nach gewóhnl. Ableit., 
aber nicht nach Curtius Grundz. II. 
8. 105) von τύφω herkommt, als 
im Ganzen dem Sinne nach, wenn 
anders z. zunüchst die Stelle, wo 
eine Leiche verbrannt ist, dann 
(was das gewóhnliche) den über 
der Asche und den Gebeinen auf- 
geschütteten Erdhügel bezeichnet 
(Passow Lex.; nur dass die Be- 
deutung eines Erdaufwurfs bei 
bustwm secundür, bei τύμβος die 
vorwiegende ist. Aber wo bleibt 
nun das Grab im engeren Sinne 
(über einem Unverbrannten), das 
Sol unmóglich unerwühnt lassen 
konnte? Nach Turn. soll das mit 
monimentum bezeichnetsein, welches 
von Fest. dahin bestimmt wird: 
quod moriui causa aedificatum 


LIB. Il. CAP. 25. 26. 8 64. 66. 


185 


aut monimentum inqui aut columnam violarit, deiece- 


rit, fregerit. 


Sed post aliquanto propter has amplitudines 


sepulchrorum , quas in Ceramieo videmus, lege sanctum est, 
nequis sepulchrum faceret operosius quam quod decem 


homines effecerint triduo. 


65. Neque id opere tectorio 


exornari nec hermas hos, quos vocant, licebat inponi, nec de 
mortui laude nisi in publicis sepulturis nec ab alio nisi qui 


est et quicquid ob memoriam alicutus 
factum est, ut fana, porticus, car- 
mina. Nach dieser unstreitig richti- 
gen Erklàrung ist dies schwer an- 
nehmbar. Denn gemauerte (aedif.) 
Grabstátten dienten vielmehr zur 
Aufbewahrung der Urnen als zur 
Bergung der unverbrannten Leiche, 
die einfach (s. oben 63) in die Erde 
gesenkt zu werden pflegte.  Er- 
wügt man nun, dass τύμβος aus 
der oben angegebenen engeren 
Sphüre des Begriffs sich ófter in 
den griech. Schriften hinausgerückt 
findet und Grab eines jeden, ob 
verbrannt oder unverbrannt, Be- 
erdigten bezeichnet, 80 dürfte für 
Solon vo anzunehmen sein, 
dass er jedes Grab mit Ausschluss 
derjenigen Bestattungsráume, wel- 
che die Urnen enthielten,  ver- 
standen wissen wollte, für Cic. 
aber, dass, wo er nicht in dem- 
selben Sinne übersetzt, er durch 
Analogie die Ausdehnung dessen, 
was hier von bustwm gesagt, auf 
das Grab über einem einfach Be- 
erdigten ebenso angezeigt fand, als 
sie in Bezug auf den oben (8 61) 
angeführten Passus der XII Tafeln 
bustumve wusucapi nothwendig er- 
schien, — Früágt man, warum nicht 
lieber twinwlus gewühlt, so kann 
der etymologische Grund  mase- 
gebend gewesen sein, vielleicht 
auch, dass es bei Dichtern bisweilen 
auf Grabgewólbe übertragen wurde. 

monimentum Grabgebáude für die 
Urnen, resp. in dem weiteren von 
Fest. bezeichneten Sinne. 

columna Süule, wie sie sich ge- 
wühnlich auf den Grabhügeln be- 
fanden (66 extr.) 

amplitudines 5, Schóm. |l. 547. 

freger. in Bezug auf columma; 
viol. und  deic. (ef. muros de- 
icere) kann bei allen dreien vor- 
kommen. 


Ceramicus 'Tópferstadt, eine nord- 
westlich gelegene, durch Schónheit 
ausgezeichnete Vorstadt Athens, 
deren ausserhalb der Stadtmauer 
(jenseits des Dipylon) sich  er- 
streckender Theil als allgemeine 
Begrábnissstátte diente. 

operosiws von grüsserem Arbeits- 
aufwand. 

effecerint eigtl. Conj. des Fut. 
exact, der aber, wie in der Form, 
80 im Sinne dem des Perf. so 
innig verwandt ist, dass es fraglich 
ist, ob der Conj. des Fut. II. die 
Funetionen des Conj. Perf. (Madv. 
L. Gr. 8 379) oder der Conj. Perf. 
diejenigen des Fut. II. (Lieven 
p. 22) übernommen hat. Vgl. zu$47. 

8 65. tectorium. Die Alten unter- 
schieden eine dreifache Art der 
Stukkatur (Bewurf, Ueberzug): opus 
albarium (hauptsáchl aus Gyps), 
arenatum (Kalksand), marmoratum 
(marmorartig, aus sehr getrocknetem 
und geháürtetem Gypsstuck). 

hermae  viereckige Pfeiler mit 
dem Kopf (und dem φαζλός) des 
Hermes, der (ψυχοπομπός) auch 
ein chthonischer Gott war; wie sie 
sich sonst bekanntlich in Athen 
auf den Strassen und Offentlichen 
Plützen, in den Gymnasien, δὴ den 
Thoren óffentlicher und Privatge- 
büude, Kreuzwegen und an vielen 
anderen Orten befanden. 

hos insofern sie vor Ciceros, sowie 
des Quintus und Atticus, die sie 78 
beide gut kennen, geistigem Auge 
schweben (vgl. vorher has amphlit.). 

de mortui laude. Dass damit die 
oben (63) angegebenen Lobpreisun- 
gen beim Le:chenmahl aufgehoben 
worden sein sollten, ist nicht glaub- 
lich; vielmehr wird sich nach dem 


. Vorbild der óffentlichen, von einem 


eigens vom Staate dazu bestellten 
(Perikles, Demosthenes, wenn an- 
ders dessen ἐπιτάφιος von ihm her- 


186 


publice ad eam rem constitutus esset dici licebat. 


DE LEGIBUS 


Sublata 


etiam erat celebritas virorum ae mulierum, quo lamentatio 
minueretur: auget enim luctum concursus hominum. 66. Quo- 
circa Pittacus omnino accedere quemquam vetat in funus 


aliorum. 
funerum 


Sed ait rursus idem Demetrius inerebruisse eam 
sepulehrorumque magnificentiam, quae nune fere 


Romae est. Quam consuetudinem lege minuit ipse. Fuit enim 
hie vir, ut scitis, non solum eruditissimus, sed etiam civis e 
re publica maxime tuendaeque civitatis peritissimus. Iste igi- 
tur sumptum minuit non solum poena, sed etiam tempore; 


rührt) Redner zu Ehren im Kriege 
gefallener Bürger gehaltenen Reden, 
die Gewohnheit Bahn gebrochen 
haben, auch bei Privatbeerdigungen 
óffentliche Lobreden auf dem Be- 
grübnissplatze halten zu lassen. 
sublata erat. Das Plusqpf. lüsst 
schliessen, dass Cic. nicht sagen 
will, dass diese Bestimmung gleich- 
zeitig mit den vorhergehenden er- 
lassen wurde, sondern schon vor- 
her bestand. Und in der That 
führt Dem. πρὸς Max«gr. 62 (p. 
1071) eine wenigstens der Wirkung 
nach gleichstehende Solonische Be- 
stimmung an, dieselbe, die unten 
66 dem Demetrius zugeschrieben 
wird: ἐκφέρειν δὲ τὸν ἀποϑανόντα 
τῇ ὑστεραίᾳ 7 ἂν προϑῶνται πρὶν 
ἥλιον ἐξέχειν (die auch Plat. Leg. 
ΧΙ. 960 A. aufgenommen) n 
dieser Form mochte sie freilich 
' dem Cic, unbekannt sein; darauf 
lisst sowohl hier der Ausdruck: 
celebritas virorum ac mulierum, 
àls besonders unten sed etiam tem- 
pore, als wüàre dies eine eigenthüm- 
liche Erfindung des Demetrius, 
schliessen. Was nun das Verhült- 
niss jener Solonischen nnd Phalerei- 
schen Bestimmung betrifft, so muss 
man annehmen, dass jene mit der 
Zeit ausser Kraft gekommen war 
und von Demetrius erneuert wurde. 
8 66. Pittakos aus Mytilene, Zeit- 
genosse des Solon, nach der mit Hülfe 
des Alküos ausgeführten Vertreibung 
des Tyrannen Melanchros selbst 
zum Alleinherrscher und Gesetz- 
geber (αἰσυμνήτης) seiner Vaterstadt 
von dem Volke erwühlt, einer der 
sieben Weisen, dessen Lieblings- 
spruch: Erkenne die rechte Zeit. 


— omae est natürlich nicht von 
Demetr. gesagt, sondern Urtheil 
des Cic., das in auffülliger Weise 
mit der Angabe des Demetr. ver- 
schmolzen ist. [Angemessen würe: 
magnam quandam f. 8. m. qualis 
n. f. nicht eam, welches eine Er- 
gànzung im Sinne des D. erfor- 
derte. | 

civis e r. p. im Interesse des 
Staates wirkender, in welchem 
Sinne sich e nicht nur bei Verben, 
sondern auch bei Substantiven 
findet: praeter C. Carbonem , quem 
Damasippus occidit, civis e re pu- 
blica Carbonum nemo fuit Fam. 1X. 
21. 3; bonos et utilis et e re pu- 
blica civis Phil. 8. 13. In Betreff 
des prüpositionalen Attributes über- 
haupt s. zu 1. 1. (Zur Stütze der 
dort vorgetragenen Auffassung ver- 
dient das erste der hier citirten 
Beispiele noch besondere Beach- 
tung.) 

iste, als Pron. der II. Pers., steht 
in Bezug auf die Angeredeten: wie 
er euch eben charakterisirt worden, 
von dem ihr eine entsprechende 
Vorstellung haben werdet. Vgl. 
Süpfle Prakt. Anl. Il. $ 165 und 
Verr. ll. 175 istos ipsos principes; 
IIl. 37 isti equites Homani; Acad 
I. 2 nec tamen istum cessare existimo. 
(Vgl. auch Parad. 23 istum doctum 
fwisse memoriae traditum est. Doch 
liegt hier, wie auch Hep. II. 32 
istum non creditum 80. ANwmam, 
vgl. ib. 28 regem istum und 33 iste 
rex, die Beziehung auf die 2. Pers. 
schon nàüher.) 

poena uud zwar durch eine Geld- 
strafe (multa); also der weitere 
Ausdruck für den engeren. 


d 


LIB. II. CAP. 26. $ 65. 66. 


ante lucem enim iussit efferri. 


187 


Sepulcehris autem novis finivit 


modum; nam super terrae tumulum noluit quid statui nisi 
columellam tribus cubitis ne altiorem aut mensam aut labellum. 
Et huic procurationi certum magistratum praefecerat. 


ante lucem: In dieser gegen den 
concursus hominum gerichteten Be- 
stimmung lag die Beschrànkung 
des Aufwandes  mittelbar, weil 
dieser gesehen sein will und ohne 
dies überflüssig erscheint. 
efferri zu 8 49. 
novis: die alten blieben unbe- 
rührt. 
finivit zu 8 20. 
quid: Nach Madv. (Fin III. 70) 
ist quid hier nicht zulássig, weil 
die Negation auf das Ganze geht. 
Allerdings besteht für aliqwis die 
Regel, dass, wo dies in negativen 
Sützen steht, nur ein gewisser, da- 
mit gemeinter, Theil (sine aliqua 
pecunia ohne eine erhebliche Geld- 
summe, einen in gewissen Betracht 
kommenden Theil von Geld) ge- 
leugnet resp. ein zunáüchst als vor- 
handen  vorgestelltes — Verháültniss 
(Drág. I. $ 46) aberkannt, durch 
Urtheil beseitigt wird. Aber die 
Uebertragung dieser für aliquis 
geltenden Hegel auf das tonlose 
quis (vgl. nisi, ne), um darauf hin 
ohne Weiteres den  überlieferten 
Text zu ündern, scheint gewagt, 
und ist, wie ich glaube, mit Hecht 
von Drág. L 8 44. 4 vermieden 
worden. Zu den bei diesem und 
Madv. angeführten Beispielen von 
in negativen Sátzen füge hinzu 
fias. post. 36 idem de teste periurii 
accusato dudices retineantur, qui 
fuerint de reo, ut his mota sint 
omnia neque quid fingi movi possit. 
ne findet sich wie hier bei altior, 
80 bei minus, plus in Infinitivsátzen, 
die eine Willensrichtung ausdrücken, 
wie Liv. 28. 39. 19 locus et lautia 
praeberi iussa et muneris dari me 
minus dena milia aeris; 30. 17. 4 
Legatis praetor. iussus in. singulos 
dona ne minus quinum milium (dare 
aus miltere zu entn.); unten (68) 
vetat excitari plus quam quod capiat 
laudem | mortui 
(wor versibus, Weniger auf- 
ig findet sich dieselbe Negation, 
zu den angegebenen (und ühnlichen: 


incisam me plus , 


amplius, minor, maior) WOrtern 
alleim und nicht zum ganzen Ge- 
danken gehórig, in Imperativ- und 
imperativischen — Conjunctivsátzen, 
wie III. 9 oenus me amplius sex 
menses idem wris quod duo con- 
sules teneto; Liv. 30. 37. 5 obsides 
centum arbitratu Scipionis darent, 
ne minores XIII amnis; 32. 26. 18 
a praetore litterae missae, wt et ob- 
sides darentur et captivi ne minus 
decem pondo compedibus vincti in 
publica custodia essent; 38. 11. 6 
obsides quadraginta arbitratu con- 
Sulis danto me minores XII ammo- 
rum new maiores XL; doch lassen 
auch diese Beispiele erkennen, dass 
der Gebrauch von «e eben nur an 
bestimmte Wéórter geknüpft, mit 
diesen aber zu einer stehenden Ver- 
bindung geworden war. Vgl. Weissb. 
zu Liv. 28. 39. 19; Hand Turs. IV. 
p. 30; Drüg. I. 8 80. 

mensa tatelfórmige Platte, hàufig 
mit Seulpturen und Inschriften ver- 
sehen (Schóm. Il. p. 547). 

labellum:  Wasserbecken.  ,,Es 
war Sitte, auf den Grübern Un- 
verheiratheter das Bild eines wasser- 
itragenden Knaben oder Müdchens, 
oder auch blos ein Wassergefüss 
aufzustellen, eine Anspielung auf 
den oben (p. 531) erwáhnten hoch- 
zeitlichen Gebrauch (dass früh am 
Hochzeitstage sowohl die Braut als 
der Brüutigam ein Bad, aus einer 
für besonders heilig geltenden Quelle, 
wie der Kallirrhoe oder Enneakrunos 
in Athen, dem Ismenos in Theben, 
geschópft, nahmen), der im Leben 
bei ihnen nicht zur Anwendung ge- 
kommen war.* Schóm. ebds. 

procurationi: Zu den bestehenden 
Klassen von Polizeibeamten, den 
Astynomen und Agoranomen nebst 
einigen weniger wichtigen (Schóm. I. 
450 flg.), fügte Demetrius noch an- 
dere hinzu, wie die Gynaikonomen 
(ib. 553). Der Name der hier be- 
zeichneten Behórde dürfte nicht 
bekannt sein. 

huic wird nicht blos auf die zu- 


188 
XXVII. 61. 


DE LEGIBUS 


Haee igitur Athenienses tui. Sed videamus 


Platonem, qui iusta funerum reicit ad interpretes religionum: 


quem nos morem tenemus. 


De sepulehris autem dicit haec: 


vetat ex agro culto eove, qui coli possit, ullam partem sumi 
sepulchro, sed quae natura agri tantum modo efficere possit, 
ut mortuorum corpora sine detrimento vivorum recipiat, ea 


letzt bezeichneten Punkte gehen, 
sondern auf die gesammte Aufsicht 
über das Begrübnisswesen ; dà sonst 
das Plusqpf. praefecerat keinen Sinn 
gübe. Denn wie kónnte die Ueber- 
wachung der Einhaltung einer Be- 
stimmung angeordnet werden, ehe 
sie selbst noch erlassen? 

Cap. XXVII $857. videamus nicht 
audiamus, wie verkehrter Weise 
ewollt, denn wir lesen seine 
chriften; abgesehen von dem be- 
kannten freien Gebrauch des Wortes. 
Vgl. vide quid loquatur Div. I. 60. 

Platonem: d. Leg. XII. Cp. IX. 
p. 958 D.— 959 D. 

iusta ganz substantivisch (cf. 42 
i. exsequiarum): Ehrenpflichten (ge- 
gen den Todten), Rechtsgebrüuche, 
hier insbesondere dem Platon. vo- 
pipe entsprechend. 

interpretes: ἐξηγηταί bei Plat. 

nos — ten. in Bezug auf die pon- 
tifices, deren Obhegenheit dies war. 

dicit haec: Die Worte folgen 
nicht, wie erwartet w. sollte, un- 
mittelbar, sondern der leichteren 
Construction wegen init Wieder- 
aufnahme des Begriffes ,sagen", 
der in vetat liegt (— dicit non — 
negat — licere). 

er agro culto: ϑήκας δ᾽ εἶναι 
τῶν χωρέων (abh. von μηδαμοῦ), 
ὁπόσα μὲν ἐργάσιμα, μηδαμοῦ, μήτε 
τι μέγα μήτε τι σμικρόν μνῆμα 
ἃ δὲ (in Bezu worauf, in welchen 
Theilen) E χώρα πρὸς τοῦτ᾽ αὐτὸ 
μόνον φύσιν ἔχει τὰ τῶν τετελευ- 
τηκότων σώματα μάλιστα ἀλυπήτως 
τοῖς ζῶσι δεχομένη χρύπτειν, ταῦτ᾽ 
ἐκπληροῦν" τοῖς δὲ ἀνϑρώποις ὅσα 
τες xc ὅσα) “τροφὴν μήτηρ οὖσα 
ἢ γῆ πρὸς ταῦτα (nach Stallb. zu 
μήτηρ οὖσα gehür.: quae hoc mo- 
nine parens est mostra; besser zu 
πέφυκε zu ziehen, wie oben: πρὸς 
τοῦτο φύσιν ἔχει: in welchen Theilen 
die Erde als Mutter dazu geschaffen 


ist, den Métischen Nahrung hervor- 
bringen zu wollen) πέφυκε ,Bovás- 
σϑαι φέρειν, μήτε ξῶν μήτε τις 
ἀποϑανὼν στερείτω τὸν ξῶνϑ᾽ ἡ- 
μῶν. χῶμα δὲ u? χοῦν ὑψηλότερον 
πέντε ἀνδρῶν τᾶ. ἐν πένϑ᾽ ἡμέ- 
ραις ἀποτελούμενον᾽ λίϑινα δὲ ἐπι- 
στήματα μὴ μείξω ποιεῖν ἢ ὅσα δέ- 
χεσϑαι τὰ τοῦ τετελευτηκότος ἐγ- 
κώμια βίου, μὴ πλείω τεττάρων 
ἡρωϊκῶν στίχων. 

Verkehrt versteht F. unter dem 
der Bebauung fühigen Acker die 
Oberflüche der Erde übern., unter 
dem dazu unfühigen das Innere 
derselben, als wenn es erst eines 
besonderen Verbotes dazu bedurft 
hütte, um die Leichen nicht über 
die Oberflüche der Erde zu breiten. 

quae matura agri sq. Es bleibt 
zweifelhaft, ob zu construiren: quae 
sc. pars agri matwra (Abl.) agri sq., 
eine Construction, die wegen € 
zweiten agri nicht | ganz me ag 
aberden Worten Platosnüherzu kom- 
men scheint u. sonst keine auffüllige 
Spracherscheinung darbieten würde, 
oder: quae natwra agri, welche Na- 
tur des Ackers d. h. welcher Acker 
seiner Natur nach; eine Freiheit 
der Wendung, die sich hinreichend 
belegen lásst. Unten: lll. 3 quod 
(regiwm) genus imperii ad homines 
sapientissimos deferebatur — cwius 
generis (quo genere) imperium ; Nat. 
d. II. 136 cum alvi natwra, subiecta 
stomacho, cibi et potionis sit ve- 
ceptaculum (dazu Schóm.); p. Mil. 
86 Non fwisse credo fas ullo 4n loco 
potius mortem eius lacerari, quam 
im quo vita esset damnata; p. Sest. 
83 Eius igitur vitam quisquam spo- 
liandam ornamentis esse dicet, cuius 
mortem ornandam monwmento sempi- 
terno putaretis? | Doch ist ersicht- 
lich, dass der Pathos der Hede 
hierin mehr, als der ruhige Ton 
der Abhandlung, vertrügt. 


LIB. II. CAP. 27. $ 67. 68. 


189 


potissimum ut conpleatur, quae autem terra fruges ferre et 
ut mater cibos suppeditare possit, eam ne quis nobis minuat 


neve vivos neve mortuos. 


68. Extrui autem vetat sepulchrum 


altius quam quod quinque homines quinque diebus absolverimt 
nec e lapide excitari plus nec inponi quam quod capiat laudem 
mortui incisam ne plus quattuor herois versibus, quos longos 


appellat Ennius. 


Habemus igitur huius quoque auctoritatem 


de sepulchris summi viri, a quo item funerum sumptus prae- 
finitur ex censibus a minis quinque usque ad minam. Deinceps 
dicit eadem illa de inmortalitate animorum et reliqua post 


ut compleatur sc. iubet aus vetat; 
zu S 15. 

vivus z. B. durch Consecration 
an einen Gott, was Pl. (8 45) nicht 
zuliess. An die Art etwa, wie 
Rómer in spáterer Zeit (Hor. Od. 
IL. 15) dies zu Wege brachten, 
kann Pl. natürlich nicht gedacht 
haben. 

8 68. exstrui — sepulchrum. Der 
Ausdruck ist jedenfalls allgemeiner 
als Platos γῶμα χοῦν, welches nur 
einen Erdaufwurf bezeichnen kann, 
wührend bei ezstr. s. zwar an das- 
selbe (cf. aggerem exstruere), aber 
auch an ein Grabgebáude gedacht 
werden kann. Ob Cic. dies beab- 
sichtigt, mag dahin gestellt bleiben. 
[In letztrem Sinne offenbar steht 
sep. facere in der áhnlichen Gesetzes - 
bestimmung $ 64 extr.] 

excitari plus; pl. Subj. allgemei- 
nen Sinnes: ein Mehr an Nllüchen- 
ausdehnung (Hóhe und Breite), um- 
fasst μείξω ἐπέστημα (wührend 
Herausgg. fülschlich in dem Com- 
^ arativ blos μείζω gesucht und da- 

er amplius u. andr. emendirt ha- 
ben), wobei der griech. Begriffs- 
überschuss des Ausdrucks durch 
- nachgeholt wird. Ein blos 

jectivisches Wort dafür mit Erg. 
von sepuler. würe verkehrt, da, was 
hier gemeint, nicht das sepulerum 
selber, sondern ein Aufsatz auf 
demselben (Leichenstein, cippus), 
resp. Theil desselben ist. 

excitari von etwas Aufsteigendem, 
wie columella ; imponi von Platten. 


quos longos 'νὰ. fügt C. hinzu, um . 


hiermit ,eine Uebersetzung — des 
griech. ἡρωικῶν zu geben, wofür 
er herois nicht ansah, zugle ich aber 


andeutend, dass dieser Ausdruck 
nicht hinreichend eingebürgert war. 
Derselbe bei Gell. xvur. 15. 

a quo item sq. Das ist nur eine 
Nebenbemerkung des C. (handelte 
es sich. doch für ihn hier nur um 
die sepulcra), die so wenig Ein- 
fluss auf den Gedankenzusammen- 
hang hat, dass sieh deinceps nicht 
auf diese, sondern auf das Vorher- 
gesagte bezieht. Die entsprechen- 
den Worte Pl. übrigens lauten: 
TO μὲν δὴ τοῦ μεγίστου τιμήματος 
εἷς τὴν πᾶσαν ταφὴν ἀναλισκόμενα 
μὴ πλέον πέντε μνῶν, τῷ δὲ τοῦ 
δευτέρου τρεῖς uve καὶ δύο τῷ τοῦ 
τρίτου, μνᾶ δὲ τῷ τοῦ τετάρτου 
μέτρον ἂν ἔχοι τῶν ἀναλωμάτων, 
die auch erklàren, warum (CO. den 
Betrag in absteigender, nicht, wie 
man erwartet, in  aufsteigender 
Linie angegeben hat. 

ex censibus nach Massgabe der 
Vermógenseinschützung, d. h. des 
Vermógens. 

eadem illa als was Cic. 8 54 (8. 
das dort bemerkte) an der Stelle 
der Lücke, wie angenommen wer- 
den muss, entwickelt hat. Platos 
bezügliche Worte sind: πεύϑεσθαι 
δ᾽ ἐστὶ τῷ νομοϑέτῃ χρεὼν τά τε 
ἄλλα καὶ λέγοντι ψυχὴν σώματος 
εἶναι τὸ πᾶν διαφέρουσαν, ἐν αὐτῷ 
τε τῷ βίῳ τὸ παρεχόμενον ἡμῶν 
ἕκαστον (was eines jeden Wesen 
ausmacht) εἶναι μηδὲν ἀλλ᾽ L τὴν 

υχὴν, τὸ δὲ σώμα ἰνδαλλόμενον 
ἡμῶν ἑκάστοις (als Abbild unseres 
Wesens) ἕπεσθαι, καὶ τελευτησάν- 
τῶν λέγεσθαι καλῶς εἴδωλα εἶναι 
τὰ τῶν νεχρῶν σώματα, τὸν δὲ 
ὄντα ἡμῶν ἕκαστον ὄντως 
dÜcvarov, ψυχὴν ἐπονομα- 


190 DE LEGIBUS 

mortem tranquillitate bonorum, poenis impiorum. 69. Habetis 
igitur explicatum omnem, ut arbitror, religionum locum. Q. Nos 
vero, frater, et copiose quidem, sed perge cetera. M. Pergam 
equidem et, quoniam libitum est vobis me ad haec inpellere, 
hodierno sermone conficiam, spero, hoc praesertim die. Video 
enim Platonem idem fecisse omnemque orationem eius de legi- 


bus peroratam esse uno aestivo die. 
Id enim est profecto, quod constituta 


dicam de magistratibus. 


religione rem publicam contineat maxime. 


Sic. igitur faciam et 


ATT. Tu vero dic 


et istam rationem quam coepisti tene. 


LIBER TERTIUS. 


Il 1. MaRcvs. 


Sequar igitur, ut institui, divinum illum 


virum, quem quadam admiratione commotus saepius fortasse 


ξόμενον, παρὰ ϑεοὺς ἄλλους 
ἀπιέναι δωσοντα λόγον, τῷ 
uiv ἀγαϑῷ ϑαῤῥαλέον, τῷ δὲ 
κακῷ μάλα φοβερόν, βοήϑειάν 
τε αὐτῶ μήτινα μεγάλην εἶναι τε- 
τελευτηκότι (durch Opfer und Ge- 
bete der Angehórigen)' ξῶντι γὰρ 
ἔδει βοηϑεῖν πάντας τοὺς προρή- 
κοντας, ὅπως ὅ τι δικαιότατος ὧν 
καὶ ὃ ὁσιώτατος ἔξη τε ζῶν xal τελευ- 
τήσας ἀτιμώρ τος κακῶν 
ἁμαρτημάτων γίγνετο τὸν 
μετὰ τὸν ἐνθάδε βίον. 

8 69. p "" cetera, so mit Acc. 
ausser von Pron. (cf. Att. IV. 11. 
p. reliqua), von einigen Subst., iter 
(eigtl. imneres Obj. — it. porro ire), 
bellum (nach Anal). Cf. Haacke 
Stil. $ 24. 2. 

lib. vob. imp. 8. I. 16. 

spero parenthetisch, wie opinor. 
credo, oft bei Kom. "Ter. Ad. III. 
3. 57; Andr. Il. 1. 14; Heaut. IIT. 
2. 42; Plaut. Asin. IL. 5. 67; bei 
Cic. gewühnl. wt spero. 

hoc praes. d. zu 8 3. 

orat. p.: denn die ganze Ent- 
μέρας τα i daselbst ist wesentlich 
ein Vortrag des ᾿ϑηναῖος oder 
Plato; zu 1. 15. 

Sic ig. fac. sc. pergam. 

constituta rel. erst wenn das Re- 
ligionswesen eingerichtet ist, ist 
die Gliederung des Beamtenthums 
das Wichtigste für den Zusammen- 


halt des Staates, also s. v. a. 
nüchst der Religionsordnung. 

quam coepisti sc. sequi, eine sehr 
leichte Ellipse, sowohl an sich, als 
weil das flg. teme ein derartiges 
Verb nahe legt. Andere Beisp. von 
Auslassung  naheliegender Verba 
a, wie hier mit theilweiser Ergün- 
zung: illic im superiore adiunctio 
est haec *nisi si malunt fame perire, 
hoc inferius mon item (sc. habet ad- 
iunctionem). lnv. 2. 171. b, sonst: 
desine communibus locis sc. uti 
Acad. 11. 80; me tw verbis illustri- 
bus sc. uteris Fin. 3. 40. Qwid enim 
tibi navi sc. opus est? Verr. 5. 45; 
quaere ecquid ipse movi (habeat?) 
Acad. 1. 2. Ueber die Ell der 
Verba des Sagens u. Thuns zu I. 
35 u. 57, der Bewegung (cf. Acad. 
II. 1; 13;) s. Drüg. 1. 8 116. p. 176, 
andrer ebds. 


Lib. III, Cap. I. 8 1. Sequar 
sc. werde dem Gesetze wieder ein 
Prooemium vorausschicken. 

quadam admir. &us einer ganz 
besonderen Bewunderung: insofern 
aus dem Begriff der quantitativen 
Unbestimmtheit, den q. hat, sowohl 
der steigernde wie vermindernde 
Sinn sich ergeben kann. Am hüu- 
figsten findet sich ersterer in Ver- 
bindung mit einem Adj., vgl. Seyff 
zu Lael. p. 199 u. 322. 


BEI CAP 27. 8 682005. LIB.|HI. CAP. 1. 8 1—8.  19f 
laudo quam necesse est. Arr. Platonem videlicet dicis. 
M. Istum ipsum, Attice. ATT. Tu vero eum nec nimis valde 
umquam nec nimis saepe laudaveris. Nam hoe mihi etiam 
nostri ili, qui neminem nisi suum laudari volunt, concedunt, 
ut eum arbitratu meo dilgam. M. Bene hercle faciunt. Quid 
enim est elegantia tua dignius? cuius et vita et oratio con- 
secuta mihi videtur difficillimam illam societatem gravitatis cum 
humanitate. ATT. Sane gaudeo, quod te interpellavi, quoniam 
quidem tam praeclarum mihi dedisti iudicii tui testimonium. 
Sed perge, ut coeperas. 2. M. Laudemus igitur prius legem 
ipsam veris et propriis generis sui laudibus. ΑΤΥ. Sane qui- 
dem, sicut de religionum lege fecisti. 

M. Videtis igitur magistratus hane esse vim, ut praesit 
praescribatque recta et utilia et coniuncta cum legibus. Ut 
enim magistratibus leges, ita populo praesunt magistratus, 
vereque dici potest magistratum legem esse loquentem, legem - 
autem mutum magistratum. 3. Nihil porro tam aptum est ad 
ius eondicionemque naturae — quod cum dico, legem a me 
diei intellegi volo — quam imperium, sine quo nec domus 
ulla nec civitas nec gens nec hominum universum genus stare 
nec rerum natura omnis nec ipse mundus potest. Nam et 


Zu Cic. Hochschátzung des Plato 
vgl. II. 39. 

nimis, wie die Stelle lehrt, eigtl. 
allzu, nicht allzusehr, steht zwar 
prágnant gewóhnlich allein in letz- 
terem Sinne; hier aber machte die 
Rücksicht auf die Concinnitát den 
Zusatz von valde nothwendig. Eben- 
80 statt des  prágnanten mius 
ófter mimis magnus: Mur. 59; 
Planc. 71; Off. I. 19; Fam. III. 8. 
2 extr. 10. 6. 

nostri illi die Epikureer. 

$uwm den Ihren, Ea τι 
ihren Meister und Stifter der Lehre. 
Ueber ihre masslose Verehrung des- 
selben 8. zu L 21. | 

elegantia Geschmack, Schónheite- 
sinn. &S. darüber Corn. Att. 19, 
über seine hwmamnitas ib. 4 u. 16, 
gravitas 15. Grav, Würde, eine 

ewisse Gehaltenheit u. Gemessen- 

eit des Wesens steht in einer Art 
von Ggs. zu der aus umfassender 
Bildung  entepringenden — Milde: 
erstere ist abweisend, letztere 
duldseam und rücksichtsvoll —Im- 
plicite werden beide Eigenschaften 
auch dem Pl. zugeschrieben, aus- 
drücklich Or. 62. 


quoniam qwidem -— quandoqui- 
dem. Cf. Rosc. Am. 30; Verr. II. 
1. 60; Font. 21; Flacc. 68; Pis. 63; 
Brut. 42; Top. 95; Part. or. 89; 
Rep. III. 45; Parad. 41; Att. II. 1.3; 
Fam. I. 9. 19. 

8 2. legem ipsam das gesammte 
Gesetz in seiner allgemeinen Ten- 
denz (cf. IL. 145), wohingegen die 
einzelnen Bestimmungen desselben 
(leges $ 5) erst nach ihrer Verkün- 
digung erliutert und empfohlen 
werden. 

propriis angehórigen, d. h. ent- 
gprechenden. 

generis 8ui dem Gebiete, das es 
betrifft, umfasst, seinem Inhalte. 

vim Wesen, coniuncta cwm legibus 
das — verbundene $. v. à. überein- 
stimmende. Somit wird der Mag. 
dem Gesetze unter-, dem  Volke 
übergeordnet. Cf. Cluent, 146. 

8 3. condicionem m. Verhültniss, 
Verfassung der N. 

leg. d. nt. v. Cf. I. 18; 19; II. 
10; 13. 

rerum natura die im Bereich des 
Menschen liegende — der Erde: 
sje aber bildet wieder einen Theil 
der allumfassenden Welt,  Eben- 


192 


DE LEGIBUS 


hic deo paret et huie oboediunt maria terraeque et hominum vita 
iussis supremae legis obtemperat. Il. 4. Atque ut ad haec 
eiteriora veniam et notiora nobis, ommes antiquae gentes regi- 


bus quondam paruerunt. 


Quod genus imperii primum ad 


homines iustissimos et sapientissimos deferebatur, idque in 
re publiea nostra maxime valuit, quoad ei regalis potestas 
praefuit: deinde etiam deinceps posteris prodebatur, quod et 


80 wie hier steht ?pse beim allge- 
meinsten Begriffe: Nat. d. IL. 28 
Cum omnes mundi partes susti- 
neantur calore, mundum etiam ipsum 
simili natura in tanta diuturnitate 
servari.  Umsomehr aber ist Zpse 
hier gerechtfertigt, als man nach 
der Lehre der Stoiker kaum er- 
warten sollte, dass die Welt einem 
Gebieter unterthan sei, da sie doch 
selbst mit Gott identifizirt. wurde 
(Zell. Ill. p. 77). Aber — darin 
liegt die Erklàrung des Paradoxon 
— gie gehorcht wieder dem hóchst- 
stehenden Theile, dem ἡγεμονικόν, 
von ihr, nüimlich der Weltseele, die 
im engeren Sinne als Gott gefasst 
wurde (ib. p. 78 flg), grade wie 
der Mensch seiner hóchsten Kraft, 
der Seele resp. der Vernunft, ge- 
horcht. 

hic deo sq. Dieser Satz hat die 
umgekehrte Stufenfolge vom Um- 
fassenderen zum Engeren: hic — 
mundus; maria terraeque  entspre- 
chend der omnis rer. mat.; vita hom. 
dem Aomin. wniv. gen. und seinen 
ihm untergeordneten Theilen: gens, 
civ., dom. 

hwic sc. deo. 

parere unterthánig sein — dau- 
erndes Gehorchen. Ggs. imperare. 

oboedire nach jedesmaligem Be- 
fehl opp. iubere; obtemperare Folge 
leisten mit Ueberlegung (wührend 
oboed. *infache Wortbefolgung aus- 
drückt) — strenger Ggs. praecipere 
— hier passend auf hom. vit, be- 
zogen, da bei diesen das Gehorchen 
immer ein bewusstes. 

Cap. ll. 8 4. citeriora die in 
unserem Bereiche liegenden, d. h. 
der Erde angehórigen Verhültnisse 
opp. caelestia. 'T'usc. 5, 71 humana et 
eiteriora considerat, Vgl. auch ci- 
tima: Rep. I. 34 quare si placet de- 
dwc orationem tuam de caelo ad 


haec cituma; VI. 16 luna ultima a 
caelo, citima terris. 

quod g. imp. zu 11. 61. 

hom. iust. Vgl. Off. II. 41. 

idque in r. p. n. m. v. sc. ut iustis- 
simi et sapientissimi imperarent. 

regalis pot. ebenso Har. resp. 
54; regale nomen ib. 29; Imp. Cn. 
P. 24. res publica regalis Rep. 1II. 47; 
enus civitatis regale Leg. 3. 15; 
immer in Bezug auf wirkliche Kó- 
nige, wührend die regía potestas 
auch von Dictatoren,  Consuln, 
Pràtoren, Tyrannen u. s. w. àus- 
geübt wird. Die Accommodation 
an die gelüufige Defimition (F. 
Schultz Syn. 425; Orell. Hor. Od. 
Il. 15. 1): regalis was und wie es 
ein Kónig haben soll, regüíus was 
und wie es ein Kónig hat — ich 
würde sagen regalis der Idee, dem 
Wesen eines Kónigs, regius der 
realen Erscheinung desselben ent- 
sprechend, entstammend, zugehórig 
— ist schwierig. Vielleicht lüsst 
sich der Sache so nüher kommen. 
Die Idee, das Wesen eines Kónigs 
schliesst die Anerkennung als sol- 
cher ein; daher von Gebietern, die 
die Gewalt von Kónigen, nicht aber 
auch die Anerkennung als solche 
haben, regalis in dieser Verbindung 
nicht gebraucht werden kann; wo- 
hingegen es in Bezug auf wirkliche 
Kónige, da ihnen jenes wesent- 
lichste Merkmal zukommt, an sei- 
ner Stelle ist. 

deinde deinceps darauf der Reihe 
nach, wie unten 43. Div. I. 64 (wo 
B. mit Unrecht deinde einklam- 
mert); Liv. ]I. 47. 11; deinceps inde 
Brut. 312; Liv. 1. 44. 3; twm dein- 
ceps ib. II. 39. 4. 

et etiam. wird. ganz verkehrt durch 
Beispiele zu stützen gesucht, wo 
es entweder das correspondirende 
et (et— et) entbült (Att. II. 1. 3; 


LIB. III. CAP. 1. 2. 8 3—5. 


in his etiam, qui nune regnant, manet. 


193 


Quibus autem regia 


potestas non placuit, non ii nemini, sed non semper uni parere 


voluerunt. 


Nos autem, quoniam leges damus liberis populis 


quaeque de optima re publiea sentiremus in sex libris ante 
diximus, accommodabimus hoc tempore leges ad illum, quem 
probamus, civitatis statum. 5. Magistratibus igitur opus est, 
sine quorum prudentia ac diligentia esse civitas non potest, 
quorumque descriptione omnis rei publicae moderatio continetur. 
Neque solum his praescribendus est imperandi, sed etiam civi- 


Brut. 284; vgl. Fam. XIII. 7. 3; XV. 
4.13), oder und auch heisst (Fam. 
IX. 25. 3, wozu ich noch füge Att. 
XVI. 16. 9; Verr. 4. 104; Rab. post. 
32; Acad. 1. 5; Brut. 98; ferner e£ 
Tusc. 3. 73). Passend sind 

nur folgende Beispiele, in denen 
εἰ — auch: Verr. Act. Il. lib. I. 
11 erunt qui eb im eo quoque auda- 
ciam eius reprehendant; lnv. II. 50 
eiusdem esse qui in illa re peccarit 
εἰ hoc quoque amisisse (bei Bait. et 
beide Mal eingeklammert), wo man 
einem unertráglichen Pleonasmus 
nur durch die Uebersetzung: auch 
noch allenfalls entgehen kónnte; 
80 auch hier. 

in his qui "unc regnant in Be- 
zug auf die jetzigen Kónige be- 
steht, nàmlich die Vererbung. 

non nemini sed Βα. wie die Rómer 
den Dictatoren, Consuln, Práütoren 
cett. gehorchten, welche theils in 
Allem, theils in gewissen Stücken 
auf gewisse Zeit die Befugnisse des 
Kónigs ausübten. 

de opt. r. p. — diximus, dass die 
aus den drei normalen  Verfas- 
sungen: der kóniglichen, aristokra- 
tischen, demokratischen gemischte 
die beste sei. Cf. zu I. 20 u. 11. 24. 

in sex. l. sc. de re publica. ΟΥ̓. 
ib. u. L 15; über i» zu I. 17. 

accommodabimus in der Weise, 
dass wir die kónigliche Gewalt auf 
verschiedene Magistrate u. Kórper- 
schaften vertheilen. 

$ 5. descriptio organische Ver- 
theilung (nach der Verschiedenheit 
der politischen Aufgaben), Organi- 
sation wie $ 12 u. 13. Cf. I. 23. 

moderatio Ordnung und Lenkung. 

unper. — obtemp. modus nicht 
blos die rechte Weise des Gebie- 
tens, sondern auch des Gehorchens, 


Cicero de legibus. 


᾿ἄρχειν ἐπιστήσῃ ib. 1. 


die darin besteht, mit Mass zu ge- 
bieten und willig zu gehorchen. Oder 
man kónnte — da unleugbar ein 
s0 prágnanter Gebrauch von modus 
etwas Missfálliges hat — die Be- 
deutung Mass, resp. Mássigung 
(cf. Cluent. 191 mulieris modus; 
Mare. 1 íantum rerum ommwm mo- 
dwm; hep. L 51 comsilio et. vivendi 
aique aliis imperandi modo) in der 
Weise beibehalten, dass modus ob- 
temperandi für Mássigung zum 
Gehorchen genommen würde, wo- 
bei die Hárte der Verbindung durch 
den Zweck einer geistreichen Anti- 
these ^ ausreichend — entschuldigt 
würde. Denn der zunàchst lie- 
gende Sinn: Mass des Gehorchens 
$, v. ἃ. Enthaltung eines zuweit- 
gehenden, sklavischen, Gehorsams 
ist, trotzdem für ihn der bald nach- 
her folgende Satz: oportet eum, qui 
paret, sperare se aliquo tempore im- 
peraturum zu Sprechen scheinen 
kónnte, unannehmbar. Denn da- 
zwischen steht qui modeste paret 
videtur qui al. àmperet dignus esse, 
wo modeste unzweifelhaft (cf. 8 6 
modeste ac sine recusatiome) s. v. ἃ. 
bescheiden, fügsam, willig ist. Vgl. 
auch die entsprechende Stelle Pla- 
tos d. Leg. VI. p. 762 δεῖ δὴ 
πάντ᾽ ἄνδρα διανοεῖσϑαι περὶ 
ἁπάντων ἀνθρώπων, ὡς ὁ μὴ δου- 
λεύσας οὐδ᾽ ἂν δεσπότης γένοιτο 
ἄξιος ἐπαίνον cett. (àhnlich Arist. 
Pol. IV. vulgo VII. 14 p. 1332 extr. 
1333 in., auch III. 4 med. u. Solon 
nach Stob. Floril. II. M $ 22. p. 
216. Mein. ἄρχε πρῶτον μαϑὼν 
ἄρχεσθαι" ἄρχεσθαι γὰρ μαϑὼν 
D. 19. f. p. 
87. Mein.) Oportet ewm  — spe- 
rare 8q. aber steht damit auch nicht 
in Widerspruch. Denn man ist um 


13 


194 DE LEGIBUS 

bus obtemperandi modus. Nam et qui bene imperat paruerit 
aliquando necesse est et qui modeste paret videtur qui ali- 
quando imperet dignus esse. ltaque oportet et eum, qui paret, 
sperare se aliquo tempore imperaturum et ilum, qui imperat, 
cogitare brevi tempore sibi esse parendum. Nec vero solum 
ut optemperent oboediantque magistratibus, sed etiam ut eos 
colant diligantque praescribimus, ut Charondas in suis facit 
legibus; noster vero Plato Titanum e genere statuit eos, qui 


ut illi caelestibus, sie hi adversentur magistratibus. 
ita sint, ad ipsas iam leges veniamus, 
vero et istud et ordo iste rerum placet. 


80 bereitwilliger zu gehorchen und 
anderen sich unterzuordnen, wenn 
man hoffen darf, dass an diese 
ebenso die Reihe kommen werde, 
sich ihnen unterzuordnen, somit 
das aequum gewahrt werde. 

Nam et qui b. ὁ. sq. Der all- 
gemein gültige Grundsatz, dass für 
einen guten Gebieter erforderlich, 
gehorcht zu haben, zeigt, dass Mass 
im Gebieten verlangt wird und zu 
verlangen ist; anderseits dass der 
fügsam Gehorchende für würdig, 
einst zu herrschen gehalten wird: 
dass bescheidenes Gehorchen eine 
Tugend und vom Unterthanen zu 
verlangen ist. 

Itaque oportet sq. in etwas 
lockerer Folgerung. Jeder Unter- 
than muss willig gehorchen; denn 
dadurch wird er einst zum Herr- 
schen tüchtig erscheinen. Somit 
ist die Vorschrift: jeder muss 
wilig gehorchen, identisch mit 
der: jeder muss hoffen, einst zur 
Herrschaft zu gelangen (denn das 
Resultat einer solchen Hoffnung 
wird sein, sich willig unterzuord- 
nen) — Der zweite Theil enthült 
genau genommen überhaupt keine 
Folgerung aus dem Vorhergehenden 
mehr. Jeder zum Herrschen Ein- 
gesetzte muss massvoll befehlen; 
denn zu einem tüchtigen Herrscher 
gehórt nach allgemeinem Grund- 
satze, dass er gehorcht — und da- 
durch das Unrecht unmüssigen Befeh- 
lens erkannt habe. Hieraus ergibt 
sich, dass die Forderung : massvoll zu 
gebieten, identisch ist mit der: als 
Unterthan vorher das Unrecbt despo- 
tischen Befehlens begriffen zu haben. 


Quae cum 


si placet. Arr. Mihi 


Statt dessen lautet die Folgerung 
so, als wenn vorangegangen: denn 
für einen tüchtigen Herrscher ist 
Voraussetzung, dass er nicht im 
bestündigen Besitze der Herr- 
schaft sei — was sich ebenso auf 
die nachfolgende, wie vorher- 
gehende Zeit erstrecken würde. 

Charondas 1.8 57. C£. Stob. Floril. 
IL M 4. 40. p. 182. Mein. χρὴ δὲ 
πρὸς τοὺς ἄρχοντας εὔνοιαν δια- 
φυλάττειν καϑάπερ πατράσιν εὐπει- 
ϑοῦντας καὶ σεβομένους" ἄρχοντες 
γὰρ ἑστιουχοῦσι πόλεως καὶ πολι- 
τῶν σωτηρίας. 

Titanum e genere. Das wird von 
Plato in der bezüglichen Stelle d. 
Leg. 3. 16. p. 701 C so direct 
nicht gesagt. Es heisst dort im 
Verfolg der Uebel, die aus Zügel- 
losigkeit der Musik hervorgehen 
(vgl. zu IL 39) ἐφεξῆς δὴ ταύτῃ 
τῇ ἐλευϑερίᾳ ἡ τοῦ μὴ ἐϑέλειν 
τοῖς ἄρχουσι 'δουλεύειν γίγνοιτ᾽ ἄν, 
καὶ ἑπομένη ταύτῃ φεύγειν πατρὸς 
καὶ μητρὸς καὶ πρεσβυτέρων δου- 
λείαν καὶ νουϑέτησιν καὶ ἐγγὺς τοῦ 
τέλους οὖσι (nahe am Ende sc. ihrer 
Entwicklung zur Schlechtigkeit) 
νόμων ξητεῖν ὴ ὑπηκόοις εἶναι, 
πρὸς αὐτῷ δὲ ἤδη τῷ τέλει ὅρκων 
καὶ πίστεων καὶ τὸ παράπαν ϑεῶν 
μὴ φροντίζειν, τὴν λεγομένην πα- 
λαιὰν Τιτανικὴν ὕσιν πιδεικνῦσι 
καὶ μιμουμένοις, ἐπὶ τὰ αὐτὰ πάλιν 
ἐκεῖνα ἀφικομένους, wo, wie man 
sieht, die titanische Natur den 
dureh die Musik Verwilderten in 
Rücksicht auf ihre Verachtung der 
Gótter (oder auch der Eide und 
Treuversicherungen) beigelegt wird. 

hi. Zu dieser pleonastischen 


LIB. III. CAP. 2. 3. $ 5. 6. 


