Google
This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world’s books discoverable online.
It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to {he past, representing a wealth of history, culture and knowledge that’s often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book’s long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
‘We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individual
personal, non-commercial purposes.
and we request that you use these files for
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google’s system: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google “watermark” you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can’t offer guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book’s appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google’s mission is to organize the world’s information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world’s books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web
alkttp: /7sooks. google. com/]
Google
Über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei — eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|'http: //books .google.comldurchsuchen.
Der Forſtſchutz
Ein Lehr- und handbuch
Dr. Richard Heß
Gehetmem Rat, 0. d. Profelfor der Sorftwiffenfhaft und Direltor des Sorſt⸗
inftituts an der Ludewigs » lintverfität 3u Gießen I. R.
Dierte Auflage
‚vollftändig neu bearbeitet
von
R. Bei
Protellor der Sorftwillenichaft an
der Kgl. Soritafademie Tharandt
Eriter Band: Schuß gegen Tiere
Mit einem Bildnis, 250 Abbildungen
und einer bunten Tafel
&
Leipzig und Berlin
Drud und Derlag von B. 6. Teubner
1914
IN
8 .
INS
IE N
1 — x
D\ I
ON
N
N
RER,
) ya
„iu "
en
>>
BD |
0
0 ® ®
6 v
.e 4 02
“‘. ı ® ® ..
‘
ee. .»o 0 * ‘
—R —W e eo ® ‘
ou. . .* . ..» ® ..
.*' . U} .
[1
Copyright 1914 by B. G. Teubner in Leipzig.
Alle Rechte, einfhlieglich des Überſetzungsrechts, vorbehalten.
Borwort zur vierten Auflage.
Der Eintritt in das achte Kahrzehnt eines in ſeltenem Maße arbeitd- und er-
folgreiden Lebens machte es dem verbienftuollen Verfaſſer, deſſen mohlgetroffenes
Bild der Neubearbeitung feines bisher führenden Lehrbuches des Forſtſchutzes zur
ſchönſten Bierde gereicht, leider unmöglich, dem fchon feit Längerer Zeit vergriffenen
Werke das notwendig gewordene neue Gewand felbit anzulegen. Seit dem Erfcheinen
der dritten Auflage war Herr Geheime Rat Prof. Dr. Heß zwar darauf bedacht
geweſen, dag zur Herjtellung einer neuen Bearbeitung notwendige Material mit der
feinen Urbeiten eigenen Gründlichfeit und Vollſtändigkeit zu ſammeln und zu fichten,
das Bufanımenfügen der an einzelnen Punkten fi anhäufenden Baufteine und ben
Umbau der den heutigen Unforderungen nicht mehr entfprechenden Zeile des Buches
glaubte er jedoch einer jüngeren Kraft überlaffen zu follen. So wurde ih 1911 in
Vereinbarung mit der Verlagsbuhhandlung mit der Beforgung der Neuauflage
betraut.
Erfülte mich diefer Auftrag auch mit Befriedigung, fo verdichteten fich doch
im Laufe der Beit immer mehr die ſchon bei Übernahme der Arbeit laut geworbe
nen Bedenten, ob e3 einerjeit3 möglich fein würde, den recht verſchiedenartigen Stoff
allein zu bewältigen und ob e3 andererfeit# gelingen möchte, den unausbleiblichen
Konflikt zwifchen dem Gebot der fchuldigen Pietät und dem berechtigten Verlangen
nad) neuzeitlicher, Dem gegenwärtigen Willen entiprechender Geſtaltung in einer alle
Zeile befriedigenden Weiſe zu löſen. Nach beiden Richtungen Hin ift, ich weiß es
jehr wohl, das Wollen ftärfer geweſen als das Vollbringen.
Großes Entgegentommen ded Herrn Berfaflerd gegenüber den bei Aufftellung
der Richtlinien geäußerten Wünfchen gab mir die Möglichkeit, den bisherigen Rahmen
des Buches dort, wo es zwedmäßig erichien, zu verändern. Sch habe mich hierbei
auf das Notwendige beichränkt, um dem Buche feinen bisherigen Charakter mög⸗
lichft zu wahren. In Sonderheit habe ich mich bemüht, die dem Buche eigentüm-
liche, Schon äußerlich in zahlreichen Überfchriften und Untertiteln zum Ausdruck kom⸗
mende fcharfe Stoffeinteilung beizubehalten. Das ſchien mir aus didaktifchen Gründen
richtig, troß mancher Härten und Abgrenzungsichwierigfeiten, Die mit jeder weit-
gehenden Einzelgliederung unzertrennlich verbunden zu fein pflegen.
Weniger fürderlich für den ebengenannten Lehrzwed ift, wie jchon der dritten
Auflage gegenüber von manchen Seiten hervorgehoben worden ift, der große Um⸗
fang bes Buches. Auf den Studierenden mag, das iſt nicht zu leugnen, diefer Um:
fang zunächſt abjchredend wirken. Das Buch fol aber nicht nur Lehr-, jondern auch
Hand» und Nachſchlagebuch fein und myß deshalb Volljtändigkeit und eingehende
Behandlung um fo mehr anftreben, je wichtiger der einzelne Gegenitand für die
forftfiche Praxis ift.
236123
IV Bormort.
Eine wefentlihe Umfangsverminderung wäre nur dann eingetreten, wenn das
Buch die feit dem Erfcheinen feiner erften Auflage (1876—78) jelbftänbig gewordenen
und mit einer eigenen reichen Literatur ausgeftatteten Pfleglinge der Forſtſchutzlehre,
bie Forſtinſektenkunde und die Pflanzenkrankheitslehre, aus feiner weiteren Pfleg-
ſchaft entlaifen hätte. Angefichts ber Unentbehrlichkeit der forftentomologifchen und
pflanzenpathologifchen Spezialliteratur für jeden, der fich mit der Morphologie und
Syſtematik der Inſekten und Pilze näher vertraut zu machen wünjcht, wäre die an⸗
gedeutete, im Lehrgebäude der forftlichen Hochichulen vielfach ſchon durchgeführte
Trennung nicht nur möglich, fondern wohl auch zeitgemäß geweſen. Dan kann ſo⸗
gar noch weitergehen und annehmen, daß der von Chr. Wagner!) nicht mit Un-
recht beflagten, „zu einer nicht jelten unfrudhtbaren Forſtinſektenkunde führenden“
einfeitigen Entwidelung des Forſtſchutzes durch Verabſchiedung der forftlichen En—
tomologie uſw. Einhalt getan und daß der Forftihu hierdurch mehr auf feine hoch:
wichtige Entwidelung in waldbaulicher Richtung aufmerkſam gemacht würde.
Wenn trogdem der enzyflopädifche Charakter des Buches auch in der neuen
Bearbeitung beibehalten worden ift, fo war hierfür in erfter Linie die oben ermähnte
Nüdfihtnahme auf den Inhalt der drei erften Auflagen maßgebend. Weiterhin war
zu erwägen, daß den oben genannten engeren und wichtigeren Bielen des Forft-
ſchutzes auch in einem enzyklopädiſch gehaltenen Buche nachgegangen werden kann
und daß ein folches, d.h. ein fämtliche Waldfeinde überfchauendes Buch weniger
umfangreich und ſowohl für den Anfänger wie für den älteren Benußer handlicher
fein dürfte, als eine Mehrheit fich ergänzender Spezialwerfe. |
Durch ausgedehnte Anwendung des Petitfages ift verjucht worden, einerfeits
das Anfchwellen des Buches trotz Wahrung feiner Vollſtändigkeit zurüdzuhalten,
andererfeit8 den Bedürfniſſen des AUnfängers gerecht zu werden. Das Wichtige hebt
fih auf diefe Weile, wie e8 fchon bisher der Fall war, aus der Fülle des weniger
Wichtigen genügend hervor.
Die fehr wertvollen, namentlich bei literarischen Arbeiten außerordentlich brauch-
baren Literaturnachweife find zum größten Zeile auch in die neue Auflage über:
nommen und bi auf die Gegenwart vervollftändigt worden. Da fie aber jchon in
der dritten Auflage infolge genauer Angabe der Titel, Fundorte uſw. einen unge:
bührlih großen Raum in Anfpruch nahmen, der durch Hinzufommen der umfang:
reichen neueren Literatur noch wefentlich gewachſen wäre, fo find in der Neubear-
beitung alle Titel weggelaffen und die Fundorte nur in gefürzter, durch den voran⸗
ftehenden Schlüffel näher erläuterter Form angegeben worden. Auch in dieſer mit
einer namhaften Raumerfparnis verbundenen Faſſung werben fie allen Anterefjenten
noch die guten Dienfte Ieiften, die als nicht zu unterjhäßender Vorzug der früheren
Auflagen mit Recht hervorgehoben worden find. Someit es mit Hilfe der reichhal-
tigen Tharandter Bibliothek möglich war, find die Literaturangaben auf ihre Rich-
tigkeit hin nachgeprüft worden.
Gleich den beiden vorhergehenden Auflagen erjcheint die vierte in zwei Bän-
den, deren erfter entgegen der bisherigen Gepflogenheit nur den Schuß gegen Tiere
enthält. Der Schuß gegen direkt und indireft fchädliche Eingriffe de8 Menſchen
ift mit dem Schuß gegen Gewächſe und dem Schuße gegen atmoſphäriſche Ein—
1) Grundlagen d. räuml. Ordnung 2. Aufl., 176.
Vorwort. V
wirkungen zum zweiten Bande vereinigt worden (vgl. das Nähere ©. 5). Wenn
auch auf diefe Weife der umfangreichere Zeil des Stoffes wohl dem erjten Bande
zugefallen ift, fo dürfte die zugrunde gelegte Abgrenzung der beiden Bände Doch
empfehlenswerter fein als die zeitherige Teilung, bei welcher die ſchädlichen Inſekten,
nah Nadel» und Laubholzinfelten getrennt, auf beide Bände verteilt waren.
Buch V: Schuß gegen außerordentliche Naturereigniffe der dritten Aufs
Inge ift ganz in Wegfall gekommen, ebenfo der den Schuß gegen einzelne Krank⸗
heiten behandelnde „Anhang“. Die in biefen Zeilen untergebrachten Abfchnitte:
Schub gegen Waſſerſchäden, Lamwinen, Slugfand, Waldbrände, Rot- und Weißfäule,
Schütte und Rauchſchaden find an anderer Stelle behandelt bzw. als fachlich zum
Waldbau gehörend (3. B. Flugſand) weggelafjen worden.
Bei der Bearbeitung des vorliegenden, die waldfeindliche Tierwelt und ihre
Belämpfung umfaſſenden Bandes habe ich Gewicht darauf gelegt, die ber Zahl nad)
glücklicherweiſe ja nur wenigen wirtjchaftlich wirklich wichtigen Schädlinge bezüglich
ihrer Lebens- und Bekämpfungsweiſe eingehender zu behandeln als e3 in den früheren
Auflagen gefchehen ift. Die Abichnitte Rotwild, Kaninchen, Mäufe, Hylobius, Borlen-
füfer, Maikäfer, Nonne, Kiefernſpinner, =eule, ⸗ſpanner, Kleinfchmetterlinge, After-
bfattläufe u. a. haben aus dieſem Grunde eine mehr oder weniger vollftändige Neu⸗
bearbeitung erfahren. Die hierbei eingetretene Erweiterung des Umfanges ift dadurch
einigermaßen ausgeglichen worben, baß bei den wirtfchaftlich unwichtigen Schäd⸗
fingen teilmeife nicht unmefentlihe Kürzungen vorgenommen oder Raumerſparniſſe
dur Anwendung des Petitſatzes herbeigeführt wurden.
Die den vorftehend genannten Hauptfeinden und den anderen Schäblingen
gegenüber gebräuchliche Technik des Forftichuges wurde möglichjt ausführlich erör-
tert. Um erkennen zu laffen, in welcher Richtung dieje Technik fich beivegt und bis⸗
ber bewegt hat, find vielfach auch Maßregeln und Borfchläge mit erwähnt und kri⸗
tiſch betrachtet worden, denen fein praftifcher Wert innewohnt.
Naturgemäß wird der weitaus größere Teil des eriten Bandes von den In⸗
fetten in Anfpruch genommen. Bei ihrer Betrachtung ift der Richtung des Buches
entfprechend das ſyſtematiſche Detail zurüdgeitellt und die für den praktiſchen Forſt⸗
ſchutz ungleich wichtigere Biologie in den Vordergrund gerüdt worden. Der Ver⸗
zicht auf Beitimmungsichlüffel und die Vernachläſſigung tieferen Eingehens auf Die
Syſtematik bedeuten allerdings eine Erſchwerung beim Kennenlernen der Inſekten.
- Diefem Umstand dürfte aber eine größere Bedeutung kaum zufommen, denn Bes
ftimmungstabellen forjtichädlicher Inſekten find nur Bruchjtüde der allgemeinen Be-
ftimmungstabellen und ſetzen die Kenntnis des foritlichen Charakters des einzelnen
Inſektes voraus. Mit Rüdficht auf ftärkere Hervorhebung der ſyſtematiſchen Zu⸗
fammengebörigfeit der in Betracht fommenden Inſekten ift aber die zeither übliche
Trennung in Nadel- und Laubholzinſekten fallen gelaffen worden.
Bahflreiche Veränderungen haben die Abbildungen erfahren. Im vorliegenden
Bande wurden 80 frühere erfegt, 75 neue eingefügt und 95 zeitherige beibehalten.
Die big jeßt nicht vorhandene bunte Rleinfchmetterlingstafel, ſowie die neuen Beich-
nungen, ſoweit fie Fraßſtücke betreffen, verdantke ich Fräulein Gertrud Kunze (G. K.)
in Tharandt. Die Zeichnungen wurden zumeift nach Objekten der Tharandter Samm⸗
lungen bergeftellt. Weiter bat Herr Criftofani-Leipzig die mit Erlaubnis der
Autoren und Verleger aus anderen Werken und zwar aus Barbey, Die Boftri-
VI Borwort.
hiden Bentraleuropad (Genf 1901) und Edftein, Technik des Forftichubes gegen
Tiere (Berlin, Baul Parey, gbdn. 4,50 ME.) entnommenen Abbildungen gezeichnet,
fowie auch die Herftellung einer Reihe von Umzeichnungen und Abbildungen von
Naturobjekten beforgt. Beiden kunftfertigen Mitarbeitern, ſowie meinem verehrten
Kollegen Herrn Aſſiſtent Bär, der mich bei den Korrekturen beftens unterftüßte und
der mir bei Fraglichkeiten fein reiches Wiſſen nicht vorenthielt, möchte ich für ihre
wertvolle Unterftüßung herzlichen Dank jagen.
Ebenſo danke ich beiten? dem hochgeſchätzten Verlag für das ftete Entgegen⸗
fommen gegenüber meinen vieljeitigen auf Ausftattung ufw. gerichteten Wünfchen.
Mein ehrerbietigfter Dank aber gebührt Schließlich Heren Geheimem Rat Dr. Heß,
ſowohl für dag durch Übertragung der Neubearbeitung bezeugte Vertrauen und für
die freiheit, die er mir in und bei der Behandlung des Materiales der dritten Auf⸗
lage gewährte, wie endlich auch für die Überlaffung der von ihm gefammelten zahl-
reichen Nachträge und Vorarbeiten zur Neuauflage. Das Verfügungsrecht über diefe,
wie jchon oben erwähnt mit großer Mühe und Sorgfalt zufammengeftellten Nach⸗
träge hat mir die Arbeit nicht unweſentlich erleichtert.
Ich würde es namentlich im Intereſſe des betagten Herren Verfaſſers mit auf-
richtiger Freude begrüßen und als vollbefriedigendes Ergebnis der nicht immer
feihten Fahrt auf vorgezeichneten Wegen anjehen, wenn die Neubearbeitung trob
der mittlerweile erheblich gefteigerten Konkurrenz durch vorzügliche forſtentomolo⸗
gifhe und pflanzenpathologiiche Spezialmerfe (Ultum, Judeich-Nitſche, Nüß-
lin, Edftein, Eijherich, Reh,R. Hartig, v. Tubeuf, Sorauer, Lindauu.a.)
die gleiche Verbreitung finden und von ähnlihem Wohlmollen getragen werden
möchte wie die früheren Auflagen. Mit diefem Wunfche verabichiede ich zunächſt den
erften Band, dem der im Manuffript zum weitaus größten Zeile fertig vorliegende
zweite möglichſt bald folgen fol.
Tharandt, im Juli 1914. N. Bed.
Inhaltsverzeichnis.
Einleitung.
I. Begri
II. Stellung im jorſtwifſen chafilichen
Syftem
. Geſchichtliche Vorbemerkungen. . .
. Einteilung der Forftfhuglehre . .
V. Grund» und Hilfsfächer
. Ziteratur
I. Bud.
Schuß gegen Tiere.
1. Bemerkungen über Nuten und Schaden
der Tiere
2. Einteilung des erften Buches
Eriter Abſchnitt.
Schub gegen Haustiere.
1. Teil. Weidenutzung (Waldweide
oder Hutung) . -. » 2 2 220.
1. Wirtjchaftliche Bedeutung .
2. Schädlichkeit des Bieheintriebes
a) Holzart 18. — b) Holzalter 14.
c) Betriebsart 14. — d) Standort 14.—
e) Beitandesfhluß 15. — f) Vieh:
gattung 15. — g) VBiehmenge 16. — h)
Sahreszeit 17. — i) Witterung 17. —
k) Sonftige Umftände 17.
3. Schugmaßregeln. . . 22.00.
A. Schonungdzeit 18. — B. Weide-
diftrifte 20. — C. Weidezeit 21.— D.
Weidevieh 21. — E. Art des Aus—⸗
trieb8 21. — F. Hutperſonal 22.
I. Zeil. Maftnubung . .....
1. Bedeutung des Schmweineeintriebs
2. Schugmaßregeln.. -. - . 2.2...
Bweiter Abſchnitt.
Schuß gegen jagdbares Haarwild.
1. Aufzählung der jchädlichen Wildarten
2. Schäblihleit . . . . 2: 222.0.
I. Teil. Elhwild. ... 2.2.2...
1. Shädlihlet . . . . 2. 2 22.0.
2. Schupmaßregeln. . . . 2»... .
IL Teil. Rotwild
a) Berzehren von Walbfrüchten 25.
— b) Berbiß 26. — c) Schälen 29.
te
'1. Schäpdlichkeit
|
2 — d) Fegen und Schlagen 86. —
2. e) BZertreten 87. — f) Größe des ge:
5, jamten Schadens 87.
612. Säugmabregeln nn 38
6, A. Mittel zur Abwehr jämtlicher
Shäden . . 22 22.0. 38
B. Mittel zur Wbwehr einzelner
| Shäden -. . 2. 2: 2.2200. 44
ı I Mittel gegen SGruchtäfung . . . 44
D. Mittel gegen Berbiß . . . . . 44
8 a) Mittel zum Flächenſchutz 4A.
10! — b) Mittel zum Schube der
| Einzelpflanze 45: I. Schmiermittel
| 45. I. Feſte Mittel 51.
II. Mittel gegen Schälen. . . . . b4
8) Borbeugende forftwirtichaftliche
11 Maßnahmen 55. — b) Vorbeu⸗
11 gende Maßnahmen der Wildpflege
12 | 55. — c) Direlte Schubmittel 57.
8. Behandlung von Schälbeftänden . . 64
IV. Mittel gegen Fegen und Schlagen 65
V. Mittel gegen Zertreten . . . . 66
II, Zeil. Damwild. ... 2... 65
1. Shäblihleit . - 2 2 22.0. 65
12. Schugmaßregeln.. . . . 2... 66
18 IV. Zeil. Rebwild . .. . 2... 66
1. Schädlihleit . - » 2220. 66
2. Schugmaßregeln. . . » 2.2... 67
a) Mittel gegen Berbiß 67. — b)
Mittel gegen Gegen 67.
V. Teil. Shwarzwild . ..... 68
22 |ı. Schäblihleit een. 68
: : ! 2. Schugmaßregeln. .. 69
Bi Zeil. Dale... . 2 222.2. 70
1. Schäbliheit . . . - 2 22.20. 70
2. Schutmaßregeln. . . 2.2... 70
VIE. Teil. Raninden ....:.. 71
2411. Shädlihlet . . 222200. 71
24 | 2. Schubmaßregeln.. . . . . 2... 13
2 a) Borbeugungsmittel 73. — b) Be:
24 fämpfungsmittel 74.
25 VII. Zeil. Biber. .. 2.2.2... 79
25 Anm. Bir 2 2 en 80
VIII
Dritter Abſchnitt.
Seite
Schutz gegen nicht jagdbare Nagetiere.
1. Aufzählung der ſchädlichen Nagerarten
2. Schäblichkeit
J. Teil. Eichhörnchen
1. Schädlichkeit
a) Verzehren von Waldfrüchten und
Keimlingen 81. — b) Ausfreſſen von
Blüten- und Laubknoſpen (Abbiſſe) 83.
— c) Scdälen und NRingeln 85. —
d) Berftörung der Neftbrut 86.
2. Schuymaßregeln
II. Teil. Schlafmäufe
1. Schäblichleit
2. Schuymaßregeln
II. Zeil. Mäufe (Muridae).
1. Schäblichteit
2. Schugmaßregeln
IV. Zeil. Wühlmäuſe (Arvicolidae)
1. Schäbfichleit
2. Schugmaßregeln
a) Borbeugungsmaßregeln 93. — b)
Bertilgungsmaßregeln 96: A. Ver⸗
tilgung ohne Vergiftung 96. B. Vertil⸗
gung mit Vergiftung 102.
.n [ht [8 Br > 0000 686
. 008 8 838 8 2 8 —
ao 8 8 8 8 8 BB 0 oe
80|7
80 1
8. Behandlung des befrefienen Holzes 106 |
Vierter Abſchnitt.
Schuß gegen Bögel.
. Aufzählung der jchädlihen Arten .
. Schäblidhkeit
.Teil. Waldhühner
. Schäpdlichkeit
. Schugmaßregeln
D. Zeil. Tauben
1. Schaͤdlichkeit
2. Schugmaßregeln
II. Zeil. Häber
1. Schädlichkeit
2. Schuymaßregeln
IV. Zeil. Fintenartige Vögel. .
1. Schaͤdlichkeit
2. Schugmaßregeln
Anbang, Spedte
1. Speditarten
2. Urteile über die forftlihe Bedeutung
ber Spechte
3. Schäblichfeit der Spechte
&) Samenverzehrung 118. — b) Ans
Ihlagen gejunder Stämme 118. —
c) Ringelung gelunder Stämme 119.
— d) Bimmern von Nifthöhlen 121.
— 0) Behaden von Gegenftänden
der menschlichen Wirtichaft 121.
4. Nützlichkeit der Spechte
5. Schlußbemerfung . . . . . . . .
DD mi id —
|
|
107 '
108°
108,
108 |
109 '
110!
110!
110
111
111)
112,
113
Riteratur
| 4. Aufenthaltsort
5. Beweglichkeit
Inhaltsverzeichnis.
Fünfter Abſchnitt.
Schutz gegen Inſekten.
. Kap. Allgemeines.
1. Stellung im Syftem. Äußerer Bau.
Fortpflanzung
. Einteilung
A. Morphologiige Einteilung 126.
— B. Biologifhe Einteilung 128.
. Berbreitung der Inſekten
. Fraß
. Menge
. Sorftliche Bedeutung ver Inſekten
A. Nũtzliche Forſtinſekten 138.
B. Schädliche Forſtinſekten 133.
. Schugmaßregeln geg. Inſektenſchäden
A. Borbeugungsmaßregeln . . -
a) Wirtichaftliche Borbeugungsmaß
regeln 137. — b) Schonung ber
Snieltenfeinde 139: 1. Säugetiere
139. 2. Bögel 140. 3. Reptilien
u. Amphibien 147. 4. Inſekten 147.
A. Käfer 148. B. Nepflügler 150.
C. Überflügler. D. Zweiflügler 1685.
E. ®eradflügler 156. F. Scheinnep-
flügler 156. G. Schnabelferfe 157. 5.
Spinnentiere 157. 6. Tauſendfüßler
157.
B. Belämpfungsmaßregeln . . . .
I. om Wiriſchafter ausgehende
Belämpfung 158. — II. Bon der
Natur ausgehende Befämpfung 163.
— IL Bom Staat auögehende Be-
fämpfung 165.
10. Behandlung beihädigter Beſtände
II. Kap. Die ſchädlichen Inſekten,
ihre Lebensweiſe und Be:
fümpfung - - : >: > 2 220.
Ordnung Coleoptera, Käfer
113 Unterordnung Diversicornia
114
116
116,
117
117
Familie Buprestidae, PBradhtläfer . .
A. Laubholzſchädlinge
B. Nadelholzſchädlinge
Familie Elateridae, Spring»
Schnellfäfer
Familie Cantharidae, Weichläfer
oder
. ..—2n.n.n CB a 8 Tr Tr La
ı Yamilie Lymexylonidae, Werftfäfer .
122
122
Familie Anobiidae, Nagefäfer
Unterordnung Heteromera
Familie Tenebrionidae, Duntelfäfer .
Familie Melandryidae, Schwarzfäfer .
Yamilie Meloidae, Pilafterläfer . . .
Unterordnung Rhynchophors . . . .
Familie Rhynchitidae
sec. 2 8 .: I 0
Seite
124
126
129
129
130
130
132
132
136
137
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Familie Cureulionidae ...... 185 ' Unterfamilie Pityophthorinae. Gattung
Curculionides, Kurzrüßler . . 185' Pityophthorus . . . 2.2...
A. Unterfamilie Otiorrhynchini . 186 | | Unterfamilte Xyloteringe. Gattung Xy-
B. Unterfamilie Pbyllobüni. . . . . 192 | loterus (Trypodendron) rn
Rhynchaenides, Langrüßler. . . . . 194 | Unterfamilie Xyleborinae. Gattungen
A. Unterfamilie Hylobiini oe... 19 4 Anisandrus und Xyleborus .
Gattung Cleonus 195. — Gattung 8 milie Platypidae, Kernkäfer. Gat—
Hylobius 195. A. Lebensweiſe 196. ung —— u u ! nn
— B. Forftliches Verhalten 198. —
c.s 5 h de a) ergalie ma 200 Unterordnung Phytophaga . . . . .
L erümpjung: (i —* g200. Familie Cerambycidae, Bodläfer . .
- Horftwirtichaftlihe Maßnahmen | Unterfamilie Cerambycini . . . . .
201. ID. Direlt abmwehrende Maß:
nahmen 204. II. Schonung der
Nüffelläferfeinde 205. b) Bertilgung
200. I. der Käfer 205. II. der Lar:
ven 209.
. Unterfamilie Pissodini
. Unterfamilie Cryptorrhynchini . .
. Unterfamilie Balanini
. Unterfamilie Orchestini
. Unterfamilie Cionini
. Unterfamilie Magdalini . . .. .
. Unterfamilie Anthonomini. . . .
Familie Cossonidae
Familie Scolytidae, Borkenkäjer. . .
A. Allgemeines
Lebensweife 228. Ernährung 230.
Generation 231.
tung 233.
B. Belämpfung
a) Vorbeugung 235. — b) Bertil:
gung 286.
C. Einteilung. . - - .- 2202 ..
Unterfamilie Scolytinae (Eccoptogaste-
INAO). 2 2 2 0er.
Gattung Scolytus (Eccoptogaster)
Unterfamilie Hylesininse. .... .
A. Laubholzbewohner. Gattung Hyle-
SINUS . 2. 2 0 Te ren.
B. Nadelholzbewohner
a) Wurzelbrüter. Gattungen Hyla-
stes und Hylurgus 249.— b) Stamm:
brüter. Gattungen Myelophilus,Den-
..0.00 08 .. 0 —6
Er Eon io
droctonus, Hylastee, Xylechinus
252.
Unterfamilie Cryphalinse Gattung
Cryphalus ... 2.2 2 220.
Unterfamilie Crypturginae. Gattung
Crypturgus. . 2 2 2 2 2 ee.
Unterfamilie Polygraphinae. Gattung
Polygraphus . . . . 2.2.2.0.
Unterfamilie Dryocoetinae. Gattung
Dryocoetes. -. . 22 2020.
Unterfamilie Ipinae. Gattungen Ips
und Pityogenes. . . . 2.2 .2..
Forſtliche Bedeu:
A. Zaubholzbrüter (Cerambyx serdo)-
‚B. Nadelholzbrüter (C. luridus) .
| | Unterfamilie Lamiini . ..... .
‚A. Laubholgbrüter (Saperda) . . . .
2 ı B. Nadelholzbrütee (Monochammus,
Pogonochaerus). . . . 2.2...
22 | damin⸗ Chrysomelidae, Blattläfer. .
ggg, A. LaubHolzjhädlinge . . ... . . .
295 1. An Bappeln und Weiden 303.
226 — 2%. An Erlen 308. — 3. An Ul-
a2 men 309. — 4. An Eichen 310.
B. Nadelholz (Kiefern) ſchädlinge . .
T | Unterordnung Lamellicornia, Vlatt-
2 | hornläfer. . . > 22200
ii Scarabaeidae . . . ».. »
1. Gattung Melolontha, Maitäfer
A. Lebensweiſe 814. — B. Forſt⸗
984 | liches Berhalten 317. — C. Belämp:
| fung: a) Vorbeugung 319. b) Ver:
tilgung der Engerlinge 325, der
238 Käfer 329. — D. Verwertung der
| gefammelten Engerlinge und Käfer
I 838. — E. Behandlung der befchä-
288 digten Pflanzen 336.
2. Gattungen Polyphylla, Rhizotro-
244 gus, Phyliopertha, Anisoplia, Se-
CR 2. 22 een
* Ordnung Hymenoptera, Aderflügler
Familie Tenthredinidae, Blattweſpen
4. Laubholzſchädlinge (Nematus ater,
Cimbex)
Nadelholzſchädlinge (Lophyrus, Ly-
da, Nematus). . . 2 2 220.
Familie Uroceridae, Holzweſpen (Sirex)
965 Familie Cynipidae, Gallweipen . . .
Familie Vespidae, Yaltenweipen. . .
266 , Familie Formicidae, Ameijen. . . .
' Ordnung Lepidoptera, Schmetter:
266, linge
| 1.Macro lepidoptera, Großjchmetterlinge
269 Familie Pieridae, Weißlinge . . -.
ı Familie Sphingidae, Schmärmer.
269 Familie Notodontidae (Phalera‘.
B.
IX
Seite
283
284
288
292
293
293
294
294
295
297
297
301
308
303
311
311
311
312
335
337
337
337
340
361
353
358
361
364
364
364
366
366
x Inhaltsverzeichnis.
Seite
Familie Cnethocampidae, Prozeſſions⸗ verheerungen 444. — C. Bekämp⸗
ipimer . 2:22 2 22 867 fung: a) Vorbeugung 445. b) Ver:
Familie Liparidae, Wollfpinner. . . 373|° tilgung 446.
1. Liparis (Lymantria) monacha L.,
Tonne
A. Lebensweiſe 3756. — B. Forſt⸗
liches Verhalten 379. — Geſchicht⸗
liches über neuere Nonnenlalami:
täten 884. — C. Belämpfung. a)
Vorbeugung 386. b) Bertilgung 398.
I. Bertilgung der Eier 893. II. Ver⸗
tilgung der Raupen 894. A. Di-
refte Vertilgung 394. B. Indirefte
Bertilgung durch Leimen 395. 1.
Bwed und Wirkung des Leimringes
396. 2. Notwendigleit des Leimens
399. 3. Leimſorten 400. 4. Leim:
bedarf 401. 5. Zeit und Vorberei⸗
tung des Leimens 408. 6. Ausfüh⸗
rung des Leimens 404. 7. Koften
des Leimens 410. 8. Einfluß des
Leimend auf den Gejundheitäzu:
ftand der Bäume 413. II. ertil-
gung der Puppen 414. IV. Zertil-
gung der Yalter 415. Behandlung
der Tahlgefreffenen Beftände 417.
3. Liparis (Lymantria) dispar L.,
Schmwammipinner
3. Liparis (Ocneris) detrita Esp.,
L. (Stilpnotia) salicis L., L. (Eu-
proctie) chrysorrhoea L., L. (Por-
thesia) similis Füssl.. . ... .
4. Orgygia (Dasychira) pudibunda L.
O. selenitica Esp. O. antiqua L.
Familie Bombycidae (Lasiocampidae),
Spinner
Bombyx (Dendrolimus) pini L.,
Kiefernipinner
A. Lebensweiſe 429. — B. Forftliches
Verhalten 482. — Geichichtliches
über neuere Spinnerlalamitäten 433.
— C. Belämpfung: a) Vorbeugung
434. b) Bertilgung 436.
2. Bombyx (Malacosoma) neustria L.,
B. (Eriogaster) lanestris L., B. (Ga-
stropacha) quercus L.
Senukie Noctuidae, Eulen . . . . .
A. Laubgeigtchtbting (Beftandsverber-
B. Nadelholzichädlinge (Beftandsverder-
ber)
Noctua (Panolis) piniperda Panz,,
Kieferneule. A. Lebensweiſe 443.
— B. Forftliches Verhalten 443. —
Geſchichtliches über neuere Eulen:
373
|
.
C. Nadel: und Laubholzſchädlinge (Kul⸗
turderderber). . . - 2. 2 2 2...
Yamilie Geometridae, Spanner . .'.
A. Laubholzſchädlinge (Froftipanner) .
B. Nadelholzihäblinge . . ... . .
Geometra (Pupalus) piniaria L.,
Kiefernipanner. A. Lebensweife 458.
— B. Forftliches Verhalten 457. —
Geichichtliches über neuere Spanner:
verheerungen 459. — C. Belämp-
fung: a) Vorbeugung 460. b) Ver⸗
tilgung 461.
Familie Cymbidae, Rahnfpinner. .
Familie Sesiidae, Glasfhmwärmer . .
B. Nabelholzbewohner
A. Laubholzbewohner
Familie Cossidae, Holabohrer.. . . .
II. Microlepidoptera, Kleinichmetter:
linge
Familie Pyralidae, Bünsler
"Familie Tortricidae, ®idler . . . .
418
429
429
|
|
438
440
441
442
|
A. Zaubholzihädlinge (Beſtands⸗ und
Kulturverderber)
B. Nadelholzſchädlinge
a) an Fichte (vorwiegend Kultur:
und Sungbeftandöverderber)
b) an Tanne (vorwiegend Beſtands⸗
berderber)
c) an Kiefer (Kulturverderber) . .
d) an Lärche (Kultur: und Beſtands⸗
berberber)
Familie Yponomeutidae, Gejpinftmot-
ten
‚A. Laubholzſchädlinge
'B. Nadelholzichädlinge
Familie Elachistidae. . . -. ... .
| Unterfamilie Coleophorinse, Sadmoti en
A. Laubholzſchädlinge
B. Nadelholzihädlinge
Ordnung Diptera, Zweiflügler. . .
Familie Cecidomyidae, Gallmüden
A. Laubholzſchädlinge
B. NabelHolzichädlinge
Familie Tipulidae, Riefenfchnafen . .
Ordnung Orthoptera, Geradflügler
Familie Gryllidae, Grabheufchreden .
Ordnung Bhynchota, Schnabelkerfe
Unterordnung Heteroptera, Wanzen .
"Unterordnung Homoptera, Sreichfiigler
Familie Psyllidae, Blattflöhe .
Familie Aphidae, Echte Blattläuje.
Seite
448
451
451
456
465
465
466
468
468
471
471
4718
4783
476
476
480
482
486
488
489
490
492
492
492
498
495
495
496
498
500
601
501
6504
604
505
605
605
Snhaltöverzeichnis. — Ablürzungsverzeichnig der gebrauchten Literaturnachweife. XI
Seite Seite
Unterfamilie Aphidinae ...... 506 IB. Tannenläule. . . . 2.2220. 518
Unterfamilie Lachninae . .... . 507 IC. Lärhenläufe -. -. » > 2220. b15
A. Un LaubHolz lebende Arten . . . 508 | Zamilie Coccidae, Schildläufe. . . . 518
B. Un Nadelholz lebende Arten... . 508 | Unterfamilie Lecaniinne ...... 519
Unterfamilie Mindarinae . .... . 508 | Unterfamilie Asterolecaniinse. ... . 521
Unterfamilie Pemphiginae . . .. . 508 | Unterfamilie Coceinae . . . .. . . 522
Familie Phylloxeridae, Ufterblattläufe 511 | Unterfamilie Hemicoccinae . . . . . 624
Unterfamilie Chermesinae C.B.. . . 511 | Unterfamilie Diaspinae. . . . . . 534
A. Kiefernläufe - -. -. - 2200. 513 ! Schlußbemerfung . . . . 22... 525
Verzeichnis der in den Literaturnachweifen gebrauchten Abkürzungen.
A. d. Walde — Aus dem Walde. Wochenblatt für Forſtwirtſchaft. Frankfurt a. M., ſpäter
Tübingen.
Allg. F. u. %.-dtg. = Allgemeine Forft: und Fagd:Beitung. Frankfurt a. M.
Arb. a. d. Biol. Abt. f. 2. u. Fw. am Kaiſ. Gejundheitamte — Urb. a. d. Kaiſ. Biol. Anft.
f. 8. u. Fw. — Arbeiten aus der Biologifhen Abteilung (Anftalt) für Land» und
Horftwirtichaft (am Katferlichen Gejundheitdamte) Berlin.
D. Forft:Btg. = Deutſche Forft:-Zeitung. Neudamm.
Forſtl. Bl. — Forftliche Blätter. Berlin, Hannover ufw., Berlin.
Forftl.snaturm. Ztſchr. — Forſtlich⸗naturwiſſenſchaftliche Zeitſchrift. München.
Forſtl. Z3bl. = Forſtwiſſenſchaftliches Zentralblatt. Berlin.
Krit. Bl. — Kritiſche Blätter für Forft- und Jagdwiſſenſchaft. Berlin, Leipzig.
Monatsſchr. f. d. F. u. Im. = Monatsſchrift für das Forſt- und Jagdweſen. Stuttgart,
Berlin.
Münd. forftl. H. = Mündener forftliche Hefte. Berlin.
N. forftl. Bl. — Neue forftlihe Blätter. Tübingen.
Naturw. Ztſchr. f. L. u. Fw. = Naturw. Ziſchr. f. F. u. Fw. — Naturwifjenichaftliche Zeit⸗
ſchrift für Land- und Forſtwirtſchaft bzw. (von 1908) für Forſt- und Landwirtſchaft.
Stuttgart.
Oſterr. F.-gtg. — ſterr. F. u. J.-BZtg. — Hſterreichiſche Korft:Beitung — (von 1895) Oſter⸗
reichiſche Forſt- und Jagd-Zeitung. Wien.
Oſterr. Monatsſchr. f. Fw. — Oſterreichiſche Monatsſchrift für Forſtweſen. Wien.
Ofterr. Vierteljſchr. — Hfterreichiſche Vierteljahresſchrift für Forſtweſen. Wien.
Ornith. Monatsſchr. — Ornithologiſche Monatsſchrift des Deutſchen Vereins zum Schutze
der Vogelwelt = Monatsſchrift des Deutſchen Vereins uſw. Magdeburg.
Prakt. Bl. f. Pflſch. = Bralt. Bl. f. Pflb. u. Pflſch. = Praftifhe Blätter für Pflanzen⸗
ſchutz — Praktiſche Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenſchutz. Stuttgart.
Prakt. Fw. f. d. Schw. — Der praltiſche Forſtwirt für Die Schweiz. Aarau.
Schweiz. Ztihr. f. Fw. = Schweizeriſche Zeitſchrift für das Forſtweſen. Bern.
Thar. Ihrb. = Tharander forſtliches Jahrbuch — Forftwirtichaftliched Jahrbuch = Forſt⸗
und landwirtſchaftliches Jahrbuch — Jahrbuch der Kgl. Sächſ. Akademie für Forſt⸗
und Landwirte. Dresden, Leipzig, Berlin.
Bhdlgn. d. Forſtw. v. M. u. Schl. = Verhandlungen der Forſtwirte von Mähren und
Schleſien. Ztiſchr. d. mährifch-jchlefiichen Yorftvereind. Brünn.
Vereinsſchr. f. F.⸗, J.-⸗ u. Naturkde. = Vereinsſchrift ſür Forſt⸗, Jagd- und Naturkunde.
Hrsg. vom Bohniſchen Forſtverein. Prag.
Zbl. f. d. geſ. Tim. — Zentralblatt für das geſamte Forſtweſen. Wien.
Ztihr. f. F. u. Im. — Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen. Berlin.
Erklärung der abgefürzten Autornamen.
Adl. = Adler. Flem. = Fleming. | Kuhlw. — Kuhlwein.
Alb. = von Albertini. Foerst. = Förster. ‚ Küst. = Küster.
Alt. = Altum. Fourd. = Foudras. L, Lin. = Linne.
Bach = Bach. Fouro. = Foureroy. ‚Lap. — Laporte, J. L.
Bärensp. — Bärensprung. ıF.R. = Fischer von Rößler- Lath. — Latham.
Bechst. == Bechstein. ' stamım. Latr. — Latreille.
Bgm. — Borgmann. Frey = Frey. Licht. — Lichtenstein.
Bjerk. — Bjerkander. ‚Fries — Fries. | Lindem. — Lindemann.
Blas. — Blasius. ı Fröl. = Frölich. Link. = Link.
Boie = Boie. : Fret., Forst. == Forster. !Loew = Loew.
Bonp. = Bonpland. 'Faßl. — Füßly. Macq. = Macquart.
Börn. = Börner. - "Gebl. = von Gebler. |Mannerh. — Graf von Man-
Bosc = Bosc. de Geer = de Geer, C. nerheim.
Bouch& = Bouche. Gebn. — Geßner. ‚Mareh, — Marsham.
Bp. = Bonaparte. 'Gm., Gmel. = Gmelin. Meig. — Meigen.
Brehm = Brehm. Gn. Ind. = Gueönde, A. In- Meyer — Meyer.
Briss. = Brisson. . dex usw. ‚Mill. = Miller.
Brook. = Brookes. ı Goeze — Üoeze. - Müll. = Müller.
Burgsd. = von Burgsdorf. |iGould = Gould. ı Nal. = Nalepa.
Burm. — Burmeister. | Grav., Grv. = Gravenhorst Natt. — Natterer.
C. B. = C. Börner. Gray. = Gray. Nees. — Nees von Esenbeck.
Cederhj = Cederhjelm. ı Grm., Germ. = Germar. Nüßl. — Nüßlin.
Chap. = Chapuis. Grag. = (Grerning. ‚ Nutt. — Nuttall.
Cholodk — Cholodkowaky. 'Ayll. —= Gylienbal. ‚Nyl. = Nylander.
Christ = Christ. ıHb., Hbn., Hübn. = Hübner. O., Ochsh. = ÖOchsenheimer.
Cl. = Clerck. Hbst, = Herbst. ;Ol., Oliv. = Olivier.
Cuv. — Curvier. 'Hedw. — Hedwig. Ow. = Owen.
Dahlb. = Dahlbom. ‚Heer = Heer. | Pall. — Pallas.
Dalm. — Dalmann. ‚Heyd. = von Heyden. ı Panz. — Panzer.
Deg. = De Geer. ı Hofm. = Hofmann. Pass. = Passerini.
Desm. — Desmarest. Holzner — Holener. Payk. = von Paykull.
Don. = Donorvan. ' Hnschl. — Henschel. 'Perr., Perris — Perris.
Dougl. = Douglas. H. Sch. — Herrich-Schäffer. ' Pers. = Persoon.
Dft., Duft. = Duftschmid. Etg., Hrtg. = Hartig, Th. Piller = Piller.
Dreyf. = Dreyfus. ‚Hw. = Hedwig. Planch. = Planchon.
Duf. = Dufour. Il, Nlig. = llliger. ‚ Preyssl. = Preyseler.
Ehrh. = Ehrhart. ı Jans. = Janson. 'Rag. — Ragonot.
Eichh. = Eichhoff. Kaup — Kaup. Ray = Ray.
Er., Erichs. = Erichson. 'Klein = Klein. Redt. — Redtenbacher.
Esp. = Esper. Klg. = Kling. Reich. — Reichhardt.
F., Fab., Fabr. — Fabricius, ‚Klingelh. = Klingelhöfer. Retz. — Retzius.
J. Chr. ‚Kltb. — Kaltenbach. Rich. = Richardson.
Fahrs. — Fahraeus. Koch = Koch, C. L. Rossi = Rossi.
Fall, — Fallen. Koll. — Kollar. Rott. = von Rottenburg.
Ferr. = Ferrari, Graf. Kug. = Kugelann. Rthe. Ruthe.
Erflärung der abgelürzten Autornamen. XIII
Rteb., Rate., Ratab. — Ratae- Scop. = Scopoli. v. Tub. = von Tubeuf.
burg. ı Selys. = Selys-Longehamps. Vaillant = Vaillant.
Rud. = Rdi. = Rudophi. |Sibb. — Sibbold. ‚ Vieill. = Vieillot.
Say = Say. Sign. — Signoret. ı Vill. = Villars.
Schall., Schaller = Schaller. | Stph., Steph. = Stephens. | Wagn. — Wagener.
Schiff. = Schiffermüller. Stroem = Stroem. ' Walker, Wik. = Walker.
Schlecht. = von Schlechtendal. | Sturm = Sturm. ı Westw. = Westwood.
Schönh. = Schönherr. Suffr. = Suffrian. ı Wtz., Winn. = Winnertz.
Schreb. = Schreber. 8. V. — Systematisches Ver- ı Wolf = Wolf.
Schrk. = Franz von Paula | zeichnis der Schmetterlinge Ä Woll. = Wollaston.
Schrank. der Wiener Gegend. ı W. V. == Wiener Verzeichnis.
Schum. = Schumacher. Thiersch = Thiersch. | Zadd. = Zaddach.
Schumm.- —= Schummel. Thoms. = Thomson. ı Zett. = Zetterstedt.
Schw. — von Schweinitz. Tischb. — Tischbein. |Zk. = Zinken.
Schwaeg. — Schwaegrichen. | Tr. = Treitschke. 'zil., Zell. = Zeller.
Berichtigungen.
Geite 51 Abb. 15 lied: a aus Stahl, b aus Holz ftatt: a aus Holz, b aus Stahl.
„ 142 ,„ 57. Die linke Figur fteht auf dem Kopfe, fie ift um 180° zu breben.
„ 156 in ber Überfchrift zu E. lies: Geradflügler ftatt Gradflügler.
, 298 Abb. 154 fteht auf dem Kopfe, fie ift um 180° zu drehen.
„ 849 Zeile 14 von oben lied: Jetſchke ftatt: Jeſchke.
„ 375 ,„ 14 von unten lied: entgegenftehen ftatt: entegenftehen.
„ 876 ,„ 6 von oben lies: bejahen ftatt: beantworten.
Sinleitung.
I. Begriff.
Unter Forſtſchutz veriteht man die vom Waldeigentümer ausgehende
Sicherung des Waldes gegen Gefährdungen. Eolche können von Menſchen,
Tieren und Pflanzen herrühren oder mit dem Eintritt beitimmter Witterung3-
verhältniffe und außerordentlicher Naturereignifje verbunden fein.
Die Siherungsmaßregeln find teil$ vorbeugender., teil befämpfen:
der abjtellender Natur. Die Borbeugungsmaßregeln jollen die den Wald
bedrohenden nadhteiligen Einwirfungen möglichſt fernhalten und abwenden. Die Be⸗
fümpfungsmittel verfolgen die Aufgabe, die Urſachen unvermeidlicher Schäden zu
befeitigen, die Schadenwirkungen möglichjt abzuſchwächen und die Bedingungen einer
gedeihlichen Sortentiwidelung der beichädigten Bejtände bzw. Waldungen wieder her-
zustellen. |
Unerläßliche Borausfegungen eines erfolgreihen Forſtſchutzes find:
1. Kenntnis der Erfheinungen und Urſachen der Walbbeichädigungen,
2. Kenntnis wirfjamer Vorbeugungs- und Abftellungsmaßregeln und
3. jadh:, orte und zeitgemäße Unmwendung diefer Maßregeln innerhalb der
gejeglichen Schranten.
Die Lehre vom Forſtſchutz hat die Aufgabe, die Kenntnis der Waldbeſchä⸗
digungen und der Gegenmittel zu vermitteln, jomwie die Anwendung der Abwehr⸗
maßregeln zu lehren.
Ausgeſchloſſen von der Betrachtung bleiben alle jene Sicherungsmaßregeln,
welche die Staatsgemwalt in ihrer Eigenfchaft ald OberaufjichtSbehörde über jämt:
liche Waldungen innerhalb des Staatögebietes aus Gründen des allgemeinen Wohles
zu ergreifen hat (öffentlicher Forſtſchutzſ. Die Erörterung diejer Maßregeln fällt
in das Gebiet der Forſtpolitik (Forftpolizeilehre und Forſtrechtspflege).
Andere Bezeichnungen für Forſtſchutz find: Waldpflege (König) und niedere
Forſtpolizei.
Zugunſten des Ausdrudes „Waldpflhege“ könnte man geltend machen, daß allen
SicherheitSmaßregeln ein pfleglichyer Charakter zugrunde liegt. Dann würde man aber
in der Waldpflege — wie es König aud) getan hat — eine Reihe von Maßregeln mit
abhandeln müfjen, welche beſſer anderen forftwiffenjchaftlichen Diiziplinen zugeteilt bleiben,
3. B. die zum Waldbau gehörige Lehre von den Durchforftungen oder die Lehre vom
Waldwegebau. Seines pofitiv fichernden, Die geſamte Produftionstätigfeit fördernden Cha:
rakters wegen hätte der Waldwegebau noch am eheſten Anrecht, in der „Forſtpflege“ im
ae untergebracht zu werben (vgl. Wappes, Handb. d. Forſtwiſſenſchaft, 3. Aufl.,
Die Bezeichnung „niedere Forſtpolizei“ geht von der Anſchauung aus, daß
zwiſchen der ftaatlichen ZTätigfeit in bezug auf Waldſchutz (Höhere Forftpolizei) und
der privaten (niedere Forftpolizei) ein inniger Zuſammenhang befteht. Die große
Dehnbarkeit de3 Begriffs „Polizei, unter welcher noch heutzutage vielfach Gegenftände
bon mehr rechtlicher Natur mit abgehandelt werden, läßt es aber ratfam ericheinen, von
diefer Bezeichnung abzufehen.
Heß, Forſtſchutz. I. 4. Aufl. 1
RLEISTEL ET LT- Cinfeitung.
Beilpiele, um ſich die prinibielle BVerſchiedenheit zwiſchen Forſtſchutz und Forſtpolitik
klar zu machen, bieten ſich ungeſucht. Im Forſtſchutz iſt z. B. zu erörtern, welche Vögel
als Inſektenfreſſer zu jchonen find, welche Maßregeln gegen ein beſrimmtes {chäbfiches In⸗
ſekt ergriffen werden müſſen, auf welche Weiſe man einen ausgebrochenen Waldbrand zu
löſchen Hat ufw. Die Forſtpolizei hingegen hat ſich darüber zu verbreiten, wie jene
Schonung durchzuführen ift (Erlaß von Vogelſchutzgeſetzen), welche gejelichen Anordnungen
in bezug auf Smieltenfalamitäten zu treffen find, durch welche gejehlihen Maßnahmen dem
Entftehen von Waldbränden vorgebeugt werden kann ufw. Tür feine eigenen Waldungen
trifft alfo der Staat bald Maßregeln des Schutzes (in feiner Eigenichaft als Eigentü-
mer), bald Maßregeln von rein polizeilihem Charakter (in feiner Gigenſchaft als oberſte
Inſtanz).
II. Stellung im forſtwiſſenſchaftlichen Syſtem.
Die Forſtſchutzlehre gehört zur forſtlichen Produktionslehre und bildet
hier das vermittelnde Glied zwischen den anderen zugehörigen Diiziplinen, dem Wald-
- bau und der Forſtbenutzung. Beiden ift der Forſtſchutz ebenbürtig.
Aus der Begründung des Waldes folgt mit innerer Notwendigkeit die Ver:
‚pflihtung zur Pflege und zum Schuße des Begründeten. Wo der Forſtſchutz diefe
Aufgabe nicht erfüllt, iſt es der Forſtbenutzung nicht möglich, die den gegebenen
Berhältnifjen entiprechenden höchſten und wertvollſten Materialerträge zu ernten.
IH. Geſchichtliche Vorbemerkungen.
Spuren einer auf Erhaltung und Schuß beftimmter Waldungen oder Bäume
gerichteten Tätigkeit des Menſchen laſſen fich ſowohl bei den Haffiichen Kulturvöl⸗
fern, wie auch im alten Germanien auffinden. Hier wie dort war in den heiligen
Hainen jede materielle Nutung (Holzernte, Viehweide uſw.) unterjagt. Auch außer-
Halb der auf diefe Weiſe geſchützten Waldflächen erfreuten fich einzelne Holzarten
(Eiche, Linde) als Heilige, beftimmten Gottheiten geweihte Bäume eines befonderen
Schutzes oder genofjen wegen ihrer Bedeutung für Vieh: und Bienenzucht eine pflege
lichere Behandlung als die in Hinficht auf Maft und Honigerzeugung weniger wich:
tigen fog. „unfruchtbaren” Holzarten.
Als wirkſames walderhaltendes Motiv tritt ung ſpäter in den von den frän-
kiſchen Königen gebannten Forſten die Jagdpaſſion der weltlichen und geiftlichen
Herren entgegen. Zwar war ed auch hier nicht die Fürſorge um den Wald an Sich,
die zu Schutzmaßnahmen veranlaßte, jondern Tediglich das Streben der Großen des
Reiches nach unbegrenzter Befriedigung ihrer Jagdluſt: immerhin war die Bann-
legung für die meiften der davon betroffenen Waldungen ein Vorgang, der nicht
nur eigentumsrechtliche Veränderungen aller Art nad) fich zog, jondern auch einen
gewiffen Schutz für die mit Holz beſtockte Fläche, für die Wildheimat, gemährleiitete.
Die erften mwaldpfleglichen Beftimmungen ftammen aus dem Mittelalter. Wir
finden fie in den Weistümern der Markgenofienichaften und in den Holz= nnd
Borftordnungen der Grund» und Landeöherren jener Zeiten. Zum überwiegen:
den Zeile find es Verbote, durch welche der vielfach) auch recht wenig pfleglichen Art
und Weile der Waldbenugung gejteuert wurde.
Das Ichadendrohende Subjekt, mit dem fich die Weistümer und Horftordnungen
befallen, iſt faſt ausschließlich der Menſch. Die von der Tier⸗ und Pflanzenwelt
ausgehenden Beeinträchtigungen der Waldbäume wurden überhaupt nicht erfannt und
Geſchichtliche Vorbemerkungen. 3
empfunden oder wurden als ebenſo unabwendbare Vorkommniſſe angeſehen, wie
die durch die Meteore von Zeit zu Zeit hervorgerufenen Waldbeſchädigungen. Allen
nicht vom Menſchen ausgehenden Gefährdungen der Waldjubftanz ſtand der Wald-
eigentümer bi3 in die zweite Hälfte des 18. Sahrhunderts Hinein machtlos und wohl
meift auch gedankenlos mit gekreuzten Armen gegenüber.
Forſtſchutz im neuzeitlichen Sinne jet Wirtichaft voraus, Solange die Er:
zeugnifje des Waldes als unerjchöpflich erfcheinende Geſchenke der Natur rein okku⸗
patoriſch benußt wurden, konnte jich der Schub des Waldes im Sinne der Neuzeit
nicht entwideln. Erit dann, ald man infolge Rüdganges der Waldbeftodung und
infolge der Wertfteigerung des Holzes die durch die Waldkalamitäten herbeigeführ-
ten Verlufte mit dem Maßſtab des materiellen Vorteils zu meſſen begann, ſchob fich
das auf Beihütung der Waldungen gegen ſämtliche Gefahren gerichtete Eingreifen
des Wirtichafters zwiichen feine begründende und erntende Tätigkeit ein.
Ramentlih waren e3 die in die Zeit von 1780 bis 1830 fallenden, in faft
allen Gebirgswäldern Deutichlands ſich abipielenden großen Anjeltenverbeerungen,
die von der wirtichaftlichen Bedeutung diejer Heinen Waldfeinde berebtes Zeugnis
ablegten und die es den intelligenteren Wirtichaftern nahelegten, fich mit der Lebens⸗
weiſe der Schädlinge und der Möglichkeit ihrer Abwehr etwas eingehender zu be-
Ihäftigen als bisher. Daß dies in der Tat nun auch geichah, beweijen zahlreiche
Schriften forftentomologiihen Inhaltes aus den lebten Zahrzehnten des 18. und
vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Bemerkenswert find die teil mit der „Wurm-
trocknis“, teil3 mit den verſchiedenen ſchädlichen, Waldraupen“ fich befafienden felbitän-
digen Abhandlungen von: 9.3. Zäger (1784), von Staff(1786), Gmelin (1787),
Gleditſch (1788), 5 U Rob (1790, von Haas (1793), Siemfjen, von
Siersftorpff (1794), Hennert, Zinke (1797), Dallinger, von Uslar, von
Linder, Bauer (1798), Bechſtein (1798, 1805, 1818) u. a.)
An neuerer und neuelter Zeit haben fih J. Th. Ratzeburg, nad ihm Th.
Hartig, Nördlinger, Altum, EihHoff, Nitſche, Wachtel, Henſchel, Nüß-
lin, Edftein, Pauly, Eſcheriſch, Boas, Borries, Cholodkovsky, Knoche,
Buchs, Sedlaczef, Baer und Scheidter mehr oder weniger um die Förderung,
unseres forftentomologiichen Willens verdient gemacht. Troß der erheblichen Steige-
rung aber, die unſere biologischen Kenntniſſe der wichtigeren Forſtinſekten Durch die ge:
nannten Männer und durch die Beobachtungen zahlreicher tüchtiger Praktiker erfahren
haben, weift die neuere Beit nicht weniger Inſektenkalamitäten auf wie die ferner
fiegende Vergangenheit. Abgejehen davon, daß man immer zahlreichere, früher für
gleichgültig angejehene Inſekten als mehr oder minder forftfchädfich erkannt hat,
find Bedeutung und Umfang des Schubes gegen die Inſekten mit der Ausdehnung
der von der meuzeitlichen Forjtwirtichaft begünftigten gleichalterigen und reinen Bes
ftände weſentlich geftiegen. Die großartigen Ralamitäten, die Borkenkäfer, Nonne,
Kiefern-Spanner, -Eule und Spinner in den letzten 50 Jahren hervorgerufen
haben, zeigen unzmweideutig auf das in diejen Inſekten verkörperte Damoklesſchwert
Hin, welches drohend über großen Teilen des modernen Kulturwaldes hängt und laffen
1) Die chronologiſche Aufzählung dieſer Werke ſiehe in C. P. Laurop: Die Grund:
fäge des Forftichubes, 2. Aufl. (Heidelberg 1833), S. 130— 132. Über ihre Bedeutung für die
naturwifjenichaftliche Begründung der Forſtwiſſenſchaft fiehe Fabricius; Geſchichte der Na⸗
turwiflenichaften in der Forftiwilienichaft bis zum Jahre 1830. Stuttgart 1906, ©. 1077.
1 ®
4 Einleitung.
den Ausbau der Abwehrmaßregeln gegen dieſe Waldverwüſter als eine der wichtig:
ften Aufgaben des praftiichen Forſtſchutzes erjcheinen. Nach welcher Eeite hin diejer
Ausbau die meiiten Erfolge verfpricht, ob mehr im Aufjuchen direkter, in die Hand
des Wirtfchafters zu legender Vertilgungsmittel oder — nad) dem Borgange des
amerikaniſchen Pflanzenjchugdienftes — mehr in der fünjtlichen Vermehrung und
Ausbreitung der natürlichen Feinde der ſchädlichen Inſekten, fteht dahin. Die natur:
wiffenfchaftliche Richtung der neueren Zeit hat den zulett genannten Weg jchon be-
treten, hat unfere Kenntniffe über die nützlichen Tiere bedeutend vermehrt und
die Tätigfeit auf diefem Gebiete, zunächſt namentlich in bezug auf Vogelſchutz
gefteigert. Verdienftvolle Männer in diejer Beziehung find: Lenz, Naumann,
Brehm, Gloger, Blafius, Baldamus, Tihudi, Liebe, von Homeier,
Altum, von Berlepſch, Hennide, Röhrig, 2008 ı. a.
Unter den übrigen von Tieren ausgehenden Schädigungen der Waldbäume
haben die Wildichäden feit langer Zeit eine große Rolle gejpielt. Die zuerft
1710?) von 3. Srdr. von Göſchhauſen erwähnten Schälfehäden haben ſchon im
18. Jahrhundert, namentlich in Chriſtian Böſe, in deifen „Generale Haushalte-
Prinzipia vom Berg-, Hütten, Salt: und Forſtweſen in specie vom Hartz“ (1753)
einen Öffentlichen Anfläger gefunden. Bis zum Jahre 1848 waren Wildftand und
fomit Wildſchaden in vielen Zeilen Deutjchlands fehr hoch. Der damals ausbre⸗
chende zügelloje Kampf gegen Wild und Wald führte dann örtlich zur völligen Ver⸗
nichtung des Wildftandes und verminderte den Wildichaden allenthalben ganz we:
jentlih, die neuere Zeit aber hat durch die. Wildfchadengefehgebung und die ihr
folgende Feldſperre, nicht minder durdy den Aufbau des den Wildbedürfniſſen viel-
fach nicht genügend Rechnung tragenden Wirtſchaftswaldes die Wildfchädenfrage
ſtellenweiſe wieder zu einer wirtfchaftlich vecht beachtenswerten gemadht.
Waldweide und Maſt, früher zwei der wichtigſten Waldnubungen, haben
Thon lange an Ausdehnung und Bedeutung weſentlich verloren. Damit hat fi
auch da3 vom Standpunkte des Forftichußes nicht unerhebliche Für und Wider diejer
Nutzungen erledigt. |
Eine weſentliche Förderung bat die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts
arg vernadjläjligte Kenntnis der durch parafitische Pilze Hervorgerufenen Baum—
franfheiten durch die wertvollen Forihungen von M. Willkomm, Rob. Hartig,
K. von Zubeuf, FW. Neger, 8. Münd u. a. gefunden. Dadurch ift ein Feld
erichloffen worden, welches nach eine reiche Ausbeute verfpricht. Allerdings kommt
diejer Ausbeute im Forſtſchutz nicht die gleiche praftifche Bedeutung zu wie den
Fortſchritten auf dem Gebiete der Forſtinſektenkunde. Undererjeitz aber -eröffnet die,
namentlih von Sorauer, im Rampfe gegen Pilzſchäden in den Vordergrund ges
rüdte Pflanzenhygiene für den Schuß gegen die Mehrzahl der ſchädlichen Pilze eine
Perſpektive, wie ſie gleichhoffnungsfreudig dem Schutze gegen Inſekten nicht ge=
boten ift.
Die von Naturerfheinungen ausgehenden Waldichäden mit mehr chroni-
chem oder mehr alutem Charakter Haben mit der Ausdehnung des Kahlichlagbetriebes
und der auf den Kahlflächen heranwachlenden uniformen Nadelholzbeitände ſämtlich
zugenommen. In den Gebirgsforften namenflich jtellen fie an den Forſtſchutz weit
1) Bgl. Voß: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1913, 391.
Geihichtliche Vorbemerkungen. — Einteilung. 5
höhere Anforderungen als die von Organismen drohenden Anfeindungen der Holz-
gewächſe.
Neue, in früheren Zeiten unbekannte Gefahren find dem Walde durch den
Menichen erwachlen. Die ehemals üblichen direkten Angriffe des Menfchen auf die
Waldfubitanz find mit der fteigenden Bewertung der Waldungen ald Erzeuger eines
unentbehrlichen Rohproduktes zwar mehr und mehr eingejtellt worden. Dafür haben
aber Entwidelung des Verkehrsweſens und Ausdehnung des Gewerbebetriebes an-
dere Schädigungen von teilweile hervorragender Bedeutung geichaffen. Neben der
durch den Eifenbahnbetrieb vermehrten Waldbrandgefahr ift hier in erjter Linie
der Gefährdung der Waldvegetation durch Rauchgaſe zu gedenken. Weiter find
für viele in der Nähe größerer Gemeinweſen liegende Waldungen die mit der Be:
völferungsdichte wachſenden Anforderungen an Waſſerabgabe aus dem Walde
zum Gegenftand ernfter Beachtung geworden.
Aus alledem geht hervor, daß der Koritichug im Kulturwald der Gegenwart
größere, für das Beſtehen des Waldes und für die ungejchmälerte Erreichung des
Wirtfchaftszieled ungleich bedeutungsvollere Aufgaben zu Löjen bat als es ehedem
im Naturwalde der Fall war. Während es früher galt, die Natur von den zer:
jtörenden Eingriffen des Menjchen zu jchüben, ift jett die Sicherung des Waldes
vor den Anfeindungen der Natur zum Hauptinhalt des Forſtſchutzes geworden.
IV. @inteilung der Forſtſchutzlehre.
Als primäres Einteilungsprinzip laffen fich entweder die befhädigenden
Subjefte (Menjchen, Tiere ufmw.) oder die befhädigten Objekte (Waldboden,
Holzbeftand, forftliche Betriebs- und Sicherungsanftalten) annehmen. Wir ziehen
im Intereſſe einer mehr einheitlichen Darftellung der zufammengehörigen Maßregeln
und zur Vermeidung von Wiederholungen den erjten Geficht3punft vor und gliedern
den reichhaltigen Stoff in folgender Weiſe:
Erfter Band. 1. Bud. Schuß gegen Tiere.')
1. Abſchnitt: Schuß gegen Haustiere.
2. „ Schutz gegen jagdbares Haarwild.
3, n Schutz gegen nichtjagdbare Nagetiere.
4. „ Schuß gegen Vögel. |
5. n Schuß gegen Inſekten.
Zweiter Band. I. Bud. Schub gegen direkt und indirekt [hädliche
Eingriffe des Menſchen.
1. Abjchnitt: Schub der Waldbegrenzung.
2. n Schub gegen ſchädliche Ausübung der Hauptnugung.
Schuß gegen ſchädliche Ausübung der Nebennußungen.
Schub gegen Foritfrevel.
„ Schub gegen Waldfervituten.
mw
— — — — — —
1) Die in den früheren Auflagen innegehaltene Gepflogenheit, mit dem Schutz gegen
Menſchen zu beginnen, ift aufgegeben worden, weil die Zuſammenfaſſung ſämtlicher tieri-
ſchen Schädlinge erwünfcht, die Vereinigung der vom Menſchen ausgehenden Schädigungen
mit dem Tierbande aus redaktionellen Gründen aber untunlich erſchien.
6 Einleitung. '
6. Abjchnitt: Schub gegen Waldbrände.
7. n Schuß gegen Rauchſchäden.
II. Bud. Schuß gegen Gewächſe:
1. Abſchnitt: Schuß gegen Forſtunkräuter.
2. „ Schutz gegen Schmarotzergewächſe und Pilze.
IV. Bud. Schuß gegen atmoſphäriſche Einwirkungen:
1. Abſchnitt: Schuß gegen Froft.
2. " Schub gegen Hibe.
n Schub gegen Winde.
Schub gegen Waflerfchäden.
J Schutz gegen Schnee, Duft, Eis, Hagel, Lawinen.
nm 5
V. Grund: und Hilfsfächer.
Als Solche fommen in Betracht:
1. Rechtsfunde, zumal bürgerliches Recht (Lehre vom Eigentum und von den
Eervituten).
2. Boologie, befonders die Lehre vom Wilde und von den Forſtinſekten.
3. Botanik, ingbejondere Forſtbotanik, Pflanzenphyſiologie und Pflanzentrant:
heitslehre.
4. Klimatologie und Meteorologie.
5. Andere forſtliche Diſziplinen (Waldbau, Forſtbenutzungslehre und Forſtpolitik).
Endlich iſt die Kenntnis der einſchlagenden Landesgeſetze (Forſt⸗-, Forſtpolizei⸗,
Forſtſtraf⸗ und Jagdgeſetz) erforderlich.
VI. Literatur.
Wir beſchränken uns hier auf die Anführung der Literatur, welche das ganze
Gebiet umfaßt. Die reiche Spezialliteratur wird gehörigen Orts angegeben werden.
Laurop, C. P.: Grundſätze des Forſtſchutzes. Heidelberg 1811; 2. Aufl. 1833.
Bechſtein, Joh. Matth.: Die Waldbeſchützungslehre für angehende und aus⸗
übende Forſtmänner uſw. (Iſt 4. Th., 1. Bd. von: Die Forſtwiſſenſchaft nach allen
ihren Teilen). Gotha 1818.
Pfeil, W. L.: Forſtſchutz und Forſtpolizeilehre, im Anfange der Nachweiſung
der preußiſchen Forſtpolizeigeſetze. Berlin 1831; 2. Aufl. 1845.
Dieſe drei Schriften haben nur noch Hiftoriichen Wert.
Kauſchinger, G.: Die Lehre vom Waldſchutz und der Forftpolizei. Wichaffen-
burg 1848; 7. Aufl. u. d. T.: Die Lehre vom Watdfhuß, von Hermann von
Fürft. Berlin 1912.
Knappe, dem heutigen Standpunkte der Wiſſenſchaft gerecht werdende Darftellung; zu
empfehlen.
König, ©.: Die Waldpflege aus der Natur und Erfahrung neu aufgefaßt.
Gotha 1849; 3. Aufl., bearb. von Carl Grebe u.d. T.: Der Waldſchutz und die
Waldpflege, 1875.
Ein namentlid, in der urjprünglichen Faſſung originelles Werk, welches mehrfach in
andere Difziplinen (Waldbau, Wegebau) übergreift.
Öufe, C.: Aus dem Forſtſchutz. Berlin und Leipzig 1876.
Einteilung. — Literatur. 7
Hauptfählich für nicht wiſſenſchaftlich gebildete Forſtbeamte.
Simony, Friedrih: Schub dem Waldel (Vortrag). Nebſt einem Anhange:
Über einige Feinde des Waldes von Johann Edlen von Nählik. Wien 1878.
Buchmayer, Auguftin: Der Forſtſchutz. Olmütz 1878.
Für ntedere und mittlere Forſtſchulen berechnet.
Nördlinger, H.: Lehrbuch des Forſtſchutzes. Abhandlung der Beichädigungen
des Waldes Durch Menfchen, Tiere uſw. Berlin 1884.
Heß, Richard: Über Waldſchutz und Schutzwald. Deutfche Beit- und Streit-
fragen, hrsg. von Br. v. Holtzendorff. R. 3. 3. Jahrg. Heft 38. Hamburg 1888.
Neltoratörede.
Fürft, Herm.: Forſtſchutz, im „Handb. d. Korftwiffenichaft”, hrsg. von T. 2o-
rey. Tübingen 1887/88; 3. Aufl. 1912; hier Ti. VII in Bd. II.
Erites Bud).
Schub gegen Tiere.)
1. Bemerkungen über Nuten und Schaden der Tiere.
Sleichwie es im Haushalt der Natur nichts gibt, was nur nützlich ift oder
ausſchließlich Schaden hervorruft, jo läßt ſich auch die Frage nad) der Nützlichkeit
oder Schäblichkeit der in unferen Waldungen lebenden Tiere nicht abjolut ſondern
nur dann einigermaßen befriedigend beantworten, wenn man den Wert der einzelnen
Tierart von einem beftimmten Standpunkt, z. B. vom forftlichen, jagdlichen
oder Iandwirtichaftlichen aus beurteilt.
Es ift jelbitverftändlich, daß in der Lehre vom Forftihuß nur der forftliche
Geſichtspunkt maßgebend fein kann. Aber jelbft bei diefer Begrenzung bietet der
Gegenftand immer noch große Schwierigfeiten, weil:
1. eine große Anzahl von Tieren zugleich forjtnüglich und forſtſchädlich
ist, und
2. der Grad der Nützlichkeit oder Schädlichfeit eines und desjelben Tieres
nicht felten wieder nach Alter, zeitlihen und örtlichen Verhältniſſen (Jahres⸗
zeit, Waldbeichaffenheit) jo verjchieden ift, daß die Nützlichkeits- bzw. Schädlichkeits⸗
frage nur im Zuſammenhange mit diejen Verhältniſſen, alfo nur lokal beantwortet
werden fann.
1) Zur Literatur über das Tierreih im allgemeinen: Ratzeburg, J. T. C.: Die
Waldverderber und ihre Feinde ufm. 7. Aufl, herausgegeben von J. 5. Judeich. Berlin
1876. — Derf.: Die Waldverderbnis oder dauernder Schaden, welcher durch Inſektenfraß,
Schälen, Schlagen und Berbeißen an lebenden Waldbäumen geichieht. 2.Bde., Berlin 1866 —
1868. — Altum, B.: Forftzoologie. 2. Aufl. I. Säugetiere. Berlin 1876. II. Vögel. 1880.
III. Inſekten. I. Abt. 1881. II. Abt. 1882. — Derf.: Waldbeichädigungen durch Tiere
und Gegenmittel. Berlin 1889. — Edftein, Karl: NRepetitorium der Boologie. Leipzig
1889. — Derf.: Die Beichädigungen unferer Waldbäume durch Tiere. Die Kiefer (Pinus
silvestris L) und ihre tierifhen Schädlinge. Bd. I. Die Nadeln. Berlin 1893. — Der|.:
Horftlihe Zoologie. Berlin 1897. — Derj.: Die Technik des Forftichuges gegen Ziere.
Berlin 1904. — Keller, Konrad: Forftzoologifcher Erfurfionsfügrer. Leipzig und Wien
1897. — Ritzema⸗-Bos, J.: Tieriide Schädlinge und Nüglinge für Aderbau, Biehzucht,
Wald: und Gartenbau. Berlin 1891. — Shäff, E.: Yagbtierfunde. Berlin 1907. —
Derj.: Die wildlebenden Säugetiere Deutſchlands. Neudamm 1911.
Sahresberichte über die Beröffentliyungen im Gebiete der forftlichen Zoologie find
feit 1889 in den Supplementen zur Allg. Forſt- u. Jagdzeitung erjchienen. Berichterſtat⸗
ter: U. Bauly: Jahr 1888—1890. XVI. Euppl.:Bd. — K. Edftein: von 1891 ab in
„Jahresbericht über Veröffentlichungen und midhtigere Ereigniffe im Gebiete des Forſt⸗
wejens, der forftl. Yoologie, der Agrifulturchemie, der Meteorologie u. der forftl. Botanik’.
Bon Edftein liegt noch bejonders vor: Bericht über die Leiftungen auf dem Ge:
biete der Forſt- und Jagdzoologie. 1.—3. Jahrg. 1890—92. Franffurt a. M. u. Berlin.
Wirtſchaftlicher Wert der Tiere. 9
Über Nugen bzw. Schaden unferer tierifchen Waldbewohner entſcheidet im we⸗
fentlihen die Magenfrage, d. h. der Wert, den die von der einzelnen Tierart be-
vorzugte Nahrung für den Menſchen Hat. Es Tiegt im Weſen der auf’Holzerzeugung
gerichteten Forſtwirtſchaft begründet, daß alle Pflanzenfreiler in der Waldfauna
im allgemeinen ald Schädlinge empfunden werden, während die von tierifcher
Subftanz Iebenden Fleifchfreffer zumeift nützlich find, weil fie die Bahl der Pflan⸗
zenfeinde verringern.
Je nachdem die verjchiedenen Intereſſenkreiſe von der einzelnen Tierart in
gleicher oder ungleicher Weile berührt werden, unterjcheidet man die Tiere in uns
bedingt und bedingt nüßliche bzw. ſchädliche. Der unbedingten Nüblichkeit
fteht fein Schaden, der unbedingten Schädlichkeit fein Nuten gegenüber. Die meiſten
Tiere find, wie ſchon oben hervorgehoben wurde, bedingt nüblich oder ſchädlich. Es
ift in vielen Fällen außerordentlich ſchwer, bei der gegenfeitigen Abwägung von
Nuten und Schaden zu einem Haren und richtigen Urteil über den wirtſchaftlichen
Wert der einzelnen Tierart zu gelangen.
Die Richtigkeit der vorſtehenden Sätze ſoll durch einige Beiſpiele belegt werden.
Die Buſſarde ſind in jagdlicher Beziehung umſtritten, in forſtlicher hingegen durch
Vertilgung von Mäuſen und Inſekten nützlich. Auch das gelegentliche Schlagen und Auf⸗
nehmen eines Hafen würde in ihr forſtliches Nützlichkeitsregiſter zu ſchreiben ſein, da der
Haſe dem Walde unter Umſtänden Schaden zufügt. Der Dachs iſt in landwirtſchaftlicher
Beziehung nützlich und ſchädlich, in jagdlicher hingegen nur ſchädlich und in forſtlicher aus⸗
ſchließlich nützlich. Der Fuchs iſt ebenfalls in forſtlicher Beziehung nur nützlich, und
zwar iſt ſeine Tätigkeit in Laubwaldungen höher anzuſchlagen als in Nadelwaldungen, weil
dort der Schaden durch die Nagetiere größer iſt. Ebenſo werden Wieſel und Hermelin
durch die von ihnen betriebene Mäuſejagd nützlich, durch die Vertilgung inſektenfreſſender
Bögel aber ſchädlich. Der Eichelhäher iſt forſtnützlich als Kultivator und durch Wurf:
nahme von Mäufen, Inſekten, aber andy forftichädlich durch Heraushaden der Eichein aus
den Saatbeefen und Räubereien an junger Bogelbrut. Die Finkenvögel find als junge
Bögel gewöhnlich mehr Inſektenfreſſer, als alte Vögel mehr Körmerfreffer. Als Xertreter
ber Vögel, die je nach den Jahreszeiten verichiedene Nahrung nehmen, mögen die Droj-
felarten genannt werden. Im Frühjahr und Sommer gehen dieje Bögel hauptſächlich In=
fetten nach; im Herbſte Hingegen ziehen fie Beeren vor. Die Amjel 3. B. macht ſich
in vielen Gegenden durch ihre Vorliebe für Beeren und Früchte allır Art ebenjo unbeliebt
wie durch ihr zänkisches und mißgänftiges Verhalten zu den Heinen Sängern. Der Star
als Maifäferfeind und Bertilger anderer Inſekten forſtlich nüglich, wird in den Weinbergen
zum ſchlimmen Schädling.
Bur Verdeutlichung der großen Relativität der Begriffe nützlich und ſchädlich eignet
fih kaum eine Bogelgatiung beffer al3 die ber Spedte. Nützlich find dieje intereflanten
Waldvögel durch Verzehren zahlreicher frei oder im Holze lebender Inſekten. Sie ſchaden
hingegen durch Verzehren von Waldjamen, Behaden gefunder Stämme ufiv Hier zeigt
fih jogar der interefjante Fall, das ein und derjelbe Akt bald mehr nüplich, bald mehr
Ipädlih fein kann. Wenn 3. B. eine Fledermaus eine in einem anbrüdigen Stamm
angelegte Spechthöhle bezieht, fo überwiegt der Nuten den Schaden, bereitet Hingegen der
Schwarzſpecht im gefunden Holz eine Rift: und Schlafftätte für die Hohltaube, To ift un-
zweifelhaft der Schaden größer al3 der Nußen.
Unbedingt nüglich find etwa Waldfledermäufe, Biegenmelter, Kudud ujm.,
unbedingt jchädlich Hingegen Borlentäfer, Kiefernjpinner, Nonne ufm.
Die Nützlichkeit ift entweder eine direkte oder eine indirekte. Direkt
nützlich kann fih ein Tier erweijen durch Verbreitung nüglicher Holzarten mittels
Berfchleppung der Samen (Eichelhäher). Andirekt nützlich werden gewiſſe Säuge-
tiere und viele Vögel durch Bertilgung der forftfchädlichen Mäufe und Inſekten oder
dadurch, daß fie die Anfievelung anderer ebenfall3 nüßlicher Tierarten erleichtern.
10 Erfted Bud. Schub gegen Tiere.
Auch unter den wirbellojen Tieren gibt es forftnüglihe Familien bzw. Arten (Za-
hinen, Schneumoniden, Laufkäfer Spinnen).-
Die Schüdlichkeit ift ebenfalls entweder eine direkte oder eine indirekte.
Jene äußert fich in Beichädigung oder Verzehrung von Walderzeugnifien, dieſe in
Vernichtung forftnüblicher Tiere.
Während unter den nützlichen Tieren die meiften indirekt, die meönigften
direkt nüßlich find, ift der von den ſchädlichen Tieren im Walde angerichtete Scha⸗
den überwiegend direft und nur zum Kleinen Zeile indirelt.
Die Größe des Schadens wird bedingt durch Tierart, Menge der Tiere,
Standorts⸗ und Beftandsverhältniffe, Jahreszeit, Witterung und fonftige örtliche Um⸗
jtände. Im allgemeinen fteht die Schadenhöhe im umgekehrten Verhältnis zur
Größe der Tiere. Die unjcheinbaren Borfentäfer 3. B. werden bei ihrem verftedten
Treiben und ihrer rafchen Vermehrung oft zur ärgeren Geißel für den Wald, ala
das große Haarwild.
Es iſt felbftverftändlich, daß jedes im Walde lebende Tier, da3 feine Nah-
rung von den nußbaren Holzgewächſen entnimmt, dem Walde einen Schaden zufügt
und die Zwecke des Holzzüchters beeinträchtigt. Hieraus die Notwendigkeit einer
völligen Augrottung der ſchädlichen Tierart abzuleiten, ift jedoch verfehlt und be-
deutet eine übertriebene, von der modernen Natur: und Heimatjchußbewegung mit
Recht befämpfte Betonung des Zweckmäßigkeits- und Gelditandpunktes
Wirtfchaftliche Bedeutung gewinnt der von einer Tierart hervorgerufene Scha⸗
den gemeinhin erft dann, wenn die Tierart in einer das normale Maß überfteigen-
den Unzahl von Einzelindividuen vorlommt. Solange das nicht der Fall ift, Liegt
für den Forftihub fein zwingender Grund vor, den auf Erhaltung der maldbeleben-
den Tierwelt gerichteten Forderungen des Naturfchubes ablehnend zu begegnen.
Auch vermag der Forftwirt den in der Richtung des Tierſchutzes Tiegenden äftheti-
ihen Momenten um fo leichter und unbedenklicher Rechnung zu tragen, als es ſich
hierbei weniger um Erhaltung der ſowieſo vor gänzlicher Ausrottung hinreichend
geichügten Inſektenwelt Handelt. Vielmehr kommen bier gewiſſe Säugetiere und
Vögel in Frage, deren Schonung nicht nur von dem berechtigen Verlangen nad)
Wahrung der Waldfauna, fondern meiſt auch von jagdlihen oder Iandwirtichaft-
lichen Rüdfichten nahe gelegt wird. Die Forderungen des praktiſchen Waldfchuges
laſſen fih mit den auf Schuß der nätürlichen Landſchaft und auf Erhaltung der
einheimijchen Tierwelt abzielenden Brogrammpuntten des Natur: und Heimatſchutzes
jehr wohl vereinbaren, wenn nicht Ausrottung, fondern vernünftige Einſchrän—
fung und Zurüdhaltung der forſtſchädlichen Tierarten als Biel des Kampfes
zwiſchen Wirtſchafter und Wirtichaftsfeind angefehen werden.
2. Einteilung des erfien Buches.
Die als Waldverderber in Betracht fommenden Tiere gehören zu den Säuge-
tieren, Vögeln oder Inſekten, und zwar find es namentlich Säuger und Inſekten,
die zu wirtichaftlich beachtensmwerten Schädlingen werden. Die Vögel find mit we-
nigen Ausnahmen mehr Waldhüter und unterftügen den Forſtwirt bei der Bekämp⸗
fung fchädlicher Tiere.
Wir teilen, wie jchon oben (S. 5) in der allgemeinen Stoffgliederung ange
geben wurde, den erften Band in folgende Abſchnitte:
Waldweide. 11
I. Schuß gegen Haustiere.
II. Schuß gegen jagdbares Haarmwild.
II. Schuß gegen nicht jagdbare Nagetiere.
IV. Schuß gegen Vögel.
V. Schub gegen Inſekten.
Erjter Abſchnitt.
Schub gegen Haustiere.
Der Schuß gegen Haustiere kommt im modernen Wirtfchaftöwalbe im allge:
meinen nicht mehr in Frage. Wo er notwendig wird, find die ehedem engen Be-
ziehungen zwifchen Land» und Yorftwirtichaft noch nicht derartig gelöft, wie es im
beiderjeitigen Intereſſe erwünſcht ift, fondern treten namentlich bei der Benutzung
der Yutterftoffe des Waldes in Erjcheinung.
Die Nutzung der Futterſtofſe erfolgt ftellenweife noch auf direktem Wege durch
Auftrieb der futterbebürftigen Tiere. Man untericheidet dann:
1. die Waldweide oder Hutung, bei der es fih um Gewinnung von Be
ftandteilen der niederen Bodenvegetation, namentlich von Gräfern, durch Pferde,
Rindvieh, Schafe und Ziegen handelt und
2. die Maſtnutzung, bei welcher Baumfrüchte (Eicheln und Bucheln) neben
allerhand Bodentieren von Schweinen aufgezehrt werden.
I. Zeit.
Weidenusung (Waldweide oder Hutung).)
1. Wirtſchaftliche Bedeutung.
Bis zu Beginn des 19. Kahrhunderts zählte die Weidenugung zu den häufig-
ften und wirtichaftlich bedeutungspolliten Waldnugungen. Auf allen größeren Wal-
dungen ruhten Weiderechte aller Art. Mit dem Verlaſſen der Dreifelderwirtichaft
und der Einführung der Stallfütterung, ſowie des Getreide- und Futterpflanzenbanes
verloren dieſe Rechte, wenigftens in allen tieferen Tagen ihren früheren Wert. Heute
befigt die Waldweide nur nod in den Hochgebirgen und auf den Hochebenen, hier
und da auch noch in den Mittelgebirgen Bedeutung, da die durch die Weidetiere an
ben Holzpflangen, am Waldboden uſw. durch Zahn und Tritt verurfachten Beſchädi⸗
gungen mit rationeller Foritwirtichaft ſich ebenſowenig vertragen wie die Verſchlep⸗
pung des Düngers mit intenfiver Landwirtfchaft.
Beſondere Wichtigkeit beſitzt Die Walbweide in den alpenländiichen Hochgebirgs⸗
lagen. Intenfiver Landwirtichaftsbetrieb ift hier unmöglich) und die Viehzucht eine
der erjten Eriftenzbedingungen der Bevölkerung. Die Folge diefer bejonderen Ver⸗
hältniſſe der Alpwirtſchaften war und ift vielfach noch Heute ein fortgefegter und
1) Zur Literatur: Meyer, J. C. F.: Abhandlung über die Waldhut uſw. Koburg
u. Leipzig 1807. — Hundeshagen, 3. Ehr.: Die Waldweide und Waldftreu ujw. Tür
bingen 1830. — von Berg, ©.: Krit. Bl. 1860, IL, 169.
12 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
ſcheinbar berechtigter Kampf gegen die Holzbeftodung der Weideflächen.!) Ter Wald
ift der Weide jchädlich und diefe dem Walde. Der Kampf gegen den Wald hat jich
aber vielfach als böjer Mißgriff und verhängnisvoller Irrtum herausgeftellt, denn
der Zerſtörung der Waldbeftodung und der als Leitfa der Alpwirtſchaftspolitik
aufgeftellten reinlichen Scheidung zwiſchen Wald und Weide find oft genug Zerſtö⸗
rung der Weide und Ertragslofigfeit des ganzen Geländes gefolgt.
Das jchweizeriiche Bundesgeſetz betr. die Oberaufficht über die Forſtpolizei vom
Jahre 1902 iſt deshalb dem eben genannten Grundſatz „Wald ohne Weide und
Meide ohne Wald” zivar grundjäßlich beigetreten, überläßt aber in der Trage der
Trennung beider Kulturarten richtigermweife dem Standort die Entjcheidung. Auf
alle Fälle fprechen die an der oberen Baumgrenze gefammelten Erfahrungen für
Beibehaltung der beitodten Weide in diefer Waldzone. Das verjöhnliche Mitein-
andergeben beider Nubungsarten aber febt voraus, daB bei Ausübung des Weide-
ganges die weiter unten genannten Schugmaßregeln in binreichendem Maße Be-
achtung finden.
2. Schaͤdlichkeit des Vieheintriebes.
Die Beihädigungen durch den Eintrieb von Weidevieh in den Wald er-
ftreden fih auf den Maldboden, die Holzpflanzen und die zum forjtlichen Betrieb
erforderliden Anjtalten und Vorrichtungen.
a) Der Waldboden leidet durch den Viehauftrieb in chemifcher und phyfifa-
licher Hinſicht (Schwähung durch Orasentzug, Beeinträchtigung der Humusbil:
dung, Veränderung des natürlichen Bindigkeitägrades). Ter im Walde zurüdblei:
bende Viehdünger bildet nur einen unvolllommenen Erſatz für die Minderung der
Waldbodenkraft infolge des Weideganged. An Hängen mit lofem Boden führt die
Waldweide zu Abrutfchungen von Erde und zum Abrollen von Steinen.
b) Den Holzgewächſen ſchadet das Weidevieh durch Ausziehen junger Pflan-
zen, Berbeißen von Knofpen, Blättern und jungen Trieben, Abtreten von Loden,
Benagen von Baumrinde, Zertreten, Überreilen, Berbiegen und Umbre-
hen junger Wüchſe, Entblößung und Verlegung von Wurzeln uſw.
Der Schaden durch das Berbeißen ift ein doppelter. Zunächſt verliert die
Pflanze Organe, die zu ihrer Ernährung notwendig find; dann wird die normale
Entwidelung des Schaftes und der Üfte geftört. Beide Schädigungen find nament-
(ih im jugendlichen Alter und zwar folange bemerkbar, bis der Gipfel dem Zahn
des Weideviehs entwachfen ift. Die Qualität des Holzes wird durch den Ber:
biß allein nicht beeinträchtigt, wohl aber leidet die Formausbildung, injojern
kropfartige Anfchwellungen, ftruppiger Wuchs, Äſtigkeit uſw. Folgen des Verbiffes find.
Im Nachiteher.den folgen einige Angaben über die Größe des Holzzumachsverluftes
durch Verbiß; felbjtverftändlich haben dieje nur Iofale Bedeutung.
Hundeshagen?) veranidhlagt den durch Biehverbiß entjiehenden Berluft an Zumadhs
in gewöhnlichen Fällen auf ",, des Holzertrages. — Rach Erfahrungen in Krain ftellt
fih der Holzertragsverluft durch Hiegenverbiß an 15—35jährigen Fichten, Kiefern und
1) Bgl. v. Kerner: Der Wald und die Alpmwirtichaft in Öfterreich und Tirol. Hrsg.
von 8. Mahler. Berlin 1908. — Jugoviz: Wald und Weide in den Alpen. Einführens
ber Zeil. Wien 1908. — Alpwirtſchaftspolitit in Ofterreich. Veröffentlicht vom
k. k. Aderbauminifterium. Wien 1908. — 2) Encyllopädie der Forftwifjenichaft. 8. Aufl.
Bd. J. Tübingen 1835, 512.
Waldweide. 13
Hainbuchen auf 97—99%, (Diemitz).) — Eine bei der forſtlichen Ausſtellung in Trieſt
(1871) außgeftellte, feit Jahren durch Biegen verbiſſene Weibtanne aus dem Karſt⸗
gebiete, 36jährig, Inapp am Boden abgeichnitten, zeigte nur 2,6 cm Durchmeſſer; eine
gleichalte, daneben ftehende nicht verbiſſene Pflanze berfelben Holzart hingegen 26,3 cm
Stärke.) — Syrutjchet?, berechnet den Zumadjsverluft an 18jährigen Yichten für 1 ha
je nach der Pflanzenzahl auf 1,17 fm (1000 Stämmden), 1,76 fm (1500), 2,25 fm (2000),
2,94 fm (2500), 3,5% fm (3000), 4,11 fm (3600), 4,70 fm (4000 Stämmcdhen).
c) Bon den forjtliden Betriebs: und Siherungsanftalten find nament-
fi) Wege, Gräben, Böfchungen und Umfriedigungen den Beichädigungen durch das
Weidevieh ausgeſetzt.
Die Größe des Weideſchadens hängt von mehreren Faktoren ab. Als wich⸗
tigſte kowmmen Holzart, Holzalter, Betriebsart, Standort, Beſtandsſchluß,
Viehgattung, Viehmenge, Jahreszeit und Witterungsverhältniſſe in
Betracht. Der Holzertragsverluſt durch die Waldweide iſt daher je nach örtlichen
Verhältniffen außerordentlich verſchieden,
a) Holzart.
Die Laubhölzer ſind dem Viehverbiß mehr ausgeſetzt als die Nadelhölzer;
fie befitzen aber ein größeres Ausheilungsvermögen. Die harten Laubhölzer leiden
mehr als die weichen, da ſie vom Vieh bevorzugt werden und der Verbißgefahr
langſamer entwachſen; auch überwallen ihre Wunden erſt nach längerer Zeit. Von
den einzelnen Laubholzarten werden Eſche, Ahorne, Hainbuche und Rotbuche am mei:
ften angenommen; Eichen, Linden, Bappeln, Salweide etwas weniger; Ulmen, Sor-
busarten viel weniger; Birken, Erlen, Roßkaſtanie, Robinie am wenigiten.
Hinsichtlich der Verbißgefahr fteht unter dem Nadelhölzern die Weißtanne
obenan, trog ihres bedeutenden Ausheilungsvermögens und ihrer Fähigkeit zur Bil-
dung von Adventivknoſpen; dann folgen Lärche, Fichte, gemeine Kiefer, Weymouhts⸗
Schwarz: und Birbelkiefer. Daß die Fichte mehr verbijlen wird als die Siefern-
arten, hängt auch mit dem ausgedehnteren Vorkommen diejer Holzart in den Ge:
birgsforſten, wo die Weide noch vorwiegend betrieben wird, zulammen.
Bei der vorftehenden Gruppierung ift zunächſt dag Rindvieh als wichtigfte Weide:
viehgattung ind Auge gefaßt worden. Berüdfichtigt man auch die anderen Biehgattungen
mit, fo ergeben fich manche, durch Gejchmadsverjchiedenheiten bedingte Ubweichungen. Die
Pferde lieben z. B. auch Eichenlaub, jcheinen das der Linde aber zu verichmähen. Die
Schafe gehen mit Borliebe die Lihtholzarten an, felbft Birke und Kiefer. Junge Läm⸗
mer lieben die Blätter der Ufazie. Die Ziegen find im allgemeinen nicht wähleriſch und
verbeißen fogar die (giftige) Eibe, ohne Schaden zu nehmen.
Eine Eigentümlichleit des Weide-, namentlich des Rindviehes, befteht ferner
darin, jeltene, nur vereinzelt auftretende, zumal fremde Holzarten mit Vorliebe
aufzuſuchen und zu verbeißen.
Eingeſprengte Eſchen oder Hainbuchen in einer Buchenſchonung werden z. B. ſicher
verbiſſen. Im übrigen läßt ſich die Frage nach der größeren und geringeren Beſchädigung
einer Holzart oft nur im Zuſammenhange mit anderen Verhältniſſen (Holzalter, Beftands-
dichte, Zuftand der Bodenweide uſw.) Iöjen.
1) Katalog ber forjtlihen Kollettivausitelung Krains. Laibach 1873, 13. — 2) Allg
F. u. J.-Big. 1872, 244. — 3) 3bl. f. d. gei. Fw. 1880, 466.
14 Erftes Buch. Schu gegen Tiere.
Die durch den Viehverbiß Hervorgerufenen Kormveränderungen find nach Holz-
art und Art des Verbiſſes verfchieden. Es entftehen Zwieſelbildungen, ftumpf-
fegelföürmige Kronen, abgerundete Kollerbüfche, Langſpieße, überhaupt verbuttete,
fuffelige Baumformen der häßlichften Art.
Durh den Tritt leiden hauptſächlich flachwurzelnde Holzarten, insbejondere
die Fichte. Auf lockeren, leicht nachgebenden Böden ift die Befchädigung am größten.
b) Holzalter.
Am meilten gefährdet find junge Pflanzen. In älteren Beltänden ohne
Nachwuchs beſchränkt fich der Schaden auf die nachteiligen Folgen des Trittes.
Beſtimmte Zahlen darüber, bis zu welchem Alter der Verbiß fchadet, lafjen fich bei
der Verjchiedenheit ded Wachstums der Holzarten an fi) und je nach Stanbortäverhält-
niffen nicht aufftellen. Schaden entſteht, bis dag Holz dem Maule des Viehes entwachſen ift.
6) BetriebBart.
Für den Plenterbetrieb ift die Weide wohl am gefährlichiten, weil Hier die
Sungwüchle durch den ganzen Wald verteilt find. Dann folgen die anderen Na:
turverjüngungsbetriebe, Mittelmalbdbetrieb, Niederwalbbetrieb, Kahl—
Ihlagbetrieb. Strenge Gültigkeit kann diefe Abftufung, bei welcher wir hauptfäch-
ih das Rindvieh!) als Weidetier ins Auge gefaßt haben, nicht beanfpruchen, weil
Holzart und Geländeverhältniffe manche Änderungen begründen.
Mittelmälder find gegen Beweidung empfindlicher ald die Niederwälder, weil zur Ober:
holznachzucht viele Kernftämmcen eingebracht werden müſſen; ferner ift dort der Unter:
holzumtrieb unter jonft gleichen Umftänden niedriger als der Umtrieb im Niedermwalbe.
In regelmäßigen PBflanzungen ift der Weideſchaden geringer als in un
regelmäßigen, am günftigften verhält ſich Reihenverband mit weitem Ubftande
der Reihen, weil hier das Vieh bequem zwiſchen den Pflanzenreihen weiden Tann.
Hügelpflanzen werben tveniger vom Weibevieh beichädigt als Lochpflanzen, weil
die Hügel die Fortbewegung des Viehes hindern.
d) Standort.
Auf mineraliſch Fräftigen, feuchten, Humofen Böden ift der Weideichaden ver⸗
hältnismäßig am geringiten. Hier findet fich zunächft reichlicherer Graswuchs; ferner
wachjen die Holzpflanzen rafcher; endlich heilen auch die Weidefchäden leichter aus.
Bindige Böden werden durch den Tritt des Weideviches noch fefter und hierdurch
den günjtigen Einwirkungen der Atmofphäre (Zutritt von Luft und Wafler) ver-
ſchloſſen; auch leiden die Hier oft nur knapp unter der Bodenoberfläche hinftreichen:
den Wurzeln. Lodere Böden Hingegen werden durch den Tritt noch mehr gelodert,
weil das Weidevieh Die vegetabilifche Bodendede zerftört. Den größten Schaden
verurjacht die Weide auf lofen Sandböden (Flugſand); auch auf Kalkböden ift der
Weidegang meift von ſehr nadhteiligen Folgen begleitet geweſen.
1) Durch Biegeneintrieb leidet (nad Fankhauſer) der Niederwald am meilten;
ihm jchließe ih der gleichalterige Hochmald an, und am geringften fei der Schaden
in Blenterbeftänden (9), weil die größere Weidefläche Hier eine befjere Verteilung ber
Biegen und eine feltenere Wiederfehr auf derjelben Stelle bebinge.
Waldweide. 15
In ebenen Lagen ift der Weideichaden geringer ald am Hange; er nimmt
mit der Zoderheit des Bodens und ber Größe des Neigungsmwinfels zu. An Hängen
mit bindigem Boden entftehen durch täglichen Weidegang leicht jene verhängnis-
vollen, horizontal verlaufenden harten Weidepfade zwiſchen den Pflanzreihen,
welche den Luftzutritt zum Boden erjchweren. Auch naffe Hänge find gefährdet,
weil hier das Vieh faft bei jedem Tritte vuticht. Je fteiler der Hang ift, deito tiefer
tritt das Vieh ein; infolgedeffen wird Erde losgetreten und vom Waſſer weggeführt.
Außerdem find am Hange ſelbſt größere Pflanzen vom Weidevieh von oben ber
leichter zu erreichen. Der Schaden durch Bertreten, Verbeißen, Verbiegen, Überreiten
und Zerbrechen ift infolge diefer Umftände an den Hängen größer als in der Ebene.
e) Beſtandsſchluß.
Da in geſchloſſenen Beltänden die Bodenweide gering ift, bei dichtem Schlufie
fogar ganz fehlt, fo geichieht Hier mehr Schaden am Holz als in lüdigen Orten, _
wo Gräfer und Kräuter leicht auflommen.
I) Viehgattung.
Die größte Vorliebe für die Holzgewächſe und die jchädlichfte Art, fich zu er:
nähren befitt die Ziege.) Sie verbeißt die Holzgewächle felbjt dann, wenn e3
nit an Yuttergräfern mangelt. Sie Elettert förmlich an den Wüchfen empor, um
die Gipfel zu erlangen und fchadet vereinzelt auch durch Schälen der Stämme, zu-
mal an jungen Eichen und Lärchen im Frühjahr. Ihr unruhiges Wefen führt fie
dabei von Baum zu Straud, und ihre Kletterkunſt läßt fie in die fteiliten Gehänge
gelangen.
In Tirol, Iſtrien und in der füdlichen Schweiz (Teſſin) find große Waldungen dur
Biegeneintsieb zugrunde gegangen. Das Herabgehen der Baumgrenze in diefen Gegenden
ift mit auf den unverfländigen Uustrieb zahlreicher Biegenherden zu jchreiben, und jelbft
für die Zunahme mandyer Überſchwemmungen ift die Biege in legter Inftanz verantwort-
lid zu machen. Auch in den Niederwaldungen Bosniend war der Weideichaden Durch
Biegen, jolange Bosnien unter türkifcher Herrichaft ftand, jehr bedeutend. Er ift auch
jegt noch groß, obſchon durch die Öfterreichiiche Regierung die Zahl der Ziegen gegen früher.
auf Y,—'Y, vermindert worden iſt. Weiterhin haben die Waldungen Griechenlands unter
der Biegenmweide ungemein gelitten.
Das Schaf ift bei feiner Weide zwar jehr genügfam, verbeißt und jchält aber
die Holzgewächle ebenfall® gern, wenn es ihm an trodener Weide fehlt, wie ein
Blid auf die ftruppigen, wie bejchnitten ausſehenden Pflanzen auf ftändigen Zriften
bemweift. Hierzu fommt häufig noch Schaden durch den kurzen Tritt und jcharfen
Huf diefer Viehgattung.
Das Rindvieh bevorzugt im allgemeinen die Bodenmweide und vergreift fich
nur bei Nahrungsmangel an den Holzgewächſen, ſchadet aber bei feiner Schwere
und langſamen Bewegung erheblich durch den Tritt und durch Überreiten von
Stangen. Nach Geichleht und Alter zeigen fich meitere Unterfchiede. Der Ochſe
iſt 3.8. fchädlicher als die Kuh; junges Vieh fchädlicher als altes, weil e8 die
Wüchſe teil3 aus Mutwillen, teild während der Zahnperiode gern benagt.
1) Ofterr. Monatsſch. f. 3m. 1876, 604. — Zdarek: Zol. f. d. geſ. Fw. 1885, 197.
— Fankhauſer, F., jJun.: Die Bedeutung der Ziegenwirtichaft für die ſchweizeriſchen Ge⸗
birgsgegenden in forftlicher und volfswirtichaftlider Hinficht um. Bern 1887.
16 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Das Pferd reiht am Höchiten hinauf, geht dem Laube mehr nad) als das
Rindvieh, ſchadet aber durch Tritt mehr als durch Verbeißen (Wurzelichaden!) Das
junge Pferd ſchabt aus Mutwillen gern an Baumrinde, ſchält fogar hier und da
die Bäume und fchadet bei feiner großen Beweglichkeit auf größeren Flächen. Im
allgemeinen aber fommt das Pferd ala Weidetier wenig in Betradt.
Die Angabe der Schädlichkeit der einzelnen Viehgattungen in Zahlen ift
zwar ſchon mehrfach verjucht worden; diefe Zahlen befißen aber, joweit fie fich nicht
auf exakte Unterfuchungen an beftimmten Ortlichleiten gründen, einen zweifelhaften
Wert, weil je nach den Ortsverhältniſſen bald dieje, bald jene Viehgattung ſchäd⸗
fiher auftritt. Wil man eine Stala von der relativ fchädlichften Gattung an ab⸗
wärts aufitellen, jo würde dieſe etwa lauten:
Ziege, Pferd, Schaf, Rindvieh.
Tie abſolute Schädlichleit der einzelnen Weideviehgattungen wird von den nach—
‘ benannten Schriftftellern wie folgt angegeben:
FOR Schaden nad | Schaden nad
Weidevieh | Meyer) | Hundeshagen‘)
Blerdare..... | 010 | 100 (altes), 150 (junges)
Ochſe ...... ... 70 \ 50 (altes Rindvieh),
Kuh 18 | 75 (junges)
Ste wu Ä 22 | 25
amme ....... 11
Schaf. 8 | 15
Hierbei ift unterftellt, daß jedes Stüd der oben bezeichneten Biehgattungen nach
jeinem Bedürfnis vollftändig in wirflich Hutbaren, dem Viehverbiß entwachfenen Schlägen
ſich fättige.
Daß ſowohl Meyer wie Hundeshagen den Schaden durch die Biege nur auf etwa
i des Pjferdeſchadens bemeſſen, fteht nicht im Widerſpruche mit unjerer Annahme der
Biege als der relativ jhädlichften Tiergattung. Beim abjoluten Schaden kommt
natürlich zunächit die Größe bzw. das Gewicht des Tieres in Betracht, d. h. fein Futter:
. bedarf. Das Gewicht eines ausgewachſenen Pferdes beträgt im Durchſchnitt etwa 10 Zir.,
das einer Ziege nur 35 kg (Berhältnis 14:1).
9. von Eotta°) gibt folgende Skala an: Ziege, Pferd, Zugochſe, Kuh, Schaf; von
Berg*) Haffifiziert ähnlich: Ziege, Pferd, Rindvieh, Schaf.
g) Viehmenge.
Mit diefer fteht der Schaden im geraden Verhältniffe. Die zum Eintriebe zu-
läffige Stückzahl richtet fich nach der Futtermenge auf der hutbaren Fläche und
dem Gejamtbebarf eines Stüdes; lebterer wird durch Viehgattung und Dauer des
Austriebes bedingt. Alle diefe Momente müffen daher erhoben werden. Unterläßt
man es, die Zahl des Weideviehes mit der Yuttererzeugung- der Hutungsfläche in ein
richtiges Verhältnis zu jeben,. fo läuft der Holzbeftand natürlich Gefahr, mehr in
Mitleidenjchaft gezogen zu werden ala bei Hinreichender Bodenweide.
1) Abhandlungen über die Waldhut uſw. Koburg 1807, 169. — 2) Die Waldweide und
Waldſtreu uſw. Tübingen 1830, 60. — 3) Grundriß der Yorftwirtichaft. 6. Aufl. Leipzig
1872, 215. — 4) Staatsforftwirtichaftslehre. Leipzig 1850, 215.
Waldweide. 17
Veranſchlagungen über ben Futter⸗ bzw. Flächenbedarf des Weideviehes bei ber Er⸗
nährung im Walde finden ſich in den Schriften von Mayer, Hundeshagen, C. von
Fiſchbach u. a.
Hundeshagen rechnet für die vollſtändige Ernährung eines Stückes Großmellvieh
den ganzen Sommer über Tag und Nacht 4—5 ha gute Weidefläche, bei teilweiſem, aber
fortdauerndem Austriebe nur am Tage 1—2 ha, und jebt im Durchichnitt 2—8 Stüd
Sungvieh oder 10 Schafe einem Stüd Großvieh gleich. Als täglichen Yutterbedarf nimmt
er a. a. D. 7—8 kg Heu für 1 Kuh von 4 Bir. Lebendgewidht, 4—5 kg für 1 Stüd
Jungvieh und 0,7—0,8 kg für 1 Schaf an.
C. von Fiſchbach!) rechnet zur Ernährung eines erwachſenen Stüdes Rindvieh
mittleren Schlages bald nur 2—3 ba (auf Üüppigem Aueboden), bald 4—10 ha (in dürfs
tigen Kiefernwaldungen), wenn das Bieh abends in Stalle noch etwas gefüttert wird.
Wenn aber das Vieh Tag und Nadıt auf der Weide bleibe, jo fei die 1,5— 2 fache Fläche nötig.
Eine Kuhmeide wird in der Schweiz im Durchichnitt 6—8 Ziegenweiden gleichgeiept.
h) Jahreszeit.
Der größte Weideichaden findet im Frühjahre ftatt, da die eben in der Ent⸗
faltung begriffenen Blätter und Triebe am Ichmadhafteften find und die Bodenweide
noch gering ift. Hierzu kommt die Zuttergierigkeit und der Mutwille des Viehes
nach der langen Winterruhe. Aber auh im Spätherbite find die Holapflanzen
wegen des inzwiichen hart gewordenen und nur noch fpärlich vorhandenen Graſes
ftarf gefährdet. Am unjchädlichften verläuft die Hutung in der futterreichiten Zeit
(Ende Mai bis Mitte Juli, je nach Lagen).
i) Witterung.
Bei ertremen Witterungsverhältniffen, 3. B fehr trodenem oder fehr naffem
Wetter, bei ſtarkem Zau uſw., nimmt das Weidevieh die Bodenweide nicht gern an,
jondern vergreift fi mehr am Laube. Auch der Zrittfchaden macht fich bei anhal-
tend nafler Witterung bejonders fühlbar. Die Wurzeln leiden in durchweichtem
Erdreiche mehr als bei trodenem Boden.
k) Sonfige Umflände.
Bon Einfluß auf die Größe des Weideſchadens find endlich noch:
1. die Berüdfihtigung oder Nichtberüdjichtigung des Weidebedürf-
niſſes je nach Viehgattungen;
2. die Gewohnheit und der Nahrungszuftand des Weideviehes;
"3. die ganze Art und Weife des Austriebes.
In diejer Beziehung beichränten wir uns auf folgende Andeutungen:
Zu 1. Melt: und Maſtvieh bedarf die beite und nächftgelegene Weide; dann
kommt das Jungvieh. Zugvieh begnügt fich mit geringerer Weide und verträgt
weitere Wege. Schafen können die entfernteften Pläbe angemwiejen werden.
Während das Rindvieh feuchte Weiden Tiebt, ziehen die Pferde das kurze Gras
auf Angern und alten Wegen den auf loderem Waldboden gewachſenen Gräfern
vor. Das Schaf bevorzugt mehr trodene Weide (Höhenlagen mit kurzem Gras und
im vollen Lichte gewachlenen Holzigen Pflanzen, wie Heide ufw.). Das Rindvieh
geht nicht gern auf Plätze, mo das Schaf geweidet hat, weil ihm defjen Ausdün⸗
ftungen zuwider find, und befällt hier mehr das Holz.
1) Lehrbuch der Forftwiffenichaft. 4. Aufl. Berlin 1886, 280.
Heb, Vorſtſchus. I. 4. Aufl. 2
18 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
In Tirol unterjcheidet man nach der Urt des Weideviches, welches einer Alm zuge:
wieſen wird, die Schafalm, die Galtalm und die Kuhalm. Die Schafalmen gehören faft
durchgehends der baumlojen Hochgebirgäregion an, während die Galtalm (Ochſen und nicht
mehr Milch gebende Kühe) und die Kuhalm (Meiftühe) in die tieferen Lagen verlegt werden.
Zu 2. Bon Jugend auf an die Waldweide gemöhntes Vieh fchadet mehr als
folches, welches felten in den Wald kommt. YAusgehungertes Vieh richtet mehr
Schaden an den Holzgewächlen an als in gutem Futter ſtehendes.
Zu 3. Eine Abſchwächung des Schadens findet durch gutes Bufammenhalten
der Herde ftatt. Am ſchwerſten laſſen ſich im Walde die Ziegen zuſammenhalten,
am leichteften die Schafe.
Überblictt man die im Vorftehenden aufgezählten Punkte, welche die Größe des Weibes
ſchadens bedingen, jo Tann es nicht befremden, daß die Anfichten hierüber unter den pral-
ttichen Forftwirten weit auseinandergehen. Während der Laubholzüchter, zumal im Mittel
walde, den bezüglidhen Schaden auf Grund feiner Erfahrungen für ſehr empfindlich hält,
ift der im Fichtenkahlſchlagwald wirtichaftende Forſtwirt geneigt, ihn für unerheblich zu
erflären. Die Wahrheit liegt auch Hier in der Mitte. Dan wird aber, bei unbefangener
Beurteilung, gejtügt auf die Holzbeftandsverhältnifie mancher Gebirgswälder (Harz, Thü-
ringer Wald, Schwarzwald), die ſchon feit Jahrhunderten von vielen Taufenden Stüd
Vieh betrieben worden find und teilweije noch werden und deren Bewohner ohne die Wald-
weide faum zu eriftieren vermögen, zu ber Überzeugung gedrängt, daß ber Weideichaden teil:
weiſe überjchägt worden ift und noch wird. Es Tann ſogar Verhältnifſe geben, unter mel:
hen der Ruten der Waldweide ihren Schaden fompenfiert oder gar überwiegt.) Dieſer
Nugen kann 3. 8. beftehen in Offenhaltung und Verwundung des Bodens und hierdurch
Beförderung der natürlichen Anſamung, Zurüdhaltung des verdbämmenden Graswuchſes
in Schlägen und Kulturen, Verminderung des Mäufe-, Inſekten und Froſtſchadens.
3. Schußmaßregeln.
Bei Regelung der Waldweide fommen Schonungszeit, Weidediſtrikte,
Weidezeit, Viehgattung, Viehzahl, Urt des Austriebs und Hutperfjonal
als wichtigſte Bunkte in Betracht.
A. Schonungszeit.
Man verfteht hierunter die Zeit, während welcher eine mit Holz beftocdte Wald-
Häche nicht behütet werden darf. Sie beginnt mit der Verjüngung und fchließt in
der Regel erſt dann, wenn die Holzpflanzen nicht mehr vom Vieh erreicht werden
fönnen („dem Maule des Viehes entwacjen find“). Andere Ausdrüde für
diefe Zeitperiode find: Hegezeit oder Weidebann. Mit dem Zeitpunkt, in wel⸗
hem man die Beitände dem Vieh öffnet, beginnt ihre Hutbarkeit oder Sährig-
feit. Die Hutbarfeit wird natürlich nicht nur vom Alter der Beſtände, fondern
auch vom Borhandenfein von Futteritoffen bedingt; in geſchloſſenen Kulturen, Dik⸗
fichten oder Stangenhölzern iſt Graswuchs gewöhnlich nicht vorhanden, der Eintrieb
von Weidevieh würde mithin feine Bedeutung haben.
Die Dauer der Schonzeit richtet ſich nach der Holz, Betriebs: und Ent-
ftehungsart der Beftände (Saat oder Pflanzung), den Beſtockungs- oder Standorts-
verhältniffen und der Viehgattung. Laubhölzer bedürfen einer längeren Schonzeit
als Nadelhölzer, zumal die langſamwüchſigen und zugleich gegen Viehverbiß emp-
findlichen, Hochwälder (ingbefondere plenterartige Waldformen) einer längeren als
—
1) Monatsſchr. f. d. %. u. Iw. 1868, 48.
Baldweide 19
Niederwälder. Bei gemijchten Beftänden muß fich die Schonzeit nach derjenigen
Holzart richten, welche die längſte Schonzeit nötig Hat.
Für geringe Böden und rauhe Lagen müſſen infolge des langſameren Wachs⸗
tums längere Schonungszeiten feſtgeſetzt werden als unter ſonſt gleichen Umſtänden
für gute Böden und mildes Klima.
Schafe können früher eingetrieben werden als Pferde und Rindvieh.
Für den Normalwald berechnet ſich die zu ſchonende und die hutbare Fläche wie
folgt: Bedeutet F die ganze Waldfläche, f die Schonungsfläche, f, die Hutfläche, s bie
Schonungszeit und u die Umtriebszeit, fo ift:
f+f,=F
F
[= — 8
u
ermt-s=r.(i-2)- F.UZE,
u u u
Beilpiel: In einem Walde von 1000 ha Größe, 100jährigem Umtrieb und 25-
jähriger Schonungszeit ftellt fich bei normalem Altersffaffenverhältnis die Schonungsfläde
aljo auf De oo .25 = 250 ha, die Hutflädhe mithin auf 750 ha.
Rah Bechftein bezw. G. L. Hartig joll in Schonung gelegt werden:
im Lanbholzhochwalb ’/, — =]
„ Nabelwald 1,
„ Niederwalb — —,, ber Gejamtfläche.
von den Blößen 1 —
Kauſchinger will bei regelmäßiger Hocdhwaldwirtichaft '/;, der Fläche in Hege gelegt
haben, bei Nadelholz verhältnismäßig weniger, im Niederwalde *),.
Bur Gewährung eines Bildes über die von älteren und neueren Autoren für nötig
gehaltenen Shonungszeiten laflen wir nadjitehende Tabelle folgen. Eine Ausſcheidung
nach Holzarten wurde des Raumes wegen vernachläffigt.
Tabelle über die Schonnngszeiten.
| Betriebsart
f Vieh⸗ I [||
Autor gattung gmushae Nadelwald Mittelmald ı Niederwalb
nn | j Jahrre gJahre Habe — Jahre
N On EEE EEE — —
| Pferde und | _ — | — —
Hundeshagen!)..... | | Hornvieh | 18—24 , 12—20 14—18 | 6—14
Cotta............. u | 12-30 |! 10-30 | 8—15 |; 4—12
Beil... | , | 12-30; 12-0 10 — 8-20
von dithat, | u TE a —6
Hundeshagen ...... | Shafe | 14-18 | 9-16 ı; 10-12 |, 4-10
Pfeil ............. n | 8-20 , 10-22 | _ I 08-6
In diefer Tabelle gelten: die Heinften Zahlen für die guten Standorte und weniger
empfindlichen Holzarten, die größten hingegen für die geringeren Standorte und die am
meiften empfindlichen Holzarten. Bon den Fiſchbachſchen Doppelangaben beziehen ſich
—
1) Die Zahlen von 3. Chr. Hundeshagen ftügen fi in der Hauptjahe auf die
Angaben von 3. Chr. Fr. Meyer (f. auch Nördlingers Lehrbuch des Forſtſchutzes, S. 21).
2) Am Plenterwald, wo viel junger Nachwuchs.vorhanden iſt, verlangt dieſer Autor
eine Schonzeit von 10—20 Jahren.
DD Li
u
20 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
diejenigen, welchen ein n beigejegt ift, auf natürliche Werjüngung (rechtzeitige künſtliche
Nachgilfe voransgejept), die mit k bezeichneten hingegen auf Kahlabtrieb und fünftlihe Ber-
jüngung.
Zum bloßen Durdtrieb Tönnen auch weit jüngere Beſtände, ald in der Tabelle
angegeben iſt, geöffnet werben. Selbſt zur Weide werben hier und ba ganz junge Schläge
freigegeben, im Harz und im Thüringer Wald z. B. 8—Sjährige Fichtenſchonungen mit
noch ſchmackhaftem Gras, weil man beobachtet Hat, daß in ſolchen die Holzpflanzen weniger
vom Vieh angenommen werben, ald beim Eintrieb in ältere Kulturen mit hartem Gras
und weil das Abweiden eined üppigen Graswuchſes den Kulturen zum Vorteil gereicht
B. Weidediſtrikte.
Diefe werden auf Grund einer alljährlich neu aufzuftellenden Überficht (Weide-
plan, Zriftverlaßtabelfe) angewiefen. Bei Auswahl der Weideflächen ift auf
pafjende Aneinanderreihung und barauf zu fehen, daß die Tiere möglichſt durch
ältere Beftände angetrieben werden, damit bie bein Paifieren zu fchonender Orte
notwendigen Triebivege — Triftzüge möglichſt eingefchränkt werben können. Weiter⸗
Hin ift auf Wechjel der Weideflächen zu achten, damit auf der einzelnen Fläche in
der Ruheperiode reichlich Gras entftehen kann. Nafje Orte, Iodere Böben und fteile
Hänge find von der Weide auszufchließen. Beſtände mit Unflug, Aufſchlag oder
Unterwuchs, an deffen Erhaltung gelegen ift, müffen den Schafen verſchloſſen bleiben.
Wo ertreten von Pflanzen zu befürchten ift, jchließe man auch das Hornvieh aus.
Alte räumige Beftände bieten meiftens gute Weide und fönnen den Vieh unbedent-
lich geöffnet werden, wenn fie eben nicht mit jungem Holze verjehen find.
Die Shonungsflähen find dur Strohwiſche, Schonungstäfelden, Stangen-
zäune oder Hegegräben (1 m breit und 0,5 m tief; Auswurf auf Die Hegefeite)
Tenntli zu machen.
Die Breite etwaiger Triftzüge ift je nach der Viehgattung und Stüdzahl
auf 6—12 m zu bemeffen. Triftzüge für Rindvieh müffen z. ®. breiter fein als
für Schafe. Zu beiden Seiten jener Triftzüge, Die durch
junges Holz zu liegen fommen, führt man unter Um
ftänden Gräben oder Erbwälle, Steinwälle oder Zäune.
Der Auswurf aus den Gräben fommt auf die. Wald:
feite, um als Wal das Überfpringen des Viehes 'zu
erſchweren. Wenn die Anlage folder Schugwehren
unterbfeibt, empfiehlt es fi, die Pflanzen der dem
«ob. 1. Berpflodung junger Bflangen Triftzug zumächft liegenden Pflanzreihen durch Umkra—
ei kelung zu fügen. Es gemügt, drei ungefähr 0,7—1 m
fange, beaftete oder aftfreie Pflöde pyramibenförmig um die zu ſchützende Pflanze
einzufhlagen (Abb. 1).
Wenn zum Niederhalten eines ftarfen Graswuchſes oder aus anderen Grün—
ben bie Weide in jungen Kulturen für wünſchenswert. oder auch nur für zuläffig er-
achtet wird, jo nehme man den Eintrieb im allgemeinen doch erjt vom Juli ab vor,
damit ber Holztrieb des laufenden Jahres ſchon verhärtet ift, und fernerhin nur
bei trodenem Wetter.
Was die Pflanzmethoden betrifft, jo leiden Büſchelpflanzungen, unter jonft
gleihen Umftänden vom Weidevieh weniger als Einzelpflanzungen, ferner Reihen
pflanzungen weniger als Dreiedsverbände oder unregelmäßige Pflanzungen. Auf
Baldweibe. 21
Kulturen, deren Beweidung des Futters wegen von vornherein beabfichtigt wird, ift
Wahl eines weiteren Pflanzenverbandes (30—40 Hundert auf 1 ha) und eventuell
Berpflodung anzeigt.
C. Weidezeit.
Die gewöhnliche Weidedauer ift Mat bis September. Die ettvaige Weide
im April Heißt Blumen oder Vorweide; vom 1. Mai bi Johanni folgt Die
Hauptweide, dann die Nahhut. Am Dftober werden gewöhnlich die Walb:
wieſen betrieben. In den Alpen drängt fi) die Weidezeit auf 10—16 Wochen zu⸗
fammen.
Bei naſſer Witterung muß der Austrieb unterbrochen oder wenigſtens auf
älteres Holz beichränft werden. Der tägliche Austrieb darf erft nach dem Abtrocknen
des Taues ftattfinden, ſonſt greift das Vieh die Holzgewächſe an. Nächtliche Hut ift
unzuläffig.
unge Schläge betreibe man womöglich erſt am Nachmittag, wenn das Weide:
vieh fchon ziemlich gefättigt ift.
D. ®eidevieh.
Die Biege ift vom Weidegang unter allen Umftänden auszufchließen, auch
Pferde find möglichſt fernzuhalten. Beim Eintrieb von Hornvieh find beichla-
gene und kranke Stüde ebenfalls möglichit auszujchließen, da fie erfahrungsgemäß
den Holzpflanzen mehr nachgehen wie geſunde Stüde.
Die Stüdzahl des einzutreibenden Viehes muß im richtigen Verhältniſſe zur
Größe und Produktionsfähigkeit der Weidefläche und zum Futterbedarf der Weide
tiere Stehen. Außerdem find (nach früheren Ausführungen) auch Holz und Betriebs⸗
art zu berüdfichtigen.
Um den Hirten die Arbeit des Überwachens zu erleichtern und das Eindringen
einzelner Stüde in jchonende Orte eher feitzuftellen, empfiehlt es fich, Die Weide-
tiere mit Glocken zu verfehen.
| E. Urt des Austriebs.
Der Austrieb darf nur in Herden, unter Aufficht zuverläffiger Hirten jtatt-
finden, die namentlich darauf fehen müſſen, daß das Vieh weder zu gedrängt noch
zu weit gehe. Der Miteintrieb einzelner Pferde in der Rindviehherde iſt allenfalls
zuläffig, Teinesfall® aber gemeinfchaftlicher Austrieb von Hornvieh und Schafen.
Die Herden dürfen nicht zu groß fein. Ein Hirte mit einem Gehilfen kann, je nad)
dem Terrain und der Beichaffenheit der Beitodung, 60— 100 Stüd Nindvieh
überwachen. Alles Drängen und Treiben, fowie Heben des Viehes mit Hunden
auf jungen Kulturen und Schlägen muß (jchon im Intereſſe des Viehes) unterbleiben.
An Hängen treibt man das Weidevieh fchräg von unten nach oben und muß
hierbei namentlich auf einen langjamen Gang halten, um dem Trittjchaden mög»
Tichft vorzubeugen. Kommt e3 nicht darauf an, den Gipfel zu erreichen, jo ift ia
horizontaler Richtung zu treiben.
Zur Mittagsrube find fchattige Plätze (in Althölzern ohne Nachwuchs) an:
zuweiſen; in der Nähe müflen Tränken bergejtellt werden. Fichten an folchen La:
gerpläben zeigen (infolge der Erfremente des Weideviehes?) häufig Rotfäule.
22 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
F. Hutperjonal.
Die wichtigften Maßregeln in diejer Beziehung find:
1. Annahme gut beleumundeter, treuer Hirten und Zerpflichtung derjelben.
Der Forftverwalter muß ſich einen gewiſſen Einfluß bei der Anftellung ber Hirten
fihern und bemühen, bei legteren Liebe zu ihrem Beruf und Achtung vor dem Walde zu
erweden. Fügjame Hirten find zu bevorzugen, renitente Hingegen von Begünftigungen
auszufchließen. In der gamzen Weidefrage jpielt die Wahl der richtigen Perjönlichkeit zum
Hirten eine Hauptrolle. Berfteht es biejer, die Herde weder zu eng, noch zu weit gehen
zu laffen und im richtigen Momente, bzw. nach ftattgefundener Abweidung, wenn das Vieh
eben anfängt, fich an den Holzgewächſen zu vergreifen, fogleich weiter zu treiben, je nad)
den Witterungäperhältniffen bald jüngere, bald ältere Orte (dieje bei Regen) zu betreiben;
befigt er überhaupt guten Willen und die nötige Aufmerkſamkeit, fo ſchwindet der Weide⸗
ſchaden unter Umftänden ganz weientlich zufammen.
2. Gemeinfame Haftbarmachung der Viehbefiger für Übertretung der Wald:
weideordnung.
3. Strenge Überwadhung und fofortige Anzeige aller Vergehen der Hirten
gegen die Weidebejitimmungen.
Die Beitrafung ift nicht Sache des Waldeigentümers bzw. Forſtwirts, fondern
der zuftändigen ftaatliden Organe.
In den Yorft: und Weldftrafgefegen der deutichen Bundesftaaten find bie Weide—
frevel deshalb unter Strafe geſtellt. Der Begriff des Weidefrevels weicht in ben einzelnen
Staaten infofern ab, al3 entweder nur das unbefugte Weiden auf fremdem Grund und
Boden (Bapern, Württemberg, Mecklenburg) ober das unberecdhtigte Weiden ſchlechthin (3. 8.
auf verpachteten Grundſtücken) beftraft wird (Preußen, Sachen, Baden, Helfen). Das Strafe
maß wird in Bayern und Baden nad Art und Stüdzahl des Weideviehes, in Preußen,
Sadjen, Württemberg, Heflen uſw. allgemein (zumeift bis 150 ME, oder 14 Zage Haft)
beftimmt. Bayern, Heſſen untericheiden Weidefrevel im Walde und ſolchen auf dem Felde.
IT. Teil.
Maftuntung.
Auch die Schweinemaft hat mit dem Verſchwinden der ehedem zahlreicheren
Eihenwälder und mit der Einführung des Kartoffelanbaues gegen früher an Be-
deutung außerordentlich verloren. Nur in den Eichenwäldern von Ungarn, Kroatien
und Slawonien fpielt fie noch eine gewiſſe Rolle.
1. Bedeutung des Schweiueeintriebs.
Das zahme Schwein jchadet im Walde durch:
a) Verzehren der Baumfrüdte (Eicheln, Buchedern und deren Kotyledonen)
in Samenjdlägen (Obermajt). Die Entnahme von Shwämmen, Pflangenmwurzeln,
Würmern, Inſekten uſw. heißt Untermaft (Erdmaſt, Wuhl)
b) Knautſchen krautartiger junger Triebe (der Kiefer uſw.).
c) Auswühlen junger Pflanzen beim Brechen (nach Erdmaſt), Verbiegen,
Umdrücken oder Umbrechen ſchlanker Gerten, Reiben an Stangen, Schälen
von Stämmen (Kiefern), Verwunden und Benagen von zutage liegenden Wur-
zeln (Rotbuchen, Eichen, Kiefern).
Beſonders fühlbar werden diefe Beichädigungen in Samen- und Lichtichlägen,
in geringen Stangenhölzern, auf Ioderen, jandigen oder fladhgründigen Böden, auf
verjumpften Partien, an fteilen Hängen ufw.
Maftbenugung. 23
Auf der anderen Seite ift das Hausfchwein dem Walde auch nützlich, und
zwar burch Vorbereitung bzw. Lockerung des Bodens für Bejamung, Unterbringen
der abgefallenen Buchedern und Eicheln, Umbrechen und Loderung von Rohhumus⸗
polftern und Förderung des normalen Verweſungsprozeſſes der Bodenjtreu, ſowie
durch Vertreiben bzw. Bertilgen von Mäuſen und gewiflen Inſekten. Die Schweine
nehmen insbeſondere kahle Raupen (Kiefernfpanner, Kieferneule, Lyda stellata)
und deren Puppen an und find gegebenenfall® bei der Bekämpfung diefer Kiefern-
ſchädlinge verwendbar (vgl. Abſchnitt V). Es gibt örtliche und zeitliche Verhältniffe,
in denen der Nuben den Schaden ausgleicht, ja ſogar überwiegt, 3. B. bei großem
Engerlingschaden und in Raupenjahren.
2. Schutmaßregeln.
Die wichtigſten find:
a) Ausſchluß der gefährdeten Ortlichkeiten von der Maftnugung.
Samenjhläge dürfen nur bei Wollmaft betrieben werden. Schweineeintrieb zum
Bivede der Yütterung dur) bloße Erdmaſt muß namentlich in Ioderen, zur Trockenheit
geneigten Böden unterbleiben. Die für dad Not: oder Schwarzwild nötigen Maftorte find
zu referbieren.
b) Paſſendes Aneinanderreihen der zur Nubung zu öffnenden Beftände, damit
die Schweine nicht unnüg im Walde umbherlaufen.
Hierbei ift der Eintrieb jo einzurichten, daß Diejenigen Beftände, deren Maft zum
Zwecke der Berjüngung oder Wildfütterung notwendig ift, erft am Nachmittage, wenn die
Schweine jchon einigermaßen gejättigt find, aufgejucht werden. Überhaupt darf Die Herbe
an Teiner Stelle zu lange brechen, namentlich nicht in Buchen⸗ und Eichenbeftänden ohne
Maft, weil die Schweine fonft hungrig werden und auf das Schälen der Wurzeln uſw.
verfallen.
c) Anweifung der Zagerpläße („SchweinesUnter"); bier bleibt fajt feine
Wurzel verſchont. Verbleiben die Schweine auch nachts im Walde, jo hat das auf
eingeiriedigten Plätzen zu geſchehen.
d) Beitimmung der einzutreibenden Stüdzahl je nach der Beſchaffenheit der
Maſt (Voll⸗, Halb: oder Sprengmaft).
Einen Anhaltspunkt zur Schägung der Maſt gewährt die Erfahrung früherer Jahre.
Auf je 1—3 ha ift ein erwachſenes Schwein zu rechnen.
e) Beichräntung der Dauer des Einfchlages (Einfehmung) auf die Beit von
Mitte Oktober bis Ende Januar. Die Maft bis zu Weihnachten Heißt Vormaſt,
die nad) Weihnachten Nachmaſt,; lebtere ift insbejondere für Zuchtſchweine beftinmt.
Der Eintrieb darf erft dann beginnen, wenn hinreichende Maft am Boden liegt, weil
die Schweine jonft durch vieles Umherlaufen magerer werden, fidy nicht mehr gut zuſam⸗
menhalten laflen und allerlei Untugenden annehmen. Er muß andererfeit3 aufhören, wenn
die Maft zur Ernährung nicht mehr ausreicht; auch gefchieht nad) dem Frühjahr hin der
größere Echaden dur Schälen der Schäfte und Wurzeln.
f) Der Eintrieb darf nur in Herden von gezeichneten (gefunden) Schweinen
unter Aufficht zuverläffiger Hirten ftattfinden.
Man rechnet auf 200 Maſtſchweine einen Hirt und für je 100 Schweine mehr einen
Beihirt. Einzeleintrieb ift unzuläffig.
g) Für Zumiderhandlungen der Hirten gegen die Anordnungen der Forſtbe⸗
börbe, ingbefondere Waldbefchädigungen infolge des Eintriebs, haben die Schweine:
befiger gemeinfant zu haften.
24 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Zweiter Abſchnitt.
Schub gegen jagdbares Haarwild.
1. Aufzählung der ſchädlichtn Wildarten.
I. Hirfche (Cervidae).
1. Elchwild, Elenwild (Alces palmatus Klein).
2. Rotwild, Edelwild (Cervus elaphus L.).
3. Dammwild (Dama vulgaris Brook).
4. Rehwild (Cervus capreolus L.).
U. Schweine (Suidae)
5. Schwarzwild, Wildſchwein (Sus serofa L.).
III. Hafen (Leporidae).
6. Gemeiner Hafe (Lepus timidus L.).
7. Kaninchen (Lepus cuniculus L.).
2. Schadlichkeit.
Die vorftehenden Wildarten Schaden dem Walde durch Verzehren (Üfen) von
Baumfrücten und Waldfämereien, Verbeißen von Knoſpen, Blättern, Nadeln, jun:
gen Trieben, Zweigen (Verbiß), Herausziehen bzw. Aufäfen künftlich eingebrachter
oder durch natürlichen Sameneinfall entitandener junger Pflanzen, ferner durch Ab⸗
reißen oder Benagen der Rinde von ftehenden Stämmen, Wurzeln und herabhängen:
den Äſten (Schälen), Ubreiben und Verlegen der Rinde beim Fegen, Abbrechen
pon Bipfeln, Niederreiten ganzer Stangen, Bertreten junger Pflanzen in Saaten und
Naturverjüngungen, Herausichlagen von Samen und Pflanzen beim Plätzen, Auf-
wählen des Bodens (Brechen) und Unterminieren desfelben bei Anlage von Bauen. Je
nach der Wildart tritt der Schaden bald mehr in diefer bald mehr in jener Form auf.
Die Folgen des Wildfehadens find: Erjchwerung und Verteuerung der Be-
ftandsgründung, Zuwachsverluſte, Verfrüppelungen, Nußholzeinbuße (durch Miß⸗
bildung des Schaftes oder Holzfäulnis), größere Gefährdung der gejchädigten Bflan-
zen durch Inſekten, Pilze, Stürme, Schnee, Eisbruch uſw. und hierdurch hervor:
gerufene Krankheiten. Unter Umständen erfolgt fogar gänzliches Abfterben der be-
fallenen Individuen.
I. Zeit.
Elchwild.
1. Schädlichkeit. |
Das Elchwild!) nährt ſich hauptſächlich von den Blättern und jungen Trieben
faſt aller Laubhölzer; im Sommer nimmt e3 außerdem alle möglichen frautartigen
Land: und Sumpfpflanzen (Wollgrad, Sumpfdotterblume, Bitterklee, Löwenzahn,
Rainfarn u. a.) auf.
Seine Lieblingzäfung find Weiden (Sal-, Kriech- und Werftweide), Aſpe,
Roterle, Birke, Eherefche, Efche, Ahorn, Linde. Im Winter verbeißt e3 die Knoſpen
1) Ulrich: Ztſchr. f. F. u. Im. 1872, 69. — Martenfon, A.: Der El. Nige-
Mostau 1908.
Elchwild. Rotwild. 25
und äft 5—6 mm ftarfe Triebe der genannten Zaubhölzer. Nadelhölzer, nament-
lich Fichte, werden feltener angegriffen. Hingegen wurden in der Nähe von Mos⸗
kau ausländifche Tannenarten (Ab. nobilis) empfindlich heimgefucht. Beim Wien
reißt der Elch viele Zweige ab, bricht Wipfel um und reitet Dünnere Stämmen
nieder, um an die Triebe der Krone zu gelangen. Ferner jchält das Elchwild zum
Zwecke des Rindengenuffes junge Stämme, vorzugsweiſe Alpe, Ebereiche, Eiche,
Weide und Erle, da diefe im VBerbreitungsgebiete des Elchwildes häufig vorfommen,
und zwar biß zu bedeutender Höhe (über 2 m).