195 


IL 6. M. Iusta imperia sunto, ?s5que civis modeste 
ac sine recusatione parento: magistratus mec oboedien- 
iem ei noxium civem multa, vinculis verberibusve coher- 


Wiederaufnahme des Subj. in Ver- 
gleichungssátzen, um dadurch den 
Gegensatz ^ hervorzuheben, vgl. 
Madv. Fin. V. 71. p. 731; Drág. I. 
8 37 (der die Wiederholung durch 
das Demonstrativ zu eng auf das 
Pron. relat. beschrünkt) ^ Ueber 
andere Fálle eines pleonast. Gebr. 
des Demonstr. s. Drág. ebds. u. 
Madv. Fin. V. 22. p. 641. 

Cap. IIl. 8 6. iusta vmp. den 
Gesetzen gemüss — comn?uncta cwm 
legibus; also nicht unbeschrünkt 
seien die Gebote der Magistrate. 
— Die folgenden Gesetzesbestim- 
mungen schliessen sich wieder im 
Grossen und Ganzen der róm. Ver- 
fassung an. 

Magistratus sq. Alle drei hier 
genannten Strafmittel: Vermógens- 
busse, Verhaftung, Prügel standen 
bei den Rómern nur dem magi- 
stratus cum imperio zu, und zwar 
letztere nur bis zur lex Porcia 198 
(ergánzt durch zwei gleichnamige 
Lange II.480— 81), wührend deren 
Anwendung schon 509 die lex Va- 
lería durch Gestattung der Provo- 
cation (ne qwis magistratus civem 
JHomanwm adversus provocationem 
mecaret neve  verberaret)  einge- 
schrünkt hatte; Verhaftung kraft 
des Rechtes der prensio auch den 
tribuni plebis (L. I. 598), multae dictio, 
auch eigentlich ein Attribut des Im- 
perium, seit der ler Atermía Tar- 
peia 454 allen Magistraten inner- 
halbihres Geschüftekreises (L. I. 500). 
Auffallen muss daher, dass Cic. die 
nach róm. Gesetz ganz unzulüssige 
Prügelstrafe den Magistraten vin- 
dicirt, und zwar dem Wortlaut 
nach anscheinend allen. Doch ist 
freilich die Móglichkeit nicht aus- 
geschlossen, dass er nur die magi- 
stratus sei es cum 1mperio (Consul, 
Prütor, Dictator), sei es maiores 
(dieselben einschhlesslich der Cen- 
soren und des Interrex, L. I. 506 und 
223— 24), als Erben der Gewalt des 


Kónigs oder magister populi (L. I. 
500) magistratus im engeren Sinne, 


verstanden wissen will, indem mi- 
nores magistratus des flg. Absatzes 
die Deutung im Sinne eines Gegen- 
satzes wenigstens zuláüsst. Eine 
zweite Schwierigkeit liegt in et 
noxium.  Scheint doch damit eine 
richterliche (criminelle) Strafgewalt 
zu der disciplinarischen hinzugefügt 
zu werden, die wenn sie auch den 
Kónigen einst (L. I. 230), ideell 
somit auch seinen Nachfolgern, zu- 
stand, doch mit der Entwicklung 
der Volksgerichte — der Cen- 
turiatcomitien für Capital- 
sachen, der Tributcomitien 
in Multprozessen, bis an deren 
Stelle grósstentheils die stándigen 
Gerichtscommissionen, quaestiones 
perpetuae, traten — faktisch ausser 
Gebrauch gekommen war. Die Er- 
klàrung dürfte darin liegen, dass 
noxius auch Uebertretungen nicht 
crimineller Art (Vergehungen resp. 
Unterlassungen) wie der Wucher- 
gesetze, der lex Licinia de modo 
agrorum und andere geringere, deren 
Verfolgung vor den Volksgerichten 
meistentheils zu  umstündlich er- 
scheinen mochte, ferner nicht per- 
fecte Verbrechen, wie Verschwó- 
rungen, deren Ausführung im Inter- 
esse des Staates durch Polizeistrafe 
gehindert werden musste,  ein- 
schliesst; endlich dass auch Ver- 
brechen leichterer Art oder die da- 
für galten, wie stupratio (ein Fall 
der Art im Multprozesse Liv. 8. 92; 
cf. Το. 1L, 501), Unterschlagungen, 
wenn kleinerer Summen, u. a. (L. I. 
626) disciplinarisch verfolgt und 
ausreichend gesühnt werden konn- 
ten. 

nec oboed. zu 1. 56. 

multa. Das róm. Recht auf 
Grund der lex Aternia Tarpeia 
ráumte den Magistraten eine un- 
provocable multa bis zur Hóhe von 
90 Hindern und 2 Schafen (L. II. 
495), wofür spüter 3020 As (ib. 498) 
als Grenze festgesetzt, ein. Es ist 
nicht anzunehmen, dass Cic. die 
Magistrategewalt  schmülern und 


18" 


196 


DE LEGIBUS 


ceto, ni par maiorve potestas populusve prohibessit, ad 


quos provocatio esto. 


Cum magistratus iudicassit inro- 


gassitve, per populum multae poenae certatio esto. Mili- 


jede multa der Provocation unter- 
werfen wollte. | Uebrigens galt 
gegen diese wie gegen die eben- 
alls unprovocable Freiheitsstrafe 
(I. 429 IL. 468.) der Schutz der par 
maiorve potestas (L. 1. 501). In 
genauer Sprache heisst den Schutz 
eines Beamten (insbesondre Tribu- 
nen) anrufen appellare, provocare 
ad die Entscheidung des Volkes. 

prohibessit, wie nachher udi- 
cassit, irrogassit, imperassit zu 11. 
21 iussit. 

Cum mag. sq. enthàült die An- 
gabe des nach erfolgter Provocatio 
ad populum einzuhaltenden, im róm. 
Staate üblichen, Verfahrens. Das- 
selbe bestand immer darin, dass 
der vom Magistrat belangte homo 
noxius in 3 Terminen vor das Volk 
beschieden wurde, um sich gegen 
die Anschuldigung jenes zu ver- 
theidigen und dem Volke die Ge- 
legenheit zu geben, die Sache zu 
untersuchen, anquirere. Die beiden 
ersten Contionen hatten nur den 
Zweck einer Voruntersuchung und 
endeten wie auch die dritte mit 
einer prodictio diei. Erst in der 
dritten gab der Magistrat sein provo- 
cables iudicium ab. Dann wurde 
der summus tudicii dies (um 30 Tage 
nachher, wührend zwischen den 
früheren Terminen nur ein Zwischen- 
raum von wenigen Tagen üblich) 
anberaumt, an welchem nach noch- 
maliger anquisitio das Volk in 
Comitien abstimmte. Für diese 
Schlussverhandlung galt der Name 
multae resp. poenae certatio L. II. 
p. 417; 470—71; 606 flg. 

Inrogare entspricht offenbar dem 
multae, in welcher Verbindung es 
stehend, s. L. I, 599; II. 495 (nur 
ausnahmsweisein diesem Sinne auch 
iudicare ib. ἃ, 1. 599 extr), wie 
iudicare, dessen Verbindung mit 
capitis regelmüssig war, L. II. 496 in., 
dem poenae. — Was übrigens den 
Inhalt von poena, also den Gegen- 
stand von iudicare, betrifft, so muss 
nàch dem Zusammenhang hier wohl 


zunüchst an verbera gedacht wer- 
den, obwohl es dem istrate in 
einem Provocationsprozesse ebenso 
freistand, auf capitis sei es des 
physischen durch Tódtung oder des 
bürgerlichen durch aquae et ignis 
interdictio zu erkennen, da sein Er- 
kenntniss ja nichts weiter als ein 
Scheinurtheil, eine motivirte An- 
klage, war (L. I. 429; II. 470—717; 
495). 

per populum. Ebenso auffüllig 
wie hier steht per ὃ 11 de capite 
civis nisi per maximum comitiatum 
ollosque quos censores in partibus 
populi locasint ne ferant. Am wahr- 
scheinlichsten finde ich den Sinn 
von vermittels d. h. unter Befragung, 
Anrufung, von, oder — was sich 
mit dieser Auffassung berührt — 
auf dem Wege --- eines Volks- 
Ace (uim — Volksgerichtsver- 
ahren), des comitiatus maximus 
d. h. des in Klassen gegliederten 
Volkes — also halb eS (Tursell. 
IV. 443 sq.).  Móglich dass Cic. 
ühnliche Verbindungen in alten Ge- 
setzen vorgeschwebt haben. 

Militiae sq. Dem Heere gegenüber 
war das Imperium des Consuls oder 
Prütors (denen in dieser Hinsicht 
gleichstanden Proconsul und Pro- 
praetor) der Provocation nicht unter- 
worfen, sodass es das volle ius 
vitae necisque umfasste (L. I. 525; 
565) Dem entsprach àusserlich, 
dass, wührend Consul und Praetor 
(ersterer 12, letzterer 6 Lictoren) 
seit der lex Valeria de provocatione 
innerhalb der Bannmeile nur die 
fasces, nicht die Beile führen durften, 
sie ausserhalb derselben auch die 
Beile führten, Die Gewalt des 
optima lege bestellten Dictators d. h. 
rei gerendae causa — nicht belli 
gerendi, comitiorum  habendorum, 
clavi figendi, ludorum faciendorum, 
cett., causa — war überhaupt eigent- 
lich unprovocabel L. I. 547 sq., 
weswegen er auch in der Stadt die 
Beile führte (wozu noch ein an- 
deres Vorrecht vor den übrigen 


LIB. HI. CAP. 3. 8 6. 


191 


liae ab eo qui ηρεγαδιὶέ provocatio nec esto, quodque is, 
qui bellum geret, imperassit, ius ratuwumque esto. 
Minoris magistratus partiti iuris, plures àm ploera, 


istraten, ausser den Censoren 
und í£ribuni plebis, das der Unan- 
klagbarkeit nach Ablauf der Amts- 
zeit, die die magistratus maiores nur 
wáhrend der Amtszeit, die übrigen 
gar nicht, besassen, kam, L. I. 501; 
507; 548); doch gaben die paíres 
der die allgemeine Gültigkeit der 
ler Valeria prátendirenden plebs 
dahin nach, dass sie für jeden ein- 
zelnen Fall in der ler curiata de 
imperio (denn die Uebertragung des 
imperium an die Magistrate stand 
durch alle Zeit den Curiatcomitien 
zu) das ius mecis des Dictators 
innerhalb der Bannmeile suspen- 
dirten (L. IL. 474). Militiae ohne 
Corresponsion mit domi, wie unten 
8 8 u. belli Rep. 2. 56; s. Müller 
zu Lael. 51 Seyff. 2. Bearb. 
Minoris magistratus sq. alle die- 
jenigen, welche ursprünglich von 
Dienern und Stellvertretern des 
Kónigs, die von ihm ernannt waren, 
ausgeübte oder analoge Functionen 
haben, sind im strengen Sinne keine 
magistratus (L. 1. 506). Sie galten 
erst als solche, seitdem die hóheren 
Magistrate auf die eigenmüchtige 
Ernennung derselben verzichteten 
und ihre Wahl den Tributcomitien 
— in denen sie einschliesslich der 
aediles curules sàmmtlich gewáühlt; 
die hóheren dagegen in den Cen- 
turiateomitien — oder eigentlich 
die Bezeichnung derer, die sie zu 
ihren Unterbeamten ernennen soll- 
ten, überliessen. Denn es bedurfte 
die Wahl immer noch der Legiti- 
mirung durch die vom Magistrat 
cum imperio zu beantragende lex 
curiata de imperio (ebds. ἃ. 1, 644). 
Doch erhoben sich im Range über 
die übrigen zu einer Art Mittel- 
stellung die Aedilen und Quüstoren 
(quorum certus est ordo), welche im 
gewóhnlichen Sprachgebrauch 80- 
gar den minores entgegengesetzt 
wurden, L. L 507, (Zu keiner der 
beiden Kategorien gehóren die tri- 
buni plebis, ib). In der folgenden 
Aufzühlung findet sich eine doppelte 


Abweichung von der róm. Magi- 
stratsordnung 1, dass die íribuni 
militum hinzugefügt sind, die, da 
sie nicht das allgemeine Magistrats- 
recht multae dictionis, auspiciorum 
(8 10), edécendi (der Erlassung von 
Verordnungen in Bezug auf ihre 
Amtsführung), contionis (vorm Volke 
zu reden), L. I. 502, überhaupt keine 
eigentliche potestas, vom Volke be- 
stimmt abgegrenzte und diesem ver- 
antwortlnche Gewalt, hatten, auch 
nicht alle vom Volke gewühlt (tri- 
buni ml. comitiati), sondern zum 
Theil (8 von den auf 4 Legionen 
kommenden 24 Liv. IX. 30. 3) vom 
Feldherrn ernannt (Z'ufuli) wurden, 
keine eigentlichen magistratus sind. 
2. dass die quatiuorviri viis n wrbe 
pwurgandis ἃ. dwuwmwviri vis extra 
urbem pwurgandis, L. 1. 654, sowie 
natürlich die quattworviri $wri di- 
cundo od. in Campaniam, V erwalter 
der Jurisdiction in den ihrer Selbst- 
stándigkeit beraubten campanischen 
Stádten an Stelle des praetor wr- 
banus, L. L 649, welche in einer 
auf allgemeine Bedingungen ge- 
gründeten Verfassung keinen Platz 
hatten, (auch schon in der Kaiser- 
zeit mit sammt den dwwmviri aus 
dem Kreis der niederen Magistra- 
turen, welcher sich so von dem 
republikanischen  vigintisexviratus, 
wobei die Quàástoren und íribwni 
militum nicht mitgerechnet sind, 
auf einen vigintiviratus reducirt, 
Tac. Annal. II. 29 Nipperd., weg- 
fallen) ausgelassen sind. A 
partiti uris plures in ploera kann 
nur im Gegensatz zu den magi- 
stratus cum imperio stehen, deren 
Competenz als Erben der Kónigs- 
gewalt ideell unbeschránkt war und 
auf alle Gebiete, sich erstreckte, 
wenn &àuch bei den Consuln die 
oberrichterliche Gewalt, bei den 
Prütoren die militárische, finanzielle, 
geseizgeberische — suspendirt war. 
Doch konnten theils Umstünde 
theils ein Senatsbeschluss den ruhen- 
den Theil der Kónigsgewalt wieder 


198 


DE LEGIBUS 


sunto: militiae, quibus iussi erunt, imperanto, eorumque 
tribuni sunto; domi pecuniam publicam custodiunto; 


aufleben lassen, ein Consul auch 
als Oberrichter in Wirksamkeit 
treten (z. B. auf Grund eines S. C. 
videant coss. ne quid ...), L. I. 5217, 
ein Práütor finanzielle, polizeiliche 
und alle Functionen des Consuls ver- 
richten (nüàmlich in Abwesenheit 
beider Consuln, wo er mwnus com- 
sulare sustinebat), L. I. 564, ja auch 
die militàrische Seite des Imperium 
ausüben, ib. 565, welche umfassende 
Macht er stets als Provinzialstatt- 
halter bethátigte. — Uebers.: ,,Die 
geringeren Obrigkeiten sollen von 
getheilter Gerechtsame, mehrere für 
mehrere Theile (Rechtsgebiete, Wir- 
kungskreise) sein*' nicht dass der Sinn 
würe:jede Magistratursolle aus meh- 
reren Gliedern entsprechend der 
Mehrheit ihrer Geschüfte be- 
stehen (wie F. anzunehmen scheint), 
sondern: es sollen mehrere Magistra- 
turen für eine Mehrheitvon Ge- 
schüftskreisen, in welche das 
ganze Machtgebiet der niederen Ma- 
gistrate zerfüllt, sein. Construirt man 
partiti in plura mit Beseitigung des 
Kommas, 80 kommt folgender schiefe 
Sinn heraus: es sollen mehrere Magi- 
straturensein mitje einerin verschie- 
deneTheilezerfallendenA mtsgewalt. 
ploera für plura, wie oenus,$ 9, für 
wnus, coerator, coerare, oesus, 8 10, 
für cwrator, curare, usus, und sonst 
0e für «w s. Schweiz.-Sidl. 8. 7. 
militiae sq. Im Kriege sollen sie 
(die für diesen verwendeten) den Be- 
fehl über diejenigen führen, über die 
es ihnen (vom Oberbefehlshaber) auf- 
etragen ist — sodass welche Art von 
'ruppen, ob Feld- oder Besatzungs- 
truppen etc., und welche Anzahl, 
ob eine Legion oder einen Theil 
und welchen Theil derselben, sie 
commandiren sollen, von der jedes- 
maligen Bestimmung des Feldherrn 
abhüngen, nicht ein für allemal 
feststehen soll — und sollen deren 
Tribunen sein. Die letztere Be- 
merkung scheint nur zur Einführung 
des Namens der betreffenden Mili- 
tüárobrigkeit hinzugefügt zu sein, 
was nothwendig erscheinen mochte, 
weil die Angabe der Function es 


nicht so deutlich wie in dem Fol- 
genden erkennen lüsst, welche ge- 
meint sei  Liessen sich doch die 
Worte: quibus — imperanto z. B. 
auch auf Legaten beziehen. [Eine 
andere Auffassung der Stelle, durch 
die die nicht zu leugnende Leerheit 
der letzten Worte vermieden würde, 
würde diesein. Zu ihnen sollen die 
Tribunen gehóren. Aber wer sind 
dieanderen magg.minores? Bekannt 
sind uns auf militürischem Gebiete 
als solche die Quüstoren, die aller- 
dings nicht blos die Verwaltung 
der Kriegskasse, sondern evt. auch 
ein Commando in der Schlacht 
führten (Rückert Róm. Kriegsw. 
Berl. 1850 p. 12; Lange I. p. 633). 
Aber wührend auf letztere Thàütig- 
keit quibus imperare iussi er. passen 
würde, würde es nicht auf erstere. 
Besser würden die legati passen, 
die zwar im strengen Sinne ebenso 
wenig Magistrate sind, wie die 
Tribunen, Ja noch weniger, weil sie 
stets vom Feldherrn im Auftrage 
des Senats ernannt wurden (Rück. 
ib.) Minores aber würden sie un- 
bedingt sein, trotzdem sie oft Con- 
sulare (wenigstens quaestorii) waren 
und in der Regel (Cic. Fam. XII. 
30. 7) in letzter Zeit 2 Lictoren 
hatten, schon um ihrer Ernennung 
willen, überhaupt aber wegen der 
Aehnlichkeit ihres Verhültnisses mit 
dem der magistri equitum. (Vgl. 
unten 8 9 ἃ. L. I. 555—557. Dass 
Consulare sogar ein Kriegstribunat 
unter Umstünden wieder  über- 
nahmen, lehrt Plut. Cat. Maj. 12. 
Cic. Cat. Maj.32.) Andre den Kriegs- 
tribunen  gleichstehende  Befehls- 
haber waren praefectus castrorum, 
fabrum, equitum (sociorum), duoviri 
navales, letztere auch, wie die Mili- 
tártribunen in den Tributcomitien 
gewáühlt, s. Mommsen-Marq. 11. 1, 
p. 566. Trotzdem wird man um 
der unten vorkommenden fast gleich- 
lautenden Worte: plebes qwos pro 
86 creassit, tribuni eius sunto 
$3 9 der ersteren Auffassung den 
Vorzug geben müssen.] 

domi pec. sc. Quüstoren, ursprüng- 


LIB. HL CAP. 3. $ 6. 7. 


vincula sontium  servanto, 


199 


capitalia vindicanto; aes 


argentum aurwumve publice signanto; litis contractas 
iudicanio; quodcumque senatus creverit agunto. 
τ. Suntoque aediles curatores wrbis annonae ludo- 


lieh zwei, seit 421 vier, seit 267 
acht, von Sulla auf zwanzig, von 
Caesar auf vierzig vermehrt, hatten 
die Aufsicht über das aerarium: die 
Rechnungsführung über die Ein- 
nahmen und Ausgaben des Staates, 
die Abführung der einkommenden 
Gelder in den $Staatsschatz (im 
Tempel des Saturn, wo zugleich 
die Fahnen aufbewahrt und das 
Staatsarchiv, 8 11, sich befand, 
beides ebenfalls unter ihre Aufsicht 
gestellt) und die Auszahlungen an 
die verschiedenen Hessorts. Die 
erhóhte Zahl war nothwendig ge- 
worden durch die Ausdehnung des 
Reiches, indem zwei in der Stadt 
(urbani), drei in Italien (zu Ostia, 
Ariminum, Cales) stationirt wa- 
ren, ausserdem jede Provinz einen, 
Sicdlien zwei (in Syrakus und 
Lilybàum) hatte, und mehrere zur 
Disposition der Heerführer bleiben 
mussten. L. I. 8 87. 

vincula — vindicanto: triumviri 
capitales (früher nocturni) hatten die 
Aufspürung der Verbrechen, Exe- 
cution der Todesurtheile, im 
Auftrage Verhaftung und Einkerke- 
rung, Aufsicht überdie Gefáng- 
nisse -— neben ihrer ursprüng- 
lichen Sorge für die Sicherheit in 
der Nacht, insbesondere der Lósch- 
ung von Feuersbrünsten, L. I.$ 88. 3. 
Capitalia Todeswürdiges vindicare 
bestrafen sc. mit dem Tode. 

ae8 — signanto: triumviri mone- 
tales (aeri argento auro flando feri- 
undo) hatten ihren Namen von der 
Münzstátte im Tempel der luno 
Moneta auf der Arx. L. 1. $ 88. 4. 

litis — iudicanto: decemviri stliti- 
bus iudicandis, die àltesten der magg. 
minores, ursprünglich von den ftri- 
buni plebis eingesetzte Richter in 
Füllen, wo ihr auxilium angerufen; 
diese richterliche "Thátigkeit be- 
hielten sie in Freiheiteprozessen; 


dann Gerichtsvorstand in Centum- 


viralgerichten und nur in dieser 
Beziehung Magistrate. (Centumviri 


waren aus den Tribus gewáühlte 
Richter für actiones in rem — deren 
Gegenstand eine Sache, nicht eine 
persónliche Verpflichtung, Obliga- 
tion, ist — besonders für  Erb- 
schaftsprozesse. Hein p. 870 flg.). 
Der wenig bestimmte Ausdruck 
C.'s.: sie sollen entstandene Rechts- 
streite aburtheilen geht auffálliger- 
weise auf ihre richterliche, anstatt 
auf ihre obrigkeitliche Wirksam- 
keit. Vgl. L. I. 8 88. 1. 
quodcumque sq. betrifft die vor- 
hergenannten Magistrate allesammt. 
$ 7. aediles, so benannt von 
ihrer archivarischen Aufsicht über 
die Plebiscite im Tempel der Ceres, 
die sie anfangs als Diener der Tri- 
bunen hatten, bis dieselbe mit der 
gesammten  Archivverwaltung an 
die Quástoren überging, gab es zwei 
plebeii und. zwei curules, von denen 
letztere ^ A&usserlich ausser der 
sella curulis den Vorzug der íoga 
praetexta und des ius imaginum, 
sachlich der Jurisdiction in Han- 
delsprozessen hatten. Gemeinsam 
hatten sie die cwra wrbis d. h. 
die Aufsicht (über Strassen und 
Plátze, über aedes sacrae u. pri- 
vatae, kurz die Strassen- und Bau- 
polizei (in letzterer Beziehung sich 
mit den Censoren berührend, doch 
mit dem Unterschiede, dass diese 
für die Anlage der erforderlichen 
Bauten, jene für den richtigen Ge- 
brauch derselben sorgten), in ge- 
wissem Sinne auch eine Gesund- 
heits- und Sittenpolizei, zwar keines- 
wegs exclusiv, sondern sie mit den 
andren Magistraten theilend, prak- 
tisch jedoch vorzugsweise bethàü- 
tigend (L. I. 626, wie überhaupt 
8 86); dann die eura annonae d, h. 
für Zufluss und Billigkeit von 
Lebensmitteln (in Verbindung mit 
der Aufsicht (über den sonstigen 
Marktverkehr, wie über Vieh- und 
Sklavenhandel); endlich cura ludo- 
rum $0ll., in welche die cwrules u. 
plebeii sich so theilten, dass erstere 


200 


DE LEGIBUS 


rumque sollemnium, ollisque ad honoris amplioris gra- 


dum is primus ascensus esto. 


Censoris populi aevitates, suboles, familias pecunias- 


die iudi Romani und Megalenses, 
letztere die Plebeii besorgten, wüh- 
rend an den Cereales und Florales 
beide betheiligt gewesen zu sein 
scheinen. (Ueber andere dürfte 
nichts feststehen, ausser dass die 
ludi Apollinares vom Praetor ur- 
banus gegeben wurden.) Dieser 
Theil der Sorge verschaffte ihnen, 
da die vom Staate dafür ausgewor- 
fenen Summen sich bald als unzu- 
reichend erwiesen, die günstigste 
Gelegenheit, sich durch glünzende 
Freigiebigkeit dem Volke für die 
Bewerbung um die hóheren Aemter, 
Prütur und Consulat, zu empfehlen. 
In diesem letztren Sinne nun, dass 
die Aedilitüt den Zugang zu hóheren 
Magistraten eróffne, fasst L. l. 629 
die Worte: ollisque ad ... Aber 
imig. Es scheitert diese Auffassung 
durchaus an primus. Denn würe 
ascensus Vorstufe (Ausgangspunkt), 
so müsste es eine zweite geben, 
die nicht erfindlich. | Denn 
solche kann auch das Volkstribunat 
nicht angesehen werden, da man 
sich sowohl vor als nach der Aedili- 
tàt darum bewerben konnte, es 
überhaupt der Bewerbung um einen 
mag. maior nicht vorangegangen 
zu sein brauchte (L. I. 513). Nimmt 
man aber primus in dem Sinne von 
erst, wie einige thun, s0 muss ausser 
sprachlichen Gründen das dagegen 
eingewendet werden, dass unmóg- 
lich die gróssere Zahl der Prütoren- 
stellen besetzt werden konnte, wenn 
erst die Aedilitüt den Aedilen ein 
Anrecht zur Bewerbung um die 
Prütur gegeben, wenn ihnen dies 
Recht nicht evt. auch ein niedrigeres 
Amt oder das Tribunat, falls sie es 
vorher bekleidet und damals schon 
p hütten, gewührt hütte, Die 
orte nun richtig gefasst kónnen 
nichts anderes bedeuten als: jene 
(die Aedilen) sollen in diesem Amte 
den ersten Anstieg zu einer an- 
&ebnlicheren Amtsstufe haben d. ἢ. 
sie sollen mit der Aedilitit zum 
erstenmal eine glünzendere Ehren- 


stufe erklommen haben. Darnach 
wird die aedilitas selbst für einen 
amplior honoris gradus erklürt, und 
nicht ihr praetura und consulatus 
als solcher entgegengestellt. Das 
Recht zu dieser Rangordnung kann 
Cic. auch nicht abgesprochen wer- 
den, da einerseits amplior noch 
nicht geradezu identisch mit maior 
ist, welches im officiellen Stil einen 
beschrünkteren Sinn hat, anderseits 
die Ehrenzeichen, die einem Theile 
der Aedilen zustanden (sella curu- 
lis ete.) dies Amt wirkhlnch als ein 
glánzenderes und bedeutenderes er- 
scheinen liessen (cf. Hor. Od. I. 1.8 
tergeminis honoribus). 

Censoris sq. Vgl. L. 1. 8 84. 
Nach Aufstellung einer formula 
censendi, den  Verrechnungsmass- 
stab enthaltend, nahmen diese auf 
dem Campus Martius vor ihrem 
Amtslocal, der von den zweiten 
Censoren erbauten Villa publica, 
den Census ab (c. agere), wobei die 
einzelnen patres familias tributim 
aufgerufen wurden und an Eides- 
statt (ex cmimi sententia) die Fra- 
gen nàch dem Namen, Vater und 
Alter, Frau und Kinder», Wohn- 
or& und Vermógen sowohl hin- 
sichtlich des Sklavenbestandes (fa- 
milia) als nach dem anderweitigen 
-—— nicht in dem engeren Sinne 

eld, der nicht einmal der ur- 
sprüngliche, welcher Viehbestand, 
sondern in dem weiteren für sümmt- 
liche bewegliche wie unbewegliche 
Habe, cf. Klotz Lex.) beantworteten 
— desgleichen die tutores im Na- 
men der orbi und viduae — theils 
zur Feststellung des verhültniss- 
máüssigen Antheils an der Krieg- 
steuer, tributum (von Seiten des 
Empfüngers stipendiwm), das aber 
seit der Heimführung der unermess- 
lichen macedonischen Beute durch 
Aemilius Paullus 167 nicht mehr 
erhoben wurde, resp. an dem aes 
equestre — zur Equipirung der cen- 
turiae equitum — der aerarii, dem 
aes hordearium — zum Unterhalt 


LIB. III. CAP. 3. $ 7. 


201 


que censento, urbis templa, vias, aquas, aerarium, vecti- 
galia iwento, populique partis in tribus discribunto, 


der Pferde — der orbi und viduae, 
dem aes uxorium der caelibes (L. 1. 
$ 65), theils des Masses der per- 
sónlichen Dienstpflicht im Heere 
und des Platzes in den Tribut- und 
Centuriatcomifien (Tribus u. Klasse 
des filius familias bestimmte sich 
nach der des pat. f.). 

Ferner beaufsichtigten sie die 
wichtigsten Ausgabeposten, über- 
wachten und leiteten die Instand- 
haltung und den Neubau (sarta 
tecta exigere, den baulichen Zustand 
prüfen, von bestehenden Gebáuden, 
oder neuen, ehe sie abgenommen, 
der technische Ausdruck dafür) von 
Tempeln, Basiliken, "lheatern, 
Porticus, von Fora und sonstigen 
óffentlichen Plàtzen, von Land- u. 
Heeresstrassen (die Pflasterung 
der stádtischen besorgten die Aedi- 
len, von  Wasserleitungen, 
Kloaken, Mauern,  Háfen und 
Brücken. (Die Hdschrr. lassen vor 
templa auf den Ausfall eines Wor- 
tes schliessen. Das von Bake ver- 
muthete, von V. aufgenommene, 
tecta ist unpassend, da, wie schon 
F. bemerkt, eine wenigstens directe 
Aufsicht über Privatgebáude ihnen 
nicht zustand, óffenthche aber mit 
tecta schlechthin micht bezeichnet 
sein kónnen. Mehr hat das von 
F. vermuthete loca für sich, da 
auch Liv. 42. 3. 7 das loca tueri 
zu ihren Amtspflichten zàhlt. ΟΥ̓. 
L. L 590). Ferner trafen sie vor- 
bereitende Massregeln bei Aufstel- 
lung des Einnahme- und Ausgabe- 
budgets, indem sie die Erhebung 
der Staatseinkünfte aus Z901- 
len, vectigalia, den  Hafen- 
züllen, portoría, für Benutzung des 
óffentlichen Weidelandes (pascua), 
scriptura, denjenigen vom ager 
publicus, Seen, Bergwerken, der 
Salzsteuer, der vicesima mamnumis- 
sionum, vor allem den decumae des 
Provinzialbodens an einzelne Capi- 
talisten oder Gesellschaften, publi- 
cani, stets dem  Hitterstande an- 
gehórend, meistbietend; ebenso die 
von Staatswegen zu bezahlenden, 


Lieferungen — mit Ausnahme des 
Soldes, aes equestre u. hordearium 
— an die Mindestfordernden ver- 
pachteten. 

tuento cf. partiunto; 8 11 pa- 
tiunto. 

populique paries —  discribunto 
— (n tribus discribentes partiunto. 
Tribus, locale Bezirke, ursprüng- 
lieh vier, vom Servius Tullius zum 
Zweck der Abschátzung (nicht zu 
verwechseln mit den drei gentilen 
der Ramnenses, Titienses, Luceres) 
eingesetzt: Palatina,  Subwurana, 
Collina, Esquilina; 494 auf einund- 
zwanzig, zuletzt auf fünfunddreissig 
erhóht. Von ihnen waren die ru- 
sticae weit angesehener als die vier 
wrbanae, unter denen wieder am 
niedrigsten die Esqwilina und Col- 
lina standen. Libertini (deren Kin- 
der aber als ?ngenui galten) wur- 
den im Allgemeinen in die stádti- 
schen eingeschrieben. Nur solche, 
die Kinder und Grundeigenthum, 
zumal den Census der 1. und 2. 
Klasse, hatten, pflegten von den 
Censoren, deren Praxis aber keine 
gleichmáüssige war, in die íribus 
rusticae aufgenommen zu werden 
(L. 1. 381 flg.; 11. 258 flg. 445). 
Als die Italer hinzukamen, wurden 
sie anfangs nach der lev Iulia (L. 
III. 109) auf acht dazu ausgelooste 
alte Tribus vertheilt (manche Cen- 
soren liessen sie aber in 10 oder 
15 besonderen Stimmkórpern ab- 
stimmen, ib. 111), spüter durch die 
lez Sulpicia 88, die, bald darauf 
aufgehoben, 84 restituirt wurde, 
auf alle 35. Ganz ausgeschlossen 
von den Tribus wie von den Cen- 
turien waren die aerarii, theils aus 
unterworfenen Vülkerschaften be- 
stehend, zuerst den Caerites, theilg 
aus Bürgern, die wegen schlechter 
Aufführung von den Censoren des 
Stimmrechtes und Heeresdienstes 
für unwürdig gehalten wurden. 


.Kine solche von den Censoren ver- 


hüngte Degradation hiess aerarium 
facere oder in Caeritum tabulas 
referre, auch wohl tribu movere, 


202 


exin pecunias, aevitatis, ordinis partiunto, 


obwohlletzteresim strengen Sprach- 
gebrauch die Bezeichnung einer 
gelinderen Rüge, der Versetzung in 


eine í£ribus urbana, ist. L. 1. 371; 
381; 582. 
exin pec. In der Reihenfolge 


dieser Bestimmung findet L. I. 369 
die Andeutung, dass die Schatzung, 
wie übrigens geschah, auf die 
Tribuseintheillung  basirt werden 
solle. Diese Ansicht kónnte aber 
nur unter der Voraussetzung rich- 
tig sein, dass C. hier von der 
Schatzung handelte, was unmóg- 
lich, da von dieser schon die Rede 
gewesen. Vielmehr beziehen sich 
diese Worte nicht mehr auf die 
Schatzung als solche, sondern (wie 
auch partiunto deutlich zeigt) auf 
die darauf gegründete Centuriat- 
verfassung; das erin aber enthült 
die Andeutung, dass dieser die 
Tribuseintheilung — vorangegangen 
sein müsse, was zum Beweise dient, 
dass C. hier nicht mehr die Ser- 
vianische Centurieneintheilung, son- 
dern die reformirte und in Verbin- 
dung mit den Tribus gebrachte, im 
Sinne hat, über welche zu vgl. L. 
II. 8 123, Die Servianische nüm- 
lieh aus 80 Centurien der 1., 20 
der 2., 20 der 3., 20 der 4., 30 der 
5. Klasse, von denen je die Hülfte 
seniores, die andere iuniores waren, 
ferner aus 18 Reitercenturien, 2 
Centurien von Handwerkern, fabri 
tignarii und aerarii (die wie die 
Reitercenturien mit der 1, Klasse 
zugleich stimmten) 2 von Musi- 
kanten, cornmicines und tubicines 
(die mit der 5. zugleich stimmten), 
zusammen aus 192 bestehend, zu 
denen spüter noch die centuria ca- 
pite. censorum hinzukam, war zur 
Brechung des überwiegenden Ein- 
flusses der 1. Klasse, also im demo- 
kratischen Sinne, in der Mitte des 
3. Jahrh. dahin abgeündert worden, 
dass jede Klasse gleichmüssig in 
jeder Tribus mit je einer centuria 
seniorum und Zwniorum vertreten 
war, somit jede Tribus 10 Centu- 
rien aller 5 Klassen enthielt, alle 
35 Tribus 350 Centurien umíassten, 
sodass mit Einschliessung der Rei- 


DE LEGIBUS 


equitum 


ter- und 5 Zusatzcenturien, deren 
Zahl unveründert blieb, die Cen- 
turiatcomitien in 373, also fast die 
doppelte Zahl von Centurien, zer- 
fielen. In pecuniae würde dem- 
nach offenbar die Bezeichnung der 
Klassen, in aevitates die der Ab- 
theilungen der iuniores ἃ. seniores 
enthalten sein. Grosse Schwierig- 
keiten aber erheben sich bei dem 
Folgenden. Was verstehen wir 
unter ordines? Als ordines kennen 
wir einen senatorius, equester, den 
der übrigen cives ingenui, der liber- 
tini, aerarii, ja seitdem die Ge- 
richtsbarkeit mit den equites und 
senatores — durch die lex Aurelia 
iudiciaria i. J. 70, L. 1. 366 — die 
tribuni aerarii (diese, auch curatores 
tribuum genannt, ehemals dem Kó- 
nige, spáter den Censoren bei der 
Vorbereitung des Census behülf- 
lich, besorgten die Eincassirung des 
Tributum und ursprünglich, was 
spüter die Quüstoren thaten , auch 
die Vertheilung des Soldes an die 
Soldaten; durften, da sie diesen für 
den Sold durch pignoris capio haft- 
bar waren, nicht unvermógend sein, 
L. 1. 375; 398 flg) theilten, auch 
dieser. An die Libertinen zu den- 
ken verbietet, dass die Tribusein- 
theilung schon vorausgesetzt ist, 
diese aber eine vorhergehende Son- 
derung der Libertini zur Bedingung 
hat. Dasselbe spricht auch gegen 
die Aerarier. Der Beziehung auf 
den Senat scheint das enígegen- 
zustehen, dass die mit dem regimen 
morum verbundene negative Seite 
der Bildung des Senates durch Aus- 
stossung gleich darauf erwühnt, 
die positive aber durch Aufnahme 
in ihn den Censoren $ 10 ezque 
iis senatus esto, cf. 8 27, entzogen 
wird. Indes schliesst das freilich 
den formellen Act der Registrirung 
durch die Censoren nicht aus, der 
hier gemeint sein mag, der ja auch 
nach dem entsprechenden Sulla- 
nischen Gesetze, welches allen 
quaestorii den Eintritt in den Se- 
nat eróffnete, so wie es sich nach 
dessen Tode und nach Wiederher- 
stellung der Censur in Kraft er- 


LIB. III. CAP. 3. $ 7. 


halten hatte, in dem Grade für be- 
deutungsvoll galt, dass die wáhrend 
eines Lustrums abgehenden qwae- 
storii zunàchst nur das ?ws senten- 
tiae dicendi erhielten, zu wirklichen 
Senatoren erst durch die nàáchst- 
folgende lectio senatus wurden, L. 
IL. p. 320. Dann kàme der ordo 
equester in Betracht. A beristdieser 
nicht schon mit dem vorhergenann- 
ten Prinzip: pecunia begriffen? 
Wurde doch zum ordo equester 
jeder gezáhlt, der das Zehnfache 
des Minimalsatzes der 1. Klasse 
von 100,000 Às, nümlich 1,000,000 
As oder 400,000 Sest. hatte, sowie 
zum ordo der Aerartribunen, denen 
derselbe Grund entgegenzustehen 
scheint, wer das Dreifache jenes 
Satzes: 300,000 As (L. I. 366) hatte. 
Indessen lehrt eine andere offenbar 
correspondirende Stelle, p. Flac. 15, 
iributum εἰ centuriatim | discriptis 
ordinibus, classibus, aetatibus, 
dass pecunia in beschránktem Sinne 
enommen ist und nur das Prinzip 
für die Festsetzung der Klassen 
enthalten soll. Zwei Gründe aber 
sind es, die dem ordo equester in 
diesem Sinne entgegenstehen: 1, 
dass er in keiner Beziehung zur 
Centuriatverfassung, für die doch 
offenbar in ordines eine Bestim- 
mung hinzukommen soll (was, wenn 
es irgend zweifelhaft sein konnte, 
unten $ 44 durch die fast gleich- 
lautende Stelle: descriptus populus 
censu, ordinibus, aetatibus d. h. 
centuriatim plus adhibet ad suffra- 
gium consilii quam fuse in tribus 
convocatus erhártet wird), steht — 
und dasselbe gilt auch gegen den 
ordo der Aerartribunen —, wenn 
anders, wie alle tribuni aerarii, 80 
ein grosser Theil des auf dem Census 
beruhenden ordo equester sich in 
der ersten Klasse der pedites be- 
fanden, von den übrigen derselben 
wohl in anderen Beziehungen, aber 
nicht für die Gliederung der Cen- 
turiatcomitien geschieden. ^ Denn 
die 18 NHeitercenturien umfassten 
durchaus nicht alle mit dem census 
, $ondern nur diejenigen, 
welche vom Censor in dieselben — 
vorzugsweise nach Adel und Tüch- 
tigkeit, nicht πλουτίνδην —  auf- 


203 


genommen waren und den eqwwus 
publicus erhalten hatten, sowie — 
da sie spáter nicht mit dem Hee- 
resdienst mehr zusammenhingen — 
des besseren Stimmrechtes wegen 
auch alle Senatoren, allerdings nur 
bis zur Zeit der Gracchen, welche 
jene in die erste Klasse der pedites 
zurückversetzten. Der 2. Grund ist 
der, dass dann die folgende Be- 
stimmung: eqwitum — prolem de- 
scribunto inhaltslos würde, weil ja 
alle ?wn?ores dieses ordo eben die 
proles equitum, die Heeresreiterei 
s. unten, ausmachen und mit ihr 
zusammenfallen. Wenn wir dem- 
nach von dem gewóhnlich mit ordo 
equester bezeichneten  Ritterstand 
(hervorgegangen aus den seit Ca- 
millus equo privato zu dienen Ver- 
pflichteten, daher im engsten Zu- 
sammenhang mit der Heeresverfas- 
sung stehend) absehen müssen, so 
bleibt nichts übrig, als die equitum 
centuriae, die von einer gewissen ἢ 
Zeit an auch als ordo gefasst wur- 
den — s. L. IL p. 21 — dann 
den ordo senatorius, dem Cicero 
gewiss die vorgracchische Ehren- 
stellung eingeráàumt wissen wollte, 
s. Rep. IV. 2. 2, sodass er schon 
dadurch eine Beziehung zu der 
Centuriatverfassung hatte, mehr 
aber noch, wenn ihm Cic. etwa be- 
sondere Centurien vorbehalten wis- 
sen wollte, endlich die pedites, so- 
mit drei ordines, zu verstehen. 
Dieser Theil wird vernunftgemüss 
hier ans Ende gestellt, weil die 
equitum centwriae immer aus den 
Bürgern der 1. Klasse entnommen 
wurden und ausser den Senatoren 
nur iwniores enthielten, somit die 
Eintheilung nach Census und Alter 
zur Voraussetzung hatten. Daran 
schliesst sich equitum peditum- 
que prolem describunto. Dies 
geht nicht mehr auf die Gliederung 
der Centuriatcomitien, sondern auf 
die Heereseintheilung. Nach der 
Feststellung der Abtheilungen der 
Centuriatcomitien sollen die Cen- 
soren aus der 1, Klasse alle die 
zum  Heiterdienste  verpflichteten 
iuniores (auf Grund des Census) 
aussondern und somit die Liste 
derer, welche in der Heiterei und 


204 


DE LEGIBUS 


peditumque prolem describunto, caelibes esse prohibento, 
mores populi regunto, probrum in senatu ne relinquonto: 
bini sunto, magistratum quinquennium habento: reliqui 
magistratus annui sunto: eaque potestas semper esto. 


im Fussvolke zu dienen hatten, fest- 
stellen. 

proles hier für iuventus, ein Ha- 
paxlegomenon. Das bei Klotz Lex. 
dafür noch angeführte Beisp. Verg. 
Aen. X. 429 sternitur .Árcadiae 
proles passt nicht, da man hier mit 
der gewóhnlichen Bedeutung — 
progenies  auskommt. ^ Dagegen 
" scheint es angemessen, auf denin der 
Terminologie der Servianischen Ver- 
fassung üblichen Gebrauch von im- 
proli oder improles für impuberes 
(orbi, pupilli) hinzuweisen, das von 
L. I. p. 344, cf. 350, freilich dahin 
erklüàrt wird, dass es solche be- 
zeichne, welche noch keine proles 
haben kónnen. Warum aber nicht 
solche, die noch keine proles sind, 
wenn anders durch diese Stelle der 
Sinn von Herangewachsenen, 
puberes, erwiesen, und derselbe sich 
etymologisch mit dem Worte eben- 
sogut vertrügt, wie der von Her- 
vorgewachsenen, d, h. Sprossen, 
Nachkommen? Den spüteren Sinn 
von proles mochte ursprünglich nur 
suboles haben, proles ihn erst mit 
der Zeit katachrestisch angenommen 
haben. 

caelibes erfuhren bei den Rómern 
eine doppelte Strafe durch Aufer- 
legung des aes uroriwm (s. oben, 
L. 1. 407) und durch ποία (notio, 
notatio, animadversio) censoria, in- 
dem die Censoren davon ausgingen, 
dass Ehelosigkeit den Nationalwohl- 
stand schüdige, zu dessen Schützern 
(aerarium tuento) sie berufen. L. I. 
583. Aus gleichem Grunde bestraften 
sie kraft ihres regimen morum Ver- 
nachlüssigung der res familiaris, 
insbesondere des Ackerbaus, Ehe- 
scheidungen, Missbrauch der patria 
und dominica (über Sklaven) po- 
testas, Vernachlüssigung der Fa- 
miliensacra, Luxus durch die ihnen 
zustehenden bekannten Mittel des 
aerarium faciendi, tribu movendi 
(s. oben), equum adimendi (vende 
equum — geht auf die Ausstossung 


aus den Rittercenturien, nicht aus 
der Heeresreiterei — opp. traduc e.), 
senatu movendi resp. praetereundi 
in Betreff solcher, die als Magi- 
strate einen Anspruch auf Auf- 
nahme in den Senat hatten (L. I. 
586). 

bini, wie stets, und zwar in so 
innigem Verbande, dass wenn der 
eine gestorben, keine suffectio ein- 
trat, sondern der andere abdanken 


musste. 

mag. quinq. Sq. Wührend die 
Censur eine ursprüngliche Census- 
periode ἃ. Amtsdauer von 4 Jahren 
(s. L. I. 485. flg., 572) hatte, wurde 
die Amtsdauer 433 durch eine lex 
centuriata des Dictators Mam. Aemi- 
lius, gewesenen Censors, (den die 
folgenden Censoren dafür unter die 
aerarii versetzten, was ihm das ius 
suffragii, aber nicht das passive 
honorwm entzog, daher er noch 
wührend der Dauer der ignominia 
wieder zum Dictator erhoben wurde 
Liv. IV. 31. cf. 24) auf 18 Monate 
beschrünkt. Um die Zeit des zwei- 
ten Punischen Krieges kam die 
5jàhrige Censusperiode auf, die auch 
verblieb, daher lwstrum, eigtl. der 
Schlussact des Census, die allge- 
meine Entsühnung des neu con- 
stituirten populws, seitdem einen 
Zeitraum von 5 Jahren bezeichnet. 
Dass die fünfjührige Amtszeit, die 
C. hier festsetzt, thatsüchlich schon 
70 eingeführt war, entnimmt L. I. 
485 einer Stelle bei Zonaras: 7. 19. 

reliqui selbstverstàndlich mit Aus- 
schluss der extraordinarit, wie der 
Dictatur. — 

Die Wahl der Censoren unter- 
blieb wegen der Missgunst der Vor- 
nehmen gegen diesihnen unbequeme 
Amt háufig. Dass die Censur durch 
ein Gesetz des Sulla, der sie nach 
einer Seite hin durch seine lex de 
senatu  supplendo überflüssig ge- 
macht hatte, aufgehoben worden 
sei, findet L. III. 161 unbegründet. 
Thatsüchlich sind jedoch bis z. 7. 70 


| 
| 


LIB. III. CAP. 3. 8 7. 8. 


205 


8. Iuris disceptator, qu? privata iudicet 4udicarive 


iubeat, praetor esto: 


is àuris civilis custos esto: 


hwic 


potestate pari, quoicumque senatus creverit. populusve 


iusserit, tol sunto. 


keine Censoren gewühlt worden, wo 
erst Pompejus in seinem ersten 
Consulat, um sich beim Volke da- 
durch beliebt zu machen, wieder 
welche wáhlen liess. L. IIl. 189. 


8 8. iuris disceptator — iubeat. 
Das Privatrecht als der wichtigste 
Theil der Jurisdiction des Prátors 
ist vorangestellt oder eigentlich zu- 
náchst allein ihm zugewiesen. Ge- 
wiss darum, weil für den Fall des 
Bestehens von Volksgerichten das 
Anklagerecht auch der anderen 
Magistrate genügte. Er war in 
Privatprozessen ebenso berechtigt 
das Urtheil selbst zu fállen als es sei 
es stándigen, wie den decemviri, cen- 
tumviri, seies in Uebereinkunft mit 
den Parteien eingesetzten Richtern 
(iudices, arbitri, recuperatores, diese 
ursprünglich internationale Schieds- 
richter, dann überhaupt bei Pro- 
zessen zwischen peregrini od. cives 
und peregrimi, endlich bei Besitz- 
stórungs-, cf. p. Caec. u. p. Tull. — 
und einigen anderen Prozessen auch 
zwischen cives angewandt) zu über- 
lassen. Letzteres war allerdings 
durch  thatsáchliche — Verháltnisse 
das Regelmáüssige. Insofern konnte 
man seine Thütigkeit in die Worte 
do (iudices) dico (ius, nàmlich das 
von den Richtern gefundene) addico 
(litem, rem) fassen. 


Praetor braucht nur einer zu sein, 
« wie auch in Hom, seitdem die 
elmássige Jurisdiction vom Con- 
t abgezweigt war, lange, seit 
866. 247, nur - δὰ gewesen. Ueber 
die Zahl entechied und soll nach 
C. entscheiden das praktische Be- 
dürfniss. 


iuris civ. custos Hüter des inner- 
halb des Staates (cf, Il. 46) be- 
stehenden Hechtes theils dadurch 


dass er streitiges Recht entscheidet ' 


und verletztes wie 'derherstellt theils 
durch seine in seinem Edicte (vgl. 
zu L 17) zu gebenden Erklürungen 


und Anweisungen zur Befolgung 
des bestehenden Rechtes, die frei- 
lich auch dazu dienen konnten und 
dienten, das starre Recht zu modifi- 
ziren. Dass letzteres C. dem Prae- 
tor habe verbieten wollen, mit F. 
darum anzunehmen, scheint jedoch 
kein Grund. 

quotcumque. Zuerst kam der 
praetor peregrinus hinzu, dann, da 
der Prütor kraft seines Imperiums 
(s. $ 6) ideell eine umfassende — 
auch auf Verwaltung und Militàr 
sich erstreckende — Gewalt hatte, 
mit der Einverleibung Sardiniens 
und Siciliens zwei Práütoren für 
diese Provinzen, darauf zwei für 
die beiden Hispanien. Bei dieser 
Zahl verblieb es lange. Doch sah 
man sich seit der Vermehrung der 
Provinzen und der Errichtung der 
quaestiones perpetuae (von denen die 
ersten "repetundarum, | maiestatis, 
peculatus, ambitus) für die Verwal- 
tung jener auf Proprátoren ange- 
wiesen und behielt die Prütoren 
zur Leitung dieser Criminalgerichte 
zurück. Als deren Zahl sich auf 
sechs erhóht hatte, fügte Sulla noch 
zwei Prütoren hinzu, bei welcher 
Achtzahl man auch stehen blieb, 
als noch weitere zwei qwaestiones 
hinzugekommen waren, also im 
Ganzen acht (ausser den oben er- 
wühnten: 4mnter sicarios, wveneficii, 
de vi, falsi) bestanden, indem man 
im Falle des Bedürfnisses ausser- 
ordentliche qwaesitores vwudicii als 
Gerichtsvorsteher einsetzte, — Wenn 
auch an potestas alle Prütoren gleich 
waren, 80 stand doch im Ansehen 
jederzeit am hóchsten der pr. wr- 
banus (dessen Jurisdiction die pri- 
vatrechtliche nter cives). 

Bemerkenswerth ist, dass ΟἿο,, 
wenn anders nicht ve in qwe zu ün- 
dern ist, dem Senate die Befugniss 
einr&umt, selbststindig die Zahl 
ordentlicher Magistrate zu bestim- 
men. 


206 


. DE LEGIBUS 


Regio imperio duo sunto, iique praeeundo, iudicando, 
consulendo praetores, iudices, consules appellamino: mili- 
tiae summum ius habento, nemini parento, ollis salus 


populi suprema lex esto. 


Hegio imperio. Οἵ. Rep. 2. ὅθ 
consules potestatem haberent tempore 
dumtaxat annuam, genere ipso ac 
iwre regiam u. L. I. 4229. Als solche 
erscheinen sie trotz vielfacher durch 


die Zeit herbeigeführter Beschrün- ἡ 


kungen bis zuletzt; denn abgesehen 
von der ausserordentlichen Magi- 
stratur des Dictators hatten sie die 
grósste Amtsgewalt: ihnen mussten 
alle Magistrate mit Ausnahme der 
Volkstribunen gehorchen, 8 16 u. 
L. I. 525.  Blieben beide Consuln 
in der Stadt, so theilten sie sich 
zeitlich in die Oberleitung, indem 
sie monatsweise abwechselten. Dann 
bediente sich nur der gescháfts- 
leitende Consul der Lictoren; in 
der spüteren Zeit aber kam der 
Unterschied auf, dass sie diesem 
voranschritten, dem anderen nach- 
folgten. 

praeeundo der blosse Ablat. wohl 
nach I. 31 (Theophrastus divinitate 
loquendi nomen invenit Or. 62., sich 
erworben, gewonnen durch, von F. 
angeführt, bietet kein Analogon) 
zu erklüren, aber etwas hart. Der ur- 
sprüngliche Titel der Consuln war 
praetores (Liv. 3. 55. 12; 7. 3) Vor- 
angeher d. h. Vorsteher. Consules 
heissen sie in Beziehung auf ihr 
collegialisches Verhültniss (zusam- 
mengehend, von der Wurzel sar 
8. Vanicek dazu, nach Dóderl. Syn. 
V. p. 344 zusammensitzend, der 
σέλμα, solium, sella vergleicht; falsch 
von C, aus dem auf gemeinsamer 
Wurzel beruhenden consulere um 
Rath fragen — nümlich den Senat 
od. das Volk — erklürt. S. L. 1, 
424), worin ihr wesentlicher Unter- 
schied von Kónigen liegt: erst seit 
der Decemviralgesetzgebung die 

ewühnliche Bezeichnung. Mit 

ücksicht auf ihre richterliche 
Thütigkeit, die sie ursprünglich un- 
beschrünkt, spüter mehr thatsüch- 
lich als ideell beschrünkt (daher ein 
Senatsbeschluss genügte sie wieder 
aufleben zu lassen; 80 wie ihnen 


das Recht des lege agere bei Acten 
der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z. B. 
Adoptionen, Emancipationen, stets 
verblieben ist, L. 1. 560) hatten, 
iudices, cf. Liv. ἃ. ἃ. Ὁ. Doch kam 
dieser Titel nie in gewóhnlichen 
Gebrauch. Lange ebds. 


appellamino schwerlich richtig. 
Denn diese Imperativform (wofür 
in ülteren Grammatiken, fülschlich 
—Tqminor steht) wird (übereinstim- 
mend als ursprüngliches Partic.: 
mino — μένος gefasst mit Ergünz. 
von esto (s. Corss. Krit. Beit. p 
4929 flg.; ders. A. Vok. II. 95 flg. 
Neue II. p.302 flg.; Bücheler Grundr. 
d. lat. Decl. p. 10; Schweiz.-Sidl. 
8 120. 2) und findet sich demgemüss 
nur als 2. u. 3. Pers. Sing. (Beisp. 
für die 3. P. bei Corss. a. a. 0... 
Da nun hier eine Pluralendung er- 
forderlich — denn zu einer etwaigen 
Anna&hme einer Dualform sind wir 
auch nach den ültesten Sprach- 
resten nicht berechtigt —, so ver- 
muthet Bergk nicht übel appella- 
minoe. Ueber diese Pluralendung 
d. 2. Decl. s. Neue I. 95 flg. Bü- 
cheler 17; Corssen A. Vok. I. 629; 
707; 711. Schweiz.-Sidl. 8 40. A. 6. 


mil. summwm 1. — parento: sollen 
auch vom Volke und Senate un- 
abhüngig sein, wie in Rom der 
Fall war, ausser beim Abschluss 
des Friedens oder von Vertrügen. 
Ursprünglich zwar auch dazu für 
sich allein competent bedienten sie 
sich dennoch im Bewusstsein ihrer 
Verantwortlichkeit der Mitwirkung 
des Senates. L. IL 816 flg. Seit 
der schmachvollen Capitulation in 
den Caudinischen Püssen bedurfte 
es noch der Genehmigung des Vol- 
kes in den Tributcomitien, L. 1]. 
541 (wogegen die Kriegserklàrung 
stets Sache der Centuriatcomitien 
war) — Im Jahrhundert des C. 
war es Sitte den Consuln erst nach 
Ablauf ihres Amtsjahres eine Pro- 
vinz und somit die Kriegsführung 


LIB. III. CAP. 3. $ 8. 9. 


201 


9. Eumdem magistratum, ni interfuerint decem anni, 
ne quis capito: aevitatem amnali lege servanto. 


Ast quando duellum gravius, 


discordiae civium 


escunt, oenus ne amplius sex menses, so senatus creverat, 


zu übertragen. C. stellt die frühere 
Sitte wieder her. 

ollis salus... Will damit C. von 
der oben (8 2. u. 6) aufgestellten 
allgemeinen Norm, dass die Magi- 
strate den Gesetzen gehorchen sollen, 
für die Consuln eine Ausnahme 
machen? Da dies auf alle Fàlle hin 
nicht denkbar ist, bezieht Turn., 
dem F. darin folgt, die Bestim- 
mung auf den Fall der Uebertragung 
einer unbeschrünkten Gewalt mit 
der Formel: videamt coss. cett. (cf. 
L. L 526). Aber wie kónnte die 
Bestimmung dann so allgemein 
lauten? Das Richtige scheint mir 
mit Aufhebung des Kolons, das die 
anderen Ausgg. haben, dieselbe auf 
den Fall des Krieges zu beziehen. 
Dort, wo den Consul dem Heere 
gegenüber kein Gesetz, noch we- 
niger dem Feinde gegenüber, bindet, 
soll das hóchste und einzige Gesetz 
für ihn die Wohlfahrt des Volkes 
sein. Findet man ollis bei dieser 
engen Verbindung mit dem Vor- 
hergehenden zu nachdrucksvoll, so 
mag man in Anbetracht der Un- 
sicherheit des Textes eine andere 
Lesart wühlen, etwa sis. 

8$ 9. Ewndem mag. sq. Dieser 
ursprünglich keineswegs geltende 
Grundsatz bildete sich zugleich mit 
der Erstarkang der Nobilitát aus, 
in deren Interesse es lag, dass móg- 
lichst viele von ihr zu Aemtern ge- 
lan , und wurde 342 durch ein 
Plebiscit zum Gesetz erhoben; unter 
Mitwirkung des Cato (aus dessen 
darauf bezüglicher Rede Plut. Cat. 8 
figd. Apophthegma anführt: obere 
γὰρ μὴ πολλοῦ TO ἄρχειν ἄξιον ἢ 
μὴ πολλοὺς τοῦ ἄρχειν ἀξίους 
ἡγεῖσθαι) 151 sogar dahin ver- 
schürft, dass das Consulat keiner 
mehr als einmal bekleiden dtirfe 
(wovon jedoch der Druck der Zei- 
ten mehrfache Ausnahmen z, P. bei 
Marius herbeiführte). L. L 515 flg. 
IL 39 fig. 


aevitatem sq. Die lex Villia 


zu entscheiden, 


Annalis 180 bestimmte als frühe- 
sten Termin für die Bewerbung um 
die Quaestur das 27. J. (nach 10 
Dienstjahren im Heere für den Fall 
des Eintritts mit dem 17. J., evt. 
fünfjàhriger Wirksamkeit als íri- 
bunus militum, für welche fünfjàh- 
riger  Reiterdienst vorausgesetzt 
wurde, Rück. p. 7); für die Beklei- 
dung der Aedilitàt das 37., der 
Prátur das 40., des Consulats das 
43. J. L. I. 514. 

annali lege serv. Der Sinn dürfte 
sein: Das beziehungsweise geeignete 
Alter — ein niedrigeres für das 
Kriegstribunat, ein aufsteigend hó- 
heres für die aufsteigend schwere- 
ren und verantwortlicheren Civil- 
ámter — soll man durch Aufstel- 
lung eines Jahresgesetzes wahren; 
nicht: das Alter nach dem Jahres- 
gesetze wahren, da weder ein sol- 
ches schon vorausgesetzt, noch ex 
ausgelassen werden kann. 

Ast im Ggs. zu der vorhergehen- 
den Mehrzahl der Magistrate, ins- 
besondere der Zweizahl der Con- 
suln. Die flg. Beschránkungen für 
die Ernennung eines Dictators (von 
dictare befehlen L. I. 547) entspre- 
chen im Wesentlichen den zu Rom 
geltenden Bedingungen. Zweck der 
Dictatur war, den Staat aus einer 
gefahrvollen Lage zu befreien, be- 
&onders einen Aufstand zu dümpfen. 
Daher für einen optima lege be- 
stellten Dictator ausser dem Zusatz 
rei gerendae causa (s. oben 8 6) 
auch der seditionis sedandae causa 
(L. p. 548—50) im Gebrauch war. 
Anderen Dictatoren (vgl. oben ebds.) 
rüáumt C, überhaupt keine Stelle ein. 

escunt zu 1I. 60, ne amplius zu 
IL. 66. 

8ὲ senatus creverit, Auch diese, 
wie die vorhergehende, Bedingung 
bestand in Rom. Der Senat hatte 
ob sich der Staat 
in einer so gefahrvollen Lage be- 
fand. Die Ernennung aber stand 
jederzeit einem der Consuln zu 


208 


DE LEGIBUS 


idem iuris quod duo consules teneto, isque ave sinistra 
dictus populi magister esto: equitatumque qui regat habeto 
pari iure cum eo, quicumque erit iuris disceptator. 

Ast quando consulis magisterve populi nec erunt, 
reliqui magistratus ne sunto, auspicia patrum swnto, 
ollique ec se produnto, qui comitiatu creare consules rite 


possit. 


(dicere, nominare, doch auch legere, 
creare), doch war sein Wahlrecht 
beschrünkt auf Consulare (wiewohl 
thatsüchlich — diese  Beschrünkung 
lüngere Zeit ausser Acht gelassen 
wurde). 

Idem iuris, quod duo consules: 
ja es ging noch insofern darüber 
hinaus, als die übrigen Magistrate 
Diener von ihm wurden und nicht 
mehr selbststindig pro magistratu 
handeln konnten, als er sich nicht 
in der Abhüngigkeit vom Senate 
befand, in welche faktisch die Con- 
suln gerathen waren, als er auch 
nach Niederlegung seines Amtes 
nicht die Gefahr einer Anklage 
lief (L. 1. 548). Aeusserlich ent- 
sprach der hier gegebenen Mass- 
bestimmung seiner Gewalt die Zahl 
seiner Lictoren: 24. 

ave sinistra, also unter guünsti- 
gem Vogelzeichen. Vgl. zu II. 21 
u. Div. 2. 82 mobis sinistra viden- 
tur, Graiis et barbaris dextra me- 
liora. 

populi magister. | Dieser alte 
Titel des Kónigs (L. 1. 207; 500) 
war insbesondere auf den Dictator 
(ib. 432) übergegangen. Vgl. Rep. 
l. 63 in nostris libris vides ewm, 
Laeli, magistrum populi appellari. 

Magister equitum war streng ge- 
nommen nur ein mag. minor, da 
er nur neben dem Dictator, von 
dem er ernannt (dicere, auch co- 
optare, nominare) u. zwar ursprüng- 
lhch aus der Zahl der Consulare, 
spüter auch freier, vorkommen 
konnte, diesem gegenüber aber alle 
Magistrate im Verhültniss von Die- 
nern stehen, minores sind, Im 
Uebrigen besass er die potestas con- 
sSularis, d. h. das Recht, cwm pa- 
tribus et populo agendi, und, wenn 
der Dictator abwesend war und 
es ihm nicht geradezu  verbot, 


selbsstündig im Kriege zu comman- 
diren, wührend er in Anwesenheit 
desselben den Befehl über die Rei- 
terei und accensi führte, wie der 
tribunus celerum im Heere des Kó- 
nigs, dem er nachgebildet war. 
Hierdurch als minor collega des 
Dictators erscheinend, wurde er 
dem Prütor gleichgestellt, mit dem 
er dieselbe Zahl von Lictoren (6) 
hatte. 

auspicia patrum sq. nümlich der 
Patricier — nicht der Senatoren — 
welche vom Pontif. maxim. zu Cu- 
riatcomitien berufen, einen Interrex 
erloosten, der nach  fünftügiger 
Amtsführung seinen Nachfolger er- 
nannte (prodere, auch mominare) 
und so fort. L.I.$ 46. Einer der 
Interreges (nie der erste) hatte dann 
die zur Wahl der Consuln erfor- 
derlichen Centuriatcomitien zu be- 
rufen. — Dass mit dem Tode oder 
Rücktritt (wenn «vitio creati) der 
hóchsten Magistrate auch alle übri- 
gen (ausgenominen die TTribunen 
L. II. p. 337) ausser Geltung ka- 
men, beruht darauf, dass dann ihre 
Auspicien für befleckt galten. Es 
bedurfte daher eines neuen seine 
Auspicien aus der ursprünglichen 
Quelle derselben, den Patres, her- 
leitenden Magistrates, um sie zu 
erneuern (renovare), was gewiss. 80- 
fort, um die Staatsverwaltung nicht 
zu hemmen, und vor der oft làngere 
Zeit (bis zum 14. Interrex wissen 
wir in einem Falle L. I. 224) hin- 
gehaltenen Wahl neuer Consuln, 
geschehen sein wird. Cf. L. I. 221. 

Zu dem Abl. bei comitia od. comi- 
liatus vgl. comitiis centuriatis Mu- 
renam consulem renuntiavi Mur. 1; 
legem comitiis centuriatis tulit. Pis. 
35; lex quae centuriatis comitiis 
prima lata est Rep. 2. 53; de capite 
civis rogari nisi maximo comitiatu 


LIB. HI. CAP. 3. $ 9. 


209 


Imperia, potestates, legationes, cum senatus creve- 
rit populusve iusserit, ex wrbe exeunto, dwuella usta 


vetat Leg. 3. 44; ferri — centuriatis 
comitiis noluerunt ib.; legem comitiis 
centuriatis esse perlatam Att. IV. 1. 
4; comitiisque iwrare parato populus 
restiterat Liv. 6. 22. 7; se suam ra- 
tionem comitis non habitwrum ib. 
10. 15. 11. Rein zeitlich (und mit 
Atirib. quem íwis comitis prae- 
rogativae primum custodem feceras 
p. red. i. sen. 17; meis comitis ve- 
strarum erga me voluntatwm vocem 
indicem iwlistis Leg. Agr. 2. 4; 
comitis centwriatis crucem  defigi 
iubes Rab. perd. 11; prensandà ini- 
tiwm facere cogitaramus | comitüs 
tribuniciüs Att. Il. 1. 1. In dem 
zeitl. Sinne vgl. dazu Madv. Gr. 
ξ 976. A. 2. Selten i» und nie 
ohne zwingenden Grund, wie: «e- 
gent potestatem liberam suffragii non 
in comitis, non in legibus iubendis 
se permissuros Liv. 6. 40. 7: haud- 
quaquam tam oboedientem in delectu 
quam in comis habuere Liv. 6. 
36. 4. 

creare vom — Vorsitzenden der 
Wahl gesagt, wegen der Wichtig- 
keit der RKenuntiation L. II. 426. 
— Dass Cic. diese Umschreibung 
geflissentlich gewühlt habe, um den 
verhassten ἥκων rec auch in 
interrez zu vermeiden, bemerkt L. 
I. 226. Οὗ Cap. IV. 8 10 eique 
quem patres sq. 

Imperia, potestates zu 11. 31. Zu 
den émperia gehóren hier ausser 
den Consuln u. evt. den Prütoren 
noch die Proconsuln und Propràá- 
toren und zwar vorzugsweise, da 
wenigstens in den letzten Zeiten 
sie nur die Stadt zu verlassen 
pfegten. Diese sind keine magi- 
Stratus, da sie weder nothwendig 
vom Volke gewühlt zu werden 
brauchten, noch ihre Amtegewalt 
sich über die Stadt und somit über 
den ganzen Staat erstreckte, sondern 
auf die ihnen zugewiesene Provinz 
beschrünkt war. Vielmehr sind sie 
streng genommen privati cum im- 
perio (consulari od. praetorio); in- 
nerhalb der Provinz aber den Con- 
suln oder Prütoren vollkommen 


Cicero de legibus, 


gleich (wie sie auch die entspre- 
chende Zahl von Lictoren, 12 resp. 
6, hatten), ja den in der Stadt wei- 
lenden factisch insofern überlegen, 
als 516 die militàrische Gewalt mit 
der  Gerichtsbarkeit  vereinigten. 
Die Anordnung eines proconsula- 
rischen oder proprátorischen Im- 
periums war, da dadurch keine neue 
Magistratur eingesetzt wurde, Ver- 
waltungsmassregel und lag recht- 
lich in der Competenz der Consuln 
und des Senates. Regel war es 
demgemáss auch, dass die pro- 
rogatio $mperii (der gewóhnlichste 
Weg zur Begründung einer solchen 
Gewalt) lediglich durch ei $8. C. 
erfolgte. Nur wenn Jemandem, 
der nicht unmittelbar vorher Con- 
sul oder Prátor gewesen war, ein 
Imperium übertragen wurde, so 
überliess die Ertheilung desselben 
der Senat den Tributcomitien. Als 
eine Wahl im strengen Sinne kann 
dies aber schon darum nicht an- 
gesehen werden, weil eine solche, 
wenn mit der Ertheilung des Im- 
perium verbunden, in den Cen- 


turiatcomitien ^ hátte ^ geschehen 
müssen. L. 1. 537 flg. 568. — 
Potestates wesentlich — magistra- 


tus civiles. Gemeint sind die Quae- 
storen, welche die einzigen dieser 
Kategorie waren, die die Stadt 
verliessen. 

legationes theils Gesandtschaften 
in fremde Staaten oder in die Pro- 
vinzen (z. B. zur Leitung von 
Untersuchungen) theils  Gehilfen 
und Stellvertreter der Feldherrn 
und Statthalter. Ueber diese letz- 
teren vgl. zu 8 6. 

duella i. — redeunto. Zu dieser 
Vermischung von moralischen und 
rechtlichen Vorschriften, wie sie 
die griechischen Gesetzgeber, phi- 
losophische (Plato) wie staatliche 
(Charondas, Zaleucus) liebten, vgl. 
IL 19 pietatem adh.; 111. ὁ, init; 


10 is ordo; ib. modica sunto; ühn- 


heh 11 cawsas p. t. und salut. 
CiU. €. 
iusta, Die Erklürung von iusta 


14 


210 


DE LEGIBUS 


iuste gerunto, sociis parcunto, se et. suos continento, 
populi sui gloriam augento, domum cum laude redeunto. 
Hei suae ergo ne quis legatus esto. 
Plebes quos pro se contra vim auzilii ergo decem 
creassit, ei tribuni eius sunto, quodque di prohibessint 


findet sich Off. I. 36 nullum bellum 
est. iustum nisi quod aut rebus 
repetitis geritur aut. denuntiatum 
ante est εὐ indictum, — Nur für 
die Erfüllung dieser formalen Ge- 
rechtigkeit konnten die Consuln 
etc. verantwortlich gemacht wer- 
den (vgl. L. I. p. 248), da die sach- 
liche das in den Centuriatcomitien 
den Krieg beschliessende Volk zu 
vertreten hatte, ausser wenn Be- 
fehlshaber, was auch vorgekommen, 
L. II. p. 514, iniussu populi einen 
Krieg unternahmen, in welchem 
Falle dieser eo ipso ungerecht 
war. 

sociis parcunto: Bedrückung der 
Bundesgenossen und Provinzialen 
war einer der verbreitetsten und 
unheilvollsten Fehler der damaligen 
Aristokratie. Zur Vermeidung des- 
selben enthált das Folgende: se et 
suos continento die Bedingung. Das 
handschr. servos ist zu eng; deren 
Zügelung würde nicht ausgereicht 
haben, es M bedurfte vor Allem 
auch einer strengen Ueberwachung 
der cohors praetoria: seiner (des 
Pr. Legaten, Quaestoren, Freunde 
und Unterbeamten. Zur Erlàuterung 
der Stelle enthàlt Einiges Plut. Cat. 
Maj. 6 ἐπαρχίαν δὲ λαβὼν Σαρδόνα 
τῶν πρὸ αὐτοῦ στρατηγῶν εἰωϑό- 
τῶν χρῆσϑαι καὶ σκηνώμασι δη- 
μοσίοις καὶ κλίναις καὶ ἱματίοις, 
πολλῇ δὲ ϑεραπείᾳ καὶ φίλων 
πλήϑει καὶ περὶ δεῖπνα δαπάναις 
καὶ παρασκευαῖς βαρυνόντων ἐκεῖ- 
νος ἄπιστον ἐποίησε τὴν διαφορὰν 
τῆς εὐτελείας, und mehr Cic. Verr. 
Il. 2. 27—28 si enim innocentes 
existimari volumus , non solum nos 
sed etiam comites nostros praestare 
debemus, worher erklàrt durch: 
praefecti, scribae, accensi, medici, 
haruspices, praecones, ut quisque te 
maxime cognatione, adfimitaie, ne- 
cessitudine aliqua  attingebat, ita 
marime manus tua putabatur: co- 


hors illa tua plus mali dedit Si- 


ciliae &q. 

populi —  augento. Eine etwas 
wunderliche Vorschrift, da deren 
Erfülung auch  Fübigkeit  vor- 
aussetzt. Doch móglich, dass C. 
sie nur auf Gerechtigkeit der Ver- 
waltung, Enthaltsanikeit und son- 
stige sittliche Eigenschaften  be- 
zogen hat. 

Ebenso verwunderlich klingt das 
folgende Gebot; doch mildert sich 
dieser Eindruck durch Ciceros Er- 
làuterung — die erste, welche nach 
einer grossen Lücke der Text dar- 
bietet — welche andeutet, dass da- 
mit dem Jagen nach Geld und an- 
deren Schützen gesteuert werden 
soll. 

í lei suae ergo sq. S. 8 18 und 
d 


Tribuni eius sunto. Vgl. zu 8 6. 


Doch ganz so bedeutungslos wie 


dort steht es hier nicht. Denn da 
tribunus den Sinn Vorsteher an- 
genommen hat (L. I. 438), wird 
hier dadurch zu dem Gedanken 
etwas hinzugefügt, was dort nach 
dem vorangegangenen mperanto 
nicht der Fall war. — "Tribunen 
nàch ihrer Einsetzung durch die 
erste Secessio plebis 494 anfangs 
zwei, bald darauf fünf, seit 457 
zehn hatten a, das ius auxilii, wel- 
ches sich positiv in der prensio, 
Verhaftung, ausser ihnen nur den 
magistratus cum imperio (8. 6) und 
me thatsüchlich als rechtlich 
auch den Aedilen (L. I. 620) zu- 
stehend, (zu der sie sich der ein- 
zigen ihnen  zugehórigen Amte- 
diener, der viatores, wie gleichfalls 
die andren Magistrate, bedienten 
L. 1. 598; 662) negativ in der 
Intercession sowohl zum Schutz 
Einzelner als des gauzen Staates 
egenüber allen Magistraten mit 
usnahme des Dictators und der 
Censoren innerhalb ihrer spezifi- 


LIB. III. CAP. 8. 8 9. 


211 


quodque plebem rogassint, ratum esto, sanctique sunto, 
neve plebem orbam tribunis relinquunto. 


schen potestas (L. l. 602), gegen 
Beschlüsse des Senates wie des 
Volkes áusserte, b, das ws cum 
plebe agendi, factisch, seitdem die 
concilia plebis sich zu den das ganze 
Volk umfassenden Tributcomitien 
erweitert hatten, ein ws cum po- 
pulo agendi in diesen theils zur 
Wahl ihrer Nachfolger, theils zur 
Gesetzgebung, die in Folge der 
leges Valeria, Publilia, Hortensia: 
ut quod tributim plebs qussisset po- 
pulum teneret allmáhlich sich so 
umfassend entwickelte, dass den 
Centuriatcomitien zuletzt nur die 
lex de bello indicendo und de po- 
testate censoria übrig blieb (L. II. 
524), theils zu Anklagen, deren An- 
trag auf Vermógensbusse ging. — 
Ueber das ius cwm patribus agendi 
unten 8 10. 

ereassit, prohibessint, rogassint s. 
IL. 21 iussit. 

quod — prohibessint — rogassint. 
Die Form leidet an einer bemer- 
kenswerthen Ungenauigkeit. Denn 
nicht was sie verbieten, soll gültig 
sein (vielmehr ungültig), sondern 
dessen Nicht-geschehen-dürfen; was 
sie beantragen, soll gültig sein, 
aber natürlich erst, wenn es an- 
genommen (si plebs iussit), und 
diese Bedingung, wie schon W ytten- 
bach bemerkt, fehlt. Diesen for- 
malen Anstóssen liesse sich aber 
durch eine etwas gezwungene Con- 
struction entgehen, wenn quod nicht 
ale Beziehungsobject, sondern als 
inneres Object (das den Inhalt der 
im Verb legenden Thátigkeit be- 
zeichnende) angesehen würde, so- 
dass quod prohibessint soviel würe 
als quod intercesserint — qua inter- 
cessione usi erunt ; quodque rogassint 
8 V. ἃ, quam rogationem rogaverint. 
Dann würde ihre ZJIntercessio und 
FHogatio als rechtegültig hingestellt. 
Für den zweiten Theil ergábe sich 
dadurch eine Aenderung des Ge- 
dankens. Es würde dann nicht be- 
stimmt, dass, was die Tributcomi- 
tien beschliessen, für alle rechte- 
verbindlich sein, Gesetzeskraft ha- 
ben solle, was eigentlich hier nicht 


' Àmtes und die 


hergehórt, wo es sich um die Com- 
petenz der Tribunen, nicht der Co- 
mitien handelt (auch Wyttenb. fand 
diesen Sinn der Worte zweifelhaft), 
sondern dass die Tribunen berech- 
tigt würen, Antráge zu stellen, cwm 
plebe agere. Dies hatte ihnen Sulla 
beschránkt, indem er das Recht 
zu Gesetzesantrágen und Anklagen 
an die senatus auctoritas band, frei 
ihnen nur die Vornahme der Tri- 
bunenwahlen- gestattete (L. I. 610), 
wie er gleichzeitig die Intercession 
aufgehoben und die awxilü latio 
auf das ursprüngliche Mass des 
Schutzes für Einzelne (ib. 611) zu- 
rückgeführt hatte (unten 8 22). 
Einen Einwand gegen diese Auf- 
fassung kónnte man daraus ent- 
nehmen, dass unten 8 10 g. E. das 
Recht zu jeder Art von Antrágen den 
Tribunen zugetheilt wird, somit 
zweimal dasselbe gesagt würe. — 
Anlangend die erste Auffassung, so 
bestimmt L. (1. 599; II. 527; 537; 
548) das Verháltniss der drei oben 
angeführten leges: wt quod tributim 
plebs iussisset pop. teneret dahin, 
dass die lez Valeria Horatia die 
Gesetzeskraft der Tributbeschlüsse 
für Sachen, die nicht in die Com- 
petenz der Centuriatcomitien ein- 
griffen, namentlich für das Standes- 
recht und Privatrecht anerkennt, 
die lex» .Publilia in Sachen der 
Staatsverwaltung gegenüber der 
Competenz des Senates (z. B. be- 
treffend den Antheil des Volkes an 
den Kriegstribunenwahlen, an dem 
Abschluss von Vertrügen etc.), die 
lex Hortensia in Hinsicht der das 
Imperium betreffenden V erfassungs- 
verüánderungen gegenüber der frü- 
heren Alleinberechtigung der Cen- 
turiatcomitien dazu. 

sanctique sunto unverletzlich, ge- 
wóhnlich sacrosancti — durch die 
leges sacratae der ersten Secession 
verbürgt.  Hieraus folgt zugleich 
die Unanklagbarkeit wührend des 
Unverantwort- 
lichkeit nach demselben. L. 
l. 593 und unten 8 11. 

neve plebem orb. &q. 


14* 


Liv. 9. δῦ, 


212 


DE LEGIBUS 


10. Omnes magistratus auspicium iudiciumque ha- 


bento, exque is senatus esto. 


14 erwühnt eine ler Dwilia v. J. 
449: qui plebem sine tribunis reli- 
quisset, tergo ac capite pwniretur. 
Lange dagegen I. 474 findet es wahr- 
scheinlich, dass diese Bestimmung 
in dem Plebiscit des Tribunen L. 
Trebonius v. J. 448, welcher die 
Cooptation der Tribunen aufhob 
(Liv. 3. 65. 3), mit enthalten ge- 
wesen sel. 

8 10. Omnes magg. ausp. Vgl. 
zu $ 6. Man unterschied auspicia 
maiora und minora; die ersteren 
hatten die Magg. maiores, die letz- 
teren die Magg. minores. Ueber 
den wesentlichen Unterschied der- 
selben ist es schwer, sich einen Be- 
griff zu machen. Es heisst: die 
auspicia maiora waren in Bezug 
auf dasselbe Vorhaben magis rata, 
hoben somit die minora auf (L. I. 
502; Gell. 13. 15 extr.) , aber auch 
die der Prütoren, obwohl maiora, 
waren graduell geringer als die der 
Consuln oder Dictatoren (L. I. 506). 
Dann heisst es die auspicia mazima 
— 1naiora) galten für den ganzen 
taat (L. I. 597), aber auch dieser 
Unterschied ist zweifelhaft, wenn 
anders alle Magistrate innerhalb 
ihres Geschüftskreises theoretisch 
für den ganzen Staat ermüchtigt 
erscheinen (s. 8 9 imperia) im Ggs. 
zu den Promagistraten (Proconsuln 
cett), die daher rüumlich  be- 
schrünkte auspicia, nümlich die 
bellica, nicht aber die wrbana hat- 
ten (L.I. 537). Ferner kónnte man 
glauben, dass die a. minora nur 
auf einen bestimmten Gescháfts- 
kreis beschrünkt seien (L. 1. 644), 
die a. maiora als aus der Kónigs- 
gewalthervorgegangen (Pauly Reall. 
a. 1842, II. p. 1176) auf das Ge- 
sammtgebiet aller Staatsangelegen- 
heiten sich erstreckten. Aber wir 
erfahren, dass die censorischen 
auspicia, obwohl maiora, sich mit 
denen der Consuln (L. 1. 506 nennt 
sie spezifisch verschieden) nicht be- 
rührten (Gell. a. à. Ὁ. »eque con- 
sules aut. praetores censoribus meque 
censores consulibus aut praetoribus 


Eius decreta rata sunto: 


turbant aut retinent auspicia). Da- 
gegen heisst es auch, dass ein for- 
meller Unterschied Statt gefunden 
habe, insofern die minora mit ge- 
ringerer Feierlichkeit und weniger 
kunstgerechter Behandlung  vor- 
genommen seien (Pauly 11. p. 1177) 
oder in den weniger feierlichen 
Beobachtungsarten, wie dem tripu- 
dium, bestanden haben (ib. 1176, 
dagegen Mommsen R. A. I. p. 90). 
In einer Beziehung übrigens waren 
auf diesem Gebiete alle Magistrate 
gleichgestellt, insofern sie alle das 
hecht de caelo servandi — nach 
einem Blitze zu forschen — hatten 
und durch Ankündigung schon die- 
ses Vorhabens dem Abhalten einer 
Volksversammlung, von welchem 
Magistrat sie auch berufen sein 
mochte, ein absolutes Hinderniss 
in den Weg zu legen vermochten 
(L. 1. 413; 502—3), weswegen in 
dem Berufungsedicte der Comitien 
die Formel stehend wurde: ne quis 


ten durch ihre multae dictio, wenn 
innerhalb einer bestimmten Grenze 
bleibend, eine unprovocabele, wenn 
darüber hinausgehend, provocabele 
Gerichtsbarkeit (zu 8 6 und L. I. 
502). 

exque dis senatus esto. Die lex 
Ovinia (L. II. 313) gewührte allen 
curulischen Beamten, das Plebi- 
scitum Atinium — a. 214 — auch 
den gewesenen Tribunen und ple- 
bejischen Aedilen (ib. 316) einen 
Anspruch auf Aufnahme in den 
Senat, Sulla bestimmte unter Auf- 
hebung der Censur, dass alle quae- 
storii in den Senat eintreten soll- 
ten (Il. 319). Bei diesem Grund- 
satze verblieb es auch nach Wieder- 
herstellung der Censur, und es ist 
nicht anzunehmen, dass C. habe 
weitergreifen und auch die niedri- 
geren Magistrate aufgenommen wis- 
sen wollen. Also ist eine Un- 
genauigkeit des Ausdrucks zu con- 
statiren (vgl. 8 6). Ein Novum kann 


Lib. III. CAP. 3. 8 10. 


213 


ast potestas par maiorve prohibessit, perscripta servanto. 
Is ordo vitio vacato, ceteris specimen esto. 


nach Obigem (cf. 8. 7 u. L. II. 320) 
in dieser Bestimmung Ciceros nicht 
gefunden werden, wenn anders an- 
zunehmen (s. $ 7), dass er die den 
Act der Erhebung formell ab- 
schliessende lectio senatus durch 
die Censoren vermittels Eintragung 
der Berechtigten in das Album sena- 
torum nicht aufgehoben wissen 
wollte. Wenn er sich daher 8 27 
(sublata cooptatione censoria) den 
Anschein gibt, etwas Neues be- 
stimmt zu haben, so mag dies dar- 
auf beruhen, dass es theoretisch 
zweifelhaft sein mochte, ob nach 
dem Sturz der Sullanischen Ver- 
fassung (L. a. a. O.) das betreffende 
Gesetz desselben noch in Kraft be- 
stehe und von den Censoren an- 
erkannt zu werden brauche. — 
Eius decreta rata . .. sc. inner- 
halb seiner Competenz, die am be- 
deutendsten auf dem  Verwal- 
tungsgebiete war, wo sie die 
Oberaufsicht über die Religion, 
über die auswürtigen Angele- 
genheiten — insbesondere durch 
die Mitwirkung beim Beschluss 
eines Krieges, beim Abschluss von 
Friedens- und sonstigen Vertrügen, 
durch Bezeichnung der Kriegsschau- 
plátze, die Eintheilung in consula- 
rische und prütorische Provinzen, 
die Leitung der diplomatischen Ver- 
handlungen, die Verfügung (über 
das Schicksal der Unterworfenen 
— über das Finanzwesen durch 
Bestimmung der Einnahmen und 
Ausgaben, von Polybius mit Recht 
als Kern der gesammten Senate- 
competenz angesehen, sowie das 
entsprechende, wenngleich wegen 
Theilung mit der Staatesregierung 
beschrünktere, Recht der heutigen 
parlamentarischen  Kórperschaften 
bei Weitem als das wichtigste der- 
selben gilt, umfasste, sich auf die 
Gesetzgebung erstreckte, da 
jedem  Gesetzesvorschlag in den 
Centuriat- wie 'Tributcomitien die 


Genehmigung durch ein Senatus- - 


consultum — die patrum auctoritas 
— vorangehen musste, welche auch 
durch die lez Publilia: wt legum, 


quae comitWs centuriatis ferrentwr, 
ante initum suffragium patres aucto- 
res fierent, wo unter patres die Pa- 
tricier der  Centuriatcomitien zu 
verstehen sind, nicht aufgehoben, 
noch durch die lex Valeria- Horatia: 
ut quod iribwtim plebs $ussisset po- 
pulum teneret ausgeschlossen wurde 
(L. IL. p. 517 flg.; p. 528 flg), 
mittelbar auch in das Gerichts- 
wesen eingriff, insofern bis auf 
C. Gracchus aus ihm allein, dann 
aus ihm und den Rittern, spá- 
ter auch den tribuni aerarii das 
Album der Criminalrichter — auch 
die Privatrichter mit Ausnahme der 
aus den Tribus gewáühlten Centum- 
viri (s. Rein p. 871; oben zu Prae- 
tor) waren durchgehends Senatoren 
— gebildet wurde, ferner durch 
Uebertragung von quaestiones ez- 
traordinariae an Consuln oder an- 
dere Magistrate cum imperio. L. 
IL. 8 116—118. Cf. unten 8 28. 


ast potestas .. . hypothet. Vor- 
dersatz ohne s? (logisch auf einen 
Fragesatz zurückzuführen; vgl. den 
analogen griech. Gebr. K. W. Krüger 
S 54. 1. A. 2), wie unten noch: 
ast quid, erit ἃ. $ 11 ast quid tur- 
bassitur: eine Satzform, über die 
bekanntlich schon Bentley Hor. 
Sat. II. 6. 48 gehandelt, und deren 
nicht seltenen Gebrauch auch in 
der Prosa zumal bei Cic. Haacke 
Gr. St. Lehrb. $ 93. 2 u. Süpfle 
Pr. A. II. 8 69 lehren und mit Bei- 
spielen belegen. Anders urtheilt 
Schüll, 5. zu II. 19 ast olla. 


perscripta . .. Beschlüsse, gegen 
die intercedirt worden, hiessen se- 
natus auctoritates; ein gültiger se- 
natus consultum oder s. decretum, 
ers&eres als Urkunde, letzteres in 
Hinsicht des Inhaltes (L. II. 362). 


Is ordo... Wenn dies nicht das- 
selbe besagen soll, wie oben 8 7 
probrum (n sen. ne r., muss darin 
eine an die Senatoren selbst ge- 
richtete Moralvorsehrift enthalten 
sein, wie sie es in dem Folgenden 
specimen esto offenbar ist. Vgl. II. 
9 duella iust, 


214 


DE LEGIBUS 


Creatio magistratuum,iudicia populi, iussa vetita cum 
suffragiocosciscentur,optumatibusnota, plebi libera sunto. 
Ast quid erit, quod extra magistratus coerari 

oesus sit, qui coeret, populus creato eique ius coerandi dato. 
Cum populo patribusque agendi ius esto consuli, prae- 
tori, magistro populi equitumque eique, quem patres pro- 


dunt consulum rogandorwm 


Creatio mag. sq. Wahl, Gerichts- 
urtheile, Gesetze (iwssa — vetita) 
gibt die drei Richtungen der Ge- 
sammttháütigkeit des Volkes in den 
Comitien an. 

conscisco gemeinsam beschliessen. 
Z. Orth. s. 8 11 cesoris. 

optwmat. ^ot. sq. enthált eine 
Zusicherung der Stimmfreiheit un- 
ter Wahrung des Einflusses der Vor- 
nehmen. Das Náühere zu $ 33 flg. 

Cap.IV. Ast quid ... Ueber quid 
zu l. 41 und unten 8 11 ast quid 
turbassitur. 

extra magistratus verb. mit cu- 
rari: was ausserhalb des Gescháfts- 
kreises der Magistrate zu behandeln 
nóthig ist. 

coerare — oesus zu ploera 8 6. 

usus est in Bedeut, u. Constr. — 
opus est: mit Acc. c. Inf., mit Sub- 
jectsnominativ — unten quod usus 
erit —, mit Abl.: navis, quibus usus 
non est Att. IX. 6. 3, bei Liv. (X. 
8. 12, XXVI. 9. 9) auch mit Genit., 
und bei áülteren: Plaut. (Trin. II. 
4. 102) Terent, (Hec. III. 1. 47) 
mit Abl. part.; sonst noch verein- 
zelt bei Cic., wie Tusc. 4. 5; Off 
1. 92. 

qwi c. pop. cr. und zwar wie die 
magg. minores in den Tributcomi- 
tien. Wir finden als solche ausser- 
ordentliche Magistrate zu vorüber- 
gehenden Zwecken gewühlt triwm- 
viri coloniae deducendae, triumviri, 
quinqueviri, septemviri, decemviri 
agro metiendo dividendo, duumviri 
aedi dedicamdae und aedificandae, 
triumviri und. quinqueviri mensartii 
(zum Behuf der Schuldentilgung), 
triumviri sacris conquirendis donis- 
que persignandis, aedibus reficiendis, 
quinqueviri muris turribusque refi- 
ciendis. Nur bei der ebenfalls in 
dies Gebiet fallenden cura annonae 
ist von dem Prinzip der Collegia- 
litàt abgesehen und sie zweimal 


ergo; tribunisque, quos sibi 


einem einzelnen praefectus annonae, 
dem Minucius 440 ἃ. Pompeius 57, 
übertragen worden. L. I. 8 89. 
Cum pop. d. h. in den Comitien, 
insbes, den Centuriatcomitien, 
wie der Gegens. ad plebem unten 
lehrt, agendi Antráge zu stellen ein- 
schliesslich des Hechts der Be- 
rufung. Die Berufung der Centc. 
stand allen magg. maiores zu, je- 
doch den Práütoren, dem Interrex 
(quem patr. pr.) und den Censoren 
nur für gewisse Zwecke, den maio- 
res cum imperio mit Ausnahme 
der Práütoren unbeschrünkt (L. I. 
480 u. 506), wührend die Tribunen 
u. magg. minores sie nur im Auf- 
trage oder mit Erlaubniss eines 
maior für den Zweck eines Volks- 
gerichts berufen konnten.  Ausge- 
schlossen hat Cic. die Censoren, 
weil diese nicht auch das Recht, 
den Senat oder die Curiat- u. Tri- 
butcomitien zu berufen hatten (L. I. 
513), dagegen eingeschlossen den 
mag. eqwit., hinsichtlich dessen ein 
eschichtlicher Beleg sich nicht 
det, und dem als mag. minor die 
Befugniss zur Berufung der Cen- 
turiateomitien von mehreren be- 
stritten wird (L. I. 557), wührend 
Mommsen (R. Staats. I. 188. A. 5) 
mit Recht die Angabe Ciceros für 
beweiskrüftig und die Analogie des 
Prütor, dem er im ?us gleichgestellt, 
für entscheidend hàlt. Alle diese 
Beamten (mit Ausnahme der Cen- 
soren) hatten auch das Recht die 
Tributcomitien zu berufen, wenig- 
stens für Wahlen --- für Gesetz- 
gebung nachweislich die Consuln 
und Prátoren, wohingegen die Lei- 
tung richterlicher Comitien mit den 
Tribunen nur die plebejischen und 
curulischen Aedilen noch theilten 
(L. 1I. : 120) — sowie den Senat 
(L. II. $8 113). Das Recht letzteren 
zu berufen erhielten ba!d nach den 


LIB. III. CAP. 3. 4. $ 10. 11. 


215 


plebes creassit, ius esto cum patribus agendi, idem ad 
plebem, quod oesus erit, ferunto. 
Quae cum populo quaeque àn patribus agentur, mo- 


dica sunto. 
11. 


Senatori, qui nec aderit, aut causa aut culpa 


esto: loco senator et modo orato: causas populi teneto. 


leges Liciniae auch die Tribunen, 
denen ausserdem natürlich auch 
das ius cum plebe agendi d. h. im 
spüteren Sinne cwm populo in den 
Tributcomitien zustand. 

produnt, wofür einige prodent 
verlangt haben. Das Praes. ent- 
hàlt die allgemeine Bestimmung 
der Eigenschaft ohne Bezieh. auf 
den einzelnen Fall. (Cf. 2. 35.) 

rogare consules zur Wahl vor- 
schlagen eigtl | wegen der Wahl 
befragen. Cf. Div. I. 33; Att. IX. 
9. 3; Liv. III. 65 4; L. II. 416. 

creassit nach Bakes Emendation 
statt des unsinnigen rogassit. Denn 
populus rogatur nicht rogat, welches 
letztere Sache der Magistrate. 