Der Hirſch fegt und ſchlägt kurz vor und während der Brunftzeit (Muguft,
September) bis zum Abwurfe des Geweihes (Ende Oktober bis Februar) glatte,
weichrindige Holzarten, beſonders Roterlen. Während der Brunft werden die Stan-
gen mehr horftweile, nah der Brunft nur noch einzeln gefchlagen.
Seiner Körpergröße entjprechend ift das Elchwild die relativ ſchädlichſte Wild-
art, da e3 eine große Menge Nahrung bedarf und dieſe faft ausſchließlich von Holz⸗
gewächſen nimmt.
2. Schutzmaßregeln.
Als wirkſam kann nur der Abſchuß bezeichnet werden, der auch in Wäldern
mit intenſiver Wirtſchaft ſeit langer Zeit!) ſchon durchgeführt worden ift, da ſich
Elchwild und Wirtſchaftswald ſchlecht vertragen.
In Deutſchland hat nur noch Oſtpreußen in der um das Kuriſche Haff ſich hinziehen⸗
den, zu den Regierungsbezirken Königsberg und Gumbinnen gehörigen Niederung einen
ſtark gehegten, 1906 auf 700—800 Stück geſchätzten Elchwildſtand. Im Königsberger Be⸗
zirk verteilt ſich der Beſtand auf ungefähr 16 ſtaatliche Reviere, im Bezirk Gumbinnen
hauptſächlich auf die Oberförſtereien Ibenhorſt und Tawellningken. Es handelt ſich hier
um weite, mit Weiden, Erle, Aſpe uſw. beſtockte Brühe und Moore, die dem Elchwild die
gewünfchten Lebendbedingungen bieten, ohne felbft in bezug auf intenfive Bewirtichaftung
durch den Wildftand weientli in Mitleidenichaft gezogen zu werben.
IL. Zeit.
Rotwild.
1. Scädligfeit.?)
Das Rots oder Edelwild jchadet durch Verzehren (AÄſen) von Früchten durch
Verbiß, Schälen, Fegen, Schlagen, Zertreten, Überreiten uſw.?)
a) Verzehren von Waldfrüchten.
Das Rotwild nimmt alle Waldfrüchte an, mit beſonderer Vorliebe Eicheln,
Bucheckern, Roßkaſtanien und Wildobſt; auch Ebereſchenbeeren und ähnliche Früchte.
1) Der Vernichtungskrieg gegen das Elchwild in den deutſchen Wäldern begann ſchon
im Mittelalter; im 11. und 12. Jahrhundert gab es nur noch in Preußen nennenswerte Elch⸗
beftände. Nach Döbel fol der Elch noch im 18. Jahrhundert in Sachſen, in der Mark uſw.
vorgelommen jein, was aber jehr unwahricheinlich ift, da die Schußlifte des äußerft jagd⸗
paffionierten ſächſiſchen Kurfürften Johann Georg I., die die Zeit 1611 bis 1656 umfaßt,
feinen einzigen Eich aufweift. Ebenjo fehlt dieſes Wild in der Schußlifte Johann Georg II,
die die Strede der Jahre 1657—1680 umfaßt. In ES chlefien joll der legte Elch 1776 er:
legt worden jein.
2) Ihrig: Suppl. zur Allg. 5. u. J.-Ztg., 1. Bd. 1857, 159. — 3) von Dom:
browstfi, Ernſt: Die Wildichäden. Weimar 1896. — von Dombrowsti, Raoul: Kul⸗
turſchutz und Waldhege. Wien 1897.
26 Erites Buch. Schuß gegen Tiere.
Eichel- und Buchelfaaten, die es auch noch nach der Keimung heimfucht, Teiden hier-
unter empfindlich, insbejondere Streifen: und Riefenſaaten im Winter. Hier zieht
das Wild längs der Streifen. Hin und fchlägt die Früchte mit den Vorläufen aus
dem Boden heraus.
b) Verbiß.
Der Berbiß findet namentlich während der Vegetationsruhe vom Spätherbite
bi8 nach Ausbruch der jungen Triebe ftatt und erjtredt fich auf alle oder faft alle
Holzgewächſe. Im allgemeinen werden Knoſpen und junge Triebe verbifien; Som:
meräfung am Laube fommt nur vereinzelt vor.
Am liebſten find dem Rotwild unter den Laubhölzern: Aſpe, Buche,
Eiche, Eſche, Ahorn; auch Hornbaum, Ebereſche, Weiden und Haſel werden verbiſſen.
Am wenigſten gern werden Birke und Roterle angenommen. Unter den Nadel:
hölgern wird die Weißtanne am meiften verbiffen; dann folgen in abjteigender
Linie Fichte, Kiefer und Lärche. Eine allgemein gültige Skala von der beliebteiten
bi zur unbeliebteften Holzart läßt fich aber nicht aufftellen, weil die örtlichen Ver⸗
hältniffe (Zufammenfegung der Beitände, Altersverhältniffe, Betriebsart, Gras⸗
wuchs, Art der Fütterung oder deren Unterlajfung uſw.) ein verfchiedenes Verhalten
des NRotwildes dem Holzwuchſe gegenüber bedingen und erflären. Der Verbiß hängt
auch anfcheinend von Liebhabereien ab; wenigſtens wendet ſich das Wild mitunter
von einer Holzart ab, die ed zeither mit Vorliebe verbiſſen hat und bevorzugt eine
andere. Gewöhnlich wird die herrichende Holzart eines Reviers im Vergleich zu
den anderen Holzarten weniger verbijfen. Diefe Eigentümlichkeit, vereinzelt vor-
kommenden, namentlich aber eingeführten, im Revier nicht heimifchen Holzarten be-
ſonders nachzugehen, hat das Rotwild mit dem Weidevieh gemein.
In den Waldungen des Aalbuch (ſchwäbiſche Alb) z. B. zeigte das Rotwild nad
Gottſchick (Krit. Bl., 48. Bd., 2. Hft., S. 269) eine bejondere Liebhaberei für das Laub
und die jungen Triebe der Bogelbeere, zumal das fäugende Mutterwild in den Monaten
uni und Juli. Waren die Stämmen hoch und nicht zu did, fo brach fie das Wild mit
bem Geäje in ca. 1,6 m Höhe über dem Boden jo ab, dab die Gipfel herabhingen, um bie
Blätter und jungen, noch marfigen Triebe abäjen zu Tünnen. Auch anderen Orts hat
man das Herabziehen, Niederreiten und Ablniden von Zaubholzheifter durch Wild beob⸗
achtet, 3.8. an Eichen in der oftpreußijchen Oberförfterei Polsdorf (Nördlinger), im füd-
lihen Böhmen (Judeich), an Ahornen in der Fürſtlich Hohenloheichen Waldung bei Ohr:
druf (Thüringen), an Hajeln zur Blütezeit behufs Abäfung der Kätzchen uſw.
In den Greifswalder Univerfitätsforften leidet nad) Wiefe') die Buche am menigften,
während Hornbaum, Salmweide, Eiche und Ruchbirke ftarl mitgenommen werden. Im vor»
deren Taunus wird — abgejehen von Eiche, Buche und Tanne — auch die Kiefer ziemlich
ſtark verbifjen und ſogar die Birke, die Fichte Hingegen faft gar nicht. Im Thüringer Wald
hingegen erftredt fich der Schaden hauptſächlich auf die Fichte, weil Diefe am meiften verbreitet ift.
In der Oberförfterei Dark wird nah von Raesfeld (Rotwild, 2. Aufl., S. 209)
Erle Start, Lärche dagegen nicht verbifien.
Der durch den Verbiß herbeigeführte Schaden befteht im mejentlichen in Er⸗
ichmerung und Berteuerung der fünftlihen und natürlichen Beftandesbegründung,
in Zuwachsverluſten infolge Kümmerns uud geringerer Wuchgleiftungen der ver:
biffenen Bilanzen, in Bodenrüdgang und Verunfrautung infolge langen Ausblei-
bens des Schluſſes, ſowie in ungleicher und mangelhafter Beſtandesentwickelung.
1) Siehe die Rezenſion über R.von Meyerinds: Naturgeichichte des Wildes (Forftl.
Bl., N. F. 1877, Suppl., ©. 27.)
Rotwild. 27
Abb. 2. Unter der „Motwilbichere” befindliche Fichtentultur.
Bei fehlender Äſung verzehrt dad Rotwild junge, aus dem Schnee hervor⸗
ragende Pflanzen faft ganz. Friſch gefegte, noch nicht eingewurzelte Pflanzen wer⸗
den bei bem Verſuch des Verbeißens aus dem Boden herausgezogen. Namentlich
in Hügelpflanzungen wird die Hierdurch dem Kultivator bereitete Überraſchung un
angenehm. Im Beftandesfchatten ftehende Jungmwüchfe werben zwar im allgemeinen
weniger gern angenommen als Kahlſchlagkulturen, trogdem ift es vielfach ganz uns
möglich, natürliche Verjüngungen, Unterbaue, Horft und gruppenweife eingebrachte
Laubhölzer, Tannen und Egoten ohne Einzäunung ber betreffenden Flächen in die
Höhe zu bringen.
BVerfchiedenheiten in der Schabenhöhe zeigen ſich ferner nah Geſchlecht und
Alter des Wildes, fowie nach der Lage und Größe der Kultur bzw. Verjün—
gungsfläche.
Hirſche und alte Tiere z. B. ſchaden durch Verbeißen mehr als junges
Wild, da ſie höher an den Wüchſen emporreichen. Süd- und Weſtlagen leiden
mehr als Nord⸗ und Oſthänge, weil das Wild dort ſeinen Winterſtand nimmt. Am
meiſten bedroht ſind die unteren Hälften der Sommerhänge bzw. die an das Feld
ftoßenden Beſtände, weil ji das Rotwild im Winter aus den Höhenlagen in den
tieferen Gegenden zufammenzieht. Hier zeigen fi, zumal in Buchen, Tannen-
und Fichtenhegen, jene traurigen kegelförmigen Kollerwüchſe, beren alljährlich neu—
gebildete kurze Geitentriebe ebenfo wie der Gipfeltrieb fortgefegt der Rotwild»
„ſchere“ unterliegen, fo daß fie fich, wie E. von Dombrowski (Wilbfhäden, ©. 39)
ganz richtig jagt, ald Beeteinfaſſung in einem Park recht nett ausnehmen würden
(Abb. 2). Erſt wenn fie unten derart in die Breite gegangen find, daß der Gipfel-
trieb vom Wilde nicht mehr ohne weiteres erreicht werben Tann, fiegen fie über das
28 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
Wild (Abb. 3). Dem ertremen Wild⸗
freunde mag e3 dann immerhin ein bes
fcheidener Troft für den gebulbig ertra»
genen 15—20Ojährigen Zuwachsverluſt
fein, daß folhe in den Wurzeln erftarkte
Pflanzen das verfäumte Höhenwachstum
einigermaßen nachzuholen feinen. Bei
alljährlich wiederkehrenden und ſtarkem
Verbiß kommt es aber oft überhaupt
nicht zum Hochwerden. Die Pflanze bleibt
vielmehr ftet3 ein niedriger Buſch (gilt
namentlich für die Buche).
Die Größe der Kulturfläde
beeinflußt den Verbißſchaden infofern,
als ſchmale, Heine Schläge, Loshiebe,
Saumſchläge u. dgl. den Schaden kon—
zentrieren. Den Vorwurf der größeren
Schädigung erhebt von Dombrowski
im Gegenfaß hierzu gegen die allzu gro:
Ben Schläge, in denen das Wild in grö⸗
Beren Rudeln ungeftört den ganzen Tag
verbringe. Im Einzelfalle mag das rich»
tig fein, im allgemeinen aber dürfte das
Wild auf den Heinen, von Didungen und
hohem Holze umgebenen Kulturen unges
ftörter und vertrauter dem Verbißgeichäfte nachgehen als auf den großen Kahlflächen.
Auch Froftpartien find wegen bes zögernden Wachstums ber Hier befindlichen Pflan:
zen dem Wildverbiß fehr Lange ausgefegt. Weiter ift die Aulturmethode nicht
ganz ohne Einfluß auf den Umfang des Verbißſchadens. Die pflanzenreichere Saat
zeigt ſich wibderftandsfähiger als die Pflanzung; Reihenpflanzungen hält man auf
manchen Seiten für gefährdeter als unregelmäßige Pflanzungen, Büfchelpflanzungen
für vorteilhafter als Einzelpflanzungen.
Die Größe des Schadens hängt endlich, abgefehen von ber Stüdzahl und den
Gewohnheiten des Wildes, ab von dem Heilvermögen, ber Reproduktionskraft und
Raſchwüchſigkeit ber befallenen Holzarten an ſich, ſowie von den Standortöverhält-
niffen.
Bude und Hornbaum vertragen den Berbiß, obſchon erſtere nur ein geringes Nepro-
buftionsvermögen befigt; ebenjo ift Eiche wegen ihrer reichen Ausichlagsfähigfeit jehr wi:
derftandsfähig, Eſche Hingegen weniger, und der Ahorn erholt jich, einmal verbiffen, noch
langjamer. Die Nadelyölzer find im allgemeinen empfindlicher ald bie Laubhölzet. Am
leichteften unter ihnen verwindet den Schaden die Tanne, weniger leicht die Fichte. Bei
fämtlichen Holzarten geht die Uusheilung des Wildverbifjes überhaupt deshalb nicht ganz
glatt von ftatten, weil die VBißfläche, der Zahnkonſtruktion des Wildes entiprehend, eiwas
zerqueticht und faferig ift. Der Verbiß ift mehr ein Abreißen bzw. Abrupfen als ein
ſcharfes Ubbeißen. Auf fräftigen Standorten erfolgt die Ausheilung bei allen Holzarten
raſcher als auf geringeren Böben.
Mb6.3. Hocgemorbene Berbisfichte.
Rotwild. | 29
c) Sqãlen.
Das Schälen!), d. h. das mehr oder weniger gemohnheit3mäßige Abreifen
und Abnagen der Rinde an Stämmen und Tagwurzeln, ift die bei weitem empfind-
lichſte Beſchädigung. Die abgejchälte Rinde wird in der Megel vom Wilde verzehrt.
Das Rotwild fchält folgende Holzarten:
a) Fichte, Eiche, Eiche, am meiften,
b) Zanne, Buche, Hormbaum, Ahorn, Aſpe und ſonftige Pappeln, ſowie Haſel
weniger,
c) Kiefer, Schwarzkiefer, Lärche, Erle und Birke am wenigſten.
Eine allgemein gültige abfteigende Reihe der Holzarten in bezug auf den Schäl-
fchaden läßt fich aber nicht aufitellen, weil bei diefer Beſchädigung zu viele andere
äußere Verhältnifie (Standortd- und Beitandsbeichaffenheit, natürliche Afung, Füt-
terungsart des Wildes uf.) mitwirken.
Nah Seibt (a.a.D., ©. 9) werden Eiche und Eiche in einigen Gegenden auf Ba-
falt, Buntjandftein und Difuviolfand nit oder nur wenig, auf Plänerlalf, Keuper und
Lias Hingegen ftärker gejchält, Buche und Ahorn werden auf Kalk und Bajalt mit geringen
Ausnahmen am ärgften, auf Duader- und Bundjandftein, wie auf Diluvialfand am wenig:
ften angegangen.
Am liebften find dem Wilde 20—40 jährige, frohwüchſige Fichtenftangenhöfger
und 15—20jährige, kräftige Eichenftodausfchläge?); jedoch fommt das Echälen (an
Fichten) Schon an 10jährigen Stämmen und bis zum 6Ojährigen Alter vor. In
Kiefernforiten bleibt eg auf 10—20jährige Orte bejchräntt, weil fpäter bie Borke
zu did wird. Beginn und Dauer der fchälgefährdeten Periode hängen nicht jo jehr
vom Alter des Einzelbaumes als vielmehr von feiner Entwidelung und der Be
Ihaffenheit feiner Rinde ab.
Unter den Stangenhölzern werden die durchforſteten Beſtände vom Wilde
bevorzugt, weil ihm die im Lichtftand entmwidelte faftigere Rinde bejonders ange:
nehm ijt, namentlich aber weil der räumige Stand den Zutritt des Wildes zu den
einzelnen Stangen erleichtert. Lücken, die durch da3 Eingehen geichälter Stangen ent-
ftehen, werden infolgedefjen oft mehr und mehr vergrößert. Auch im Niedermwalde find
die vom Raumholz befreiten Beftände der Schälgefahr mehr ausgejegt als die noch dicht
geichloffenen. Dichte Beſtände überhaupt, ebenjo Bäume mit rijjiger, rauher Rinde,
zeitiger Borkenbildung, enger ftarler Beaftung. wie fie fich 3. B. an lange Beit ver:
biffenen Exemplaren findet, find vor Schälangriffen einigermaßen geſchützt.
» Das Schälen findet mit Vorliebe in ſolchen Waldungen ftatt, wo ſtarke Wild-
ftände durh Zäune vom Felde abgehalten werden (Tiergärten), beſonders dann,
— — —
1) Zur Literatur: Pape, L. P. A.: Das Schälen des Rotwildes in den Fichtenbeſtän⸗
den des Harzes. Clausſthal 1858. — Kärner, W.: Das Schälen des Rotwildes mit be:
jonderer Berüdfichtigung der Wildfütterung. (Thar. Ihrb. 1880, 39). — Neuß, H., jun.:
Die Schälbeihädigung durch Hochmwild, ſpeziell in Wichtenbeftänden. Berlin 1888. — Der/.:
Zur Illuſtration der Folgenadjteile der Schälbefchädigung durch Hochwild im Fichtenbeftande.
Wien 1900. — Reuß, Oberförfter: Ztichr. F. %- u. Iw. 1889, 647; 1891, 400. — Fuckel:
Daf. 1891, 108. — Kaſparek: Unterjuchungen und ftatiftiiche „Ergebungen über das Schälen
des Wildes, Btichr. f. d. landwirtſch. Verſuchsweſen in Üfterreich. 1904, 858. Ranz:
Allg. 5. u. Z.-Btg. 1898, 128, 152. — Seibt, H. M.: Das Schälen des Rotwildes Eine
Studie. Berlin 1911.
2) Am Taunus werden Eichenſtockſchläge mit ſchöner, glatter Spiegelrinde mehr ge—
ſchält als Fichtenſtangenhölzer.
30 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
wenn durch Bevorzugung der Nadelholzwirtihaft einförmige Wald- und Äfungs-
verhältniffe gefchaffen worben find.
Man hat vielfach beobachtet, daß das Schälen zunächſt nur von einzelnen
Stüden ausgeübt wurde. Bald aber lernte es ein Stüd Wild von dem anderen,
und zufegt ſchälte ber ganze Wildftand bis herab zum Kalbe. In nicht überfegten
freien Wildbahnen ſchält das Wild oft gar nicht oder nur unbedeutend. Es gibt
Heute in Deuiſchland, Öfterreih-Ungarn, Dänemark und Rußland noch ſchälfreie,
mitten in Echäfgebieten liegende Waldinfeln.
Schälneigung und Schälgeihidlichkeit hängen nicht, wie man hin und wieder
gefunden haben will, von Geſchlecht und Alter des Wildes, fondern vom Indivi—
duum ab. Die Beobachtung, daß Kolbenhirſche, ferner alte Kopf- und Gelttiere be>
ſonders ſtark jchälen, ftimmt nicht allgemein.
Man unterfcheidet Ring» und Streifenihälung, je nachdem die Rinde
ringsum oder bloß’ in Längöftreifen abgeſchält wird. Ringſchälung ijt bei weiten
ſchädlicher, kommt jedoch nur felten vor. Die Streifenſchälung kann entweder bloß
einfeitig ober an mehreren Seiten erfolgen; vorherrichend findet (bei Fichten) ein=
feitige Schälung ftatt, und zwar vielfach an ber oft durch weniger rauhe Rinde aus:
gezeichneten Norboftjeite der Stämme. In gefchloffenen Beſtänden macht das Wild
jedoch meift feinen Unterſchied, fondern ſchält an allen Seiten. Wird die Riidesan
einer oder an verfchiedenen Baumfeiten übereinander fo abgerifien, daß dazivifchen
unverlegte Rindenpartien jtehen bleiben, jo nennt man dies Stufen= oder Etagen:
ihälung (Abb. 4). Diefe Schälart
kommt bejonders bei Eichen, Buchen,
Eichen uſw. vor, weil fich die Rinde
bei diefen Holzarten nicht in langen
Streifen abziehen läßt. Bumeilen
hängt die Stufenſchälung auch mit ver:
ſchieden hoher Schneelage zufammen.
In bezug auf die Schälzeit
unterfcheidet man Sommer: ober
Saft: und Winterfchälung.
Bei dem Sommerjhälen
beißt das Rotwild die Rinde mit den
Schneidezähnen bis auf den Splint
durch, Hält den losgeriſſenen Teil mit
Zähnen und Oberlefze feſt und reißt
durch Zurückgehen und gleichzeitiges
Heben des Kopfes einen mehr ober
weniger breiten Streifen, ber ſich nach
oben zu gewöhnlich keilförmig zu⸗
fpigt, ab (Abb. 5a). In vereinzelten
Fällen wird der Rindenftreifen auch
nad) unten abgezogen.
Das Winterſchälen ift mehr
Abb. 4. Abb. 5a und üb. ein Abnagen bzw. Bejchaben der Rins
Stufenihälung Sommerjdälung Binterfhälung . » J
an Ciche an dichtenſtangen de. Hierbei werben ſchmale Rinden⸗
Notwild. al
ftreiien in der Weife abgerifien, daß die Verwundungen oft nur bis auf den Baft
gehen unb überall berindete Längsftränge zwiſchen den Zahnſpuren ftehen bleiben
(Abb. 5b). Bei hoher Schneelage erftreden fich die Wunden oft ziemlich Hoch. Die
abgenagte Rinde wird im Winter ſtets verzehrt. Das Winterfchälen ift im allge-
meinen weniger gefährlich als das Sommerſchälen. Bei flächenweifer Bloßlegung
des Holzkörpers aber kann es leicht ebenfo nachteilig werden wie das lettere. In
der Nähe von Fütterungen und in den Winterjtänden bes Wildes laſſen fich oft ge-
nug ganz verderbliche Wirkungen des Winterſchälens beobachten.
In der Oberförfterei Gahrenberg (bei Münden), wo vorzugsweile Buchen geichält
werben, ift in ben 1880er Jahren die auffallende Beobachtung gemacht worden, daß ein-
zeine Hirfche, unter Schonung der Bähne, mit dem Geweihe geſchält haben. Die Spitzen
der Aug- und Mittelfproffen murden Hierdurch mehr oder weniger abgeichliffen, was an
den Abmurfftangen beftätigt werden Tonnte. Die Augſproſſen jehen aus, ald babe man
ihnen die vordere Hälfte abgelägt und dann den jcharfen Rand rund gefeilt.”)
Die Größe der Schälftellen ſchwankt außerordentlih. Man findet Schälftellen
von wenigen Bentimetern Länge und Breite, biß zu folchen von 1,50 m Länge und
20 und mehr cm Breite. Die Schalhöhe entjpricht naturgemäß mehr oder weniger
der Geäſehöhe des an den Stamm berantretenden Stüdes. Durchichnittlich Tiegt
die Schälftelle in der 0,50—2 m über dem Erbboden gelegenen Stammpartie, an
fteilen Hängen meift höher als auf ebenen Flächen, weil das Wild von oben heran«
tritt. Beſonders ſchälwütige Wildbeftände beſchränken ſich bisweilen nicht auf das
Schälen der Rinde in der angegebenen Stammregion, fondern reißen auch am Wurzel⸗
anlauf, ja jogar an den zutage liegenden oder durch Wegfchlagen der Streudede erft
freigelegten oberflächlidden Wurzeln die Rinde ab.
Was Tageszeit und Witterung betrifft, jo erfolgt das Schälen befonders
in ber Abend: und Morgendämmerung, wenn das Wild austritt bzw. von der fung
zu Holze zieht. Schälgermohntes Wild ſchält aber auch zu anderen ZTagezzeiten.
Naſſe Witterung wirft anfcheinend anregend auf die Schälneigung; die durch den
Regen aufgeweichte Rinde wird vom Wilde lieber angenommen ala trodene. Unter
den Jahreszeiten iſt dad Frühjahr im allgemeinen die jchälintenfivfte Periode Am
wenigsten fcheint während der Brunftzeit geichält zu werden.
Rah Aufzeichnungen in den Gräflich ThunsHohenfteinfhen Yorften”) der Domäne
Tetſchen (Böhmen) geftaltete ſich die prozentige Verteilung der Schälwunden in ben drei
Jahren von Anfang September 1867 bi8 Ende Auguft 1870 je nad Monaten wie folgt:
September .................. 3 März (Marimum) ........... 17
Oftober (Minimum). ......-. 2 ÜUpril. .................... 16
November ... .............. 6,Mai ................ ...... No:
Dezember................... 80 Juni ...................... 5 °
Januar .................... 11 Juli ....................... b
Februar... ............... 13 Auguſt .................... 7
Die äußerſt nachteiligen Folgen des Schälens für Bäume und Beſtand
ſind primäre und ſekundäre; fie entziehen ſich in vielen Fällen der richtigen Be-
urteilung, weil fie, von der Ringichälung abgejehen, meift nicht jofort, jondern erft
in |päteren Jahren in Erjcheinung treten.
Die primären Schäden beftehen in Zuwachsrückgang und Nutzholzeinbuße,
oder mit anderen Worten in Entwertung des Einzelbaumes und unter Umftänden
— — — — —
1) Milani, A: Münd. forſtl. H. VII, 1895, 16. — 2) Btichr. f. F. u. Iw. 1872, 149.
32 Erftes Buch. Schup gegen Tiere.
in vorzeitiger Abtriebsreife des ganzen Beſtandes. Die durch die Schälwunden her⸗
beigeführten Beeinträchtigungen bes Höhen- und Stärkenzuwachſes find zwar nach
ben vorliegenden Unterfuhungen nicht jo beträchtlich, wie man zunächſt anzunehmen
geneigt ift, immerhin würben fie auch ohne Hinzufommen der durch das Schälen
herbeigeführten Holzverfchlechterung Hinreichen, den Ernteertrag weſentlich zu ver-
Heinern.
Bei vergleichenden Unterfuhungen der Bumachsleiftungen an geſchälten und unge-
ſchälten Fichten fand Reuß') auj drei verichiedenen Schlägen an ben gefchälten Fichten
eine um 4,4, 3,2 und 5 cm gerin«
gere Durchſchnittsſtärle gegenüber
den nicht geihälten Stämmen. In
einem anderen Falle fand berjelbe
Autor?) bei Unterjuhung von 238
geihälten und ungeihälten Stämmen,
daß die Zuwachsleiſtungen nad der
Scäfverwundung raſch zurüdgehen.
An den geihälten Stämmen jant
die mittlere Stärlenzuwachsleiſtung
im erften Jahrzehnt nach der Ehä-
fung von 4,66 auf 2,90 cm, d.
um 38%, im nicht heſchalten Ber
ftandsteile dagegen von 4,73 auf
3,74 cm, d. i. um 20%. Zu ähne
lichen Ergebniffen gelangte Gehr⸗
Harbt®) bei Unterjuhung von 120
gefunden und ebenfoviel geſchälten
Brobeftämmen eines thüringiichen
Fichtenreviers. Die geihälten Stäm-
Abb. 6. QDuerſchnitt durch eine gutüberwallte 6o jahr Shälfihte. me erwieſen fich in ber Regel kürzer
als bie unverlegten und blieben die⸗
fen gegenüber um fo mehr in der Maſſe zurüd, je ftärter fie waren. Der Mittelftamm des ger
{häften Beftandes war durchſchnitttich um etwa 2,5 cm ſchwäͤcher als der des nicht gejchälten.
Wirtſchaftlich weit bebeutungsvoller als der Zuwachsverluſt ift die durch die
Schälverwundung in fehr vielen Fällen herbeigeführte Holzverſchlechterung
Die beim Schälen und zwar namentlich beim Sommerſchälen entftehende Wunde
vermag nur durch Überwallung von den Rändern her auszuheilen. Geht dieſe
Überwallung infolge Reinheit der Schälwunde, großer Reproduftionstraft der Holz⸗
art und fonft günftiger Umftände ſchnell vonftatten, fo läßt fi der Schaden allen:
falls ertragen. Er bleibt dann im wejentlichen auf unregelmäßigen Verlauf ber
Zahresringe an der Schälftelle und die damit verbundene Deformierung des Schaftes
befchränft (Abb. 6).
In nur wenigen Fällen aber ift der Verlauf der Ausheilung ein jo befriedigen-
der. Infolge Nachlaſſens der zunächſt energifchen Tätigkeit der Überwallungsränder
bleiben alle größeren Schälwunden Iange Zeit, unter Umſtänden 20 und mehr Jahre,
offen und der Einwirkung der Atmofphärilien, ſowie dem Angriff von hofgzerfegenden
Pilzen, Hin und wieder auch von Inſekten ausgejeßt. Der Holzlörper trodnet ein,
reißt namentlich im Toderen Frühjahrsholze auf und geht auch ohne Mitwirkung
1) Reuß, 9: Die Schälbeſchädigung durch Hochwild. 112j. — N Derj.: Zur
Illuſtration der Folgenachteile der Schälbeihädigung. 26. — 3) Allg. 3. u. IrBig.,
1905, 371.
Rotwild. 33
ſaprophytiſcher oder parafitärer Pilze in ein hin und wieder als „Hartfäule“ bes
zeichnetes Berfegungsftabium über, wobei er eine gelbe bis braune Färbung an=
nimmt. Schon dadurch tritt eine weſentliche Entwertung des unteren Schaftftüdes
ein, bie fi um ſo mehr fteigert, je mehr durch Hinzufommen von Hofzpilzen eine
nad) innen, oben und unten ſich außbreitende Rotfäufe für weitere Zerjegung bes
Holzes forgt (Abb. 7).
In welch' hohem Mafe das Auftreten von Rotfäule durch die Schälwunben begũn.
ſtigt wird, geht aus den oben angezogenen Unterſuchungen von Reuß und Gehrhardt
deutlich hervor. Reuß fand in ben verſchiedenen unterſuchten Beſtänden 41-93 %, der
geſchälten Stämme rotfaul, während im nichtgefchälten Veftandsmaterial die Rotfäufe zwi⸗
ſchen 040%, fhmantte. Ger:
hardt ſtellte unter 120 geſchälten
Brobeftämmen 90°, als mehr ober
minder anbrüchig feit, während unter
den 120 nicht geichälten mur 3 ſich
als nicht gefund erwiefen.
Wie weit ſich die Rotfäule nah
oben und nad} unten erftredt, Hängt
vom Alter der Schälmunde und von
dem des Baumes ab. Im älteren
Baum greift bei gleichem Alter ber
Schälftelle die Berjegung in ber Re⸗
gel weiter um ſich als im jüngeren.
Gehrhardt fand, da im Stangen-
holzalter durchſchnittlich 2 m, im
Baumholzalter durchſchnittlich 3 m
von geichälten Fichten infolge von
Rotfäule ins Brennholz geichnitten won. 7. Querjhnitt durch eine im Sommer gefcjälte, noch nicht
werden müflen und fonftatierte, daßz übermollte Wictenftange. ade Edälftelle, aa mit Sarg burd-
bei 77 rotfaufen Gchälfihten der tränfte Holgteile der Rerngone.
Stod noch geſund, bei 31 anderen aber ebenfalls ſchon rotfaul war. Reuß beobachtete an
feinen Schälfihten ein Anfteigen der Säule bis zur Marimaldurdichnittshöhe von 4,05 m;
im ungejhälten Beftandsmaterial erreichte fie nur die Hochſtdurchſchnittshöhe von 0,80 m.
Es Tiegt auf der Hand, daß die genannten Folgen des Schälens: Zuwachs—
verluft und Oualitäteverſchlechterung in einer mehr ober weniger erheblichen Ab⸗
minderung des Material und Geldertrages zum Ausdrud fommen müſſen. Wie
hoch fi) diefer Ertragsverluſt im einzelnen Falle ſtellt, läßt ſich allgemein nicht bes
mefjen, da allerlei Umftände: Alter des Beftandes und der Schälftellen, Größe und
Häufigkeit der feßteren, Ausheilungsvermögen der Holzart und Standortöverhäftniffe
für das Maf des Schadens bedingend find.
Getrennte Wufarbeitung des geichälten und nicht geſchälten Materials auf fünf, in 60--82:
jährigen Fichtenbeftänden geführten Verſuchsſchlägen ergab nah Reuß (Folgenagteile, ©. 29)
im geihälten Beftandsteile ein Nutzholzprozent von 40, im nichtgefchälten von 77,9. Der
Gefamtburdjichnittserkrag ftelte ſich im Schälholze auf 1194 Mf. für 1 ha, im gefunden Holge auf
2638 Mt., die durchſchnittliche Bodenrente im geichälten Material auf 3,42 MA, im ungeſchälten
auf 12,22 Mt. — Gehrharbt beredynet in dem von ihm herangezogenen 482 ha großen Fich
tenreviere für 1 ha der Abnutzungsfläche einen Gejamtihälihaden von 684 Mf., nämlich
284 Mi. Schaden durch Zuwachsrüdgang und 400 Mf. Schaden durd) Oualitätsverihledhterung.
Wenn fi) auch bei minder ftarfen VBeihädigungsgraden al3 wie jie den vorftehenben
Berechnungen zugrunde gelegt jind, weniger hohe Schadenziffern ergeben werden, fo dürfte
doch in allen färfer geichälten Fichtenbeftänden, wenn fie im üblichen Abtriebsalter zur
Nugung fommen, die Annahme einer auf rund 30°%,, ſich belaufenden Entwertung als nicht
zu hohe Einſchätzung des Schälſchadens zu bezeichnen jein.
Heb, Forfäug- I. & Aufl. 8
34 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
7 Zu dieſen verderblichen Einwirkungen
des Schälens auf Zuwachs und Holzbeſchaf⸗
fenheit geſellt ſich in ſehr vielen Fällen als
ſekundärer Nachteil geſteigerte Bruch-
gefahr bei Sturm, namentlich aber bei
Schnee⸗ und Eisauflagerung. Durch die
Schätftelle und die von ihr ausgehende Zer⸗
fegung bes Holzes wird die Widerjtands-
fähigkeit des Schaftes felbftverftändfich mehr
oder weniger gemindert, jo daß oft jchon
bei einer verhältnismäßig geringen Schnees
ober Eisbelaftung Schaftbruch erfolgt, und
zwar regelmäßig in oder dicht über der
ad Scälftelle Schätftelke.
Das Eintreten diefer Kalamität kann leicht zu einem frühzeitigeren Abtriebe
dieſes oder jenes Beftandes nötigen wodurch wiederum Verlufte und Wirtfchafts-
ftörungen hervorgerufen werben. Als weitere Folgeerſcheinung bes Schälens wird
öfters noch gefteigerte Empfindlichkeit der geſchälten und infolgedeſſen kränkelnden
Beftände für Anfektenangriffe (durch Nage-, Borken:, Bodtäfer, Holzweipen uſw.)
namhaft gemacht. Nach ben vorliegenden Erfahrungen ift diefem Umftand eine grö-
Bere Vebeutung aber nicht beizumeffen.
Die Überwallung ber Schälwunden geht unter den Laubhölzern am
raſcheſten bei der Eiche vonftatten. Selbſt in ben günftigften Fällen bleiben aber
ftet3 Meine Schäden bzw. lokale Faulftellen im Inneren zurüd (Abb. 8 und 9).
Auch bei der Eſche überwallen die Wunden raſch; doch iſt diefe Holzart infolge ihrer
bis zum Baumalter glatt bleibenden Rinde fehr gefährdet und empfindlich. Buche
und Hornbaum leiften im Ausheilen weniger, und noch ſchwerer erholt ſich der
Ahorn. Unter den Nadelhölgern ftellt ſich die Sfala in abfteigender Reihe etwa:
Tanne, Lärche, Weymouthäkiefer, Kiefer, Fichte. Eine fo vollſtändige Überwallung an
fegterer, wie fie in Abb. 6 (nach Pape) dargeftellt ift, kommt nicht jo häufig vor.
Bid zum vollitändigen Schluffe der Wunden verftreihen bei Fichten meift 10—20
Jahre und barüber.
Im übrigen find, wie ſchon oben erwähnt wurde, Umfang der Schäfftelle,
Schälzeit, Wiederholung der Beichädigung, Beitandsalter und Standorts:
verhältniffe für die Schnelligkeit des Überwallens und damit für das Maß des
Schadens bedingend. Unter ſonſt gleichen
Umftänden ift Die Größe des Schadens dem
Umfang der Schäfftelle ‚proportional.
Wird das Schälen, wie häufig vor—
tommt, an bemielben Baume wiederholt,
fo verzögert ſich die Ausheilung. Je jünger
der befallene Beitand, je kräftiger der Bo—
‚ den und je frifcher die Lage ift, defto raſcher
ſchließen fih die Wunden.
— Bei den Nadelhölzern wird bie grö-
66.9. Querſchnitt durch dieſelbe Eiche ce Schälftene. Bere Gejährlichfeit der Sommerſchälung einiger-
Rotwild. 3
bj
maßen aufgehoben durch die Bildung eines anttjeptiich wirlenden Harzüberzuges. Er ent-
fteht auf dem biloßgelegten Holzkörper dadurd, daß bald nad der Berwundung aus den
in den Marfftrahlen verlaufenden Harzkanälen Terpentin in Geftalt Heiner Tropfen aus:
tritt. Sınmerhin wird hierdurch das Innere der Wundfläche nicht jo jorgfältig geſchützt,
wie e3 an den Wundrändern dur das aus den Harzlanälen der verlegten Rinde aus»
fließende und bald erftarrende Terpentin gejchieht. Am rajcheften und vollftändigften bildet
ih der Harzüberzug bei der Kiefer und Schwarzkiefer; dann folgen etwa Fichte und Wey⸗
moutbstiefer. Die Lärche bleibt an der Schälftelle faft Harzfrei.
Es dürfte ſchließlich angemeſſen jein, mit einigen Worten auf die Entftehung
des Schälſchadens und die verjchiedenen Hypotheſen einzugehen, die in bezug auf
die Urfache diefer widerwärtigen Beichädigung aufgeftellt worden find.
Die alten Forjtwirte kannten den Schälihaden faſt gar nicht.!) Solange der
Wald noch nicht fo intenfiv bewirtichaftet wurde als es jet der Fall ift, und fo:
fange Plenterbetrieb und Mittelmaldwirtichaft vorberrjchten, fand fich in den Be
jtänden überall fo reichliche Nahrung (Buchedern, Eicheln, Wildobft, Gräfer und Forft-
unfräuter) vor, daß es dem Wilde nicht an Afung fehlte. Mit der Zeit wurde aber
das Waldareal zuguniten der Landwirtichaft immer mehr verkleinert. An die Stelle
ber majttragenden Laubhölzer (Eiche, Buche) ift auf weiten Streden das Nabel-
holz getreten und bie vom Wilde bevorzugten Weichhölzer wurden forgfältiger aus
den aufwachſenden uniformen Beftänden entfernt. Der Graswuchs trat infolge der
Aufforftung jeder Heineren Blöße .und der Erziehung gleichmäßiger gefchloffener
Beitände mehr und mehr zurüd. Unterftellt man hierzu, daß kalte, fchneereiche
Winter den Mangel an natürlicher Afung in empfindlicher Weife fteigerten, ein Er:
ja durch Fütterung aber nicht geboten wurde, fo erjcheint die Annahme nicht un⸗
möglich, daß das Wild in irgendeinem Hungerjahre zunächſt aus Not anfing zu
Ichälen. Seit diefer Zeit hat es dann dieje Gewohnheit beibehalten.
Auf manden Seiten ift man der Anficht, daß die in den Nadelwaldungen der
Gebirge meist übliche und im Eichenichälwald notwendige Saftfhälung die Schäl-
neigung begünjtigte. Beim Beſuch der Nindenichläge, Belnappern der Lohrinden
und Beleden der Schälhölzer fei da8 Wild dahinter gefommen, daß die Rinde etwas
ganz Brauchbares fei. Ob diefe oder eine andere Anfchauung über den Sündenfall
des Wildes die richtige ift, wird ſich nie Harftellen laſſen. Sicher aber ift, daß bie
Schälneigung eine erft in neuerer Zeit entjtandene bzw. fühlbar gewordene, im mo-
dernen Wirtſchaftswalde potenzierte Kulturkrankheit des Wildes ift. Nach
Erfahrungen in einigen Waldgebieten jchält das Wild erft feit dem Ende der 1840er
Sahre in bemerkenswerter Weiſe.
In den Fürftlih Claryſchen Waldungen (Böhmen) datiert der Schälfchaden nad Hol:
feld feit etwa 1849, und zwar fällt der Beginn des Schälend mit der Einführung des
Safthiebes in den Fichtenwaldungen zufammen. Am Harze ift das Schälen an Buchen
gleichfalls erft feit den 1840er Jahren in bedenklichem Grade aufgetreten (zuerft im Ober:
forfte Seejen). Auch im Thüringer Wald hat das Wild früher nicht gefchält; wenigſtens
zeigen fich in den jebt fchlagbaren Fichtenbeftänden faum Spuren alter Schäljchäden.
Die für die Belämpfung der Schälfhäden höchſt bedeutungsvolle Vorfrage
nach der oder den Urſachen des Schälensg ift ihrer Wichtigkeit entiprechend oft auf:
gervorfen und beanttwortet, aber noch nicht gelöft worden. Bet der Erklärung der
1) Die erften Klagen {von Göſchhauſen 1710, von Rohr 1722, Döbel 1746, Boſen
1753) ſtammen aus der erften Hälfte und aus der Mitte des 18. Kahrhunberts.
3*
36 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Schälfrage begegnet man vielmehr zahlreihen Widerſprüchen, die über ben hypo⸗
thetifchen Charakter der Einzelerflärung feinen Zweifel laſſen. Man betrachtet als
Schälurjade:
1. Hunger, Not, Nahrungsmangel, in quantitativer und qualitativer Hinficht.
Es darf angenommen werden, daß dieſe Erklärung für viele Verhältniffe, ganz be=
fonders bei Winterfchälung, zutrifft.
2. Bedürfnis nach gewiffen, in der Rinde enthaltenen Stoffen, die dem Wilde
im Gegenſatz zu früher durd) AÄſung bzw. Fütterung jetzt nicht mehr zugeführt wer⸗
den, die es aber braucht. Als ſolche Stoffe werden angeſehen: Gerbſtoff, phosphor⸗
ſaurer Kalk (Holfeld, Neumeiſter, Kaſparek), Salz Zucker, Vegetationswaſſer
(von Dombrowski).
3. Eine Krankheit ähnlich der Leckſucht des Rindes, d. h. das unter Umſtänden
(z. B. bei Mangel an mineraliſchen Nährſtoffen, bei krankhafter Dispoſition des
Magens uſw.) auftretende Gelüſte nach einer fremdartigen Subſtanz.
4. Degeneration des Wildes infolge von Inzucht oder ſchlechten Afungs- und
Fütterungsverhältniſſen.
5. Unart, üble Angewohnheit, Mutwille, Spielerei.
6. Angeborene Lecker⸗ und Naſchhaftigkeit.
7. Trockenfütterung (Drömer).
Mit Ausnahme des an erſter Stelle genannten Nahrungsmangels vermag
keine andere der angeführten Urſachen als befriedigende Erklärung der Schälfrage
zu dienen. Aber auch die Hungertheorie kann keineswegs für alle Fälle als unan—⸗
fechtbare Deutung angejehen werden. Da e3 weiterhin — angefichts des zeitlich
ziemlich übereinftimmenden allgemeinen Auftretens der Schälplage im vorigen Jahr⸗
hundert — nicht angängig ift, bald diefe, bald jene Urjache als enticheidende Ver⸗
anlafjung zum Schälen zu betradhten, muß der von H. Reuß, E. von Dom:
browski, Heß, Kaſparek, Seibt u. a. vertretenen Anficht beigepflichtet werden,
daß der Schälfehaden aus dem Zuſammenwirken verjchiedener Umftände zu erklären
ilt. Vor allem find die im modernen Wirtfchaftäwalde gegen früher weſentlich um⸗
geftalteten waldbaulichen Verhältniſſe, ferner die mit der Wildfchadengejeggebung in
Bufammenhang ftehende Feldiperre und die aus beiden fich ergebenden veränderten,
meiſt jchlechter und ungünftiger gewordenen Ernährungsverhältniffe des Wildes ala
mitwirfende Faktoren bei der Entitehung und Ausbreitung des Schälübels zu be-
tracdhten. Wenn E. von Dombrowski da3 Schälen einen „Verzmweiflungsalt der
Notwehr”, Seibt eine „Anpaffung an veränderte Lebensbedingungen“ nennt, fo
treten beide dem wohl richtigen Standpunkt von H. Neuß bei, daß das Schälen
nichts anderes ift als eine Neaktion des Wildes auf die ihm im heutigen Wirt-
ſchaftswalde aufgezwungene unnatürliche Lebensweiſe.
d) Segen und Schlagen.
Das Fegen der Hirfche (Kolbenhirfche) zur Entfernung des Bafte von dem
beredten Geweihe gejchieht Ende Juli und August, gewöhnlich bei Nacht, an ajt-
freien ſchwächeren Stangen der Linde, Aſpe, Salweide, Lärche, Kiefer, Weymouths⸗
fiefer, Tanne, Ahorne, Roßkaſtanie uſw., zumal wenn diefe Holzarten in einzelnen
Eremplaren auftreten und freiftehenb einen bequemen Gebrauch des Gemweihes er⸗
möglichen. In Fichtenrevieren fegt der Hirfch an mannshohen Bäumen und bevorzugt
Rotwild.
ihrer langen Gipfeltriebe ober ihres fpezifiichen Geruches wegen ganz bes
fonders die etwa angebauten Sitkafichten. Die Rinde wird durch das Fe—
gen bis auf ben Splint gefcheuert und der Baft teils in den Boden
getreten, teils verzehrt; man findet wenigftens feine Reſte nur felten.
Dad Schlagen gefchieht zur Brunftzeit (September) und vor dem
Abwerfen der Geweihe (März, April) an denfelben Holzarten, wie das
Schälen, zumal an eingefprengten und gepflanzten Stämmchen, bie leicht
Butritt gewähren, z. ®. an Randbäumen. Starke Hirſche wählen didere
Stämmchen, reichen auch höher hinauf ala geringe.
Die durch Fegen und Schlagen entftandenen Wunden (Mbb. 10) Haben
zwar unter Umftänden einige Ähnlichteit mit den durch Schälen bewirtten, find
aber doc leicht hiervon zu unterjcheiden. Beim Fegen wird dad Stämm—
den vom Hirih in einen Geweihwinkel gefaßt und daher fait ſtets gleich
zeitig an zwei Seiten abgejcheuert. Die Wunden gehen oft ringsum, was bei
den Schälwunden fehr felten vorfommt, auch find fie meiftens länger als
biefe, weil ber Hirich beim Fegen mit dem Geweih aufs und nieberfährt. Man
bemerft an den gefegten Stangen faft ſtets die Eingrifje der Enden in form
unregelmäßig geſchweifter Riſſe, Rindenfegen in (nicht jelten) gefräufelten For—
men und mitunter Haare, ba ber Hirich beim Fegen ben Hals gern am entrin«
beten und vom Harz Mebrigen Holze reibt.
Stangen, die ringsum gefegt worben find, fterben unfehlbar ab;
einfeitig gefegte hingegen heilen die Befchäbigungen meiftens wieber aus.
Überhaupt ift der Schaden durch Fegen und Schlagen gegenüber dem durch
Verbiß und Schälen gering, weil jene Beihädigungen immer nur auf
einzelne Bäume fich erftreden.
0) Zertreten.
Der Schaden durch Bertreten, Herausſchlagen und Herausziehen jun-
ger Pflanzen, fowie beim Niebertun durch Verliegen beſchränkt fi auf
Berjüngungen und Kulturen. Am empfindlichften hiergegen find 1—2jäh:
tige Nadelholzſaaten (Streifen, Riefen), befonder an Hängen. Das Wild
benugt die gehadten oder gepflügten Streifen mit Vorliebe ala Wechfel,
zieht auf ihnen Hin und her und zertritt Hierbei die jungen Pflanzen ober
reißt fie mit den Schafen aus dem Boden. Auch ungebedte Hügel leiden,
zumal an Wildwechfeln, auf Brunftplägen oder auf Schlägen, wo das
Wild „ſcherzt“. Im allgemeinen ift der durch Zertreten uſw. herbeigeführte
Schaden aber geringfügig und bedeutungslos.
1) Größe des gelamten Schadens.
Über die Größe des Wildſchadens im Walde fehlt e8 noch an aus—
reichenden exalten vergleichenden Unterfuhungen.*) Solche find aber in
hohem Maße wünſchenswert, damit der Waldbefiger, der zugleich Jäger
ift, über die Größe des Opfers, welches er feiner Wildbahn bringt, Auf⸗
ſchluß erhält und die zuläffige Stärke feines Wildftandes bemeſſen Fann.
37
Abb. 10.
Som Sirih
sefegte Sicte.
) Außer den ſchon oben (©. 38) erwähnten Berechnungen des Schälſchadens durch
H. Reuß und Gehrhardt feien genannt: Gareis: Forſtw. B6I. 1904, 673. — Renne:
38 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Beſondere Bebeutung gewinnt die exakte Berechnung des Wildſchadens bei Wild-
ſchadenerſatzanſprüchen feitens des Waldbeſitzers. Wenn es hierbei zu Streitigkeiten
fommt, ift der Schaden nach den Grundſätzen der Waldwertrechnung zu erheben. Die
bei der Bewertung von Feldfehäden vielfach übliche Qkularſchätzung ift bei der Be⸗
meffung von Waldfchäden unzuläffig, weil, von Schäben auf Kulturflächen abgeſehen,
der Schaden meiſt nicht jofort in Erjcheinung tritt und bie feine fpätere Höhe beein=
fluſſenden Yaltoren weniger leicht beurteilt werden fünnen. Es wäre erwünjcht, wenn
ſowohl Großgrundbeliger, wie auch die beitehenden oder noch zu gründenden In=
ftitute für Jagdkunde ber zeither ziemlich arg vernacdhläffigten rechnerijchen Seite
der Wildichadenfrage im Walde die ihr zulommende Beachtung ſchenken wollten.
Über den geringeren Heuertrag der Wiefen infolge der Grasäfung durch Edelwild
liegt ein intereflanter Verſuch des Forftmeifter8 Ihrig vor.) Hiernach betrug der jähr-
liche Heu: und Grunmmetverluft durch Rotwild auf den Eulbacher Hofwiejen im Ddenmwald
(frifcher Iehmiger Sand) auf 1 ha — 14,8 Bir. oder 31%, des Naturalertrages, in Geld
ausgedrüdt — 43,2 Mf.; für 1 Stüd Wild — 8,23 Bir. oder in Geld — 24 Mi.
In ähnlicher Weiſe würde ſich der Holzzuwachsverluſt durch Wildichäden unter-
ſuchen laffen. Hierzu wäre nötig, gewiſſe Diftrifte in mit Rotwild befetten Wäldern feft
zu umfriedigen und andere gleichgelegene und gleichbeichaffene Beftände daneben offen zu
laſſen. Durch wiederholte Ertragsaufnahme uſw. der eingehegten und der nicht eingehegten
Beitände würde fi dann die Größe des Holzverluftes an der fraglichen Örtlichfeit ergeben.
2. Schutzmaßregeln.
Die außerordentlich vielſeitigen, teils mehr vorbeugenden, teils abſtellenden Maß⸗
nahmen gegen Hochwildſchäden helfen entweder gegen ſämtliche Gefahren oder dienen
nur der Verhütung des einen oder des anderen Schadens. Sie laſſen ſich demzufolge
in allgemeine und ſpezielle Schutzmaßregeln trennen.
A. Mittel zur Abwehr ſämtlicher Schäden.
1. Abſchuß. Die radifalfte, aber aud) unbedingt wirffamfte Maßregel ift voll-
fommener Abſchuß des Hochwildes. Da aber weder der Naturfreund, noch viel we:
niger der Jäger im Forftmann der Ausrottung?) des Hochwildes das Wort reden
werben, ist auf entjprechende Verminderung zu ftarfer Hochwilditände zu halten. Wo
der Wald nicht ganz in den Dienjt ber Wildzucht und Wildpflege geftellt, d. h. wo
nicht ausgeſprochene Tiergartene und Wildparkwirtichaft getrieben wird, ift nur ein
mäßiger Wilditand zulälfig.
Der einjeitig jagdliche Standpunkt, den noch in neuerer Beit einzelne Verfaſſer weid⸗
männiſcher Schriften bei der Beurteilung des Verhältniffes von Wild und Wald einnehmen
und von dem aus betrachtet ein gute deutjche Forftwirtichaft nur in den Händen einer
guten deutichen Jägerei gemwährleiftet erjcheint, muß als vollfommen veraltet und der
Bopfperiode angehörend, nahdrüdlid zurüdgewielen werden. Ihm gegenüber ift zu
Daf. 1905, 816. — Pilz: Allg. F. u. J.-Ztg. 1905, 4 und 37. — Simon: Der Wild-
Ichaden. Neudamm 1912.
1) Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1870, 451, 457.
2) Auch im Herzogtum Braunfchweig, wo Rot-, Dam- und Schwarzwild bisher feine
Schonzeit Hatten und wo in dem nicht eingegatterten Forften die Grundbefiger, in den
Staatsforften die herzoglichen Forſtbeamten zur Ausrottung dieſer Wildarten verpflichtet
waren, find diefe weitgehenden Beitimmungen durch das neue Geſetz vom 3. März 1911
aufgehoben und für Hoch: und Damwild Schonzeiten eingeführt worden.
Rotwild. 39
betonen, daß das Wild, ſpeziell dad Hochwild, allerdings die größte Zierde, zmeijellos aber
auch ein jhlimmer Feind unjerer Wälder ift und fich mit der modernen Forſt—
wirtfhaft nur dann einigermaßen verträgt, wenn e3 in beſchränkter Zahl
auftritt. Das durchaus beredhtigte Verlangen, dem Walde das Wild zu er-
halten, fett voraus, daß e3 gelingt, dem Wilde den Wald zu erhalten.
2. Unterhaltung eines nur mäßigen Wildſtandes. Der Begriff „mä-
Biger Wildftand” ift ein relativer Begriff, ebenjo wie der von den älteren Autoren
gleichfalls im Antereffe der Schadenverminderung aufgeftellte Begriff eines „Nor⸗
malſtandes“, d. h. die Feſtſtellung der für ein gegebenes Waldgebiet unfchädlichen
Stüdzahl Hochmwild. Bei diefer Berechnung wird die für ein Stüd Rotwild not-
wendige Waldfläche zugrunde gelegt. Natürlich ift diefe Fläche nach Holzart, Be:
triebsart, Intenfität der Wirtichaft, Terrain, Höhenlage des Reviers, Graswüch⸗
figfeit de3 Bodens uſw. jo verfchieden, daß fie nur von Fall zu Fall annähernd
angegeben werden kann. Abgeſehen von den äußeren und inneren Walbverhält-
niffen, fommt es bei der Beitimmung des normalen oder mäßigen Wildftandes
aud) ganz wefentlich auf die individuellen, einerfeit3 von der Jagdpaſſion, anderer:
jeit8 vom materiellen Gefchäftsfinn näher beeinflußten Anſchauungen des Waldbefibers
bzw. Waldpflegerd an, welchen Beihädigungsgrad durch das Wild er als erträglich
mit in Rauf nehmen will.
Als Anhaltpunkte bei der Bemefjung des mäßigen bzw. normalen Wildftandes
mögen nachſtehende Ungaben dienen:
Durchſchnittlicher Frühjahrswildftand auf je 1000 ha Wald nad) ©. 2. Hartig.')
—_— nn mn m ham mn mu — — —
mn ne
Stüdzapl Stüdzapl
Zerritoriallage | in Laudholzwaldungen in Nadelholzwaldungen
der — 2m, - I. — _—
Waldungen Rot: | Neh- ‚Schwarz. | Bu: Not: | Reh⸗ Schwarz⸗ Zu⸗
‚wild; wild ı wild | fammen wilb : | wild] mil it | Jammen
1. Bufammenhängenbe | | |
Baldungen. . . . | se 08 0 4 16 |
2. Waldungen, die an || | | | |
Felder grenzen .. | a | 8 — 16 | — 20
3. Waldungen die von | | | |
Feldern umfchlofjen | | |
ind. ...... ! It. 12 — 14
Zuläſſiger Normalſtand an Rotwild auf je 1000 ha Wald überhaupt nach anderen Autoren:
E. von Berg... 2: > 2200. 15 Stüd (Hannoveriher Harz in den 1860er
Jahren).
J. T. C. Rapeburg?). ...... 16 Stück (dieſe Angabe iſt wohl auf Pfeil zu—
rückzuführen).
C. von Fiſchbach)........ 10—20 Stüd (oder 40—67 Stück Rehwild).
Fürſt Karl von Schwarzenberg‘) . 15—85 Stüd (oder 30—70 Stück Dammwild oder
' 60—140 Stüd Rehwild)
R. von Dombromsfi?) ...... 40 Stüd.
1) Lehrbuch für Jäger und für die, welche es werden mollen. 10. Aufl., 2. Band, .
Stuttgart 1877, 18 und 19. — 2) Die Waldverderber und ihre Feinde ujw. 6. Aufl.,
Berlin 1869, 208. — 3) Lehrbuch der Forftwifienichaft. 4. Aufl, Berlin 1886, 295. —
4) 30. 3.:Btg., II. Ihrg. 1874/75. 53. — 5) Lehr: und Handbuch für Berufsjäger,
8. Aufl., Wien 1896, 52.
40 Erfted Buch. Schug gegen Tiere.
Nah Seibt (Schälen des Rotwildes, ©. 31) darf der Rotwildbeſatz in einem eins
gegatterten Yichten- und Kiefernrevier, in weldhem nicht gefüttert wird, ohne Schaden für
Bald und Wild nicht mehr als ein Stüd auf 70 ha betragen. Unter günftigften Boden⸗
und Begetationsverhältnifjen, in freier Wildbahn und bei Borhandenfein von Wielen, Wilb-
ädern, Quellen und Bächen jcheint demfelben Autor ein Herabgehen in der Größe der für
ein Stüd Wild notwendigen Minimalflädhe bis auf 10 ha aber noch möglich. Mit dieſer
Zahl dürfte wohl die äußerſte Grenze der Zuläffigfeit vom forſtlichen Standpunkt bereits
überjchritten fein. Soweit fich beurteilen läßt, war jedenfalls die in den mwildreichen Zeiten
des 18. Jahrhunderts auf ein Stüd entfallende Durchichnittäfläche viel größer. Ebenfo
ſcheint auch die vom Menfchen unbeeinflußte Natur eine folche Verdichtung des Wildftandes,
wie jie vielerort3 durch die neuzeitliche planloje Hege herbeigeführt worden ift, zu ver-
meiden, In einem Urmwaldrevier der Bentrallarpathen entfallen nad) Zanz') auf ein Etüd
Rotwild 33 ha, in einzelnen Hegerevieren Oſterreichs nah Kaſparek) aber 8,1, 5,7 8,5,
2,6, im ertremften Falle jogar nur 1,1 ha. Eine rationelle Forſtkultur iſt bei derartigen
Berhältnifien unmöglih. Die Unterhaltung ſolcher Wildftände kann fih der Großgrund:
befiger geftatten, in Etantd- und Kommunalrevieren bedeuten fie eine ſchwere Berant-
mortung.
Häufige Urfachen zu hoher Wildftände find faliche Zuſammenſetzung derjelben,
d. 5. zu ſtarke Überfegung mit Kahlwild und Fehler in der Regelung des Abfchuffes.
Soll ein Wildftand in der für den Wald erträglichen Stüdzahl gehegt, der Haupt-
zweck der Hege, d.i. der Abſchuß jagdbarer Hirjche, dabei aber nicht verfümmert wer⸗
ben, fo ift die Stüdzahl des Mutterwildes auf das allernotiwendigite zu beichränten.
Übereinftimmend wird von namhaften Vertretern der neueren Jagdliteratur und er-
fahrenen Wildpflegern (von Raesfeld, Graf Sylva-Tarouca, Hoffmann,
Buffone) ein im Verhältnis 1:1 aus männlichen und weiblichen Stüden zuſam⸗
mengejester Wildftand als der für Wild und Wald gleich zweckmäßigſte bezeichnet.
3. Einfriedigung der gefährdeten Waldteile (Forſtgärten, Kulturflächen,
Stangenhölger) mit entiprecdend hohen und fofiden Zäunen.
Bur Anwendung fommen Holz und Drabtgatter. Nach den üblichen Kon-
ftruftionen unterjcheidet man unter ben Holzgattern: a) Stangen- und Latten—
gatter, aus 8—12 horizontalen, runden Stangen oder gejpaltenen bzw. gejchnit-
tenen Latten beitehend, die an ſenkrechte Pfoften angenagelt, in jolche eingezapft oder
durch fie Hindurchgeftedt find. — b) Bohlen-, Planten: oder Schwartengatter,
mit 6—7 horizontalen Bohlen oder Schwarten, die in ſenkrechte Pfoſten eingefeilt
werden. — c) Stängel- bzw. Rautengatter, mit fentrecht oder kreuzweis an
zwei Horizontalftangen angenagelten Bohnenftangen. — d) Flecht- oder Spriegel:
gatter, mit wag- oder fenkrechtem, aus Seitenäften älterer Fichten, unterdrüdten
Fichten, weniger gern von Kiefer gewonnenem Flechtwerk. — e) Horden- oder Hür-
bengatter: 4—5 m lange, in derſelben Weife wie die Stangenzäune aus Hori-
zontallatten zufammengejehte, meift tragbare Horden, bie durch zwei in den Erbboden
eingeftoßene und an einen Vertilalpfoften der Horde genagelte Streben feitgehalten
werden.
Die Drahtgatter werben entweder aus wagerecht ausgejpannten Einzeldrähten
oder aus Mafchengeflecht, hin und wieder auch aus beiden hergeftellt.
Bauart und Höhe der Zäune find den Lebensgewohnheiten und Größenverhäfts
niſſen der abzuhaltenden Wildart anzupaifen. Für Rotwild genügt eine Gatterhöhe
1) Allg. F. u. J.eZtg. 1901, 286. — 2) Ztichr. f. d. landw. Verſuchsw. in ÄÖfterreich
1904, 866.
Rotwild. 41
von 2m (Rehmwild 1,5m, Eauen 1,3 m, Hafen 1m). Um das Durchzwängen oder
Durchkriechen zu verhindern, muß der untere big zur Kopfhöhe der betr. Wildgattung
— bei Rotwild 1m, bei Rehwild 0,80 m über dem Erdboden — reichende Teil
des Gatters genügend dicht, die Entfernung der Latten oder Drähte aljo jo eng
bemefien fein, daß es dem Wilde nicht gelingt, den Kopf hindurchzufteden. Dies zu
verhindern, genügt bei Rotwild ein Abſtand der unteren Latten von 17 cm von Rand
zu Rand, bei Rehwild von 13 cm. An Drahtzäunen dürfen die unteren Drähte
nicht weiter al3 16 bzw. 12 cm voneinander entfernt fein.
Sämtliche Zäune bedürfen, wenn fie ihren Zweck erfüllen follen, dauernder
forgfältiger Überwachung und fofortiger Ausbefferung bei Vorkommen von Beſchä⸗
digungen.
Die nähere Schilderung der Konftruftionen, Vorzüge, Nachteile und Koften der vers
ſchiedenen Gatterarten muß der Cpezialliteratur') überlaffen bleiben. Nur die am häufig-
ften wiederfehrenden praltiichen ragen jeien kurz berührt.
Zunächſt handelt es fi) gewöhnlich um die Wahl zwifchen Holz: und Drabtgatter.
Wenn nicht fubjeftive Wünſche des Waldbeligers mitjptelen, ijt die Frage im allgemeinen
eine Koftenfrage. In Wichtenrevieren mit niedrigen Holzpreifen, wo das benötigte Ein-
gatterung3material an Ort und Stelle bequem zur Verfügung fteht, ift der Holzzaun das
gegebene Gatter, ebenjo in Kiefernrevieren, wo das infolge feiner geringen Dauer zu Gatter-
zweden allerdings unr wenig taugliche Schwache Durchforftungsmaterial faum abjegbar ift. In
ſolchen Fällen ift das Holzgatter das billigere Gatter. In Gegenden aber mit guten Abſatzver⸗
hältnifien für ſchwache Nadelholzſortimente empfiehlt fi) die Anwendung von Drahtgattern;
diefe find dann billiger als Holzgatter und verbürgen eine längere Dauer. Wenn auch
die Meinungen der Prarid über Wert und Zweckmäßigkeit der Drahtgatter nicht Überein-
ſtimmend pofitive find, einzelne Stimmen fich vielmehr ablehnend äußern, fo Iprechen doch
die Erfahrungen im allgemeinen zugunften der Drabtgatter. Die Solidität und Dauer
der Drahtzäune wird auch von Heß) nad feinen bei Gießen gemachten Erfahrungen be-
ftätigt. Bu beachten bleibt allerdings, daß die aus einzelnen Drähten Hergeftellten Draht⸗
gatter ihren Zweck nur gegen Hochmild voll erfüllen, gegen Reh» und Schwarzwilb aber
nicht Hinreichend zu jchügen vermögen. Wo diefe Wildarten in Frage fommen, muß zum
Drahtgeflecht oder zu dem billigeren, durch auf- und abfteigende, ftraffgeipannte Einzel»
drähte gekennzeichneten Rautengatter gegriffen werden.
Bur Herftellung der Löcher für die Pfoften find der Bohlfenjche’) und der große
Hierongmifche*) Erdbohrer mit Vorteil zu verwenden. Die in die Erde verjenkten Yuß-
enden der am beiten aus Eiche, Akazie oder kernigem Lärchen: und Kiefernholze hergeftell-
ten Pfoſten werden zwecdmäßigermeije unentrindet gelafjen oder leicht angelohlt, dann fo»
fort geteert oder ganz mit Sarbolineum angeftrihen. Auf alle Fälle ift der aus dem
Boden heraustretende, der Fäulnis am meiften ausgeſetzte Teil des Pfoftens zu entrinden
und durch Karbolineumanftrich zu fchügen. Geeignet ftehende lebende Bäume als Pioften
zu verwenden, empfiehlt fich nicht, da einerjeit3 der untere Stammteil durch die Befeſti⸗
gungsmittel techniſch gefchädigt, anderfeit3 — namentlich bei Drahtgatter — die Spannung
durch die Bewegung der Bäume im Winde verloren geht. Ye nad der Wildgattung bedarf
man 6—12 Drahtzüge von 5ucm Stärke in nach oben Hin zunehmenden Abftänden; bie
Befeftigung berjelben an den Pfoften erfolgt durch Klemmnägel mit Widerhafen. Behufs
Erhöhung der Dauer nimmt man am beften verzintten Draht
Die Koften der Gatter find naturgemäß nad) Material, Transportweite, Konftruftion
und Tagelöhnen verichieden. Für Holzgatter ſchwanken fie für das Ifde. Meter zwiſchen
0,60 Bis 1,40 ME. (Planten), für Drahtgatter zwijchen 0,75 bis 1,10 DE. (Drahtgeflecht).
1) Shuhmader, Hubert: Das Wildgatter ufw. 2. Aufl., Neudamm 1898. —
2) Heß, R.: Suppl. 3. Allg. 5. u. J.⸗Ztg., 9. Bd., 1873, 64. — Derf.: Allg. F. u. J.-Ztg.,
1879, 407, — 3) Derf.: Da. 1878, 123. — 4) Derj.: Daj. 1876, 72. — Derf.: Daf.
.1879, 238.
42 Erſtes Bud. Schu gegen Tiere.
Das Rautengatter ftellt ſich nach den Angaben feines Erfinderd auf nur 50 Pig. für das
Ifde. Meter.
Es ift noch darauf hinzumeifen, baß alle zum Schute von Kulturen, Berjün=
gungen uſw. bergeftellten fog. Innengatter nur Kinder der Not find und nur mit
möglichfter Beichränfung angewendet werden jollen. Sachgemäße Ausführung und
forgfältige Unterhaltung vorausgefeßt, werden die umzäunten Waldteile vor Wild-
ſchäden allerdings bewahrt. Diefem Vorteil aber ftehen leider weſentliche Nachteile
gegenüber. Zunächſt koften Herftellung und Überwachung der Zäune Geld. Zweitens
wird der Verkehr im Walde durch die Gatter troß aller Tore und Überftiege außer-
ordentlich erichwert- Am meiften aber fällt ind Gewicht, daß durch die fog. Rultur-
gatter die beiten Äfungspläge abgeiperrt werben, ein Übelftand, der Abdrängen des
Wilditandes auf Felder und nachbarliche Reviere oder — in eingegatterten Wildbahnen
— Schälſchaden und erheblichen Fütterungsaufwand zur Folge hat. Einen Wildftand
dur Gatter von allen Kulturen und allen Ichälgefährdeten Didungen und Stans
genhölzern fernzuhalten, ift ein Unding. Dadurch werden allerdings, wie &. von
Dombrowski (Wildfchäden, S.47) fich draſtiſch ausdrüdt, „Wildftälle ohne Dach,
aber feine Wildreviere” geichaffen. Wo man die Einzäunung ſämtlicher Kulturen für
notwendig hält, empfiehlt fich die Anwendung des Hordengatterd. Die frifcheiten und
grasmwüchfigften Kulturen laffen fi) dann durch Wegnehmen einzelner Horden dem
Wilde während der Vegetationdzeit ohne wejentliche Koften zugänglich machen.
4. Sicherung einzelner wertvoller Stämmchen durch Einfchlagen beafteter
Pfähle und Stangen, Umgeben mit Lattengehäujen, Mafchendraht, Dornen, Einbin-
den mit trodenem Reiſig ober durch Unftrich mit übel riechenden Subjtanzen (f. unter
„Verbiß“ und „Schälen‘).
5. Beitweilige Beunruhigung des Wildes durch Treiben der gefährdeten
Stangenhölger, Begehen der Kulturen, Blindichießen eventuell durch Heben mit Hun-
den oder Aufitellen von Scheuchen. Lebtere haben wenig Zweck, da ſich das Wild
leicht daran gewöhnt.
6.Hebungdernatürlihenund fünftliden Ernährungsverhältniffe.‘)
Die mwejentlichiten der hierauf gerichteten, in das Gebiet der Wildpflege gehörenden
Maßnahmen Sind:
a) Anzucht mafttragender Holzarten (Eiche, Buche, Roßkaſtanie, Wild-
obft), infoweit diejen die Standortöverhältniffe zufagen. Auch die Anpflanzung bzw.
Erhaltung der Sorbusarten, des Hirichholunders, Wacholderd und anderer beeren-
tragender Sträucher, desgleichen der Bejenpfrieme und der Beerfräuter Kann in Be-
tracht fommen.
b) Schonung der Weichhölzer (Ajpe, Birke, Salmweide uſw.) in den vom
Wilde bejuchten Orten; ſogar Anpflanzung bzw. Einfprengen diefer Holzarten kann
ſich empfehlen.?) ' Ä
c) Anlage und gute Inftandhaltung von Wildmwiejen und Wildädern.
Critere find im Herbjt mit Thomasmehl und Kainit zu düngen. Lebtere find mit
— — — — — —
1) gl. hierzu: von Raësfeld: Das Rotwild. 2. Aufl., Berlin 1911, 2. TI. 1. Abſchn.
©. 225f.; ferner Dach, Ludwig: Der Wildpfleger ald Landwirt. Neudanım 1906.
2) In den Gräflih Thunſchen Forſten bei Bodenbach jprengt man Weichhölzer in
‚jehr weiten Berbande in Fichten- und andere Kulturen ein, um das Wild von der Haupt-
holzart abzulenten.
Rotwild. 43
Hafer, Buchweizen, Korn (Wald- oder Staudenkorn), Gerfte, Erben, Widen, Rüben,
Saubohnen, Lupinen, Kartoffeln, Mais, Topinambur, Sadhalinknöterich, Raps, Klee
uſw., je nach den vorhandenen Bodenverhältniffen, zu beitellen.
d) Beförderung des zuläffigen Graſswuchſes im Forſte; Unterlaffung oder
mindeftens Beſchränkung der Gras⸗ und Weidenugung.
e) Unterlajjung der Nußung von Lang- und Pflanzenftreu. Freipflü-
gen des Heide: und Beerfrautüberzuges bei Schnee mit Schneepflug, um dem Wilde
die ihm erwänfchte Orünäfung zugänglich zu machen.!)
f) Fällung von jungen Tannen, Kiefern, Aſpen, Weiden, Linden oder fonftis
gen Weichhölzern im Winter. Das Wild fchält deren Rinde und nimmt die Knoſpen,
fowie die jungen Triebe an. Bäume mit Miftelbiifchen find dem Rot: und Rehwild
befonders genehm. Die Fällung muß namentlich an den Wechleln und fonftigen Auf:
enthalt3orten des Wildes gejchehen
g) Hütterung des Wildes im Winter und erften. Frühjahr, zumal bei tiefem
Schnee und ftrenger Kälte. In Betracht fommen Wahl der Yuttermittel fowie
Art und Ort der Fütterungsanlagen.
Als geeignete Futterſtoffe find zu nennen: Wieſen⸗ und Kleeheu, ungedro-
fchenes Haferſtroh, Lupinenheu, getrodnetes Laub der Waldbäume (Eiche, Linde,
Eiche, Rüfter, Hornbaum) oder Sträucher (Himbeere, Brombeere, Holunder uſw.),
Hafer, Mais, Exbfen, Bohnen, Kartoffeln, Rüben, Rübenſchnitzel, Biertreber, Malz:
teime, Tobinambur, Roßfaftanien, Eicheln, Wildobft, Bogelbeeren ufm. Man faßt
die verjchiedenen Futterſtoffe in die drei Begriffe: Rauh⸗ Körner: und Knollenfutter
zufammen und hält eine möglichſt vielfeitige Yuttervorlage für richtig, die früher
vielfach übliche ausſchließliche Trodenfütterung (Heu und Körner) aber für durchaus
fehlerhaft. Zur Beförderung der Knochen: und Geweihbildung empfiehlt Neumei-
fter?), dem Körnerfutter präzipitierten bafifch phosphorfauren Kalt beizumifchen.
Holfeld bringt zu diefem Zwecke uſw. fein „vegetablifches Wildfutterpulver‘‘?) in
Anwendung.
Als Fütterungsanlagen empfehlen fich zur Verabreihung des Rauhfutters
überdachte Raufen, die auf Geftellen (nad) Art der Sägeböde) ruhen. Das Körner-
futter wird in Futtertröge gefchüttet, die man in der Nähe der Raufen in bequemer
Höhe aufftellt. Für das junge Wild empfiehlt fich Die Einrichtung gefonderter Futter:
ftellen.*) An einem Futterplatze muß man ſtets möglichft zahlreiche Einzelfütterungen
in gewiflen Abftänden voneinander anlegen, um möglichft vielen Stüden Wild den
gleichzeitigen Zutritt zu ermöglichen.
. 1) In ftrengen Wintern ernährt ſich das Rotwild oft Iange Zeit hauptſächlich von
Heide und ähnlichen Forftunfräutern.
2) Neumeifter, Mar: Laub: und Kahlfütterung des Edel- und Rehwildes. Tha-
randt und Freiberg 1891. — Derf: Fütterung des Edel- und Rehwildes. Tharandt und
Freiberg 1895. — Drömer, E.: Wildhege und Wildpflege. Neudamm 1896. — Dom:
bromsti, E. von: Wildpflege. Neudamm 1896.
3) Da diejed Pulver in erfter Linie dem Schälen bes Rotwildes vorbeugen fol,
ift bei der Beiprechung der Schugmaßregeln gegen Schälen darauf Bezug genommen.
4) Zu deren Herrichtung wird der Jutterplag mit ſtarken Pfählen in jo geringen Ab-
fänden (20 cm für Rotwild) voneinander umzäunt, dab ſich nur geringes Wild hindurch—
zwängen kann. Durch Aufnageln von Leiſten auf die Pfähle wird die Haltbarkeit diejer
Zäune erhöht.
44 Erftes Bud. Schub gegen Tiere.
Was den Ort der Fütterungen betrifft, fo legt man fie am beften in ältere
Beitände. Die Anlage in Kulturen oder Stangenhölzern würde den Verbiß⸗ bzw.
Schälſchaden begünftigen. Sogenannte Hauptfütterungen führen zur Anfammlung
des Wildes und damit zur Ronzentrierung der Wildfchäden. Wenn möglich, find die
Fütterungen in reichliher Anzahl über das ganze Revier zu verteilen. Erwünfcht ift
die Nähe von Tränfen mit gejundem Wafler. Im Gebirge ift bei der Anlage der
Fütterungen auf die tieferen windgefchügten Lagen und Südhänge Rüdficht zu neh⸗
men, weil dieſe ald Winterjtände in Betracht fommen.
h) Offenhalten einzelner Quellen und Bäche im Forſte, zumal im Winter bei
ftrenger Kälte und hoher Schneedede. Waſſermangel ift erfahrungsgemäß dag größte
Übel für das Wild, zumal wenn ihm nur trodenes Sutter (Heu, Rinde, junge
Triebe, Flechten uſw.) zu Gebote fteht.
B. Mittel zur Abwehr einzelner Schäden.
I. Mittel gegen Fruchtäſung.
Vermeiden der Herbitfaat bei Eiche und Buche auf nicht eingegatterten Flächen
oder, fofern Herbitfaat notwendig ift, tiefere Deden des Samens. Berwittern des
Saatgutes oder der Saatflächen.
II. Mittel gegen Verbiß.
Die außerordentlich zahlreihen Schugmittel gegen Berbiß verfolgen zum Hei-
neren Zeil den Zweck, die ganze Kulturfläche, aljo die Gejamtheit der gefährdeten
Pflanzen zu ſchützen; die meiſten dienen Iediglich zum Schuße der Einzelpflanze. Als
braudbar können unter ihnen nur diejenigen bezeichnet werden, die billig, wirf-
fam, leicht anzubringen und völlig unschädlich für die Pflanze find, an der
fie angewendet werden. Eine abjolute oder nachhaltige Wirkjamfeit wohnt feinem
ber verjchiedenen Schugmittel inne. E3 hängt vielmehr mit dem lokal verjchiedenen
Verhalten des Wildes zufammen, daß ein und dasfelbe Mittel in einer Gegend
ebenfo wirkſam wie in einer anderen unwirkſam fein kann. Erfahrungsgemäß nimmt
ferner die Schugwirfung eines Mitteld um fo mehr ab, je länger es ohne Unter:
bredung am gleichen Orte angewendet wird. Das Wild gewöhnt fich jelbft an die
ihm zunächſt widerwärtigen Schugmittel, ein Umjtand, der einen mehr oder weniger
raſchen Wechfel der angewendeten Maßnahmen bedingt.
a) Mittel zum Flächenſchutz.
1. Eingatterung der Kultur (f. oben ©. 40): Wirkfamftes und meift auch
billigftes, jedoch mwildfeindliches Mittel.
2. Erſchweren des Zutrittes zur Kultur oder des Verkehrs in ihr durch Aus⸗
ſpannen von Drähten oder geteerten Striden an den Rändern bzw. quer durch die
Kultur, Auglegen von Reifig zwilchen die Pflanzenreihen: Wertlos.
3. Berwittern der Kultur durch Blut (Schweiß), Geſcheide, Pikrofoetidin und
andere übelriechende Subftanzen. Es gejchieht entweder Durch Ausbreiten diefer Sub»
ftanzen auf dem Boden, durch Eingraben weithalfiger Slajchen, die mit der Verwit⸗
terungsſubſtanz gefüllt oder durch Aushängen von Lappen, die mit ihr durchtränkt
- - .
„ Rotwild. 45
find: Wertlos, gleichgültig, ob die ganze Fläche oder nur die Grenzen vermittert
werden.
Bon anderen Erwägungen gehen die bier noch anzuführenden auf Verteilung
des Schadens bzw. auf Vorbeugung gerichteten rein foritwirtichaftlihen Maßnah⸗
men au:
4. Bermeiden Heiner Schläge, um Stonzentration des Schadens zu ver:
hindern. |
5. Vermehrung der Pflanzenzahl durch Bevorzugung der natürlichen Ver:
jüngung bzw. der Saat bei der fünftlichen Berjüngung. Bei Anwendung der Pflan-
zung wird engen Verbänden, Hin und wieder auch der Büfchelpflanzung das Wort
geredet.
6. Erſchwerung des Wildverkehrs in den Kulturen durch öfteren Wechſel der
Richtung der Pflanzenreihen: Wertlos.
7. Unbau verbißficherer Holzarten. Als ſolche kommen die beiden mit ſcharf
ftechenden Nadeln ausgerüfteten nordamerikanischen Fichtenarten, Die Stech- und Die
Sitkafichte (Picea pungens Engelm. und P. sitchensis Bong.) in Betracht. Mit der
Stechfichte find in dieſer Richtung auch durchweg günftige Erfahrungen gemacht
worden, während bei der Sitfafichte neben zahlreichen Erfolgen auch vielfahe Miß-
erfolge in bezug auf Verbißficherheit vorliegen.
b) Mittel zum Schuße der Einzelpflanze.
Um das Wild nicht von den natürlichen Äſungsſtellen auszuſchließen, wird in
der vielfältigsten Weiſe verfucht, das im Erfolg unübertroffene, infolge feiner Koſt—
ipieligkeit jedoch nur vereinzelt anwendbare Einzäunen, Vermachen, Umkrakeln uſw.
der einzelnen Pflanze durch billigere Mittel zu erfegen. Die hier zu nennenden Maß⸗
regeln Igufen darauf hinaus, dem Wilde das Abäſen und Verbeißen der von ihm be-
vorzugten Knoſpen und jüngeren Pflanzenteile durch Beftreichen derjelben mit Fle-
brigen oder übel riechenden Stoffen oder durch Bewehrung mit feiten Subftanzen
zu verleiden.
Wir teilen die zur Anwendung kommenden Mittel in Schmiermittel und
fefte Mittel!)
I. Klebrige, breiige oder flüſſige Mittel: Schmiermittel,
1. Steintohlenteer. Bewährtes und brauchbares, meift überall Teicht zu
beziehendes, daher billiges Schugmittel. Sachgemäße Ausführung vorausgefeßt, wird
das Anteeren den Nadelhölzern nicht gefährlich. Laubhölzer (Eiche, Buche) vertragen
Unteeren nicht. Das Auftragen des Teers gejchieht mit der Hand, mit Holzftäbchen
oder Bürften (f. unten). Zu dides Auftragen, Verſchmieren der Rinde und
namentlich der Knoſpen ift hier, wie bei allen anderen nachſtehend genann-
ten Schmiermitteln zu vermeiden. Der Teer darf nur mehr tropfenweije an die
Nadeln des Gipfeltriebes und der oberen bzw. ftärferen Seitentriebe gebracht werden.
1) Mitteilungen über vergleichende Verſuche mit verjchiedenen Mitteln fiehe: Ed-
ftein: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1902, 540. — Derj.: D. F.«Ztg. 1906, 829. — Bierau:
Ztſchr. f. F. u. Zw. 1904, 125. — Trautmwein: Allg. 5. u. 3.:8t. 1904, 419. — gl.
auch Edftein;z Technik des Forftichuges uſw., 247.
46 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Um zu dides — und zeitraubendes — Auftragen zu umgehen, muß für Ber-
dünnung zu didjlüffigen Teerd dur Erwärmen — nicht Erhiten! — oder durch
Miihung mit Petroleum geforgt werden. Bierau 5.8. berichtet (Ziſchr. |. F. u.
3m. 1904, 125) über günftige Erfolge des Teerens von Fichte und Kiefer bei An=
wendung einer Miihung mit Betroleum im Verhältnis 8:1 (für Iha 4 kg
Teer, O,5kg Petroleum).
Das Zeeren der Pflanzen zum Schuge gegen Wildverbiß ift etwa feit den 1860 er
Jahren befaunt und zuerft gegen Rehwild angewendet worden. Sehr zahlreichen günftigen
Erfahrungen, die hiermit in Holftein, Lauenburg, Württemberg (Hevier Neresheim?), Wei-
mar (Revier Völkershauſen), Heflen (Forſt Lorſch“)), Schlefien (Revier Poftel, feit 1893),
Pommern (Dark?,, feit 1876), Oftpreußen‘) (feit 1876) und anderwärt3 gemadht worden
find, ftehen Hin und wieder auch folhe Fälle gegenüber, wo da3 Teeren entweder ben
Pflanzen ſchadete oder fie vor dem Verbiß nicht ſchützte. — Gegen das Teeren ift z. B.
Nördlinger (Krit. BL, 51. Bd., 1868. 1. Hft. 266) aufgetreten, weil hierdurch an Buchen
die Rinde famt dem Holze lokal abfterbe bzw. an Tanne und Fichte fünmernder Wuchs
erzeugt werde, — Am Taunus (Oberförfterei Nieder-Eſchbach“) jeit 1879) verjagte das
Teeren. Ebenfo konnte Oberforftmeifter von Barendorff®) für die Inſpektion Schles⸗
wig-Holftein nicht Tonftatieren, daß das Rehwild durch das Teeren von Tannen und Fichten
von deren Berbiß abgehalten wurde. Die geteerten Triebe wurden zwar nicht verzehrt,
jondern nur abgefchnitten und Tiegen gelafjen; das Rehwild aber verbiß an deren Stelle
die belafienen Pflanzenftummel und die nicht geteerten Seitentriebe. In Nevieren mit
ſtark überfegten Wildftänden (Förfterei Rain im Forftverwaltungsbezirte Regensburg”))
wurden geteerte Triebe ab und zu (in fchneereichen Wintern) ſogar verzehrt.
Die Koften ftellen ſich hier wie bei allen anderen Mitteln infolge ihrer Abhängig-
feit vom Tagelohn, Materialmert, Trandportmweite uſw. keineswegs überall gleichhoch. Aus
früheren Jahrzehnten ftammende Koftenangaben haben für die jebige Zeit angeſichts der
Steigerung der Arbeitslöhne gar keinen Wert mehr. Einige Angaben mögen folgen: In
der Oberförfterei Jägersburg (Hefien) betrugen die Koften für das Teeren von Kiefern
5—6 Mi. für 1ha. Im Wirtſchaftsjahr 1889/90 verurſachte das Teeren daſelbſt insge⸗
ſamt 389,34 Mk. Koſten, wovon 90%, auf den Arbeitslohn und 10°, auf den Teer ent⸗
fallen. Anderwärts ftellte fi der Aufwand für Arbeit und Material für 1 ha auf etwa
6 ME. (Thale), 2,10—6,80 Mt. (Oftpreußen), 2,80 ME. (Dar), 4,19 Mt. (Nieder-Eichbadh),
8,60 ME. nad) (Edftein).
Der Konfum an Teer wechfelt mit der Pflanzenmenge und ftellt fi auf 4—81 für
1 ba. Nach den Erfahrungen in Neresheim reiht 1 Ztr. Teer zum Beftreichen von 20000
Pflanzen hin. — Unter gewöhnlichen Verhältnifjen vermag eine Arbeitskraft in einer Stunde
durchſchnittlich 300 Pflanzen zu teeren.
Um den bisweilen beobachteten ungünftigen Einwirkungen des reinen Stein:
fohlenteer3 vorzubeugen oder um die Schugwirkung des Teers zu erhöhen, find teils
bejonderd zugerichtete (entjäuerte) Teere, teils Miſchungen mit Steintohlenteer als
Schutzmittel gegen Verbiß eingeführt und mit mehr oder weniger Erfolg verwendet
worden. Bewährt haben fich:
2. Bräparierter Teer der chemifchen Fabrik Lindenhof in Mannheim.)
Preis für 100 kg einſchließlich Faß 7 ME; Bedarf für 1 ha reihlih 2 kg; Ge-
fanıtloften bes Teerend für 1 ha (nah Trautmwein) 3,831 ME.
3. Enti äuerter Baumteer der Firma Poppingers Nachfolger, Hans Gleits⸗
1) ) Bfigenmar er, Fr.: Allg. F. u. 9. Big. 1868, 428. — Das Verdienit, dad Teeren
in Süddeutſchland zuerſt angewendet zu haben, gebührt dem Oberförfter Grimm. — 2)
Heyer, Ed.: Dai. 1893, 287. — 3) Schmidt: Ztiſchr. f. 3. u. Am. 1879, 108. — 4) Al⸗
tum: Daf. 1879, 98. — 5) Schwar: Daf. 1883, 136. — 6) Forftl. BI. N. F., 1880, 121.
— 7) Pfizenmayer, Fr.: Allg. F. u. $.:Btg.. 1881, 10; bl. f. d. gef. Fw. 1881, 130.
— 8) Empfohlen von Trautwein: Allg. 3. u. %.:3tg. 1904, 419.
Rotwild. 47
mann, München, Ickſtattſtr. 19. Nach den im Forjtenrieder Park!) und anderwärts ?)
gefammelten Erfahrungen find mit dem Baumteer an Nadelhölzern jehr gute Erfolge
zu erzielen.
Preis für 100 kg 12—14 ME; Koften des Teerend für 1000 Pflanzen im orfien-
rieder Fan 1) 50 Pf., in Seeſtetten) (Benz) 67 Pf., in Hahnftätten?) (Emmelhainz)
50—57 Pfg.
4. Miſchungen mit Steintohlenteer. a) Mortzfelds Miſchung; Stein-
fohlenteer, Rinderblut, falzinierte Soda im Verhältnis 4:4:1.
Steintohlenteer und Blut werden zu gleichen Teilen zufammengeichüttet und gut ge-
mifcht; furz vor dem Gebraud, wird der auf der Kulturfläche ermärmten Mifchung Talzinierte
Soda zugejeht. Wird die Mijchung beim Erkalten zu bidflüffig, fo muß fie vor dem An:
ftreichen an die Triebe durch Erwärmen wieder verdünnt werden. Sofern der gewünichte
Konfiftenzgrad vorhanden ift, trägt ſich die Miichung befler auf, als Steinkohlenteer und
jhädigt nach den vorliegenden Erfahrungen die Pflanzen in feiner Weiſe.
b) Schuberths Mifhung*): Steinfohlenteer, Kuhdünger und alte vergorene
Sauce im Verhältnis 1:3:2.
Wirkſam, für die Arbeiter aber ebenjo unappetitfich wie für das Wild. Im Groß»
berzogtum Heljen ®) auf zahlreichen Revieren vorzüglich bewährt.
5. Raupenleim. Dit dem von der Firma Schindler und Mubel in Stettin
zum Preife von 14 ME. für 100 kg gelieferten Leim find von verjchiedenen Sei⸗
ten®) günftige Erfahrungen gemacht worden. Leimbebarf für 1 ha 3,5—4 kg; Ko⸗
ften des Leimens für 1 ha 1,55 ME. (nad) Eckſtein, Technik des Forſtſchutzes uſw.
©. 25), 3 Mk. (nad) Eberts: Btichr. f. 5. u. Im. 1903, 376).
Als ebenſo wirkſam hat fich ein etwas teuerer (100 kg 20 Mk.), durch inten:
fiven Geruch fi auszeichnender Leim erwiejen, der von der gleichen Firma fpeziell
als Schugmittel gegen Verbißſchäden in den Handel gebracht worden ift.
Sünftig, wenn auch nicht ganz gleihmäßig günftig find die Erfahrungen mit
dem von der Firma H. Ermiſch in Burg bei Magdeburg ala Verbißſchutzmittel ge:
tieferten Raupenleim Hylofervin. Dünnes Auftragen dieſes Leimes genügt, um
die Pflanzen vor dem Verbeißen zu ſchützen und iſt erforderlich, um fie nicht zu
ichädigen. 100 kg 14 ME., Koften für 1 ha 3,48 ME. (nach Editein).
Einzelne Beobadhtungen bejagen, daß Hylofervin für die Pflanzen nicht ganz unbe»
denflih ift und fie — namentlich bei ftärferem Auftragen — an Rinde und Knoſpen
Ihädigt. In der Oberförfterei Biburg (Rorenz’)) wurden beim Bermwittern 4—6 jähriger
Fichten, Kiefern und Weymouthskiefern 90%, der beftrichenen Fichtentriebe ſchwarzbraun und
gingen ein; Kiefer und Weymouthskiefer widerftanden beſſer. Ebenfo erwähnt Trautwein?)
daß in der Oberförfterei Eichelddorf 1898 dem Hyloſervin die Gipfeltriebe von 22000
Fichten zum Opfer gefallen find. Solchen vereinzelten Mißerfolgen ftehen aber jehr zahl-
reiche andere Erfahrungen gegenüber, wo Hyloſervin — bei vorſchriftsmäßigem d. h. dün⸗
Hr a 0er — weder jchadete, noch feinen Zived, die angeftrichenen Pflanzen zu ſchützen,
verfehlte.
6. Fett: und Ol-Präparate. Über eine große Reihe von anderen von den
verſchiedenſten Erfindern, Fabriken und Bezugsquellen in den Handel gebrachten Ver⸗
bißſchutzmitteln (Fetten, Dlen und Kompofitionen mit folchen) liegen nur vereinzelte '
— — — ——
1) Häfner: Forſtw. Zbl. 1906, 171. — 2) Daſ. 1900, 21. — 3) N. forftl. BI.
1908, 29. — 4) Forſtw. 361. 1886, 592. — 5) Allg. F. u. $.:3tg. 1905, 283. — 6) Eckſtein:
Btichr. f. 3. u. Iw. 1902, 540. — Ebert3: Daj. 1903, 873. — Lanz: Allg. F. u. %.-Btg.
1901, 318. — 7) Forftw. bl. 1900, 21. — 8) Allg. F. u. 3.:Btg. 1904, 419.
48 | Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
Erfahrungen vor, die meift um fo weniger zu einem Urteil über Wert oder Unwert
des PBräparates berechtigen, weil fie vielfach nicht übereinstimmen.
Ermwähnt feien:
a) Haller Wildleim. Bezugsquelle: Yettwarenfabrit Zapf u. Lang in Schwäbiſch⸗
Hall; 100 kg 22 ME. Koften für 1 ha (nad Edftein) 3,86 Mk.; nad) Lanz bewährt
nad Edftein Erfolg nicht befriedigend.
b) Wild: Lucafin. Bezugsquelle: AU Lucas in Gera-Untermhaus (Reuß). Wird
mit Kalkmilch vermiſcht; 100 kg 35 Mi. Koften für 1 ha (nad Ecſtein) 6—7 Mt.; zu
teuer, Erfolg nicht befriedigend.
c) Pomolin. Bezugsquelle: M. Brodmann, Leipzig-Eutritzſch. 1 kg 2 ME, 100 kg
130 ME.; zu teuer, nicht bewährt.
d) Bitrofötidin. Bezugsquelle: Revierförfter Laage, früher Duidborn, ſpäter
Hamburg, Schwanteftraße. Das übelriechende, aus verjchiedenen Subftanzen, u. a. aus
ftinlendem Tieröl (Oleum animale) beftehende, im Wafjer unlösliche Präparat jchügt bie
Pflanzen, ift aber zu verwerfen, weil es bei unvorfichtigem WUuftragen die beftrichenen
Triebe jchädigt. Außerdem viel zu teuer: 1 kg 4 MI., 100 kg 225 Mt. (I); für 1 ha ı—
2 kg nötig. Koften für 1 ba (nah Edftein) 17 ME (N)
e) Wingenrothſches Anftrihöl Bezugsquelle: A. Wingenroth-Mannheim. Prä⸗
parat dünnflüſſig, daher leicht anzubringen; hin und wieder Bräunung der Nadeln beob-
achtet; 100 kg 24 Mt.
f) Wildverbißfett. Vezugsauelle: Chemifche Fabrik C. Möller. Alttamm. 100 kg
8,75 Mi. Schützt nicht nachhaltig, weil zu leicht abgewaſchen.
g) Wildfchußfett. Bezugsquelle: Wiesner: Frankfurt a. M. 100 kg 27 Mi, Cr:
folg befriedigend.
h) Wildfraßfett. Bezugsquelle: Berliner Walfertraft: und Fettwarenfabrik Rei⸗
nidendorf. 100 kg 30 Mk.; im allgemeinen befriedigend.
i) Hirfhhorndl. In Niederöfterreih mit Erfolg angewendet. Schwaches VBetupfen
der Triebe an der Nadelunterjeite bzw. der Rinde bei Laubhölzern genügt; billig, für ı ha
reiht 1 kg (= Preid 60—80 Heller, im großen 44—50 Heller).
k) Waldheil. Bezugsquelle: U. Thomée, Waldgut Lengeljen bei Werdohl i. Weftf.
Mit ftinfendem Tieröl imprägnierte Wollbäufchchen werden mit Hilfe eine 10 cm langen
Blumendrahte8 an die gefährdeten Gipfeltriebe angebradjt. 8000 Stüd Wollbäufchchen
7,80 ME.; zu teuer.
l) Andere hierher gehörige Mittel find: ftinfendes Tieröl, Vaſelin, Wildabaltin von
Klemm-Leipzig, Talg, Schmalz, Tran, Wagenfett, Verbißſalbe „Eleftoral” von Huth und
Nichter-Berlin.
7. Kalt Man beftreicht oder betupft die Gipfelfnofpen Ende Oftober mit ges
löſchtem Kalt, fo daß jede Knoſpe ein Kalkmützchen bekommt. Bor zu ftarfenı Auf-
tragen, ebenfo vor Verwendung friſch gelöfchten Kalfes ift zu warnen, da das Kalk:
mützchen dann bisweilen derart verhärtet, daß die Anofpen entweder gar nicht oder
nur fchwer durchzubrechen vermögen. Vertrodnen der Mittellnofpe und Mißbildun⸗
gen verſchiedenſter Art find die Folge, jobald der Kalk in foldem Falle im Frühjahr
nicht mit der Hand entfernt wird. Das Abſprengen des Kalkes durch die ſich entfal-
tende Knoſpe wird durch Verwendung 1—2 Sahre vor dem Gebrauch abgelöfchten
Kalfes oder durch Miſchung des Kalkes mit anderen Subjtanzen (3. B. Kuhdung)
erleichtert. Das Anfalfen hat bei trodener, frojtfreier Witterung zu gejchehen. Bei
feuchter Witterung haftet der Kalk nicht, Regen wäſcht und Froſt prengt ihn ab, ſo⸗
bald er noch nicht völlig troden geworden ift.
Die Erfolge des Kallens find im allgemeinen gute. Der Kalk ift für die Pflanze
durchaus unſchädlich und Hält das Wild — wenigſtens einige Jahre lang — vom Verbiß
ab. Er gehört deshalb neben Raupenleim (Hylojervin) und Steintohlenteer zu den am mei-
ften verbreiteten und bevorzugten Schugmitteln. Koften des Anfalfen3 naturgemäß vers
ichieden, nah Edftein im Durchſchnitt 3,74 ME. für 1 ha. Preis des Kalfes: 100 kg
Rotwild. 49
1,5—8 Mt.; Bedarf für 1000 Pflanzen 5 kg. In fteilem Terrain fallt eine Frau an einem
Tage etwa 500 Pflanzen, in ebener Lage aber einige Taufende.
8. Mifhungen mit Kalk. Um die abfchredende Wirkung oder das Haftver-
mögen zu erhöhen, wird der Kalk ſehr oft nicht rein, fondern mit allerhand Zuſätzen
verwendet. Dan miſcht ihn mit Jauche, Kuhdung, Milch, Blut, Leim, Petroleunt,
Lehm, Asa foetida uſw. im verjchiedenartigiten Verhältnis.
Bekannt it Trumps Miſchung): 20 1 gelöjchter Kalt werben mit 1,25 Pfund Lein-
öl und 1,5 Pfund Petroleum oder nur mit legterem gemifht Zum Schuge von 10000
Pflanzen find erforberlid): 8,5 1 gelöfchter Kalt, 0,6 Pfd. Leinöl und 0,7 Pfd. Betroleum.
Die von Trump nad einem württembergifchen Rezept angewendete Mifchung erwies fich
erfolgficherer und ftelle ſich billiger ald Zeer. Bei 1 Mi. Srauentagelohn loſtete das Kal⸗
ten von 1000 Pflanzen 26 Pfg.
Nonnitkalk. Das Nonnit (Bezugsquelle: F. von Stranz, Verlin⸗Charlottenburg,
D. Karp, Berlin O., Schicklerſtraße 1) wird im Verhältnis 1:15 mit Waſſer verdünnt und
mit Kalt gemengt. Preis: 100 1 50 ME. Someit Erfahrungen vorliegen, bewährt.
9. Schwefellalzium. Die chemische Fabrik Elektron, Griesheim bei Frank⸗
furt a. M., brachte in den Jahren 1900 und 1901 unter dem Namen Schwefel-
ſchlamm ein Abfallprodukt in den Handel, dag fich infolge feines Hauptbeftanbteils
Schwefelfalzium ala ein fehr brauchbares Schugmittel gegen Verbiß erwies. Unter
dem Einfluß der Kohlenſäure der Luft und der Luftfeuchtigkeit geht das Schwefel-
falzium unter Bildung von Schwefelwafferftoff langſam in kohlenfauren Kalk über.
Der unangenehm riechende Schwefelmafferftoff Hält das Wild vom Verbiß ab, fobald
da3 Präparat in ähnlicher Weile wie der Kalk in verbünntem Zuftande an die Rnofpen
und Triebe geftrichen wird.
As Erfah für den bald aus dem Handel verfchmundenen Schwefelihlamm
bringt die chemiſche Fabrik Flörsheim, Dr. H. Nördlinger in Flörsheim a. M., neuer:
dings ein anderes Schwefelfalziumpräparat „Floriaſchwefelpaſte“ auf den Marft,
das ebenfalls mit Wafjer verdünnt und mit Bürſten ufw. auf die Gipfeltriebe auf-
geitrichen wird. Beim Aufbringen find Bürften dder Pinjel aus pflanzliem Ma⸗
terial (Wurzelbürften, Biaffavapinjel u. dgl.) zu verwenden, da Pinſel aus Tier⸗
borjten leicht unbrauchbar werden. Zu ſtarkes Auftragen ift zu vermeiden, um der
Bildung harter, das Austreiben der Knoſpen ftörender, Kalkmützchen vorzubeugen.
Bermutlich wird fi) das Präparat ebenfo bewähren wie der Schwefelihlamm. Ko:
ften: 100 kg 6,50 ME., bei Abnahme größerer Mengen billiger. |
10. Ein anderes, von der chemischen Yabrit d- Schacht in Braunfchweig unter dem
Namen „Floraevit“ als Inſektizid und Fungizid in den Handel gebrachtes, leicht maffer:
[ögliches Schwefelpräparat, dem noch Nikotin und Harzfeife als Hauptbeftandteile zugefeht
find, hat fih nad) den auf der Herrihaft Guteborn gewonnenen Erfahrungen auch als wirt:
fame3 Berbißichugmittel ertviefen (Preis: 5 kg —= 6,75 Mt.).
Die gleiche Firma empfiehlt ferner ein billigeres Präparat „Birolpulver gegen
Wildverbiß“ (5 kg — 3 Mt.) Gute Erfolge ald Verbißſchutzmittel werden auch dem von
derjelben Firma gelieferten Obſthaumkarbolineum (5 kg = 3,5 Mk., 100 kg = 87 Mt.)
nachgerühmt.
Das Aufbringen fämtlihder Schmiermittel bat möglichit bei trodener
Witterung vor Eintritt des Winters, im Oktober oder November, zu geichehen. So
lange Regen oder Tan auf den Pflanzen hängt, haften die aufgetragenen Subitanzen
1) Trump: A. d. Walde 1898, 9%.
He, Forſtſchutz. L 4. Aufl. 4
50 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
ſchlecht Im allgemeinen genügt einmaliges Verwittern im Herbft; hin und wieder
aber kann Wiederholung im Nachwinter notwendig werden.
Wie oft eine Kultur geteert oder geleimt werben muß, hängt von Holzart
Pflanzenalter, Standort uff. ab. Kiefern entwachien der Gefahr raſcher ala Fichten,
Schulpflanzen bebürfen des Schutzes weniger lange als geringe Saatpflanzen; auf
ſchwachen Böden zieht ſich die Schugperiode mehr in die Länge als auf frifchen.
Aufgetragen werden die Abwehrmittel teils mit ber bloßen oder durch Hand⸗
ſchuh geichügten Hand, teils unter Bubilfenahme von Holzftäbchen, Pinfeln, Bürften
ober Zeimapparaten. Empfehlenswert ift der Gebrauch von Iangftieligen Wichsbürſt⸗
hen. Durch reinliche und einfache Handhabung, Beit- und Koftenerfparnis und guten
bb. 13.
Bartner Dmpite ie
" nah EdRein).
Erfolg zeichnet ſich ferner die vom heſſiſchen Forſtwart
Büttner!) konſtruierte Dop⸗ pelbürſte vor den anderen
Hilfsmitteln zum Verwittern Gebrauqh der Dopperbürfte. ber Pflanzen aus.
Das Werkzeug befteht, wie aus Abb. 11 erſichtlich, aus zwei Heinen, ſich gegenüber
ſtehenden, neuerbingd von Leberlappen teilmeife umjchlofienen Roßhaarbürften, deren 16 cm
lange Stiele durch ein Scharnier verbunden find und durch eine regulierbare Spiralfeber im
febernden Gang erhalten werben. Nach Loderung der Spiralfederftelligraube wird bie An:
ftrichſubſtanz mittels einer gewöhnlichen Auftragbürkte in die beiden Vürftentöpfe in folder
Menge eingebracht, da fie vollftändig gefüllt und durchdrungen find. Die zu ſchützenden
@ipfeltriebe werben hierauf zwifchen bie beiden Bürftenköpfe genommen und unter leichtem
Bufammenbrüden der Schenkel von unten nad) oben hindurch-
gezogen (Abb. 12). Mit einer Füllung der Bürfte fönnen nad
Emmelhainz*) in der Regel 40, nah Trautmein?) bis zu
200 Pflanzen geleimt werden. Das von Ebert3‘) gegen die
Buttnerſche Vürfte erhobene Vebenten, daß fie ben Leim nicht
hinreichend fefthalte und daß deshalb viel Leim unnüt verloren
gehe, wird von Trautmwein?) als unbegründet zurüdgewieſen.
Es liegt aber bei voll gefüllten Burſten allerdings bie Gefahr
vor, baß zu viel Leim oder Teer an die Pflanzen gebracht wird.
1) Zrautwein: Ag. 3. u. 3-Btg. 1897, 75; 1904, 419.
— sat. — 2) R. forftl. 81. 1908, 29. — 3) Allg. 3. u. 3-Btg. 1897,
Balters Leimapparat mit 75. — 4) Btſcht. f. F. u. Iw. 1908, 373. — 5) Allg. F. u. I
Fähtrichter. 24, Big. 1904, 419.
Rotwild. 51
Etärferer Drud auf bie Bürftenjchenkel ift jedenfalls bei friſch ge:
fülten Vürften zu vermeiden. Preis einer Doppelbürfte 2 Mt.
Beniger tauglich al3 die Büttnerjche Doppelbürfte ift die vom
Förfter Scherz zu Marjoß, Bez. Kaflel, konfiruierte Zangen—
bürfte (f. Abb. 13) Sie nimmt weniger Verwitterungsſubſtanz
auf und läßt ſich (nach Bierau) bei kaltem Wetter mit fteifen Fin»
gern oder Handſchuhen weniger gut faſſen. Preis: 8 Mt.
Ebenfo Hat der vom Wörfter Walter, Forſthaus Crams,
Dberförfterei Himmelpfort (Reg.:Bez. Potsdam) Hergeftellte Leim»
apparat') (j. Abb. 14) feinen Eingang in die Bragis gefunden. Er
befteht aus zwei halbrunben, durch ein Echarnier miteinander vers
bunbenen hohlen Blechzylindern, bie oben je eine Öffnung zum
Einfüllen des Leimes, unten je drei Meine Ausflußlöcer haben.
Bon hier fließt der Leim auf einen Filz und durch diefen auf bie
darunter befindlichen Vürften. Beide Blechzylinder haben auf ihrer
inneren (flächen) Seite eine halbrunde Aushöhlung. Beim Bufam-
menklappen der Blechzylinder entfteht infolgebefien ein Hohlraum, ubb. 15
in deſſen unteres Ende bie leimgetränften VBürften hineinragen. gangen zum Seimen:
Beim Gebrauch wird der zu leimenbe Trieb in den Hohlraum des = aus Holz, b aus Gtahl,
auseinander geflappten Inftrumentes genommen; Hierauf wirbder 1, (nad EdRein).
Apparat zufammengeflappt und nad) oben gezogen, wodurch alle Nadeln auf ber Unter
feite mit Leim beftrichen werben. Den dem Apparat nachgerühmten Vorzügen: ſparſamer
Leimverbraud) und reinliche Arbeit, Reht umftänbliche Handhabung als Nachteil gegenüber.
Bezugöquelle: E. E. Neumann, Bromberg, Danzigerftrafe 75b; Preis 5 Mi.
Als einfach, praltiſch, billig und außerordentlich ſparſam in bezug auf Materials
verbrauch empfehlen ſich weiterhin zum Aufbringen aller Schmiermittel pinzetten⸗
artig zufammengebogene,. biegjame Holzzweige oder Stahlitreifen (Abb. 15). Nach
dem Eintauchen der Zangenſchenkel in die Verwitterungsfubftanz Memmt man mit
ihnen den Trieb leicht ein und fährt an dieſem von unten nach oben entlang.
Die teilweile ſchlechten Erfahrungen, die mit einzelnen Schmiermitteln (Teer,
Raupenleim) bei zu ftarfem Auftragen in bezug auf Braunwerden ber Nadeln und
Nichtaustreiben der beftrichenen Knoſpen gemacht wurden, regten
dazu an, dieſe Schmiermittel nicht an die zu fhügenbe Pflanze ſelbſt
zu bringen, fondern an Holzftäbchen oder Pfähle, die in unmittelbarer
Nähe der Pflanze eingeftedt wurden. Bejondere Erfolge find von
diefem Verfahren nicht zu erwarten, da das Wild oft genug duch
den Geruch des Schmiermittels fo wenig vom Verbeißen abgehalten
wird, daß es fogar die beſtrichenen Triebe angeht.
Um das Berwittern von Saaten billiger zu machen, hat man
fi zuweilen damit begnügt, die Saatftreifen mit der Verwitterungs⸗
flüffigfeit zu beiprengen ober ift mit Befen darüber hinweggefahren,
die mit Teer uſw. gefüllt waren. Vom Auffprigen von Kalkmilch ab:
gejehen, Haben alle diefe Verſuche feine bemerkenswerte Wirkung
» ", gehabt, fondern find meift zwedlos geweſen. Man tut beffer, in fol-
— chem Falle alle halben Meter eine kräftige Pflanze zu verwittern.
—— DL. Feſte Mittel.
1. Drahtfpiralen (Abb. 16). Die erften Verſuche, die Höhentriebe durch
Umtidelung mit dünnem Draht zu ſchützen, find mit dem vom braunſchweigiſchen
1) Forſtw. Zbl. 1900, 28.
4
52 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
Sörfter Schwabe!) empfohlenen Kronenſchützer gemacht worden. Die feinerzeit
in zwei Sorten, mit und ohne Befeftigungsöfe, angefertigten Kronenſchützer waren
Drahtfpiralen, die über den Gipfeltrieb geftülpt wurden, und zwar fo, daß nod)
einige Windungen der Spirale über die Endknoſpe hinausragten. Sie waren zu teuer
(1000 Stück mit Oſe 25 ME., ohne Oje 22 ME.) und hatten auch bei jtärferem
Schneefall Verleyungen der Triebe zur Folge.
Forftmeifter Simon?) zu Ellnhaufen (Bez. Kaffe) verwendete jpäter etwa 15 cm
fange, 0,6—0,7 mm ftarfe, geglühte, unverzinfte Dräbte, jog. Blumendrähte. Sie
werden in der WVeife in zwei loderen, langezogenen Windungen um den Gipfeltrieb
berumgewidelt, daß die unterfte Windung wenn möglich unter dem oberjten Aſtquirl
fich befindet. Weſentlich ift, daß das obere Ende des Drahtes —5 cm ſenkrecht
über die Endknoſpe emporragt. Um Einſchnürungen des Triebe bei zu langer Halt-
barfeit des Drahtes vorzubeugen, ift der Drabt unmittelbar vor dem Gekraud mit
Kochlalzlöfung oder verdünnter Salzjäure zu behandeln und darauf rafch zu trod-
nen. Er roftet dann früher und wird von dem ſtärker werdenden Triebe von all
ein abgeiprengt. Wenn der Draht binnen zwei Sahren nicht durchroſtet, bleiben Be-
Ihädigungen der Pflanzen nicht aus. Koften (Material und Arbeitslohn) für 1000
Pflanzen 83 Pfg., für 1 ha 5,81 ME., beim Umwickeln der Pflanzen vor dem Ein-
pflanzen 63 Pfg. für 1000 Pflanzen, 4,41 ME. für 1 ha.
Nach Erfahrungen auf dem mürttembergiihen Revier Kalmbach bewährte ſich der
Draht im erften Jahre (gegen Hehe) vorzüglich, jpäter würden die geſchühten Triebe unter:
halb de3 Quirls in großer Menge abgebillen. Der Draht wurde in Württemberg zunächſt
auf ein rundes, 2 cm ftarfes Holz ſpiralförmig aufgewidelt und dann über die Gipfel«
knoſpe geftülpt (Syftem Schwabe, ſ. oben). Woernle beurteilf die Drahtfpirale auf Grund
ber württembergifchen Erfahrungen als teuer, nicht zuverläffig und unter Umftänden fchäd-
lich für die Pflanzen (Ztſchr. f. %. u. Iw. 1908, 484).
2. Knoſpenſchützer „Krone und „Widel’ von Lanz. Erfinder: württem⸗
bergiſcher Oberförfter und Hofjagdinſpektor Lanz in Landhaus Nofenitein bei Stutt-
gart. Bezugsquelle: Blechwarenfabrik Carl A. Gabler in Zuffenhaufen (Württem-
berg). Die Schugmittel beitehen aus Schwarzblech, Weißblech oder verzinktem Blech.
Die „Krone”?) Abb. 17 a) ift ein bis 5 cm langes, 4 cm hohes und an einer
Längsfeite 3— 6 zadig ausgefchnittenes Blechſtück, das um die zu ſchützende Knoſpe
herumgebogen und durch Andrüden des unteren nicht ausgezadten Teiles befeitigt
wird. Sie wird an Nadelholz verwendet und ift im Herbft derart an die Pflanze
anzubringen, daß die Zadenenden etwas tiefer als die zu ſchützende Gipfelknoſpe zu
ftehen fommen und, nach außen gebogen, die Knoſpe tranzartig umgeben (Abb. 17b).
Um Beihädigungen und Entwidelungshemmungen der Endfnofpe zu vermeiden,
dürfen die Kronen nur leicht angelegt werden und müfjen nach dem Ausmwärtsbiegen
der Baden die Knoſpe ganz freilaffen. Die Benutzung der längeren, fünf- und ſechs⸗
zadigen Kronen empfiehlt ſich nur bei ſtarken Pflanzen (Kiefern). Im allgemeinen
genügen für ſchwächere Pflanzen die dreizadigen Schüger nicht nur volllommen, ſon⸗
dern find zweckmäßiger, weil fie den Gipfeltrieb unterhalb der Knoſpe weniger feſt
umjchließen al3 die fich übereinander legenden längeren Kronen. Infolgedeſſen bie
gen fich die fürzeren Kronen beim Stärferwerben der Triebe Leichter von felbft auf,
1) Mind. forftl. 9. XIV, 1898, 171. — 2) Bticht. f. F. u. Iw. 1902, 669; 1908, 484.
— 8) Wg. $. u. 3.-Btg. 1901, 836; 1902, 111, 290; 1906, 34. — Forftio. Zbf. 1908, 89;
1904, 643; 1906, 447. — R. forltl. Bf. 1901, 26.
Rotwild. 58
ohne durch Einfnüren und Einſchneiden Verkümmerungen des Gipfel:
triebes herbeizuführen.
Beim Ausbleiben ftärkerer Rofibilbung können die am letztjähri—
gen Triebe hängenbleibenden Schüger noch einmal, unter Umftänden
noch mehrmals vertvendet werben. Stärfer ver-
roſtete Schüger eignen fich zu wieberholter Be⸗
nutzung nicht.
Erfolg im allgemeinen gut ober befriedi⸗
gend. Da mehrjährige Verwendung ber Kronen
aber nur zum Teil möglich und das vorſchrifts⸗
mäßige Anbringen zeitraubend ift, fo ift das 7
Verfahren ſelbſt nicht billig. Koſten: 1 kg vier⸗ 6.17. a Knofpenfdjüger Eron'e, etwas ver-
gadige Kronen (rund 1000 Stüd) 1,60 Mf.; Neinit; ® Oebrau beaeien, pin.
Befeftigen für 1 ha 8—10 Mf., Gefamtloften: 10—16 Mt. für 1 ha.
Bisweilen find die durch Kronen geſchützten Triebe unterhalb des Schügers trogdem
abgebifjen worden. Auf Kulturen in ber Nähe ber Winterftände des Wildes und bei ftarfen
Wildſtänden Hilft man ſich gegen dieſes hin und wieder wohl auch auf Rechnung des Hafen
zu fepende Verbeiden durch Anbringen mehrerer Kronen am gleidhen
Triebe. Auch die Möglichleit von Verlegungen bei Menſchen, Wild
und Pflanzen bei Anwendung ber Kronen ift von manchen Seiten gegen
diefe Schugmittel ins Feld geführt worden. Beim Anlegen bereitö ge»
brauchter, verrofteter Kronen empfiehlt es fich allerdings, die Hände
durch Handſchuhe zu fichern. Im übrigen laſſen fich Veſchädigungen
der Pflanzen bei jahgemäßem Anbringen der Kronen vermeiden. Die
aus Oberfteiermart') (Mevier Beitich) gemeldete Beobachtung, daß 10
Stüd Rotwild infolge Abäjens befronter Pflanzen eingegangen feien,
fteht fo vereinzelt da, daß man gut tut, weitere ähnliche Borlommniffe
abzuwarten, ehe man den Kronen eine abfolute Schäblichfeit für das
Bild beimißt.
Da fi die zadigen Kronen zum Schuge von Laubhölzern
DB. 18. weniger eignen, hat Lanz für diefe einen anderen Knofpenfchüger,
—— „Widel“*) (Abb. 18) herſtellen laſſen. Er beſteht aus einem,
und Gebrauß besfelben, dem Iateinifchen F ähnlichen Vlechftreifen und wird an den zu
” ſchützenden Trieb fo angelegt, daß das obere ſchmale Ende (a) bie
Rnofpe um 0,5 cm überragt. Die Befeftigung erfolgt durch Herumbiegen des unteren
breiten Flügels c um den Trieb. Nachdem dann die Knoſpe in die Mitte des Blech-
reifens gerüdt worden ift, wird ber mittlere Heine Flügel b übergebogen, um fie in
der gewäünfchten Lage feftzuhalten.
Der Winkel wird in zwei Größen von der oben genannten Blechwarenfabrif geliefert.
Die größere Form tft für Eichenheiſter, die Heinere für ſchwache Eichenpflangen, Buchen uf.
Bekimmt. often für 100 Widel 8-10 Pig. Erfolg (nad; Heyer-Giehen) gut; im bayı
rifchen Wald wurben aber bie geichügten Ahorne vielfach unter dem Wickel abgebiffen.
Die weiteren von Lanz noch empfohlenen, aus Blech oder Draht hergeftellten
Schugmittel: Käppchen aus Binfblecd oder imprägniertem Pflangenfaferitoff zum Auf-
fegen auf die Pflanzen während bes Winters, Längsſchützer, Blechdüten, Blechfahnen,
Kemmer, Stacheldrahtgürtel u. a. haben feinen Eingang in die Praxis gefunden.
3. Verhanfen — Wergen) Die zu jhüßenben Triebe werden mit Werg
= Hede behangen oder loſe ummwidelt. Um Schaden an ben Pflanzen, Mißbildungen,
) Öfterr. 8. u. 3.-Btg. 1906, 261. — 2) Allg. F. u. J-Btg. 1902, 292. — 3) Forfti.
54 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
Einſchnürungen, unter Umftänden fogar Abfterben der Gipfel zu vermeiden, be-
barf e8 einer gewiſſen Borficht und Gefchidlichkeit beim Anbringen bes Werges. Es
darf weber zu feft noch zu loſe getwidelt werden und muß möglichft lang und fchleier-
artig, aber nicht Dicht herunterhängen. Da fich die übergehängten Wergfäden bei Wind
und Wetter Hin und wieder Inäuelartig um Knoſpe oder Trieb herumfchlingen, find
Störungen der normalen Triebentwidelung nicht ganz zu vermeiden; fie find aber
belanglo3, folange beim Anlegen des Hanfes darauf geachtet wird, den Hanf zwar ſo
feft zu hängen, daß der Wind ihn nicht fortweht, andererſeits aber feftes Umwickeln
der Triebe uſw. vermieden wird.
Erfolge des Verhanfens im großen ganzen gut. Schon bie erften mit diefem Mittel
im nörblidden Schwarzwald ausgeführten Berfuche Lieferten ein fehr günftiges Reiultat, in⸗
bem die mit Werg verjehenen Pflanzen durchweg verfchont blieben, während die dazwiſchen
befindlichen, nicht mit Werg behangenen, vom Wild (Rehwild) verbiffen wurden.
Hier und da hat man die Schugwirkung noch durch Imprägnierung des Werges mit
Sauche, Petroleum oder ftintendem Tieröl zu erhöhen verſucht. In ſolchem Yalle ift bas
Anlegen de3 Werges erft nach völligem Wiederabtrodnen vorzunehmen. -
Koften: für 1000 Pflanzen 1,70—2,50 ME. (nah Edftein), für 1 ha 5—8 ME, in
Kieferntulturen Höher, weil das Werg hier jchlecht Hält. Auf 2087 ha geſchützter Fläche
ftelite fih in preußiichen Revieren der Heltar (nah Edftein) auf 5,96 Mt.
Nach Roth verurjachte dad Verhanfen von 14000 mittelftarken, etwa 1,25 m hohen
Beibtannen in einem Falle einen Beitaufwand von 14,5 Tagen und einen Koftenaufwanb
von 28,58 Mk., wovon 20,95 ME. (89%,) auf den Arbeitslohn und 2,63 ME. (11%,) auf
das Werg (38500 g) entfallen. Das Verhanfen von 1000 Stüd koſtete hiernach 1,68 Mt.;
der Verbrauch an Werg Hierfür ftellte fi) auf 0,25 kg. Als Aufwand für 1 ha ergeben
ſich 5 Mi. In einem zweiten Falle koftete das Berhanfen von 28000 Pflanzen 51,60 ME.,
wovon 93°), auf den Urbeitölohn und 7°, auf dad Material zu rechnen find. Das Ber:
banfen von 1000 Pflanzen ftellte fich Hierbei auf 0,86 Tagesſchichten oder 1,84 Mk. Ein
Arbeiter Tann bei einiger Übung täglich) 1200 Bilanzen verhanfen. — Bedarf an Werg
für 1 ha 0,75 bis 1 kg. Wird das Werg nicht gewidelt, fondern nur in nußgroßen Bün⸗
delchen zwiſchen die Nadeln der Gipfeltriebe gedrückt und etwas auseinander gezogen, ſo
reiht 1 kg Werg für 5—6 ha hin.
4. Anbringen von Papierdüten um die Knoſpen. Wirkſam, aber umftänd-
lih und teuer, für 1 ba 10—20 Mt.
5. Unbinden fperrigen, trodenen Reifigs an den Höbentrieb mit Blumen
draht. Ebenso erfolgreich, aber gleichfalls koſtſpielig und vorfichtige Arbeiter erfordernd.
III. Mittel gegen Schälen.
Außer den bereit3 oben (S. 38.) unter den allgemeinen Schugmaßregeln her⸗
vorgehobenen Mitteln zur Vorbeugung und Bekämpfung der Schälichäden find die
nachjtehenden, teild mit dem gefährdeten Objekt, teild mit dem fchädigenden Wilde
fi befaffenden Maßnahmen als mehr oder minder erfolgreich zu nennen. Wir teis
len fie ein in:
a) vorbeugende forftwirtfchaftlidhe Maßnahmen,
b) vorbeugende Maßnahmen der Wildpflege,
c) direkte Schutzmittel.
gZbl. 1887, 606; 1894, 248, 503; 1896, 506; 1896, 146; 1897, 182. — Ziſchr. f. F. u.
Im. 1900, 764; 1902, 61. — Allg. F. u. J⸗Ztg. 1891, 216, 897.
Rotwild. 55
a) Borbeugende forftwirtfjhaftlide Maßnahmen.
1. Maßregeln der Beftandesbegründung: Begünftigung von Holzarten,
die frühzeitig Borke bilden, 3. B. Kiefer, Lärche; Beimiſchung der Kiefer zur Fichte;
Wahl enger, unregelmäßiger Berbände, um dem Wild das Hin- und Herwechfeln zu
erſchweren. Bon anderer Seite wird die Bevorzugung weiten Pflanzenabitandes
und die Anwendung von Plätzeſaat oder Büjchelpflanzung empfohlen, um Bäume
zu erziehen, die durch ihre tiefe und kräftige Beaftung vor Schälangriffen geſchützt
werden, bzw. um büfchelweifen Stand herbeizuführen, bei welchen bem inneren
Stämmchen durch bie äußeren ein mechanischer Schuß gegen den Andrang des Wil-
des gewährt wird.
Um die Nachteile der Büfchelpflangung zu umgehen, ihre Sorteile aber auszunutzen,
empfiehlt 'Forftmeifter Tiemann (Allg. 5. u. 3.=Btg. 1902, 407) als VBorbeugungsmittel
gegen Schälbeihädigungen in Yichtenbeitänden eine „Blattenpflanzung“, bei der je 5
Pflanzen, in je 15 cm Abftand voneinander, freuzförmig EJ auf 45 cm im Quadrat große
Platten gejebt werden. Die Blatten follen 1,8—2 m, von Mitte zu Mitte gemeflen, vons
einander entfernt fein. Die vier Edpflanzen einer Platte dienen dem Schute der Mittelpflanze,
dürfen dieſe deshalb nie überwachien (!) und dürfen erſt dann genüht werden, wenn bie
Rinde des Mittelitummes fo hart geworden iſt, daß fie vom Wilde nicht mehr angenommen
wird (I). Diejen unerfüllbaren Borausfegungen fügt Tiemann die wenig waldpflegliche
Empfehlung an, die Edftangen eventuell im Alter von 30—85 Jahren in 1,5—1,7 m
Höhe zu töpfen und den verbleibenden Schaftftummeln die Üfte zu belafien.
2. Maßregeln der Beitandeserziehung: Hinausfchieben der Durchfor-
ftungen, bis die Beitände dem Alter, in dem der Hauptichälichaden ftattfindet, im we⸗
jentlichen entwachſen find; Schonung der Weichhölzer (Aſpe, Sahlweide ufw.) bei
den eriten Durchforjtungen, Stehenlafjen ganz unterdrüdter äftiger Eremplare, unter
Umftänden nur Köpfen — ftatt Herausnehmen — der zu entfernenden Stangen.
Die oft gehörte Empfehlung, die Durchforftungen, wenn fie einmal begonnen
haben, möglichjt fräftig zu führen, um durch verftärkte Belichtung die Borkebildung
an den verbleibenden Stämmen zu fördern, ift praktiſch bedeutungslos. Ehe die Rinde
die dem Wilde nicht mehr zufagende Berfaffung angenommen hat, find in der hier-
für notwendigen langen Zeit die Bäume längst geichält und ruiniert.
Überhaupt fällt bei den meiften der vorjtehend aufgeführten foritwirtichaftlichen
Vorbeugungsmaßregeln, wenn nicht ein unausgleichlicher Widerftreit der Anſchauun⸗
gen, jo doch ein mehr oder minder großer Gegenſatz zu den Regeln und Gepflogen-
heiten des waldbaulich korrekten Vorgehens auf. Den genannten Maßregeln kann
deshalb im Wirtichaftswalde ein nennenswerter praftifcher Wert nicht beigemefjen
werden. Wohl aber haben fie Bedeutung für den Ziergartenbetrieb, bei welchem dem
Wilde ja Doch mehr oder weniger umfängliche, mit den Lehren der rationellen Forfts
wirtihaft in Wideripruch ftehende Konzeſſionen gemacht werden müffen.
b) Borbeugende Maßnahmen der Wildpflege.
Unter Bezugnahme auf die ©. 42f. erwähnten, auf Hebung der natürlichen und
fünjtlihen Ernährungsverhältniſſe abzielenden Mittel feien ergänzend Diejenigen
Maßregeln der Wildpflege genannt, deren Haupt: oder Nebenzwed Verminderung
oder Befeitigung der Schälſchäden ift.
1. Sorge für Proß- und Rindenäfung (vgl. S. 43). Durch Fällung
von Weichhölzern im Winter oder, wo folche fehlen, von Kiefern oder Fichten, kann
namentlich in den Winterjtänden, in der Nähe der Fütterungen und an dem Wechfel
56 Erfe3 But. Edup gegen Tiere
dem Bebürfnis des Wildes nad) Rinde Genũge geleiftet unb die Gefahr der Winter-
lich gemacht, alio jo gelegt werben, daß fie nicht verfchneien fünuen. Ro beſondere
Vorrichtungen hierzu nicht getroffen werden jollen oder fünnen, empfiehlt ſich die
Etangen 1 m über dem Boden durch einen Arthieb einzufniden und fie umzulegen,
ohne die Verbindung zwiſchen Stumpf und Schaft zu Löfen.
Es erſcheint allerdings das auf manden Seiten lebhaft geäußerte Bebenten
nicht unberedjtigt, DaB durch die eben genannten Füllungen der Echälneigung des
Bildes nur Vorſchub geleijtet und das Schälübel nur groß gezogen würde. Wo man
das Echälen noch nicht al3 unansrottbare Untugend anfıeht, mag e3 richtig fein, von
dem Berfahren der Rindenvorlage abzujehen, obgleich man dann auch gegen ben
winterlichen Jällungsbetrieb den Vorwurf erheben kann, daß er Ichälfürdernd wirft.
2. Fütterung mit Rindenerjagmitteln. Die Anſchanung, daß die Echäl-
urſache im Bedürfnis des Wildes nach gewilfen in der Rinde enthaltenen Stoffen
(Kalt, Gerbſtoff, Zuder, Salz, Waſſer) zu ſuchen fei, die dem Wilde jebt nicht mehr
wie ehedem in der natürlichen Ajung in hinreichender Menge geboten würden, führte
folgerichtig zu Fütterungsverjucdhen mit mancherlei „Rindenjurrogaten”. Die
mit pulverifierten Galläpfeln, gemahlener Eichen-, Fichten: und Tannenrinde, aller:
hand Lod- und Bitterftoffen (Anis, Wermut, Beilchenwurzel, Ralmus ufw.), vor
allem aber mit phosphorfaurem Kalt an Fütterungen und Salzleden durchgeführten
Experimente haben in bezug auf Minderung der Schälihäden feinen, wenigftens
keinen fihtbaren Erfolg gehabt. Auch die auf Empfehlung von Drömer ausfchlieb-
liche Berabreichung waſſerhaltiger Knollen und Futtergewächſe jcheint das gejuchte
Allheilmittel gegen Schälfichäten nicht zu fein.
Ein befonderer Wert ift bei der EC chälfchädenbelämpfung von manden Seiten (Hols
feld, Reumeifter) der Kaltfütterung beigemeflen worden. Davon ausgehend, daß
zum Aufbau des Knochengerüftes und des Geweihes phosphorfaurer Kalf gehört, unterftellte
man beim Bilde einen durch die Fütterung Talfarmer Juitermittel nicht befriedigten Kalt:
hunger. Der fürftfich Claryſche Yorftmeifter Holfeld juchte diefen Kalfhunger durch fein
vegetabilifches Wildfutterpulper, ein Gemenge von phosphorfaurem Kalt und einer
Reihe von Lodftoffen, zu ftillen und ftellte ald Nebenwirfung fofortiges Aufhören der Schäl-
ſchäden in Husficht. Ebenfowenig aber wie diefe Berheißung in Erfüllung ging, erfüllten fich die
Erwartungen, die auf die Verabreichung der Neumeifterjchen Ledfteine, von Barthels
Futterkalk oder von Knochenmehl bezüglich des Schwindens der Schälfchäden gejegt wurden.
Vielleicht laſſen fiy die vielen Fälle, wo die Zufuhr phosphorfauren Kalles ohne Einfluß
auf die Schälneigung des Wildes blieb, wie Rafparek!) vermutet, damit erflären, daß
beim Wwilde zu wenig Kalt — ftatt 40 big 50 g tägli nur 10 g und weniger — zugeführt
wurde.
3. Shlagen von Salzleden?), Auslegen von Ledfteinen. Einzelue
Beobachtungen weiſen darauf hin, daß reichliche Gaben von Salz dag Rotwild vom
Schälen zurüdhalten. Man empfiehlt deshalb, Salzleden in hinreichender Menge im
Nevier zu fchlagen oder die Leichter zu handhabenden Leckſteine an allen geeigneten
Punkten (Suhlen, Fütterungen, Wechſeln, Didungen) auszulegen. Die nad) der Vor⸗
1) Btfchr. f. d. landw. Verſuchsw. in Ofterr. 1904. 858.
2) Der Anhalt der Salzleden (Sulzen) befteht aus ftein- und fandfreiem Lehm und
Koch oder Viehfalz im Verhältnis 4: 1 oder 3:1. Zur Anlodung werden ſtark riechende
Stoffe (Unis, Fenchel) beigegeben. Der Zuſatz von phosphorjauren Kalk ift jehr zu empfehlen.
Rotwild. 57
Ihrift von Neumeifter von Fack und Lehmann, Modausleipzig, hergeftellten Leck⸗
fteine enthalten außer dem Salz noch phosphorfauren Kalt. Außer biefen befonders
hergeftellten Steinen laſſen ſich aber auch Stüde von Viehſalz oder die aus Sa⸗
finen zu beziehenden billigen Pfannenfteine mit gutem Erfolg als Leckſteine verwenden.
4. Blut3anffrifhung. Zur Verbefferung der Körperbeichaffenheit und zur
Behebung der mit der Förperlichen Degeneration oft in Verbindung gebrachten Schäl-
neigung wird die Zufuhr friichen Blutes in ſchälgewohnte Wildftände angeraten.
Der Rat hat nichts Bedenkliches an fich, folange es fih um Einführung jchälfreien
Wildes handelt. Beim Bezug von Tiergartenwild aber läuft man Gefahr, den Bod
zum Gärtner zu feben, da erfahrungsgemäß das Tiergartenwild dem Schällaſter am
meiſten verfallen iſt.
5. Abſchuß der ſchälenden Tiere. An Wildſtänden, in denen das Schälen
nur von einzelnen Stüden ausgeübt wird, empfiehlt fich die Berückſichtigung dieſer
Volfsverführer bei der Standesregelung. Der Abſchuß der fchälenden Stücke ift
aber nicht leicht und erfordert viel Zeit und Mühe.
6. Hinfichtlich der Anlage und Lage der Fütterungen fei noch einmal auf
Dezentralifierung der Yütterungen und ihre Errichtung in den älteren, dem Schälen
nicht mehr ausgeſetzten Beitänden hingemwiefen.
c) Direlte Schugmittel.’)
1. Eingattern der gefährdeten Ortlichkeiten, |. ©. 40f.
2. Berwittern der Grenzen durch Umziehen der Stangenhölzer mit Strik⸗
fen, an denen die mit der Verwitterungsſubſtanz geträntten Lappen uſw. befejtigt
find: wertlo2.
Diejen auf Flächenſchutz abzielenden Maßregeln jtehen die zahlreicheren Stamm
ſchutzmittel gegenüber, die, richtig angewendet, den Schuß des einzelnen Stammes
vermitteln, ohne dem Wilde die ihm notwendige Bemwegungsfreiheit und die natür-
liche fung zu beeinträchtigen. Die meift hohen Koften des ftammmeifen Schutzes
machen feine Beſchränkung auf den Hauptbeftand notwendig.
Hierher gehören:
3. Verwittern des Einzelftammes durch Beftreichen mit übelriechenden
bzw. Hebrigen Subjtanzen, 3. B. Petroleum, Jauche, Exkremente, Karbol, Fiſchtran,
Asa foetida, Seifenfieterlauge, Ochjenblut, Leim, Teer.
Abgeſehen von der durd) einen Teil diefer ‘Mittel herbeigeführten Verpeſtung
der Waldluft, find die meiſten von ihnen nicht wetterbeitändig genug, um brauchbar
genannt werden zu können, ſondern müfjen zu oft erneuert werden. Der viel emp:
fohlene Raupenleim 3. B. hat fich, rein angewandt, nicht bewährt. Wohl aber wird
die Schutzwirkung des Leimes verjtärkt durch Beimifchung von feinkörnigen Sand
oder Bewerfen der friſch gejtrichenen Stämme mit ſolchem. So lange der Sand in
binreichender Menge am Baume feittlebt — ungefähr 3 Jahre — bleibt der Stamm
von Schälangriffen verfchont. Ebenſo hüten Milchungen von Lehm und Sand —
———
1) Vgl. Lanz: Allg. F. u. J.-Ztg. 1901, 8650. — Derj.: Wild und Hund 1908,
Nr. 2—8. — Die Mittel zum Schuge des Einzelftammes uſw. nach den Berjuchen und
Erfahrungen des Kgl. württemb. Hofjagdamtes vom Jahre 1883—1910, dargeftellt auf der
erften internationalen Sagdausftellung Wien 1910.