— qmodica sunto. Cf. 8 40 id 
est modesta atque sedata. | Actor 
enim moderatur εἰ fingit. non modo 
mentem ac voluntates sed paene vul- 
tus eorum apud quos agit. Der 
Antragsteller soll das Volk nicht 
aufzuregen, z. B. durch Uebertrei- 
bungen, Verdüchtigungen, und zu 
übereilten Beschlüssen hinzureissen 
suchen. Man denke etwa an den 
durch Kleon 427 herbeigeführten 
Beschluss, alle herangewachsenen 
mánnlichen Mytilenàer zu tódten 
und dieStadt zu vernichten, welchen 
das Volk bald bereute. Verschieden 
unten vis — abesto 80. &ussere Gewalt. 
— Auch diese Vorschrift ist mehr 
moralischer Art. | 

$ 11. Senatori, qui nec (zu I. 56) 
aderit aut causa aut culpa... Vgl. 
Lange IL p. 338. ,Die Senatoren 
waren verpflichtet in der Sitzung 
zu erscheinen oder ihr Ausbleiben 
zu entschuldigen. Sie konnten für 
unentechuldigtes Ausbleiben durch 
pignoris capio oder multae dictio 
bestraft werden." HRichtiger: durch 


p. c. zum Erscheinen gezwungen . 


werden (cf. Phil. L 12), denn das 
erhobene Pfand wurde durch das 
Erscheinen eben ausgelóst; dagegen 


als Strafmittel steht die Pfándung 
(von den Magistraten vollzogen u. im 
Imperium beruhend) in Verbindung 
mit der multae dictio, indem sie die 
auferlegte Geldstrafe sicherte. Vgl. 
Pauly Reall. zu p. c. u. Rein p. 351. 
Loco senator orato, i. e. (8 40) 
rogatus. Die Reihenfolge, in wel- 
cher die Senatoren stimmten (bei 
der Abstimmung per singulorum 
sententias exquisitas; denn es gab 
ausser dieser auch ein summarisches 
Verfahren per discessionem, welches 
theils allein angewendet wurde 
theils nach vollendeter Umfrage) 
und ihr Votum mündlich — sei es 
in kürzerer sei es in lángerer Rede 
— begründeten oder auch bloss mit 
dem Worte: Cm. Pompeio (verbi 
causa) assentior (verbo assentiri) ab- 
gaben, war seit der lex Ovinia be- 
stimmt, indem zuerst der princeps 
senatus, gew. der ülteste censorius 
(L. II. p. 331), gefragt wurde, dann 
die übrigen Consulare, dann die Prá- 
torier, die aedilició curules, dann, 
was selten geschah, daher für die 
folgenden Kategorien der Ausdruck 
pedarii — von pedibus in senten- 
tiamire — üblich wurde (L.II. p. 327), 
die aedilicii plebeii, die tribunicii, 
die quaestorit, die adlecti (die noch 
kein Amt bekleidet hatten, ebds.), 
eine Reihenfolge, die am Ende der 
HKepublik in der Weise modifizirt 
wurde, dass in der letzten Zeit des 
Jahres nach erfolgter Consulwahl 
die consules designati vor dem 
princeps senatus gefragt wurden. 
L. II. p. 353 flg. Bestand nun eine 
derartige Ieihenfolge, 80 war natur- 
gemüss die Móglichkeit eines nicht 
loco Stimmens und RHedens aus- 
geschlossen. Die vorliegende Be- 
stimmung hat somit offenbar den 
Zweck, eben eine solche Reihenfolge 
auch für Ciceros Staat festzusetzen. 
modo: ne sit infinitus, 8 40, 
causas p. teneto ,,80ll die poli- 


216 


DE LEGIBUS 


Vis in populo abesto. Par maiorve potestas plus va- 
leto. Ast quid turbassitur in agendo, fraus actoris esto. 
Intercessor rei malae salutaris civis esto. 

Qui agent, auspicia servanto, auguri publico parento, 
promulgata proposita in aerario cognita agunto, nec 


tischen Verhültnisse wohl kennen.* 
Vgl 8 41 und über diese Bedeut. 
von causa zu I. 48. 

vis in p. a. üussere Gewalt z. B. 
durch Aufgebot von Sklaven- und 
Gladiatorenschaaren, wie sie Clo- 
dius oft zur Einschüchterung von 
Gerichten und Volksversammlungen 
anweudete, oder von militürischen 
Streitkrüften etc., überhaupt aber 
auch verfassungswidriges Vorgehen, 
wie durch Missachtung des fol- 
genden in der róm. Verfass. (oben 
zu $ 6 u. L. I. 501) gültigen Grund- 
satzes (vgl. Caesar zu Bibulus). 

turbassitur archaist. Fut. II. Pass. 
— (wrbatwm erit, nur in dieser 
Person vereinzelt vorkommend, Neue 
II. $8 69 extr; Corssen A. d. L. Spr. 
IL. (2. A.) p. 565. Sinn: bei jedem 
gesetzwidrigen Vorgehen soll der 
Nachtheil den Antragsteller und 
Leiter der Versammlung treffen. 
Zu dieser Bedeutung von fraus vgl. 
II. 60 se fraude; 111, 42; Corn. B. 
63; Rab. post 19; p. Cluent. 91; 
d. Dom. 123; p. S. Rosc. 49; Phil. 
5.34; 8. 335 Att. δ. 21. 129; 7. 26. 2; 
Fam. 1. 59. 4. (Móglich würe hier 
und 42 auch: ,die Schuld". Den 
Grund enthült 8 42. 

Interc. r. m. sq. Eine etwas vage 
Gesetzesbestimmung. Was ist res 
mala? lm Sinne Ciceros: eine dem 
Interesse der Nobilitüt widerstrei- 
tende. salutaris civis esto: Liegt 
darin mehr als eine blosse Ehren- 
erklàrung, etwa eine Sicherung 
gegen spátere gerichtliche Verant- 
wortung, die sonst zu gewürtigen 
(8 11 extr)? Schwerlich. Denn 
8 43: Quis non studiose rei publicae 
subvenerit hac tam praeclara legis 
voce laudatus? 

Qui ag. ausp. s. Das ebenso 
schmáhliche wie làcherliche Gaukel- 
spiel mit den Auspicien, haupteüch- 
hneh von der Aristokratie zur Hin- 
tertreibung unbequemer Beschlüsse 


angewendet und mit Recht von C. 
als eine der wirksamsten Stützen 
ihrer Macht angesehen, war schon 
so in Misscredit gekommen, dass 
Caes. sich an dies von Bibulus 
gegen ihn angewendete Verfahren 
nicht mehr kehrte und 58 die lex 
Clodia de auspiciis et. obnuntatione 
durchging, welche die Anstellung 
von Auspicien für Comitien unter- 
sagte — freilich nicht mit nach- 
haltiger Geltung (L. I. 256; II. 415; 
Halm p. Sest. 129) Wozu aber 
noch einmal diese Bestimmung, die 
doch schon früher in dem Religions- 
verfassungsgesetz: qui agent rem 
duelli quique popularem auspicium 
praemonento  ollique | obtemperanto 
(II. 21) gegeben worden war? Hóch- 
stens dass man sagen kann: dort 
war den Augurn befohlen, die 
Auspieien im Auftrage der Magi- 
strate zu beobachten, hier den 
Magistraten sie auch beobachten 
zu lassen. Aber der zweite Theil 
bringt sicherlich nichts Neues. 
promulgata 8q. ,, Antragsteller, die 
ein Gesetz geben wollten, theilten 
den Entwurf dem Senate mit und 
stellten ihn auf Tafeln (per trinun- 
dinum) óffentlich in der Stadt auf, 
verbreiteten ihn auch wohl auf dem 
Lande.^ L. IL p. 553. Diese Art 
der Veróffentlichung hiess promul- 
gare. Für die folgenden Ausdrücke 
ist bisher weder 'eine Erklürung 
noch eine annehmbare Emendation 
gefunden worden. Was das aera- 
rium betrifft, so war dies als sicherster 
Aufbewahrungsort (daher auch die 
Fahnen dort aufgestellt wurden) in 
der letzten Zeit der Republik das 
Centralarchiv, wührend als Spezial- 
archive noch bekannt sind der Tem- 
pel der Ceres fiir die aediles plebeii, 
das Capitol für die aediles curules 
(L. IL. 556), das atriwm Libertatis 
und spüter aedes Nympharum für 
die Censoren (L. 1. 581) Diese 


LIB. III. CAP. 4. 8 11. 


legten dort ihre Censustafeln nieder, 
die sie aber reinschriftlnich ans 
Aerarium ablieferten, die aediles 
curules hatten die Handelsvertràáge 
aufzubewahren (L. I. 622), wáhrend 
die aediles plebeii ursprünglich die 
Plebiscite, dann auch die Senatus- 
consulte (L. I. 615) in ihr Archiv 
aufnahmen. Zuletzt aber war es 
das Aerarium im Tempel des Sa- 
turn, wo Leges, Plebiscita, Scon- 
sulta und andere wichtige Urkun- 
den deponirt wurden (L. I. 637). 
Nun hat man sich aber füglich zu 
wundern, was die noch nicht be- 
rathenen und genehmigten Gesetzes- 
vorschlàge im  Aerarium sollen. 
Denn náhme man auch an, dass ihr 
historischer Werth ihnen einen Platz 
daselbst verschaffen konnte, so hátte 
— abgesehen davon dass dann de- 
posita stehen müsste — dieser doch 
keine Beziehung zu der folgenden 
Verhandlung (proposita — agunto). 
Oder verlangte Cic. eine vorher- 
gehende Prüfung der Entwürfe durch 
die Aufsichtsbeamten des Aerars, 
vielleicht die Censoren, die als 
stándig angenommen und zu Ge- 
setzeswáchtern erhoben werden 
sollen? Oder hat es die von Turn. 
angenommene Bewandtniss: potestas 
ut esset populo cognoscendi otiose? 
Oder was sonst ist dabei zu denken ? 
Vielleicht, dass eine genauere Kennt- 
niss der róm. Verfassungsverhült. 
niese, als wir sie haben, dazu ge- 
hórt, um das Dunkel zu lichten? 
Bait. interpung. proposita, in aera- 
rio cognita. Proposita liesse sich 
auf den Senat beziehen, aber in 
aerario cogn. gibt keinen klareren 
Sinn als prop. in aer. Auch condita 
ist für cognita conjicirt. Aber dem 
ἐγ wieder der zuerst erhobene 
Einwand entgegen. Andere Emen- 
dationen sind i» aere (Gór., als 
ob auch Gesetzesvorschlàáge ver- 
ewigt werden müssten, und als 
ob selbst in diesem Falle nicht 
auch Stein oder ein anderes festes 
Material dazu hátte dienen kónnen), 
in foro (Manut), im albo (Orel.), 
ow, n (Bake). (V. citirt scholium 
in Sestianam c. 64, 135 Licinia et 
Iunia cavebat me clam aerario 
legem. ferri liceret, quoniam leges 


A os II. p. 


211 


in aerario condebantur. Wenn V., 
wie es scheint, daraus entnimmt, 
dass schon der Gesetzesvorschlag 
den Beamten des  Aerars habe 
übergeben werden müssen, wie passt 
dazu der vom Scholiasten angeführte 
Grund? In Pauly Reall zu lex 
lwnia Lc. ist der Sinn des Ge- 
setzes dahin gedeutet: Es verbot 
neue Gesetze ohne Zeugen (da- 
mit keine Verfálschung der Tafeln 
vorgenommen werden kónne) in 
das Aerar zu bringen, wo die Ge- 
setzestafeln aufbewahrt werden; 
mit dem Zusatze: Dieser Sinn tritt 
noch schárfer hervor, wenn man 
inferri liest, wie Halm conjicirt. 
Ebenso L.ILp. 556.) Eine fast nicht 
geringere Schwierigkeit liegt in 
cognita. Man móchte zunüchst im 
Unterschied von prom. prop. an 
mündliche Belehrung in Contionen 
denken. Aber von der Nothwen- 
digkeit dieser unmittelbar vor der 
Abstimmung, ehe das Volk noch 
zu Comitien constituirt ist, ist nach- 
her die Rede, auch kann sie als Theil 
der Verhandlung selbst nicht ge- 
meintsein. Dass aber ausser dieser 
Contio noch andre belehrende Ver- 
sammlungen —- obgleich sie ge- 
wóhnlich statt fanden (L. II. 8 134.) 
— vorher háütten Statt finden 
müssen, ist weder nachweisbar 
noch denkbar. Einige sehen in 
cognita eine publicistische Hàufung 
des Ausdrucks. Dann muss in aerario 
fortfallen, was auch Wagn. u. Feldh. 
streichen. Vielleicht dass cognita 
im zusammenfassenden Sinne zu 
nehmen im Hinblick auf die ver- 
schiedenen móglichen Arten der 
Verüffentlichung. 

"£C. pl. οἵ, unten nec eo magis, 
zu II. 21. 

nec pl. — semul — consulunto. 
Aeltere Form semol, dann semul, 
simul nach dem bekannten Laut- 
schwüchungsgesetz von ἃ zu o zu 
ἃ zu e zu i, nie in umgekehrter 
Stufenfolge; Corssen A. τι. Vokalism. 
II. p. 362 und an ἃ, St., Schweiz.- 
Sidl. $ 6 u. 8 11, Zur Sache vgl. 
554, Bei der Abstim- 
mung wurden niemals die einzelnen 
Paragraphen der Gesetze einzeln 
zur Abstimmung gebracht, sondern 


218 


DE LEGIBUS 


plus quam de singulis rebus semul consulunto, rem popu- 
lum docento, doceri a magistratibus privatisque patiunto. 
Privilegia ne inroganto: de capile civis nisi per 


es wurde, nachdem nochmals in 
der unmittelbar der Abstimmung 
vorhergehenden Contio über den 
Inhalt berathen war, das ganze 
Gesetz em bloc entweder angenom- 
men oder abgelehnt. Jedoch wurde 
es durch die lex Caecilia Didia, die- 
selbe, welche die Beobachtung des 
Trinundinums der Promulgations- 
frist gesetzlich vorschrieb,  ver- 
boten, Bestimmungen ganz ver- 
schiedener Art in ein und dasselbe 
Gesetz aufzunehmen, wie es früher 
2. B. bei der lex Licinia Sextia ge- 
schehen war, oder über mehrere 
verschiedene Gesetze in Einer Ab- 
stimmung ( per saturam) entscheiden 
zu lassen.* Die Hdschr. haben 
semel. Da nun nicht zweifelhaft 
sein kann, dass C. den eben ange- 
gebenen Sachverhalt im Auge hatte, 
80 kann V., der semel beibehült, es 
schwerlich in anderem Sinne ge- 
fasst haben, als in dem von: auf 
einmal, den es bisweilen hat. Vgl, 
Forcell. semel à, E., wo unt. and. 
Sen. Q. N. 4. 2 med.; ib. 2. 8 extr.; 
ep. 71 med.; Ulp. Dig. 37. 14. 106 f. 
angeführt werden, Hierzu bemerkt 
aber der neueste Herausg. des Lex.: 
simul spectat plura varia quae uno 
tempore fiunt; semel designat eam 
agendi rationem, quae opus aliquod 
peragendum non dirimit sed. uno 
quasi laboris ictu perficit, mit a. W. 
semel ist Ggs. von gradatim, griech. 
ἀϑρόον, berührt sich mit subito. 
Ist, wie ich meine, dies richtig, 
so würde semel nicht zuzulassen 
sein. 

rem. pop. doc. sq. sc. in der 
Schlusscontio. ^ Der prüsidirende 
Mag. hatte Magistraten, wie Pri- 
vàten das Wort ad suadendum oder 
dissuadendum zu ertheilen (con- 
tionem dare), wobei die Reihenfolge 
beobachtet wurde, dass man erst 
privati, dann magistratus sprechen 
liess, L. II. p. 417. 

patiunto cf. 7, tuento. 

Privilegia ne inr. war schon eine 
Bestimmung der leges sacratae (zu 
II. 18) u. XII. Tafeln: p. Sest. 65 


cum sacratis legibus οὐ duodecim 
tabulis sanctum esset, ut me cui 
privilegium inrogari liceret; d. Dom. 
43 vetant leges sacratae, vetant XII 
tabulae leges privatis hominibus in- 
rogari. Privilegium hiess jedes zu 
Gunsten oder zum Nachtheil einer 
einzelnen Person (oder auch wohl 
mehrerer einzelnen) erlassene Ge- 
setz. "Vgl. Lange Il. 574.  Der- 
artiger privilegia finden sich unter 
dem  Capitel der (iussa specialia 
L. IL $ 133 eine grosse Anzahl 
angeführt, wie Bewilligungen von 
Triumphen, lez Herennia de P. Clodio 
ad plebem traducendo, l. de Q. F'abio 
Apolloniatis tradendo wegen Ver- 
letzung des Gesandtenrechts, Ma- 
nilia, de imperio Cn. Pompei ἃ. a., 
die offenbar nicht alle im Wider- 
spruch mit dem  Xlltafelgesetz 
erlassen sein kónnen. Gemeint sind 
in diesem nur Einzelgesetze zum 
Nachtheil einer Person und zwar 
solche, welche an Stelle einer recht- 
lichen. Entscheidung sei es durch 
ordentliches, sei es durch ausser- 
ordentliches Gerichtsverfahren (die 
Einsetzung eines solchen lag jeder- 
zeit in der Hand des Volkes) tra- 
ten und gewissermassen die Volks- 
gerichtsbarkeit selber beseitigten. 
Vgl Lange IL p. 591. Pauly 
Reall. zu pricil. bie Auslieferung 
von Bürgern an fremde Staaten 
steht damit nicht im Widerspruch, 
da Frevel gegen diese civilrechtlich 
nicht entschieden werden konnten, 
wohl aber finden sich andere Fülle, 
in denen das Volk kaum noch jenes 
Gesetz respectirt zu haben scheint 
(ib. 590), und dem Clodius beinahe 
ein Prücedenz gegeben wurde, für 
die gegen Cic. gerichtete lex: wf 
qui civem Homanum  indemnatum 
interemisset, ei aqua et igni inter- 
diceretur, deren Brandmarkung hier 
C. mit im Auge hat, sowie auch 
das Folgende Beziehung auf selbst 
erlittenes Unrecht hat. 

de cap. civ, Eine ebenfalls schon 
in den leges sacratae ἃ. XII Τα, : 
enthaltene Bestimmung verbot: de 


LIB. HI. CAP. 3. 8ὶ 11. 


219 


macimum comitiatum ollosque, quos censores in partibus 


populi locasint, ne ferunto. 


Donum ne capiunto neve danío neve petenda neve 
gerenda neve gesta potestate. 


capite civis nisi. comitiis centuriatis 
rogari ne liceat, p. Sest. 65, Lange 
IL p. 473, die gleichfalls Clodius 
verletzt hatte, als er nach Ciceros 
Flucht aus Rom durch die Tribut- 
comitien beschliessen liess: οὐ M. 
Tullio aqua et igni interdictum sit 
(d. Dom. 47; 82). Ueber per zu 
86. Mazimus comitiatus nennt C. 
die Centuriatcomitien, weil sie im 
Unterschied von den Curiatcomitien, 
welche die Patricier, u. den Tribut- 
comitien, welche ursprünglich nur 
die Plebs enthielten, von Hause aus 
das ganze Volk umfassten. — Die 
Capitalgerichtsbarkeit der Centu- 
riatcomitien (zu $ 6) bezeichnet ihr 
Recht auf Tod oder aquae et ignis 
interdictio d. h. Verlust der Civitát 
und des ganzen Vermógens zu er- 
kennen, dem gegenüber die Tribut- 
comitien nur eine Geldstrafe ver- 
bángen konnten. Je nach dem 
Strafantrage des anklagenden Ma- 
gistrats nicht nach der Qualitát des 
Verbrechens entschied sich das 
Forum (L. II. p. 497. 8 127). ollos- 
que: que explicativ. Vgl. Nügelsb. 
Stil. $ 195. I. b. — qwos cens. sq. 
Der Ausdruck leidet an einer be- 
merkenswerthen Ungenauigkeit. Es 
liessen sich die Worte auch auf die 
Tributcomitien beziehen. ^ Denn 
($ 1) censores populi partes in tri- 
bus describunto. Hier aber kónnen 
mit partes, wie schon Turn. ge- 
sehen, nur classes et centuriae ge- 
meint sein. Vielleicht liesse sich 
dem Mangel einigermaesen abhelfen 
durch Einschiebung von censu: auf 
Grund der Vermógensschützung vor 
censores oder Aenderung von cen- 
sores in censu mit Erg. von cen- 
sores, Auch in ollos qui bietet der 
Ausdruck Anstoss: die, welche die 
Censoren (nach Massgabe des Ver- 
mógens) den Volksabtheilungen zu- 
getheilt — in Klassen und Cen- 
turien getheilt haben; als ob dies 
andere würen als die, welche tri- 
butim getheilt sind. Freilich nach 


einigen Forschern hatten bis zu den 
letzten Zeiten die Libertinen noch 
kein Recht, in die Klassen auf- 
genommen zu werden (L. 11. p. 446; 
ib. 25), wührend sie wenigstens in 
die íribus wrbanae aufgenommen 
werden mussten (L. I. 372 extr.; 
380—83); aber da sie einmal we- 
nigstens der centwria capite censo- 
rum zugewiesen werden mussten 
(L. I. 380 in), sodann auch die 
Móglichkeit von dem Censusprinzip 
zum Nachtheil gewisser Bürger ab- 
zugehen von anderen PForschern 
(Momms. R. St. 11. 1. p. 401 Ηρ.) 
bestritten wird, so wird es schwer- 
lich gelingen, auf diesem Wege 
einen anderen Bestandtheil für die 
Centuriat- als für die Tribu£-Comi- 
tien zu gewinnen. Es kann also 
nur eine falsche und ungeschickte 
Fassung darin gefunden werden, 
welche das  Eigenthümliche und 
Unterscheidende, was nur im Verbal- 
begriff liegen konnte (classibus et 
centuriis discriptos), auch auf den 
Personalbegriff (sollte c?ves statt 
ollos qui sein) übertrágt. 

locasint alte Schreibart für 1ο- 
cassint, die C. in Nachahmung alter 
Gesetzestafeln angewendet haben 
mag. Die Doppelschreibung der 
geminirten Laute ist erst seit Ennius 
aufgekommen (Schweiz.-Sidl. $ 14). 

Donwm ne — neve petenda neve 
gerenda sq. Dass das Part, Fut. Pass. 
in d. Cas. obl. auch Prüsensbedeutung 
haben kann, s. F. Schultz 8 413. 
Ueber den seltenen Abl. abs., hier 
in Verbindung mit dem des Perf. 
erleichtert, ebda. 8 415. A. 4. Be- 
stechung bei Bewerbung um ein 
Amt fiel unter das crimen ambitus 
und war durch verschiedene Gesetze 
(le; Cornelia Baebia 188, 1. Cor- 
nelia Fulvia 166, l. María, l. Fabia, 
l. Acilia Calpurnia 61, l. Tullia des 
Cicero 63, 1. Aufidia, l. Pompeia 52) 
verpónt, Vgl. zu ὃ 89 u. 46. Im 
Uebrigen war das Schenken selbst 
Privater rechtlich (durch lex Cíncta 


220 


DE LEGIBUS 


Quod quis earum rerum migrassit, moxiae poena 


pav esto. 


Cesoris fidem legum custodiunto: privati ad eos acta 
referunto nec eo magis lege liberi sunto. 


Lex recitata est. 


de domis et muneribus 204, s. Rein 
p. 733 flg.) beschrünkt, umsomehr 
also seitens Beamter ausgeschlossen. 
Die passive Beschenkung resp. Be- 
stechung fiel unter das crimen 
captae pecuniae (cf. 8. 46), evt. repe- 
tundarum. — Bei damto ist als 
Subj. auch privati zu denken, de- 
nen verboten wird, Beamten zu 
schenken. 

Quod q. earum rerum. Earum r. 
nicht blos in Bezug auf's Letzte, 
sondern auf alles Vorhergehende, 
soweit es Grundsütze des indivi- 
duellen Handelns enthült. Zur Ver- 
bindung von quod earüm rerum 
(st. eorum) vgl. nihil earum rerum 
d. Fin. 1. 50; Div. II. 122; Verr. 
II. 88; summa (als Neutr. rerwm 
Liv. 1. 36. 6, dazu Weissb.; rerum 
hwmanarum pleraque Sall Jug. 
102. 9; nihil qua re Caec. 70. Um- 
gekehrt eorum aliqua de rej Codd., 
Bait.earum, Top. 80. Vgl. Feldh., 
Haacke Stil. 8 61. 1. A. 2. extr. 

migrare übertreten cf. Off. I. 31; 
Fin. 3. 67; Div. I. 8. 

Zum Folg. erg. in eo. Ueber den 
Sinn s. 8 46. 

Das Folgende ist ein Novum, etw. 
nicht in der rüm. Verfassung Ent- 
haltenes, s. 8 46. 

Cesoris. S. Corssen A. u. V. I. 
p. 251 flg. ,,Ueberaus verbreitet ist 
(in der álteren Sprachperiode) der 
Ausfall des » vor folgendem s, wie 
c080l (consul), cosensu, istituerunt, 
Hortesius, cesor u. s. w.^ Dahin 
gehórt auch der herrschend ge- 
bliebene Ausfall des ἢ in den Én- 
dungen quoties, toties cett, 

fidem πίστιν Glaubwürdigkeit, Zu- 
verlüssigkeit: sollen die Gesetze 
vor Fülschungen behüten. — Das 
rüm. Archiv für Gesetze war das 
Aerarium (s. oben) und stand unter 
Aufsicht der Quaestoren (zu 8 6 u. 
L. IL 637), die aber nicht aus- 
reichte (zu 8 46). 

privati sq. die Magistrate nach 


Discedere et tabellam iubebo dari. 


ihrer — Amtsniederlegung. Eine 
Rechenschaftspflicht derselben be- 
stand bei den Rómern nur insoweit, 
als sie nach vollendeter Amtsfüh- 
rung gerichtlich wegen derselben 
belangt werden konnten — mit 
Ausnahme der Dictatoren, Censo- 
ren, tribuni plebis, s. oben 8 6 zu 
militiae — die magg. minores sogar 
wahrend derselben (ib.) wovon je- 
doch thatsüchlich freiblieben die 
Aedilen (L. I. p. 620). Zu der vor- 
liegenden Bestimmung  entnahm, 
wie 8 47 lehrt, C. das Vorbild aus 
den Verhültnissen  Griechenlands 
spez. Athens (s. das.), wo Beamte, 
welche Gelder verwaltet hatten, den 
Logisten Hechenschaft zu geben 
hatten und von diesen, wenn dieihnen 
beigeordneten Euthynen keinen 
Fehler entdeckt hatten, die Decharge 
erhielten, andere Beamte aber vor 
ihnen die Erklüárung abgaben, nichts 
eingenommen oder verausgabt zu 
haben. Schóm. Gr. A. L p. 422. 
Eine über die Geldverwaltung hin- 
ausgehende Amtsprüfung aber, wie 
C. sie hier festsetzt (acta Amtsfüh- 
rung) — gewiss auch unter An- 
nahme der censorischen Befugniss, 
die ihnen eigenthümlichen Straf- 
mittel anzuwenden — kennen wir 
selbst dort nicht, Dass übrigens 
die gesetzliche Strafbarkeit C. nicht 
genügte, ist wohl begreiflich, da 
die Verfolgung naeh róm. Staats- 
recht nicht ex officio eintrat, son- 
dern durch den Umstand bedingt 
war, dass ein Klüger sich vorfand, 
was müchtigen Münnern gegenüber 
oft nicht der Fall war. UÜmgekehrt 
konnte es auch wieder bei den cen- 
sorischen Rügen nicht sein Bewen- 
den haben, weil diese die Schuld 
(man denke u. à. an Repetunden) 
vielfach nicht zu sühnen ver- 
mochten. 

Lex rec. sq. Witzige Anspielung 
auf das in Rom geláufige Verfahren. 
Der Gesetzesantrag wurde vom Ma- 


LIB. HL- CAP. 4. 5 8$ 11. 12. 


221 


V. 12. Q. Quam brevi, frater, in conspectu posita est 
a te omnium magistratuum descriptio, sed ea paene nostrae 


eivitatis, etsi a te paulum adlatum est novi. 


gistrat, oder vom Praeco unter Vor- 
sagen des Scriba, bei Eróffnung der 
den Comitien unmittelbar vorher- 
gehenden Contio vorgelesen resp. 
vorgetragen. Die darauf folgende 
Belehrung des Magistr. evt. De- 
batte (zu der auch 11. 24 demnáchst 
aufgefordert wird) überspringt C. 
in seimem Ausdruck und kündigt 
sofort die Eróffnung der Comitien 
und der Abstimmung an. Εἰ. irri, 


wenn er die recitatio als Theil der ἢ 


Comitien selbst ansieht. Denn dis- 
cedite (Quirites, si vobis videtur) 
kündigte stets den Beginn der Co- 
mitien an, und eine Vorlesung, die 
vorher statt gefunden hatte, konnte 
füglich nur der Contio zugehóren, 
wiewohl an sich nicht geleugnet 
werden kann, dass auch noch in 
den Comitien, wenigstens den Cen- 
turiatcomitien vor ihrer Reform, 
der Antrag vom Vorsitzenden noch- 
mals bekannt gemacht wurde (L. 
1l. 417). Der weitere Gang war 
nun der, dass wenn das Volk sich 
in Centurien als classis procincta 
geordnet, resp. tributim in fünf- 
unddreissig ehemals durch Geile, 
gewóhnlich auf dem Forum, gebil- 
dete Abtheilungen, die spüter durch 
feste Umfriedungen (saepta) auf 
dem Campus Martius ersetzt wur- 
den — eigentlich für die reformir- 
ten Centuriatcomitien, wo immer 
70 Centurien auf einmal in 35, Zw- 
*»dYores und seniores umfassenden, 
Hüumen abstimmten, eingerichtet 
8. L. IL p. 452 — vertheilt hatte, 
in den ehemaligen Centuriatcomi- 
tien zuerst die 18 Heitercenturien 
als praerogativae — zugleich ihre 
Stimme  abgaben, spüter durch 
Loos die centuria praerogativa unter 
den Centurien der 1. Klasse — 
ebenso für die Tributcomitien die 
zuerststimmende Tribus, principium 
genannt, — ermittelt wurde, wobei 
man sich eines Wassergefüsses wrna 
(ὑδρία), sitella bediente, welches 
beim Ausschütten des Wassers die 
hineingeworfenen Loose nach ein- 
ander herausgleiten liess. —Dem- 


M. Rectissime, 


gemáss sitellam deferre s. v. a. die 
Abstimmung beginnen lassen be- 
deutet. Nach der Abstimmung der 
centuria praerogativa resp. des prin- 
cipiwm  stimmten successive die 
übrigen Centurien der 1. Klasse mit- 
sammt den Reitercenturien, dann 
die der 2. Klasse und so fort; die 
Tribus dagegen alle auf einmal μιᾷ 
κλήσει, und zwar ursprünglich münd- 
lich, spáter mit Tàfelchen (fa- 
bellae. Vgl. unten 8 33 flg). Das 
Einsammeln der Stimmen geschah 
durch rogatores centuriarum (früher 
die Centurionen) und íribwwm, zu 
unterscheiden von dem rogaíor co- 
mitiorum, dem prásidirenden Be- 
amten (vgl. Schóm. zu Nat. d. II. 
10), und zwar so, dass die einzel- 
nen Stimmen durch Punkte auf 
Tafeln notirt wurden, deren bei 
Wahlcomitien soviel sein mussten 
als Candidaten (pwncta ferre daher 
Stimmen bekommen), bei richten- 
den und gesetzgebenden zwei, um 
dort die verurtheilenden (condemno, 
C) und freisprechenden (absolvo, 
A), hier die bejahenden (wtí rogas, 
VE cf. Il. 24) und verneinenden 
(antiquo, A) zu verzeichnen. Ueber 
das Náhere des Vorganges zu $ 38. 
Zuletzt erfolgte die remwntiatio und 
zwar der Stimmen der einzelnen 
Tribus (bei den Tributcomitien erst 
nach Erloosung der Reihenfolge 
der Tribus, bei den  Centuriat- 
comitien nàch einem certus ordo) 
und Klassen durch den Mund 
des Praeco, des Gesammtresultats 
durch den Vorsitzenden evt. auch 
den Praeco. S. Τῷ, IL αὶ 1229 und 
& 194. 

Cap. V. ὃ 12. In Gedanken 
und Ausdruck ühnlich 11, 8 23. 

brevi adverbiell: sane quam brevi 
conclusa oratio 11, 23; reddam brevi 
ib. 34; brevi attingere Part. or. 60; 
d. Or. 1, 190; Cat. M. 57; p. Sest. 
97; Caec. 94; Att. 8. 3. 1; Fam, 


3, 8. 1; ib. (Sulpic.) 4. 5. 1. 


paulum affirmat. einiges Wenige. 
Cf. Acad, Il. 128 paulum ante di- 
cendum und $0 regelmüssig. Daher 


2929 DE LEGIBUS 

Quinte, animadvertis. Haec est enim, quam Scipio laudat in 
illis libris οὐ quam maxime probat temperationem rei publicae, 
quae effici non potuisset nisi tali descriptione magistratuum. 
Nam sie habetote, magistratibus iisque, qui praesint, contineri 
rem publicam et ex eorum conpositione quod cuiusque rei 
publicae genus sit intellegi. Quae res cum sapientissime 
moderatissimeque constituta esset a maioribus nostris, nihil 
habui sane, non modo multum, quod putarem novandum in 
legibus. 13. ATT. HReddes igitur nobis, ut in religionis lege 
fecisti admonitu et rogatu meo, sic de magistratibus, ut dis- 
putes quibus de causis maxime placeat ista descriptio. M. Faciam, 
Attice, ut vis, et locum istum totum, ut a doctissimis Graeciae 
quaesitum et disputatum est, explicabo et, ut institui, nostra 
iura attingam. ΑΤΎ. Istud maxime expecto disserendi genus. 
M. Atqui pleraque sunt dicta in illis libris, quod faciendum 
fuit, eum de optuma re publica quaereretur. 14. Sed huius loci 
de magistratibus sunt propria quaedam, a "Theophrasto pri- 


mum, deinde a Diogene Stoico quaesita subtilius. 


auch wohl so paulum hwic Cottae 
tribuit partium (d. Or. 1. 229): 
rüumte einiges Mass der Verthei- 
digung ein, nicht, wie R. Kühner 
übersetzt, nur wenig. Dies «on 
multum. Das Wenige hier betraf 
die Censoren: ihre archivarische 
Aufsicht über die Gesetze und die- 
ciplinarische über sümmtliche Be- 
amte, die Bestündigkeit dieser Ma- 
gistratur, und die aufgenommenen 
lediglich. moralischen Bestimmun- 
gen, wie dwella 4. — redewnto; ce- 
teris specimen esto (cf. 8 29); quae 
cum populo — modica sunto; caus. 
pop. teneto; interc. salut. civis esto 
(cf. 8 43). 

haec est, quam temperationem, 
Attraction — haec est temperatio, 
quam s. zu I. 47. haec t. sc. magistra- 
tuum descriptio. 

Scipio in illis libris, s. I. 15; 20; 
II. 938. 

iisque, qui praesint hinzugefügt, 
weil manche Behórden micht im 
strengen Sinne magg. genannt w. 
konnten, weil nicht vom Volke er- 
wühlt, wie mag. equitum, proconsul 
ete. (vgl. L. I. 500; 537; 556), auch 
wohl Senat und Comitien mit ein- 
begriffen werden.  Praesum absol. 
wie 8 2 ut praesit. Die Verbindung 
iisque — praesint (Seeger Uebers.), 
wie honori Liv. 4, 8. 5; doctrinae 


d. Or. I. 186; £uris civilis cognitioni 
ib. 198; ei studio 235; auspiciis 
Nat. d. I. 14; d. Or. I. 39; pote- 
stati Nep. Cat. 2; muneri Leg. I. 
14 unmóglicb, weil in den Aemtern 
und politischen Gewalten selbst, 
nicht in den sie vertretenden Per- 
sonen das Wesen des Staates — 
die Art der Verfassung liegt. 

Quae res sc. comp. mag. 

moder. am besonnensten, eigent- 
lich in genauster Berücksichtigung 
des richtigen Verhültnisses, der in- 
neren Harmonie. 

non modo geschweige; so nur 
nach negativem Satz, wie Div. 2. 
113; Fam. I. 9. 21, mehr bei Gór. 
und Feldh. Vgl. Haacke St. L. 
8 92. 

8 13, AHeddes — de magistratibus 
— wt disputes. ,,Debebat: reddes 
nobis causas, quibus macime 
placeat ista descriptio; at 
interiectis illis ut in religionis 
lege fecisti continuavit orationem, 
quasi ante mon reddes mobis sed 
facies | posuisset, quemadmodwm 
etiam Marcus mon reddam sed 
faciam respondet. | Vahl. Zu 
reddo cf. II. 34. 

descriptio Organisation, Verfas- 
sung cf. 5. 

quaesitum sc. de eo. 

im illis libris 8c. de re publica, 


LIB. III. CAP. 5. 6. 8 12—14. 


228 


VI. Arr. Ain tandem? etiam a Stoicis ista tractata sunt? 
M. Non sane nisi ab eo, quem modo nominavi, et postea a 


magno homine et in primis erudito, Panaetio. 
verbo tenus acute ilh quidem, 


Nam veteres 
sed non ad hune usum popu- 


larem atque civilem de re publica disserebant. Ab hac familia 


magis ista manarunt Platone principe. 


insbesondere im 2. Buche bei der 
Entwicklung der róm. Verfassung. 


$ 14. Theophr. wahrscheinlich 
in seiner Schrift περὶ νόμων. An- 
dere politische Werke desselben 
sind περὶ βασιλείας, περὶ τῆς ἀρέ- 
στης πολιτείας, πολιτικὰ πρὸς τοὺς 
χαιροῦς. S. Madv. Fin. 5. 11. 


JDiogen. Babylonius genannt, aus 
Seleucia in Syrien gebürtig, Schüler 
des Chrysippus u. Lehrer des Anti- 
pater aus Tarsus, also vierter in 
der Reihe der Háàupter der Stoa 
(Zeno, Cleanthes, Chrysippus, Dio- 
genes, Antipater, Panaetius, Posi- 
donius cf Div. I. 6), berühmt auch 
als Mitglied der  Phiülosophen- 
gesandtschaft (nebst Carneades u. 
Critolaus nach Hom 155 zur Ab- 
wehr der für die Zerstórung von 
Oropus den Athenern auferlegten 
Busse von 500 Talenten.  Politi- 
schen Inhalts kennen wir ein Buch 
νόμοι von ihm, Athen. XII. p. 526 D. 


Cap. VL  Panmaetius aus Rhodus 
geb. um 180 v. Chr., Schüler des 
Diog. und Antipater, welcher, zu 
der Umgebung des jüngeren Scipio 
gehórig, dadurch dass er die Strenge 
der stoischen Lehre milderte, am 
meisten zu ihrer Verbreitung bei 
den Hómern beitrug. Aus ihm 
schópfte bekanntlich Cic. den Haupt- 
inhalt seines Werkes de Officiis. 
Starb um 112. 


veteres 8c. Stoici, 8. zu Diog. 


verbo tenus den Worten nach, in 
formal dialektischer Weise, scharf- 
sinnig — aber ohne Eingehen in 
die thateáchlichen Verháltni«se, da- 
her inbaltsleer und unpraktisch, 
ohne Verwendbarkeit und Nutzen 
für das politische und bürgerliche 
Leben. hune wie bei den Vorher- 
gehenden, oder wie ibn Cic. be- 
absichtigt. (Ueber verbo tenus, das 
z. Ggs. der Wirklichkeit nach hat, 


Post Aristoteles inlu- 


nie s. v. à. wórtlich — ad verbum, 
s. Krebs Antib.) 

Ab hac in sehr harter Beziehung 
auf Theophr., der vor den zuletzt 
genannten  Stoikern noch durch 
nichts hervorgetreten war. Nur 
dadurch erscheint dieselbe móg- 
lich, dass Cic. den Unterschied 
zwischen Peripatetikern und Aka- 
demie, àlterer und neuerer, ganz 
verschwinden ]lásst, sie alle als 
náher mit Socr. verwandt in Eins 
zusammenfasst& und sich, den 
Neu-Akademiker, mit zu die- 
ser Schule rechnet. Die Ver- 
mischung des peripatetischen und 
akademischen Systems von Seiten 
Ciceros wird ausser durch diese 
noch durch viele andere Stellen 
erwiesen, so Acad. I. 17 Platonis 
auctoritate wna et consentiens duo- 
bus vocabulis philosophiae forma 
instituta est, Academicorum et Peri- 
pateticorum, qui rebus congruentes 
nominibus differebant cett.; ib. 22 
illud impudenter si alios esse Aca- 
demicos, alios JPeripateticos arbi- 
brantur; ib. 11. 15; Fin. IV. 5; ib. 
49 (Aristoteles, Xenocrates, tota illa 
familia); V. *; Leg. l. 55; Off. 3. 
20. Eigenthümliche Lehrsütze der 
Peripatetiker finden sich sogar der 
Akademie zugeschrieben; Brut. 149 
cum omnis virtus sit, wt vestra, 
Brute, vetus Academia dixit, medio- 
critas. Dass Cic. in seinem Ver- 
schmelzungssystem oft noch weiter 
geht und auch die Stoiker mit jenen 
in eine Familie einschliesst: sed 
Lamen mostra legens mon multum a 
Peripateticis dissidentia, quoniam 
utrique Socratici εἰ Platonici volu- 
mus esse Off. 1. 9; d. Or. 3. 69; 
vgl. oben 1, δῦ s&q., anderseits nach 
Bedürfniss die Neu-Akademiker den 
ülteren einschliessliéh der Peripate- 
tiker scharf entgegenstellt, Fin. V. 
7, dürfte nicht widersprechen. 

familia zu 1. 55 


224 


DE LEGIBUS 


stravit omnem hunc civilem in disputando locum Heraclides- 
que Ponticus profectus ab eodem Platone. "Theophrastus vero 
institutus ab Aristotele habitavit, ut scitis, in eo genere rerum 
ab eodemque Aristotele doctus Dicaearchus huie rationi studio- 
que non defuit. Post a Theophrasto Phalereus ille Demetrius, 
de quo feci supra mentionem, mirabiliter doctrinam ex umbra- 
culis eruditorum otioque non modo in solem atque in pulverem, 


hunc civ. in disp. locum den auf 
die Politik bezüglichen Theil auf 
dem Gebiete der Dialektik, d. h. 
Philosophie. Cf. 1. 16 s? wllo in 
genere disputandi; Nat. d. 1. 10 
non tam auctores in disputando 
quaerendi. Mehr bei Feldh. 

Heraclides Pont. aus Heraclea 
am Pontos war Zuhórer des Plato 
und Speusippus und blühte 340 v. 
Chr., betheiligte sich an dem Sturze 
des Tyrannen Klearchos in seiner 
Vaterstadt. Von seinen zahlreichen 
Schriften (50 wurden ihm  zu- 
geschrieben) ethischen, physischen, 
grammatischen, historischen In- 
haltes haben wir noch Bruchstücke 
ἐκ τῶν Ἡρακλείδου περὶ πολιτειῶν, 
wahrscheinlich eine Fragmenten- 
sammlung des Mittelalters aus ver- 
schiedenen Schriften desselben. 

Theophr. s. oben I. 38. 

JDicaearchus aus Messana einer 
der  berühmtesten Schüler des 
Aristot. (neben Aristoxenus und 
Theophr.),lebte meist im Peloponnes 
und schrieb ausser anderen von 
Cic. sehr geschützten philosophi- 
schen Schriften Béíog ᾿Ελλάδος in 
3 Büchern, eine historisch-geogra- 
phische — Beschreibung — Griechen- 
lands nach seinen natürlichen, po- 
litischen und  sittlichen  Verhült- 
nissen. 

Post a Theophrasto Ph. Wahr- 
scheinlich schwebt dem Cic. noch 
doctus vor, das in mehreren Syno- 
nymen, :nstitutus, profectus, dem 
Sinne nach schon vorangegangen 
war und somit tiefer haftete, auch 
nicht gut wiederholt werden konnte 
(&áhnlich ZAeophrasti Strato u. huius 
Lyco in freier Anknüpfung an Ao- 
rum posteri Fin. V. 13. s, Holsc.); 
wührend Madv. den prügnanten 
Gebrauch von a (entsprechend dem 
griech. ἀπό, s. darüber Turs. L. p. 


36), der sich bei esse bekanntlich 
findet (Fin. IV. 7 Zeno et qui ab 
60 Sunt), auch verkürzt ohne esse 
(Mur. 63 illi a Platone et Aristotele), 
darin erkennt, der hier, wo es an 
einer Stütze für das prüpositionale 
Attribut gebrieht, hart erscheint. 
(Vgl. aber ab Aristippo Cyrenaici 
atque Annicerii Off. III. 116 u. zu 
Leg. I. 1.) , 

de quo supra Il. 66, s. über ihn 
zu 11. 64. 

er wmbraculis . .. er führte die 
politische Wissenschaft aus den 
Hallen und  Sehattensitzen (wir: 
Studierstuben) der Philosophen auf 
den freien, der Sonne ausgesetzten, 
mit Staub erfüllten Platz gymna- 
stischer Wettkümpfe, ja in den 
wirklichen Entscheidungskampf der 
Schlachten: erprobte ihre praktische 
Verwendbarkeit nicht blos in ora- 
torischen Wettkümpfen auf dem 
Forum, in welchen der Beifall der 
Zuhórer den Sieg verleiht, sondern 
in entscheidungsvollen politischen 
Thaten, bei welchen die Folgen den 
Werth erkennen lassen. Denkt man 
bei sol und pulvis an die Hitze und 
den Staub auf den Mürschen, &0 
ergübe sich folgender Ggs., erprobte 
ihre Verwendbarkeit nicht blos in 
gesicherten, ruhigen Zeiten, sondern 
in Zeiten stürmischen, gefahrvollen 
Kampfes (letzteres in Bezug auf 
die schwere Zeit der maced. Ober- 
gewalt und des Herrschaftskampfes 
zwischen Cassander und dem Hause 
des Antigonus) Zu der Metaphora 
vgl. Brut. 37 processerat im solem 
et pulverem non wt e militari taber- 
naculo sed. ut e Theophrasti wnbra- 
culis und d. Or. I. 157 educenda 
dictio ex hac domestica exercitatione 
et wnbratilài medium 4n agmen, in 
pulverem, in clamorem, in castra 
atque in aciem forensem. 


LIB. III. CAP. 6. 7. $ 14—16. 225 
sed in ipsum discrimen aciemque produxit. Nam et mediocriter 
doctos magnos in re publica viros et doctissimos homines non 
nimis in re publica versatos multos commemorare possumus: 
qui vero utraque re excelleret, ut et doctrinae studiis et re- 
genda civitate princeps esset, quis facile praeter hunc inveniri 
potest? 

VIL 15. Arr. Puto posse et quidem aliquem de tribus 
nobis. Sed perge, ut coeperas. 

M. Quaesitum igitur ab illis est placeretne unum in civi- 
tate esse magistratum cui reliqui parerent, quod exactis regi- 
bus intellego placuisse nostris maioribus. Sed quoniam regale 
eivitatis genus, probatum quondam, postea non tam regni quam 
regis vitiis repudiatum est, nomen tantum videbitur regis 
repudiatum, res manebit, si unus omnibus reliquis magistrati- 
bus imperabit. 16. Qua re nec ephori Lacedaemone sine causa 
a Theopompo oppositi regibus nec apud nos consulibus tribuni. 