58 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
Lehm, Kalt, Sand und Zement — Kallmilch und Sand; fie find aber um fo bebenf-
licher, je luftdichter fie den Stamm abſchließen.
Koften des Anftriches mit Raupenleim oder Lehmmiſchung (na Lanz) 4—
6 Pf. für den Stamm. Die Notwendigkeit öfterer Erneuerung macht Die Anwendung
eines ſolchen Anftriches in unferen eines laugfriſtigen Schuges bedürftigen Fichten:
und Tannenbeitänden zu teuer.
Der zu hohen Koften wegen verbietet fich auch der von Lanz empfohlene An⸗
ſtrich der fchälgefährbeten Stammpartie mit Dlfarbe (Dder mit Bleiweiß), obgleich
diefer Anftrich eine längere Schugdauer zufichern und außerdem die fehr erwünfchte
Anpaflung an die natürliche Rindenfarbe ermöglichen würde. Lanz fchäbt den Ko⸗
ftenaufwand für 1 ha Stangenholz bei Beſchränkung des Anftriches auf den Haupt-
beftand und bei uur bänderweifem Anftreichen der zu fchügenden Stämme auf 60 Mt.
Um fo wertvoller fcheint nad) den Verſuchen des württembergiichen Hofjagd-
amtes die Berwendung von Steinfohleuteer als Auftrichfubftang zu fein. Der
Gebrauch diefes Mittels feht allerdings voraus, daß nur ältere, mit Borke bebedte
Pflanzenteile und diefe auch nur fo beftrichen werden, daß ein Iuftdichter Abſchluß
einer größeren Stammflähe nicht eintritt. Werden diefe Borausfegungen nicht bes
achtet, fo find Zunktionsftörungen: Ägwirkungen und Unterbindung der Atmung, un-
ausbleiblich und führen unter Umftänden zum Tode des geteerten Stammes.
Um Teer zu fparen, die Arbeit zu fördern und die Koften damit auf ein Minimum
herabzubrüden, hat Lanz eine tragbare Teerſpritze konftruiert (Bezugsquelle: Gebrüder
Holder, Mafchinenfabrif in Megingen, Württemberg), die ed ermöglicht, den Teer did oder
dünn aufzutragen, Figuren aller Art zu fprigen und dabei rauhborkige oder aftige Stellen
auszufparen. Zweckmäßigerweife gejchieht das Teeren an ſchwächeren Stämmchen in Längs«
ftreifen, zwijchen denen 2 cm breite teerfreie Streifen belafjen werden. Stärkere Stangen
find in didzadlinien von 2 m abwärts bi zur Kniehöhe zu fprigen. Das Teeren hat
möglihft im Herbſt bei mittlerer Temperatur zu geichehen. Kalte Witterung verdidt den
Teer zu ſehr und führt zu unnötigem Materialverbraudy, während warmes Wetter Zer⸗
fließen de3 Teer und Überziehen der ganzen Stammfläde zur Folge hat.
Die Dauer des zwar nicht unbedingt, aber doch befjer als alle anderen Anftrichmittel
wirfenden Teerfhuges veranfchlagt Lanz auf 15 Jahre, bei didem Auftragen des Teers
auf noch länger. In Übereinftimmung damit befinden fi die vom Forftmeifter Trump
in den fürftli Hohenlohe-Langenburgichen Waldungen bei Stughaus (Thüringen) gemachten
Erfahrungen. Ein 1886 daſelbſt vorgenommener Teeranftrich Hat fich mehr ald 20 Sabre
wirkſam erwieſen.
Die Koften beliefen ſich in Stutzhaus beim Teeren eines 30 —36 jährigen Fichten⸗
pflanzbeſtandes für 1000 Stangen auf 12 Mk., wovon 4 Mt. (83°/,) auf den Arbeitslohn
und 8 ME. (67°,) auf den Teer (90 kg) einjchlieglich Transport kamen. — Lanz be
rechnet unter der Annahme, daß ein geübter Arbeiter mit 3 ME. Tagelohn an einem Tage
600 Stämme teert und hierzu 75 kg Teer zum Preife von 4 ME. verbraucht, den Koſten⸗
aufwand für 1 Stamm auf 1'/, Pie.
Neu ift der von Seibt (a. a. D. 58) ftammende Gedanke, nicht den Haupt:
beitand, jondern den Nebenbeitand anzuftreichen, und zwar nicht mit Abſchreckungs⸗
jtoffen, fondern mit Lockſubſtanzen (Anis- und Fenchelwaſſer, Abkochungen von Lieb-
ftödelmwurzel oder Miftelzweigen ufw.). Die Rinde des Nebenbeftandes fol dadurch
für das Wild begehrensmerter gemacht und auf diefe Weife, ähnlich wie durch Vorlage
von Rindenäfung (f. S. 55 unter b 1)), der Hauptbeftand indireft geſchützt werden.
4. Sicherung des Einzelftammes durch Einzäunung (Einprügeln), Ans
legen eines Reiligmantels (Einbinden) oder durch Anbringen von Draht—
ſchutzgitter.
Rotwild. 59
a) Eins
prügeln.Die
bei den erften
Durchforſtun⸗
gen ausfal⸗
lenden ſchwa⸗
den Reis⸗
ſtangen wer⸗
den entaſtet,
auf 2m ab:
gelängt und
zum Einhül⸗
len der zu
ſchützenden
Stämme in
der Weiſe bes
nußt, daß
durch Draht
bänder zus
fammenge- Mb. 19. Durch Trodeneinband geihübtes Stangenholz.
haltene Horden ben einzelnen Stamm umgeben. Beim Herftellen diefer Horden wer-
ben bie Stangen abwechſelnd mit dem diden und dünnen Ende aneinander gelegt.
Die Schugdaner folder Umhordungen wechſelt mit der Holzart. Weichhölzer (Birke,
Erle, Aſpe, Sahlweibe) Halten 4—6 Jahre, Kiefer 7—8, Fichte bis 12 Jahre. Die Koften
ftellen fich auf 8—12 Pig. für 1 Stamm, vorausgefeßt, baf das auf 20—30 Mt. für
1 ha zu beivertende Einbindematerial nicht von weit Her transportiert werden muß, fon:
dern an Ort und Stelle in Hinreichender Menge und Beichaffenheit zur Verfügung fteht.
b) Einbinden. Der zu ſchützende Stamm wird mit einem Schugmantel aus
dem bei den Durchforſtungen ausfallenden Aftreifig umgeben. In Beftänden, die ſich
noch nicht gereinigt haben, kann der Schugmantel auch durch Herauf- oder Herunter⸗
siehen grüner feitfigender Üfte, durch ſog Grüneinband, hergeftellt werben.
Beim Trodeneinband hat die Ausführung in der Weife zu geichehen, daß
einer ber beiden zufammenarbeitenden Arbeiter ein Bündel ftärkerer, nicht zu kurzer
Üfte nimmt und fie mit der Spige nad) unten um den unteren Schaftteil legt, wo⸗
bei die diden Enden bis auf 1,75 m Höhe Hinaufreichen follen. Durch zweimaliges
Umbinden bes Reifigmantels ſeitens des zweiten Arbeiter3 mit ſchwachem geglühten
Draht wird dad Herunterfallen des Reiſigs verhindert und durch Einfügen von 2—
3 ftarfen Üften in den Mantel dem Einwachſen des Drahtes in den Stamm vorge
beugt (Abb. 19 und 20). Koften des Verfahrens etwa 9-12 ME. für 1000 Stämme
oder 12—14 ME. für 1 ha; Schugdauer 8-10 Jahre. Eine der befannteften und
bewährteften Schugmaßnahmen gegen Schäljchäden, von H. Reuß erjtmalig beſchrie—
ben und in den Waldungen von Dobrifch ſchon feit 1872 angewendet.
Mit dem Auftreten ftärferer Schälſchäden in den jüngeren Altersffafien ift der Grün=
einband zum Schuge der ſchon lange vor der erjten Durchforſtung gefährdeten Beſtände
mehr und mehr eingeführt worden. Hierbei erfolgt bie Anfertigung des Reifigmantel3 durch
Aufwärts: oder Abmwärtöbiegen der erreichbaren Aftquirle und Feithalten berfelben mittels
Drahtiglingen (Abb. 21). Lücden im fo entitchenden Schupmantel, die nicht durch entjpre-
60 Erftes Buch. Schup gegen Tiere.
MD6. 20. Hreiſtehende durch Herunterbinven Mob. 21.
trodener fte gegen Schälen geihüge Fichte. 20jäheige, durch Grüneinhand geſchadte Fichte.
ende Gruppierung ber Äfte zum Verſchwinden gebracht werden Lönnen, müjien durch Ein-
fieden von Reifig ergänzt werben. Koften: 5—9 Pf. für 1 Stamm; Schugbauer je nach dem
Aftreihtum 3—5 Jahre. In engeren, ſchwach beafteten Pflanzbeftänden ſchiebt das Wild
den dünnen Reifigmantel meift bald auseinander, um zu ſchälen.
Obgleich die eben genannten Verfahren bei guter Ausführung bes Einprügelns
ober Einbinden auf fürzere oder längere Zeit einen abfoluten Schuß vor Schälan-
griffen gewährleiften, Haften ihnen doch nicht zu überfehende Nachteile an. Sie find
toftfpielig, erhöhen die Feuersgefahr ganz bedeutend und ziehen die Schälperiobe der
Beſtände in die Länge, weil die Rinde im Schuge des Einbindematerialed weniger
ſchnell erhärtet als am nicht gefehügten Stamm und infolgebeffen länger angenom«
men wird.
c) In Erwägung biefer Mißftände empfahl Lanz die Anwendung von Drahtſchutz⸗
gittern. Durch Aufhängen eines aus Maſchengeflecht zylinderförmig zufammengebogenen,
1,5 m langen Dradtlorbes an einem oder mehreren, in 2 m Höhe befindlichen Aften ober
— wenn te fehlen — an Klammerı, fol der untere Schaftteil geihügt werden. Das Ber-
fahren ift jehr teuer (für 1 Stamm 15—35 Pf.) und hat ſich nad; den Erfahrungen des würt—
tembergifchen Hofjagdamtes nicht einmal bewährt, weil das Wild bei Verwendung eines Ge-
flechtes von 51 mm Maſchenweite trogbem fchälte und außerdem bie frei herabhängenden
Drahtlörbe in die Höhe jhob, um zu der Minde zu gelangen. Die hieraus fich ergebende
Notwendigkeit, die Schupgitter auch unten zu befeftigen, läßt es richtiger eriheinen, die zu
ſchützenden Stämme in der üblihen Weiſe mit einem auf dem Boden aufgeftellten Draht:
ne zu umgeben. Die hohen Koften rechtfertigen die Unwendung dieſes Mittel aber eben
nur an Einzelitangen bei befonders wertvollen Holzarten.
Rotwild. 61
5. Sicherung de3 Stammes dur Harzintruftation. Von der Erfah-
rung ausgehend, daß durch Harzausfluß rau gewordene und überfruftete Rinde vom
Wilde nicht angegangen wird, find in neuerer Beit-mehrere Werkzeuge zur Verwun—⸗
dung der Rinde ber Nadelhölzer und bamit zur Erzeugung von Harzausfluß Herges
ftellt und empfohlen worden. Der dem Verfahren zugrunde liegende Gedanfe ift
nicht neu, ſondern findet fich ebenfalls in dem Reußfchen Buche über die Schälbefchä-
digung durch Hochwild (Berlin 1889) erftmalig dargelegt. Auf künſtliche Harz⸗
inkruftation laufen hinaus: gar
a) der Flammigerſche Schugfrager.!) Das
von dem Freiherrlich von Bethmannſchen Förfter Flam⸗
miger, Königftein im Taunus, erfonnene Werkzeug ift
ein mit einem Handgriff verfehenes doppelſeitiges Kratz⸗
eijen, deſſen beiderſeits fünf ſcharfe Zähne nicht in ge—
rader Linie, fondern in einer der Stammform entfpre-
enden konkaven Rundung ftehen (Abb. 22). Ye nad} der. Stammftärte find mehr oder
weniger weit geöffnete Kratzer anzuwenden. Bier verfchieden runde, an zwei Schutz⸗
kratzern vereinigte Krageifen find im allgemeinen für alle jüngeren Fichtenbeftände
ausreichend. Preis eines Kraters 1,50 Mt.
Beim Gebraud) werden die zuvor bis auf 2 m Höhe aufzuaftenden Stangen durch
lange, mit dem Schutzkratzer von oben nach unten zu führende Striche derart verwundet,
daß bie parallel verlaufenden, 2 cm voneinander entfernten Mindenrifje möglichit bis auf
das Holz reihen. Zun fie das nicht, fo ift der Harzausfluß mur ja. Des ftärkeren
Harzfluſſes wegen empfiehlt es fic, vom April bis Juli zu fragen. Koften für 1 Stamm
1—1,5 Pf., für 1 ba (bei Beſchränkung auf den Hauptbeftand) 8-10 Mi.
Welchen Einfluß das Kragen auf Wachstum und Gejundheit ber behandelten Stämme
ausübt, fteht noch nicht hinreichend feft. Dengler?) beurteilt biefen Einfluß auf Grund
feiner Unterfuhungen von 16 gefragten Stämmen
fehr ungänftig und erflärt die Anwendung des
Schupkcagers infolge fingerbreiten Abſterbens des
lebenden Gewebes an der Krapfurde für höchſt
gefährlich. Nach Erfahrungen auf jähfiichen Ver—
ſuchsflächen ift die Kraparbeit ziemlich anftren
_ . J gend, wenn genügend tiefe Riſſe an älterem
mob. 23. Münftfges Punktierrad, Y, Holze erzeugt werden jollen, und bebingt fräftige
Arbeiter. Weiter ift es jehr wichtig, die Baynrundung der Stammrundung möglichſt genau
anzupafjen, da fonft nur die beiden äußeren oder nur bie mittleren Bähne des Kratzers fo
zu wirten imftande find, daß der newünfchte Harzausfluß entjteht.
b) Das Münftfche Bunktierrad. Bei diefem durch Forjtmeifter Münft-
Tübingen hergeftellten und im Schönbuch, Revier Entringen, an 80000 Fichten er=
folgreich angewendeten Inftrument werben die den Harzausfluß herbeiführenden
Verwundungen durch Überfahren der glattrindigen Stammteile mit einem geftachel-
ten Rade erzeugt (Abb. 23). Neben dem ausdringenden und verfruftenden Harz ſcheint
auch ber in den Vertiefungen fich bildende Wundkork das Wild vom Schälen abzu—
haften. Wenigitens find im Schönbuch auch jene Stangen unberührt geblieben, die
troß des Punktierens feinen Harzausfluß Hatten. Unangenehme Folgen, nämlich Duet=
ſchungen und Abfterben des Kambiums zeigten ſich nur bei zu ftarfem Aufdrüden
und zu oft wieberhoftem Überfahren ber gleichen Stammpartie. Koſten des Bunktierens
1-2 Bf. für 1 Stamm.
Pr 2% Staubefand: Borftw. 351. 1907, 606. — 2) vgl. von Radsfeld: d. Kotwild.
2. Aufl,
Slammigers Schupkrager, Yu.
62 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
e) Lanzſcher Rindenhobel.!) Der Apparat, ein in ein
eifernes, früher ziweihändiges, jetzt einhändiges Geftell eingefchraub-
tes, verftellbares Hobeleifen (Abb. 24, a, b) dient dazu, die Rinde,
und zwar nur die Peridermfdicht, in Heinen, marfftüdengroßen
Flecken ganz oberflächlich abzuhobeln (Abb. 25). Quetſchungen
und Verlegungen des Kambiums follen mög-
Tichft vermieden werben. Durch das Hobeln foll
6.94. fein Harzausfluß Hervorgerufen werben. Das
Zanaiger Verfahren zielt vielmehr lediglich auf Bildung
ne, Hinftlicher Vorke ab. Der gehobelte untere
Händige, Stanmteil joll um Jahrzehnte früher, als es
bige ſonſt von Natur aus geſchehen würde, zu einer
ae fo ſtarken Borkebildung veranlaßt werben, daß w6b. sch.
das Wild vom Schälen abgehalten wird. Bon befonderer Wichtigkeit ift, daß zwiſchen
den einzelnen Hobefjtellen feine größeren umverlegten Rindenteile ftehen bleiben,
weil ſolche fonft das Wild zum Schälen verleiten. Die ungehobelten Rindenftreifen
follen möglichft nicht breiter als 1 cm fein.
Nah Lanz beginnt die Schutzwirkung des am beften in ber Zeit von Auguſt bis
Ottober vorgenommenen Hobelns nicht fofort, fondern erft nach etwa 2 Monaten, fteigert
fi) aber von da an bis zu zwei Jahren und ift im Vergleiche zu den Koften und zur Wir⸗
fung anderer Stammfchugmittel eine gute. Nachteilige, in Deformation der gehobelten Stamm⸗
partie beftehende Folgen find nur
kei unrichtiger — zu tiefer — Aus»
führung des Hobelns zu befürd«
ten. Über die Schugdauer fehlen
noch abſchließende Erfahrungen,
da die Verſuche mit dem Rinden⸗
Hobel in den wurttembergiſchen
Hofiagdrevieren erſt 1907 einge
feitet worden find. Koſten für
einen Stamm 1—4 Pf. in güns
ftigen Fällen 1—1,5 Pf. Preis
des Rindenhobels 4,50 MI.
(Drahtgewebefabrit J. F. Stohrer
in Etuttgart, Engeftr. 8). Rach
den bislang vorliegenden Veob⸗
achtungen (j. auch Ofterr. F. u.
%.Btg. 1913, 281, 391) ſcheint
das Hobeln, richtige Ausführung
vorausgeſeht, ein ganz brauche
bares und nicht zu teures Schutz⸗
mittel gegen Echälfchäden zu fein.
d) Lanzſcher Rinden⸗
ſtriegel (Abb. 26). Zur Er⸗
zeugung einer rauhen, vom
Schälen abhaltenden Stamm⸗
oberfläche an den harzfreien
Laubhölzern wendet Lanz ein
U66. 35. Grifchgehobelter Stamm. Die Hobeiftellen bürfen noch etivas
näer gufammengerüdt werden, Namit Rab Wild möglicft wenig An-
griffefläe erhält. 1) Silva 1913, Nr. 28.
Rotwild. 63
dem Flammigerſchen Schutzkratzer ähnliches Inſtru⸗
ment in Form und Ausſtattung eines gewöhnlichen
Striegels an. Die feine, in zwei Stärken (3 und
8 mm) borgefehene Zähnung fteht in gerader Linie.
Die Ausführung des Striegelns erfolgt in der Weile,
daß durch Überfahren der glattrindigen Stammteile
von oben nach unten (Wbb. 26b) feichte, möglichit
nur bis zu Y% der Rinbendide eindringende Kratz⸗
wunden erzeugt werden, bie ſich in kurzer Beit Durch
Wundkhork ſchließen, mit zunehmendem Dickenwachs⸗
tum erweitern und aufwerfen. Durch dieſe künſtliche
Borkebildung bekommt die Rinde eine rauhe Ober:
fläche, die den erforberlihen Schug vor Schälan-
griffen gewährt. Lanz Hält das Verfahren bei
Tanne, Eiche, Buche, Eiche, Ahorn für brauchbar, vermag feine Unficht aber noch
nicht auf hinreichende Erfahrungen zu ftügen. Ein Arbeiter foll an einem Tage
bis zu 600 Laubholzſtangen ftriegeln können. (Preis 3,50 Mt.).
e) Wenn bie Rinde ber zu behandelnden Laubhölzer jo Hart ift, baf ber Rinden ⸗
firiegel nicht genügend eingreift, fo fol der „Doppelreißer“ benupt werden. Mit diefem
Werkzeuge können durch einmaliges Herunterfahren am Schaft je zwei nach ber Stellung
der Reißeiſen 2,5 bis 4,5 cm voneinander entfernte Riſſe erzeugt werden. Die Reißeiſen
find fo einzuftellen, daß fie nicht weiter als bis etwa zur Hälfte der Rindenbide eingreifen
tönnen. Daß dieſer legtere Punkt jehr
wichtig ift, geht aus ven ſehr unglinfti=
gen Erfahrungen hervor, die auf dem
ſachſiſchen Staatsforftrevier Poſtelwitz mit
dem Doppelreißer gefammelt worden find.
An den im Jahre 1909 Hiermit geftrier
gelten Buchen Haben ſich bis 1913 zwiſchen
dem durch bie Reißeiſen verurfachten Ein»
riffen leiftenartig vorfpringende Längd-
mülfte gebifbet (Abb. 27). Wahrigeinlich
find infolge von zu tiefem Einreißens Kam:
bium und Rinde an ber Kraßfurche in äh»
licher Weiſe abgeftorben, wie e8 Dengler
an Nabelhölzern beobachtete, die mit dem
Schugtrager behandelt worden waren. Der
aufgehobene Rindendrud führte dann zum
Entftehen der auffälligen, den unteren
Stammteil verunftaltenden Längsmilfte.
Die Gefährlichteit des Wertzeuges (Preis
12 Mt.) dürfte damit beiviefen fein.
6. Sicherung des Stammes
durch Metallftahel (Ranzides Sta—
helverfahren). Die gefährdete Stamm=
partie wird mit ſcharfen Dornen oder Sta-
cheln aus Metall geipidt, jo daß das Wild
bei Schälverjuchen fich verlegt und daburch » .
abgeiepredt wird. Die von Lanz nad an 55 57. „gnit dem Doppefreiher behandelte Buche mit
ſceinend ergebnisloſen Verſuchen mit Teifenartigen —E — den Einriffen.
Drahtmanſcheiten, Stacheldrahtgurteln b Querfonitt durch den beformierten Sqhafttei
Rinbenfriegel und Gebrauch desfefden.
64 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
und Draht: oder Blechfternen in Vorſchlag gebrachten Schäldorne, Schlaufenftachel und
Knopfſtachel dürften, jelbft wenn fie fi) bewähren jollten, weitere Sympathien nicht auslöjen.
Der Mehrzahl der genannten Stammfchugmittel ift teil wegen zu hoher Koften,
teil3 wegen mangelnder Unjchädlichkeit für den geſchützten Stamm, teil® auch aus
äfthetifchen Gründen, der praftifche Wert nicht zuzufprechen, der ihnen im Intereſſe
des Wildftandes zu wünſchen wäre. Der Bergleih der Stammſchutzverfahren mit
den forftwirtichaftlichen und wildpfleglicden Vorbeugungsmaßnahmen weilt trogdem
aber mit großer Deutlichleit darauf bin, daB eine befriedigende Löſung der für den
Wirtſchaftswald hochwichtigen Schälfrage vorerft nur auf dem Weae des direkten
Stammſchutzes zu erwarten ift.
Behandlung von Schälbefländen.
Der von ſelbſt fich ergebenden Borjchrift, bei der Beitandspflege in nur teil-
weiſe gefchälten Beftänden auf allmähliche Entfernung des geſchälten Materiales hin-
zuarbeiten, läßt fich vielfach nicht in vollem Umfange nachkommen, weil in Beitänden,
wo nicht jeder Baum geſchält wurde, diejes doch ficher an den vorwüchfigiten und
beiten Stangen geſchah. Lebtere ſämtlich zu entfernen, verbietet fich zumeift aus wald⸗
baulichen Gründen. Bei den Durchforftungen fann nur die Entnahme der am ftärf-
ten geichälten Exemplare, und zwar auch dann nur in Frage kommen, wenn nicht
oder nur wenig gejchälte Erſatzſtämme in entiprechender Stellung vorhanden find.
Ebenſo läßt fih in total geſchälten Beftänden nichts anderes tun, als der Ent-
nahme der meijtbefchädigten Stangen unter Würdigung ihrer waldbaulichen Ab⸗
kömmlichkeit Beachtung ſchenken.
In beiden Fällen aber hat neben der Entnahme dieſer oder jener Beſtandteile
die Sorge für den Schutz derjenigen Stammindividuen einherzugehen, die die Hau⸗
barkeit zu erreichen verſprechen und erreichen ſollen, d. h. für den zukünftigen Haupt⸗
beſtand.
Dabei handelt es fih zunächſt um die Verhütung weiterer Schälbeſchädigungen
an diefen Stangen, oft aber — namentlih in ſtark gefchälten Beitänden — auch
um die Frage, ob und mit welchen Mitteln e3 möglich ift, die fchädliche Einwirkung
der entitandenen Schälmwunden auf die fernere Lebensfähigkeit des geichälten Baumes
zu mindern und den Yolgenachteilen des Schälens wirkſam entgegenzutreten.
Um die jefundären Folgen der Schälihäden abzuſchwächen, find ſchon frühzeitig
Zeer und jog. Baumſalben, meist Teerfompofttionen, dazu benubt worden, die Schäl-
wunde abzufchließen und den Überwallungsprozeß zu erleichtern. Neben ver Domin⸗
ſchen Baumjalde (Lehm und Steintohlenteer) hat namentlich die vom Yorftmeifter
Rivnac zu Opoöno zufammengeftellte Miſchung von fich reden gemadht.
Sie befteht aus Steinfohlenteer (7 kg), Terpentindl (1 kg), Siccativpulver (0,6 kg),
veftifiziertem Spiritus (0,8 kg), Kienruß (0,6 kg) und Ralfftaub (5 kg). 15 kg ſtelien fid)
auf 8,25 fl. öft. W. Herftellung3aufwand. Um die Salbe milder zu machen, nimmt man
bejjer etiva8 weniger Teer. Die Zugabe von 60—80 g Asa foedita macht das Mittel um
jo abjchredender. Der Auftrag erfolgt mit einer Träftigen Bürfte oder einem kurzborſtigen
Pinfel. Hierbei darf nicht die kleinſte Stelle unbeftrichen bleiben. Man begnügt fi mit
dem Anſtrich der dominierenden Stangen, die vorausfichtlicd; das Haubarfeitsalter erreichen
werben. Der Überwallungsprozeß ſoll durch diefe Salbe weſentlich befördert und der Ab:
ſchluß äußerer Einwirkungen von dem bloßgelegten Wundholze vollftändiger als durch jedes
— — — — — 222—
Damwild. | 65
andere Mittel erreicht werden. Die überftrichene Wundfläche wird mit der Zeit glafurartig
und waſſerdicht; auch brödelt die Salbe nirgends ab. Der Unftri von 1000 Stämmen
ftellt fi auf etwa 4,505 ME., wovon 74°), auf die Salbe und 26 %, auf den Arbeitsaufs
wand entfallen.
IV. Mittel gegen Fegen und Schlagen.
As Schugmittel kommen die der Verhinderung von Schälichäden dienenden
Maßnahmen: Einbinden mit trodenem Reiſig, Drahtgatter, Einprügeln, fchräg ge:
ftellte Schußftangen, Bapierummidelungen und Anftriche aller Urt in Betracht.
Der Anwendung diefer Mittel an den befonders gefährdeten aftreinen und freiftehen»
den einzelnen wertvolleren Stangen fteht gewöhnlich nichts im Wege. Da der Schub gegen
Gegen und Schlagen nur beichräntte Zeit (Juli bis Oktober) notwendig ift, find billige
Anftriche, 3. B. Kallanftrich zu empfehlen. Der beim Wegen jo behandelter Stangen ent»
ftehende trodene Kalkſtaub beläftigt den Hirih und verleidet ihm die Fortfegung jeines
baumfeindlichen Geſchäftes.
V. Mittel gegen Bertreten.
Saat und Pflanzitreifen an Hängen laſſen fich ſchützen durch Cingatterung,
Berwittern, Ausipannen horizontal über den Saatftreifen verlaufender Drähte, Horis
zontalverhordung durch Aufnageln von Stangen auf meterhohe, Pfähle, Einfchlagen
1,2 m langer Knüppel feitwärts der Streifen, jo daß fie über dieſe hinwegſtehen,
Auslegen von fperrigem Reifig, öftere unregelmäßige Unterbrechung ber Saatitreifen.
Auch durch Anwendung der Duerjaat (Leiterjaat) wird der Trittihaden vermindert.
II. Teil.
Dammwild.
1. Schädlichkeit.
Die Üfung des mehr im marmen Hügelland und Laubwald heimiſchen Dam⸗
wildes ftimmt mit der des Edelwildes ziemlich überein. Durch Verbiß und Ber:
treten ſchadet das Dammild vielleicht noch) mehr als das Rotwild, da es fehr un:
ruhig iſt, unaufhörlich umberzieht und ſich überall das Beſte herausfucht. Es
ſchält aber in der freien Wildbahn weit weniger als Rotwild. In Wildparks fommt
dieje Beichädigung häufiger vor, beionderd an Kiefer und an ausländischen Holz-
arten (Douglafie).?) Zuweilen befnappert das Damwild auch nur die Rinde feitlich
zum Stamm nad Urt der Biegen.
Schälen durch Damwild wurde 3. B. beobachtet im Kallenberger Barfe (bei Koburg),
Büdinger Wildparte (Dberheflen), Thammenhainer Wildparke (bei Wurzen) uſw. In dem
zuerfi genannten Barle hörte aber dieſe Untugend alsbald nad dem Abſchuſſe des Rot—⸗
wildes welchem das Dammwild das Schälen abgelernt Hatte, auf.
Sn den in der Rheinebene gelegenen, der Stadt Schlettftadt (Unterelſaß) gehörigem
Illwald,) einem großen, nicht eingegatterten Mittelmalde mit reichlichem Oberholz auf
vorzüglichem Aueboden, fhält dad Damwild die Eichen faft in jedem Winter, beionders
aber bet Schneelage, in fehr hohem Grabe. Dieler Fall des Schälend in der freien’ Wild»
bahn dürfte aber jehr vereinzelt daftehen.
Der Damhirſch fegt (Ende Auguft, September) und ſchlägt an denjelben Holz«
arten wie der Edelhirich.
1) riefliche Mitteilung des Herrn Regierungs⸗- und Forſtrats Tecklenburg in fols
mar an Heß. — 2) D. Forft-Btg. 1913, 909.
He5, Borftiäug. I. 4. Aufl. 6
66 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
2. Schugmaßregelu. =
Wie beim Rotwilde, nur bedarf es der gegen das Schälen angegebenen Bor-
fehrungen in der Regel nicht.
IV. Zeil.
Rehwild.
1. Schablichkeit.
Das Rehwild verzehrt Bucheckern, Eicheln, Wildobſt, Kotyledonen (Buche,
Eiche), verbeißt im Winter Knoſpen und Triebe faſt aller Holzarten und nimmt
auch im Sommer gern friſche Schofje und zartes Laub (Ahornblätter) an.
Dem VBerbiß find befonders ausgeſetzt: Eiche, Buche, Ahorn, Eiche, Ulme,
Horndbaum, Afpe, Weiden!) und Tanne — weniger Riefer,’) Weymouthskiefer
nnd Fichte — am wenigften Birke und Erle. Auch die Hafellägchen gehören zur
Winteräſung des Rehmildes. Junge (1— 2jährige) Pflanzen verzehrt es oft total
Fremdlinge und vereinzelt auftretende eingeiprengte Holzarten nimmt es ebenfalls
mit Vorliebe an, wobei aber der Geichmad lokale Berjchievenheiten begründet Sr
dem weimariſchen Reviere Dermbach vergreifen fich die Rehe 3. B. auch am Taxus,
obgleich diefer auch beim Rehwild giftig zu wirken fcheint.
Die durch Rehwild verbifienen Triebe jehen, namentlich bei Verbiß an Nadel⸗
holz, oft mehr abgerupft al3 glatt durchgebiffen aus.
Am meisten Leiden durch Verbiß die Sommerlagen (Süden, Südweſten), mo das
Reh feinen Winterftand genommen Hat, zumal auf dürftigen Bodenarten (Sand-
böden).
Der Nehbod fegt (März und April) gern an freiftehenden, ſchwachen (5—6 cm
ftarken), glatten, gepflanzten Stämmchen weichrindiger Holzarten und ſchlägt zur
Brunftzeit (Ende Juli, Auguft), jowie vor dem Abwurf des Gehörns (November)
an Stangen. Diejen Beihädigungen find befonders Lärche, Weymouthskiefer, Aſpe,
Linde, WVeißerle, Ebereiche, Sahlweide und Pulverholz ausgeſetzt. Wir beobachteten
außerdem Fegeſchäden an: Kiefer, Fichte, Tanne, Eiche, Eiche, Birke, Maßholder, Wach«
older, Weißdorn, Sauerdorn, PBfaffenhütchen, Befenpfrieme und Hundsrofe. Die Na:
delhölzer leiden insbeſondere bei vereinzeltem Auftreten in Zaubholzhegen, die Eichen
und Eichen umgekehrt dann, wenn fie in Buchenichlägen eingefprengt find. Durch
das Fegen und Schlagen werden Rinde und Baft an den Angriffsftellen häufig jo
vollftändig abgejcheuert, daß die befchädigten Stämmchen eingehen.
Ein weiterer, aber mehr vereinzelt auftretender Schaden ift dag Abbrechen?)
von Augfchlägen in etwa 1 m Höhe mit dem Geäfe. Man hat dieſe Spielerei befonders
an Purpurweide (bei Eberäwalde), in einzelnen Fällen aud) an Aſpe, Erle, Eſche und
Ahorn (Oberförfterei Kottwig) beobachtet. Die abgeknidten Gipfel werden in der
Regel nicht abgeäft.
1) Ehlinger: Forftw. Bbl. 1888, 308. An der Fafanerie (bei Aichaffenburg) wur⸗
den in ganz auffallender Weiſe die Mandelweide (Salix amygdalina L.) und deren Va⸗
rietäten vom Mehmilde angenommen. — 2) In der Pfalz wurde in den lebten Jahr:
en macht der Weißtanne hauptſächlich die Kiefer verbijjen. — 3) Altum: Btichr. f. F.
u. Iw. ,
Rehwild. 67
Endlich wäre noch das Plätzen (d. h. das Wegſchlagen der Bodendecke und
und oberſten Erdſchicht) in Kulturen zu erwähnen, weil hierdurch Keimlinge und
ältere Pflänzchen mit herausgeſchlagen werden können.
Relativ ift das Rehwild, was den Verbiß anbetrifft, faft noch ſchädlicher als
das Edelwild, da es jehr Iederhaft ift und nach Urt der Ziege verbeißt; abfolut ift
e3 aber, beim Bergleiche mit den übrigen Wildarten deshalb weniger jchädlich, weil
es wegen feiner geringen Größe weniger Nahrung bedarf und — das ift die Haupt-
ſache! — weil es nicht Ichält.!) Diefe letztere Tugend hat ihm befanntlich die Be-
zeichnung „Hochwild der Zukunft” eingetragen.
2. Schubmaßregeln.
8) Mittel gegen Verbiß.
Die Abwehrmittel gegen Rehwildichäden find, foweit fie Vorbeugung und Be-
fümpfung bes Verbißſchadens bezmweden, diejelben wie beim Hochwild. Wenn Ein-
gatterungen der gefährdeten Kulturen uſw. vermieden werden follen, fommen die
oben ©. 45. näher angeführten Berbißfchugmittel aller Art in der gleichen Weife
wie dort zur Anwendung; fie find jogar in vielen Fällen zunächit gegen Rehwild
verjucht und erft jpäter auch gegen Rotwild angewendet worden.
Neben dem Hinweis auf vernünftige, den Waldverhältniffen ent|prechende Rege⸗
fung der Stüdzahl eines Rehſtandes fei unter den vorbeugenden Maßnahmen gegen
Verbißſchäden der Wert einer geeigneten Äſung und Fütterung hervorgehoben.
Geeignete Futtermittel find: Hafer, Eicheln, Futterlaub, namentlich Laub von
Himbeere und Brombeere, Kartoffeln und Rüben. Klee und Wiefenheu nimmt das
Rehwild nur, wenn es ihm ganz troden geboten wird (durch Aufhängen in Heinen
Gebunden im Schuge von Stämmen oder unter Schirmdächern). Fällung von
Tannen, Aſpen, Sablweiden, Birken uſw. im Winter ift für Rehſtände beſonders
empfehlenswert. Ebenjo Lohnt fi) die Schonung anderer Nebenholzarten und aller
an Rändern und im Unterholz vortommenden Straudarten. Bei Schnee find die
Ranken von Brom: und Himbeere und Efeu den Reben möglichft zugänglich zu machen.
Bei Eingatterungen genügt eine Gatterhöhe von 1,5 m vollfommen.
Die unteren 0,8 m müfjen aber, um Durchkriechen zu verhindern, hinreichend dicht
fein: bei Holzgatter Höchftabitand der unteren Horizontalftangen 13 cm von Rand zu
Rand, bei Drahtgatter Höchftabftand der Drähte 12 cm.
b) Mittel gegen Fegen.
1. Anftrich der Stämme mit gewiſſen Subftanzen auf 0,2—0,6 m Höhe. Der
Anstrich ift im April bei trodenem Wetter auszuführen und folange alljährlich zu
wiederholen, al3 die Stämmchen dem Schaden ausgeſetzt find.
1) Als geeignete Subftanzen find alle gegen Verbiß im Gebraudy befindlichen Schmier:
mittel empfohlen und örtlich bald in diejer, bald in jener Miichung mit anderen Stoffen
verwendet worden. Als probat find u. a. bezeichnet. worden: Rindsblut, Jauche und Kalt
— Lehm, Blut und Kuhdünger — Kalk und Kuhdünger — Lederkalk und Käſequark —
Schweinefett und Tieröl ujw. Raupenleim, Teer und Mifchungen mit ihnen find zu ver:
meiden, da Rindenbeichädigungen oft genug Folge derartiger AUnftriche waren.
1) Hin und wieder ‚gemeldete Ausnahmen (3. B. Forſtw. ZbI. 1904, 646) beftätigen,
wenn fie richtig find, die Regel.
5*
68 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
2. Ummideln der Stämmchen in etwa 0,5 m Höhe mit einem banbbreiten
Papierftreifen, der mit einem Bindfaden oder mit einem Wied an dem zu ſchützen⸗
den Stämmchen befeitigt wird, aber nicht zu feit gebunden werden darf. Zweckmäßig
iſt, das Papier nur oben feitzubinden, unten aber zu zerichneiden und auszufranien
(Abb. 288), damit die Zipfel im Winde hin⸗ und herflattern. Koften: 20— 30 Pf. für
100 Stämmden (nah Editein).
3. Umwickeln des Schaftes mit Blechftreifen.!)
Horftmeifter Hüetlin hat in den Waldun⸗
gen der Stadt Freiburg i. Br. mit Erfolg 1 cm
breite und 1—1,5 m lange Bledjftreifen um die
Stämmchen der gefährdeten Mittelmaldheifter ge-
widelt. Der Vlechitreifen wurde an einem geeig:
neten Seitenafte mit einer Schleife angehangen
und beim Ummideln des Schaftes nach jeder hal⸗
ben Umbrehung eingefnidt, um fein Abrollen zu
verhindern. Koften für einen Heifter 2,2 BF.
| 4. Anbringen mehrerer, mindeftend
zweier Lanzſcher Kronen am Schaft. Hier-
zu werden bejonbers große, ſechſs⸗ und fieben-
zadige Kronen zum Preife von 20—25 Bf.
für 100 Stüd geliefert. Die Zaden find nach
vohe auswärts zu biegen (Abb. 28b).
nee * Bee 5. Direkte Sicherung der Heifter durch
HB. 28. gwei Helfter: a durch Bapler, b durch Umbinden mit Dornen, Neifig, Umpfählen
Sanalehe RronenbEben Dos an Broen durg ben mit beaſteten Fichtenſtangen, die am beften
mit dem ſchwächeren Ende in den Boden
eingejchlagen werden, Umgeben des Schaftes mit Drabtgatter, zujammengerollier
Fichtenrinde ober dergl. Bermachungen.
V. Zeil.
Schwarzwils.’)
1. Schödlichteit.“)
Das Wildſchwein fchadet dur Verzehren von Eicheln und Bucheln, dur
Heraugziehen von Keimlingen und jungen, frifchgejegten Pflanzen beim Wühlen
nah Erdmajt (bejonderd in Samenjchlägen, künftlichen Anjaaten und Hügelpflan-
zungen), durch Bertreten von Sämlingen, Befreffen von Wurzeln, Reiben und
Schlagen an einzelnen Bäumen (Malbäume), Abſchwarten von Moosplaggen,
Ausheben von Vogelneftern uſw. Am allgemeinen jteht es aber an forftlicher
Schädlichkeit den übrigen Wildgattungen nad).
In jagdlicher Hinficht wird das Schwarzwild dadurch ſchädlich, daß es fich
an Wildkälbern, Rehkitzchen, friſchgeſetzten Hajen und jonftigem Heinen Wilde vergreift.
1) Fieſer: Yorftw. Bbl. 1901, 397. — 2) Krichler, Franz: Das Schwarzwild,
deſſen Naturgeichichte, Jagd uſw. Trier, 1887. — 3) Grunert, 3. Th.: Der Schwarzwild⸗
ſchaden in einzelnen Zeilen von Preußen uſw. Leipzig 1878. — Föhliſch, W.: Üb. d.
Schwarzwildichaden in Weftdentjchland uſw. Wertheim a. M., 1880.
Schwarzmwild. 69
Den Nuten (Bodenloderung, Unterbringen von Waldfrühten und hierdurch
Beförderung der Anſamung, mafjenhaftes Vertilgen von Mäuſen und forftichäblichen
netten!) uſw.) hat es mit dem zahmen Schweine gemein.
2. Schubmaßregeln.
1. Fütterung mit Nüben, Kartoffeln, Erbfen, Hafer, Eicheln, Wildobft ufw.
2. Zäune gegen Schwarzwild müſſen folid gebaut und mindeſtens 1,3 m
hoch fein.
Unter den Holzzäunen kommen zunädft Bohlen: und Plankengatter in Betracht, ihrer
Koften wegen aber nur für Heinere Flächen (Eaat- und Bflanzgärten). Drahtgatier aus
Einzeldrähten erfordern im unteren Teile ſtarle (5 mm) Drähte, deren unterfter, am beften
Stacheldraht, faft am Boden verläuft. Auf Grund feiner Erfahrungen in den Gräflich Tiele⸗
Wincklerſchen Revieren empfiehlt Shumader (Wildgatter, 2. Aufl. S. 122, 127) das von
ihm erfundene Rautengatter als wirkſamen und billigen Schugzaun. Auch hier muß
der unterfte Draht, um gegen Unterwühlen zu ſchützen, durch Tieferlegen der Anheftungs⸗
ftelle möglichft in die Erde verjenkt werden.
3. Anlage von Sallgruben.
Man verjteht hierunter Gruben von etiva 2 m Tiefe und Weite mit jenkrechten oder
nach unten etwas trichterförmig erweiterten Wänden. Oben erhalten fie querüber ein leichtes
Dad, Stangen und Reifig mit etwas Moos dazwifchen, um die Bodendede, wie im Nadels
walde, möglichit täujchend nadzuahmen. Wan ftellt folde Fänge an den Wechſeln des
Schwarzwildes, namentlih zur Haufchzeit (November bis Januar), aber auch im Sommer .
bei Suhlen und in der Nähe von Kirrplätzen her.
Bei der Unfertigung der Gruben muß mit großer Vorſicht zu Werke gegangen
werden. Die Arbeiter müſſen möglichit ruhig fein, ihre Spuren (im Schnee) verwiſchen;
fie dürfen nicht rauchen, fein euer anbrennen und keine Refte von Mahlzeiten hinterlaſſen.
Die ausgehobene Erde muß fortgebradht und in einiger Entfernung forgfältig zerftreut
werden, um feinerlei auffällige Veränderungen ſichtbar werden zu lafien. Eine zur Raufch-
zeit gefangene Bache tötet man nicht jofort, fondern läßt fie noch etwa 24 Stunden leben,
weil ſich mitunter ein Keiler Hinzugefellt.
Die Erfolge mit diejen namentlid in der Rheinprovinz angelegten Fallgruben find
— im Rergleih zum Abſchuſſe — im ganzen nur als mäßige zu bezeichnen. Im Regie⸗
. sungsbezirte Trier wurden 3. B. in der Zeit vom Juni 1872 bis November 1875 nur
78 Stüd gefangen, gegenüber 658 dur Abſchuß erlegten, im Regierungsbezirt Koblenz
von 1872-1875 nur 78 Stüd gegenüber 207 geichofjenen.?)
4. Bewachen der Kulturen durch nächtliches Begehen berfelben und Heben
der Sauen mit Hunden. Auch das Aushängen brennender Petroleumlaternen bat
fih al8 vorbeugendes Mittel bewährt.
5. Abſchuß, zumal in den an die Felder grenzenden oder von ſolchen um—
jchloffenen Waldkomplexen.?ꝰ)
In fämtlichen Bundesftaaten Deutjchlands Hat das Schwarzwild Teine Schonzeit.
1) Engerlinge, Spanner: und Eulenraupen, überhaupt kahle Raupen. — 2) Zahlreiche
Literaturnachweife über die Ausbeute durch Abſchuß und Fang uſw. bringen namentlich die
Forſtl. BL, NR. F., vgl. 1876, 254; 1877, 29 (Grunert), 158 (Borggreve), 8235 (GGru⸗
nert), 865 (Bogelgejang); 1879, 886 (®runert); 1881, 37 und 870 (derfelbe) In
den Zrierihen Forften hat man die Fallgruben jeit dem 1. Dezember 1878 faſt gar nicht
mehr benugt. — 3) von Clauſewitz, Hans: ZU. Jagd⸗Ztg., V. Jahrg., 1877/78, 97.
70 Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
VL Zeit.
Hafe.
1. Schaädlichkeit.
Der Haſe ſchadet den Holzgewächlen im Winter durch Verbiß und Benagen
bzw. Abſchälen der Rinde.
Der Berbiß erftredt fi) namentlich auf die Knoſpen und erreichbaren Triebe
junger Pflanzen. Mit Vorliebe werden Buche, Hornbaum, Ulme, Eiche, Ahorn und
Alpe, hin und wieder auch Eiche, angenommen — weniger die Nadelhölzer — unter
diefen Fichte und Kiefer am menigiten. Da der Hafe zu den Lolaltieren gehört,
beichräntt fih der durch ihn angerichtete Schaden vielfach nur auf einen Heinen
Raum, wird aber Hier leicht Doppelt empfindlich. Schon ein einziger Hungriger Hafe
vermag in Buchenhegen oder Laubholzunterbauen, zumal in Sommerlagen, welche
fein Standquartier im Winter bilden, die ärgften Verwüſtungen anzurichten. Die ab-
gezwidten Triebe laſſen an der glatten, fcharfen Bißfläche den Täter Teicht erkennen.
Sogar das Abfchneiden ganzer Pflanzen (Fichten) über dem Boden hat man beob-
achtet.?)
Das Schälen findet hauptſächlich an jungen Pflanzen und Loden der Papi⸗
lionaceen ſtatt, zumal an der falſchen Alazie. Die einjährigen Loden diejer Holzart
werden in jchneereihen Wintern von unten herauf fat total von Rinde entbLößt
und der Splint wird zum Teil recht ftark benagt. In ähnlicher Weile leiden Bohnen:
ſtrauch (Caragana arborescens L.), die Gleditschia-Arten, Blafenftraud) (Colutea
arborescens L.) und Bejenpfrieme. Da aber alle diefe Schmetterlingsblütler im
Walde nur von untergeorbnieter Bedeutung find, jo kommt der bezügliche Schaden
wenig in Betracht. Den meisten Schälfchaden durch Hafen dürften wohl die Buche
(Abb. 29) und Ahorne im jugendlichen Alter erleiden. Stärferes Holz mit Borke
wird faum angenommen. Empfindliche Benachteiligungen durch Benagen fügt der
Haſe auch den jungen (veredelten) Obſtbäumen zu; am meiften leidet der Apfel, we⸗
niger der Kirjch-, am wenigften der Birnbaum.
An den Schäfftellen fallen die breiten paarigen, meift ſcharf und Deutlich in
den Splint eingreifenden Zahnſpuren auf.
2. Schutmaßregeln.
1. Umfriedigung der Forftgärten, beſonders der Obſtbaumſchulen mit haſen⸗
dichten Zäunen. Am ficherjten ift Drahtgefleht aus gut verzinktem Eifendraßt.
Mafchenweite nicht über 6 cm. Der Zaun muß 1 m hoch fein und dicht auf dem
Boden aufitehen, bei leichtem Boden beffer noch etwas eingejentt fein.
Lebende Zäune aus Schwarz: oder Weißdorn, Bodsdorn, Robinie, Hornbaum, Fichte,
Eibe uſw. eignen fich nicht, da fie nie hajendicht fein werden.
2. Umgeben wertvoller Stämme (Obftbäume) mit Dornen, Nadelreifig, Draht:
förben, Fichtenrinden oder fonftigen Schugmitteln.
Man verwendet hierzu Schwarzdorn, Weißdorn, Fichten⸗, Kiefern⸗, Wacholderreifig,
Zürfenweizenjtengel, Schilf uſp. Das Einbinden geihieht Anfang November, die Ubnahme
1) Nördlinger, H.: Lehrbuch des Forſtſchutzes. Berlin, 1884, 54.
Raninden. 71
der ſchũtzenden Hülle im folgenden April. Es iſt möglichft trodenes Neifig zu ver-
wenden, ba grünes Material ben Hafen unter Umftänden erft anlodt. — Drahtnege
müffen etwas vom Stämmchen abftehen, gut verſchloſſen und jo am Pfahl oder
am Stamme befeftigt fein, daß fie ſich nicht verſchieben laſſen. Koften der Draht:
törbe nach Maſchenweite und Drahtſtärke verſchieden, für 1,Stüd (1,0—1,2 m hoch)
15—25 Pf.
3. Unftri mit übelriehenden bzw. fetten Sub-
ftanzen.
Auch hier find bie verſchiedenſten und teilmeife vecht wenig
anmutenden Miſchungen und Stoffe empfohlen worden. Genannt
feien: angefaultes Rindsblut, Asa foetida, Kuhmift, Kalt —
Lehm (1 Teil), Kuhmift (1 Teil), gefdfcter Kalt (4, Teil), Ayfol
— friſche Latrine und Kalk — Kalkmilch mit Karbolineumzuſatz
— Blutmehl — Raupenleim — Teer, namentlich ſchwediſcher
Holzteer, Karbolineum u. a. Der Anſtrich hat im Herbſt vom
Wurzelanlauf bi zur ſchälgeſchützten Höhe zu erfolgen und ge-
ſchieht mit Pinfeln oder Bürften. Un älteren Bäumen entfernt
man vorher etwa vorhandenes Moos, Flechten und abgeftorbene
Rindenteile. Auch das Einfetten der Stämme durch Auf- und
Niederfahren mit einer handgroßen Spedihwarte wird empfoh-
len. In Nieberöfterreih') hat das Einfetten junger Mlazien in
einem Falle die Hafen zwar vom Schälen abgehalten, dafür aber
ganze Flüge von Krägen angelodt, unter deren Schnabelhieben
die Baumrinde zerfeßt wurde.
4. Abſchuß, insbefondere im Laubwalde.
VI. Teil.
Kaninchen.’
1. Schädlichkeit.
Das Kaninchen ſchadet wie ber Hafe durch Verbiß
und Schälen meift junger, im Notfalle aud älterer Holz
pflanzen, ferner durch Ausfcharren von Samen und Pflan-
zen, ſowie duch Unterminieren des Bodens. Gerade .
durch feine unterirbifche Wühlarbeit ift dad Kaninchen an 66.20. Yafenfrah an Bude
Orten, wo feine fonft ſchwer ins Gewicht fallende land und fleinert, Drig. S 2).
forſtwirtſchaftliche Schädlichfeit zurüdtrat, in hohem Maße läftig geworden, 5. B. in
den koſtſpieligen Dünenbefeftigungen ber friefiichen Infeln, in den Befeftigungsans
Tagen Spandaus, auf Truppenübungsplägen, an Eifenbahndämmen und anderwärts.
Dem Berbiß find fämtliche Holzarten ausgefept. Ebenfo teifft der Schälſcha—
den alle Holzgewächſe. In einzelnen Gegenden feinen fich die Kaninchen allerdings
an gewiſſe Holzarten gewöhnt zu haben, die fie bann bevorzugen — z. B. werben
Hin und wieber Kiefer, Birke, Eiche, Weide mehr verbiffen als Fichte —, fobald
aber ein harter Winter kommt oder eine Maffenvermehrung der Kaninchen einges
treten ift, nehmen fie jebe Holzart mit gleicher Intenfität an.
1) 861. f. d. gej. Sim. 1878, 559. — 2) Altum: Biſchr. f. F. u. Iw. 1900, 131. —
Jacobi und Appel: Arb. a. d. Biol. Abt. |. 2. u. Fw. am Kaiſ. Gefundheitgamte. Bd. II.
1902, 471. — Bill: Naturw. Btihr. f. 2. u. Fw. 1907, 408. — Friederichs: daj.
1908, 161.
712 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Das überwiegende Vorkommen ber Kiefer in den Kaninchengegen⸗
den bringt es mit ſich, daß diefe Holzart in befonder8 hohem Mafe zu
leiden Hat. Solange die Kaninchen nicht fehr zahlreich find, verbeißen
fie an der Kiefer unter Schonung der Gipfelfnofpe vornehmlich Die
Nadeln. Wo fie aber in größeren Mengen auftreten, werden bie jun
gen Pflanzen ganz aufgefrefien oder doch fo verftümmelt, daß nur Krüp⸗
pelwüchſe aus ihnen erwachſen.
Geſchält werben zunächſt nur jüngere Stämmden, deren Rinde
noch nicht zu hart ift (Abb. 30). Bisweilen nagt dad Kaninchen bie
harte Rinde erft ab, um zu Baſt und Splint zu gelangen und nimmt
oft auch den Holzkörper mehr oder weniger an. Hier und da werden
aber aud bie Härteften Rinden verzehrt umd felbft ältere Laubhölzer
nicht verſchont. Das Kaninchen tritt in foldem Falle aus feiner ge⸗
wöhnfichen Rolle ala Kulturverberber heraus und wird zum Beftands=
verderber. Auf der Herrichaft Bafedow in Medlenburg find Hunderte
von 100jährigen Buchen 30 bis 50 cm hoch bis aufs Holz entrindet
und dadurch zum Eingehen gebracht worden. An Nabelhölzern find
Schãlbeſchãdigungen in folchen Altersſtufen nicht bekannt; ältere Bäume,
3. 8. Kiefer in 12—15 jährigem Alter, fcheinen geſchüht zu fein.
Die Holzarten nach der Vorliebe, mit der fie vom Kaninchen ges
hält werben, zu gruppieren, ift nicht angängig, da eine folche Reihen»
folge durchaus nicht überall ftimmt. Im allgemeinen aber feinen
Hornbaum, Buche, Aſpe, Birke am meiften angenommen zu werben.
Dann folgen Kiefer und Tanne; Eiche fteht örtlich an letzter Stelle. Der
ais.. Hauptſchälfraß fällt in bie Zeit gegen das Frühiahr Hin, wenn der Saft
Raningenfras Fluß beginnt.
Gere, Die Schädlichkeit des Kaninchens ift da, mo es in Maffen auftritt,
Brig OR) eine ganz bebeutende. Forftliche Kulturen find in ſolchen Gegenden ohne
weitgehende Schugmaßnahmen nicht in die Höhe zu bringen. J
Unter der Gunſt trodener heißer Sommer und regen- und ſchneeloſer Winter hat ſich
das Kaninchen in den letzten 15 Jahren in Deutichland mit Ausnahme der höheren @es
birgölagen allgemein verbreitet und ift im einzelnen Teilen (Rheinebene, Pfalz, Südoflen
Medienburgs, Brandenburg, Poſen) zur jhlimmen Landplage und zum gefährlichſten Walds
verderber geworben. Die ihm eigene abnorme Fruchtbarkeit (in günftigen Jahren 7 Säge
aus je 8—8 Köpfen beftehenb) und feine feindlichen Eingriffen mehr entrüdte Lebensweiſe
befähigen es, unter zufagenden Bodenverhältniſſen in furzer Zeit dort in Mafjen aufzus
treten, wohin es eben erft fam durch Einwanderung, Ausſeten oder Verwildern zahmer
Kaninchen. Zorftmeifter. Sintelmann?) berichtet beiſpielsweiſe, daß in der Oberförfterei
Durowo (Bez. Bromberg) 1893 fein Kaninchen vorhanden war. 1897 zeigten ſich bie erften,
1908 begann das Überhanbnehmen, fo daß 1908—1907 12746 Stüd vertilgt werden
tonnten. — Auf dem Rittergut Molzow (Medienburg)*) wurde im Herbit 1900 das erfte
Kaninchen gejehen und geſchoſſen. In der Zeit vom 1. Juli 1905 bis dahin 1907 wurden
außer den mit Echwefeltohlenftoff vertilgten 11000 Etüd geſchoſſen.
Neben den forftlichen Schäden fallen ftärferen Kaninchenſtänden weiterhin jehr bedeu⸗
tende landwirtihaftliche Schäden zur Laft. Gie beftehen in Aufwühlen und Überjanden der
Felder, fowie in Ubfreffen der Caaten und fonftigen Feldfrüchte. Auch eine jagblichen
Schadens möge gedacht fein. Nach zahlreichen übereinftimmenben Beobachtungen vermindern
1) D. Forft-Ztg. 1908, 800. — 2) Friederichs: a. a. O. 174.
Kaninchen. 13
fi in Gegenden, wo fich das Kaninchen färler vermehrt, die Hafen. &3 jcheint, ala ob
ben legteren durch das unruhige Weien der Kaninchen der Aufenthalt verleidet wirb.
2. Schußmaßregeln.
a) Borbeugungsmittel.
1. Schonung der Feinde, foweit es fih mit den jagdlichen Rüdfichten ver-
einigen läßt. Hierher gehören: Iltis, Wiejel, Fuchs, Marder, Dachs.
Ein jcharfer Feind der Kaninchen ift auch die Kate. Diezel empfiehlt deshalb zur
Berminderung der Kaninchen das Ausfegen von Hauskatzen. Nur verträgt ſich dieſe Maß⸗
regel ebenjo wenig mit den jagdlichen Intereſſen, wie die Schonung de3 oben genamnten
Raubwildes, da zahme Katen im Feld und Wald bald verwildern und den Hafen und
Hühnern dann leicht gefährlicher werden als den Kaninchen.
2. Verwittern der Pflanzen durch Anftrich oder Beiprigen mit den ſchon
mehrfach (S. 45f. 71) genannten Stoffen und Mifchungen. Ungemwendet wurden:
Wingenroths Anftrihöl, Schubert Mifchung, Raupenleim, Teer, Schwefelihlamm,
Zucafin, Thomees Waldheil, Kalt, Genifche aus Kalk, Blut und Schweinejauche
oder Kuhmiſt, faulem Blut und Asa foetida oder Wagenfett und Petroleum. Alle
Erfahrungen weiſen darauf Hin, daß es nur vorübergehend möglich ift, die Kanin⸗
chen von den verwitterten Pflanzen abzuhalten. Gegen Schälen bewährte fih An⸗
ftrih der gefährdeten Heifter mit einer Miſchung von Steinkohlenteer oder Holz-
teer mit Mennige oder Bleiweiß.
3. Umgeben bzw. Einbinden der Pflanzen mit irgendeinem Schugmate-
rial (vgl. das beim Hafen ©. 70 unter 2. Geſagte). Als Vorbeugungsmittel gegen
das Ausſcharren von Fichten⸗ und Kiefernpflanzen haben ſich Belegen der Pflanz⸗
ſtellen mit Raſenplaggen oder Steinen, ſowie Umſtecken der einzelnen Pflanze mit
Holzſtäbchen oder Reiſig bewährt.
4. Einfriedigung der Kulturen mit Maſchendraht. Zu verwenden iſt 1,80 m
breites, engmaſchiges Geflecht. Maſchenweite nicht über 3,5 cm. Der Zaun muß
15—20 cm in den Boden verjentt werden und wird, um das Überklettern durch
Kaninchen zu verhindern, entweder an feinem oberen Rande 10 cm breit rechtwinf-
lich nach außen umgebogen oder wird etwas fchräg geftellt mit einer Neigung nad
außen Hin. Die Kaninchen künnen dann leicht « aus der geſchützten Fläche heraus und
jchwerer wieder hinein.
Um den Baun zu halten, find von 3 zu 3 m Pfoften aus Holz einzufchlagen, von
denen jeder vierte, ſowie die Edpfoften feitliche Streben erhalten. In das Drabtgeflecht
iſt beiderfeits ein ftärferer Spanndraht einzuziehen. Durch Krampen oder dünnen Draht
wird das Geflecht an den Pfoften befeftigt. Vill (a. a. D. 410) empfiehlt, an Stelle der
nit mit Streben verjehenen Holzpfoften eijerne Röhren von 5 cm Weite und 1,50 m
Länge zu verwenden. Sie find naturgemäß haltbarer als Holzpfähle, ftraffen das Draht:
neflecht befjer und find nicht zu teuer (Stüd 40 Pf.). Koften des Zaunes für das Ifbe.
Meter 0,50—0,70 Mt.
5. Sagdgefegliche und polizeilihe Beitimmungen.
a) Hufhebung ber Jagbbarfeit des Kanindhend. Die 3. B. durch $ 15 des preu-
Bifchen Wildichadengejeßes vom 11. Juli 1891 getroffene Beftimmung, daß die wilden
Kaninchen dem freien Tierfange unterliegen, hat zu mandjerlei Unzuträglichleiten geführt.
Der freie Tierfang erſchwert den Jagd⸗ und Flurſchutz, beeinträchtigt dad Jagdrecht, Führt
zu Meibereien zwifchen dem Sagbberechtigten und dem Zolle und zieht dad Wilderer-
unweſen groß. Aufhebung der Jagdbarkeit empfiehlt ſich nach den vorliegenden Erfahrungen
nicht, wohl aber
14 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
b) Aufhebung der Ehonzeit;
c) Verbot des Ausſetzens und Hegens;
d) Ergreifung von Zwangdmaßregeln feitens ber Auflichtsbehörde gegemüber
Sagdberedhtigten, bie auf angemefjene Berminderung zu großer Kaninchenbeſtände nicht be
dacht find.
e) In den Jagdpachtbedingungen ift den Pächtern durch die Gemeinden zur
Pflicht zu machen, die Bertilgung der Kaninchen mit allen zu Gebote ftehenden Mitteln
durchzuführen. Wo diejer Verpflichtung nicht oder nicht in ausreichendem Maße nadhgegangen
wird, muß die Gemeinde bzw. die Auffichtöbehörde das Recht Haben, zuverläffige, ſachkun⸗
dige Berjonen zu beftellen und durch fie die Vertilgung der Kauinchen auf Koften bes
Sagdberechtigten durchführen zu laſſen.
Wie es in Bayern in vielen Gemeinden gejchehen ift, Tann fich Die Gemeindeverwal⸗
tung in den Jagdpachtverträgen auch das Hecht vorbehalten, die Kaninchen durch ſelbſt⸗
erwählte Perjonen ohne Anwendung von Schußmwaffen vertilgen zu laffen.
Unter Umftänden Tann in ſolchen Fällen
f) das Ausſetzen von Brämien- für die vertilgten Kaninchen ein wirffamer Ans
reiz zu eifriger Verfolgung jein, tann aber umgelehrt dort, wo der Kanindenfang das
Monopol weniger Perfonen ift, diefe veranlaffen, durch pflegliches Vorgehen gegemüber
tragenden Weibchen uff. fi einen nachhaltigen Bezug der Einnahmen zu verichaffen.
Die beite und erfolgreichjte Vorbeugungsmaßregel beiteht im Vorgehen
gegen die erjten Anfänge der Ranindenanfiedelung. Schwache und ijolierte
Kolonien laffen fich mit den nachitehenden Belämpfungsmaßnahmen unfchwer ganz
oder faft ganz augrotten.
b) Belämpfungsmittel.
1. Abſchuß. Energifcher Abſchuß auf Treibjagd und Anſtand vermag gefähr:
lichem Anwachſen eines mäßigen Beftandes vorzubeugen; namentlich läßt fich durch
ſyſtematiſches Abhalten Feiner Zreib- und Stöberjagden die Zahl der Schädlinge
in Schranken halten. Größere Kolonien laſſen fich durch Abſchuß nur dann hinrei⸗
hend vermindern, wenn planmäßig vorgegangen wird. Dazu gehört in erfter
Linie die Sorge dafür, dab die von den Zreibern oder Hunden rege gemachten
Kaninchen Teinen Bau annehmen.
Das Einfahren Tann verhindert werden durch Zuwerfen der Baue, Berftopfen
der Röhren mit Reiſig, Aufftellen von Drahtklappen vor der Röhre, die den
Kaninchen geftatten, den Bau zu verlafien, fie jedoch am Einfahren hindern, Aufftellen
von Scheuden, 3. B. Heiner Papierfähnden. Beſſer als dieje nur vorübergehend wir-
ſamen Mittel wirft dad Verwittern der Baue.
US Verwitterungsjubftanzen empfehlen ſich Saprolpulver der chemiſchen Fabrik
Dr. H. Nördlinger in Flörsheim a M. und noch mehr Rohkreſol (1 kg 80 Pf.) Se
nach der Menge des eingebrachten Rohkreſols ift die Wirkung vorübergehend oder viele
Wochen anhaltend. Einige Tropfen Rohkreſol genügen für tageweifes Verwittern (zur Ber:
beiferung der Streden). Wenn wochenlange Berwitterung der Baue beabfichtigt ift, find in
jede Nöhre 16—50 g Rohkreſol einzubringen. Das Einbringen geſchieht am beften durch
einfaches Eingießen; weniger zwedmäßig iſt das Einführen getränfter Lappen, Watte und
dergl., weil der Geruch an diejen Stoffen weniger gut haftet ald an ber Erde.)
2. Frettieren. Die Jagd mit dem Frettchen ift wirkſam, aber oft zeitraubend
und umftändlih. Außerdem läßt der Erfolg bei vielem Frettieren bald nach, weil
die Kaninchen die vom Frettchen befahrenen Baue eine Zeitlang meiden. In ver⸗
Ströf e: Das Verwittern der Baue als Hilfsmittel bei der Kaninchenjagd uſw.
Jahrb. d. Inftitutes f. Jagdkunde. 11912, 183. — vgl. auch D. Zig.-Zig., Bd. 60, 815
und 848,
Kaninchen. 75
wachſenem Gelände, wo die Einfahrten ſchwer zu finden, iſt das Fretichen nicht
am Platze.
Man jagt mit dem Frettchen von Oltober bis Ende Februar, zu welcher Zeit junge
Kaninhen gewöhnlich nicht im Baue find. Man läßt das Frettchen einfahren und ftellt
fämtlichen Röhren, im alle das Schießen der herausfahrenden Kaninchen nicht vorgezogen
wird, fadähnliche Netze vor. Sobald die im Baue befindlichen Kaninchen die Nähe ihres
Feindes mwittern, juchen fie zu entlommen, fahren in die vorgeftedten Nee und werden
bier getötet.
Ob man mit dem in neuerer Beit mehrfach empfohlenen Kaninchen⸗ ober
Bwergtedel bei der Kanindjenjagd befjere Leiftungen erzielen wird als mit dem
Frettchen, ift noch näher zu unterfuchen.
3. Hang in Ballen. Am beiten haben ſich unter den zum Kanindhenfang
eınpfoblenen allen Heine Tellereiſen der Raubtierfallenfabrifen von Grell & Weber
in Haynau (Schlefien) bewährt.
Die Eifen find möglichſt in die Nöhren zu legen. Sie werden mit ftarfen Drähten
befeftigt und leicht mit Sand überftreut, nachdem fie vorher mit dünnem Papier bededt
wurden, um zu verhindern, daß der Sand zwilchen die Federn riefelt. Da fie in vielen
Fällen aber vor die Röhren gelegt werden müfjen, weil fie innen feinen Play haben, läßt
e3 fich nicht vermeiden, daß zahlreiche andere Tiere (Hafen, Rebe, Raubzeug aller Art,
namentlich Iltiſſe) mitgefangen werden. Da die Eifen auch vor Mneignungsgelüften Unbe-
rechtigter nicht geihügt und bei der Beihaffung nicht ganz billig find (Preis für 1 Stüd
1,50—2,50 ME.), jo find die mit ihnen erzielten Erfolge nicht immer vollbefriebigenbe
geweſen.
Der Rittergutsbeſitzer Max von dem Borne zu Berneuchen (unweit Küftrin) fing
mit allmählich auf die Zahl 60 anwachſenden Tellereijen in drei Monaten (vom 29. Mai
bi3 28. Auguft 1889) 669 Kaninchen; in ſechs Monaten (vom 80. März bid 30. Septem⸗
ber 1890) neben 175 anderen Tieren 2339 Kaninchen.) — Im Regierungsbezirk Merje-
burg wurden im Wirtfchaftsjahre 1890/91 mit 80 Eifen 363 Kaninchen gefangen, auf andere
Weiſe aber 2929 Stüd erlegt; 1891/92 war dad Berhältnis 257 zu 2287. — Bill berid
tet (a. a. DO. 408), daß im Gemeindeivalde von Bellheim im Jahre 1897/98 mit ſechs Teller-
eiſen 50 Kaninden, 14 Iltiſſe, 5 Raben, 1 Stein», 1 Ebelmarder, 2 Füchſe und 1 Wiefel
gefangen wurden; 1904 war das TFangergebnis 20 Kaninchen, 11 Stüd Raubzeug; 1906
(12 Eifen): 120 Kaninchen, 13 Iltiſſe.
Mit anderen Yallen find beffere Nefultate nicht erzielt worden. Nur v. Littrom?®)
erwähnt noch eine von der Erfurter Blumenfirma Schmidt zum Breife von 1 ME. zu be-
ziebende mit Erfolg zu verwendende Falle. Ein eiſernes 25 cm langes Rohr ift der Länge
nach in zwei Hälften gejpalten. Beide Hälften find dur ein Scharnier zum Auf- und
Bufammenflappen verbunden und haben beide an ihrem Ende einen jchräg nach innen vor:
ftehenden ſcharfſpitzigen Eijendorn. Bei geichloffenen Hälften ftehen fich die Dornen ges
genüber.. Die alle wird an oder in eine Hauptröhre jo eingebradt, dab die Kaninchen
nicht danebea vorbei können. Der Dorn am Eingang hindert das Kaninchen nicht, in Die
Eijenröhre einzufahren, während der Ausgangsdorn das Ausfahren, ber Eingangsdorn aber
das Burüdfahren unmöglich machen. Naturgemäß müſſen beim Gebrauch die nicht mit
Hallen beſetzten Röhren zugeworfen werden.)
In ſtark beſetzten NRevieren läßt fich auch durch Anlage von Sallgruben, die auf
Zwangswechſeln eingebaut umd durch jelbfttätig ſich einftellende Klappen überbedt merden,
zur Berminderung der Kaninchen beitragen. Srteres Nevidieren und Schuß der Sohle und
der Seitenwände der Grube durch Drahtgeflecht oder Steinauskleidung find notwendig, um
Eingehen der gefangenen Kaninchen zu vermeiden und Befreiungsverjuche zu vereiteln.
1) Btiche. f. F. n. Iw. 1889, 690; 1890, 765; 1900 144. — 2) Sächſ. landw. Ztichr.
1901, 917. — 3) Da die Eijendorne bei den Befreiungsverjuchen des Kaninchens in den
Körper eindringen, ift die raffiniert erjonnene Yale vom mwaidmännifchen Stanbpunfte
durchaus zu vermwerfen.
16 Erſtes Bud. Schug gegen Tiere.
4. Ausnehmen der Inngen aus den Eebröhren. Das Kaninchen ſetzt feine
ungen in . —1 m lange, flach unter dem Boden verlaufende unverzweigte Röhren,
deren Einfahrt bei jedesmaligem Berlaffen forgfältig zugefcharrt wird. Geübte Augen
erfennen die Sehröhren an den durch da3 Zufcharren entftehenden Merkmalen, an
Loögerifienen Moos⸗ und Grasbüſcheln u. dgl. Durch fortgefegtes Aufſuchen und
Ausheben der Sehröhren kann in wirkſamer Weile den Kaninchen Abbruch getan
werden
5. Ausräaudern und Eiulaffen giftiger Gaſe in die Röhren
a) Ausjchwefelu. -Die Bekämpfung aller in der Erde lebenden Schädlinge
durch Berbreunen von Schwefelfäden in den Bauen tft fchon feit langer Zeit ge
brãuchlich. Nur find die Erfolge in vielen Fällen ungenügende, weil e3 oft nicht ge-
lingt, die Schwefeldämpfe fchnell genug in der notwendigen Konzentration in alle
Zeile und namentlich an die tiefften Stellen der Baue zu bringen. Für den Wald
iſt das Ausſchwefeln außerdem zu umftändlich und zu fenergefährlich.
Zur Erzeugung flarler Schwefeldämpfe und Herbeiführung einer ſchnellen und gründ⸗
lien Wirkung der Berbrennungsgaje find von veridhiedenen Seiten befondere Apparate
fonftruiert worden. In Schlefien 3. B. wurde der Lübkeſche Mäufetöter!) bei der Ka⸗
ninchenvertilgung verwendet. Neuerdings wird der Clayton-Ausräucherapparat emp:
foglen.?) Durch Berbrennen von Echwefel in einem ftarlen Luftfirom werden hochkonzen⸗
trierte Safe (Clayton⸗Gas) erzengt. Nach Abkühlung werden fie durch ein kräftiges Gebläſe
mitteld Schläudhen in die einzelnen Röhren hineingetrieben. Unter dem Druck des Gebläjes
wirkt das giftige Gas fo ſtark, daß die Kaninchen fofort erftiden.
b) Bergiften mit Bictolin. Die von der Gejellihaft für flüffige Gaſe,
R. Pictet u. Komp. in Berlin, in den Handel gebrachte Flüſſigkeit ift ein Gemisch
von ſchwefliger Säure und Kohlenfäure. Beim Gebrauch wird das Bictolin aus den
Stahfflafhen, in denen es als fomprimiertes Gas zur Verfendung fommt, in klei⸗
nere ftarfiwandige Glasflaſchen abgefüllt und aus diefen mittel Gummiſchläuchen
möglichft tief in die Baue geleitet. Bor der Beichidung des Baues find alle Röhren
bi3 auf diejenigen zuzumerfen, in welche das Gas eingeleitet werden fol. Sobald
dies gefchehen, werden auch die Zuleitungsröhren zugeichüttet. Die ſchnell vergafende
ſchweflige Säure wirkt, wenn genügend Pictolin eingeführt wurde, auf die im Bau
befindlichen Kaninchen tötend. Da die Tiere dem giftigen Gafe zu entgehen juchen,
werden fie meijt dicht vor den Ausgängen ber verjegten Röhren gefunden. Bei zu
Heinen Mengen Bictolin retten fich die zunächſt mehr oder weniger betäubten, unter
der Einwirkung der fchwefligen Säure aber vielfach erblindenden (}) Kaninchen nad)
kürzerer oder längerer Zeit durch Ausbrechen. Nach den von Jacobi und Appel
vorgenommenen Verſuchen find bei größeren Bauen 100--200 cem PBitolin nötig,
wenn befriedigende Refultate erzielt werden follen Die genannten Autoren bezeich-
nen (a. a. O. 495) das Pictolin infolge der Umftändlichkeit und Koſtſpieligkeit feiner
Aufbewahrung, ſowie des unbequemen zeitraubenden Verfahrens, des hohen Preifes,
der läſtigen Beeinfluffung der Arbeiter und der qualvollen Einwirkung auf die Tiere
— ſchon aus letzterem Grunde ganz mit Recht — als ungeeignet für außgedehns
tere Anwendung bei der Kaninchenvertilgung.
c) Vergiften mit Schwefelfohlenftoff. Der zunächft bei der Reblaus⸗
befämpfung mit Erfolg angemwendete Schmwefelfohlenjtoff hat fich auch bei der Bekämp⸗
1) 351. f. d. gef. Forſtw. 1882, 372. Breis des Apparates 16 Mi. Bezugsquelle:
L. Breslauer in Falkenberg. — 2) Prakt. Blätter f. Pflanzenbau u. Pflanzenſchutz 1909, 99.
Kaninchen. 17
fung aller in Erdhöhlen Iebenden Schädlinge ala ein fehr wirkſames, ohne große
Koften und relativ bequem anzumendendes Mittel erwiefen. Die Wirkung des Verfah-
rens beruht auch hier auf fchneller Vergafung des direkt in die Röhre eingefchütteten
oder mit Hilfe eines Zwiſchenträgers (Bapierkugeln, Sadleinwand, Holzwolle) einge-
brachten flüffigen Schmwefeltohlenftoffes. Die Safe dringen in alle Teile des Baues,
veranlafjen deffen Bewohner aber nicht zu Fluchtverſuchen, wie es die Pictolingafe
tun, fondern betäuben die Tiere und führen, wenn die Dofiß des eingeführten Schwe-
felfohlenftoffes hinreichend war, zum Tode.
Die Bertilgung gefchieht am beften im Winter bei Schneebebedung. Die Schnee-
dede erleichtert da3 Auffinden der wirklich befahrenen Baue und hat ſomit eine nicht
unmejentliche Erfparnis an Urbeitöfraft und Material zur Folge. Wird die Bekämp⸗
fung zu einer anderen Jahreszeit vorgenommen, fo macht die Feſtſtellung der be⸗
wohnten Baue zunächſt das Zuwerfen fämtlicher Röhren notwendig. Die am näch⸗
ften Tage geöffneten, aljo befahrenen Röhren werden dann in der Weife beichidt, daß
man ein quadratifches Sackleinwandſtück von 30 cm Seitenlänge mit etwa 50 ccm
Schwefeltohlenjtoff durchtränft und dann raſch mit dem Arm, beifer noch unter Zu⸗
hilfenahme eines Stodes möglichft tief in die Röhre hineinſchiebt. Die Offnung wird
hierauf durch Aufwerfen von Erde bzw. Schnee geichloffen. Verzweigen ſich die Röh⸗
ren, wie es häufig vorfommt, gleich Hinter dem Eingange, fo tut man gut, in jede
Abzweigung einen Zappen einzufchieben. Die am nächſten Tage durch Ausfahren
von Kaninchen von neuem geöffneten, aljo erftmalig wirkungslos befchidten Röhren
müflen abermal3 in der eben beichriebenen Weife behandelt werden.
Der Schwefelfohlenftoff wird zweckmäßigerweiſe in Betroleumfannen mitgeführt.
Beim Umgang mit ihm ift infolge der fich leicht entwidelnden und leicht erplodie-
renden Gafe eine gewiſſe Vorficht in bezug auf Gebrauch von Feuer, namentlich im
Sommer, nötig; Rauchen und Feueranmachen ift zu unterlaflen.
Um das Beſchicken der Baue noch bequemer zu maden, fommen mit Schmwefeltohlen:
ftoif getränfte Sließpapierfugeln in Iuftdicht geſchloſſenen Blechbüchſen (Berfahren von Rein:
bad in Magdeburg) in den Handel. Nah den Erfahrungen Vills (a. a. O. 406) ift ihre
Anwendung nicht wirkſamer, wohl aber viel teuerer ald das von Jacobi und Appelemp-
fohfene Sadleinwandverfahren. Kosten (nad Bilf) für 1 Röhre bei Sadleinwand 15 Pf.,
bei Reinbachichen PBapierfiltern 29 Bf. Jacobi und Appel berechnen die Materialkoſten
für ein Loch mit 4 Bi. und weiſen darauf Hin, dab der Aufwand für Arbeit mit der An:
zahl der Löcher, dem Gelände uſw. wechſelt, jedenfall aber nicht höher ift als bei anderen
Bertilgungsmaßnahmen. Preis des Schwefelfohlenftoffes: 40—60 Bf. für 1 kg.
Forſtmeiſter P. Wittmann!) giebt, um an Material zu jparen und die tötende Wir:
fung bes Schmwefelloglenftoffes zu erhöhen, Heine Mengen von Schwefellohlenftoff in zwei
einander entgegengejegte Röhren eines Baues und bringt die durch Berdunjtung entftande-
nen Gaſe durch Entzündung zur Erplofion. Um Einbringen der Außenluft zu verhindern,
find die Röhren nach dem Ausgießen des Schmefelfohlenftoffes jo feſt wie möglich zuzu:
werfen. Die dem Wittmannichen Verfahren innewohnende Gefährlichkeit läßt ſich bei vor-
fihtigem Vorgehen nad) ben vorliegenden Erfahrungen zwar bis zur Unjchädlichleitögrenge
mindern, dürfte der weiteren Anwendung des Verfahrens aber doch Hinderlich fein.
d) Bergiften mit Benzilit.) Auf einem ähnlichen Berfahren, wie dem eben an⸗
geführten, beruht das vom Hegemeifter a. D. Barufchte erfundene, von der Yirma Mar
Sendei- Hamburg erprobte Benzilitverfahren. Benzilit, ebenfalls ein flüffiger, ſchnell vers
gafender Stoff, wird durch eine beiondere Vorrichtung in den Bau eingepumpt und nad)
gutem Abſchluß der Röhren durch den in eine Röhre hineingelegten Zünder einer elektri—
1) Öfterr. F. u. $.-Btg. 1903, 199. — 2) D. Forft.:Ztg. 1909, 10. — Hubertus 1908, 668.
18 Erftes Buch. Schug gegen Tiere.
ſchen Batterie zur Entzündung gebradht. Ber Borzug des Benzilits liegt in feiner abo:
luten Feuerjicherbeit.
e) Bergiften mit Azetylen. Das neuerdings ') wieder empfohlene Auslegen von
Ralziumkfarbidftücdchen in die Röhren, um unter Mitwirkung der Bodenfeuchtigfeit oder füber:
gegofjenen Waſſers Azetylengas zu erzeugen, ift wertlos. Das Wzetylen ift leichter al3 Luft
und kommt infolgebeflen, wenn die Karbidſtückchen nicht an die tiefite Stelle des Baues ge-
bracht werden können, überhaupt nicht zur Einwirkung auf die Kaninchen.
Nach den bisherigen Erfahrungen mit den giftigen Gaſen empfiehlt ſich ihre
Anwendung überall dort, wo die Baue zugänglich und noch nicht in fo großer Dienge
nebeneinander liegen, daß der ganze Boden unterminiert ift. An Böfchungen, Ufern
und Dämmen läßt ſich mit den Gafen wirkſam vorgehen, nicht aber dort, wo die
Baue in dickem Geftrüpp, Gras, Rohr ufm. verftedt find. Ebenfo verliert die Schwe⸗
felfohlenftoffbefämpfung zuzeiten und dort ihren Wert, wo die Kaninchen meift oder
dauernd über der Erde leben.
Es iſt felbitverftändlich, daß man das Einbringen des Gaſes in die Röhren
möglichjt dann vornimmt, wenn man die Kaninchen in den Bauen vermuten Darf,
d. h. im Winter, bei regnerifchem Wetter, in den Morgen: und Bormittagsftunden.
Außerdem Tann es zmedmäßig fein, die Didungen uſw. vor der Beſchickung der Baue
abzutreiben, um die außen fihenden Kaninchen zum Einfahren zu veranlafien.
6. Uuslegen von Giftbroden. So wenig ſympathiſch auch) manchem das
Auslegen vergifteter Futterjtoffe fein mag, jo wenig bedenklich eriheint es mit Rück⸗
fit darauf, daß die Kaninchen zu einer alle land⸗ und forftwirtichaftliche Boden-
fultur ſchwer bedrohenden Kalamität werden können und ftellenweife ſchon gewor⸗
ben find.
Zur Verwendung können Phosphor, Arſenik und Strychnin kommen, teild ges
bunden an Getreide (Weizen und Hafer), teild unter Benugung von Möhren oder
Obſt als Lodipeife.
Bewährt hat fih nad den zeither in Deutichland gefammelten Erfahrungen”) das
Auslegen von 6—8 cm großen Möhrenftüden, die mit Hilfe eines Stechers bis zur Hälfte
oder etwas tiefer ausgehöhlt und nad) Einfüllung von zwei Meſſerſpitzen Phosphorbrei mit
dem auögejtochenen Stüdchen wieder verichloffen worden find. Sie werden im Winter mög-
lichſt tief in die befahrenen Röhren eingefchoben und zwar fo, daß die zugeftopfte Öffnung
nach oben liegt, um Durdhlidern des Phosphorbreis zu verhindern.
| Dad Auslegen von Giftbroden, jei es durch Einjchieben in die Röhren, fei e3
in umzäunten und für andere Tiere nicht oder ſchwer zugänglichen Giftpläen, muß
jelbftverftändlich fo vorfichtig wie möglich gefchehen, damit die Leider nicht ganz zu
vermeibenden Verluſte, die durch Aufnahme der Giftbroden feitens anderer Tiere
(Hafen uſw.) entitehen, auf ein Minimum befchränft bleiben.
7. Bernihtung durch Seuchen. Das namentlich in Wuftralien laut gewordene
Berlangen nad) einer Seuche ald Kampfmittel gegen die dort herrſchende, allen befannten
Vernichtungsmaßregeln ſpottende Raninchenlalamität hat zu verjchiedenen Vorfchlägen, nicht
aber zu nennenswerten praktiſchen Ergebniſſen geführt. Bafteur, Ipäter J. &. Bound,
wiejen auf den Hühnercholerabazillud Hin; von dem Franzoſen Megnin ift Die Verbreitung
einer unter dem Namen Gros ventre befannten Brotozoenjeuche empfohlen und von 8. Frie⸗
derih3 an Fadenwürmer (Strongylus) und Krägmilben (Sarcoptes scabiei und minor)
gedacht worden. Den vorhandenen Beweiſen für die Unbrauchbarkeit des Hühnercholera-
1) D. Jäger-Ztg. 1909 (52. Bd.), 595. — Öfterr. F. u. 3.=Btg. 1909, 87. — 2) Sin:
telmann: D. Forft-Ztg. 1908, 800. — Wild u. Hund 1909, 225. — Äſterr. F. u. 3.:3tg.
1909, 851. — Prakt. BL. f. Pflb. u. Pflich. 1908, 143.
Biber. 19
bazillus und der Protozoenkrankheit ftehen Beweiſe für die Brauchbarleit der anderen Bor:
ſchläge nicht gegenüber. Neuerdings macht Rittergutspächter Solingaki') auf gute Erfolge
aufmerfjam, die Dr. Kirftein, Balteriologiiches Inftitut, Berlin SW. 48, Wilhelmftr. 128
mit einem von ihm hergeftellten Präparat , Kaninchentyphus“ erzielt Haben fol.
8. Das befte, uns leider nicht in die Hand gegebene Vernichtungsmittel find
kalte, fchneereiche und anhaltende Winter. Sie wirken um jo befier, weil fie große
Gebiete treffen.
Die Wirkungslofigkeit der dem Menjchen verfügbaren Bekämpfungsmaßnahmen
beruht befanntlich hier, wie bei vielen anderen Schäden, hauptſächlich darin, daß an
fich) gute Maßnahmen mit der notwendigen Energie und Ausdauer nur auf kleinem
Raume, nicht aber auf größeren, gleich betroffenen Flächen ausgeführt werden. Co
wirft das Schwefelkohlenftoffverfahren auch nur dann in nachhaltiger Weife, wenn
e3 nicht nur vom Einzelnen, jondern vom wenigitens größten Teil der in Frage kom⸗
menden Nachbarn bei gemeinfamem Vorgehen angewendet wird.
VII. zeit.
Biber.’)
Der Biber (Castor fiber L.), da8 größte europäifche Nagetier, zernagt und
{hält vorzugsweiſe weiche Laubhölzer (Weiden, Wipe, fonftige Bappeln, Erlen ufw.),
aber auch Harte Laubhölzer (Eiche, Eiche, Ulme), mit Ausnahme von Nadelhölzern
überhaupt wohl alle Holzarten, die fich nahe an den Ufern der von ihm bewohnten
Gewäſſer befinden. Das Abfchneiden eritredt fich auf Bäume bis zu 40 cm Durch⸗
meffer und wirb zur Nachtzeit ausgeführt. Schwache Stangen und üſte werden fcharf
abgefchnitten; jtärfere Stämme von Weichholz werden platzweiſe in verichiedenen Par⸗
tien einfeitig ſchräg abgejchnitten, vornehmlich von mehreren Seiten her (bzw. rings⸗
um) koniſch angefchnitten. Die gefällten Stämme werden teils der Rinde wegen ge:
hält, teild zum Bau der Waflerburgen verwendet, die von in Gejellichaften zuſam⸗
menlebenden Bibern errichtet werden. Bei den meilt in Erdbauen wohnenden deut:
ſchen Bibern find derartige Burgen allerdings ſehr felten. Ferner ſchadet der Biber
durch Abſchneiden von Pfählen unter Brüden und anderen Waſſerwerken, jowie durd)
Beichädigen und Durchnagen des Holzwerks an Dämmen.
Daß der Biber auch jagdlich Ichädlich zu werden vermag, geht aus einer Beobachtung
im Anhaltiſchen Revier Kühnau hervor. Er fucht bier bei Überſchwemmungen die zur Ers
haltung des Rehſtandes angrlegten NRettungsberge gelegentlid) mit auf und veranlaßt die
Rehe, die den heranichwimmenden Biber wohl für einen Hund Halten, zur fopflojen Flucht
ind Waſſer und damit zum Sprung ind Berderben.
Schutzmaßregeln machen ſich angeficht3 der Seltenheit des Biber nicht not⸗
wendig. Die moderne Bewegung zum Echuße der Naturdenkmäler läßt im Gegen-
teil Maßnahmen gerechtfertigt erjcheinen, die den Bibern die wenigen noch verblie-
benen Zufluchtsftätten heimifch und vertraut machen. Als im forftlichen Bereiche Lie.
gend würde hier zu nennen fein der Anbau der Weide, beſonders aber der kanadi⸗
ihen Bappel, im Bibergebiete.
An Deutichland tritt der Biber, dem wegen des Pelzwerkes und des fog. Bibergeils
allenthalben jehr nachgeftellt wurde, nur noch in einem relativ Meinen, aber geſicherten Be-
—
1) D. Forftsdtg. 1912, 1037. — 2) Friedrich: Die Biber an der mittleren Elbe.
Deſſau 1894. — Blume: Btichr. f. F. u. Iw. 1890, 118.
80 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
ftande an der mittleren Eibe, Saale und Mulde (Gegend zwiichen Magdeburg und Deflau),
befonders in den preußifchen Oberförftereien Löbderig und Grunewald, ferner in Anhalt
auf. Friedrich fchäbte den Beitand im Jahre 1900 auf 200 Stück. Weiterhin findet ſich
ber Biber in Europa no in Norwegen, Frankreich (Mhonegebiet), Öfterreih (?) und in
Rußland (Polen, Rordrufland). Großbritannien, Dänemark, die Schweiz, Italien, Spanien
haben feine Biber mehr. Eine Schonzeit genießt der Biber als jagbbares Tier in Deutſch⸗
land feinem Vorkommen entſprechend nur in Preußen, Anhalt und Schaumburg-Lippe (vom
1. Dezember bis 30. September). In den verfchtedenen Teilen Deutichlands, wo der Biber
früher auch mehr oder weniger verbreitet war, ift der legte erlegt worden im Großherzog⸗
tum Heffen 1596, Medienburg 1789, Weftfalen (bet Arnsberg) 1840, Bayern 1860.
Anmerfungsweije fei darauf hingewieſen, daß unter dem jonftigen jagbbaren Haarwild
Europa3 auch der Bär (Ursus arctos L.) als gelegentlicher Waldſchädling auftritt, indem
er in den Walbungen des Krainer Schneeberges, in Galizien, Siebenbürgen ujw. die Fichte,
feltener die Tanne und Kiefer, in eigentüimlicher Weiſe beichädigt. Er beikt mit den Reiß⸗
zähnen derbe Schrammen durdy Rinde und Holz und bearbeitet die betreffenden Stellen
auch nod mit den Krallen der Borderbranten. Hierdurch entftehen Wunden mit Harzfluß,
welche mitunter durch Harzfcharrer noch vergrößert werden. Der Bär wählt mit Vorliebe
an Waldwegen, Rändern uf. ftehende Fichten. Der Bollsmund nennt folhe Bäume
„Bärenfichten“.) Nah von Baufinger?) ſchält der Bär im Frühjahr Fichten, um
den herausquellenden Saft aufzuleden. Weiterhin liebt er nach demfelben Autor Eicheln
und Yuchedern in bejonderem Maße und nimmt fie in Maftjahren in großen Mengen auf.
Dritter Abſchnitt.
Schnt gegen nicht jagdbare Nagetiere.
1. Aufzählung der ſchädlichen Ragerarten.
I. Eihhörnden (Sciuridae).
1. Gemeine Eichhörnchen (Sciurus vulgaris L.).
I. Schlafmäufe (Myoxidae).
2. Siebenſchläfer, Bild (Myoxus glis Schreb.).
3. Gartenfchläfer (Myoxus quereinus L. = Eliomys nitela Wagn.).
4. Hafelmaus (Myoxus avellanarius Wagn.).
II. Mäuſe (Muridae).-
5. Waldmaus, Springmaus (Mus silvatieus L.).
6. Brandmaus (Mus agrarius Pall.).
IV. Wühlmäuſe (Arvicolidae).
7. Waſſerratte, Wühlratte, Schermaus, Mollmaus, Hamaus (Arvicola am-
phibius Desm.).
8. Rötelmaus, Waldwühlmaus (Arvicola s. Hypudaeus glareolus Wagn.).
9. Erdmaus, Udermaus (Arvicola agrestis Blas.).
10. Feldmaus, Reutmaus (Arvicola arvalis Selys.).
2. Schüdlichkeit.
Die genannten Urten ſchaden im Walde durch Verzehren von Baumfrädten,
Holzjämereien und Benagen junger Wüchje. Hierzu kommen als weitere Schäden
— ——
1) Wokral: Bbl. f. d. geſ. Fw. 1880, 516. — 2) Erdeszeti Lapok 1911, Hft. XII.
Eichhörnchen. 81
(je nach Nagerarten) Abzwicken junger Triebe, Ausfreſſen von Knoſpen, Ab⸗
ſchälen von Baumrinde, Unterminieren des Bodens uſw. Den Hauptſchaden
verurſachen die Wühlmäuſe durch die Art ihrer zerſtörenden Tätigkeit und infolge
ihrer in manchen Jahren unglaublichen Vermehrung. Verjüngungen, Saaten, Pflan⸗
zungen fallen ihnen oft in größerer Ausdehnung zum Opfer. Die Beſchädigungen
durch das Eichhörnchen ſind mannigfaltig und zum Teil recht empfindlich (Schälen),
fie erſtrecken ſich aber unter gewöhnlichen Verhältniſſen meiſt nur auf eine beſchränkte
Anzahl von Pflanzen bzw. Bäumen. Nur dann, wenn das Eichhörnchen ausnahms⸗
weiſe in größerer Anzahl auftritt und e3 an Nahrung fehlt, verallgemeinert fich der
Schaden. Dasfelbe gilt von den Schlafmäufen, die in bezug auf ihren äußeren Ha:
bitus zwilchen dem Eichhörnchen und den Mäufen ftehen und auch die Eigenfchaften
(Kletterfähigkeit, verborgene nächtliche Lebensweiſe) dieſer beiden Ziergattungen in
fi) vereinigen.
I. Teil.
Eichhörnchen.
1. Schädlichkeit.
Die forſtliche Bedeutung dieſes bekannten, niedlichen Bewohners unſerer Wal⸗
dungen iſt größer, als man gewöhnlich annimmt.!)
Das Eichhörnchen ſchadet durch Verzehren von Baumfrücdten und Säme⸗
reien, Herausfharren von Samen und Kotyledonen, Abbeißen junger Triebe,
Ausfreifen von Snofpen, Abſchälen von Baumrinde und Berftören der Vogel:
brut. Es gräbt au Hirfchtrüffeln aus, um fie zu verzehren, und nimmt andere Pilze
(Steinpilze ufw.) an; jedoch ift dieſe Nahrung in forftlicher Beziehung bedeutungs-
108. Sein Nuten durch Vertilgung von Maikläfern, Blattweipenlarven und anderen
Inſekten wiegt feinen vielfeitigen Schaden nicht auf.
a) Verzehren von Waldfrüchten nnd Keimlingen.
Die Hauptnahrung des Eichhörnchen bilden: Buchedern, Eicheln, Hafelnüffe,
Fichten⸗ und Kiefernfamen. Außerdem nimmt e8 auch alle anderen Nadelholzfämereien
(ſelbſt Tarusbeeren), Hornbaum-, Ahornſamen, Wildobft, Walnüffe, Äpfel und an-
dere Obftforten an. Wlazienfanen verſchmäht es vollftändig, und Erlenfamen fcheint
e3 wenigſtens nicht zu lieben.
Durch die Samennahrung des Eichhörnchens kann ein namhafter Teil der Frucht⸗
ernte verloren gehen; namentlich leiden in den Jahren ftarker Vermehrung die na-
türlichen Verjüngungen in Nadelmaldungen not.
Die Buchedern werden vom Eichhörndhen oft ſchon vom September ab aus den Kap:
ſeln geholt. In welcher Weife das Tierchen die Hajelnüffe öffnet, ergibt fich aus der Abb. 81.
In ähnlicher Weile wird bei den Walnüffen verfahren, um des Kernes habhaft zu werden.
Die Samen der Ahornarten werben vom Eichhörnchen von der Breitjeite aus zerfafert bzw.
geöffnet, unter ftarfen Stämmen findet man die leeren Hüllen oft mafienhaft am Boden.
— mn — —
1) Wie übertrieben ſtreng die Tätigkeit des Eichhörnchens im Walde von manchen
Seiten beurteilt wird, geht daraus hervor, daß Forſtmeiſter Vogl-Salzburg (Allg. F. u.
I.:Btg. 1906, 178) das Eichhörnchen als den „größten“ (!) Waldſchädling unter den Vier⸗
füßlern bezeichnet. (Wenn es doch jo wäre!)
Heß, Forftiihug. I. 4. Aufl. 6
82 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
Um zu den Samen zu gelangen, entichuppt das Eichhörnchen ſchon vom Juli ab die
Bapfen in höchft geichidter Weife (Mbb. 32 unb 33). Hierbei bieibt die äußerfie Spibe ge-
wohnlich intakt, weil fie feine ausgebildeten Samentörner enthält. Mitunter fieht man noch
einzelne Fruchtihuppen an der Epindel hängen (Abb. 88 b). Zahlreihe Schüpphen und
Fruchtſpindeln unter den befallenen Bäumen befunden die Geichäftigfeit bed in der Krone
hauſenden Meinen Miffetäters. Beſonders interefjant ift die Art, in ber das Eichhörnchen
bie Zapfen ber Birbelfiefer bearbeitet (Abb. 34). Die Nüfje dieſer Kiefernart find ihm ber:
artig angenehm, daß es im nördlichen Rußland förmlich Wanderungen hiernad) anftellen foll.
Selbft die Heinfamigen Lärhenzäpfcen werben entiuppt. Im Herbfte jpeihern die Eich:
horuchen Sructvorräte (Bucheln, Eichen, Nüffe) im Nefte oder in Baumhöplen auf.
geöffnete Hafelnus
(nat. r., Orig. ©. 2.).
W06. 32. Som Eißäten- . v
en entfhuppter Riefern- Ab. 88. Vom Eihhörnden entfhuppte Fichtenzapſen (nat. Gr.).
gapfen (nat. Gr.,Orig-@.R).
Noch empfindlicher als die Entnahme von Früchten vom Baum ift ber Scha-
den, den das Eihhörnchen durch Herausicharren von Samen und Rotyledonen
(Zannenfanen, Eichenfeimen, Carya- und Juglans-Samen ufm.), ſowie durch Ub-
beißen oberirdiſcher Samenlappen (Buche)!) in Saat und Pflanzfämpen, Samen:
ſchlägen und Freiſaaten verurfadht. Sogar junge Pflanzen, insbefondere Eichen,
ſcharrt es, angelodt durch die (unterirdifchen) Kotyledonen, aus dem Boden. In
Saatfämpen leiden Rinnenfaaten mehr ala Vollfaaten.
1) Im Sorftdepartement Sonneberg wurden die Tannen: und Buchenfaaten 1872 nad)
Forftmeifter Liebmann durch die Eichhörnchen zu etwa , vernichtet; ber hierdurch ans "
gerichtete Schaden belief fi auf etwa 500—700 Mt. (Brotofol 15. Verj. Thüringifcper
Forftwirte 1875, 16). — Bgl. hierzu weiter: Zt. f. d. gei. Fw. 1880, 227. — Allg. F. u.
dig. 1894, 344. — Krit. Bl. 1850, 29. Bo., I, 258; 1852, 31. Bd., II, 265.
Eichhdrnchen. 83
b) Ausfreſſen von Blüten und Laublnsfpen (Abbiſſe).
Der Rnofpenfraß erftredt fih auf Trieb- und Blü-
tenknoſpen, wobei letztere — wegen ihres reicheren Pros
teingehaftes — vorgezogen werben. Die beliebteiten Holz-
arten find Fichte, Tanne und Kiefer. Die fraglichen Be:
ſchãdigungen werben nicht in jedem Jahre bemerkbar, fon-
dern ereignen ſich ald Notbehelf und Folge unzulänglicher
anberweiter Nahrung namentlich in ftrengen, ſchneereichen
Wintern famenlofer Jahre. Die Art und Weile, wie das
Eichhörnchen zu den Knoſpen gelangt, richtet ſich nad)
dem Alter, der Höhe und Stufigfeit der betreffenden
Pflanzen bzw. Stämme.
In jüngeren, 10—25jährigen Fichten- und Tan-
nenbeftänden, die noch feine Blütenknoſpen angejegt ha— ws.34. Bom Eichtornchen
ben, beißt das Eichhörnchen den @ipfeltrieb, oft auch die ee Bizbettieiengapten
WB— ., Orig. 6.8).
oberen Seitentriebe, in größerer ober geringerer Entfer:
nung von der Endfnofpe durch und frißt die Knoſpen diefer 2—20 cm langen Schoffe
aus!) (Abb. 35). Die leergefrefienen Triebe werden zu Boden geworfen ober bleiben
im Geäft hängen. Unterfucht man fie, fo findet man die Knoſpe meift feitlich aufge
ſchlitzt und ihres Anhaltes beraubt. Un den Abbißſtellen fucht man bisweilen ver-
gebens nach Zahnſpuren; die Triebe ſcheinen abgeziwidt oder mit einem Meffer ab-
geſchnitten zu fein. Gewöhnlich überzieht ſich die Abbißftelle bald mit einer diden
Harzerufte.
Die Täterfchaft des Eichhörnchens in bezug auf bie genannte Beihädigung der Ter>
minal: und oberen Geitentriebe ift lange Zeit angezweifelt worden und wird noch jegt von
mandjen Seiten dem Kreuzichnabel oder dem Eichelhäher zugeichrieben. Der letztere ſcheint
auch hin und wieder ähnliche Veriehungen fertig zu bringen. Trogbem befteht fein Zieifel,
daß die Triebabbife zumeift und allein dem Eihhörnden zur Laft fallen.
Es fehlt auch nicht an Beobachtungen des Eihhörndens in fagranti. Hin
und wieber mögen fi, wie Fuchs”) hervorhebt, Hajel: und Rötelmäufe
auch in gleicher Weiſe betätigen.
In dem ſchneereichen Winter 1894/5 erfolgte das Abbeißen ber Gipfel-
triebe an Tannen und Fichten in außergewöhnlichem Umfange. Ebenfo fällt
aud in die Jahre 1904/7, wie die zahlreichen Äußerungen in ber Litera-
tur beiveifen, ein Anſchweilen der Eihhörnden und Eihhörnchenichäden.
Daß e3 dem Eichhörnden beim Triebverbiß nur um bie Knofpen zu
tun ift, beweiſt ſchon die Tatfache, daß das Ausfteſſen an ftärferen Trieben,
welche dem Tierchen einen genügend feften Standpunft bieten, ohne Ent:
gipfeln fattfindet. Infolge des Abbifjes entſtehen an ben Kiefern neue
Sceibenknofpen und hieraus Triebe Inapp unterhalb der Bißftele, während
an den Fichten und Tannen entweder ein unverjehrter Geitentrieb des letz⸗
ten Quirles die Führerfchaft zu übernehmen pflegt oder häufiger eine Geis
tentnojpe des Haupttriebes zu einem Erjaptrieb ſich entwidelt. Derartige
Erſatztriebe find meift weſentlich fürzer als die Triebe umverlepter Bäume.
In Stangen- und Stammhölzern der Fichte beißt das Eich-
Gipfeltrieb ein
1) Koch: Naturw. Stier. f. 2. u. Fw. 1905, 298. — Bay: baf. rare Bier
1906, 301. — Gehret: daj. 1906, 166. — Widmann: Forſtw. Z61.1908, 1910 und 1911
856. — Dihm: daj. 1907, 881. —2) Fuchs: Naturw. Ztichr. f. 2. u. Zi. Pen Eihhörngen
verbiffen
1908, 204. (vertieinert)
6*
84 Erftes Bud. Schug gegen Tiere.
\ hörnchen, um zu den männlichen Blüten
knoſpen zu gelangen, die äußerften feinen
= Neifer, an welchen dieſe Knoſpen fihen,
immer ziemlich genau an berfelben Stelle,
J ” nämlich kurz Hinter der Anhäufung quirl⸗
‚ förmiger Blütenfnofpen (an ber Baſis),
” durch und begibt fi dann auf den Aft
zurüd, um auf ben Hinterläufen figenb
und den abgebifjenen Zweig mit den Bor:
derläufen haltend die Knoſpen auszufreſ⸗
en. Hierauf wirft es die Zweige zu Bo—
den. Diefe fallen dann namentlihim Wins
ter vor Fichtenfamenjahren und zwar bes
ſonders unter Randftämmen aufder Schnee-
dede fehr ins Auge und find den Forſtwir⸗
ten unter dem Namen „Ubfprünge” all⸗
gemein befannt (Abb. 36). Richtiger wür-
de die Bezeichnung „Abbiſſe“ fein. Ver⸗
mutlich werben auch weibliche Blütenknof-
v pen von Eichhörnchen ausgefreſſen; wenig⸗
* , buch Eidhöendi
verurfagt —— $ ausgeeriene Fr "us ſtens bemerkt man an Stämmen, auf des
gesifiene Seiten. und Gipfetnofpen (nat. &) nen hie Eichhörnden den ganzen Winter
gehauft Haben, im ganzen nur wenig Zapfen. Mit Vorliebe werben die an Beſtandes⸗
rändern ftehenden Fichten befallen, weil fie infolge freierer Stellung mehr und grös
Bere Blütenknofpen entwideln.
Auch unter Weißtannen haben wir wieberholt Abbiſſe gefunden.
Über die Urfache der fog. Abjprünge find in ber Literatur ſehr verſchiedene Hypo-
theſen aufgeftellt worben
Gleditſch) erflärte die Abſprünge für unreife Triebe, bie von felbft abgeftoßen wür-
ben, wie die Geweihe der Hirſche. Aber ſchon Bedmann und Bechſtein? fhrieben fie
dem Eichhörnchen (und Kreuzichnäbeln) zu. Dettelt bezeichnete fie ald Worboten reicher
Samenjahre, weil er deren Eintreten nad) bem Borhandenjein vieler Abſprünge (im Winter
vorher) beobachtet Hatte. Kellner?) tonftatierte durch genaue Beobachtung, daß die Ab⸗
fprünge lediglich ein Werk der Eichhörnchen feien. Leypo1d‘) beftätigte diefe Wahrnehmung.
BVeling) if der Anficht, daß die Ahbiffe weitaus zum größten Teil ober ausſchließlich den
Eichhörnchen zuzuſchreiben find. Roth*) (Darmftadt) behauptet, daß bie Eichhörnchen im
‚Herbfte nicht den Wlütentnojpen nachſtellen, ſondern den um diefe Zeit bereit ausgewach ⸗
jenen, aber noch nicht völlig verholzten ananadartigen Gallen der Fichtenrindenlaus (Cher-
mes abietis L.). Daß nicht bei allen Abbiſſen die Knoſpen ausgefreſſen werden, ift
richtig; ebenfo ftimmt die Beobachtung Roth, dab die Eichhörnchen gern bie nod) faftie
gen Schuppen der genannten Gallen benagen und anſcheinend aus dieſem Grunde die mit
Chermes-Gallen bejegten Triebe abbeien (Ubb. 87). Gleichwohl ift die Kellnerſche An«
fit die allein zutreffende. Auf den Bahn eines Nagetiere deutet ſchon bie fajerige Be—
jchaffenheit der Abbißftelle Hin. Die Beobachtung von Dettelt ift volltommen richtig und
wird fofort verftändlih, wenn man daran denkt, daß einem Samenjahre die Entwidelung
1) Bier hinterlaffene Abhandlungen, das praktiſche Forſtweſen betreffend. Berlin 1788,
1. — 2) Forftbotanif. 4. Aufl. Gotha 1821, 500. — 8) Monaisſchr. f. b. F. u. Jw. 1868,
476; 1874, 407. — 4) Daf. 1868, 238. — 5) Forftl. Bl. N. %. 1872, 161. — 6) Mor
natöfchr. f. d. 3. u. Iw. 1874, 126.
Eichhörnchen. 8
vieler Blütenfnofpen vorangehen muß. Ebenfo verſtändlich ift es, daß in J
mit [wachen Blütenanfag, die wenigen infolge von Freiftand oder Vorwi
teit befjer belichteten und deshalb reichlicher fruftifigierenden Bäume bejo
ſtark heimgefucht werben und in ihrer Schirmfläche oftmals mit Abſprünge
rabezu überfät find. -
Selpftverftändlih werben auch taufende von Bmeigipigen durch
Stürme (genenjeitige Reibung der Sronenäfte) und durch Hagelmetter ') I
geworfen; allein dieje Abfälle haben, wie ſchon aus ihrer Größe und For
ſichtlich ift, mit den eben befhriebenen „Abſprüngen“ nichts gemein.
Auch im Sommer bzw. in Wintern, in denen es an Blüten
pen vollftändig fehlt, fieht man mitunter zahlreiche Fichtentriebſpitzen
verſchiedenen Längen (meiftens aber nur wenige Zentimeter lang)
in ben Fichtenbeftänden liegen, worauf ſchon Beling?) aufmerk-
ſam gemacht hat. Diefe Spigen rühren, wenn fi an ihrem uns
teren Ende die Spuren von Nagetätigfeit wahrnehmen laſſen,
gleichfalls wohl nur vom Eichhörnden her. Es findet eben in
manchen Zeiten weder Knofpen noch Holzſamen vor, muß ſich aljo
durch Verzehren oder wenigftens Benagen zarter Triebe zu er:
halten ſuchen. Beling bezeichnet die dann entftehenden Abſprünge
al „uneigentliche” im Gegenfag zu ben der Blütenknoſpen tve-
gen Herborgerufenen, den „eigentlichen Abfprüngen.
U66. 87. digten -
trieb mit Chermes-
c) Shälen und Ringeln.”) Galle vom Giähkr,
Bu den eigenartigjten Befchädigungen durch das Eichhörnchen ee neh tn,
gehört daß ftellenweife Schälen bzw. Entrinden jüngerer oder ber
Wipfelpartien älterer Stämme. Glüdlicherweife zeigt fich diefe ſchädliche Gewohn⸗
heit nur an einzelnen Orten und in gewiſſen Jahren in größerem Umfange. Starte
Vermehrung der Eihhörnden und Ausfall der Maft dürften dann die hauptſäch-
lichfte Veranlafjung dazu fein.
Dan Hat folche Entrindungen fon feit 18104) an vielen Orten namentlich,
an ben Nabelhölzern beobachtet und die Bejhädigungen anfangs den Schlafmäufen
zugefchrieben. Geſchält werben von Nadelhölzern in Herborragendem Maße die Lärche,
dann aber auch Kiefer, Tanne und Fichte. Bon den Laubhölzern werben partiell ents
rindet: Buche, Hornbaum, Aſpe, Weiden, auch Eiche, Birke und vereinzelt Feld⸗
ahorn, Bergahorn, Elsbeere uſw. Am meiften leiden hierdurch 15— 30 jährige Stämm-
hen, doch werben auch 60= und mehrjährige Bäume noch angegangen. Die Haupts
ſchalzeit fällt (wenigſtens bezüglich der Nadelholzftangen) in die Monate April bis
1) Seblaczet: Zbl. f. d. gej. Fw. 1906, 122. — Spadtholz: Naturw. Ziſchr. f.
&. u. Fw. 1908, 167. — 2) Monatsjhr. f. d. F. u. Im. 1874, 279. — 3) Zur Literatur:
Fromm: Allg. F. u. J.Big. 1826, 318. — von Salis-Soglio: baj. 1828, Ans. —
Müller: Krit. BL. 1860, 29. Bd., I, 258. — Nörblinger: daf. 1861, 44. Bb., I,
208; 1862, 45. Bb., I, 264. — Monatsfchr. f. d. %. u. Iw. 1863, 108. — Maler: daſ.
1868, 434. — von Benker: Forftl. Ol. N. F. 1873, 123. — Altum: Biſcht. f. F. u.
Iw. 1873, 87, 144. — Beling: Thar. Ihrb. 1878, 1. — Forftl. Bl. N. 3. 1879, 286.
— Paweſch: bl. f. d. geſ. m. 1882, 489. — Eppner: Naturw. Ziſchr. f. 2. u. Fw.
1905, 112. — Fabricius: daf. 1908, 23. — Sammereyer: Öfterr. 3. u. J.-Ztg. 1907,
131. — 4) Unnalen ber F. u. Iw. 1. Bb., 1. Hft., 1811, 23.
86
Abb 38.
Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
Juni; in trodenen Jahren zeigt ſich dad Übel am meiften. Die Schäfte
werden nur innerhalb der bünnberinbeten Krone, zwiſchen ben Aſtquirlen,
auf weſlchen das Eichhörnchen bei Ausführung der Beſchädigung feinen
Sig hat, geſchält; tiefer am Schafte herab ift ihm die Rinde zu rauh
Die Entrindung erfolgt teils platz- teil ringelweiſe. Am häufigften ift
das unregelmäßige Abſchälen handbreiter Rindenſtücke (bis auf den Splint).
Dan findet folche unter den Fraßbäumen auf dem Boden; an den Stäms
men jelbft hängen mitunter noch loſe Gegen am Rande ber Beſchädi—
gung herab. Abb. 38 ftellt die Ringelung an einer Lärche dar. Die Ber-
Tegungen erreichen bisweilen bis 40 cm Länge und greifen öfters um
den ganzen Stamm herum. Hin und wieber befinden fich die meiften Schäl-
ſtellen an der Nord- und Oftfeite des Stammes, was wohl mit der hier
vorhandenen größeren Friſche ber Rinde zu erklären ift. Das Schälen ges
ſchieht, wie man mit ziemlicher Sicherheit annehmen darf, hauptſächlich
der Ernährung halber; das Eichhörnchen ftrebt dem Kambium nach und
nimmt auch das Baſtgewebe an. Jedoch kann auch Spielerei oder das
Beftreben, die raſch nachwachſenden Nagezähne ſchneller abzunugen, mit
Veranlaſſung fein. Mit der zuletzt genannten Urſache werden wenigſtens
die fchraubenförmigen, ſchmalen Eingriffe in Zufammenhang gebracht,
die das Eichhörnchen oftmals an harten Laubhölzern hervorruft, ähnlich
wie es durch die Schlafmäufe geſchieht (vgl. Abb. 39).
Die plagmweifen Wunben heilen mitunter aus; bei Ringelung erfolgt
unfehlbar Ubfterben der Stangen ober doch der über der Schälitelle ge-
legenen Kronenpartie. Diefe Beihädigung, welche fich oft auf Hunderte
von Stämmen erjtredt, ift daher eine ſehr empfindliche.
d) Zerflörung der Reſtbrut ufm.
Während der Brutzeit der Vögel ftellen die Eichhörnchen vielfach
den Neftjungen nad. Die Neigung zum Zleifchgenuß ſcheint zwar den
Eichhörnchen vielleicht nicht allgemein eigentümlich zu fein, iſt aber in
einzelnen Egemplaren nad} den vorliegenden Erfahrungen unzweifelhaft
vorhanden.) Fluglöcher von Starenfäften findet man hier und da von
ihnen erweitert bzw. benagt und die Brut verzehrt oder wenigſtens ver
trieben.?) In einem Falle wurde ein Eichhörnchen auch ala Räuber jun
ger Tauben erwiſcht; in einem anderen faß es fogar auf einem etiva
8--10 Tage alten Hafen und brachte dieſem verſchiedene Bißwunden
Ringelung bei.?) Endlich) benagen die Eihhörnchen auch abgeworfene Hirſchſtangen,
Br fowie im Walde liegende alte Knochen von Rot- und Rehwild uſw.
an Lärde
(vertleinert,
Orig. 6.8). 2. Schugmaßregeln.
Die einzig wirkſame Maßregel ift der Abſchuß. Bei Überhandnehmen ber
Eichhörnchen darf mit ihm nicht gezögert werden; bei Bedarf ift er durch Gewäh—
zung von Schußprämien ſchmackhaft zu machen.
) Gloger: Allg. F. u. 3.-Btg. 1861, 37. — 2) Altum: Btihr. |. F. u. Iw. 1876,
492. — 3) Zluftr. Jagdztg. VI, 1878/79, 218.
Schlafmänie. 87
Die Schonung der Feinde (Baummarder, Hühnerhabicht ufw.) würde mit
den jagdlichen Intereſſen Follidieren und wird aus diefem Grunde wohl kaum ernft-
[ich erwogen werden. Eher würde der Gebrauch von Fallen zum Wegfangen der Eich⸗
hörnchen in Betracht kommen, wenn nicht der Abſchuß in jeder Hinficht durchführbar
und wirkſam wäre Während der Eichhörnchenhochflut im lebten Jahrzehnt ift er
auch vielerort® in mehr oder weniger energijcher Weije bejorgt worden.
Als Vorbeugungsmaßregeln gegen das Aufzehren von Sämereien kann noch
das Mennigen des Samens (f. ©. 115) in Betracht kommen Es hat jedoch
nicht immer den erwünschten Erfolg gehabt. Das Eichhörnchen frißt den Samen mit
und ohne Mennige auf. Zum Schube von Nußbaum⸗ und Hidorgfaaten hält Bre⸗
her (Allg. 5. u. 3.-8tg. 1895, 428) die Bleimennige aber für wertvoll.
II. Zeil.
.Schlafmänfe.
1. Schäblijfeit.
Die Schläfer treiben ihr Weſen vorzugsweiſe in ten Laubmaldungen. Durch
ihre ausschließlich nächtliche Lebensweife wird die Beſtimmung der jchädlichen Urt
im einzelnen alle erfchivert.?) |
Der Bil (Siebenfchläfer)?), die größte Schlafmausart, ift vorzugsweife in
den Laubholzhochwäldern des fühlihen Europa heimisch, namentlich in Krain. Er
nährt ſich hauptjählih von Buchedern, nimmt aber auch Eicheln, Hafelnüffe, Ka⸗
ftanien, fogar Zapfen an, die er — wie das Eichhörnchen — entihuppt. Er frißt
ferner auch junge Keimlinge (der Buche), ftellt dem Obſte nach, beißt an Buchen
und Tannen die Maitriebe ab, Ihält an jungen Stämmen und plündert die Vo⸗
gelnefter, ſchadet aljo in ganz ähnlicher Weife wie dag Eichhörnchen. Obſchon er den
Winter meift fchlafend verbringt, heimſt er doch auch Fruchtuorräte in Baumhöhlen
ein. Das Entrinden findet mehr platzweiſe als ringförmig an 10—70jährigen Bus
chen, Hornbäumen, Ahornen, Birken, Weißerlen, Hafeln uf. ftatt, ferner auch an
Nadelholzftangen (Lärche, Tanne — nicht an Fichte —), und zwar hier zumal an
den Stellen, wo Quirlzweige abgehen.
An den füblichen Wäldern Dfterreich3®) werden die Buchen nur beim Ausbleiben
einer Maft geichält. Die Bilche befällt in ſolchen Jahren, in denen Spätfröfte die Blüte
ruiniert haben, der Wandertrieb. Auf nicht über 1 km breiten, meift von NO. nad SW.
ſich erftredenden Zugſtraßen werben dann alle zufagenden Holzarten, ganz befonders Berg»
und Spitzahorn, Buche, Tanne und Lärche in den Wipfelpartien geihält. Um meiften
leidet die Tanne; fie wird gemöhnlich fo befreflen, daß die Wipfel im Juni oder Juli rot
werden und abfterben. Ye nach Umftänden geht das Übfterben von der Triebipige S—7 m
abwärtd. Durch Aufrichten von Seitentrieben entftehen dann teilmweije ganze Nefter von
Wipfeln und allerhand Kandelaberwüchſe. Die Lärche wird in derjelben Weiſe beichädigt mie
die Tanne. Im füdlichen Kärnten, mo ganze Reviere mit Lärche beftodt find, iſt der Scha⸗
den nicht unbedeutend. 1882 wurden im Hüttenberger Revier auf einem jchmalen Gürtel
von 3 Stunden Länge 1000 Lärchen fo geichält, daß neue Gipfelbildungen eintraten. In
ber Herrihhaft Schneeberg wurden 1884/85 400 Stüd 20—40 jährige, 1892 800 Stüd 10—
15 jährige Tannen — und zwar im Herbſt — terart ruiniert, daß fie eingingen und einge:
ſchlagen werden mußten.
1) Nörblinger: Krit. BI. 1866, 49. Bd. I, 80. — 2) Altum: Ztſchr. |. u. Im.
1878, 387. — 3) Schollmayer: 3bl. f. d. gei. Fw. 1898, 203.
88 Erfies Buch. Schuß gegen Tiere.
Auch junge Fichtentriebe (Abbiſſe) nagt der Bild, (meiftens im
Sommer) ab, nicht um — wie das Eichhörnchen — bie Knofpen aus=
zufreſſen, fondern um bie Nabeln (etiva zu %, ihrer Länge) abzubeißen,
zu zerfauen und dann die Rüdftände in Form grüner Faſerknöllchen
wieber aus dem Munde auszumwerfen. Das gleiche Geſchäft nehmen
die Bilde auch mit Buchenlaub vor.
Die Abb. 39 veranfhaulicht die Art der Beſchädigungen durch
die Schläfer überhaupt. Die Ringel find nicht Langfpiralig, wie Häufig
beim Eichhörnchen, fondern kürzer und mehr wagerecht ober nur we⸗
nig fpiralig, auch von wechſelnder Breite. Das Ringen geſchieht vor
zugsweife im Frühjahr, kurz vor dem Laubausbruc oder während
besfelben, bei fonft fnapper Nahrung. und geht wohl meiftens vom
Bilche aus.
Der Gartenſchläfer (Myoxus quereinus L.) ift ebenfalls befons
ders im weftlichen Europa zuhaufe, aber im Süden feltener als der Bilch.
In bezug auf Lebensweiſe und Nahrung weicht ex von viejem nicht we—
ſentlich ab. Nah Grunert) foll er in den Gärten bei Trier namentlich
dem Spalierobfte nachftellen, ſobald dieſes auf der Sonnenfeite zu reifen
beginnt. Nad) unferen Erfahrungen benagt er auch Hirichgeweihe. Nach
Nörblinger fol diefe Schläferart animalifhe Nahrung (junge Wögel,
Käfer ufw.) bevorzugen.
Die Hafelmaus (Myoxus avellanarius Wagn.), eine Bewohnerin
ber Niederwalbungen ‚(Hafelgebüfch), zumal des nördfichen Deutfchlands,
hält fi zwar auch an verſchiedene Waldſamen (Hafefnüffe, Buchen, Eicheln),
Bogelbeeren und andere faftige Früchte und beteiligt ſich wohl auch am
Klägen und Ringeln junger Laubhölger, ift aber forftlich inbifferent.
Abb. 89. Ringelung
durch Hafelmäufe
an Bude, Ya
2. Schugmaßregel.
Aufftellen von Ballen entſprechender Konftruftion.
Zum Bilchfange verwendet man in Krain Heine hölzerne Käſten (von 12 cm
Länge, 7 cm Breite und Tiefe) mit einer Stellvorrichtung im Inneren und einem
eifernen Bügel, der den Schluß der vorderen Öffnung vermittelt, Durch die der Bilch
zu dem im Inneren befindlichen Lodbiffen gelangen muß. Den Gartenſchläfer
fängt man bei Trier in eifernen, mit Sped beföberten Tellerfallen, wie fie für Ratten
im Gebrauche find. Für Hafelmäufe werden Drahtfallen und feuchte Mandeln
als Lockſpeiſe empfohlen.
In den ausgedehnten Buchenforſten ber krainiſchen Gebirge bildet ber Bilchfang eine
namhafte Nebennupung. Mit dem in Krain gebräudlichen Fangapparat werden mitunter
40—60 Stüd in einer Nacht gefangen (!). Das Fleiſch diefes myfteriöfen Tieres, an wel⸗
ches fi) manche Sage Mnüpft, wird vom Krainer gern gegefien*), das Fett ald Heilmittel
für offene Wunden und Kontufionen angewendet. Die Felle bilden einen geſuchten Hanbeld«
artitel. In reihen Buchenmaftjahren hat man ſchon bis 800000 Bilche gefangen.?)
1) Torf. BL. N. F. 1877, 92. — 2) Son die alten Römer mäfteten die Bilche
als Lederbiffen in befonderen Behältern, welche „glirierii“ genannt wurden (Varro, Rer.
Rust. IIL, 15). — 3) Dimig: Katalog der forftlihen Kollektivausſtellung Krains in Wien
1873, 21.
Mäuſe. 89
III. Teil.
Mänſe (Muridae).')
1. Schaͤdlichkeit.
Die im Walde einheimiſchen Mänſe, zumal die Waldmaus (M. silvaticus)
— in untergeordnetem Grade auch die Brandmaus (M. agrarius) — ſchaden durch
Aufzehren von Waldfrüchten und Sämereien, Verbeißen und Benagen, Unter—
minieren des Bodens und durch Würgen kleiner Vögel.
Bon Früchten nehmen fie hauptſächlich Bucheckern, Eicheln, Kaſtanien und Ha⸗
ſelnüſſe an, aber auch die Samen des Hornbaumes, der Ahorne und Linden find ihnen
genehm. Bom Nadelholz werben die Eamen von Fichte, Kiefer und Lärche mitunter
angegangen. Tannenjamen bleiben ihre Terpentingehaltes wegen verjchont. Die
Herbftfaaten leiden — wegen der in Winter fnappen Nahrung — mehr als die Früh:
jahrsfaaten. Nah Ultum fol die Waldmaus auch Weymouthskiefernzapfen annagen,
um zu den Samen zu gelangen.
Dem Verbiß bzw. Benagen unterliegen Knoſpen, zarte Triebe, Rinde und
Splint junger Holzgewächſe (von etwa 2—15 jährigem Alter) im Winter, zumal
bei Schneedede. Am meiften gefährdet find die Laubhölzer; insbefondere WBuche,
Horndbaum, Eiche, Ahorn, Hafel, Salweide; auch Eiche, Ulme, Aſpe, Holunder ufw.
Ntadelhölzer werden minder benagt, Tanne nur ausnahmsweiſe.
Dad Benagen der Rinde erftredt fich vorberrichend auf den unteren Stamm:
teil; zumeift liegen Die Rageftellen aber höher — bis zu 1 m Höhe und darüber —
al3 die von Wühlmäufen herrührenden, was ein gutes Erfennungszeichen abgibt.
unge Stämmchen werden oft ganz durchgenagt und hierdurch hoffnungsvolle Be⸗
ſamungen und Kulturen mitunter vollſtändig vernichtet.
Durch das Unterwühlen werden manche Sämlinge gehoben und zum Ver⸗
trocknen gebracht; jedoch ſteht dieſer Schaden gegen die gleichen Bejhäbigungen durch
Bühlmäufe weit zurüd.
Die Mäufe treiben ihr waldfeindliches Weſen beſonders in graswüchſigen Scho-
nungen und an Sommerhängen. Ihre Vermehrung ift in trodenen Sommern und
nach Buchenmaftjahren (1888) fehr bedeutend.
Die Waldmaus wirft jährlich zwei bit dreimal je 4—6 Junge, die Brandmaus, welche
mehr dem Ader als dem Walde angehört, drei bis viermal je 4—8 Junge, und die Zwerg⸗
maus (Mus minutus Pall.), welche ihr hängendes Neft aus Gräfern uſw. in Zweige baut
und vortrefjlich Flettert, nicht viel weniger.
2. Schußmaßregeln. Ä
Die Sicherungsmittel gegen die Waldmäufe ftimmen im allgemeinen mit denen
gegen die Wühlmäufe überein, ſollen daher erft im folgenden Zeil zur näheren Be
trachtung fommen. Nur läßt fich den Waldmäufen weniger erfolgreich beikommen,
weil fie ftändig im Walde leben, während die meiften Wühlmäufe nur im Winter
von ben Feldern in die Wälder fich zurüdziehen.
1) ur Literatur im allgemeinen: Altum: Unjere Mäufe in ihrer forftlicden Ber
deutung ufw. Berlin 1880. — Ableitner, K.: Anleitung zur Verhinderung der Mäuies
plage. Bremen 1890.
90 Erftes Bud. Schuß gegen Tiere.
Die wichtigften Gegenmittel find: Schonung der Feinde (Hermelin, Wiefel,
Dachs, Fuchs, Eulen ufw.), Bekämpfung der Mäufe dur den Mäufebazillus
und Vergiftung. Die Brandmaus ift gegen den Bazillus unempfänglic).
IV, Zeil.
Wühlmänſe (Arvicolidae).
Die Hauptmerkmale der Wühlmäufe find: ein dider, mehr ftumpfer Kopf,
Heine im Pelz verjtedte Ohren, kurze Beine und ein kurzer Schwanz, während bie
eigentlihen Mäuſe durch einen fpigen Kopf, große Ohren und einen langen
Schwanz ausgezeichnet find.
1. Schädlichkeit.
Die Wühlmäufe leben beit Tage hauptjächlich im Boden, den fie nach allen Rich⸗
tungen hin unterminieren. Ihre Gänge verlaufen zumeijt fnapp unter der Bo:
denoberfläche, wodurch — zumal in Forftgärten, Saaten und na⸗
türlihen Verjüngungen — Taufende von Pflänzchen untermühlt
und an den Wurzeln verlegt werben. Auch die Böfchungen von
Gräben und Bächen werden durd) die Gänge beichädigt. Die Nah⸗
rung der Wühlmäufe ift meiſtens eine vegetabilifche. Sie freſſen
Baumfrühte und Holzjämereien, ſchneiden junge Pflanzen und
die Wurzeln älterer Stämmchen im Boden durch, benagen die ober-
irdifchen Organe und ftellen aud) den an der Erde brütenden Sing⸗
vögeln nad).
Das Benagen geichieht vorzugsweife an Laubhöl;ern. Mei⸗
ftens dicht über dem Wurzelftode biß zu etwa 0,25 m Höhe, min-
deſtens ſoweit das Gras reicht, wird die Rinde platz⸗ oder ringel-
weile mittel3 der mehr oder weniger in den Splint eingreifenden
Nagezähne weggenommen (Abb. 40). Der durch Benagen ober:
irdiſcher Pflanzenteile entjtehende Schaden gejchieht namentlich im
Winter im Schube und unter der auf dem Gras⸗ und Unfraut-
wuchs Tiegenden Schneedede und kann bein Vorhandenfein grober 4
Mäufemengen fehr fühlbar werden.
Die Vermehrung der Wühlmäufe ift noch größer ala die der &
eigentlichen Mäufe; eine befonbers reiche Nachkommenſchaft erzeugt —
die Feldmaus. Die Rötelmaus ſteht der Feldmaus an Vermehrungs- Yicol» arvalis, an
Buche (nat. Gr.).
fähigkeit nach. u
Günftige Witterungsverhältniffe vorausgeſetzt iſt die Vermehrungsfähigkeit der Feld⸗
maus eine ganz erſtaunliche. Da ſich die „freudigen Ereigniſſe“ in einer Mäuſefamilie alle
6—8 Wochen vom März bis zum Herbſt wiederholen und im jedesmaligen Erſcheinen von
4—8 neuen Familienmitgliedern befunden, von denen die Weibchen im Alter von acht
Wochen ſchon wieder gejchlechtsreif find und an der Erweiterung des Yamilienumfanges
aktiv fich beteiligen, jo ift das zumeilen überrajchend fchnelle Auftreten unzähliger Mäuie
+ begreiflich.
Am ſchädlichſten find die große Wühlmaus und die gemeine Feldmaus;
die Erdmans kommt ihnen an Schädlichkeit nahe.
Wühlmäufe. 9
a) Die große Wühlmaus (Arvicola amphibius).!)
Ausgewachſen etwas größer ald der Maulwurf, 21—24 cm
Lang, gedrungen, ftruppig, ſchwarzbraun bis braunrot, unten heller,
Ofren Hein, faft veritedt; Schwanz Halb fo lang wie der Körper,
6,5—8,5 cm lang. Lebt gern in der Nähe von ftillftehendem
Waſſer, kommt aber auch oft weit davon entfernt auf trodenem
Gelände vor. Vielfach ſcheint fi die Mollmaus im Herbit vom
ſommerlichen Wafferaufenthalt mehr landeinwärts zu ziehen. Die
auf Grund ber verfdiebenen Lebensweiſe vorgenommene Unter
ſcheidung zweier Arten (A. amphibius und A. terrestris) findet in
der äußeren Erſcheinung der beiden Raſſen feine weitere Stüge.
Die im Forſte ſchadende Landform der großen Wühlmaus gräbt
lange, weitverzweigte, meift flach unter der Bodenoberfläche ver-
laufende und deshalb vielfach offene Gänge und wirft Haufen auf,
die im Gegenfag zu dem ähnlichen Maulwurfshaufen niemals eine
Öffnung aufweifen. Durch diefe Gänge werden an Ufern und
Dämmen, in Überfdwennmungsgebieten, im Walde auf Saat- und
Pflanzbeeten oft bedeutende Unterminierungsichäden angerichtet.
Der engere forftliche Schaden wird ebenfalls hauptſächlich
von den unterirdiichen Gängen aus angerichtet. An Laubhölzern
nagt die Mollmaus alle feineren biß fingerbiden Seitenwurzeln
mit Hilfe ihrer ftarfen Nagezähne bis zum Wurzelhalfe ab. Junge
bis armftarfe Heifter, werben auf diefe Weile ihrer ſämtlichen
Wurzeln beraubt und fallen einfach um, da bei Pflanzen mit Pfahl⸗
wurzeln meift aud) diefe durchgenagt ober wenigſtens kegelförmig
abgenagt werben (Abb. 41). Nadelhölzer werben nur an der Rinde,
nicht aber, wie die Laubhöfzer, am Splint und Kern angegriffen;
fie gehen deswegen aber genau fo ein wie die Laubhölzer. Une usb. «1. 10jähe.
genommen werben Jämtliche Holzarten, vornehmlich die Laubhölzer, Fa
und unter ihnen wieder ganz befonder3 gern Ahorn, Ejche, Eiche, apgenant, ',. (Erig.
Buche, Hornbaum. Unter den Nadelhölzern ſcheinen Lärche und Fichte sr
bevorzugt, Tanne und Kiefer mehr gemieben zu werben. Wie bei allen derartigen Feſt⸗
ftellungen beden fic Die an verfchiedenen Orten gemachten Beobachtungen aber keineswegs
Eharafteriftifc für Die Mollmaus ift aber die Tatfache, daß fie immer unter-
irdiſch und nur äußerft felten über dem Erdboden frißt.
Zum Glüd tritt die Mollmaus nur unter bejonder3 günftigen Verhäftniffen,
aljo nur ausnahmsweiſe mafjenhaft auf; gewöhnlich lebt fie nur vereinzelt.
Belannt find die von Eppner geichilberte Mollmaustalamität auf der rund 225 ha
großen Inſel Herrenwörth im Chiemfee und das von Neh-Hamburg näher verfolgte
Maffenvorfommen auf der an ber Elbmündung gelegenen Inſel Neuwerk. Während bie
auf ber Ieptgenannten Inſel im Oftober 1907 auf 6000-8000 geihäte Zahl der Wühl-
mäufe bie von Reh geſchilderten landwirtſchaftlichen Schäden verſtändlich macht, überzeugen
„bie Fangergebniffe auf Herrenwörth von ben bort vorgekommenen umfangreichen foritlihen
Schäden. Mit jog. Klammerfalen wurden auf Herrenwörth von einem einzigen Manne ge:
fangen 1886—1892: 18661 Stüd, 18931897: gegen 4000 Etüd.
1) Eppner: Natur. Ztihr. f. 2. u. Fw. 1903, 404. — Reh: Ziſchr. f. Pflanzen
trank. 1908, 18,
02 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
b) Die Rötel- oder Waldwühlmaus (Arvicola [Hypu-
daeus] glareolus).
Die durch ihre braunrote bis rötliche Oberfeite und fcharf abgeſetzte
| weiße oder ſchwach gelbliche Unterfeite gekennzeichnete Maus ift mit einem
| vorzüglichen Klettervermögen ausgeftattet. Sie ift ein ausgefprochenes
| Waldtier und verdient den Namen „Waldmühlmaus” mit vollem Rechte.