Nam geht auf mirabiliter. 

et mediocr. d. cett. sowohl grosse 
Staatsmünner mit màssiger Gelehr- 
samkeit als auch grosse Gelehrte 
mit mássiger Erfahrung im Staats- 
wesen. í 

non "nimis synonym mit non ad- 
modum, non sane , nicht sonderlich*. 
C£ Brut. 179; 246; Rep. 1. 15; p. 
Planc. 12; Corn. B. 54; Fam. VI. 6. 
12; IX. 22. 4; — Acad. II. 146; Nat. 
d. 1. 70, dazu Schóm.; ebenso son 
minium Fin. 2. 27; Verr. 4. 56. 

excelleret, Cf. I. 58. . 

Cap. VII. 8 15. aliquem de... 
Beweise ühnlicher Bescheidenheit 
háufig bei Cic. wie Rep. 1. 13; 
Off. 1. 3 (wo er sich noch über den 
Dem. Ph. stellt); hinsichtlich seiner 
oratorischen Begabung Brut. 322, 
seiner politischen Verdienste 10.330; 
Off. L 77—78 etc. 

exactis regibus. Natürlich auch 
vorher. Aber das verstand sich 
einerseits von selbst, anderseits ge- 
hórt es nicht hierher, da Cic. nur 
von der Magistratur in freien Staa- 
ten reden will Cf. $ 4 quoniam 
leges damus liberis populis — accom- 
modabismus leges ad slwm, quem 
probamus, civitatis statum. 

Sed quoniam ... Der Gegensatz 
ist nicht klar. Denn hassten die 
alten Rómer das Kónigthum nur 
um der Personen der Kónige, nicht 
um des Kónigthums selbst willen, 


Cicero de legíbus. 


so war es ja folgerichtig, nur den 
Namen der Konigsherrschaft auf- 
zuheben, diese aber der Sache nach 
bestehen zu lassen. Daher stellt 
V. die Glieder um und schreibt non 
tam regis quam regni vitis. Aber 
das geht nicht an. Denn vorher 
hiess es: wnwm in citate esse ma- 
gistratwm cwi reliqui parerent in- 
tellego placwisse nostris masoribus. 
Die Sache ist die: Sed bezeichnet 
nicht den Gegensatz zu dem, dass 
den Rómern früher eine einheitliche 
oberste. Gewalt gefallen, sondern 
den zu exactés regibus, dass sie die 
Kónige vertrieben; quoniam den 
Grund, warum blos omen "regis 
repudiatum est:  ,lch sehe, dass 
noch nach Vertreibung der Kónige 
unseren Vorfahren eine unum- 
schránkte alleingebietende  Magi- 
stratur gefallen habe. Aber dann 
ist die Kónigsherrschaft nur dem 
Namen, nicht der Sache nach auf- 
gehoben — was auch im Sinne 
unserer Vorfahren lag, weil ihnen 
die Kónigsherrschaft nur durch die 
Fehler des Kónigs, nicht der kó- 
niglichen Gewalt verhasst geworden 
war.*' 

816. Theopomp, Kónig von Sparta 
um die Zeit des ersten messeni- 
schen Krieges, soll nach der ge- 
wühnlichen ^ Ueberlieferung die 
Ephoren — eine aus 5 Mitgliedern 


bestehende, durch ihre εὐϑύνη und 


15 


226 DE LEGIBUS 

Nam illud quidem ipsum, quod in iure positum est, habet 
consul, ut ei reliqui magistratus omnes pareant excepto tribuno, 
qui post exstitit, ne 14, quod fuerat, esset. Hoc enim primum 
minuit eonsulare ius, quod exstitit, ipse qui eo non teneretur, 
deinde quod attulit auxilium reliquis non modo magistratibus, 
sed etiam privatis consuli non parentibus. 17. Q. Magnum 
dicis malum: nam ista potestate nata gravitas optimatium 
cecidit convaluitque vis multitudinis. M. Non est Quinte, ita. 
Non ius enim illud solum superbius populo et violentius videri 
necesse erat, quo postea quam modica et sapiens temperatio 
accessit, T convertem lex in omnis est 


VHI. 18. Domum cum laude redewnto. Nihil enim 
praeter laudem bonis atque innocentibus neque ex hostibus ne- 


que ἃ sociis reportandum. 


Iam illud apertum est profecto, nihil esse turpius quam 


quemquam legari nisi rei publicae causa. 


das Recht das Volk zu berufen und 
Gesetze vorzuschlagen, Kriegsheere 
abzuschicken, die Feldherren zu er- 
nennen und abzurufen das Kónig- 
ihum theils controllirende, theils 
beschrünkende  Behórde  —  ein- 
gesetzt und auf den Vorwurf seiner 
Gattin, dass er seinen Kindern die 
kónigliche Gewalt vermindert hin- 
. terliesse, geantwortet haben: aber 
sicherer und dauernder. 

in iure : ideell blieb ihr imperium 
allen Magistraten gegenüber, ausser 
den Tribunen, unbeschrünkt, factisch 
war es auch jenen gegenüber, eben 
durch das tribunicische Recht auwzi- 
lii ferendi, beschrünkt. Vgl. $ 8. 

8 17. Q. Magnum dicis m. Hier- 
nach würde 4Q. noch strengeren 
optimatischen Grundsützen gehul- 
digt haben als .M. Cf. unten 8$ 
19 flg.; 8 33 flg. S. übrigens Drum. 
VI. p. 751. 

gravitas opp. vis Gewicht, An- 
sehen. Cf. 19. 

Non ius enim... lm Folgenden 
bietet der Text eine Corruptel und 
eine grosse Lücke dar. Denn dass 
vor domum c. l. r. die ganze 
Empfehlung des Gesetzes bis zu 
diesem Passus ausgefallen ist (die 
Reifferecheidsche Ansicht, dass sie 
überh. von Cic. nicht ausgearbeitet 
worden, widerlegt V. z. St.), ist er- 


Omitto quem ad 


eichtlich. Scehliesst man sich der 
Interpunction von V. an (— necesse 
erat? — accessit), so erhült man 
bis zu accessit einen abgeschlossenen 
Satz: Denn musste nicht jenes — 
das consularische — us, so lange 
es allein im Staate bestand, dem 
Volke zu stolz und gewaltthütig 
erscheinen?  Spüter aber trat zu 
diesem eine wie massvolle und weise 
Einschránkung (Dümpfung, Milde- 
rung) hinzu! Weiter streicht V. 
von convertem das m, setzt darnach 
ein Komma und zieht diese Worte 
zu dem auf die Lücke folgenden 
Theile, indem er hoc (mit Beziehung 
auf imperia, potestates — se εἰ suos 
continento,  popwli swi gloriam 
augento) ad ceteros (alle Bürger?) 
unmittelbar vor converte ergünzt. 
In die Lücke zieht V. gewiss mit 
Recht die von Macrobius e tertio 
de legibus citirten Worte: qwi po- 
terit socios tueri, si. dilectum rerum 
utilium. et. inutilium non habebit?, 
welche sich leicht auf socis par- 
cunto (8 9) beziehen lassen. 

Cap. VII $8 18. quemquam, 
wofür einige quempiam, mchtig, 
denn in turpe liegt non decet, mon 
honestum est. Cf. Acad. IL. 68 vi- 
tiosum est assentiri quicquam  fal- 
sum; Cluent. 129 tw es praefectus 
moribus (iron. 2 nom es), si retines 


LIB. III. CAP. 7. 8. $ 16—18. 


22. 


modum isti se gerant atque gesserint, qui legatione heredi- 
tatis aut syngraphas suas persecuntur. In hominibus est hoc 
fortasse vitium, sed quaero quid reapse sit turpius quam sine 
procuratione senator legatus, sine mandatis, sine ullo rei publicae 
munere? Quod quidem genus legationis ego consul, quamquam ad 
eommodum senatus pertinere videbatur, tamen adprobante se- 
natu frequentissimo, nisi mihi levis tribunus plebis tum interces- 
sisset, sustnlissem. Minui tamen tempus et, quod erat infinitum, 
annuum feci. lta turpitudo manet diuturnitate sublata. 


m sciens in senatu tanto 
scelere contaminatum! Mur. 16 cur 
quemquam ^t te adiwves rogas? (du 
würdest es nicht thun). Liv. I. 35. 
8 quod quisquam mirari posset (jetzt 
istes nicht mehr móglich, s. Weissb.). 
So ridiculum est quemquam Fat. 95; 
arrogantiae esí quemquam Nat. d. 
3. 26; miror quemquam 1b. Il. 93; 
angor quicquam Fam. VII 15. 1; desc- 
eramus quicquam sperare ib. VIIT. 4.4 
(Cael.). nihil est. exitiosius nihil tam 
contrariwm  *wri et legibus quam 
quemquam |Leg. 3. 42. Mehr bei 
Stürenb. zu Offic. p. 219. Gegen 
Madv.s (Fin. III. 70) und Seyff.'s 
(Lael. 9) Auffassung, dass quis- 
quam überh. einen Gegenstand be- 
zeichne, dessen Vorhandensein nur 
als móglich gedacht werde und 
nicht vielmehr einen solchen, dessen 
Existenz in Frage gestellt werde, 
kümpft Müll. in der neuen Ausg. 
v. Seyff. Lael. z. a. St. mit guten 
Gründen an. 

Zur legatio libera vgl. I. 10. 

heriditates pers. Erbschaften nach- 
gehen: ihre Einsetzung zu Erben 
bewirken resp. die  Erbschaften 
heben; syngrapha Schuldverschrei- 
bung, eine Art von Literalcontract, 
die die Rómer ursprünglich nicht 
kannten (sie hatten als solchen nur 
die Eintragung in das Hausbuch), 
bei den Peregrinen aber vorfanden 
und seitdem im Verkehr mit diesen, 
spüter als falsche Eintragungen in 

ie Bücher vorzukommen anfingen, 
der grósseren Sicherheit wegen 
auch unter einander anwandten. 
Vgl. Rein p. 649. (Synonym chi- 
rographuwm von Salmas. dahin 
unterschieden, dass es nur vom 
Schuldner unterschrieben und nur 
dem Gláubiger eingehündigt wurde, 


auch keine Angabe der nàáheren 
Bedingungen der Schuld enthielt, 
wáührend syng. von beiden unuter- 
schrieben, in zwei Exemplaren aus- 
gefertigt wurde mit Angabe der 
náheren Bedingungen). pers. nach- 
gehen, in dem Sinn: die Schuld 
einzutreiben suchen. Man denke 
an Wucherdarlehen. 

levis tr. Wer? nicht zu ermit- 
teln. Cf. Drum. V. 560. Turn. 
nennt vermuthungsweise die dem 
C. besonders feindlich gewesenen 
Metellus Nepos und Calpurnius 
Bestia, deren Tribunat nur auf kurze 
Zeit mit seinem Consulate zusam- 
menfiel, da sie erst am 10. Dec. 63 
ihr Amt antraten (Drum. 11. 97. V. 
561). Aus der vorhergehenden Con- 
sulatszeit kennen wir Servilius 
Rullus (Drum. III. 147 flg.,, gegen 
den die Reden de leg. agr.) und 
Labienus (Dr. III. 160, dessen Na- 
men Mos. in dem Adj. levis ver- 
steckt sehen will) als Gegner von 
ihm. Doch beweist dies in dem vor- 
liegenden Falle natürlich nichts für 
einen von diesen. 

annwwunm feci. Bemerkenswerth ist, 
dass in einem Briefe aus dem Juni 
44 (Attic. XV. 11. 4.) Cic. die Be- 
schránkung der legationes liberae 
einer ler lIwlia zuschreibt. Also 
müsste entweder inzwischen die lex 
Tullia wieder ausser Geltung ge- 
kommen oder von der l. Julia ein 
anderes Maass der Beschrünkung 
aufgestellt worden sein. Drumann 
(Ll. 155) und andere (Turn. z. St.) 
entnehmen aus der angeführten 
Briefstelle (Dolabella me sibi lega- 
vit Votiva — sc. legatio, zur Erfül- 
lung eines Gelübdes, —ne tibi quidem 
placebat; | etenim | erat absurdum 
quae si stetisset res publica vovissem, 


15* 


228 


DE LEGIBUS 


Sed iam, si placet, de provinciis decedatur in urbemque 


redeatur. 
sunt, minime placet. 


ATT. Nobis vero placet, sed iis, qui in provinciis 
19. M. At vero, Tite, si parebunt his 


legibus, nihil erit iis urbe, nihil domo sua duleius nec laborio- 


sius molestiusque provincia. 


Sed sequitur lex, quae sancit eam tribunorum plebis pote- 
statem, quae esí in re publica nostra, de qua disseri nihil 
necesse est. Q. At mehercule ego, frater, quaero de ista pote- 
state quid sentias. Nam mihi quidem pestifera videtur, quippe 
quae in seditione et ad seditionem nata sit: cuius primum 
ortum si recordari volumus, inter arma civium et occupatis et 


ea me eversa illa vota dis solvere, et 
habent, opinor, liberae legationes 
definitum tempus lege Iulia, mec 
facile addi potest: aveo genus lega- 
tionis, ut cum velis, introire exire 
liceat; quod mwunc mihi additum est. 
Bella est autem huius iuris quin- 
quennii licentia), dass von Caesar 
eine fünfjàáhrige Maximaldauer fest- 
gesetzt sei. Das aber kann ich 
aus derselben nicht entnehmen, viel- 
mehr gerade das Gegentheil Cic. 
will keine Votivgesandtschaft, die 
zu den liberae legationes gehórt, 
übernehmen, weil ihm die Dauer 
dieser zu sehr beschrünkt ist. Er 
begehrt eine dauerndere legatio, die 
ihm zugleich gestattet, nach Be- 
lieben in Rom aus- und einzugehen. 
Eine solche ist die ihm von Dola- 
bella angetragene amtliche legatio, 
die ihm die Freiheit einer fünf- 
jàáhrigen Abwesenheit gewührt. Also 
die ordentlichen legationes hatten 
eine Maximaldauer von 5 Jahren 
(durch dieselbe 7. Zulia?). Vgl. auch 
Metzgers Bemerkungen zu seiner 
Uebersetzung des Briefes, — Dass 
übrigens Cic. seinen Grundsützen 
in Betreff der legationes liberae 
nicht treu geblieben, zeigt ausser 
dieser Stelle: dass er als Statt- 
halter von Cilicien als legati rei- 
senden Senatoren sogar Lictoren 
gab. Drum. VI. 142. 

de prov. dec. mit scherzhafter An- 
wendung d. technischen Ausdruckes. 

iis qui — minime pl. Feldh. be- 
zieht diese Bemerkung lücherlicher 
Weise auf Caesar, der dem Gebote 
des Senats, Gallien aufzugeben nicht 
Folge leisten wollte, Dass auf die 


Habsucht der Nobiles, die eine Pro- 
vinz sowohl zu ihrer Bereicherung 
erstrebten als auch ungern des- 
wegen wieder aufgaben, im All- 
gemeinen gezielt werde, liegt auf 
der Hand und hat Turn. schon 
richtig bemerkt. Bedürfte es eines 
Beweises, so brüchte ihn das Fol- 
gende: si parebunt his legibus, nàm- 
lich: sociis parcunto, se δὲ suos con- 
tinento, 8q., nihil erit . . ., insofern 
diese Gesetze der Habsucht einen 
Riegel vorschoben. 

8 19. Sed sq. Bake und Bait. 
streichen. sed, ohne Grund. Sed 
steht, wie gewóhnlich, abbrechend, 
somit das Neue vermittelnd. ,,Doch 
davon genug. Es folgt..." 

quae est. e. fehlt in den Hand- 
schriften. Dass esse auch in Neben- 
sitzen δέου. bei C. ausgelassen wird, 
haben wir zu 11. 19 gesehen. Aber 
es scheint das nur vorzukommen, 
wenn Affect oder Kürze der Ge- 
setzessprache oder scharfer Dialektik 
die Auslassung rechtfertigen. Vgl. 
Madv. Fin. I. 43. Dazu kommt, dass 
hier 68ὲ nicht als Copula, sondern 
als selbststünd. Verb steht — con- 
stat, exstat. Vgl. zu II. 47. 

in sedit. et ad sed. Wir: in und 
für den Aufruhr. Ueber die Noth- 
wendigkeit der Wiederholung des 
Nomens (oder des Ersatzes durch 
das Pr. demonstr. an 2. St.) ausser 
bei adverbiell gebrauchten Prüpo- 
sitionen — wo die Ergünzung des 
Nomens meist nur an 2. Stelle, 
selten an 1. geschieht — vgl. Haacke 
Gr. St. ἢ, $ 51. 2. 

inter arma civium. Im J. 494 
empürten sich die Plebejer wegen 


LIB. Ill. CAP. 8. 9. $ 18— 20. 


obsessis urbis locis procreatum videmus. 


229 


Deinde cum esset 


eito necatus tamquam ex XII tabulis insignis ad deformitatem 
puer, brevi tempore nescio quo pacto recreatus multoque 


taetrior et foedior renatus est. 


IX. Quae enim ille non edi- 


dit? qui primum, ut impio dignum fuit, patribus omnem honorem 
eripuit, omnia infima summis paria fecit, turbavit, miscuit, cum 
adflixisset principum gravitatem, numquam tamen conquievit. 
20. Namque ut C. Flaminium atque ea, quae iam prisca videntur 
propter vetustatem, relinquam, quid iuris bonis viris Tiberi 


des Druckes der Schuldhaft und 
des Wuchers gegen die Patricier 
und verweigerten den Consuln A. 
Verginius u. T. Veturius zu einem 
Feldzuge gegen die Aequer die 
Folge (Liv. IL 32), besetzten unter 
eigenen Führern in Heeresordnung 
erst oder mit einem Theile den 
Mons sacer, dann oder mit dem 
anderen den Aventinus, rückten 
auch auf das Capitol (Cic. Rep. II. 
58; Frg. Or. I. p. C. Corn. 24— 25) 
und erreichten die Einsetzung zu- 
náchst von 2 tribuni pl. Cf. Dietsch 
IL. p. 61 fig.; Lange I. 435 flg. 

procreatum, als wenn tribunatum, 
nicht potestatem tribunorum voran- 
ginge. Man rechnet diesen ófters 
vorkommenden Fall zur Synesis, 
richtiger zur  Nachlüssigkeit. 8. 
Madv. Fin. II. 35. 

insign. ad deform. von ausser- 
ordentlicher Missgestalt, Missgeburt 
oder Krüppel. Lex qua Romani 
monstrosos partus occidere iubeban- 
tur, a Romulo primum lata, post 
in tabulas decemvirales est adscita. 
Seneca de Ira: | Portentosos fetus 
exstinguimus, liberos quoque si de- 
biles monstrosique sunt. mergimus** 
Davis. Getódtet durch das Decem- 
virat lebte das Volkstribunat mit 
dem Sturze desselben wieder auf. 
Denn Herstellung dieses und des 
Consulate waren die beiden gleich- 
zeitigen Forderungen, welche die in 
Folge des Verbrechens des Appius 
und der That des Verginius wieder 
auf den Mons sacer ausgezogene 
Plebs für die Rückkehr in den 
Staateverband stellte und erlangte. 
Liv. 8. 53. flg. 

taetrior et 
weitere Verlauf der 


foedior, ^ wie der 


Geschichte, . 


insbesondere seit den Gracchen, 
zeigte. 

Cap. IX. primum wird nicht 
aufgenommen; dem Sinne nach 
aber dureh »wnquam tamen con- 
quievit sq. 

impius — patribus eine Fort- 


setzung des Bildes von einem miss- 
gebornen Kinde: impius undank- 
bar, patres zugleich Váter und Pa- 
iricier. 

omnia als Obj. von twrbav. misc. 
kann nicht zugleich Attribut zu 
infima sein; man fasse infima swm- 
mis p. f. als einen Begriff — ezae- 
quavit, wobei infima summis als 
appositionelle Epexegese zu omnia 
zu denken ist. Genauer würe es, 
wenn noch swmma infimis hinzu- 
gefügt worden würe, was vielleicht 
vor oder nach jenen Worten aus- 
gefallen. 

8 20. C. Flaminius tribunus pl. 
(228) legem de agro Gallico et Piceno 
viritim dividendo twlit; idem con- 
Sul iterum apud. Trasimenwum inter- 
fectus est. Brut. 57. Im ersten 
Consulat 223 besiegte er die insu- 
brischen Gallier, als Censor 220 
legte er die via Flaminia (durch 
Umbrien) und den circus F'la- 
minius (zwischen Capitol und Cam- 
pus Martius) an. 

vetustas zu 1], 33. 

bonis viris ungewühnlich für das 
blosse bonis. Vgl. jedoch p. Sest. 
105. Off. II. 58. 

Ti. Gracchus 'Tribun 133 setzte 
eine lez agrar. über Vertheilung des 
gesammten  Staatsackers an das 
Armere Volk gegen geringen Zins, 
freilich unter Widerspruch des Tri- 
bunen Octavius und nach ungesetz- 
licher Absetzung desselben, durch; 


230 


Gracchi tribunatus reliquit? 


DE LEGIBUS 


etsi quinquennio ante Deci- 


mum Brutum et P. Scipionem consules — quos et quantos 
viros! — homo omnium infimus et sordidissimus, tribunus pl. 
C. Curiatius, in vincula coniecit, quod ante factum non 
erat. C. vero Gracchus ruinis et iis sicis, quas ipse se proie- 


ebenso die Vertheilung der vom 
Attalus ererbten Schátze; wurde, 
als er sich im flg. Jahre wieder um 
das Tribunat bewarb, von den unter 
Anführung des gleich hernach er- 
waühnten Scipio Nasica mit Knütteln 
andringenden Senatoren auf dem 
- Capitol mit seinem Anhang er- 
schlagen, und seine Leiche in den 
Tiber geworfen. 

etsi wie zu verstehen? Zu der fol- 
genden Bemerkung, dass Curiatius 
dem Consulat schon die àusserste 
Sehmach angethan — wenig Recht 
gelassen, bildet die gánzliche Berau- 
bung alles Rechtes keinen Gegensatz. 
Der Gegensatz liegt darin, dass der 
Angriff des Ti. Gr. auf dasbestehende 
Verfassungsrecht erwühnt wird, ein 
anderer auch schon der neueren Zeit 
angehóriger, der erst hátte erwühnt 
werden müssen, zunüchst  über- 
sprungen wird. Zumpts Uebersetzung 
von e. mit ,freilich* dürfte nicht 
glücklich sein, da sie den Ggs. zu 
wenig hervortreten lüsst. 

D. Brut. s. 11. 54. 

P. Scipio Nasica Serapio (80 "- 
der Aehnlichkeit mit einem be- 
kannten Opferthierhündler vom fol- 
£enden genannt), Cons. 138. Nach 
Erschlagung des Ti. Gr. vom Senat, 
damit er dem Hass des Volkes ent- 
zogen würde, mit einer Sendung 
nach Asien betraut, starb er da- 
selbst bald darauf. Háüsslich klingt 
uns Ciceros bestündiges Lobpreisen 
dieses banditenhaften Anführers der 
Senatspartei, sowie umgekehrt das 
ewige Keifen gegen die Gracchen, 
die Cic. nichts destoweniger vor 
dem Volke (l agr. II. 10; ib. 81; 
p. Rab. perd. 148q.) anstandlos lobte. 

C. Curiatius und seine Amts- 
genossen hatten nach Liv. Epit. 55 
von den Consuln Befreiungen bei 
der Aufhebung verlangt, die ihnen 
nicht gewührt worden. Mehr ist 
über ihn nicht bekannt. 

ante factum non e. Ein Irrthum. 


Denn Liv. Ep. 48 med.: L. Licinius 
Lucullus .A. Postumius Albinus con- 
sules cum delectum severe agerent 
nec quemquam dimitterent, ab tri. 
bunis pl., qui pro amicis suis vaca- 
tonem impetrare mon poterant, in 
carcerem comniecti sunt, — Dasselbe 
schon früher fter versucht oder 
gedroht. 5. Liv. IL 56. 13; IV. 
26. 9. Cf. Lange I. 598. 

C. Gracchus 9 Jahre jünger, der 
gróssere Bruder und nach Cic. das 
grósste oratorische Genie, das Rom 
hervorgebracht (Brut. 126. Rab. 
perd. 14), entzogi als Volkstribun 
123 durch seine lex iudiciaria dem 
Senate die ausschliessliche Gerichts- 
barkeit, machte sich aber in seinem 
zweiten Tribunat durch seinen Vor- 
schlag allen Latinern das rómische 
Bürgerrecht, den übrigen Italiern 
das latinische, zu geben bei der 
engherzigen Plebs Romana 80 miss- 
liebig, dass seine dritte Bewerbun 
um das Tribunat missglückte, un 
er, 80 des Schutzes gegen den Con- 
sul Opimius, welcher Senat und 
RHitterschaft gegen ihn bewaffnet 
und das Capitol besetzt hatte, ent- 
behrend durch Selbstmord endete. 
Ausser den oben genannten leges 
kennen wir von ihm noch eine lex 
agraria, welche ausser Andrem An- 
legung von Colonien verordnete, 1. 
frumentaria, die den Bürgern eine 
bestimmte Quantitüt Getreide zu 
biligem Preise zuwies, /. de mili- 
tum commodis, welche die Dienstzeit 
verkürzte, 1. de comitiis, welche die 
Reihenfolge der Stimmen nach den 
Klassen aufhob und diese nach dem 
Loos festsetzte, 4|. de provinciis, 
welche den Senat anwies, schon 
vor den Wahlcomitien die Provin- 
zen für die künftigen Consuln zu be- 
stimmen u. a. S. Dietsch II. p. 244 flg. 

C. vero Gracchi die Hdschr., wel- 
ches V. beibehált. Cf. Diodorus 
Timarchidi Verr. IV. 188; im Sinne 
von Frau: hanc Scipionis Brut. 211 


LIB. III. CAP. 9. $ 20. 21. 


231 


eisse in forum dixit, quibus digladiarentur inter se cives, nonne 
omnem rei publicae statum permutavit? Quid iam de Satur- 
nino, Sulpicio, reliquis dicam? quos ne depellere quidem a se 


sine ferro potuit res publica. 


21. Cur autem aut vetera aut 


aliena proferam potius quam et nostra et recentia? Quis um- 
quam tam audax, tam nobis inimicus fuisset, ut cogitaret um- 
quam de statu nostro labefactando, nisi mucronem aliquem 


Süpfle Pr. Anl. 1. $ 118 Zus. 2. 
Aber sollte dies wohl bei einem 
Beinamen passen, der der ganzen 
Familie angehórt, hier zumal, wo 
der Name des Bruders, Ti. Gracchus, 
vorangegangen ? 

ruinis scheint wenig passend, 
denn durch Vernichtung ündert man 
einen Síiaat nicht. Man müsste 
denn ruinis et sicis zusammenfassen, 
sodass durch Aufhebung der alten 
Einrichtungen und Einführung von 
neuen, wenn ran solche unter sicae 
verstehen will, die permutatio ge- 
schieht. Aber ist nicht ruinae über- 
haupt zu stark im Verháltniss zu 
dem nachfolgenden permutare? Er- 
scheint nicht die Verbindung von 
80 verschiedenen Bildern ungehórig ὃ 
Auch ist es mir wahrscheinlich, 
dass dem folgenden bildlchen Aus- 
drucke ein einfacher und gewóhn- 
licher vorangegangen, der durch 
den folgenden theils nüher prácisirt 
theils behufs grósserer Eleganz er- 
setzt wurde. Dies würde man er- 
reichen, wenn man statt ruinis etwa 
actis suis (cf. acta Caesaris Dom. 
39; 40; Phil. I. 16; acta tribunatus 
Dom. 81 etc., wovon actis nach 
Gr—acchus wohl ausgefallen sein 
kónnte, schriebe. 


sicae werden die obigen Antrüge 
genannt, weil sie nicht sowohl das 
Heil der Gesammtheit begründeten, 
als nur Waffen waren, um einander 
ferner zu bekámpfen und endlich 
zu vernichten. 

Saturnino zu II. 14. 

P. Sulpicius Hufus (ebenso nach 
jenenerwühnt Dom. 41 ; Har. resp. 43; 
in Vat. 23), berühmter Volkstribun 
i J. 88, anfangs auf Seiten der 
Aristokratie, seit dem Tribunat An- 
hüánger des Marius und der Volks- 


partei, stellte den Antrag, dass die . 


nach dem Bundesgenossenkrieg mit 
dem Bürgerrecht beschenkten Italici 
in alle Tribus gleichmássig ver- 
theilt, dass dem Sulla der Ober- 
befehl gegen Mithridates entzogen 
und dem Marius übertragen würde. 
Nach dem siegreichen Einzug Sullae 
in Rom geüchtet, wurde er bei 
Laurentum getódtet. Unter den drei 
Gruppen grosser Redner, die Cic. 
hervorhebt (erste: Crassus — An- 
tonius, dritte Hortensius — Cicero) 
bildet er mit Cotta, mit dem er 
auch als lernbegieriger Zuhórer an 
dem hauptsáchlich von Crassus und 
Anton. geführten Gesprüch de Ora- 
tore Theil nimmt, die zweite Gruppe 
derselben (cu quidem ad summam 
gloriam eloquentiae efflorescenti ferro 
vita erepta est mon sine magno rei 
p. malo d. Or. III. 11) und galt, 
durch Sehwung und Pathos aus- 
gezeichnet, als ein Vertreter des 
genus Asiaticum (— grande) gegen- 
über dem Cotta, der das genws 
Atticum (— tenue) vertrat. 


8 21. nos(ra: unser eigenes Leben 
betreffend. 


cogitaret wnquam; w. steht hier, 
nachdem es schon im Haupt«atze 
vorangegangen, fpleonastisch (des 
grósseren Affects wegen) wie p. Sest. 
20. Zu de in der Bedeut, ,jauf* 
nicht bloss ,,an'' etw. denken, sinnen, 
vgl. de pernicie Flac. 2; Cluent. 
190. 


isi — ecacuisset, Das exacuere 
muss das cogitare schon zur Voraus- 
setzung haben. (Wer würe in der 
Bitterkeit seines Hasses soweit ge- 
gangen, unsere Existenz untergraben 
zu wollen, wenn er nicht einen 
tribunicischen Dolch g e w etzthütte! 
nein: gehabt hátte). Der Gedanke 
is. somit uncorrect. 


Der muero ti /b, ist natürl. Clodius. 


232 


DE LEGIBUS 


tribunicium exacuisset in nos? quem cum homines scelerati ac 
perditi non modo ulla in domo, sed nulla in gente reperirent, 
gentes sibi in tenebris rei publicae perturbandas putaverunt. 
Quod nobis quidem egregium et ad inmortalitatem memoriae 
gloriosum, neminem in nos mercede ulla tribunum potuisse 


homines scelerati ac perditi. Wer 
als solche und als Anstifter zu 
denken, nicht ganz klar. In Wirk- 
lichkeit waren es die Triumvirn, 
insbesondere Caesar, s. oben II. 42. 
Dass er aber Pompej. nicht meint 
— vom Ausdrucke ganz abgesehen 
— zeigt das Folgende. Auch in 
Hinsicht Caesars kann man Be- 
denken tragen, wenn anders Quin- 
tus kurz vor der Abfassung und 
auch wohl der Annahme des Ge- 
sprüches Caesars Legat gewesen. 
Móglich, dass die Consuln Piso und 
Gabinius als Urheber gedacht, ob- 
wohl sie es in Wirklichkeit nicht 
waren. Wahrscheinlich aber diese 
nicht im Besonderen, sondern im 
Allgemeinen eine Partei unter den 
Vornehmen, die Cic. sich als heim- 
liche Anhünger und Rücher des 
Catilina (unter denen allerdings 
auch jene, s. p. red. i. sen. 10; 
Dom. 62; Planc. 87; Pis. 16 sq.) 
dachte und ófter hinstellte. 

Das Folgende zeugt im Ausdrucke 
wieder von Gedankenlosigkeit. Denn 
fand sich das tribunicische Werk- 
zeug in keiner Familie, so fand es 
sich auch in keiner Stammesgemein- 
schaft (gens), welche aus Familien 
besteht. Feldh.s Auskunft, domus 
auf Plebejer, gens auf Patricier zu 
beziehen, weil in gewissem Sinne 
den Plebejern gentes abgesprochen 
wurden (L. I. 169; Liv. 10. 8. 9), 
ist nicht blos insofern sie auf Cic.'s 
Zeit nicht mehr passt, wo ebenso- 
gut von plebejischen gentes ge- 
sprochen wurde, sondern darum 
vor Allem zu verwerfen, weil man 
nicht daran denken konnte, einen 
'Tribunen unter den Patriciern auf- 
zusuchen, wenn man nicht zugleich 
auf Standeswechsel rechnete, ein 
solcher aber thatsüchlich gefunden 
wurde. Solche Scheinantithesen 
finden sich übrigens bei Cic. ófter. 
Vgl. Mur. 55 qui primum, dum ex 
honoribus continuts familiae wnwum 


gradum ascendere conatus est, venit 
in periculum me et ea quae ei re- 
licia et haec quae ab ipso parta 
sunt amittat, deinde propter stu- 
dium novae laudis etiam 1n veteris 
fortunae discrimen adducitur, wo 
zweimal dasselbe gesagt ist, s. Halm 
dazu. Fontej. 45 Hispania quae non 
modo religione sua resistere Gallo- 
rum cupiditati potest, sed etiam sce- 
leratorum hominum periuria testi- 
moniis ac laudationibus suis refu- 
tare. Denn worin zeigt sich die 
Gewissenhaftigkeit, religio, anders 
als in letzterem? — Etwas anders, 
aber der Sache nach ebenso leer 
ist flg. Ggs. δὲ hoc iudicasti tanta 
in tempestate gubernare te non posse, 
de virtute tua. dubitavi: si nolle, 
de voluntate. Als ob letzteres 
sich nicht von selbst verstünde! 


non modo ulla (— non nulla) sed 
nulla. Ueber die Auslassung des 
ersten ^on s. Zumpt 8 724 b., nur 
ist hinzuzufügen, dass im 2. Gliede 
nicht immer »e — quidem steht, 
sondern dafür auch nullus, mihil, 
omnino non etc. Dico nom modo 
istas duas quinquagesimas sed om- 
nino nullum nuwmmwum cuiquam esse 
deductum Ver. 3. 182. non modo 
imperator sed liber ommino mon 
habendus erit Parad. 33. non modo 
viro bono, verum ommino homini 
libero videtur non fwisse toleranda 
Inv. 2. 84. In einigen Stellen bei 
Liv. sogar bei folgendem sed etiam : 
ui non modo praedandà causa quis- 
quam ex agro Romano exiret, sed 
ultro Fidenates in agrum 4. de- 
scenderent IV. 21. 6; s. Weissb. tan- 
tus terror omnis occupavit, ut non 
modo alius quisquam arma caperet 
— etiam ipse rex perfugerit XXIV. 
20.12; wogegen aber Madv. zu Fin. 
L 10 Widerspruch erhebt. 


in tenebris in der finsteren Lage 
des Staates : wegen der bürgerlichen 
Zwietracht. 


LIB. III. CAP. 9. 10. 8 21— 233 
. reperiri, nisi cui ne esse quidem licuisset tribuno. 22. Sed ille 
quas strages edidit! eas videlicet, quas sine ratione ac sine 
ulla spe bona furor edere potuit inpurae beluae multorum 
inflammatus furoribus. Quam ob rem in ista quidem re vehe- 
menter Sullam probo, qui tribunis plebis sua lege iniuriae 
faciendae potestatem ademerit, auxilii ferendi reliquerit, Pompe- 
iumque nostrum ceteris rebus ommibus semper amplissimis 
summisque ecfero laudibus, de tribunicia potestate taceo: nec 
enim reprehendere libet nec laudare possum. X. 23. M. Vitia 
quidem tribunatus praeclare, Quinte, perspicis. Sed est iniqua 
in omni re accusanda praetermissis bonis malorum enumeratio 


vitiorumque selectio. 


— me esse quidem lic. Dass die 
Arrogation (— Adoption von Per- 
sonen Sui iuris, das Náàhere bei 
L. I. 103 flg) ungültig, ist des 
Breiten Dom. 8 34—42 auseinander- 
gesetzt. Vgl. Drum. II. 223. ,Die 
Pontifen sollten untersuchen, was 
den Arrogirenden zu diesem Schritte 
bewege, ob er das Alter erreicht 
habe, in welchem er leibliche Erben 
nicht mehr hoffen dürfe, ob er nicht 
auf eine arglistige Weise das Ver- 
mógen eines anderen sich zueignen 
wolle, und dieser erwachsen sei etc. 
Nun war Fontejus, der ihn adop- 
tirte, kaum 20 Jahr alt, viel jünger 
als Clodius, war verheirathet, man 
hatte keinen Grund zu glauben, 
dass seine Ehe kinderlos bleiben 
würde, wie die Folge lehrte. Ferner 
wurde die Rogation nicht drei Nun- 
dinen vor deu Comitien bekannt 

emacht, und die Abstimmung er- 
fo olgte, obgleich der Consul Bibulus 
erklárte, dass er den Himmel be- 
obachte.* 

β 29. multorum sc. der oben- 
enannten und seiner Catilinarischen 
ohorte (gregales Catilinae Dom. 15. 

totus ille grex Catilinae Att. I. 14. 5). 

Sulla machte durch seine 1. Cor- 
nelia de tribunicia potestate 1. J. 
81 das Tribunat zu einem Schatten- 
bilde. ,,Das $us contionis verküm- 
merte er ihnen, indem er die An- 
wendung desselben von der Ge- 
nehmigung des Senates abhüngig 
machte; ebenso stellte er ihr spe- 
zifisches Hecht cwm plebe agendi 
(d. h. sie zu berufen und Antrüge 


Nam isto quidem modo vel consulatus 


zu stellen, s. 8 10 Cp. 4) unter die 
auctoritas senatus. Das Interces- 
sionsrecht beschrànkte er  wahr- 
scheinliceh durch. Androhung von 
Strafe gegen Missbrauch auf das 
ursprüngliche Mass der auxilii latio 
adversus imperium für Emzelne'* 
L. I. 610 flg. 


Pompeius stellte als Consul i. J. 
70, nachdem schon Aurelius Cotta 
im J. 75 durch seine 1. Awrelia die 
ihnen ebenfalls von Sulla geraubte 
Wiühlbarkeitzu curulischen Aemtern 
zurückgegeben hatte, ^ die pot. 
iribun. im. vollen Umfange wieder 
her. L. I. 611 extr. 


ceteris rebus omnibus. Den bloss. 
Abl. fasst F. causal — wegen (vgl. 
zu I. 31); einfacher nimmt man ibn 
local in erweitertem Sinne nach 
Analogie von ommbus partibus, 
Drág. I. $ 222 B. c. Andre Beisp. 
eines freieren Gebrauches: omnibus 
oppidis Ver. 2. 136; omnibus hono- 
ribus Phil. 6. 17; domiciliüs bonis 
Nat. d. 2. 95; sede sua haerere S. 
Scip. 18 (locativ: orbi terrarum 
Leg. Agr. 2. 76); rebus urbanis Or. 
141; eorum coniunctione Ver. 4. 117. 
Mehr noch bei Liv.: carpento se- 
dere |. 34. 8; 8, Weissb. Tarquinii 
domo I. 89. b; duabus wrbibus 8. 
22. 5; sede honoris 9. 46. 9 (Weissb.); 
quae "via (an) Latina est 10. 36. 16; 
cuius imaginis titulo legetur. X. 1. 
11; (des Umstandes τς bei) tribu- 
matuque plebis absens praefertur 
8. 22. 4; mehr Kühnast Synt. Liv. 


| p. 183 flg. 


234 DE LEGIBUS 

vituperari potest, si consulum, quos enumerare nolo, peccata 
collegeris. Ego enim fateor in ista ipsa potestate inesse quid- 
dam mali. Sed bonum, quod est quaesitum in ea, sine isto 
malo non haberemus. — Nimia potestas est tribunorum plebis. 
— Quis negat? Sed vis populi multo saevior multoque vehe- 
mentior, quae ducem quod habet, interdum lenior est quam 
sj nullum haberet. Dux enim suo periculo progredi cogitat, 
populi impetus periculi rationem sui non habet. 24. At ali- 
quando incenditur. Et quidem saepe sedatur. Quod enim est 
tam desperatum collegium, in quo nemo e decem sana mente 
sit? Quin ipsum Ti. Graechum non solum neglectus, sed etiam 
sublatusintercessorevertit. Quid enimillum aliud perculit nisi quod 
potestatem intercedendi collegae abrogavit? Sed tu sapientiam 
maiorum in illo vide. Concessa plebei ista a patribus pote- 
state arma ceciderunt, restincta seditio est, inventum est tempera- 
mentum, quo tenuiores cum principibus aequari se putarent: 


in quo uno fuit civitatis salus. 


praeter eos quamvis enumeres 


Cap. X. $ 23. consulum wie des 
Cinna, Caesar, Gabin., Piso u. a. 

enim mit Bezug auf praeclare 
perspicis. 

in ea — in hüufig sich berührend 
mit dem bloss. Abl, aber in der 
Auffassung verschieden, insofern es 
nur die Beziehung auf, die Verbin- 
dung mit — ausdrückt, cf. Seyff. 
zu Lael. 26 in dandis — meritis, Heine 
zu Off. IL. 63; ferner: in exscin- 
denda Carthagine profuit Off. I. 76; 
id te adiuvare putas, in quo oppri- 
mitur tua defensio p. Tull. 31 ἃ. 
oben zu I. 14. 

vehementior sc. est, zu I. 63. 

progredi cogitat. Ueber die Aus- 
lassung von se, dessen Ausfall nach 
suo allerdings nahe liegt, und wel- 
ches schlechtere Codd. in der That 
an dieser Stelle haben, &. zu I. 53. 

8 24. Et quidem führt witzig 
einen Gegensatz als erklürenden 
u. modifizirenden Zusatz ein — ganz 
recht, aber auch (aber), also Formel 
der elevatio. S. darüber Madv. 
Fin. I. 35; Seyff. Schol. lat. I. 8 66; 
Drüg. IL. 8 311. 13; cf. Nat. d. 1. 
100 Et barbati quidem Iovis. 
Phil, 11. 9; Acad. II. 53; Parad. 32; 
Fin. II. 9; ib. 81.; Or. 168; p. Planc. 
31. In ühnlichem Sinne auch blos 
quidem. Cf. Bake ἃ. Feldh. z. St. 


At duo Gracchi fuerunt. Et 
multos licet: cum deni crean- 


Zu den bei diesen angeführten 
Beisp. füge hinzu Planc. 87 qwem 
quidem — terrebat; cui quidem — 
metus inferebatur. Seyffert leugnet 
den iron. Sinn des blossen quidem. 
Aber liegt nicht im Gebrauche der 
schwücheren, blos restringirenden, 
anstatt der stürkeren, adversativen, 
Partikel Ironie? — Zu et s. unten. 
intercedendi, Madv. intercedenti. 
Aber nicht nóthig; denn wenn er 
ihm auch die pot. tribun. überhaupt 
entzog, so doch insbesondere die 
des Intercedirens, die ihm allein im 
Wege stand. 
abrogavit durch ein Plebiscit. 
temperamentum ein Mittel, das 
richtige Verhültniss herzustellen, 
die Gegersütze zu neutralisiren und 
auszugleichen — Auskunftamittel. 
Et praeter eos. Das et, welches 
Bake dem et quid. gleichbedeutend 
nimmt, ist doch verschieden und 
ohne Ironie, C. eignet sich den Ein- 
wand des Gegners an und fügt das 
Folgende nicht als Gegensatz, son- 
dern als ergünzenden Zusatz hinzu; 
was man leicht fühlt, wenn man 
versuchte ab er einzusetzen. Ebenso 
p. Scaur. 13 At creditum est ali- 
quando Sardis. ΕἾ fortasse credetur 
aliquando, si integri venerint, si in- 
corrupt; wo nicht in dem et, das 


LIB. IH. CAP. 10. 11. 8 23—965. 


235 


tur, non nullos in omni memoria reperies perniciosos tribunos: 
leves etiam, non bonos, fortasse plures. Invidia quidem summus 
ordo caret, plebes de suo iure periculosas contentiones nullas 


facit. 


25. Quam ob rem aut exigendi reges non fuerunt aut 


plebi re, non verbo danda libertas: quae tamen sic data est, 
ut multis ?nsíztuí?s praeclarissimis adduceretur, ut auctori- 
iati principum cederet. ΧΙ. Nostra autem causa, quae, optume 
et duleissime frater, incidit in tribuniciam potestatem, nihil 


habuit contentionis cum tribunatu. 


Non enim plebes incitata 


nostris rebus invidit, sed vincula soluta sunt et servitia con- 


citata adiuncto terrore etiam militari. 


stehen muss, die lronie liegt, son- 
dern in dem Gedanken selbst, wel- 
cher scheinbar den Einwand zu- 
gebend in Wirklichkeit den Gegen- 
satz davon enthàlt. Passend u. be- 
weisend unter den von Drág. und 
Seyff. a. a. O. angeführten Bei- 
spielen für den ironisch gleich- 
setzenden (κατ΄ ἰσότητα) Gebrauch 
von éí finde ich nur d. sen. 25 
Jiu vivendo multa senectus quae non 
volt videt. .Et (aber auch) mulia 
fortasse quae vult. 

quamvis m. noch so viele. Cf. Ver. 
3. 41 quamvis ingeniosum (noch 
80..) te dicito; ib. 132 quamvis 
nocens; lb. 162 qu. bonum; Fin. 2. 
102 qu. belli et humani; Off. I. 86 
(cf. Zumpt.) qu. graviter. 

cum creantur: wann, wo, gewahlt 
werden sc. zu Tribunen; nicht ,,da* 
ereentur, denn damit würde nur auf 
die Vergangenheit des róm. Volkes 
Bezug genommen werden, auch auf 
die nicht einmal schlechthin, da 
Zeiten waren, wo weniger gewühlt 
wurden. Cic. nimmt auch auf die 
Zukunft Rücksicht, für die er seine 
Verfassung aufstellt: auch dann 
werde man immer einige schlechte 
Tribunen fnden. Das Fut. aber 
konnte nicht stehen, weil die Zu- 
kunft nicht allein gemeint ist. 

in ὁ. memor, - aetate. Zu 1. 8; 
ebds. über im. 

leves etiam sq. Die Interpunction 
im Wesentlichen nach V, (welcher 
sich für die Stellung von etiam auf 
Mil, 92 :iamsatis multa de causa, extra 
causam etiam nimis fortasse multa be- 
zieht)esleichtesinnige, nieht gute(stei- 
gernd), vielleicht sogar noch meh- 
rere (als verderbliche). Doch nicht 


Neque nobis cum illa 


ohne Bedenken, denn dass mehr 
leves oder «on bomi als perniciosi 
sein werden, lásst sich mit Be- 
stimmtheit annehmen. Daher ver- 
dient die Conj. von Halm: leves 
etiam quam bonos f. pl. ,Jleicht- 
sinnige vielleicht sogar mehr noch 
als gute* noch immer Beach- 
tung. 

825. Quamobrem weilals Zwischen- 
gedanke vorschwebt: F'aceret autem 
sonst (contentiones), was nicht zu- 
gelassen werden darf. (Daher war 
entweder wahre Freiheit zu ge- 
wühren oder auch nicht das Ver- 
langen nach Freiheit — reges mom 
exigendi —  einzuflóssen). 

adduceretur sc. plebs. 

Cap. XI. incidit im in die Zeit 
des Bestehens der tribunicischen 
Gewalt im Ggs. zu der 8 22 ange- 
gebenen Zeit der àussersten Ab- 
schwáchung derselben, welche einer 
Auflósung ders. nahe kam. 

Dass Clod. seine Rogationen nicht 
durch das Volk, sondern durch 
Sclaven und  Verbrecher durch- 
gesetzt habe, bemerkt C. oft, so 
unten $ 45; Pis. 23 cwm servorum 
dilectus in foro haberetur; ib. 30 
lex inusta per servos, imposita per 
latrocinium; Sest. 34 flg.; 38; 53; 
p. red. i. sen. 33; Dom. 53 sq. 

adi. t. mil., indem Caesar in den 
ersten Monaten d. J. 58 als Pro- 
consul von Gallien mit seinem Heere 
vor Hom blieb (Sest. 40—41; ib. 
52; p. red. i. sen. 32; har. resp. 47), 
theils um seine Gesetze gegen die 
Bedrohung der damaligen Prütoren 
und des Senates zu vertheidigen 
(prov. cons. 43. Sest. 40), theilsum den 
Angriff des Clodius auf Cic. zu unter- 


226 


DE LEGIBUS 


tum peste certamen fuit, sed cum gravissimo rei publicae 
tempore, cui »? cessissem, non diuturnum beneficii mei patria 


fructum tulisset. 