Sie benagt vorzugsweiſe die Lärchen, unter Umſtänden die japanifche
mehr als die europäifche, und zwar bis zur äußerften Spite (Abb. 42),
ferner Alpe, Faulbaum, Pfaffenhütchen, ſchwarzer Holunder, Schwarz-
fiefer, befällt aber auch Buche, Hornbaum, Ahorn, Eiche und zwar ge=
rade die im kräftigſten Wuchfe ftehenden Pflanzen. Die Rindenbeſchädi⸗
gungen, die meist plab= oder ftrichweife, zuweilen aber auch als völlige
Entrindungen ganzer Zweige auftreten, beginnen jchon Ende Dftober
und feßen fich mitunter bis in den April fort. Un Schwarzliefernpflan-
zen!) find fogar die Spitzenknoſpen durch Rötelmäufe abgenagt oder we:
nigftens ausgehöhlt worden. Als entichiedenes Lokaltier betreibt fie das
einmal begonnene Zerſtörungswerk mit großer Hartnädigfeit.
Das charakteriftiiche Merkmal für den Fraß der Rötelmaus befteht in
Ichmalen, nur jehr wenig in den Splint eingreifenden, fchräg aufwärts gerich-
teten Zahnfurchen, wobei zwar viele, aber nur kleine, an der Luft fich bräu=
J nende Teile des inneren Rindenkörpers in ganz dünner Schicht ſtehen bleiben.
Die entrindete Partie erhält hierdurch oft ein ſchmutzig-weißes, braun-melierteß
Ausfeben.
c) Die gemeine Feldmaus (Arvicola arvalis).
Wenn jemals der Landwirt über Mäufeplagen ich zu beichweren
Urſache Hat, Handelt es fich in der Hauptſache um Maflenauftreten die
ſer oberſeits gelbgrauen (erbgrauen), unterſeits weißlichen Wühlmaus,
deren kurzer, ein Drittel der Körperlänge mefjender Schwanz mit dunk⸗
len und weißen Haaren befett ift. Im Herbit dringt die Feldmaus teile
weile in großen Scharen in die anliegenden Wälder, namentlich gern in
abb #2. berlichtete und verunfrautete Yaubbolzbeftände ein und vermag dann,
Gipfeltrieb wie die Geſchichte mäufereicher Winter lehrt, — bisweilen in Gemein-
einer jungen
Läre, von ſchaft mit der Erdmaus — weitgehende Beihädigungen in den Verjün-
—es gungsſchlägen und Kulturen hervorzurufen. Die Verheerungen werden
F Ka , bejonderd auffallend, wenn fich die Mäufe in nur vereinzelt zwiſchen
Nadelholz veritreut Tiegenden Laubholzbeſtänden zufammenziehen.
Den Borzug gibt die Feldmaus Hornbaum, Buche, Eiche, Hafel und Sal-
weide; fie nimmt aber auch alle anderen Laubhölzer an, jowie Fichte, gemeine
Kiefer, Schwarztiefer und Lärche. Nach Erfahrungen in Württemberg und Hefjen
wird auch Lawſons Echeinzypreife gern angegangen. In der Oberförfterei Abtshagen
(Regierungsbezirk Stralfund) wurden auch Weißdorn und Efeu, jogar mit Vorliebe
von ihr beihädigt.?) Zunge (2—5 jährige) Pflanzen werden teil® dicht am Boden
ganz durchnagt, teild nur am Schäftchen geichält, teils höher hinauf durchgebifien, ,
teil3 der Seitentriebe bis auf kurze Stummel beraubt. Ältere Pflanzen und felbft
Stangen bi3 zu 20 cm Stoditärke werden auf 20—25 cm Bodenhöhe ringsum
1) Beling: Forſtw. bl. 1880, 365. — 2) Balthafar: Ztichr. f. F. u. Iw. 1869, 230.
Wühlmäufe. 93
ihrer Rinde beraubt und hierdurch zum Abfterben gebracht. Selbſt Kiefern- und
Bichtenzapfen fchleppt die Feldmaus nad) ihren Veriteden, um fie zu zerfchroten und
die Samenkörner zu verzehren. Dan erkennt den Urheber an dem ziemlich geraden
Abſchnitt der einzelnen Schuppen dicht an der Spindel, an den Zahnipuren und an
einzelnen, ftehen gebliebenen kurzen Faſern.
d) Die Erdmaus (Arvicola agrestis).
In der Farbe der gemeinen Feldmaus ähnlich, nur oberſeits dunkler, mehr
ſchwärzlich-braun. Sie lebt meijt verftedt auf lichten Waldſtellen, an Waldrändern,
mit Geſtrüpp bewachlenen Gräben und im Gebüfch auf friſchem, ſtark graswüchſigem
Boden, befrißt in harten Wintern gleichfalls Rinde und Holz einer — wie Altum
fonftatiert Hat!) — großen Anzahl von Holzarten; felbft Nadelfraß kommt verein-
zelt vor.
Der Fraß an den Stämmchen findet ſowohl ober- ala unterirdiſch ftatt. Um
meiften werden Buche, Hornbaum und Eiche befallen; auch Ahorn und die Carya-
Arten werden ſtark benagt, Die Nadelhölzer hingegen weniger. Dabei klettert die Erd-
maus an den Stämmchen oft weit über 1 m empor. Ihre Zähne greifen ftärfer
als die der Feldmaus und zwar ziemlich horizontal in den Holzlörper ein; auch
jchneidet fie ſchwächere Stämmchen häufiger und fchärfer am Wurzelftode ab. Sie
wandert nicht aus den Feldern in die Waldungen, wie die Feldmaus, jondern ilt,
wo fie fih im Walde in Menge vorfindet, auch dafelbit entftanden. Im allgemeinen
tritt fie aber nur in ganz beitimmten Ortlichleiten in größerer Zahl auf, fo daß ihr
Geſamtſchaden Hinter dem durch die Feldmaus verurfachten zurüdtritt.
ALS einziger Nuben der Wühlmäuje wäre etwa zu verzeichnen, dab fie auch
Engerlinge und Blattiweipenlarven vertilgen; man hat dies wenigftens bei der Felb-
maus beobachtet. Diele frißt in 20 Stunden etwa acht Engerlinge, d. h. ungefähr
fo viel als ihr Lebendgewicht (16 g) ausmacht.
2. Schugmaßregeln.
a) Vorbeuguugömaßregeln.
1. Siolierung der an Felder ftoßenden Waldungen durch Gräben, um der
Einwanderung der Feldmäufe vorzubeugen. Da man diefe Iſoliergräben zugleich
zum Yang der Mäuſe benugt, fommen wir bei den Bertilgung3maßregeln nochmals
auf fie zurüd.
2. Unterlaffung der Anlage von Forftgärten in der Nähe der Felder. Wo fich
Dies nicht vermeiden läßt, ift der Kamp wenigſtens mit einem hinreichend tiefen, ſenk⸗
rechten Sioliergraben zu umgeben.
3. Bevorzugung der Pflanzung. Wenigitens find in Mäufejahren Niefen-
freifaaten von Buchen, Eiheln uud Walnüffen im Herbite zu unterlafen. Muß
man diefe Holzarten fäen, jo empfiehlt es fich, felbit bei Frühjahrsfaat, die Samen
etwas tiefer einzubringen, al3 es in mäufefreien Zeiten gefchehen würde. Die ſog. Lei-
terfaaten, d.h. Streifenfaaten mit Querrillen, follen weniger durch Mäufefraß leiden
als Längsrillenfaaten.
4. Für Kampfaaten empfiehlt fi unter Umständen Beſchleunigung des
Keimprozeſſes durch Ausſaat angequellten bzw. angeleimten Samend. Weiter emp⸗
1) Ztſchr. f. F. u. Iw. 1891, 351. — Edftein: daj. 1892, 124.
94 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
fiehlt es fich, in gefährdeten Lagen desinfizierten Samen auszuſäen. Als Desinfektiond-
ſtoff kommt Karbolfäure in dünner 1—2 %,iger Löfung oder Bleimennige in Betracht.
Kurzfriftiged (/, ftündiges) Einquellen der Samen in der dünnen Karbollöfung ver:
zögert zwar die Keimung, jchadet den Samen aber jonjt nicht; 10 %,iges Karbolwaſſer,
40 Minuten lang angewendet, tötet hingegen 3. B. Fichtenjamen.”) — Petroleum ift als
Desinfeltionsmittel der Holzjamen zu verwerfen. — Die zunächſt ald Schuß gegen Bögel-
fraß vorgenommene Inkruftierung des Samens mit Mennige, einem aus Bleioryd beftehen:
den roten Pulver (vgl. Schug gegen Vögel ©. 115), hat ſich auch als Schugmittel gegen
Mäufefraß bewährt und zwar nicht nur bei den Heinförnigen Nadelholzſamen, fondern
auch bei Hornbaum, Linde, Eiche.
5. In Saatkämpen ijt weiterhin die Entfernung von Lanb und Reifig
von ben damit gededten Beeten während des Winters zu beachten, da derartige Ded:
mittel die Mäuſe anziehen und ihnen die Zerſtörung der darunter befindlichen
Samen oder Pflanzen erleichtern. Yür Eichenfaatbeete wird Dedung mit einer bis
5 cm: hohen Schicht Gerberlohe?) als wertvoll empfohlen. Underenort® hat man
mit dem Einlegen Hein gehadten Wacholderreijigs in die Saatrillen auf Eichen-
beeten. gute Erfahrungen gemacht.
6. Schuß der gefährdeten Heiſter durch Anftrich mit abfchredenden Stof-
fen und Deifchungen, durh Umwideln mit Aſphaltpapier oder dur Ein-
graben von Drabtnegen um die einzelne Pflanze bzw. um die ganze Ynlage.
Die zulegt genannte Maßregel ift zwar zuverläffig, aber teuer und fommt nur für
bejondere Fälle, namentlich als Schuß gegen die Mollmaus bei wertvollen Holzarten in
Frage. Das Drahtnetz ift in Form eines Kegels um die Wurzeln herumgulegen und wird
durch eine entiprechend große, ebenfall3 aus Drabtgitter beftehende Scheibe unten gejchlofien,
jowie oben jo um den Stamm herum zufammengezogen, daß das Eindringen der Mäuſe
auch Hier unmöglich ift.
Ebenſo umftändlich, aber billiger ift der Schuß des unteren Schaftteiled dur) Um-
wideln mit einem band- oder jtreifenförmig zugeichnittenen Schugftoff (Aſphaltpapier).
Näher Tiegend ift irgendein Anſtrich der Schaftbafis mit eıner der auch beim Kampf
gegen andere Nindennager angewendeten übelriechenden oder klebrigen bzw. jchlecht ſchmecken⸗
den Mittel. Auch hier find die merfwürdigften Miſchungen, z. B. 42 °/, Bleimennige, 35 %,
Holzteer, 23%, Firniß und Betroleum oder Wagenfett, Petroleum, Alaun und Talg und
ähnliche Zufammenftellungen empfohlen worden. Andere jchwärmen für Teer oder Raupen:
leimanftrich, welchen Stoffen aber von manchen Seiten der nicht unberechtigte Vorwurf
gemacht wird, daß die mit ihnen behandelten Heifter dann auch ohne Mäujefraß zugrunde
gehen. Es handelt ſich in fjolchen Fällen allerdings um fehlerhaftes, d. h. zu dickes Auf-
tragen des Schugmittel3; immerhin muß man in der Braris bei aller Aufmerkſamkeit und
Vorſicht der Ausführenden mit derartigen Vorkommniſſen rechnen. In dem medlenburgi-
ihen Revier Zidhufen?) ftellte fi) das Anſtreichen 6—12 jähriger Buchen mit Ermiſchs
Raupenleim nebenbei auf 25 Mf. auf 1 ha. Gegen die Rötelmaus hat Anſtrich mit Kalt:
mild) in Hejlen gute Dienfte geleiftet. Andermwärt3 ift die Rötelmaus vom Hinaufflettern
an Lärchen durch Beitreihen des unteren Stammteiles mit Raupenleim wirkſam abgehalten
worden.
7. Ausgraſen oder Behüten gragreiher Schläge im Sommer und Herbit
mit Rindvieh und Schafen. Entfernung von niederem Bufchwerf, unter defien Schuß
die Mäufe mit Vorliebe an den Holzpflanzen nagen.
Das Gras gewährt einesteils den Mäuſen beliebte Verjtede, anderenteild erhält es
die Rinde der im Graie befindlichen Holzpflanzen weich und friih. Das Weidevieh beun-
ruhigt und zertritt viele Mäufe. Auch ftärferer Wildverfehr auf Kulturen verleidet den
Mäujen den Aufenthalt. Bei Gelegenheit dient weiterhin der Eintrieb von Schweinen in
1) Cieslar: Bbl. f. d. gel. Fw. 1885, 510. — 2) Allg. F. u. J.Ztg. 1882, 106. —
8) Regenſtein: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1900, 703.
ne ⸗ ⸗—
Wühlmäufe. 95
die noch nicht verjüngten Schläge der Vertreibung der Mäufe. Die Schweine wühlen den
Boden um, beunruhigen die Mäufe, zerflören deren Brut, treten die Löcher und Gänge
zu, zertreten und verzehren auch viele Individuen. Diefe Maßregel ift mithin zugleich
Bertilgungsmittel.
8. Dunlelhalten der Buchenjamenichläge und langſame Lichtung, um den Gras⸗
und Unterkräuterwuchs zurüdzuhalten. Der Boden muß bereit3 durch den Nachwuchs
gededt fein, ehe die Nachlichtung erfolgt.
Das Entftehen eines ftärkeren Graswuchſes ift möglichft zu verhindern. Solange
überall eine Zaubdede vorhanden ift, werden die Verjüngungsichläge nur flüchtig von den
Mäufen beſucht. Letztere werden aber fofort jeßhait, jobald Graswuchs ericheint.
9. Auslegen von Reifig (Weichhölzer, Hornbaum) in die Schonungen dır
Buche, un dem Fraß an diefer Holzart vorzubeugen.
Größere Haufen Vorwurfreiſig müſſen öfter umgeſetzt werden, weil hauptſächlich
nur die unterften Neifer angenommen werden. Sobald das Reiſig troden geworden ift,
muß ed durch neues erfeßt werden, da die Mäufe trodene Reiſer nicht mehr annehmen.
Das Mittel würde dann mehr jchaden als nügen, indem die Neifer den Mäujen einen
willkommenen Zufluchtsort bieten. Dieje Maßregel empfiehlt ſich namentlid gegen die
Teldmaus. Die betreffenden Koften betrugen im Winter 1861/62 in der Überförjterei Abts⸗
hagen 3,90—5,90 Mt. auf 1 ha.)
10. Schonung der Mäufefeinde. Als maßgebender Gefichtöpunft iſt ſelbſt⸗
verftändlich auch hier feitzuhalten, nur die Mäufevertilger zu jchonen, die nicht nach
anderer Richtung bin mehr fchaden. Als Mäufefeinde find bekannt: Schwarziild,
Fuchs, Marder, Iltis, Hermelin, Wiefel, Igel, Spitzmaus, Dachs, Maulwurf; unter
den Vögeln: die Buffarde, beionders der Mäufebuffard, der Zurmfalfe, fämtliche Eulen
und die Krähen Auch dem Storh und den Weihen (Feld: und Gabelweihen) ift Hin
und wieder, allerdingd nur mehr ausnahmsweiſe, eine verdienftuolle Tätigkeit bei der
Verminderung großer Mäufemengen nachgewiejen worden.
Beiondere Bedeutung fommt vom Standpunkt der Mäujebelämpfung unter den ge-
nannten Tieren dem Yuchs, den Bufjarden, Eulen und Krähen zu.
Am Magen von Füchſen hat man ſchon 20--50 Mäufe vorgefunden, zwei biß drei
Dugend als täglihe Nahrung für einen ausgewachſenen Fuchs find nicht zu hoch gegriffen
Wo e3 viele Füchſe gibt, find Mäufeplagen ziemlich unbelannte Vorkommniſſe.
Über den Wert der genannten Vögel ald Mäufevertilger find wir durch die neuzeit-
lihen Magen: und Gewöllunterjuhungen näher aufgellärt worden.) Nah Rörig?) hatten
ſich von 1287 unterfuchten Mäujebujjarden 820 (66 °%/,) am Mäufefang beteiligt und
zwar derart, daß im Winter (September — April) 2,4, im Sommer (Mai—Auguft) 2 Mäufe
auf je einen Buffard famen. — Unter 886 Rauhfußbuſſarden fanden ſich 855 Mäuje-
vertilger, die 1348 Mäufe verzehrt Hatten. — Bon 516 Turmfalken erwieſen fich 456
als Mäufejäger mit einer Gefamtftrede von 642 Mäujen. — Die Bedeutung der typifchen
Mäufevernichter, der Eulen, erhellt aus den zahlreich vorliegenden Gewöllunterſuchungen.
In 1198 Waldlauzgemwöllen ?) fanden fich die Refte von 1716 Mäuſen aller Art. 1230 Ge⸗
wölle vom Steinkauz ergaben 1146 Mäuſereſte, 13232 Schleiereulengewölle enthielten
290560, 6257 Waldohreulengemölle 10160 Mäufereite.
Daß auch die in jagdlicher oder anderer Hinficht nicht abfolut einwandfreien Krähen
bei der Belämpfung von Mäufeplagen nicht ganz wertlos find, beweilen die Unterjuchungen
von Hollrung*, Schleh°, und Rörig u. a. Nach Schleh hatten von 211 Rabenfrähen
1) Bgl. Balthafar: a. a. D., 236. — 2) Vgl. die Unterjuchungen von G. Rörig
in den „Wrbeiten a. d. Kaiſ. biologiichen Anftalt |. 2. u. Fw. Bd. I, IV, V, VII. —
3) Derf.: Die wirtfhaftliche Bedeutung der Vogelwelt als Grundlage des Vogelſchutzes.
Berlin 1910. — 4) Hollrung, Jahresbericht über die Tätigkeit der Verſuchsſtation für
Nematodenvertilgung und Pflanzenſchutz, 1895—1898. — 5) Schleh, Nutzen und Schaden
der Krähen Berlin 1904 (Arb. d. D.% ©., Heft 91).
96 Erftes Buch. Schuß gegen Tierr.
34 — 16%, Maäuſe aufgenommen. Unter 109 Nebellrähen fand Schleh 36 — 33°, unter
154 Saatkrähen 7 = 5°), Wäufeliebhaber. Rörig gibt an, dab ſich unter 5259 von der
Biologiſchen Anftalt unterfuchten Raben: und Rebelträhen 10,6 °, an ber Aufnahme von
Mäujen beteilgien.
Da den Bufjarden, Eulen und dem Turmfallen eine weſentliche Beeinträchtigung ber
jagdlichen Interefien nicht nachgewieſen werden faun, ift die Verfolgung, der fie Hier und
da noch ausgejegt find, durchaus umgerecdhtfertigt. Bei Anwendung vou Pfahleifen emp⸗
fiehlt es fi, die Bügel mit Gummi oder Werg zu ummideln, um dem Zerſchmettern der
Fänge der aufblodenden Bögel zu verhindern. Den nüplichen Vogelarten kann dann die
Freiheit wiedergegeben werden (vgl. Rörig: Fw. Bbl. 1902, 598). -
b) Bertilguugsmaßregeln.
Die Bertilgungsmittel gegen die Mäufe lafien fi) in zwei Gruppen bringen,
ſolche ohne und folde mit Vergiftung.
Als Hanptgefihtspuntte müſſen aber in beiden Fällen gelten:
1. Altjährlidde Anwendung derjenigen Maßregeln, die den örtlichen Ver⸗
hältnifien (Lage und Beichaffenheit des Waldes, zu vertilgende Mäufeart ufw.) am
meiften zufjagen, und
2. Vertilgung im Frühjahr (Februar und März), bamit der mafjenhaften
Vermehrung möglichft wirkſam vorgebeugt werde.
Die Tätigkeit bloß der Privaten reicht Hier nicht aus, noch viel weniger eine
etwa nur auf den Wald bejchräntte Bertilgung, denn diefe ift hier mit größeren
Schwierigfeiten verfnüpft ala im Felde. Der Staat muß vielmehr hier organifie=
rend eingreifen und den Gemeinden die Pflicht zur energiichen Bertilgung der Mäufe
im Feld (und Wald) auferlegen, weil nur ein gemeinfames Vorgehen nachhaltige
Erfolge verbürgen kann.
A. Bertilgung ohne Vergiftung.
1. Anlage von Sanggräben mit befonderen Fangvorrichtungen am Boden.
Die Gräben müfjen dauernd reingebalten, täglich revidiert und die hineingefallenen
Mäufe getötet werden.
Die Fanggräben erhalten etwa 20—25 cm Breite und 30—40 cm Tiefe; die Wände
müſſen ſenkrecht und möglidhft glatt gemacht werden. Der Untergrund foll feit fein oder
feitgeftampft werden. Auf der Sohle find in Abftänden von 3—5 m Bohrlöcher (Fang⸗
Löcher) von etwa A—5 cm Weite und 30 cm Tiefe mit einem meterlangen Bohrholz (aus
Hormbaum) anzubringen oder glafierte Tontöpfe oder Drainröhren bis zum Rande der
Sohle einzugraben. Einige auf den Grund gebrachte Getreidelürner ziehen die Mäufe um
fo fiherer an. Wurzeln, Reifer oder Laubmaſſen, welche in diefe Gräben fallen, find fleißig
zu entfernen, ebenjo überhängende Gräſer, weil hierdurch den Mäuſen das Entlommen er-
möglit werden würde. Das Töten der Mäuſe geichieht durch Zerdrüden, Zerſtampfen
oder Anſpießen mittelft eines ftarfen, hafenförmigen Eifendrahts.
Solche Gräben empfehlen ſich namentli an den Grenzen zwifchen Feld und Wald
{gegen die Feldmaus), ſowie um Forftgärten und Samenmagazine im Freien. Nah Mit-
leilungen aus Medienburg wurden in jolhen Gräben im Herbfte 1872 bis Ende Öftober
zwilchen einem stleeichlage und einem Caatfelde 10800 Mäufe gefangen.
2. Aufftellen von Gallen (befonders gegen die Wühlratte und Rötelmaus).
Se nach Mäufearten und örtlichen Berhältniffen werden Bangen:, Röhren», Teller-,
Bügel: oder Studentenfallen angewendet.
Eduard Heyer!) empfiehlt gegen die Wühlratte das Einlegen von Klammer oder
1) Allg. 5. u. J.⸗Ztg. 1865, 126.
Wügfmäufe. 97
Bangenfallen (Mbb. 48) in Nöhren. Diefe Fallen Haben ühnlichkeit mit federuden
Zuderzangen. Der Teller a muß fo geftellt werden, daß die in Die Zange rennenbe und
den Teller mit dem Kopf umbrüdende Wühlratte durch bie freisförmigen Zangarme d in
den Weichen gepadt wird. Zmei mit bem Müden gegeneinander in denfelben Gang ge:
feitte Fallen fügren um fo ſicherer zum Biele.
Aud) Maulmurfsfalten find zum Fange der Wühlratte geeignet.
N66. 48. Bangenfalle (verffeinert), oben abb. 44. Hoßenfeimer Wöhrenfalle,
nit geftellt, unten fängifch geftelt. oben nicht gefet, unten fängiich gehelt-
Bum ange ber Hleineren Arten find die ſog. Hohenheimer Röhrenfallen
(Abb. 44) jehr wirkſam. Sie beftehen aus einer etwa 14 cm fangen, vorn 2,5 cm weiten
Holgröhre, oben mit einer Feder (aus ſtarkem Kupferdraßt), die einen ſchwachen Draht ⸗
ring trägt. Die Spannung der Feder vermittelt ein durch zwei Einſchnitte verlauſender,
unten zuſammengebundener Faden. Der Lodföber wird durch eine 1 cm weite kreisförmige
Öffnung am anderen Ende in das innere gebracht. Um zu diefem zu gelangen, muß die
Maus ben Faden durchbeißen, worauf bie Geber emporgeſchnellt und die Maus durch den
Drahtring ſtranguliert wird. 100 Stüd ſolcher Fallen foften 5 Mt.
Nah ben auf Herrenwörth und anderwärts gejammelten Erfahrungen hat fich die
von Erh. Hürner') erfundene Feld- und Waldmäufefalle (Lodmansfalle) als
brauchbares Fangwerkzeug erwiejen. Namentlich ift fie mit Erfolg gegen die große Wühl-
maus angewendet worben.
Wie die Abbildung (Abb.45)
zeigt, befteht die ganz aus Sol,
gefertigte, automatiſch fangende ©
alle aus einem 30 cm hohen,
40 em langen und 15 cm brei⸗
ten Fangbehälter, der fo in den
Boden eingegraben wird, daß die
an ben Schmalfeiten befindlichen
Eingänge bobeneben liegen. Die:
fer Sangfaften ift oben durch
"zwei Wippen abgeſchloſſen, die
entiprechend belaftet find und in r »
Gleichgewichtölage gehalten wer: 966.46. Bürnerfce Lodmausfalle, 4, b ohne Dedel
den, ‚jolange kein Tier fie be—
tritt; geſchieht diefes, fteht eine Maus ganz auf der Wippe, fo jchlägt diefe um. Die
Maus rutiht nach vorne ab und fält in ben Fangkaften, deſſen glattgehobelte, unten durch
einen Blechrand geſchützten Wände ihr jedes Wiederentlommen unmöglich maden. Nach
dem Abrutſchen der Velaftung ftelen ſich die Wippen felbfttätig in die Abichlußftellung
1) Naturw. Ztichr. f. 2. u. Fw. 1908, 316.
deb, Gorftfug- I. 4. Aufl. 7
98 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
wieder ein. Auf den eigentlichen Fangbehälter wird ein leicht abnehmbares, 7 cm hohes
Schutzdach aufgejeht, das die Wippen gegen Witterungseinflüfle jchütt, zur Aufnahme des
an einem BDoppelhalen anzuftedenden Köder dient und die vollftändige Überdedung ber
Halle mit Streu oder Reiſig geftattet. Als Köder werden Möhren, Sellerie u. dergl. ver-
wendet. Die Entleerung der in Buchenſchlägen, in der Nähe der TFraßftellen, in Saatläm»
pen zwiichen den Beeten uſw. einzugrabenden Fallen erfolgt am beften aller acht Tage.
Tägliche Reviſion empfiehlt ſich nicht, weil dadurd die Witterung der Mäuje verdborben
wird. Die gefangenen Mäufe werden mit einer gemöhnlicdden Bandeijenklenme heraus
gehoben und unſchädlich gemacht, eine wird als Lodmaus bei jeder Entleerung im Kaften
gelafjen. Spitzmäuſe müſſen entfernt werden, da die Fallen jonft von anderen Mäuſen ges
mieden werden. Friiche Käſten find vor dem Einjegen burch Abreiben mit Erde zu ver:
wittern, nicht aber etwa durch Karbolinenumanftrich haltbarer zu machen. Der Karbolineum-
geruch würde die Mäuſe vertreiben. — Bezugsquelle: Gebr. Zürner, Marftleuthen im Yich-
telgebirge. Preis 4,50 ME. für ein Städ.
Eine andere auf dem gleichen Prinzip beruhende felbfttätige alle beichreibt Metzger
in feinen Dänijchen Reiſebildern.) Sie befteht aus einem beiberjeit3 offenen vieredigen
Holzkäftchen, in deifen Boden eine Falltür aus Blech angebracht if. Über diejer Falltür
hängt an der Dede des Käftchens der Köder: geröfteter Malz; oder Talg. Als Fangkaſten
wird ein Zinkrohr verwendet, das mit Hilfe eines Erdbohrers in die Erde jenkrecht eingelajjen
wird, derart daß ſich die Falltür des darüberftehenden Holzkäſtchens über der Rohr:
mündung befindet. Die Mäufe fallen in dieſes Rohr, fobald fie nad) dem Köder ſpringen
und zu diefem Zweck die Yalltür betreten. Nach den däniichen Erfahrungen ift das Fang⸗
ergebnis der in gefährdeten VBerjüngungen am beiten in 15 m Abſtand voneinander auf:
geftellten Fallen ausgezeichnet. Es genügt, wenn die Fallen 4—5 Tage an berjelben Stelle
ſtehen bleiben. Koften für 100 Fallen 71 Mk., Aufftellen, Revtifion, Umfegen während
zweier Monate 50,50 ME. Yangergebnis auf 16 ha Buchenverjüngung 2440 Mäufe, un-
gerechnet die in den Zinkrohren von den Mitgefangenen aufgefreffenen. 1889 wurden in
einem jütländijchen Revier von 880 ha Größe mit 580 Fallen in der Beit von Ende Sep»
tember bid Mitte November über 7000 Mäufe gefangen.
Teller: und Bügelfallen empfehlen ſich mehr in gefchloffenen Räumen, 3. B. Sa=
menmagazinen; jedoch fanı man ſie, bei einiger Maskierung durch Laub, Neifig ufw., auch
in Forftgärten aufftellen.
3. Das Ausräuchern der Mäufe duch Räuchermittel (Stangen, Patronen
oder Schnüre), die man in die Gänge legt und anzündet, oder durch Einführung
von Dämpfen mittelſt eines Dampfofend oder fonftigen Räucdjerapparates ift im
Walde wegen der im Gras, Laub uſw. verftedten Mäufelöcher und wegen der Feuer:
gefährlichkeit nicht anwendbar. Auch außerhalb des Waldes ift die Vertilgung ber
Mäufe mit Hilfe eines Wusräucherapparates im großen nicht durchführbar. Die
Apparate find und arbeiten meiſt zu teuer; fie find nicht handlich und bequem genug
und kommen, wie aud) die neueren Verjuche?) der württembergifchen und bayerijchen
Pflanzenſchutzanſtalten wiederum bemeifen, ala Univerjalmittel im Kampfe gegen die
Feldmäuſe nicht in Betracht. Gifte und Mäufebazillen leiften mehr und find billiger.
Die Räucherapparate beftehen aus einem trag: oder fahrbarem Behälter (Gas⸗
erzeuger) zur Aufnahme der gaderzeugenden Stoffe. Als Füllmaſſe werden Brennmaterialien _
(Holztohleftüdchen, Teer, Zunder, mit Retroleum getränfte Lappen u. dgl.) und Schwefel ver:
wendet. Der nach dem Anbrennen der Füllmaſſe ſich entwidelnde und haupſächlich durch
die ſchweflige Säure wirtende Rauch wird mit Hilfe eines mit dem Apparat verbunde-
nen Blajebalges in die Mäuferöhren eingepreßt, um die Mänſe zu erftiden. Die Nusmündungen
der Röhren müfjen natürlich vor dem Einprefien des Rauches möglichit zugetreten werden.
— — — — — —
1) Münd. forſtl. H. X, 1896, 90. — 2) Bgl. Hierzu W. Lang: Zur Bekämpfung
der Feldmäuſe. Prakt. Bl. f. Pflb. und Pflich. 1912, 85. — Korff u. Maier: Vergleichende
Verſuche üb. d. Wirkung verjchiedener Mittel u. Methoden zur Belämpfung der Yeldmaus-
plage. Daf. 1911, 137.
Wühlmäufe. 99
Bon den zurzeit im Handel befindlichen fehr verfchiedenen Syſtemen von Räucher:
apparaten feien die nachftehenden genannt: Apparat „Probat” von Gebr. Holder,
Metzingen; tragbar, 8,5 kg ſchwer; Preis 18 Mt. — Apparat „Mord“ von Richard
Krahmer, Chemnitz i. Ca.; tragbar, handlich, 2,2 kg ſchwer; Preis 12 Mi. — Apparat
von R. Stante in Frankenberg i. Sa.; tragbar, jehr handlich, 2 kg ſchwer, Preis 10 Mt.
— Eifar-Räucerapparat der Deutfhen Gas- und Induftrie-Gefellihaft, Augs⸗
burg; tragbar, 4 kg fchwer. Als Füllmaſſe wird die Eifar-Patrone, eine fertige Miſchung
von Brennftoffen und Schiwefel, verwendet. Preis 20 Mk., acht Batronen 5 Mf. — Appa=
rat „Oryd“ von Hand Wiedemann, Augsburg; tragbar, 7 kg fchwer, Preis 25 ME.
4. Abſchießen. Die Belämpfung durch Schußwaffe kann natürlich nur der
vereinzelt lebenden Mollmaus gegenüber in Betracht kommen, ift aber eine ziemlich
zuverläffige Methode und bei der Unfchädlichmachung einzelner in Forftgärten leben⸗
ber Exemplare anwendbar. Die Mollmaus ift gegen Zugluft und Licht fehr empfind-
li. Sie erjcheint deshalb nach dem Öffnen eines frijch angelegten Ganges bald, um
den Schaden auszubeffern, wobei fie leicht abgefchoffen werden kann.
5) Vertilgung dur) Bakterien. Durch die von Profeſſor F. Löffler in
Greifswald gemachte Entbedung eines unter der Mehrzahl der Wühlmäufe epidemifch
ſich ausbreitenden und eine zum Tode führenden Seuche hervorrufenden Bazillus,
des Mäufetyphusbazillus (Bacillus typhi murium), ift die Mänfebefämp-
fung um ein ganz erhebliches Stüd gefördert worden. Den ebenfo brauchbaren, unter
Umftänden ſogar wirkjameren Giften gegenüber bleibt der Bazillenvernichtung immer
der eine große Vorteil, daß das Belämpfungsmittel ein fpezifiiches Mäufebefämp:
fungsmittel und für andere Tiere oder Menfchen gefahrlos ift.
Die Mäufebazillen werben entweder auf Nähragar oder neuerdingd auch in
flüffigem Subftrat (Milch, Bouillon) kultiviert. Die Ugarkulturen werden in Reagens⸗
gläschen, die flüfigen Kulturen in Flaſchen geliefert. Zum Zwecke der Verwendung
werben die Agarkulturen mit Salzwafjer oder Magermilch verdünnt und mit einem
Träger — gewöhnlich altbadenes, in Heine Würfel von 1—2 cm Seitenlänge gefchnit-
tenes Weißbrot — zufammengebracht, um mit diefem Träger dann nach gehöriger
Durchtränkung und Mifchung in die Mäufelöcher oder Deren Nähe ausgelegt zu werben.
Die Agarkulturen des Mäufebazillus werden nach der von Löffler gegebenen Bor:
ichrift in dünner, Y, prozentiger Kochfalzlöfung fein verteilt. Man ftellt dieſe Loſung durch
Auflöfung von Salz (1 Teelöffel auf 1 1 Waffer) her, kocht fie ab und läßt fie abkühlen.
In dieſe Flüffigfeit lerrt man die Reagensgläſer jorgfältig aus, zerdrüdt die größeren Agar-
ſtücke und verteilt die Bazillen durch fleißigeS Umrühren. Hierauf werden die Brotwürfel
in die Flüſſigkeit gebracht und fo untergetaucht, daß fie fich gehörig vollfaugen. Zum Trän:
fen von 1000 Brotftüdchen braucht man ungefähr 11 Flüſſigkeit.
Dieſe mit Salzlöjung verbünnten Ugarlulturen haben aber nicht immer den erwünſch⸗
ten Erfolg gehabt, auch dann nicht, wenn virulente Bazillen zur Berwendung kamen und
die Brotſtückchen vorjchriftsmäßig ausgelegt wurden. Dieje vielfachen Mißerfolge hängen
anfcheinend mit der Abneigung der Mäuſe gegen die mit Salzlöfung durchtränften Brot:
würfel zufammen. Sobald andere Nahrung vorhanden ift, werden die falzigen Brotmürfel
nicht angenommen. ®ielleicht werden auch, wie Gordan!) vermutet, die Bakterien vom
Regenwaſſer aus den Salzbrotwürfeln leichter ausgewaſchen oder durch Bodenbafterien
leichter überwuchert oder durch Stoffwechjelprodufte der Bodenbalterien zerſtört. Jedenfalls
beſteht die zunächſt in Heſſen und unabhängig von den heſſiſchen Erfahrungen ziemlich gleich:
zeitig von Hiltner?) feitgeitellte Tatjadye, daß Verdünnung der Agarkultur mit Milch bzw.
Kultur der Mäufebazillen in Milch viel beſſere Rejultate liefert. Die Bermehrungsfähig-
feit der Bakterien ift in Milch bedeutend größer als in Salzlöfung, die Bakterien verteilen
fich gleihmäßiger und die mit Milchkulturen getränften Brotwürfel werden von den Mänſen
1) Prakt. BI. f. Pflb. u. Pflſch. 1904, 61. — 2) Taj. 1903, 97, 112.
7"
100 Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
ungleich lieber angenommmen al3 die jalzigen Brotwürjel. Es empfiehlt fi, die Balterien
gleih in Mil zu züchten. Tas Berdünuen der Agarkulturen mit Mil iR umftändlicher
und Hellt ih, wie Gordan (a a D. 65, nachweiſt, weientlich teurer als die Verwendung
von Milchkulturen.
Die Herftellung ſolcher gefchieht in folgender Weile: Magermildy wird 10 Minuten
lang gefodht und nad dem Erlalten in gereinigte Weinflaſchen gefüllt. Jeder Flaſche wer-
den etwa 5 ccm Wäufetgphusbazillen zugefett. Die Flaſchen werden hierauf vertorft, gut
durchgefchüttelt und find möglichft vor Ablauf der nächſten 48 Stunden zu verbrauchen. Bei
der Verwendung wird die Bazillenmildh mit ungefähr der gleihen Menge abgelocdhter und
wieder erlalteter Magermilch verdünnt und dann die Durchtränkung der Weißbrotwürfel
Dorgenommen.
Die von der bayrifchen Agrifulturbotanischen Anftalt in Münden in großem Maß:
ftabe durchgeführten Verſuche haben ergeben, daß die Mäufebazillen, die in Form flüifiger
Kulturen abgegeben werden, bejonders wirfiam jind. Durch die genannte Anftalt find des⸗
halb zur Belämpfung der im erfien Jahrzehnt dieſes Jahrhunderts in Bayern berrichenden
großen Mäufeplage außer den üblichen Agarkulturen in Röhrchen flüjfige, und zwar Bouil-
fontulturen in Flaſchen) ausgegeben worden. Jeder Flaſche wird eine entiprehende Menge
eined geeigneten Nährpuler3 mitgegeben. Rad) der Anweilung?; zur Verwendung bdiejer
flüffigen Kulturen werden ungeichälte Haferkörner damit durchträntt, nachdem bie Kulturen
mit reinem Quell- oder Leitungswaſſer verdünnt worden find. Yür jede Flafche find 4 kg
Hafer erforderlih; 1,5 kg Hafer genügt, um auf ſtark befallenen Feldern eine Fläche von
1 ha zu belegen.
Am Abend vor dem Auslegen der Körner wird der beigegebene Nährftoff in reinem
Bafler (1 1 für jede Düte) '/, Stunde lang aufgelocht. Die noch heiße Nährſtofflöſung
wird in einem fanberen Gefäß (Kochtopf, Waichlejjel uſw.) mit reinem Waſſer gemiicht, fo
daß auf jede Flache Bazillen 2', 1 Wafler fommen. Nach jofortigem Zuſetzen der Ba⸗
zillenjläffigfeit und Berteilen derjelben durch Umrühren bleibt die Miſchung bis zum näch⸗
Ken Morgen ftehen. Dann werden die Haferlörner möglichſt volllommen mit ber mittler-
weile noch bazillenreiher gewordenen Miſchung durchträntt. Für 1 kg Körner werden °/, 1
der Milhung gerechnet. 2—3 Stunden nad) dem NAnfeuchten mit der Mifchung find die
Haferlörner auszulegen.
Das Auslegen der mit der Bazillenflüffigteit durdhträntten Brotwürfel oder
Haferlörner hat möglichit bei trodenem, aber nicht zu heißem Wetter zu geſchehen
und ift im Frühjahr infolge der geringeren Wiberftandsfähigfeit der Mäuſe und in⸗
folge der um diefe Zeit noch herrichenden Futterknappheit am wirffamften. Auf dem
Felde wird e3 in der Weile vorgenommen, daß in die tags zuvor zugetretenen und
von den Mäufen wieder friſch geöffneten, alſo bewohnten Löcher je ein Brotwürfel
bzw. 4—5 SHaferlörner möglichit tief eingefchoben werden. Der Bebarf an Brot:
würfeln oder Hafer richtet ſich felbftveritändlich nach der Stärke des Befalles. Bei
Verwendung von Agarkulturen find für 1 ha 3—4 Neagensgläschen zu rechnen.
Koften einer Agarkultur 30—50 Big. Flüffige Kulturen ftellen ſich billiger. Nach
Hiltner reicht eine Flaſche der von der Agrikulturbotaniſchen Anftalt zum Preiſe
von 1 ME. jamt Nährſtoff abgegebenen flüffigen Kultur für 2,5—3 ha. Gordan
berechnet als Kojten für 1 ha belegter Fläche bei Agarkulturen 2,80 Mk., bei flüf-
figen Milchkulturen 1,12 ME.
Die Wirkung der Mäuſetyphusbazillen tritt nicht fofort nach der Aufnahme der
infizierten Brotwürfel oder Haferkörner ein, fondern ift erft nach 8—14 Tagen zu
erfennen.
Es ift ohne weiteres verftändlich, daß die teilmweife fehr günftigen Erfolge,
bie bei der Belämpfung der Mäufeplagen mit dem Löfflerfchen Bazillus auf Iand-
1) Kraft. BI. |. Pflb. u. Pflich. 1907, 50. — 2) Daf. 1908. 33,
\ n*® ®. a .‘ ....... ..
. ERDE .. " ” ——————
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
WILPALLADIN |
PROFRSSOR DER BOTANIK AN DER UNIVERSITÄT PETERSBURG
PFLANZENANATOMIE
NACH DER FÜNFTEN RUSSISCHEN AUFLAGE
ÜBERSETZT UND BEARBEITET
VON
DR. S. TSCHULOK
PRIVATDOZENT AN DER UNIVERSITÄT ZÜRICH
Mit 174 Abbildungen Geh. # 4.40|
[IV u.195 8.] gr.8. 1914 &in Leinwand] geb. #4 5.—
Vorliegendes Lehrbuch stellt sich die Aufgabe, Studierenden der
Medizin und Naturwissenschaften, Landwirten, Förstern, Pharma-
zeuten usw. eine leicht faßliche Einführung in}die Pflanzenanatomie zu
bieten. Es hat sich in seiner Heimat gut bewährt, und da der Verfasser
desselben durch seine physiologischen Arbeiten auch in Deutschland
bekannt geworden, ist, so schien es angebracht, das durch große Klar-
heit ausgezeichnete Lehrbuch auch in deutscher Sprache herauszugeben.
Zumal nachdem die Pflanzenphysiologie desselben Autors auch in der
deutschen Übersetzung viel Anerkennung gefunden hat.
Vorliegendes Buch ist aber nicht in allen Teilen eine wortgetreue
Übersetzung. Der Herausgeber sah sich veranlaßt, manches zu streichen,
manches einzufügen und manches in abweichender Reihenfolge zu
bringen. Es waren natürlich nur didaktische Gründe für die Änderungen
maßgebend, und der Herr Verfasser hatte die Freundlichkeit, zu den
geplanten Änderungen seine Zustimmung zu erteilen. So wurde im
6. bis 8. Kapitel des ersten Teiles der Stoff etwas anders als im Original
gruppiert und die Kapitelüberschriften entsprechend verändert. Dann
im 9. Kapitel die Hinweise auf die Zellbildungslehre C. F. Wolffs und
Schleidens und die Betrachtung über die Beziehung zwischen Reduk-
tionsteilung und Generationswechsel eingefügt. Ferner wurde die Ein-
3}
HTTP 3 San EEE. ur netten
\ — u — — ——, Me — — —* m
.
2 Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
teilung der Gewebe im 1. Kapitel des zweiten Teiles und die Unterab-
teilungen im 2. Kapitel des zweiten Teiles strenger gefaßt undf.klarer ge-
sondert. Mehrere Abbildungen wurden durch instruktivere ersetzt, deren
Quellen immer angegeben sind. Namentlich aber wurde versucht, in der
ganz neu bearbeiteten Einleitung die Grundbegriffe der „Zelle“ „Energide“,
des „zellulären und nichtzellulären Baues“ an Hand konkreter Beispiele so
klar als möglich darzustellen. Dieser Lehrgang hat sich in der Unterrichts-
praxis des Unterzeichneten gut bewährt, und er benutzt die Gelegenheit,
ihn weiteren Kreisen vorzulegen. Selbstverständlich übernimmt er allein
die Verantwortung für diese Art der Darstellung. Möge das Buch viele
Freunde unter den Studierenden und Lehrern finden! S. Tschulok.
INHALTSÜBERSICHT
Erster Teil Anatomie der Zelle. Seite
I. Kapitel. Einleitung..........c2cnuoesoenesennonnnn ernennen nenn 1
Aus der Geschichte der Pflanzenanatomie. Entwicklung des Begriffe
„Zelle"*. Die Bestandteile einer typischen Pflanzenzelle. Abweichende
Fälle. Beispiele aus der Organisation einfachster Pflanzen. Begriff der
Energide, des „zellulären‘“ und „nichtzellulären‘“ Baues der Pflanzen.
Plasmodesmen. Vorteile des zellulären Baues. Die Durchschnittsgröße
der Zellen bei Gewebspflanzen. Gestalt der Zellen.
DO. Kapitel. Die Eigenschaften des Protoplasmas .................. ... 21
Die Ausfüllung des Zellumens. Hautschicht. Vakuolen. Bewegungen
des Zytoplasmas. Plasmolyse. Reaktionen des Protoplasmas. Seine
chemische Zusammensetzung. Der innere Bau des Protoplasmas.
IN. Kapitel. Der ZelIkern. .......... .......... ... sonen sonen onen nen. 39
Gestalt und Größe. Einschlüsse. Bestandteile, Chemische Natur. Färb-
barkeit. Rolle des Zellkerns im Leben der Zelle. . . |
IV. Kapitel. Die Plastiden oder Chromatophoren........... .. ...... en. 85
Chloroplasten. Gestalt. Zusammensetzung. Entstehung. Lage in der
Zelle. Leukoplasten.
V. Kapitel. Die Zellhaut............scercekosesnenssenesneneneenenenuns 40
Primäre und sekundäre Membran. "Schichtung. Streifung. Tüpfel.
Chemische Natur der Zellhaut. Verholzung. Verkorkung. Verschlei-
mung. Apposition und Intussuszeption.
VI. Kapitel. Die geformten Einschlüsse.......»orueosusenernonsenene 47
Aleuron- oder Proteinkörner. Eiweißkristalloide. Stärkekörner, ihre
Eigenschaften, Entstehung, Funktion. Kristalle.
VI. Kapitel. Der Zellsaft .................. ... . .... .... ........... ......
Asparagin. Inulin. Glukose.
VII. Kapitel. Die Farben der Pflanzenorgane ........... ... .. ...... . 2
Körperfarben: feste und flüssige Farbstoffe. Farbstoffe in geformten
Bestandteilen der Zelle. Farbstoffe im Zellsaft. Optische Farben.
Palladin-Tsehulok, Pflanzenanatomie 3
J Seite
IX. Kapitel. Die Vermehrung der Zellen. .-............................. 65
L. Kapitel.
U. Kapitel.
Aus der Geschichte der Erkenntnis von der Entstehung der Zellen.
Direkte und indirekte Kernteilung. Typische Aequationsteilung. Ab-
weichende Fälle. Reduktionsteilung. Zusammenhang wit dem Gene-
rationswechsel im Pflanzenreiche.
Anhang: Künstliche Erzeugung von amöboiden Bewegungen, karyo-
kinetischen Figuren und plasmaähnlichen Schäumen.............. 16
Zweiter Teil. Anatomie der Gewebe.
Über die Gewebe im allgemeinen....................... 783
Differenzierung. Bildungsgewebe und Dauergewebe. Physiologische
Einteilung der Gewebe. Grundgewebe, Stranggewebe, Hautgewebe.
Parenchym und Prosenchym.
Das Hautsystem ........................... ............... 85
1. Die Haut als Schutzgewebe der oberirdischen Pflanzenteile..... 86
2. Die Spaltöffnungen der Blätter und Stengel. Die Wasserspaltöen. 93
8. Die Haut als Absorptionsgewebe junger Wurzeln und analoger
Gebilde ................... ............ ................... 100
4. Die Haut als Sitz der Sinnesorgane............... eu ..... 105
5.Der Kork....................... ers on een .. .. ............. 106
IL Kapitel. Das mechanische System.......................... ....... 111
Kollenchym. Sklerenchym. Bast und Libriform. Die physikalischen
Eigenschaften der mechanischen Elemente. Die zweckmäßige An-
ordnung der mechanischen Elemente.
IV.Kapitel. Das Leitungssyatoem ...................................... 120
V. Kapitel.
I. Kapitel.
DL. Kapitel.
II. Kapitel.
IV. Kapitel.
V. Kapitel.
VI. Kapitel.
Wasserleitende Elemente: Gefäße und Holzzellen. Tüpfel. Eiweiß-
leitende Siebröhren. Milchsaftgefäße. Die Haupttypen der Leitbündel
(kollaterale, bikollaterale, konzentrische, radiäre). Entwicklungs-
geschichte.
Harzgänge, Drüsen und luftfüährende Räume.... ....... 141
Dritter Teil. Anatomie der Organe.
Der Stengel der Dikotylen und Gymnospermen......... 146
Primäre Elemente. Sekundäre Elemente. Das sekundäre Holz. Die
sekundäre Rinde. Kork und Borke.
Anomal gebaute Stengel der Dikotylen und Gymno-
SPOTMEN........oeeerneer nenne ne errors ner seen entre n nn 159
Der Stengel der Monokotylen...... .. ..... .............. 162
Der Stengel der Pteridophyten und Bryophyten........ 164
Die Wourzel........................ .................. ..... 166
Entwicklung. Wurzelhaube. Verzweigung. Primäre und sekundäre
Elemente.
Das Blatt ......... ..... ........... .... .. ... ..... ......-.. 174
I. Kapitel. Einfluß der äußeren Bedingungen auf den anatomischen
Bau der Pflanzen......................................... 179
4 Aus der Einleitung
Plasmaverbindungen zwischen benachbarten Z
£
Gewebs;
dem gr
der Corr
alle Moc
togamen
gamen a
dieEner,
Körpe
setzen,
voneinal
Vielmeh
reichen
stellt w«
Ab.15 A. Einige Zellenaun A trennen
dem Endosporm der malayi- von äl
schen Palme Area oleracra. ä
Die Zellwände a sind stark Kanälch
verdickt, aber von Tüpfeln sind, in <
durchzogen, durch deren Proto:
Schließhänte bei d zarte Zyto- |
plasmastränge von einer Zelle "® nachwei
sur andern hindurchgehen. i P:
Der Zeilinhalt hat sich infolge x se_Pro
der Behandlung mit Chlor- R
sinkjod etwas susammenge- % (Plasın
zogen. Nach Tang), aus Frank. ° nannt) :
Abb. 16 B. Eine Zelle aus der N i
Rinde von Mistel Visum 6) mittelba
album nach Verguellung der 3 zwischeı
Wände und entsprechender n
Härtung und Färbung des 9 uenEne:
Protoplasmas. ern, ch = 5. in verdi«
Chloroplasten, m = Zellhaut. 5
Die Schließhäute der Tüpfel m denunve
(@) uind von Plasmodesmen g
durchzogen. Nach Strasburger bene £
(Kultur der Gegenwart). Ver- vorhand
Größerung 100. durchqu
modesmen die Schließhäute dieser Tüpfel. Sind aber in d
Zellwänden keine solchen Porenkanäle oder Tüpfel da, so get
Kanälchen mit den Plasmodesmen durch die ganze Dicke c
Zellwand hindurch (Abb. 15). Zum Nachweis dieser Ver
muß eine Färbung angewandt werden, die wohl das Protc
aber die Zellhaut trifft, dann treten die gefärbten Verbindung
farblosen Zellwänden deutlich hervor.
Es ist klar, daß die Protoplasten einer vielzelligen, polye
durch diese Plasmodesmen zu einer höheren physiologischen
Syınplasten, verbunden werden. Was ihre spezielle Funktioı
erblickt man in ihnen meist die Reizleitungsbahnen der Pflı
Aus dem Kapitel: Über die Gewebe im allgemeinen 5
Das Parenchym A
... Sehen wir den Quer-
schnitt durch ein Laubblatt
(Abb. 72) an, so merken wir,
daß man dassaftigechlorophyli-
haltige Gewebe hier als Grand- >
gewebe bezeichnen muß, dem
die@efäßbündel(Nerven, Adern)
eingelagert und die Haut von
außen angelagert ist. 5 r
Schon aus diesen Beispielen Abb. 13. Kin Quorschaltt durch ein Laubblatt von Hellsborus
dürfte zur Genüge hervorgehen, nor —E einen ee) mi
daß mit dem Worte „Grund-
gewebe“ keine physiologische Einheit bezeichnet ist. Im Blatte ist das
Grundgewebe — das Assimilationsgewebe, im Stengel ist es häufig Speicher-
gewebe, zum Teil auch Assimilationsgewebe, zum Teil — (im Markstrahl) —
auch Leitungsgewebe. Auch die Haut ist am Blatte physiologisch etwas
anderes als am Stengel und an der Wurzel. Am Blatte ist es Schutzgewebe,
an der Wurzel Absorptionsgewebe.
Dasselbe gilt von den sehr häufig gebrauchten Ausdrücken „Paren-
chym“ und „Prosenchym“. Unter Parenchym versteht man gewöhnlich ein
Gewebe, dessen Zellen annähernd isodiametrisch oder nur wenig nach einer
Richtung gestreckt sind. Ihr Differenzierungsgrad ‚ist nur ein mäßiger: die
Zellhaut ist in der Regel dünn, an den Ecken zeigen sich kleine Interzel-
lularräume (Abb. 727). Es sind lebende Zellen mit einem wandständigen
Protoplasmaschlauch und einem Zellkern. Iın Protoplasma können Chloro-
phylikörner eingebettet sein. Der größte Teil des Zellumens wird von Zell-
saftvakuolen eingenommen. Stärkekörner, Eiweißkristalloide, Kristalle von
oxalsaurem Kalk und andere Einschlüsse kommen sehr häufig vor.
Das Parenchymgewebe kann, ohne diesen seinen Charakter einzubüßen,
sich für eine bestimmte Funktion spezialisieren und dementsprechend seinen
Bau in mannigfacher Weise ändern. Sehr häufig verwandelt sich das Par-
enchym in sog. Wassergewebe, in dem sich Wasser für die Bedürfnisse
der Pflanze ablagert.
Das Wassergewebe ist bei Pflanzen trockner Standorte besonders stark
ausgebildet. Bei den Kaktussen besteht die Hauptmasse des Körpers aus
solchem wasserreichen Parenchym. Es ist ein gewöhnliches dünnwandiges
Parenchym mit sehr wasserreichem Zellsaft. Wie wir weiter unten sehen
werden, kann sich nicht bloß das innere Parenchym, sondern auch die Epi-
dermis in solches Wassergewebe verwandeln.
Zur Versorgung der Pflanze mit Wasser, sowie zum Festhalten desselben,
verwandelt sich das Parenchym manchmal in Schleimgewebe. ...
—— — — ——⏑ ———
6 Aus dem Kapitel: Das Hauteystem
Inhalt der Epidermiszellen. — Wassergewebe
... In den Epidermiszellen sind immer
Zytoplasma und Zellkern enthalten. Es sind
also lebende und teilungsfähige Zellen. In dem
Maße wie Stengel und Blätter wachsen, nimmt
auch die Anzahl der sie überziehenden Epider-
miszellen nach und nach zu. Chlorophyllkörner
fehlen in den Epidermiszellen der großen Mehr-
zahl von Landpflanzen. Wasserblätter dagegen
zeigen konstant in ihren Epidermiszellen Chlo-
rophylikörner mit eingeschlossenen Stärke-
körnchen. Von den Landpflanzen, die eine Aus-
nahme aus der obigen Regel bilden, seien hier
genannt: die Mehrzahl der Farne, ferner einige
Bewohner schattiger Standorte wie Impatiens
noli metangere, Melampyrum silvaticum, Galeop-
sis Teirahit, Ranunculus Ficaria, Epilobium
roseum u.a. m. In einigen Fällen finden sich
auch bei Pflanzen, die an sonnigen Stellen
wachsen, ebenfalls Chlorophylikörner in der
Epidermis, so z. B. bei Mercurialis annua und
Lamium purpureum.
In der großen Mehrzahl der Fälle besteht
die Epidermis aus einer einzigen Zellschicht.
Abb.10. Maigueschite yon Pzramta — sich aber die Kpidermirzellen durch
frichocarpa. 4 Querschnitt eines fri- Wände teilen, die der Oberfläche des Blattes
Shasım Torgeironncen Blatter nach rien. parallel liegen, dann entsteht eine mehrschich-
αα GBE Epidermis. In einigen Fällen entsteht die
bs int das Schwammparenchym, w das Mehrschichtige Epidermis nicht ausschließlich
ee Pnensonunntonies And aus dem Dermatogen, sondern es beteiligen
sich an seiner Bildung noch einige Schichten
des unter dem Dermatogen liegenden Urmeristem (also Periblemschichten).
Dies ist bei Seitamineen, vielen Commelinaceen, Palmen, Bromeliaceen,
Gräsern u. a. beobachtet worden. In der Mehrzahl der Fälle dienen die
Schichten der vielschichtigen Epidermis außer der obersten als Wasserbe-
hälter. In diesen Fällen bezeichnet man diese vielschichtige Epidermis wohl
auch als Wassergewebe. In Abb. 79 ist ein Querschnitt durch das Blatt
von Peperomia trichocarpa dargestellt. Fast die Hälfte der Blattdicke wird
vom Wassergewebe eingenommen, das an der oberen Seite des Blattes an-
gebracht ist. Die Zellen, die dieses Wassergewebe bilden (w), sind sehr dünn
wandig, haben einen wasserreichen Inhalt, aber keine Chlorophylikörneı
Bei Eintritt der Trockenzeit geben sie ihr Wasser an die chlorophylilreiche:
assimilierenden Zellen ab, in denen sich die wichtigsten Lebensvorgäng
vollziehen ...
Aus dem Kapitel: Das Hautsystem
Verteilung der Spaltöffnungen
... Die eben geschilderten
Spaltöffnungen finden sich
nur bei den Samenpflanzen
und Gefäßkryptogamen. Sie
finden sich dasowohl auf den
Blättern als auch auf den
krautigen Stengeln. Auf den
Blättern kommen sie ent-
weder auf beiden Seiten oder
nur auf der Unterseite vor.
Zarte krautige Blätter haben
in der Regel auf beiden Sei-
ten Spaltöffnungen. Derbere
lederige Blätter mit glänzen-
der Oberseite haben ihre
Spaltöffnungen fast aus-
schließlich auf der Unter-
seite. ZuweilensinddieSpalt-
öffnungen in besonderen Rin-
nen auf der Blattunterseite
angebracht, wie z. B. beim
Olsander (Abb.91). Blätter, At, Tl se ae Send Arm ren
die auf dem Wasser schwim- von denen die beiden inneren Stärke Mlhren. ku = Kutikula,
men, tragen ihre Spltöffnun. 1 Eike. Telndnarmdhm - Bänann!
gen fast ausschließlich auf migen Vertiefungen, dr - Kristalläräsen, Aa = Haare. Aus
der oberen Seite. Blätter, die Maller Praktikum.
gänzlich untergetaucht sind, besitzen gewöhnlich gar keine Spaltöffnungen.
Die Anzahl der Spaltöffnungen schwankt bei verschiedenen Pflanzen
in sehr weiten Grenzen. Für die Mehrzahl der Blätter liegt die Zahl der
Spaltöffnungen pro Quadratmillimeter zwischen 40 und 300. Die höchsten
Zahlen von Spaltöffnungen finden sich beim Blatte des Ölbaums, Olea euro-
paea — (auf ein Quadratmillimeter der Blattunterseite kommen da 625
Spaltöffoungen) und bei Kohl, — Brassica Rapa — 116 auf ein Quadrat-
millimeter der Blattunterseite. Nach Weiß verteilten sich die Zahlen unter
157 untersuchten Pflanzenarten in folgender Weise; es finden sich auf einem
Quadratmillimeter Spaltöffnungen
unter 40 bei 12 Arten zwischen 300 und 400 bei 12 Arten
zwischen 40 und 100 bei 42 ! 550 bei 1 Art
zwischen 100 und 200 bei 38 über 600 bei 3 Arten
zwischen 200 und 300 bei 39
|
|
8 Aus dem Kapitel: Der Stengel der Monokotylen
Der Palmentypus des Gefäßbündelverlaufs
.. Der Verlauf der Gefäßbündel im Stengel zeigt
meistens den sog. Palmentypus (Abb. 156). Ein Gefäß-
bündel, das aus dem Blatt in den Stengel eintritt,
nähert sich zuerst rasch dem Zentrum desselben, macht
dann eine starke bogenförmige Biegung, steigt nach
abwärts und nähert sich langsam wieder der Peripherie,
wo es sich an ein weiter unten liegendes Bündel an-
schließt und mit ihm
verschmilzt. Während
esvomBlattabgehtund
sich dem Zentrum zu-
wendet, muß das Ge-
fäßbündel unbedingt |
durch das Rindenpar-
enchym verlaufen. Da-
her kommen auf Quer-
schnitten auch in der
Rinde Gefäßbündel vor.
Infolge des Fehlens
von Kambium verliert
der Stengel der Mo-
v
z
3
Abb. 156. Schoma des Verlaufs
der Gefäßbündel nach dem
Palmentypus. d=die Blatt
einzelnen Ge-
fn&bündel, » = Vegetations-
kogel. Nach Falkenberg aus
Haberlandt, Physiolog, Püan-
nokotylen schon sehr
früh die Fähigkeit des
Dickenwachstums.
Eine gewisse Ver-
diekung wirdnurdurch
zenanatomio, 2. Aufl. 1896. die Ausdehnung der
bereits angelegten Elemente der Gefäßbündel
erreicht. Es gibt aber auch Ausnahmen von
dieser Regel. So gibt es in der Familie der
Liliaceen Holzpflanzen (Dracaena, Yucca),
deren Stamm zeitlebens ein Dickenwachs-
tum zeigt (Abb. 157). Dies wird dadurch
erreicht, daß ein Teil der Zellen des Rinden-
parenchyms, der dem äußersten Kreise der
Gefäßbündel anliegt, sich durch Tangential-
wände teilt und in einen geschlossenen Kam-
biumring verwandelt. An der Innenseite die-
ses Ringes werden dann neue Gefäßbündel
angelegt, die zwischen diesen Anlagen ver-
bleibenden Zellen liefern ein gewöhnliches
Parenchym....
einem Blatt kommenden Gefäßbündel,
wurde durch den Schnitt noch Inner-
halb der primären Rinde getroffen,
= Gefäßbündelscheiden, 6 = Tracheiden,
e= Kambiumring, ph = Phellogen, 1=
Kork, r= Bündel von Kristallen, Raphi-
rundgewebe der Rinde, nach
#, nach außen primären.
Strasburger. Kultur
der Gegenwart
[vers
Aus dem Kapitel: Die Wurzel 9
Übergang von der Wurzelstruktur zur Stengelstruktur
... Die Rinde der vieljährigen
Wurzeln, die einen zusammenhän-
genden Holzzylinder besitzen, ist in
ihrem Baue derjenigen der vieljäh-
rigen Stämme analog. Auch in ihr
werden periodisch neue Korkschich-
ten gebildet, die die Anhäufung einer
Borke hervorrufen. Im allgemeinen
ist aber, wie bereits gesagt, der Kork
eine relativ seltene Erscheinung bei
den Wurzeln. Wurzeln, die kein
sekundäres Dickenwachstum haben,
begnügen sich für ihren Schutz mit
der Exodermis und bilden nur in
seltenen Fällen Kork aus.
Das radiäre Gefäßbündel der
Wurzel steht in unmittelbarer Ver-
bindung mit den kollateralen Gefäß-
bündeln des Stengels. Der Übergang
von einem Bautypus zum anderen
findet im hypokotylen Gliede der ?
Pflauze?) statt. Der Anschluß voll-
zieht sich in folgender Weise: Jede
Xylempartie des radiären Bündels
spaltet sich in zwei Teile und voll-
zieht eine derartige Drehung, daß die
jungen Elemente, die früher nach
innen gekehrt wareu, sich nunmehr
nach außen kehren. Auch jede
Phlo&mpartie erleidet ebenfalls eine
derartige Spaltung. Weiter oben ver-
einigt sich je ein solches abgespal-
3
Abb. 164. Schematische Darstellung des Überganges
von der Stengelstruktur zur Wurselstruktur im hy-
pokotylerr Gliede der Lupine. In diesem Falle erlei-
den die zwei Siebteile ?, und }),, und ebenso die zwei
Gefäßteile db, und db, des diarchen Bündels (1) Spal-
tungen (2). Die Spaltungsproäukte der Siebteile
rücken nur auseinander, diejenigen der Gefäßteile
erleiden eine Drehung (9). Aus der paarweisen Ver-
einigung dieser Spaltungsstücke (4) ergeben sich
dann die 4 kollateralen Gefäßbündel des Stengels (5).
In (6) Schema des Übergangs in Längsschnitt. Aus
Bonnier et Leolero de Sablon, Cours de Botanique.
tenes Stück Xylem mit je einem Stück Phloöm in solcher Weise, daß sich.
aus dieser Vereinigung ein kollaterales Gefäßbündel ergibt, welches nun
in den Stengel eintritt (Abb. 164).
In anderen Fällen behält das Phlo&m
seine ursprüngliche Lage, und nur das Xylem spaltet und dreht sich (Kürbis).
In derselben Zone, in der sich diese Umlagerung der Elemente der Gefäß-
bündel vollzieht, findet auch die Umänderung in der Struktur der übrigen
Teile statt: es tritt eine Epidermis auf, ein Mark usw.....
1) Gerard, Annales des Sciences naturelles. VI. serie, t. X], 1882, p. 679.
= er m "
... DEE EEE A rn. .
10° Aus dem Kapitel: Einfluß der äußeren Bedingungen
Einfluß des Lichtes auf den Bau der Blätter und des Stengels
... Auch in der Anzahl der Spaltöffnungen zeigt sich eine Abhängig-
keit vom Lichte. Wie aus folgender Tabelle zu ersehen ist, bilden sich bei
grellem Licht viel mehr Spaltöffnungen als im Schatten aus. Man fand auf.
einem Quadratmillimeter Blattoberfläche bei:
Auf der Oberseite T Auf der Unterseite
Sonnenblatt | Sonnenblatt |Schattenbiatt
!sehr wenige |
|
|
|
sehr wenige
17
Die geschilderten Differenzen im anatomischen Bau kann man nicht
nur an Pflanzenstöcken derselben Art beobachten, die unter ungleicher Be-
lichtung kultiviert wurden, sondern such an den Blättern desselben Baumes,
wenn man das eine Blatt von der Südseite, das andere von der Nordseite
der Baumkrone entnimmt.
Auch im Stengel der Schattenpflanzen fällt uns eine Verminderung der
mechanischen und der leitenden Elemente, bei Vorherrschen dünnwandigen
Parenchyms, auf. Diese Erscheinung hat unter anderem auch eine praktische
Bedeutung. Das Lagern des Getreides wurde früher durch den Kiesel-
mangel des Bodens erklärt. In Wirk-
lichkeit ist es aber die Folge von zu
dichter Aussaat, welche eine gegen-
seitige Beschattung der Pflanzen be-
dingt. Es ergeben sich lang gestreokte 4
Stengel mit zu schwach entwickelten
mechanischen Elementen, die das Ge-
wicht des Halmes nicht zu tragen ver-
mögen und sich daher lagern...
nn
IN
=
173. Querschnitte durch Biät-
7 Buche (Fagus eilvakion).
A = aus halbschattiger Lage, R=
von sehr sonnigem, C’= von schr
schattigem Standorte, p = Pallıs-
denparenchym,
omchym, #= Int
Nach Stahl aus O. ig,
meine Biologie.
N
ya Ill
NOS
2
® ..
‚ “
® . ..
.
@
.. L ® . . “
Verlag von B. &. Teubner in Leipzig und Berlin
Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen. von Dr.
K. Goebel, Prof. an der Universität München. Mit 185 Abb. [VIII u. 260 8.] gr. 8. 1908.
In Leinwand geb. M. 8.—
Blumen und Insekten ihre "Anpassungen aneinander 'und ihre gegenseitige Ab-
hängigkeit. Von Dr. 0. von Kirohner, Professor an der Kgl. Landwirtschaftlichen Anstalt
Hohenheim. Mit 2 Taf.u. 159 Abb. [VIu.436 8.] gr.8. 1911. Geh. M. 6.60, geb. M. 7.50.
Die Pflanzen Deutschlands. Eine Anleitung zu ihrer Bestimmung. Die höheren
Pflanzen. Von weil. Dr. 0. Wünsche. 9. Auflage, bearbeitet von J. Abromeit. [XXIX
u. 689 8.] 8. 1909. In Leinwand geb. 4 5.—
Die pflanzengeographischen Wandlungen der deutschen Landschaft.
Von_ Dr. H. Hausrath, Professor in Karlsruhe. [VI u. 2748] 8. 1911. Geb. 4 5.—
Anleitung zur Kultur der Mikroorganismen. Für den Gebrauch. in zoo-
logischen, botanischen, medizinischen und landwirtschaftlichen Laboratorien. Von Dr.
Ernst Küster, Professor an der Universität Bonn a. Rh. 2., vermehrte und verbesserte
Auflage. Mit 25 Abbildungen. [VI u. 225 S] gr. 8. 1918. Geh. M. 8.— geb. M. 8.60.
Einführung in die Biologie zum Gebrauch ar höheren Schulen und zum Selbst-
unterricht. Von Professor Dr. K. Kraepelin. 8., verbesserte und erweiterte Aufl. Mit
844 Abb., 4 mehrfarb. Tafeln und 2 Karten. [VIII u. 822 8.] 1912. Geb. # 4.80.
Einführung in die allgemeine Biologie. Von w.T.Sedgwiok und E.B. Wilson.
Autorisierte Übersetzung nach der zweiten Auflage von Dr. R. Thesing. Mit 126 Ab-
bildungen. [X u. 802 8.] gr.8. 1918. Geh. 4 6.—, in Leinwand geb. 4 7.—
Tierbau und Tierleben in ihrem Zusammenhang betrachtet von Prof. Dr. R. Hesse
und Prof. Dr. F. Doflein. 2 Bde. von ca. 1800 8. Lex.-8. Mit 1220 Abb. und 35 Tafeln
irf Schwarz- nnd Buntdruck nach Originalen von W. Engels, W.Heubach, E.L. Hoeß,
E.Kißling, W.Kuhnert, B.Liljefors, C.Merculiano, L.Müller-Mainz, P. Neuen-
born, O. Vollrath u.a. Geb. in Ganzleinen je A 20.—, in Original-Halbfranz je A 22.—
Biologenkalender. Erster Jahrgang 1914. Mit einem Bildnis von August Weis-
mann, 5 Abb. u. 2 Karten. Herausgegeben von Prof.'Dr. B. Schmid und Dr. C. Thesing.
[IX u. 518 S.] 8. 1914. In Leinw. geb.M. 7.—
Mendeis Vererbungstheorien. Von w. Bateson, M. A., F. R. S. V.M.H. Aus
dem Englischen übersetzt von Alma Winckler. Mit einem Begleitwort von R. von
Wettstein sowie 41 Abbildungen u. 6 Tafeln, u. 8 Porträts von Mendel. [X u. 875 S.]
: gr. 8. 1914. Geh. # 12.—, in Leinwand geb. 4 13.—
Handbuch der naturgeschichtlichen Technik für Lehrer und Studierende
der Naturwissenschaften unter Mitwirkung von zahlreichen Fachgelehrten herausg. von Prof.
Dr. Bastian Schmid. Mit 381 Abb. [VIII u. 5568.] Lex.-8. 1914. Geh. 4 15.—, geb. A 16.—
Inhalt: Mikroskopisch-zoologisehe Technik: H. Poll. Mikroskopisch-botanische Technik: H. Fischer.
Pflanzenphysiologisohe Versuche: P.Claussen. Tierphysliologisohe Versuohe: B. Rosemann. Hydroblologische
Sammeimothoden: E. Wagler. Das Sammeln und Präparieren von Insekten: O. Steche. Fundplätze, Fang
und Transport der Weloh- und Wirbeitiere: P. Kammerer. Konservieren von Pflanzen: B. Schorler. Kon-
servieren und Aufstellen von Tieren: B. Wandolleck. Die Haltung lebender Tiere: F. Urban. Die Schul-
gärten: P. Esser. Die optischen Instrumente der biologischen Technik: H. Fischer. Photographie: B. Wan-
dolleck. Exkursionen: K. Fricke. Über zeitgemäße Einrichtungen für den naturgeschichtlichen Unterricht:
Bastian Schmid. Die Einrichtung geologischer, paläontologisoher und mineralogischer Schulsammlungen:
Alfred Berg. Pflege der Naturdenkmäler: W. Bock.
Wirkungsweise und Gebrauch des Mikroskops und seiner Hilfs-
apparate. Von Prof Dr W. Scheffer. Mit 89 Abbildungen und’3 Blendenblättern.
[VI u. 116 8.] gr. 8. 1911. Geh. A 2.40, in Leinw. geb. M 3.—
= Deu EEE ee aan Bunte — —— m an nenne m nm.
“en
- a
- ——ñ — ——— —— —— — nun me Fu “
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
DIE KULTUR DER GEGENWART
IHRE ENTWICKLUNG UND IHRE ZIELE
HERAUSGEGEBEN VON PROF. PAUL HINNEBERG
Die „Kultur der (regenwart“ soll eine systematisch aufgebaute, geschichtlich begründete
Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur darbieten, indem sie die Fundamentalergebnisse der
einzelnen Kulturgebiete nach ihrer Bedeutung für die gesamte Kultur der Gegenwart und für deren
Weiterentwicklung in großen Zügen zur Darstellung bringt. Das Werk vereinigt eine Zahl erster
Namen aus allen Gebieten der Wissenschaft und Praxis und bietet Darstellungen der ein-
zelnen Gebiete jeweils aus der Feder des dazu Berufensten in gemeinverständlicher, künstlerisch
gewäblter Sprache auf knappstem Raume. Jeder Band ist inhaltlich vollständig in sich ab-
geschlossen und einzeln käuflich.
Von Teil III Mathematik, Naturwissenschaften, Medizin sind u. a. erschienen:
Abstammungslehre, Systematik, Paläontologie, Bio-
geographie Unter Redaktion von R. Hertwig und R. v. Wettstein. Mit 112
Abbildungen. [X u. 612 S.] Lex.-8. 1913. Geh. M. 20.—, in Leinwand geb. M. 22.—,
in Halbfranz M. 24.—
Inhalt: Die Abstammungslehre. Von R. Hertwig. — Prinzipien der Systematik mit beson-
derer Berücksichtigung des Systems der Tiere. Von L. Plate. — Das System der Pflanzen, Von
R. Wettstein. — Biogeographie. Von A. Brauer. — Pflanzengeographie. Von A. Engler. —
Tiergeographie. Von A. Brauer. — Paläontologie und Paläozoologie. Von O. Abel. — Paläo-
botanik. Von W, J. Jongmans. — Phylogenie der Pflanzen. Von R.v. Wettstein. — Pylogenie
der Wirbellosen. Von K. Heider. — Phylogenie der Wirbeltiere. Von J.E. V.Boas,
Zellen- und Gewebelehre, Morphologie und Entwick-
lungsgeschichte. Unter Redaktion von FE. Strasburger und O. Hertwig
ı. Botanischer Teil. Unter Redaktion von FE.Strasburger. Mit ı35 Ab-
bildungen. [VIII u. 338S.] Lex.-8. 1913. Geh. M. 10.—, in Leinw. geb. M. 12.—,
in Halbfranz geb. M. 14. —
Inhalt: Pflanzliche Zellen- und Gewebelehre. Von +E, Sittraßburger. — Morphologie und
Entwicklungsgeschichte der Pflanzen. Von W.Benecke.
a. Zoologischer Teil. Unter Redaktion von O. Hertwig. Mit 413 Abbil-
dungen. [VIIIu. 538 S.) Lex..8. 1913. Geh. M. 16.—, in Leinw. geb. M, 18.—,
in Halbfranz geb. M. 20.—
Inhalt: Die einzelnen Organismen. Von R. Hertwig. — Zellen u. Gewebe des Tierkörpers.
Von H.Poll, — Allgemeine u. experimentelle Morphologie u. Entwicklungslehre der Tiere. Von O.
Hertwig. — Entwicklungsgeschichte u. Morphologie der Wirbellosen. Von K. Heider. — Entwick-
laungsgeschichte der Wirbeltiere. Von F. Keibel — Morphologie der Wirbeltiere. Von E.Gaupp.
Allgemeine Biologie. Unter Redaktion von FC. Chun und W. Johannsen.
Erscheint im Sommer 1914.
Inhalt: Zur Geschichte der Biologie von Linne bis Darwin. Von E.RädL — Die Forschungs-
richtungen der Biologie und die zoologischen Untersuchungsmethoden. Von A. Fischel. — Die
Untersuchungsmethoden des Botanikers. Von O. Rosenberg. — Zur Geschichte und Kritik des
Begriffes der Homologie. Von H. Spemann. — Über die Zweckmäßigkeit der Organismen. Von
O. zur Strassen. — Die allgemeinen Kennzeichen der organischen Substanz. Von W.Ostwald.
Das Wesen des Lebens. Von W. Roux. — Lebenslauf, Alter und Tod des Individuums. Von
W.Schleip. — Protoplasma; Zellulärer Bau; Elementarstruktur; Urzeugung. Von B. Lidforss,
— Mikrobiologie. Von M. Hartmann, — Entwicklungsmechanik der Tiergestalten. Von E. La-
queur. — Regeneration der Tiere. Von H.Przibram — Kegeneration im Pflanzenreich. Von E,
Baur. — Die Fortpflanzung der Tiere. Von E. Godlewski. — Periodizität im Leben der Pflanze,
Von P. Claußen. — Periodizität. Von W. Johannsen. — Pflanze und Tier. Die Wechsel-
beziehungen zwischen Pflanzen u. Tieren. Von Ö.Porsch. — Methoden und Ergebnisse der Hydro-
biologie. Von P.Boysen-Jensen. — Experimentelle Grundlagen der Deszendenzlehre, Vererbung,
Variabilıtät, Kreuzung, Mutation. Von W, Johannsen.
to.
{mit Vorwort des Herausgebers, Inhaltsübersicht des n kte
Probeheft Gesamtwerkes. Autoren-Verzeichnis, Probestücken) sowie Sonder Prosp e
über die erschienenen Bände umsonst vom Verlag .
. .
. . « ..... “u. 0. .o
[2
..e.
Wühlmäufe.
wirtſchaftlich benutztem Gelände erzielt worden ſind, ſich im Walde nicht erwarten
laſſen. Da die Mäuſeröhren im dicht bewachſenen, vergraſten und verunkrauteten
Waldboden meiſt nicht zu erkennen ſind, läßt ſich das Einlegen der Brocken uſw. bei
weitem nicht ſo leicht und vollſtändig vornehmen wie auf dem Felde. Die Erfolge ſind
deshalb im Walde keine jo glatten, immerhin beachtenswert genug, um den Mäufe-
bazillus auch in der Hand des Forſtmannes als brauchbares Kampfmittel erfcheinen
zu laflen.
So beridhtet Gerhardt!) neuerdings von vollem Erfolg der von ihm in Buchenmaft-
beftänden zum Schuge der Maft ausgelegten Brotwürfel. Das Auslegen erfolgte auf 0,4
bis 1 qm großen Pläten, von denen 400 auf 1 ha famen, und gefchah in der Weiſe, daß
die infizierten Brotwürfel einfach unter die Laubdecke gebracht wurden.
In Dänemark ift man nah Medger*) mit der Wirkung des Mäuſebazillus nicht zu:
frieden, weil die Mäuſe nicht jofort fterben, fondern nad der Aufnahme des Jufektions⸗
materiale8 noch ein big zwei Wochen lang die Buchenverjüngungen unvermindert verwüften.
Empfehlenswert ift das von Ebert3?), angewendete Verfahren, die Brotwürfel nicht
frei in die Bodendede, jondern — wie Giftweizen — in Drainröhren zu fteden und dieje zum
Ywede der Kontrolle und des leichten Auffindens reihenweile in beftimmtem Abftand von
einander auszulegen. Die der Birulenz ber Bazillen bei freiem Auslegen der Broden leicht
abträglich werdende Einwirkung von Sonne, Regen und Schnee wird durch die Drainröhren
in erwünjchter Weile verhindert. Die Koften ftellten fich in dem von Eberts beichriebe-
nen erfolgreichen Belämpfungsverfuh wie folgt: 1000 infizierte Brotwürfel 0,75 ME. (bei
Verwendung von Gifthafer: 1000. Prijen 8,51 Mk.), Uuslegen von 1000 Broden: 1,40 Mt.
Rah den von der zoologiſchen Abteilung des forftlichen Verſuchsweſens zu Ebers-
| walde über die Empfänglichleit der verfchiedenen Mäufearten angeftellten Verſuchen unter:
: liegen dem Mäufebazillus: Arvicola arvalis, glareolus agrestis, Mus silvaticus und mus-
culus; immun find Mus agrarius und M. decumanus. Die Mollmaus, bei der die Wir-
fung des Bazillus zunächft zweifelhaft blieb, ift nach neueren Erfahrungen ebenfalls emp-
fänglih. Nur find mit dem Mäufebazillus gegenüber der Mollmaus bisher feine befonders
günftigen Erfolge erzielt worden. Die infizierten Brotwürfel werben wie alles, was vom
Menichen berührt murde, von der mißtrauiichen Wühlmaus nicht gern angenommen. Es
tommt Hinzu, daß die Mollmäufe meijt nicht gejellig leben und daß das Infeltionsmaterial
infolgedefjen meiſt nicht jo rajch nad) dem Auslegen aufgenommen wird, wie ed zur Herbei⸗
führung einer tödlich wirkenden Infektion notwendig ift.
In neuerer Zeit wird eine vom balteriologiihen Laboratorium „Ratin“ in Kopen-
hagen, in Deutichland nur vom bafteriologiichen Inſtitut der Landwirtichaftsfammer in
Halle Hergeftellte Balterienkultur, das „Ratin“ als beftes Ratten- und Mollmauspertil-
gungsmittel empfohlen. Es ift eine den genannten Mäufearten angepaßte Balterienkultur,
die für Ratten in fefter, für Mollmänfe in flüffiger Form geliefert und mit Weißbrotftüd-
chen auögelegt wird. Die wenigen zurzeit vorliegenden Berichte über den Wert des Ratins
bei der Mollmausbelämpfung lauten günjtig. Der hohe Preis der Kulturen — 1 Doſe
(für nur 15 Wühlmäufe oder Ratten ausreichend) 2,50 ME. — dürfte der allgemeineren
Berwendung des Ratins aber jehr im Wege Itehen.
Nach der epochemachenden Entdedung des Löfflerichen Mäuſebazillus und der mit
ausgezeichnetem Erfolg durchgeführten erfimaligen Anwendung im großen‘) (in Theſſalien
1892) find bald darauf noch einige andere Mäufebazillen entdeckt und bei der Bekämpfung
von Feldmäufen angeblih mit Erfolg erprobt worden, jo von dem Wrzte Dr. 9. Lajer
(Königsberg i. Pr.) und vom Pireftor J. Danyß (Paris).“) Der Umitand, daß dieſe Ba⸗
zillen den Löfflerihen in feiner Weiſe verdrängt haben, jondern ohne weitere Erörterung
ihrer eventuellen Brauchbarleit bald wieder in VBergefienheit geraten find, läßt fchließen, daß
Ihnen eine Höhere Wirkung als dem Löfflerfchen Bazillus nicht zulam.
1) aua. F. u. J.gtg. 1911, 87. — 2) A. a. D. 91. — 8) Ztiche. f. F. u. Iw.
1904, 589. — 4) Kornautd: BB. f. d. gef. Fw. 1893, 247. — 5) Bgl. Hierzu Altum:
Btichr. f. F. u. Iw. 1895, 683.
RE er Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
B) Bertilgung durch Vergiftung.
Die Vergiftung der Mäufe ift ohne Zweifel das
ficherfte und am rajchejten wirkende Betämpfungsmittel.
Sobald wirkliche Gifte zur Anwendung kommen, find
aber auch alle anderen Tiere, welche die vergifteten Kö—
ber aufnehmen oder die vergifteten Mäuſe verzehren
(Wiefel, Buffarde, Eulen, Krähen, Federwild, Singvögel
ufw.) mehr oder weniger gefährdet.
Es ift deshalb felbftverftändlich, daß das Auslegen
der Köder nur unter Beachtung gewifler Vorſichtsmaß⸗
i " ar regeln erfolgen darf. Volftändig unftatthaft ift es, die
a ine Giftmittel einfach auf die von den Mäufen befallenen
zeigen, wie beim Andragen Flächen auszuftreuen. Die Gifte müflen vielmehr am
us ine Tel Lo 2L 0: In ukate: .
enge et oörnern im beiten jo tief wie möglich in Die Mäufelöcher eingeführt
das Rohr gelangt, Yıs werden.
(nah Edftein). , , ,
Bwedmäßigerweife verwendet man hierzu beim Aus:
legen vergifteter Getreidelörner oder von Giftpillen befondere Legeapparate (Abb. 46), wie
folde von A. Wasmuth u. Komp. in Hamburg-U. und M. Brodmann, Leipzig: Eutrigich
zum Preiſe von 3 ME. oder von der Blechemballagenfabrit von Seutter, Münden (Ickſtatt⸗
ftraße 26) zum Preife von 80 Pig. für das Stüd in den Handel gebracht werden Gie
beftehen aus einem verjchließbaren Trichter zur Aufnahme der Giftköder, einem Vertei⸗
lungsmechanismus und einem Rohr, daß in die Mäuferöhren eingeführt wird. Der Ber:
teilungsmechanismus ift nichts anderes als ein einfacher auf Drud oder ala Hebel wir:
fender Abzug, der am Grunde des Giftbehälters angebracht ift und der beim Gebrauch
eine Keine Unzahl von Giftfödern in das Legerohr und damit in das Mäufeloch gelan-
gen läßt.
Noch einfacher ift die von der kgl. Agritulturbotanifchen Anftalt zu München für
70 Bf. gelieferte Legeröhre. Es tft eine einfache, 1 m lange, am unteren Ende mit einem
Bügel veriehene und oben trichterförmig erweiterte Blechröhre. Der die Giftlörner aus⸗
legende Arbeiter bindet ſich einen mit ihnen gefüllten Behälter (Kiftchen, Blechbüchſe ufw.)
um den Leib, entnimmt diefem Behälter jeweild mit einem Löffel einige Körner und läßt
fie mit Hilfe der Legeröhre in ein Mäuſeloch gleiten.
Im Walde müfjen, da die Giftmittel in den verborgenen Mäufelöchern nicht
untergebracht werden fünnen, andere Wege bejchritten werden, um bie Giftitoffe nur
den Mäufen zugänglich zu machen. Hierzu empfiehlt fich die ſchon oben erwähnte
Berwendung 3—4 cm weiter Drainröhren, die mit dem Giftköder beſchickt und ent-
weder frei auf die Bodenoberfläche oder unter Fanghaufen ausgelegt werden. Als
Fanghaufen eignen fich mäßige Haufen Reifig, am beiten Weichholz- oder Hornbaum⸗
reifig, die in beftimmten Abftänden in den VBerjüngungen zufammengehäuft und jo
auf untergelegten Holzitangen aufgejtapelt werden, daß die Mäufe unter den Haufen
friechen können. Die Giftlöder werden unter dem Reiſig frei auf dem Boden oder
in Drainröhren ausgelegt. Es ift jelbitverjtändlich, dab Drainröhren und Haufen
von Beit zu Seit revidiert und wenn nötig neu mit Gift bejchiet werden müflen.
Bei Thale Hat man zum Schuge der Foritgärten Ttumpflegelförmige Mäujehütten an-
gelegt (Btichr. f. F. u. Iw. 1881, 62). Gie find aus Reifig und Rajenplaggen 1 m hoch
errichtet; der Boden ift mit Laub und Stroh bededt und wird mit Strychninweizen beftreut.
Durch Heine Lücken wird für Erneuerung der Luft geſorgt bzw. ber Berjtodung des Yaubes
porgebengt.
Wühlmäufe. 103
1. Die Bergiftung kann mit Strychnin, Arſenik, Bhosphor, Sublimat,
Hromfjaurem Bleioryd oder Fohlenjaurem Baryum erfolgen und gejchieht
hiermit namentlih dann, wenn Mafjenvermehrungen der Mäufe eingetreten find.
Die genannten Gifte werden Ködern einverleibt. Als ſolche finden Weizen,
Hafer⸗, Gerjtenlörner, ferner Sellerie, Rüben und Kartoffelſtückchen, Apfelfchnitte uſw.
Berwendung. Die Getreideförner werden gequellt und in die giftige Löſung gebracht.
Sie müſſen zuvor aber geſchält werden, weil das Gift ſonſt nur in die Spelzen dringt.
Da die Mäuje die Schalen nicht mit frefien, ift der Erfolg beim Auslegen unge:
fchälter Giftlörner meift jehr gering. Weiterhin werden die Gifte auch Mehlteigen
beigemifcht und dann in breiiger oder Pillenform ausgelegt. Die bayrifche Agrikul-
turbotaniiche Anftalt verbädt das von ihr befonders empfohlene Baryumlarbonat
auch in Brote. Die Gifte wirken um fo beifer, je mehr fie an Köder gebunden
werden, die der natürlichen Nahrung der Mäufe möglichit entiprechen. Zur Belämp-
fung der Mollmäufe 3.8. ift es ratſam, das Gift nicht in Getreidelörnern, jondern
gebunden an NRüben-, Sellerie und Kartoffelftüdchen oder in Mifchung mit Weiß:
brot, Milh und Buder auszulegen.
Am meiften werden mit Strychnin vergiftete Getreideförner als Belämpfungsmittel
verwendet. Sie werden mit Buder verjüßt, durch Färbung kenntlich gemacht und fommen
ald Sacharin:, Strychninmweizen bzw. Hafer, Gifthafer u. dgl. in den Handel. Gute Er:
folge find lange Zeit mit dem von der Firma Wadmuth u. Komp. in Hamburg-ül. zum
Preiſe von 6 Mt. für 5 kg (100 kg — 98 ME.) gelieferten Sacdyarin » Strychninhafer er-
zielt worden.
Pfizenmayer!) fand bei dem großen Mäufefrtak im Tübinger Stabtwalde in Yus
chenſchonungen (1876|77), daß mit Strychnin vergiftete Gerfte am beften wirfe, meint aber,
daß bei länger dauerndem Schaden eine andere Frucht (Weizen) und ein andered Gift (Ar:
fenif) zu wählen fein möchte. In jebe Drainröhre famen 5 g der vergifteten Früchte zu
liegen. Glafierte Röhren find den bloß gebrannten vorzuziehen, weil leßtere bei naſſem
Better und jchmelzendem Schnee Waſſer durchlaffen, wodurch ein Zeil des Giftes ausgelaugt
wird. Koften 10 ME. für 1 ha.
Bhosphor kommt in Form von Pillen oder häufiger noch ald Phosphorbrei in An:
wendung. In den PBhosphorbrei werden fpannenlange Strohhalme eingetaucht und in die
Mänfelöcher einzeln eingeftedt. Die Mäufe lecken dann das beim Borbeilaufen am Fell⸗
chen hängen bleibende Gift ab und gehen dadurch zugrunde. Bei Regenmetter oder feuchter
Luft vermindert ſich aber infolge eintretender Oxydation die Giftwirkung des Phosphors
relativ raſch.
Arſenik hat fich nach Berjuchen von Weiß*) bei der Feldmausbekämpfung als ficher
wirlendes und billiges Gift erwieſen, ſobald es in vorjchriftsmäßiger Weile an Weizen:
körner gebunden wurde. Der Weizen wurde in einer 2% igen, fait gefättigten Arjenjäure-
löfung eine Etunde lang gekocht. Die Mäufe nahmen die jo zubereiteten Hörner gern an
und machten zwijchen vergifteten und nicht vergifteten Körnern feinen Unterſchied.
Eduard Heyer?, hat bei der Mäufevergiftung, die er 1872/73 in der Oberjörfterei
Gießen im größeren Maßftab durdhführte, oberirdiiche Kanäle (aus Holz und Grasplaggen
gebaut) in 2,5 m Dreiedöverband ald Behälter und einen mit einer Mijchung von Phos-
phor und Arfenif präparierten Mehlteig ald Köder angewendet. Im ganzen verurjachte die
Vergiftung nach feiner Methode auf 156 ha einen Aufwand von rund 794 ME. oder 5 ME.
für 1 he.
Bei der Bergiftung der Mäufe durch Phosphor oder Arjen findet man die Kadaver
meiftend auf ber Bodenoberfläche liegen, weil die vergifteten Tiere, von Leibſchmerzen ge⸗
plagt, nach Luft und Waffer rennen. Bei der Vergiftung durch Strychnin und Fohlenfaures
Baryum fterben die Mäufe, von heftigen Zuckungen befallen, mehr in den Güngen.
1) Monatsſchr. f. d. F. u. Iw. 1878, 309. — 2) Prakt. BL. f. Pflſch. 1899, 38;
1900, 25. — 3) Allg. F. u. I.sBtg. 1878, 33; 1874, 64.
104 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
Sehr gut bewähren fich verihiedene Baryumfalze, namentlih Baryumlarbonat.
Schon in Heinen Mengen genoflen ruft es Lähmungsericheinungen bei den Mäufen hervor
und führt meift binnen wenigen Stunden zum Tode. Es wird unter Bufa von etwas
Buder und Anis im Verhältnis 1:4 mit Mehl oder Mehlabfällen gemifcht und durch Milch:
beigabe zu einem Zeig verarbeitet Diejer wird entweder fofort jelbit in Heinen Portionen
ausgelegt oder wird, wie es lange Zeit ſeitens der bayriſchen Agrifulturbotaniihen Anftalt .
geſchah, zu Brot verpaden und als Brotwürfel den Mäuſen vorgelegt. Ein Kilogramm
Barytmäufebrot (0,50 Mf.) reicht hin um auf dem Felde eine Fläche von 1—1,5 ha zu
belegen. Bei dem von Gordan durchgeführten Verſuch ftellte fi die Belämpfung ber
Mäufe mit barythaltigem Brot auf 1,30 ME. für ein ha. Um den nicht ungefährlichen Ver⸗
mwechjelungen des Mäujebrotes mit genießbarenı Brote vorzubeugen, ift die genannte bay⸗
riſche Anſtalt dazu übergegangen, anſtelle des Brotes ein baryumkarbonathaltiges Präparat
in Pillenform herzuſtellen und als „Barytpillen“ zum Preiſe von 0,80 M. für 1 kg ab⸗
zugeben. Die Pillen find einfacher anzuwenden und find bei weitem ausgiebiger ald das
Brot. 1 kg reicht je nach der Befallftärte für 1—1,5 ha aus.
Die früher von den deutichen Fuchsolwerken unter den Namen „Fuchsol“ in den
Handel gebrachten, in Blechbüchſen verwahrten kleinen Würfel (1 kg 4 Mark.), ebenſo die
von ©. Herzog in Preßburg vertriebenen „Kreatolpillen‘ (Preid ebenfallg 4 ME. für
1 kg) find nicht3 anderes als baryumfarbonathaltige Präparate, die ſich nur im Preije jehr
erheblich von den Hiltnerſchen Barptpillen unterſcheiden.
Auch gegen die mit Giftmitteln befonders jchwer zu belämpfende Mollmaus geht die
bayrijche Agrifulturbotaniiche Anftalt mit baryumlarbonathaltigen Brotftüädcdhen vor. Sie wer:
den in Bajjer- oder Milch aufgeweicht, mit einem Lodpulver beftreut und ohne Berührung
mit der Hand mittels eines langftieligen Löffel in die geöffneten Gänge eingeführt. Nach
den bisherigen Erfahrungen fcheint die dem Mollmausgift beigegebene Witterung bie Mäufe
zur Annahme der Giftbroden zu veranlaffen. Damit würde ein jehr erwünſchter Erfah für
die bisher bei der Mollmausvergiftung allein erfolgreichen, mit Arſenik oder Strochnin ver:
gifteten Rüben, Kartoffeln uſw. geichaffen fein. Diefe Mittel leiden an dem Nachteil, daß
fie ſtets frisch Hergeftellt werden müfjen, was ebenjo umftändlich mie gefährlich ift. Preis
des Mollmausgiftes für 1 kg (1000-1100 Würfel) 1 ME
Einen außerhalb des Rahmens der bisher üblichen Bergiftungsmerhoden liegenden
Vergiftungsverſuch von Feldmäuſen hat der Staliener Dr. Gaetano Sarrer!) mit an-
ſcheinend günitigem Erfolge vorgenommen. Er beipritte die von den Mäufen befallenen
Feldflächen mit 0,53 %/,igen Löfungen von arjenigfaurem Kali, nachdem er in Zwinger⸗
verjuchen feftgeftellt Hatte, daß die ftärkite Köfung in 2 Stunden, die ſchwächſte in 24 Stun:
den tödlich auf die Mäufe einwirkte, wenn dieſe von den beiprigten Pflanzen gefrejlen hatten.
Das Verfahren dürfte im Walde vielleicht eher anwendbar fein als
auf dem Felde, weil am erfteren Orte feine Futterpflanzen in Frage
fommen, deren Berfütterung an Nubtiere troß der von Carrer be-
haupteten Unjchädlichkeit Doch etwas recht Bedenfliches an fich hat.
2. Vergiftung mit Schwefelkohlenſtoff. Wie bei
der ©. 77 gejchilderten Raninchenvertilgung bewährt fich der
Schwefelfohlenftoff aud) bei der Bekämpfung der Mäufe. Mit
Bitte einer am beiten ad hoc hergeitellten, möglichit erplofions-
-p fiheren Kanne mit langem Ausgußrohr
wird in jedes befahrene Mäufeloch ein be⸗
Ob. 47. Kanne zum Ein- ſtimmtes Quantum (5—8 ccm) Schwefelfoglenftoff eingejchüttet.
Lo In Die Armeen ar Die Biologifche Anftalt?) für Land- und Forſtwirtſchaft emp⸗
(nah Edftein). fiehlt Die in Abb. 47 abgebildete erprobte Kanne. Durch einen Drud
des Daumens der die Kanne haltenden Hand auf den am Kannen⸗
dedel befindlichen Hebel, wird an dem in der Kanne aufſteigenden Ausflußrohr eine Offnung
1) Korff: Prakt. Bl. f. Pflb. u. Pflſch. 1906, 32. — 2) Flugblatt Nr. 13, November 1910.
Wühlmäufe. 108
geſchaffen, die das Mbfliehen des Kanneninhaltes
folange geftattet, jo lange nicht durch Loslaffen des
Hebe ls der Berichluß wieder bewirkt wird. Je nad
ber Größe des gewählten Munbftüdes geftattet
dieſe Vorrichtung, jebe beliebig germünfchte Menge
innerhalb berjelben Zeit austreten zu laſſen.
Einen anderen, durchaus exploſionsſicheren
Apparat zur Verteilung des Schweieltohlenftoffcs
hat neuerdings bie Fabrik exploſionsſicherer Ge»
fähe zu Calgtotten i. W. unter dem Namen
„Schädlingsvertilger (Mbb. 48) in ben 66.40. „Eamtingtoeil Bart Bu
Handel gebracht. E3 handelt ſich hierbei um „ Ingövertliger“ der ffabelE Galı-
einen aus verbfeiten: Eiſenblech Hergefellten, Ye" Mpnarst Nun Binlnlen non Bänrteitoulen
etwa 5 1 faffenden Tragapparat mit einer im In⸗
neren liegenden felbfttätig wirfenden Schöpfvorrichtung und den nötigen Mbflußelnrihtungen,
Die Handhabung des Apparates tft denkbar einfach. Sobald das Entleerungsrohr des
zuvor wagerecht gehaltenen Apparates in die Rohre eingeführt und der Mpparat hierbei
ſentrecht nach unten gehalten wird (Mbb. 49), entleert fi ein genau bemeflenes Quantum
Schwefellohlenſtoff von felbft. Beim Wiedermagerechthalten ſchopft bie Schopfvorrichtung
die für die nächfte Röhre notwendige Schwefeltohlenftoffmenge.
Die jedesmalige Schopfmenge (4—6 ccm) genügt für ein Mäufeloh. Bel großen
Bauen, wie Kaninchen, Hamiter, ift der Apparat 3—dmal hintereinander zu betätigen.
Nach den von der fgl. Agrifulturbotanifhen Anftalt zu Münden gefammelten Erfahs
rungen ') ift der Apparat braudjbar. Preis 15 Mt.
Andererfeit3 fönnen auch handgroße Stüde alter Sadleinwand mit Schwefel⸗
kohlenſtoff getränft und mit Hilfe eines Stodes möglichft tief in Die Gange eingefligrt
werben. Das letztere Verfahren ift naturgemäß weniger einfah als bas bloße Eins
gießen des Schwefeltohlenftoffes.
Locere oder trodene und infolgedefien riffige und Tüdige Böden eignen fich
für die Schwejelfoglenftoffbehandfung weniger gut als bindige ober durchnaßte Bo⸗
den. Bei feuchter Erde kommen die erftidenden Tämpfe in den Bängen ber Mauſe
mehr zur Wirkung.
Bezüglich der Feuergeiĩãhrlichleit
des Schweielfohlenftoites gilt das oben
(S. 77) Geſagte.
Der Schweieltohlenftofi iit fein
Mafienbelämpfungsmittel, iondern eig-
net fih wur zur Vernichtung bzw. Zı
rüdhaltung der ftet3 vorhandenen Hei
neren Mäuiebeninde. Hierfür aber itt
ex ein jehr geeignete, leiber Jazsr':
106 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
und Ajchersieben, und Tetrachlorfohlenftoff haben vor dem Schwefelkohlenſtoff nichts vor:
aus als Höheren Preis.
Eine Mänfelalamität Hält zum Glück felten Länger ald 2—3 Jahre an, da fchließ-
lich ſtarke Regengüſſe, Fröſte, Überfhwemmungen, Seuchen ufw. die Mäufe zu Tau⸗
ſenden vernichten. Durch ftarke Regen im Sommer leiden riamentlich die Neftjungen.
Infolge der während der Übergangäzeiten jtet3 auftretenden Wechfel von Froft und
Taumetter gehen die Mäuſe weit eher zugrunde als durch fcharfen Winterfroft. Es
würde jedoch nicht gerechtfertigt fein, fich hiermit zu tröften und ruhig zuzufeben, da
durch rechtzeitiges und zweckentſprechendes Einfchreiten die Vermehrung und hierdurd)
der Schaden begrenzt werden kann. Allerdings ift, um ed nochmals hervorzuheben,
auch hier erforderlich, wenn etwas Durchſchlagendes erreicht werben fol, dag nicht
nur örtlich und von einzelnen, fondern möglichft einheitlich von vielen
und auf allen befallenen Flächen vorgegangen wird.
3. Behandlung des befrefienen Holzes.
Die benagten Laubhölzer find im Frühjahre dicht am Boden (unterhalb der
beſchädigten Stelle) mit Meffern oder Vorwuchsſcheren glatt und fchräg abzufchneiden,
damit neue Stodausfchläge entftehen. Nur wenn die Pflanzen zu tief, d. h. bis zu
den Wurzeln hinab, geringelt find, kann man fi) das Abſchneiden erjparen, weil in
diefem Falle wegen Lichtmangel Ausichläge doch nicht erfolgen, man mag fchneiden
oder nicht. Damit feine Pflanze überfehen werde, müſſen Die Arbeiter die betreffen-
den Verjüngungen oder Kulturen aufmerkſam reihenweife durchgehen.
Geſchälte Nadelhölzer müſſen durch neue Pflanzen erſetzt werden.
Das Abichneiden muß fo zeitig ala möglich (im Frühjahre) geichehen. Verſpätung hat
ſchwache Loden zur Folge, weil inzwiſchen ein Zeil der Reſerveſtoffe (der Wurzel) nutzlos
in das Stämmchen gemwandert iſt. Das Stummeln ift zumal bei den ringsum oder — wenn
einjeitig — ftarf und hoch hinauf benagten Stämmchen geboten. Geringer einjeitiger Fraß
pflegt infolge des abfteigenden Saftftromes wieder zu überwallen.) Sehr ſchöne Erfolge
des Stummelnd find namentlid in den Buchenforften der Grafihaft Boysenburg?) (in
der Udermarf) aufzumeiien (nad Lehmann).
Es gibt jedoch auch Verhältniffe, unter denen das Abwerfen der benagten Stämmchen
über der Wurzel ſich nicht bewährt. Mitteilungen in diefem Sinne liegen z. B. aus dem
Büdinger Walde?) vor. Der ftarte Graswuchs auf dem dortigen friichen Walbboden er-
ſtickte die Loden, weldye aus dem Stöckchen der auf die Wurzel geſetzten Buchenpflanzen ge⸗
trieben hatten, zum großen Teil, während die belaffenen abgeftorbenen oberen Stammteile
den erjcheinenden Ausſchlägen gleichjam als natürliche Bohnenjtangen dienten, an melden
fie fih emporrankten und auf diefe Weije über das Unkraut Herr wurden.
Nach Verfuchen des medienburgifchen Förfters Schröder (Forſtinſpektion Dob-
bertin) hat fi) auch das Behügeln“) der bis 15—20 cm hoch benagten Buchen zu
deren Erhaltung aufs beſte bewährt. Es bilden ſich dann an der beichädigten Stelle
oder (bei Ringfraß) oberhalb des Ringes Faferwurzeln, die zunächft in den Hügel
wachen und bei weiterer Verlängerung in den Boden unter dem Hügel ſich jenken.
Auch Forftinfpeftor Garthe fand dag Mittel probat.
1) Altum: Btihr f F. u. Iw. 1880, 611. — 2) Ratzeburg: Die Waldverderber und
ihre Feinde ufm., 7. Aufl., von Sr. Ju deich. Berlin 1876, 297, Anm. — 8) Bericht über
die 1. Berl. des Forftvereind f. d. Großherzogtum Heſſen zu Büdingen. 1876, 18, zu 2,
Tester Abſatz. — 4) Sarthe: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1892, 336.
Maulwurf. — Bögel. 107
Bei Pflanzen, die über 20—25 cm Höhe beichädigt find, ift daS Hügeln nicht an⸗
wendbar. Die Hügel find aus Ioderer, frifcher Erde zu bereiten, feft anzutreten und 8 bis
10 cm höher zu machen als die Fraßftellen reichen. Sie müſſen, damit die neu ich bilden
den Wurzeln nicht zutage treten, oben einen Durchmefler von 80—40 cm erhalten, Man
muß mit dem Behügeln rechtzeitig im Yrühjahre beginnen, bevor die Fraßſtellen antrodnen.
Die Koften des Hügelnd betrugen pro 100 Stüd etwa 72 Pf.
Zuſatz.
Manlwuri.
Anhangsweiſe möge hier, obgleich er nicht zu den Nagetieren gehört, der Maul-
wurf (Talpa europaea L.) erwähnt fein. Trotz der nühlichen Motive, die feiner
wühlenden und bodenlodernden Tätigkeit zugrunde liegen, ijt er in den Pflanzen:
erziehungsftätten ein ungebetener und nicht zu duldender Gaft. Er beichäbigt beim
Graben feiner Gänge und beim Aufwerfen der bekannten Erdhaufen jüngere und
ältere Pflanzen, lodert fie und wühlt fie heraus, zieht fie in die Gänge hinein oder
übererbet fie.
Der Kampf gegen ihn joll wenn möglich nicht mit den verichiedenen Fallen ge-
führt werden, jondern vorbeugend durch Anwendung von Bertreibungsmitteln. Um
den Maulwurf von den Saat: und PBflanzbeeten fernzuhalten, empfiehlt es fich,
die Beete mit einer Mifchung von Waller und Petroleum im Verhältnis 2000: 1
zu begießen. Die für die Pflanzen erträgliche Beimiſchung des Petroleums verleibet
dem Maulwurf die Wühlarbeit in den desinfizierten Beeten, weil ihm vermutlich
die Witterung für die feine Nahrung bildenden Bodenbemohner verloren gebt. Auch
Heringslake leijtet vorübergehend diefelben Dienfte, wirkt aber nicht nachhaltig genug.
Bierter Abichnitt.
Schub gegen Vögel.
Die in Betracht kommenden Vögel!) find entweder direkt oder indirekt forft-
ſchädlich. Die direkt fchädlichen gehören den Ordnungen der Hühner, Tauben und
Sperlingsvögel (Raben, Finken ujw.) an; die indirekt jchädlichen find vorwiegend
unter den Raubvögeln zu juchen.
1. Aufzählung der ſchädlichen Arten.
L Waldhühner (Tetraonidae).
1. Auerhuhn (Tetrao urogallus L.).
2. Birkhuhn (Tetrao tetrix L.).
3. Haſelhuhn (Tetrao bonasia L.).
DO. Zauben (Columbidae).
4. Ringeltaube, große Holztaube (Columba palumbus L.).
5. Hohltaube, Heine Holztaube (Columba oenas L.).
6. Turteltaube (Columba turtur L. = Turtur turtur L.).
1) Reihenow, Ant.: Die Kennzeichen der Vögel Deutſchlands. Schlüſſel zum Bes
ſtimmen ujw. Neudamm 1902.
108 Erstes Buh. Schuy gegen Tiere.
HL Raben "Corridae..
7. Eihelhäher, Holshäher, Marfolf ı Garrulus glandarius L.).
8. Taunenhäher, NRuptuader (Nucifraga carsocatactes L.1.
IV. Zinten (Pringillidae).
9. Kirichlernbeißer ıCoccothraustes vulgaris Briss.).
19. Buchñnk, Blutfink, Edelfinf :Fringilla coelebs L.'.
11. Bergiinf (Fringilla montifringilla L...
12. Grũnling (Fringilla chloris L...
13. Erlenfinf, Erlenzeifig 'Fringilla [Chrysomitris] spinus L.).
14. Fichtenfreuzichnabel : Loxia currirostra L...
15. Kiejernfreuzichnabel (Loxia pitsopsittacus Bechst. ..
In einzelnen Fällen werden auch andere Heine Singvögel!) den jungen Holz-
ſaaten durch Berzehren von Samen und Berbik von Knoſpen nachteilig, 5. B. der
Gimpel (Pyrrhula vulgaris Cuv.), der Birfenzeifig (Fringilla linaria L.)”),
der nicht unr dem Birken-, jondern auch dem Erlenjamen eifrig zujpricht, da3 Rot =
kehlchen (Erithacus rubeculus L.), ſelbſt die Meiſen (Paridae). Die legteren
fiellen insbefondere den in freien Schuppen zur Überwinterung aufbewahrten Bud):
edern nad. Herner ſchaden in mehrfacher Weile (auch am Holze) die Spedhte (Pici).
Alle diefe Vogelarten find jedoch überwiegend nützlich. Auf die forftliche Bedeutung
der Spechte werden wir am Schluffe diefes Abjchnittes zurüdtonmen.
Die indirekt ſchädlichen Vogelarten follen im Fünften Abſchnitt (Schuß gegen
Anjetten), Erſtes Kapitel, Erwähnung finden.
2. Schäplideit.
Die vorftehenden Arten ſchaden in forftlicher Beziehung durch Berzehren von
Baumfrüchten und Holzfämereien, Berbiß von Knofpen, jungen Trieben und zarten
Sämlingen ufw., nügen aber andererfeit3 wieder durch VBertilgen von Inſekten.
Überhaupt ift der Schaden durch Vögel im Walde bei weiten geringer als der durch
Wild und Nager und wird durch ihren Nuten überwogen.
I. Zeil.
Waldhühner.
1. Schädlichkeit.
1. Das Auermwild?), in zufammenhängenden Nadelmaldungen, befonders in
höheren Lagen einheimifch, ſchadet Hauptfähfih im Winter und Frübjahre durch
Abbeißen von Kinofpen, jungen Trieben und Nadeln der Nabelhölzer (Fichte, Tanne,
auch Kiefer) in Forſtgärten und Kulturen. In Saat- und Pflanzkämpen nimnt der
Schaden oft bedeutende Dimenfionen an, indem die aus dem Schnee hervorragenden
Spigen junger Sämlinge und verfchulter Pflanzen wie mit der Schere abgefchnitten
werden. Huch die Knoſpen der Buche und Heine grüne Riefernzäpfchen werden vom
Auerwilde nicht verfhmäht. Dem Hahn fchreibt man eine größere Schäbdlichkeit zu
al8 der Henne.
1) Krit. Bl. 1862. 31. ®b., IL, 255. — 2) W.R.: Allg. 5. u. %.-Btg. 1894, 194. — 3)
Wurm, ®.: Das Auerwild ufm 2. Aufl. Wien 1885.
_ Waldhühner. 109
Das Auerwild bevorzugt unregelmäßige, mit Vorwuchshorſten unterſtellte Althölzer,
Plenterwälder und räumdige, lückige Partien der Gebirgs⸗ und Flachlandsforſten. Hier hat
es jeinen Winterftand und nährtfid) befonders von den Nadeln und Knoſpen alter Fichten uſw.
Die Spiten junger in der Nähe befindlicher Fichtenpflangen — zeitweile durch Schnee feinem
Blide entzogen — find ihm aber ein wahrer Lederbifjen, wie He während feiner praftiichen
Dienitzeit im Thüringerwalde (Gehlberg, Mehlis, Friedrichroda uſw.) wiederholt beobachtet
hat. Ahnliche Schäden werden vom Kniebis) (im Schwarzwald) gemeldet. In der Pflanz:
ſchule des Diftriftes Thonbach (Revier Baiersbronn) wurden im Winter 1881/82 8000 zwei⸗
jährig verſchulte Fichten ohne Ausnahme aller @ipfel- und Seitentriebe durch Auerwild bes
raubt. Die verichulten Tannen und ein Beet verfchulter einjähriger Kiefern blieben vers
Ihont. Anderwärts ift die Tanne bevorzugt und an Nadeln und Knoſpen ſtark verbijien
worden. In der Schweiz?) find bejonders die Arven an den zeitig jchneefreien Südhängen
gefährdet, während Fichte weniger und noch weniger Bergkiefer verbiflen werden. — Im
Frühjahre Fragt das Auerwild den Boden wund, um Inſekten und Würmer zu juchen.
2. Das Birtwild®), mehr ein Bewohner lüdiger, mit Heide und Beerfraut bededter
Moorpartien der Flachländer und Hochebenen des öftlichen und nördlichen Europa (Livland
und Skandinavien), fteht dem Auerwild am forftlicher Bedeutung weſentlich nad). E3 ver»
zehrt Knoſpen und Blütenkätzchen der Birke, Hafel, Weide und Erlen, vergreift ſich mit-
unter auch an Nadelholzknoſpen und jungen Lärchennadeln, jucht aber feine Rahrung mehr
am Boden in allerlei Beeren (Heibel:, Breifelbeere) und Kräutern (Heide, Brunnenkreſſe uſw.)
und begnügt ſich im Winter mit den Nadeln älterer Fichten und Arven, fowie mit Wach⸗
olderbeeren. In Belgien jah Bed ftarken Verbiß durch Birkwild auf Kiefernprovenienz-
verjuchsflächen in ber Campine (Exel).
Das Hafelwild*, befonder3 in den dfterreichiichen Alpenländern und ruffifchen
Oftfeeprovinzen heimiſch, aber auch in einigen Gegenden Deutſchlands (Dftpreußen, Weit:
falen, Elfaß-Lothringen uſw.) häufiger vorlommend, gehört dem Bergwalde und vorberrichend
dem Laubholzgebiet an. Seine Winternahrung befteht in Birken: und Erlenfnojpen, Blüten:
fäschen der Hajel ufw. Im Sommer nimmt namentlich das junge Wild allerlei Waldbeeren
an; wo e8 Ürven gibt, ftellt e8 den Birbeinäffen nad. Seine forftliche Bedeutung ift noch
geringer als die des Birkwildes
Bon einzelnen wenigen Ausnahmen abgejehen, ift der forftliche Schaden des
Birk- und Hafelwildes gleich Null. Beide Waldhühner können ohne Bedenken aus
der Zahl der Forftichäblinge geftrichen werden.
2. Schugmaßregeln.
Gegen das Auerwild ufm. find nachftehende Mittel mit größerem oder geringerem
Erfolg angewendet worben:
1. Umfriedigung der Saat- und Pflanzkämpe mit hohen Stangenzäunen.
Das Auerwild meidet ſolche Forftgärten, namentlich wenn fie Hein find; bei größeren
Flächen Hilft ein hoher Zaun nichts.
2. Bededen der Beete mit Reifig, Dornen, Drabtgittern uſw. Uuslegen von
fperrigem Reifig zwifchen die Pflanzreihen und auf die Beetpfade, um den Hühnern
das Verbeißen unmöglich zu machen bzw. die Fortbewegung im Kamp zu erſchweren.
3. Überfpannung der gefährdeten Kämpe mit Draht.
Dieſes Mittel wurde im Herbfte 1871 in einer Saatſchule des Schwallunger Forſtes
(Weimar)*) angewendet. Man zog den Draht jo Hoch, daß alle Arbeiten im Kampe be-
1) Allg. F. u. J.-Ztg. 1882, 251. — 2) Schweiz. Ztichr. |. Fw. 1899, 369. — 3) Lud⸗
wig, Alfred: Das Birkwild, deſſen Naturgeichichte, Jagd und Hege. 2. Aufl., Wien 1894.
— 4) Balentinitjch, Franz: Das Hafelhuhn, defien Naturgeichichte u. Jagd. Wien 1892.
— 5) Protokoll üb. d. 15. Verj. Thüringifcher Forftwirte in Georgental. Gotha 1875, 10. —
Franz: Monatsſchr. f. d. F. u. Iw. 1876, 133.
110 Erftes Buch. Schug gegen Tie
quem darunter vorgenommen werden konnten. Die Koſten
0,22 ha Größe 23 Mt. Der Zweck wurde vollftänbig erreid
fahren in anderen Kämpen fort. Die Koften auf einer an
Größe betrugen nur 16,40 Mi. Die Zaunpfoften maſſen
nötigenfalls noch Streben erhalten, damit fie nicht unter di
brechen. Die Drähte können parallel oder winkelig gezogen n
Überzugs ift auf 6 Jahre zu veranſchlagen.
Diefelbe Wirkung erzielt man durch Drähte, die nur a
über ben Beeten auögezogen werben; fie find billiger, ftöreı
beit im Kamp.
. 4. Uusbreiten eines dünnen Schleier? von aus
rigem Werg über ben Pflanzen.
5. Abſchuß.
D. Zeit.
Tauben.
1. Sqchödlichteit.
Die wilden Tauben verzehren Waldjämereien |
fernjamen), Knoſpen, Blütenkätzchen ufw. Die Ringel-
im Herbfte auch Eicheln und Bucheln an; im Frühjal
Keimlinge am liebften im erften Stadium ihrer Entwi
gmügt ſich auf den Nadelholzſaatflächen gleichfalls nich:
bern beißt auch die Kotyledonen der Reimlinge ab, naı
noch duch die äußere Samenhülle (das fog. Mügchen)
halten werben, oder fie zupft Die Keimlinge ganz heraui
urſachen die Tauben zur Strich: und Zugzeit (März, A
ſcharenweiſe in Freifaaten und Kämpen einfallen; je ı
deckt worden find, um fo mehr leiden die Saaten.
Den nachteiligen Eingriffen ber Tauben in die Ru
ftehen gelegentliche Unterftügungen im Kampfe gegen |
Die Ringeltaube namentlich ift mehrfach als Vertifgerii
fpanner, Eichenwidier, der Fichtenblattweipe) aufgetreten
fuchungen ergeben!) Haben, unter Umftänden eine ganz we|
Die Ringeltaube (größte Art) bewohnt den Hoc
falls, beanfprucht aber alte Beſtände mit hohlen Bär
Buchenhochwald bietet. Die Turteltaube (Heinfte A
hölzer, und zwar beſonders die von Feld oder Wieſe
der Nähe von Gewäflern.
2. Schutzmaßregeln.
Als Schugmittel kommen bie im IV. Zeil (6. 11:
jedoch ſchützen Scheuchen nur anfangs.
Der Abſchuß geſchieht am beften durch Loden
ober auf der „Sulze“ oder „Beize".
Zu Iegterem Zwecke richtet man auf den gefährbeter
Behälter mit gelalzenem Lehm, etwas Anis, Hanf, Mohn ı
einfallenden Tauben aus einem Berftede.
1) Sing: har. Ihrb. 1909, 318. — Bol. ferner For
Häher. 11
UI. Zeil.
Hãher.
1. Schödlichteit.
1. Der Eichelhäher (Garrulus glandarius L.) wird forſtſchädlich dur Ver⸗
zehren von Eicheln, Buchedern, Hafelnüffen, Kirfchen und anderem Obſt, fowie
von Baumknofpen (im Winter), ferner buch Herausfharren von Saatgut,
namentlich Eicheln und Bucheln!), vor und nad) der Keimung. Beſonders unan-
genehm für den Forſtwirt wird ber Häher, wenn er auf
Eichelfantbeete auffällt; die Kultur wird dann oft großen-
teils vereitelt. Er hadt, um des Inhaltes der Eicheln hab⸗
baft zu werben, mit der Spige des Oberſchnabels zunächſt
ein breiediges Loch unter dem Fruchtbecher und erweitert
dann dasfelbe, um die Eichel auszuhöhlen (Abb. 50a). Die
an manden Früchten (bei b) erfichtlihen Querriſſe rühren
von bem abgeglittenen Unterfchnabel her. Hin und wieder?)
ift der Eichelhaher auch durch Ver beißen von Gipfelknoſ⸗
pen ber Tanne ſchadiich gervorben. Er pfuſcht dadurch dem" Zgrtnom doatet
Eichhörnchen ins Handwerk und wird von Ed?) und Barg- (net &r, nad Altum).
mann?) ſogar als der fange eit gefuchte Erzeuger des ftellenweife empfindlichen Gip⸗
feltriebverbißſchadens angefehen. Außerdem fallen dem Eichelhäher Nefträubereien
nit ſchwer; er wird von manden Seiten als böfer Wögelbrutvertilger bezeichnet.
In der Regel vergreift er fi an Kleinvögeln und deren Bruten aber wohl nur im
Notfalle zur Erhaltung der. Nachkommenſchaft und bei großem Nahrungsmangel.
Durch Verfteden von Eicheln und Bucheln in Erdlöcher, die er mit dem Schnabel
ftößt, trägt er zwar mit zur Verbreitung diefer beiden Holzarten bei; jedoch ift diefer
Kultur bei unferem heutigen Sorjtbetriebe große Bebeutung im allgemeinen nicht bei—
zulegen. Immerhin gibt e3 Fälle, mo derartige ,Vogelſaaten“ jo vollftändig geworden
find, daß Nachbeſſerungen kaum notwendig waren, um die betreffenden Flächen in Ber
ſtand zu bringen. Wertvoll ift die fultivatoriiche Tätigkeit bed Hähers namentlich in
fi Licht ſtellenden Kiefernbeſtänden. — Beachtenswerter ald die legtgenannte Licht:
feite des Hähers ift aber zweifellos feine Beteiligung an der Mäufe: und Juſekten⸗
vertilgung; der bezügliche Nuten vermag jeboch die obigen Nachteile nicht aufzuwiegen.
Das Berfteden der Eiheln und Buchedern im Boden geichieht, um diefe ſpäter — bei
knapp werbender Nahrung — wieder aufzuſuchen. Dabei wählt der Eichelyäher mit großer
Umficht ſolche Örtlichfeiten zum Verftede, in denen bie Früchte durch andere Tiere (Mäufe)
nit leicht gefunden werben. Die Samen werben (mohl aus Schlauheit) einzeln, nicht in
Haufen, untergebracht. Inſeltenlarven und Buppen hadt er hauptſächlich im Winter und Früh:
jahr aus dem Boden. Blantenburg°) berichtet, wie verdient fid in einem beftimmten
Falle die Eichelhäher durch Vertilgung von Spannerraupen gemacht haben. Jeder Häher
hatte durchſchnitilich etwa 3040 folhe Raupen (vorwiegend der Art Cheimatobia bru-
mata L. angehörig) im Schlunde. Auch Käfer aller Art nimmt er hin und wieder auf.
Bed beobachtete in der ſächſiſchen Schweiz eine auf einem friihen Kahlſchlage (Sommer:
ſchlage) Hinter Inſekten Herjagende Häherfamilie und fand den Kropf eines zum Zmede der
1) Atum: Btſcht. f. F. u. Iw. 1879, 140. — 2) Ed: Forſtw. gbl. 1904, 588. —
Bargmann: Taj. 1905, 290. — 3) Foritl. BI. N. F. 1886, 272.
112 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
Seftftellung der Beute gejchofjenen Eremplares vollgefült mit Tetropium luridum, Rha-
gium-Arten, Lamia aedilis, Clerus formicarius u. a. Auch die Imagines des Fiefern-
ipinners, der Nonne, find nicht ſicher vor dem Häher, er ſcheint namentlich den $ (der Eier
wegen?) nachzuftellen.')
2. Der Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes L.), ein Bewohner der Fichten-
waldungen jüdlicher Gebirge (Schwarzwald, Bayerifches Hochgebirge, Tirol, Schweiz),
in Mittel- und Norddeutichland felten, nährt ſich von Hajelnüffen, Eichen, Bucheln,
Wacholderbeeren und in feiner Heimat befonderd von Birbelnüffen. Für dieſe befigt
er eine große Vorliebe. Die natürlichen Verjüngungen künnen dadurch wejentlich be-
einträchtigt und die fünftlichen Arvenfaaten ſchwer gefchädigt werden. Wie hoch man
den Schaden ſtellenweiſe einfchäßt, geht Daraus hervor, daß im Jahre 1900 in Grau⸗—
bünden (in den Kreiſen Oberengabin und Obtasna) für den Abſchuß von 480 Tannen
hähern nicht weniger als 480 Franks Prämien bezahlt wurden. Außerdem fchadet er
ebenfalls durch Zerſtören der Bruten forftnüßlicher Vögel.
Auch diefer unruhige und bewegliche Vogel entfaltet durch Verſchleppen und
Bergraben von Birbelnüfjen eine kultivatoriſche Tätigkeit, welche deshalb höher an-
gefchlagen werden muß als bei dem Eichelhäher, weil fie in Ortlichkeiten (Hochge⸗
birge) ftattfindet, die größtenteil8 auf Selbftanfamung angewiejen find, und wo die
toftenlofe Fortpflanzung des Waldes von befonderem Werte ift.?) Berner trägt auch
er mit zur Vertilgung der Inſekten bei.
Heyromsfy?) behauptet, daß ein großer Teil der Zirbelkiefernbeſtände durch diejen
Bogel begründet worden jei, und führt einen fpeziellen Fall an, in welchem eine mit ein-
zelnen Lärchen beftandene Bergwieſe ohne menſchliches Zutun lediglich) durch die Tätigfeit
dieſes Vogels binnen acht Jahren in einen fompleten Zirbenbeftand umgewandelt wurde.
Auch Sammereyer nennt (Dfterr. %. u. 3.:3tg. 1906, 79) den Tannenhäher ben „taft ein-
zigen Pflanzer der Zirbe in der von ihr befiedelten Hochregion der Alpen”.
2. Schutzmaßregeln.
4. Bededen der gefährdeten Kämpe mit Dornenreiſig oder Schutzgittern, ganz
beſonders dann, wenn es ſich um Herbſtſaaten handelt.
Die Schutzgitter beſtehen entweder nur aus Holz (Holzrahmen mit aufgenagelten Latten)
oder aus einem Holzrahmen mit überſpanntem Drahtgeflecht.
2. Mennigen des Saatgutes (vgl. unter IV. ©. 115). 1 kg Mennige reicht für
1 hl Eidheln.
3. Fang in Dohnen, in welche man Haſel- und Zirbelnüffe als Lockſpeiſe hängt.
Nach Eberts (Btichr. |. F. u. Iw. 1904, 272) Haben fich auch Heine Tellereifen (Grell
Nr. 127a) durchaus bewährt. Sie werden mit einer Eichel befödert, ſchwach mit Erde
bedeckt und mit einem ſtarken Bindfaden an einem Pflode befeitigt.
4. Abſchuß, namentlich im Herbfte, wenn die Häher von einer Fruchteiche zur
anderen ftreichen.
Beim Abſchuß kann ein zufällig flügellahm geichofjener, jonft aber unverlegter Häher
mit großem Erfolg als Lodvogel benutzt werden. An einen Ständer mit Bindfaden ges
fejfelt und an einen Pflod angehangen, zieht der Gefefjelte durch jein Gejchrei feine Ge⸗
ſchlechtsgenoſſen in befter Weile herbei.
1) 2003: Omith. Monatsſchr. 1902, 510. — 2) Bechtold, J 3 f. d. geſ. Fw.
1879, 195. — 3) Vereinsſchr. f. F., I. u. Naturkde. 1885,6, 6. Heft, 1
Finkenartige Vögel. 113
IV. Teil.
Finkenartige Bögel.
1. Scäpligteit.
1. Der KRernbeißer (Coccothraustes vulgaris Briss.) nährt ſich von verjchie-
denen Baumfjämereien, vor allem von Kirichternen, dann von Hornbaum:, Ahorn,
Eſchenſamen, Bucheckern, auch Erlen, Ulmen: und Nadelholzſamen. Man fieht „Die
Spuren jeiner Tätigkeit mitunter maſſenweiſe im Schirmbereiche der von ihm bes
fallenen Stämme auf dem Boden liegen. Er ſchadet ferner duch Ubbeißen von
Laubknoſpen. Im allgemeinen tritt aber die Schäblichkeit dieſes Vogels mehr in
Gärten und Kirfchplantagen zutage als im Walde.
2. Der Buchfink (Fringilla coelebs L.) nährt ſich u. a. au) von Nadelholzſä⸗
mereien, zumal der Kiefer, Fichte und Lärche und verbeißt auch die eben im Ent-
falten begriffenen Samenlappen der Koniferen, folange fie noch von der Samenhülle
umfchloffen find. Auch Buchedern und Buchenkotyledonen werden von ihm ange-
nommen. Jene werden ſeitlich aufgehadt und dann entleert. In ähnlicher Weije bes
tätigt fi auch der Grünling.
| 3. Der Bergfinf (Fringilla montifringilla L.), ein Bewohner bes höheren
Nordens, ericheint im Spätherbft und Winter bisweilen in großen Zügen in Deutjch-
land und ſtellt vorzugsweiſe den Buchedern, weniger den Nadelholzfämereien, nad).
Im Frühjahre verbeißt er gleichfalls die über den Boden fich erhebenden, eben bie
Hülle abftreifenden Buchenkotyledonen.
Beide Finfenarten werden durch dieje Beihädigungen den Nadelholzkämpen.
Buchelſaaten und natürlichen Buchenverjüngungen höchſt nachteilig, zumal da fie recht
zudringlich find und fich Schwer abwehren laſſen. =
4. Der Erlenfint (Fringilla spinus L.) bevorzugt den Samen der Erle, je
doch Stellt er auch Birken-, Fichten, Tannen⸗ und anderen Nadelholzjämereien oft
recht empfindlich nach. |
Ein feines Gegengewicht erhält die Schäblichleit dieſer vier Arten durch ihre
Inſektennahrung. Der Kernbeißer fängt Maifäfer, mitunter ſogar im Fluge, um fie,
auf einer Baumſpitze fitend, ſtückweiſe zu verzehren, wobei er die harten Flügeldecken
und Beine als ungenießbar fallen läßt.
5. Die äußerft gefräßigen Kreuzfchnäbel!) kommen namentlich in Samen-
jahren der Fichte und Kiefer in großen Schwärmen aus dem nördliden Europa zu
uns gezogen. Ihre Nahrung befteht aus Baumfämereien und Beeren, zumal aus
Fichten», Kiefern, Lärchen-⸗ Hornbaum-, Erlen:, Ahornfamen, Kernen der Vogel⸗
beere und anderer Sorbusarten uſw. Sie beißen die Zapfen der Nadelhölzer an den
Stielen ab, um die Schuppen mit den Schnabeljpigen zu öffnen und die Samen her-
auszuholen. Zu diefem Zwecke ſpaltet der Kreuzſchnabel die Schuppen der Länge
nad gewöhnlich einmal, jeltener zweimal, wie die unter den beflogenen Bäumen
umberliegenden Zapfen deutlich zeigen.
1) Allg. 5. u. %.-Btg. 1862, 160. — Baur: Daſ. 1862, 362.
Heß, Forftihug. I. 4. Aufl. 8
114 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Der Fichtenkreuzſchnabel (Loxia curvirostra) bevor⸗
zugt den Fichtenfamen, frißt aber bei Mangel an ſolchem auch
Kiefern: und Lärchenſamen. Die Nahrungsaufnahme geihieht
in der Weife, daß er fi an die Fichtenzapfen anflammert, bie
Schuppen fpaltet (Abb. 51 und 52) und die Samenkörner her⸗
ausholt, ober indem er den Bapfen am Stiel abbeift und ihm
im Schnabel auf einen bequemen Aſt trägt. Bei letzterem Vers
fahren werben viele Zapfen fallen gelaffen, ohne irgendwie bes
ſchädigt zu fein. Bei noch grünen, Anfang Yuguft bearbeiteten
Bapfen Hat man aud) beobachtet, daß die Samen aus bem hän-
genden Zapfen ohne Aufipalten der Schuppen herausgeholt
wurden. Siefernzapfen werben vom Fichtenkreuzſchnabel erft
dann angenommen, wenn ihre Schuppen fi etwas geöffnet
haben.
Der Kiefernkreuzſchnabel (L. pityopsittacus) frißt
ebenfalls alle Nabelholzjamen, bevorzugt aber Kiefernfamen
———— — —— und nimmt ſämtliche Kiefernarten an. An der gemeinen Kiefer
dom Sichteöterugfänabet beißt er die zu entlörnenden Bapfen meift ab und hält ſich dabei
ne. 5, mehr an die Heinen und mittelgroßen, die ganz großen werben
nicht angenommen. Beim Entleeren der Zapfen werden die
Schuppen nicht einzeln in die Höhe gehoben, fondern partienweife. Es bleiben immer
zwei oder mehrere feſt miteinander vereinigt und werben als einheitliches Ganzes in
der Mitte geipalten.
Bei Mangel an Nadelholzſamen halten fich beide Kreuzſchnäbel an Els⸗ und
Ebereſchenbeeren; felbft Difteln und Kletten verſchmähen fie nicht. Auch ift beobachtet
worben, daß fie Samenlappen junger Buchen abbeißen.
Ferner wird ihnen von manchen Seiten!) Schuld gegeben, daß fie ſich (wenigſtens
ber Fichtenkreuzſchnabel) in mangelnden Samenjahren (zumal im Winter) mit an dem
Abzwiden oder Abdrehen junger Gipfeltriebe der Fichten beteiligen. Wie bereit? S. 84
erwähnt, hatten ſchon J. G. Bedmann und I. M. Bechſtein die Kreuzſchnäbel in dies
ſem Verdachte. Das Abzwiden der Gipfel- und Quirltriebe ſcheint
aber erſt zu erfolgen, nachdem die Knoſpen ausgehöhlt worben find.
Sicher werden die Knofpen, befonder3 die Endlnofpen, vielfach
ohne weitere Verlegung ber Triebe mit einem feinen Längs-
Schnitt geöffnet und ihres Kernes beraubt. Die Rnofpenhülle
bleibt bis auf die ſchlihartige Öffnung unverfehrt, fo daß ber
Schaden leicht überfehen wird. Auch an Kiefern will man das
Abbeißen der oberften Gipfelfnofpen durch Kreuzfchnäbel beob-
achtet haben.
266.59. Lärdenzapfen, 2. Schugmaßregeln.
vom Fiötentzeugfänabel . . Bu
—— 1. Verſchieben der Saaten bis nach beendigter Strichzeit.
2.Sorgfältigeres Decken des Samens mit lockerer Erde.
1) Altum: Waldbeſchädigungen durch Tiere uſw. Berlin 1889, 261. — Derß: Btfchr.
f. F. u. Im. 1897, 224, 450. — Schleicher: Allg. 3. u. J-Btg. 1911, 418.
Finkenartige Bögel. 115
3. In Kämpen Schuß ber Saatbeete durch Dedmittel aller Art (Reifig, Dor-
nen, Moos, Nege, Stroh, Saatgitter). Ganz befonders empfehlen fich engmafchige
Drahtgitter.
4. Beijhleunigung der Keimung durch Verwendung angequellten bzw. au:
gefeimten Samen.
5. Desinfekton ded Samens vor der Ausſaat durch Behandlung mit bün-
ner 1— 2%, iger Karbollöſung.
6. Überziehen des Samens mit einer Schredfarbe, am beiten durch Behand-
lung mit Bleimennige.
Die Mennige wurde zuerft von John Booth!) inden Baumfchulen zu Klein-Flott:
bed (bei Altona) bei Ausſaat wertvoller amerifanticher Koniferen mit Erfolg angewendet.
Seit dem Frühjahre 1878 fanden ausgedehnte Verſuche mit Mennigfärbung verichiedener
(auch einheimiicher) Koniferen in den preußifchen Oberförftereien Biefenthal und Liepe ftatt;
man hatte aber nicht den gewünfchten Erfolg, indem Die Vögel den Samen aus den (roten)
Hüllen herausſcharrten und nad wie vor die Köpfchen der Keimlinge abbiſſen.) (In den
Kämpen der Oberföriterei Lautentdal-Oft zeigte fich ebenfalls fein Erfolg. Hingegen be:
währte fi) das Mittel in der Oberförfterei Elbingerode (am Harz)?) bei dreijähriger An-
wendung (von 1878 ab) volllommen. Hier foftete Die Bewachung der Fichtenfaatbeete (16 a,
in fieben Schußgbezirle verteilt) bis 1877 jährlich bis zu 160 ME., während das Material
für dad Boothſche Berfahren nur 6 ME. an Auslagen verurfachte (auf 24 kg Fichtenfamen
6 kg Mennige), jo daß eine Eriparnis von rund 150 Mk. eintrat. Hier und da nahmen
zwar bie Finken noch einige Samenkörner an, allein fie verließen ſchließlich die Beete.
Dieje verichiedenen Erfolge veranlaßten Booth*) zu einer Replik, in welcher er die
von Riedel beobadhtete Erfolglojigfeit der Methode der Färbung einem zu ſchwachen Über:
zuge zuichrieb und nochmald genau auseinanderjegte, wie man bei der Vorbereitung des
Samen verfahren müſſe. Booth jchreibt vor, ven Samen in einem Gefäß ordentlich, je-
doch nicht derart anzufenchten, daß Waller auf dem Boden bes Gefäßes ftehenbleibt. Auf
den angefeuchteten Samen wird unter fortgejegtem Umrühren Mennigpulver geftreut, und
zwar foviel und folange, bis jedes Samenkorn von dem roten Überzug alljeitig bededt ift.
Der Samen wird dann ausgebreitet, um zu trodnen, und ift verwendungsfähig, wenn der
Überzug zu einer feften Krufte erhärtet ift.
Im allgemeinen find mit dem Mennigen de3 Samens zwar nicht immer, aber doch
in den meiften Fällen recht zufriedenftellende Ergebnifje erzielt worden. So zeigten auch
wiederholte Verſuche in den Eberswalder Korftgärten, im Frühjahre 1881 angeftellt, gleich:
fall guten Erfolg. Man eriparte hierdurch, an jährlichen Hütungstoften etwa 60—70 Mt.
verfuhr aber bei Anwendung des Mittels infofern anders ald Booth vorgejchrieben Hatte,
indem man nicht den Samen, jondern die Mennige anfeuchtete. Für 7 kg Samen war 1kg
Mennige erforderlich; die Koften (für Material und Urbeit) betrugen für 1 kg Samen rund
10 Pf.) (1 kg Mennige koſtet 0,80—1,00 ME.).
Der Einfluß der Mennige auf den Samen ift von U. Lieslar?) (Wien) unterfucht
worden. Hiernach verzögert der Überzug mit Mennige den Beginn der Keimung um etwa
einen Tag. Diefer Einfluß ift unbeacdjtlih, da die mit Mennige gefärbten Samen beinahe
ftet3 fo hohe Keimprozente erreichen als die nicht gefärbten. Es liegt aljo fein phyfiologi-
ches Bedenken vor, das Mittel anzuwenden; überdies ſchützt es die Samen längere Beit
vor Schimmelbildung. Nah Cieslar joll beim Mennigen in folgender Weiſe verfahren
werden: In einem weiten Gefäße wird aus Wafler und 1 kg Mennige ein nicht allzu
dicker Brei angerührt und in diefen 7—8 kg Samen, jedoch in Partien von etwa je 2 kg
gejchüttet, wobei das betreffende Gefäß fortwährend bewegt werden muß. Das Nachſchütten
einer friichen Portion Samen darf erft nach vollendeter gleihmäßiger Färbung der bereits
im Gefäß befindlichen Samen gefchehen. Die Färbung ift vollendet, wenn wenige hinzuge-
1) Ziſchr. f. 3. u. Fw. 1878, 548. — 2) Riedel: Daf. 1880, 576. — 3) Grütter:
Daf. 1880, 637. — 4) Daf. 1881, 60. — 5)v. Alten: Da. 1881, 527; 1886, 727. — 6) 3bl.
f. d. gef. Fw. 1385, 510.
8*
116 Erſtes Bud. Schutz gegen Tiere.
ſchutiete Samenförner beim Schütteln und Umrühren teine Farbe annehmen. Die a:
den des Gefäßes ſich anjammelnde teigartige Mennige muß wieberholt mit einem
Löffel aufgefragt und mit dem Samen gemiſcht werden. Die Samen brauchen nic
getrodnet zu werben, fonbern Iaffen ſich fogleih ausſaen, ohne fi} zu ballen. Die
der Färbung belaufen ſich für 1 kg Samen auf etwa 6 Kr. 5. ®. einſchließlich dei
fahrens jelbft.
Ein von ber chemiſchen Fabrik 2. Meyer in Mainz unter dem Namen &
neuerdings in den Handel gebradhtes Teerpräparat zur Desinfektion der forftlichen |
zeien gegen Tierfraß Hat fi nach den Erfahrungen ſächſiſcher Revierverwalter um
den Unterfuhungen Negers') nicht bewährt, weil es die Keimfähigfeit der Samen
lich zu beeinträchtigen ſcheint.
7. Scheuchen helfen (namentlich gegen die Finken) nicht viel.
Am eheiten wirkt noch das Überjpannen ber Saatbeete mit Faden, in welche
Federn oder grellfarbige Tuchſtreifen eingelnüpft find. Ausgeftopfte Raubvögel in fi
ober ſchwebender Stellung ober atuftiiche Scheuchen (Weolsharfen, an Schnuren Häı
Slajchen ohne Boden, an deren Wandungen ein im Innern herabhängender Nagel anf
u. dgl.) Halten die Wögel meift nur furze Beit vom Einfallen auf bie fo geicjlipten Släd
8. Bewachen der Saaten während der gefährdeten Periode, verbunde
Häufigem Blindſchießen. Bei großen Flächen ratfam, fonft zu teuer.
9. Abſchuß und Auslegen der gefchoffenen Tiere auf den Beeten. Diejes !
ift wirkſam, aber durch die Jagd» und Vogelſchutzgeſetzgebung für bie Heinen
verboten, folange nicht die Genehmigung der von den Landesregierungen bezeid
Behörden eingeholt worden ift (vgl. daB Vogelſchutzgeſetz vom 30. Mai 1908
bei. 8 5 Abf. 2).
Anhang.
Spechte.
Obſchon die Spechte mehr forſtnützlich als forſtſchädlich ſind, ſei dieſen
eſſanten Waldvögeln doch ſchon hier eine beſondere Beſprechung gewidmet, w
ihre Bedeutung nicht mit einem Federſtriche zeichnen läßt und dann im folk
Abſchnitte (Lehre vom Inſelktenſchaden) Hierauf verwiefen werden kann.
Die Literatur?) über die Spechte und ihre wirtſchaftliche Bedeutung ift im
der Beit, namentlich feit dem Erſcheinen der Altumfchen Anklageſchrift, ziemlü
fangreich geworben.
1. Spechtarten.
In Deutſchland fommen aus der Familie Picidae folgende acht Arter
1. Schwarzſpecht (Dryocopus martius L.).
2. Großer Buntſpecht (Dendrocopus major L.).
1) Thar. Jahrb. 1912, 336.
2) Bur Literatur über die Spechte:
Altum: Unfere Spechte u. ihre forftl. Bedeutung. Berlin 1878. — v. Hon
€. F.: Die Spechte u. ihr Wert in forftl. Beziehung. Frankfurt a. M. 1879. — Loo
Schwarzſpecht. Sein Leben u. feine Beziehungen zum Forſthaushalte. Wien u. Leipzi
— Bl. ferner: Braund Monatsfcrift f. d. 3. u. Iw. 1861, 18. — Borggreve:
Blätter. N. F. 1877, 89. — Werneburg: Ztichr. f. F. u. Iw. 1878, 437. — 4
1879, 62. — Henſchel: Zbl. f. d. gel. Im. 1879, 599 — Hefi: Daf. 1880, 1
Baer u. Uttendörfer: Ornith. Monatſchr. 1898, 195, 217. — Leijewig: Be
d. Ornith. Geſellſch. i. Bayern 1904, 64.
Spechte. 117
3. Mittlerer Buntfpecht (Dendrocopus medius L.).
4. Kleiner Buntjpecht (Dendrocopus minor L.).
5. Weißrüdiger Specht (Dendrocopus leuconotus Bechst.).
6. Dreizehiger Specht (Apternus tridactylus L.).
7. Öraufpecht (Picus canus Gmel.).
8. Grünfpecht (Picus viridis L.). |
Am jeltenften find hiervon bei uns die Arten 5 und 6; auch der Schwarzſpecht
kommt nur in größeren Waldlompleren vor. Unter den Buntipedhten ift major am
häufigften. Die legten beiden Arten werden auch unter der Bezeichnung „Erdſpechte“
zufammengefaßt.
2. Urteile über die forftlide Bedeutung der Spethte.
Die Anfichten über die forftliche Bedeutung der Spechte haben fi) im Laufe
der Beit verfchiedene Male geändert. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hielt man
die Spechte für jchäbfich, weil fie Löcher in (mitunter fogar gefunde) Stämme haden.
Schon J. G. Bedmann (1784) erhebt diefe Anklage gegen die Spechte. Auf ihre
Erlegung waren damals Prämien gejegt (1%, Sgr. für 1 Stüd). Erft 3. M. Bed:
ftein (1802) hat ſich des Spechtes als eines forjtnüglichen Vogel! angenommen,
ebenjo Fr. 2. Walther (1803) und in neuerer Seit befonderd C. W. 2. Gloger
(feit 1865). Allein man verfiel nun in das entgegengefete Extrem, indem man den
Spechten vielfach eine außerordentliche Tätigkeit in bezug auf nfeltenvertilgung zu⸗
Ichrieb und ihre holzzerftörende Tätigkeit ufw. ganz überjab.
Eine Reaktion in diefer Beziehung wurde dann durch Altum)) dadurch ein-
geleitet, daf diefer Autor der Unficht Ausdruck gab, die Spechte könnten eigentlich
fein Gegengewicht gegen die hauptſächlich ſchädlichen Inſekten (Borkenkäfer) bil-
den, da fie mehr größeren, forftlich indifferenten Rinden⸗ und Holzinſekten (Bock⸗
fäfern) nachftellen. Altum mies ferner darauf hin, daß bie von den Spechten ver:
urſachten Beichädigungen an Stämmen uſw. unter Umständen recht erhebliche find.
Gleichwohl will Altum den Spechten aus äfthetifchen Gründen Schonung anges
deihen laſſen, weil fie den Wald beleben und dad Auge des Forſtmanns erfreuen.
Judeich? neigt ſich der Altumfchen Anficht in bezug auf bie forftliche Bedeutung
der Spechte zu, geht aber nicht fo weit in der Verurteilung der Spechte wie diejer.
König®), Döbnert), Vogt?), Adolf und Karl Müller‘), Tafhenberg”’), Borg:
greve®), Nördlinger, von Homeyer, Henſchel u. a. find Hingegen der Anficht,
daß der Nuben bes Spechtes den von ihm angerichteten Schaden überwiegt. Auf rund
langjähriger Beobachtungen im Walde teilen wir diefe Meinung ganz entichieden.
3. Schödlichteit der Spechte.
Die Spechte ſchaden durch Verzehren von Holzfümereien, Berfegen der
Rinde junger Heiſter und Anſchlagen älterer injeftenfreier, gefunder Stämme, Rin—
— m ou
1) Forftzoologie, 2. Aufl., II. Bd. 1880, 74—139. Bgl. auch die früher zitierten Ab⸗
handlungen. — 2) Rapeburg: Waldverderber ufw., 7. Aufl. 1876, 24 u. 256 bis 263. —
8) Waldpflege, 3. Aufl. 1875, 70 u. 88. — 4) Handb. d. Boologie. 1. TI., Aſchaffenburg
1862, 228. — 5) Borlejungen üb. nüpliche uſw. Tiere. Upzg. 1864, 54. — 6) Die ein-
heimifchen Säugetiere u. Vögel Lpzg. 1873, 172. — 7) Forſtwirtſch. Inſektenkunde. Lpzg.
1874, 465. — 8) Forftl. BI. N. F. 1877, 89.
118 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
geln gefunder Bäume, Zimmern von Nifthöhlen und gelegentliches Bebaden
von Gegenftänden der menſchlichen Wirtſchaft (3. B. Telegraphenitangen, Schindel-
dãchern).
a) Samenberzehrung .
Samen, und zwar vorzugsweiſe Nadelholzſamen, nimmt nur der große Bunt:
ſpecht in erheblicheren Mengen auf. Er klemmt die Zapfen, welche er vom Baume ab⸗
bricht, in die tiefriffige Rinde alter Bäume ober zwiſchen Aftgabeln ein (Abb. 53)
und zerffaubt dann die Schuppen von ber Spike aus mit feinem meißelfürmigen
Schnabel, um die darunter liegenden Samen hervorzuholen. Iſt die eine Seite leer,
fo wird der Zapfen herausgehoben, umgebreht und auf ber anderen Seite befeftigt.
Die Zapfen (Abb. 54) fehen eigentümlich zerftoßen bzw. in viele einzelne Fäden
zerfaſert aus und harafterifieren fich Hierdurch gegenüber ben von den Kreuzſchnä—
bein bearbeiteten. Die zerffaubten Bapfen bededen den Boden unterhalb der be—
falenen Bäume oft maſſenhaft. Iſt die nächfte Umgebung einer folgen „Specht=
oder Zapfenſchmiede“ ausgeplündert, jo
begibt ſich der Vogel weiter, um eine neue
anzufegen. Die Buntſpechte ſchlagen auch
Walnüſſe, Haſelnüſſe, Eicheln, Bucheckern,
Kirſchlerne uſw. auf und verzehren auch, wie
der Grau⸗ und Grünſpecht, Vogel⸗ und Wein⸗
beeren, Beeren des Hirſchholunders ufw.
Der durch die Samennahrung herbeige⸗
führte Schaden iſt bedeutungslos, da alle
Spechtarten nur vereinzelt im Walde auftreten.
b) Anihlagen geiunder Stämme.')
Diefe Beſchädigungen gehen faft aus:
ſchließlich vom Schwarz: und vom großen
Buntſpechte aus und erjtreden fich beſonders
auf freiftehende ober eingefprengte, durch ihre
Farbe oder in fohftiger Weife auffällige
Stämme, ſowie auf neu gepflanzte Holzarten.
Bon Heiftern find zumal frifch gepflanzte Ei—
hen, Buchen, Atazien, Ulmen, Linden, fremde
Weißdornarten uſw. dem Zerfeßtwerben durch
Schnabelhiebe ausgefegt. Altum berichtet
über einen Fall, in dem von 227 im Cho—
riner Revier als Chauffeebäume angepflanz:
ten jungen Acer Negundo 176 Stüd vom
großen Buntſpecht durch Berhaden der Rinde
mehr oder weniger beihädigt wurden. Bon
1) Prauns: Bra f. d. 8 u. Iw.
i 1861, 13. — Altum: Bl. f. d. gej. Zw. 1875,
— ———
Spedhte. 119
älteren Stämmen kommen vorzugsweiſe in Betracht:
Alleebäume (PBappeln, Linden ufw.), eingefprengte
Eichen, Eichen, Uhorne oder Birken im Nadelwald,
Ufpen, welche ſich aus nieberem Geſtrüpp erheben,
Randbäume uſw. Die meiften derartigen Verlegun:
gen finden im Frühjahr und zu Unfang des Sommers
ftatt.
2008 macht in feinem Buche über den Schwarzipecht
G. 125ff.) dieſen für Schälbejhädigungen an 30—40jäh:
rigen Kiefern auf der Herrfchaft Liboch in Böhmen haftbar.
Die Kiefern wurden an ben bünnrindigen Stammteilen
durch Ubhaden 1 cm breiter, 5—10 cm langer Rinden-
freifen geihält. Einzelne Bäume wieſen 6—8, bisweilen
der Rechtedsform ſich nähernde Schälftellen auf, beren
Größe zwiſchen 30 und 160 ccm ſchwanite und vom benen ”
einzelne den gröhten Teil des Stammumfanges einnahmen.
Die beim Schälen abgeihlagenen Rindenftüde erfheinen an
ihrem oberen Rande franfig, weil fie hier durch mehrere ver⸗
tital geführte Schnabelhiebe losgetrennt werden, am unteren
Ende find fie meift ziemlich glatt abgeſchiagen Wo bie
Rinde feit figt, wird fie durch Querhiebe in Meinen Stüden
abgeiprengt; an dem geihäften Stellen fieht man dann bie
Spuren ber tangential geführten Schnabelhiebe als ſchwache
Duerftreifung.
Das Anſchlagen bzw. Schälen völlig gefunder
Stämme -ift natürlich zunächſt eine zweifellos ſchäd⸗
liche Tatigkeit des Spechtes, kommt aber im allgemeiz Wbb-B« —S om Spechte
nen viel zu felten vor, um als erheblich belaftender
Saktor gelten zu können. Mitunter gehen diefe Beſchädigungen nur von einem ein:
zelnen Spechte aus und hören mit deffen Abſchuß auf.
Der Grund dieſer Beihädigungen ift nicht befannt. Da der mit fo feinen Sinnen aus-
geftattete Specht Infelten in folhen Stämmen gewiß nicht fucht, bleibt ben Vermutungen
ein großer Spielraum geöffnet. Man kann Übermut, Spielerei, Neugier, Sucht nad) Fremd:
artigem, Wunſch nad) Erprobung der Schnabeltraft unterftellen, man fann aber aud) einen
Bufammenhang mit Caftgenup zu fonftruieren derſuchen, da dad Schälen, wie das gieich
zu nennende Ringeln, während der Saftzeit ftattfindet.
©) Ringelung gefunder Stämme.')
Die auffalendfte Beihädigung, die Hauptfählich vom großen Buntſpecht,
aber au vom Schwarzipecht und (fpeziell an Eiche) vom Grünſpecht an allen mög-
lichen Holzarten: Kiefer, Fichte, Tanne, Linde, Birke, Eiche, Erle, Aſpe, Pappel her⸗
vorgebracht wird, find die Spedhtringel. Sie entftehen dadurch, daß der Specht,
auf die Schwanzfedern ſich ftügend, ungefähr horizontal um den Stamm hüpft und
1) Berneburg: Ztſcht. f. 3. u. Iw. 1873, 129; 1876, 274. — Altum: Dal. 1873,
134. — Boden: Daj. 1876, 395; 1878, 442. — Fuchs: Üb. d. Ringeln d. Spechte u. ihr
Verhalten gegen die Meineren Forftihädlinge. Naturw. Ztichr. f. 2. u. Fw. 1905, 817.
Eine ausführliche, die gejamte Literatur über die Spechtringelfrage überichauende und zu
Haren Ergebnifjen gelangende Arbeit.
120 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
in tadialer Richtung oder etwas von unten nach oben einſchlägt (Abb. 55). Ju
Stammteilen mit dünner Rinde ftehen die Hiebe dicht nebeneinander. Wo dide Borfe
vorhanden, werden Keſſel eingeſchlagen und mit der Beit bis 1,5 cm erweitert. Auf
dem Grunde diefer Keſſe
bis auf den Baft geführl
Ning gehörigen Einf!
in einer vollfommenen H
fondern in einer ſpira
verlaufenden Linie. Br
felten oder nie auf ein-
mal angelegt, fondern
zunãchſt nur Halb: oder
Stüdringe, die erft im
Laufe der Zeit zu Voll⸗
ringen verbollitändigt
werben ober Stüdringe
bleiben.
Geriugelt werben
alte und junge Bäume.
Die Ringelung beginn
am Stamme und wird
Krone fortgefeht, teilweife findet fie Yen epegminge eindiehe et Epeher cas vo ae
nur in der Krone ftatt. Die geringelten nad oben, zunägft immer auf dem Zamm des Ringels,
Stämme find gefund und infektenfrei. ſpater unterhalb der Ringelmitte (verfleinert, Orig. ©. 8.)-
Das Ringeln findet nur im Frühjahr, in der Saftzeit, und zwar faft ausſchließlich
in den Morgenftunden, ftatt und twird im zeitigen Frühjahr auf die Sommerfeite
de3 Stammes bejchräntt.
Die Folgen des Ringelns find Überwallung, wellige Verbreiterung und Verr
größerung des Jahresringes. Da die Überwallungsringe vielfach) jahrzehntelang im⸗
mer aufs neue behadt werben, heben fie ſich allmählich wulſt- und leiftenartig em⸗
por. In den unteren Stanmteilen nehmen bie älteren Überwallungsringe keilförmige
Form an und werden mehr dadjartig vorfpringend, während fie in ben höheren Bars
tien wulftig bleiben. Je mac) der Dauer bes Spechtbejuches und der Aberwallungs⸗
energie des geringelten Baumes treten bie Wülfte mehr oder weniger aus der Ober
fläche des Stammes heraus (Abb. 56).
Bon faljhen Vermutungen ausgehend, nannte man ſolche Bäume, die durch
oft zahlreiche übereinander ftehende Ringel ein bambusähnliches Ausſehen befommen,
vielfah Wanzenbäume.!) Gewöhnlich find e3 Kiefern, an denen die Spechtringel
als Überwallungsringe am beften ausgeprägt find. Wenn ber Specht die Auswahl
hat, wird die Kiefer überhaupt als Ringelbaum bevorzugt.
1) Es ift, wenn man von der ganz unglaubhaften Erflärung für bie Entftehung des
Wortes „Wanzenbaum‘ abfieht, {cher zu jagen, momit die Bezeichnungsweiſe zufammens
hängt. Das wahrſcheinlichſte ift wohl das, daß man bie von ben Spechten an didborligen
Bäumen vorgenommenen trichterförmigen Einfchläge von unten bzw. von weiten mit neben ⸗
einander figenden Baummanzen verglich und biejen ohne weiteren Erklärungsverſuch dad
Entftehen der Ringmulfte zufchrieb.
——4
Spechte. 121
Nach langen Auseinanderfegungen fiegt man jegt Ausbeutung
und Genuß des Baumfaftes ald Grund des bei ber Ringelung offen=
bar planmäßigen Vorgehens des Spechtes an.
König ſprach zuerft in feiner Waldpflege 1849 die Vermutung aus,
daß das Ringeln zum Bwede des Saftgenuffes erfolge. Boden unterftügte
diefe Theorie, indem er auf das Bufammenjallen der Inſektenfreiheit des
ganzen Stammes mit ber Ringelung hinwies und darauf aufmerfiam machte,
daß dad Ringeln ftet3 nur zur Gaftzeit erfolgt, wo ber Saft leicht fließt und
ſüßlich fchmedt. Werneburg meinte zunächft, der Specht zerhade bie in-
feltenfreien Stämme, um die Baftfafern bzw. Rindenteile zu genießen. Spä⸗—
ter neigte er fich aber, ba er die abgehadte Borke am Fuße der Stämmen
fand, ebenfalls der Gaftledungstheorie zu. Mltum vertritt bie jog. Per-
fuffionstheorie. Er unterftellt, daf der Specht aus dem Tone, welchen das -
Anſchlagen des Schnabels verurjacht, Hören will, ob der Schaft im In⸗
neren hohle Stellen hat bzw. von Inſekten bewohnt ift ober nicht.
d) Zimmern von Nifhöhlen.
Die Bruthöhlen werben nicht, wie gewöhnlich angenommen wird,
nur in bereit fich zerſetzendem oder durch Inſelten bereits angegrif-
fenem Holze angelegt, ſondern (namentlich vom Schwarzſpechte) oft
in vollkommen gefunden Stämmen. Der Schwarzipecht bevorzugt bei
der Anlage feiner Höhlen alte übergehaltene Bäume, namentlic) Kie-
fern und Fichten, vermag aber auch vollfommen gefunde, harte Laub»
hölzer (Buche) vortrefflich zu bearbeiten. Gern werben auch an Schlag:
ändern ftehende Bäume als Höhlenbäume benußt, vornehmlich, wenn up. 56. Riefer
fie, wie oft die Überhälter, nicht ſenkrecht, ſondern etwas geneigt ftehen. FE ri
Mit dem Zimmern der Niftgöhlen ift natürlich eine Holzent- den Eventringeln
wertung beſonders dann verbunden, wenn gefunde und ftarte Bäume Pe —S
angenommen werben. Der Schaden iſt aber ſchließlich nicht groß, \
wenn auch vom einzelnen Spechtpaare meift mehr Höhlen gezimmert werden ala es
felbft Braut. Die Spechte hängen keinesfalls immer mit großer Bähigfeit an ihrer
Wohnung, fondern überlaffen fie oft im Frühjahr ſchon nad) verhältnismäßig gerin-
gem Widerftande den verfchiebenen Bruthöhlenbewohnern. Den modernen Vogels
ſchutzbeſtrebungen, denen durch Wufhängen von Niftfäften für Höhfenbrüter gern
Opfer gebracht werben, wird Durch Begünftigung der Spechte zweifellos ein größerer
Dienft geleiftet.
e) Behaden von Gegenftänden der menihlihen Wirtſchaft.
Unangenehm ift in baumleeren Gegenden das Behaden von Telegraphenftangen !)
durch den großen Buntipecht, Hin und wieder auch durch den Schwarz: und Grünfpecht ge—
worden. Keine Imprägnationsmethode hat biäher hiergegen |hüpen Tönnen; auch Die Holz-
art Hat ſich ohne Einfluß erwieſen, indem ſowohl Eichen: als Kiefernftangen zerhadt wer
den. Die Berftörung wird mit Vorliebe an ſolchen Stellen begonnen, mo ſich Aftlöcher oder
Xöcher, die von Schrauben Herrühren, befinden. Das Reichspoſtamt hat deshalb in einem
Erlaß vom 11. Dezember 1881 angeorbnet, daß vorhandene Aft: bzw. alte Schraubenlöcher
feft mit Holgpflöden verfeilt und die von Spechten neu gehadten Löcher mit Steinfohlen-
teer verftrichen werden jollen.
1) Altum: Btichr. f. F. u. Im. 1882, 186. — Dandelmann: Dal. 1832, 432. —
Forftl. Bl. N. F. 1882, 61.
122 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
Hier und da hat man das Behacken von Holzbefleidungen bzw. Schindeln an einfam
gelegenen unbewohnten Gartenhäuschen uſw. durch den Schwarz ⸗ und den Grünſpecht beob-
achtet. Dieje Erſcheinung kommt aber jo vereinzelt vor, daß ihr eine befondere Bedeutung
nicht beigelegt werben fann.
4. Rützlichteit der Spechte.
Der forftliche Nugen der Spechte befteht in ihrer Infeltennahrung. Die
ſchãdlichen Inſelten, welchen die Spechte nadhftellen, leben teils frei am Boden oder
an Holzgewächien, teild haufen fie im Boden, teil3 endlich im Inneren ber Stämme
— in Rinde und Holz — und gerabe bie letzteren werben mit Vorliebe aufgefucht.
Der animaliſchen Nahrung gehen die Spechte hauptſächlich vom April ab bis
in den Spätfommer nad. Sie ergreifen Maifäfer, Nonnenraupen, piden Obftmaden
heraus, verzehren ben Inhalt ber Blattweipentönnchen, burchwühlen die Ameifen-
haufen und haden im Boden nach Engerlingen, Werren uf. Hauptjählih aber
meißeln fie an anbrüdigen Stämmen und Stöden nach Rüffel-, Pracht:, Borlen-,
Splint-, Bodtäfern, Holz: und Gallweipenlarven, Ameifen uf. An dem Zuftande
des Holzes erfennt ber Specht feine dort verborgene Nahrung. Beim Fang und
Hervorholen der Infelten aus Löchern und Riten kommt ihm der Bau feiner Bunge
vortrefflih zuftatten. Er befigt eine fehr lange und feine, vorn mit Widerhäfhen
bejeßte Bunge, welche pfeilſchnell bis in die verftedteften Borkenritzen vorgeſchnellt
und mit dem eroberten Inſelt ebenfo raſch wieder zurüdgezogen werben fann.
Den Hauptanteif an biefem Vertilgungsgefchäfte, welches eigentlich zu feiner
Jahreszeit ganz ruht, beanspruchen die Bunt: und die Erdſpechte. Die erfteren ars
beiten mehr im Holze, die legteren mehr an ber Erdoberfläche. Auch der Schwarz-
ſpecht ernährt fi mit Vorliebe von Ameifen, die er im Sommer aus dem Erdboden
hervorzuholen weiß, im Winter aber durch Zerftörung der Haufen gewinnt.
Die Spechte nehmen die Inſekten durch Geficht, Taftiinn und Gehör wahr. Ob der
Gehörfinn bei ihnen überwiegt, ift noch nicht fiher ausgemadt. Daß ben Spechten bie
fetten Biffen der forftfich ziemlich inbifferenten Rhagium-, Cossus- und Sirex-Larven lieber
find, als die Meinen Rüffel- und Vorkenkäferlarven, ift nicht in Abrede zu ftellen. Allein
wie erfolgreich bie Spechte doch auch gegen Ießtere zu Felde ziehen, Hatten wir wiederholt zu
beobachten Gelegenheit. Als fehr ſchadůche Arten, melden der Specht mit Erfolg nadfellt,
ſollen hier nur genannt werden: Pissodes picese, piniphilus, notatus, harcyniae; Hy-
lesinus piniperda, micans, poligraphus; Tomicus sexdentatus, typographus; Saperda
carcharias, populnea u. a. Weiterhin vertifgt der Schwarzſpecht die Larven ber Fichten-
bodtäfer (Tetropium luridum, Lamia aedilis und surtor), und der große Buntjpecht mei-
Belt u. a. auch Tomicus carvidens Germ. au Tannen heraus. Das Zerftören der Ameiſen-
haufen (durch den Schwarzſpecht und die Erdſpechte) kann allerdings, da die Ameiſen teil«
weile forſtlich nügliche Tiere find, nit als Nuhen in die Wagichale fallen. Nur dann,
wenn die holazerfrefienden Rieſenameiſen (Camponotus ligniperdus und herculeanus) ver:
folgt werden, läßt fi von einem bedingungsweiſen Nupen fprechen.
5. Schlußbemerkung.
Das Endrefultat unferer Betrachtung über die Spechte glauben wir hiernach
dahin zufammenfaffen zu können, daß diefe Vögel durch ihre auf Verminderung der
Infeften gerichtete Tätigkeit eine vorwiegend nügfiche Rolle im Haushalte der Natur
Spielen und baher von feiten des Forjtmannes zu ſchonen und nach Möglichkeit zu
Snfelten: Allgemeines. 123
begen!) find. Der Nuten der Spechte wiegt ihre hier und da zutage tretenden wald⸗
feindlichen Gewohnheiten reichlich auf.
Wir teilen die von Borggreve (a. a. D.) ausgefprochene Anficht, daß den
Spechten und anderen nützlichen Vögeln nur die Rolle der Bolizei im Naturhaus:
halte zufällt. Sie bilden ein gewifjes Gegengewicht gegen die übermäßige Ver-
mehrung mancher Inſekten; fie forgen dafür, daß der Inſektenſtand unter gewöhn⸗
lichen Verhältniſſen ein mehr oder minder normaler bleibt. Dies’bebeutet, wie Baer?)
ganz richtig heruorhebt, „eine Direkte und nicht unwichtige forftwirtichaftliche Lei-
tung”. Wie groß fie ift, läßt fich ſchwer ermeſſen. Die Gefahr, fie zu unterfchäßen,
ift aber größer als die Befürchtung, daß fie überichägt wird. Man muß ſtets deſſen
eingedent? fein, daß jede Inſektenkalamität aus Kleinen autochthonen Anfängen em-
porwächſt und daß rechtzeitiges Vorgehen gegen bie erften Keime der Schwerpunft
erfolgreichen Forſtſchutzes iſt. Die Machtmittel des Wirtfchafters find aber fo teuer,
daß fie meist dann erjt in Tätigfeit treten, wenn die Notwendigkeit des Kampfes
offen Far Liegt. Die vorbeugende Arbeit des Wirtfchafters, die in dem Streben nach
Reinlichleit im Walde einen mefentlichen Teil ihrer Aufgabe erfüllt, muß in den
Spechten ihre vornehmfte Hilfstruppe erbliden. Mit vollem Rechte erfreuen fich diefe
daher nach dem für das Deutfche Reich erlaffenen Vogelfchußgefeh von 1908 der
Schonung.
Wenn große Inſektenkalamitäten eintreten, fo leiftet überhaupt fein Vogel mehr
erhebliche Dienfte. An Stelle der Vögel treten dann die Ichneumonen, Tachinen,
Bilze und jonftige Milroorganismen, um unter den Raupen aufzuräumen. Es entſpricht
dies dem Geſetze der Arbeitsteilung, das wir in der Natur überall beftätigt finden.
Fünfter Abſchnitt.
Schunk gegen Infelten.
Wichtigſte Literatur über praftiiche Forftentomologie: Rapeburg, Julius Theodor
Ehriftian; Die Forftinjelten oder Abbildung und Beichreibung der in den Wäldern Preu-
ßens und der Nachbarftaaten als ſchädlich oder nüblich belannt gewordenen Snfelten. 1. Ti.
und Nachtrag: Die Käfer. Berlin 1837, 2. Aufl. 1839. IL. II.: Die Falter. 1840. II. Tl.:
Die Ader⸗, Zwei⸗, Halb-, Neg- und Geradflügler. 1844. — Derf.: Die Jchneumonen der
Forſtinſekten in forftlicher und entomologiicher Beziehung ufw. 3 Bde., Berlin 1844/48/52.
Beide Werke find Leiftungen erften Ranges; fie bilden die Grundlage des forftentomologi«
ſchen Wiſſens. — Nördlinger, H.: Nachträge zu Ratzeburgs Forftinjelten. Stuttgart
1856. 2. Aufl. u. d. T.: Lebensweiſe von Forftlerfen oder Nachträge zu Nageburgs Forſt⸗
injelten. Dafelbft 1880. — Henſchel, Guſtav: Die ſchädlichen Forft- und Obftbauminfelten,
ihre Lebensweife und Belämpfung. 8. Aufl, Berlin 1895. — Tajchenberg, E. L.: Forſt⸗
wirtschaftliche Inſektenkunde uſw. Leipzig 1874. — Derf.: Praftiiche Inſektenkunde uſw.
5 Tle. Bremen 1879/80. — Raltenbad, 3. H.: Die Pflanzenfeinde aus der Klaſſe der
Inſekten. Stuttgart 1874. — von Binzer, ©. U. %.: Snieltenlalender. Berlin 1878.
— Derj.: Schädliche und nützliche Sorftinfelten. Berlin 1880. — Judeich, J. F., und
Ritiche, H.: Lehrbuch der mitteleuropäiihen Horftinjeltenfunde Als 8. Aufl. von J. T.
C. Rapeburg: Die Waldverderber und ihre Feinde. 2 Bde. Wien 1895. Ein Werk erjten
1) Zur Hegung würde Vernichtung der Yeinde (Baummarder, Eichhörnchen, Sperber,
Hühnerhabicht, Wanderjalfe ufm.) beitragen. — 2) Baer: Ornith. Monatsſchr. 1908, 287.
124 Exftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Nanges, zurzeit die hervorragendſte Leiftung auf biejem Gebiete
Forſtinſekien Mitteleuropas. Als Neuauflage von Judeich-Nitſche
1914. — Krüger, D.: Die ſchädlichen Forftinfelten auf der Kiefer
1903. — Nüßlin, Otto: Leitfaden der Forftinjeftentunde. 2. Aufl.,
landers, W. T.: Forest Entomology. Edingburgh and London
dolf: Tabellen zur Veftimmung ſchädlicher Inſelten an Fichte und
beihäbigungen. Berlin 1910. — Ferrant, Bittor: Die ſchaduch
und Forftwirtihaft uf. Lugemburg 1911. — Eollinge, ®.: A
insects. Birmingham 1912.
Speziell über Tiergallen: Edftein, 8.: Pflanzengallen und &
— Darboug, G., und Houard, E.: Hilfsbud für dad Samme
Berüdfichtigung der Nährpflanzen. Berlin 1902. — Houard, E.
Plantes d’Europe et du Bassin de la Mediterranee. Tome I, II.
famen, Em. 9.: Die Zoocecidien. Durch Tiere erzeugte Pflanzı
mohner. 1. Lfrg. Stuttgart 1911. — Küfter, Ernft: Die Galler
1911. — Roß, H.: Die Pflanzengallen (Cecidien) Mittel: und No
und Biologie und Beitimmungstabellen. Jena 1911.
Die allgemeinen forftzoologifhen Werke find bereit# auf ©.
worden.
Erſtes Kapitel.
Allgemeines.
1. Stellung im Syſtem. HÄußerer Ban. Forts
Die Infelten (Inseeta, Hexapoda) bilden eine der vier
füßler (Arthropoda). Sie haben einen aus drei Segmentgruppt
der Bruft (thorax) und dem Hinterleib (abdomen) beftehenden
minder ftarren Chitinhülle umgebenen Körper, atmen durch Tı
paariger Anordnung am Kopf Fühler und Mundmwerkzeuge, an
und meift vier oder zwei Flügel Bei manden Inſekten fehle
ober find nur rudimentär ausgebildet. Der Hinterleib ift bei den
im allgemeinen gliedmaßenlos, trägt aber bei zahlreichen Larver
mentalanhängen paarige, der Fortbewegung dienende Afterfüß
Die Fortpflanzung erfolgt faſt ausſchließlich durch Eier.
entwidelt ſich die Larve (larva) und aus dieſer — bei den m
Inſelten unter Einfchiebung eines Ruhezuftandes, der Buppe (p
vollfommene Infelt, Die Imago. Das Durdjlaufen der vı
fungöftadien wird Metamorphofe genannt. Je nachdem be
zuſtand vorhanden ift oder fehlt, fpriht man von vollfomı
fommener Metamorphofe. Bei den Inſekten mit volltomn
gleichen weder Larve noch Puppe der Imago, während die In“
mener Metamorphoje ſchon im Larvenzuftande Bau und Beſcha
deten Inſektes erfennen lafjen.
Praktiſch bedeutungsvoll ift im Entwidelungägange ber
normalen Verlauf desfelben notwendige Zeitdauer. Man bezeic
Ei und Ei ald Generation und unterjcheidet einfache oder
fache und mehr: (zweis, dreis uſw.) jährige Generation.
Einfach ift die Generation eines Inſektes, wenn es zi
Entwickelungszyklus 12 Monate braucht. Die einzelnen Entn
Inſekten: Allgemeines. 125
dann in diefem, mit dem Kalenderjahre jedoch nicht zufammenfallenden, ſondern auf
zwei Kalenderjahre fich verteilenden. Zeitraume nur einmal auf. Die einjährige Ge:
neration bildet bei weitem die Regel.
Inſekten mit mehrfacher Generation vollenden ihren Entwidelungszyffus in-
nerhalb eines zwölfmonatlichen Beitraumes zweimal (= doppelte Generation) oder
noch Öfterer (= dreifache, vierfache uff. Generation). Am häufigſten ift in diefem
alle die Doppelte Generation; e8 kommen bei einzelnen Inſektenfamilien aber aud)
ſehr vielfache Generationen vor. Bei mehrjähriger Generation bedarf das Inſekt
zur vollfommenen Ausbildung zwei, drei oder mehr Sabre.
Die Schmetterlinge haben mit geringen Ausnahmen (einige im Holz Iebende
Raupen uſw.) einfache Generation; ebenjo die Mehrzahl der Käfer. — Doppelte
“ Generation findet fich bei der gemeinen Kiefernblattweipe (Lophyrus pini L.) und
mehreren Borfenfäferarten. Einige Blattläufe weifen unter normalen Verhältniſſen
eine 9—14fache Generation auf. Bis zwei Jahre brauchen die Brachtkäfer, Bockkäfer
und Holzweſpen zu ihrer Entwidelung, 3—5 Jahre die Maifäferarten.
Die Generation eines beftimmten Inſektes hat, wie die Forſchungen über die
Generation der Borkenkäfer von neuem bewiejen haben, feine abjolut beitimmte Dauer,
ſondern ift mehr oder weniger veränderlich, infofern die Entwidelungsdauer von den
Himatifchen und Witterungsverhältniffen twefentlich beeinflußt wird. Höhere Wärme-
jummen befchleunigen die Entwidelung und verkürzen fomit den Entwidelungszeit-
raum, während umgelehrt rauberes Klima und ungünftige Witterung Verzögerungen
der Generation zur Folge haben. In einzelnen als „Überjährigkeit” bezeichneten
Fällen verlängert fi bei beitimmten Inſektenarten da8 PBuppenftadium in außerge-
wöhnlicher Weife.
Charafteriftiiche und für den praktiſchen Forſtſchutz wichtige Momente im Le-
bensbilde der einzelnen Inſektenart find weiterhin noch Flugzeit und Überwin:
terungsjtadium..
Unter Flugzeit verfteht man die Fortpflanzungsperiode. Sie ift verfchieden
bei den einzelnen Inſektenarten und hängt, da die Wärme einen mehr oder minder
erheblichen Einfluß auf die Reifung der Genitalien nimmt, ebenfall3 von den klima⸗
tifchen und Witterungsverhälinifien ab.
Die Überwinterung kann im Ei-, Larven, Puppen⸗ oder Imagoſtadium
gefchehen. Unter normalen Berhältniffen hat jede Inſektenart ihr beitimmtes Über⸗
winterungsftadium, und diejes Stadium ift naturgemäß unter den verjchiedenen Ent-
widelungsstadien das am längiten andauernde. Die Zeitdauer der übrigen nicht über-
winternden Entwidelungszuftände ift verichieden. Am Fürzeften ift in der Regel das
Smagoftadium. Yür die Käfer und mundhe Gattungen anderer Inſektenordnungen
trifft diefer Sat in feiner allgemeinen Faſſung nicht zu, weil bei ihnen das Über-
wintern im ausgebildeten Buftande eine häufige Erjeheinung ift. Die langlebigften
Inſekten finden fich bei den gefellig lebenden Uderflüglern, den Bienen und Ameijen.
Hier gibt es A—6 Jahre alt werdende Individuen. Im allgemeinen wird die Les
bensdauer der einzelnen Inſektenart von der Fortpflanzungstätigfeit weſentlich beein-
Hußt. Die Vollziehung der Geſchlechtsfunktionen bejchleunigt gemeinhin den Tod des
Tieres, während die Entziehung der Möglichkeit zur Fortpflanzung fein Leben ver:
längert.
126 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
Die Lehre von den Anfekten heißt: Kerflehre oder Entomologie!) Der
Forſtſchutz Hat es natürlich) nur mit den Forſtinſekten zu tun, d. 5. mit denjeni⸗
gen Inſekten, die das Gedeihen und die Brauchbarkeit der Holzgewächſe in irgend-
einer Richtung direkt oder indirekt beeinfluffen.
| Einen direkten Einfluß auf die Holzgewächſe üben die forjtichädlichen Inſekten durch
Befreſſen oder Verzehren gewiſſer Pflanzen: oder Baumteile aus. Solche Kerbtiere find
ftet3 mehr oder weniger ſchädlich. Der indirekte Einfluß befteht darin, daß gewifle In⸗
fetten andere befriegen und töten. Je nachdem ſich diefe Tätigkeit auf forftichädliche oder
forftnügliche Arten erftredt, find die Täter ald nützlich oder ſchädlich zu bezeichnen.
Die große Wichtigkeit ver Forſtinſekten für den Forſtmann, der enorme Scha⸗
den, den „dieſe Heine, aber mächtige Partei im Haushalt der Natur“ (Roßmäßler)
bei Uberhandnahme im Walde anzurichten vermag, in Verbindung mit der Tatſache,
daß fie wegen ihrer Kleinheit und verſteckten Lebensweiſe weniger zu Geſicht kom⸗
men als die im Walde lebenden Wirbeltiere, und daher auch weniger leicht bekämpft
und vermindert werden können, machen es nötig, dieſer Tiergruppe eine ausführ⸗
lichere Behandlung zuteil werden zu laſſen.
Die Kenntnis der Morphologie der Inſekten wird hierbei vorausgeſetzt. Belehrung
hierüber erteilen die S. 123f. genannten Werke. Außerdem iſt fleißiges Sammeln und Be:
obachten der Inſekten im Walde erforderlih. Zum „Sehenlernen“ haben entomologiſche
Erkurfionen anzuleiten. Über Töten und weitere Behandlung (Anſpießen, Ausblaſen ber
Raupen, Uuffteden und Auordnen) der gejammelten Inſekten, Anlage und Konfervierung
der Sammlungen geben die Bücher von Ratzeburg, Nitjche uſw. hinreichende Aufſchlüſſe.
2. Einteilung.
Man kann die Inſekten entweder nach der Beichaffenheit ihrer Körperformen
gruppieren (morphologijche Einteilung) oder nach gewiffen gemeinfamen Geſichts⸗
punkten hinfichtlich ihrer Lebensweise (biologische Einteilung). In der wiffenjchaft:
lihen Entomologie ift nur die morphologifche Gruppierung berechtigt, vom Stand»
punkt des Forſtſchutzes aber bietet die Unordnung der Inſekten nach biologifchen Mo:
menten vielerlei bei der Belämpfung der Schädlinge zu beachtende gemeinfame Züge.
A. Rorphologiſche Einteilung.
Wiſſenſchaftliche Inſektenſyſteme find zuerjt von Linne und Fabricius auf:
geftellt worden. Sener faßte hierbei die Flügel als Hauptmerfmal ins Auge, diefer
hingegen die Mundteile. Werden außer beiden Merkmalen noch die Art und WVeije
der Anheftung der Vorderbruft (Prothorax) an Mittel- und Hinterbruft, fowie bie
Urt der Metamorphofe bei der Einteilung berüdfichtigt, jo ergibt ich folgende Cha⸗
ratteriftit:
1. Gruppe: Inſekten mit volllommener Berwandlung (Inseeta holo-
metabola).
a) Mundwerkzeuge kauend (heißend).
I. Ordnung. Käfer (Coleoptera).
Bier Flügel?), die Vorderflügel Hornige oder lederartige Deden, die Hinter-
1) Die Bezeihnung „Infeltologie” ift, weil fie halb lateiniſch (insectum), halb
griechiich (Aoyos) gebildet ift, nicht zu empfehlen. Das Wort „Entomologie” ift ganz
aus dem Griechiichen abgeleitet (Errouov — das Eingefchnittene, Gekerbte).
2) Es gibt auch einige der Unterflügel entbehrende Käfer.
Sinfelten: Allgemeines. 127
Flügel dünnhäutig, in der Ruhe längs und quergefaltet unter den Ylügeldeden ver-
borgen. Prothorax frei beweglich, ftarf entwidelt. Fühler jehr verfchieden geformt,
teilweise gebrochen, aus Schaft und Geißel beftehend. Füße 3—5 gliederig. — Lar:
ven von fehr ungleicher Geftalt, fech3beinig oder beinlog, fait jtet3 mit hornigem
Kopfe und meiftens mit Bunktaugen.!) — Buppen frei, biöweilen in einem Kofon
oder in Buppenmwiegen.
II. Ordnung. Negflügler (Neuroptera).
Vier gleichartige, dünnhäutige Flügel, von zahlreichen Adern netzförmig durch⸗
zogen. Prothorax frei beweglich. Punktaugen größtenteil3 vorhanden. Fühler gewöhn⸗
{ich vielgliederig. Füße fünfgliederig. — Larven weich, ſechsbeinig, mit beißenden
Mundteilen, einige mit Saugzangen. — Buppen frei, häufig in einem Kokon.
b) Mundwerlzeuge Tauend (beigend) oder fauend und zugleich ſaugend.
IH. Ordnung. Aderflügler (Hymenoptera).
Bier dünnhäutige Flügel, fpärlich von Adern durchzogen (1—14 Bellen); die
Hinterflügel ftet3 Heiner al3 die Vorderflügel. Prothorax ſchmal und wenigftens auf
der Nüdenfeite mit den übrigen Bruftringen verwachſen. Faſt ftet3 drei Punktaugen
auf dem Scheitel. Fühler nach Form und Gliederzahl jehr verjchieden. Füße 4 bis
5gliederig. — Larven entweder weiß und dann beinlos (Maden) bzw. ſechsbeinig
oder bunt und mit 8, 18, 20 oder 22 Beinen (Afterraupen). — Buppen frei, ſehr
häufig in einem Kofon.
ec) Mundwerkzeuge faugend. Prothorax ringförmig, mit den übrigen Bruftringen verwachſen
IV. Ordnung. Schmetterlinge (Lepidoptera).
Bier häntige, ganz oder teilweife mit farbigen Schuppen bebedte Flügel. Mund-
teile zu einem fpiralförmig einrollbaren Säugrüffel verlängert; mitunter zwei Punkt:
augen. Fühler von verfchiedener Geftalt, vielgliederig (bis 60 Glieder enthaltend).
Füße 5gliederig. — Larven (Raupen) walzenrund, 10, 14= oder 16beinig, mit
hornigem Kopf und Tauenden Munbdteilen. — Buppen bededt (mastiert), häufig in
einem Kokon.
V. Ordnung. Zweiflügler (Diptera).
Zwei dünnhäutige, ſpärlich geäderte Flügel; ftatt der Hinterflügel fog. Schwing-
fölschen.?) Mundteile häufig zu einem nicht rollbaren Saug- oder Stechrüffel ver-
wachen; Kopf frei, mit großen Negaugen. Fühler aus drei oder mehr ala ſechs Glie—
dern beitehend, mit Borfte. Füße fünfgliederig. — Larven (Mabden) bein, meiſtens
auch kopflos. — Puppen frei, in der erſtarrten Madenhaut (Tönnchenpuppen) oder
Mumienpuppen (wie die der Schmetterlinge).
2. Gruppe: Inſekten mit unvollfommener Verwandlung (Insecta
hemimetabola).
a) Mundwerkzeuge kauend (beißend).
VI. Ordnung, Geradflügler (Orthoptera).
Vier Flügel; Vorderflügel Ieder- bis pergamentartig oder häutig; Hinterflügel
1) Gleichbedeutend mit „Punktaugen“ find die Ausdrüde „Nebenaugen, Ozellen‘ (ocelli).
2) Die Schwingfölbchen (halteres) fcheinen, wie man aus der eigentüntlichen Anord⸗
128 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
ftet3 hautartig und in der Ruhe der Länge nad) fächerförmig gefaltet. Prothorax
frei beweglich. Fühler lang und vielgliederig. Füße 2—5gliederig.
VI. Ordnung. Scheinnegflügler (Pseudoneuroptera).
Vier gleichartige Flügel, zarthäutig, durchfichtig, neßartig gegittert, in der Ruhe
meist nicht zufammenfaltbar. Prothorax frei beweglich. Yühler ungleich lang, borften-
bi3 faden= oder perljchnurförmig. Füße 2—5gliederig. Larven teild auf dem Lande,
teild im Wafjer lebend, im lebteren Falle durch Tracheenkiemen atmend.
b) Mundwerkzeuge faugenbd.
VII. Ordnung. Schnabelferfe (Rhynchota).
Bier Flügel mit wenigen Adern oder ganz flügellos; die Vorderflügel entweder
ganz lederartig oder am Grunde hornartig und an der Spite häutig oder ganz häu⸗
tig, die Hinterflügel ftet8 Häutig. Prothorax frei beweglich. Mundteile aus einem
jaugrofrartigen, meiftens an die Bruft anlegbaren Stechrüffel, dem ſog. Schnabel,
bejtehend. Füße 2—3 gliederig.
Jede einzelne Ordnung wird in Familien eingeteilt; jede Familie zerfällt
weiter in Gattungen, zu jeder Gattung gehört eine größere oder geringere An—
zahl von Arten. Außerdem werden häufig noch Unterordnungen, Unterfamilien,
Untergattungen und Varietäten unterjchieden.
R. Biologiſche Einteilung.
An erſter Linie dürfte ſich die Unterſcheidung von forſtnützlichen und forfts
ſchädlichen Inſekten empfehlen.
In bezug auf die letzteren laſſen ſich weiter folgende Geſichtspunke annehmen:
1. Das Vorkommen je nah Holzartengruppen oder einzelnen Holzarten:
Nadelholz: und Laubholzinjelten und innerhalb jeder Gruppe: Fichten⸗, Kiefern,
Tannen, Lärcheninſekten ufw., oder Buchen, Eichen, Birken, Weideninfelten.
2. Der Schäblichfeitsgrad: ſehr fchädliche, merklich fchädliche und unmerk⸗
lich ſchädliche Inſekten.
3. Das Holzalter: Beſtandsverderber oder Kulturverderber.
4. Die befreſſenen Baumteile: Wurzel⸗-, Rinden⸗, Holz⸗, Knoſpen⸗, Trieb⸗,
Blüten⸗, Blatt⸗, Fruchtbeſchädiger uſp. Durch den Fraß mancher Inſekten (Gall⸗
weſpen, Gallmücken uſw.) werben Deformitäten (Gallen) von — je nach Arten —
ſehr verſchiedener, aber für die Spezies charakteriſtiſcher Geſtalt hervorgerufen.
Wir werden im nachſtehenden nützliche und ſchädliche Forſtinſekten unter-
ſcheiden. Den nützlichen ſoll aber nur eine kurze Betrachtung unter den zu fchonenden
Sinjektenfeinden (|. weiter unten) gewidmet werden, während die fchädlichen Inſekten
in jyftematifcher Anordnung nad hauptſächlichen Kennzeichen, Lebensweiſe, forftlichem
Berhalten und Bekämpfung beiprocdhen werden follen. Die Darftellung ſoll der wirt-
Ihaftlichen Bedeutung des einzelnen Schädlings angepaßt, d. 5. um fo ausführlicher
gehalten werden, je wichtiger das in Frage kommende Inſekt ift.
nung der in ihnen verlaufenden Nerven fchließt, al3 Sinned-(Gehör-)apparat zu funftios
nieren und außerdem beim Flug für die Erhaltung des Gleichgewichted Bedeutung zu haben.
Inſekten: Allgemeines. Ä 129
Bei ber Benennung wird den von Nitſche bzw. Nüßlin vertretenen Grund⸗
lägen gefolgt und, ſoweit es angängig ift, Die Beibehaltung der in ber forftlichen
Praxis eingebürgerten Gattungsnamen beobachtet werden:
3. Verbreitung ber Inſekten.
Es kommen horizontale und vertifale Verbreitung in Betracht. Bei der
horizontalen Verbreitung der Inſekten laſſen fich feite Grenzen, wie bei den Pflan—
zen, nicht ziehen. Der Fixierung fog. Inſektenlinien ftehen die verftedte Lebens:
weile, ferner die Ort3beweglichkeit und die Tatfache des Wandern? mancher Inſekten
(Heufchreden, Libellen, manche Schmetterlinge ufw.) entgegen. Man kann jedoch
fagen, daß im allgemeinen eine Abnahme der Arten und Individuen nach Norden
ftattfindet. In Deutſchland macht fich befonders der Unterſchied zwiſchen Oſten und
Weiten in dem Sinne einer Zunahme bemerfbar. Übrigens zeigen ſich bezüglich der
Berbreitung, je nach Inſekten-Ordnungen, mandje Verfchiedenheiten. Die Käfer z. B.
gehen verhältnismäßig am weiteſten nach Norden und Often.
Beiſpiele für Inſektenareale: Die Eſchenzikade kommt nördli vom Maine nicht
mehr vor. Die öſtliche Grenze für den Eichenprogzeifionsipinner bildet die Ober; Hingegen
tritt der Kiefernprozeſſionsſpinner namentlich im nördliden und öſtlichen Deutichland auf.
Der Rotihwanz ift mehr im Norden (Infel Rügen) und Weften einheimiih. Die Pracht:
füfer machen höhere Anſprüche an Wärme, find daher mehr im meftlichen und fühlichen
Deutichland verbreitet.
Die vertilale Verbreitung hängt in erjter Linie mit den Verbreitungdgrenzen
der von den Inſekten befallenen Waldbäume und Sträucher zufammen, dann aber
auch mit den Standorts: und Witterungsverhältniifen.
Die meiſten Inſekten bevorzugen die wärmere Ebene und das Hügelland, zu-
mal die fandigen Bodenarten, welche das Heimatsgebiet der Kiefer bilden. Mine
ralifh arme Böden, durch Streurechen entkräftete, ſommerliche Lagen, Froftlagen
und ſonſtige Ortlichkeiten mit bürftigem Holzwuchfe find natürliche Inſektenherde;
fie bedürfen daher der forgfältigften Überwachung von feiten des Forftwirts. Nach
der Höhe zu nimmt die Anzahl der Arten und Individuen beträchtlich ab. Es gilt
dies namentlich für die Schmetterlinge, deren Verbreitung überhaupt von den meteo-
rologiſchen Verhältniffen am meijten beeinflußt wird. Hingegen fteigen die Käfer
im Gebirge ziemlich hoch hinauf.
Unter den Rüſſel- und Vorkenkäfern gibt e8 einzelne Arten, die man geradezu als
Gebirgsinjetten bezeichnen kann, 3.8. Otiorhynchus niger Fabr., Tomicus cembrae Heer.,
Hylastes glabratus Zett. Auch die Chermes-Xrten fteigen bis 900—1000 m empor.')
4. Aufenthaltsort.
Die AufentHaltsorte der Inſekten find nach Entwidelungsftufen und Jahres⸗
zeiten fehr verichieden. Man findet die Kerfe bald über der Erde an und in Holz-
gewächjen bzw. anderen Pflanzen, bald auf der Erdoberfläche, bald im Boden.
Namentlich ift e3 die Überwinterung, die das Anfelt bei vielen Arten unter die Bo-
dendecke, unter Baumrinde .oder in fonjtige Berftede führt.
In der Regel halten fich die Inſekten in der Nähe der Fraßobjekte auf. Manche
Arten machen allerdings mehr oder weniger weite Wanderungen — mitunter aud)
1) Heß: BbI. f. d. geſ. Fw. 1875, 639.
Heß, Forftihug. I. 4. Aufl. 9
130 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
unfreimwillige, wenn fie durch Stürme verfchlagen werden — jedoch fehren fie ge-
wöhnlich regelmäßig wieder in ihre Wohnungen zurüd (z.B. Bienen, Ameifen uſw.)-
Weiter ift noch der einzelnen Fälle zu gedenken, in denen urfprüngli in
fernen Ländern einheimifche Kerbtiere durch den Transport der Nährpflanzen oder
Sonftigen Nährfubftanzen in unfere Gegenden gelangt find und fich daſelbſt unter
ihnen zufagenden Bedingungen fortgepflanzt Haben.
Beifpiele: Der Bodkäfer Callidium pygmaeum Fabr. ift in Weinfaßreifen aus
Weiden oder Eichen zu uns gelommen. Mehrere Lyctus-Arten entftammen neuholländi⸗
ſchen Hölzern. Der verberbliche Coloradokäfer (Doryphora decemlineata Say) iſt 1876
mit Rartoffeljendungen aus Nordamertfa zu uns gelangt, die Neblaus (Phylloxera vasta-
trix Planch.) in amerikaniſchen Weinftöden uſw.
5. Beweglichkeit.
Auf Art und Schnelligkeit der Bewegung läßt ſich ſchon aus dem morpho=
logiſchen Bau der Inſekten, namentlich aus der Beichaffenheit der Gangwerkzeuge,
ſchließen. Es gibt Inſekten mit Schreitbeinen (Laufläfer), Springbeinen (Erbflöbe),
Grabbeinen (Werte), Shwimmbeinen (Waſſerkäfer) ufw.
Die Imagines Yaufen oder fliegen. Der Lauf ift entweder raſch (Carabus) oder
fangfam (Cerambyx). Ebenfo ift der Flug entweder fchnell (Aeschna) oder lang⸗
ſam (Melolontha), entweder taumelnd (Papilio) oder ſchwebend (Syrphus), ent=
weder weit (Sphinz pinastri L.) oder fur; (Grylius). Die Weibchen (7) find
wegen ihres mit Eiern angefüllten Hinterleibes ftet3 fchwerfälliger ala die Männ⸗
hen (2).
Die Beweglichkeit der Larven hängt weſentlich von der Unzahl ihrer Beine ab.
Wenn diefe überhaupt fehlen, ift eine Ortsbewegung nur durch Krümmungen des
Körpers möglich. In folhen Fällen finden fi am Larvenkörper aber vielfach mit
Hafen oder Dornen verjehene Fleiichzapfen, ſtärker hitinifierte Kriechfchwielen, Haare
uſw., die die Fortbewegung erleichtern. Viele Raupen und Larven unterftügen ihre
Bewegungen dur) Spinnen, 3. B. die der Spinner, mander Spanner und Widler,
der Gefpinftblattivefpen uſw.
6. Fraß.
Die Inſekten mit vollflommener Metamorphofe fchaden entweder
1. nur als Imago (Hylobius abietis, Phyllobius-Wrten, Lytta vesicatoria,
Vespa crabro) oder
2. nur als Larve (alle Schmetterlinge. Die Falter ernähren fich fämtlich nur
von Blütenhonig) oder
3. ſowohl als Imago wie als Larve (Maifäfer, viele Rüffelfäfer, alle Bor⸗
tenfäfer).
Bei den Inſekten nit unvollflommener Verwandlung, bei denen ein Zus
ftand der Ruhe (Puppenzuftand) überhaupt fehlt, frißt auch die als Nymphe be-
eichnete lebte Larvenform.
Die Gefräßigfeit der Larven ift bei beiden Gruppen eine außerordentlich große,
es gibt Larven, die täglich das Mebrfache ihres eigenen Gewichtes zu fich nehmen.
In bezug auf die Fraßobjekte unterfcheidet man, je nachdem die Inſekten
animalifche oder vegetabilifche Koft annehmen, Zoophagen und Phytophagen.
Inſekten: Allgemeines. 131
Die in die erite Kategorie gehörenden Infektenarten find forſtnützlich; die Pflanzen:
freffer find Hingegen mehr oder weniger forftichädfich.
In bezug auf die Stetigfeit in der Auswahl der Fraßgegenftände kann man
die Pflanzen frefjenden Inſekten als Monophagen, Bolyphagen oder Banto-
phagen bezeichnen. Die Monophagen befallen nur eine beftimmte Holzart oder
wenigften® nur eine gewiſſe Gruppe von Holzarten, z. B. nur die Laub: oder nur
die Nadelhölzer. Die Polyphagen gehen Laub- und Nabelhölzer an; ihre Zahl
iſt beichränkter. Die Bantophagen endlich vergreifen fich nicht nur an Holzge⸗
wächlen, fondern auch an Kräutern; ihre Zahl ift am Heiniten.
Auch bei den Tierfreſſern zeigt fi die Erjcheinung der Mono⸗ und Poly:
phagie bis zu einem gewiffen Grade. Viele Schmaroger befallen 3. B. nur den
Kiefernfpinner, andere nur die Nonne ufw., einzelne fogar nur einen beftimmten
Zuftand ihres Wirtes (z. B. nur den Eis oder Larven= oder Buppenzuftand uſw.).
Die Unterfuchungen über die Monophagie und Polyphagie der Inſekten find noch
lange nicht abgeichloffen. Die bisherige Annahme firenger Monophagie bei verjchiedenen
Inſekten ift durch neuere Erfahrungen vielfach erichättert worden. Tomicus typographus
L. und T. amitinus Eichh., die früher für ausſchließliche Fichteninfeften gehalten wurden,
find 3.8. aud an Kiefern und Lärchen gefunden worden; Hylesinus piniperda L. fommt
nicht nur an feiner Mutterpflanze (Kiefer) vor, fondern auch an Fichte ufm. Die Beob⸗
achtungen in der angedeuteten Richtung find nicht leicht und merden durch verichiedene
Umftände erfchwert, 3. B. durch das verjchiedene Verhalten eines und besfelben Inſektes
in den einzelnen Entwidelungszuftänden (im einen Zuftande polyphag, im anderen mono:
phag), ferner durd die Abweichungen in ber Lebensweiſe zwiſchen den zum Behufe der
Beobachtung eingelerferten und den im Freien lebenden Kerfen uſw. Die meiften Beobach⸗
tungen find bisher an Schmetterlingen gemacht worden.
Die Nadelhölzer leiden im allgemeinen unter dem Inſektenfraße mehr als
die Laubhölzer. Teils beherbergen fie mehr und fchädlichere Urten, teils fehlt ihnen
das Ausheilungsvermögen bzw. die Fähigkeit, befreflene und abgeftorbene Teile in
der Weije twiederzuerjegen, wie die Laubhölzer e3 zu tun vermögen. Die meiften
Inſektenarten befallen die Kiefer und die Fichte. In erfter Linie find die reinen
Beitände diefer beiden Holzarten dem Fraße ausgeſetzt. Unter den Yaubhölzern wer⸗
den wohl Eiche, Bappeln, Weiden und Buche am meilten heimgefucht, weniger
Birke und Erle, noch weniger Hornbaum, Ahorn, Eiche, am wenigſten Robinie,
Gleditſchie Maufbeerbaum, Walnuß und Platane. Nur im ganz trodenen Buftande
leiden die an dritter Stelle genannten Qaubhölzer ebenfo wie die vorher genannten
Holzarten durch Anobienfraß.
Unterdrüdtes, kümmerndes bzw. bereit3 anderweitig beichädigtes und daher -
kränkelndes Holz; wird von den Inſekten im allgemeinen lieber angegangen als
geſundes; wenigſtens gilt dieſer Satz für ftärfere Stämme mit borkfiger Rinde. Dar
ber wird die Anftedelung und Vermehrung forftihädlicher Inſekten durch Gipfel-
dürre, Rindenbrand, Baumverlegungen wie Echälen und Ringeln, Rauchbeſchädi⸗
gungen, fehlerhafte Aftung uſw. begünftigt. Diejenigen Arten, welche ausjchließlich
in abfterbendem, abgeftorbenem oder gar faulem Holze leben, 3. B. Lucanus cer-
vus L., viele Anobium= und Cerambyx-Xrten, find in forftlicher Hinjicht ohne Be⸗
deutung.
Manche Inſekten befallen ausſchließlich ältere Beftände (Beftandsverderber,
3. B. Tomicus amitinus Eichh.); andere gehen nur an junges Holz GKulturver⸗
derber, 3. B. Hylobius abietis L.); noch andere greifen Alt- und Junghölzer an,
. 9*
132 Ä Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
und zwar entiveder mit ober ohne Bevorzugung gewiffer Altersklaſſen (3. B. Hyie-
sinus piniperda L.). .
Der Fraß erſtreckt fich auf Die Wurzeln (Gryllotalpa vulgaris Latr., Melo-
lontha vulgaris Fabr. im Larvenzuftande), auf die Rinde bzw. den Baft der Schäfte
und Üfte (die meiften Tomiens- und Hylesinus-Xrten), auf die Holzſubſtanz
jelbft (Xyloterus lineatus Oliv., die Sirex-, viele Cerambyx-Arten), auf die Blät⸗
ter bzw. Nadeln (die Chrysomela-Arten, die meiften Schmetterlingsraupen), auf
die Rnofpen (Grapholitha turionana Schiff.), auf die Blüten bzw. Blütenteile (An-
thonomus pomorum L.), auf die Früchte (Balaninus nucum L., Carpocapsa pomo-
nella L., Grapholitha strobilella L.) oder auf mehrere Baumteile zugleich, 3. B.
auf Baft und Marf (Hylesinus piniperda L.). Manche Inſekten erzeugen durch
ihr Stehen und Saugen Berfrümmungen ober Mißbildungen an Blättern,
Trieben, Früchten uſw. (Cymips-, Aphis-, Cecidomyia-, Chermes-, Coceus-Arten).
Diefe Schäden fallen zwar leicht ind Auge, find aber nur von untergeordneter Be-
deutung.
7. Menge.
Die Zahl, in welcher die Forſtinſekten auftreten, ijt bei manchen Arten be-
ſchränkt, bei anderen Hingegen unter gewilfen Umjtänden fehr groß. Im Maſſen⸗
auftreten mancher Inſekten läßt ſich ſogar eine gewiſſe Periodizität beobachten, die
wohl mit Wetterperioden in Zufammenhang zu bringen ilt.
Glücklicherweiſe gehören die fruchtbarjten Forſtinſekten (Pflanzenläuſe) nicht zu
den ſchädlichſten. Im Durchſchnitt kann man die Eierzahl der hervorragend ſchäd⸗
lichen Inſekten auf nur etwa 100—300 Stück veranſchlagen. Weſentlich auf die
Vermehrung wirken namentlih warme Witterung und reichliches Brut: und Fraß⸗
material (viel kränfelndes Holz, Wind: und Schneebrüche). Unter ſolchen Umſtänden
zeigen Inſekten, die für gewöhnlich in nur bejcheidener Menge auftreten, eine örtlich
recht ausgedehnte Maflenvermehrung. Übrigens müfjen aber viele meteorifche und
fonftige Momente zufammenmwirken, um eine folhe Vermehrung hervorzurufen. Auch
fommt fie nicht leicht durch eine einzige günftige Saiſon zujtande, fondern oft erjt
durch zwei oder mehrere aufeinander folgende günftige Frühjahre und Sommer.
Die meiften Inſekten leben einfam (solitariae); manche jedoch (4. B. Die Bie-
nen, Ameifen, gewifle Wefpen) vereinigen fich zu großen Gefellfchaften (sociales),
in welchem Falle eine höchft wunderbare, auf dem Prinzipe der Arbeitsteilung bes
ruhende Organiſation ftattfindet.
8. Forſtliche Bedeutung der Inſekten.
Je nachdem die im Walde lebenden Inſekten unſeren wirtſchaftlichen Intereſſen
fördernd oder hemmend gegenüber treten, bezeichnen wir ſie als nützlich oder ſchäd⸗
lich. Nutzen und Schaden ſind direkt oder indirekt. Nach der Art und Weiſe wie
die Inſekten das Gedeihen und die Verwendbarkeit der Holzgewächſe beeinfluſſen, iſt
der Nutzen der Forſtinſekten meiſt indirekt, der Schaden aber vorwiegend
direkt.
Inſekten: Allgemeines. 133
A. Rützliche Forſtinſekten.
Zu ihnen gehören, wie ſchon oben erwähnt wurde, vor allem die von tieriſcher
Koft ſich nährenden Inſekten; fie nützen indirekt, weil fie die Zahl und die forſt⸗
ſchädliche Tätigleit der Pflanzenfeinde beeinträchtigen. Direkt nüglich — durch Liefe-
rung verwendbarer Erzeugniffe — werden nur ganz menige Forſtinſekten. Das befte
Beiſpiel hierfür, die Biene, ift aus ben heutigen Wirtichaftswäldern verſchwunden.
Vielleicht läßt fich den im Boden lebenden Inſekten, fobald fie in größeren Mengen
auftreten, noch infofern eine indirefte Nüßlichleit zuerfennen, als der Boden durch
ihre Zätigfeit in ähnlicher Weife wie durch Regenwürmer gelodert, umgelagert und
damit phyſikaliſch gebeſſert wird.
Die Urt und Weife, in welcher die Boophagen beim Vertilgungskampfe gegen
andere Inſekten zu Werke gehen, ift verjchieden.
Ratzeburg unterfcheidet Räuber, Schmaroger und Raubſchmarotzer;
bie letzteren ftellen gewillermaßen eine Mittelitufe zwiſchen den beiden zuerft ge-
nannten Gruppen dar. Ä
a) Die Räuber verfolgen und töten Larven und Puppen anderer Inſekten
oder aud) Imagines auf der Stelle. Hierher gehören die Laufläfer, Sandfäfer, Mord:
fliegen ufm.
b) Die Shmaroger verwunden Eier, Raupen oder Buppen durch einen Hei-
nen, geſchickt angebrachten Stich und belegen ihre Opfer mit Eiern. Die hieraus fi}
entwidelnden Larven nähren ſich an oder in ihren Wohnungstieren (den Wirten)
lebend von deren Säften. In diefe Kategorie fallen die Schlupfmeipen (Schneu-
monen) und die Raupenfliegen (Tachinen).
c) Die Raubſchmarotzer fallen ihre Beute an, wie die Räuber, fchleppen fie
in ihre Neſter und belegen fie bier mit Brut, welche an oder in den herbeigefchafften
Wirten ſchmarotzt. Hierher gehören die Raubmeipen.
Eine Einteilung nah Nüblichleitägraden tft kaum tunlich. Unter den Räus
bern find im allgemeinen die großen Arten am nüglichften, namentlich die großen
Zaufläfer.
B. Schädliche Forftinielten.
Der Schaden beiteht in Zerſtörung von Bilanzen und PBflanzenteilen, in Be⸗
einträchtigung ihrer normalen Entwidelung und ihres Samenerträgniffes, ſowie in
Herbeiführung von krankhaften Erjcheinungen und Zuwachsverluſten; er hängt nach
Art und Ausformung vom Bau der Mundwerkzeuge der Inſekten, von der Angriffs:
ftelle und von der Dauer der ſchädlichen Einwirkung ab. Inſekten mit fauenden
(beißenden) Mundwerkzeugen zerftören die Pflanzenſubſtanz und beeinträchtigen bie
phyfiologischen Zunktionen der Fraßpflanze in mehr oder minder erheblihem Maße,
je nachdem, ob fie ihre zerftörende Tätigkeit gegen Wurzeln, Blattorgane, Rinde
oder Holzlörper richten. Weit weniger fchädlich werden die mit faugenden Mund:
werkzeugen ausgerüfteten Inſekten. Ihre auf Saftentzug hinauslaufende ſchädliche
Einwirkung wird bei der Geringfügigfeit der entftehenden direkten Berlegungen im
allgemeinen nur dort bemerkbar, wo große Mengen von Schädlingen an den Pflan-
zen auf einmal auftreten. Der ſehr häufige Fall, daß an unferen Holzgewächſen, an
Achſen oder Blattorganen, unter der Einwirkung von Reiz ausübenden Inſekten
134 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
pathologische Neubildungen, jog. Gallen (Eecidien), entftehen, entbehrt mit geringen
Ausnahmen (Knopperngallweipe) der praftifchen Bedeutung.
Als Geſichtspunkte für die Gruppierung der forſtſchädlichen Arten laſſen ſich
Brad der Schädlichkeit, Wirkung des Fraßes oder deilen Charakter aufftellen.
a) Na) dem Grade der Schädlichfeit faun man jehr ſchädliche, merk⸗
lich ſchädliche und unmerklich ſchädliche Forftinfelten unterfcheiden. Ausfchlag-
gebend find Hierbei einerjeit3 die mehr oder weniger geringe Widerftandsfähigkeit
der befallenen Holzarten bzw. Baumteile und die Antenfität des Fraßes, andererſeits
die Menge, in der die einzelnen Arten anftreten, ſowie ihre Gefräßigkeit. Strenge
Grenzen zwijchen diejen drei Gruppen laſſen fich aber nicht ziehen.
Man wird ein Inſekt dann als jehr ſchädlich bezeichnen müflen, wenn Durch Die
Art und Ausdehnung feines Fraßes ein mehr oder weniger maflenhaftes Eingehen gejun-
der Pflanzen bzw. Stämme ftattfinden kann oder wirklich ftattfindet. In diefe Kategorie
gehören 4.8. Melolontha vulgaris L., Hylobius abietis L., Tomicus typographus L., Bom-
byx pini L. Durch die beiden erftgenannten Käfer werden oft ganze Kulturen vernichtet,
während die beiden Teßtgenannten Inſekten nicht felten ganze Beftände und jogar größere
Waldkomplexe zum Abfterben bringen.
Mertiich | chädlich nennt man bie Injelten, welche nur einzelne Baumteile (Blät⸗
ter, Blüten, Früchte, junge Triebe, Äfte, Gipfel) oder hier und da einzelne Pflanzen in be:
merkenswerter Weile befallen und deren Kränkeln bzw. fchließliches Eingehen verurſachen.
An biefe Gruppe gehört bei weitem die Mehrzahl der ſchädlichen Forftinfelten.
Die unmertlih ſchädlichen Kerfe endlich verdienen vom Standpunkt des Forft:
ſchutzes faum Beachtung, da fie nur ganz unbedeutende Zerftörungen anrichten. Ihr Bor-
kommen befchräntt fich entweber auf abfterbende oder bereit3 abgeftorbene Stämme bzw.
Stammteile (ohne weſentliche Beeinträchtigung des techniichen Gebrauchswertes), ober der
von ihnen an Blättern, Trieben oder fonjtigen Baumteilen verurfadhte Schaden hat kaum
ein fihtbares Kränleln diefer Organe — geſchweige dern gänzliches Abſterben — zur Folge.
Hierher gehören viele durch einen eigenartigen Fraß ausgezeichnete und daher unſer Inter⸗
efle erregende Schädlinge, z. B. einige Blattwidler und Blattminierer, viele Gallwefpen,
Sallmüden und andere Deformationgerzeuger.
Das Studium der unmerllich jchädlichen Inſekten bietet aber oft infolge der Eigen
artigteit diefer Tiere, des Fraßcharakters oder anderer biologiſcher Momente fo vieles In⸗
tereffante, daß der durch feinen Beruf auf Naturbeobachtung Hingewiefene Forftmann e8
nicht unterlafien follte, dem Treiben auch diejer Inſekten feine Aufmerffamteit zuzumenden.
Das empfiehlt ſich um jo mehr, als das Schabenbild, mie ſchon hervorgehoben, nicht allein
von der Tierart, jondern wejentlid von der Menge der Schädlinge und von den jemweilig
vorliegenden Beitands», Standorts: und Witterungsverhältnilien von Fall zu Fall näher
umgrenzt wird.
Bei maflenhafter Vermehrung können fogar auch unmerflid ſchädliche Inſekten
merklichen Schaden anrichten oder merklich ſchädliche zu ſehr ſchädlichen aufrücken.
Außerdem iſt hervorzuheben, daß ein und dasſelbe Inſekt, je nachdem es dieſe oder jene
Holzart befällt, zugleich mehreren Schädlichkeitsgruppen angehören kann. Dieſe Erſchei⸗
nung iſt entweder auf die größere Vorliebe eines Inſektes für eine beſtimmte Holzart (bzw.
reicheres Befallen derſelben) oder auf deren größere Empfindlichkeit bzw. geringeres Aus⸗
heilungsvermögen oder auf beide Umſtände zurückzuführen.
Ein ſehr prägnantes Beiſpiel für dieſe Erſcheinung bietet die Nonne (Liparis mo-
nacha L.). Diefer alter ift nicht nur für die Nadelhölzer überhaupt Ichädlicher als für
die Yaubhölzer, jondern auch unter jenen jür Fichtenwaldungen weit verhängnisvoller als
für Kiefernforiten.
b) Nach der Wirkung des Fraßes unterfcheidet man ziemlich allgemein tech⸗
niſch ſchädliche und phyſiologiſch ſchädliche Anfelten. Eine Anzahl von Ker-
fen fchadet gleichzeitig nach beiden Richtungen Hin.
Die technisch ſchädlichen Inſekten vermindern nur den techniichen Gebrauchſswert und
Infelten: Allgemeines. 135
mithin den Marktpreis der Hölzer. Beifpiele: die meiften Anobium-, Lyctus-, viele Bod:
täfer, fämtliche Sirex-Arten, Xyloterus linestus Gyll. ujw. — Die phyſiologiſch ſchäd—
lichen Kerbtiere beeinträchtigen Hingegen das Wachstum ber Holzpflanzen, oft bis zu deren
völligem Wbfterben, find daher weit ſchädlicher als jene Larven und Imagines, die bloß
in toten oder gefällten Hölgern frefien. Beifpiele: Maikäfer, Borken: und Baftläfer, Kie-
fernipinner, Nonne ujw. — Wenn aber die techniſchen Schädlinge lebende Bäume
bzw. Stämmchen angehen und deren Kümmern bzw. Abfterben bewirken, fo find fie zugleich
tehniih und phyſiologiſch ſchädlich. Beiſpiele: Xyleborus dispar Fabr., Saperda
carcharias L., Cerambyx cerdo L., Cossus cossus L., Zeuzera pyrina L. uſw.
Der Grad der phyſiologiſchen Schädlihleit hängt zunächft von der In⸗
jettenfpezies, deren Fraßart und Menge ab, wird aber auch von der Empfindlichkeit
der befallenen Pflanzen gegen Beichädigungen bedingt. Dieſe ift jehr verjchieden nach
Holzart, Pflanzen bzw. Baumteil, Holzalter, Fraßzeit, Gefundheitäzuftand und ſon⸗
ftigen Lokalen Umftänden (Boden, Lage ufw.).
Die größere Empfindlichkeit der Nadelhölzer wurde bereits früher betont.
Unter ihnen leidet vor allen die Fichte, dann folgen abwärts Kiefer, Tanne und
Lärche. Letztere bildet gleichjam den Übergang zu den Laubhölzern. Jungholz ijt
gegen Sniektenfraß viel empfindlicher als Altholz; am meiften leiden Keimlinge und
1—3 jährige Pflänghen. Baſtfreſſer find ſchädlicher als Holzfrefier; Blattfreſſer
ſchädlicher ala Blüten und Früchtevertilger Borfommerfraß ift nachteiliger ala
Sommer: und Nahjommerfraß, weil die Ernährungstätigfeit der Blätter nach dem
Herbite bin mwejentlih abnimmt. Je gejünder und kräftiger die befallene Pflanze
ift, defto widerftandsfähiger verhält fie fich gegen Inſektenangriffe überhaupt. Auf
geringen Bodenarten (armen Sandböden) und in ungünftigen Lagen (Froſt⸗
löchern, Rauchlagen uſw.), wo der Wuchs ſchon an fich kümmerlich ift, nimmt der
Schaden unter ſonſt gleichen Verhältniffen weit größere Dimenſionen an als auf
kräftigen Standorten, ſchon weil bier die Ausheilung der Verletzungen rafcher erfolgt.
c) Nach dem Geſundheitszuſtande der befallenen Pflanzen unterſcheidet man
primären und ſekundären Fraß.!)
Manche Inſekten befallen durchaus geſundes vollſaftiges Holz, fie ſchaden dann dur
Primärfraß. Hierher gehören die Blatt, Knoſpen, Samenfrefier, viele Triebbefchädiger,
Wurzelbenager und ſolche Infelten, welche junge Pflanzen oder ſchwache Stämmchen beichädis
gen. Andere Inſekten treten als Selundärfreijer auf, d. h. fie befallen ausfchließlich oder
doch mit Vorliebe ſolche Stämme, bie bereit8 durch andere Urſachen (Raupen- und Wildfraß,
Pilze, Dürre, Froft, Raucheinwirkung, Hagelihlag ufw.) in einen gewiflen Krankheit3- und
Kümmerungszuftand verjett worden find oder Wunditellen haben. Dies gilt zumal für
Rindens und Holzinſekten, welche in ftärferen Nadelholzftämmen haufen. Der reiche Harz⸗
gehalt ganz gejunder Stämme mwürbe die Brut erftiden. Bon den nur im abgeftorbenen
Holze lebenden Arten der Nage:, Bockkäfer ufw. wird hierbei abgejehen, da jie fein forft-
liches Intereſſe bieten. Es gibt ferner Arten, die, je nad Umftänden, bald als Primär-,
bald als Setundärfreffer auftreten (3. B. manche Borkenkäfer ujw.). Im allgemeinen tft das
ans irgendwelhem Grunde fümmernde Holz mehr gefährdet als dad in Wuchs und Kraft
ſtehende gefunde Holz. Manche zunächft ſekundär ſchädigende Inſektenarten, 3.8 Die Borken⸗
täfer, werden aber, wenn fie in großen Mengen auftreten und geeignetes, d. h. kränkeln⸗
des Brutmaterial nicht vorfinden, leicht zu PBrimärfrefiern.
Dieſe Unterjcheidung ift infofern von praktiſcher Bedeutung, als fich gegen den Pri-
märfraß nicht3 weiter tun läßt, als das bereits befallene Material einfchlieglih der In⸗
kulpaten zu entfernen, während gegen die Sekundärfrejjer mit Fanghölzern operiert wers
den lann.
—“ — — —
1) Altum: Ztſchr. F. F. u. Iw. 1879, 288.
136 Erfies Buch. Schub gegen Tiere.
Die im Walde zwar einheimifchen oder twenigftens vorfommenden Snfelten,
welche nur von Gräſern und Kräutern leben, find in forftlicher Beziehung gleihgül-
tig. Diejenigen endlich, deren Zun und Treiben an fi) ziemlich unſchädlich ift, je-
doch mit dem eines merklich Schädlichen Inſektes verwechjelt werden kann, hat Ratze⸗
burg treffend als täufchende Inſekten bezeichnet.
Bu dieſen Inſekten gehören 3. B.:
1. Ter Bierpunttfpinner (Lithosia quadra L.). Die ausgewachſene Raupe iſt 4 cm
lang, Ihwarzlöpfig, am Leibe ſchwarzgrau mit einer hellen Rüdenbinde und großen, lang:
behaarten Warzen verfehen. An den Außenrändern der Rüdenbinbe befinden fich zwei Rei⸗
hen hellroter Rarzen. Sie tritt an allen Nadelhölzern, jowie an Eiche, Buche ufw. oft in
großer Menge auf, ift aber ganz unſchädlich, da fie nur von Flechten lebt. Sie wurde
aber ſchon Häufig mit der Raupe der Nonne verwechſelt. Forſtmeiſter Baudiſch)) berichtet
3. B. von ihrem maflenhaften Auftreten an 35—50 jährigen Fichten im Juni 1887 in der
Gegend von DOlmüg. Auch von Hueber?) wird ein derartiges Borlommen im Babrzeger
Revier (Mähr.-Schlefien) gemeldet.
2. Die umrandete Blattmeipe (Tenthredo cingulata Fabr. — Strongylogaster cin-
gulatus).’; Die ſchmutziggrüne, 22füßige Larve diefer Art jindet man unter ber Rinde der
Kiefer in Gängen anderer Larven oder Käfer, ober fie macht fich in der Borfe einen eigenen
auffteigenden (einfachen) Gang. Häufig bemerkt man aber handförmige oder einem Hirſch⸗
geweih ähnliche Gänge, die dann fiet von mehreren Larven herrühren. Ein Schaben ent⸗
ftegt aber durch diefen Fraß nicht. Die eigentlichen Rahrungspflanzen diefer Raupe find
Yarnkräuter, indbejondere der Adlerfarn (Pteris aquilina L.), den fie mitunter ganz kahl
frißt; erft nad) dem Fraße begibt fie fich unter die Borke, um fidh Hier zu verpuppen.
9. Schugmaßregeln gegen Iuſektenſchäden.
Die Maßregeln gegen Inſektenſchäden, die wie alle forſtſchützenden Maßnahmen
zunächſt auf Vorbeugung, in zweiter Linie auf Abftellung des Schadens, mit:
hin auf Vertilgung des ſchadendrohenden Inſektes gerichtet fein müflen, werben nur
dort verftändnisvoll durchgeführt werden, wo die Borfrage nad) den Urſachen größerer
Inſektenkalamitäten einer zweifelhaften Beurteilung nicht mehr begegnet.
Unter den möglichen Urfachen verheerenden Auftretens ſchädlicher Inſekten kom⸗
men praftifch nur zwei in Betradht, die Einwanderung von außen und die auto«
chthone Maffenvermehrung.
Die als höhere Gewalt den Forſtmann entlaftende Einwanderung von außen
ift nad) den vorliegenden Erfahrungen nur in ganz außergewöhnlichen Fällen die Ur:
ſache eines wirtfchaftlich bedeutungsvollen Inſektenfraßes. Bei forftlich indifferenten
Inſekten (Heufchreden, Kohlweißling, Libellula quadrimaculata L.) werden große
Wanderzüge zwar hin und wieder beobachtet, Hingegen aber fehlt es faft gänzlich an
glaubwürdigen Beweifen für die Richtigkeit der Annahme, daß auch die waldver-
wüftenden Inſekten größere Wanderungen unternehmen, um vielleicht futterarme Gegen⸗
den zu verlaffen und fich in futterreicheren auszubreiten. Nur die Gefchichte der Non
nentalamitäten bietet ein hinreichend verbürgtes Beifpiel dafür, daß bisher verichonte,
Waldgebiete durch Invafion des Schädlings überfallen und in nicht abzumehrender
Weife auf großen Flächen gleichzeitig mit Brut, den Keimen der fommenden Ber-
nichtung, belegt wurden.
Bon diefer Ausnahme abgefehen Iehrt die Erfahrung, daß die Inſektenkalami—
— — — — —
1) Zbl. f. d. geſ. Forſtw. 1887, 456. — 2) Vhdlgn. d. Forſtw. v. M. u. Schl. 1892,
Hft. 170, 55. — 3) Altum: Ztſchr. f. F. u. Im. 1889, 271.
Inſekten: Allgemeines. 137
täten regelmäßig an Ort und Stelle entjtehen. Sie wachſen aus Heinen überjehenen
oder vernadjläfligten Unfängen, aus dem im Walde immer vorhandenen og. eifernen
Beitande der einzelnen Inſektenart, heraus, und unter der Gunſt geeigneter Witte
rungs⸗ und Nahrungsverhältniffe breiten fich die Schädlinge gleich auf größeren Flächen
oder von einzelnen Fraßherden konzentriſch aus. Im letzteren Galle dringen fie in
die dem Herd benachbarten Beftände und Waldgebiete allerdings auf den Wege der
Einwanderung von außen ein.
Welche Berhältniffe der bisweilen jcheinbar erplofionsartigen Maffenvermehrung
der Schädlinge im einzelnen Galle Vorſchub leiſten, entzieht fich meift ber näheren
Feitftellung. Außerordentliche Naturereignifie (Schnee oder Sturmſchäden, Rauch,
Teuer u. a.), trodene warme Sommer, waldbauliche Mißgriffe, Fehlen der natür-
lihen Gegengewichte können als Urjachen und mitwirfende Faktoren in Frage kom:
men.!) Sicherlich find, wie aus dem wiederholten Auftreten großer Inſektenverhee⸗
rungen am gleichen Orte hervorgeht, beſtimmte Waldgebiete der Inſektengefahr mehr
ausgeſetzt al8 andere, deren Immunität aus der Geichichte abgeleitet werden kann.
Es folgt hieraus, daß den nachſtehenden auf Vorbeugung oder auf Ubitellung des
Inſektenſchadens bzw. auf Vertilgung der Inſekten gerichteten Schugmaßregeln bier
mehr, dort weniger Gewicht beizumeffen ift.
A. Borbeugungsmaßregeln.
a) Wirtihaftlige Vorbeugungsmaßregeln.
Da die meiſten ſchädlichen Forſtinſekten (zumal die Rinden- und Holzfrefler)
borzugsmeije ränfelnde bzw. fümmernde oder dürftige Holzwüchſe befallen und fi
von hier aus weiter verbreiten, beugt der Forſtwirt dem Inſektenſchaden am ficherften
dadurch vor, daß er in bezug auf Begründung, Erziehung, Pflege und Nubung der
Beitände die erfahrungsmäßig bewährten Grundfäbe der Waldbau⸗, Forftbe-
nutzungs- und Forfteinrichtungslchre befolgt.
Im allgemeinen find folgende Regeln zu beachten:
1. Wahl pafjender Holzarten und geeigneter Methoden der Beftandsbe-
gründung. |
Die Holzarten müſſen den Standortöverhältnifien entiprechen und die Verjüngungs-
bzw. Anbaumethoden den Bebürfniffen der Holzarten je nach Ortlichfeiten angepaßt werben.
Bejonders wichtig ift, bei Ausführung von Pflanzungen, die Wahl gejunder, Träftiger Setz⸗
linge und fjorgfältiges Einjegen derjelben in die Pflanzlöcher, eventuell Pflanzhügel ufm.
Des größeren Pflanzenreichtums megen kann Die Bevorzugung der Saat oder der Natur»
verjüngung bei drohender Inſektengefahr jehr wohl am Plage fein. Selbſt die mit Recht
verpönte Büſchelpflanzung leiftet auf NRüffelfäferkulturen unter Umftänden mehr al3 die Ein-
zelpflanzung, weil fie in der Mehrheit der Pflanzen eine größere Gewähr für Verſchont⸗
bleiben der zur Beltandsbildung notwendigen Individuen bietet.
2. Bermeidung des Anbaues reiner Beftände von größerer Ausdehnung, ſo⸗
weit der Standort es zuläßt;, Heritellung zwedmäßiger Beſtandsmiſchungen. Ins
befondere find den gefährdeten Nadelhölzern auf paſſenden Standorten geeignete Laub⸗
hölzer beizumifchen. Selbſt auf geringen Bodenarten (trodenen Sandböden), wo von
1) Vgl. hierzu die jehr verftändige und anziehend geichriebene Ubhandlung von Adal⸗
bert Seit: Uber Fraßſchäden u. die forftliche Bedeutung der Injektenfeinde. Allg. F. u.
J.⸗Ztg. 1892, 328, 887, 408.
138 Erftes Bud. Schutz gegen Tiere.
Nadelhölzern nur die Kiefer fortlommt, laſſen fich oft noch einige Laubholzarten, wie
3. B. Birke, Alpe und Robinie, einjprengen. Wenn dann auch Sämtliche Kiefern kahl⸗
gefreflen werden, jo bietet der Beitand doch nicht das traurige Bild wie ein reiner,
von einem verheerenden Inſekt befallener Beitand.
3. Sorgfältige Beftandspflege, insbejondere Vornahme zeitiger und häufiger
Durdforjtungen, jedoch ohne zu ſtarke Loderung des Beſtandsſchluſſes.
Hierbei find namentlich alle unterdrüdten, Fränlelnden oder auch nur verdächtigen Holz-
wüchle zu bejeitigen. Wer fih mit Hinwegnahme bloß der dürren Stangen begnügt, beugt
der Inſektenkalamität nicht vor, fondern arbeitet ihr nach, weil in jenen bloß noch unwich⸗
tige Kerfe haufen. Die halbwellen Stämme find den Borkenkäfern am Tiebften.
4. Anwendung aller Maßregeln zur Erhaltung (und Steigerung) der Wald—
bodenfraft.
In diefer Beziehung kommen in Betracht: jorgfältige Erhaltung der natürlichen Streu:
dede, Bejeitigung eines Lbermaßes von Bodennäffe durch Herftellung von Gräben, zeitiges
Unterbauen von Lichtholgbeftänden (Eiche, Kiefer, Lärche ufm.) mit einer Schattenholzart
(Buche, Tanne ujw.) u. dgl.
5. Anwendung aller ſach⸗ und ortsgemäßen VBorbeugungsmaßregeln gegen Froſt⸗,
Wind-, Schnee=, Duft-, Eis- und Feuerfchäden. — Bruchhölzer müſſen baldmöglichit
aufgearbeitet und aus dem Walde geichafft oder wenigfteng entrindet werden.
6. Vermeidung großer Kahlichläge, um dem Entjtehen großer gleichalteriger
Beitände vorzubeugen. Bildung vieler Feiner Hiebszüge, Die rechtzeitig durch
Führung pafjender Zoshiebe anzubahnen find, um die Auswahl unter den Schlägen
zu haben und einen Wechſel derfelben eintreten laſſen zu können.
7. Wenn möglich gründlihe Stod= und Wurzelrodung, insbeſondere in
Nadelholzwaldungen, weil eine Anzahl fehr ſchädlicher Forftinfelten (der große braune
Rüſſelkäfer, manche Baftkäferarten uſw.) ihre Brut an den Stöden und Wurzeln der
Koniferen abjett. Wo Markt: oder Standortsverhältniffe die Stodrodung verbieten,
ift auf möglicäften Tiefabfchnitt, gegebenenfalls aud) auf Entrinden der Stöde zu halten.
8. Alle zur Aufbereitung kommenden Forſtprodukte find fo zu behandeln, daß
fie weder felbit durch Inſekten entwertet werden, noch zur Vermehrung von Forft-
\hädlingen beitragen. Vom Standpuntt des Forftichubes wäre deshalb Sommer:
fällung in den Nadelholzforiten zu empfehlen, da fie die gründlichfte Entrindung
gewährleiftet. Aus wirtichaftlichen oder ftandörtlihen Gründen aber ift die Winter:
fällung in der Regel gebräuchlicher und richtiger. Sie bedingt im Hinblid auf Bor-
tenfäfergefahr rechtzeitige Entfernung der Hölzer, ehe fie befallen werden oder recht-
zeitige Entrindung der bereit mit Brut befegten Sortimente, jofern dieſe noch länger
im Walde oder in deſſen Nähe (auf Holzlagerpläßen) Tiegenbleiben follen. Es emp⸗
fiehlt fich, in den Berkaufsverträgen, Verfteigerungsbedingungen ufw. einen Termin
zu beftimmen, bis zu welchem die Entrindung erfolgt fein muß. Selbitverftändlic
ijt diefer Termin nach Flugzeit und Entwidelungsdauer des in Frage kommenden
Schädlings zu bemeflen und die Entrindung vorzunehmen, ehe die in den Hölzern
fih entwidelnde Borfenfäfergeneration ausfliegt. Frühſchwärmer und warme Früh⸗
jahrömwitterung erfordern eiligeres Vorgehen ala Spätſchwärmer und kühlere Lagen.
Nach den ſächfiſchen Holzverfteigerungs-Bedingungen hat die Entrindung ungeichälter,
von forftihädlichen Inſekten befallener Hölzer bis zum 10. Juni nad) den Anordnungen
der Forftverwaltung zu geichehen, widrigenfall3 fie auf Koften und Gefahr der Käufer aus-
geführt wird. Bei Miefer behält jich die Forſtverwaltung das Recht vor, die Entrindung
beflogener Hölzer zu jeder Zeit auf Staatäfoften vornehmen zu laflen.
Inſekten: Allgemeines. 139
Das Liegenlaffen im berindeten Zuftande und nachfolgende Schälen der vom Borlen-
fäfer befallenen Hölzer ift vielfach eine ganz zmedmäßige Maßnahme, weil die teilweije aus:
getrocdneten Hölzer ald Fangbäume mwirfen. Man befolgt auch vielfach die ganz richtige
und erfolgreiche Praxis, dad Winterholz wenigftend platz- oder ftreifeniweife zu entrinden
(berappen, bereppeln), infomeit e3 nicht ſchon vor der Flugzeit der Borfentäfer aus
dem Walde geichafft werden kann. Wenn aber die Borkenfäfer liegende berindete Hölzer
im Walde zum Ablegen ihrer Brut nicht mehr vorfinden, jo find fie — da die Eierablage
einem Raturgejege entſpricht — genötigt, ftehende Stämme zu befallen. Die Ausfindig-
machung der Brut im ftehenden Holz ift aber viel ſchwieriger als im liegenden.
9. Reinhaltung des Waldes von Holzabraum; baldige und gründliche Räu-
mung der Schläge; nicht abſetzbares Reiſig ift zu verbrennen, fofern feine baldige
Entfernung nicht im Wege der Leſeholznutzung erfolgt.
10. Vornahme häufiger Beitandsrevifionen auf das Vorhandenſein jchäd-
licher Inſekten. Die Revifionen find unter Umftänden mit Probejammeln ber in
der Bodenjtreu überwinternden Schädlinge, Brobefällungen verdächtiger, lichtkronig
gewordener Stämme oder Probeleimungen zu verbinden. Solche Streifzüge find
namentlich in Nabelholzforften auf kraftlofen, trodenen Böden, in heißen Lagen, in
Sroftlagen ufw., und zwar beſonders im Yrühjahre geboten.
Die Überwachung entftehender oder plöglich entftandener Infeltenherde, von denen
aus der Fraß meiftens ringförmig fich meiter verbreitet, ift fait das wichtigfte Vorbeu⸗
gungsmittel. Schußperfonal und Waldarbeiter find mit den jchädlichiten Forftinjelten be⸗
fannt und auf die äußeren Slennzeichen eines drohenden, eventuell [yon vorhandenen Fraßes
aufmerffam zu machen. Bu dieſen Merkmalen gehören: auffällige® Zufammenziehen von
Kududen, Krähen, Meilen oder anderen Vögeln auf kleineren Flächen; Umherliegen be⸗
freifener Blätter oder abgebifiener Nadeln, Kotirümeldden, Seipinftfäden an den Zweigen,
Berfärben von Laub oder Nadeln, Bohrmehl oder Bohrlöcher an den Stämmen, Harzfluß
(Harztrichter), Verfärben oder Abblättern der Rinde, Auftreten von Schneumonen und Raupen»
fliegen in größerer Zahl ufw.
11. Zuerfennung von Geldprämien an das Perfonal für dag Auffinden fehr
ſchädlicher Forſtinſekten und für hervorragende Tätigkeit bei Ausführung der ſeitens
der Verwaltung angeordneten Belämpfungsmaßregeln.
Befondere Maßregeln gegen eine große Unzahl von Inſekten find: Schweine-
eintrieb, Raupengräben, Fanghölzer, Yeimringe uſw. Da hierdurch zugleich die Ber:
tilgung der betreffenden Arten beziwedt wird, fiehe die Betrachtung der genannten
Maßnahmen unter „Betämpfungsmaßregeln" ©. 158.
b) Schonung der Juſektenfeinde.
Als leitender Geſichtspunkt in bezug auf den Schuß der Inſektenfeinde iſt aud)
bier feftzuhalten, daß nur die Tiere zu fchonen find, welche Durch Inſektenvertilgung
mehr nützen als fie andermweit ſchaden.
Zu den wirkfamften Infektenfeinden gehören folgende Tiere:
1. Säugetiere.
Sledermäufe, Maulwurf, Spitzmäuſe, Igel, Iltis, Hermelin, Wiejel
und Dachs. Diefe Tiere, die wir früher (S. 95), wenigſtens zum größten Zeil,
bereit3 als Mäufevertilger kennen gelernt haben, verdienen unbedingte Schonung.
Unter gewiffen Umftänden (in Raupenjahren) follten auch der Fuchs und ganz be-
ſonders das Schwarzwild wegen ihrer Infeltenvertilgung von feiten des Jägers
Gnade finden.
140 Erited Bud. Schutz gegen Tiere.
Die Fledermäufe (Chiroptera) leben nur von Inſelten, denen fie von der Abend:
bi8 zur Morgendämmerung mit geringen Unterbrechungen nachftellen. Infolge ihrer Ge⸗
fräßigfeit und ihrer nächtlichen Tätigfeit gehören fie zweifellos zu den nützlichſten Tieren;
die von ihnen im Walde vertilgten Inſekten (Maikäfer, Eulen, Kiefernipinner, Nonne uf.)
find großenteil3 forftlich von hoher Bedeutung Für den Forſtmann fommen natürlich zu⸗
nächſt nur die Waldfledermäufje in Betracht, hauptjächlich die große, früh fliegende Fleder⸗
maus (Vesperugo noctula Schreb.), die zweifarbige Fledermaus (Vesperugo discolor Natt.)
und die Zmwergfledermaug (Vesperugo pipistrellus Schreb.) — Unter den Spitzmäuſen (So-
ricidae) find in forftlicher Hinficht wichtig die Waldſpitzmaus (Borex vulgaris L.) und etiva
noch die Bwergipigmaus (Sorex pygmaeus Pall.). Die Waldſpitzmaus verbraucht nach einem
Fütterungsverſuch Rörigs (Arb. a. d. Biolog. Abteilg. f. 2. u. Fw. 4. Bd., 121) taclich un⸗
gefähr 20°, ihres Lebendgewichtes Trodenſubſtanz.
2. Wögel.)
Unbedingt zu ſchonen find folgende Arten?):
Rudud (Cuculus canorus L.), Spechte: Wendehals (Iynx torquilla L.) und
ſämtliche Arten der Gattungen Dryocopus, Dendrocopus, Picoides, Picus, Blau
rafe (Coracias garrulus L.), Wiedehopf (Upupa epops L.), Biegenmelter (Capri-
mulgus europaeus L.), Mauerjegler (Apus apus L.), ale Shwalben (Hirundo),
Sliegenfchnäpper (Museicapa grisola L.), Piro! (Oriolus oriolus L.), Star
(Sturnus vulgaris L.), Bachſtelzen (Motacilla), Baumläufer (Certhia fami-
liaris L.), Spedtmeife (Sitta caesia Wolf.), alle Meijen (Parus), Gold-
hähnchen (Regulus), Grasmüden (Sylvia), Braunellen (Accentor), Rotkehl⸗
hen (Erithacus rubeculus L.), Blaukehlchen (Erithacus suecicus L.), Nachti-
gall (Erithacus luseinia), Rotſchwanz (Erithacus titys L. und phoenicurus L.),
Steinfhmäber (Saxicola oenanthe L.), Wieſenſchmätzer (Pratincola rubetra L.),
Laubfänger (Phylloscopus), Baunlönig (Troglodytes troglodytes L.), fämtliche
Eulen (Strigidae) mit Ausnahme des Uhus und der Uraleule, Lachmöve (Larus
rudibundus L.).
Der Kudud verzehrt Inſekten jeder Größe und Urt, die Fleinften Laufläfer bis zu
den Maifäfern. Er nimmt die Imagined und Larven und weiß auch die in der Erde
lebenden Schädlinge (Werren) zu finden. Sein Hauptverdienft aber befteht darin, daß er
den von den Heineren Anjeltenfreflern mehr gemiedenen, ftart behaarten Raupen nachgeht.
Er wird daburd zu einem der wichtigften Yaltoren, durch welche eine Raupenmaflenver:
mehrung unferer beadhtenswerteften Forſtſchädlinge im Keime erftidt, oder doch ſtark ge⸗
hemmt wird. Altum?) fand im Magen eines in einem Eichenbeftande geſchoſſenen Kuckucks
97 Raupen des Eichenprogeffionsipinners, in einem anderen Eremplare 48 diejer Raupen,
1) Die Literatur über die nüßlichen Vögel ift außerordentlich reich. Beſonders bes
achtenswert find: Gloger: C. W. : Die Hegung der Höhlenbrüter uſw. Berlin 1865. —
Borggreve, B.: Die Bogelihubfrage nach ihrer bisherigen Entwidelung ujw. 2. Aufl.
Leipzig 1888. — Glogers, C. W. L., Echriften über Vogelihug uſw., Hrög. von Karl
Ruß und Bruno Dürigen. 4 Tie. Leipzig 1880,82. — Ruß, K.: Zum Bogelichub. Leipzig
1882. — Hermann, D.: Ruben und Schaden der Bögel. Gera-Untermhaus 1903. — v. Ber:
lepich, Hans Frhr.: Der gejamte Vogelichug, feine Begründung u. Ausführung. 9. Aufl.
Halle 1904. — Hiefemann, Martin: Löfung der Vogelichußfrage nach Frhr. v. Berlepic.
5. Uufl., bearb. v. Henrict. Leipzig 1911. — Rörig, ©.: Die wirtichaftliche Bedeutung
der Bogelwelt ald Grundlage des Vogelſchutzes. Berlin 1910. (Heft 9 der „Mittlgn. a. d.
Kaiſ. Biolog. Anftalt f. L. u. Forſtwirtſch.). — Hennide, Carl R.: Vogelſchutzbuch. Stutt⸗
gart 1911.
2) Die bejonderd wichtigen Arten find durch Sperrjag hervorgehoben. — 3) Ornith.
Monatsichrift 1898, 142.
Inſekten: Allgemeines. 141
und ftellte feit, daß der durch jeinen Neftparafitismus auffällige Vogel auch den Raupen
der Nonne, des Schwammſpinners, Kiefernſpinners, Weidenipinners, Ringelſpinners und
den Larven aller möglichen Blattweſpen jehr energiſch nachgeht. Rörig (a. a. D. 17) bes
obachtete bei feinen Yütterungsverfuchen, daß cın Kydud in 15 Tagen außer 224 Mehl:
mürmern 963 NRingelipinner-, Ehwammipinner-, Ronnen- und Kohlmeißlingsraupen im
Gewichte von 598,5 g verzehrte. Es verdient weiterhin volle Beachtung, daß felbft ein fo
ungelellig lebender Vogel mie der Kudud fich fcharenweife zufammentut '), wenn größere
Mengen von Schädlingen (Nonne, Lophyrus pini u. a.) in den Beftänden auftreten.
Die Bedeutung der Spechte als Bertilger der in Rinde, Baft und Holz lebenden
Inſekten wurde ſchon oben (©. 122) erwähnt.
Der im allgemeinen forftlich ziemlich indifferente Wiedehopf wird durch Bertilgung
der Maulwurfögrille gelegentlich wertvoll.
Der Star ift ein nicht zu unterfchägender Bundesgenoſſe im Kampfe mit den forfts
ihädlichen Injekten, um fo mehr als er fi) durch Aufhängen von Nifthöhlen leicht in den
Bald einführen läßt. Nach den vorliegenden Erfahrungen madt Sich der Star namentlich
dur Verminderung der Mailäfer, weiterhin in Eichenwidlerfraßorten verdient. In der
Nähe von Tharandt find die in früheren Jahren ebenfohäufig wie anderwärts auftreten»
den Mailäfer zur Eeltenheit geworden, jeit ein ortsanſäſſiger Bogelfreund durch Aufhängen
jehr zahlreicher Starfäften in feinem Garten eine anjehnliche Starenfolonie ſchuf.
Die Meifen verdienen in gleicher Weile wie Baumläufer, Spedhtmeife und
Goldhähnchen Schug in vollitem Maße. Sie find, wie Beobadhtungen im Freien ?),
namentlich aber die von Rörig u. a.°) durchgeführten Fütterungsverſuche beweifen, eifrige
Vertilger der in den Rindenrifjen fihenden Eier der Nonne und anderer Schädlinge (Kiefern-
prozeſſionsſpinner ufw.). Nach Rörig verzehrten brei Blau» und zwei Tannenmeijen (Parus
caeruleus und ater), die ein loderes Mifchfutter nebft Mehlwürmern ald Nahrung erhielten,
neben dieſem täglich etwa 2000 Ronneneier. Wurde das Mifchfutter entzogen und nur
eine Anzahl Mehlwürmer gereicht, fo jtieg der tägliche Berbraud) von Nonneneiern auf etiva
8000—9000 Stüd. Die Raupen der Nonne werden von den Meifen nur aufgenommen,
jolange fie noch Hein find; wohl aber find die Buppen eine bevorzugte Nahrung. Wie die
Fütterungsverſuche erkennen laflen, werden weichhäutige Inſektenlarven, 3. B. die Raupen
des Kiefernipanners, die Bfattmeipenlarven u. a. von Meifen und Kleibern allen haarigen
Raupen vorgezogen.
Die hervorragende Nüslichleit der Goldhähnchen (Regulus regulus und ignicapil-
lus) geht jhon aus der Emfigfeit hervor, mit der fie unfere Nadelbäume dad ganze Jahr
hindurch bis in die Äußerften Spigen auf Eier, Larven, Puppen und Blattläuje abjuchen.
Bedingte Schonung verdienen folgende Vogelarten: Finken (Fringillidae),
Lerchen (Alaudidae), Droffeln (Turdus), Raben (Corvidae), Mänjebuffard (Buteo
vulgaris Bechst.), Weſpenbuſſard (Pernis apivorus L.), Zurmfalfe (Cerchneis tin-
nuncula L.).
Die Finkenarten ziehen zwar im allgemeinen die Körnernahrung bor, wodurch
einige unter Umftänden recht fchädlich werden können (j. ©. 113); allein fie beteiligen fich
doch auch an der Bertilgung der Inſekten. Wo ihr Schaden überwiegt, muß unter Umftän-
den Belämpfung an die Stelle von Schonung treten.
Dasfelbe gilt von den Droffelarten. Am nüslichften hierunter find: Singdroſſel
(Turdus musicus L.), und Amſel (Turdus merula L.). Beide Arten durchjuchen ben
Maldboden eifrig nach Inſektenlarven und Puppen und tragen ald Beerenfreiler auch
zur Verbreitung ber betreffenden Holzarten bei. Die Anficht, daß die Drofieln überhaupt
feine tieriiche Koſt aufnehmen, folange fie Beeren haben, ift nad) den Fütterungsverjuchen
Rörigs nicht richtig. Vielmehr nehmen die Droſſeln troß unbejchränfter Auswahl an
Beerenfrüchten gleichzeitig und in größerer Menge Inſekten und Schneden auf. Die Beeren:
nahrung im Herbfte bildet anfcheinend mehr nur einen Erjag für die dann nidht mehr
1) Rörig: Ornith. Monatsſchr. 1899, 42. — 2) Heinze, K.: Naturw. Ziſchr. f. F. u.
Lw. 1910, 174. — 8) Rörig, ©.: Arb. a. d. Biolog. Abtlg. f. 8. u. Fw. a. Kaij. Geſund—
heit8amte. Bd. IV. 1905, 1. — Moesmang, Jul.: Ornith. Monatsſchr. 1890, 336.
142
Erſtes Buch. Ehup gegen Tiere.
fo leicht und fo reichlich wie im Sommer zu erbeutenden Infelten. Wenn die Amjeln in
einzelnen Fällen fogar ausarten und ihre Vorliebe für tieriiche Koft auf die Neftjungen von
Singvögeln ausdehnen, fo muß ihnen im Intereſſe des Vogelſchußes mit Verminderung
a».
entgegengetreten werben.
Unter den Rabenarten find, wie aus den Magenunterfuchun-
gen Hervorgeht, bie Krähen eiftige Infeltenvertilger. Rad Rörig
hatten fich unter den nahezu 5000 unterfuchten Krähen 28,4°/, am ber
Aufnahme von Injetten beteiligt. Wie große Mengen hiervon fie auf
einmal zu vertilgen vermögen, geht daraus hervor, daß nicht ſelten
weit über 100 Drahtwurmer oder Engerlinge in einem Magen gefun-
den wurden. Daß ferner au der Eihelhäher auf Infelten aller
Art gelegentlich erfolgreiche Jagd macht, wurde ſchon oben (G. 111) er—
wähnt. Rad den vorliegenden Magenunterfudungen bildet die Infel-
tennahrung jogar einen nicht unmwejentlichen Be⸗
ſtandteil der Nahrung biefer Bogelart im Som⸗
mer. — Auch der Tannenhäher ift als wert»
voller Bundesgenoſſe bei der Bertilgung der Kie-
fernipannerpuppen beobachtet worden (Forftw.
‚361. 1912, 282). Beiden oben genannten Buſ⸗
fardarten und dem Turmfalten find Kerbtiere
neben Mäufen ebenfalld die bevorzugte Koft.
Die Injeltenvertilgung mag bei ihnen vielleicht
nicht jehr ins Gericht fallen; es fiegt aber fein
Grund vor, fie zu überjehen und diefe Raub-
bögel der allgemeinen Berfolgung preiszugeben.
Bei der bloßen Schonung ber forſt⸗
nüglichen Vögel barf man es jedoch nicht
bewenden laſſen, vielmehr ift auch deren
Unfiedelung und Vermehrung dur
® befondere Einritungen planmäßig und
Langeicnit a) einer natürlihen Sinbotie auf möglichſt großen Gebieten zu begünſti⸗
des großen Buntfpeätes; d) einer d. Berlepfäfhen da;
— Grähe B, », (nad Dielemann). gen. Es ift mit großer Freude zu begrüßen,
daß in den legten Jahrzehnten allerorts eine
lebhafte Bewegung zugunften eines verftärkten Vogelſchutzes eingefegt Hat. Unter der
Führung des Freiherr v. Berlepſch haben die ſchon früf-- --- ”*
Gloger, Liebe, Brehm, Ruf u. a. eifrig, aber ohne nenne
verfochtenen Vogelſchutzbeſtrebungen eine feitere Baſis da—
durch gewonnen, daß die ftaatlichen Behörben fie zu ihrem
Pfleglind gemacht Haben.
Es möge hier darauf hingewieſen fein, daß gegenüber ben
zeitherigen Anfihten die Begründung der Notwendigfeit des Vo—
acljhuges eine andere gerorden ift. Liebe, der Gründer und
Verfechter des früheren Bogelihupes, ging davon aus, daß als
Kringip des Bogeiſchudes die Erhaltung ber Unverjehrtheit der
Natur gelten müile. Für v. Berlepfc) ift der Vogelſchub zunächft
eine vollswirticaftlie Frage, und jo ift in der heutigen Zeit das
Nüglichleiteprinzip an die erfte und entſcheidende Stelle getreten.
Unb das nicht mit Unrecht. denn, wenn auch die inieftenfrefjenden ,
Vögel es nie jertigbringen werben, die Infeltenplagen aus der Belt!
zu ſchaffen, jo fellen fie doch einen ſeht beachtenswerten Gleich: "vertt. nah Hiefemann).
gewichtsfaliot in der Natur dar. Die Bedeutung, die fie dadurch
erlangen, daß fie den Veſtand an jhädlichen Injeften in engen Grenzen halten und wahr:
inemlich mandje Inieftentalamität im Keime eritiden, ohne daß der Menfch es merkt, if groß
Infelten: Allgemeines. 143
genug, um bieinerfter LinieaufSchug und
Vermehrung der unbedingt nüplichen
Bögel gerichteten Beftrebungen zeitgemäß
ericheinen zu laſſen. Das oben genannte,
von dem erlangen nad Befriedigung
unferer ethiſchen und äfthetiihen Ve—
dürfniſſe biktierte Prinzip des Liebeſchen
Bogelichuges, die Vogel um ihrer ſelbſt
mwilen zu fügen, fann neben bem Nüß-
lidjfeitöprinzip jehr wohl beftehen blei-
ben und Beachtung finden.
Die erfolgreiche Ausübung bed
Vogelſchutzes ſetzt Die Ergreifung der
nadjftehenden Maßnahmen voraus:
1. Schaffung paffender
Niftgelegenheiten. Hierzu gehört:
a) Die Erhaltung Hohler oder
mit Spechtlöcdhern verfehener Bäume,
infoweit fi} diefe Schonung mit den
örtlichen forſtlichen Rüdfichten ver—
einigen läßt. Solche Bäume find zus
gleich vorzügliche Schlupfwinkel für
die forftnüglichen Fledermäuſe.
b) Das Aushängen von Nift-
Höhlen. Un die Stelle der bisher
meift benußten, nach den Vorſchriften
von Öloger, Ruß und Liebe ge:
fertigten, au Brettern zufammen-
genagelten, vieredigen Käſten find
heute die von Berlepſchſchen Nift-
höhlen getreten. Bon der Beobach⸗
tung geleitet, baß die für die Infelten-
vertilgung wichtigen Höhlenbrüter am
Tiebften verlafjene ober nicht bezogene
Spechthöhlen zu Niftftätten wählen,
hat von Berlepſch feine künſtliche
Niftgöhle der des Spechtes fo na=
turgetreu wie möglich nachgebildet
(Abb. 57).
Die Nifthöhlen werben durch die
Zabrifen von Hermann Scheid, Bil-
ren-Weftfalen, und Frank Beriſchin—⸗
ger, Lenzburg: Schweiz, für Ganzhöhlen-
brüter in vier verjchiedenen Größen her-
geftelt. Höhle A (Einzelpreis 0,70 Mt.)
ift für Die Meinften Höhlenbrüter (Mei:
fen, Baumläufer, Trauerfliegenfänger,
Gartenrotihwanz, Wenbehals, Meiner
Buntipecht) berechnet; Höhle B (Einzel«
— 6
feier Riſthohlen: a mit gin
gegenüber, b mit ſeinichem Flugloch,.
(na Hiefemann),
Abb. 60. ed Butterhaus, geliefert von der Firma
% heine dien Ei (vertieinen, nad} Siefemann,
144 Erftes Bud. Schub gegen Tiere.
‚preis 0,90 ME.) ift für Stare und die beiden größeren Buntſpechte, wird aber auch von Kohl:
meife, Spechtmeife, Wendehals, Gartenrotſchwanz und Trauerfliegenfänger bezogen. Höhlen
C und D (Einzelpreis 2,20 Mt.) find für Grün: und Graufpecht, Wiebehopf bzw. für Hohl:
taube, Blaurade, Dohle, Turmfalt, Schwarzipeht und Eulen. Für Halbhöhlenbrüter (Haus:
rotſchwanz, Bachftelze, grauer Fliegenfänger) ift die Halbhöhle F (Abb. 58) berechnet. Die
Höhlen beftehen mit Ausnahme des Daches aus einem hinreichend ftarfen Baumftüd. Ber:
wendet wird Erle, Eiche, Kiefer oder anderes nicht leicht riſſig werdendes Holz. Die Bruthöhle
ſelbſt wird flafchenfö--'- -'* nah Oſten ober Süd-
einem fpigovalem Na hiet ift.
auögebohrt, befommt tan tut gut, an jedem
neren Wand eine Re : eine Nifthöhle anzu«
den Vögeln das Anha nd die zur Verfügung
leichtern und wird mit Höhlen im Beitande
innen etwas anfteige 8 zu verteilen. Meifen-
runden Flugloche veri ſollen möglichſt me
teres wird entiprechent 30 Schritt voneinan=
der Niftpöhlenberogn it fein.
genüber ber Aufhãngt sie Höhlen find fo zu
feitlich derſelben ausge daß fie nicht wadeln
ebenfo wie der auf or dem Nufhängen mit
Dedel aus 2 cm did ‚gen Menge von Säge-
Holz beftehende Aufhän Erbe ober Torf zu fül-
ober: und unterhalb sie Höhle A ift Y, 1,
je ein durch ein fta 1 einzufüllen, fo daß
blatichen geſchüttes Stelle ber Reſtmulde
durch welches die zum ! em Hoc; bededt ift.
der Nifthöhfen bienend mit den von Ber:
bennägel geführt we Niſthohlen bisher er-
Abb. 59). olge find meift durch⸗
Beim Hufhän- aus anerkennens⸗
‚gen find folgende Re⸗ werte. Abgeſehen
geln zu beobachten: von ben von v. Ber⸗
8) C8 erfolgt Lepfch felbftimeige-
am beften im Herbft nen Walde beobach⸗
oder während des teten Ergebniffen, ift
Winters. auch anderwaͤrts,
b) Die Nift- wie die Belanntma-
hohlen find fentrecht Yung des preußi-
ober mit geringer ſchen Minifteriums
Neigung nad) vorm Quttergtode (Sängsfgnitt. wa Futtericate, dd gufuge. ſür Landivirticaft,
in 2—4 m Höhe fo rohr, co @urterbehälter, Ad Metaliglode (verfleinert, Domänen und For:
aufzuhängen, dab nad) Hiefemann). ften vom 17. Sep⸗
tember 1907 befagt, eine merfbare Einwirkung auf bie ſchädlichen Forftinfelten durch die Un-
fiedelung von Höhlenbrütern ftellenweife wahrgenommen worden. Nach der eben angeführten
Belanntmachung Haben ſich Meifen in reinen Stiefernbeftänden ſchwer anſiedeln laſſen; befiere
Erfahrungen find Hier mit der Anfiedelung der Stare gemacht worden. Weiterhin hat ſich auch
nad) den in dem preußiſchen Staatäforften gejammelten Erfahrungen, das Ausichlagen ber
Fluglocher der Niſthöhlen mit Blech (gegen Benagen und Erweitern ber Yluglöcher durch
Eichhornchen) nicht bemährt, weil derartig gejhügte Höhlen von Vögeln gemieben werden.
e) Schaffung von Niftgelegenheiten für Freibrüter. Durch Anpflanzung
geeigneter, ſich ſtark veräjtelnder und den Schnitt gut vertragender Straudharten,
durch Anlage von Heden an Straßen und Bahndämmen, lebenden Zäunen an Pflanz-
gärten, Schaffung von Unterholz an Beftandsrändern ufm.
Nach dem Vorgang von v. Berlepfch empfiehlt fich die Unlage befonderer Bogel-
ihuggehölze an geeigneten Punkten. Soweit guter Boben hierfür nicht verfügbar ift,
Inſelten: Allgemeines. 145
laffen fi) unprobuftive Flächen, Steinbrüche, Lehm- und Sandgruben, Felsabhänge, Ufer:
böfchungen uf. mit geeignetem Straudhiwerf bepflanzen. Brauchbar hierzu find wilde Stachel»
beere, Weißdorn, Hornbaum, Buche, wilde Rofe, Ligufter, Hedenroje (Lonicera), Bodöborn,
virginiſcher Wacholder, Fichte u.
a. Bei Anlage und Pflege ber:
artiger Anlagen ift bie Schaffung
eines dichten, von einer Wild⸗
rofenhede umgebenen und von
einzelnen höheren Bäumen über-
ftellten Buſchwerts, ganz bejons
ders aber die Schaffung zahlrei⸗
her quiclförmiger Beräftelungen
als Neftunterlagen als Biel zu
verfolgen. Wie zu biefem Zwede
zu erfahren ift, daräber gibt
die oben angeführte Schrift von
Hiefemann ausführlihen Aufs
ſchluß ·
d) Einrichtung von
Winterfütterung für hohen
Schnee, namentlich aber für
Rauhreif und Glatteis. Die
Fütterung muß naturgemäß
und relativ billig fein und
darf durch feine Witterung be:
einträchtigt werden, fondern
muß den Vögeln ſtets zugäng-
lich bleiben.
Auf Grund feiner Erfah:
rungen verwirft von Berlepſch
bie zeitherigen YütterungSmetho:
denunbFütterungsvorrichtungen,
und empfiehlt als den vorftehend
genannten Bebingungengenügend
den Zutterbaum, d.i. bie Rach⸗
bildung eines mit Injeften dicht .. ben au n
befegten Rabelbaumes, ferner bie a ee
von ihm fonftruierten Futterap⸗
parate: Heſſiſches Futterhaus, Zutterglode und Zutterholz. Als Futterbaum
ionnen alle Nadelholzer, bejonders Fichten oder einzelne Üfte und Zweige folcher verwendet
werben. Sie werden zum Zutterbaum durch Übergießen mit einer in warmem Fett, Rin-
der⸗ oder Hammeltalg gut eingerührten Zuttermifchung (gemahlenes trodenes Brot und
Fleiſch, Hanf, Mohn, Hafer, Sonnenblumenferne, trodene Holunderbeeren, Ameifeneier). Da
lebende Bäume durch Aufgießen der Heißen Flüſſigkeit die Nadeln verlieren, find nur ab»
tömmliche ober bereit? abgehauene Bäume (gebrauchte Chrift- oder Dekorationebäume) zu
Sutterbäumen zu verwenden.
Beim heifiihen Futte rhaus
(M6b.60) und der Futterglocke (Abb.
61 und 62) find Yuttertii bzw. die
ſelbſttätig geipeifte Futterſchale jo vor
dem Einfluß der Witterung geſchußzt, Ab. 63. Zutterholg. ", (nah Hiefemann).
daß das Futter nicht verdirbt und den
Vögeln jederzeit leicht zugänglich bleibt. Als Futterhölger (Wbb. 63) werden 20 cm
fange, 3 bis 6 cm bide Aftftüde verwendet, bie auf einer Geite mit 2 cm weiten und tiefen
Heb, Forſtichus. L 4 Aufl. 10
146 Erfted Buch. Schu gegen Tiere. _
Bohrlöchern, auf der entgegengeiehten Seite mit einem DPrahtftift zum Befeftigen unter
Uftwinkeln und Stammkrümmungen verjehen find. Die Löcher werden mit der am Futter:
baum verwendeten Futiermifchung gefüllt. Nach den in den preußifchen Staatsforften ge⸗
jammelten Erfahrungen haben ſich die jpeziell zur Winterfütterung der Meiſen dienenden
Futterhölzer vorzüglich bewährt.
Außer den genannten Futtereinrichtungen laſſen ſich ſelbſtverſtändlich viele andere
Apparate, z. B. die Bruhnſche Meiſendoſe, mit mehr oder weniger Erfolg in den Dienſt
des Vogelſchutzes ſtellen. Nach Rörig entſpricht auch das Aushängen abgebalgter Tierkada⸗
ver (Katzen, Füchſe) im Walde den Anforderungen vernunftgemäßer Winterfütterung.
Die Anlage der Winterfütterungen muß natürlich ſo geſchehen, daß die Vögel
im Walde feſtgehalten, nicht aber, wie es durch die nur in der Nähe der Wohnungen
angebrachten Fütterungen wohl oft geſchieht, von dort abgezogen werden. Bei grö⸗
Beren Inſektenkalamitäten find Futterplätze innerhalb der Hauptfraßherde zu errichten.
e) Unterlaffung der Streunugung?), weil bei Ausübung derſelben (vom
März bis Juli) eine ganze Anzahl nütlicher Vogelarten, welche ihre Nefter auf dem
Boden oder in deſſen Nähe anlegen, beeinträchtigt wird.
Nah den Beobachtungen von v. Berlepfch fiedeln fich die Bögel dort am liebften
an, wo das meifte alte; Laub liegt und meiden Stellen, wo die Laubftreu entfernt wurde.
Als Grund Hierfür fieht von Berlepfch weniger den größeren Nahrungsvorrat des ſtreu⸗
bededten Bodens als vielmehr den Umftand an, daß den Bögeln auf Rireuleerem Boden
ein natürliher Schug gegen ihre Feinde, das Rafcheln des Laubes, fehlt.
f) Unterlaffung bes Abfahrens der im Walde während des Winters aufbe-
reiteten Raummeter, Langhaufen, Wellenhunderte ufw. während der Brut-
zeit, da die genannten Schiehtmaße gern zur Neftanlage benugt werden. Heden follen
aus gleihem Grunde möglichjt nicht während der Brutzeit gefchnitten werden.
g) Belämpfung der Bogelfeinde. Schonungsloje Verfolgung fordern, wenn
es fich lediglich um Vogelſchutz handelt: Kae, Wiefel, Marder, Iltis, Hühnerhabicht,
Sperber, Elfter, Sperling. Undere Tiere, wie Eichhörnchen, Siebenfchläfer, Häher,
Kräben, Würger, Umfeln bedürfen dann einer entfprechenden Verminderung, wenn
jie durch zu ſtarke Vermehrung ben erwünfchten Gleichgewicht3zuftand in der Natur
zu ftören beginnen.
Der oft ärgite Feind der Vogelwelt, der Menſch, läßt fich in feinem Verhalten
zu den gefiederten Bewohnern von Feld und Wald nur durch gejegliche Beftim-
mungen und dur Belehrung regeln.
Die bezüglichen gejeglichen Anordnungen?) über Fangen und Töten der nütz⸗
Iihen Bögel, Ausnehmen von Bogeleiern, Zerftören von junger Brut ufw. können
der Natur der Sache nach nur vom Staate ausgehen, fallen daher nicht mit in das
Bereich der Forſtſchutzlehre. Es ift fehr erfreulich, dak für Deutichland als Frucht
langjähriger (bis 1876 zurüdreichender) Bemühungen endlich (1888) ein Vogel⸗
ſchutzgeſetz in Kraft getreten und gegenwärtig in der durch Aufhebung des Krammets⸗
vogelfanges zweifellos verbeflerten Faſſung vom 30. Mai 1908 in Geltung ift.?)
In tatkräftigfter Weife wird zurzeit von Körperfchaften aller Art“) dahin ge
1) Groner: Monatsſchr. f. d. F. u. Iw. 1877, 98. — 2) Bol. Zufammenftellung
ber wichtigſten Gejege betr. den Bogelihug der mitteleuropätfchen Staaten. Ormitholog.
Monatsichr. 1898, 79. — 8) von Borberger, daf. 1908, 453.
4) Die nambafteften deutichen Bereine find: Deuticher Verein zum Schube der Vogel⸗
welt, Bund für Vogelſchutz in Stuttgart, Internationaler Frauenbund für Bogelihug (deutſche
Abtlg.) in Charlottenburg, Verein für Vogelſchutz in Bayern, Vogelſchutzverein für das
Großherzogtum Hefien, Verein Jordſand. — Die Fortfchritte der neuzeitlihen Bewegung
Inſekten: Allgemeines. 147
ftrebt, durd) Aufflärung und Belehrung für die Berallgemeinerung der Vogels
ſchutzideen zu wirken. Die erfolgreichite Unternehmung in dieſer Richtung bürften die
praktiſchen Lehrkurſe fein, die zur Ausbreitung der von dv. Berlepfch vertretenen
Maßnahnen jährlid) an der ſtaatlich autorifterten Verſuchs⸗ und Mufterftation für
Bogelfhut auf Schloßgut Seebach, Kreis Langenfalza, jeit 1911 auch in Bayern
Heſſen und Sachſen, abgehalten werden. Die Errihtung von Vogelſchutzſtationen
nad) dem Seebachſchen Mufter in Heffen (Barmftadt) und in Bayern wird zur wei-
teren Berbreitung de3 Sinnes für naturgemäßen und damit wirffamen Vogelſchutz
beitragen.
Den Bugpögeln gegenüber hat der Erfolg der gejamten Schupbeitrebungen aber das
Beftehen internationaler Vereinbarungen zur unbedingten Borausfeßung. Solange dem in
den Mittelmeerländern gehandhabten Vogelmafjenmord nicht durch Schaffung und Durd-
führung abftellender Gejege entgegengetreten wird, bleibt der mitteleuropäiiche Vogelſchutz
ein Bruchſtück. Die auf dem internationalen ornithologifhen Kongreß in Paris 1895 von
Delegierten aller größeren europäifchen Staaten entiworfene, aber erft 1902 (19. März) rati⸗
fizierte Übereinkunft zum Schuge ber ber Landwirtichaft uſw. nützlichen Vögel ift nur ein
ſehr beicheidener Erfag für das in Hinficht auf internationalen Vogelſchutz zu Wünfchende.
Die Übereinkunft ift mangelhaft, weil fie fich nur mit dem Schuge der ſog. nüßlichen Vögel
befaßt, und fie ift noch weit mangelhafter, weil fie von den als Vogelvertilger vornehmlich
in Betracht fommenden Staaten, von Stalien und den norbafritanifchen Küftenftaaten, nicht
unterzeichnet worden ifl.
3. Reptilien uud Amphibien.
Die hierher gehörigen Tiere find fast durchgängig als Inſektenfreſſer nüglich;
fie treten aber wegen ihrer geringen Arten= und Individuenzahl gegen die Säuge-
tiere und Vögel bedeutend zurüd. Befondere Beachtung verdienen wohl die Eidechſen,
die den aus ber Bodendede auffteigenden Schädlingen (Kiefernfpanner) eifrig nad):
ftellen und die vielleicht Hin und wieder — bei zahlreicherem Auftreten — ebenfo
nüßlich zu werden vermögen wie die Singvögel. Außerhalb der Schonnotwendigfeit
ſtehen Kreuzotter (Pelias berus Merr.) und Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie.):
Die Kreuzotter nährt fi) zwar zum größeren Teil von Forſtſchädlingen, namentlich
von Mäufen, tritt aber auch gelegentlich als Nefträuber auf und macht ihre beding-
Ioje Vernichtung befanntlih aus Gründen der menjchlichen Sicherheit notwendig.
4. Infelten.
Nügliche, d. h. von Forftichädlingen lebende Inſekten finden fih in allen Orb:
nungen, mit Ausnahme der Schmetterlinge. Die zahlreichiten und wichtigften Fami⸗
lien gehören den Käfern, Aderflüglern und Fliegen an. Die Nepflügler ent:
halten nur nübliche Arten.
Es ijt nicht leicht, ein klares Bild über die wirtichaftliche Bedeutung der nütz⸗
lihen Anjelten zu befommen, und es fteht zu vermuten, daß ihr Wert für unfere
fulturellen Verhältniffe vielfach zu Hoch veranfchlagt wird.
Im allgemeinen kann als feititehend gelten, daß bei größeren Inſektenkalami⸗
täten die Andividuenzahl der nühlichen Inſelten, befonders der Schmaroperinfelten
und der Laufläfer, im geraden Verhältnis zur Zunahme des Fraßes fteigt. Diefer
zugunften der Bogelmelt laſſen fich auch daran erfennen, daß dem erſten deutſchen Vogelſchutz⸗
tag (1910) in Charlottenburg bereits im Jahre 1911 der zweite in Stuttgart gefolgt iſt.
10*
148 Erfies Bud. Schutz gegen Tiere.
Erſcheinung muß auch eine um jo größere Bedeutung beigelegt werben, als bie Tätig-
feit der nützlichen Säugetiere und Vögel faft unmerflich wird, jobald ein Inſekten⸗
fraß größere Dimenfionen angenommen bat. Es darf aber anbererfeit3 nicht ver-
geffen werden, dab ein wirffamer, zur Beendigung des Fraßes führender Ausgleich
zwifchen den Schädlingen und den ihnen feindlichen Inſekten meiſt erſt nad) Jahren,
d.h. erft dann erfolgt, wenn unfer Wirtichaftsobjelt, der Wald, ſchon empfindlichen
Schaden erlitten bat. Die Hilfe kommt nicht zeitig genug, als daß man fich auf fie
verlaſſen könnte.
Nachſtehend ſeien die wichtigſten nützlichen Inſekten aufgeführt und hinſichtlich
ihrer Tätigkeit gewürdigt.
A. Käfer (Coleoptera).
1. Zauffäfer (Carabidae). Forftnüglich find unter ihnen die Sandkäfer
(Cieindelini) und die Zauffäfer im engeren Sinne (Carabini).
Die Sandfäfer (Cieindela campestris und hybrida, jeltener C. germanica
und silvatica) find Charaktertiere der fandigen Kliefernmwälder. Ihre Larven graben
fich jenfrechte, federkielftarte Nöhren im Sand und lauern am Eingangsloche mit
bervorgeitredtem Kopf auf vorüberziehende Inſekten, um dieje zu ergreifen und aus-
zufaugen. Die Käfer lieben fandige, fonnige Lagen, ingbefondere breite Sand:
wege, laufen und fliegen lebhaft und ſchnell in kurzen Abläten, um fich bald wieder
niederzulaffen, und morden andere Inſekten mit großer Begierde. Die Laufkäfer
im engeren Sinne rauben und töten als Imago und Larve andere Inſekten in allen
Entwidelungsftadien, zumal Larven, find äußerft gefräßig und treiben ihr räuberifches
Wejen meistens zur Nachtzeit. In erfter Linie fallen ihnen die im Boden und in
der Bodenjtreu lebenden, überwinternden oder fich Hier verpuppenden Forſtſchädlinge
(Saateulen, Kiefernfpinner, Kiefernfpanner, Rieferneule, Engerling uſw.) zum Opfer.
Die Lauffäfer überwintern unter Moos, Steinen, Baumrinde, in alten, faulen
Stöden uſw., begatten fih im Frühjahre und legen ihre Eier verftedt in die Erde.