Atque haec rerum exitus indicavit. 


Quis 


enim non modo liber, sed etiam servus libertate dignus fuit, 
cui nostra salus cara non esset? 26. Quod si is casus fuisset 
rerum, quas pro salute rei publicae gessimus, ut non omni- 
bus gratus esset, et, si nos multitudinis furentis inflammata 
invidia pepulisset tribuniciaque vis in me populum, sicut 
Gracchus in Laenatem, Saturninus in Metellum, incitasset, 


stützen (Drum. V. 636), obwohl 
letzteres zu bezweifeln Cic. ófter 
sich den Anschein giebt (Har. resp. 
47; prov. cons, 43; p. red. i. s. 32; 
Sest. 42). 

peste: Clodius. 

gravis. rei p. t., insofern sein 
Kampf gegen Clodius, dadurch dass 
die Consuln d. J. diesen unter- 
stützten und die zu Boden ge- 
drüMkten Catilinarier sich wieder- 
erhoben haben würden, für das 
Bestehen des Staates hátte ver- 
hüngnissvoll werden kónnen, jeden- 
falls aber viel Blut vergossen wor- 
den würe. Dass nur diese Rück- 
sicht, nicht wie ihm oft vorgeworfen, 
Feigheit (p. Planc. 86 flg.; Pis. 31) 
ihn von thatkrüftiger Vertheidigung 
zurückgehalten habe, findet er sich 
oft bemüssigt zu erklüren (Planc. 
87 flg.; Sest. 43 flg.; p. red. i. sen. 
4 u. 33 flg.; Vat. 6; Pis. 19. flg.). 
8. aber dagegen Drum. V. 8 53—54. 

Quis emim .. . geht auf seine 
ehrenvolle Zurückberufung u. Rück- 
kehr. S. bes. p. Sest. 129 ἔργ. 

non modo — non dico d. Or. 2. 98; 
Ver. Act. I. 9; p. Font. 27 ; Sest. 45; ib. 
108 ; Fam. V. 16. 4; VIL. 1. 4. und F. 
Schultz $202, .2; auchblosnon: d. 
Fin. I. 14; Vat. 19. (Letzteres auch 
in dem gewóhnl. Sinne für non modo 
Vat. 23; aber von Bait. corr.) 

8 26. — is casus fuisset — wt 
gratus. Unbegreiflich, wie Feldh. 
u. V. die Logik dieses Ausdruckes 
verfechten kónnen. Wenn der Aus- 
gang, Ausfall (casus) seiner Thaten 
nicht allen angenehm war, so lie 
auf der Hand, dass der Ausfall in 
etwas Andrem bestehen musste als 
darin, ob die Thaten Beifall fanden 
oder nicht. Worin er aber sonst 
bestehen sollte, vermag niemand 


anzugeben. Somit gerüth man in 
eine Tautologie. V. aber glaubt 
dieser damit zu entgehen, dass er 
mit Beziehung auf Mil. 81 si res 
non 0. gratae cecidissent dafür ein- 
setzt. Welche Analogie bietet aber 
diese Wendung? erden darin 
nicht die res (proleptisch: als an- 
genehme — sodass sie angenehm 
waren, ausgefallen würen) gratae 
und nicht der casus gratus genannt? 
Unterstützt das nicht vielmehr die 
Ansicht, dass gratae essent ge- 
schrieben werden musste? Wir 
werden somit — die Richtigkeit 
der Lesart, für die eine Verbesse- 
rung schwer erfindlich, voraus- 
gesetzt — entweder ein Beispiel 
einer kühnen Enallage nach Ana- 
logie von Horat. Od. IIL 1. 42 

dsi — mec purpurarum sidere 
clarior delenit «sus st. clariorum 
(cf. Berg. Stil. 8 111 zu Hypallage) 


NNND——INN n css CEUOEÉE£gàEE|E)EeBEE&BBOEEELL 


oder, was mir wahrscheinlicher, - 


von Nachlüssigkeit des Denkens 
darin zu sehen haben. 

P. Popilius Laenas Cons. mit 
P. Rupilius 132 hatte mit seinem 
Amtsgenossen die Untersuchung 
gegen die Mitschuldigen des Ti. 

racchus zu führen und zog sich 
durch seine Hürte die Rache des 
C. Gracchus zu, der als Volkstribun 
123 durch die lez me qwis iudicio 
cicumveniretur seine  Verbannung 
durchsetzte. Zwei Jahre spüter 
jedoch führte eine Hogation des 
Volkstrib. L.Calpurnius Bestia seine 
Rückberufung herbei. Cf. Lael. 37; 
Cluent. 95; Dom. 82; 87; d. rep. 
I 6; p. red. i. sen. 38; ἃ. Quir. 
9 sq. 

Q. Caecilius Metellus Numidicus, 
als Cons. 109 Sieger über Jugurtha, 
Censor 102, weigerte sich i. J. 100 


o IP € P M Á— M — 


COS P 
T ; 


LIB. III. CAP. 11. 12. 8 25—27. 231 


ferremus, o Quinte frater, consolarenturque nos non tam philo- 


sophi, qui Athenis fuerunt, qui hoe facere debent, quam claris- 
simi viri, qui illa urbe pulsi carere ingrata civitate quam 
manere in inproba maluerunt. Pompeium vero quod una ista 
in re non ita valde probas, vix satis mihi illud videris atten- 
dere, non solum ei quid esset optimum videndum fuisse, sed 
eliam quid necessarium. Sensit enim deberi non posse huic 
civitati illam potestatem; quippe quam tanto opere populus 
noster ignotam expetisset, qui posset carere cognita? Sapientis 
autem civis fuit causam nec perniciosam et ita popularem, ut 
non posset obsisti, perniciose populari civi non relinquere. 
Scis solere, frater, in huius modi sermone, ut transiri alio 
possit, diei 'Admodum'" aut 'Prorsus ita est. Ὁ. Haud equi- 
dem adsentior, tu tamen ad reliqua pergas velim. M. Perse- 


veras tu quidem et in tua vetere sententia permanes. 
Nec mehercule ego sane a Quinto nostro dissentio. 


quae restant audiamus. 


ATT. 
Sed ea 


XII. 21. M. Deinceps igitur omnibus magistratibus auspi- 
cia et iudicia dantur: iudicia, ut esset populi potestas ad quam 


das ohne auctoritas senaius von 
Saturninus  eingebrachte ^ Acker- 
gesetz, welches das von den Cim- 
bern besetzt gewesene Land im 
jenseitigen Gallien dem Volke zu- 
wies und die Vertheilung dem Ma- 
rius übertrug, von allen Senatoren 
allein nachtráglich zu beschwóren 
und ging, als Saturninus seine Ver- 
bannung beantragte, freiwillg ins 
Exil Des Falles thut C. oft in 
Verbindung mit dem vorhergenann- 
ten Erwühnung. ὃ. d. oben ange- 
führten Stellen. 

debent thun müssen, wenn anders 
sie ihre Schuldigkeit als Philo- 
sophen thun, welche die αὐτάρκεια, 
Selbstgenügsamkeit , lehren sollen. 

illa wrbe: Athen. Gemeint sind 
Staatemáünner wie Aristides, Themi- 
stokles, Cimon. 

deberi vorenthalten (eigtl. schul- 
dig bleiben) werden. 

qui posset im Sinne des Cic, 
nicht des Pompej., in welchem 
letzteren der Infin. hàtte stehen 
müssen. 

Admodwm findet sich so in der 
Antwort meines Wissens nur noch 
an einer Stelle bei Cic.: Part. or. 
Cp. 20 $ 69 Cognita igitur omni 
distributione propositorum, causa- 


rum mobis genera restant. | C. P. 
Admodwm; sonst einige mal, aber, 
wie es scheint, auch nicht oft bei 
den Komikern: Terent. Hec. III. 
5. 8; Phorm. II. 2. 1; Plaut. Bacch. 
V. 1. 24; Rud. IV. 4. 36. 

Prorsus in d. Antw. ófter. So 
oben II. 18 prorsus assentior; dsgl. 
ib. 17; Brut. 161 ZJta prorsus. Cf. 
unten $ 49. 

Cap. XII. 8 27. wt esset p. pot. 
Unklar, wenn wir nicht οὐ für so- 
dass, in der Weise, mit der Be- 
schránkung dass (— (a wt) wie 
Gór., nehmen. Aber dann miss- 
fálli die verschiedene Bedeutung 
der beiden parallel gesetzten wt. 
Richtig würe der Gedanke auch, 
wenn, wie die meisten annehmen, 
ut esset pop. p. cett. den Sinn hàátte, 
damit das Volk die Provocations- 
gerichtsbarkeit hátte, die Provoca- 
tionsinstanz bildete. ^ Denn das 
konnte es nur, wenn die erste Ge- 
richtsbarkeit in anderen Hünden, 
nümlich bei den Magistraten, lag. 
Aber dann ist der Ausdruck nicht 
genau, Denn es durfte dann nicht 
heissen: damit das Volk eine po- 
testas (8c, vudicandi) hütte, an die 
appellirt werden kónnte (die pot. 


. iudicandi konnte es jà auch ohne 


238 DE LEGIBUS 
provocaretur, auspicia, ut multos inutiles comitiatus proba- 
biles inpedirent morae: saepe enim populi impetum iniustum 
auspiciis di immortales represserunt. 

Ex iis autem, qui magistratum ceperunt, quod senatus 
effieitur, populare sane neminem in summum locum nisi per 
populum venire sublata cooptatione censoria. Sed praesto est 
huius viti temperatio, quod senatus lege nostra confirmatur 
auctoritas. 28. Sequitur enim: Eius decreta rata sunto. 
Nam ita se res habet, ut, si senatus dominus sit publici con- 
silii quodque is creverit defendant omnes, et si ordines reliqui 
principis ordinis consilio rem publicam gubernari velint, possit 
ex temperatione iuris, cum potestas in populo, auctoritas in 
senatu sit, teneri ille moderatus et concors civitatis status, 
praesertim si proximae legi parebitur. Nam proximum est: 
Is ordo vitio careto, ceteris specimen esto. Q. Praeclara 
vero, frater, ista lex est, et late patet, ut vitio careat ordo, 


Υ 


Magistratsgerichtsbarkeit haben), 
sondern damit seine potestas von 
der Art würe, dass sie erst auf 
Appellation eintrüte dass an sie 
appellirt werden musste. Vielleicht 
liesse sich dieser Sinn schon durch 
eine kleine Aenderung erreichen, 
wenn man ea vor esset einschóbe, 
sodass potestas Subject, ea — ad 
quam Prüdicat würe. 

esset zu 1. 58. 

inutilis schüdlich, cf. Off. III. 82; 
ib. 84; Inv. II. 134; 135; 141 etc.; 
Liv. V. 5. 11 (dazu Weissb.). 

ut multos — imp. mor. 
richtig. 

di immort. Heuchelei. 

popwlare zu l. 63. 

cooptatio st. lectio in freier An- 
wendung des eigtl die Selbst- 
ergünzung eines Collegiums be- 
zeichnenden Wortes. Ebenso Div. 
I[. 23. (Ungenau auch Liv. 23. 3. 
b, s. Weissb.; dagegen regelmüssig 
Ver. 11. 122; cf. 120.) 

vitii. Wie konnte sich Cic. selbst 
einer fehlerhaften Bestimmung be- 
schuldigen? Also entw. Corruptel 
(uris?) oder  sonderbarer Fehl- 
griff im Ausdrucke, der erst im 
Gedanken einer Ergünzung, wie 
quod videri possit oder dgl., be- 
dürfte. 

8 28. Eius decreta rata.  Àn 
sich hatten die Senatsconsulte keine 


Auf- 


Gesetzeskraft; sie banden nur die 
Magistrate des Jahres, die ihnen 
nicht intercedirt hatten. Sie konn- 
ten daher von den Magistraten des 
folgenden Jahres, auch wenn sie 
allgemeine ^ Normen  aufstellten, 
wieder ausser Acht gelassen, um- 
somehr aber durch ihnen entgegen- 
gesetzte Plebiscite beseitigt werden. 
Plebiscite sind auch sonst oft, be- 
sonders in der spüteren Zeit der 
gesteigerten Machtentwicklung der 
Tributcomitien, an Stelle von Senats- 
consultea getreten, d. ἢ. über 
Gegenstünde, die nach Herkommen 
in der Competenz des Senates lagen 
(zu 8 10), gefasst worden. Vgl. L. 
IL. 8 118, u, 8 130. 

p. cons. des staatlichen  Ent- 
schlusses, allgemeinen Willens. 

creverit zu II. 21. 

ordines reliqui zu 8 7. 

ex temp. i. auf Grund der gleich- 


müssigen  Vertheilung,  Ausglei- 
chung, des Rechtes. 
potest. —Befugniss, auctor. das 


massgebliche Urtheil, der entschei- 
dende Rath. Damit wird die recht- 
liche Oberhoheit dem Volke in 
allen. Dingen gewahrt, und mehr 
die thatsüchliche Entscheidung des 
Senates gefordert: was mit dem 
Vorhergehenden in nicht ganz ge- 
nauer Üebercltstipdiudd zu stehen 
scheint. | 


LIB.IIL CAP. 12.13. $ 27—30. 239 
et censorem quaerit interpretem. 29. Arr. 1116 vero etsi tuus 
est totus ordo gratissimamque memoriam retinet consulatus 
ἐπὶ, pace tua dixerim, non modo censores, sed etiam iudices 
omnes potest defatigare. 

XHI. M. Omitte ista, Attice. Non enim de hoc senatu 
nec his de hominibus, qui nune sunt, sed de futuris, si qui 
forte his legibus parere voluerint, haec habetur oratio. Nam 
eum omni vitio carere lex iubeat, ne veniet quidem in eum 
ordinem quisquam vitii particeps. Id autem difficile factu est 
nisi educatione quadam et disciplima: de qua dicemus aliquid 
fortasse, si quid fuerit loci aut temporis. 30. Arr. Locus 
certe non deerit, quoniam tenes ordinem legum, tempus vero 
largitur longitudo diei. Ego autem, etiam si praeterieris, 
repetam a te istum de educatione et de disciplina locum. 


cens. q. int. es bedarf deiner wenn meinen Gesetzen gehorcht 


Auslegung nicht, da der Sinn des 
Gesetzes im Allgemeinen klar ist. 
Es kommt nur auf die concrete 
Bestimmung dessen, was vitium 
ist, an; diese aber fállt dem Cen- 
sor zu. 

& 99. llle vero sq. Die Ver- 
dorbenheit des Senates stand in 
gleichem Verhàltnisse zu der Ver- 
dorbenheit der Aristokratie (Drum. 
II. 242) und wird auch von Cic. 
ófter gebrandmarkt (vgl. Att. I. 16. 
3). Ale nach Aufhebung der lex 
Clodia, welche die »otio censoria 
beseitigt hatte (Sest. 55; L. II. 221; 
Drum. a. ἃ. O. u. Il. 45), zuerst 
wieder von den Censoren Ap. Clau- 
dius Pulcher u. L. Calpurnius Piso 
i J. 50 die cengorische Rüge an- 
gewendet wurde, fanden diese, selbst 
keineswegs besser, in der  weit- 
verbreiteten Unsittlichkeit den be- 
quemen Vorwand zur Ausstossung 
vieler, die dem pompejanischen 
Parteiinteresse entgegenstanden 
(wie des Geschichtsschreibers Sal- 
lustius) Drum. Il. 195. 

Cap. XIII. Non enim sq. Nicht 
in Betreff des jetzigen Senates, noch 
überhaupt der jetzigen Menschen 

it dieser Vortrag, sondern in 

treff der zukünftigen, die etwa 
diesen Gesetzen gehorchen wollen. 
Bei diesen aber ist die Forderung 
eines tadellosen und musterhaften 
Verhaltens für die Mitglieder des 
Senates nicht unerfüllbar. Denn 


wird, so werden nur Tadellose in 
den Senat gelangen. Bei solchen 
aber wird die Móglichkeit auch 
eines ferneren fleckenlosens Wan- 
dels bestehen. 

8 30. — ienes ordinem. Die 
Reihenfolge der Gesetze war bis- 
her gewahrt, insofern nach dem 
Wichtigsten, der Einrichtung des 
Cultus, die Festsetzung des Ma- 
gistratsorganismus folgte. Bei 
gleichem regelmàssigen Fortschritt 
zu dem, was zunáchst für das 
Entstehen und Bestehen eines 
Staates erforderlich, muss C. auch 
an den Ort geführt werden, wo 
die Erziehung zu regeln ist. — 
Auf den Vorgang Platos kann tenes 
ordimem sich nicht beziehen, da 
bei Pl. die Reihenfolge eine andere 
ist: z. B. im 6. Buche über die 
Magistrate "—— wird, Bestim- 
mungen für den Cultus der Gótter 
theils im 8. Buche (über Feste und 
Spiele), theils im 10. (über Bedeu- 
tung von Opfergaben τι. Gelübden, 
Unzulüssigkeit des  Privateultus) 
sich finden, anderes wieder (Be- 
stimmung der Arten der Gótter) in 
die allgemeine Gesetzeseinleitung 
im 4. Buche Cap. 8 aufgenommen 
ist. Dazwischen füllt in das 7. Buch 
die Ordnung der Erziehung. — Be- 
achtenswerth ist die Stelle übrigens 
zur Erkenntniss dessen, was zum 
Inhalte der fehlenden Bücher ge- 


:hórt haben muss. 


240 DE LEGIBUS 

M. Tu vero et istum, Attice, et si quem alium praeteriero. 
Ceteris specimen esto. Quod si tenemus, tenemus omnia.- 
Ut enim eupiditatibus principum et vitiis infiel solet tota civi- 
tas, sic emendari et corrigi continentia. Vir magnus et nobis 
omnibus amicus, L. Lucullus, ferebatur quasi commodissime 
respondisset, cum esset obiecta magnificentia villae Tusculanae, 
duo se habere vicinos, superiorem equitem hHomanum, inferio- 
rem libertinum: quorum cum essent magnificae villae, con- 
cedi sibi oportere, quod iis, qui inferioris ordinis essent, liceret. 
Non vides, Luculle, a te id ipsum natum ut illi cuperent? 
quibus id, si tu non faceres, non liceret. 31. Quis enim ferret 
istos, cum videret eorum villas signis et tabulis refertas, partim 
publicis, partim etiam sacris et religiosis? Quis non frangeret 
eorum libidines, nisi illi ipsi, qui eas frangere deberent, cupi- 


ditatiS eiusdem tenerentur? 


L. Licimius Lucullus Ponticus, 
dessen Prachtliebe sprichwórtlich 
geworden, war zur Zeit des Ge- 
spráches schon todt, da er 56 ge- 
storben. Unter seinen Villen wa- 
ren die berühmtesten die v. Neapo- 
litana, in die er der Fischzucht 
wegen einen Arm des Meeres hin- 
eingeleitet hatte (xciso monte ma- 
iore impendio quam villam exaedi- 
ficaverat ewripum et maria admisit, 
qua de causa Magnus Pompeius 
Xerxen togatum ewm appellabat. 
Quadragiens HS. piscinae a de- 
functo illo veniere pisces Plin. IX. 
54 (80) Cf. Vell. Pat. 1I. 33; 
Plut. Luc. 39), und die hiergenannte 
v. Tusculana (cf. Plut. ebendas.), 
zum Sommeraufenthalt aufs kunst- 
und prachtvollste hergerichtet mit 
luftigen, kühlen Sülen und Hallen, 
reizenden Spaziergüngen und herr- 
lichen Aussichtspunkten, zu denen 
die gebirgige Lage günstige Ge- 
legenheit bot, welche Gabinius, um 
den Lucullus, als er ihn des Ober- 
befehls gegen Mithridates entsetzen 
wollte, beim "Volke verhasst zu 
machen, hatte abmalen lassen 
und óffentlich in den Versamm- 
lungen sehen liess (Sest. 93). 

ferebatur quasi in dieser Con- 
struction ein ἅπαξ εἰρημένον, aber 
aus der Grundbedeutung von ferre, 
herumtragen, so im Munde — ser- 
mone celebrare, leicht sich er- 
gebend. 

superiorem — inferiorem von der 


órtlichen Lage: hóher u. niedriger 
wohnend. 

Non vides, Lwuculle in lebhafter 
Apostrophe, als wenn der Mann 
noch lebte. 

cuperent wozu id aus dem vor- 
hergegangenen id ipsum zu ergànz., 
welches zu wiederholen sich aus 
formalen Rücksichten nicht empfoh- 
len haben würde (falls nicht etwa 
ipsum allein als Subj. zu natum zu 
nehmen ist). ! 

non faceres sc. cuperes. €Cf. 33. 
Non facies sc. dissenties. 

8 31. publicis — sacris et rel. 
Publica welche an óffentlichen Or- 
ten und zu óffentlichen Zwecken, 
sacr. e, rel., welche an religiósen 
Orten und zu religiósen Zwecken 
aufgestellt waren. Dass unter letz- 
teren vorzugsweise Gótterbilder zu 
verstehen, liegt auf der Hand, eben- 
s0, dass bei ersteren besonders an 
Statuen berühmter, um den Staat 
verdienter Münner gedacht worden 
ist. Aber einen scharfen Gegensatz 
bilden sie dennoch nicht, wie bei 
uns profane und religióse Werke. 
Denn es konnten auch Gótterbilder 
an óffentlichen Orten zu óOffent- 
lichen Zwecken aufgestellt sein, 
wie die Hermessüulen, ohne dass 
doch Cic. diese unter publica be- 
griffen haben wird. 

teneri. cupiditatis schuldig sein 
(nicht überführt werden, wofür i» 
steht, s. Ver. II. I. 29. II. 29; 144; 
118), sonst in dies. Bedeut. nur bei 


LIB. HI. CAP. 13. 14. $ 30— 32. 241 
XIV. Nee enim tantum mali est peccare principes, quam- 
quam est magnum hoc per se ipsum malum, quantum illud, 
quod permulti imitatores principum existunt. Nam licet videre, 
si velis replicare memoriam temporum, qualescumque summi 
civitatis viri fuerint, talem civitatem fuisse: quaecumque mu- 
tatio morum in principibus extiterit, eandem in populo secu- 
tam. 32. Idque haud paulo est verius quam quod Platoni 
nostro placet, qui musicorum cantibus ait mutatis mutari civi- 
tatum status. | Ego autem nobilium vita viectuque mutato 
mores mutari civitatum puto. Quo pernieiosius de re publica 
merentur vitiosi principes, quod non solum vitia concipiunt 
ipsi 564 ea infundunt in civitatem, neque solum obsunt, quod 
ipsi corrumpuntur, sed etiam quod corrumpunt, plusque exemplo 
quam peccato nocent. Atque haec lex, dilatata in ordinem 
cunctum, coangustari etiam potest: pauci enim atque ad- 
modum pauci honore et gloria amplificati vel corrumpere mores 
civitatis vel corrigere possunt. Sed haec et nune satis et in 
illis libris tractata sunt diligentius. Qua re ad reliqua veniamus. 


eigtl juristischen Begriffen, wie 
fwrti (Ofter Dig. s. Lex.), repetun- 
darum 'Tac. Ann. XI. 7 extr.; caedis 
Quint. Inst. V. 14. 11. Also wieder 
gewissermassen ein ἅπαξ λεγόμενον. 

Cap. XIV. qualescumque summi 
€. sq. Ein Gedanke des Plato nach 
Fam. 1. 9. 1 , Eramt praeterea 
haec animadvertenda | in civitate, 
quae sunt apud Platonem, quales 
in re publica principes essent, talis 
reliquos solere esse civis. Cf. Plat. 
Leg. IV. 711. Ὁ Μηδεὶς ἡμᾶς πει- 
ϑέτω, ὦ φίλοι, ἄλλῃ ὅϑᾶττον καὶ 
ῥᾷον ᾿μεταβάλλειν ἄν ποτὲ πόλιν 
τοὺς νόμους ἢ τῇ τῶν δυναστευόν- 
τῶν ἡγεμονέᾳ, sowie auch das Vor- 
hergehende. 

$ 32. quod Plat. n. p. Cf. 1I. 39. 

vita victusque háufige, schon durch 
die Allitteration empfohlene (Sest. 
59 vivus — et videns cum victu ac 
vestitu $uo; ib. 67 virtute victoria- 
que domwuisset; Div. 2. 1297 idque 
visum vigilanti potius quam dor- 
mienti daret; 199 quod vigilans 
viderit dormiens videre videatur ; 
139 wt vigeant vigilantes; ib. cer- 
tiora cernunt, cogitant; 143 amicae 
esse amictus amiculos Fin. V. 15 íin- 
venta vitae vía cett), Zusammen- 
stellung: vita das Leben im hóheren 
Sinne, wie es sich im "Thun und 
Treiben, im s$ocialen und óOffent- 

Cicero de legibus, 


* 


lichen Auftreten zeigt, eictus im 
niederen Sinne, das physische, wie 
es sich in Kleidung, Wohnung 
und Tisch darstellt. Cf. Brut. 95 
T'uditamus ommi ita aique victu 
excultus; Off. I. 58 vita autem 
victusque communis; Fam. VII. 23. 4 
consuetudinem vitaevictusque ; ib. 111. 
10. 9; IX, 24. 3; Nep. Alec. I. 3; 
splendidus mon minus in vita quam 
victu. Vielleicht auch im flg. mut. 
mor. mut. die Alhtteration nicht 
unabsichtlich. 

perniciosvus mer. wie oft male s. 
Ver. 3. 59. Fin. V. 29. Cf. quoquo 
modo urbs de me merita erit, Mil. 93. 

lex die Nothwendigkeit der Ein- 
wirkung der Vornehmen auf das 
ganze Volk, welche als ein Natur- 
gesetz erscheint, 

in illis libris: de Re publ. Die 
Stelle is£ nicht mehr genau zu er- 
sehen. Móüglich, dass bei der Erzie- 
hung, die im IV. B. abgehandelt, 
darauf hingewiesen. Indessen móg- 
lich. und fast noch  wahrschein- 
licher, dass es im V. oder VI. B 
wo das Ideal eines Herrschers auf- 
gestellt, und die erforderlichen sitt- 
lichen — Eigenschaften ^ desselben 
durehgegangen werden, geschehen 
ist. Enthált doch das V. B. in 
seinem jetzigen  Umfange eine 
Stelle, I. 1, von welcher der An- 

16 


2429 DE LEGIBUS 

XV. 33. Proximum autem est de suffragiis: quae iubeo 
nota esse optimatibus, populo libera. Arr. lta mehercule 
attendi nec satis intellexi quid sibi lex aut quid verba ista 
vellent. M. Dicam, Tite, et versabor in re difficili ac multum 
et saepe quaesita, suffragia in magistratu mandando ac de reo 
iudieando seiscendaque in lege aut rogatione clam an palam 
ferri melius esset. Q. An etiam id dubium est? Vereor ne a 
te rursus dissentiam. M. Non facies, Quinte. Nam ego in 
ista sum sententia, qua te fuisse semper scio, nihil ut fuerit 
in suffragiis voce melius, sed optineri an possit videndum est. 
94. Q. Atqui, frater, bona tua venia dixerim, ista sententia 
maygime et falht imperitos et obest saepissime rei publicae, 
cum aliquid verum et rectum esse dicitur, sed optineri, id est 
obsisti posse populo negatur. Primum enim obsistitur, cum 
agitur severe, deinde vi opprimi in bona causa est melius quam 
malae cedere. Quis autem mon sentit omnem auctoritatem 
optimatium tabellariam legem abstulisse? quam populus liber num- 
quam desideravit, idem oppressus dominatu ac potentia prin- 
cipum flagitavit. — Itaque graviora iudicia de potentissimis 
hominibus extant vocis quam tabellae. Quam ob rem suffra- 
gandi nimia libido in non bonis causis eripienda fuit potenti- 


schluss an den genannten Stoff nicht 
allzuschwierig erscheinen dürfte. 

Cap. XV. 8 33. de suffragiis 
zu II. 34. 

nota — libera d. h. frei, aber 
nicht geheim. 

attendi in  modificirter Bedeu- 
tung: gemerkt, sonst aufmerken. 

in mag. mand. sq. die drei Kate- 
gorien: Wahl — richterliche — 
gesetzgebende Comitien. 

lege — rogatione. Der Begriff 
von lex ist flessend. lm engeren 
Sinne versteht man darunter iussa 
generalia im Ggs. zu privilegia oder 
rogationes (Fest. 266) — i. specialia. 
Vgl. Gell. N. A. V. 18. 9 quae lex 
rogatiove lata sit ἃ. L. 11. p. 512. 

Beachte a» - etwa; freier als 
es Seyff. 8 308. 1 und Madv. $ 453 
bestimmen. Οἵ, Brut, 184  Audies 
er me fortasse quod non omnes pro- 
bant. Am tu, inquit, id laboras? 
wozu s. Pid. u. Jahn. Man kann 
hier ergünzen Nom recte difficilem 
eam dixisti oder Nom recte de ea 
quaesitum est. (Qui quaeri de ea 
potuit?) 

qua — fuisse st. im qua nach 
beliebtem Sprachgebrauch, wenn 


dasselbe Verb zu erg. Haacke Stil. 
L. 8 68. 8. A. 2; Madv. 8$ 323. A. 1. 

nihil wt οἵ, Il. 11. 

voce. Zu 11 extr. 

Dass Cic. an, wie Spütere, ganz 
indifferent, ohne Hinneigung zur 
Bejahung gebraucht habe, wird 
meistens bestritten, "Vgl. Drüg. II. 
8 467. 2. d. B. (p. 460). Man hai 
die dafür gefundenen Stellen (s. 
das.) zum Theil durch Emendation 
zu beseitigen gesucht. Mir sind 
noch aufgestossen Har. resp. 22 
haud scio am vivere mobis liceat u. 
Or. Frg. Bait. vol. XI. p. 29 (in 
Clod. et Cur. IL. 1) Vide an facile 
fieri tu potueris. | Handschriftlich 
steht das am hier fest. 

8 34, obsistitur làsst sich wider- 
stehen. 

Itaque mit Bez. auf pop. lib. un- 
quam desideravit, 

Quamobrem mit Bez. auf oppres- 
sus dom. — flag. Die Darstellung 
ist etwas nachlüssig. 

potentibus ist nicht, wie man 
denken kónnte, von suffragand: 
abhüngig, sondern von eripienda. 
Die zu grosse Geneigtheit (libido) 
des Volkes, sich den Vornehmen 


LIB. IIL CAP. 15. 16. $ 88-- 86. 243 
- bus, non latebra danda populo, in qua bonis ignorantibus quid 
quisque sentiret tabella vitiosum occultaret suffragium. ltaque 
isti rationi neque lator quisquam est inventus nee auctor um- 
quam bonus. XVI. 35. Sunt enim quattuor leges tabellariae, 
quarum prima de magistratibus mandandis. Ea est Gabinia, 
lata ab homine ignoto et sordido. Secuta biennio post Cassia 
est de populi iudiciis, a nobili homine lata, L. Cassio, sed, 
pace familiae dixerim, dissidente a bonis atque omnis rumu- 
sculos populari ratione aucupante.  Carbonis est tertia de 
iubendis legibus ae vetandis, seditiosi atque improbi civis, cui 
ne reditus quidem ad bonos salutem a bonis potuit adferre. 
96. Uno in genere relinqui videbatur vocis suffragium, quod 
ipse Cassius exceperat, perduellionis. Dedit huie quoque 
iudieio C. Coelius tabellam, doluitque, quoad vixit, se, ut oppri- 


durch ihre Stimme gefüllig zu zci- 
gen, wird als ein Besitz der Vor- 
nehmen angesehen, der ihnen zu 
entreissen ist. 

Das Verháltniss von /ator und 
auctor wird unten 37 an dem Bei- 
spiel des Cassius, als lator einer 
lez tabellaria, und des Scipio, als 
auctor derselben, erlàutert. οἷ 
werden sie gleichbedeutend ge- 
braucht, s. L. II. p. 554. 

— bonus. Ein sehr unüberlegtes 
Urtheil, dem Q. selbst nachher 
durch Nennung des Cassius und 
Scipio widerspricht. Denn der Ta- 
del, der über Cassius ausgesprochen 
wird, kann nicht in Betracht kom- 
men, da er nichts weiter sagt, als 
was die Thatsache seiner lex ía- 
bellaria selbst enthált. 

Cap. XVI. 8$ 35. Α. Gabinius 
Volkstrib. 138. Drum. IL. 39 δ] 
ihn für einen Sohn des A. Gabin., 
den der Proprütor Anicius in 
Scodra, der Hauptstadt des besiegten 
Kónigs Gentius, 167 mit einer Be- 
satzung zurückliess, somit nicht 
von ganz 80 dunkler und niedriger 
Herkunft, wie Cic, annimmt. 

L. Cassius Longinus HRavilla von 
vornehmer, ursprünglich  patrici- 
echer, Abkunft,V olkstribun 137, Con- 
$u1 127, Censor 125 ; wurde113 wegen 
seiner strengen Gerechtigkeit vom 
Senate nach vorgüngigem  Volke- 
beschlusse zum ausserordentlichen 
Richter in einem  Incestprocesse 
über Vestalinnen ernannt, die er 
süámmtlich verurtheilte. 


populari ratione in demokra- 
tischer Tendenz. 

C. Papirius Carbo stand An- 
fangs, besonders in seinem Tribunat 
131, als Anhánger des Ti. Gracchus 
auf Seiten der Demokraten. Als 
Consul 120 trat er auf Seiten der 
Optimaten und ànderte seine poli- 
tische Richtung dergestalt, dass er 
den L. Opimius, auf dessen An- 
stiften C. Gracchus getódtet war, 
vertheidigte. Im folgenden Jahre 
119 klagte ihn der Redner L. Cras- 
sus mit solchem Erfolge an, dass 
er politisch vernichtet sich das 
Leben nahm (cantharidas sumpsisse 
dicitur Fam. IX. 21.3). Als Redner 
war er nicht unbedeutend. Brut. 
103 flg.; 296; 333. 

velandis st. des gewóhnlicheren 
antiquare ebenso d. Or. I. 60. 

perduellio | Hochverrath, wozu 
ausser Vaterlandsverrath,  Deser- 
tion u. 8. w. auch gerechnet wurden 
Anmassung von obrigkeitlicher Ge- 
walt oder Missbrauch derselben, 
Verletzung der Volkstribunen (In- 
halt der Perduellionsklago gegen 
C. Rabirius), Wahl eines unprovo- 
kabelen Magistrates, 

C. Coelius Caldus verdarb 68 
durch diese Anklage gegen den 
Popilius mit den Optimaten so sehr, 
dass er durch ihren, Einfluss nicht 
zum Aedilen gewühlt wurde; wurde 
aber dennoch zum Prütor und 94 

als der erste seines Geschlechtes 
— zum Consul gewühlt, verwaltete 


darauf Hispanien und trat im Bürger- 


16* 


244 


meret C. Popilium, nocuisse rei publicae. 


DE LEGIBUS 


Et avus quidem 


noster singulari virtute in hoc municipio, quoad vixit, restitit 
M. Gratidio, cuius in matrimonio sororem, aviam nostram, 
habebat, ferenti legem tabellariam: excitabat enim fluctus in 
simpulo, ut dieitur, Gratidius, quos post filius eius Marius in 


Aegaeo excitavit mari. 


Ac nostro quidem, cum res esset ad 


senatum delata, M. Scaurus consul: Utinam, inquit, M. Cicero, 


kriege zwischen Sulla und Marius 
auf Seite des letzteren. Die Ver- 
einigung des Sulla nach dessen 
Rückkehr aus Asien mit Pompeius 
i. J. 83 konnte er nicht verhindern 
und verlor vielleicht in dem darum 
entsponnenen Gefechte das Leben. 
Drum. II. p. 409 flg. 

C. Popilius wurde nach der 
Niederlage des Consuls L. Cassius 
Longinus, dessen Legat er war, 
durch die Tigoriner, ein helveti- 
sches Volk am  Murtener See, 
welche sich fruchtbarere Wohnsitze 
im Gebiete der Allobroger auf- 
suchten (8, Mommsen R. G. II. p. 
178), eingeschlossen (i.J. 107) und 
capitulirte auf Abzug unter dem 
Joch gegen Auslieferung der Hülfte 
der Habe, die die Truppen mit 
sich führten, und Stellung von 
Geiseln, zog sich deshalb eine Ma- 
jestütsklage von dem genannten 
Volkstribunen zu und ging frei- 
willig in die Verbannung. 

avus n. zu Il. 3. 

M. Gratidius verfeindete sich 
theils durch den angegebenen That- 
umstand, theils durch seine grie- 
chische Bildung mit seinem alt- 
rümisch gesinnten Schwager, dem 
Grossvater Ciceros. Er wurde als 
Prüfect seines Gónners, des Red- 
ners M. Antonius, 103 im Kriege 
mit den Seerüubern in Cilicien er- 
schlagen. 

exc. fluct. im simpulo (Schópf- 
loffel, nüàmlich in der Municipal- 
stadt Arpinum, die er durch sei- 
nen Antrag mit dem gleichen 
Stimmrecht, wie es neuerdings in 
Rom eingeführt war, beglücken 
wollte. 

Marius Gratidianus von einem 
Marius, wahrscheinlich dem Bruder 
des berühmten, adoptirt. Als Prütor 
i. J. 86 machte er sich durch eine 


Verfügung über das Münzwesen 
beim Volke beliebt, indem er eine 
gemeinsam von den Volkstribunen 
und dem Collegium der Prütoren 
beschlossene ^ Feststellung — des 
schwankenden . Geldcurses — auf 
eigene Hand verkündete (Off. III. 
80) Man nimmt gemeiniglich an, 
dass die dadurch in Rom (.Aegaeum 
mare) hervorgerufene Aufregung 
des Volkes, an der neben der aus- 
gelassensten Begeisterung für Ma- 
rius auch Misstrauen gegen die 
übrigen Behórden, speziell wohl 
seine Collegen, Theil haben mochte, 
hier gemeint sei, Als Anhünger- 
des grossen Marius liess ihn Sulla, 
ehe er das gehoffte Consulat er- 
langte, auf grausame Weise (Voll- 
zieher war Catilina) umbringen. 
Cf. Drum. V. p. 211 flg. 

nostro quidem sc. avo. 

ad senatwm. Der Senat regelte 
als Aufsichtsbehóürde in allen aus- 
würtigen Angelegenheiten nicht 
blos die Verhültnisse der Unter- 
thanen, sondern griff auch in die 
der Municipien und Colonien ein. 
L. IL. p. 576. (senatum aus se Emen- 
dation von Madv. — V. behült se, 
natürlich in Bezug auf Scaurus, 
bei und lásst damit einen grammati- 
schen Fehler zu.) 

M. Aemilius Scaurus Cons. i. J. 
115 u. 108, Cens. 109, lange Zeit 

rinceps senatus, von Cic. als Vor- 
kim fer der aristokratischen Partei 
verehrt und als Muster eines treff- 
lichen Republikaners u. untadeligen 
Menschen gepriesen, wührend ihn 
Sallust (Jug. 15) als homo mobilis, 
impiger, factiosus, avidus poten- 
tiae, honorum, divitiarum, cete- 
rum vitia sua callide occul- 
tans schildert. Vgl. Momms. Il. 
p. 134 flg. Trotzdem übertrug sich 
die Bewunderung seiner Zeit noch 


᾿ 
, 
7) 


LIB. III. CAP. 16. 17. 8 386---88. 245 
isto animo atque virtute in summa re publica nobiscum ver- 
sari quam in municipali maluisses! 37. Quam ob rem, quoniam 
non recognoscimus nunc leges populi Romani, sed aut repe- 
timus ereptas aut novas scribimus, non quid hoe populo opti- 
neri possit, sed quid optQ:imum sit tibi dicendum puto. Nam 
Cassiae legis culpam Scipio tuus sustinet, quo auctore lata 
esse dieitur. Τὰ si tabellariam tuleris, ipse praestabis: nec 
enim mihi placet nec Attico nostro, quantum e vultu eius 
intellego. XVII. ATT. Mihi vero nihil umquam populare placuit 
eamque optimam rem publicam esse dico, quam hie consul 
constituerat, quae sit in potestate optimorum. 38. M. Vos 
quidem, ut video, legem antiquastis sine tabella. Sed ego, 
etsi satis dixit pro se in illis libris Scipio, tamen ita liberta- 
tem istam largior populo, ut auctoritate et valeant et utantur 
boni. Sic enim a me recitata lex est de suffragus: Opti- 
matibus nota, pleb? libera sunto. Quae lex hane senten- 
tiam continet, ut omnes leges tollat, quae postea latae sunt, 
quae tegunt omni ratione suffragium, ne quis inspiciat tabellam, 
ne roget, ne appellet. Pontes etiam lex Maria fecit angustos. 


auf spátere Generationen, wie Hor. 
Od. I. 12. 37 bezeugt. 

in summa re publ. in dem Ge- 
sammtstaat. 


8 37. recognoscere: von Neuem 
prüfen, einer Musterung  unter- 
ziehen. Cf. Ver. Il. 190 haec omnia 


recognita et collata. 

hoc populo. S. Madv. Gr. 8 217. 
À. 2. Vgl. Leg. Agr. 1. 24 hoc 
metu atque hac perturbatione ani- 
morwm; Dom. 13 his atque eius- 
modi ducibus cum tw dmpetus com- 
parares, ein Beispiel, welches übri- 
gens zeigt, dass die Gewóhnung an 
diese Construction eine solche war, 
dass dem Gedanken eine Zergliede- 
rung in Subj. u. Prádic. fremd war. 
Denn weder als das eine, noch das 
andere liesse e/wsmodi sich recht 
nehmen. Vgl. noch Feldh. 

Nam bezieht sich mehr auf den 
folgenden Satz: tw sí — tuleris, 
ipse praestabis, wáhrend das Vor- 
hergehende in concessivem  Ver- 
bháltniss dazu steht: denn, wührend 
des Cassius Schuld Scipio vertritt 
(cf. meum momen sustinuit Sest. 14), 
musst du dein Gesetz selbst ver- 
antworten (praest. für etwas ein- 
stehen). 


quo auctore auf dessen Anrathen, . 


Antrieb. Zur Sache vgl. Brut. 97. 
Scipio natürlich Aemilianus; tuus, 
weil Cic. ihn hochscháützte, wie dem 
Quintus theils sonst, theils aus den 
Büchern de rep. bekannt sein 
musste. 

Cap. XVII. 
parenthetisch. 

8 38. sine tabella witzig: durch 
ihre vorhergehenden Aeusserungen, 
also mündlich. 

in illis 1. de Kep. Die Stelle findet 
sich nicht mehr vor. 

Sed geht natürlich nichi auf die 
Einsechrünkung 4ía — wt, sondern 
auf den Haupttheil des Gedankens: 
libertatem — largior; etsi dagegen 
auf die Einschrünkung. Der Satz 
ist eigentlich so aufzulósen: Sed 
ego libertatem largior, eam tamen, 
eis? satis dixit pro se — Scipio, ita 
largior, ut auctor. 586. 

val. et ut, besitzen u. benutzen. 

roget — appellet: frage — zur 
Hede stelle (gewiss unrichtig Turneb. 
rog. bitte, wo es einer Ergünzung 
bedurft hátte). Zu app. cf. Ver. 
Il. 168 quis appellare te. auderet ; 
ΠῚ, 134 £u Aproniwum me verbo qui- 
dem appellasses. GewOhnlicher com- 
pellare. 

Pontes — Die Abstimmung ge- 


quam — constituerat 


246 


DE LEGIBUS 


39. Quae si opposita sunt ambitiosis, ut sunt fere, non repre- 
hendo: sin non valuerint tantum leges, ut ne sint ambitus, habeat 
sane populus tabellam quasi vindicem libertatis, dum modo 
haec optimo cuique et gravissimo civi ostendatur ultroque 
offeratur, ut in eo sit ipso libertas, in quo populo potestas 
honeste bonis gratifieandi datur. Eoque nunc fit illud, quod 
ἃ te modo, Quinte, dictum est, ut minus multos tabella con- 


schah in den Tribut- und wenig- 
stens auch in den reformirten Cen- 
turiatcomitien (zu ὃ 7 pop. partes 
— describ.) in der Weise, dass jeder 
der Stimmenden aus den saepta 
(zu $8 11 extr. über einen Steg 
(pons) in einen grossen, eingehegten, 
aber nicht in Abtheilungen geschie- 
denen Raum, ovile genannt, trat 
und beim Ueberschreiten des pons 
früher mündlich dem darauf be- 
findlüichen Rogator seine Stimme 
abgab, spüter seine tessera oder 
tabella in einen daselbst erhóht 
stehenden geflochtenen Korb (cista) 
legte (ferre). Auf den pontes pfleg- 
ten sich ausser den rogatores an- 
gesehene Münner als custodes zur 
Controlle aufzustellen, was C. Ma- 
rius, der berühmte, als Volkstribun 
119 durch die angegebene lex zu 
verhindern suchte. Darauf folgte 
endlich die Sonderung der in den 
cistae befindlichen Stimmen (diri- 
bitio, diribere), wobei die Notirung 
der Stimmen (s. $ 11 extr. durch 
Punkte geschah. L. II. p. 422—206. 

8 39. ambitiosis denen, welche 
auf dem Wege der Bestechung zu 
einem Amte zu gelangen suchten. 
Denn an Bestechung ist bei dem 
Worte ambitus zumeist zu denken. 
Vgl. 8 46; dafür 8 11 donwm dare. 
Der Bestechung wurde ein Riegel 
vorgeschoben, wenn die Stimme 
nicht controllirt werden konnte. 

ut fere sunt wie so ziemlich, im 
Ganzen, der Fall ist. 

sin non (nach Wiyttenbach): 
wenn die bezeichneten Gesetze, sc. 
quae postea latae sunt, wie die 
Maria, die Bestechung dessenunge- 
achtet nicht zu hindern vermoch- 
ten, 80 müge man sie abschaffen, 
resp. nicht einführen, da sie blos 
dazu dienen, den wohlthütigen Ein- 
fluss der Optimaten auf die Ab- 


stimmung zu beschrünken, wórt- 
lich: so móge das Volk immerhin 
sein Tüfelchen behalten, aber unter 
der Voraussetzung, dass es den 
Optimaten vorgezeigt werde. sin, 
welches die Hdschrr. haben, ist 
nicht haltbar; denn bezieht man 
leges auf die rümischen Gesetze, so 
ist die Behauptung falsch, und es 
wird ihr auch durch das Folgende: 
ut omitt. largit. c. s. — si quando 
ambitus sileat —widersprochen, 
bezieht man es aber auf Ciceros 
Gesetze, so ist (abgesehen von dem 
unpassenden Fut. exact.) es nicht 
blos schwer einzusehen, wie seine 
Gesetze dies besser vermógen soll- 
ten, als die vielen in Rom dagegen 
erlassenen, darunter eine Tullia von 
ihm selber (cf zu 8 11 donum 
ne...), sondern es reichte leges 
ohne einen náüher bestimmenden 
Zusatz auch nicht aus. 

ut sit in eo ipso lib. in quo — 
datur, wieder eine Probe der ge- 
wühnlichen politischen Heuchelei 
Ciceros. Das Volk soll die libertas 
bonis gratificandi haben. Denn 
das ist der Sinn der geschraubten 
Worte: damit grade darin — in 
dem Stimmen für das im Interesse 
der Optimaten Liegende, von ihnen 
Aufgestellte und Befürwortete — 
die Freiheit liege, worin dem Volke 
die Gelegenheit geboten ist, sich 
den Optimaten in ehrenhafter Weise 
gefalüg zu erweisen. 

KEoque nunc fit. Und durch diese 
Freiheit eben geschieht es, dass 
das Volk massvoller verfáhrt: durch 
das Bewusstsein der Freiheit zu- 
friedengestellt. 

minus mult. untersch. von pauci- 
ores. Vgl. Ver. III. 120 minus mwul- 
tis iugis; Off. I. 18 minus multa 
patent — minus multis rebus egent ; 
Fam. IX. 15. 4. 


A3 
(4 


αν 


Swnto, id est, modesta atque sedata. 


LIB. III. CAP. 17. 18. $ 39. 40. 241 
. demnet quam solebat vox, quia populo licere satis est. Hoc 
retento reliqua voluntas auctoritati aut gratiae traditur. Ita- 


que, ut omittam largitione corrupta suffragia, non vides, si 
quando ambitus sileat, quaeri in suffragiis quid optimi viri 
sentiant? Quam ob rem lege nostra libertatis species datur, 
auctoritas bonorum retinetur, contentionis causa tollitur. 
XVIII. 40. Deinde sequitur, quibus ius sit cum populo 
agendi aut cum senatu. Gravis et, ut arbitror, praeclara lex: 
Quae cum populo quaeque àn patribus agentur, modica 
Actor enim moderatur 
et fingit non modo mentem ae voluntates, sed paene vultus 
eorum, apud quos agit. Quod nisi in senatu non difficile: est 


Hoc sc. das cere. Indem (da- 
durch dass) ich dies — das licere, 
die Móglichkeit freier Abstimmung 
— beibehalten, dem Volke gelassen 
habe, wird im Uebrigen der Wille 
dem Ansehen und Einfluss der Vor- 
nehmen überliefert, wenn anders 
der Reiz des Widerstrebens, den 
der Zwang mündlicher Abstimmung 
mit sich führt, entfernt ist. Daher 
— weil das licere die angegebene 
Wirkung hat und dem Volke ge- 
geben ist — sehen wir auch, dass, 
wenn einmal Bestechung fern bleibt, 
das Volk nach der Ansicht der Gut- 
gesinnten frage. 

reliquus im Uebrigen: eine neue 
Spezies (Wollen) einführend , nicht 
die vorhergenannte (Kónnen) absol- 
virend, analog alius — ausserdem. 
Vgl. plaustra iumentaque alia Liv. 
IV. 41. 8, s. Weissenb. dazu. 

libertatis species bemerkenswerth 
avufrichtig. 

.Cap. XVIII. 8 40. Gravis... 
Manche vermissen, weil eine neue 
lex eingeführt wird, eine Copula und 
wollen twm  eingeschoben wissen. 
Wáre es nóthig, 80 liesse sich deinde 
versetzen, welches bei sequitur nicht 
eben gewühnlich ist, cf. 42; 46. (Da- 
gegen scheint es 8 48 deinde de 
promulgatione ergánzt werden zu 
müssen.) 

modica 8unto zu & 10 extr. 

Actor enim in Bezug auf gravis 
€st lex. Denn der Umstand, dass 
der Einfluss des actor s0 gewaltig, 
lásst das Gebot als bedeutungsvoll 
und nothwendig erscheinen. 

nisi eine nur als Nothbehelf an- 


genommene Conjectur von Feldh. 
Quod würde sich auf das Letzte be- 
ziehen. Nur im Senate kann der 
actor den angegebenen Einfluss 
schwer ausüben, weil der Senator 
selbstándig ist und vielmehr ver- 
langt, dass man seinen Sinn er- 
forsche und berücksichtige. Doch 
schief ist das difficile sicherlich. 
Denn es würde sich daraus ergeben, 
dass dieser Einfluss vor dem Volke 
weniger schwer sei. Dem  wider- 
spricht das Vorige, welches den- 
selben als schlechthin vorhanden 
und nothwendig hinstellt. Andere 
haben s; ausgelassen und beziehen 
quod auf den entfernteren Satz: 


quae — agentur, sunto — modesta 
atque sedata; wodurch der da- 
zwischen liegende  parenthetisch 


wird. Aber darin liegt einerseits 
eine Háürte, anderseits ergibt sich 
kein klarer und richtiger Gedanken- 
zusammenhang. Weil der Senator 
schwer aufzuregen, darum ist es 
leicht seitens des HRedners und 
Antragstellers einen ruhigen Ton 
anzuschlagen, sich aller aufregenden 
Mittel zu enthalten? Unsinn. Die 
Schwierigkeit der ^Masshaltung 
bleibt darum vorm Volke und dem 
Senate dieselbe, nur der Erfolg des 
Versuchs, die Versammlung auf- 
zuregen ist ein verschiedener. Dar- 
um nützt es nichts dem Senate 
gegenüber leidenschaftlich zu ver- 
fahren. (Dem Sinne gemiüss mtsste 
es etwa so heissen: Quod — sc. wt 
modice agatwr — si in senatw mon 
Leneatur, minus periculum — non 


mimis sit. grave.) 


248 DE LEGIBUS 

enim senator is, cuius non ad auctorem referatur animus, sed 
qui per se ipse spectari velit. Huie iussa tria sunt, ut adsit: 
nam gravitatem res habet, cum frequens ordo est: ut loco 
dicat, id est, rogatus: ut modo, ne sit infinitus: nam brevitas 
non modo senatoris, sed etiam oratoris magna laus est in sen- 
tentia. Nec est umquam longa oratione utendum nisi aut 
peecante senatu, quod fit ambitione saepissime, nullo magi- 
stratu adiuvante tolli diem utile est, aut cum tanta causa est, 
ut opus sit oratoris copia vel ad hortandum vel ad docendum. 
Quorum generum in utroque magnus noster Cato est. 41. Quod- 
que addit, cawsas populi temeto, est senatori necessarium 
nosse rem publicam (idque late patet: quid habeat militum, 
quid valeat aerario, quos socios res publica habeat, quos ami- 


ut adsit u. flg. zu 8$ 11 init. 

non modo senatoris sed etiam 
oratoris nicht blos eines Senators, 
der nichts weiter als Senator ist, 
sondern auch eines Redners, der 
im Senate sein Votum abgibt und 
begründet. Letzterer, für den nicht 
blos seine Aufgabe als Senator, 
sondern auch die Regeln der Kunst 
massgebend sind, wird durch eben 
diese auch zur Kürze hingewiesen; 
nicht dass die Rhetorik überall Kürze 
empfiehlt; wohl aber für gewisse 
Theile (narratio) und Gattungen, wie 
diese. 

Nec est unquam: Nie darf man 
sich eines langen Vortrags bedienen, 
ausser wenn (falls nicht) es nütz- 
lich ist, im Falle der Senat auf 
Irrwege gerüth (im Begriffe steht, 
einen fehlerhaften Beschluss zu 
fassen), und kein Magistrat inter- 
cediren will, die Zeit hinzuziehen — 
was hingegen gewóhnlich aus Gunst- 
buhlerei sei es beim Volke, sei es 
bei einem Machthaber (wie etwa 
dem Caesar zu Liebe von Clodius, 
Curio, Vatinius u. a.) geschieht — 
oder wann eine so wichtige Sache 
vorliegt, dass es der Fülle eines 
Redners bedarf, zur Ermahnung 
oder zur Belehrung. Also ag. 
adiuvante subordinirt dem peccante 
senatu; quod. fit amb. saep., sc. diem 
tolli, parenthetisch. Vielleicht nisi 
δὲ entsprechend dem flg. (nis?) cum 
zu lesen? Cf. d. Inv. 2. 171 nisi si 
malunt fame perire; Rep. 3. 49. 5 
nisi si quis Athonem; Fam. VIII. 
15.1; XIV. 2. 1; Caes. B. G. I. 31. 14. 


tollere diem gewóhnlicher eximere 
oder conswmere, s. L. IL. p. 357. 

Cato Minor. Ein Beispiel davon 
in ersterer Hinsicht Plut. Caes. 13, 
sowie von dem gleichen Verfahren 
in den Tributcomitien Cat. Min. 43. 

8 41. Quod — addit sc. lex, so 
unten (42) parere iubet. 

causas Verhültnisse zu 11 u. I. 48. 

late patet mit indir. Fragesatze 
durch Prügnanz des Sinnes, indem es 
— multiplicem habet cognitionem sc. 
hanc. Vgl. sequitur quibus ius sit 
agendi 40 ; illud nonmutandum quibus 
h. immolandum sit ll. 29. in alio poni- 
tur aliudque totum est utrum — an 
— Or. 13. So noch plena sunt monu- 
menta Fam, IX. 6. 6; in commen- 
tario esi Fam. VIII. 11. 4; a volun- 
tate nostra proficiscitur Off. I. 115; 
altius repetere ib. 50; omitto Leg. 3. 
18; Brut. 297; Corn. B. 43 cett. 

S0CciOS — amicos — stipendiarios, 
worauf in umgekehrter Reihenfolge, 
wie F. richtig gesehen, lege, con- 
dicione , foedere zu beziehen, indem 
lege (Gesetz) zu stipendiarios, con- 
dicione (Bedingung) zu amicos, foe- 
dere (Vertrag) zu socios gehürt. 
Aber den Unterschied von socios, 
amicos, (der von stipendiarios liegt 
auf der Hand) bestimmt er nicht 
scharf. Μοολὶ τ aequo foedere; 
amici — mom aequo foedere (auch 
socii et amici genannt). Das foedus: 
aequum setzt auf beiden Seiten voll- 
kommene Unabhüngigkeit voraus; 
das foedus non aequum eine Ueber- 
legenheit des einen Theils, welche 
den anderen bestimmt, ein foedus 


. 
, 
.* 
J 


-— ———- un. 


LIB. III. CAP. 18. 19. 8 40—42. 249 


€os, quos stipendiarios, qua quisque sit lege, condicione, foe- 


dere) tenere consuetudinem decernendi, nosse exempla maio- 
rum. Videtis iam genus hoc omne scientiae, diligentiae, me- 
moriae esse, sine quo paratus esse senator nullo pacto potest. 
42. Deinceps sunt cum populo actiones, in quibus primum et 
maximum: Vis abesto. Nihil est enim exitiosius civitatibus, 
nihil tam contrarium iuri et legibus, nihil minus et civile et 
humanum quam composita et constituta re publica quicquam 
agi per vim. Parere iubet intercessori: quo nihil praestantius: 


inpediri enim bonam rem melius quam concedi malae. 


XIX. Quod vero actoris iubeo esse fraudem, 
sapientissimi hominis, 
cum decrevisset C. Claudio consule de Cm. 


dixi ex Crassi, 
senatus secutus, 


id totum 


sententia: quem est 


Carbonis seditione referente invito eo, qui cum populo ageret, 


zwarfreiwillig, aber doch aus Furcht 
einzugehen. | Der letzteren Art 
waren fast alle foedera aus der 
spáüteren Zeit der rümischen Ge- 
schichte, wie insbesondere die mit 
den auswürtigen Kónigen. Ein foe- 
dus der ersteren Art bestand zwi- 
schen Rom und den Latinern von 
der Zeit des ersten Latinerkrieges 
bald nach Porsenna bis zum zweiten 
Latinerkrieg 340—338; ferner mit 
einer Reihe von ausseritalischen 
Stádten (wie Massilia, Athen u. a., 
s. Marqu. III. 1. p. 248), welche 
dies foedus meist in früherer Zeit 
eingegangen waren und dann auch 
spüter behielten. Nach dem Ein- 
triti in den róm. Heichsverband 
hiessen die socii aequo f. civitates 
liberae et foederatae, die non aequo f. 
blos eivitates liberae, worunter viele 
Stádte waren, denen diese günstige 
Stellung wegen irgend welcher Ver- 
dienste  nachtrüglich — eingeráumt 
worden war, Gemeinsam ist beiden 
Kategorien: Autonomie d. h. freie 
Gerichtsbarkeit und Verwaltung, 
Freiheit von Grundsteuer, von róm. 
Besatzung, die Pflicht zur Truppen- 
stellung und bestimmten militüri- 
schen nva ben, Dagegen waren 
die liberae civitates nicht frei vom 
tributum (8. zu $ 7) und indirecten 
Abgaben (fall ihnen nicht auch 
diese Befreiung ausdrücklich  ge- 
wührt, in welchem Falle sie liberae 
et immunes hiessen). Wührend aber 
die socii zweiten Ranges nur Pflichten 


hatten, hatten die ersteren auch ἡ 


Rechte, wie conubium, commercium, 
sel es beides oder eins von beiden, 
Wechsel im Oberbefehl, gemein- 
samen AÀntheil an Beute u. a. Welche 
oder welches im Besonderen, ergab 
der Vertrag. 5S. Becker Marq. III. 
1. p. 247 flg. und p. 25 flg.; Pauly 
Reall. zu soci u. foedus. — Stipen- 
diarii: die unterworfenen Provin- 
zialen, welche ein jáhrlich zu zah- 
lendes stipendium sei es als Kriegs- 
entschádigung sei es als Nutzungs- 
zins für den dem róm. Volke 
gehórenden Grund und Boden 
— die Theorie war darin unent- 
schieden — zu zahlen hatten und 
unter róm. Gerichtsbarkeit 
und Verwaltung standen. Cf. Marq. 
ΠῚ. 2. p. 145 flg. 

tenere cons. decern. Das her- 
kómmliche Verfahren, die Form der 
Abstimmung ; zu $ 11. u. L. II. 8 114. 

nosse ex mai. die vaterlündische 
Geschichte. 

genus Gebiet — quo sc. genere. 

8 42. sunt prügn.  ,kommen* 
eigtl. in der lex: 

vis abesto zu 8 11. 

Cap. XIX. fraudem zu $ 11. 

decrev. sich für etwas erklüren, 
für etwas stimmen, von Senatoren; 
B. L. ΤΠ. p. 356. 

Cn. Carbonis, Viele Herausgeber 
schreiben statt des durch die besten 
Hdschr. überlieferten Cn.: C., um 
die Beziehung auf den 8 35 erwühn- 
ten bekannten  Vorkümpfer der 
Demokratie zu erhalten. — In der 
That bekleidete ein C. Claudius 


250 


DE LEGIBUS 


seditionem non posse fieri, quippe cul liceat concilium, simul 
atque intercessum turbarique coeptum sit, dimittere. Quod qui 
peragit, cum agi nihil potest, vim quaerit, cuius inpunitatem 


amittit hac lege. 


(Pulcher) ein Jahr nach dessen 
Tribunate (131), in welchem er die 
oben erwühnte lex tabellaria und 
mehrere andere demokratische Ge- 
setzesantrüge einbrachte, wie die 
lex de tribunis pl. reficiendis, das 
Consulat (Drum. II. p. 184). Dann 
aber würe bei Crassus nicht an 
den berühmten Redner L. Crassus 
zu denken, sondern an den ülteren, 
auch nicht unbedeutenden P. Cras- 
sus Dives Mucianus, Sohn des P. 
Mucius Seaevola (Cons. 175), wel- 
cher Consul, 131 (1 Jahr vor C. 
Claudius), und Pontif. Maxim. war, 
130 im Kriege gegen Aristonicus 
bei Smyrna fiel und mit der Rechts- 
kunde der Mucii auch einige Be- 
redsamkeit verband(Brut.98). Aber 
wie einerseits die seditio Carbonis 
sich so leichter erklüren liesse, so 
füllt anderseits das Fehlen des 
Praenomen bei diesem weniger be- 
rühmten Crassus auf. Daher sind 
andere der Ansicht, dass an dem 
überlieferten Cn. nichts zu ündern 
sei, wenn anders auch ein Cn. Carbo 
ein hervorragendes Haupt der Po- 
pularpartei war. Dieser, Volkstri- 
bun 96, Aedil 93, Prütor 90, war 
ein eifriger Marianer und Genosse 
des Cinna, der ihn eigenmüchtig 
zweimal zu seinem Collegen im Con- 
sulat, 85 u. 84, ernannte, welches 
er noch einmal 82 mit dem jüngeren 
Marius bekleidete. In diesem zog 
er in Kampf gegen den aus Asien 
zurückgekehrten Sulla, wurde aber 
geschlagen und musste fliehen. Auf 
der Insel Cosyra (zwischen Africa 
und $Sicilien) fiel er den Leuten 
des Pompejus in die Hünde, der 
ihn zu Lilybaeum hinrichten liess. 
Ein C. Claudius (Pulcher) nun lüsst 
sich  wührend seiner politischen 
Laufbahn auch als Consul nach- 
weisen, nümlich im J. 92 mit M. 
Perperna, 1 Jahr nach seiner Aedili- 
tit. Dass von revolutionürem Ver- 
halten seinerseits aus früherer Zeit 
nichts bekannt, würde nicht da- 
gegen sprechen.  Auffüllig aber 


Sequitur ilud: Z»ntercessor rei malae 


würe es freilich, dass der Bericht 
des Consuls auf sein Tribunat zurück- 
greifen sollte. Bezog er sich aber 
auf seine Aedilitit, so kann man 
sich wieder schwer vorstellen, wie 
er in dieser cum populo agere und 
als actor verantwortlich sein konnte. 
Einen Fall jedoch gab es, wo ein 
Aedil dies konnte, nàmlich in einem 
Multprozess bei den Tributcomitien, 
5. L. IL. p. 400. Und móglich würe 
es ja immerhin, dass Carbo einen 
angesehenen Optimaten vor das 
Gericht der Tributcomitien gezogen 
und ungeachtet der Intercession eines 
hóheren Magistrats das Verfahren 
nicht eingestellt ^ hütte. ^ Man 
dürfte ^ hierbei sich daran  er- 
innern, dass gerade um diese Zeit 
Prozesse gegen hervorragende Opti- 
maten, wenn auch vor anderen Ge- 
richten, wie gegen den P. Rutilius 
Rufus und M. Scaurus (s. Momms. 
IL. p. 914) sich abspielten. Dann 
aber stünde nichts im Wege, unter 
Crassus den grossen Redner (geb. 
140, Trib. 107, Cons. 105, Cens. 92, 
T 91) zu verstehen. 

Eine Schwierigkeit liegt noch in 
concilium, welches (z. Il. 31) eine 
von keinem Magistratus geleitete 
Volksversammlung bezeichnet. Wie 
aber konnte in einer solchen inter- 
cedirt, und der Leiter als verant- 
wortlicher actor zur Rechenschaft 
gezogen werden? Die Schwierigkeit 
dürfte sich so lósen, dass concilium 
auch von den durch plebejischeMagi- 
strate, die ursprünglich keine Magi- 
stratus waren, geleiteten Volksver- 
sammlungen gebraucht wurde (L. 
IL. 399), oder dureh Annahme, dass 
concilium proleptisch gebraucht sei, 
insofern eine vom Magistrat berufene, 
aber trotz der Intercession eines 
hóheren Mag. nicht aufgehobene, 
Versammlung verfassungsmüssig 
kein contio mehr war. 

liceat zu 11. 47. Als Grund kommt 
hinzu, dass Cic. sich selbst die An- - 
sicht des Crassus aneignet, 

Quod qui peragit... Die Hdschr. 


LIB. HL CAP. 19. 8 42—44. 251 
salutaris civis esío. 43. Quis non studiose rei publicae 
subvenerit hac tam praeclara legis voce laudatus? Sunt deinde 
posita deinceps, quae habemus etiam in publicis institutis at- 
que legibus: Awusp?cia servanto, auguri parento. Est autem 
boni auguris meminisse maximis rel publicae temporibus praesto 
esse debere lovique optimo maximo se consiliarium atque ad- 
ministrum datum, ut sibi eos, quos in auspicio esse iusserit, 
caelique partes sibi definitas esse traditas, e quibus saepe 
opem rei publicae ferre possit. Deinde de promulgatione, de 
singulis rebus agendis, de privatis magistratibusve audiendis. 

44. Tumleges praeclarissimae de x11 tabulis tralatae duae: 
quarum altera privilegia tollit, altera de capite civis rogari 


nisi maximo comitiatu vetat. 
iribunis plebis, ne cogitatis 


permovet, welches sinnlos. Denn 
nimmt man es in dem gewóhn- 
lichen Sinn: aufregt, so ist es fast 
identisch mit vim quaerit, jeden- 
falls das verfassungswidrige Ver- 
halten selbstverstándlich. Ich habe 
dafür einfach das gesetzt, was der 
Sinn verlangt, ohne Rücksicht auf 
die diplomatische Glaubwürdigkeit. 
Vgl conventum, senatum agere s. 
Lex., concilium peragere Caes. B. 
G. VI extr., comitia peragere 
Nat. d. IL. 10. In dem Gebrauch 
des Wortes agere erst in einfacher 
Bedeutung: (zu Ende) führen, nach- 
her in technischem Sinne — ver- 
fassungsmássig verhandeln, dürfte 
eine geistreiche Wortspielereiliegen. 
(Statt peragit dachte ich erst an 
perrogat, nicht — durchíragen, als 
ob mitten im Fragen intercedirt 
worden würe, was nicht móglich, 
da die Intercession spütestens vor 
der Abstimmung des principium 
angebracht werden musste, L. IIl. 
p. 420, sondern — dabei beharrt zu 
fragen. Doch làásst sich diese Be- 
deutung des W. nicht belegen.) 

8 43. deinde — deinceps, zu 8 4. 

meminisse — esse debere zu 1, 53. 

temporibus Dat. - kritischen 
Lagen, Gefahren, abh. von praesto 
€.; frei: dass er dem Staate in be- 
sonders kritischen Lagen zu Hülfe 
kommen misse. 

consiliarius Beirath und Vertrau- 
ter. Als solcher soll er den Jupit. 
von einer gewissen Lage des Staates 
instruiren (wie etwes, Minister den 


Et nondum inventis seditiosis 
quidem, admirandum tantum 


Konig) und dadurch zu bestimmten 
Zeichen veranlassen; eine für unser 
Gefühlfrivole Auffassung und Bemer- 
kung. Consiliarius hier Theilnehmer, 
Mitglied des consilium, engeren 
Rathes; nicht speziell: Rathgeber. 

in auspicio esse ungewóhnlich hier 
von den Bediensteten des Augur ge- 
sagt: des Auspiciums warten, sonst 
vom Augur selbst, als dem Gehülfen 
und Diener des Magistrats; zu II. 21. 

partes — definitas nicht die mit 
dem Jituus jedesmal bezeichneten 
templa; diese waren keine bestimm- 
ten; sondern die íempla liberata 
et ecfata, in welchen der Augur 
ordnungsmáüssig seine —DBeobach- 
tungen anzustelen hatte (templa 
maiora im Gegens. zu jenen, welche 
minora); zu Il. 21. 

de prom. sq. zu 11. 34. Zur Sache 
αι TIL 24. 

8 44. privilegia zu $11. de capite 
civis 86. 1b. 

Et knüpft hier ein Urtheil an 
eine angegebene Thatsache; auch 
im D. 80: Und man muss sich 
wundern. Hiermit hüngt der be- 
kannte affirmative Gebrauch von et: 
und wirklich, das man hier auch 
einsetzen kann, zusammen. Vgl. 
Hand Turs, II. p. 487 —89; Nügelsb. 
Stil. 8 192. 2. a. 

ne cogitatis q.  Spitzfindig be- 
merkt Feldh., dass, wenn man sich 
solehe Tribunen nicht einmal den- 
ken konnte, man auch nicht in 
Voraussicht habe ein solches Ge- 


:setz geben kónnen; als ob nicht in 


202 


maiores in posterum providisse. 


DE LEGIBUS 


In privatos homines leges 


ferri noluerunt: id est enim privilegium: quo quid est iniu- 
stius? cum legis haec vis sit, ut sit scitum et iussum in om- 
nis? Ferri de singulis nisi centuriatis comitiis noluerunt. De- 
scriptus enim populus censu, ordinibus, aetatibus plus adhibet 
ad suffragium consilii quam fuse in tribus convocatus. 45. Quo 
verius in causa nostra vir magni ingenii summaque prudentia, 
L. Cotta, dicebat nihil omnino actum esse de nobis: praeter 
enim quam quod ommia illa essent armis gesta servilibus, 
praeterea neque tributa capitis comitia rata esse posse neque 
ulla privilegii. Quocirca nihil nobis opus esse lege, de quibus 


der allgemeinen Voraussicht spüte- 
rer hRechts- und Begriffsverwirrung 
dies habe geschehen kónnen. 

cogitare c. Accus. der Pers. oder 
Sache: sich vorstellen, zu 11. 2. 

privatos hier und Dom. 43 in der 
Bedeutung ,,einzeln", vgl. Forcel. 
Lex., wofür man an beiden Stellen 
privos hat emendiren wollen, was 
V. missbilügt, denn: alibi etiam 
privati dicuntur pro singulis, làsst 
es aber ohne Beweis. Vielleicht 
dient ihm: w£ omnium populorum 
privatorumque litteras cognoscerem 
Ver. Act. 1. 6. 

id. est enim, so die gewóhnl. Stell., 
wenn dem est ein Pron. oder eine 
Negation vorangeht; s. Berg. Stil. 
8 153 A. 3 b. Vgl. unten 8 47, 
ferner I. 19 ea est enim; I. 22 so- 
lum est enim; ebds. quid est autem ; 
29 nihil est enim, desgl. III. 42; 
Il. 16. quid est enim; 11. 48 nulla 
est enim. Aber auch anders: I. 14 
quid enim est ; desgl. 34 ; desgl. III. 1; 
1. 09 id enim est; 111, 24 quod 
enim est. 

Jescr. pop. censu sq. Vgl. $8 7. 

plus adhibet | consilii: — Nach 
L. II. p. 444 passt das auch noch 
auf die reformirten Centuriatcomi- 
tien, welche noch immer einen 
aristokratisch | conservativen Cha- 
rakter trugen. ,,Denn erstens war 
die Prürogative nicht in die Hünde 
der zugleich radical gesinnten und 
persónlich abhüngigen,  ürmeren 
Bürger, sondern in die des conser- 
vativen und unabhüngigen Mittel- 
standes gelegt; zweitens war das 
bessere Stimmrecht der ersten Classe 
durch Fortdauer des abgesonderten 


Stimmrechts der 18 Reitercenturien 
erhalten; drittens hatten wenigstens 
innerhalb jeder Tribus die Classen- 
unterschiede nach den Censussützen 
insofern noch volle Bedeutung, als 
eine geringere Zahl von Bürgern 
erster Classe ebensoviel Einfluss 
besass als eine gróssere Zahl von 
Bürgern zweiter Klasse u. s. w.; 
viertens endlich war auch die Be- 
günstigung des reiferen Alters vor 
der Jugend rücksichtlich des Stimm- 
rechts gewahrt.*' 

$ 45. magni ingenii summaque 
prudentia. Zu dem Casuswechsel 
s. Feldh. 

L. Aurelius Cotta gab 70 als 
Prütor ein Gesetz über die Gerichte, 
wonach alle drei Stünde Senatoren, 
Ritter und Plebejer (die íribunt 
aerarii) an dem Richteramte Theil 
nehmen sollten (cf. zu $ 7 pop. part. 
— describunto), wurde Consul 65 
mit L.* Manlius Torquatus (in 
welchem J. Horatius geboren wurde), 
im flg. J. Censor. Dem Cicero be- 
freundet trug ernach Unterdrückung 
der Catilinarischen Verschwórung 
auf eine Supplieatio für ihn anm. 
Dasselbe Urtheil über Ciceros Ver- 
bannung wird noch oft erwühnt, 
wie Sest. 73. Dom. 68. Spüter trat 
er auf die Seite Caesars, dessen 
Verwandter er war. 

praeter enim quam. Zu der Tren- 
nung vgl. Wich. Stil. 8 271. Zu 
der Aufnahme mit praeterea Fin. 
V. 61; Att. IX. 15. 6; XV. 15. 2. 

armis servilibus zu 8 95. 

ulla privilegi 8c. wlla comitia, 
quibus privilegium irrogaretur. 

vobis: Quintus und Atticus. 


| 
| 


nihil omnino actum esset legibus. 
de quo servi et latrones scivisse ali- 


clarissimis viris melius, 


LIB. III. CAP. 19. 20. 8 44-- 46. 


209 


Sed visum est et vobis et 


quid dicerent, de hoc eodem cunctam ltaliam quid sentiret 


ostendere. 


XX. 46. Sequitur de captis pecuniis et de ambitu. Leges- 
que cum magis iudiciis quam verbis sanciendae sint, adiungi- 
tur: Noziae poena par esto, ut in suo vitio quisque plectatur, 
vis capite, avaritia multa, honoris cupiditas ignominia sancia- 


tur. 
necessariae. 


clarissimis viris, wie Pompejus; 
Sest. 74. 

scivisse dicerenf? zu 1. 53. 

c. Italiam ostendere quid — sen- 
tiret, Anticipation, hàufig im Griech. 
s. K. W. Krüger 8 61. 6. 2. Cf. 
Nosti Marcellum quam tardus sit, 
Fam. VIII. 10. 3. Mehr bei G. F. 
A. Krüger 8 669. 1. 

Cap. XX. 8 46. de capt. pec. et 
«mb. über passive und active Be- 
stechung, cf. 8 11. Das Verbot des 
donum capere gerenda, potestate auch 
bei Plat. Leg. XII. p. 955 C. Zu 
de 11. 34. 

sanciendae bekrüftigen, befestigen, 
cf. II. 10 u. 11. 

noxia (erg. nach Forc. condicio) 
Schuld; alterth. wie das gieich- 
bedeutende noza. 

par qualitativ gleich, entsprechend. 

im Suo vilio ,dass jeder inner- 
halb seiner Schuld seine Strafe be- 
komme* Seyff. Lael 8 $85. Die 
Strafe soll gleichsam (die rück- 
lüufige Bewegung der verbreche- 
rischen Handlung sein, indem sie 
innerhalb desselben Gebietes des 
Handelns liegend das Ziel umkehrt 
und aus dem früheren Subjecte das 
22g macht, z. B. den Gewalt- 

re aus dem Subj. der Ge- 

t zum Objecte derselben 
terry oder beim ambitus den, der 
einen andern Bewerber zu seinen 
Gunsten der gehoflten re be- 
rauben will, selbst der Ehre be- 
raubt. 

quisque ungewühnl. vom Reflexiv 
getrennt. eber die bei Livius 
und $Spáüteren beobachteten  Ab- 
weichungen von der gewóhnlichen 
Stellung 5. Krebs. Antib. 


 hafter 


Extremae leges sunt nobis non usitatae, rei publicae 
Legum custodiam nullam habemus. 


Itaque eae 


Legwm cust. n. ,,Die archivarische . 
Aufsicht über die Gesetze im Aera- 
rium (zu $ 11) ist so schlecht, dass 
sie vielfach abhanden kommen oder 
gefálscht werden; was um so leich- 
ter ist, als keine urkundliche Auf- 
zeichnung, mit amtlicher Unter- 
schrift und Siegel, statt findet. Wir 
ziehen es daher vor, die in den 
Büreaus der  Magistratsschreiber 
befindlichen, von diesen angefertig- 
ten Abschriften zu benutzen und 
hángen somit ganz von deren Ge- 
wissenhaftigkeit und Sachkunde ab. 
Die Griechen verfahren darin sorg- 
faltiger: wir finden dort eine eigene 
Behórde, νομοφύλακες, welche nicht 
blos über die Richtigkeit des Wort- 
lautes — denn das war auch bei 
unseren Vorfahren der Fall — son- 
dern auch über ein gesetzmüssiges 
Verhalten wachten.* ^ Beachtens- 
werth ist, dass den Vorfahren eine 
regp. grüssere Sorgfalt beigelegt 
wird. Obdiesein strenger controllir- 
ter Aufzeichnung oder in strengerer 
Bewachung, die Fülschung unmüg- 
lich machte — was dann auf einen 
Vorzug der Aedilen in dieser Hin- 
sicht vor den Quaestoren, die aller- 
dings ihre Archivaufsicht nur als 
Nebensache (L. I. p. 637), nicht 
als eigentliche Aufgabe wie die 
Aedilen (L. I. p. 614; 615), behan- 
delten, auch wegen ihrer grósseren 
Jugend eher zur Fahrlüssigkeit ge- 
neigt sein mochten, hinauslüuft — 
bestanden habe, is, aus der Stelle 
nicht zu ersehen. 

Die Ausdrucksweise leidet über- 
haupt an einer gewissen Unklar- 
heit, insofern erst von  mangel- 
Bewachung, nachher von 


254 


DE LEGIBUS 


leges sunt, quas apparitores nostri volunt: a librariis petimus, 


publicis litteris 


habemus. 


consignatam memoriam publicam nullam 
Graeci hoc diligentius, apud quos νομοφύλακες 


creantur, nec ei solum litteras — nam id quidem etiam apud 
maiores nostros erat —, sed etiam facta hominum observabant 


mangelnder urkundlicher Aufzeich- 
nung die Rede ist und zwar so, 
als ob beides dasselbe würe. Die 
Sache dürfte sich so erklüren, dass 
legum custodiam im weiteren Sinne 
zu nehmen und nicht blos die Be- 
wachung der angefertigten Urkun- 
den, sondern auch die bei der An- 
fertigung, welche die Richtigkeit 
der Aufzeichnung controllhrt und 
durch amtliche Schrift und Unter- 
schrift sicherstellt, verstanden, oder, 
wie es oben versucht worden, letz- 
tere als ein Unterstützungsmittel 
ersterer angesehen wird, insofern 
sie die Gefahr, welche fahrlüssige 
Aufsicht mit sich führt, verringert. 
F. und andere bringen noch da- 
durch Unklarkeit hinein, dass sie 
unter apparitores nur die scribae 
quaestorii verstehen, welche die im 
Aerar befindhehen  Gesetzesexem- 
plare leichtsinnig herausgaben. 

apparitores Amtsdiener vgl. II. 61. 

scribae oder librarii die angese- 
henste Klasse der Amtsdiener, wie 
alle natürlich aus Freien und zwar 
aus wohlhabenderen bestehend, weil 
sie Caution stellen mussten; ein 
ordo honestus. "Vgl. über ihn Verr. 
IIl. 182 flg. Sie waren nothwendig 
den Consuln, Prütoren, Censoren, 
Aedilen, Tribunen, vor allen aber 
den Qmaestoren, welche auf ihre 
Kenntniss im Finanz- und Rech- 
nungswesen durchaus angewiesen 
waren. Es werden von der letzten 
Kategorie, den scribae quaestorii, 
drei starke Decurien angenommen. 
S. L. I. p. 663. 

memoriam | publicam — offizielle 
Mittheilung, Ueberlieferung, publ. 
litt. consignatam in amtlicher Schrift 
aufgezeichnet. (Verschieden memo- 
ria publica Cael. 78 — Archiv. 


Vgl. Nügelsb. Stil 8 35. 1. p. 
105 flg.) 

diligentius 80. instituerunt zu 
II. 26. 


νομοφύλακες eine Behórde, die 


nàch Arist. Pol. Bekk. VII. C. 8 
extr. E 1323 in. vgl. auch VI. 14 
geg. E. p. 1298, einen aristokrati- 
schen Charakter hat und den πρό- 
Bovio der oligarchischen, der βουλή 
der demokratischen Staaten ent- 
spricht; sie hatte die Gesetzes- 
entwürfe vor ihrer Einbringung an 
den Demos hinsichtlich ihrer Ver- 
fassungsmüssigkeft zu prüfen, über- 
haupt das verfassungsmüssige Ver- 
halten in den Volksversammlungen. 
Dass ihre Controlle sich auch auf 
die Amtsführung der Magistrate 
erstreckt habe, nimmt Schóm. Gr. 
A. L p. 553 an. Ja nach Xen. 
Oecon. IX, 14 stand ihnen über- 
haupt eine Aufsicht über das gesetz- 
müssige Verhalten der Bürger (facta 
ad leges revocare) zu. Dass sie aber 
auch über den Text der Gesetze 
zu wachen hatten, lüsst sich sonst 
nur aus einer Stelle von Plato de 
Leg. 764 C, wo ihnen die φυλακή 
der νόμοι und der Vermógensein- 
schützungslisten  zugetheilt wird, 
schliessen. Uebrigens nóthigt nichts 
anzunehmen, dass sie in allen Staa- 
ten, wo sie vorkommen, alle diese 
Befugnisse vollstindig umfasst ha- 
ben. In Athen kennen wir sie, 
ausser auf kurze Zeit nach der 
Sechwüchupg des Areopags durch 
Ephialtes 1m  Perikleischen Zeit- 
alter, erst seit Demetr. Phal. (zu 
IL. 64), in dessen aristokratische 
Verfassungseinrichtung sie sich 
wohl einfügten. S. Schóm. a. a. O. 

creantur, wofür Bake der Ueber- 
einstimmung mit dem folgenden ob- 
servabant  — — revocabant | wegen 
creabantur emendirt, was V. an- 
nimmt, wührend F. fgeneigt ist, 
nachher Prüsens zu setzen. Mir 
scheint es nicht unmóglich, dass 
C. erst das Praes. setzt, weil seines 
Wissens diese Behórde noch zu 
seiner Zeit in Griechenland viel- 
fach vorkam, das Imperf. aber 
nachher, weil ihm die angegebenen 


LIB. III. CAP. 20. $ 46. 47. 


255 


ad legesque revocabant. 47. Haec detur cura censoribus, quando 
quidem eos in re publica semper volumus esse. Apud eosdem, 
qui magistratu abierint, edant et exponant quid in magistratu 


gesserint, deque iis censores praeiudicent. 


Hoe in Graecia fit 


publice constitutis accusatoribus. Qui quidem graves esse non 
possunt, nisi sunt voluntarii Quocirea melius rationes referri 
causamque exponi censoribus, integram tamen legi, accusatori 


iudicioque servari. 


Befugnisse sicher nur aus der Ge- 
schichte der Vergangenheit bekannt 
waren. 

8 41. cura cens. Den Censoren 
wird somit sowohl die Sorge für 
authentische Ausfertigung, Beglau- 
bigung resp. Besiegelung, als für 
die Aufbewahrung der Gesetze über- 
tragen, wozu sie sich besser eig- 
,.neten als die Quástoren, die ihre 
Archivaufsicht stets nur als Neben- 
geschàft (s. oben) angesehen haben. 

Apud. eosdem ... zu 8 11. 

praeiudicent. Ein praeiudicium 
fand auch seitens der athenischen 
Logisten (zu $ 11) insofern statt, 
als sie bei vorgefundener Unregel- 
mássigkeit keine Decharge ertheil- 
ten. Damit aber war die Sache 
nicht zu Ende. Sie hatten nüm- 
lich dann die Sache an einen helia- 
stischen  (Volks-) Gerichtshof zu 
bringen, in dem sie selbst den Vor- 
sitz führten. Zur Anklage waren 
ihnen zehn durch's Loos erwühlte 
συνήγοροι oder Staatsanwülte zu- 
geordnet, welche auf Grund des 
von den Eythynen (ebds.) zusammen- 
gestellten Materials die Anklage 
erhoben. Die Sache hatte dann in 
regelmássiger  Prozessform ihren 
weiteren Verlauf. Uebrigens auch 
wenn die Logisten keine Unregel- 
mássigkeit constatirt hatten, konn- 
ten die Beamten noch 30 Tage 
nach Ablauf ihrer Amtezeit einer 
Anklage gewürtig sein, aber nur 
seitens eines Privatanklügers, wàh- 
rend im Uebrigen der Prozess in 
derselben Form, wie im obigen 
Falle, vor sich ging. S8. Schóm. I. 
422 flg. 

melius zu 11, 41. 

integram lamen 84. sie sollen 
nichts destoweniger dem Gesetze, 
welches der Anklüger (zu denken: 


 "Teuff. 


ein freier) und das Gericht ver- 
irit, unterworfen werden. Das 
Gesetz gibt feste Bestimmungen 
über das, was recht und unrecht 
ist und setzt gewisse Strafen fest. 
Der Censor hatte in beiden Be- 
ziehungen ein arbitráres Ermessen. 
Sein Befinden aber soll die gesetz- 
lichen Folgen nicht abschneiden. 
— Entsprechend übrigens ist die 
Bestimmung Platos Leg. XII. p.947 E, 
der zugleich festsetzt, dass der Ge- 
richtshof für solche, die den Eythy- 
nen entronnen, aus den νομοφύλακες 
gebildet werde. 

de iudiciis: id. est enim 4. Hier- 
aus ersehen wir, dass C. diesen 
Stoff im nüchsten Buche behandelt 
habe. In der That hàngt dieser 
mit der Magistratsverfassung inner- 
lich am meisten zusammen und 
ist auch bei Plato daran angeschlos- 
sen, B. VI. p. 766 D flg., obgleich 
ein Theil desselben nach der etwas 
zerrissenen und nicht streng syste- 
matischen Behandlung dieser Schrift 
freilich in das XII. B. 956 B flg. (cf. 
ib. 945 flg.; 948 B flg.; 953 B) 
verlegt ist. Wahrscheinlich wird 
C. nicht analog seinem Verfahren 
bei der Gesetzgebung über die 
Magistraturen sich auf die Angabe 
der Gerichtshófe und ihrer Com- 
petenzen, die zum "Theil sogar von 
der Magistrateverfassung sich nicht 
trennen lüsst, noch getrennt worden 
ist (vgl. $ 6 in. und extr., 8 in., 10in. 
und à. med. — iud. pop. —; 11 
med. de cap. civ.), beschrünkt ha- 
ben, sondern auch die Prozess- 
formen bestimmt haben, worin er 
ebenfalls schon ein Vorbild an 
Plato hatte. Ganz irrig aber ist 
die Annahme derer, welche, wie 
Liter..Gesch. p. 342 (der 
auch in Betreff des lnhaltes der 


256 DE LEGIBUS 

Sed satis iam disputatum est de magistratibus, nisi forte 
quid desideratis. Arr. Quid? si nos tacemus, locus ipse te 
non admonet quid tibi sit deinde dicendum? M. Mihine? de 
iudiciis arbitror, Pomponi: id est enim iunctum magistratibus. 
48. ATT. Quid? de iure populi Romani, quem ad modum in- 
stituisti, dicendum nihil putas? M. Quid tandem hoc loco est 
quod requiras? ATT. Egone? quod ignorari ab iis, qui in re 
publiea versantur, turpissimum puto. Nam, ut modo a te 
dictum est leges a librariis peti, sic animadverto plerosque in 
magistratibus ignoratione iuris sui tantum sapere, quantum 


apparitores velint. 


folgenden Bücher sicherlich irrt, 
s. IIT. 30 u. Einl.), in dem zun&chst 
angeführten Stoff de potestatum iure 
den Inhalt des 4. Buches finden. 
Zeigt doch das Vorbild der Rechts- 
auseinandersetzung über die Sacra, 
dass diese Erórterung noch zum 
3. Buche gehórt hat; wenn anders 
die Bestimmungen des Civilrechtes 
über den Familiengottesdienst und 
die Todtenfeier in demselben Buche 
mit Ciceros eigenen Bestimmungen 
behandelt worden sind. Schwierig- 
keit macht den Auslegern die Frage, 
was die verheissene Auseinander- 
setzung gebracht haben mag, nach- 
dem Ciceros Gesetzgebung selbst 
sich im engsten Anschluss an die 
Verfassung des róm. Volkes ge- 
halten hat. Darüber aber dürfte 
die Behandlung der Sacra auch 
einen Fingerzeig geben. Auch dort 
stimmte der Satz in Ciceros Gesetz 
im Allgemeinen mit dem im posi- 
tiven hechte geltenden überein. 
In der Darlegung des letzteren aber 
wurde derselbe im Verhültniss zu 
besonderen Füllen nüher bestimmt 
und beleuchtet. So werden auch 
die Magistratsrechte, die nur in wei- 
ten Umrissen skizzirt worden, etwas 
nüher bestimmt worden sein, wenn 
auch, wie er selbst ankündigt, mit 
einer gewissen Beschrünkung. Es 
werden positive Rechte, die Cic. 
ganz ausgelassen, hinzugefügt wor- 
den sein, Umnur beispielsweise eine 
Magistratur anzuführen, die Prü- 
toren, so hatte Cic. se nur als 
iuris disceptatores definirt. 16 
róm. Verfassung rüumt ihnen viel 
mehr Rechte ein, so in Abwesen- 


Quam ob rem, si de sacrorum alienatione 


heit der Consuln finanzielle, poli- 
zeiiche und sonstige die Verwal- 
tung betreffende Befugmnisse (L. I. 
564), wie sie auch in mancher Be- 
ziehung δὴ Stelle der Censoren 
einzutreten hatten (L. I. 589). An- 
derseits gewührt Ciceros Gesetz 
ihnen das Recht cum populo agendi, 
d. h. die Centuriatcomitien zu be- 
rufen schlechthin, sie hatten dies 
aber nicht für Gesetzgebung und 
Wahl, sondern von Ausnahmsfüllen 
abgesehen nur in gerichtlicher DBe- 
ziehung (L. I. 561); sie konnten 
keinen Dictator ernennen etc. Den 
Volkstribunen wird nur das Recht 
cum plebe agendi eingerüumt, sie 


- hatten aber auch ein beschrünktes, 


die Centuriatcomitien zu berufen 
(L. 1. 600 und oben zu Cap. 4 8 
10 cum pop.) Wührend ferner Ci- 
ceros Gesetz mehrfach die Zustünde 
früherer Zeit wiederherstellt (s. z. 
B.zu 8 6 in., 7 cens), konnte er 
sich in der folgenden Ne up 
nur àn den bestehenden Zustan 
halten. 


quem ad m. instit. sc. II. 8 
46 flg. 

in magistrat. bei Bekleidung von 
Magistratsümtern. 


apparitores, die, weil sie stündig 
waren, zwar nicht ?wre, aber facto, 
da sie von den Magistraten des 
folgenden Jahres immer wieder 
bestütigt wurden, L. I. 660, eine 
viel gróssere Geschüftskenntniss be- 
sassen. 

alienatione ist sehr auffallend, 
da die Tendenz des positiven 
Rechtes doch nicht in der Ent- 
üusserung der Sacra, sondern in 


LIB. III. CAP. 20. 8 47—49. 


201 


dicendum putasti, quom de religione leges proposueras, facien- 
dum tibi est, ut magistratibus lege constitutis de potestatum 


jure disputes. 


49. M. Faciam breviter, si consequi potuero: 


nam pluribus verbis scripsit ad patrem tuum M. Iunius sodalis 


perite meo quidem iudicio et diligenter. 


Nos autem de iure 


naturae cogitare per nos atque dicere debemus, de iure populi 


Romani, quae relicta sunt et tradita. 


ATT. Sie prorsum cen- 


seo et id ipsum, quod dicis, expecto. 


der Bewahrung bestand. Wenn 
anders nicht durch Emendation ein 
dem entsprechendes Wort einzu- 
setzen ist (íranslatione, continua- 
tione?), so müsste man den Grund 
in derselben boshaften Unterschei- 
dung des Priesterrechtes u. Civil- 
rechtes suchen, wie sie II. 46 flg., 
bes. 52—53, gegeben worden ist, 
auf Grund deren dann behauptet 
wurde, dass das Eigenthümliche 
des Civilrechtes nur in der Dar- 
reichung von Mitteln bestehe, die 
Sacra untergehen zu lassen (8 53). 

cum proposueras nach der be- 
endigten Vorlegung deines eige- 
nen Gesetzes (C. F. W. Müller 
behált das handschriftliche quon- 
iam bei, erklárt aber nicht, wie 
er Sich die Vorlegung des Religions- 
gesetzes als Grund für die Bemer- 
kungen über die alienatio sacrorum 
denkt. Hinsichtlich der Latinitát 
von cwm proposueras 8. zu 1]. 14). 

8 49. si — potuero. Ueber den 
Gebr. des Fut. IL. st. 1. bei posse 
und velle s. Ferd. Schultz 8 325. 
3 A. 3. 

patrem. Der Vater des Atticus 
T. Pomp. starb früh (Nep. Att. 2), 
nach Drum. vor 88, 4180 ehe noch 
Atticus (109 geb.) das 20. Jahr 
überschritten hatte. Er war schon 
reich, ein Freund der Wissen- 


Cicero de legibus. 


schaften und als solcher bestrebt, 
durch sorgfáltige Erziehung den 
Sinn dafür auch in dem Sohne zu 
erwecken. Sonst wissen wir über 
ihn nichts.  Selisamerweise ver- 
wechselt ihn Bake, Feldh., auch 
Onomast. zu Cic. mit M. Pomponius 
(Nr. 14 bei Drum. V. p. 4, dem 
Freunde des C. Gracchus (ein Brief 
von letztrem an jenen Div. II. 62 
erwühnt), welcher in der Verthei- 
digung des C. Gracchus das Leben 
verlor (121, also um mehr als 30 
Jahre früher). 