Manche Arten ſpritzen ihren Feinden einen beißenden, Scharfen Saft aus den Anal⸗
drüfen entgegen; andere entleeren beim Ungreifen eine braune, übelriechende Flüjlig-
feit aus dem Munde. Die teilmeife großen, meijt dunkel gefärbten Zarven leben in
oder über der Erde und verpuppen fich fchließlich im Boden.
Auffallend ift, daß manche Laufkäfer in Raupenfraßbeftänden in großer Menge
auftreten. Es ift aber nicht befannt, ob dieje Erfcheinung in einer durch Nahrungs:
reichtum bervorgerufenen Maffenvermehrung oder in Zumwandern von außen be=
gründet ift. |
Forſtlich beachtenswert find unter den Erdlauffäfern zunächſt natürlich die
im Walde lebenden großen Arten. Der größte Laufkäfer ift Proerustes coriaceus l..
Die häufigiten Arten der Gebirgswaldungen find: Carabus auratus L., auronitens
Fabr., silvestris Panz. und violaceus L. In ven Forften des Hügellandes und der
Ebene findet man vorzugsweiſe: Carabus granulatus L., glabratus Payk., cancel-
latus Ill., intricatus L. und hortensis L.
Bei weiten wichtiger find Die beiden Kletterlaufkäfer der Gattung Calo-
soma. Die große, goldglänzende Urt, der Burppenräuber, Sycophant, Bandit (Calo-
soma sycophanta L.) lebt vornehmlich in Nadelholzmäldern und Ieiftet in Kiefern-
jpinner=, Nonnen- und Kieferneulenfraßorten wertvolle Dienfte, während die Kleinere,
Inſekten: Wllgemeines. 149
bronzebraune Art, C. inquisitor L., mehr in Laubwäldern vorfommt und hier den
Froſtſpannerraupen Abbruch tut.
Beide Käfer juchen ihre Beute nicht nur am Boden, fondern aud) in den Baum:
fronen, und zwar beteiligt fich die Larve in gleichem Maße an der Belämpfung ber
Schäblinge wie die Imago.
Eine Begünftigung der nützlichen Sauffäferarten ift nur dadurch möglich, daß
bei Revifionen von Raupengräben, Fanglöchern, Rüffeltäferfallen ufm. die hier oft
in großer Menge fi) anjammelnden Käfer in freiheit gejeht werben.
Ka neueren Wahrnehmungen gibt e8 unter den Laufkäfern aber auch direkte
Forſtſchädlinge. Einige Heinere Ürten der Gattungen Harpalus, Pterostichus = Poe-
cilus und Bembidium vergreifen ſich an vegetabiliichen Subftanzen.
Der Getreidelauffäfer (Zabrus gibbus Fabr. — Zabrus tenebrioides Goeze) 5. 8.
ift ſchon längft als Schädling des Korns befannt. Die Käfer benagen bie jungen jaftreichen
Kömer der Getreideähren, und bie Larven zerlauen zur Nachtzeit die Blätter der jungen
®etreidepflanzen, um deren Saft zu genießen.
Schaal!) hat fonftatiert, daß unter mit Moos bededten Nadelholzbeeten eine große
Anzahl von Laufkäfern (Harpalus tardus Latr., Harpalus aeneus Latr., Calathus ciste-
loides Bonp. und Poecilus lepidus Fabr.) die Saatrillen unaufhörlich durchwühlt und vers
mutet, daß dieſe Käfer die Samen auffrefien. — Die Spezies H. tardus hat Heß im
Gießener alademifchen Forftgarten wiederholt als Samenverzehrer beobadhtet. — Czech?) er:
tappte den Harpalus ruficornis Fabr. auf mit Brettchen bededten Saatbeeten auf frifcher
Zat (bei dem Berlauen der Samenlörner von Maclura aurantiaca Nutt.). — Nitiche?)
fand denjelben Laufläfer auf mit Neilig bededten Saatbeeten zu Hunderten mit dem Be⸗
freſſen ſowohl feimender Samen als junger KReimpflängchen (Fichte) beichäftigt. — Auch in
Gemüfegärten joll diefe Art zahlreich vorlommen und dajelbit u. a. reife Erdbeeren freffen.*)
— Edftein‘) Hagt die winzigen flinfen Bembidium-Arten: B. pygmaeum Fabr., qua-
drimaculatum L., lampros Fabr. und lampros var. velox Erichs. an, daß fie teils Fich⸗
tens und Weymouthskiefernſamen, troßdem er gemennigt war, bis auf die Samenhülle ver:
zehrt (B. pygmaeum), teild junge Kiefernjämlinge am unteren, den Boden verlafjenden
Stämmchenteil angefreſſen haben, fo daß die Sämlinge umfielen und vertrodneten (B. qua-
drimaculatum, lampros und 1. velox).
2. Stugflügler (Staphylinidae). Die Lebensweiſe dieſer durch fehr kurze, den Hin-
terleib frei laſſende Slügeldeden gelennzeichneten, fehr beweglichen Käfer ift im allgemeinen
derjenigen der Lauffäfer ähnlich. Sie freffen (menigftend die größeren Arten) als Larve
und Imago andere Inſekten aus, ftehen aber ven Zaufläfern an forftlicher Bedeutung nad).
Die meiften Kurzflügler halten fich dauernd am Boden auf. Man trifft fie unter abgefal-
lenem Laub, Moo3, Steinen, namentli in modrigen und faulenden Subftanzen (Schwäm⸗
men, MIR, Tierleihen), aber audy unter Baumrinde, und manche Arten find ftändige Bes
wohner von Ameifenhaufen. Die Larven find forftlich wichtiger ald die Käfer, weil fie fich
mehr von lebender Beute nähren als diefe.
Den größeren Arten Staphylinus (Ocypus) olens Müll., caesareus Cederhj., ery-
thropterus L. u. a. kommt forftliche Bedeutung kaum zu; eher fcheint es, als ob eine Reihe
Heinerer Yormen, deren Larven in Borlenfäfergängen angetroffen werben, infolge Bertil:
gung von Eiern, Larven und Puppen diefer Waldichädlinge Beachtung verdient.
8. Aaskäfer (Silphidae). Unter den vorherridend von Aas und faulenden Stoffen
lebenden Aaskäfern verdient nur Silpha quadripunctata L., der Vierpunkt-Aaskäfer, Erwäh⸗
nung, weil er auf Zaubholzheiftern den Spannerraupen nadjitellt.
4. Stugfäfer (Histeridae), Glanztäfer (Nitidulidae), Fadenkäfer (Co-
Iydiidae), Trogositidae, Cucujidae. Die zu diejen familien gehörigen Heinen
und mehr oder weniger geitredten Käfer werben vielfach unter Baumrinde und in den Gän-
1) Allg. F. u. J.-gtg. 1865, 209. — 2) Bbl. f. d. gef. Fw. 1878, 371. — 3) Forfil.-
naturw. Btichr. 1898, 48. — 4) Bl. f. d. gef. Fw. 1895, 98. — 5) Bir. f. F. u.
Iw. 1904, 860,
150 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
gen von Borlenkäfern gefunden. Beobachtungen weijen darauf Hin, daß fie bzw. ihre Lar⸗
ven dabei anf Raub ausgehen und den Vorkenkäfern nachftellen; man jieht fie deshalb als
Berbündete des Forfimannes an und zivar:
von den Nitibuliden: Rhizophagus depressus Fabr., Rh. grandis Gyli., Pityo-
phagus ferruginens L., Ips (Glischrochilus) quadripustulatus;
von den Eolybiiden: Colydium filiforme Fabr. und Oxylaemus variolosus Duf.;
von den Trogojitiden: Nemosoma elongatum L.
und von den Eucujiden: Laemophloeus ferrugineus Stph.
5. Buntkäfer (Cleridae). Am befannteften und forftlich nützlichſten ift in dieſer
Familie der ſchwarz⸗weiß⸗rot gezeichnete Ameifenwolf (Clerus formicarius L.). Man findet
feine rofarote, beweglid;e Larve häufig unter Kieferurinde in den Gängen von Hylesinus
piniperda L., auf deflen Larven und Puppen fie eifrig Jagd macht. Der in feinen Be-
wegungen den Ameifen ähnliche Käfer Läuft an Raummetern, Stöden, Langhölgern uſw. umher.
Infolge Überſchätzung ſeiner Bedeutung iſt der Käfer als Imago und Larve in Deutſch⸗
fand ſogar in größeren Mengen geſammelt und nad) Nordamerika gebracht worden, um hier
als Kampftruppe gegen Vorkenkäfer ausgejegt zu werben, z. B. gegen Dendroctonus fron-
talis.')
6. Marien-, Blattlausfäfer (Coccinellidae). Die Heinen, halbkugeligen,
ſchwarz oder rot bzw. gelb punltierten Käfer fliegen im Frühjahr und legen ihre (botter-
gelben) Eier gruppenweife an Gewächſe. Die beweglichen, auf Blättern ufw. lebenden Lar-
ven verpuppen fi im Juli und Auguft, frei an den Blättern hängend; 14 Tage fpäter
bemerkt man die Käfer. Dieje überwintern unter Laub, Baumrinde, in Holzrigen ufw. Die
Marienkäfer verfolgen und töten, befonders ald Larven, zahlreiche Blattläuje und Milben
unb entwideln hierbei große Mordgier und Gefräßigfeit. Nach Boeker?) verzehrte eine
Larve von Cocc. septempunctata in 13 Tagen in der Beit vom Ausichlüpfen aus dem
Ei bis zur VBerpuppung 267 Blattläufe mit Haut und Haar. Da ein Coccinellen-? 20
und mehr Eier legt, läßt ſich die wirtfhaftliche Bedeutung diefer Käferfamilie einigermaßen
ermejjen.
Am häufigften find: Coccinella septempunctata L., C. bipunctata L. u. a. Manche
Arten werden nur im Walde angetroffen, 3. B. Halyzia ocellata L. (vorzüglich auf Kie-
fern), H. sedecimguttata L. (befonderd auf Fichten) uſw. Die Milbenwurger (Scymnus)
leben hauptſächlich an Nadelhölzern.
B. Retzflügter (Neuroptera).
1. Skorpionsfliegen (Panorpidae) Die wurmförmigen Larven leben in ber
Erde von verwejenden Subftanzen. Die Imagines Hingegen find Raubinfelten; fie nähren
ſich von kleineren Arten, die fie in fchnellem, fprungartigem Fluge auf niederem Buſchwerk
fangen. Forftlich beachtenswert: die gemeine Storpionsfliege (Panorpa communis L.), zer:
ftört unter anderen die Puppen des Weidenſpinners (Halias chlorana L.).
2. Waflerflorfliegen (Sialidae). Forftlic nüglich tft die Gattung Rhaphidia
L., Kamelhalsfliege. Flugzeit: April bis Juni. Die Eier werden in und unter
Baumrinde (der Kiefer oder Fichte) abgelegt. Die glei den Imagines durch einen über-
-mäßig langen Hals (Prothorax) auffallenden, jchlangenartigen, rindenbraunen Larven über:
wintern bdafelbft und verpuppen fi im Frühjahr ohne Cocon; etwa 2—3 Wochen fpäter
erfolgt da3 Auskommen. Häufigfte Art: Rhaphidia ophiopsis Schumm. Ihre Larven
ftelen Eiern und Larven anderer Infelten an und unter der Baumrinde mit großer Be-
gierde nach, insbejondere den Borfenfäferlarven und den Nonneneiern; in Nadelmaldungen
häufig.
3. Slorfliegen (Hemerobiidae). Die verjchieden bunt gefärbten und mit großen
Saugzangen ausgerüfteten Larven leben ausjchliekli von Blattläujen, die fie mit ihren
hohlen Kiefern ausſaugen und deren Häute fie famt ihrem eigenen Rote auf dem Rüden
herumtragen. Dan findet die „Blattlauslöwen‘ genannten Larven in den dichtgedrängten
Blattlauskolonien, wo ſie infolge ihrer Gefräßigkeit arge Verwüſtungen anrichten. Die Ima⸗
1) Eid Eſcherich: Naturw. Ztſchr. f. F. u. Lim. 1912, 442. — 2) Arb. a. d. Kaiſ. Biol.
Anſt. f. &. u. Fw. V, 1907, 282.
Inſekten: Allgemeines. 151
gines halten ſich im Herbſt und Winter meiſtens in Häuſern auf und ſind forſtlich belang⸗
los. Im Frühjahr werden die weißen oder grünlichen Eier gruppenweiſe auf Blättern
mittels haarfeiner Stielchen befeſtigt. Die ſehr ſchnell wachſende Larve verpuppt ſich 2—3
Wochen nach dem Auskriechen; doppelte Generation daher Regel.
Häufige Arten: Chrysopa vulgaris Schn., Chr. perla L., Hemerobius micans Oliv.
4. Ameifenjungfern (Myrmeleonina). Die Ablage der Eier erfolgt in trodes
nen, leicht rollenden Sand. Hier graben fich die gedrungenen, runzeligen und raubbehaarten
Larven (Ameiſenlöwen) an jonnigen Stellen, befonders an ſüdlichen Böſchungen, Trichter
und lauern in diefen — wie die Cicindela-Larven — auf vorüberlaufende Inſekten (Amel:
fen), welche fie beim Herannahen durch einen Sandregen betäuben, dann in ihre Höhle ziehen
und mit ihren großen, gefrümmien Saugzangen ausfaugen. Die ausgefaugten Inſekten
. jchleubert die Larve aus ihrem Trichter heraus. Die den Libellen ähnelnden Ymagines find
träge Tiere von geringem Ylugvermögen.
Forſtliche Bedeutung gering, eher negativ als pojitiv, da die Nahrung zumeiſt in
Ameiſen beftebt.
Arten: Gemeiner Ameiſenlöwe (Myrmeleon formicarius L.) mit gefledten und M.
formicalynx Fabr. mit ungefledten Ylügeln.
C. Abderflũgler (Hymenoptera).
1. Schlupfwefpen (Ichneumonidae)?). Die Flugzeit diefer äußerft nütz⸗
lichen Inſekten fällt in die Zeit vom Mai bis Auguft. Die ? legen ihre Eier mit:
tel3 ihres langen Legebohrerd einzeln oder zu mehreren biß vielen in oder an andere
Inſekten, die fie zu dieſem Behufe mit ihrem Bohrer anftechen, und zwar hauptſäch⸗
ih in Puppen und Larven, felten in Eier, noch feltener in Smagined. In der Regel
geht an eine bereit3 angejtochene Raupe oder Puppe keine zweite Schlupfweipe; je-
doch kommen in einzelnen Fällen auch Uusnahmen Hiervon vor. Die Larven er-
ſcheinen Kurze Beit nach der Eiablage, leben in ihren Wohnungstieren und überwin-
tern zuweilen in den bewohnten Puppen. Manche bohren fich nad) vollendeten Wachs⸗
tum heraus und verpuppen fich außerhalb meilt in Heinen Cocons, mit denen bie
abiterbenden Raupen dann oft ganz bededt find. Die befanntefte diefer Erjcheinungen
find die mit den gelben Cocong von Microgaster glomeratus Latr. überdedten Raupen
des Kohlweißlings. Um dem Cocon zu entfchlüpfen, fchneidet die Wefpe an einem
Ende desfelben einen zirfelrunden Dedel aus. Die Überwinterung findet unter Moos,
Stöden uſw. Statt. Diefe Lebensweiſe gilt für die meiften Schlupfweipen. Die ganze
Entwidelung gebt in der Regel binnen 3-6 Wochen vor fich, dauert bei einzelnen
Arten aber auch weit länger. Die Generation ift gewöhnlich einfach; jedoch kommt
auch doppelte vor.
Die Imagines find ſcheu und flüchtig, laufen und fliegen, entfernen ſich hier⸗
bei aber nicht weit von ihrer Geburtäftätte, treten zuweilen in großen Mengen auf
und haben die Angewohnheit, bejtändig mit den Fühlern zu wippen.
Die meiften Larven ſchmarotzen innerhalb ihrer Wirte, deren flüflige Säfte
fie nach und nad ausſaugen. Manche Arten der Chalcididae (oder Pteromalini)
faugen aber nur äußerli an ihren Opfern („Wirten”). Die befallenen Raupen
fterben zwar nicht gleich, freien vielmehr ſtärker als vollkommen gefunde, indem fie
gewiffermaßen mit für die Ernährung ihrer „Gäſte“ forgen müſſen; fie gelangen
1) Im vorftehenden fallen wir den Begriff der Jchneumonen im weiteren Sinne und
begreifen darunter die Familien Chalcididae, Proctotrypidae, Braconidae, Evaniidae und
Ichneumonidae.
152 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
aber nicht zur vollkommenen Entwidelung, ſondern gehen als Larven oder Buppen
unfehlbar zugrunde.
Man nahm früher an, die Jchneumonenlarven ernährten fi vom Fettkörper, allein
ſchon Ratzeburg hat auf die Unhalibarkeit diejer Anficht Hingewiejen. Die Larven können,
vermöge der Organifation ihrer Mundteile, den Fettkörper gar nicht verzehren, jondern kön⸗
nen nur faugen. Ferner können die äußerlich, nicht im Innern des Wirtes lebenden Larven
den Fettlörper gar nicht erreichen. Dazu kommt noch, daß viele Schlupfweſpen von ihrem
Wirte aus dem Larvenzuftand in den der Buppe mit fortgeführt werden; zur Berpuppung
ift aber der Tyettlörper unentbehrlid).
Die Ichneumonen find zum Teil polyphage, zum Zeil monophage Inſekten;
mande find fo monophag, daß fie nicht nur eine bejtimmte Inſektenart auffuchen,
fondern fogar nur einen beftimmten Entwidelungszuftand derſelben befallen, 3.8. bloß
die Larve oder nur Die Puppe.
Die forftlihe Bedeutung der Schlupfweipen beruht darin, daß eine ganze
Anzahl von ihnen unfere häufigften und gefährlichtten Waldſchädlinge als Wirte be⸗
nugen und dadurch zu deren Verminderung in mehr oder minder erheblichem Maße
beitragen. Bei größeren Raupenkalamitäten wächft die Zahl der von den Schlupf:
weſpen befallenen Individuen allerdings erft nach und nach zu einer wirtfchaftlich
beachtenswerten Höhe. Immerhin ftellen die Schlupfmweipen einen jener Faktoren dar,
mit deren Hilfe die Natur dem anormalen Anwachſen einer Inſektenart, wenn auch
nicht abſolut verhindernd, fo doch zeitlich begrenzend entgegentritt. Sobald die Ber:
mehrung der Schlupfweſpen foweit fortgefchritten ift, daß fich ein großer Teil der
Schädlinge befallen erweift, erübrigt fich für den Wirtfchafter die Notwendigkeit aller
oder wenigftens gewiffer Gegenmaßnahmen. Bei welchem Bejallprozent Gegenmaß⸗
regeln unterbleiben können, hängt aber davon ab, ob die Unterfuhung auf Schlupf:
weipen an Buppen oder Raupen vorgenommen wurde. Dem an Buppen Eonftatierten
Befallprozent kommt im allgemeinen mehr Bedeutung zu als einem gleichhohen, an
überwinternden Raupen (Kiefernipinner) vorgefundenen Prozentfag, weil bie infi-
zierten Raupen vielfach ebenfo lange leben und ebenjo intenfiv freffen wie gefunde
Raupen. Ä
Die Annahme von Rapeburg, daß die Schlupfweipen nur eine mehr fekun-
däre Rolle Ipielen, weil nur geſchwächte und kranke Wirte von ihnen befallen wür-
ben, ift nicht begründet. Man Tann mit größerem Recht das Gegenteil annehmen
und vermuten, daß Raupen, die Schneumonen beherbergen, aljo mit zu ernähren
haben, bejonders kräftige Individuen fein müffen, wenn fie die ihnen zugefallende
Aufgabe, den Schmaroger zu entwideln, erfüllen wollen. Kranke Raupen jcheinen
vielmehr von den Barafiten direft gemieden zu werben.
Der nahe liegende und fchon von G. L. Hartig geäußerte Gedanke, bei Raupen-
plagen die den Raupen gefährlich werdenden Schlupfmeipen in die bedrohten Beſtände ein»
zuführen oder ihre Vermehrung durch Errichtung von ſog. Raupenzwingern künſtlich zu ſtei⸗
gern, hat praftiich nicht die ihm zunächit beigemefjene Bedeutung. Die Übertragung der
Schlupfweipen in Waldteile mit noch gefunden Raupen jcheitert an der Schwierigfeit, das
erfrantte Raupenmaterial zu beſchaffen Auch das Zuſammenſpercen großer Raupenmengen
in Zwingern, fei e8, daß diefe aus mit Gaje überipannten Gehäufen oder aus durch Grä⸗
ben oder Leimftangen ijolierten Beftandsteilen beftehen, mit der Abficht, Die Schlupfweipen
hier in großen Mengen zu züchten, hat nicht die gewünichten Erfolge gehabt.
Unter den namhafteften Forſtſchädlingen find e3 in erjter Linie Kiefernfpinner,
Rieferneule, Nonne, Kiefernblattweipe, die von einer mehr oder minder großen Uns
zahl von Schlupfweipen als Wirte aufgefucht und dementjprechend bekämpft werden.
Inſekten: Allgemeines. 153
In Eiern ſchmarotzen z. B.: Teleas laeviusculus Rtzb. (Kiefernfpinner)'), Te-
leas terebrans Rtzb. (Ringelfpinner);
in Raupen: Microgaster globatus Rtzb. (Kiefernfpinner), Microgaster soli-
tarius Rtzb. (Nonne), Pimpla Mussii Htg. (Riefernfpinner), Ophion merdarius
Grav., Banchus compressus Fabr. (Rieferneule);
in Raupen und Puppen: Anomalon circumflexum L. (Kiefernfpinner), Pimpla
instigator Panz. (Nonne, Schwammſpinner, Kohlweißling, Goldafter);
in Buppen: Anomalon biguttatum Grav. (Riefernfpinner), Eulophus xantho-
pus Grav. (Riefernfpinner), Eulophus Lophyrorum Htg. (Sliefernblattweipe), Ptero-
malus puparum L. (großer Fuchs), Pimpla scanica Vill. (Kahneichenwickler), Ich-
neumon nigritarius Grav. und I. annulator Fabr. (Slieferneule und Kiefernfpanner);
in vollfommenen Inſekten: einzelne Arten der Braconiden (Marienkäferchen,
Hajelnußrüßler).
2. Raubmwefpen (Rapientia). Dieſe im Sommer lebhaft ſchwärmenden Weipen
leben ungejellig und bauen ihre Nefter in Erde (Sand), morjches Holz, Mauerrigen uſw.
Sie fallen Blattläufe, Raupen, Käfer, Grillen, auch Spinnen räuberiih an, vermunden
fie durch einen Biß oder Stich umd jchleppen bie Hierdurch gelähmte Beute in ihre Nefter,
um die Eier daran abzulegen. Einige Arten verichließen hiernach die Bellen ihrer Reiter;
die ausfommenden Larven nähren ſich von dem beigebradhten Raupen uſw. Andere Arten
verforgen die Brut fortgefegt mit friichem Material. Dadurch, daß fie auch forftliche Schäd⸗
linge ergreifen, werden die Raubweſpen gelegentlich nüplich.
Häufig find: die gemeine Sandweipe (Ammophila sabulosa L.) und die Wegbaftard-
wefpe (Pompilus viaticus L.). Beide Arten leben in fonnigen Lagen jandiger Gegenden.
3. Faltenweſpen (Vespidae). Die teils einfam lebenden, teils Staaten bilden-
den eigentlichen ‚oder Faltenweſpen find ebenfall® räuberiſche Tiere und nüten dadurch,
daß fie manches fchädliche Inſekt fangen, teils zur eigenen Nahrung, teils um ihre Brut
damit zu füttern. Sie |hadlen aber andererfeit3 durch Anfreifen von füßen Früchten
(Obſt, Weintrauben ufw.), Ringeln 2—4jähriger Triebe (an Buche, Birke, Hornbaum
uſw.) und Abjchälen von Baumrinde (an Ejche, Weißerle ufm.), welche fie durch Zer⸗
kauen und Milchung mit einem abgeichiedenen, fleberigen Safte geeignet präparieren und
dann zur Heritellung ihrer Nefter verwenden. Übrigens gefchieht dieſes Abſchälen von Rinde,
wobei Saft austritt, aud) der Ernährung wegen.
Die wichtigſie Urt ift die gemeine Horniſſe (Vespa crabro L.; f. weiter unten).
4. Ameifen (Formicidae). Die Nützlichkeit diefer Heinen Ziere wurde fchon
frübzeitig erfannt und hervorgehoben (Hennert). Die hauptſächlich von tierifchen
Säften ſich nährenden Arten befriegen und töten alle möglichen Inſekten, vorzüglich
Schmetterlingdraupen und Blattweipenlarven, und leiften im Walde durch Vernich⸗
tung zahlreicher wichtiger Pflanzenfeinde großen Nuten. Einen Anhalt zur Ber
meſſung dieſes Nutzens bietet eine Berechnung Forels?), nad der von den Be:
wohnern einer großen Formica rufa-Rolonie an einem Tage mindeftend 100000
Inſekten vertilgt werden. Mögen im einzelnen alle unter biefer großen Zahl viel-
leicht auch nur wenige jpezifiiche Forſtſchädlinge fein, jo erklärt ſich doch aus der
räuberifchen Tätigkeit der farnivoren Umeijenarten die von verichiedenen Seiten ge-
machte Beobachtung, daß Bäume, an deren Fuß ſich Ameifenhaufen befinden, bei
1) Die in den Klammern genannten Inſekten find die betreffenden Wohnungstiere
bzw. Wirte.
2) Eiherih, 8.: Die Ameiſe. Braunſchweig 1906, 179. — Derj.: Thar. Ihrb.,
60. Bd., 1909, 82.
154 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
einem größeren Raupenfraß ganz oder wenigftens teilweife grün bleiben, während
alle anderen nicht in diefer Weife geſchützten Bäume Tahlgefreilen werben.
Ein weiterer Nuten der Ameifen befteht im Aufzehren verweſender Subftanzen.
Sie reinigen den Wald von vielen Inſektenkadavern und tragen Durch Zernagen und
Zerwühlen alter Stöde zur fchnelleren Berjegung derfelben und zur rajcheren Be⸗
reicherung de3 Boden? mit Humus bei.
- Aus diefen Gründen gebührt den Ameiſen nicht nur Schub, ſondern es ver-
dient auch der Borjchlag Ratzeburgs Beachtung, die nüglicden Ameifen, in erfter
Zinie Formica rufa, durch fünftliche Bermehrung ihrer Kolonien im Walde möglichit
auszubreiten.!) Die bei der Verwirklichung diefes Vorfchlages bisher erzielten Ergeb-
niffe find allerdings fo geringe, daß die weitere Verfolgung diefer Verſuche nicht
Iohnend ericheint. Um fo mehr empfehlen fich direkte Schugmaßnahmen zur Fern-
* Haltung der Umeijenfeinde.
Man kommt hierbei allerdings in Kollifion mit den auf Schuß der Spechte, nament-
lich der Erdipecdhte und des Schwarzipechtes, gerichteten Beitrebungen und hat zu entſchei⸗
den, von welcher Seite man den größeren Nutzen zu erwarten hat, ob von den genannten
Specdtarten, den typifchen Ameijenvertilgern, oder von den Ameiſen.
Auf alle Fälle ift aber auf Beachtung des in den TForftpolizeigefegen mehrerer deut-
ſcher Bundesftaaten (Preußen, Bayern, Sachſen, Württemberg, Helfen, Oldenburg, Braun:
fchweig) aufgenommenen Berboted des unbefugten Einfammelnd von Ameijen und Ameifen-
puppen („Ameifeneier‘) zu halten. Der durch dieſe viel ausgeführte Nutzung verurjachte
Schaden ift um fo größer, al3 hierdurch nicht nur die Ameiſen vermindert, jondern auch
die nüglichen Vögel, welche den Ameifenpuppen eifrig nacdjftellen, beeinträchtigt werden.
Bon der Großartigleit des Maſſenmords, welcher durdy dad Sammeln der Ameijen-
puppen begangen wird, liefern folgende Zahlen ein Bild. Nah Henichel‘) wurden früher
aus Wildalpen (Steiermark) jährlid 50—70 hl getrodneter Ameifencocons (der Formica
rufa L.) in den Handel gebracht, d.h. ungefähr 96— 184,5 Millionen Ameijen (1 hl enthält
etiva 1920000 Eocons), während der Forftlaffe dafür jährlich nur —5 fl. zuflojjen. — Auch
in Rußland wird dad Sammeln der Ametjeneier noch ftarf betrieben. Die Bauern pachten
bier geradezu auf gewiflen Flächen das Recht, die Eocons zu jammeln. In 1°/, Monaten
jammelt ein Mann für 120 Rubel, und im Poprowsker Kreife wurden in 2 Monaten von
7 Bauernſchaften mit diefem Geſchäft 25000 Rubel verdient.?)
Als häufige, weitverbreitete und forftlich nüßliche Ameijenarten mögen genannt fein:
Gemeine Wald- oder Hügelameife (Formica rufa L.). Sehr häufig, macht (be-
fonderg in den Kiefernforjten der Ebene) große, kegelförmige Haufen.
Holzameife (Lasius fuliginosus Latr.). Gemein, lebt in alten Baumftämmen
und Stöden der Eichen, Bappeln, Linden und Weiden.
Rote Ameiſe (Myrmica rubra L. = M. laevinodis Nyl., ruginodis Nyl., ru-
gulosa Nyl., lobicornis Nyl. und scabrinodis Nyl.). Lebt in Wäldern ufw. unter
Steinen, Rafen, Baumrinde ufw.
1) ®ie zu verfahren jei, um Ameifen fünftlich anzufiedeln, darüber berichtet Forſt⸗
meifter Liſchka im Z3bl. f. d. gel. Fw. 1906, 237. Er empfiehlt Ausheben 30 cm tiefer,
40 cm weiter runder Gruben. Sie werden zur Hälfte mit Reifigafche gefüllt, mit einigen
trodenen Tierfnocdhen belegt und mit 8— 10 1 Ameiſenmaterial (Ameifen, Buppen, Eier,
Nadeln) verjehen, das vom nächſten Ametjenhaufen übertragen wird. Im Laufe des Jahres
fol aus jeder jo behandelten Grube eine neue Ameifentolonie entjtehen.
2) Z3bl. f. d. gef. Fw. 1876, 160. — 3) Forftl. Bl. N. F. 1880, 30.
Inſekten: Allgemeines. 155
D. Sweiflügler (Diptera).
1. Raubfliegen (Asilidae). Die großen, meiſtens ſtark behaarten und an ihren
fugelig vorgequollenen Augen fenntlichen Fliegen find kühne Räuber; fie greifen Imagines
aller Inſektenordnungen (jogar Libellen) an und faugen fie aus. Forſtlich beachtensmwerter
ift wohl aber die Tätigkeit ihrer im Boden und mulmigen Holze lebenden Larven, die fich
bier von Inſektenlarven aller Urt, namentlich von Käferlarven, nähren.
Häufige Arten: Laphris flava L., L. gibbosa L. und L. gibra L.
2. Schwirrfliegen (Syrphidae). Gie fliegen im Sommer im hellen Sonnenfchein
und find durch ihre Flugfertigteit, die fie befähigt, freiſchwebend in der Luft zu ftehen, all
gemein befannt. Die grünlichen Larven der Gattung Syrphus leben vorherrichend frei auf
Pflanzen und werden durch ihre räuberifche Tätigkeit in Blattlauskolonien nützlich. Im
Gegenjag zur Coccinellen-2arve, die die Blattläuſe ganz verzehrt, läßt die Syrphus-Larve
fehr oft die Gliedmaßen der Blattlaug übrig.
Häufige Arten: Syrphus pirastri L., jhmärmt gern an DObftbäumen, auch an Kiefer;
S. seleniticus Meig. in den Kolonien von Chermes picese Rtzb. an Tanıtenrinde.
3. Raupenfliegen (Tachininae). Sehr viele Arten der jehr umfangreichen
Familie oder Unterfamilie der Tachinen jchmarogen in Larven und Puppen anderer
Inſekten (Falter, Blattweipen), feltener in Imagines. Die Eier werden nicht in, fon-
dern nur äußerlich an die Wirte abgelegt, oft bis 10 Stüd und mehr an eine Raupe.
Die ausichlüpfenden Maden dringen bald in den Wirt ein, bohren fich, nachdem fie
ausgewachſen find, zum Zwecke der VBerpuppung durch die Haut ihres Wohnungs-
tieres wieder heraus, laſſen fich zu Boden fallen und verpuppen fich Hier in einem
aus ihrer eigenen Haut gebildeten Tönnchen, aus dem die Fliege (eventuell nad} der
Überwinterung) zum Vorfchein kommt. Die befallenen Tiere gehen entweder fchon
als Raupen oder im Puppenzuftande ein. Das Smagoftadium erreicht keins mehr.
Die Tachine wirkt, jobald die Larve eingebohrt ift, unbedingt tödlich.
Das bloße Ablegen des Tachineneies an der Raupe ift jedoch nicht gleichbe-
beutend mit deren Tode. Da bie Embryonalentwidelung bei manden Tadinen,
3.8. bei der Nonnentadjine (Parasetigena segregata Rdi.), nur langſam vor fich geht
und unter Umftänden mehr al3 eine Woche in Anſpruch nimmt, fo bleibt die tadji-
nierte, d. 5. mit dem Ei belegte Raupe gefund, wenn fie ſich vor dem Einbohren der
Tachine häutet und mit der alten Haut da3 oder die an ihr haftenden Eier abitreift.
Auch dann, wenn das Tachinenei an der Kopflapfel einer Raupe abgelegt wurde,
fcheint eine Infektion der Raupe ausgeichloffen zu fein, weil die aus dem Ei frie-
chende Tachinenmade die ſtärkere ChHitinfchicht des Kopfes nicht zu Durchdringen vermag.
Die forfilicde Bedeutung der Raupenfliegen ift wahrjcheinlich weit größer als
im allgemeinen angenommen wird. Nach den vorliegenden Beobachtungen find fie
eins der wirkſamſten Mittel, mit denen die Natur die zur Maffenvermehrung bes
fähigten Schmetterlinge in den normalen Schranken hält und auf den Normalftand
zurüdführt, wenn infolge beſonders günftiger Entwidelungsbedingungen eine Mafjen-
vermehrung fchon eingetreten ift. Dafür bieten die großen Nonnen=, Kiefernipinner-
und Rieferneulenfalamitäten bemeisfräftige Beifpiele.
Beſonders wertvoll ift ferner der Umftand, daß vielfach die tachinöfen, d. h. von
der Tachine infizierten Raupen, wenn nicht Schon halbwüchſig, jo doch vor Erreichung
der Normalgröße eingehen. Durch die Zachine wird mithin nicht nur die Fortpflan⸗
zung, d. 5. ber zufünftige Schaden verhindert, fondern auch der Schaden während
der Yraßperiode gemindert.
156 Erfies Buch. Schuß gegen Tiere.
Die Bermehrungsfähigkeit ift bei einzelnen für die Bekämpfung der wichtigsten
Sorftihädlinge in Frage fommenden Tachinenarten weit größer als die der Wirte.
Wenn dieſe größere Bruchtbarkeit trotzdem nicht zum gänzlichen Ausfterben der an=
gegriffenen Schädlingsart führt, fo ift diefe Erſcheinung vielleicht darin begründet,
daß die Tachinen meift nicht nur auf eine Inſektenart angewiejen, fondern polypbag
und bei nur normalen Borlommen der Wirte im Aufjuchen derjelben anjcheinend
nicht derart bewandert find, daß fie ihren ganzen teilweife jehr großen Eiervorrat
loswerden. Die eben erwähnte Polyphagie gewährleiftet andererfeit3 den Tachinen
die Erhaltung ihrer Art und fichert dem Wirtichafter das Kurzhalten einzelner feiner
gefährlichen Waldfeinde. Es darf mit ziemlicher Sicherheit angenommen werben, daß
einzelne Raupenkalamitäten ohne Dafein und Ständige Wirkſamkeit der Tachinen viel
häufiger fein würden als fie es trog Vorliegen günftiger Bedingungen find. So
dürften Tachinen die Haupturfache fein, daß Kieferneulen- und Schmammipinner-
falamitäten trotz ber Häufigkeit ber beiben Schmetterlinge zu den felteneren Bor:
kommniſſen gehören.
Wie durchgreifend die Wirkfamkeit der Tachinen bei der VBertilgung der Kieferneufe
ift, beweift ein im Boologiichen Inftitut der Forftalademie Tharandt auf Unregung von
Prof. Eicherich durchgeführter Zuchtverjuch. Die Aufzucht von 100 Eulenraupen ergab 36 Falter,
46 Tachinen (Panzeria rudis Fll.) und 18 den verichiedenften Arten angehörende Ichneu⸗
moniden.')
Außer den ſchon genannten Tachinen der Nonne: Parasitigena segregata Rdi..
und der Kieferneule: Panzeria rudis Fl. feien noch die in den Raupen der Nonne,
Kieferneule und vieler anderen Schmetterlinge lebende Raubfliege Echinomyia fera L.
und die Puppenfftege Nemoraea puparum Fabr. erwähnt.
4. Sleifchfliegen (Sarcophaginae). Ein Zeil der im allgemeinen in fau⸗
lendem Fleisch fich entwidelnden Fliegen lebt nach Art der Tachinen auch parafi-
tiich in Raupen und Puppen von Nonne, Kiefernfpinner uſw. und nützt infolgedefien
in der gleichen Weiſe wie die Raupenfliegen.
E. ®rabflügler (Orthoptera).
Die einzige hier zu nennende nüßliche Art, Die Maulmwurfägrille (Gryllotalpe vul-
garis Latr.) wird troß ihrer eifrigen Bertilgung aller fchädlichen Bodeninſekten durch Ber:
reißen und Abbeißen von Wurzeln mehr zun Forftihädling und ift jpäter zu erwähnen.
F. Sieinnetflügler (Pseudoneuroptera).
Unter den die Übergangsitufe zwiſchen Grab: und Nepflüglern bildenden Pſeudoneu⸗
ropteren fommt der die Perlfliegen, Eintagsfliegen und Kibellen umfaffenden Unterordnung
Amphibiotica eine allerdings nur ſehr geringe forftliche Bedeutung deshalb zu, weil bie
durch ihre Flugfertigleit befannten Wafferjungfern als Imagines allerhand Inſekten, jelbft
Schmetterlinge, töten. Wirtjchaftlich wichtiger wird diefe Inſektenfamilie dadurch, daß ihre
gefräßigen Larven und Buppen im Wafjer leben und mit ihrem zu einem bejonderen Yang-
apparat, der „Maske“, umgewandelten dritten Stiefernpaare zu gefährlichen Feinden der Fiſch⸗
brut werden.
Arten: Blaugrüne Wafferjungfer (Aeschna junces L.), allenthalben und zuweilen
ſehr Häufig.
Riejenwafjerjungfer (Aeschna grandis L.), häufig, beſonders in Gebirgägegenden.
Vierpunktierte Waſſerjungfer (Libellula quadrimaculata L.), erſcheint zumeilen in
großen Schwärmen und unternimmt Wanderzüge.
Gemeiner Plattbauch (Libellula depressa L.), überall jehr häufig.
1) Eſcherich: D. Forftinfelten Mitteleuropas. I. Bb., 242.
Inſekten: Allgemeines. 157
a. Schnabelferfe (Rhynchota).
Korftnügliche Arten finden fich bei den Shildwanzen und zwar nur bei ben Aso-
piden. Die im Walde lebenden Arten, meiftens jcheue, behende Tiere, nügen als Larven
und Jmagined durch Ausſaugen von Raupen und Blattläujen; jedoch ſchaden auch einige
von Begetabilien lebende durch Saugen an kungen Trieben oder am Baft älterer Stämme.
Das Auskommen erfolgt im Spätjommer, die Überwinterung unter Laub, die Begattung
und Eierablage (an Blätter, Triebe, in Rindenritzen uſw.) im folgenden Frühjahre.
Wrten: Troilus luridus F., Picromerus bidens L. An Baumftämmen häufig, wer:
den durch Bertilgung jchädlicher Raupen und Puppen (Froſtſpanner, Lophyrus, Nonne)
nützlich. Die in gleicher Weiſe al3 forftnüglich angefehene Baummanze Pentatoma (Tropi-
coris) rufipes L. ift nicht farnivor, fondern hauptjächlich Bflanzenfrefjer.*)
Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus L.), am unteren Schaftteile ftärlerer Bäume, be:
fonder8 an Linden oder Lindenftöden, oft au Hunderten zujammen; lebt hauptſächlich auch
bon tierischer Nahrung.
5. Spinnentiere.
Unter den Spinnentieren (Arachnoidea) find namentlich bie eigentlichen Spinnen
(Araneida) und die Afterfpinnen (Phalangida) hervorragende Snfeltenvertilger. Keller
(Zürich) iſt ſogar der Unficht, daß die Spinnen mehr nützen als die infeltenfreflen-
den Vögel ded Waldes.
AS Repräfentanten mögen folgende drei Arten genannt werden:
Die gemeine Kreuzſpinne (Epeirs diadema L.). Sie fängt in ihren großen, ver:
tital zwilchen Bäumen oder Holzftößen uſw. ausgeipannten, aus fonzentriichen Kreifen und
radialen Fäden bejtehenden Neben manchen Borkenkäfer. Ferner ftellt fie auch der in ananas⸗
förmigen Gallen lebenden Brut der grünen Fichtenrindenlaus (Chermes abietis Rtzb.) nach.
Die Webjpinne (Steatoda sisyphis Cl.) trat 1886 im Schutzbezirk Bralit der Ober:
förfterei Freienwalde als Feindin der Blattweſpen, insbeſondere der Kiefernblattweſpe (Lo-
phyrus pini L.) auf.?)
Der Weberknecht (Phalangium parietinum Deg.). Dieſe Afterjpinne ftellt nad)
Keller", den Weibchen des roten Fichtenrindenfauger8 (Chermes coccineus Rtzb.) nad).
6. Tauſendfüßler.
Diefe Lichtfcheuen, durch zahlreiche Füße ausgezeichneten Tiere (Myriapoda) leben
an dumpfen, feuchten Orten (unter Baumrinde, Moos, Steinen uf.) und nähren
ſich teilg von vegetabilifchen, teils von tierifchen Stoffen, wodurch fie je nad) Um⸗
ftänden fchädlich oder nützlich find.
Als weit verbreitete Arten find zu nennen:
Der braune Steintriecdher (Lithobius forficatus L.).
Der gemeine Tauſendfuß (Julus terrestris L.).
Beide töten (nad) Keller)9 junge, noch nicht völlig ausgefärbte Borken-, Baft: und
Splintläfer unter der Rinde, um deren Weichteile zu verzehren; die unverdauliche Chitin«
hülle laffen fie an Ort’ und Stelle liegen. Lithobius geht weiterhin der Bodenfauna nach
und dürfte namentlicy die im Boden liegenden Puppen vernichten.
Die Taufendfüßler ſchaden aber andererſeits dadurch, daß fie die nüßlichen Regen—
würmer vertilgen, und zwar ſchadet in dieſer Beziehung neben den Lithobius-Arten bejon-
ders die vielgliederige Erdaffel (Geophilus longicornis).?) Ferner ftellen fie den keimenden
Samen nad. — Nach Oberförfter Wegener®) zerftörte eine Julus-Art (1875 und 1884)
9) Schuhmacher: Ziſchr. f. wiſſ. Infeltenbiologie 1910, 263, 376, 430 u. 1911, 40.
— 2) Editein: Btichr. f. F. u. Iw. 1887, 71. — 3) Schweiz. Ztichr. f. Fw. 1883, 165 u.
1884, 17. — 4) Daf. 1886, 14. — 5) Dal. 1886, 57. — 6) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw.
1888, 242,
158 Erfies Buch. Schub gegen Tiere.
in der Oberförfterei Sand (Reg.-Bez. Kaflel) feimende Eicheln bzw. deren Höhentriebe, Die
Burzeltriebe zeigten ſich unbeihädigt. — NRitiche") teilt mit, daß (1887) auf dem Nitter-
gut Kreipitzſch (bei Köfen) Blaniulus guttulatus Bosc. feimende Samen der Lärdhe (umd
Kiefer) verzehrte, jo daß namentlich die Lärdenfaat total mißriet.
B. Belämpfungsmaßregeln.
Es handelt fich hier zunächft um die vom Wirtſchafter ausgehenden Mab-
nahmen zur Bertilgung und Ausrottung der fhädlichen Forſtinſekten.
Die weitaus wirffameren Vorgänge und Einflüffe, mit deren Hilfe die Ratır
der endlojen Bermehrung der einzelnen Inſektenart befehränfend und hindernd ent=
gegentritt, liegen leider derart außerhalb der Machtiphäre des Wirtfchafters, daß fie
für diefen al3 wirkliche feiner Willkür untermorfene Rampfmittel nicht in Betracht
kommen. Weiter haftet den natürlichen Einflüffen, ſoweit es ſich um die tieriſchen
oder pflanzlichen inſektentötenden Paraſiten handelt, der große Übelftand an, daß fie,
wie fchon oben bei Befprechung der wirtjchaftlichen Bedeutung der nützlichen In—
fetten erwähnt wurde, ihre volle zur endgültigen Vernichtung des Schädlinge füh-
rende Stoßfraft vielfach nicht zeitig genug erlangen. Dadurch verlieren fie an Wert
gegenüber den in der Hand des Wirtichafters befindlichen Bertilgungsmitteln, trotz⸗
dem dieſe oft noch recht unvolllommen und auf alle Fälle recht koſtſpielig find.
An dritter Stelle ift der mit Regelung der Belämpfung ber Forftfchäblinge fi
befafienden geſetzlichen Beitimmungen, fowie derjenigen Maßnahmen und Einrid)-
tungen zu gedenken, mit deren Hilfe der Staat der richtigen Beurteilung des ein-
zelnen Schädlings und der zwedmäßigen Organifation des Forſtſchutzes gegen Forſt⸗
inſekten die Wege ebnet.
I. Bom Wirtfhafter ausgehende Befämpfung.
Bei der Belämpfung forftichädlicher Inſekten Durch den Wirtichafter ift al
Grundſatz aufzuftellen: Nechtzeitiges Einfchreiten?) und Anwendung nur
folder Mittel, deren Aufwand an Zeit, Mühe und Geld zu dem Er-
folg im richtigen Verhältnis fteht.
Im allgemeinen find hiernach, je nach den zu vertilgenden Arten und den lo⸗
falen Berhältniffen, folgende Maßregeln namhaft zu machen:
1. Sammeln und Berjtören der Eier, Larven, Buppen oder vollflommenen
Inſekten. Welchem Entwidelungsftadium gegenüber da3 Sammeln am leichteften zu
bewerfftelligen ift, hängt zunächſt von der Lebensweife des betreffenden Inſektes ab.
Außerdem ift Die Bertilgung aus praftifchen Gründen in eine Zeit zu legen, in welcher
die erforderlichen Arbeitskräfte verfügbar ſind.
a) Das Sammeln der Eier („Eiern“) iſt im allgemeinen unrentabel und
läßt fih nur dann ausführen, wenn die Eier in Haufen abgelegt werden (Kiefern-
jpinner, Shwammipinner, Nonne). Am einfachſten ift dag Berbrüden der Eier ald-
bald am Stamme. Wo die Ablage an Zweige ftattfindet (Ringeljpinner), find dieſe
abzufchneiden und mit den Eiern zu verbrennen.
b) Das Sammeln von Larven (meift Raupen) gejchieht entweder durch eins
1) Thar. Ihrb. 1888, 291. — 2) Als Lofung hat für den Forſtmann und Waldbeſitzer
dad von G. L. Hartig auf den Inſektenſchutz angewendete bekannte Verschen zu gelten:
„Brauch jedes Mittel früh — zu ſpät hilft's nie!“ (Nitſche: Thar. Ihrb. 1894, 298.)
Inſekten: Allgemeines. | 159
faches Abs oder Auflefen von den befallenen Pflanzen bzw. vom Boden oder, nach
vorausgegangenem Schütteln bzw. Anprellen der Fraßbäume (in Stangenhölzern),
bon untergebreiteten Tüchern, oder durch Abfchneiden ber Raupennefter mittels
einer auf einer längeren Stange angebrachten Aſtſchere. Raupen, die in Klumpen zu⸗
fammenfiten (Qarven von Lophyrus pini) laflen ſich alsbald am betreffenden Orte
zerdrüden. Forſtmeiſter Sprengel bat für diefen Zweck eine befondere
Quetſchzange (Abb. 64) hergeftellt. Ebenfo können Raupen behandelt
werden, die in befreflenen, durch feine Fäden miteinander verbundenen
Blättern, ſog. Raupenneftern, leben oder überwintern. Die Nefter find
einfach zu zerquetichen oder werden abgefchnitten und verbrannt. Unter
Umständen können derartige Raupennefter auch direlt am Baume ver-
brannt werden. Namentlich empfiehlt fich die Anwendung dieſes Ber:
fahren bei den Prozeifionsipinnerraupen, deren feine Rückenhaare be:
fanntlich Hautentzündungen hervorrufen. Um die Raupen nicht berühren
zu müſſen, werben ihre Nefter durch irgendeine, an einer Stange befe-
ftigte Feuerquelle in Brand gefeht.
Müſſen die zu fammelnden Raupen erft durch Schütteln oder Anprellen
aus den für den Sammler unzugänglichen Baumkronen heruntergeholt und zus 4
vom Boden oder von Tüchern aufgelefen werben, fo ift beim Anprellen dar= engels
auf zu achten, daß das Schlagen (mit der Arthaube oder einer bejonderen —
Prellkeule), um den Baum nicht zu ſchädigen, nur auf Aſtſtümpfe geſchehen darf; sum Ber-
wo folche fehlen, muß man die Art bzw. Keule mit Werg, Lappen ober fon- Raupen ui.
ftigen weichen Stoffen (Kautihuf) umhüllen, um Quetihiwunden der Rinde (verfieinert.)
vorzubeugen.
Bei den Käfern ift das Vernichten der Larven weniger gebranchlich als bei den
Schmetterlingen. Es find nur wenige Arten, bei denen es üblich iſt, z. B. Maikäfer, Rüſ—⸗
ſelkäfer (Schnitzen von Brutknüppeln), Borkenkäfer (Entrinden der Fangbäume).
e) Das Sammeln und Vernichten von Puppen findet nur bei ſolchen Inſekten
ſtatt, die im Puppenſtadium in der Bodendecke im Schirmbereich der Fraßbäume
überwintern (Kieferneule, Kiefernſpanner) oder dann, wenn die Verpuppung tief am
Stamme in Rindenritzen oder im Unterwuchſe, jedenfalls ſo erfolgte, daß die Puppen
leicht aufgefunden werden können.
d) Das Sammeln der vollkommenen Inſekten endlich geſchieht entweder
durch einfaches Auf⸗ bzw. Ableſen vom Boden oder von ben Pflanzen oder, wenig:
ſtens bei vielen Käfern, vermitteld künſtlich hergerichteter Fangapparate (Fang-
rinden, Fangkloben, Fangbündel, Sangbäume), durch welche die Imagines angelodt
werden. Im größeren Maßftabe findet namentlich das Sammeln der Maikäferarten
und des großen braunen Rüſſelkäfers Statt. Als größtenteils volllommen unbraudj-
bar müſſen die zahlreichen Fallen bezeichnet werden, die zum Fang dieſer ober je-
ner Inſektenart hergejtellt und vom Erfinder gewöhnlich warm angepriefen worden
find. Sie verfuchen e3, teil durch auf den Geruch wirkende Lodftoffe, teils durch
Lichtquellen die Inſekten anzuziehen.
Das Töten der gefammelten Larven, Buppen und vollkommenen Inſekten ges
Ichieht durch Zerftampfen in Erdgruben, Verbrühen mit kochendem Waſſer, Über:
gießen mit infeftentötenden Subjtanzen (Petroleum Schwefelkohlenftoff, Tetrachlor⸗
fohlenftoff) oder durch Überſchütten mit Kalk u. dgl.
2. Anlage von Fang⸗ (Raupen oder Rüffelfäfer-)gräben.
160 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Diefe empfehlen fi nur gegen die von einem Yrakort nad) dem anderen auf dem
Boden fortwandernden Raupen (Kiefernfpinnerraupe uſw.) oder Käfer (großer brauner Rüffel=
täfer, die wurzelbrütenden Baftläfer uſw.). Man fertigt fie etwa 25—80 cm breit und 30
bis 85 cm tief, mit fentrechten Wänden, und bringt in Entfernungen von etwa zehn Schritten
10—20 cm tiefe Fanglöcher auf der Sohle an. Die Gräben müſſen von Zeit zu Zeit nady=
gejehen und die gefangenen jchädlichen Inſekten getötet werden; alle mitgefangenen nüß-
lichen Tiere (Laufläfer, Eidechien, Kröten) find bei den Revifionen zu befreien. Unter Um⸗
ftänden Tann dem Graben auch nur eine ſenkrechte Wand nad der zu ſchützenden Fläche zu
gegeben werden, um den nüblihen Tieren das Entlommen aus dem Graben an der an-
deren abgejchrägten Außenwand zu erleichtern. Der Graben ift dann aber mehr Iſolier⸗
als Yanggraben, da natürlich auch die Schädlinge auf gleichem Wege entweichen können?)
Auf loſen Sandböden und in felfigem Terrain find Raupengräben felbftverftändlich nicht
ausführbar.
3. Herftellung fogenannter Zeimftangen, d. h. Iſolierung der Beſtände mit
(entrindeten) Stangen, Latten oder Schwarten, die mit Raupenleim oder Teer bes
itrihen find Man verwendet zumeift 10—15 cm ſtarke Fichten- oder Fliefernitan-
gen, gräbt fie zur Hälfte in den Boden ein und leimt bzw. teert enttweder die ganze
herausftehende Hälfte oder bringt auf ihr wenigftens ein 3—4 cm breites Leimband
an. Um wirkſam zu bleiben, müffen die Stangen Hin und wieder, namentlich. nach
ſtarken Negengüflen, neu geleimt werden, da Staub und Sanblörnden das Leim-
band verfruften und paflierbar machen.
Auch dieſes mehr dem Schutze gefunder, nicht infizierter Beftände als dem direkten
Begfangen der Schädlinge dienende Mittel ift nur gegen Infelten, die auf dem Boden
wandern, anwendbar. Wenn man den Begtun eines Fraßes fogleich entdedt und den be-
treffenden Beſtand alsbald in der angegebenen Weife ijoliert, jo fann der Weiterverbreitung
des Fraßes in die Nachbarbeftände erfolgreich vorgebeugt werden, vorausgejebt, daß die In⸗
jeften nicht auf anderem Wege, 3.8. durch Überwehen, auf die geſchützten Flächen gelangen.
4. Eintrieb von Schweinen oder Hühnern in die befallenen Orte.
Bon Anwendung diefer Maßregel kann nur gegen folche Larven, Puppen uſw. die
Rede jein, welche in oder unter der Bodendede leben. Beim Eintrieb von Schweinen find
bie zunächſt gehegten großen Erwartungen meift nicht erfüllt worden. Infolgedeſſen iſt man
von diejer Maßnahme bei der Belämpfung von Engerlingen, Kiefernipanner, Eule uſw. im
allgemeinen wieder abgelommen. Wo der Schweineeintrieb noch verwendet wird, 3.8. bei der
Belämpfung von Lyda stellata, ift es notwendig, ſog. Landichweine, feine hochgezüchteten
Haffen zu verwenden und die Schweine abend mit Kartoffeln, Mais, Hafer und Erbfen
zu füttern. Bei der Bekämpfung des Kiefernipanners hat nach den zeitherigen Erfahrungen
ber Eintrieb von Hühnern und Puten Vorzüge vor dem Schweinebetrieb. Näheres hierüber
fiehe unter „Kiefernſpanner“.
5. Ausreißen und Verbrennen der mit Inſektenbrut beſetzten Pflanzen,
Abbrechen der infizierten Knofpen, Abſchneiden der befallenen Teile, Uushieb
der von fchädlichen Käfern uſw. angebohrten und mit Brut belegten Stämme. Leb-
tere müſſen geſchält und Die Rinde muß verbrannt werden.
Ahnlich ift mit fog. Fangbäumen zu verfahren, ſobald diefe mit Borkenkäfer⸗
brut bejegt find. Man verfteht unter Fangbäumen Stämme, die gefällt werden, um
Käfer, welche unter ber Rinde oder im Holz brüten, zu veranlaffen, ihre Eier an ober
in fie abzulegen. Die Brut foll hier Lokalifiert werden, um ihre Vernichtung zu er:
leihtern. Die Beit des Werfens folcher Bänme hängt von der Schwärmzeit und Ge:
nerationddauer der betreffenden Käfer ab. Am ſtärkſten werden fie gewöhnlich in
den Monaten Mai und Juni befallen.
1) D. Forſt⸗Ztg. 1912, 467.
Inſekten: Allgemeines. 161
. &n bezug auf den Beitpunft der Entrindung folder Fangbäume ift große Umficht
geboten. Entrindet man fie zu frühzeitig, d. 9. während die Vorkenkäfer noch ſchwärmen,
io erfolgt da8 weitere Anbohren an anderen ftehenden Stämmen, das Auffinden ift dann
ſchwierig oder unmöglich. Entrindet man Hingegen zu ſpät, d. h. erft, nachdem die bereits
fertig gewordenen Inſekten aus dem Fangholze ausgeflogen find, jo würde man durch das
Werfen von Yangbäumen — ftatt zur Verminderung — zur Vermehrung der betreffenden
Schädlinge beitragen. Als Regel ift aufzuftellen: Entrindung und Verbrennen der Rinde,
ehe die aus den zuerſt abgelegten Eiern ausgelommenen Larven in den Puppenzuſtand
übergegangen find. Es empfiehlt ſich daher, die Fangbäume etwa alle 14 Tage auf die Entr
widelung der Brut zu unterfuchen, um den richtigen Zeitpunkt für die Entrindung aus⸗
findig zu machen.
6, Anbringen von Leimringen an den Bäumen, entweder tn Brufthöhe Kie
feimen) oder in höheren Partien des Schaftes (Hochleimen), um die aufbaumen⸗
den Raupen zu fangen, ihnen den Weg zu den Fraßplägen (Baumkronen) zu ber:
legen und fie jomit fchließlich auszuhungern.
Diefe Maßregel ift gegen die Raupen des Kiefernipinners und die flügellofen Weib»
hen ber Froftipanner von durchichlagender Wirkung und wird mit wenigſtens teilweifen
Erfolg auch bei anderen wichtigen Schädlingen angewendet. Über die Technik des Leimens
vgl. die Ausführungen unter „Nonne“.
7. Abtrieb des befallenen Beſtandes zum gwede der Vernichtung der unter
der Rinde ſich entwickelnden Käfergeneration oder der an der Rinde abgelegten Eier
(Nonne). In einzelnen Fällen kann auch das Abbrennen des ganzen Beſtandes
ſamt dem in ihm freſſenden Schädling in Frage kommen. Es iſt ſelbſtverſtändlich,
daß die letztgenannten Gewaltmaßregeln nur dann angewendet werden, wenn es ſich
um ſehr ſtark befallene Drte, haubare Beitände oder — in bezug des Abbrennens
— um junge Orte handelt, die nicht nur felbft rettungslos verloren find, fondern
auch ohne Radilaleingriffe zu ernften Herden und Ausgangspunkten neuer großer
Schädlingsmaffen werden würden.
8. Streuharken, um die unter der Streudede Tiegenden Puppen des Riefern-
ſpanners und der Kieferneule durch Freilegen oder durch Einbringen in die zufam-
mengeichichteten Streuhaufen zu vernichten. Das Verfahren ift zwar nicht ganz billig,
ift aber auch auf größeren Flächen ausführbar, durchſchlagend im Erfolg und bei
einigermaßen forgfältiger Ausführung und Belafien der Streu im Walde für den
Baummuchs keineswegs fo gefährlich, wie es bisweilen hingeftellt wird.
9. Andere, auf die Bertilgung von Bodeninſekten gerichtete, aber weniger wirt.
fame oder zu umftändliche und daher mehr oder minder aufgegebene Maßnahmen
find: Feſtſtampfen (Kammen) der Erde, Abbrennen der Bodenvegetation
und der oberen Streulage durch Lauffener, fowie Durchtränkung des Bodens mit
infeftentötenden Flüffigkeiten (Chlorwaffer, Benzin, Schmwefellohlenftoff, Suffurit
u. a.). Auch mit Unterbringen der Puppen ſchädlicher Injelten in tiefere Boden-
lagen duch Umadern find Verfuche gemacht worden. Zur Vernichtung des Enger:
lings ift von Oberjörfter Witte fogar ein Inſtrument (Wittefches Engerlingseifen)
hergeftellt worden, da3 zum Burchftechen des Bodens und damit zum Töten beri in
der Durchftochenen Bodenfchicht befindlichen Maifäferlarven berechnet ift.
Als zu wenig wirkſam und unter Umftänden gefährlich find ferner die früher
zum Herbeiloden von Schmetterlingen üblichen Leuchtfeuer ziemlich allgemein auf-
gegeben worden. | |
Heß, Forftihug. I 4. Aufl 11
162 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
10. Belämpfung mit chemiſchen Mitteln (Infektiziden).!) Die fehr zahl:
reichen hierher gehörigen Mittel jollen entweder die Schädlinge direkt abtöten (Kon⸗
taftgifte) oder find dazu beftimmt, auf den Blättern haften: zu bleiben und als
Nahrungs oder Magengifte zu wirken. Manche Mittel find nach beiden Rich⸗
tungen wirkſam oder halten die Inſekten durch ihren Geruch oder Geihmad vom
Verzehren der Pflanzenteile ober von der Eiablage ab.
Die Inſektizide müſſen mit Hilfe von trag⸗ oder fahrbaren Sprigen in mög⸗
lichſt feiner Verteilung auf die zu ſchützenden Pflanzenteile aufgetragen werden. Schon
daraus geht hervor, daß die Belämpfung der fchädlichen Inſekten mitteljt Inſektizi⸗
ben: in der Forſtwirtſchaft nie die Rolle fpielen wird und auch aus rein finanziellen
Gründen gar nicht fpielen kann, wie in der Landwirtichaft und im Garten-, Wein-
und Obſtbau. Die Möglichkeit, die Schußflüffigkeit in gemwünfchter Weiſe auf die
Pflanzen aufzubringen, ift im Walde nur in Kulturen oder Didungen vorhanden.
Den foritlich beſonders wichtigen Beitandsverderbern gegenüber verfagt die Belämp-
fung mit Inſektiziden vollfommen, weil e3 vorerjt unmöglich ift, die Beftände von
oben zu beiprigen, jet ed von Leitern aus, ſei e3 durch Beiteigen der Bäume ſeitens
der Arbeiter. Die Beiprigung vom Boden aus ift theoretifch zwar möglich, ſetzt aber
in einem einigermaßen geichlofjenen Beftand einen jehr erheblichen Vorrat an Spriß-
flüffigfeit voraus. Un der Frage nad) der Beihaffung der Sprigflüfligfeit, d. h.
des ala Löfungsmittel in Betracht kommenden Waflerd aber würde die Verwend⸗
barkeit der Inſektizide im forftlichen Großbetrieb auch dann fcheitern, wenn die Bes
Iprigung tatfächlich ohne Schwierigkeit und ohne nennenswerten Aufwand möglich
wäre.?) Weiter fommt hinzu, daß unter den Beitandsverderbern die holz. und rin⸗
denbrütenden Käfer noch ganz bejonders geſchützt find gegen chemifche Mittel. Uber
auch die forftlich beachtenswerten Raupen und Afterraupen find, namentlich wenn es
ih um Kontaftgifte Handelt, nicht in der Weife empfindlich gegen die Sprisflüffig-
feiten wie die im Wein- und Obſtbau hauptfächlich zu befämpfenden Blatt, Schild-
und Blutläufe, Milbenfpinnen, Kleinſchmetterlings- und Spannerraupen, Blatt=
käferlarven ujw.
Die wichtigſten Kontaktgifte find folgende: 1. heißes Waſſer: jämtlihe Raupen
werben durch kurzes Vermeilen in Waffer von 45°C getötet. — 2. Schmierjeifenlöfung:
wirft durch Berftopfung der Tracheen tödlih. — 8. Dufourſche Löſung = Schmierfeifen-
löſung + Dalmatinifches Inſektenpulver: eines der wirkſamſten Belprigungsmittel gegen
Blattläufe, Milben, Raupen u. dergl. — 4. Betroleumemulfion = Geifenwafjer + Pe⸗
troleum: gegen Blatt: und Schildläufe. — 5. Tabakextrakt: findet in 1—3 prozentiger
Berdünnung bejonders Anwendung im Weinbau bei der Befämpfung des Heu: oder Sauer⸗
wurmes (Conchylis ambiguella), läßt ſich aber nad) den vorliegenden Erfahrungen aud)
erfolgreich benugen gegen: Blut: und Schildläufe, Spinnmilben, Lophyrus rufus, Nema-
tug-Arten, Kohlweißling, Schmammipinner, Hyponomeuta-Xrten uff. Gegen Blattläufe iſt
der Tabafertralt in 1—1,5 progentiger, gegen nadte Raupen und Milben in 2 prozentiger,
gegen behaarte Raupen in 3prozentiger Löſung zu verwenden. Auch gegen die Ulmen=
Splintfäfer (Scolytus Geoffroyi und multistriatus) und Xyleborus dispar ift Tabak⸗
extrakt in Miſchung mit Rindsblut, Kalt und Kuhmift als vorbeugender Anftrich mit Er⸗
folg angewendet worden?) — 6. Karbolineum: dus im Obitbau als Pflanzenjchupntittel
zu großer Geltung gelommene Karbolineum wird jegt hauptſächlich in Yorm beliebig ver:
dünnbarer Emulfionen verwendet und zwar hauptfächlic) zur Beiprigung der Bäume und
1) Bol. Hollrung, M.: Handbud) der hemifchen Mittel gegen Pflanzenkrankheiten.
Berlin 1898. — 2) Bgl. Nitſche: Thar. Ihrb 1894, 298. — 3) Breißeder, 8.: Öfterr.
Bierteljahresjchr. 1905, 369.
Inſekten: Allgemeines. 163
Beerſträucher im unbelaubten Buftande. Die Wirkung der Karbolineumemulfionen gegen
Raupen ift leider begrenzt, weil fo ftarfe Konzentrationen, wie zur Tötung von Raupen
nötig find, den Blattorganen jchaden.
Unter den Nahrungsgiften find die Arfenverbindungen die bei weitem wich—
tigften. In großem Umfange werden fie namentlich in Nordamerila im Kampf gegen den
Schwammipinner verwendet. Neben den arfenhaltigen Farbftoffen (beſonders Schweinfurter-
grün) kommen arjenigfaure und arfenjaure Salze (arfenigjaures Natron, arjenfaures Blei)
teils rein, teild als Zujag zu den Kupferbrühen zum Berjprigen. Die Konzentration hängt
von der Art des Schädlingd und von der Pflanzenart ab. Bom Schweinfurtergrün werden
im Durchſchnitt 120 g auf 100 1 Sprigflüffigfeit verwendet.
Urfenpräparate haben bisher in erfter Linie bei Belämpfung der Obftbaufchäblinge
(Schwammſpinner, Ringelipinner, Miniermotten, Apfelblütenftecher u. a.) Beachtung gefun-
den. Die Meinung, daß jie auch gegen die forftlich wichtigen Raupen und Blattweipen-
larven mit Erfolg und mit geringerem Bedenken als wie im Obftbau angewendet werden
fönmen, bleibt noch auf ihre Richtigleit zu unterfuchen. Das gegen die Verwendung ber
Arfenpräparate im landwirtſchaftlichen Pflanzenſchutz ſprechende Bedenken, daß an ben
Pflanzenteilen zur Zeit der Fruchternte noch Arſen vorhanden fein könnte, wird bei Bc-
Iprikung von Waldbäumen jedenfalld hinfällig.
Andere Nahrungsgifte find Chlorbarium, kohlenſaures Baryt, Eifenvitriol, Kupfer:
präparate u. a. Obgleich mit der Kupferkalkbrühe gegen die Afterraupen der Kirſchblatt⸗
wefpe (Eriocampa adumbrate), ſowie gegen die Raupen des Goldafter8 und des Ringel⸗
ſpinners von Goethe?) günftige Erfahrungen gemacht worden find, injofern die Raupen,
die gefupfertes Laub fraßen, ftarr und unbemweglich wurden, ift doch die Wirkung der Rupfer-
präparate gegen tieriiche Schädlinge im allgemeinen eine jo geringe, daß fie beſſer durch
andere Mittel erfeßt werden.
I. Bon der Ratur ausgehende Belämpfung.
Schon oben wurbe hervorgehoben, daß die Ratur über wirkſamere Vertilgungs⸗
mittel gegen die am Leben des Waldes zehrenden zahliofen Inſekten verfügt. Es
find neben der großen Dtenge injektenfreffender Tiere zunächſt ungünftige Witte-
rungsverhältniffe, in zweiter Linie Shmarogerinfeften und Pilzkrank—
heiten, die ala vernichtende Gegengewichte befonders dann in Wirkſamkeit treten,
wenn irgendeine Inſektenart unter dem Einfluß günftiger Umftände zur Mafjens
vermehrung gelangt ift.
a) Die Witterungspverhältniffe find infofern von Belang, als alle Extreme
und alle größeren Abweichungen vom normalen Wärme- und Niederfchlagämittel auf
die Entwidelung der Inſektenwelt hemmend einwirken. Ganz bejonders wichtig ift
die Witterung während der Ylugzeit und — bei freilebenden Larven — während
der Beit der Häutungen. Dadurch, daß alle Individuen einer Art zu gleicher Zeit
fich entwideln und zu fliegen beginnen, wird die Yortpflanzung felbjtverjtändlich
wejentlich begünjtigt. Umgekehrt führt lang anhaltende ungünstige Witterung zu un=
gleihmäßigem Erfcheinen der Jmagines, wohl auch zu ungleichzeitigem Auftreten von
J und 2, jo daß die Chancen für die Begattung jchlechter werden. Verregnet die
ganze Fugzeit, jo kann ein ſonſt häufiges Inſekt bis zur Ausrottung vermindert
werden.
Während der Häutungsperioden find die freilebenden Schmetterlingd- und Blatt⸗
weipenraupen gegen naplalte Witterung ſehr empfindlich. Ebenſo räumen danı
1) Bericht der Kgl. Lehranftalt f. Obſt- u. Weinbau zu Geifenheim a. Rh. 1889/90,
29; 1892/98, 82.
11*
164 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
ftärtere Rinde unter ihnen auf, weil fih die Raupen während der Häutung fchlecht
feftzuhalten vermögen. Stürme peitfchen fie auch fonft oft zu Tauſenden von den
Baumfronen.') Kombinieren ſich Stürme mit Regen oder Regen mit Kälte, fo ftei-
gert fich die inſektentötende Wirkung der Witterung.
Kälte können die Inſekten (insbefondere die Käfer) gut vertragen, wie ſchon
aus ber Tatfache hervorgeht, daß die auf harte Winter (3.8. 1870/71, 1879/80) fol⸗
genden Sommer faft ftet3 reich an Inſekten waren.?) Neben ihrer jo wie fo vor-
handenen Unempfindlichfeit gegen atmoſphäriſche Einwirkungen finden fie ja auch
in tauſend Schlupfwinkeln (in Rindenrigen, unter Yurzeln, im Moos, in der Erde,
unter Steinen ufm.), welde ihnen ihr Inftinkt anweiſt, hinreichende Dedung. Man
kann ſogar behaupten, daß den Inſekten ftrenge Winterkälte infofern zum Ruben ge-
reicht, Daß fie Hierdurch den Singvögeln (namentlich bei Schnee und Eisdecke) eher
entgehen. Außerdem iſt bei großer Kälte die Sterblichkeit der Vögel eine größere.
In anhaltend milden Wintern gehen weniger inſektenfreſſende Vögel zugrunde. Wei-
ter wird in folchen der Winterfchlaf der im Boden ruhenden Larven bzw. Raupen Teicht
geitört. Sie verlafjen dann oft ſchon vorzeitig ihr Winterlager, friechen auf dem Bo:
den umher und fangen fogar an zu frefien. Tritt dann plöglich ein Umichlag in der
Witterung ein, fo gehen die Raupen mafjenhaft zugrunde. Faſt unempfindlich gegen
Winterkälte find die Eier.
Sehr heiße und bürre Sommer üben einen jchädigenden Einfluß auf die In⸗
fetten dann aus, wenn fie da3 Wachstum der Yutterpflanzen und damit indirekt die
Entwidelung der Inſektenlarven beeinträchtigen. Gleichmäßig warme Jahre, in denen
es an zeitweiſen Niederichlägen nicht fehlt, find in der Regel Infeltenjahre.
Übrigens ift die Widerftandsfähigkeit der einzelnen Inſektenarten gegen extreme
Witterungsverhältniffe aber eine fehr verfchiedene. Der Umſtand insbeſondere, daß
beim Eintreten beftimmter Wetterlagen die verfchiedenen Inſektenarten fich nicht im
gleihen Entwidelungsftadium befinden, bringt es mit fih, daß die gleiche Urfache
nicht überall die gleiche Wirkung herbeiführt. Diejelbe Witterung, die bei der einen
Inſektenart bie Maffenvermehrung begünftigt, führt bei der anderen zur mehr oder
weniger weit gehenden Vernichtung.
b) Die Shmaroperinjelten. Wie ſchon bei der Aufzählung der nüblichen
Haut= und Bweiflügler (S. 151.) hervorgehoben wurde, find die Schmarogers
infetten al3 ein Faktor von hoher Wichtigkeit anzufehen. Ihre hervorragende Bedeu⸗
tung beruht hauptſächlich in ihrer Unpaffungsfähigteit an die Vermehrungsverhälts
nifje des Wirtes und weiterhin darin, daß fich einzelne Arten der Schlupfweipen
und Raupenfliegen auf eine oder mehrere Arten unferer ſchädlichſten Schmetterlinge
beichränten. Im Verein mit den parafitären Pilzen bereiten fie erfahrungsgemäß
faft ausnahmslos den verderblicdhen Raupentalamitäten ein Ende. |
Bei ber ſpeziellen Betrachtung der Hauptichäblinge wirb auf die Wirkſamkeit
der einzelnen Schmarogerart näher hingewieſen werden.
c) Die Schmarogerpilze. Die infektentötenden Pilze find vermutlich die
1) Foritrat Gg. Yang berichtet Fw. Zbl. 1891, 28, daß in Oberfranken ein Ges
witterfturn mit mwolfenbruchartigem Regen die Kieferneulenraupen derart heruntermwarf, daß
fie nicht felten zu 1000—1500 unter den Leimringen ſich fammelten und in wenigen Tagen
zu Millionen ihren Tod fanden. — 2) bl. f. d. geſ. Fw. 1882, 818 und 1885, 144.
Inſekten: Allgemeines. 165
wirkſamſte Hilfätruppe, über welche die Natur bei ber Burüddrängung bes äber-
mäßigen Unfchwellens einer Inſektenart verfügt.
Es find teild Schizomyceten, größerenieil$ aber zu den Entomophthoreen und
Aſkomyceten gehörende Pilze, die beim Eintritt nicht näher befannter äußerer Um⸗
ftände durch Erzeugung von raſch ſich verbreitenden feuchenartigen Krankheiten (My-
koſen) das Erlöfchen unferer fchlimmften Raupenkalamiiäten herbeizuführen imftanbe
find. Bemerkenswert ift bei einzelnen der Raupenmykoſen die Schnelligkeit, mit der
die Krankheit um fich zu greifen vermag.
Die mwichtigeren der bei den in Trage kommenden Inſektenarten ausführlicher
zu behandelnden Raupenpilze find Entomophthora (Empusa) aulioae Reichardt,
die nach den vorliegenden Erfahrungen manchen Fraß der Kieferneule ein fchnelles
Ende bereitet hat, Botrytis Bassiana Bals. an Seibenraupe und Kiefernipinner,
Cordiceps militaris Fr. mit der Conidienform Isaria farinosa Fr. an Riefernipinner
und Botrytis tenella Sacc. an Engerling. Bei der zweifellos wichtigften, zeither
auf einen Spaltpilz zurädgeführten Raupenjeuche, der Wipfeltrankheit der Nonne
(1. dort), fteht die einwandsfreie Entfcheidung über den Erreger und feine Zugehö—
rigfeit zu diefer oder jener Kategorie von Mikroorganismen noch aus.
Die Frage nach dem forftlichen Wert der injektentötenden Pilze ift ähnlich zu
beantworten wie Die nach der Bedeutung der Schmaroterinfelten. Eine fo unſchätz⸗
bare Hilfe das Ausbrechen einer PBilzfeuche bei den mwaldverheerenden Raupenplagen
meift auch ift, fo it der Wirtfchafter doch nicht in der glüdlichen Lage, über dieje
Hilfe nach Belieben zu verfügen. Die aus der Betrachtung über die Wirkungen der
Pilze fi von ſelbſt ergebenden Verſuche und Beitrebungen, entftehende Raupen:
falamitäten durch künstliche Krankheitserregung im Reime zu eritiden, haben bisher
nod feine für den Forſtſchutz praktiſch verwertbaren Refultate gehabt.
II. Vom Staat ausgehende Belämpfung.
Troß der ihnen im allgemeinen fehlenden größeren Beweglichkeit binden fich
die Forſtinſekten befanntlich nicht an die Grenzen des einzelnen Waldes. Der von
einer zur Maflenvermehrung befähigten ſchädlichen Inſektenart befallene Wald oder
Waldteil kann fehr leicht zum Anſteckungsherd für alle umliegenden Wälder wer:
den. Die baldige Vernichtung der Schädlinge Liegt ſomit im öffentlichen Intereſſe,
und es rechtfertigen fich die gejeglichen Beftimmungen, die in vielen Kulturftaaten
teil3 zum Schube der Vögel und anderer Inſektenfeinde, teild zur Durchführung
einer direkten Vertilgung der fchädlichen Forſtinſekten in mehr oder minder weit:
gehender Weife getroffen worden find.
Mit Ausnahme des Königreiches Sachſen, wo der Schuß der Waldungen gegen jchäd-
liche Inſekten noch durch ein befonderes Geſetz vom 17. Juli 1876 geregelt ift, find Die
einichlagenden Beitimmungen in den Forft: und Forſtpolizeigeſetzen der deutſchen Bun:
desftaaten untergebracht worden. Die betreffenden Paragraphen befaflen ſich meiſt nicht
mit fpeziellen Beftimmungen über Injeltenvertilgung, jondern räumen im allgemeinen den
DOrtspolizeis und den ihr vorgejetten Behörden das Recht ein, die im jeweiligen alle not⸗
wendig werdenden Anordnungen zu erlallen. Kommt der einzelne Waldbefiger diefen An⸗
ordnungen dann nicht oder in nur ungenügender Weiſe nach, fo macht er fich ftrafbar und
berechtigt die Forftpolizei- oder Berwaltungsbehörde, die ihr nötig erfcheinenden Schub:
und Bertilgungdmaßregeln auf Koften der Säumigen ausführen zu laſſen.
Im deutichen Reiche ift der Schub gegen jchädliche Inſekten bisher der Partikular:
gefeßgebung überlaffen worden. Nur $ 868, 2 des Strafgeſetzbuches f. d. deutiche Reich
166 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
wirft eine Strafe bis zu 60 ME. bzw. bis zu 14 Tagen Haft für denjenigen aus, der „das
durch gejetliche oder polizeiliche Anordnung gebotene Raupen unterläßt.” Infolge diefer
dem Einzelermejjen der Bundesftaaten anheimgegebenen Regelung der Inſektenbekämpfungs⸗
frage fehlt die fehr erwünſchte Einheitlichleit in der Auffafjung und Ausdehnung des
Schuges gegen ſchädliche Inſekten, ein Mangel, der natürli in den Grenzgebieten der
mit verjchiedenen geſetzlichen Beftimmungen ausgeftatteten Staaten am fchärfften zum Aus⸗
drud kommt. Das Schon öfter laut gewordene Verlangen, daß von feiten des Reiches auf
gejeglichem Wege Borforge getroffen werden jolle für allgemeine Durdführung von Ub-
wehrmaßregeln beim Auftreten gefährlicher Pflanzenfchädfinge erfcheint deshalb ebenſo be-
rechtigt, wie der Wunfch nach internationaler Verftändigung in diefer Frage.
Andere der allgemeinen und wirkſamen Inſektenbekämpfung indireft zugute
fommende und im Intereſſe aller zu erfüllende Aufgaben des Staates find Boran-
gehen in der Durhführung der brauchbarſten fulturfhügenden Maß—
regeln in den ftaatlihen Waldungen und Schaffung einer jorgfältigen
Statiſtik der Inſektenſchäden.
Das Streben nach möglichſter Lokaliſierung und ſchneller Unterdrückung einer in den
Staatswaldungen ausgebrochenen Inſektenkalamität darf vor größeren Ausgaben bei der
Abwehr nicht zurüdihhreden, wern auch der Erfolg fich noch nicht ſchwarz auf weiß eins
wandsfrei nachweilen läßt, oder wenn e3 ſich nur um Erftidung Heiner Anfänge handelt und
der Bormurf wegen Üngitlichfeit, Übereifer8 und Überſchätzung jo leicht ſich erheben Täßt.
Daß in den Staatsforften der deutichen Bundesftaaten eine vielfach rühmensmwerte
ZTätigfeit in bezug auf Sniektenvertilgung entwidelt wird, darüber belehren die den Auf-
wand für Ubwehr und Belämpfung nachweifenden Zahlen. Diefe Zahlen erreichen, wie die
nachſtehenden Beifpiele’) zeigen, in manchen Sahren eine ganz bedeutende Höhe. In Preu-
Ben wurden für Smieltenvertilgung ausgegeben:
1870/71 .... 752710 ME. oder durchfchnittlich für ein Jahr 876355 ME.
1876/77 .... 1186146 „ „ n „nn 593078 „
1888/89 . . . . 1112088 „ „ F „nn 556019 „
1906/07 ..... . 1700136 „ „850068 „
Sm Durdichnitt der Jahre 18701907 ftellte ſich der jährliche Aufwand auf 369603 Mt.
oder 0,14 ME. für 1 ha.
Bayern gab aus:
1889/90 .... 585964 ME. oder durchjchnitilich für ein Kahr 267982 DA.
1891/92 .... . 4240788 „ „ , 21208394,
1896/97 .... 727079 „ „363510 „
An Sadjfeı en wurden in ven beiden Jahren 1876 und 1877 bloß zur Bertilgung
von Rüffel- und Borkenkäfern (mährend des großen Borlenkäferfraßes im Böhmerwald)
zujammen 109983 ME. verausgabt, mithin durchichnittlich 54992 ME. für ein Jahr. In
den Jahren 1905—1910 wurden für die Belämpfung der Nonne 705504 ME., d. i. durch»
ſchnittlich jährlich 117 584 ME. ausgegeben. Im Durchichnitt der Jahre 1870—1908 ftellte fi
der jährlihe Aufwand auf 45419 ME. oder 0,26 ME. für 1 ha.
Da es den Beſitzern Heinerer Privat: und Gemeindewälder meift nicht ober nur unter
großen Opfern möglich ift, den zur Abwehr der in ihren Waldungen haufenden jchädlichen
Snjelten notwendigen Aufwand aufzubringen, muß der Staat den oben genannten gefeb-
Iihen Beltimmungen, wo es not tut, die offene Hand zur Seite ftellen.
Die von den größeren Staatsforftverwaltungen meift jährlich veröffentlichten Über:
fichten über die in den Staatsforften aufgelaufenen Koften für Maßregeln gegen jchädliche
Forſtinſekten bzw. Ziere genügen jebod nicht zur richtigen Würdigung der praftiichen Be⸗
deutung des einzelnen Schädlings. Solange diefer Wertmefjer aber fehlt, fehlt auch die
Baſis für großzügige Organifationen im Feldzuge gegen die Erbfeinde unjerer aus Nadel:
bolz beftehenden Wirtſchaftswälder.
Eine wertvolle Statiftif darf ſich nicht allein mit dem Geldaufwand befaflen, ſondern
muß Aufichluß geben über Entitehung. Ausbreitung und Intenfität der Schädigung, muß
1) Bed: Thar. Jahrb. Bd. 60, 1909, 54.
Inſekten: Allgemeines. 167
ben Folgen der Kalamität, den direlten und indirelten Wirkungen derfelben nachgehen und
muß den Erfolg der Belängpfungsmethode und den Aufwand im Einzelfalle gegenüber
ftellen. Weiter darf fie fih nicht nur auf die im Staatäbefite befindlichen Waldungen bes
ſchränken, fondern muß möglichft alle, wenigftend aber alle größeren Waldungen des Pri⸗
vats und: Korporationgbefiged mit umfaflen. .
Eine derartige Statiftil jeßt das Vorhandenſein zahlreicher gecigneter Kräfte für Über:
wachung, Beobadhtung, und VBerichterftattung und das Beſtehen einer oder mehrerer Zen⸗
tralftellen für die Leitung der geiamten lokalen Beobachtung, für Ausfunfterteilung und
Belehrung, Towie für das Zujammenfließen der Einzelbeobadhtungen voraus.
An Deutichland ift 1905 auf Anregung der deutihen Lanbwirtichaftögejellichaft eine
ſolche Organifation zur Erforfhung und Belämpfung von Pflanzentranfheiten, die an gärts
nerifchen, Tandwirtichaftlihen und foritlichen Kulturgewächſen auftreten, gejchaffen worden.
An ihrer Spike fteht die Kaif. Biologiihe Anjtalt für Land» und Forftwirtichaft in Dahlem
beit Berlin. Für die einzelnen von Provinzen oder Bundesſtaaten gebildeten Beobachtungs⸗
gebiete find fog. Hauptfammelftellen (14 in Preußen, 12 in den außerpreußiichen Bundes⸗
ftaaten) gegründet, die nun ihrerjeit3 durch Sammelftellen, Sammler oder Vertrauens
männer ihr engeres @ebiet überwachen laſſen.
Für die Bearbeitung der an. den forftlihen Kulturpflanzen auftretenden Krankheiten
und Schädlinge find in Preußen die Yorftalademien Eberswalde und Münden, in Baden
die Großherzogl. Forft: und Domänendireltion in Karlsruhe beftellt, während in den
anderen Staaten, die nicht wie ein Teil der thüringifchen Staatögebiete den preußifchen
Forſtakademien augefchlofien find, die Verfolgung der einichlägigen Tragen den vorhandenen
forſtwiſſenſchaftlichen Anftituten bzw. den als Hauptjiammelftellen für alle Krankheiten fun⸗
gierenden Pflanzenſchutzanſtalten, landwirtichaftlichen Berjuchsftationen ufw. überlaffen if.
Es ift zu Hoffen, dab die zunächſt noch nicht Hinreichenden Einrichtungen für die
Beobachtung, Überwahung und fatiftiiche Faſſung des in den gefanten deutſchen Wals
dungen ſich abipielenden Inſektenſebens im Laufe der Zeit jo vernolltommnet werben, daß
der praftiiche Forſtſchutz gegen Inſekten die ihm in bezug auf gemeinfames rationelle Bor»
gehen jebt noch fehlende Einheitlichkeit nad und nach finden wird.
10. Behandlung beſchädigter Beſtände.
Der Einfchlag der von Inſekten befreflenen Beſtände erfolgt erjt dann, wenn
die Kennzeichen auf tödliche Verletzung hinweiſen. Die wichtigften bezüglichen
Merkmale find folgende:
a) Trocknen und Wellen der Knoſpen und Triebe; Dürrwerden bed größeren
Teiles der Zweige in der Baumkrone.
b) Starkes Befreſſenſein ſämtlicher Nadeln und vieler Knoſpen. Das bloße
Rotwerden der Nadeln jelbft in größerem Umfang ift fein ficheres Symptom für
Abſterben; ein Laubbaum kann ſelbſt aller Blätter beraubt werden, ohne abzufterben,
wenn nur die Knoſpen verſchont bleiben.
c) Aufblähen, Ablöjen und ſchließlich Abfallen der Rinde.
d) Maflenhaftes Auftreten von Bohrlöchern, Wurmmehl und Kotkrümelchen.
e) Auffälliges Auftreten von Harztropfen an Nadelhölzern; fpärlicher Austritt
wäflerigen Harzes aus Heinen „Rindenfenjtern”, die man einfchneidet.
f) Auftreten gelblicher bis bräunlicher oder bläulicher Fleden auf dem Baft oder
Splint.
g) Häufiges Vorkommen von Inſekten, die nur an abſterbendes oder abgeſtor⸗
benes Holz gehen (Cerambyx-, Anobium-, Sirex:Xrten),
h) Austreiben von Scheidenknoſpen und Nofetten (an Kiefern). von Bürften-
trieben (an Fichten) uſw.
168 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Bei Beurteilung diefer und ähnlicher Kennzeichen muß man natürlich auch Die
örtlichen Berhältniffe (Schädling, Holzart, Holzalter, Baumteil, Fraßzeit, Standort uſw.)
ins Auge faflen. Bei Käferfraß 3.8. erfolgt das Abſterben rafcher als bei Raupen
fraß. Die Prognoje ift hier auch weit leichter al3 in den Raupenbeſtänden, da Die
von Borken oder Rüffelläfern heimgejuchten Stämme eine Ausheilung nicht erwarten
laſſen. Sie find bei ftärferem Befall unrettbar verloren. Schwierig wird die Beur⸗
teilung ber Erbolungsfähigfeit bei Raupenfraß. In den kahl⸗ oder Lichtgefreflenen
Nadelbolzbeitänden findet, namentlich wenn es ſich um Fichte Handelt, leicht ein Ab⸗
fterben in größerem Maße ftatt. Kiefern Halten gewöhnlich weit mehr aus, gehen
aber, wenn die Knoſpen in erheblihem Maße zerftört find, ebenfalls ein; Tanne und
Lärche widerjtehen ſchon befjer. Laubhölzer find befanntlicd) weit weniger empfind-
lih als Nadelhölzer. Raupen- oder Maifäferfraß bedroht ihre Lebensfähigkeit nicht,
wenigitens in den höheren Altersftufen nicht. Käferfraß führt meift auch nur in den
jüngeren Alterdffaffen zum baldigen Tode; die älteren Laubhölzer halten Vorken⸗,
Baſt⸗ und Bodkäferfraß meift jahrelang aus. Birken, Ulmen, Eichen fterben leichter
ab als Eichen und Buchen. Auf befferen Böden ift eher auf eine Erholung der raß-
ftämme zu hoffen als auf geringen; man wird daher auf jenen mit dem Einjchlag
der Hölzer nicht zu raſch vorgehen dürfen.
Die beite Zeit zur Fällung ift der Winter nad) dem Fraße. Ye länger das
totgefrefjene Holz auf dem Stode bleibt, um fo mehr verdirbt eg. In beſonders auf-
fälligem Maße neigen Raupenhöhger infolge ihres größeren Waſſerreichtums zur
Dualitätäverfchlechterung.
Beim Einfchlag find, ſoweit anbere Gründe nicht entgegenftehen, zunächſt bie
Althölzer als die wertvolleren Beftände, in denen eine Dualität3minderung am fühl-
barften werden würde, anzugreifen. Überall, namentlich aber bei Raupenholz, ift auf
möglichite Austrodnung, aljo auf Entrinden zu halten. Die Spaltnug- und Scheits
hölzer find zu dieſem Zwecke Heiner zu fpalten, als es fonft zu geſchehen pflegt, und
die gröberen Stüde find zu entrinden. Auch die Prügelhölzer jollten aufgefpalten
werben.
Bor dem Zufammenbringen in Raummeter muß das Spaltholz gehörig aus⸗
trodnen. Die Holzitöße müfjen Unterlagen erhalten und an luftigen Orten aufgeftellt
werden. Die Abfuhr auch der Spalthölzer ift möglichft zu beichleunigen.
Befreffene Kulturen find auszubeſſern. Die größte Werlegenheit bereiten
Stangenhölzer, wenn fie nur teilweife abgejtorben find. Sind fie noch fo jung, daB
auf den durch Snfeltenfraß entitandenen Blößen Einpflanzungen ftattfinden können,
fo nimmt man ſolche vor, unter Umftänden nach vorheriger Erweiterung der Blößen.
Geeignete Holzarten find, je nach den ftandörtlichen Verhältniffen und je nach der
Größe der entftandenen LXüöcher, entweder Buche, Hornbaum, Tanne und Fichte
(wegen ihres Schattenerträgnifjes) oder Lärche und Weymouthskiefer (wegen ihrer
Raſchwüchſigkeit). Läßt fich aber eine Pflanzung auf den entitandenen Blößen we⸗
gen Kleinheit der Löcher und zu großer Höhe der umgebenden Stangen nicht mehr
ausführen, jo bleibt nichts anderes übrig, ala Kahlabtrieb und Wiederanbau durd)
Saat oder Pflanzung, oder man begnügt fi) beim Stehenbleiben des Beitandes da⸗
mit, die größeren Löcher zu unterbauen, um für Bodenſchutz zu forgen. In letzterem
Galle kommen felbitverftändlich nur Schattenhölzer in Betracht.
Käfer: Buprestidae. 169
Zweites Kapitel.
Die ſchädlichen Inſelten, ihre Lebensweife und Belämpfung.
Die meiften forftichädlichen Inſekten und auch die ſchädlichſten Arten finden ſich
in den Ordnungen der Käfer und Schmetterlinge. Un diefe Ordnungen fchließen
fi, nad) der wirtfchaftlichen Bedeutung für den Forſtmann in abfteigender Reihe an-
geordnet, die Aderflügler, dann die Schnabelterfe an. Unter den Zwei- und
Geradflüglern gibt e8, abgefehen von den früher erwähnten forftnüglichen In⸗
felten, nur merklich und unmerflich jchäbliche Arten. Die Neb- und Scheinneb-
flügler enthalten gar keine forftichädliche Art.
Orbnung Coleoptera, Käfer.
Unter den zahlreichen, in und an den forftlichen Kulturgewächſen lebenden Käfern
find die Mehrzahl der wirtichaftlich beachtenswerteften Arten ſekundäre, in der Ge
folgſchaft von Kränflichkeitszuftänden der Beftodung und von Waldverheerungen aller
Art einherziehende Schädlinge. Der von diefen Arten angerichtete, vorwiegend phy⸗
fiologifche Schaden tft erträglich, ſolange e8 dem Wirtichafter gelingt, das zur Mafjen-
vermehrung geeignete Brutmaterial rechtzeitig zu entfernen oder zu entrinden. Wo
dies nicht möglich ift oder vernachläffigt wird, wächlt das Auftreten der ſekundären
Schädlinge unter Umftänden zur Ralamität heran. Aus dem ſekundären Feinde wird
dann leicht ein primärer, dejjen Angriff auf unfere Holzgewächle um fo erniter ift,
weil er in den meilten Fällen den Tod der befallenen Bäume bebeutet.
Neben diejer Gruppe von forftichädlichen Käfern, deren Glieder biologisch Durch
meiſt holz⸗ oder rindenbewohnende Larven gekennzeichnet find, gibt es eine zweite
‘den Beitrebungen des Foritwirtes feindlich gegenüberjtehende Gruppe. Die ihr zuge
börigen Käfer leben im allgemeinen nicht in den Holzpflanzen, fondern vormwiegend
an deren Wurzeln und an den oberirdiichen Begetationgorganen und find haupt:
fählih primäre Schädlinge. Ihr Angriff ift zwar nicht gleichbedeutend mit dem
Tode der angegangenen Pflanze, wird aber leicht gefährlich, wenn er fich gegen junge
Pflanzen und deren Wurzeln richtet. In vielen Fällen ift hier der Käfer an der
Schadenerzeugung mehr oder weniger ſtark beteiligt und zwar nicht der Brutpflege
wegen, wie bei der erften Öruppe, jondern um fein Nahrungsbedürfnis zu befriedigen.
Während die erftgenannte ſekundär Schädigende Gruppe vorübergehende akute
Schäden größten Umfanges herbeizuführen imftande ift, handelt es fich bei den pri-
mären Schädlingen der zweiten Gruppe faft ausnahmslos um Eleinere, dafür aber
um Dauerfhäden, um chronifche Übel, deren anhaltender Einfluß leicht zu uner-
trägliden Zuſtänden führen kann.
Unterordnung Diversicornia.
Samilie Buprestidae, Prachtkäfer.
Imagines langgeftredt, mit plattem Rüden und meiftens derben Flügeldecken, die ſich
nach hinten verengen; in der Regel jchön metallic glänzend. Fühler kurz, meiftens gefänt,
elfgliederig. Halsichild rundlich, eiförmig oder breiedig. Kopf in das Halsſchild einge-
zogen, mit zumeilen etwas verfümmerten Mundwerkzeugen. Beine kurz und ſchwach. Füße
170 Erſtes Bud. Schup gegen Tiere.
fünfgfiederig. Flugzeit im Sommer. Die Käfer lieben den heißen Sonnenſchein, find dann
flüchtig und beweglich, beſuchen Blumen (Umbelliferen), um ben Pollen zu verzehren. Ima—
gines in forftficher Hinſicht unſchädlich. Generation der meiften Arten zweijährig. — Lars
ven malzenförmig oder platt, ſchlank, weich, weiß, blind, fußlos. Erſter Bruftring bei
den Unterfamilien Buprestini und Chrysobothrini fehr groß und ftarf verbreitert;
die beiden folgenden Tleiner und ſchmäler, aber noch breiter als die Hinterleiböringe. Der
Hinterleib erjheint gegenüber der Vruſt ſchmal und verengt. Bei der dritten Unterfamilie
Agrilini ift ber Unterſchied zwiſchen Thorax und Hinterleib nicht fo auffällig, obgleich bie
Bruftjegmente immer noch breiter find als bie Hinterleiböringe. Das legte Hinterleibsglied
ift bei ben erfigenannten Unterfamilien abgerundet, bei ben Agrilini trägt es zwei hornige
Spigen. Die Larven’ leben teil in jüngeren Saubholgheiftern, teils in ben Hfen und im
Stamm älterer Bäume und bewirken durch flache, gefchlängelte und mit Bohrmehl feft aus:
geftopfte Gänge, die fie an Heiftern zwiſchen Rinde und Holz, an älteren Bäumen im Holze
ober in ber Rinde frefien, das Abjterben der befallenen Baumteile. — Berpuppung am
Fraßort in einer Splint- oder Rindenwiege. — Fluglöcher quer:oval, an einer Seite ab-
geplattet, nahezu halbelliptiich.
Die [Kädfichften Arten kommen vorwiegend in Laubhölzern vor; jedoch gibt
es aud) einige fchäbliche Spezies in Nadelhölzern.
A. Laubholzſchädlinge.
a) In ſchwachem LaubHolz brütende Bupreſtiden.
1 Agrilus viridis L.
Grüner Laubholzpradttäfer (Abb. 66).
Kennzeichen: Käfer: 5-8 mm lang, von verſchiedener Fär-
bung: ofivengrän (normale Farbe), blaugrün, blau, erzfarbig, kupferig
uiſw.) Unterjeite ſchwarz. Halsſchild viel breiter als lang, grob quers
— rungelig, mit undeutlicher Mittelfurche und jederjeitd mit einem ſchräg
gegen die Seiten verlaufenden Eindrude. Leptes Bauchſegment an ber
Spige abgerundet. Flügeldeden mit ſtark vortretenden Schultern, an der
Spige abgerundet, ſchwach divergierend, fein gezähnelt.
als. Lebensweife ufw.: Flugzeit: Juni, Juli, während der
I größten Sonnenglut.
Eier einzeln oder in Heinen Partien von je 3—5 Stüd in feine Rinbenriffe
glatter Heifter, befonders gern an die Bafis der auf der Sonnenfeite abgehenben fte.
Die Larven erſcheinen im Auguft und überwintern zweimal in ihren Gängen.
Berpuppung im April, Mai des dritten Jahres in einer Splintwiege. Die
Larve dreht fich in der Hafenförmig ins Holz Hineingehenden Puppenwiege nicht um,
fondern nagt fie bis dicht unter die Rinde weiter. Der im Juni austommende Käfer
fertigt fi} ein beſonderes quer-ovales, <-ähnlicdes Ausflugloch, deſſen obere Seite fich
ber geraden Linie nähert (Abb. 67 y). Die Puppenwiegen haben mithin zwei Öffnungen.
Generation zweijährig.
Der Käfer befällt am liebften junge Stämmchen der Buche, aber auch Eichen,
Erlen, Birken, Linden und Afpe, vorzüglich fümmernde Heifter, eventuell freiftehende
oder Randftämmchen. Die Larve bohrt fich durch die Rinde biß auf den Splint und
1) von Kiefenwetter unterſcheidet in jeiner Arbeit über bie beutfchen Wupreftiden
elf verſchiedene Barietäten: A. viridis L. (ofivengrün), A. nocivus Rtzb. (grün ober
blau bis diofett), A. fagi Rtzb. (bronzefarbig und fupferig), A. linearis Panz. (golb-
gen mit fubferigem Halsichifd und Kopf), A. ater Fabr. (fchrvarz) ufm.
Käfer: Buprestidae. 171
frißt hier einen flachen, fcharfrandigen, geichlängelten,
ganz allmählich etwas breiter werdenden Gang (Abb. 66).
Sobald die Gänge ringsum verlaufen, fterben Die be=
fallenen Stämmchen ab, zumal in teodenen Lagen. Ges
mwöhnlich hebt fich die Rinde über den Fraßgängen etwas
empor und veißt infolge des Überwallungsprogefies
auf (Abb. 67, bei B).
Bekämpfung:
1. Vorbeugend wirkt Anftrich ber Heifter bis
zur Krone mit einem Gemenge aus Lehm (2 Zeile),
Kalt (1 Teil) und Kuhdinger (1 Teil); kurz vor ber
Flugzeit auszuführen.
2. Aushieb und Verbrennen der mit Brut bejeßten
Heifter (Mai, Unfang Juni).
2. Agrilus elongatus Hbst. (Agrilus tenuis Rtzb.).
Dünner Eichenprachtkäfer) (Mbb. 68).
Kennzeiden: Käfer 6—8 mm lang, dem vorigen
an Geftalt und Farbe ähnlich, aber mehr mattgrün, ins U66. 66 und 67.
Dliven« ober Wrongefarbige ziehen. Halsihild ebenfalls Sahne: Bars her Agrins mal L-
breiter ald fang, nach Hinten verfchmälert, querrungelig, mit Yung Gnfrinbung Bioßgelen 5 ale
deutlicher Mittelfurche. Letztes Bauchjegment an der Spipe Larvengänge, infolge ber Übermallung
tief auögerandet, beſonders beim 7. Zlügelveden nad) ber aufgeriffen y auer-ovale Biuglöder
Spige hin weniger ftarf verengt. — Larve faR walzen:
förmig.
Lebensweiſe uſw.: Im allgemeinen wie bei dem vorigen; die Puppenwiege liegt
aber tiefer im Holze.
Der Käfer befällt vorzugsweiſe die Eichen; man findet ihn aber
an Bude uſw.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
83. Agrilus angustulus Ill. (Agrilus olivaceus Gyll.).
Schmaler Eichenprachttäfer (Abb. 89),
ſtennzeichen: 5—6 mm lang, im übrigen den beiden vorſtehenden 106. 68
Arten fehr ähnlich. Halsſchild in den Hintereden mit einem deutlichen, ken onge-
ſcharfen Leiftchen, welches fait bis zur Mitte reicht. Lehtes Bauchſegment zus Hoar. (y,).
nicht tief, aber deutlich ausgerandet.
Lebensweiſe ufr.: Auch dieſer Käfer befällt vorzugsweie Eichen: und in zweiter
Linie Buchenheifter. Die Larve ſchadet in berjelben Weije wie die der beiden vorigen Arten.
Belämpfung: Bie bei 1.
4. Beitere Agrilus- Arten. _
Ganz ähnlich wie bei den genannten Mgrilinen find Sebendötonomie, |
Schaden und Belämpfung bei: Agrilus subauratus Gebl. (= coryli '
Rtzb.)') an der Eiche und Hafel. Larvengänge breiter als bei A. elongatus
und angustulus; fie verbreitern fich ftellenweife jogar zu größeren Plägen.
Agrilus pannonicus Piller (= biguttatus Fabr.).?) Käfer gr Ypg.oe,
Ber als alle anderen bei uns vorlommenden Agrilus-Üten, 9—12 mm [ang Agrilus augustu-
und nd feicht tenntlich durch zwei weiße Punfte in ber unteren Hälfte der oliven- 1us IM. Ch
1) Atum: Btichr. f. Fa u. Im. 1879, 367. — 2) Deri.: Daf. 1880, 547.
172 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
bis blaugrünen Flügeldeden. Entwidelung in Eichen, auch in älteren Stämmen und in
Stöden. Buppenwiege bann in der Borle
Agrilus betuleti Rtzb. Birfe.
5. Chrysobothris affinis Fabr., der Goldgrubenpradtfäfer.‘)
Käfer 11—14 mm lang, kupferbraun, metalliſch glänzend; jebe Flügeldede mit zwei
Goldgrübchen.
Vorwiegend in Eichen heiſtern, an welche die Eier zu 1—8 vom ? meift dicht über
dem Wurzelanfauf abgelegt werben. Die Larve friht unregelmäßig gefcplängelte, flache Gänge
zwifchen Baft und Splint. Puppenwiege im Holze. Generation mindeſtens 2 jährig.
Ziemlich felten.
Belämpfung: Aushieb der befallenen Stämmchen.
6. Coraebus bifaseiatus Oliv.
Bweibindiger Eihenpradtfäfer.‘)
Kennzeihen: Käfer 12—15 mm lang, erzgrün und glänzend; das legte Dritteil
der Flügeldeden bfau:|himmernd mit zwei glänzenden, meſ—
fingefarbigen, fein behaarten, zadigen Duerbinden. — Larve
bis 20 mm lang, mit einem bräunlichen, durch zwei parallele
Längsſtreiſen charakterifierten Chitinſchild im Prothorag.
Lebensweiſe uſw.: Flugzeit: Juni, Juli.
Die Eier werden einzeln an die Maitriebe meiſt
junger (10—25jähriger) Eichen (namentlich in Schäl-
waldungen) abgelegt. ö
Die im Auguft erſcheinende Larve frißt von ber
Triebfpige aus anfangs unter der Rinde (hier und dort ein
Tängliches &rübchen in den Splint nagend) abwärts, geht aber
bald in das Holz und fteigt in einer ſehr geftredten Spirale
immer tiefer. Im j wachen Holze frißt fie meift im Mare.
1,2—1,5 m unterhalb ihres Ausgangspunktes verändert fie
dann im Verpuppungsjahr ihre Fraßweiſe. Sie bleibt nun
nicht mehr im Innern des Holzes und frißt nicht mehr ab⸗
twärts, fonbern nagt halb im Splinte, halb im Bafteinenfcharf
geſchnittenen Gang, welder den Stamm als Ringelung,
Schleife oder Spirale umgibt (Abb. 70) und bald ebenjo
plögfich in das Holz Hineinführt, als er aus diefem heraus⸗
gefommen ift. Um fich zu verpuppen, fteigt die Larve
im Mai bes dritten Jahres im Holze wieder aufwärts und
frißt einen fchleifenförmigen, etwas erweiterten Gang
Ab6.70. Epäterer Ringel und (Abb. 71), aus dem ſich der Käfer im Juni ober Juli
Geiratfeah a une ber kan herausnagi Außerlich bemerkt man den Fraß nur an dem
in Eid. Bei o führt der in Flugloche
Angeköniene Sarg ma Got efallen werden Heifter, Stodausfhläge und Wipfel-
—— — partien älterer Eichen. Infolge ber Ringelung ſtirbt bie
(M66. 71) (nat. r., Crig.6.R) über ber Mingelftelle befindliche Stamm: oder Aſtpartie
1) Altum: Btihr. |. F. u. Iw. 1880, 36, 696. — 2) Derf.: Daſ. 1879, 146. —
Nitſche: Thar IHrb. 1887, 290.
Käfer: Buprestidae. 173
ab, meil die Saftzufuhr durch den Ringfraß vollftändig unterbunden wird. Die
befallenen Baumindividuen werben infolgedeflen wipfeldürr, wenn es ſich um Heis
fter handelt oder bekommen 1—2 m fange dürre Üfte, ſobald es ältere Bäume find.
Der Käfer benagt bie Eichenblätter; der hierdurch
angerichtete Schaden ift jedoch unmerflich.
Generation zweijährig.
Das erheblich jHädliche Infekt gehört dem füdlichen und
öftlichen Euröpa (Italien, Südfrankreich, Ungarn ufw.) an
und erreicht etwa im Elfaß feine nörblichfte Grenze.
In feinen Heimatländern Iebt ber Käfer hauptſächlich auf
der Stein- und ber Korleiche. In Frankreich ift er ſchon feit den
1860er Jahren ald Eichenfeind bekannt. In Elſaß-Lothringen ift
er feit 1877 beſonders in ben Eichenwaldungen bei Kolmar jehr
ſchãdlich aufgetreten.
Seit den 1880er Jahren ift er auch im Often beobachtet wor⸗
ben. I1163*) und Knotet?) beriäten über, fein Auftreten in Un⸗ pp,71. Langedutghſchain
garn und Bosnien in 50—80jährigen Eichenbeftänden (Berreihe das Ende des Ehleifen-
und weichhaarige Eiche). ganges, der Buppenmiege,
Ki . BEP von Cornebus bifasclatus
Bekämpfung: Wie bei Agrilus viridis L. (6. 170). Otir. w Buppenwiege
(nat. Gr., Orig. ©. 2).
b) In ſtarkem Laubholz brütende Bupreftiben.
Die hierher gehörigen Arten Haben bei weiter nicht die gleiche wirtfchaftliche
Bebeutung wie bie unter a genannten. Gewöhnlich find es nur einzelne Stämme,
die durch die im Holz ober zwifchen Holz und Rinde lebenden Larven der an und
für fich nicht häufigen Käfer gefehädigt werben.
Bekämpfung: Füllung und alsbaldige Aufarbeitung der befallenen Stämme.
Genannt jeien:
1. Poecilonota rutilans L. der Lindenpradtfäfer.”)
Käfer 10—14 mm lang, Iebhajt goldrot, an ben Seiten ins Goldgrüne übergehend.
Mande Individuen ſchimmern blaugrün.
Die Larve befällt vorwiegend die Linden (Winterlinde), auch Erlen und Ulmen,
und zwar bejonderd an der Südſeite. Die flachen, teils im Splint, teils in der Rinde ver
laufenden Gänge find ſehr lang und fteigen in gerader Richtung aufwärts. Da nur bie
Üfte ftärferer Stämme angenommen werben, ift die forftfiche Bedeutung des Käfers feine
große. Generation mindeftens 2jährig. Weit verbreitet, aber allenthalben jelten.
2. Poecilonota decipiens Mannerh.; befällt Ulme in berjelben Weife wie ruti-
lans Linde. J
3. Poeoilonota varioloss Payk. (conspersa Gyll.). Der ſchwatze 8-10 mm
lange Käfer hat Pappeln und Weiden, namentlich Aſpen, als Brutbäume und ſchädigt Hier
wie rutilans.
4. Agrilus sexguttatus Hbst. Käfer 10—12 mm lang, olivengrün; lügeldeden
ſtark zugefpigt, mit je drei weißen Punkten verfehen. Flugzeit: Juni, Juli. Die
Larve frißt flache, verſchlungene, dicht verlaufende Gänge im Splivt älterer Bappeln
1) Öftert. &.Btg. 1888, 128. — 2) Daf. 1898, 302. — 3) Altum: Bıfhr. f. F. u.
Im. 1880, 9.
174 Erftes Buy. Schug gegen Tiere.
(Abb. 72), fo daß deren Eingehen beichleunigt, unter Umfänden ſogar herbeigeführt wirb.
Sie befällt beſonders bie Echwarz:, Pyramiden: und Tanabiihen Pappeln.
Nah Döbner!) ift der Käfer, durch die heißen Sommer 1857, 1858 und 1859 be=
günftigt, beſonders in ber Umgebung von Aſchaffenburg aufgetreten und hat hier bie nach
dem fogenannten Schönbufd führende Bappelallee teilweife zum Wbfterben gebradit.
Namhafte Zerftörungen an Pappeln wurden auch jchon früher von Perris in Frank
reich beobachtet.
5. Coraebus undatus Fabr. Süblide, auch in Sũüddeutſchland in alten Eichen vor=
kommende Art. Wirtſchaftliche Vedeutung ſcheint der Käfer aber uur in den Korkeichen⸗
beänden zu Haben, wo bie in die Korficicht einbringenden Carvengänge eine Entwertung
des Kortes herbeiführen.
B. Nadelholzſchädlinge.
1 Anthaxia quadripunctata L.
Bierpunftierter Kiefernpradt=
täfer.
Rennzeihen: Räfer4—6mm
lang, plattgebrüdt, breit, ſchwarz mit
einem Stich ind Grüne, Tupferig ſchil⸗
lernd, aber wenig glänzend. Halsſchild
mit vier deutlichen, in einer Querreihe
ftehenden Grübdhen; Flügeldeden grob⸗
runzelig punftiert. — Larve mit ſehr
breitem erften Bruftring, one Horn»
fpigen am Ende.
Lebensweiſe ufm.: Flugzeit:
Juni, Juli. Die Ablage der Eier fin-
det an junge Kiefernpflanzen und
Stämmchen bis zu etwa 15jährigem
Alter ftatt; mit Vorliebe werben aber
auch Fichte und Lärche bis zum Stan»
genhofzalter befallen. Im allgemeinen
ſcheint ber Käfer nur an fränfelndes
bzw. ſchon aufbereitetes Material, 3. 8.
Zaunpfähle, Bretterſchwarten uſw. zur
gehen.
96.18. dret der Larvt. on Agrllus sexguttatun. Aden. einen aaa nlektugehen, 6
he — 8 cm langen, allmähfic immer
breiter werbenben, ſcharfrandigen Gang zwiichen Baft und Splint und überwintert zweimal.
Berpuppung im Mai oder Juni des britten Jahres im Holze. Austommen der
Käfer Ende Juni, Juli.
Belämpfung: Entfernung der mit Brut befegten Pflanzen bzw. Stangen (Mai).
Auslegen von Fangftangen.
2. Chrysobothrys Bolieri Lap. )
Kennzeichen: Käfer 10—12 mm lang, fupferbraun, lebhaft metalliſch glänzend.
Schildchen blaujchvarz; brei goldige Grübchenpaare — dad mittlere am gröhten — auf
ben Flügeldeden. Zwiſchenraum zwiſchen ber erften Längsleifte und der Naht furchenartig
vertieft. Im ganzen fieht dieſe Art der in Eichen lebenden Chrysobothrys affinis Fabr.
ſehr aͤhnlich; jedoch iſt das Halsichild ſchmäler und die Grübchen find größer. — Larve
20 mm lang, ohne Afterzangen.
N Aug. 3. u. I:Btg. 1862, 2756. — 2) Schreiner: Ziſchr. f. 3. u. Iw. 1882, 52,
Käfer: Elateridae. 175
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Juni, Juli. Die Larve lebt an 10— 16 jährigen
Kiefern (und Seekiefern) ober in Äften älterer Stämme, wo fie gleichfalls einen flachen,
breiten, geichlängelten, [charfrandigen Gang zwiſchen Holz und Rinde anlegt. Sie verpuppt
fih im Juni des’ dritten Jahres im Holze. Ihr Vorkommen beichräntt fi auf Süd⸗ und
Weſtdeutſchland.
Bekämpfung: Wie bei dem vorigen.
8. Phaenops cyanea Fabr.)
Kennzeihen: Käfer 7—10 ınm lang und 4 mm breit bei völlig ovalem Umriß,
blaugrün, und zwar die Oberfeite blau, während die Unterjeite mehr ins Grüne fällt. Hals»
ſchild und Flügeldeden dicht querrungelig punftiert. — Larve 23 mm lang, ohne Afterzangen.
Lebensweiſe ufm.: Wie bei dem vorigen. Die Larve frißt in ähnlicher Weiſe an
Althölzern und Stangen ber Kiefer und Seekiefer, und zwar hanptfächlich in den unteren
Scaftteilen. Sie ift aber auch in noch Tleineren bis manndhohen Fränfelnden Kiefern und
Fichten gefunden worden. Vermutlich wird es fich im weſentlichen um kränkelnde Baum:
individuen handeln, die vom Käfer befallen werden. Bei einem von Kleine?) näher ge-
ichilderten VBorlommen in der Töhlauer Heide bei Halle a. ©. jchließt der Autor allerdings
nad) Rage der Sache auf Primärfraß. Der Käfer ift aus der Provinz Poſen mehrfach ge:
meldet, namentlich aber in Sudfrankreich zu Hanfe.
Auskommen der Käfer Unfang Juni, Juli. Generation wohl zweijährig.
Belämpfung: Wushieb und Schälen der befallenen Stangen ([päteftend Mai).
Sumilie Elateridae, Spring, oder Ecänellläfer.?)
Imagines langgeftredt, hart, den Bupreftiden im Bau und Habitus naheftehend, jes
doch einfarbig und meiſt nicht metalliich glänzend. Fühler gewöhnlich einfach gefägt, mit-
unter gelämmt (3), 11—12gliederig. Halsichild Hinten breit und meijtens in zwei Spiben
ausgezogen. Sehr kurze, ſchwache Laufbeine; Füße 5gliederig. Bauch aus 5 Ringen beitehend,
Auf den Rüden gelegt, jchnellen die Käfer mit Inipfendem Geräufch empor („Knipskäfer“)
und kommen hierdurch wieder auf die Beine. Generation wohl 8—Ajährig. — Larven
(„Drahtwürmer” genannt) Tanggeftredt, I2ringelig, rund oder etwas abgeplattet, ben
Mehlwürmern ähnlich, mit Hornigem, plattem, dunklem Kopfe, meiſtens bräunlich gelb, auf
der Bauchjeite heller, 6beinig; fie leben meiſtens unterirdiſch oder in alten, faulen Stöden.
Ihr Fraß erftredt jich auf Wurzeln, Knollen, Baumfrüche, Holzfämereien, morjches Holz,
Schwämme ujm.; einige Arten nehmen auch Inſektenlarven, Blattläufe ujw. an. — Ber-
puppung unterirdiih im Juli. — Die Käfer fommen einige Wochen fpäter zum Vor⸗
jchein, jchreiten aber erft im folgenden Frühjahr zur Begattung. Sie ſchwärmen meiftensd
auf Blumen; einige benagen aber auch junge Laub: und Nadelholztriebe.
A. Forftliches Verhalten.
Als Schädlinge forftlicher Objekte find eine ganze Anzahl von Schnellläfern
beobachtet worden; zumeift aber fommen folgende Arten in Betracht: Agriotes li-
neatus L., A. aterrimus L., obscurus L., Elater (Athous) subfuscus Müll., E.
(Corymbites) haematodes Fabr., castaneus L., aeneus L., E. (Dolopius) margi-
natus L., Lacon murinus L. u. a.
Schabliq werden Larve und Imago, der Larvenſchaden aber iſt der bei
weitem wichtigere. Er entſteht durch Befreſſen von Sämereien aller Art (Eicheln,
1) Eſcherich u. Baer:: Naturw. Ztſchr. f. L. u. Fw. 1908, 622. — 2) Entomol.
Blätter 1907, 133 u. 160.
3) Bur Literatur im allgemeinen: Beling: Thar. Ihrb. 1878, 93; 1879, 305; mit
Beftimmungstabelle der Larven nad Berris. — Deutſche entom. Ztichr. 1888, 129 u. 257;
1884, 177. — Altum: Btichr. f. F. u. Iw. 1875, 369, 1876, 498; 1879, Bd. X, 73; 1884, 228.
176 Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
Bucheln, Hornbaum- und Nadelholzfamen), ferner durch Befrefien der Wurzeln jun⸗
ger Pflanzen und durch Abbeißen von Sämlingen.
Die Larven von Agriotes lineatus L. und A. obseurus L. zernagen 3. B.
Eicheln, die von Athous subfuscus Müll. frißt fih in Bucheln, Eicheln, Haſel⸗
nüffe und Hornbaumfamen ein.
Andere Larvenarten , deren Feſtſtellung noch nicht gelungen iſt, ſind an Aka⸗
zien wurzeln freſſend gefunden worden.
Dolopius marginatus L. hat 1888 im Reviere Nienburg (Hannover) einjährige
- Pflanzen der weißen Hickory durchgebiffen. Er befrißt ferner die Wurzeln und den
Wurzelfnoten junger Fichten und Kiefern, wodurch er beſonders in Saatfämpen,
Pflanzbeeten und Büjchelpflanzungen fchadet. Auch die Larve von Elater aeneus L.
beteiligt fih mit an diefem Fraße. Oberförfter Gudopius!) (Schlefien) fand die
Wurzeln einjähriger Kiefern von einem Drahtwurm (vielleicht Agriotes lineatus L.)
befreffen. Forſtmeiſter Baudifch?) beobachtete, daß die Larve von Agriotes aterri-
mus L. dicht unter der Erdoberfläche eben aufgelaufene Tannenſämlinge durchbiß.
Auch andere Agriotes-Qarven (vermutlich A. lineatus L. und A. obscurus L.)
ftellen den Nadelgolzjämereien?) in ben Saatbeeten nad).
Die Käfer find in wirtfchaftlicher Beziehung ebenfalls nicht jo gleichgültig, wie
man früher annahm. Un jungen, nod) frautartigen Trieben niedriger Eichen freffen
3. B. Lacon murinus L., Agriotes aterrimus L., Dolopius marginatus L. Tacto-
nomus holosericeus Oliv. und Limonius eylindricus Payk. (Altum).*) Die betrefs
fenden Triebe werden etwa in der Mitte ihrer Länge (oder auch etwas tiefer) zum
Genuſſe ihres Saftes angebiffen und angenagt. An jungen Fichten ift der gleiche
Schaden beobachtet worden. Der Fraß ift dem der Cantharis-Ürten jehr ähnlich, je
doch weniger fchädlich, weil die Schnellfäfer die Triebe weniger zerreißen als bie
Canthariden, jondern mehr oberflächlich benagen. Auch Abbeißen junger Pflänzchen
am Wurzelfnoten oder Abbeißen ganzer Triebe durch die Käfer ift Hier und da vor⸗
gekommen.
Einige Corymbites-Arten (C. haematodes Fabr. und C. castaneus L.) benagen
die noch weichen Triebſpitzen der Eichen mit Vorliebe (Czech).
Infolge diefer Beichädigungen werden die jungen Schoffe rot oder ſchwarz und
troden. Die Triebipigen Iniden fogar häufig um, fterben ab und fallen zu Boden.
B. Betämpfung,
I. Käfer: Sammeln der Käfer ift nur bei Maffenvorlommen rentabel, ſonſt
ziemlich wertlos. Zu beachten iſt, daß die Käfer beim Berühren der Fraßpflanze ſich
leicht zu Boden fallen laſſen; es empfiehlt ſich deshalb, irgendeinen Fangapparat
(Gefäß, Trichter, Tuch uſw.) unterzuhalten.
II. Larve: 1. Gelegentliches Sammeln der Larven bei Bodenbearbeitun⸗
gen (Beetgraben, Kompoftausbreiten uſw.) im Pflanzgarten.
2. Blanmäßiges Fangen der Larven durch Anbau von Fangpflanzen, na=
mentlich Salat. Die welfwerdenden Salatpflanzen werden ausgehoben und die an
oder in den Wurzeln ſitzenden Drahtwürmer geſammelt.
1) Bg.: Forſtl. Bl. 1878, 319. — 2) 3bl. f. d. geſ. Fw. 1884, 312. — 3) Daſ.
1880, 30, 67. — 4) Altum: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1892, 249.
Käfer: Cantharidee. Lymexylonidae. 177
3. Fangen der Larven mit Kartoffelſcheiben, Möhren oder Salatftrüns
fen. Forſtmeiſter Müller (Roſſitz)!) empfiehlt namentlich die Verwendung von
Kartoffelicheiben. Dan fchneidet Y,—1 cm dide Scheiben, verteilt dieſe auf die be⸗
fallenen Beete und bringt fie am beiten 3 cm tief in den Boden. Nach einigen Ta⸗
gen revidiert man die Köder, deren Wiederauffinden felbitverftändlich dur Mar⸗
fieren der Stellen, wo fie ausgelegt find, zu fichern ift. Die Drahtwürmer bohren
fih in die Scheiben ein und werben durch Abſammeln oder zugleich mit den Scheis
ben vernichtet. Möhren und Salatjtrünfe laſſen fich ebenfo als Köder verwenden.
4. Bernichten der Larven durch Verbrennen der Rajenplaggen, in denen
fie bemertt ober vermutet werden. Keinesfalls find ſolche Plaggen mit unterzugraben.
5. Vernichten der Larven durch Ausglühen des Bodens bei maflenhaftem
Auftreten in den Saatbeeten. Der Boden wird auf glühende Aſche gebreitet oder in
brennende Reijerhaufen uſw. geworfen.
6. Vernichten der Larven mit reinem Schwefeltohlenftoff oder Schwefel:
"tohlenftofffapfeln. Das Verfahren iſt dasſelbe wie bei der Vernichtung der En⸗
gerlinge durch Inſektizide (vgl. dort).
Samilie Cantharidae, Weidläfer.
Imagines langgeitredt, weich, biegfam, mit jchmalen, weichen, pergamentartigen Flü⸗
geldeden. Fühler meift faden- oder borftenförmig, 10—12gliederig, mitunter gegen die
Spite Hin etwas verdidt. Füße fünfgliederig. Der Bauch befteht aus 6—7 freien Ringen.
Die 2 einiger Arten find ungeflügelt und jehen aus wie Larven. Generation einfadh. —
Barven länglich, flach, größtenteils behaart, ſechsbeinig; fie leben vom Raude (Würmer, Ins»
fetten, Schneden), find daher im allgemeinen nützlich.
Schädlich können nad) den vorliegenden Beobachtungen einige zur Gattung Can-
tharis L. gehörige Arten: Cantharis fusca L., C. obscura L. uud C. rustica L. dadurd)
werden, daß fie in ähnlicher Weije wie die Imagines einzelner Schnellläfer (vgl. ©. 176)
die Maitriebe von Laub» und Nadelhölzern, namentlich von Eichenloden annagen. Die be-
treffenden Triebe werden welk, Iniden meift um, verfärben ſich und fallen fchließlich ab.
So trat 3. ®. im Mai 1890 Cantharis obscura L. mafjenhaft in der königl. preußiichen
DOberförfterei Adenau (Eifel) an 5—15jährigen Eichen in Lichtſchlägen auf. An einzelnen
Eremplaren fanden fih 50—100 Käfer. Dad Wellen und Schwärgen der Triebe vollzog
fih binnen weniger Stunden.
1891 zeigte jich diejer Käfer in Gejellichaft ber früher genannten Schnellfäfer im
Stadtforft (Eichelgarten) bei Ebersmwalde.?)
Die Kanthariden (im Volksmunde „Schneider‘‘) überwintern im Sarvenzuftand in der
Erde oder unter Steinen und verpuppen fi im Frühjahr. Bei Taumwetter fommen die
walzigen, weichen, ſchwarzen Larven mitunter maffenhaft auf dem Schnee zum Vorſchein,
womit die Bezeihnung „Schneewürmer“ zujammenhängt.
Belämpfung: nur durch Sammeln der Käfer, in einzelnen Fällen durch Bernichten
der „Schneewürmer‘ möglich.
Familie Lymexylonidae, Werftläfer.
Imagines langgeitredt, fat walzenförmig. Flügeldecken weich, an der Spite nicht
abwärts gemwölbt, Haffend. Fühler fadenförmig oder in der Mitte etwas verdidt oder ge
jägt, elfgliederig. Border: und Mittelhüften zylindrifch oder fugelig. Füße dglieberig, ein⸗
fah. Bauch) aus 5—6 Ringen beitehend. Generation einjährig. — Larven langgeftredt,
walzenförmig, weich, weiß, nadt, mit fapuzenartiger Borderbruft, jechsbeinig; fie leben im
Holze von Laub» und Nadelhölzern und werden durch ihre Gänge technifch ſchädlich.
1) Vhdlgn. d. Forftw. v. M. u. Schl. 1901, 77. — 2) Altum: Ztiſchr. f. 5. u. Iw.
1892, 249.
Heb, Forſiſchutzz. I. A. Aufl. 12
178 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
1. Lymexylon navale L.
Shiffswerftbohrfäfer, Matrofe.
Kennzeiden: Käfer Z 7—10 mm lang, ſchwarz. Flügeldecken, Hinterleib und
Beine gelbbraun. Mittelkiefertafter mit quaftenförmigem Anhang. — 2? 12—15 mm lang,
odergelb. Kopf, Rand und Spigen der Flügeldecken ſchwärzlich; letztere bebeden den Hinters
leib nicht ganz. — Larve 14—15 mm lang, weiß, mit ftarfem Kopf und einem Fleiſch⸗
zapfen auf dem legten Ringe.
Lebensweise ufw.: Slugzeit im Juni und Juli an warmen Tagen.
Die Eier werden an ftarke, anbrüchige Stöde oder ältere, entrindete, liegende
oder ftehende Eiche nſtämme oder auch an bereit3 verarbeiteted Holz abgelegt, nies
mal? an gejunde jtehende Bäume.
Die Larven freffen Gänge im Holze, deren Form noch nicht hinreichend ge-
Härt ift. Der größte Schaden findet auf Holzplägen und Schiffswerften jtatt.
Generation einjährig.
Linné fand die Larve 1746 auf den Sciffswerften an der Sübdleite des Gothen-
burger Meerbuſens in dem dortigen Eichenholze jo mafjenhaft, daß er ſich zu dem Ausrufe
veranlaßt jah: „Berwunderungsmürdig, daß ein fo elender Wurm jährlich für fo viele tau-
fend Taler Schaden tun kann.“
Belämpfung: Rechtzeitiger Anftrich der gefüllten Nubftänme mit Teer oder
Raupenleim.
2. Hylecoetus dermestoides L.
Schabfäjerähnliher Bohrkäfer (Abb. 73).
Kennzeihen: J 8—13 mm lang, entweder ganz ſchwarz mit Ausnahme ber (gelb:
> braunen) Beine oder ſchwarz mit gelben Beinen und gelben, an ber
Spitze gebräunten Flügeldeden. Wittelkiefertafter mit großem, quaften:
förmigen Anhang. 2 10—18 mm lang, gelbbraun; nur die Augen oder
auch die Bruft (zumeilen auch die Spitze der Flügeldeden) ſchwarz. Beide
Geichlechter, namentlid; da8 7, in Größe und Färbung äußerſt variabel.
Halsſchild breit, Hinterleib von den Ylügeldeden ganz bededt. — Larve
15—20 mm lang, bernfteingelb, ausgewachſen mit einem dünnen langen
Schwanzfortiage, der mit Ehitinzähnen befegt ift und in eine zweizinkige
x
Abb. 73. Endgabel ausläuft. Der jungen Larve fehlt diejer Fortſatz; ihr letztes Seg:
Hylecoetus der- . ment ift hinten abgejtugt und abgefladht.
6 Lebensmweife ufw.: Flugzeit April, Mai. Die Eier werben
einzeln in Rinden= und Heinen Holzriſſen abgelegt. Befallen werben
fat jämtliche Laub- und Nadelhölzer, in erjter Linie frifche ſtärkere Stöde, aber auch
gefällte Stämme und anbrüchige ftehende?) Bäume. Berindete Stellen werden bevor:
zugt. An Stöden erfolgt die Eiablage aber auch auf der Schnittfläche.
Die Larven frefien nad) den die bisherigen Annahmen richtig ftellenden Beob:
achtungen Strohmeyers 18—26 cm lang werdende, unregelmäßige Gänge, die,
erit ganz dünn beginnend, entiprechend dem Wachstum der Larve, auch nach rüds
wärt3 erweitert werden. Am Eingang aber verengt ſich der Gang trichterfürmig
nach außen, weil fich die Larve zumächit im Gange nicht umwendet und ihn infolge
beffen nicht bis zum Eingangsloch erweitern fann. Dank dem mit dem Wachstum
— —
1) Strohmeyer: Naturw. Ztſchr. f. 2. u. Fw. 1907, 513. — 2) Baudiſch: Bbl.
f. d. geſ. Fw. 1886, 474; 1906, 286.
Käfer: Anobiidae. 179
der Larve fi verlängernden und verfchmälernden Schwanzfortfabe wird es ihr
möglich, das Bohrmehl durch die jehr enge Eingangsöffnung hinauszuſchieben. Die
ausgeworfenen Bohrmehlmaffen find außerordentlich groß. Friſche Stöde ſehen zu-
weilen aus, ala fei das vom Sägefchnitt herrührende Sägemehl Liegen geblieben. Erſt
vor der Berpuppung dreht fich die Larve in dem zu diefem Zwecke hinreichend er:
weiterten Gang um und vergrößert num auch das trichterförmige Eingangsftüd, um
dem ſonſt verlorenen Käfer das Entweichen zı ermöglichen.
Generation einjährig.
Bekämpfung: Roden der befallenen Stöde; baldige Ubfuhr der gefährdeten
Hölzer vor der Flugzeit.
Familie Anoblidae, Nageläfer.
Imagines Hein, walzenförmig, dunkel gefärbt, mit fapuzenförmigem Thorar; im äußes
ven Habitus den Borkenkäfern ähnlich. Fühler nit gebrochen, fadenförmig, gefämmt
oder keulenförmig, feltener gefägt, 8—11gliederig, in der Ruhelage unter dem Halsſchild
verftedt. Border: und Mittelhüften zylindrijch oder fugelig, Füße meiftens fünf-, bei mans
chen Arten nur viergliederig. Bauch aus fünf Ringen beftehend. Hinterleib meift walzig.
Generation oft mehrjährig. Die Käfer ftellen fich bei Annäherung gern tot. — Larven
ftart gefrünmt, querfaltig, weißlich, deutlich behaart, 6beinig. — Berwanblung im
Frühjahr ober Borjommer.
Die Käfer und Larven leben vorherrichend in abgeftorbenem Holze, teil in ſtehen⸗
den Stämmen, wo fie verworren Durcheinander laufende Gänge anlegen, in Trieben, im
Mark, auch in Zapfen, teil in Balken der Häujer und in Mobilien uſw., au in Schwäm⸗
men. Sie ſchaden lediglich durch Larvenfraß und find forftlich ziemlich bedeutungslos.
Hervorgehoben feien a) als Triebzerftörer: Anobium (Ernobius) nigrinum
Sturm und A. pini St. Shre Larven freſſen die Markröhre junger Kieferntriebe (auch die der
Schwarztiefer) in ähnlicher Weife aus wie e8 der Waldgärtner tut. — b) als Berftörer
von üſten 15—30jähriger Eichen, Ulmen, Edeltaftanten: Apate (Sinoxylon) bispi-
nosa Oliv. und A. pustulata. — c) als Zerſtörer von Fichten- (und Kiefern)
zapfen: Anobium (Ernobius) Abietis Fabr., longicorne St., augusticolle
Ratzb., abietinum Gyll. Die Larven freflen in der Spindel der Zapfen und führen
Harzausfluß und baldiges Abfallen der Bapfen herbei, fönnen mithin das Samenerträgnis
mindern. — d) als techniſch ſchädlich durch Larvenfraß in alten, anbrüdigen, aber noch
ſtehenden Laubhölzern (Eiche, Buche, Ahorn, Edelfaftanie, Hornbaum, Kirfche, Erle): Ano-
bium (Xestobium) rufovillosum Geer, plumbeum III. Ptilinus pectinicor-
nis L., costatus Gyll. Nah Eichhoff) erfolgt die Ablage der Eier der zulegt genannten
Holgbrüter Häufig an den ausgetrodneten Aſtwunden abgebrochener oder abgefägter Üfte.
Die Larven breiten fich von hier aud im Stammholz weiter aus. Es empfiehlt ſich dem⸗
entiprechend Wundbehandlung bei Aufaftungen durch Beftreichen der Schnittfläcden mit Teer,
Rarbolineum oder anderen Schubftoffen.
Die im abgeftorbenen Holz und im Gebälf alter Häufer vorfommenden und dad Holz
zerfreflenden Arten haben — vom Standpunkte des Forſtſchutzes aus — fein Interefie.
Hierher gehören Anobium pertinax L. und A. domesticum Fourc., beide
Arten unter dem Namen „Totenuhr“ belannt, da fie in ihren Gängen durch Anfchlagen
ihrer Stirn gegen da3 Holz ein dem Tiden der Tajchenuhr ähnliches Geräuſch verurfachen.
Der gefährlichfte Feind aller berindeten Nadelholzitüde, mithin auch der Holz: und Fra:
Rüdfammlungen, ift Anobium molle L.
Betämpfung: Gegen die waldichäblichen Anobien find andere Gegenmittel als Schup-
anftrich bei Aufaftungen und Sorge für Reinlichkeit im Walde durch rechtzeitige Entfernung
anbrüdyiger Stämme nicht durchführbar und auch nicht nötig. Der Rat, die Bapfenzerftörer
durch Sammeln und Verbrennen der am Boden liegenden Zapfen während des Herbſtes
1) Ztſchr. f. F. u. Iw. 1869, 137.
12*
180 Erftes Bud. Schub gegen Tiere.
und Winters zu vertilgen, bat angeficht3 der Geringfügigeit des angerichteten Schadens
feine praftiiche Bedeutung.
Den Werkholz⸗ und Möbelanobien muß allerdings entgegengetreten werden, da fie
unter Umftänden recht unangenehme Zerftörungen in Wohnräumen, Hausgeräten, Samm-
ungen uſw. verurfahhen. Borbeugend wirken Verwendung gut ausgetrodneten Holzes zu
Bauzweden, moͤglichſte Entfernutig des Splintes, Anftrich von Teer, Karbolineum oder gif-
tigen Löjungen (Rupfervitriol, Ehlorzint, arjenigjaures Natron u. a.). In bereits befalle-
nem Holze kann die Bertilgung nur durch Imprägnierung mit den gleichen Inſektiziden
oder, wo Giftlöjungen nicht anwendbar find, durch Sättigung des Holzes mit Napbtalin-
Löfung, fiedendem Terpentin, Petroleum, Benzin, Karbolineum, Salzlöjung erfolgen.
Unterordnung Heteromera.
Familie Tenebrionidae, Dunteltäfer.
Imagines verichieden geftaltet, aber im allgemeinen plump, meifteng büfter gefärbt,
mit hinten halsförmig verengtem Kopfe. Fühler borften- oder fadenförmig, meiftens elf»,
jelten zehnglieberig. Halsſchild in der Hegel mit deutlichem, ſcharfen Seitenrand. Hüften
nicht aneinander ftoßend; die vorderen kugelig, bie hinteren quer. Füße ungleichgliederig,
bie Border- und Mittelfüße jünfgliederig, die Hinterfüße viernliederig. VBorderbruft ziemlich
lang; Bauch aus fünf Ringen beftehend, von denen der vorlegte kürzer ift alö die übrigen. —
Larven lang geftredt, jchmal (den Mehlmürmern ähnlich), gelblich-bräunlich, mit deutlich
abgeſetztem Kopfe, jechöbeinig.
NS für Nadelhblzer ſchädliche Repräentanten diefer Familie find drei Arten ber
Gattung Opatrum (Staubfäfer) zu nennen, und zwar:
0. tibiale Fabr.'),
O. sabulosum L. und
O. gibbum Fabr. (Heliopatbes gibbus Fabr.).”)
Lebensweiſe uſw.: Alle drei Arten find grau bis tiefichwarz, können Daher auf
grauem, ftaubigem Boden leicht überfehen werden. Sie treten vorzugsweiſe in fandigen
Ebenen auf, und zwar bejonders in den Dünenftrichen des nördlichen Deutichlands. Die
Käfer freflen (Juni) an jungen (einjährigen) Kiefern. O. tibiale Fabr. fchneidet den unteren
Teil der zarten Würzelchen (beilänfig 6— 10 cm unter der Bodenoberfläde) Durch und be
frißt die Rinde an dem oberen Teile bis zu den Nadeln hinauf mehr oder weniger ftarf.
O. sabulosum L. und O. gibbum Fabr. beißen die Köpfe einjähriger Kiefern unterhalb
der Nadeln ab, ganz tin ähnlicher Weife wie die Raupen der Adereulen (Agrotis-Arten).
Ob fi) die auch unterirdifch lebenden Larven mit an diefem Fraße beteiligen, iſt noch nicht
ermittelt.
Belämpfung: Anlage bon Yanggräben, da die Käfer mehr wandern als fliegen.
Samilie Melandryidae, Schwarzläfer.
Unter den zahlreichen, diejer Familie angehörenden, meift Heineren, dunkel gefärbten
Käfern ift nur Serropalpus barbatus Schaller °) durch die in ftehenden und gefällten
Tannen, wohl aud in Fichten, technijch fchädigenden Fraßgänge feiner Larve als unbe:
deutender Schädling heruorgetreten. Die runden, allmählich ftärfer werdenden Larvengänge
gleichen denen der Holzmweipenlarven vollkommen; fie verlaufen, von der Stammoberfläche
ausgehend, in Krümmungen in das Holzinnere und endigen in einer der Stammperipherie
wieder genäherten Buppenmiege.
Belämpfung: Andere als die im Begriff der Reinlichfeit im Walbe liegende Maß⸗
nahmen find weder möglich nody erforderlich.
— — m —— —
1) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1887, 466. — 2) Derſ.: Daſ. 1888, 495. — 8)
Wachtl: Mittlgn. a. d. forſtl. Verſuchsw. Öfterreichs I. 1878, 92.
Käfer: Meloidae. | 181
Familie Meloidae, Pllefterläfer.
Ymagines weichhäutig, meift lebhaft gefärbt, mit geſenktem, Hinten halsförmig ver-
engtem, hochgewölbtem Kopfe. Fühler borjten- oder fabenförmig, ſtellenweiſe verdidt oder
ganz unregelmäßig, in ber Regel eligliederig, mitunter 8—10gliederig. Halsſchild ſchmäler
als die biegfamen, oft verkürzten Flügeldecken. Border: und Mittelhüften jehr groß, faft
zylindrifch, zufammenftoßend. Füße ungleichgliederig; die Vorder: und Mittelfüße fünfs, die
Hinterfüße viergliederig. Fußklauen in zwei meift ungleiche Hälften geipalten. Bauch aus
6—7 Ringen beftehend. Hinterleib eiförmig oder zylindrifch geftredt. Generation einfach.
— Larven in verichiedenen Formen auftretend, von denen die erfte Hein, von einem Chi⸗
tinpanzer umgeben, gefärbt, ſechsbeinig und mit dreizähnigen Klauen an den Tarfen (daher
Triungulinus Duf. genannt) verjehen, während die legte did, walzig, weich und weiß, kurz
engerlingähnlich if. Yorftlich jchädlich ift nur eine Urt, und zwar
Lytta vesicatoria L.
Spaniſche Fliege, Pflaſterkäfer (Apb. 74).
KRennzeihen: Käfer: 14—20 mm lang, geftredt, fchön ſmaragd⸗
grün. Fühler borftenförmig, elfgliederig, bräunlichgrün. Flügeldecken
weich, am Ende abgerundet, fein und bicht runzelig punktiert, mit eint-
gen, ſchwach erhabenen, feinen Längslinien. Halsſchild beiberjeits edig
vortretend, rückwärts verengt, oben rungelig. Beine bräunlichgrün.
Larve dunkelbraun (erfte Form), weiß (zweite Form). Bon dem Kä⸗
fer geht ein eigenartiger fcharfer Geruch aus. Abb. 7A.
Lebensweise: Flugzeit: Ende Mai, Anfang Suni. Iıytta Veostorla
Die keulenförmigen, ſchwefelgelben Eier werden in Häuf-
hen von 40—50 Stüd an oder etiva 2 cm tief in den Boden gelegt und dann zus
geicharrt.
Die Larven (erfte = Triungulinus-Form) fchlüpfen nad) 2—3 Wochen aus
und leben von den Eiern und Larven der Erdbienen und anderer Hymenopteren.
Durch. die erſte Häutung" werden fie zu weiblichen Maden und nähren fich num von
Honig; nad} der dritten Häutung, bei welcher fie ihre Augen verlieren, begeben fie
fih in die Erde. Durch eine vierte Häutung verwandelt fich die Larve in einen pup⸗
penähnlichen Zuftand, in welchem fie den ganzen Winter im Boden verbringt.
Am Frühjahre tommt aus der Puppenhaut eine weiße Larve (zweite Form)
zum Vorfcheine, welche nach 14 Tagen zur eigentlichen Buppe wird. Man bezeichnet
eine joldhe Verwandlung als Hypermetamorphofe.
Auskommen in der zweiten Hälfte des Mai oder im Suni.
. eneration einfad).
In manchen Jahren treten die Käfer ftellenweife häufig auf, befonders im mitt-
leren Deutfchland (bei Frankfurt, Aichaffenburg, Eberswalde ufw.), in anderen Jahren
aber find fie fehr jelten. Für die Möglichkeit des hin und wieder beobachteten plöb-
fihen Mafjenauftreteng fehlt noch die Erklärung.
Forſtliches Verhalten: Die ſpaniſche Fliege fchadet nur ala vollkomme⸗
ned Inſekt. Der Käfer befrißt hauptſächlich das Laub der Eſche und entwidelt
bierbei eine folche Gefräßigkeit, daß er namentlich junge Loden und Heifter nicht
felten vollftändig entblättert; nur die ftärkeren Blattrippen bleiben verfchent.
182 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Abb. 75 ftellt ein befreffenes Efchenblatt dar. Nach Kahlfraß
erfolgt das Wiedergrünwerden gewöhnlich erſt im folgenden
Sabre.
Bon fonftigen Laubhölzern werden Ligufter, Springe,
Bogelbeere, Bappeln, Ahorne, Holunder, Geißblatt,
Rofen und Spierftauden befallen.
Befämpfung: Sammeln der Käfer in den
Morgenftunden duch Schütteln der Stämme.
Beim Anfaffen der Käfer muß man behutjam zu
Werke gehen, da fie wegen ihres Cantharidingehaltes
leicht Blajen auf der bloßen Haut erzeugen. Der Santharidenfampfer
(Chantharidin) ift Hauptjächlic in den Eierftöden enthalten. Man
benugt die jpanifchen liegen befanntlich zur Herftellung eines bla-
ienziehenden Pflafterd. Die gefammelten Käfer werden zu biefem
Bwede getötet, am beften mit Ather, Ammoniak oder Zerpentindl,
dann getrodnet und fein zerrieben. Das Einfammeln macht ſich da-
her bei diefem Käfer unter Umftänden bezahlt. Bei Mafjenauftreten,
was allein Sammeln notwendig macht, wird es nicht fchwer, ein
mit 6—12 ME. zu verwertendes Kilogramm Inſelten zufammenzu:
bringen.
Unterordnung Rhynchophora.
Samilien Rhynchitidae nnd Curculionidae.
$magines Fein bis mittelgroß, mit einem geraden oder ge
krümmten Rüſſel, an deſſen Spite die Heinen Mundteile liegen.
Fühler ungefniet (Rhynchitidae) oder gefniet (Curculionidae), mit
einem verichieden geftalteten Endfnopfe, in eine Furche oder Grube Abb. 76. Fraß von
des Rüſſels eingefügt, 8—12gliederig. Flügeldecken breiter ald das urn —S
Halsſchild. Bei einer Anzahl der ſogenannten Kurzrüßler, und zwar (nat. @r.).
der ®ruppe der Otiorrhynchina, fehlt das zweite Ylügelpaar, die
eigentlichen Flugflügel. Vorderhüften Tugelig oder zapfenförmig; Hinterhüften Hein, quer,
elliptiih. Beine Träftig, bei vielen Aüffelläfern mit einem "eigentümlichen Haftapparat
(Härchen mit einer deutlichen Erweiterung und Öffnung am Ende) ausgeftattet, der es ihnen
ermöglicht, jelbft an ganz glatten Wänden emporzuflettern. Schenkel zumeilen zum Sprin:
gen eingerichtet Füße viergliederig, das vorlegte Glied gewöhnlich herzförmig oder ziveis
lappig. Bauch aus fünf Ringen beitehend, von welchen die erften beiden häufig größer und
verwachſen jind. — Larven meiftend gedrungen, walzig, bauchwärts gekrümmt, weich, mit
bornigem Kopf und behaarten Wüljten, weißlich, blind, fußlos. — Puppen durch deut:
lichen Rüffel und Fühler erfennbar, meiftend mit zwei Afterdornen ausgeftattet.
Die Larven und Käfer frejien in und an Wurzeln, Rinde, Baft, Holz, Marl,
Blättern (Nadeln), Blüten, Früchten oder Samen. Die Entwidelung erfolgt im Boden
oder häufiger im Innern von Nährpilanzen Muttergänge fehlen, weil dad 2 die
Eier entweder äußerlich an die Fraßpflanze ablegt oder fie nur in der WVeife in deren
Anneres einbringt, daß ed mit dem Rüſſel ein Zoch bohrt, das Ei dort hineinlegt
und mit dem Rüſſel einjchiebt.
Die Öenerationdverhältniffe der Rüſſelkäfer find bei den forftlich beachtenswer⸗
teften Arten nach den vorliegenden Beobachtungen ziemlich fomplizierte. Es rührt
dies daher, daß die äußerſt langlebigen Mutterläfer vom April bi8 September uns
geſchwächt fortpflanzungsfähig find. Selbſt bei einer nur einmaligen Begattung im
Frühjahre find fie zur fortgefegten Eiablage befähigt. Infolge diefer Iangen Flug:
Käfer: Rhynchitidae. 183
zeit und der allmählichen Erzeugung neuer Bruten find die einzelnen Entwidelungs-
ftadien nicht zeitlich voneinander getrennt, fondern nebeneinander anzutreffen. Neben
- Larven verfchiedenen Alters findet man gleichzeitig Puppen, ſowie alte, ältere und
frifch ausgelommene Käfer.
Trobdem die Entwidelung der Bruten in der Vegetationzzeit rafch vonftatten
gebt, ift die Generation für die Hauptmafle der Individuen nur einfach. Die friſch
ausgefommenen Jungkäfer find nicht fofort, fondern erjt nach längerer Zeit — fpät
ausgekommene Individuen erft nach der Überwinterung — fortpflanzungsfähig. Mehre
fache Generation ift deshalb im allgemeinen eine Ausnahmeericheinung und bleibt,
wenn fie für Die Hauptmenge der Individuen einer Art zutreffen ſoll, an beſonders
günftige Witterungsverhältniſſe gebunden.
Die Erkenntnis der Generationsverhältnifie ift naturgemäß von großem, prak⸗
tiſchem Wert, weil die Art und Weiſe, namentlich aber die Zeit der Bekämpfung im
innigſten Zuſammenhange mit der Generationsdauer ſteht. Den neueren Unterſuchungen
von v. Oppen!), Nüßlin?), Mac Dougall?), Fuchs?) u. a. iſt es zu danken,
daß die lange Beit beftehende Unflarheit über die Generationsdauer unferer wirt-
fchaftlich wichtigſten Rüſſelkäfer bejeitigt worden it.
Die den forftlihen Kulturpflanzen ſchädlich, zum Teil fehr fchädlich werdenden
Nüffelläfer gehören den Rhynchitidae (Blattroller) und den Curculionidae
(Rüfjelläfer im engeren Sinne) an. Someit fie zur leßtgenannten großen Familie
gehören, follen fie in der üblichen Weile ala Kurz- und Zangrüßler (Cureulio-
nides und Rhynchaenides) auseinandergehalten werden.
Samilie Rhynchitidae, Blattroller.
Nüffeltragende Käfer, die ſich von den eigentlichen Rüffelläfern (Curculionidae) nur
dadurch unterfcheiden, daß fie feine gebrochenen, fondern gerade, nicht aus Schaft und Geißel
beftehende Fühler haben. Auch ift das erfte Glied nicht auffallend verlängert. Allen hier⸗
ber gehörigen Käfern ift die eigentümliche Art und Weife der Brutpflege gemeinjam: fie
wideln Blätter oder Blatteile zu Rollen oder Tüten, um die Eier Hierin abzulegen.
Die forftliche Bedeutung diejer Familie ift jehr gering.
L Apoderus ooryli L.
Hafeldickkopfrüßler.
Kennzeichen: 6—8 mm lang, mit kurzem und dickem Rüſſel. Halsſchild und Flügel⸗
decken korallenrot. Kopf, Fühler, Schildchen, ein Fleck auf der Mitte des Halsſchildes und
Unterfeite ſchwarz. Kopf nad) vorm verdidt. Flügeldecken grob punttiert:geftreift. Hals:
ſchild von faft dreiediger Form, etwas runzelig. Beine bis auf die rotgelben Schenkel
ſchwärzlichbraun.
Lebensweiſe uſw.: Tas 2 fchneidet (Mai) die Blätter verſchiedener Laubholzarten
von einer Seite her bis über die Mittelrippe hinaus an und widelt den losgetrennten Teil
des Blattes zu einer beiderfeit3 geſchloſſenen didwalzigen Rolle, in die ein gelbes Ei ab»
gelegt wird.
Die austommende Larve lebt in diejer jpäter abfallenden Blattrolle und frißt fich
durch fie hindurch, um ſich in der Erde zu verpuppen.
Generation einfach, unter günjtigen Umſtänden vielleicht doppelt.
| 1) Ztſchr. f. F. u. Im. 1885, 81 u. 141. — 2) Forftl.snaturw. Ztiſchr. 1897, 441. —
3) Daf. 1898, 161 u. 197. — 4) Naturw. Ztſchr. f. F. u. Lw. 1912, 48.
184 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Dean findet den Käfer häufig, und zwar befonders auf Haſel, aber au auf Eichen,
Erlen, Buche und Hornbaum, meift auf jungen Pflanzen, Stodausfchlägen, Unterwuchs und
Gebuſch. Er frißt Löcher in die Blätter biefer Holzarten.
Belämpfung: Sammeln ber Rollen; AbHlopfen und Bernichten der Käfer. Die Rot:
wenbigteit hierzu bürfte aber faum jemals vorliegen.
2. Attelabus ourculionoides L.
Eichenrollräffelfäfer.
Kennzeihen: 4—6 mm lang, mit furzem und bidem Rüffel. Halsſchild, Flügel
deden und Wurzelglieder der Fühler dunkeirot. Kopf, Schildchen,
Unterfeite und Beine ſchwarz. Wlügeldeden fein punktiert=geftreift,
glänzend mit glatten Zwiſchenräumen.
Lebensweiſe ufm.: Der Käfer widelt zarte Blätter von
Eigenftodioben oder niederen Kernwüchſen in ähnlicher Weife, wie
ber vorige, zu je einem furzen, zplinbrifchen Röllchen zufammen (Wbb.
76). Das Blatt wird hier aber nicht einfeitig, fondern von beiben
Seiten bis zur Mittelrippe eingefchnitten. Die Mittelrippe bleibt ganz
Mbb. 76. Blattwidel und dient zur oberen Umrandung des Blattrollchens. Auch die Wlätter
ee Lrunaige Der Ebeltaftanie unb Erle werben gemidelt.
(mat. &r.). Die Larve Iebt, frißt und Aberwintert in diefem Rollchen. Die
Berpuppung erfolgt im Frühjahre im Boden. Generation ein
fa. Häufig.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
- 3. Rhynchites betulae L.
Schwarzer Birlenrüffeltäfer, Triterwidler.
Kennzeichen: 3—5 mm lang, pehbraun bis ſchwarz, ſchwach Helbraun behaart.
Nüffel breit und furz, etwas fürzer (g) oder jo lang ala der Hinten verengte Kopf (2).
Flügeldeden fein punftiert:geftreift. Hinterjchenfel des 2 ftarf ver-
bit, zum Springen eingerichtet, innen fein fägezägnig. Hinter
fchentel des 2 teulenförmig.
Lebensweife ufm.: Das + ſchneidet (Mat) frifche Blätter
etwas oberhalb des Wlattftieled von beiden Seiten her in Kurven⸗
form bis zur Mittelrippe ein, legt am Seitenende einer Blatthälfte
mehrere Eier in Meine, durch Ablöfung der Epidermis gebildete
Taſchen und widelt bann beibe Blatthälften tätenförmig übereinander,
fo daß die Eier in das Innere der Rolle zu liegen fommen. Die an
der Mittelrippe Herabhängende, tegelförmige Blattüte (Trichter)
wird am unteren Ende geſchloſſen (Abb. 77).
Die nad 2—3 Monaten erwachſenen Larven freffen fich aus
ber ſchnell welfenden Rolle Heraus, fallen zu Boden und verpuppen
ſich dafelbft in einer fugeligen, innen geglätteten Höhle. Auskom⸗
66. 77. Blattwidel von men im nächften Srühjahre. Generation mithin einjährig.
Der Käfer befällt vorzugsweiſe die Birken, an welder Holy
a artman Zaufende folder Rollen finden Tann. Cr betreibt aber feine
Htonomie auch an den Vlättern von Buche, Hormbaum, Exlen,
Bappeln, Hafel ufm.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
4. Rhynchites betuleti Fabr. (Rbynchites alni Müll.).
Metallifher Birkenrüfjelfäfer, Rebenſtecher.
Kennzeichen: 5—7 mm lang, oben und unten j—höm metalliſch blau oder grün, im
legteren Falle an den Seiten brongefarbig, glänzend, unbehaart. Stirne nur wenig
Rüfjel gebrungen, ohne Fühlerfurhe. Flügeldeden mit zahlreichen Langsreihen mittelgroßer
Buntte. Halsſchild glatt, beim mit Geltendorn. Beine grünlichblan oder erzfarbig.
Käfer: Rhynchitidae. 185
Lebens weiſe uſw.: Der Kä⸗
fer fliegt von Mai bis Juli und
nagt Blattſtiele und junge Triebe an,
um das für die Eiablage notwendige
Material vorzubereiten. Die Blätter
des weitenden Triebes werden meift
zu mehreren zu herabhängenden zi⸗
mengerollt, die Blattftiele bis auf einen
attrolle dann 8—10 Eier in ber bei
e untergebracht.
‚rwachjenen Larven verpuppen ſich nach
ı in einer Meinen Erbhöhfe. Die jun⸗
m September, ſchaben behufs ihrer Er«
ttern und überwintern in Beriteden.
g.
n gefährlicher Feind des Weinſtogs.
auf Hafel, Birken, Buche, Erlen, Afpe,
den, Birnbaum ufw. Häufig und weit
i dem vorigen, wird aber nur in ben
ver Käfer zumeilen in großen Mengen
aden durch Einrollen der Blätter und
gen Trauben anzurihten imftande ift.
er in ber Pfalz, in Baden und Heflen
iſchen Friaul wurden damald an zwei
ı 85000 Käfer und 80000 Widel ger
en Weinbergen breier Gemeinden der
r Iugemburgifchen Regierung 85 1 Ka⸗
ind 1,6 Millionen Käfer und 4,5 Mils
18 Millionen Eiern gefammelt und ab-
A678. Blattwidel von geliefert.
Bhynchites betuloti Fabr.
an Birke (nad) Doflein).
5. Rhynchites populi L.
Bappelrollräffeltäfer.
Kennzeichen: 4—5 mm lang, oben erzgrün, mit Kupfer und Goldglanz. Rüffel,
Unterfeite und Beine blau mit einem Stich ind Grüne. Stirne ziemlich tief gefurcht. Flügel-
deden punftiertsgeftreift.
Lebensweife ufw.: Der Käfer rollt die Blätter der Pappeln (befonders Aſpe)
und Weiden (Mai, Juni) gleichfalls zu zigarrenförmigen Wideln zufammen; jedoch fertigt
er diefe nur aus je einem einzigen Blatte. Er bohrt auch die jungen Triebe der genann=
ten Holzarten an und frißt zu feiner Ernährung weiterhin auf den Blättern der Äſpe fil-
berweiße, hierogiyphenartig verlaufende Streifen, indem er entſprechend feiner Körperbreite
die Blattfubftang bis auf die hell durchſcheinende Oberhaut der gegenüberliegenden Seite
abſchabi
Bekämpfung: Wie bei dem vorigen.
Familie Cureulionidae, Rüfleltäfer im engeren Sinne.
Cureculionides, Rurzrüßler.
Nüffel furz, breit und wenig gebogen; nahe an feiner Spige find die langſchaftigen
Fühler eingelentt. Flugflügel fehlen zum Teil. Larven jämtlih im Boden, hier von Pflan—
zenwurzeln lebend. Der Larvenjhaben tritt aber meift zurüd gegen den durch den Käfer
an Rinde, Knoſpen und Blattorganen erzeugten Nagefchaden. Käfer im allgemeinen polys
phag, nur einzelne Arten befchränten fih mehr auf beftimmte Nadel- oder Laubholzarten.
186 Erſtes Bud. Schut gegen Tiere.
A. Unterfamilie Otiorrkynchisi
(ohne Fingflägel..
1 Otiorrhynchus niger Fabr. /Otiorrhynchus ater Hbet.).
Großer jhwarzer Fihtenrüjieltäfer", Abb. 79).
Kennzeichen: 8—12 mm fang, von lang-eiförmiger Geftalt, einfarbig ſchwarz, glän-
zend, nur dünn behaart. Flügeldeden ftarf gewölbt, punktiert:geftreift, mit gerungelten Zwi⸗
idhenräumen, beinahe dreimal fo breit als das Halsjhild an der Bajis; dad Ietere ſo lang
als breit und dicht gelörnt. Beine rot, bis auf bie ſchwarzen Füße unb Kuie.
Lebensweile: Flugzeit: Bon Mai bis Ende
September. Die Hauptfortpflanzungszeit jällt aller:
dings ind Frühjahr (Mai). Die $ legen ihre Eier
gern in den frifch geloderten Boden junger Kulturen,
Pflanzenerziehungsſtãtten ufw. Infolge der ungleich⸗
mäßigen Eiablage finden ſich ftet3 Larven verſchie⸗
denften Alters im Boden.
- Generation meift einjährig. Die im Frũhjahre
abgelegten Eier Tiejern unter normalen Berhältnifien
ſchon im Auguft und Eeptember fertige Käfer, die
nad} dem Auskommen frefien und dann in der Boden-
bede überwintern ober, ohne auszukriechen, bis zum
Frühjahre in der Erde liegenbleiben. Andererfeits
überwintern die aus den fpät (im Auguft und Sep⸗
tember) abgelegten Eiern auögefommenen Larven nicht
felten wohl aud) zweimal, wenn ungünftige Umſtände
(Nahrungsmangel) ihrer Enttvidelung hemmend im
66. 79. Otiorrhynchus niger Fabr, Wege ftehen.
“a (nah Hentaeh, Lebensdauer der Käfer mindeftens zweijährig;
aud im zweiten Jahre find fie fortpflanzungsfähig.
Forſtliches Verhalten: Der namentlich in Gebirgswaldungen fehr häufige
Käfer ſchadet als Larve und Imago. Er befällt vorzugsweife bie Fichte, kommt aber
aud auf Weymonthäfiefer, Touglafie und Lärche, ja fogar an Laubhölzern vor.
Die Käfer benagen nachts (vorwiegend im Mai und Juni) die Rinde drei⸗ bis
fechsjähriger Pflanzen plagweife, zunächſt dicht über dem Wurzelfnoten, fpäter auch
höher Hinauf am Stamm und an den jungen Zrieben. Mit Vorliebe werben
die dicht benadelten oder gedrängt ftehenden Pflanzen angenommen. Ferner wird
ber Käfer (befonder8 an Fichte) durch Befreſſen der Nadeln und Knofpen ſchädlich.
In vereinzelten Fällen ift er auch durch Zerfreffen von Blättern und Benagen der
Rinde in der Kronenpartie junger Laubhölzer unangenehm bemerkbar geworben.
Forſtlich bedeutungsvoller ift der Larvenfchaden. Die Larven frefien an den
zarten Wurzeln jüngerer (1—3jähriger) Pflanzen, ähnlich wie Engerlinge. Schwache
Seitenwurzeln beißen fie unmittelbar oder nahe an der Hauptwurzel ab. Haupt⸗
und ftärfere Seitenwurzeln werden von der Spige bis zum Wurzelknoten — alio
von unten nad) oben — fo fäuberlich benagt, daß es ausfieht, als wäre die Rinde
1) Beling: Thar. Ihrb. 1887, 86. — Heinz: Allg. F. u. J.Btg. 1890, 72; 1891,
150. — Eimer, 3.: Daſ. 1890, 394.
Käfer: Otiorrhynchini. 187
mit einem Meſſer abgeichabt worden. Der Barvenfraß ift in der zweiten Hälfte des
Juli am ftärkiten. Je nach dem Grade der Schädigung bzw. nach der Bahl der frefien-
ben Larven verraten fich die befallenen Pflanzen fchon nach kurzer Zeit durch Schlaff-
werden, gelbe, jpäter rote Nadeln und gehen, wenn es fih um junge Pflanzen hans
beit, leicht ein. Ältere Pflanzen, deren Wurzeln nur zum Teil benagt werben, fter-
ben erft im zweiten oder dritten Sommer ab.
Lieblingsplätze des Inſekts find Kulturen auf grasfreien, frifch geloderten Böden;
daher find Saat: und Pflanzlämpe am meiften gefährdet.
Über das fchädliche Auftreten dieſes Rüſſelkäfers als Fichtenkulturverderber in Ge⸗
birgsforften liegen viele Berichte vor. Größere Beihädigungen dur ihn wurden z. B.
fonftatiert im preußifchen Harz (1847 und 1848)'), in Thüringen (1850)?), im Rieſenge⸗
birge (1853) ®), Erzgebirge (1861 % und 1865/67) °), Fichtelgebirge (1888 und 1889)°) uſw.
Sm Harz trat er in den 80er Jahren faft in allen Fichtenrevieren als jährliche Plage auf,
insbefondere im Braunjhmweigiichen.”) 1889 fraß bie Larve im fächfischen Revier Eibenftod
und 1892 im Revier Schmiedeberg (Nitſche). In einem Pflanzgarten des Yondsforftes
Ilovea wurden 1911 von 200000 Fichtenpflanzen 150000 totgefreffen (fterr. 3. u. J.⸗
Big. 1912, 20). Als Laubholzſchädling zeigte fich der Käfer im braunjchweigifchen Harz-
reviere Hohegeiß.“) Er beichädigte Hier Alleebäume (Berg: und Spibahorn, Ebereſche,
Eiche, Hornbaum und Erle), die einige Jahre zuvor als 8 m hohe Heifter gepflanzt worden
waren, durch Zerfrefien fämtlicher Blätter und Benagen der Rinde in der Krone. Um emp:
findlicäften gegen dieje Beſchädigungen verhielten fich hier Ebereiche und die Ahorne.
Belämpfung. 1. Vermeidung intenfiver Bodenloderung; Wahl von
Pflanzmethoden mit geringer Bodenverwundung.
2. Siolierung der Saat: und Pflanzfämpe durch Fanggräben oder Leim-
ftangen |. ©. 159, 160.
3. Sammeln und Bernichten der Larven durch möglichit frühzeitiges Aus-
heben der befrejienen Pflanzen mit den Ballen und Ablefen der Schädlinge, auch
der Puppen und Käfer, die fich Hierbei vorfinden. Beim bloßen Heraugziehen der
Pflanzen würden die Larven faft jtet3 im Boden zurüdbleiben.
4. Vernichten der Larven durch Kalidüngung.
Im braunfchweigiichen Harze°) hat fi Düngung der Kämpe mit Kainit al3 wirt:
james Mittel gegen die Otiorrhynchus-Larven erwieſen. &3 ließ fi) aber nicht feftftellen,
ob die Larven durch die giftigen Beltandteile des Kainits (Chformagnefium) getötet werden
oder ob die Käfer die mit Kainit gebüngten Beete bei der Eiablage überhaupt meiden.
5. Sammeln der Käfer durch Ablejen oder Abllopfen von den Pflan-
zen. Es empfiehlt fi, auf Unterlagen (Fangtücher, Fangſchirme) zu fammeln oder
Töpfe, Pfannen u. dgl. Sammelapparate unterzuhalten. Alle Otiorrhynchinen laffen
ſich, wie viele andere Rüffelkäfer, bei Annäherung des Sammlers an die Sraßpflanze
oder bei geringer Erfchütterung derjelben zu Boden fallen und find dann kaum zu finden.
Forftwart Eimer fammelte im bayrischen Forſtamte Bodenmais durch vorfichtiges
Abklopfen der auf den Pflanzen figenden Käfer in eine untergehaltene, etwa 80 cm hoch
mit Waſſer gefüllte Pfanne, mit 15 jugendlichen Arbeitern an drei Tagen in einer einzigen
Abteilung 88000 Käfer; Koften 65 Mt.
6. Sammeln der Käfer mit Hilfe von Anlodungsmitteln.
1) Gumtau: Bhdlgn. d. Harzer Forft-Bereind 1849—1852, 17. — 2) von Ernit:
Bhdlan. d. Schlefiihen Forſt-Vereins 1851, 293. — 3) Haaß: Daf. 1853, 23. — 4) Schaal:
Alg. %. u. J.-Ztg. 1862, 320. — 5) Kühn, ©.: Thar. Ihrb. 1869, 49. — 6) Heinz
a. a. D. —.7T) Bholgn. d. Harzer Forſt-Vereins 1887, 5. — 8) Schreiber: Ztſchr, f. F.
u. Iw. 1893, 157. — 9) Grundner: Allg. F. u. 3.-3tg. 1897, 221.
188 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Bu diefem Zwecke find Yangmoofe, Plaggen der Bodendede oder Fangrinden zwiſchen
bie Pflanzreihen auszulegen und täglih abzufammeln. Borzügliches Mittel, insbefondere
da, wo andere Berftede für den Käfer fehlen. In Niederbayern bat ſich das Auslegen von
Wurzelbüſcheln von Knöterihgewächfen, namentlich von Rumex sanguineus, bewährt.
Die Yangmoofe find Moosdeden in Nechtedöform von etwa 0,1—0,2 qm Größe. Am
ergiebigften ift das Abſuchen der Moofe an Fühlen, regneriihen Tagen, ſowie bei bedecktem
Himmel,
Sn dem von Schönbergfchen Revier Neuhaufen wurden 1867 in einer etwa 16,6 ha
großen, dur Saat entftandenen Fichtenfultur von Mitte Juni bis Ende Auguſt gegen
einen Akkordlohn von 1—2 Pf. für 60 Stüd etwa 1'/, Millionen Käfer unter Fangmooſen
gefammelt.
Fangrinden haben fich nicht in allen Fällen ald gleich wirkſam erwiefen, erzielten aber
hin und wieder (Revier Hohegeiß) auch gute Erfolge.
2. Otiorrhynchus ovatus L.
Kleiner ſchwarzer Sihtenrüffelfäfer.')
Kennzeichen: 5 mm lang, von furzeiförmiger Seftalt, ſchwarz, mit einem feinen,
grauen Haarfilz am ganzen Körper. Flügeldeden pinktiert-geftreift, mit gerunzelten Zwi⸗
ſchenräumen. Halsihild grob gelörnt. Fühler und Beine rotbraun.
Lebensweiſe ufw.: Wie bei dem vorigen. Das Benagen der Rinde erfolgt
bei einjährigen Fichten in der Regel ringförmig (auf 1—5 mm Breite), meijtens
unmittelbar über dem Wurzellnoten, felten einfeitig und bis zu 6—8 cm Höhe über
dem Boden. Der Käfer wird daher den Saatkämpen und jungen Saaten gefähr-
lich. Vom 3—4 jährigen Alter ab jcheinen aber die Wichten nicht mehr zu leiden.
Der Käfer iſt im Gebirge häufiger als in der Ebene.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
3. Weitere OtiorrhynchussXrten.
Als gelegentliche Schädlinge find auf Kulturen und Pflanzenerziehungsitätten nod
folgende Otiorrhynchus-Arten angetroffen worden: O. planatus Hbst. — sensitivus Scop.’),
singularis L., multipunctatus Fabr., perdix Ol., septentrionis Hbst., irritans Hbst. u. a.
Teils ift nur Käferfchaden, teild auch Larvenfraß bei ihnen beobachtet worden.
Betämpfung: Wo ihr Auftreten die ihm im allgemeinen zulommende Harmlofigfeit
verliert, läßt fich ihnen nur mit bem bei O. niger angegebenen Maßnahmen entgegentreten.
4. Brachyderes incanus L.
Kennzeichen: 8—11 mm lang, pechbraun, mehr oder weniger dicht mit grauen und
braunen Schuppen beſetzt. lügelbeden faft mehr al3 doppelt jo lang, wie zuſammen breit,
fein punktiert-geſtreift. Halsfchild dicht punktiert. Fühler roftbraun. Schenkel ohne Yahn.
Lebensweife ufw. Der Käfer ift ein Charaftertier der norddeutichen fie
fernreviere und frißt in älteren Kulturen und Didungen. Die Nadeln der 6—12-
jährigen Kiefern werden in charakteriftiicher Weife angenommen. Der Fraß beginnt
(nad Edftein)) an der Spitze der Nadeln von der Kante her, die in jcharfen Bo-
gen fägeartig außgefreflen wird. Da fich an jedem Bogen ein Harztröpichen anjekt,
ſehen die Nadeln bei ftärferem Fraß wie mit Kalk beiprigt aus.
1) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1885, 587. — 2) Fuchs, Gilbert: Forftl.:naturw.
Ztſchr. 1897, 881. — Derf.: Naturw. Btichr f. F. u. Lw. 1912, 48. — 3) Die Kiefer (Pi-
nus silvestris L.) und ihre tierijchen Schädlinge. 1. Bd., Berlin 1893, 13.
Käfer: Otiorrhynchini. 189
Die Larven werden durch Abfreſſen der feineren und Entrinden ber ftärferen
Wurzeln im Mai und Juni ſchädlich. An jungen Pflanzen fcheint zunächſt die dik⸗
fere Rinde der Pfahlwurzel einige Zentimeter unter dem Wurzelfnoten benagt zu
werden. Die Rinde wird nah Zacobi!) in Heinen erbfengroßen, etwas geitredten
Plätzen glatt abgenagt. Später fchmelzen dieſe Pläbe zu langen Streifen zufammen,
bis die Wurzel fchließlich auf Singerlänge faft völlig geringelt wird. Erft dann jcheint
fi) die Zarve den dünnrindigeren Seitenwurzeln zuzuwenden, die fie auf längere
Streden glatt entrindet. Junge, dem Zarvenfraß verfallene Pflanzen find infolge des
partiellen Ringelng der Pfahlwurzel wohl immer verloren. Wenn tatfächlic) der Lar⸗
venjchaden aber weniger befannt ift al der Käferfraß, jo liegt das vermutlich daran,
daß die Larve hauptſächlich an älteren Kiefern frißt, die das Entrinden einzelner
Wurzelteile aushalten.
Berpuppung in der Nähe der Yraßpflanze in einer ovalen Höhlung, deren
Wände aus durch Speichel verkitteten Sand gebildet werben.
Auskommen ber Käfer in ber zweiten Hälfte des Juli nad) etwa 3 wöchiger
Puppenrube. Generation einjährig.
Sn den Jahren 1850 und 1851 trat der Käfer im Revier Gohriſch (Sachen) an 8 bis
12 jährigen Kiefern, namentlich auf den trodenen Bodenftellen, auf.”) Der Larpenfraß wurde
1879 von J. Czech’), 1904 von Reint) Tonftatiert,
Belämpfung: Sanggräben, Sammeln durch Abllopfen ufm. wie bei 1.
5. Cneorhinus plagiatus Schaller (Cneorhinus geminatus Fabr.).
Kennzeichen: 5—6 mm lang, von gebrungener Geftalt, bräunlich, unten und an
den Seiten weißlich beichuppt. Flügeldecken ſtark gewölbt, fajt Tugelig, mit feinen, ſchwach
punltierten Streifen und auf deu breiten Zwiſchenräumen mit zerftreuten, furzen, weißen
Börftchen bejegt. |
Lebensweise ufw.: Hauptflugzeit Ende April, Mai. Die Käfer befreflen
vom Mai ab bis Ende Juni Knoſpen, Nadeln und Rinde der Maitriebe an jun
gen (befonders ein: und zweijährigen) Kiefern und anderen Holzarten in den fühleren
Tagesftunden; während der Tageshige vergraben fie fich oberflächlich in den Sand.
Nach Beobachtungen im Dünengebiet der Oberförfterei Grünhaus (bei Treptom a. d.
Nega) werden die Seeliefern vorgezogen, zumal einzeln jtehende Pflanzen auf trode-
nem Sandboden. Ältere als 7 jährige Pflanzen greijt der Käfer überhaupt nicht Leicht
an. Infolge der Verlebungen zeigen die Pflanzen nicht felten Rofettenbildung. Der
Käfer ift auch in Eichenheifterpflanzungen als Schädling aufgetreten und hat (auf
Seidewitzer Revier) im Jahre 1896 zahlreiche 4—5jährige Lärchen Durch Abfrefien
der ausfchlagenden KRurztriebe jo ſtark beichädigt, daß von 1204 überhaupt befalle-
nen Pflanzen 381 eingingen und 222 im Herbit als halbdürr bezeichnet merden
mußten.?)
Der Käfer wird, wie die nachitehend noch zu nennenden Rurzrüßler, nur durch
Käferfraß gelegentlich unangenehm. Die im Boden lebenden Larven find in forft-
licher Hinficht gleichgültig.
Bekämpfung: Wie bei 1.
1) Jacobi, 4.: Naturw. BZtichr. f. 2. u. Fw. 1904, 358. — 2) Stein, %.: Thar.
Ihrb. 1852, 244. — 3) Bbl. f. d. gej. Fw. 1880, 122. — 4) Bgl. Jacobi a. a. O. —
5) Nitiche, H.: Thar. Ihrb. 1896, 229.
190 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
In der oben genannten Oberförfterei Grünhaus wurden in einem Dünenftrich von
einer Meile Länge und einer Viertelmeile Breite (alſo auf beiläufig 1000 ha Fläche) von
1866—70 644000 Stüd gejammelt, wovon 512000 auf das Jahr 1870 fommen. An einer
Pflanze ſaßen mitunter 5—30 Käfer, im höchften Falle 74. — Im Gemeindeforft Döver:
den (Oberförfterei Nienburg in Hannover) wurden 1865—68 etma 70000 einjährige Kie-
fern durch diefen Näfer größtenteild vernichtet.')
6. Strophosomus coryli L.?)
Kennzeichen: —5 mm lang, von ſtark gewölbter, faft Fugeliger Geftalt und braun
grauer Farbe, die durch fledigen Schuppenbejag erzeugt wird. Flügeldecken mit einem jehr
deutlichen ſchwarzen Nahıftricdh, welcher unbeichuppt ift- Halsichilb mit feiner Mittelrinne.
Fühler und Beine roftrot. _
Lebensweiſe ufw.: Hauptflugzeit im Frühjahr. Die Ablage der Eier
erfolgt im Boden.
Die in forftlicher Hinficht gleihgältigen Larven?) leben unter der Moosdecke,
vorzugsweiſe an dürren Stellen, von Gras⸗ und Rraufwurgeln. Berpuppung Ende
Auli, Anfang Auguſt.
Auskommen im Auguſt, September. Die Käfer überwintern in der Boden⸗
decke. Sie befreſſen ſchon im Herbſt und dann wieder vom Frühjahr ab Knoſpen,
Nadeln (am Rande) und Rinde junger Fichten, auch Kiefern, Tannen, Eichen,
Buchen, Birken, Haſeln. Die Rinde wird platzweiſe benagt Am liebſten find ihnen
2—3 jährige Pflanzen, an denen fie häufig gemeinschaftlich mit dem großen braunen
Rüffelläfer auftreten. Während diefer die älteren Pflanzenteile benagt, frißt Stro-
phosomus coryli nur an ben jüngeren. Im hannoverfchen Gemeindewalde Ser:
jtedt*) befielen die Käfer 1897 einen 12—15jährigen Fichtenbeitand und ſchädigten
namentlich) durch Ausfreffen der ſich eben öffnenden Knofpen. Geſchloſſene Knoſpen
blieben verfchont, während die neuen Nadeln bis zur Knoſpenſpitze abgenagt wurden.
Schädlich aufgetreten ift der Käfer u. a. in der Kommunaloberförfterei Hermeskeil
‚(Rheinprovinz)®), im Cunnersborfer Revier (Sächſiſche Schweiz)“), im Einfiedler Forft
(Sadjen) ”), im Revier Allrode (Braunfchweig)®) und im Revier Witenhaufen (Kaffel) ?)
Hier fraß der Käfer gemeinichaftlich mit. Otiorrhynchus septentrionis Hbst. (diefer mar
der Hauptſchädling) und O. singularis L. (picipes Fabr.) auf einer mit zweijährigen Fich⸗
tenbüfchelpflanzen beftodten Brandflähe aus dem borangegangenen Jahre. Anſtatt Plätze⸗
fraßes zeigte ſich hier an den befallenen Pflanzen eine meiſtens 4 cm über dem Wurzel⸗
ſtöckchen beginnende glatte Entrindung auf 2—4 cm länge, wohl eine Folge der gemein-
ſchaftlichen Arbeit.
Befämpfung: Wie bei 1.
7. Strophosomus obesus Marsh.
Kennzeichen: 4—5 mm lang, dem vorigen jehr ähnlich; nur fehlt ihm die ſchwarze
Ylügeldedennaht und bie rötliche Färbung der Beine. Auch find die Flügeldeden durchaus
dicht grau beichuppt und in den Zwiſchenräumen der Punktſtreifen mit kurzen, aufrechten
därden beſeht. Halsſchild ohne Mittelrinne.
1) Altum: Ztſchr. f. F. u. Im. 1873, 32. — Burckhardt: Daſ. 1873, 250.
2) Dieſe Bezeichnung hängt damit zuſammen, daß dieſer (polyphage) Käfer auch auf
Hajeln vorlommt.
3) Eine genaue Beichreibung der Larve und Puppe liefert Beling: Thar. Ihrb.
1883, 97.
4) Altum: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1898, 3. — 5) Aßmann: Forſtl. Bl. RN. F. 1876,
269. — 6) Ranfft: daſ. 1876, 61. — 7) Bradmann: Thar. Ihrb. 1879, 72. — 8) ur
tum: Ztſchr. f. %. u. Im. 1885, 587. — 9) Derf.: Daf. 1894, 2738.
Käfer: Otiorrhynchini. 191
Lebensweiſe ufw.: Wie bei Dem vorigen; jeboch wird vorwiegend die Kiefer
befallen, und zwar als Jährling.
Der Käfer erfcheint Ende April und befrißt zunächft die Nadeln, fpäter aber
die Rinde und Knoſpen. And an den weichen Gipfeltrieben der Fichte und Tanne!)
bat man den Käfer angetroffen. Edftein?) fand ihn ferner ald Berftörer der Na⸗
deln auf 3—10jährigen Schwarztiefern, vereinzelt auf Weymouthskiefern und end-
lich auf Douglafien. Zuweilen ift er auch an Laubhölzern (Eiche) durch Un- und |
Ausfreſſen der Knofpen und Rindenbenagen jchädlich geworden.
Diefer Käfer ift u. a. bei Fürſtenwalde (1875)°) und namentlich in einigen Revieren
Mecklenburgs an einjährigen (aber auch älteren jchledtwüchfigen) Kiefern in großer Menge
aufgetreten.) In der Inſpektion Caliß zeritörte er 1880 eine einjährige Kiefernpflanzung
von ca. 6 ha Größe total.
Im Suni 1895 trat St. obesus in den Eichenfchonungen und Heifterpflanzungen des
Reviers Biſchofswald (Reg.:Bez. Magdeburg), im Revier Ebstorf (Reg.⸗Bez. Lüneburg) und
auch in Ehorin (Meg.:Bez. Potsdam) in großer Menge auf. In Ebstorf, wo fi aud
St. coryli mit am Fraße beteiligte, wurde u. a. eine etwa 10 ha große Eichenkultur, teils
Saat, teil Pflanzung, von den Käfern faft vernichtet. Dan fand an einzelnen Pflanzen
15—20 Käfer frefiend. GSelbft an älteren Stämmen maren die äußerſten Zweige infolge
bed Knoſpenfraßes faft ganz kahl.
Ferner traten beide Strophosomus-Arten ebenfalld 1895 in der Inſpektion Saar:
brüden nicht nur in Eichelftreifenfaaten, jondern auch auf jungen Buchen auf, die fie ent-
rindeten. Faſt der fünfte Zeil der annähernd 1000 ha großen Kulturfläche wurde durch
diefen Fraß vernichtet.
Belämpfung: Wie bei 1. — Heifter laſſen fich durch Anlegen fchmaler, 4 mn
dider Leimringe, die man tief am Wurzelftode anbringt, vor den beiden Stropho-
somus-Arten und anderen flugunfähigen Kurzrüßlern ſchützen Gras: und Unfraut:
wuchs, der zum Überbrüden des Leimbandes Gelegenheit bietet, bedingt höheres An⸗
legen der Leimringe. Um den Heiftern nicht zu Ichaden, empfiehlt es fich, den Leim
nicht direkt auf die Rinde, fondern auf Papier- oder Leinwandftreifen aufzutragen
und dieje anzubinden. Selbitverjtändlich find die betreffenden Pflanzen vor dem An-
legen der Leimringe zu fchütteln, damit die etwa auf ihnen figenden Käfer zu Bo:
den fallen.
8. Strophosomus lateralis Payk. (Strophosomus limbatus Fabr.).
Kennzeihen: 4—5 mım lang, ſchwarz, etwas glänzend. Oberjeite jparjam (Unter:
feite dichter) mit filber- oder fupferglänzenden Schüppchen bededt. Kopf grob punttiert.
Flügeldeden tief punttiert-geftreift, mit zwei Linien, an der Wurzel mit ſcharfem, erhabe-
nem Rande. . '
Lebendweife ujw.: Der Käfer befrißt die Nadeln junger Kiefern, mobei jedoch
kurze Stümpfchen ftehen bleiben. Im allgemeinen ift er nicht häufig.
Im Auguſt 1858 beichädigte diejer Rüßler eine etwa 52 ha große einjährige Kiefern-
ftreifeniaat durch Abfreffen der Nadeln von oben nad) unten in der Forſtinſpektion Efchede
(Hannover) ?) in empfindlicher Weile.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
9. Scythropus mustela Hbst.®)
Kennzeichen: 6—9 mm lang, braun, ober: und unterfeit3 haarförmig beichuppt.
Halsſchild beiderſeits filbergrau, Flügeldeden fledig, Beine rot.
1) Beling: Thar. Ihrb. 1888, 98. — 2) Ziſchr. f. F. u. Iw. 1890, 80. — 3) Al—
tum: Daf. 1875, 868. — 4) Bafchen, %.: Daf. 1886, 3889. — Temwerth: Daf. 1889, 684.
— 5) Allg. F. u. J.-8tg. 1858, 452. — 6) Baer, ®.: Thar. Ihrb. 1908, 226.
192 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Lebensweiſe: Wie beim vorhergehenden befrißt der Käfer die jüngften Nadeln ber
Kiefern. Der Fraß findet von der Kante her ftatt, binterläßt fladhbogenförmige Ausichnitte
und gleicht dem von Brachyderes incanus auferordentlih. Wie Dort belommen die an
gefreſſenen Nadeln durch die erhärtenden Harztröpfchen einen mweißlichen Schein.
Der foıftlich ziemlich gleichgültige Käfer ift biologiſch dadurch intereſſant, daß er feine
Eier nicht, wie alle anderen Kurzrüßler, in den Boden, jondern zu 10-50 zwiſchen je zwei
miteinander verllebte Nadelpaare legt. Die auslommenden Larven laſſen ſich fogleih zu
Boden fallen und ernähren fich hier verinutlich von Pflanzenmwurzeln.
10. Barypeithes (Omias) araneiformis Schrk. (Omias brunnipes Oliv.).?)
Kennzeichen: Käfer 3—4 mm lang, von länglich⸗eiförmiger Geftalt, im Habitus
den Otiorrhynchus-Xrten ähnlich, ſchwärzlich big gelblich, ev. rötlich-braum, glänzend. Witi«
jel kurz, flach gedrüdt, mit deutlicher Längsfurche. Flügeldeden mit abgerundeten Schul⸗
tern und punktierten Längsftreifen. Fühler und Beine hellbraun.
Lebensweiſe ufw.: Der Käfer fliegt im Juni und legt feine Eier unterirdiſch in
unmittelbarer Nähe von Stöden der Weiden uſw. in Niederwaldungen ab.
Die Larven fchlüpfen nad) 2 Wochen aus und fcheinen fich von den feinen Wurzel-
fafern der Stöde zu ernähren. Ende Juli, Unfang Auguft erfolgt das Auskommen der
Käfer, die fi) während des Tages unter Moos, Laub, Steinen uſw. verftedt halten und
auch hier überwintern.
Berhängnisvoll ift nur der während der Nacht ftattfindende Fraß des Käfers, wel-
cher ſich auf die tief (bi3 zu 8 cm Höhe über dem Boden) ftehenden Ausſchlagknoſpen
junger Weidenſtöcke erftredt. Infolgedeſſen jchlagen diefe im Frühjahr nit aus. Am
meiften heimgejucht werden Salix viminalis L. und S. amygdalina L., und zwar auf
den beiten Böden. Auf nafjem, moorigem und torfigem Grunde Tann ſich die Brut nicht
entwideln. Auch an friſch gehauenen Stöden junger Eichen und Edellaftanien fribt
der Käfer die tief fihenden Sinojpen bis auf das Holz aus. Sogar an Kotyledonen der
Eiche und an jungen Trieben von Fichten und Kiefern wurde er in einigen Yällen nagend
angetroffen (Nördlinger). Er zeichnet ſich aljo durch einen Hohen Grad von Polyphagie aus.
Belämpfung: 1. Belaffung mwenigitens einer Rute am Stode, damit diefer — wenn
er ftark befallen wird — nicht ganz abftirbt.
2. Auslegen von Runfel: und Mohrrübenicheiben und Sammeln der bierunter ſich
einftelenden Käfer.
3. Ausgießen von Inſektiziden, um die Larven zu vernichten. Nur auf Heinen Flä-
chen ausführbar.
Als geeignete Röfungen werden empfohlen: Antinonnin (1 kg auf 450 1 Waſſer), Kno⸗
dalin (1 Gewichtsteil auf 25 Gewichtsteile Waller), Benzin, Kupfervitriol, Schwefeltohlen-
ſtoff, Miſchung von 50 Gewichtsteilen brauner Schmierjeife, 100 Gewichtsteilen Fufelöl,
300 Gewichtsteilen Weingeift und 500 Gewichtsteilen Wafler.
B. Unterfamilie Phyllobiini.
(Mit Flugflügeln).
11. Metallites mollis Germ. und M. atomarius Oliv.?)
Kennzeichen: M. mollis: 6—7 mm lang, von ſchlankem Bau, ſchwarzbraun, fein
behaart, oben mit grau:grünen, glänzenden Schuppen bejegt. Flügeldecken weich, fein punt:
tiert-geftreift; die Zwiſchenräume der Streifen faft viermal jo breit als die Punkte. Fühler
und Beine blaß-gelbbraun. Schenkel deutlich gezähnt.
M. atomarius: 4—5 mm lang. Körper weniger fchlanf, ebenfalls fchwarzbraun, grau⸗
grün behaart und beſchuppt. Zwiſchenräume der Streifen auf den Flügeldeden faum mehr
al8 doppelt jo breit wie die Punkte. Fühler und Beine rötlich-gelbbraun. Schenfel un-
deutlich gezähnt.
1) Altum: Ztſchr. F. 3. u. Fw. 1892, 687. — vgl. auch Krahe: Korbweidenkultur.
5. Aufl., Aachen 1897, 202. — 2) Taſchenberg: Forftlalenber f. d Jahr 1875, II. TI. 32.
Käfer: Phyllobiini. 193
Lebensweiſe ufw.: Die Ablage der Eier erfolgt bei beiden, von Ratzeburg
als „grüne Fichtenrüffelfäfer" bezeichneten Käfern vermutlich in der Erde, mofelbft
auch die Larven leben und die Berpuppung!) im Frühjahr (?) erfolgt. Schaden
durch Larvenfraß ift aber unbefannt. Uuslommen im Mai und Zum.
Beide Käfer befreien die Nadeln und benagen die jungen Triebe in älteren
Sichtenkulturen und Stangenhölzern (bis zu etwa 2Ojährigem Alter). Die nahe
der Bafi3 angenagten jungen Triebe knicken um, bräunen fich und fterben ab. Stel-
lenweiſe ift beobachtet worden, daß die jungen Triebe bis auf dad Mark benagt
wurden. In den Waldungen bei Adenau?) fraß M. atomarius fogar dag Mark der
Triebe an 6— jährigen Fichten aus. Beim Nadelfraß werben die Nadeln grobs
buchtig ausgezadt, und zwar im allgemeinen big zur Mittelrippe. Manche Austers
bungen greifen aber auch über die Mittelrippe hinaus.
Außer Fichte werden Tanne und Kiefer befallen, die Kiefer jedoch nur von
dem in der Ebene allein häufigeren M. atomarius. Er nagt die Nadelicheiden durch
und zerbeißt die noch in den Scheiden befindlichen jungen Nadeln. M. atomarius
pergreift fich unter Umjtänden jogar an jungen Buchen. M. mollis ift ausschließlich
Gebirgsinſekt und befchräntt feine Schädtgungen auf die Fichte.
us Schädlich Hat man diefe Grünrüßler am Harze, in Thüringen (Sigendorfer Res
vier) ?), im Vogtlande (bei Meßbach)“), im jächfiichen Erzgebirge (bei Forchheim) ?) uſw. bes
beobachtet. Im Vogtlande ift nur M. atomarius ſchädlich geworden. Bei Forchheim ers
wiejen fih an M. mollis zwei Mordweſpen (Cerceris variabilis Schrk. und Cerceris
labiata Fabr.) als Räuber nüplih. Die Welpen erfaßten ihre Opfer mit den Füßen, be
täubten fie durch einen Stich und trugen fie ihren Larven zu, oft in fo großer Anzahl,
daß die Larvengänge die Käfer nicht ſämtlich aufnehmen Tonnten.
Belämpfung: Sammeln durd) Abklopfen der Käfer auf Unterlagen oder in
Fangſchirme (am beiten in den Morgenftunden oder an trüben Tagen auszuführen).
12. Polydrusus micans Fabr. und P. cervinus L.
Kennzeichen: P. micans: 7—8 mm lang, ſchwarz, oben dicht mit haarförmigen,
kupfer⸗ oder bronzeglänzenden Schüppchen beſetzt, an der Bruft weißlich beichuppt. Halsſchild
breiter al3 lang und etwa halb jo breit wie die Flügeldecken. Letztere nad) Hinten baudhig
erweitert, tief pimktiert:geftreift, fein behaart. Fühler und Beine bräunlichrot. Nur die
Hinterſchenkel ſchwach gezähnt.
P. cervinus: 4—6 mm lang, ſchwarzbraun bis ſchwarz, mit grünen, grauen ober
fupferglängenden Schuppen bejegt. Flügeldeden punttiert-geftreift, mit faft nadten Flecken
auf den Bwifchenräumen, daher von jchedigem Ausjehen. Fühler und Beine rötlichbraun.
Schenkel deutlich gezägnt.
Lebensweiſe: Die Käfer find Laubholzihädlinge, ohne an die eine ober andere
Zaubholzart gebunden zu fein. Angenommen werden die jungen Blätter, unter Umftänden
auch ſchon die Knoſpen, von Eiche, Buche, Hafel, Birke ufw. P. micans ift au an Weys
moutböfiefer, cervinus an Lärche beobachtet worden. Beachtenswerte Schädigungen find nicht
belannt.
13. Phyllobius: Arten.
Die zahlreichen Arten der Gattung Phyllobius umfaſſen lang geftredte Käfer, die ziems
lich weich und meift mit grünen, blaugrünen oder gelbbraunen bis broncefarbigen, vielfach
1) Beling: Thar. Ihrb. 1888, 96. — 2) Ztſchr. f. %. u. Im. 1898, 6. — 3) Pros
tofoll üb. d. 6. Verf. d. Forftm. aus Thüringen 1856, 42. — Ratzeburg: Krit. Bl. 1859,
42. Bd., I, 48. — 4) Allg. F. u. J.-Ztg. 1895, 414. — 5) Kunze: Thar. Xhrb. 1870, 240.
Heß, Forſtſchußz. IL 4 Aufl. 13
194 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
metalliich glänzenden Schuppen bededt find. Halsſchild fo breit wie lang, nad) vorn etwas
verengt; Beine und Fühler lang und dünn.
Als Schädlinge von Laubhölzern, deren Blätter und Knoſpen fie benagen, find feft:
geitellt: Ph. oblongus L. (auf allen Laubhölzern, namentlich auch auf Obftbäumen), Ph.
urgentatuß (Eiche, Buche, Birke), Ph. psittacinus Germ. (Ebereiche, Hajel, Ahorn),
Ph viridicollis Fabr. (junge Buchen, Eichen, Alpe, Sahlweide, Kiefer, Fichte), Ph.
Piri L. = vespertinus Fabr. (Birfe, Eiche), Ph. urticae de Geer = alneti Fahr.
(Rot: und Weißerle, Buche, Hornbaum), Ph. glaucus Scop. = calcaratus Fabr. (Erle).
Die Fraßweiſe diefer polyphagen Laubholzrüßler ift charalteriftiih. Es darf ange:
nommen werden, daß das von Edftein!) für Ph. urticae de Geer und von Nitſche)
für Ph, psittecinus Germ. beſchriebene übereinftimmende Schadenbild auch den übrigen
Phyllobius-Nrten eigentümlih if. Der Fraß geht ftet3 vom Blattrande aus und führt
zunähft zu jeichten Einbuchtungen, die ſich bald zu Langgeftredten, ziemlich gleichbreit blei⸗
benden, geſchwungenen, am Ende öfters gegabelten oder etwas erweiterten Spalten verlän⸗
gern. An der Mittelrippe hört der Fraß ftetd auf; auch die Nebenrippen bleiben verfchont.
Eigentlicher Löcherfraß, wie ihn Blattkäfer und Raupen oft erzeugen, findet nicht ftatt. Bei
ftärferem Befall durch Phyllobius-Arten befommen die Kronen der befreflenen Stämmchen
dadurch, daß die Blattjubftanz bis auf die Haupt: und Nebenrippen zerſtört wird, ein äußerft
merkwürdiges, feinzerichliffenes Ausfehen.
14, Sitones» Arten.
Als gelegentliche, auf Iandwirtichaftlidem Gebiete aber beachtenswertere Schädlinge
al3 auf forftlichem, find unter den flugfähigen Kurzrüßlern noch Sitones lineatus L.
und S. Regensteinensis Hbst. ;u nennen.
Im Walde begegnet man am ebeften dem verftedt am Boden lebenden, behenden,
durch mweißliche Längzftreifung der Flügeldeden und des Halsichildes gelennzeichneten S. li-
neatus. Entiprechend der Vorliebe jämtlicher Sitones-Arten für Schmetterlingsblütler be
nagt diejer Käfer die Kotyledonen und erften Blätter der Robinie vom Rande aus bogen»
förmig. In Ermangelung feiner bevorzugten Fraßpflanzen befrißt er aber auch die legt:
jährigen Radeln junger Fichten und Kiefern und kann dann dadurch, wie Beling*) berichtet,
zum Kränkeln von Kulturen Beranlafjung geben. Rindenbeihädigungen find nicht beobachtet
worden.
Die Belämpfung der unter 12—14 genannten Kurzrüßler fann nur durch
Sammeln der Käfer gejchehen. Sie ift mühſam und erübrigt fih um jo mehr, als
der Schaden im allgemeinen gering tft und nur ausnahmsweiſe auf begrenztem Ge
biete merflich hervortritt.
Rhynchaenides, Laugrüßler.
Nüffel lang und rund; die mit weniger langem Schaft verfehenen Fühler find über
wiegend nahe ber Mitte des Rüſſels eingelentt. Ylugflügel ftet3 vorhanden. Die Larven
leben vielfady im Inneren der Nährpflanzen und werden Durch Zerftörung der faftleitenden
Rindenſchichten von Nadel: und Laubhölzern oder durch Berftörung der Blätter, Knofpen
und Früchte von Yaubhölzern bisweilen in wirtichaftlich fehr beachtenswertem Maße jchäd-
Hd. Der Käferfchaden tritt nur bei der Gattung Hylobius in den Vordergrund. Bolys
phagie nicht jo ausgeprägt wie bei den Kurzrüßlern.
A. Unterfamilie Hylobiini.
Die Hierher gehörigen Gattungen Cleonus und Hylobius bilden den Übergang von
den Kurz⸗ zu den Langrüßlern. Un dem langen, drehrunden Rüffel find die Fühler
1) Btiche. f. 5. u. Im. 1888, 627. — 2) Thar. Ihrb. 1896, 225. — 3) Daf. 1888, 98%
Käfer: Hylobius abietis. 195
nicht mitten:, fonbern, wie bei den Rurzrüßlern, fpigenftändig. Die Larven von Cleo-
nus leben außerdem, wie die der Kurzrüßler, frei im Boden. Wirtſchaftliche Bes
deutung fommt nur ber Gattung Hylobius zu.
15. Gattung Cleonus.')
Der hin und wieder mit dem großen braunen Rüffelläfer vergefellichaftete Cleonus
turbatus Fahrs. = Cl. glaucus Gyll., der große, weiße Rüffelfäfer, muß als forſtlich
inbifferent bezeichnet werben, da weder Larvenſchaden befannt, noch die der Imago nad;
gefagten Nageſchäden an ben Nadeln junger Kiefern und Weymouthskiefern, von Zwinger:
beobachtungen abgefehen, ſicher beftätigt worben find.
16. Gattung Hylobius.
Die beiden forftwirtfchaftlich hervorragend wichtigen Arten, der große und
der Heine braune Rüſſelkäfer, Hylobius abietis L. und H. pinastri Gyll,
find biologiſch und forftlich volftändig gleichwertig. Ein Bruchteil des Rüffelfäfer-
beftandes eines Revier, gemeinhin nicht mehr als 8 bis
10%, wird von H. pinastri gebildet. Infolge feines
mit H. abietis übereinftimmenben Lebensbildes bedarf
es feiner Sonderbarftellung. Beide Arten können zuſam⸗
mengefaßt werben.
Kennzeihen: Hylobius abietis L. Großer
brauner Rüffelfäfer: Käfer (Mbb. 80) 8—14 mm lang
und 4—6 mm breit. Von kräftigem Bau, dunfelbraun, glanz-
108, auf ben Flügeldeden mit 2—8 gelben, untegelmäßigen
Duerbinden, die durch das Bufammentreten von Haarſchüpp⸗
hen eniftehen, ſowie mit einigen ähnlichen Mafeln nach ber
Slügelbedenipige zu. Kopf mit ftarfem, mäßig langem, etwas
gefrümmtem Nüffel. Flügeldeden dreimal länger als die Ba-
ſis des Halsſchildes, Tettenartig geftreift-punftiert, an der
Schulter etwas höderig erhöht. Die Zwiſchenräume ber Buntt-
reifen auf den Deden parallel, gegen die Baſis derſelben fih nicht verjüngend. Hals:
ſchild bis über die Mitte ziemlich breit, nach vorn ftark verengt, dicht punktiert und längs
gerungelt, mit ſchwach erhabener Leifte über der Mitte und flediger, dichter Behaarung.
Beine pehfarbig; die Schenkel an der Unterjeite gezähnt und in ber Regel bunfler. —
Larve bis 18 mm lang, gelblichweiß, mit großem, braunem Kopf, bauchwärts gefrümmt.
— Buppe weißlich, mit deutlihem Rüffel und zwei Dornen am After.
Hylobius pinastri Gyll. Kleiner brauner Rüſſelkäfer: Käfer 6—9 mm
lang, aljo Meiner als der vorige, ihm aber jonft ſeht ähnlich*), braun, etwas glänzend.
Die bindenartige Behaarung anf den Flügeldeden ift mehr weiß bis blaßgelb; bie vorbere
Binde bogenförmig aufwärts gerichtet, die Hintere gerade querüber und etwas regelmäßiger
als bei Hylobius abietis L. Die Bmiihenräume der Punftftreifen auf den Flügeldeden
gegen deren Bafis nahezu um die Hälfte ſich verjüngend. Halsicild von hinten bis
über die Mitte ſchmäler, nach vorn weniger verengt, ebenfalls dicht punftiert, aber nicht
längs gerungelt. ‘Beine rotbraum bis rötlich; Schenkel von gleicher Farbe und mit
weniger ftarfem Bahn.
Mbb. 80. Hylobius nbietis L., %,.
1) Lang: Forftw. 8bl. 1882, 608. — Edftein: Ztichr. f. F. u. Iw. 1888, 628. —
Altum: daj..1897, 365; 1899, 226.
2) Hinfichtli der Unterſcheidungsmerkmale zwiſchen Hylobius abietis L. und H. pi-
nastri Gyll. vgl. Kellner: Protofoll üb. d. 15. Verf. Thüring. Forftw. 1874, 18. —
Heß: BDL. f. d. gej. Fw 1875, 689; 1876, 172. — Henfchel, ©.: -Daf.1889, 487.
13*
196 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
A. Lebensweiſe.
Die Lebenzweife diefer beiden außerordentlich ſchädlichen Nadelholzinſekten if
namentlich in den 1880er Jahren Gegenftand mehrfacher, zum Teile jehr exakter
Unterfuhungen geweſen. Um gründfichften find die betreffenden Arbeiten des ſäch⸗
fifchen Oberförfter von Oppen, welcher drei Jahre lang wiederholte Beobachtun⸗
gen in künſtlich hergerichteten Brutzwingern angeftellt und die Erkenntnis der bis
dahin in verichiedenen Richtungen ungeflärten Biologie diejes Rüſſelkäfers weſent⸗
{ih gefördert Hat.?)
Flugzeit: Die Hauptſchwärmzeit fällt in da warnıe Frühjahr (Ende April
bis Anfang Juni), Begattung und Fortpflanzung des Käfer aber dehnen fich auf
Die ganze wärmere Kahreszeit (bis September) aus, weshalb man von einer eigent-
lichen Schwärmzeit faum Sprechen kann. Die Begattung findet teils oberirdiſch, teils
in der Bodendede ftatt. Auffallend ift, daß die ?, um fortgefegt befruchtete Eier ab-
legen zu können, nur einer einmaligen Begattung bedürfen. Das männliche Sperma
bleibt lange Beit, nach den Fuchs ſchen Zwingerverſuchen fogar zwei Jahre hindurch,
lebenzfähig in der Anhangsdrüje der Samentafche und vermag die während dieſer
Beit nacheinander reifenden Eier zu befruchten. Ein Zeil der Käfer ftirbt im Herbft
des Fortpflanzungsjahres, der andere Teil übermwintert nicht nur den erften, ſondern
auch den zweiten, in Ausnahmefällen fogar einen dritten Winter.?)
Die Ablage der Eier erfolgt (von Mai bis September) an Stöde, beſonders
aber an Wurzeln der Kiefer und Fichte, und zwar am liebſten an die Wurzeln der
im vorausgegangenen Winter zur Füllung gelangten Stämme. Fehlt friſches Stock⸗
material, fo werden, namentlich auf feuchtem Boden, auch die auf den vorlegten
Winterfchlägen zurüdgelafienen Stöde belegt. Hierbei werden mit befonderer Vor⸗
liebe die unteren Seiten der flachitreichenden Wurzeln, bei tiefergehenden Wurzeln
deren obere aus dem Boden hervorragenden Enden belegt. Das P nagt zur Eiab-
lage Rindenlöcher und legt zumeift mehrere Eier in ihnen ab.
Nah Dolles3?) wurden in der bayrifchen Oberpfalz nicht felten auch Wurzeln
jtehender Fichten und Kiefern belegt, befonders dann, wenn die Wurzeln eine äußere
Verlegung, 3. B. durch Wagenräder, erlitten hatten. 2—3 Wochen nach der Ciab-
lage erfcheinen die Larven. Sie freffen wurzelabwärts geichlängelte, bis meterlange
und mit Bohrmehl angefüllte Gänge, die anfangs nur im Bafte verlaufen, jpäter
1) Zur Literatur im allgemeinen: Eichhoff, W.: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1881, 434;
1882, 333; 1884, 473. — Forſtl. BEN. F. 1882, 821. — Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1884, 417.
— Borggreve, B.: Forſtl Bl. N. F. 1881, 347. — Altum: Ztiſchr. f. F. u. Im. 1879,
107; 1884, 140, 589; 1885, 219; 1887, 299; 1888, 648; 1890, 300. — von Oppen, G.:
daf. 1883, 547; 1885, 81 u. 141; 1887, 3441; 1888, 394. — Biedermann: Daf. 1885,
693. — Hartleben: Daf. 1887, 686. — Fuchs, Gilbert: Naturw. Btichr. f. F. u. Lim.
1912, 50. .
2) Die merkwürdige Tatſache diefer langen, bis über zwei Jahre fich erftredenben
Lebensdauer des Käferd wurde durch die Schönen Unterfuchungen des Oberförfterd von Oppen
feftgeftelt. Fuchs (a. a. O. 52) erhielt bei feinen Zwingerverſuchen manche Müfjelläfer 31
Monate lang am Leben und nimmt an, daß einzelne nod) länger zu leben vermögen.
3) Forſtw. 361. 1890, 411.
Käfer: Hylobius abietis.
aber in den Splint eingreifen (Abb. 81). Bu Bei
des Herbites (Dftober) nagen fi die ausgewachſ
Larven am Ende ihrer Gänge Hafenförmig in den ©}
hineinreichende Wiegen, in welchen jie überwintern
im benen fie ſich nach längerer Larvenruhe verpup
Ausnahmsweife erfolgt die Verpuppung Hin und wi
wohl auch nad) Pissodes-Art in Spanpofftern unter
Rinde. Die aus fpäter abgelegten Eiern jtammenden,
nicht ausgewachſenen Larven überwintern in ben Gän
Die Berpuppung erfolgt im nächiten Jahre,
nah Edftein!) im Juli oder Auguft; die Puppen-
ruhe ift kurz und dauert nur 2—3 Wochen. Analog
der Dauer ber Begattungszeit dehnt fich bie Periode,
innerhalb welcher junge Käfer fertig werden, auf
4—5 Monate aus. Die Zeitdauer, welche von der
Eiablage bis zum fertigen Käfer verftreicht, wird
von ben Temperaturverhältnifien ftark beeinflußt,
umfaßtim großen ganzen aber mehr ald 12 Monate.
Edftein bezeichnet (a. a. D.) die vorftehend ange
führte Schlußfolgerung, daß infolge der lang fich
ziehenden Fortpflanzungsperiode die jungen Käfer
und nad zu entfprechenben Beitpunften ausfommen,
falſch und hält mit Sammereger?) daran feft, daf
Mehrzahlder Käfer zweimal erſcheint, zuerſt zeitig im F
jahr, je nach der Witterung im April oder Mai (übern
terte Käfer!) und dann in ben legten Tagen des?
Hauptiächlich Anfang Auguft (Zungkäfer!). In
nähernder Übereinftinmmung damit befinden fic) die Beob-
achtungen des jächfifhen Forſtmeiſters Grohm ann?) in
Königftein a. d. Elbe. Grohmann ftellte für fein Revier
feft, daß die Entwidelungsbauer des Hylobius vom Ei bis
zur Imago rund 15 Monate beträgt. Unter der An-
nahme, daß die Hauptmaffe der Eier im Mai und Juni
abgelegt wird, fällt das Erfcheinen der Jungfäfer dann
vornehmlich in die Beit von Juli bis Anfang September.
Die ausgelommenen Jungkäfer gehen in bie Kul-
turen und befrefien Hier die Pflanzen. Der Fraß im
Herbſt ift im allgemeinen aber nicht fo ſchlimm, weil die
197
. v
Mob. 81. Zrab der Larve von
Hylobius abietis L. an Fichten-
wurgefn. = flärtere Burgel mit
ad, in den Splint eingreifenden
Larvengängen (berfleinert).
d fchmade Wurzel mit tief einge:
fejnittenen Sarvengängen, außge:
machfenen Sarven und Buppen-
wiegen, die teils Halenförmig in
den Spfint bineinzeiden, teils
oberflächlich Hiegen und bucd)ftarte
Spanpoliter am Ende des Larven-
gangeß abgetrennt find (nat. ®r.,
erg. 6.8).
Käfer nicht fo konzentriert auftreten als im Frühjahr. Bei frühzeitigem Austommen
und reichlichem Brutmaterial fchreiten die Jungkäfer alsbald zur copula, und die $
legen dann auch ſchon im Herbit einen Teil ihrer Eierub. Man findet hiernach faſt den
ganzen Sommer hindurch gleichzeitig Larven und Käfer, welch letztere mehreren (bis
drei) Jahrgängen angehören können. Die jpät ausfommenden Käfer gelangen aber
1) Btichr. |. 5. u. Im. 1905, 218. — 2) D. Forft-Btg. 1907, 947. — 3) Nach brief:
licher Mitteilung und Thar. Ihrb. 1913, 836.
198 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
erft im folgenden Frühjahr zur Fortpflanzung, und auch die Individuen, welche bes
reits im Herbite mit dem Eierlegen begonnen haben, jegen dieſes Geſchäft, und zwar
in ausgebehnterem Maße, im Frühjahr fort. Die Überwinterung der Imagines er-
folgt unter Moos, in jonftiger Bodenftreu, auch im Boden oder in hohlen Stöden,
unter Holzichichten ufw., mit Vorliebe in etwa 10—15jährigen Dickichten und in
Stangenhölzern, aber au in Baunıholzbeftänden, ferner auf Schlägen und in den
Schonungen.
Die Generation ift — je nach Ortlichkeiten und Witterungsverhältniffen
(Wärme) — verichieden lang; in der Hauptfache fcheint fie etwas mehr ala 12 Mo:
nate zu dauern. Im Falle, dab die Käfer im Jahre des Auskommens ſich nicht fort-
pflanzen, fondern erft im nächſten Jahre, wird die Generation zweijährig, voran:
gejebt, daß es fich nicht etwa um Käfer handelt, die bereit im Jahre der Eiablage
ausgekommen find. Dieſe letteren haben eine normale einjährige Generation.
Die Generationdfrage hat den hauptjählichiten Anftoß zu den neueren Unterjuchungen
über die Biologie dieſes Rüffelfäfers gegeben. Rapeburg nahm zuerft einjährige Gene
ration an, änderte aber fpäter feine Anficht dahin, daß er 11/,— jährige unterftellte. Auf
Grund der Autorität Rabeburgs und unter Beachtung des Umftandes, dab während
der ganzen wärmeren Jahreszeit gleichzeitig Larven und Käfer angetroffen wurden, glaubte
die Mehrzahl der Forftwirte die Zjährige Generation ald Regel betrachten zu müfjen. Diele
Anficht wurde duch Eichhoffs Auffaflung, daß die Hylobius- und Pissodes= Arten eine
doppelte Generation bejäßen, ftarf erichüttert. Eichhoff konnte ſich aber in bezug anf feine
Auffafiung, mwenigftens Hinfichtlich Des Hylobius abietis, nicht auf ausgedehntere Unter:
juhungen in einem Nadelholzreviere, fondern nur auf eine vereinzelte Beobachtung berufen.
Daß in einzelnen Fällen, bei günftigen klimatiſchen Berhältniffen uſw.,, der Jungkäfer be-
reit3 im erften Jahre, d. h. im Jahre feines Eizuftandes austommen kann, wird neuerbings
wieder durch Beobadhtungen Nüplins') und Fuchs?) belegt. Gegen die Anficht Eich:
hoffs traten Hauptfählid Borggreve und Altum auf, welche die Aufrechterhaltung der
feitherigen 2jährigen Generation zu begründen judhten, der erftere auf Grund älterer, der
leßtere auf Grund neuerer Unterfuchungen. Nun erft erfolgten v. Oppens Büchtungsver:
ſuche, aus welchen die von v. Lips’) und Zimmer?) zwar jchon veröffentlichten, aber voll-
ftändig unbelannt gebliebenen, jehr wichtigen Momente der langen Lebensdauer und ber
anhaltenden Fortpflanzungsfähigfeit des Käferd erjichtlih wurden. — Altum*) hält für
Eberdwalde und Umgebung (bei Kiefernlahlichlagmwirtihaft mit Baumrodung) die 2jährige
Generation als Negel feft und nimmt folgenden Entwidelungsfreis an: Schmwärmzeit des Kä⸗
fer und Eierablage April, Mai. — Larven vom Juni ab big zum Zuli des folgenden Jahres.
— Berpuppung Witte Juli des zweiten Jahres. — Käfer von Anfang Auguſt ab; Überwinte⸗
rung und Schwärmzeit im dritten Frühjahr. — Auch für einige weſtpreußiſche Reviere (mit
gleichen wirtſchaftlichen Verhältniffen) ift die 2 jährige Generation als Regel nachgewiefen.
Der Käfer ericheint in manchen Jahren in außerordentficher Menge auf den
Holzſchlägen (Geburtsftätten) und Kulturen (Fraßſtätten). Er fliegt richt gern, haupt:
ſächlich nur zur Beit der Begattung, bewegt fid) auch ziemlich träge auf dem Boden
fort und zieht fich bei großer Hite und Kälte gern in Verſtecke (Gras, Schlagab:
raum, Erde ujm.) zurüd.
B. Forſtliches Verhalten.
Das Infekt fchadet nur ala Käfer durch feinen Fraß an jungen Nadelhölzern;
der oben erwähnte Larvenfraß iſt forftlich volljtändig gleichgültig. Um liebſten find
u 1) \ Seitfaden der Forſtinſektenkunde. 2. Aufl, 179. — 2) a. a. O. 52. — 3) Vereind«
ichr. f. F, I. u. Naturfde. 1854, Hft.18, 55; 1858, Hit. 30, 68; 1859, Hft. 31, 8; 1860,
Hit. 87, 48. — 4) Ztiſchr. f. F. u. Im. 1886, 219; 1890, 301.
Käfer: Hylobius abiotis. 199
dem Käfer 3-6 jährige, kränkelnde Kiefern und Fichten, jedoch werben auch jüngere
Pflanzen (fogar einjährige)*) und durchaus Fräftige Seßlinge angegangen. Zumeilen
verfchont er ſelbſt Keimlinge nicht. Diefe bräunen ſich an den benagten Stellen und
tniden um. Außer auf Kiefer und Fichte hat man den Käfer auf Schwarz:, Wey-
mouthstiefer, Arve, Douglafie, Sitfafichte, Tanne, Lärche (gemeine
und japanifce) und fogar Wacholder frefiend gefunden. Selbſt Laub⸗
hölzer werden nicht verſchmäht. Er ift namentlich auf jungen Eichen,
in einzelnen Fällen aber auch auf Weiden, Erlen, Birken, Buche,
Traubenkirfche, Hafel und Rotborn beobachtet worden.) Im Elſaß
(Hagenauer Forft) wurde der Käfer in einem neugerodeten Rampe ſo⸗
gar bei dem Abbeißen von Buchenkeimlingen, dicht unter den Kotyle—
donen, angetroffen (Ney).?)
In fait allen Fällen zeigt ſich aber der Laubholzfraß nur auf
Schlägen, die früher mit Nabelholz beftodt waren und in Laubholz
umgewandelt wurden, oder wo dem Nabelholz einzelne Laubholzarten
beigemifcht find. Auch wenn dem Eichenſchälwalde Kiefern (als Schutz⸗
holz) beigegeben find oder Nabelholzkulturen in der Nähe von Eichen⸗
ſchaälwäldern ſich befinden, tritt Qaubholzfraß ein. Der Fraß findet,
wie an Nabdelhölzern, durch pläßiges Ausfreſſen der Rinde ftatt. Un
Heiftern werden aber nicht die unteren Schaftteile, ſondern die 1- bis
Zjährigen Triebe befrefien.
Fraßzeit: Mai bis September. Der Fraß erftredt fich bei jun-
gen Pflanzen faft ausnahmslos auf die Rinde am ganzen Schäft-
hen, zumal im unteren Teile über dem Wurzelknoten, an ben Äſten
und jogar Tagwürzelchen. Die Rinde wird in plägigen (erbfen- bis
bohnengroßen) Stellen bis auf den Baſt oder Splint ausgefrefien
(Abb. 82). Die befallenen Stellen bekommen ein grindartiges Aus⸗
jehen, weil ihre zerrifjenen Ränder mit Harz überlaufen. Da die
äußere Rindenfchicht ftet3 etwas weiter ausgenagt wirb als. bie
Baftlage, jo kann man den Fraß gleichſam als einen flach-trichter-
fürmigen bezeichnen. Bei ftartem Fraße berühren ſich die Wundſtellen
oft fo, daß geradezu Ringelungen entftehen. Sehr Heine Pflänzchen
werben zuweilen förmlich geſchält. Die befrefienen Pflanzen küm-
mern ſichtlich und gehen bei ftarfem Fraße (insbeſondere bei Ringelr
fraß) ein. Namentlich ftirbt die Fichte oft unmittelbar nach den Un:
griffen ab, weil fie feine Scheidentriebe zu erzeugen vermag twie Die gas.os. Yeah
Kiefer. Auch dieſe unterliegt aber früher ober jpäter, wobei häufig von Hylobius
noch andere, durch den Kümmerungszujtand herbeigelodte Infelten Pr “Site
mitwirken. (mat 8: ‚ori
Un älteren (über 6 jährigen) Pflanzen bzw. Stämmchen benagt
der Käfer nur die 1—5jährigen Triebe, weil ihm die untere Schaftrinde zu hart
und ſtark ift.
1) Heß: 351. f. d. gei. Fw. 1875, 640. — 2) Altum: Btichr f. 3 u. Im. 1880,
608; vgl. auch 1887, 641. — Beling: Thar. Ihrb. 1883, 87. — 3) 14. Berl. d. Elfaße
Lothringiſchen Forſtvereins 1889, 33. — Ztichr. |. F. u. Iw. 1889, 468,
200 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Ausnahmsweiſe geht der große braune Rüſſelkäfer aud) an die Nadeln junger
Kiefern. So fraß er in der Oberförfterei Gertlaufen!) in einer einjährigen Saat
die Nadeln von der Mitte aus bis auf die Baſis herunter. Die oberen Teile ber
Nadeln lagen am Boden.
Der Frühjahrsfraß ift im allgemeinen bei meiten merklicher und jchädlicher
al3 der Spätfommer: bzw. Herbftfraß. Ausnahmen fommen aber auch hierin vor.?)
Lieblingsorte des Käfers find friich bepflanzte, große, fonnige Kahlſchläge
in der Nähe der Aithölzer; namentlich ſolche, in denen die Stöde gar nicht oder
nicht gründlich gerodet worden find. Er tritt nicht nur in den Nadelwaldungen der
Ebene, fondern auch in Gebirgäforften auf. Die obere Grenze feines Vorkommens
liegt Hoch; in den Alpen fteigt er biß in Höhenlagen zwijchen 1600 und 1700 m.
Neuerdings hat Oberförfter Menzel?) in Unterneubrunn (Sadhjen- Meiningen) auf
die feinerzeit jchon von König, geäußerte Unficht zurüdgegriffen, daß der Rüſſelkäfer feinen
wejentlichen Sommeraufenthalt in den Kronen der alten Nadelholzbäume und nur zufällig
unten am Boden im Nachwuchſe habe. Menzel geht dabei von ber Beobachtung aus, daß
die auf natürlichem Wege angeflogenen Pflanzen vom Rüſſelkäfer nicht angegangen werden,
daß fi diefer vielmehr nur an die infolge der Verlegung in einen Kränklichkeitszuſtand
geratenen gepflanzten Fichten hält. Die Erklärung für diefe Boobachtung findet M. in der
Annahme, daß Hylobius nach dem Berlaffen der Buppenmwiege oder des Winterlagers die
Bäume erfteigt und in deren Kronen. von der Rinde der jüngeren Zweige fich ernähre. Ge⸗
lange nun der Käfer gegen feinen Willen bei der Füllung oder durdy Wind zu Boden, fo
werde e3 ihm in den natürlichen Berjüngungen leicht, durch Belteigen eines anderen Baumes
die eigentliche gewohnte Nahrung wieder zu erreichen. Beim Kahlſchlage ſei ihm das
nicht ohne weiteres möglich; er halte fi) deshalb an die ihm auf der Kahlfläche entgegen:
tretenden Tränfelnden Kulturpflanzen. — In den Beobadhtungen unter den Nonnen: und
Kiefernipinnerleiniringen findet, joweit Sachjen in Frage kommt, die Theorie Menzels
feine Stüße.
Die wirtfhaftlide Bedeutung des großen braunen Rüſſelkäfers ift eine
außerordentlich hohe. Er gehört zu den vom Kahlichlagbetrieb großgezogenen Rul-
turſchädlingen und ftellt in allen Nadelholzforſten ein chronifches Übel dar, deſſen
unbeilvofle Wirkung fih um jo mehr geltend macht, je mehr die Stockholznutzung
zurüdgegangen it.
Die vom Rüſſelkäfer verurjachten Verluſte ſetzen fich, wie beim Maikäfer, aus
dem zumeilen das Mebrfache der einfachen Kulturkoſſen betragenden Aufwande für
die Beitandesbegründung, aus Bumachsverluften und Nüdgängen der Bodenkraft
zufammen. Mit welchen Gejamtbetrage diefe Verlufte jährlich zu veranichlagen find,
läßt fich nicht annähernd ermefjen. Aber ſchon die Hunderttaufende von Marl, die
nach Ausweis der amtlichen Mitteilungen der Staatsforſtverwaltungen für Sam:
meln der Käfer und andere Abwehrmaßregeln jährlich ausgegeben werden, weiſen
auf die Größe des Rüſſelkäferſchadens Hin.?)
C. Befämpfung.
a) Vorbeugung.
Die vorbeugenden Maßregeln müffen einerjeit3 darauf gerichtet fein, dem fü
fer möglihft wenig geeignetes Brutmaterial darzubieten, um die Maffenver:
1) Bielalomwsi: BZtichr. f. F. u. Im. 1906, 254. — 2) Bgl. Keeſe: D. Forſt⸗gta.
1907, 1. — 3), Allg. F. u. Big. 1912, 88. — 4) Die Waldpflege uſw. Gotha 1849,
106. — 5) Bgl. Bed: Thar. Ihrb. 1909, 60. Bd., 27.
Käfer: Hylobius abietis. 201
mehrung zu verhindern, andererjeitd befteht ihre Aufgabe darin, durch geeignete Be⸗
triebsmaßnahmen den Käferfchaden zu vermindern. Bon diefen Gefichtspunften
aus find folgende, teild forjtwirtichaftliche, teil direkt abwehrende Maßregeln zu be⸗
achten:
I. Forftwirtfhaftlihe Maßnahmen.
1. Gründlide Stod- und Wurzelrodung im Nadelwald, um den 2 das
Brutmaterial möglichit zu jchmälern. Diefe Borbeugungsmaßregel ift die wichtigfte.
Es empfiehlt ſich nicht, die Rodung fofort nach dem Einfchlage, fondern erft dann
vorzunehmen, wenn die Wurzeln mit Brut bejebt find. Die Stodrobung tritt da⸗
mit in den Dienft der Vernichtung und Verminderung des Rüffelläferbeftandes, vor:
ausgeſetzt natürlih, daß fie rechtzeitig, d. 5. vor dem Auskommen der Rüffelkäfer-
brut erfolgt und daß für baldiges Abbringen des aufbereiteten Stodholzes aus dem
Walde Sorge getragen wird. Unterjtellt man, daß der größte Teil der Käfer nicht
im Sabre der Eiablage, jondern erjt im nachfolgenden auskommt, fo ift daran feit-
zubalten, die Stodrodung möglichſt vor Ende des zweiten Winters zu er-
ledigen. Ein im Winter 1912/13 geführter Schlag wird alfo am beiten in der Zeit
ab September 1913 gerodet und muß bis fpäteftens Ende März 1914 gerodet fein.
Die Rüdjihtnahme auf fofortigen Wiederanbau der Schlagflädye oder auf Bekämp⸗
fung der wurzelbrütenden Hylefinen fann zu früherer Vornahme der Rodung zwingen.
Vo die Baumrodung eingeführt ift, verliert dad Roden natürlich den eben erwähn-
ten Charakter als Bertilgungsmaßregel und wirft dann Tediglich vorbeugenb durch Entziehung
der Brutftätten. Im Hinblid auf Gründlichfeit der Entfernung des Brutmateriales ift die
Baumrodung der Fällung in Verbindung mit hierauf folgender Stodrobung wohl vorzus
ziehen. Selbſtverftändlich dürfen hierbei die vom Stamme vor deſſen Wurf getrennten langen
Seitenmwurzeln nicht im Boden belafien, jondern müffen befonders ausgegraben werden. In
Heflen und Naſſau, wo die Baumrodung jchon lange üblich if, wird weniger über Rüjjfel-
käferſchaden geflagt als anderwärts.
Um der Stodrodung die Wege zu eben, ift dem Abſatze des Stockholzes fortdauernd
die nötige Aufmerkſamkeit zu ſchenken.) Die Abgabe an ‚größere Abnehmer, 3. B. Köhler
und an Selbftgewinner, ift nach Möglichkeit zu begünftigen und zu erleichtern.
Wo eine vollitändige Stodrodung nicht durchgeführt werden Tann, -ift, fofern boden-
pflegliche Gründe nicht entgegenftehen, wenigftens die Entfernung der fladjliegenden Haupt:
wurzeln ber Nadelholzftöde anzuftreben.
Merz”), (Württemberg) hat ſich da, wo das Roden der Stöde nicht angewendet wer⸗
den Tonnte, damit geholfen, die Stöde fo tief wie möglich in den Boden hinein entrin-
den zu laffen. Außerdem ließ er die Stöde did mit Steinlohlenteer beftreichen. Andere
haben verjucht, durch Ankohlen der Stöde oder durch Übererden derfelben die Eiablage
zu verhindern. Eine größere praktifche Bedeutung ift all diefen Vorkehrungen nicht beizu-
meſſen, weil hierbei im wejentlichen nur die oberirdijchen, d. h. die nur ausnahmsweiſe mit
Brut belegten Teile der Stöde, nicht aber die Wurzeln, die bevorzugten Brutftätten, ge:
ſchützt werden.
Die chemiſche Fabrik Klörsheim, Dr. H. NRördlinger, bringt neuerdings ein Präparat
„Diplin” (Preis 3,5 kg = 3,80 ME.) in den Handel, das in verbünnter (LO prozentiger)
Löfung auf die Abhiebsjlähen bzw. auf die freigelegten und entrindeten Wurzeln der friſchen
Radelholzftöde geftrichen werden und die Rüffelläfer vom Ablegen der Eier an den fo ges
ſchubten Stöcken abhalten ſoll. Hinreichende Erfahrungen über die Wirkſamkeit des Mittels
1) Sal. bie „die Belämpfung des Fichtenrüffelfäfers Hylobius abietis uſw.“ betr. Gene:
ralverordnung des ſächſ. Binanzminijteriums vom 14. Jau. 1901 (Thar. Ihrb. 1902, 236;
Forſtw. Zbl. 1905, 170). — 2) Allg. F. u. J.-Ztg. 1887, 443).
202 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
liegen noch nicht vor. Uber felbft wenn es fich bewaßrheiten follte!), daß die mit Diplin
beftrichenen Stöde vom Rüfjelfäfer gemieden werden, dürfte den Mittel eine größere Bedeu:
tung deshalb nicht beizulegen fein, weil der Käfer dann anderes, für den Wirtfchafter weniger
leicht zugängliche3 und kontrollierbares Brutmaterial aufſuchen und mit Eiern belegen wird.
Trotz ihres Wertes darf man fih auch von einer fauber und energijch ausge
führten Stod- und Wurzelrodung eine die Rüffelfäferfrage abjtellende Wirkung nicht
versprechen. Die in den natürlichen Verjüngungen und in den durdhforjteten Be:
ftänden verbleibenden Stöde und Wurzeln bieten dem Käfer noch hinreichende Brut-
gelegenheit, wenn fie auch jeiner Maffenvermehrung nicht in der Weiſe Vorjchub
leiften wie die im Boden verbleibenden Refte der großen Kahlichlagbeftände.
2. Betriebsart. Selbft wenn die oben (S. 200) erwähnte Unficht von der
Smmunität natürlich angeflogener Pflanzen gegen Rüſſelkäferſchäden einer Einfchrän:
fung bedarf, muß die natürliche Verjüngung fon in Anbetracht des von ihr zu er:
Hoffenden Pflanzenreichtums als die für die Verhütung größerer Rüſſelkäferſchäden
geeignetite Verjüngungsweiſe bezeichnet werden.
Wo fie aus irgendwelchen Gründen nicht am Plage ift oder die Wirtfchaft im
Kahlichlagbetrieb die vorteilhaftere Betriebsweiſe erblidt, empfiehlt fich die Führung
ſchmaler Schläge an Stelle der Großflächenwirtſchaft. Auf den großen bzw. breiten
Schlägen wird dem Rüſſelkäfer das Geſchäft der Fortpflanzung nur erleichtert, wäh⸗
rend Heine Schlagflähen der Maffenvermehrung und dem Käferfchaden um fo mehr
entgegenwirken, in je größeren Zwijchenräumen fie innerhalb des einzelnen Hieb#
zuges aneinandergereiht werden.
Das bedingt die Einrichtung einer fogenannten Wechſelſchlagwirtſchaft?)
in der Art, daß fich der Abtrieb in einem Hiebszuge nicht alljährlich, fondern erit
etwa nad) fünf und mehr Jahren fortjegt. Die Forderung eines noch längeren Zeit⸗
. raumd (Schulemann?) verlangt zehn Jahre!) ijt wohl gut, aber etwas weitgehend
und meift nicht erfüllbar. | |
Die Durchführung des auch aus anderen Gründen anzuftrebenden Schlag:
wechſels iſt aber nur beim Vorhandenfein einer auf Schaffung vieler Eleiner
Hiebszüge bedachten Waldeinteilung möglich. Kahlſchlagwirtſchaft in vom
Rüſſelkäfer gefährdeten Kiefern und Fichtenrevieren ſetzt die Bildung Heiner Hiebs⸗
züge um fo mehr voraus, je weniger der unter 1. genannten Forderung der Stod-
und Wurzelrodung nachgekommen werden kann. Wo die Zahl der Hiebszüge bes
ſchränkt ift, Laffen fi) große Schläge nicht umgehen. ‘Sie find dann richtiger al?
mehrere fur; hintereinander folgende kleine Schläge.
3. Schlagruhe. Die Abficht, den einer Schlagfläche zumandernden Brutläfern
und den auf ihr im nächſten Jahre ausfommenden Jungkäfern fein noch Ichmwäd-
liches Fraßmaterial in unmittelbarer Nähe der Brutftätten zu bieten, hat die forſt⸗
lihe Prari3 vielfach veranlaßt, die Schlagflähhen mehrere Jahre unangebaut Tiegen
zu laffen. Unter anderen haben fih auh Altum, Borggreve und von Oppen
für 1—2jähriges Liegenlaſſen erklärt.
Einjährige Schlagruhe ift im allgemeinen auch empfehlenäwert, weil ſich die
Käfer auf den frifchen Schlägen fammeln und etwaigen fofort nad) dem Hieb au
— un — —
1) Vgl. D. Forſt-Ztg. 1912, 799. — 2) Vgl. die oben angezogene Generalverordnung
des ſächſiſchen Finanzminiſteriums. Nach dieſer ſoll der nächſte ſich unmittelbar anreihende
oder auch in größerer Nähe liegende Schlag mindeſtens erſt in 5—6 Jahren geführt wer⸗
den. — 3) Btichr. f. F. u. Iw. 1878, 544.
Käfer: Hylobius abietis. 203
geführten Pflanzungen leicht erheblich fchädlich werden. Die einjährige Schlagruhe
macht fi ja fchon vielfach aus Gründen der Holzabbringung und ganz befonders
dort notwendig, wo die Rodung der Stöde mit Rüdfiht auf die Befämpfung des
Rüſſelkäfers erft im Herbſt nach der Schlagführung vorgenommen wird.
Undererjeit3 ift aber die Forderung mancher Forſtwirte, die Schlagflächen drei
und mehr Jahre, d. h. folange unfultiviert zu lafien, bis die Verweſung der Wurzel:
refte jenen Grad erreicht hat, daß fie vom Käfer nicht mehr mit Brut belegt werben,
oder bis ſowohl die Brut-, als auch die neuen Käfer verichwunden find, als durch⸗
aus unzwedmäßig zu bezeichnen. Der mit einem fo langen Liegenlaſſen der Schläge
verbundene Zuwachsverluſt und die unvermeidliche Bodenverangerung wiegen ſchwerer
als ſelbſt Höhere Nachbefferungskoften.!) Angefichts der Langlebigkeit des Rüſſelkäfers
iſt der bei der Schlagruhe fich abipielende Wettkampf zwifchen Wirtfchafter und Käfer
ja auch ziemlich zwecklos und um jo weniger gerechtfertigt, als durch dag bloße Lie⸗
genlafjen der Schläge dem Rüfjelläfer ſeitens des Wirtſchafters nur paffiver Wider:
ftand geleiftet, für die aktive Vernichtung des Schädling? aber nicht das geringfte
getan wird.
Wo intenſive Stod- bzw. Baumrodung ſtattfindet und dem oben unter 2. ge-
forderten Schlagmwechjel hinreichend Rechnung getragen werden fann, ericheint jede
Schlagruhe namentlih dann überflüäffig, wenn nicht gepflanzt, ſondern gejät
wird. Man darf diefen letzten Sa in dem Maße verallgemeinern, in welchem dem
Rüffelläfer mit dem wirffamen Belämpfungsmittel des Sammelns rationell zu Leibe
gegangen wird. s
4. Rulturmethode. Die Braris bevorzugt im allgemeinen die Bflanzung
mit kräftigen, verfchulten Pflanzen, obgleich die Saat namentlich des größeren Pflan⸗
zenreichtums wegen, teil3 aber auch aus dem Grunde vorzuziehen ift, weil junge
Saatpflanzen zwar weniger aushalten, vom Käfer gewöhnlich aber auch viel weniger
angenommen werden. Ballen= und Hügelpflanzung find bejonders empfehlenswert.
von Oppen gibt (für Fichten) der Büfchelpflanzung den Vorzug, wobei aber mehr
als 2—3 Stüd zu einem Büjchel vereinigt werden follen. Nördlinger?) und Hei-
nide?) empfehlen Herbitpflanzung, da die Frühjahrspflanzung leicht in einen den
Käfer anziehenden, ſchmachtenden Buftand verfalle, die Herbſtpflanzung aber zu einer
dem NRüffelläfer unjympathifchen Erhärtung der Rinde führe, vorausgefeht natür-
lich, daß der Angriff nicht Schon im Herbſt erfolgt.
Aus naheliegenden Gründen ift weiter auf den Wert vorübergehender Tandmwirtichaft:
licher Benutzung der Schlagflähen hinzuweiſen; nur Hat diejer Hinweis unter den gegen
wärtigen Berhältniffen mehr nur alademifche Bedeutung. Der Wert landwirtichaftlichen
Zwiſchenbaues beruht befanntlicdy in der hierdurch bedingten Bodenloderung und Entfernung
der Brutftätten des Schädlings.
Daß Bilanzung mit Träftigen verjhulten Pflanzen der Verwendung jchwächlicher Saat⸗
pflanzen vorzuziehen iſt, liegt auf der Hand. Kräftige Pflanzen ſind nicht nur widerſtands⸗
fähiger, ſondern heilen auch die erlittenen Beſchädigungen leichter aus als Kümmerlinge. —
Ballenpflanzung ſchlägt überhaupt ſicherer an als Pflanzung mit ballenloſen Setzlingen. —
Anwendung der Büſchelpflanzung iſt zu widerraten; der größeren Widerſtandsfähigkeit gegen
Rüſſelkäferſchaden ſtehen die bekannten Nachteile in der Entwickelung der Büſchelpflanzen
gegenüber und machen den Vorteil des Verſchontbleibens einer größeren Anzahl von Pflanzen
leicht illuſoriſch.
1) Biedermann: Btichr. f. F. u. Iw. 1885, 593, — 2) Lehrbuch des Forſtſchutzes.
Berlin 1884, 169 u. 170. — 3) Allg. F. u. J.-Ztg. 1858, 464
204 Erites Bud. Schug gegen Tiere.
II. Direlt abwehrende Maßnahmen.
a) Schuß der einzelnen Pflanze durch
1. Leimen. Die Pflanzen werden vom Wurzelanſatz bis zum erften oder zweiten
Aſtquirl mit Raupenleim oder Teer beftrichen.
Zum Auftragen des Leims find Heine Bürften (Auftragbürften für Stiefelfchmiere) ge⸗
eignet. Bei zu didflüffigem Leim empfiehlt ſich Verdünnung mit Rüb- oder Leinöl, teines-
falls mit Petroleum. Das Leimen Hat jofort bei der Kulturausführung zu gefchehen und
ift nach Bedarf zu wiederholen.
Mit durcjichlagendem Erfolge wurde das Leimen (1890) von Oberförfter Eilers in
der Oberförfterei Üdenau (Reg.-Bez. Koblenz) angewendet.!) Die Koften betrugen für das
Beftreichen von 25500 Pflanzen bis zu '/, ihrer Höhe im ganzen 20,25 Mf., wovon 6,55 Mt.
auf Anlauf und Transport des Leims entfallen, aljo für 1000 Pflanzen im Durchſchnitt
79,4 Pf. Eine gewandte Arbeiterin kann etwa 1000 Pflanzen für 75 Pf. leimen. — Gleich
günftige Refultate hatte bereit8 Yorftrat Freſe) (jeit 1888) in der Oberförfterei Kirchberg
(Reg.:Bez. Koblenz) erzielt. Bei einem Frauentagelohn von 90 Pf. ftellten ſich die Koften
bes Leimens auf 40-50 Pf. für das Zaufend vierjähriger, verfchulter Yichtenpflanzen und
einichl. des Leimverbrauchs (1,2 kg & 30 Pf.) auf 76-86 Pf. — Nah Sar (Hildesheim)
betragen die Koften für 1000 Stüd etwa 1 Mt.
Auch Forftmeifter Hartwich?) (Kogl) wendete das Leimen (1895) mit Erfolg an.
Um den Fraß unterhalb des Anftriched zu verhindern, ließ er um jedes Pflänzchen eine
etwa 3—5 cm tiefe Mulde mit dem Yinger graben, den darin befindlichen Stammteil gleich:
fall3 leimen und die Mulde Hierauf wieder zufüllen, die Wurzelſtöckchen ſogar etwas an:
bäufeln. Der Unftrich erfolgte big etwa 3 cm unter dem Gipfeltrieb. Ein geübter Arbeiter
konnte in einem Tag (zu zehn Arbeitöftunden gerechnet) 400—500 dreijährige Fichtenpflanzen
mit Raupenleim verjehen’und mit Erde anhäufeln. — Günftige Erfahrungen mit dem Leimen
werden auch aus der preußiichen Cherförfterei Thiergarten*) gemeldet. Bon den geleimten
Pflanzen wurde feine einzige vom Käfer befrefien, während die wichtgeleimten faft fämtlich
angenommen murden. Man leimte zweimal im Jahre, im April und Yuli. Koften (1899)
für 1 ha etwa 15 Mk. Leimverbraucd 16 kg.
Bei Nadelholzpflanzen hat fich ein nachteiliger Einfluß des Leimens nur bei ſchwachen
Pflanzen gezeigt; kräftig entwidelte, in Ioderem Stand erzogene Saatlamppflanzen und vers
ſchulte Pflanzen leiden nicht. Laubholzheifter, die man durch Anlegen eines Teer⸗ ober Leim-
ringes am Fuße des Stämmdhens vor dem Befleigen durch den Rüſſelkäfer jchügen will,
find empfindlicher; die oben (S. 191) bei Strophosomus obesus angegebenen Vorſichtsmaß⸗
regeln verdienen dann Beachtung.
In neuerer Beit wird ein von Karl Bohlmann in Corbach (Walded) unter dem Na:
men „Protektin“ in den Handel gebracdhtes Anſtrichmittel als wirffam empfohlen.’, Der
Anftrich erfolgt beim Auspflanzen, darf nicht zu dünn geichehen und koftet für 1000 Pflanzen
2,60 Mt. (Material 1 kg Proteltin = 1,25 Mf. und Arbeitslohn).
2. Ankalken der Pflanze auf 10—20 cm Höhe.
Das Ankalken wendete Forftmeifter Trump (Stughaus in Thüringen) mit ficht
lihem Erfolg an. Das Kallen von 1000 Pflanzen koſtete 1,60 Mi. Es bewährte fich aud
in ber hejliihen Oberförfterei Niederohmen, ferner im Gießener Forftgarten, fowie in
Böhmen. Koften für 1 ba 5—-7Mt. Bei ſchwächlichem Pflanzenmaterial hat e3 vor dem
Zeimen den Borzug der Unjchädlichkeit. Bisweilen jegt man dem Kalkbrei etwas Leindl zu
(20 1 Kaltbrei, 1 1 Leinöl).
5. Anſchlämmen der Pflanzen mit einem Lehm- oder Tonbrei.
Der Brei wird mit einem Hinreihend großen Holzgefäß angerührt, daß er etwa bie
Konſiſtenz von Mörtel annimmt. Die Pflanzen werden vor dem Einpflanzen bündelweiſe
unter Schonung der Triebjpigen eingetaucht. Bei bereits ftehenden Pflanzen wird der Schup«
1) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1890, 765. — 2) Da. 1892, 540. — 3) BbL f. d.
gef. Fw. 1896, 112. — 4) Daf. 1900, 498. — 5) Kammer: Allg. F. u. J.sBtg. 1913,
364; Forftw. Bbl. 1913, 624. — Fröſe: D. Forſt-Ztg. 1918, 856.
Käfer: Hylobius abietis. 205
mantel einfach durch Angießen der Lehmbrühe hergeftellt. Der erhärtende Lehm bildet einen
5—6 Monate wirfiam bleibenden Schub. Nachteile für die Pflanze durch die Lehmkruſte
find nicht bemerkt worden.
Das neuerdings durh May!) empfohlene Anſchlämmen wurde bereitS 1858 von Hei⸗
nicke) mit Recht als brauchbar bezeichnet. Es Hat fi aud auf dem Dresdener Revier
fehr gut bewährt. Koften dort für 1 ba 8—12, durchſchnittlich 10 ME. (bei Frauenarbeit
und 1,70 Mi. Tagelohn).
4. Ummwideln des Pflanzenfchäftchens mit Werg.’)
Das Werg ift von unten her biß über den erften oder zweiten Quirl loder, aber doch
ſo dicht anzubringen, daß der gefährdete Schaftteil vollkommen bedeckt iſt. Die Pflanzen
ſind der Verbilligung des Verfahrens wegen am zweckmäßigſten vor dem Einſetzen zu ver⸗
wergen. Koſten für 1ha 24 Mit Wergbedarf für 1000 Pflanzen 10 Pfund.
5. Umgeben des Pflanzenſchäftchens mit der vom Förſter Bergner konſtruierten
Schughülfe)
Diefe befteht aus einem 5—7 cm hoben Zinkblechzylinder, der oben rechtwinfelig ab»
gebogen und unten ansgezadt if. Die Abbiegung fol verhindern, daß Käfer von oben
hereintriechen; die unteren. Zaden geben der in den Boden eingedrüdten Hülje den nötigen
Halt. Die Häülfe tft der Länge nach aufgeſchnitten; fie wird etwas auseinandergebogen, um
das Pflanzenftänmchen herumgelegt, wieder geichloffen und etwa 1cm tief in den Boden
eingedrücdt. — Unbrauchbar, weil viel zu teuer: 1000 Stüd 5 cm hohe Hülfen 18 ME,
7 cm hohe 28 Mk. alfo 1 ha bei 600 Pflanzen allein Materialloften 108—138 Mi. Be:
zugsquelle: Gabler-Zuffenhaufen (Württemberg).
b) Schuß der ganzen Kultur dur
1. $joliergräben. Da dieſe Gräben gleichzeitig als Yanggräben wirken, fiehe
unter „Bertilgung”.
2. Beweibung der gefährdeten Kulturen mit Schafen.
Dem zurzeit nur felten in Frage fommenden Schugmittel werden nad früheren und
neueren) Erfahrungen günftige Erfolge nachgejagt; die Nüfjelfäfer fliehen die beweideten
Flächen angeblich wegen der Ausdünftung der Schafe bzw. wegen der jcharfen Exkremente.
3) Beitreuen der Kulturen mit Kalkpulver: wertlos.
M. Schonung der Rüjfelfäferfeinde.
In Frage kommen: Fuchs, Blaurade, Krähen, Star uſw. kurz alle inſektenfreſ⸗
fenden Säuger und Vögel.
Die in den Nüffelläfern bzw. deren Larven vorkommenden Paraſiten entziehen ſich
unferer Beeinflujlung. Fuch8®) fand, daß eine Weſpe Bracon brachycerus Thoms. ganze
Bruten zerftörte.
b) Bertilgung.
Wie beim Maikäfer befallen fich die beim Rüſſelkäfer gebräuchlichen Bertil-
gungsmaßregeln Hauptfächlich mit der Vernichtung der Käfer. Nur wenige praftifch
ziemlich belangloje Verfahren gehen der Larvenvertilgung nad.
I. Bertilgung der Käfer.
Sie erfolgt durd Sammeln der Käfer mit Hilfe von Fangvorrichtungen
oder durch Eintrieb infektenfreifender Tiere (Hühner) in die befallenen Schläge.
1. Sammeln der Käfer. Als Fangmittel finden Anwendung:
1) Btichr. f. F. u. Iw. 1902, 112. — 2) Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1868, 464. — 3)
Hornſchu: Forſtw. Zbl. 1908, 45. — 4) Fürft: Dai. 1904, 646. — 5) Oswald: 2.
Forft-Ztg. 1911, 204; vgl. auch daf. 1911, 145. — 6) Naturw. Ztichr. f. F. u. Lw. 1912, 54.
206 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
a) Fanggräben. Man nennt fie furzhin Rüffelläfergräben und fann fie
in Sfolierungs=- und Durchſchneidungsgräben trennen.
Die Kioliergräben follen rings um die noch nicht kultivierten Schläge bzw.
Kulturen geführt werden, um diefe von den angrenzenden Kulturen zu tfolieren umd
zugleich die innerhalb der ifolierten Terrains auskommenden Käfer, wenn diefe fort:
wandern wollen, zu fammeln. Die Durhfchneidungsgräben hingegen werben
bloß zum Zwecke des Fanges mitten durch die Schläge geführt. In Abftänden von
je etiva 10 m bringt man Fanglöcher von 10—15 cm Tiefe auf der Grabenſohle an.
Am meiften empfiehlt fi die Anlage von Soliergräben um die frifchen
Schlagflähen möglichſt zeitig im Frühjahr unmittelbar nach dem Hiebe. Bei kon⸗
fequenter Fortfegung diefes Verfahrens find nach einigen Jahren auch alle Kulturen
iſoliert. Die Gräben find fleißig zu revidieren und zeitweije zu erneuern, 3. B. nad
Negengüllen und ganz bejonders im Sommer des zweiten Jahres vor dem Erfcheinen
der Jungkäfer. Die in die Löcher gefallenen Käfer follen, wenn möglich, täglich
einmal gejammelt werben, weil fie (zumal in jandigen Böden) nicht nur an den
Wänden emporflettern, jondern auch im Boden auffteigeri, um fich zu befreien. Su:
nad!) empfiehlt 60 cm tiefe, mit einem Tellerbohrer hergeitellte Fanglöcher. Gute
Erhaltung vorausgeſetzt, eripart man durch fo tiefe Köcher das Ausfammeln, da die
Käfer fi aus ihnen nicht herauszuarbeiten vermögen.
Leider läßt fich Diefes im allgemeinen recht wirkſame Mittel in fteinigem oder
loſem Boden, an fteilen Hängen uſw. nicht anwenden.
In bezug auf Behandlung und Dimenfionen der Gräben wird auf S. 160
verwieſen.
Über den Wert ſolcher Gräben und die Zeit der Anlage haben in den 1880er Jahren
endloſe Debatten ftattgefunden. Eichhoff Hält nicht viel von den Gräben, da er an:
nimmt, daß die meiften Käfer, welche hineingeraten, bereit8 abgelegt haben. G. v. Oppen
Hatte in feinem Dienftbezirk feine Gelegenheit, Gräben anzulegen. Borggreve), Paſchen?
und Gufe*) find für Frühjahrsgräben. Später ſchloß fi auch Altum diefer Anficht an,
nachdem er früher fehr entichieden für Herbftgräben®) eingetreten war.
In der Forftinipeftion Caliß (Medlenburg) wurden (1882) in einem einzigen Yang:
loch (alle 10 m war ein ſolches auf der Grabenfohle angebracht) bis 1200 Käfer gefangen.
Dolles®), berichtet, da im Mai 1883 aus den Fanglöchern eines 180 m langen Käfer:
grabens wenige Stunden nad) vollzogenem Belegen der Fanglöcher mit friicher Yichtenrinde
10000 Käfer gefangen wurden. Kojten der Gräben (bei 25 cm Breite und 20 cm Tiefe)
mit fenfrechten Wänden (Diluvialfand) 1,5—2 Pf. für 1 m, fo da die Einſchließung einer
größeren Schlagfläche nicht über 80 Mt, für 1 ha koſtete.
b) Sanggruben: 20 cm tiefe, 25 cm breite und lange Gruben, die in be
ftimmter Reihenfolge Hergeftellt oder ſonſt noch zur Erleichterung des Auffindend
durch Stäbe gekennzeichnet werden. Sie werden nie allein angewendet, fondern ftet3
in Verbindung mit Anlodungsmitteln (Sangrinden, Fangkloben oder Fangreifig),
die in die Grube eingelegt und hierdurch etwas vor dem jchnellen Austrodnen g
ſchützt werden.
e) Bangrinden: Saftige, von friich gefällten Stämmen gewonnene quadrar
tiſche oder rechtedige, 20-30 cm lange bzw. breite Rindenftüde von Fichte oder
1) D. Forft: Big. 1918, 986. — 2) Märker und Borggreve: Forftl. Bl. NR. F.
1885, 125. — 3) Btichr. f. F. u. Iw. 1882, 533. — 4) Daſ. 1884, 519. — 5) Daf. 1883,
341. — 6) Forſtw Zbl. 1885, 144.
Käfer: Hylobius abietis. 207
Kiefer. Sie find namentlich in Fichtenrevieren gebräuchlich und ſchon lange (1832
Chr. Liebich auf der Blauer Herrichaft in Böhmen) befannt.
Dan legt fie mit der Baftfeite nach unten flach auf den Boden, unter Umftänden
mehrere übereinander, damit fich wenigftens die untere Echale länger friſch erhält, beſchwert
fie mit Steinen oder Grasplaggen und ſucht die hierunter ich einftellenden Käfer ab. Auf
1 ha find, je nach der Menge, in welcher der Käfer auftritt, 60—120 Stück Schalen er:
forderlih. Nach Verlauf von etwa 8—14 Tagen find die Rinden meift ausgetrodnet und
fangen nicht mehr; man tut dann gut, nicht ein bloßes Auswechſeln der troden gewordenen
Rinden mit friichen vorzunehmen, jondern die letteren unter die trodenen Stüde unter:
zulegen. Die frifchen Rinden bleiben dann viel länger fängiih. — Da die Käfer unter
den Schalen nicht nur Schuß, jondern auch Nahrung juchen, eınpfiehlt es fich, Heingejchnit-
tene (etwa fingerlange und ebenſo ſtarke) frifche Kiefernzmeige (von den jüngften Trieben)
darunter zu legen. Beim Aufheben der Schalen findet man die Käfer ftarl an dieſen Zwei⸗
gen freiiend. — Diejes Unterlegen joll zuerft an den Ilmbergen (Weimar) verſucht worben
fein. Jetzt ift dieſe Art der Köderung ziemlich verbreitet.
In neuerer Beit find mehrfach Verfuche gemacht worden, die Fangwirkung der
Rinden dur Terpentinanftrich zu erhöhen.!) Die Rinden werden beiberfeit3 mit
Zerpentin (amerikaniſchem Zerpentinöl oder deutichem Kienöl) gepinjelt. Koften des
Unftricdes für 100 Platten: 1,20 Mk.; Terpentinverbraud, in vier Wochen für 100
Blatten: 4 1.
Die namentlih in Braunfchweig bei planmäßig durchgeführten Verſuchen (vgl.
Anm. 1, Dörr) gefammelten Erfahrungen ſprechen zugunften des Zerpentinanftriches. Die
Lockwirkung der beftrichenen Platten wird erhöht. In Braunfchweig übertrafen die Ter-
pentinplatten die nicht beftrichenen Rinden im Fangergebnis um das 1'/, fache, in einzelnen
Hallen um das 3—5fache. Bei 32 Einzelverfuchen wurden von 142964 Käfern insgejamt
61%, unter den Terpentinplatten, 39%, unter den übrigen Platten gefangen. — Auf dem
Tharandter Revier (Sadjfen) trat die Terpentinwirkung etwas weniger in Erfcheinung.
1902 wurden bier von 71500 Käfern 57°, an Terpentinplatten, 43°, an gewöhnlichen
Fangrinden gefammelt. 1903 ftellten fich (bei Fortſetzung des Verſuches) die entiprechenden
Bahlen beim Fang von 34780 Käfern auf 54 und 46°,. — Neben der Fangwirkung wird
durch den Terpentinanftrich auch bie Fängigkeitsdauer der Platten erhöht; die beftrichenen
Rinden fangen 1’, bi8 Doppelt jolange al3 die unbeftrichenen.
Das Unftreihen der Platten läßt fich dadurch erſparen, daß mit dem Terpentinöl ge:
träntte Sadleinwandftüde oder Wergbüfchel untergelegt werden.
d) Bangfloben = Yangfnüppel?): 30—40 cm, ab und zu auch bis 1 m
lange, 5—8 cm dide, dünnrindige, frifche Aftftüde. Sie haben vor den Rinden den
Borzug, daß fie nicht fo leicht austrodnen und in Kiefernrevieren leichter zu beichaf-
fen find. Aus letzterem Grunde find fie bier ſchon bald an die Stelle der Fang:
rinden getreten. |
Man pflegt fie, um den Harzgeruch zu fteigern, entweder fofort oder erft wenn
fie trodener geworden find, anzupläten. Sie werden dann mit der entrindeten Seite
auf den Boden gelegt. Es empfiehlt fich, dDiefen vorher zu verwunden; wenigſtens
muß die Bodendede entfernt werden. Noch befler ift e8, eine den Dimenſionen des
Knüppels entiprechende Rinne im Boden auszuheben; die Kloben greifen dann beffer
ein und trodenen weniger fchnell aus. Man fieht auch die Käfer, die ſich an der Un-
terjeite der Kloben einstellen und Hier die Rinde in Kleinen Plätzen benagen, auf
vorbereitetem Boden weit beſſer ala auf bewachſenem oder ftreubededtem.
1) Bgl. Lehner: Forftw. Zbl. 1900, 421. — Holgberg: Allg. F. u. %.:Ztg., 1902,
147; 361. fi d. gej. Fw. 1902, 284. — Dörr: Mllg. F. u. J.⸗Ztg. 1903, 176. — 2) Ed:
Rein: Btichr. f. F. u. Am. 1906, 207.
208 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
Je nach Bedarf find auf 1 ha 30—100 Kloben zu nehmen. Troden werdende
Kloben müfjen rechtzeitig, d. 5. vor völligem Austrodnen, durch friiche erjegt wer⸗
den. Längſtdauer drei, im höchſten Falle (bei naffer Witterung) vier Wochen. Der
Anſtrich der Kloben mit Zerpentinöl wird von Edftein (a. a. D.) als überfläffig
bezeichnet.
e) Plätzen der nicht gerodeten Stöde, um die Käfer durch den Harzgeruch
anzuloden und abzulefen.
f) Fangreifig — Fangbündel: armlange und etwa ſchenkelſtarke Bündel aus
friſchem Kiefern: oder Fichtenreilig. Erfteres ift vorzuziehen, weil es die Nadeln
bejler hält. Die Bündel müſſen täglich auf untergelegten Tüchern oder hellem Pa⸗
pier ausgeflopft werden, was umſtändlich ift.
g) Sallen. Die von verfchiedenen Erfindern hergeftellten und empfohlenen
fog. Rüffelfäferfallen beruhen alle auf dem gleichen Prinzip. Der Käfer wird
durch eine nach Harz duftende Flüſſigkeit angelodt, fällt in einen im Boden einge-
grabenen Behälter (Glasflaſche, Holzkaſten, Tongefäß) und wird dort feftgehalten
oder kommt dort um. Die Fallen follen dag bei der Verwendung ber fonft üblichen
Tangmittel (Fangknüppel, Fangrinden uf.) unumgängliche Erneuern und das täg-
liche oder doch in fürzeren Beitzwifchenräumen wiederkehrende Sammeln der Käfer
unnötig machen und auf diefe Weife verbilligend wirken.
Sorftinjpeltor Zimmer in Morigburg (Sachſen) empfahl jchon 1879 das Eingraben
didbaudhiger, mit einer Mijhung von Holzeſſig, Holsteer und Zerpentin gefüllter Glas:
flaſchen in den Boden (der Kulturfläcdhen) in der Weije, daß die Halsöffnung im Niveau
der Bodenoberfläche Tiegt. Dan überbedt hierauf diefe Öffnung mit einem Stüdchen Fich⸗
ten= oder Kiefernrinde. Durch den Duft des Terpentind herbeigelodt, Triechen die Küjer
unter die Rinde und fallen in die Flaſchen, in welchen fie umlommen.')
Der gleiche Vorſchlag ift neuerdings von einem bayrifchen Forftmann Eberdt?) ge
macht worden, jedoch mit dem Unterjchied, daß die Flajchen fchräg eingegraben und nur
mit einem Eplöffel Terpentinöl verjehen werben ſollen. — Erwähnt feien ferner die Fallen
von Shwabe und Kißel.‘) Bei erfterem fangen fich die Käfer in einem Holzfaften, defjen
Boden mit einem Zalgpulver beftreut tft; bei leßterem befteht der Fangbehälter aus einem
2 1 fallenden Steingutgefäß, in dem ſich Wafler und etwas „Hhylobin“ (Lockſtoff) befindet.
Die neuere Kißelſche Falle koſtet 1,10 ME. und foll eine Fläche von 1 a abfangen, fo daß
das Säubern eines Hektars jchon rund 100 ME. Aufwand für Anſchaffung der Fallen vor:
ausſetzen würde. Troy ihrer wiederholten Verwendbarkeit fcheitern die Inſektenfallen aller
Art, ſo auch die Rüſſelkäferfallen, wenn nicht ſchon an der Wirkſamkeit, am Koſtenpunkte.
— Was in Hinſicht auf Fallen der forſtlichen Praxis zugemutet wird, illuſtriert ſehr ſchön
die von Groß-Altona in neueſter Zeit angebotene Inſekten- und Rüſſelkäferfalle. Sie ſtellt
ein aus feſtem Zinkblech beftehendes bedenartiges Gefäß dar und wurde anfangs mit nur
40 Mt. für das Stüd einem für unnüge Fallen fich begeifternden Publikum in Rechnung geftellt.
Beim Sammeln der Rüffeltäfer, gleihgäültig ob Rinden, Kloben
oder Bündel als Sangmittel benugt werben, find folgende Negeln zu
beobadten:
1. das Sammeln ift planmäßig, forgfältig und ſachgemäß zu betreiben, fonft
jtellt e8 eine nutzloſe Maßregel dar. Hierzu gehört:
2..die Fangmittel müffen fofort mit dem erften Auftreten der Käfer in genügen»
der Menge ausgelegt werden. Im allgemeinen wird der 1. April ala Anfangstermin
für das Sammeln anzuſehen ſein.
me —— —
1) Forſtw. gbl. 1879, 256. — 2) D. Forſt-gtg. 1911, 496. — 3) Forſtw. Zbl. 1910,
191. — Ziſchr. f. wiſſenſch. Inſektenbiologie 1911, 23.
Käfer: Hylobius abietis. . 209
3. Die Fangmitiel find nicht nur auf den zu ſchützenden Kulturen, jondern auch
außerhalb derfelben in Nachbarbeitande, ferner auf den noch unangebauten, nach
Befinden auch ſchon auf den im Gange befindlichen Schlagflächen auszulegen. jo:
lierung der Kulturen oder Schlagflächen durch Gräben genügt nicht, weil die Grä⸗
ben von vielen Käfern überflogen werden.
4. Beim Auslegen der Sangmittel ift auf reihenweiſe Anordnung oder Mare
tieren durch Stäbe uſw. zu achten, um das Wieberauffinden zu erleichtern.
5. Das Abſuchen der Fangmittel Hat täglich zu geſchehen und ift bis zum
Herbſt fortzufegen, jelbft dann, wenn das Sammelergebni3 zeitweilig ein geringes ilt.
6. Die Yangmittel find vor dem vorzeitigen Vertrocknen zu ſchützen und recht⸗
zeitig zu erneuern, ſobald ihre Fangkraft nachzulaſſen beginnt.
Die Koſten des Sammelns find ſehr verſchieden und wechſeln mit der Art
der verwendeten Fangmittel, Arbeitskräfte uſw.
Bei den braunſchweigiſchen Fangrindenverſuchen Toftete das Gewinnen und Auslegen
von 100 Rindenplatten im Durchſchnitt 1,80 ME., einmaliges Abfammeln von je 100 Plat⸗
ten 50 Pf. Edftein („Technik“ uſw. 78) gibt den Aufwand für Schlagen und Uuslegen
von 50 Fangkloben zu 2—5 Mi. an, Plätzen und Erneuern derjelben 9—10 ME., täg-
Yiches Abjammeln 0,25—1 Mf. Die auf 1 ha fallenden Koften ſchwanken in weiten Gren⸗
zen, zwiſchen 5 und 40 Mt.
Wenn, wie es vielfach üblich ift, das Sammeln im Akkord geichiebt, müſſen die für
bas Hundert oder für das Liter Käfer gezahlten Sätze entiprechend der Menge der jeweils
vorhandenen Schädlinge reguliert werden und können im Frühjahr wejentlich niedriger fein
als in der jpäteren Jahreszeit.
‚Das Töten der gefammelten Käfer gefchieht am beften durch Überbrühen mit
heißem Wafjer. Sie können dann zur Geflügel: und Schweinefütterung benußt werben.
2. Vertilgen der Käfer durch Hühnereintrieb. Die vereinzelten Verfuchet),
ben Rüſſelkäfer durch Eintrieb von Haus⸗ oder Perlhühnern in die befallenen Schläge
und Kulturen zu vertilgen, follen erfolgreich geweſen fein.
II. Bertilgung der Larven.
Sie geſchieht durch Rodung und Abtransport der mit Brut befebten Stöde
und Wurzeln (f. unter „Vorbeugung“, ©. 201), fowie durch Auslegen und fach:
gemäße Behandlung von Brutfnüppeln.
Man verjteht unter legteren Fünjtliche Bruthölzer, Die auf den vor⸗ und letzt⸗
jährigen Schlagflächen, den Geburts⸗ und Brutftätten des Käfers, ausgelegt werden,
nachdem dieſe Flächen gerodet worden find.
Das Verfahren ift darauf gerichtet, dem Rüſſelkäfer da, wo durch forgfältige
Stodrodung die natürlichen Brutftätten entfernt worden find, künſtliche Eiab:
Ingejtätten in möglichft genehmer Form zu bieten. Die Brut wird hierdurch an be:
ftimmten Orten vereinigt und kann ſomit leicht vertifgt werden. — Gleichzeitig vernichtet
man in und mit den Fangknüppeln die an den Wurzeln brütenden Baftläferarten.
Als Brutfnüppel verwendet man 1—1,5 m lange, 7—10 cm ftarfe, glattrindige, im
Safte gehauene Prügel von friichem Riefern- oder Fichtenholz und gräbt fie in Abſtänden
don etwa 30 Echritten in jchräger Richtung fo in den Boden ein, daß das ftärfere Ende
30—50 cm tief zu liegen kommt, während das ſchwächere Ende 5—10 cm über die
Erdoberfläche hervorragt. Damit die Rinde, deren forgfältigfte Erhaltung eine uners
läßliche Bedingung für die Eierablage ift, nicht abblättere, muß man fchräg nad) unten
1) 351. f d. gef. Forſtw. 1900, 88.
He, Forſtſchutz. I. 4. Aufl. 14
210 | Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
verlaufende, ſchmale Gräbchen ftechen, die Knüppel einlegen, hierüber noch Erde und Raſen
bringen und dieje zulegt noch etwas antreten. Hierbei ift darauf zu jehen, daß die Knũppel
auf der unteren Seite ihrer ganzen Länge nach feit aufliegen, damit nirgends Hohlräume
entftehen. Um jpäter feinen Snüppel zu überſehen, gräbt man ſie reihenmweife ein und
fennzeichnet da8 Kopfende jeden Knüppels Durch einen genügend hohen Pfahl. Die einge:
grabenen Knüppel bleiben den ganzen Sommer hindurch unberührt im Boden liegen. Erft
im September oder Oftober gräbt man fie jorgfältig aus und fchnigt bie Rinde ab. Rod
befier (aber nicht unbedingt notwendig) ift es, die abgeichnigte Rinde auf Fangtüchern zu
jammeln und zu verbrennen.
Das Verfahren rührt urfprüngli vom Profefior von Lips!) (Freyfing) her. Dieſer
fand am 6. September 1856 an den bon ihm eingegrabenen Stangen bedeutende Larven:
mengen (15—20 mindeftens, 165 und 212 Stüd Höchftend an je einer). Auch Oberförfter
W. Georg’), (Grünbngen) berichtet über gute Erfolge diefer Mafregel.
Als der entichiedenfte Verteidiger der Brutfnüppel ift fpäter von Oppen?) auf Grund
feiner in den ſechs Jahren 1886/91 im Sachſengrunder Nevier gemachten Erfahrungen auf:
getreten. Die einzelnen Schlagflähen wurden in zwei aufeinander folgenden Jahren mit
Kinüppeln belegt, um die Nachkommenſchaft von zwei Generationen möglichft zu ſchmälern.
Zur Illuſtration der erzielten Reſultate mögen folgende Angaben dienen: Im gan:
zen wurden während Des obigen Zeitraumes 107,21 ha Schlag: und Kulturfläche durch Brut
hölzer geihügt. Bon 1497 eingegrabenen Knüppeln wurden 1873 unterjucht und an dieſen
91405 Larven erlangt. Auf einen Knüppel kommen hiernach durchichnittlich 67 Larven
(Minimum 6, Maximum 826); auf 1 ha 852 dergl, auf 1 qm Rindenfläde ver Knüppel
161 dergl. Eine Larve entfällt Hiernach auf 62 gem Rindenfläche. Bon Jahr zu Jahr
nahm die Beſetzung der Bruthölzer erhebli ab. Der Koftenaufmand für das Schneiden,
Herbeifhaffen und Eingraben der Brutlnüppel ftellte fi) auf 1,78 ME. für 1 ha und auf
18 Pf. für 1 Knüppel. Infolge dieſer Refultate ordnete das königl. ſächſiſche Yinanzmini-
fterium durch Erlaß vom 14. November 1890 an, daß auf allen ſächſiſchen Staatsforft-
revieren Berjuche mit Bruthölzern angeftellt werden jollten, um zu erproben, ob fich mit
Hilfe diejes Verfahren! dad Sammeln der Käfer einfchränfen oder ev. ganz befeitigen lafie.
Diefe Verſuche haben zu feinem befriedigenden Ergebnis geführt, ſondern die Anſicht
Altums?) beftätigt, daß die Brutknüppel keine praktiſche Methode zur Bertilgung des
Nüffeltäfers find. Die angezogene Verordnung ift deshalb 1897 wieder aufgehoben und
das Auslegen von Brutknüppeln eingeftellt worden. Die Fangwirkung der Brutknüppel
fteht in feinem Verhältnis zu den Koften. Außerdem ift das Auslegen von Brutlnüppeln,
foweit Kulturen in Frage kommen, von recht zweifelhaften Werte Die Käfer werben durch
die ihnen in den Knüppeln gebotene Brutgelegenheit nur an die Fraßſtätten hingelockt und
hier fejtgehalten, was ganz gewiß nicht im Intereſſe der Kultur ift.
Auf der Brutlnüppelmethode beruhen auch die eigenartigen, auf Vernichtung fämt-
liher Entwidelungsftufen des Rüſſelkäfers abzielenden Yanggruben, die neuerdings von
Horftmeifter Grobmann auf fächfiichen NRevieren angewendet worden find.) Grohmann
läßt auf den Fangflächen (Kahlichlägen, Durchforftungen im älteren Holze njw.) — und
zwar auf etwas erhöhten Bodenftellen — würfelföürmige Gruben von etwa 60 cm Seiten:
länge ausheben. Hierauf werden 8—12 Stüd unentrindete, 7—10 cm jtarfe und 1 m lange
Kiefernpfähle in die Grubenjohle ſenkrecht und in möglichſt gleichmäßigen Abftänden derart
eingeichlagen, daß fie 20 cm über den oberen Grubenrand hinausragen. Die Grube wird
dann mit dem durch Durchwerfen von Steinen und Wurzeln befreiten Aushub wieder gefüllt
und durch jeitliches Einfteden längerer frilcher Kiefernäfte mit einem Reifigfranze umgeben.
Durch jchichtenweijes Einbringen von Sliefernreifig und Erde im mittleren, zwiſchen den Pfahl:
köpfen liegenden Teile wird endlich ein Heiner, biß zur Höhe der Pfahllöpfe reichender Erd⸗
hügel gebildet, der Demnach mit dünnborligen, fiefernen Aftteilen durchſetzt iſt. Zum Schluß
wird diejer Erbhügel mit Raſenplaggen abgededt (j. Ubb. 83). Wo Kiefern fehlen, können
auch Fichtenpfähle und Fichtenreifig verwendet werden.
1) Allg. F. u. J.-gtg. 1856, 409. — Monatsichr. f. F. u. Iw. 1858, 150. — 2) Krit. Bl.
1858, 40. Bd. I, 164. — A. d. Walde, I. Bd. 1865, 122. — 3) Ztichr. f. F. u. Iw. 1887, 344;
1888, 894; 1892, 297. — 4) Ziſchr. f. 3. u. Iw. 1888, 648. — 5) Thar. Ihrb. 1913, 325.
Käfer: Hylobius abietis. 211
Grohmann rühmt dieſen Gruben, von denen er zunächſt 4, ſpäter 12 zum Schuge
eines Heltars für hinre ichend Hält (Roften 0,8—1,2 Mt. für 1 Stüd) nach baß fie bie Rüfelläfer
anloden und ihnen das gewünjchte Brut: und Graßmaterial bieten. Den Hauptwert ber Gruben
erblidt Grohmann aber darin, daß die Rüffelfäfer, ihre Eier, Larven und Buppen in ben
Gruben nicht vom Menfchen vernichtet werden muſſen, ſondern bier hauptjächlich ihren nas
türlichen Feinden im Tierreiche zum Opfer fallen. In den Gruben ſammele ſich alles, was
als Feind der Rüffelläfer und anderer fhäblicer Käfer in Betracht fomme, 4. 8. Laufe
täfer, Staphylinen, Taufendfühler, Affen, Ameiſen, Blindſchleichen, Eidechſen uſw. Der
Wirtichafter Habe weiter nichts zu tun als die wenigen, bis zur Splintwiege entwidelten
Nüffelfäferlarven durch Verbrennen de3 Brutmateriales zu vertilgen.