M. Iunius, als Freund des C. 
Graechus Gracchanus genannt, um 
154 geb., überlebte diesen. Um 
welche Zeit das erwühnte, von Ulp. 
Dig. I. 13 citirte, Werk verfasst 
worden, steht nicht fest. 

sodalis Freund und Genosse im 
táglichen Verkehr und Umgang (s. 
Ferd. Schultz Syn). Weniger 
empfiehlt es sich, sodalis auf eine 
Priestergenossenschaft, wie Luperci, 
Sali, Titii, Arvales, von denen 
dies Wort auch gebraucht wurde 
(Prell. R. M. p. 111), zu beziehen. 

iwre naturae, das Cic. in den von 
ihm  aufgestellten ^ Gesetzestafeln 
vertreten hat. 

quae relicta ... daher im An- 
schluss an den oben bezeichneten. 

prorsum zu 8$ 26. 


FRAGMENTA 


LIBRORUM DE LEGIBUS. 


1. Magnum audaxque consilium Graecia suscepit, quod Cupi- 
dinum et Amorum simulacra in Gymnasiis consecravit. [Lac- 
tantius lib. 1. cap. 20.] Cf. II. 28. 

2. Gratulemurque nobis, quoniam mors aut meliorem quam 
qui est in vita aut certe non deteriorem adlatura est statum: 
nam sine corpore animo vigente divina vita est, sensu carente 
nihil profecto est mali. [Lactantius lib. II. cap. 19.] Cf. IT. 54. 

9. Sicut una eademque natura mundus ommibus partibus 
inter se congruentibus cohaeret ac nititur, sic. omnes homi- 
nes inter se natura confusi pravitate dissentiunt nec se intelle- 
gunt esse consanguineos et subiectos omnes sub unam ean- 
demque tutelam: quod si teneretur, deorum profecto vitam 
homines viverent. [Lactantius lib. V. cap. 8.] 

4. Qui poterit socios tueri, si dilectum rerum utilium et 
inutiium non habebit? (Macrobius de diff. et soc. Graec. Lat. 
verbi 17. 61] Cf. III. 17. 

5. Visne igitur, quoniam sol paululum a meridie iam de- 
vexus videtur nequedum satis ab his novellis arboribus omnis 
hic locus opacatur, descendamus ad Lirim eaque quae restant 
in illis alnorum umbraculis persequamur? [Macrobius Saturnal. 
lib. VI. cap. 4.] 


EMENDATIONEN DES HERAUSGEBERS. 


I. 8 26 «expressas. 27 mire. (39 beatos) 33 Zeichen der Inter- 
polation. 45 haec. 46 autem, nachher laudandi. 50 continentes. (52 quo 
ista oratione tendis.) ὅθ quod item hoc valet. 

Il. 85 e qua... citati. 9 atque alias e. l. n. 11 lex idem. 
13 A» ea. 31 indutiarum iniuriarum or. (29 quod ut tempus et sacri- 
ficiorum.) 38 curriculique — fiant; das andere nach Górenz, Klotz oder V. 
41 s. das. 45 quodcumque. 50 8, das. 54 5, das. ὅδ s. das. 57 
s. das. 60 s, das. 62 s. das. 


III. 8 11. 8 19. 8 20. 897. 8 40. 8 43. 


m... 


ANHANG. 


IL 5 et sui sq. E. Hoffmann, Jahrbb. d. Philol. v. Fleckeis. 1878, 
p. 709 flg. emendirt die corrupte Stelle: et astici simul erant idem et 
Attici, setzt vorher statt priusquam: postquam. Er findet keine Analogie 
darin, dass die Bewohner der einzelnen Ortschaften auch zu Áttica gehórt 
haben, sondern darin, dass die Bewohner derselben auch zu Athen gehórt 
haben. Dass nur letzteres Verhàltniss genau entspricht, ist zuzugeben. 
Aber als Bewohner der einzelnen Ortschaften würe Attici, welches zu- 
sammenfasst, nicht der richtige Ausdruck. Es hátte vielmehr der Name 
einer bestimmten Ortschaft gesetzt werden müssen, wie Eleusimii. End- 
lich widerspricht dieser Emendation — abgesehen von der Gewagtheit 
der mehrfachen Aenderung — entschieden astící — erant, wofür sunt 
stehen müsste. 

Nachher wird et illam qua excepti aus unzureichenden Gründen ein- 
geklammert und vor εὐ eam: et Romam eingeschoben. 

IL 11. An Stelle von veri wil E. Hoffmann aus der verderbten 
handschriftlichen Lesart contrarii entnehmen, mit Bezug auf 8 13 iustorum 
iniustorumque distinctio. Richtig aber wird der lex eine distinctio iniusti, 
nicht eine lectio iniusti zugeschrieben. 

IL 13. St. euicuimodài fuerit illa, was vor etiam si perniciosum ali- 
quid stórt, will E. Hoffmann fuerint schreiben und dies vor si latrones 
aliquas — gerückt wissen. Dort ist es aber erst recht überflüssig. Denn 
bei Gesetzen, die latrones angenommen, denkt jeder von selbst nur an 
echlechte. 

8 20. St. divisque aliis alii, wovon alii auf Conjectur beruht, schlágt 
E. Hoffm. divis quisque, aber ohne diplomatische Glaubwürdigkeit , vor. 
(Lange: patriis.) 

$ 21. urbemque «t agros hált E. Hoffm. a. d. St. (wie schon vor 
ihm L. Alterth. I* p. 336) für ungehóürig und will es vor vineta gesetzt 
wissen. Der Vorschlag empfiehlt sich. Aber dass wrbem agrosque selbst 
für templa zu erklüren, eine Ungeheuerlichkeit sei, leuchtet doch nicht 
ein. S. z. St. 

Ebds. Statt des handschriftlichen defixerit Lange τ. Hoffm, refizerit. 
Aber das würe zu eng. Denn das kónnte nur auf óffentlich aufgestellte 
Gesetze gehen: als ob nur solche zu cassiren dem Augurn das Hecht 
eingeráumt würde. 

IL. 25. E. Hoffm. schreibt mit Umstellung coli et ignotas caeri- 
monias novis sacerdotibus confusionem h. &q. ohne diplomatische Wahr- 
echeinlichkeit. 

& 28, St. des handschr. manw conjicirt E. Hoffm. verkehrt wna, 
als ob die Consecration von Heroen und rühmlichen Eigenschaften eine 
innere Verbindung hütte und gleichzeitig geschehen müsste. 

Ebds. E. Hoffm. schiebt wt vor Vicae ein. Dann. aber ist die Er- 
günzung des Nachsatzes zu hart, wührend in den Genitiven Vicae etc. 
ohne ut die Ergünzung eine Stütze erhült. Der Satz enthült übrigens 
eine nachtrágliche Sanctionirung von etwas Bestehendem. Die Anfechtung 
des überlieferten Textes von H. is spitzfindig. 

& 29. E. Hoffm. conjicirt: eorumque ad tempus &c. operum rusticorum: 
damit nach Masesgabe der Zeit oder des Standes der Feldarbeiten die 

11" 


260 ANHANG. 


vorgeschriebenen Opfer an Erstlingen der Früchte und des jungen Viehs 
eingehalten werden; was verzwickt und schwerlich οὐδε νεῶν ἃ De enn das 
Vorhandensein und Bewahrtwerdenkónnen von libamenta u. fetus kann 
doch nicht wohl von anderen Umstünden als von dem für sie einmal 
geltenden Naturgesetz abhüngig gemacht werden. Ausserdem liesse sich 
derselbe Sinn schon mit der Klotz'schen Conject.: quod ad tempus 
erreichen, die doch nüher liegt. 

8 32. si modo wird von E. Hoffm. diplomatisch für wahrschein- 
licher als si enim gehalten. Aber sprachlich ist es schlechter, weil in 
dem Fehlen einer Copula eine Hürte liegt. 

8 34. E. H. liest: satis esse illud ante in ipsa lege. 

$ 38. Statt des schlechten von V. geschriebenen videat liest E. Hoffm. 
vigeat, kaum besser, wenn anders eine derartige Verbindung (móge leb- 
haft erklingen) nur einem Dichter allenfalls móglich würe. Ausserdem 
trágt vigeo (lebhaft sein) etwas hinein, was über das Mass einer ein- 
fachen Bestimmung hinausgeht. 

8.39 wird illud quidem gestrichen und quae solebant compleri 
ut — exsultent von contemnendum abhüngig gemacht. Aber wer fühlt 
nicht das Unpassende, contemnendum anstatt auf das vorhergehende All- 
gemeine auf das folgende Besondere zu beriehen? 

8 41. E. Hoffm. erscheint es hart, Quod auf sacro commendari zu 
beziehen, und er schiebt ein quo — weswegen vor quod ein, als ob die 
Strafbarkeit des Tempelraubes den Alex. und andere zur Aufbewahrung 
im Tempel bewogen hàütte, und nicht der Glaube an die Sicherheit! 


Sachlich-grammatischer Index. 


A. 


ab bei Thieren u. à. 19, bei and. 
Sachbegriffen 63; — Schüler von 
224; st. Dat. 43. 

a principio, à primo 102. 

abesse 19. 

abiectus 68. 

Ablat. temp. 23; zwei Abl. verbund. 
37; für propter u. ex 42; cf. 206; 
intervall 72; bei Ortsbegriffen 
wie Esquiliae 128; des Erkennt- 
nissgrundes 143; instrum. frei 
176; vgl. comitia; local frei 233. 

Ablat. abs. 245. 

Abstimmung in den Comitien 221; 
245 flg. 

Abstractum st. Concr.38. cf. Nomen. 

ac im 3. Gliede 103; cf. et. 

ac non 71. 

ac potius 30. 

Academia im weiteren Sinn 71; 223. 

— neuere 50. 

accensus 181. 

Accius 168. 

accurate 21. 

Accusativ adverbiell 18; 23; des 
inneren Obj.? 211. 

Accus. c. Infin. 132; abhüngig von 
verbaler Phrase 182. 

acerbus 181. 

acerra 179. 

Acilius, L. 177. 

acta 220. , 

actio in rem 199. 

actor 247. 

ad 138. 

adducor constr. 90. 

adeo 123. 

adlecti 2165. 

admodum 33; 237. 

adhibere 107. 

Adiectiva substantivirt 21; 92; 163; 


st. prápositionalen Ausdrucks 178. 


adiunctum 169, 


Aedilen Rangstellung 197;  über- 
haupt 199 flg., sonst 210; 216 flg. 
220; 250; 253. 

L. Aelius Catus 177. 

L. AehDus Stilo 177. 

Aemilius Scaurus 244. 

aequalis c. gen. 23; cum 124. 

aequare cum 124. 

Aerarii 200; 201; 202; 204. 

aerarium facere 201. 

aerarium 199. 216. 220. 

per aes et libram 165; 167. 

aes equestre 200; 201. 

aes hordearium 200; 201. 

aes uxorium 200. 

aestus 93. 

age 134. 

agere 25; 92; 214; 233. 

agnatio 35. 

agri sacri 153; 159. 

Akademiker Theorie 61; 73. 

albus Farbe, die den Góttern ge- 
falig 154. 

Alexander Magn. 147. 

alio die 133. 

alioquin 182. 

aliquis 36; zu erg. 161. 

alius 247. 

Alliteration 241. 

alter 57. 

Amaltheum 91. 

ambitus 219; 246. 

amici 248. 

Amphiaraus 136. 

Amphilochus 136. 

Ampius Balbus 90. 

amplior honoris gradus 200, 

an 68; 97; 242 Spalte 1 u. 2. 

Anakolathie 50; 72; 184. 

Anastrophe 28, 

anfractus 109, 

animi 24. 

animus ac mens 80, 

annalis lex 207. 

anquirere 196. 


262 


Anticipation 253. 

Antiochus 71; 72. 

antiqui A6. 

ἀποκατάστασις 81. 

Apostrophe 240. 

apparitores 181; 254; 256. 

appellare 36; 54; 196; 246. 

Appos. beim Nom. propr. 28; 147. 

aptus ex 69; mit bloss Abl. 75. 

Apuleius Saturninus 98. 

aquae pluviae 157. 

Aratus 91. 

arbitri 73. 

Arcesilas 51 (50). 

Archiv 199; 216 flg. 

Archivverwaltung 253. 

argumentari 41. 

argutus 22; 38. 

Aristaeus 108. 

Aristo 49. 

Aristophanes 142. 

Aristoteles 49, 

Aristoteles Lehrsütze 30; 31; 37; 
601; 74; 144; 178; οἵ, Plato. 

Arrogation 233. 

ars, artes 88. 

ascensus 200. 

ascia 176. 

asciscere 42, 

Asellio 21. 

asperitas 41. 

aspereio 124. 

assentiri mit Acc. des Pron. 139. 

assolet 117. 

assumere 42, 

ast 108; 213; vgl. at. 

at 180. 

Atilius 177. 

atqui 58, 

attendo 242. 

Attica Stüdte 89. 

nihil attinet constr. 149; a. zu erg. 
151. 

Attius Navius 138; Att. s. Accius. 

Attraction 63; 65; 74; 2929. 

— des Modus 40; 79. 

— des Num. bei Verben 159. 

— vgl. Anakoluth u. Anticipation. 

auctor legis 243. 

auctorem esse 70. 

auctoritas 238. 

audire 147. 

Augurallehre 134. 

augurales libri 112. 

augures 111; 112; 
132; 251. 

auguria 113. 

Aurelius Cotta 252. 


113—14; 122; 


Sachlich -grammatischer Index. 


auspicia 112; 208; bes. 212; 216; 251, 
aut potius 54. 
aves 154. 


B 


bacae 37. 

Bacchanalia 142. 

Bacchus — Sabazius 107. 
Begrübnissstütten 169; 172 flg. 
belli 197. 

benignitas 42 flg.; 64. 

BE WEE e n 170 flg.; 177 


g. 
bidental 116. 
Bona dea 117. 
boni viri 229, 
Brachylogie s. 
145— 46. 
brevi 221. 
Brutus Dec. 168. 
bustum 173; 180 flg.; 184 


C 


cadere mit Prüdicatsadjectiv 135. 

Caecilius Metellus 236. 

caelibes 201; 204, 

Caelius Antipater 21. 

de caelo servare 212. 

caerimonia 57; 170. 

Caerites, in Caeritum tab. ref. 201. 

Calatinus, Atilius 129. 

Calchas 137. 

Calipho 48 extr. 

canescere 17. 

capital 114. 

captae pecuniae 220; 253. 

caput 34; 156; 166. 

Cardinalzahl st. Distributivzahl 116. 

Carneades 51 (50). 

Caristia 122. 

L. Cassius Longinus 243. 

castitas 106; 122; 194; 131; 154; 
170. 

Casuswechsel 252. 

Cato Major 20; 88— 89. 

— Minor 248. 

catus 59. 

causa 30; 64; 156. 

cavere 25; 29; 166. 

Cecrops 183. 

Censoren 199; besonders 200 flg.; 
214; 216 fg. ; 220 flg.; 255. 

Centumviri 199; 213. 

censeo mit Acc. c. L 125; mit Inf. ? 
216. 

Centuriatcomitien richterl. Befugm. 


Prügnanz; ferner 


«-. 


Sachlich -grammatischer Index. 


195; 219. andere 206; 210; 211; 
Wahlberechtigung 196.  Verfas- 
sung 202 flg. berufen von 214. 
Abstimmung 221. Charakter 252. 

Ceramicus 185. 

cerno — decerno 116. 

certamina 144. 

certatio multae u. poenae 196. 

certum scire 69. 

ceterus 154. 

Charondas 76; 194. 

Chiasmus 63; 192; 248. 

chirographum 227. 

Chrysippus 108. 

Cicero Vater u. Grossvater des Red- 
ners 87. (Grossv. 244. 

Cicero Marcus philos. Richt. 48; 
51; 72; 1835. Augur 133. Flüch- 
ügkeit der Darstellung 88. (cf. 
87.) 242; Eitelkeit 225,  Partei- 
sucht 230. Heuchelei 238; 246. 

Cicero Quintus 16; 45; 220. 

Cincia lex 220. 

circumputatio (circeumpotatio) 178. 

citeriora 192. 

civitates liberae 249. 

clarigare 114. 

classis procincta 221. 

Claudius Marcellus 134. 

A. Claud. Pulcher 134. 

C. Claudius P. 249 flg. 

Cleanthes 104. 

Clientel von Stádten 102. 

Clinias 28. 

Clisthenes 147. 

Clitomachus 51 (50). 

Clodius Geschichtsschr. 20. 

P. Clodius Pulcher 141; 151 flg.; 
233; 235 flg. 

S. Clodius 151. 

Coelius Caldus 243. 

cogere 41. 

cogitare 85; 231. 

cognosco 217. 

ors praetoria 210. 

Collina porta 176. 

columbaria 173. 

columna 185. 

comitia, — atus 133; 221. comitiis 
208. 

comitiales dies 114. 

comitiatus maximus 196, 

committo, commissum 118. 

comoedia vetus 142. 

compitalia 126. 

complecti 39. 131. 

compleri mit Abl. 145. 

compono 134. 


. debere 53; 


263 


concilium 133; 250. 

concludere 41. 

condemno 95— 96. 

condicio 191. 

confectus 31. 

conficere 41. 

Congruenz des Pronom. 34; 96. 

Conjunctiv Gebr. 55; 106. 

Conjunctiv Perfecti potential 26. 

Conj. in der Assimilation 40. im 
iterativen Sinne ebds. u. 100. in 
Relativsátzen 96; 104; 108. 

coniunctus c. Abl.21. coni.cum 191. 

conscisco 214. 

consecrare 90; 121; 127. 2 

Consecutio temporum: Unregelmás- 
sigkeiten 78; 158; 167. 

consequens 59. 

consequor 106; 158. 

consiharius 251. 

Constructio x. σύνεσιν 182. Háürte 
der C. 182; 242, 

Consuln 197; bes. 206 flg.; 226. 

contexo 24. 

continentia 66. 

contio 133; 217; 218; 221; ius con- 
tionis 197. 

contionem dare 218. 

contrahere 144; 171. 

Contumelia Dea 127. 

cooptare 238. 

Cornelia gens 171; 172. 

coronae Arten, coronae longae 179. 

Corresponsion ungenau 99. 

Coruncanius, Ti. 156; 160. 

Crassus, L. u. P. 250. 


creare 209. cf. 95. 
credo 141. 
cum Práp. 64. 


cum Conjunct. Modus 99 flg.; 257. 
mit Prás. hist. 160. 

cur abh. von ratio 166. 

Curiana villa 87. 

curiata lex 197. 

Curiatcomitien, Berechtigung 197; 
208. sonst 219, 

Curiatias 230. 

Cybele 5, Idaea mater. 

Cylon 127. 

Cyrenaiker 50. 

Cyrus 171. 


D 


dare 162, 

de 16; 178. 

91; 237. 

Decemviri litibus indicandis 199. 


264 


Decemviri sacr. fac. 111; 112; 193. 

decernere constr. 176. Gebrauch 
249. 

declarat 172. 

decumae 201. 

decus 72. 

dedicare 127. 

deducta 162. 

Dei majores 108. 

dei peregrini 143. 

deinde deinceps 192. 

delectare 86. 

Demetrius Phaler. 183. 224. 

.denicales 169; (173). 

depasci 18. 

describo 30; 98. 

descriptio 35; 193; 222. 

deus u. dei der Stoiker 33. 

Diagondas 142. 

Dicaearchus 224. 

Dictator 196; 207 flg. 

diem tollere 248. 

dies festi 130. 

dies nefasti etc. 114. 

differre 44. 

Digression 183. 

Diodorus 49. 

Diogenes Babylonius 223. 

dira 114. 

diribere 246. 

dirimere 133. 

discessio 215. 

discessus 149. 

disputare 29; 36; 224. 

disserere 41. 

Divinatio 134 flg. 

do — dico — addico 205. 

dolabra 176. 

domus 232. 

donatio 160; 162 flg.; 219 flg. 

Duilia lex 212. 

duoviri navales 198, 

duumviri viis purgandis 197. 


E 


edicendi ius 197. 

edictum praetorium 29; 205. 

effatum templum 114. 

egredi 91. 

ei u. 1 114; 180. 

elegantia 191. 

Ellüpse 8. quippe, facere, est ἃ. 
sum; des Reflexivpr. 70. 76; von 
quis 93, (176), vgl. aliquis; eines 
Nachsatzes 93; 174; von Verben 
45; 69; 1295; 127; 160; 190. vgl. 
Ergànz. 


Sachlich-grammatischer Index. 


emi 159. 

Exinage eigenthümliche Art die- 
ser s. Nom, abstr.; anderer Art 
236 (Ὁ). 

Ennius 172. 

Ephoren 225 flg. 

Epieur Lehrsütze: 18; 33; 51 flg. 
(bes. 62); 104 flg.; 134. 

Epicureer 33; 50; 191. 

Epimenides 127. 

equum adimere 204. 

Ergünzung 21; 27; τὸ; 102; 125; 
128; 157; zu est; sum. 

Erillus 48. 

— esco 180. 

esse prügnant 249. 

esset infinitum 106. 

est (sunt) zu erg. 84; 108; 148; 157; 
183; 228. 

et u, somit 36. auch 41; 44; u. 
zwar 163; u. wirklich 251; in 
der Assumpt. 44; gegensützlich 
234; im 3. Gliede, zu ac; fern. 
157. 

et etiam 192 flg. 

et quidem 234. 

et scilicet 48. 

etiam Stellung 235. 

Eumolpidae 140. 

Euthynen 220; 255. 

e re publica 186. 

ex 69; 89. 

excipere mit Abl. 89. 

excitare 189. 

exemplum — genus 155. 

expetere 42. 

expiatio 189; 143. 

exposite 158. 

expressus 38, 

exstruere 189. 


F 


Fabius Pictor 20. 

C. Fabricius 175. 

facere ausgel. 26; 125; für einen 
anderen Begriff 190; 240. 

facile 22. 

Falcidia lex 165. 

familia 71; 200. 

Fannius 20. 

fasti 109; 114. 

Febris dea 128. 

Februar 168. 

feralia 122. 

fere 87; 2406. 

feriae 109; 130; 169. 

ferri quasi 240. 


Sachlich -grammatischer Index. 


fetiales 114; 122. 

Fides 108 flg. 

' fides 220. 

Figulus C. 182. 

filius familias politische Stellung 201. 

fines regere 73. 

finis Fem. 170. 

finire 110. 

flamines 110; 122. 

Flaminius 229. 

Flavianum ius 28. 

florentius 77. 

foedera Abschluss 206; cf, fetiales. 

foedus 248. 

Fons, Fontus 171. 

formae 155. 

formulae iudiciorum 28. 

Fortuna Mala 128. Hujusce Diei, 
Primegenia etc. 129. 

fratres Arvales 111; 122; Martii 
112. 

sine fraude 179. 

fraus 216. 

fulgur 116; 139; fulguriti 171. 

funera 179 flg. u. s. Leichenbegáng- 
niss. 

funestare 181. 

funestus 170. 

Furia lex 161. 

fuse 47. 

Futur Gebrauch 54— 55; ὅθ: 123; 
Fut. II 106. 257. 


G 


Gabinius, A. 151. 
Galli 119. 
Gedankenlosigkeit 125—126; (165.) 
174; 232; 243. 
Gedankensprung 58; 77; 126. 
Cn. Gellius 21. L. Gellius 69. 
Genitiv bei esse 127; sonst der An- 
ehór. 176; 230. 
2 Genitive in Abhüngigk. der eine 
vom andern 150. 
ens 72. 232. 
enus des Adject. oder Pron. auf 
das entferntere Subst, bezogen 
(Sylepsis) 16. 
"Genus verbi gewechselt? 1926. 
genus 36. genera dicendi (sachlich) 
83. (formal) 184; 231. 
Gerundium in passiver Bedeutung 
129 — 30. 
Gesetzgebung, Form ders. 210 flg. 
Gesetzesabstimmung 221; 2465 flg. 
Gracchus, Ti. 229 fig. C. 230. 
Graii 125. 


ein ülterer 243. 


Gratidius 244. 

gratuitus 64. 

gravitas 191. 226. 

Griechische Spr. entbehrt gewisser 
' Würter 38. 


H 


habere 36; 124; 1565. 

Hapax legomenon 240, Spalte 1 u. 2. 

Hàürte des Ausdrucks 75; 119; 126 
flg.; 128; 223; vgl. Construction. 

haruspices 115 flg. 

Heeresdienstzeit 207. 

Helenus 137. 

Hendiadyoin 27; 88; 116; 135; 141; 
144. 

Heraclides Ponticus 224. 

heredem esse m. Dat. 165. 

hermae 188. 

hic 185; 228: pleonastisch in der 
Wiederaufnahme 194 flg. 

Hieronymus 50. 

honestum 61. 

Honos 108; 128. 

Hortensia lex 211. 

hortuli 50. 

hostia 168. 

humanitas 191. 

humare 172. 

Hyperbaton 26; 105. 

Hyperbel cf. Uebertreibung. 

Hypothet. Satz ohne Partikel 212. 


x 


iacere 150. 

Iakchos 140. 

iam 69; 102. 

Ianus 171. 

id mit ut corresp. 99. 

Idaea mater 119. 

idcirco 42. 

illabi in 146. 

— imino Imperativendung 206. 
immanis 68. 

imminuere de 25. 

Imperativ einráumend 142, 
Imperfect. didactic. 94. 

— QConj. im hypoth. S. 152. 
imperium Begriff 133; cf. 209. 
impietas 53. 

improles 204. 

impudentia 22. Imp. Dea 127. 
in mit Abl. tempor. 23. 

— berührt sich mit Abl. lim. 27. 
— mit Abl, instr. 29; 234; 253. 


266 


— - in Betreff 69. 

— bei Verben des Affects 55; 105; 
(119). 

— mit Acc. 68. 

inanis 154. 

incestum 120. 

incidit in 235. 

Incorrectheit im Ausdr. 37 — 38; 
18 flg.; 133—34; (172 ;) 186; 211; 
219; 238; οἵ, Licenz. 

— des Gedank. 37; 40; 78 flg.; 137; 
231. 

Indicativ 153; 1765. 

Indicat. Imperf. im hypoth. Satz 69. 

indigitamenta 122. 

Indir. Rede nicht durch ein Verb. 
eingeführt 164. 

— Frage nach gewissen Ausdrücken 
248. 

infamis 120. 

ingenium 60. 

inquit 176; Stell. 184. 

inrogare s. irrog. 

insequi longius 153. 

intellegere absol. 164. 

inter eos 35. i. ipsos 45. 

— omnes 43. 

intercessio 210 flg. 

interrex 208; 209. 

inutilis 238. 

ipse 70; 106; 192, 

irrogare 196. 

iste 186, 

ita 89. 

iubere mit Inf. Perf. Pass. 179. 

iudex Bein. des Consul 206. 

iudicare 196, 

iudices 213. 

iudicium 212. 

M. Iunius 257. 

Iuno Samia Tempel 147. 

Iupiter 112. 

I. Stator 128. 

iurà 158. 

iurgia 109. 

iuris consulti 25. 

ius civile, strictum, praetorium 29; 
ius. C€,, 1. pontificium ete. 1565. 

ius 183, ius est 169; 176. 

iusta 183; 188; iustum bellum 209 fl, 


K 


Kalendereinrichtung 109; 110. 


L 


labellum 187. 
laetitia — voluptas 80. 


Sachlich - grammatischer Index. 


lamina 176. | 

lares 107; 126; 149; 170. 

late longeque 44. 

lator 243. 

laudationes 181 flg.; 185 flg. 

laus 99; 108. 

lautius 87. 

legati 198; 209. 

legatio s. libera. 

lege agere 206. 

legere 42. 

leges sacratae 106; 218. 

legis actio 98. 

Leichenspiele 181. 

Leichenzug 177. 

lessus 177. 

levitas 41. 

lex Definition 80. Etymologie 31. 
Gebrauch des Singul. u. Plur. 99. 
sonst 174; 191; 242; der XII Tff. 
93; 105; 218; 229. 

libamenta 131. 

libare 109. 

libera legatio 24; 227. 

liberatum templ. 114. 

Libertas Tempel 149. 

libertini polit. Stell. 201; 219. 

liberum tempus 24. 

libitinarius 178. 

librarii 254. - 

Licenz des Ausdr.48; 64; 124; 143; 


164; 169; 184; 188; 222; 224; 
229. cf. Nomen, Incorrectheit, 
Bra-chylogie. 

Licentia s. Libertas. 


Licinius Macer 21. 

liebores 181. Zahl 196; 198; 208; 
209; sonst 206. 

Livius Andronicus 145. 

Livius Drusus 98. 

Lockere Darstellung 183; 189. 

locus 156. 

Logisten 220; 255. 

Lucretius Tricipitinus 94. 

Lucullus 240. 

lucus, luci 107. 

ludi 119; 143; 200; die veranstal- 
tenden Magistrate 200. 

ludi Apollinares 86. 

ludi Romani 86; 123. 

Luperci 111; 122. 

lustrum 204. 


M 


magister equitum 208; 214. 
magister populi 195; 208. 


Sachlich-grammatischer Index. 


Magistrate 207; 208; 209; 212; 220; 
222. Magistratsgewalt 195; 197. 

magistratus cum imperio 195. 

— exiraordinari 214 

— majores 195; 197. 

— minores 197; 198. 

Magnus 90. 

malignitas 43. 

malitia 65. 

Mamilia lex 73. 

man 93; 161; (176). 

Manes 122; 168. 

manu 127. 

Marcius Philippus 133. 

Maria lex 245 flg. 

Marius Gedicht 16. Held 18; 90. 

Marius Gratidianus 244. 

meditatus 26. 

Megillos 28. 

Melampus 136. 

memoria 23; 235; 254. 

Mens 108. 

mens 80; 93. 

mensa 187. 

mereri: vox media 241. 

meus, suus 105. 

migrare 159; 220. 

militiae 197. 

Minerva, Statue 150. 

minus multi 246. 

moderate 222. 

modestia 66. 

modi s. Musik; ferner 145. 

modo — vicissim 152. 

modus Bedeut. 193. 

Moduswechsel 104. 

Moneta, Iuno M., Tempel 199. 

monumentum 184 flg. 

monumentis prodere 84. 

Mopeus 136. 

mors- mortis causa donatio 159. 

Mucii 8. Scaevola. 

multa 195. 

ius multae dictionis 197. 

Munatius Plancus Bursa 151. 

municipium 90. 

Musik, Tonweisen derselben 144. 

Mysterien 117; 139 flg. 


N 


n vor 8 ausgelass. 220. 
Naevius 145. 

nam elliptisch 19; 124 flg. 
rerum natura 191. 

natura 60. 

né statt non 187. 

né Stellung 97. 


261 


ne —quidem 30. 

Nebenbegriff zum Hauptbegriff ge- 
macht 188. 

nec 62; 64; 76; cf. neque. 

nec vero 34. 

necesse est 123; 133. 

necto ex 69. 

nefasti dies 109; 114. 

nenia 182. 

neque-— que 56. 

neque beim Imper. 117. 

neque— neque auffálig gebraucht 
132. 

Neutrum des Pronom. für ein be- 
stimmtes Nomen 137; im Plural 
142; 166; 1. Plur. m. eigenthüml. 
Anwendg. 145; sonst frei 54; bei 
intransit. Verben als Obj. s. as- 
sentior. 

nimis 191. non nimis 225. 

nisi 67; 154; 248, 

Nomen abstr, im Gedanken mit 
dem entsprechenden Concretum 
vertauscht, hat ein zum Concre- 
tum passendes Práüdicat 64; 66. 
Andere Vertauschung d. Nom. 
194. cf. Abstr. u. Nebenbegriff. 

nomen invenire 77. 

nominari ex 89. 

Nomin. c. Inf. 35. 

νομοφύλακες 254. 

non dico 34. 

non ita 86. 

non modo 222; 236. für non modo 
non 232. 

non tam— quam 169. 

nosco 25. 

nota censoria 204. 

nova Acad. 47. 

novendiale sacrif. 122; 169; 170. 

novendiales ludi s. ludi. 

noxia 253. 

noxius 195. 

nullus 53. 

Numa 122; 131; 171. 

numquid —an 88. 

nunc, nunc autem, n. vero 72. 

nundinae 114. 

nuntio 112, 


O 


obligari religione 176. 
obnuntiare 112. 
oboedire 192, 
obstitum 116. 


obtemperare 192, 


obtinere 80, 


268 


odissem 152. 

oe für u 198. 
offensio 152. 
officinae 47. 
omnino 38. 
Opferarten 170. 
Opfergaben 109; 110; 168; 170; 172. 
Ops 128. 

optime 92, 

oratio 64; 190. 
orator 248. 

orbi 200; 201. 
ordines 202. 

ordo equester 203. 
Orithyia 18. 

ortus 87. 

os resectum 160. 
ossilegium 178. 


P 


palaestra 21; 91. 
Panaetius 223. 

C. Papirius Carbo 243. 
Cn. Papirius Carbo 249. 


par 253. 

Parallelismus üusserlich 72. 
parens 63. 

parentalia 122; 169. 

parere 192. 


parietes 27 flg. 

pariter cum 144. 

Paronomasie vgl. Traductio; ferner 
153 oben. 

Part. Praes. als Prüdicatsadj. bei 
sum 41. 

— Futur. Bedeut. 56. 

— Fut. Pass. Bed. u. Gebr. 219. 

partim ex 150. 

partire 201 u. 202. 

artitio 162. 
assiv unpersónl. gebr. 161. 

patio s. partire. 

patres 208. 

paulum 221. 

toto pectore 66. 

pecunia 200. 

pedarii 215. 

Penates 149. 

pendere 24. 

per st. bloss Abl. 40; eigenthüm- 
lich 196. 

peragere 250. 

perduellio 243. 

Perf. Conjunctiv 186. 

Perfect. C'onj. auf — sim (habessit) 
107. Gebr, ebds. 

— Infin. unregelmüssig s. iubere. 


Sachlich - grammatischer Index. 


pergere constr. 190. 

περίδειπνον 178; 183. 

Peripatetiker s. Aristoteles; Sütze 
73; zur Akademie gerechnet 71; 
293. 

periphrastische Conjug. bei si 75. 

periurium 120. 

perpetua lex 142. 

perscriptus 213. 

persequi 297. 

Perser Religionsansichten 125. 

Person: 3 Sing. — man 93. 

Personification 181. 

Phaedrus 70. Dialog des Plato 91. 

Philo 71. 

Philosophie, Dreitheilung 78; 80. 

piacula 1929. 

eme commissum 118. 
ietas 108. 

pietas 57. 

pignoris capio 202; 215. 

Piso Frugi Hist. 20. 

Pittacus 180. 

lacare 120. 
lato Schriften 28. 

— Lehrsütze 37; 61; 74; 80; 144; 
145; 147; 153. 

— sonst 99. 

— Verhültn. zu Aristoteles 49. 

— von Cicero verehrt 145. 

Pleonasmus 31; 160; 231. 

Plural des Pronomens frei gebr. 
54; des Abstr. 104; 124. 

— des Concr. im Sinne einer ab- 
stract. Thütigkeit 144; cf. lex 
u. iura. 

plus 44. 

poena 186. 

poenam habere 153. 

Polemo 49. Lehren 74. 

pollinctor 178, 

Polyidos 135. 

Pompejus 233. 

Pomponius, Vater des Atticus 257. 

ponere 90. 

pontes 245. 
ontifices 110; (107;) 111; 122. 

. Popilius 244. 

P. Popilius Laenas 236. 

porca praecidanea 170; ib..praesen- 
tanea; porcus 172. 

portenta 115. 

portorium 201. 

possessio 160. 

posteaquam mit Conj. Plsqpf. 184. 

Postumius Tubertus 175. 

potestas 133; cf. 209; 288. 

potius 8. ac, aut. 


Sachlich -grammatischer Inder. 


praeco 220. 

praeeo 206. 

praefectus castrorum, fabrum, equi- 
tum 198. 

praeficae 177 u. 178; 182. 

Prágnanz 92. im Gebrauch des Mo- 
dus 182. des Verbs 96 flg.; 248. 

praemonere 112. 

prápositionaler Ausdruck nominal 
gebraucht (für τό cett.) 138; 169; 
184. 

pràpositionale Verbind, mit Subst. 
16 flg.; 186; 224. 

Prápos. gesetzt od. ausgel. in cor- 
resp. Fragen 97; in anderer Cor- 
responsion 153; 242. 

Práposition nicht ohne Nomen 228. 

praerogativa 221. 

Praesens st. Fut. 57; cf 140—141; 
215; in der Frage st. Fut. od. 
Conj. dub. 73. 

Pr. histor. bei cum 160. 

praestare 27. 

praesto esse 251. 

praesum 222. 

praeterire 204. 

Praeteritio 179. 

praeterquam getrennt u. mit prae- 
terea aufgenommen 2652. 

Praetor 197 flg.; besonders 205; vgl. 
auch 256. 

— als Name des Cons. 206. 

praetorium ius 29. 

prensio 195; 210. 

princeps senatus 2165. 

principium 39; 221. 

privatus 252. 

privilegium 218. 

probe 71. 

| eti nr imperium 70. 
roconsuln 209. 

procreatus 87. 

procuratio 139. 

prodigia 115. 

προηγμένα 49; cf, 42. 

proinde quasi 161. 
roles 204. 
romagistrate 212. 

promittere donum 148. 

promulgare 216. 

Pron. demonst. 8, hic, 

Pronom. substantivirt, &. Adjectiv. 

vii ie 163. 
roprátoren 205; 209. 

proprius 191. 

prorsus 237. 

ce non 990, 


rotagoras $6. 


269 


providere 113. 
provocare 196. 
Provocation 195; 196 flg. 
prudentia 35. 

publiea signa opp. sacra 240. 
publieani 201. 

Publiha lex 211; 213. 
pudicitia 66; 67. 

pudor 66. 

puncta ferre 221. 

puteal 116. 

Pyrrho 48. 

Pythagoras 43. 


Q 


81 quaeris 86 — 87. 

quaesitores iudicii 205. 

quaestiones perpetuae 205. 

Quàstoren Rangstellung 197; Ge- 
rechtssame 98; sonst 199; 202; 
209; 220; 9253. 

quam 82; 122; fehlt bei propius 180. 

quamvis 2365. 

quasi constr. 165. m. proinde 161; 
st. ac sl 167. 

quattuorvir 197. 

que und überhaupt 178. 
219. 

quemadmodum 170. 

qui Adv. 46. qui — quis 161. 

quia st. quod 57. 

quid? 133. 

quid enim? 67; cf. 124. 

quid ergo? 68. 

quid? quod 97. 

quidam 190. 

quidem 234. 

quidquid 183. 

quin igitur 26. 

Quindecimviri sacr. fac. s. Decemv. 

quippe 19. 

quis Indefin. 54. in negat. Sützen 187. 

quispiam 71. 

quisquam 226. 

quisque Stellung 253. 

quod mit Conj. τα quantum 119. 

quodcumque substant. 154. in der 
Tmesis 156. 

quoi 180, 

quomodo — sic 43. 

quoniam quidem 191, 


kR 
ralio 31; 93; 104; 130; 243. 
ratiocinatio 41. 
Rechtsquellen 57 — 58. 
recitare 220 flg. 


explicat. 


210 


recognoscere 245. 

recuperatores 205. 

reddere 138; 222. 

refellere 41. 

Reflexivpron. ausgel. 10.' 

regalis 192. 

regium imperium 206. 

Relativpron. bezog. 34. vom Nom. 
etrennt 90. 

Relativsütze subordinirt 71. 

— im Conjunctiv 96. 

— in Beziehung auf einen flg. 
Begr. 119. 

relaxare ἃ 25. 

religio 126; 165; 170; 174. 

religiones conficere 131. 

reliquus 247. 

remittere a 25; 
144. 

de Remo et Romulo 23. 

renuntiatio 221. 

repente 146. 

reprehendere 41; 139. 

de Republica libri 28; 32; 39; 123; 
223; 241; 246. 

respublica die beste 123. 

summa r. 245. 


remittere Bedeut. 


res in der Aufnahme eines Pron. 


neutr. (nihil earum rerum) 220. 
rescindere 99, 
residere 169. 
respondere ius 25. 
rex sacrificulus 111. 
ricinium 176. 
rogare, uti rogas 123; 215; 245. 
rogatio 242. 
rogator 221. 
Romulus 138. 
Roscius 25. 


s für ss 219. 

Sabazius 143. 

sacer 118; 154. 
sacerdotes 110 flg.; 132 
sacra gentilicia 87. 

— privata 121 flg. 
sacrilegium 120. 

sacrum commissum 118. 
saepta 221. 

Sahi 111; 122. 

Salus dea 128. 

salutem augurare 112. 
sanare 48, 

sancire 94; 95; 120; 253. 
sanctus 211. 

sane 33. haud. s. 103; 147. 


Sachlich- grammatischer Index. 


sane quam 122. 

sapientia 34. im Sinne der Stoiker 
78—'9. 

sarta tecta exigere 9201. 

per saturam 218. 

Saturn, Tempel 199. 


scabies 63. 
Scaevola 16; 26; 156; 157; 178. 
Scenische Bémer| "95. 


Schauspiel & Scenisch. 

Scheinantithesen 232. 

scilicet 45. 

Scipio Nasica 230. 

— Aemilianus 245. 

scita 58. 

scriba 221; 254. 

scribere 25. 

scriptura 201. 

se ohne 180. 

sed 86; 176. 

seligere 42; 81. 

semul, semel 217 flg. 

Senat 202 flg.; 205; 206; 207; 208; 
209; 211; bes. 919 flg.; 214; 215; 
938 flg.; 944. 

senator 247 flg. 

senatu movere 204. 

senatus auctoritas 142; 218. 

senatus consultum, decretum 213. 
Geltung 238. 

sensus 62; 63. 

sententia 58; 158. 

s. dicere, ferre 73. 

sepelire 172; 174. 

Septem 7 Weisen 125, 

sepulcra 172 flg. 

sequitur mit sed 228; mit deinde 247. 

serere 32. 

series 69. 

Βὶ — etiamsi 22; ob: 70. mit d. pe- 
riphr. Conj. 75. 

Sibylla 112. 

sic 41. 

signa 112, 

— sim Flexionsend. des Conj. Perf. 
115; 196. 

simul zu semul. 

simulacrum 79. 

simpulum 244. 

sinistra ave 208. 

sis — iis 113. 

Sisenna 22. 

sitellam deferre 221. 

— gitur Verbalendung 216. 

Skeptiker 48. 

Sklaven, Ansichten über sie 178. 


socii 248, 
Socrates 44; 91. Lehren: 74; 82, 
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. Sachlich-grammatischer Index. 


sodales Titii 122; sodalis 257. 
solet 117. 

Soli in Ciliecien 147. 

solium 34. 

solum bei Zahlwórtern 71. 
solvere hereditatem 165. 


sonst 182. 

Sophisten 36. 

spatia 26. 

spero parenthet. 190. 
Spes 129. 

Speusippus 49. 

sponte 59. sua sp. 64. 


Staatsarchiv 199; 216 flg. 

Staatsverfassung, beste 32. 

Stata Mater 128. Stator 128. 

status familiae 35. 

Stellung v. vero 77. von postposi- 
tiven Partikeln bei est 252. 

stillicidium 27 flg. 

stipendiarii 248 flg. 

stipendium 200. 

stipulatio 28. 

Stoiker Lehre 30; 32; 33; 36; 37; 
38 (Erkenntnisslehre); 39 (dsgl.); 
41 (dsgl. sowie ihre ,Affectl.); 42; 
45 flg.; 48; 49; 51 flg.; 61; 73; 
78 flg.; 80; 81; 82; 96; 103; 
135; 192; 223. 

suadere 123; 218. 

Subject das engere st. des weiteren 
182. 

subigere 155. 

subornatus 80. 

subsicivus 24 u. 26. 

Substant, st. Adj. 41. 

Sustantiva verbalia constr. 55. 

Substant. abstr. im  persónlichen 
Sinne gebr. 143. 


:-Substantivirung 8. Adject. 


sui 89; 210. 

Sulla 55. 233. 

P. Sulpicius Rufus 231. 

Servius Sulpicius 29; 157. 

sum im Part. Prás. zu erg. 21; 
beim Perf. 108. 

sumere 42, 

summum bonum Definition 59; 74. 

(super adv.? 167). 

suus 105; 191. 

Syllepsis s. Genus. 

Synesis 229. 


eyngrapha 227. 


d 


talis 95. 
tam—quam 169. 


211 


tandem Stell. 24. 

tantum bei Zahlwórtern 71. 

Tautologie, nichtanstóssige 41. an- 
stóssige 236. cf. Gedankenlosig- 
keit. 

tectorium 185. 

temperamentum 234. 

temperantia 66. 

temperatio iuris 238. 

templum 113; 251. 

tempora 251. 

Tempus frei gebr. 176. incongruent 
254. 

teneri constr. 240. 

terminos pangere 73. 

terra sacra 158. 

testamentum für legatum 160. 

testam. p. aes et libram 168. 

Thales 125. 

Theophrastus 49; 102; 223. 

Theopompus,  Geschichtsschreiber 
19 


Theopompus Kón. v. Sparta 225. 

Thyamis 81. 

Timaeus 102. 

Timotheus 146. 

Titanum genus 194. 

titillatio 63. 

Titius, Sext. 98. 

Tmesis 156; 252. 

Todtenfest 169. 

tollere 98. 

Torquatus, ἃ. 169. 

Traductio 105. 

Trauergebráuche 170. 

Trebonia lex 212. 

tribu movere 201 flg. 

tribuni aerarii 202; 203. 

tribuni militum 197; 198; 207. 

tribuni plebis Rangstell. 197; 200; 
sonst 199; bes. 210 flg.; 226; 233. 

iribuni Celerum 122; 208. 

tribus 201. 

Tributcomitien richterl. Befugniss 
195; 219; administrative 2006; 
238; Wahlberechtigung 111; 196; 
209; gesetzgebende 211; berufen 
von 214; sonst 219; 221. 

tributum 200; 202, 

trinundinum 216; 218, 

triumviri capitales od. nocturni 199. 

— monetales 199. 

Tubertus s. Postumius. 

tuere 201. 

tum im Nachsatze 145. 

τύμβος 184. 

tumulus 173; 185. 


212 


v 


valere 765. 
Valeria lex 195; 196; 211; 213. 


Valerius Flaccus 55; Poplicola 175. 


Uebertreibung 150. 

vectigalia 201. 

Vennonius 20. 

verbera 195. 

Verbindung lockere 112; vgl. 108. 

verbo tenus 223. 

Verbum zugleich in doppelt. Be- 
deut. 124. 

verecundia 66. 

vero 71. — ja 84. 

versari in 39. 

versus heroi, longi 189. 

vervex 170. 

81 verum dicimus 86. 

Vesta 131; ihr Tempel ebda. 

vetare 243. 

veteres 46. 

vetustas 138, 

viatores 210. 

Vica Pota 128, 

vicesima manumissionum 201. 

victima 169. 

Victoria 128. 

videre Gebr. 188. 

videri 45. 

videro 72. 

viduae 200; 201. 

viginti — u. vigintisex- viratus 197. 

Villa des Cicero 27. 

lex Villia annmalis 207. 

virgeta, virgulta 112. 

Virgines Vestales 111. 

Virtus 108. 


virtus Definition 59, Spalte 1 u. 2. 


vis 93; 191; 216. 


Sachlich -grammatischer Index. 


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- 
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LP 
LJ 


vita victusque 241. 

vitium in der Auguraldisciplin 114. 

Vitia consecrirt 197 flg. - 

vitia Bed. 146. 

vitio creatus 208. 

ullus 58. 

umbracula 224. 

Unklarheit 225; 237; 253 flg. 

unus bei Superlativen 20; — idem 63. 

unus verb. mit solum, tantum 71. 

Voconia lex 160. 

Volksgericht 196. 

voluptas 80. 

vota reddere 120 flg. 

— nuncupare 121. 

vox 106. 

— ura Substantivendung 178. 

ustrina 173. 

usucapio 73; 160; 174. 

usus versch. v. fructus 38. 

usus est 214. 

ut st. Acc. c. 1. 18; bei docere ἃ. 
and. Verben ungewóhnl. 77; bra- 
chylogisch 90; 94 flg.; sonst 167. 

ut wie Gebr. 154. 


W 


Widersprüche, s. Gedankenlosigkeit 
u. 178. 


X 


Xenocrates 49. 
Xenophon 171. 


Z 


Zaleucus 76. 
Zeno, Stoiker 49; 104; Epicureer 70. 
Zeugma 16; 152. 


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