U6b. 88. Löngsfgnitt durch eine Grohmannfde Rüfieltäferfanggrube.
Negativen Erfolg Hatten auch einige in Sachſen auf Tharandter Revier vor:
genommene Verſuche, die Rüffeltäferbrut durch Infiltration der nicht gerodeten Stöde
mit Petroleum oder einer gefättigten Löſung von Rupfervitriol zu töten.
Die Stöde wurden im Mai am Wurzelanlauf 2—4mal angebohrt und bie 15 cın
tiefen und 8 cm weiten Bohrlöcher nad Eingießen des Jnfeltizides durch Holzpfropfen
verjhloffen. Die im September vorgenommene Prüfung ergab zwar Verbreitung des Kup-
fervitriols, aber auch volftändige Wirkungslofigkeit gegenüber den Käferlarven.
Das Hauptgewicht bei der Bekämpfung bes Rüſſelläfers ift fomit auf das
Sammeln!) der Käfer zu legen. Bei planmäßigem Vorgehen ift man durch gleich:
zeitige verſtändnisvolle und wiederholte Anwendung ber vorftehend genannten Fang⸗
und Bertilgungsmaßregeln unzweifelhaft imftande, den ſchlimmen Rulturfeind bis
zur Unmerflichkeit zurüdzudrängen.
Wirtſchaftlich bebeutungslos ift die dem Gebirge angehörende dritte und größte Hy-
lobius-Art, Hylobius piceus de Geer.
Nach den vorliegenden Beobachtungen befrißt der Käfer junge Lärchen in gang ähn-
tiger Weiſe wie Hylobius abietis die Kiefer und Fichte (S. 199). Die Rinde wird teils
1) Über großartige Sammelergebnifje in verſchiedenen ſächſiſchen Revieren berichtet
uamentlih von Oppen (Btihr. |. %. u. Im. 1885, 83).
14*
212 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Rreifen-, teild plagweife — bis zur Größe einer Bohne — heraudgenagt und mitunter
auch der Splint ergriffen. Die Larvengänge in den Stöden find ohne forftliche Beben-
tung. Der Käfer ift im allgemeinen felten; 1871 trat er in Schleſien ſchädlich auf.”)
B. Unterfamilie Pissodini.
Die hierher gehörigen Arten der Gattung Pissodes ähneln in der äußeren Er-
ſcheinung, in der Lebensweife, ganz beſonders aber in den Generationsverhältnifien
den Hylobius-Arten. &3 find aber echte Sangrüßler mit in der Mitte des runden
Ruſſels eingelenkten Fühlern.
Sie unterſcheiden fi) von Hylobius weiter dadurch, daf die Larven ber mei⸗
ften Arten unter der Rinde von ftehenden Nadelhölzern leben und durch Berftörung
der faftleitenden Schichten dad Eingehen bes Brutmateriales herbeizuführen imftande
find. Es Handelt ſich bei Pissodes deshalb um Larven, nicht um Käferſchaden.
Die Eier werben meift zu mehreren abgelegt. Die auskommenden Larven frefien
dann von dem gemeinfamen Ausgangspunkte ftrahlenförmig nach verfhiedenen Rich⸗
tungen auslaufende Gänge, die, bem Larvenwachstum entiprechend, allmählich breiter
werben und in ber harakteriftifchen, in den Splint eingreifenden Spanpolfterpuppen=
wiege (Abb. 88b) enbigen.
Die buch Nüßlin?) und Mac Dougall?) geflärten Generationsverhättniffe
ftimmen mit denen von Hylobius im weſentlichen überein (vgl. die Angaben auf
©. 198) und find wie bei Hylobius gefennzeichnet durch:
a) Langlebigkeit der Käfer;
b) eine vom April an durch den ganzen Sommer fich Hinziehende Eiablage;
e) ſchnelle Entwidelung des Käfers im Sommer, langfame bei den überwin—
ternden Entwidelungszuftänden;
d) mehr oder weniger gleichzeitiges Auftreten verfchieden alter Käfer und Lar-
“ven, ſowie von Puppen;
e) einjährige Generationsbaner.
Die Pissodes-Arten gehören teilweife zu den ſehr ſchädlichen Forſtinſekten;
fie find ausfchließliche Nadelholzfeinde und fchädigen teils ala Kultur- teils als
Beſtandsverderber. Am meiften gefährdet iſt die Kiefer.
17. Pissodes notatus Fabr.
Beißpunftrüffeltäfer, Heiner brauner Kiefernrüffelkäfer‘)
(Abb. 84).
Kennzeichen: Käfer 6-8 mm lang, rötlich-braun, mit grau
weißen und gelben Haarſchüppchen unregelmäßig befept. Auf dem
Halsſchild einige (meiftens acht) deutliche gelblid-weiße Punkte; auf
den punftiert:geitreiften Flügeldecken eine breite, toftfarbige bis weiß⸗
fiche, an der Naht unterbrochene Querbinde hinter den Schultern und
eine zweite, ebenſo gefärbte, aber nicht unterbrochene hinter der Mitte.
Die Punftreihen auf den Flügeldeden find gleihmäßig ftart. Hinter
eden des runzelig gekörnten Halsſchildes ſcharf und ſpitzwinlelig.
Nüffel ziemlich lang und fein, dunkelbraun, im unteren Drittel ges
un. 9. {hmärzt. — Sarve von dem Habitus der gewöhnlichen Rüffeltäfer-
Piesoden notatus Fabr. [arven. — Puppe mit rötligen Dornchen und einem fehr deutlich
He ausgebilbeten Rüffel ausgeftattet.
9 Stürg, R.: Forftl BL. N. F. 1878, 366. — 2) Forftl.:naturw. Ziſchr. 1897, 441.
— 3) Dai. 1898, 161, 197. — 4) Troft, C.: Forſtw. ZI. 1890, 618.
Käfer: Pissodini. 213
A. Lebensweife.
Flugzeit: April bis September.
Die Eiablage erfolgt während dieſer Zeit, zumeift wohl im Frühjahr, in ber
Regel an junge Pflanzen und Stangen verichiedener Nadelhölzer, hauptſächlich Kie
fern, am liebften an die unteren Quirltriebe (biß zu etwa 1 m Höhe), aber aud) an
Stöde, Wurzeln, liegende (felbit ſtarkborlige) Stämme und an aufgeflaftertes Holz.
Die Larven ericheinen 3—4 Wochen nach der Eiablage und verpuppen fi
nad 2—3 Monaten, wenn fie aus Frühjahrseiern, nad 7—8 Monaten, wenn fie
aus Sommereiern ftammen.
. Das Austommen der Frühjahrögeneration erfolgt von Auguft ab bis Ende
September. Der Jungkäfer übertwintert, ohne ſich ſcho
Herbſt fortzupflangen, am Zuße ber befallenen Stämme
ſchen Borkenrigen oder unter Moos, ſonſtiger Boden!
ſelbſt in der Erbe.
Aus den als Larve oder Puppe übermwinternden
dividuen fommt der Käfer im Fruhjahr Jaus.
Generation einfach.
B. Forſtliches Verhalten.
Der weit verbreitete, aber nicht jo maſſenhaft wie
lobius abietis auftretende Käfer liebt die Ebene. Er b
Kiefern und Schwarzkiefern, jeltener Weymouthskie
ausnahmsweiſe Fichten und Lärchen und zwar
Hauptfächlih junge 4—12jährige Pflanzen. Hin
und wieder werben auch Stangen bis zu 30jähri-
gem Alter angenommen. Moder!) hat ihn fogar
in 100—120jährigem Altholze gefunden. Bevor:
zugt werben in jedem Falle kränkelnde, duch Feuer
uſw. mitgenommene Beftände. Der Käfer tritt z. B.
nicht felten als Begleiter oder Nachfolger der Schütte
ober des Agaricus melleus auf. Bei jungen Pflan-
zen werben die Eier an den unteren Quirlen abgelegt.
Die austommenden Larven frefien zwiſchen —
volz und Rinde abſteigende, leicht geſchlängelte, im- Abd 86. Buppenwiegen von Pissodes
ou breiter —S dene Lake: gefühte ad am oberen no ce —
Gänge. An deren Ende bereiten fie ſich eine ovale, ——— zum
von Spanpolfter umgebene Puppenwiege, aus wel⸗ eines Sindenfenfters fichtbar gemachten
cher fich der fertige Käfer durch ein rundes Fluglod; Fuprenlagers (mat. Or, Crig © R).
ausbohrt (Abb. 85). Die befallenen Stämmchen verraten fi gewöhnlich(im Juli)
durch Heine Harztröpfchen an ber Rinde, Rotwerden und Welfen der. Nadeln und
fterben in der Regel ab. Iſt das Stämmchen nicht ringsum befallen, fo zeigt fih an
der fonft welfen Pflanze der eine oder andere Zweig noch grün (ein gutes Erken—
nungszeihen für den Fraß).
1) Dfterr. 3. u. J-Btg. 1908, 43.
214 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
Neben dem wirtichaftlich allein ins Gewicht fallenden Larvenſchaden kommt
noch Käferſchaden vor, und zwar fchadet der Käfer durch Anftechen junger Triebe
zum Zwecke der Nahrungsgewinnung. Der jo erzeugte Schaden ift belanglos; plab-
weiſes Abnagen der Rinde findet nicht Statt.
C. Belämpfung.
a) VBorbengung.
1. Erziehung kräftiger, gefunder Pflanzen.
2. Rechtzeitige Entfernung aller kränfelnden Pflanzen und unterdrüdten
Stangen.
b) Bertilgung.
1. Ausreißen und Berbrennen der mit Brut beſetzten Pflanzen (Juni, Suli).
Mit dem Uusreißen der Pflanzen beginne man fobald als möglih. Yu warten, bis
die Berpuppung eingetreten ift, empfiehlt ſich nicht, weil man dann vielfach zu ſpät kommt.
Wenn durch das Herausreißen ftehen bleibende Pflanzen im Wurzelverband gelodert wer⸗
den, jo muß der Boden wieder feitgetreten werden.
2. Rodung oder Abhieb der befallenen Stangen und Schälen der Rinde.
3. Sammeln der Käfer mit Fangkloben.
Das in gleicher Weiſe wie bei der Bertilgung des großen braunen Rüffelläferd (S. 207)
mit grobrindigen ſtärkeren Kloben ausgeführte Verfahren Hat fih in Heſſen) bemwähtt.
4. Zegen von Brutlnüppeln, wie bei Hylobius abietis L. zur Bertilgung
der Larven. Die Entfernung und Verbrennung der Rnüppel ift von Mitte Juni an
vorzunehmen.
18. Pissodes validirostris Gyll. (P. strobili Redt.).
Kiefernzapfenrüßler.?)
Kennzeihen: Der 6—8 mm lange Käfer gleicht dem notatus vollkommen. Er
unterjcheidet ſich morphologiſch nur dadurd, daß bie Hintereden bes fein runzelig gelörnten
Halsſchildes jcharf rechtwinklig und weniger jpih als bei notatus find. Die Punkiſtreifen der
Hlügeldeden find feiner punftiert wie bei diefem. Der Rüſſel von validirostris ift ſchwarz
und höchſtens unter den Augen braun. Tarjen ſchwarz (bei notatus ſchwarzbraun), Ylügel:
bedenbinden wie bei notatus, aber heller, mehr weiß.
Lebensweife uſw. Der Käfer entwidelt fi in den Zapfen der Kiefer. Die Bapfen
werden vermutlich im Frühjahr mit meift einem, bisweilen aber auch mehreren Eiern be
legt. Die Larve frißt bis in den Auguſt hinein, verpuppt fi und wird zur Imago im
September. Der fertige Käfer bohrt ſich durdy ein kreisrundes Ausflugloch aus dem hän-
genden oder bereit abgefallenen Zapfen und überwintert. Generation jomit einfach.
Die bewohnten Zapfen fallen oft durch kümmerliches, dürres Ausfehen gegenüber ben
normalen auf, hängen meift weniger feit als dieſe und werben bei ftärlerem Winde im
Auguft und September zahlreich) zu Boden geworfen.
Belämpfung: Praktiſch faum in Frage fommend; nur ausführbar dur Sammeln
und Verbrennen der herabgefallenen Bapfen, jolange fie noch bewohnt find.
19. Pissodes pini L.
Kiefernbeftandsrüffeltäfer.:)
Kennzeihen: 7—9 mm lang, rot bis ſchwarzbraun, dem Hylobius abietis ähn-
ih. Halsihild runzelig gekörnt mit jcharf rechtwinfelig vorjpringenden Hintereden. Fläs
geldeden mit deutlichen Punktreihen an der Naht und zwei ſchwachen gelben DQuerbinden,
von denen Die bordere oft nur unterbrochen und undeutlich jichtbar ift.
1) Bgl Thaler: Allg. F. u. J.-Ztg. 1902, 276; 1903, 400. — 2) Edftein: Ztſchr.
f. F. u. Iw. 1906, 116. — 8) Beling: Thar. Ihrb. 1883, 92.
Käfer: Pissodini. 215
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit vermutlich wie bei den anderen Pissodes-Arten
vom Frühjahr bis Auguft-September, Höhepunkt anfcheinend im uni. Die Eier
werden meift häufchenweiſe an Kiefern in ein in die Rinde genagtes Loch abgelegt.
Überwinterung im Larvenzuftand. Generation einfad).
Die Larven machen Gänge zwijchen Rinde und Splint, in ftärferem Holze,
bejonders bei Weymouthskiefer in Strahlenform. Im ſchwächeren Material vers
ſchwimmt die Strahlenform; die Gänge laufen Hier durcheinander. Die Länge der
einzelnen Gänge kann biß 20 cm betragen. Die mit groben Spanpolitern ausgeklei⸗
deten Puppenwiegen greifen ſtets in den Splint ein. Befallen werden vornehmlich
gemeine Kiefer und andere Fieferarten, unter Umftänden auch andere Nadelhölzer.
An älteren Kiefern brütet der Käfer oft in den oberen Partien. Größere Schäden
nicht belannt.
Belämpfung: Einichlag der betreffenden Stämme mit Schälung und Vers
brennung der Rinde. Bei tief im Splinte figenden Wiegen müſſen die Stämmchen
verbrannt oder mit jtumpfen Beſen abgelehrt werden.
20. Pissodes piniphilus Hbst.
Kiefernftangenräffeltäfer.‘)
Kennzeihen: 4—5 mm lang, dem Pissodes notatus ähnlich, aber Heiner; roſt⸗
bräunlich, mit Heinen, gelbweißen Haarſchüppchen dicht bepudert. Flügeldecken runzelig ge
törnt; hinter der Mitte jeder Dede ein großer, roftgelber Makel. Halsichild mit abgerundeten
Hintereden.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Nach den vorliegenden Züchtungsverſuchen
von Mac Dougali?) wie bei notatus und den übrigen Pissodes-Arten.
Die Eiablage erfolgt nicht immer vereinzelt, wie Altum (a. a. D.) annimmt,
fondern auch häufchenweife, ſodaß der den Pissodini eigene Strahlenfraß auch hier
möglich iſt.
Am Liebften find dem Käfer etwa 30 — 40 jährige Stangenhölzer; jedoch fommt
er auch in älteren (bis 110 jährigen) Beftänden vor. Un ftärleren Stämmen bewohnt
er die Äfte, Gipfel und den bünn berindeteu oberen Schaftteil. Als Fraßbäume find
bis jebt Kiefer und Weymouthstiefer beobachtet worden.
Die Larvengänge find leicht geichlängelt, mitunter bis 15 cm lang und vers
laufen im Bafte, meisten? in der Längsrichtung des Stammes; jedoch nehmen fie
auch mitunter andere, an Strahlenfraß erinnernde Richtungen an (Abb. 86). Die
mit weißem Holzmeht gefüllten elliptifchen Buppenwiegen (Abb. 86, b) heben ſich fehr
deutlich ab.
Der Käfer befällt nicht bloß kränkelnde und unterdrüdte, fondern auch ganz
gejunde Stämme und bringt diefe bei ftärferem Anfluge zum Abfterben. Das Küm⸗
mern der Triebe im Wipfel bzw. deren Dürrwerden und das Austreten weißer Harz⸗
tropfen werben zum Berräter.?) Als Bundesgenoffe tritt häufig der Kiefernblafenroft auf.
Generation vermutlich einjährig (wie ſchon von Rageburg angenommen).
Belämpfung: 1. Kräftige Durchforſtung der Kiefernbeitände, rechtzeitige
Entnahme des kränkelnden Materiales (Kienzopfitangen!)
1) Altum: Ztſchr. 1.5. u. Im. 1879, X. Bd. 85. — Dolles: Forſtw. Zbl. 1885, 144.
— Neijenegger, Herm.: Allg. F. u. I. Big. 1889, 296 u. 885. — 2) Forſtl.⸗naturw.
Btihr. 1898, 201. — Bgl. auch Spies im Bericht üb. d. 16. Verf. Pfälz. Forftwirte 1899,
40. — 3) Altum: Btiche. f. F. u. Iw. 1884, 21.
216
Erftes Buch. Schup gegen Tiere.
2. Fällen der vom Käfer befegten Stangen ufw., Abfuhr des eingefchlagenen
Materiales vor Beginn des Srühjahrs oder Entrinden (Schnigen) desſelben im Herbft.
Abb. 86. Frab der Sarven von Pissodes piniphilus Hbet. in Rielernrinde.
a Sarvengänge, b mit Holgmehl gefüllte Puppenwiegen, o ein Gluglod, (nat. @r.).
3. Werfen von Fangbäumen bzw. Herrichten ftehender Sangbäumedurch Ringeln.
P. pinipbilus bevorzugt fränfelndes Material und läßt ſich deshalb durch Fällung von
Stangen, die des befferen Anfliegens halber Hohl zu legen find ober durch Ringeln ftehenber
66.87. Piosodos Haroyniae
Bbst., Yı.
Bäume auf leicht tontrollierbares Brutmaterial fongentrieren. Das
Werfen bzw. Ringeln hat rechtzeitig vor Beginn der Flugzeit im
Frühjahr zu geichehen, deögleihen das Schalen der Fangbäume
dor der Berpuppung.
Al. Pissodes Harcyniae Hbst.
Harzrüffelfäfer') (Abb. 87).
Kennzeihen: Käfer 6—7 ımm lang, ſchmal, von ſchwar⸗
zer Örundfarbe mit weißlihen Schüppchen beftreut. Zlügeldeden
punftiert-geftreift, mit abwechſelnd erhabenen Zivifchenräumen und
zwei feinen, ſchrägen, unterbrochenen gelblichweißen Querbinden
vor und Hinter der Mitte. Schildchen gelblichweiß. Halsſchild
mit großen, runden, vertieften Punkten befegt und deutlich abge
rundet. — Larve und Puppe zeigen anderen Pissodes- Arten
gegenüber nichts Bemerlenswertes.
1) Bur Literatur: Auhagen: Allg. F. u. 3.:Ztg. 1860, 462. — Beling: Daf. 1863,
167.— Nördlinger, 9.: Krit. 81.1861, 43.86. 11,288. — Schier: Forſtw. 361. 1892,836.—
Nitihe: Thar. Ihrb. 1895, 162. —Gerlag: Forſtl.naturw. Ziſcht. 1898, 187. — Der].:
Öfterr. F. u. 3-30. 1907, 145. — Fuchs, ©.: Natur. Ztjchr. f. 2. u. Fo. 1908, 801.
Käfer: Pissodini. 217
A. Lebens weiſe.
Flugzeit: April bis September.
Die Ablage der Eier erfolgt an glattrindigen Fichtenſtämmen, welche zu dieſem
Behufe von den P angeſtochen werben. In jedes Loch kommen in der Regel 1—3
(felten mehr) gelblichweiße
Eier von der Größe eines
Mohntornd.
Die Larven freffen im
Baft unregelmäßige, almäh-
fi ſich verbreiternde und
dem Splint immer mehr fi)
nähernde, bis 0,8 m lange
Gänge (Abb. 888). Ju⸗
deich!) hat auch) eine, aller-
dings nicht ganz regelmäßige,
fternförmige Anordnung der
Gänge beobachtet.
Die Berpuppung
geht in einer mit Holzſpän⸗
hen audgepolfterten, ellipti=
ſchen Splintwiege vor fi,
welche mit derjenigen bon
Pissodes notatus Fabr. große
AÄhnlichkeit befigt(Abb.88b).
Die große Achſe diefer Wiege
Läuft gewöhnlich der Stamm=
achſe parallel.
Die Generation ift,
genau wie die der anderen
Pissodes⸗Arten, umſtritten
2 8 Pissodes
—X& 66 — ———
jährige, Eichhoff“) die doppelte. Höchſt wahrſcheinlich entſpricht fie dem allgemeinen
Schema der Gattung Pissodes und ift einjährig.
B. Sorftlies Verhalten.
Der Käfer ſchadet hauptſächlich als Larve.
Der Fraß erftredt fi auf die Fichte von 50—120jährigem Alter, nur aus:
nahmsweife auf jüngeres Holz, vorwiegend auf den Schaft. Bei ſtarker Vermehrung
werben aber aud Aſte befallen. Beſtände unter 30 Jahren nimmt ber Käfer nicht
an; auch ift er an anderen Nabelhölzern noch nicht beobachtet worden. Obfchon im
allgemeinen unterbrüdte und Fränfelnde bzw. durch Schnee oder Windbruch befchär
digte Stämme vorgezogen werben, befällt er doch auch ganz gefunde herrichende
1) Die Waldverderber u. ihre Feinde. 7. Aufl. Berlin 1876, 98. — 2) Zorftzoologie. II.
1. Abtig. 2. Aufl. 206. — 3) Lehrb. d. Mitteleurop. Forftinfeltenfde. I. Bd. 384 u. II. Bd.
1308. — 4) Btichr. |. F. u. Im. 1882, 337.
218 Erfies Buch. Schub gegen Tiere.
Bäume. Namenilich in durch Rauch beſchädigten Fichtenbeftänden fcheint P. Harcy-
niae feine Angriffe nicht auf unterdrüdtes Material zu beſchränken; er nimmt bier
je nad) dem Grad der Raucherkrankung auch die mitherrfchenden und herrichenden
Stämme an.
Der Käfer benubt befonder8 die oberen Stammbälften zur Eiablage. Ver
untere Abſchnitt älterer Stämme bis zur Brufthöhe wird nur ungern belegt. Vie
aus ben geftochenen Löchern hervorquellenden Harztröpfchen eritarren oder breiten
ſich allmählich auf der Rindenoberfläche aus, durch die Einwirkung der Luft blän⸗
lichweiße Fleden bildend. Die Stämme erhalten hierdurch das Ausfehen, als wenn
eine leichte Beiprigung mit Kalkwaſſer ftattgefunden Hätte. Diefes Zeichen ver:
rät den heimlichen Feind, ift Daher wohl zu beachten. Ebenfo zu beachten aber
ift, daß die „Kalffpriger” Teine unbedingt notwendige Begleiterjcheinung des Käfer-
angriffes find und daß andererjeit3 Harzaustritt auch aus anderen Urſachen erfolgen
kann. Dort, wo Harzaustritt infolge des Käferangriffes ftattfindet, handelt e3 fi
nicht immer um Einleitung des Brutgefchäftes, alfo um Eiablage. Vielfach werden
Harzaustritte gefunden, unter denen Larvengänge beim Nachſuchen nicht vorhanden
find. Sie rühren dann von den Angriffen her, die die nach der Übermwinterung im
Frühjahr auffteigenden Käfer zum Zwecke der Nahrungsgewinnung ausführen.
Der vom Harzrüffeıkäfer befallene Baum reagiert in verfchiedener Weiſe. Schwä-
cherer und eng begrenzter Fraß wird anjcheinend längere Zeit gut vertragen. Bei
ftärferer Beſetzung erfolgt dann Wellen der Krone. Trodene, entnadelte Gipfel charal:
terifieren das lebte Stadium, in welchem die Stänme ihre Rinde fallen laffen und
eingehen; jedoch tritt diefes Stadium bloß bei ftarfem Befallenfein und verhältnis-
mäßig ſpät ein.
Bemerkenswert ift, daß nach den Beobachtungen Gerlachs (a. a. O. ©. 216,
Unm. 1) frifhe und noch gut lebensfähige Fichten den Angriff des Käfers oftmals
abmwehren, indem die Larven im Harz eritiden und die Yarvengänge mit einer Kork⸗
Ihicht umgeben, „abgefapfelt" und zulegt mit der Rinde abgeftoßen werden. Die
eingetrodneten Sraßgänge find äußerlich, insbeſondere an noch nicht abgeftorbenen
fleifchigen Rindenpartien als Riefen zu erkennen, ein Merkmal, da neben den Harz
flefen und Harztropfen auf die Anweſenheit des Schädlings hinweiſt.
. Der Käfer tft zuerft 1886 von Sarejen im Harz als fchäblich beobachtet worden,
jedoch erſt ſeit etwa 1860 in verderbenbringender Weile in den dortigen Fichtenwaldbungen
aufgetreten (daher ber Name „Harzrüffelläfer‘). Der Wusbruch des Übel am Harze
wird den heißen Sahren 1857, 1858 und 1859, jowie den durch Schneebrüche uſw. ent:
ftandenen großen Holzmaffen zugeichrieben, deren Uufarbeitung längere Beit beanſpruchte.
Der Hauptfraß ereignete fich in den Forſtinſpektionen Bellerfeld und Lautenthal, fowie in
den braunſchweigiſchen Revieren Eeejen, Wolfähagen, Oker und Harzburg und dauerte von
1860—1865. Nach Xorenz!) waren 1861/62 in der Forſtinſpektion Lautenthal (vier Ne:
viere) mit 6767 ha Holzbodenfläche etwa 8400 ha 50—70jährige Fichtenbeftände von dem
Käfer befallen, und es mußten im ganzen 117967 angegangene Stämme mit einem Auf:
wande von 11000 ME. (an Reviſions⸗ und Schälerkoften) gefällt werden. Später (von 1866
ab) Hat ſich der Käfer auch im gothaiichen Thüringer Wald?) (biß zu 650 m Meereshöhe)
und (jeit 1867) auch im Erzgebirge (Revier Olbernhau uſw.) ſchädlich gezeigt.
Ferner iſt der Käfer in Maflen in dem von 1889 ab von der Nonne heimgejuchten
Forſtamt Ebersberg (Reg.-Bez. Oberbayern) aufgetreten. Man fand in den am ftärkften
bedrohten Partien 20—50%, der unterfuchten Stämme vom Harzrüffelläfer befallen. Den
1) Thar. Ihrb, 1863, 241. — 2) Heß: Allg. F. u. Ss Big. 1867, 317.
Käfer: Pissodini. 219
Mutterboden für feine mafjenhafte Entwidelung bildete das bis zum Winter 1890/91 in
allen Beſtänden reichlich vorhandene unterdrüdte Holz.
Endlich ift der Käfer neuerdings auch in ben Rauchichadengebieten Sachſens, in durch
Kohlenranch ſchwer geichädigten Stangen: und geringen Baumhölzern in größerer Menge
beobachtet worden.)
C. Befämpfung.
a) Vorbengung.
1. Sorge für Reinlichkeit im Walde, d. h. rechtzeitige Entfernung aller krän⸗
feinden und unterdbrüdten Stämme.
2. Raſche Aufarbeitung aller Bruchhölzer und Windfälle.
3. Schälen der den Sommer über im Walde verbleibenden Stämme.
In den verichiedenen Fraßjahren diejes Inſektes im Harze zeigte fi auch eine An:
zahl von Ichneumonen tätig. Die meiften davon gehören ber Gattung Pteromalus an.
b) Bertilgung.
1) Einſchlag und Entrindung oder Schniken der befallenen Stämme. Die
Rinde ift zu verbrennen.
Geſchieht die Entrindung erft, nachdem die Puppenwiegen bereitö bezogen worden find,
jo bat noch Üblehren der entrindeten Stämme mit ftumpfen Reifigbejen bzw. Stahlpraht«
bürften zu erfolgen, um die Larven oder Puppen zu zerdrüden.
2. Bei Überhandnahme des Käferd Verkohlung der nicht zu Nußholz taug-
lichen Schaftteile und Aſte und Verbrennen des ganz geringen Gipfel und Reisholzes.
3. Werfen von Sangbäumen im Frühjahr und fachgemäße Überwachung und
Behandlung folder vgl. ©. 160).
4. Zeimen der bedrohten Beſtände.
Das Unlegen von Leimringen in Verbindung mit Ablejen und Vernichten der unter
ben Ringen fid) anjammelnden Käfer wird von Nitſche auf Grund der auf der Döhlener
Barzelle des Tharandter Reviere gemachten Erfahrungen empfohlen. Auf 1,8 ha 50; big
60 jaͤhriger Fichtenflädhe wurden 1893 in der Zeit vom 1. Mai bis 6. Juni 9357 Käfer
(dabei etwa 10°, scabricollis) gejammelt. 1895 war das Ergebnis auf 2 ha 9445 Käfer
(dabei 25°%/, scabricollis) Da der Aufftieg der Käfer nad) der Winterruhe ſehr zeitig er⸗
folgt, müffen die Leimringe bereit fertig angelegt fein, wenn fich die Temperaturminima
noch unter 0° Halten.
22. Pissodes scabricollis Mill.
Kleiner Fichtenbeftand3rüffeltäfer.”)
Kennzeichen: 4,5—5 mm lang, dem vorigen ähnlich, aber Feiner (überhaupt die
feinfte Pissodes:Art), pechſchwarz oder braun. Stirn und Rüſſel ftart punktiert. Flugel⸗
deden mit einem weißen oder gelben led, dahinter eine breite, an der Naht verjüngte
weiße und gelbe Querbinde. Schildchen weiß. Halsichild mit rechtwinteligen Hintereden,
zwei weißbeichuppten Punkten auf der Oberjeite und einigen folchen Fleckchen an ben Seiten.
Lebensweise ufm.: Der Käfer Iebt jehr häufig vergejellichaftet mit P. Har-
eynise und ftimmt mit diefem in bezug auf Öeneration, Lebensweiſe und forftliches
Verhalten anfcheinend vollkommen überein.
Bauly fand bei einem fünftlichen Zuchtverfuche, daß die Larvengänge und Puppen
wiegen durchichnittlich etwas Meiner find ala hei Harcyniae und beobachtete, daß die Lars
. 1) Bol. die oben (S. 216, Anm. 1) angeführten Arbeiten von Schier, Nitſche und
Gerlach. — 2) Lang: Forftl.:naturw. Ztſchr. 1892, 48. — Pauly, %.: Daj. 1892,
864 u. 875.
LE: ErrS Ib. Tg gm er
wmunprag Fra IE Wr TC SEIEN Tom MG WE TEE zurmler ZeRrIE-
wa wii 20 * N:..P7’IEE:4 u mpımer he SC
gs na wre ? Ama use U jeder nelmrrr mer
wn tung eu.
3” 1%.. Yomur wemrüß ı rleı mar me ı we
La mr set va: pre a ne’ Zur Tier an en
wir: wien
m wı vr ve Yıme Iessgerfiner Fimferiter wi Deren Sr 220
wre et sn 0 i gweriet:n — 2 SEE
Dry vr Kan wi wie:t EIe x Leser jeammeiıer reiner genicer Yet
Ama ma *, vier year IN TE , MX icitetie mr
Kılınzy'sıy Bin je em mx
28. P:isersses zeese L_
Ms I-ırrer:i es ti’er’
Yrizyr Ari . sur Kıız no wiez Sfruer ; bee.
wine st ser prorit Ir je Ye mer Suse jr ger md:
wis, sılya ser.ur re, 12 39ı us seaertııtener Erde ie merrfgn Furfıe au
α res zu rn Irak ner gefizet il ver gelb-
ar, sen Ver ker, vertr Bxrtra ax: mi ihr Tigesizkligen Genter-
Ass, 3 Leursry ar ——
zıhersmerie ww: Alugzeit: Ayrıl, Mai bis September. Die Eier wer⸗
yon ı7 Laurtun m,0 20-3 Etrüd ebenicw-äl au unterdrüdte Eiangen wie an das
Narflie Wii, unb zwar ausiHließlih an Tanne abgelegt Au deu flarfen Tammen
gyriapoia Ir Giahiage nur an Aitwunden, Abbruch⸗ oder Kreböjtellen SKrebötannen
meren sm Sihmar;walb bevorzugt. Auch Windiälle, Scheitholz und Stöde werden
gzeen angenvmmen,
Larvenleben, Berpuppung, Auskommen und Generation entſprechen
vermutlich durchaus dem Schema der Pissodini. Vielfach ſcheint die Uberwinterung
Im Larvenſtahium und die Berpuppung dann im zeitigen Frühjahr vor ſich zu geben.
Lie Puppenwiegen liegen oft mehr in der diden Rinde als im Splint.
Ger Hüter befallt vorwiegend kränkelnde Stämme oder jolche, die im Wachs⸗
tum zurlidgeblieben find; er tötet jedoch unter Umftänden auch anfcheinend ganz ge
hunde Zannen, Gewöhnlich wird nur der eigentliche Stamm befallen, nur in flär-
ferem Holze auch die Sipfelpartie. Bon einer Aitwundftelle gehen nicht jelten 20 bis
30) Yarvengänge ab, die im Baſte nah allen Richtungen hin ftrahlenförmig vers
lauſen und zum Teil eine bedeutende Länge (bis zu 60 cm) erreichen.
Wefampfung: 1. Schonung der Buntfpechte, insbefondere des großen Bunt⸗
ſpechts, der den Yarven und Wippen jehr eifrig nachftellt.
2. Mechtzeltige Fällung und Entrindung der befallenen Stämme. Die Buppens
wöiegen find, ſobald fie im Splint liegen, mit fcharfen Beſen auszufegen.
3 Entrindung dev auf den Schlägen verbleibenden hohen Tannenftöde big herab
au den ſtarken Wurzeln.
4. Jällung don Fangbäumen.
Rogech Oſterr Yin. 1889, 87.
Käfer: Pissodini. Cryptorrhyachini. 221
C. Unterfamilie Cryptorrhynchini.
24. Oryptorrhynchus lapathi L.')
Bunter Erlenrüffeltäfer (Mbb. 89).
Kennzeigen: Käfer 7-9 mm fang und durch ein ſehr darakteriftiiches Kolorit
ausgezeichnet. Halsjchifb und zwei Dritteile der Flügeldeden pedbraun biß jchvarz, mit
aufrechtſtehenden, großen Büjcheln ſchwarzer Schuppen. Seiten-
teile des Halsſchildes, Vorderbruft, Tegtes Dritteil der Ylügel-
deden und Schentel in ber Mitte weiß, bei jungen Eremplaren
zötlichmeiß oder rofarot beſchuppt. Aüffel in eine Furche un:
terſeits einſchlagbar. — Larve weißlich, mit braunem Kopf. —
Lebensweiſe ufm.: Flugzeit im Mai nad der |
Übermwinterung der bereit3 im Auguſt des Vorjahres aus⸗
gekommenen Käfer. Die Eier werben vom Mai biß zum
Zob der Mutterfäfer (Juli, Auguft) einzeln, bisweilen
aber mehrere eng beieinander, in die Rinde junger Erlen
ufto. abgelegt und zwar überwiegend im unteren Teile der Abb 89. Cryptorrhynchus
Stämmden. Die Larven kriechen aber erſt im März des
lapathi L., *ı-
folgenden Jahres aus den fomit überwinternden Eiern. Sie frefien bis Ende Juli
und verpuppen fi dann zu Turzer, nur 2—3 Wochen andauernder Buppenruhe am
Ende des mit Nagefpänen und Bohrmehl angefüllten
Fraßganges, nachdem fie fich Hier umgedreht haben.
Der im Auguſt ausfommende Jungfäfer wühlt ſich
duch die den Gang füllenden Nageſpäne und ver:
läßt feine Geburtsftätte durch das letzte der von
der Larve zur Reinigung ihres Ganges genagten
Auswurflöger. Die Jungfäfer begatten ſich im
Herbſt noch nicht, fondern freſſen bis zum Eintritt
tälterer Witterung an bünnrindigen Stämmchen
und Zweigen. Übertvinterung in Rindenrigen und
ſonſtigen Verfteden, vornehmlich in der Bodendede.
In den höheren Gebirgslagen übermwintert der Kä—
fer in der Buppenmiege und ericheint dann erft im
Srähjahr.
Generation fomit zweijährig.
Fraßpflanzen find Rot: und Weißerle
und Weiden; jebod werden auch Alpenerle, Pap⸗
peln und Birken befallen. Bevorzugt werden junge,
2—4jährige Stämmen, ganz bejonderd Sern=
wüchſe. Weiden werden auch ald Stedlinge und
Seßftangen befallen.
Die junge Larve frißt zunächft Dicht unter ber
Rinde einen gewundenen, längs aufwärts gerichteten
und nur ben Baft durchfchneidenden Gang (Abb. 90).
Später furcht fie den Splint, dringt in’ diefen ein
a v
Wbb. 90. Yrab der Barve von Oryptor-
Thynchus lapathi L. in Roterlenftämm-
en. @ mit mod) becindetem, b mit frei-
gelegtem Pläpfraß (nat. Gr).
1) Torka, ®.: Entomol. Blätter 1908, 9, 28. — Scheidter, Franz: Naturw.
Btichr. f. F. u. Lw. 1918, 279. — Vgl. auch Altum: Ztſcht. f. F. u. Iw. 1879, 17. —
Edftein: Daf. 1891, 878. — Bittmann: Vholgn. d. Forftro. v. M. u. Schl. 1898, 173. Hft.,38.
222 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
und frißt in den bünneren Kernwüchſen und Ausſchlägen endlich voll-
tommen zentral (Abb. 91). An der Stelle, wo der Fraß in ben zen»
tralen Gang übergeht, wird der Holzkörper platz⸗
artig ausgefreiien.
Man erkennt den Fraß an weltenden Trieb⸗
fpigen der befallenen Ausſchläge, ferner an dem
Mißfarbigwerben und Aufblähen ber Rinde, fpä-
ter an deren Einfinten und Riſſigwerden über den
Gängen (Abb. 92) und an dem braunen Holz
mehle, weiches fowohl an den Bohrlöchern hängt,
als auf dem Boden Tiegt.
Der durch den Larvenfraß verurjachte Scha⸗
den ift teilmeife ganz erheblih. Es kommt vor,
daß die Stodausichläge von Erle fo ftark befallen
werben, daß 30 bis 40 Larven in einem Aus
ſchlage gezählt werben können. Schon bei ſchwä—
cherem Befall fterben die angegangenen Stämme
chen ab ober brechen an ben Sraßftellen leicht um.
Ganze Exlenniebermälder und Weidenheger können
auf diefe Weife ſchwer geſchädigt werben.
Weit weniger empfindlich ift der durch den
Käfer angerichtete Schaden. Der Käfer befrikt
die glatte Rinde junger ein⸗ oder zweijähriger
Triebe, indem er mit feinem Rüffel einfticht und
— unter dem Stichloch den Baft verzehrt. Die Erlen
—S—— ke re haben Hiervon feinen merkbaren Schaben, fonbern
gm —— — —&— heilen die Heinen Wunden bald aus. In Weiden⸗
faflenes @rienftämm- rhynehus lapathi L. hegern aber kann durch das Benagen ber einjähr
a ei. rigen Nuten an ben Triebſpihen ein fuhlbarer
Brig. 6.8). nert, Orig. ©. 8). Schaden erzeugt werben. -
Bekämpfung: 1. Aushieb und Verbrennen der mit Larven bejegten Stämm⸗
Gen bzw. Loden (bi Ende Juli). Beſtes Mittel.
2. Abſuchen bzw. Abklopfen der Käfer in Fangichirme.
Hierbei ift große Vorficht geboten, ba ſich die Käfer bei ber leiſeſten Erfchütterung
der Fraßpflanze herunterfallen laſſen und eine Zeitlang wie tot an der Erde liegen, wo ⸗
durch fie fich den Blicken entziehen. Das Verfahren ift deshalb wenig erfolgreich.
Borbeugend kann noch im Meinen durch Anftrich wertvoller Kernwüchſe mit Lehm
ober Miſchungen von Kalt, Kuhmift uſw. mit Lehm für Schug gegen Eiablage gejorgt werden.
D. Unterfamilie Balanini.
25. Gattung Balaninus.
Die bei der einzigen hierher gehörigen Gattung Balaninus zu nennenden Arten
tönnen durch Beeinträhtigung ber Samenernte von Hafel, Eiche und Ka—
ftanie ſchädlich werben.
Die Käfer, namentlich) die 2, find durch einen auffallend langen, ſtark gebogenen
Käfer: Balanini. Orchestini. 223
und fabenbünnen Rüffel gefennzeichnet. Hiermit werben von dem im Mai, Juni
fliegenden Käfer die jungen, noch grünen Früchte von Hafel oder Eiche zum Zwecke
der Eiablage angeftohen (Abb. 93 A).
Die auskommende Larve nährt fir"
Samen und fällt erwachſen mit der n
vorzeitig abfallenden Frucht zu Boden.
fich Hier durch ein kreisrundes Loch au⸗
mehr harten Samenſchale heraus unt
fih im Boden. Ausfommen im Mai. (
einfach. Unter Umftänden nimmt abe
widelung infolge Überjährigkeit mehrer
Anſpruch.
Als Schaãͤdlinge kommen in Be⸗
tracht:
Balaninus nucum L., der
Hafelnußbohrer (Abb. 93 A, oben),
bevorzugt die Hajelnuß und vermag,
wie Heß!) mit einem Beifpiel be-
legt, die Nußernte weſentlich zu beeiı
B. glandium Marsham und B
tus Foure., der große und ber Heine E
Beide entwideln fi in Eicheln — B.
auch in Hafelnüffen — und können bie
in unerwünfchter Weiſe verfleinern.
B. elephas Gyll. in Edelkaſtanie und u Pe —e— —
Zerreiche. langruffeligen en — ——
it der im der »entmidelnben
Bekämpfung: Auflefen und Vernichten der erde (mat. @r. nad Dollein).
zeitiger abfallenden wurmſtichigen Früchte, folange
die Larven noch in ihnen find, alfo unmittelbar nach dem Abfallen.
In Gärten kann bei ftärferem Auftreten des Haſelnußbohrers möglicherweiſe
nod Sammeln des Käferd durch Abklopfen oder Wernichten der Puppen durch Um-
graben des Bodens unter den Haſelnußſträuchern im Herbft oder Frühjahr in Frage
tommen.
E. Unterfamilie Orchestini.
26. Gattung Orchestes.
Die Gattung umfaßt Heine, bis 3,5 mm große Käfer, deren Hinterbeine Spring=
beine find. Forſtliches Intereffe gewinnen die im Frühjahr beim erften Laubaus-
bruch oft in Maſſe erfcheinenden Käfer durch den die Blätter von Laubhölzern mi:
nierenden Fraß ihrer Larven.
Orchestes fagi L.
Schwarzer Budenfpringrüfjeltäfer, Buchenrüßler.
Kennzeichen: Käfer (Mbb. 94) 2—3 mm lang, von länglichovaler Geftalt, pech-
braun bis ſchwarz, oben fein grau behaart. Flügeldeden mit großpunftierten Streifen
1) Forſtw. gbl. 1891, 588; 1904, 427.
224 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
und flachen Zwiſchenräumen. Rüffel ziemlich lang, zurüdgebogen. Fühler und Beine hell
braun. Vorderſchenkel mit einem Heinen Zahne; Hinterfchentel verdidt, fein gezähnelt. —
Larve weißlich, mit geteiltem, dunklem Nackenſchild und zwei Wärzchen auf jedem Hin-
terleibäringe.
Lebensweife ufm.: Flugzeit im April und Anfang Mai. Ber
Käfer ift außerordentlich beweglich und macht weite Sprünge.
Das 2 legt feine Eier einzeln an die friich enttwidelten Buchen
blätter, und zwar auf deren unteren Seite an die Mittelrippe ober in
deren Nähe, unter die vorher aufgebiffene Oberhaut. Mitunter wird ein
ae Vfatt mit mehreren Eiern belegt.
fagl I, Die ausjhlüpfende Larve frißt (vom Mat ab) im Blattparenchhm
Y einen nad) der Blattfpige ober ſeitwärts — nie nach dem Blattgrunde —
gerichteten, gefchlängelten Miniergang (Abb. 95), welcher fih plöglih zu einem
größeren Platz erweitert. Die anfangs weiß erſcheinende befrefjene Stelle wird bald
braun, im übrigen bleibt da8 Blatt aber geſund und funktionsfähig.
" Die Puppe (Abb. 958) fiegt innerhalb der
:effenen Blaitmine, in einem Heinen Kokon
n ber oberen und unteren Epidermis, nahe
attrande.
)er nach furzer Puppenruhe im Juni aus
nde Käfer überwintert unter Laub, in Rins
n, alten Fraßgängen und fonftigen Schlupf:
1. Neuere Beobachtungen!) deuten darauf
Hin, daß er bei der Übermwinterung etwaige,
an die Buchenbeftände angrenzende Fich⸗
tentulturen bevorzugt; wenigften® wurden
die in Nadelholzkulturen ftehenden Buchen
mehrfach ftärker befrefien als reine Bu—
Henverjüngungen.
Generation einjährig.
Infolge des Larvenfraßes neh
men bie Baumfronen ber Buchen bei maj-
ſenhaftem Auftreten des Käfers eine weit:
%66. 96. Junge Vucenblätter mit Barven- und
Wäferfeaß (Untes Blatt) von Orchesten fagi L.
© Buppe am Rande bet Blattmine (mat. Gr.,
hin fihtbare rotbraune Färbung an; die
Erſcheinung erinnert dann Iebhaft an bie
Wirkung eines erheblichen Epätfroftes.
Die 0.0) Neben dem Larvenfraß ift weiterhin
der vom Käfer durch Benagen der Blätter und Früchte angerichtete Schaden zu
erwähnen. Der aus dem Winterquartier ausgefommene Käfer durchlöchert bie
jungen Buchenblätter (Abb. 95) und benagt die Fruchtknoten der weiblichen Btüten,
während der Zungfäfer durch Anftechen der Fruchtkapſeln vorzeitiges Aufllappen”)
derfelben und Taubbleiben veranlaffen foll. Jedenfalls kann durch den Käfer eine
Beeinträchtigung der Samenernte herbeigeführt werben.
1) Roßmäßler: D. Forft-tg. 1913, 208. — Fauted: Daf. 1913, 429. — 2) W.:
Forftl. Wochenblatt. Beilage 3. Allg. Holzverkaufs-Anzeiger 1888, Nr. 38, 804. — D. For
Big. 1912, 762; 1918, 508.
Käfer: Orchestini. Cionini. 225
Der Käfer nimmt aber außer Buchenblättern uſw. noch jehr verichiedene Koft zu ſich.
Er if z. B. an Obftbäumen Stark ſchädigend beobadytet worden, er ſchmarotzt an Kirichen,
Himbeeren, Stadhelbeeren, Blumenkohl ufw. und Hat in Roggenfeldern‘), bie
fi in der Nähe von WBuchenbeftänden befanden, die unteren Spiten ber die Hauptähre
bildenden Meinen Ährchen benagt.
Er befällt Buchenbeftände jeden Alters, fogar Uuffchlag, zieht aber das ältere Holz
dem jüngeren vor und liebt bejonders die Beſtandsränder, jowie mehr freiftehende Bäume
(Mutterbäume in Lichtichlägen).
Am Pfälzerwalde trat der Käfer 1869 in jolcher Menge auf, daß in manchen Buchen»
beftänden fein Blatt verichont blieb.?)
1878 zeigte er fich maflenhaft in der Umgebung von Gießen, insbefondere im Wie⸗
fedder ®emeindewalde.?)
Am Speflart wurde die reiche Buchenmaſt im Herbfte 1888 durch dieſen Rüßler wejent-
lich beſchädigt.
Bekämpfung: Undurchführbar und vom forſtlichen Standpunkte aus auch
nicht nötig.
Dem von Wahl ſtammenden Vorſchlag, die Käfer abzuklopfen und die ab—
ipringenden Individuen auf mit Raupenleim bejtrichenen großen Papierbögen auf:
zufangen, kann ernftere Bebeutung nicht beigemeljen werben.
Orchestes querous L.
Eichenſpringrüſſelkäfer.“9
Kennzeichen: 2,5—4 mm lang, bauchig geſtaltet, gelb» bis rotbraun, oben bis über
die Hälfte der Slügeldeden dicht gelblichgrau behaart. Uugen, Bruft und erfte Hinterleibs-
fegmente ſchwärzlich. Flügeldeden fein punktſtreifig. Rüffel ziemlich lang. Fühler, Beine
und Hinterleibsende hellgelb. Borderichenfel mit einem Tleinen Zahne. Hinterſchenkel ver:
dit und unten mit mehreren einen Zähnchen.
Lebensweiſe ujw.: Die Okonomie diefes Rüſſelkäfers ift ganz ähnlich der des Or-
chestes fagi L.; er befällt aber nur Eichen (vorwiegend Stieleiche).
Um je ein Et unterzubringen, wird die Mittelrippe des Blattes häufig einige Male
unterfeit3 angenagt
Un den Stellen, wo die Berpuppung ftattfindet, ericheinen die Blätter blafig aufs
getrieben. Anfang Juli fommt ber Käfer durch eine Heine Öffnung oberjeits aus; im
Herbfte bezieht er fein Winterquartier unter Laub. Die durch die Larven verurjachten Mi⸗
niergänge und -plätze färben fi mit der Zeit hellbraun.
Der Ernährungsfraß des Käfers befteht meift im Stelettieren der Unterjeite der
Blätter in Heineren und größeren Fleden von verichiedener Geftalt; eigentliche Löcher (wie
Orchestes fagi Gyll.) nagt er nur fpärlid. Die Blätter zeigen infolge diejer mehrfachen
Beihädigungen mannigfaltige Berrümmungen und bleiben in ihrer Entwidelung zurüd.
Der Käfer lebt vorzugsweife an jlingeren Eichen, Geftrüpp, Unterwuchs ufm. Im
hoben Holze befällt er faſt nur die Zweige der unteren (ftärkeren) Aſte.
Generation einfah. In manchen Jahren jehr Häufig (3. 8.1875 bei Giehen).
Belämpfung ebenfalls nicht ausführbar.
In gleicher Weife wie die vorgenannten Orchestes-Arten find O. alni L. auf Ulme
und O. populi Fabr. auf PBappel, Weide, Birke, Ulme und anderen Laubhölzern ſchäd⸗
fi geworben.
F. Unterfamilie Cionini.
27. Cionus fraxini de Geer.
Eſchenrüſſelkäfer.
Kennzeichen: Käfer 3—4 mm lang, von viereckig-eiförmiger Geſtalt, nußbraun bis
ſchwarz, jedoch infolge dichter Beſchuppung oben braungrau mit einigen ſchwarzen Makeln
1) Thar. Shrb. 1871, 78. — 2) Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1869, 478. — 3) Heß: Daf. 1875,
440. — 4) Altum: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1896, 579.
Heß, Forſtſchutz. I. 4. Aufl. 15
226 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
auf dem Halsichild und den Flügeldeden. Nüfjel dünn, etwas gebogen. Halsſchild breiter
al lang. Flügeldeden fein punktiert geftteift, oben abgeflacht. Beine, Yühler und Rüſſel
roftrot. — Larve 6—7 mm lang, anfangs weiß, jpäter grünlicdh:gelb; nur der Kopf und
zwei vieredige Fledchen auf dem Nacken ſchwarz; beinlos, volltändig mit einem durchſich⸗
tigen gelblichen Schleim überzogen. — Buppe 5—8,5 mm lang, ſchmutzig⸗gelb, durch⸗
jcheinend, in einem blafigen Kokon, der aus dem Larvenichleime gebildet wird.
Lebensweise ujw.: Slugzeit im Frühjahre. Die Eier werben an die jun
gen Blätter der Eiche abgelegt.
Die Larven freffen unterjeit3 an den Blättern, weniger vom Rande ber als
aus der Mitte heraus, alfo platweife, ‚unter Berfchonung der oberen Epidermis.
Sie verpuppen filh in der Regel in der Bodendede, jedoch öfter auch an den
Blättern. Nach 10—12 Tagen erfcheinen die Käfer, welche fogleich zur Begattung
und Eierablage fchreiten. _
Generation bei und doppelt, in Südeuropa vermutlich dreifach, in einem
von Boa!) gemeldeten Fall anſcheinend einjährig.
Die Käfer freffen unregelmäßige große Löcher in die Blätter vom Rande
ber, verzehren nicht jelten auch die Blattrippen mit und greifen auch die Knoſpen
an. Der Käferfraß ift Daher im allgemeinen jchädlicher als der Larvenfraß. Die
ſtark befrefienen Blätter vertrodnen binnen etwa 14 Tagen und fallen ab, befonders
wenn die Blattftiele benagt werden.
Kellner beobachtete 1864 einen ziemlich bedeutenden Fraß auf dem Winterfteiner
Revier (im gothaifchen Thüringer Walde).
Judeich) berichtet von einem 1869 im Tharandter Walde ftattgehabten Fraße, bei
welchem 5-6 m hohe Eichen ſtark befallen wurden.
Schmidt?) konftatiert das Vorkommen des Käferd 1885 in bedeutenden Mengen im
Neviere Gauleden (DOftpreußen).
Im Jahre 1888 trat der Käfer in Sefellichaft der ſpaniſchen Fliege maffenhaft in den
Eichhenplantagen des alademijchen Yorftgartend bei Gießen auf; im folgenden Jahre war
er indeffen faum noch zu finden.
Belämpfung: Weber notwendig noch durchführbar; es käme höchſtens Abklopfen der
Käfer bald nad dem Erſcheinen in Betracht.
6. Unterfamilie Magdalini.
28. Gattung Magdalis.*)
Die hier zu nennenden Arten find Heine, blau oder dunkel ftahlblau bis ſchwarz
gefärbte Rüßler, die hauptſächlich in jungen Radelholzorten der erften Altersklaſſe in
kränkelndem, durch den Hallimafch, den Blaſenroſt oder durch Grapholitha pacto-
lana mitgenommenen Material, hin und wieder au in Zweigen älterer Bäume
brüten und deren Imagines an den Blattorganen und Trieben von Laub: nnd Nas
delhölzern freien.
Magdalis violacea L. Lebt an Fichte, nach Nördlinger außerdem an See:
fiefer und Strobe. Hauptflugzeit im Frühjahr und Vorſommer. Die goldgelben
Eier werden zu mehreren in audgenagte Rindenlöcher abgelegt. Die Larven frefien
ftammaufwärt3 oder ſtammabwärts parallel verlaufende tiefe Furchen in den Spilint
und verpuppen fi) an deren Ende in noch tiefer Tiegenden Puppenwiegen. Da zwi⸗
1) Tidsskrift for Skovvaesen 1897, 144. Referat: Bbl. f. d. gej. Fw. 1900, 86 —
2) Thar. Ihrb. 1869, 87. — 3) Btfchr. f. F. u. Iw. 1885, 504. — 4) Rördlinger:
Lebensweiſe von Forſtkerfen. 1880, 16. — Eſcherich u. Baer: Naturm. Ztſchr. f. 2. u.
Fw. 1908, 514.
Käfer: Magdalini. Anthonomini. Cogsonidae. 227
fchen den einzelnen Gängen mehr oder weniger dentliche Kämme ftehen bleiben, ähneln
gut befeßte Sraßftüde von Magdalis denen von Hylobius abietis. Die Larve über:
wintert und entwickelt ſich nach kurzer Buppenruhe im Frühjahr zur Imago. Ge:
neration einjährig. | |
Der Käfer fleletiert zum Zwecke feiner Ernährung die Blätter von Birke,
Magdalis frontalis Gyll Fraß wie bei dem vorigen, aber an Kiefer.
Die peripherifch verlaufenden Larvengänge dringen noch tiefer ein als bei vio-
lacea und erreichen in ſchwachem Material zuweilen die Marfröhre, in die dann
auch nicht felten die PBuppenmwiege zu liegen kommt. Ernährungsfraß der Käfer an
der Rinde junger Kieferntriebe.
Magdalis duplicata Germ., M. phlegmatica Hbst. und M. memnonia
Gyll. Larvenfraß an Fichte und Kiefer und zwar in charakteriſtiſcher Weife in der
Markröhre, die auf 20 cm und mehr ausgehöhlt wird.
Belämpfung: Sammeln der Käfer im Frühjahr (April bis Juni); Heraus⸗
reißen und Verbrennen der befallenen Pflanzen (Herbft).
H. Unterfamilie Anthonomini.
Unter den al3 ‚„Blütenftecher” in erfter Linie für den Obftzüchter wichtigen Rußlern
find zwei Käfer durch ihre an der Kiefer fich abfpielende Entwidelung forſtlich bemerkens⸗
wert. Es find: |
Anthonomus varians Payk.'), ber Kieferninofpenftecdher, ein Eleiner, 3 mm
langer, braunroter NRüffelläfer, der feine Eier im Frühjahr in den Kuofpen der Kiefer un-
terbringt und jelbft die jungen Triebe und Nadeln benagt. Die von der Larve ausgefreſſene
Knoſpe vertrodnet und veranlagt bei ftärferem Auftreten krüppelhafte Entwidelung ber Kiefern.
Brachonyx pineti Payk.?,) der Kieferniheidenrüßler, ein ebenfo Meiner,
rotgelber Käfer, der die jungen Radeln der Maitriebe oberhalb der Nabeljcheide anfticht
und je ein Ei im einzelnen Surztrieb unterbringt. Pie auslommende zitronengelbe
(nicht rotgelbe) Larve frißt einen abwärts gerichteten Gang, an deſſen unterem Ende fie
fih verpuppt. Der im Auguft fertige Käfer überwintert und verurfacht durch feinen Ers
nährungsfraß Meine Einftiche und damit fich bräunende Stellen an den Nadeln.
Der durch die beiden letztgenannten Käfer angerichtete Schaden ift derart geringfügig,
dab an Belämpfung, felbft wenn fie durchführbar wäre, aus praktischen Gründen nicht
gedacht wird.
Samilie Cossonidae. °
Aus der in biologiicher Hinficht zu den Vorkenkäfern überleitenden, in verarbeitetem
Holze Tebenden und Hier technijch fchädlidh werdenden Heinen Familie der Cossonidae jei
Rhyncolus culinaris Germ.?, anhangsmeife hervorgehoben.
Der 34 mm lange, pechbraune, etwa glänzende Käfer ift in der Zimmerung eines
ſächſiſchen Steinkohlenſchachtes in Hainichen bei Dresden bei 870 m Tiefe in wirtichaft-
lich fühlbarer Weile aufgetreten. Durch den Fraß des wahrjcheinlich dauernd im Holz
lebenden Käfer und den feiner Larve wird der Splint des befallenen Holzftüdes in wider:
ftandslojen Holzmulm verwandelt, jo daß die Tragfähigkeit des Holzes ſehr weſentlich ge-
mindert werben Tann.
Belämpfung: Nur im Wege der Borbeugung dur Imprägnation der zur Ber:
wendung kommenden Hölzer möglid).
1) Köppen: Die Shädlichen Anjelten Rußlands. Petersburg 1880, 227. — 2) Ede
fein: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1893, 36. — 3) Nitſche: Thar. Ihrb. 1895, 121.
15*
228 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
Familie Scolytidae, Borlentäfer.')
Imagines Hein, mwalzenförmig, braun bi3 ſchwarz, im ganzen Habitus den Rage:
käfern (Anobiidae) ähnlich. Kopf tugelig, vorn abgeftußt, ſchmäler als das Halsſchild, nad
abwärts geneigt und vom Halsſchild mehr oder weniger bededt. Augen flach. Fühler Kurz,
meiftens gebrochen, aus Schaft, 2—7gliederiger Geißel und großem Endknopf beſtehend.
Flügeldecken meift ftarf gemölbt, das Hinterleibdende bebedend, bei einer größeren Anzahl
von Arten Hinten aber eingedrüdt (Flügelabſturzſ. Weine 4glieberig, erfted Glied Türzer
als die übrigen zufammen; alle Fußglieder ganz oder das dritte 2lappig. Bauch aus 5
Ringen beftehend, von welchen die beiden erſten meiſtens miteinander verwadjen find. —
Generation einfach oder doppelt. — Larven walzenförmig, weich, bauchwärt3 gefrimmt,
mit ftarten behaarten Wülften, fußlos, ſchmutzig-weiß, mit gelbbraunem Kopf, im allge:
meinen den Nüffelläferlarven ähnlich — Puppen furz und gedrungen, mit fpärlichen
Dornhödern und Haaren.
A. Üllgemeines.
Lebensweife: Die Borfenkäfer find gegenüber allen anderen in ben Wald—
bäumen ſich entwidelnden Inſekten dadurch charakterifiert, daß fi ihr Dafein im
wefentlichen im Inneren ihrer Brutpflanze abfpielt; Larve und Käfer leben faft aus-
fchließlich in der Rinde oder im Holze der Holzgewächfe. Befallen werden je nad
Art der Borkenkäfer teils jüngere, vorherrſchend aber ältere Hölzer. Der Angriff
richtet fich bald auf Stamm oder Wurzeln, bald auf die ſchwächeren Sortimente, auf
Üfte, Zweige und junge Triebe.
Kennzeichnend für die einzelne Borkenkäferart ift oft Schon die angenommene
Holzart, ſowie die Korm der vom ? Mutterläfer im Inneren der Fraßpflanze ge
nagten Brutgänge, der „Muttergänge". Ze nachdem diefe in der Rinde bzw. auf
der Grenze zwilchen Rinde und Holz oder andererjeits ausſchließlich in Holz ange:
legt werden, trennen wir die Borkenkäfer in Rindenbrüter und Holzbrüter.
Die Rindenbrüter bohren fi) nur in die Rinde oder durch diefe bis höch
ften? auf das Holz ein. Das Heine freisrunde Bohrloch wird bei den zahlreicheren
monogamen Arten vom 2, bei den weniger zahlreichen polygamen Arten vom d' ge
nagt. Bei lebteren fertigt da8 d weiterhin unter dem Bohrloch in der Borfe eine
Heine Nifche an, in welcher bie Begattung vollzogen wird (Rammellammer).
Bon diejer Kammer aus, in der das Männchen zurüdbleibt, führen die Weibchen
ihre in .vielen Fällen charafteriftiih geformten Brutgänge an der Grenze zwischen
Holz und Rinde. Längs der Muttergänge werden von einzelnen Borfentäferarten
Zuftlöcher angefertigt, um das Bohrmehl Hinauszufchaffen und um Luft in den
Gang zu bringen. Bei den monogamen Arten wird eine befondere Rammellammer
— — — — —
1) Allgemeine Literatur: Eichhoff, W.: Die europäiſchen Borkenkäfer. Berlin 1881
(grundlegendes Wert). — Barbey, U: Die Boftrichiden Zentraleuropas. Genf 1901. —
Reitter, Edm.: Beitimmungstabelle der Borkenkäfer. Brünn 1894. — Eſcherich, R.
und Georg: Beltimmmungstabelle der deutichen forſtſchädlichen Borkenkäfer uſw. Yorftl.
naturmw. Bıfchr. 1897, 7. — Fuchs, Gilbert: Üb. d. Fortpflanzungsverhältnifje der rinden-
brütenden Bortentäfer ulm. Münden 1907. — Derſ.: Morphologifche Studien über Bor:
fenfäfer. I. Die Gattungen Ips de Geer und Pityogenes Bedel. Münden 1911. II. Die
europäischen Kr Münden 1912. — Nüflin: PhHylogenie und Syſtem der Vorken⸗
fäfer. Btiche. f. will. Infeltenbiologie 1911, 47, 77, 109 uff. — Trödl und Kleine:
Überficht über die Gefamtliteratur der Borfentäfer vom Jahre 1758— 1910. Beilage zu
„Entomolog. Blätter”, 7. Jahrg.
Käfer: Scolytidae: Allgemeines. 229
nicht angelegt. Die Begattung findet hier entweder während des Einbohrend oder
im Gange ſelbſt Statt.
Die Muttergänge?) find in bezug auf ihre Form entweder regelmäßige (li⸗
neare) oder unregelmäßige (Pläßgänge). In bezug auf die Zahl der vom
Bohrloch (bzw. der Rammelfammer) ausgehenden linearen Gänge werben ein=,
zwei: und mehrarmige unterjchieden, in bezug auf die Richtung (am ftehenden
Baum) Lotgänge (Längsgänge nah EichHoff) und Wagegänge (Quergänge).
Wenn von ber Rammellammer mehrere einzelne Duttergänge ftrahlenartig ausgehen,
fo wird diefe Fraßform als Sterngang (Abb. 130, S. 278) bezeichnet. Die mehr:
armigen Lotgänge nennt man Gabelgänge (Abb. 126, ©. 275). Die zweiarmigen
Wagegänge heißen auch Klammergänge?) (Abb. 105, ©. 247). Eine befondere
Modifikation der Längsgänge find die Haken- oder Stiefelgänge (Abb. 118
u. 119, ©. 263 u. 264). Aus den Wagegängen werben bei beſchränktem Raum (in
ſchwachen Höfzern) oft Schräggänge uf.
Bei der Anlage eines linearen Ganges legt das Weibchen feine Eier in der
Regel zu beiden Seiten des Ganges während deſſen allmählicher Verlängerung in
vorher genagte Grübchen ab und verklebt diefe mit feinem Wurmmehl. Die Lar-
ven freifen Gänge, die mehr oder weniger rechtwinkelig vom Muttergang abzweigen,
verichieden lang find, mit zunehmendem Wachstum der Larven immer breiter wer⸗
den und allmählich mit Wurmmehl fich füllen. Sie verpuppen fi am Ende ihres
Ganges in einer länglichen Höhle (Wiege), welche entweder in der Borke, im Baſt
auf der Grenze von Rinde und Holz oder im Splint liegt. Die auskommenden
Jungkäfer bohren fich entweder bald nach ihrer Entwidelung zur Imago mittels
freisrunder Fluglöcher aus der Puppenwiege direkt nach außen und fchreiten als⸗
bald zur Unlage neuer Bruten oder fie verüben bis zur Erhärtung des Ehitinpan-
zerd und zur Reifung ihrer Geſchlechtsorgane entweder an der Geburtsftätte oder
anderwärts fogenannten Nach- oder Zwiſchenfraß.
Bei den unregelmäßigen oder Plätzgängen werden die Eier nicht einzeln,
fondern mehr haufenmweife in den Muttergang ſelbſt abgelegt. Die Larven erweitern
dann öfters dieſen Gang, indem fie dicht aneinander gedrängt freffen, zu einem fog.
Rindenfamiliengang (Abb. 116, ©. 260), oder fie graben überhaupt unregel-
mäßige, vielfach ineinander übergehende Gänge, fo daß ein ganz verworrenes Fraßbild
entſteht.
Bei den Holzbrütern, deren Bohrlöcher bis in das Holz vordringen, iſt die
Okonomie eine weſentlich andere. Vermutlich werden bei dieſen die Muttergänge nur
von den Weibchen hergeftellt; ferner fehlen bei der Mehrzahl der Hierher gehörigen
Arten die Larvengänge. Zur Bildung von Puppenwiegen kommt es hier ebenjomwenig,
wie zur Herftellung befonderer Fluglöcher. Vom Bohrloch aus wird zunächſt eine
fürzere oder längere Eingangsröhre in radialer Richtung in das Holz getrieben.
Bon ihrem Ende zweigen die Brutröhren ab (vgl. Abb. 139, ©. 285). Diefe
verlaufen meiften® horizontal und folgen dann gern den Jahresringen. Die Eier
werben bei einigen Arten abwechfelnd nach oben und nad) unten abgelegt, in wel-
hem Falle die ausfommenden Larven die Eiernijchen zum Zwecke der Ernährung
1) Bargmann, Naturw. Ztſchr. f. 2. u. Fw. 1906, 810. — 2) Eichhoff, W.:
Münb. forfl. H. 1. Heft 1892, 98.
218 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Bäume. Namentlich in dur Rauch beichädigten Fichtenbeftänden jcheint P. Harcy-
niae feine Angriffe nicht auf unterdrüdtes Material zu befchränten; er nimmt hier
je nach dem Grad der Raucherkrankung auch die mitherrfchenden und herrichenden
Stämme an. |
Der Käfer benußt befonder8 die oberen Stammhälften zur Eiablage. Der
untere Abjchnitt älterer Stämme bi zur Brufthöhe wird nur ungern belegt. Die
aus den gejtochenen Löchern hervorguellenden Harztröpfchen erftarren oder breiten
fih allmählich auf der Rindenoberfläche aus, durch die Einwirkung der Luft bläus
lichweiße Flecken bildend. Die Stämme erhalten hierdurch das Ausfehen, al3 wenn
eine leichte Beſpritzung mit Kalkwaſſer ftattgefunden hätte. Diefes Zeichen ver-
rät den heimlichen Feind, ift daher wohl zu beachten. Ebenfo zu beachten aber
ift, daß die „Kalkſpritzer“ keine unbedingt notwendige Begleiterfcheinung des Käfer:
angriffes find und daß andererfeitd Harzaustritt auch aus anderen Urſachen erfolgen
fann. Dort, wo Harzaustritt infolge des Käferangriffes jtattfindet, Handelt es fich
nicht immer um Einleitung de3 Brutgefchäftes, alfo um Eiablage. Vielfach werben
Harzaustritte gefunden, unter denen Larvengänge beim Nachiuchen nicht vorhanden
find. Sie rühren dann von den Angriffen her, die die nach der Überwinterung im
Frühjahr auffteigenden Käfer zum Zwecke der Nahrungdgeivinnung ausführen.
Der vom Harzrüſſerkäfer befallene Baum reagiert in verjchiedener Weiſe. Schwä⸗
cherer und eng begrenzter Fraß wird anjcheinend längere Zeit gut vertragen. Bei
ftärferer Befegung erfolgt dann Wellen der Krone. Trodene, entnadelte Gipfel charak⸗
terifieren das lebte Stadium, in welchem die Stänme ihre Rinde fallen Iaffen und
eingehen; jedoch tritt dieſes Stadium bloß bei ſtarkem Befallenfein und verhältnig-
mäßig ſpät ein.
Bemerkenswert ift, daß nach den Beobadjtungen Gerlach (a. a.D. ©. 216,
Anm. 1) frifche und noch gut lebensfähige Fichten den Angriff des Käfers oftmals
abmwehren, indem die Larven im Harz erjtiden und die Yarvengänge mit einer Forts
[hit umgeben, „abgekapſelt“ und zuleßt mit der Rinde abgeftoßen werden. Die
eingetrodneten Sraßgänge find äußerlich, insbeſondere an noch nicht abgeftorbenen
fleiichigen Rindenpartien al3 Riefen zu erfennen, ein Merkmal, das neben den Harz:
fleden und Harztropfen auf die Anweſenheit des Schädlings hinweift.
. Der Käfer ift zuerft 1886 von Saxeſen im Harz als ſchädlich beobachtet worden,
jedoch erjt jeit etwa 1860 in verderbenbringender Weile in den dortigen Fichtenwaldungen
aufgetreten (daher der Name „Harzrüffeltäfer). Der Ausbruch des Übeld am Harze
wird den heißen Jahren 1857, 1858 und 1859, fowie den durch Schneebrüche uſw. ent-
ftandenen großen Holzmafjen zugejchrieben, deren Aufarbeitung längere Zeit beanfpruchte.
Der Hauptfraß ereignete ſich in den Forftinipektionen Zellerfeld und Lautenthal, ſowie in
den braunjchweigifchen Revieren Eeejen, Wolfshagen, Oker und Harzburg und bauerte von
1860—1865. Nady Yorenz!) waren 1861/62 in der Forſtinſpektion Lautenthal (vier Re⸗
viere) mit 6767 ha Holzbodenfläche etwa 8400 ha 50—70jährige Fichtenbeftände von dem
Käfer befallen, und es mußten im ganzen 117967 angegangene Stämme mit einem Auf—
mande von 11000 ME. (an Reviſions⸗ und Schälerkoften) gefällt werden. Später (von 1866
ab) Hat fich der Käfer auch im gothaiichen Thüringer Wald?) (bis zu 650 m Meereshöhe)
‚und (jeit 1867) auch im Erzgebirge (Revier Olbernhau uſw.) ſchädlich gezeigt.
Ferner ift der Käfer in Maſſen in dem von 1889 ab von der Nonne heimgeluchten
Horftamt Ebersberg (Reg.⸗Bez. Oberbayern) aufgetreten. Man fand in den am ftärfften
bedrohten Partien 20—50%, der unterjuchten Stämme vom Harzrüffelläfer befallen. Den
1) Thar. Ihrb, 1863, 241. — 2) Heß: Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1867, 317.
Käfer: Pissodini. 219
Mutterboden für feine mafjenhafte Entwidelung bildete das bi3 zum Winter 1890/91 in
allen Beftänden reichlich vorhandene unterdrüdte Holz.
Endlich ift der Käfer neuerdings auch in den Rauchichadengebieten Sachiens, in durch
Kohlenrauch ſchwer geichädigten Stangen: und geringen Baumhölzern in größerer Menge
beobachtet worden.)
C. Bekämpfung.
a) Vorbeugung,
1. Sorge für Reinlichleit im Walde, d. h. rechtzeitige Entfernung aller krän⸗
feinden und unterdbrüdten Stämme.
2. Raſche Aufarbeitung aller Bruchhölzer und Windfälle.
3. Schälen der den Sommer über im Walde verbleibenden Stämme.
In den verichiedenen Fraßjahren dieſes Inſektes im Harze zeigte ſich auch eine An:
zahl von Ichneumonen tätig. Die meiften davon gehören der Gattung Pteromalus an.
b) Bertilgung.
1) Einſchlag und Entrindung oder Schnigen der befallenen Stämme. Die
Rinde ift zu verbrennen.
Geſchieht die Entrindung erft, nachdem die Buppenwiegen bereit bezogen worden find,
jo hat noch Ablehren der entrindeten Stämme mit jtumpfen Reifigbejen bzw. Stahldraht⸗
bürften zu erfolgen, um die Larven oder Puppen zu zerbrüden.
2. Bei Überhandnahme des Käfers Verkohlung ber nicht zu Nutzholz taug-
lichen Schaftteile und Aſte und Verbrennen des ganz geringen Gipfel: und Reisholzes.
3. Werfen von Fangbäumen im Frühjahr und fachgemäße Überwachung und
Behandlung folder vgl. ©. 160).
4. Zeimen der bedrohten Beftände.
Das Anlegen von Leimringen in Berbindung mit Ablejen und Bernichten der unter
den Ringen fih anfammelnden Käfer wird von Nitjche auf Grund der auf der Döhlener
Barzelle des Tharandter Reviere gemachten Erfahrungen empfohlen. Auf 1,8 ha 50- bis
60 jähriger Fichtenfläche wurden 1893 in der Zeit vom 1. Mai bis 6. Juni 9367 Käfer
(dabei etwa 10°, scabricollis) gejammelt. 1895 war das Ergebnis auf 2 ha 9445 Käfer
(dabei 25°, scabricollis) Da der Aufftieg ber Käfer nad) der Winterruhe jehr zeitig er:
folgt, müſſen die Leimringe bereits fertig angelegt fein, wenn ficd) die Temperaturminima
noch unter 0° halten.
22. Pissodes scabricollis Mill.
Kleiner Fichtenbeſtandsrüſſelkäfer.)
Kennzeichen: 4,5—5 mm lang, dem vorigen ähnlich, aber Kleiner (überhaupt die
fleinfte Pissodes:Art), pechſchwarz oder braun. Stim und Rüſſel ſtark punktiert. Flügel⸗
deden mit einem weißen ober gelben led, dahinter eine breite, an der Naht verjüngte
weiße und gelbe Querbinde. Schildchen weiß. Halsichild mit rechtwinkeligen Hintereden,
zwei weißbeichuppten Punkten auf der Oberjeite und einigen ſolchen Fleckchen an den Seiten.
Lebensweiſe ufw.: Der Käfer Iebt ſehr Häufig vergefellichaftet mit P. Har-
eyniae und ftimmt mit diefem in bezug auf Generation, Lebensweiſe und forftliches
Verhalten anfcheinend vollkommen überein.
Bauly fand bei einem künſtlichen Zuchtverſuche, daß die Zarvengänge und Puppen⸗
wiegen durchſchnittlich etwas Heiner find als hei Harcyniae und beobadıtete, daß die Lars
J 9) Bol. die oben (S. 216, Anm. 1) angeführten Arbeiten von Schier, Nitſche und
Gerlach. — 2) Lang: Forftl.-naturm. Ztichr. 1892, 48. — Pauly, A.: Daf. 1892,
864 u. 375.
220 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
dengänge Neigung haben, Die Längsrichtung einzuhalten, bzw. daß fie mehr parallel zuein-
ander verlaufen, ftatt ftrahlenförmig auseinander zu gehen. Werner fcheinen die Larven
gänge nicht wie bei P. Harcynise in größerer Zahl von einem Punkt auszugehen, jonbern
mehr zerftreut zu fein.
Der Käfer kommt vermutlich in allen Yichtengebieten vor, nit nur in ben
Alpen, wo er zuerjt beobachtet wurde, und ift mit P. Harcyniae ficher fchon oft ver-
wechjelt worden.
In den durch die Nonne heimgejuchten Fichtenbeſtänden des Ebersberger Parkes und
des Dürenbucher Yorfte3 uſw. fand er ſich gemeinjchaftlich mit Pissodes Harcyniae in großer
Menge vor. Bon den dafelbft unter den Leimringen gefammelten Rüſſelkäfern gehörten durch⸗
Ichnittlic etwa */, diefer Spezies und nur ', dem Harzrüfielläfer an.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
23. Pissodes picese Ill.
Beißtannenrüffelfäfer.‘)
Kennzeichen: 8—10 mm lang, braun, mit gelben Schuppen ungleichmäßig beſetzt.
Flügeldecken punftiert-geftreift; Hinter der Mitte vereinigen ſich die Schuppen zu einer roft-
gelben, außen verbreiterten, an der Naht unterbrochenen Binde. Die vieredigen Bunte auf
den Deden find abwechfelnd jehr groß und Hein. Halsichild runzelig gekörnt mit vier gelb»
Iihen, in einer Reihe ftehenden, vertieften Punkten und mit fcharf jpigwinkeligen Hinter:
eden; fein Hinterrand deutlich zweibuchtig.
Lebenzweife uſw.: Ylugzeit: April, Mai bis September. Die Eier wer-
den in Partien von 20—30 Stüd ebenjomohl an unterdrüdte Stangen wie an das
ftärkfte Altholz und zwar ausfchließlich an Tanne abgelegt. An den ſtarken Tannen
geichieht die Eiablage nur an Aftwunden, Abbruch oder Krebsſtellen. Krebstannen
werden im Schwarzwald bevorzugt. Auch Windfälle, Scheitholz und Stöde werben
gern angenommen.
Zarvenleben, Berpuppung, Auskommen und Generation entiprechen
vermutlich durchaus dem Schema der Pissodini. Vielfach fcheint die Überwinterung
im Larvenſtadium und die Verpuppung dann im zeitigen Frühjahr vor ſich zu gehen.
Die Vuppenwiegen liegen oft mehr in der diden Rinde als im Splint.
Der Käfer befällt vorwiegend kränfelnde Stämme oder folche, die im Wachs⸗
tum zurüdgeblieben find; er tötet jedoch unter Umftänden auch anfcheinend ganz ge
funde Zannen. Gewöhnlich wird nur der eigentliche Stamm befallen, nur in ftär-
ferem Holze auch die Gipfelpartie. Bon einer Aſtwundſtelle gehen nicht felten 20 bis
30 Larvengänge ab, die im Baſte nach allen Richtungen hin ftrahlenförmig ver⸗
laufen und zum Teil eine bedeutende Länge (bis zu 60 cm) erreichen.
Belämpfung: 1. Schonung der Buntipechte, insbefondere des großen Bunt⸗
jpechtS, der den Larven und Puppen fehr eifrig nachitellt.
2. Rechtzeitige Fällung und Entrindung der befallenen Stämme. Die Puppen»
wiegen find, jobald fie im Splint Liegen, mit fcharfen Beſen auszufegen.
3. Entrindung der auf den Schlägen verbleibenden hohen Tannenftöde big herab
zu den ftarfen Wurzeln.
4. Sällıng von Fangbäumen.
——
1) Czech Öfterr. F.-Ztg. 1889, 37.
Käfer: Pissodini. Cryptorrhynchini. 221
€. Unterfamilie Cryptorrhynchini.
24. Cryptorrhynchus lapathi 1.')
Bunter Erlenrüffeltäfer (Abb. 89).
Kennzeiden: Käfer 7—9 mm lang und dur ein fehr charakteriftiiches Kolorit
ausgezeichnet. Halafhild und zwei Dritteile der Flügeldeden pechdraun biß f—hwarz, mit
aufrechtftehenden, großen Buſchein ſchwarzer Schuppen. Seiten»
teile des Halsſchildes, Vorderbruft, leptes Dritteil der Flügel
deden und Schenkel in ber Mitte weiß, bei jungen Eremplaren
rotlichweiß ober rofarot beſchuppt. Rüffel in eine Furche un:
terjeit3 einſchlagbat. — Larve weißlich, mit braunem Kopfe. -.
Lebensweiſe ufm.: Slugzeit im Mai nach der |
Überwinterung ber bereits im Auguft des Vorjahres aus⸗
gekommenen Käfer. Die Eier werben vom Mai bis zum
Tod der Mutterkäfer (Juli, Auguft) einzeln, bisweilen
aber mehrere eng beieinander, in die Rinde junger Erlen ,
ufm. abgelegt und zwar überwiegend im unteren Zeile ber W089. Orpptorrhynchus
Stämmden. Die Larven kriechen aber erft im März des
lapathi L, %ı.
folgenden Jahres aus den fomit überwinternden Eiern. Sie freſſen bis Ende Juli
und verpuppen fi dann zu furzer, nur 2—3 Wochen andauernder Buppenruhe am
Ende des mit Nagefpänen und Bohrmehl angefüllten
Fraßganges, nachdem fie fich hier umgedreht Haben.
Der im Uuguft auskommende Jungkäfer wühlt fich
durch die den Gang füllenden Nagefpäne und ver:
läßt feine Geburtsftätte durch das Iegte ber von
der Larve zur Neinigung ihres Ganges genagten
Austwurflöher. Die Jungfäfer begatten fih im
Herbft noch nicht, fondern freffen bis zum Eintritt
fälterer Witterung an bünnrindigen Stämmchen
und Zweigen. Überwinterung in Rindenrigen und
fonftigen Verfteden, vornehmlich in der Bodendecke.
In den höheren Gebirgälagen überwintert ber Kä—
fer in der Buppenmwiege und erſcheint dann erft im
Srühjahr.
Generation fomit zweijährig.
Sraßpflanzen find Rot: und Weißerle
und Weiden; jedoch werden auch Alpenerle, Bap-
peln und Birken befallen. Bevorzugt werden junge,
2—4jährige Stämmen, ganz bejonderd Kern—
wũchſe. Weiden werden auch als Stecklinge und
Setzſtangen befallen.
Die junge Larve frißt zunächſt dicht unter der
Rinde einen gewundenen, längs aufwärts gerichteten
und nur den Baft durchſchneidenden Gang (Abb. 90).
Später furcht fie den Splint, dringt in diefen ein
[ b
abb 90. Fraß der Sarve von Cryptor-
rhynchus lapathi L. in Roterlenftämm-
en. = mit noch berinbetem, b mit freie
gelegtem Pläyfraß (nat. Gr.).
1) Torka, ®.: Entomol. Blätter 1908, 9, 28. — Scheidter, Franz: Naturw.
Biſcht. f. F. u. Em. 1918, 279. — Bgl. auch Altum: Ztſchr. f. Fu. Im. 1879, 17. —
Edftein: Daf. 1891, 878. — Bittmann: ®hblgn.b. Forftw. v. M. u. Schl. 1898, 173. Hft.,88.
222 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
und frißt in den dünneren Kernwüchſen und Ausfchlägen endlich voll
kommen zentral (Abb. 91). Un der Stelle, wo der Fraß in den zen
tralen Gang übergeht, wird der Holzkörper platz⸗
artig auögefreiien.
Man erkennt den Fraß an welfenden Trieb⸗
fpigen ber befallenen Ausſchläge, ferner an dem
Mißfarbigwerden und Aufblähen der Rinde, ſpä—⸗
ter an deren Einfinfen und Riffigwerden über ben
Gängen (Abb. 92) und an dem braunen Holz
mehle, welches ſowohl an ben Bohrlöhern hängt,
als auf dem Boden liegt.
Der durch den Larvenfraß verurfachte Scha⸗
den ift teilweife ganz erheblich. Es kommt vor,
daß die Stodausichläge von Erle fo ftark befallen
werden, baß 30 bis 40 Larven in einem Aus
ſchlage gezählt werben können. Schon bei ſchwä⸗
cherem Befall fterben die angegangenen Stämme
chen ab ober brechen an den Fraßſtellen leicht um.
Ganze Erlenniebertwälder und Weidenheger können
auf dieſe Weife ſchwer geichädigt werben.
Weit weniger empfindlich ift der durch den
Käfer angerichtete Schaben. Der Käfer befrißt
die glatte Rinde junger eins oder ziweijähriger
Zriebe, indem er mit feinem Rüffel einfticht und
- unter dem Stichloch den Baft verzehrt. Die Erlen
FE An haben hiervon Teinen merfbaren Schaden, fonbern
Fr heilen die Heinen Wunden bald aus. In Weiben-
falleneß @rienftämm- rhynchus lapathi L. hegern aber kann durch das Benagen ber einjäh-
a en ee. rigen Muten an ben Zriebfpipen ein fattbarer
Drig. 8.8.) meet, Orig. 6.0). Schaden erzeugt werben. «
Bekämpfung: 1. Aushieb und Verbrennen der mit Larven befegten Stämm:
hen bzw. Loden (bis Ende Juli). Beſtes Mittel.
2. Abſuchen bzw. Abklopfen der Käfer in Sangfchirme.
Hierbei ift große Vorſicht geboten, da ſich die Käfer bei ber leifeften Erſchütterung
der Frafpflanze Herunterfallen lafien und eine Zeitlang wie tot an der Erde liegen, wor
durch fie fi den Wliden entziehen. Das Werfahren ift deshalb wenig erfolgreich.
Borbeugend fann noch im Heinen durch Unftrich wertvoller Kernwüchſe mit Lehm
oder Mifhungen von Kalt, Kuhmift uf. mit Lehm für Shup gegen Eiablage geforgt werden.
D. Unterfamilie Balanini.
25. Gattung Balaninus.
Die bei der einzigen Hierher gehörigen Gattung Balaninus zu nennenden Arten
können durch Beeinträchtigung der Samenernte von Hajel, Eiche und Ka-
ftanie ſchädlich werben.
Die Käfer, namentlich die 2, find durch einen auffallend langen, ſtark gebogenen
Käfer: Balanini. Orchestini. 223
und fabendännen Rüffel gelennzeichnet. Hiermit werben von dem im Mai, Juni
fliegenden Käfer die jungen, noch grünen Früchte von Hafel oder Eiche zum Zwede
der Eiablage angeftochen (Abb. 93 A).
Die auskommende Larve nährt fü
Samen und fällt erwachſen mit ber n
vorzeitig abfallenden Frucht zu Boden.
fich Hier durch ein kreisrundes Loch aui
mehr Harten Samenfhale heraus uni
fi im Boden. Auskommen im Mai. (
einfach. Unter Umftänden nimmt abe
widefung infolge Überjährigteit mehrer
Anſpruch.
As Echädlinge kommen in Ber
trat:
Balaninus nucum L., der
Hafelnußbohrer (Abb. 93 A, oben),
bevorzugt die Hafelnuß und vermag,
wie Heß!) mit einem Beifpiel be-
legt, die Nußernte wejentlich zu beeiı
B. glandium Marsham und B.
tus Foure., der große und ber Heine E
Beide entwideln fi in Eichen — B.
auch in Hafelnüffen — und können die
in unerwünfchter Weiſe verffeinern.
B. elophas Gyll. in Cheflaftanie und a en nnd mail Gradi mit dem
Zerreiche. Tangrüffeligen Räfer, B geöffnete Gruct
Pr} . mit der in der Rub fih-entwidelnden
Bekämpfung: Auflefen und Vernichten der Zarve (nat. Gr, nah Doflein).
zeitiger abfallenden wurmftihigen Früchte, jolange
die Larven noch in ihnen find, aljo unmittelbar nad dem Abfallen.
In Gärten kann bei ftärferem Auftreten des Hafelnußbohrers möglichermweife
nod Sammeln des Käfers durch Abklopfen oder Vernichten der Puppen dur Um—
graben des Bodens unter den Haſelnußſträuchern im Herbft oder Frühjahr in Frage
tommen.
E. Unterfamilie Orchestini.
26. Gattung Orchestes.
Die Gattung umfaßt Meine, bis 3,5 mm große Käfer, deren Hinterbeine Spring=
beine find. Forſtliches Interefje gewinnen die im Frühjahr beim erften Laubaus-
bruch oft in Maſſe erfcheinenden Käfer durch den die Blätter von Laubhölzern mi—
nierenden Fraß ihrer Larven.
Orchestes fagi L.
Schwarzer Buchenſpringrüſſelkäfer, Buhenrüßler.
Kennzeichen: Käfer (Mbb. 94) 2—3 mm lang, von länglichovaler Geftalt, pech-
braun bis ſchwarz, oben fein grau behaart. Flügeldecken mit großpunftierten Streifen
1) Forſtw. Zbl. 1891, 588; 1904, 427.
224 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
und lachen Swifhenräumen. Rüffel ziemlich lang, zurüdgebogen. Fühler und Beine heil-
braun. Vorderſchenkel mit einem Meinen Bahne; Hinterjchentel verdidt, fein gezähnelt. —
Zarve weißlih, mit geteilten, dunklem Nadenfhilb und zwei Wärzhen auf jevem Hin-
terleibßringe.
Lebensweiſe ufw.: Slugzeit im April und Anfang Mai. Der
Käfer ift außerordentlich beweglich und macht weite Sprünge.
Das 2 legt feine Eier einzeln an die friſch enttidelten Buchen-
blätter, und zwar auf beren unteren Seite an die Mittelrippe ober in
0. deren Nähe, unter die vorher aufgebifjene Oberhaut. Mitunter wirb ein
Orchesten Blatt mit mehreren Eiern belegt.
er Lu Die ausfhlüpfende Larve frißt (vom Mai ab) im Bflattparenchym
“ einen nach der Blattfpige ober feitwärt — nie nad) dem Blattgrunde —
gerichteten, geichlängelten Miniergang (Abb. 95), welcher fi plöglich zu einem
gröheren Platz erweitert. Die anfangs weiß erſcheinende befrefiene Stelle wird bald
braun, i im übrigen bleibt das Blatt aber geſund und funktionsfähig.
Die Buppe (Abb. 958) Liegt innerhalb der
ceffenen Blattmine, in einem Heinen Kokon
n ber oberen und unteren Epidermis, nahe
attranbe.
Jer nach kurzer Puppenruhe im Juni aus:
nde Käfer überwintert unter Laub, in Rin⸗
n, alten Fraßgängen und fonftigen Schlupf-
i. Neuere Beobachtungen!) deuten darauf
hin, daß er bei der Überwinterung ettvaige,
an bie Buchenbeftände angrenzende Fich⸗
tenfulturen bevorzugt; wenigſtens wurden
die in NabelHolzkulturen ftehenden Buchen
mehrfach ftärker befrefien als reine Bu:
Henverjüngungen.
Generation einjährig.
Infolge des Larvenfraßes neh—
men die Baumkronen der Buchen bei mai-
jenhaftem Auftreten des Käfers eine weit-
U. 96. Junge Budenblätter mit Zarven- und
Küferfraß (linfes Blatt) von Orchestes fagi L.
© Buppe am Rande det Blattmine (nat. Or.,
Hin fichtbare rotbraune Färbung an; die
Erſcheinung erinnert dann lebhaft an die
Wirkung eines erheblichen Spätfroites.
Du). Neben dem Larvenfraß ift weiterhin
der vom Käfer durch Benagen der Blätter und Früchte angerichtete Schaben zu
erwähnen. Der aus dem Winterquartier ausgelommene Käfer durchlöchert bie
jungen Buchenblätter (Abb. 95) und benagt die Sruchtfnoten der weiblichen Blüten,
während der Jungkäfer durch Unftechen der Fruchtkapſeln vorzeitige Aufklappen?)
derſelben und Taubbleiben veranlaffen fol. Jedenfalls kann durch den Käfer eine
Beeinträchtigung der Samenernte herbeigeführt werden.
"N Rofmäpter: D. Forft-Btg. 1913, 208. — Fauteck: Daf. 1918, 429. — 2) W.:
Forftl. Wochenblatt. Beilage 3. Ag. Holgverfanfs-Angeiger 1888, Nr. 38, 804. — ®. Forfle
Big. 1912, 762; 1913, 508.
Käfer: Orchestini. Cionini. 225
- Der Käfer nimmt aber außer Buchenblättern ujw. noch jehr verſchiedene Koft zu fidh.
Er if 3.8. an Obftbäumen ftark jhädigend beobachtet worden, er ſchmarotzt an Kirſchen,
Himbeeren, Stadhelbeeren, Blumenkohl ufm. und hat in Roggenfeldern‘), bie
fih in der Nähe von Buchenbeftänden befanden, die unteren Spigen der bie Hauptähre
bildenden Heinen Ährchen benagt.
Er befällt Buchenbeftände jeden Alters, ſogar Uufichlag, zieht aber dad ältere Holz
dem jüngeren vor und liebt bejonders die Beitandsränder, jowie mehr freiftehende Bäume
(Mutterbäume In Lichtichlägen).
Am Pfälzerwalde trat der Käfer 1869 in ſolcher Menge auf, daß in manden Buchen
beftänden fein Blatt verichont biieb.?)
1873 zeigte er fi maflenhaft in der Umgebung von Giehen, indbefondere im Wies
ſecker Gemeindewalde.)
Im Speſſart wurde die reiche Buchenmaſt im Herbſte 1888 durch dieſen Rüßler weſent⸗
lich beſchädigt.
Bekämpfung: Undurchführbar und vom forſtlichen Standpunkte aue auch
nicht nötig.
Dem von Wahl ſtammenden Vorſchlag, die Käfer abzuklopfen und die ab⸗
ſpringenden Individuen auf mit Raupenleim beſtrichenen großen Papierbögen auf-
zufangen, Tann ernftere Bedeutung nicht beigemeſſen werden.
Orchestes quercus L.
Eihenipringrüjjeltäfer.*
Kennzeichen: 2,5—4 mm lang, baudjig geftaltet, gelb» bis rotbraun, oben bis über
die Hälfte der Flügeldeden dicht gelblichgrau behaart. Augen, Bruft und erfte Hinterleibs⸗
fegmente jchwärzlich. Flügeldeden fein punktſtreifig. Rüfjel ziemlich lang. Fühler, Beine
und Hinterleibsende hellgelb. Vorderſchenkel mit einem kleinen Zahne. Hinterſchenkel ver:
dit und unten mit mehreren Heinen Zähnchen.
Lebensweiſe uſw.: Die Okonomie diefes Rüſſelkäfers ift ganz ähnlich der bes Or-
chestes fagi L.; er befällt aber nur Eichen (vorwiegend Stieleiche).
Um je ein Ei unterzubringen, wird die Mittelrippe des Blattes Häufig einige Male
unterjeit3 angenagt
An den Stellen, wo die Berpuppung ſtattfindet, erſcheinen die Blätter blaſig auf
getrieben. Anfang Juli kommt der Käfer durch eine Meine Öffnung oberjeitd auß;
Herbfte bezieht er fein Winterquartier unter Laub. Die durch die Larven verurjachten "ie
niergänge und :pläße färben fid mit der Zeit hellbraun.
Der Ernährungsfraß des Käfers befteht meift im Stelettieren der Unterjeite der
Blätter in Heineren und größeren Flecken von verichiedener Geftalt; eigentliche Löcher (wie
Orchestes fagi Gyll.) nagt er nur fpärlid. Die Blätter zeigen infolge diejer mehrfachen
Beihädigungen mannigfaltige Verfrümmungen und bleiben in ihrer Entwidelung zurüd.
Der Käfer Iebt vorzugsweife an jüngeren Eichen, Geftrüpp, Unterwuchs ufm. Im
hoben Holze befällt er faft nur die Zweige der unteren (jtärferen) Aſte.
Generation einfah. An manchen Jahren jehr häufig (3.8.1875 bei Gießen).
Belämpfung ebenfall$ nicht ausführbar.
In gleicher Weife wie die vorgenannten Orchestes-Arten find O. alni L. auf Ulme
und O. populi Fabr. auf Bappel, Weide, Birke, Ulme und anderen Laubhölgern ſchäd⸗
lich geworben.
F. Unterfamilie Cionini.
27. Cionus fraxini de Geer.
Eichenrüffeltäfer.
Kennzeihen: Käfer 3—4 mm lang, von vieredig-eiföürmiger Geftalt, nußbraun bis
ſchwarz, jedoch infolge dichter Beichuppung oben braungrau mit einigen ſchwarzen Mafeln
1) Thar. Ihrb. 1871, 78. — 2) Allg. F. u. J.⸗-gtg. 1869, 473. — 3) Heß: Daf. 1875,
440. — 4) Altum: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1896, 579.
Heß, Forftihug. I. A. Aufl. 15
226 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
auf dem Halsihild und den Ylügeldeden. Rüuſſel dünn, etwas gebogen. Halsſchild breiter
als lang. Tlügeldeden fein punktiert geftreift, oben abgefladht. Beine, Fühler und Rüſſel
roſtrot. — Larve 6—7 mm lang, anfangs weiß, ſpäter grünlich:gelb; nur der Kopf und
zwei vieredige Fledchen auf dem Naden ſchwarz; beinlos, vollftändig mit einem durchfich-
tigen gelblihen Schleim überzogen. — Buppe 5—8,5 mm lang, ſchmutzig⸗gelb, durch⸗
ſcheinend, in einem blafigen Kokon, der aus dem Larvenfchleime gebildet wird.
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit im Frühjahre. Die Eier werden an die juns
gen Blätter der Eiche abgelegt.
Die Larven freffen unterfeitö an den Blättern, weniger vom Rande her ala
aus der Mitte heraus, alfo plabweife, ‚unter Verſchonung der oberen Epidermis.
Sie verpuppen fich in der Regel in der Bodendede, jedoch öfters auch an ben
Blättern. Nach 10—12 Tagen erjcheinen die Käfer, welche jogleich zur Begattung
und Eierablage fchreiten.
Generation bei uns doppelt, in Südeuropa vermutlich dreifach, in einem
von Bas!) gemeldeten Fall anjcheinend einjährig.
Die Käfer freſſen unregelmäßige große Löcher in die Blätter vom Rande
ber, verzehren nicht jelten auch die Blattrippen mit und greifen auch die Knoſpen
an. Der Käferfraß ift daher im allgemeinen fchädlicher als der Larvenfraß. Die
ſtark befreflenen Blätter vertrodnen binnen etwa 14 Tagen und fallen ab, befonders
wenn bie Blattjtiele benagt werden.
Kellner beobachtete 1864 einen ziemlich bedeutenden Fraß auf dem Winterfteiner
Revier (im gothaiſchen Thüringer Walde).
Indeich) berichtet von einem 1869 im Tharandter Walde ftattgehabten Fraße, bei
weldem 5—6 m hohe Eichen ftarf befallen wurden.
Schmidt?) Tonftatiert da Vorkommen des Käferd 1885 in bedeutenden Mengen im
Meviere Gauleden (Oftpreußen).
Am Jahre 1888 trat der Käfer in Geſellſchaft der ſpaniſchen Fliege maflenhaft in den
Eichenplantagen des alademifchen Forfigartens bei Gießen auf; im folgenden Jahre war
er indefjen faum noch zu finden.
Bekämpfung: Weder notwendig noch durchführbar; es Time höchſtens Abklopfen der
Käfer Hald nach dem Ericheinen in Betracht.
G. Unterfamilie Magdalini.
28. Gattung Magdalis.*)
Die hier zu nennenden Arten find Eleine, blau oder dunkel ſtahlblau bis ſchwarz
gefärbte Rüßler, die Hauptjächlich in jungen Nadelholzorten der erften Altersklaſſe in
kränkelndem, durch den Hallimajch, den Blaſenroſt oder durch) Grapholitha pacto-
lana mitgenommenen Material, hin und wieder auch in Biweigen älterer Bäume
brüten und deren $magines an den Blattorganen und Trieben von Zaub- nnd Nas
delhölzern freien.
Magdalis violacea L. Lebt an Fichte, nach Nördlinger außerdem an See:
Kiefer und Strobe. Hauptflugzeit im Frühjahr und Borjommer. Die goldgelben
Eier werden zu mehreren in ausgenagte Rindenlöcher abgelegt. Die Larven freiien
ftammaufwärts oder ſtammabwärts parallel verlaufende tiefe Furchen in den Splint
und verpuppen fich an deren Ende in noch tiefer liegenden Puppenwiegen. Da zwi⸗
—
1) ridsokrift for Skovvaesen 1897, 144. Referat: Bbl. f. d. geſ. Fw. 1900, 86 —
2) Thar. Ihrb. 1869, 87. — 3) Ztſchr. f. F. u. Iw. 1885, 504. — 4) Rörblinger:
Lebensweiſe von Forftkerfen. 1880, 16. — Eſcherich u. Baer: Naturw. Ztſchr. f. be u.
Fw. 1908, 514.
Käfer: Magdalini. Anthonomini. Cossonidae. 227
chen den einzelnen Gängen mehr oder weniger deutliche Kämme ftehen bleiben, ähneln
gut bejette Yraßftüde von Magdalis denen von Hylobius abietis. Die Larve über:
wintert und entwidelt ſich nach furzer Buppenruhe im Frühjahr zur Imago. Ge:
neration einjährig. |
Der Käfer fleletiert zum Zwecke feiner Ernährung die Blätter von Birke.
Magdalis frontalis Gyll. Fraß wie bei dem vorigen, aber an Kiefer.
Die peripherifch verlaufenden Larvengänge dringen noch tiefer ein ala bei vio-
lacea und erreichen in fchwachen Material zuweilen die Markröhre, in die dann
auch nicht jelten die Puppenmwiege zu Liegen kommt. Ernährungsfraß der Käfer an
der Rinde junger Kieferntriebe.
Magdalis duplicata Germ., M. phlegmatica Hbst. und M. memnonia
Gyli. Larvenfraß an Fichte und Kiefer und zwar in harakteritifcher Weife in der
Markröhre, die auf 20 cm und mehr ausgehöhlt wird.
Belämpfung: Sammeln der Käfer im Frühjahr (April bis Juni); Heraus-
reißen und Verbrennen der beſallenen Pflanzen (Herbſt).
H. Unterfamilie Anthonomini.
Unter den als „‚Blütenftecher” in erjter Linie für den Obftzüchter wichtigen Nüßlern
find zwei Käfer durch ihre an der Kiefer fich abfpielende Entwidelung forftlich bemerkens⸗
wert. Es find:
Anthonomus varians Payk.'), der Kieferufnofpenftecher, ein Eleiner, 3 mm
langer, braunroter Rüffelläfer, der feine Eier im Frühjahr in den Knoſpen der Kiefer un-
terbringt und jelbft die jungen Triebe und Nadeln benagt. Die von der Larve ausgefreffene
Knoſpe vertrodnet und veranlaßt bei ftärlerem Wuftreten früppelhafte Entwickelung der Kiefern.
Brachonyx pineti Payk.?,) ber Kiefernfheidenrüßler, ein ebenfo Heiner,
rotgelber Käfer, der die jungen Radeln der Maitriebe oberhalb der Nadelfcheide anfticht
und je ein Ei im einzelnen Kurztrieb unterbringt. Die auslommende zitronengelbe
(nicht rotgelbe) Larve frißt einen abwärts gerichteten Gang, an deſſen unterem Ende fie
fi verpuppt. Der im Auguft fertige Käfer übermwintert und verurjacht durch feinen Ers
nährungsfraß Heine Einftihe und damit fich bräunende Stellen an den Nadeln.
Der durch die beiden legtgenannten Käfer angerichtete Schaden ift derart geringfügig,
dag an Bekämpfung, jelbft wenn fie durchführbar wäre, aus praftifchen Gründen nicht
gedacht wird.
Samilie Cossonidae. .
Aus der in biologischer Hinficht zu den Vorkenkäfern überleitenden, in verarbeiteten
Holze lebenden und Hier technijch jchädlich werdenden Heinen Familie der Cossonidae fei
Rhyncolus culinaris Germ.°, anhangsweiſe hervorgehoben.
Der 3—4 mm lange, pechhbraune, etwas glänzende Käfer ift in ber Zimmerung eines
ſächſiſchen Steintohlenjchachtes in Hainichen bei Dresden bei 870 m Tiefe in wirtichaft-
li ‚fühlbarer Weile aufgetreten. Durch den Fraß des mwahrfcheinlich dauernd im Holz
lebenden Käferd und den feiner Larve wirb der Splint des befallenen Holzftüdes in wider:
ftandslojen Holzmulm verwandelt, jo daß die Zragfähigfeit des Holzes jehr weſentlich ge⸗
mindert werden Tann.
Belämpfung: Nur im Wege der Vorbeugung durch Imprägnation der zur Ber:
wendung kommenden Hölzer möglid).
1) Köppen: Die ſchädlichen Inſekten Rußlands. Petersburg 1880, 227. — 2) Eds
fein: Btichr. f. 5. u. Im. 1893, 36. — 3) Nitfche: Thar. Xhrb. 1895, 121.
15*
228 | Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
Familie Scolytidae, Borlentäfer.‘)
Imagines Hein, walzenförmig, braun bis ſchwarz, im ganzen Habitus den Nage-
käfern (Anobiidae) ähnlich. Kopf kugelig, vorn abgeftutt, ſchmäler als das Halsſchild, nach
abwärts geneigt und vom Halsichild mehr oder weniger bededt. Augen flach. Fühler kurz,
meiftens gebrochen, aus Schaft, 2—Tglieberiger Geißel und großem Endknopf beftehend.
Flügeldecken meift ſtark gewölbt, das Hinterleibsende bededend, bei einer größeren Anzahl
von Arten hinten aber eingedrüdt (Flügelabfturg). Beine Agliederig, erſtes Glied kürzer
als die übrigen zuſammen; alle Yußglieder ganz oder das dritte 2lappig. Bauch aus 5
Ringen beftehend, von welchen die beiden eriten meiftend miteinander verwachſen find. —
Generation einfach oder Doppelt. — Larven walzenförmig, weich, bauchwärts gefrümmt,
mit ftarlen behaarten Wülften, fußlos, ſchmutzig-weiß, mit gelbbraunem Kopf, im allge:
meinen den Nüffelläferlarven ähnlich — Puppen furz und gedrungen, mit fpärlichen
Dornhödern und Haaren.
A. Allgemeines.
Lebensweife: Die Borfenkäfer find gegenüber allen anderen in den Wald:
bäumen fich entwidelnden Inſekten dadurch charakterifiert, daB fich ihr Dafein im
weientlichen im Inneren ihrer Brutpflanze abfpielt; Larve und Käfer leben faft aus⸗
fchließlich in der Rinde oder im Holze der Holzgewächſe. Befallen werden je nadh
Art der Borkenkäfer teil jüngere, vorherrfchend aber ältere Hölzer. Der Angriff
richtet fich bald auf Stamm oder Wurzeln, bald auf die ſchwächeren Sortimente, auf
Kite, Zweige und junge Triebe.
Kennzeichnend für die einzelne Borkenkäferart ift oft fchon die angenommene
Holzart, jowie die Form der vom ? Mutterläfer im Inneren der Yraßpflanze ge
nagten Brutgänge, der „Muttergänge". Je nachdem diefe in der Rinde bzw. auf
der Grenze zwifchen Rinde und Holz oder andererjeitd augfchließlich in Holz ange-
legt werden, trennen wir die Borkenkäfer in Rindenbrüter und Holzbrüter.
Die Rindenbrüter bohren fih nur in die Rinde oder durch diefe bis höch⸗
ſtens auf das Holz ein. Das Heine Freisrunde Bohrloch wird bei den zahlreicheren
monogamen Arten vom ?, bei den weniger zahlreichen polygamen Arten vom dJ ge
nagt. Bei lebteren fertigt da3 d' weiterhin unter dem Bohrloch in der Borte eine
Heine Niſche an, in welcher die Begattung vollzogen wird (Rammellammer).
Bon diefer Kammer aus, in der dad Männchen zurüdbleibt, führen die Weibchen
ihre in .vielen Fällen charakteriftiich geformten Brutgänge an der Grenze zwifchen
Holz und Rinde. Längs der Muttergänge werden von einzelnen Bortenfäferarten
Zuftlöcher angefertigt, um dag Bohrmehl Hinauszufchaffen und um Luft in den
Gang zu bringen. Bei den monogamen Arten wird eine befondere Rammelkammer
1) Allgemeine Literatur: EihHhoff, W.: Die europäiſchen Vorkenkäfer. Berlin 1881
(grumdlegendes Werd). — Barbey, U.: Die Boftrihiven Zentraleuropas. Genf 1901. —
Neitter, Edm.: Beitimmungsdtabelle der Vorkenkäfer. Brünn 1894. — Eſcherich, 8
und Georg: Beitimmungstabelle der deutſchen forftihädlichen Borkenkäfer uſw. Forſtl.⸗
naturw. Ziſchr. 1897, 7. — Fuchs, Gilbert: Üb. d. Fortpflanzungsverhältniſſe der rinden⸗
brütenden Borfenfäfer uſw. Münden 1907. — Derf.: Morphologiſche Studien über Bor-
fentäfer. I. Die Gattungen Ips de Geer und Pityogenes Bedel. Münden 1911. II. Die
europäifchen Hylejinen. München 1912. — Nüßlin: PhHylogenie und Syſtem der Borken⸗
täfer. Biichre. f. will. Infeltenbiologie 1911, 47, 77, 109 uff. — Trödl und Kleine:
Überfiht über die Gefamtliteratur der Borkentäfer vom Jahre 1758— 1910. Beilage zu
„Entomolog. Blätter‘, 7. Jahrg.
Käfer: Scolytidae: Allgemeines. 229
nicht angelegt. Die Begattung findet bier entweder während des Einbohrens oder
im Gange felbft ftatt.
Die Muttergänge!) find in bezug auf ihre Form entweder regelmäßige (li-
neare) oder unregelmäßige (Plätzgänge). In bezug auf die Zahl der vom
Bohrloch (bzw. der Rammellammer) ausgehenden linearen Gänge werben ein⸗,
zwei: und mehrarmige unterjchieden, in bezug auf die Richtung (am ftehenden
Baum) Lotgänge (Längsgänge nah EichHoff) und Wagegänge (Duergänge).
Wenn von der Rammellammer mehrere einzelne Duttergänge ftrahlenartig ausgehen,
jo wird dieje Fraßform als Sterngang (Abb. 130, ©. 278) bezeichnet. Die mehr:
armigen Lotgänge nennt man Öabelgänge (Abb. 126, ©. 275). Die zweiarmigen
Wagegänge heißen auch Klammergänge?) (Wbb. 105, ©. 247). Eine befondere
Modifitation der Längsgänge find die Haken- oder Stiefelgänge (Abb. 118
u. 119, ©. 263 u. 264). Aus den Wagegängen werben bei beſchränktem Raum (in
ſchwachen Hölzern) oft Schräggänge ufw.
Bei der Anlage eines linearen Ganges legt das Weibchen feine Eier in der
Regel zu beiden Seiten des Ganges während deffen allmählicher Verlängerung in
vorher genagte Grübchen ab und verklebt diefe mit feinem Wurmmehl. Die Lar-
ven freifen Gänge, die mehr oder weniger rechtwinkelig vom Muttergang abzmweigen,
verichieden lang find, mit zunehmendem Wachstum der Larven immer breiter wer⸗
den und allmählich mit Wurmmehl ſich füllen. Sie verpuppen ſich am Ende ihres
Ganges in einer länglichen Höhle (Wiege), welche entweder in der Borke, im Baſt
auf der Grenze von Rinde und Holz oder im Splint Liegt. Die auskommenden
Jungkäfer bohren fich entweder bald nach ihrer Entwidelung zur Imago mittels
freisrunder Fluglöcher aus der Puppenwiege direkt nach außen und fchreiten als⸗
bald zur Unlage neuer Bruten oder fie verüben bis zur Erhärtung des Ehitinpan-
zerd und zur Reifung ihrer Geſchlechtsorgane entweder an der Geburtäftätte oder
anderwärts jogenannten Nach⸗ oder Zwifchenfraß.
Bei den unregelmäßigen oder Pläbgängen werben die Eier nicht einzeln,
fondern mehr haufenweiſe in den Muttergang jelbit abgelegt. Die Larven erweitern
dann öfters diefen Gang, indem fie dicht aneinander gedrängt frefien, zu einem fog.
Rindenfamiliengang (Abb. 116, ©. 260), oder fie graben überhaupt unregel-
mäßige, vielfach ineinander übergehende Gänge, fo daß ein ganz verworrenes Fraßbild
entſteht.
Bei den Holzbrütern, deren Bohrlöcher bis in das Holz vordringen, iſt die
Okonomie eine weſentlich andere. Vermutlich werden bei dieſen die Muttergänge nur
von den Weibchen hergeſtellt; ferner fehlen bei der Mehrzahl der hierher gehörigen
Arten die Larvengänge. Zur Bildung von Puppenwiegen kommt es hier ebenſowenig,
wie zur Herſtellung beſonderer Fluglöcher. Vom Bohrloch aus wird zunächſt eine
kürzere oder längere Eingangsröhre in radialer Richtung in das Holz getrieben.
Von ihrem Ende zweigen die Brutröhren ab (vgl. Abb. 139, S. 285). Dieſe
verlaufen meiſtens horizontal und folgen dann gern den Jahresringen. Die Eier
werden bei einigen Arten abwechſelnd nach oben und nad) unten abgelegt, in wel⸗
hem Falle die auskommenden Larven die Eierniichen zum Biwede der Ernährung
1) Bargmann, Naturw. Ztiſchr. f. 2. u. Fw. 1906, 810. — 2) Eihhoff, W
Mind. forftl. H. 1. Heft 1892, 98.
230 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
und Berpuppung nur zapfenartig erweitern. Hierdurch entftehen in Verbindung mit
den Muttergängen bie fog. Leitergänge (Abb. 140, 141, ©. 285, 287). Bei an-
deren Arten erweitern die Larven die Brutröhren nach oben und unten durch un-
regelmäßigen Fraß, wodurch fchließlih buchtige Kamiliengänge erzeugt werden.
Bei noch anderen werden die Eier Humpenweije in vom Mutterläfer angelegte Ga:
belgänge oder ſekundäre Brutröhren, die in der Richtung der Holzfafer vers
laufen, abgelegt ulm. Das Auskriechen der im inneren des Holzlörpers ausgebil-
beten Borkenkäfer erfolgt durch den vom Mutterfäfer angelegten Brutgang und das
von diefem angefertigte Bohrloch.
Die von ‚Käfer und Larven gefchaffenen Gänge, Pläge ufw. bezeichnet man in
ihrer Gefamtßeit bei Rinden- wie Holzbrütern als Fraßbild oder Fraßfigur.
Am Bufammenhalt mit der Holzart wird die Borkenfäferart durch das Fraßbild in
vielen Fällen fo ficher gekennzeichnet, daß die Zuhilfenahme einer die Gattungs- und
Artcharaktere enthaltenden Beftimmungstabelle zur Feitftellung der Spezies nicht
notiwendig ift.
Ernährung: Der Umstand, das völlig ausgetrodnetes Holz von den Borken:
füfern gemieden wird, läßt jchließen, daß neben den durch Uusnagen der Gänge ge-
wonnenen feiten Nahrungsftoffen dem Holzjaft eine mehr oder weniger hohe Beden-
tung bei der Ernährung der Käfer und Larven zulommt. Bei den Larven der holz-
brütenden Vorkenkäfer, die feine oder nur ſehr Furze Yarvengänge nagen, tritt die
fefte- Nahrung überhaupt zurüd. Die Larven find hier auf den Holzfaft und auf bie
mit „Ambroſia“ bezeichneten Pilzbildungen der Brutröhren angewieſen.
Bei der Ernährung der Käfer verdient neben dem mit der Fortpflanzung die
reft zufammenhängenden Uusnagen der Muttergänge der na) Fuchs zweckmäßiger⸗
weile. in Nach: und Regenerationdfraß zu trennende Ernährungsfraß Be
achtung. Unter Nachfraß ift der von den Jungkäfern ausgeübte Fraß zu verftehen,
ber zum Bwede der Augreifung der Senitalien vorgenomnien wird. Er findet teils
an, teil® außerhalb der Geburtsſtätte ftatt und beiteht im erfteren Falle in mehr
oder weniger platzweiſem Ausfreſſen der Buppenwiegen, Verlängerung bes Larven:
ganges oder auch im Ausnagen neuer, labyrintbifch gefrümmter Gänge.
Diejenigen Borfenfäfer, die einen Nachfraß nach Verlafjen ihrer Geburtäftätte
verüben, ſei es, daß fie jchon in ihrem Brutbaum gefreffen oder leßteren nach der
Verwandlung zur Imago fofort verlaffen haben, freffen teil3 unter der Rinde fri-
ichen Materiales Ernährungsgänge oder benagen die Rinde junger Nadelholzpflan-
zen oder bohren fich in Nadelholztriebe, um das Mark zu verzehren.
Art und Stärke des Nachfraßes find nach Spezies und gruppenweife verfchie:
den. Wie fchon erwähnt, gibt e8 Borkenkäfer — e8 find die Scolytus-Wrten — bei
denen Nachfraß überhaupt nicht vorfommt. Sie find nach dem Ausbohren aus ihrer
Geburtsftätte und nach dem Anlegen des neuen Mutterganges volllommen fortpflan-
zungsfähig und bedürfen einer weiteren Ernährung zur Herbeiführung der Geſchlechts⸗
reife nicht.
Eine ganz ähnliche Erjcheinung wie der Nachfraß der Sungfäfer ift der Re:
generationsfraß der alten Käfer. Diefe fterben vielfach nicht, wie man bisher
annahm, nachdem fie einmal Brut abgejegt haben, jondern leben weiter und frifchen
ihre Stumpf gewordenen Gefchlecht3organe durch einen Ernährungsfraß auf. Diefer
als Negenerationsfraß bezeichnete Fraß kann entweder in fterilem Verlängern des
Käfer: Scolytidae: Allgemeines. 231
Mutterganges, in Herftellung von Erweiterungen am Ende des Mutterganges ober
in Nagen labyrinthifcher Gänge an frifchem Material, fchließlich auch, wie bei Hy-
lesinus fraxini bat. piniperda, in Einbohren in die Rinde oder in Aushöhlen jun-
ger Triebe beftehen. Wie Knoche, dem die Beachtung und Deutung des von ihm
als „Zwiſchenfraß“ bezeichneten Ernährungsfraßes zu danken ift, durch anatomifche
Unterſuchung der Geſchlechtsorgane als erfter ficher bewieſen hat, dient ber eben
genannte Fraß der Negenerierung der Genitalien und ermöglicht den langlebigen
Mutterfäfern eine zweite Brut.
Durch den von Knoche gelieferten Nachweis der Möglichkeit mehrfacher Bru-
ten find unfere Renntniffe der Borkenfäferbiologie erheblich erweitert und bie über
die Generationgverhältniffe beftehenden Meinungsverſchiedenheiten wefentlich geflärt
worden:
Generation: ') Über die Generationdfrage der Vorkenkäfer ift fchon feit Längerer
Zeit ein heftiger Streit geführt worden. Es Hanbelte fi um die frage, ob der einzelnen
Borlenkäferart eine einfache oder doppelte Generation zulomme.
Die von Ratzeburg der Allgemeinheit imputierte Anficht, daB die Generation- ber
Borkenkäfer in der Regel einfach und nur ausnahmsweiſe 1*, fach oder Doppelt fei, wurde
von Eichhoff in feiner Monographie (S. 20ff.) und in einer ganzen Reihe von Aufſätzen
umgeftoßen. Am Gegenja zu Ratzeburg ftellte Eichhoff die doppelte Generation als
Megel auf und wies darauf Hin, daß felbft eine dreifache vielfach nicht ausgeichlofien fei. In
Unkenntnis über Die teilmeife vorhandene Langlebigkeit der Borkenkäfer und über die Fähig⸗
feit der Mutterläfer, mehr als einmal brüten: zu können, machte man die Eihhofficde
Anficht zur Herrichenden, wenn aud von verichiedenen Seiten (Judeich, Borggreve,
Altum, Bauly) darauf Hingewiefen wurde, daß Eichhoff mit feiner Betonung einer
mindejtens doppelten Generation nicht bei allen Borfenfäfern das Richtige treffe.
Durch die jeit 1900 erjchtenenen wertvollen Urbeiten Knoches wurde der alte Streit
Dadurch wieder nen angefachht, daß Knoche jeine Beobachtungen über die Langlebigfeit und
wiederholte Fortpflanzungsfähigleit der Mutterfäfer und über die langſame Geſchlechtsreiſe
der Saiſonjungkäfer mander Borkenkäferart zur Erklärung bislang falſch verjtandener Be⸗
obachtungen ins Yeld führte und die jpäteren Sommerbruten nicht ala eine von den ung:
täfern erzeugte echte zweite Generation, fondern nur als eine Geſchwiſterbrut erklärte, die
von den urfprüngliden Mutterfäfern herrühre. Knoche kam infolgedeffen zu dem ben
Eichhoffſchen Standpunkt völlig verlafjenden Say, daß die Vorkenkäfer nur eine einjährige
Generation hätten.
Sn dem namentlid von Nüßlin auf Grund zahlreicher Unterjuchungen und Bucht»
perfuche durchgeführten Berteidigungslampfe der Eichhoffſchen Anficht und bei der fi an⸗
fchließenden eingehenden Erörterung der Generationsfrage durch Knoche, Pauly, Fuchs,
Hennings u. a. ift als meientliches Ergebnis die Erkenntnis und Würdigung des fchon
von Nitſche (mitteleurop. Yorftinjeftentunde, ©. 437) richtig betonten Einflufjes des Kli⸗
1) Bur älteren und neueren Literatur über die Generationdverhältnifje der Borken⸗
fäfer vgl. Altum: Ztſchr. f. F. u. Im. 1883, 29; 1885, 408. — Borggreve: Forftl. BL.
N. F. 1881, 208; 1882, 328. — Eichhoff: Stettiner entomol. Big. 1879, 501. — Forftl.
BI. N. F. 1880, 365; 1881, 351; 1882, 321. — Ziſchr. f. 5. u. Im. 1882, 240, 706;
1883, 50, 162, 671. — Allg. F. u. 'g Big. 1889, 149. — Die europ. Bortentäfer. Berlin
1881. — Fuchs: Naturw. Ztſchr. f. %. u. Fw. 1904, 198. — Üb. d. Fortpflanzungsver⸗
haͤltniſſe der rindenbrütenden Borkenkäfer uſw. München 1907. — Judeich: Thar. Ihrb.
1880, 150. — Forftl. Bl. N. F. 1881, 245. — Knoche: Forſtw. 361. 1900, 387; 1904,
824, 371, 536, 606; 1907, 474; 1908, 141, 200, 245. — Naturw. Ztiſchr. f. 8. u. Fo.
1905, 353, 401; 1906, 265; 1907, 219, 282. — Btichr. f. F. u. Iw. 1907, 49; 1908, 43.
— Nüßlin: Forſtw. 351. 1904, 1. — Naturw. Btichr. f. L. u. Fw. 1905, 83, 450, 481;
1906, 4, 341; 1907, 609. — Pauly: Allg. F. u. J.gZtg. 1888, 873; 1889, 236. — Nas
turw. Btichr. f. 2. u. Fw. 1906, 160.
232 Erfted Bud. Schub gegen Tiere.
mas und der Temperatur zu verzeichnen. Ritjche nennt a. a. D. ben Streit, ob eine be
ftimmte Borkentäferart einfache oder Doppelte Generation habe, müßig, weil dieſe Frage nicht
von der Käferart, jondern von der Temperatur des Wohnortes entichieben mwerbe.
Die Echlüffe, welche aus dem in neuerer Zeit angelammelten reichhaltigen Be
obachtungsmaterial und aus den von den oben genannten Autoren angeftellten exak⸗
ten Buchtverjuchen gezogen werden müflen, laſſen erfennen, daß die ſchon von Ratze⸗
burg ausgeſprochene und jpäter von Nitjche vertretene Anſchauung über den Bu:
jammenhang von Wärme und Generationsdauer bei der größten Gruppe der Bor:
fenfäfer, den Tomicini, im allgemeinen zutrifft. Die Generation der Gattung Tomicus
ift einfach oder doppelt, je nach dem Klima. Die weiteren rindenbrütenden Borken:
käfer laſſen fi} nah ©. Fuchs (Hortpflanzungsverhältniffe der Borfentäfer, ©. 53)
unter Zugrundelegung ihrer in einem Jahre fich abjpielenden genetifchen Genera-
ttonsfolge zufammenfaffen, je nachdem bei ihnen die doppelte Generation regelmäßi-
ger vorfommt als die einfache oder gar nicht vorfommt. Zur erfteren Gruppe ge
hören die Scolytides (Gattung Scolytus), weil fie im allgemeinen jene Gegenden
meiden, beren fühleres Klima nur eine einfache Generation geftatten würde; zur
legteren Gruppe mit nur einfacher Generation gehören nad) den bisherigen Erfah:
rungen (außer wohl verjchiedenen noch nicht näher unterfuchten Arten) der Riefen-
und Eſchen baſtkäfer (Dendroctonus micans Kug. und Hylesinus fraxini Panz.), die
Waldgärtner (Myelophilus piniperda L. und minor Hartig) und die Wurzelbrüter
(Untergattung Hylastes).
Für die forftliche Praxis ift diefe Eingrenzung von großer Wichtigkeit. Denn,
wenn auch bei der einzelnen Borkenfäferart und im gegebenen Einzelfalle die Ge
nerationdzahl fich nicht prinzipiell beftimmen läßt, fo ift doch die Erkenntnis des
Umſtandes, daß bei der jeweils vorliegenden Spezies die doppelte Generation mög⸗
fih oder unmöglich ift, praftiich wertvoll. Die Bekämpfung hat jedenfall8 mit der
mehrfachen Generation zu rechnen und auf eime folche fich einzurichten, wenn der in
Trage kommende Borkenkäfer einer Gruppe angehört, die unter gegebenen Bebin-
gungen zur doppelten Generation befähigt ift.
Die Generationgzahl fteht natürlich in engftem Bufammenhang mit der Ent:
widelungsdauer und diefe wiederum ift wie die Schwärmze it von ber Wärme:
bebürftigfeit der einzelnen Spezies abhängig.
Im großen ganzen find die Borkenkäfer wärmebedürftige Anfetten. Nach der
Schwärmtemperatur werden fie gewöhnlich in Früh- und Spätſchwärmer
getrennt. Zu erfteren rechnet man die März und April ſchon bei 99 C. Durchſchnitts⸗
temperatur ausfliegenden Käfer, z. B. Myelophilus piniperda, zu leßteren die erjt
bei höherer Temperatur, alfo fpäter im April, Mai oder Juni (im Gebirge) fchtwär:
menden, 3. ®. Tomicus typographus L., bei weldem Pauly 16° R. als Schwärm:
temperaturminimum feitgeftellt hat. Bet den Scolytus-Arten ift das Wärmebedürfs
nis noch weit höher als bei T. typographus.
Die Schwärmtemperatur ift bei der einzelnen Vorkenkäferart nicht immer gleich hoch,
jondern liegt um jo niedriger, je höher der Entwidelungdgrad der Gefchlechtöorgane der in
Betracht fommenden Individuen ift. Geichlechtsreife Individuen ſchwärmen jchon bei ver-
hältnismäßig niedrigen Temperaturen aus, während bei eben fertig gewordenen Sungläfern
erit höhere Wärmegrade die Bruttätigfeit auszulöfen imftande find.
Ebenjo wie die Geſchlechtsausreifung je nach der Gunft oder Ungunft der Witterung
fürzere oder längere Beit in Anſpruch nimmt, ift die Entwidelungsdauer der einzelnen Brut
tein Tonftanter Faktor, fondern nur Funktion der Temperatur. Ein Sinken ber Tempe⸗
Käfer: Scolytidae: Allgemeines. 233
ratur unter daB Entwidelungsminimum der Käfer hat einen Stillftand des Brutgefchäftes
und bamit eine Verlängerung der Brutperiode unweigerlich zur Folge. Günſtige Wit-
terung vorausgejept, ift die Entwidelung3dauer der Vorkenkäfer im allge:
meinen eine furze Am Warmhaus, bei einer zwiſchen 20 und 40° C. ſchwankenden
Temperatur, lieferten Buchtverfuhe Pauly3!) mit T. typographus in nicht ganz einem
Monat die erften Jungkäfer. Knoche) erzielte bei Frühjahrsbruten von Myelophilus
piniperda im Treibhaus bei einer Temperatur zwiſchen 12 und 26° in 65 Tagen Nadı-
kömmlinge, während die zu gleicher Zeit im Freien ſchwärmenden Käfer die doppelte Zeit
(182 Tage) Hierzu braudten. Nüflin*) beobachtete in Herrenwies, daß T. typographus
1903 von Ei zu Ei 12 Monate, 1905 deren nur zwei brauchte. Die jehr beachtliche Ab⸗
hängigleit der Generationszahl von Klima und Temperatur ift durch dieje und ähnliche bet
Zuchtverſuchen ufw. gemachten Beobachtungen unzweifelhaft feitgeftellt.
Die Borkenkäfer find vorherrfchend im Nadelwald zu Haufe und leben hier
ſowohl wie im Laubmwald zum größeren Teil monophag. Ein etwaiges Verirren der
einzelnen Urt auf andere Holzarten als den eigentlichen Fraßbaum ift mehr als ein
durch örtliche Verhältniffe veranlaßtes VBagabundieren aufzufaflen. Die nächitgrößere
Baht gehört zu den bedingten Monophagen, d.h. zu den bloß auf Nadel oder
bloß auf Laubhölzern vorfommenden. Auch bei den Bolyphagen?) bevorzugen
die einzelnen Spezies entweder mehr die Nadel- oder mehr die Laubhölzer. Ban:
tophagen fehlen gänzlich. Die wenigen auf Kräutern vorlommenden Arten find
forftlich belanglos.
Forſtliche Bedeutung. Für den Forftmann find die Borkentäfer die wirt:
Ichaftlich beachtenswertejte Käferfamilie, da mehrere ſehr ſchädliche Arten unter
ihnen find.
Der Schaden ift hauptſächlich ein phyfiologifcher und befteht in Berftörung
ber faftleitenden Gewebe und damit in Herbeiführung eines fchnelleren oder lang:
jameren Abjterbens der angegriffenen Bäume oder Baumteile. Bei den Holzbrütern
tritt zu dem phyſiologiſchen Schaden noch ein techniſcher durch Wertäminderung
des befallenen, durch die Brutröhren ufw. mehr oder weniger zerjtörten Holzes.
Zrogdem aber für Den einzelnen Baum das Befallenwerden durch Borkenkäfer
ziemlich gleichbedeutend ift mit Dem Tode, fo wächſt doch das Auftreten diejer Käfer
familie im Walde erft dann zur Kalamität heran, wenn es nicht gelingt, das zur
Maflenvermehrung geeignete Brutmaterial rechtzeitig zu entfernen bzw. zu entrinden.
Die bei weiten meisten Borkenkäfer, namentlich die wirtfchaftlich wichtigen Nabel:
holzborfentäfer, find zunächſt nicht primäre, jondern ſekundäre Schäb-
(inge, die in der Gefolgichaft von anderen Waldverheerungen, namentlih von
Sturmſchäden, Schneebrühen und Kränklichkeitszuftänden (Hüttenraud), Raupen:
fraß, Grundwafferentzug uſw.) einherziehen. Sind fie allerdings an dem durch ber-
artige Vorkommniſſe in größerer Menge gefchaffenen Brutmaterial zur Maflenent-
widelung gelangt, dann bilden aud die gejündejten Bäume und Beſtände fein Boll:
werk mehr gegen die Weiterverbreitung der Ralamität und grandiojfe Verheerungen
können dann, wie die Geichichte lehrt, durch die Zwerge unter den Waldichädlingen
hervorgerufen werben.
In erfter Linie ift die Fichte durch die fie bevorzugenden Borlenfäferarten, ganz
befonder3 durch die beiden achtzähnigen Borfenfäfer Tomicus typographus L. und T. ami-
1) Naturw. Ztiſchr. f. L. u. Fw. 1906, 160. — 2) Forſtw. Z3bl. 1904, 324, 371, 586,
606. — 3) Naturw. Ztichr. f. 2. u. Fw. 1905, 450. — 4) Wachtl, Fri U.: BbL. f. d.
geſ. Fw. 1876, 452.
234 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
tinus Eichh. gefährdet. Wie umfangreiche Verheerungen dieſe beiden, ben „fliegenden
Wurm” der alten Forflleute darftellenden Käfer im Verein mit den übrigen Fichtenborten-
käfern unzurichten imftande find, läßt ſich aus folgenden Beilpielen beurteilen. In den
Kommunionforften des Harzes wurden 1769—88 1178246 Stämme totgefreflen.') In OR-
preußen (Reg.-Bez. Gumbinnen und Königsberg) befielen die der Nonne folgenden Borlen-
fäfer in den Jahren 1867—62 eine Fläche von 602000 Morgen und verurfadhten in Den
Staatöforften 2,06 Millionen, in den Privatforften 1,8 Millionen Klafter Holzeinfchlag.”) —
Eine andere großartige Borlentäfertalamität folgte in den Jahren 1871—76 den umfang»
reihen Sturmfchäden ber Jahre 1868 und 1870 und richtete namentlih im Bayriſchen
und im Böhmer Walde?) ganz enorme Berwüftungen an.
Am Bayerifhen Walde Hat der Käfer (in den Mevieren: Finſterau, Schönan,
Oswald, Dufchlberg, Bodenmais und Bilchofsreuth uſw.) etwa 700000 fm Holz zum Ab—
fterben gebracht. Das Inſekt erichien in jo ungeheueren Schwärmen, daß ftellenweife bie
Sonne verfinitert wurde. Gemeinſchaftlich mit Tomicus typographus L. traten T. chalco-
graphus L., micrographus Gyll., autographus Ratz., Hylastes palliatus Gyll. u. a. auf.
Im Revier Finfterau waren 1000 Arbeiter mit dem Fällen und Entrinden des Holzes be⸗
Ihäftigt; da es an inländifchen Arbeitskräften fehlte, mußten Böhmen und Staliener bei»
gezogen werden. Für Fällen und Entrinden des Holzes wurden in diefem Revier 1878
gegen 30000 fl., 1874 an 40000 fl. ausgegeben. Ahnliche Beträge werben au3 anderen
Revieren gemeldet.
Am Böhmermwalde, wo der Fraß ausgebrochen, waren die Verheerungen noch furdht:
barer, wie aus folgenden Zahlen hervorgeht. Es mußten hier infolge des Fraßes in den
böhmilchen Bezirkshauptmannſchaften Krumau, Prachatitz, Schüttenhofen und Klattau auf zus
jammen 11648 ha Kahlfraßfläche 3,99 Millionen Feitmeter eingefchlagen werden.‘) Nübere
Angaben (je nach Domänen) finden fi in dem intereflanten Retjeberichte Willfomm3.°)
Auf der Domäne Groß-Zdidau (mit 8004 Koch Waldgrund) find 3. B. durch die Stürme
(1868 und 1870) 182750 Klaftern geworfen und gebrochen worden, deren Aufbereitungs-
foflen 132661 fl. betragen haben. Das Fällen und Schälen der jpäteren Käferftämme bat bis
zum Frühjahr 1875 noch 96400 fl. in Unjpruch genommen. Noch furdhtbarer haben Sturm
und Käferfraß die herrlichen Urmaldbeftände des Gebirgsſtockes Kubani in der Domäne
Winterberg (mit etwa 27000 Koch Waldgrund) mitgenommen. Die Kalamität ftand 1874
auf ihrem Höhepunkt und endigte erft 1876.
In Bayern und Böhmen zufammen bradıte diefer Fraß nahe an 5 Millionen Feſt⸗
meter Holz zum Mbfterben.
An Graubünden?) fielen in den Jahren 1800 und 1901 10000 fm den durch Die Sturm⸗
und Schneebruchhölzer der Jahre 1897 und 1899 großgeworbenen Vorkenkäfern zum Opfer.
Daß auch durd) die Kieferntliebhaber .unter den Borfentäfern bei paffenden Berhält:
nifjen erhebliche Waldbeſchädigungen verurjacht werben können, lehrt der Fraß bes Wald-
gärtners Myelophilus piniperda L. in den vom fliefernipanner mitgenommenen Beſtänden
der Leplinger Heide.) In den Jahren 1902—1906 wurden bier im Revier Blanten
neben 270000 fm Raupenhol; 130000 fm Käferholz eingeichlagen.
B. Befämpfung.
Die ım Kampf gegen die Borkenkäfer wirkſamen und erfolgverfprechenden Abs
wehrmaßregeln find im weſentlichen diejelben, gleichgültig welche Borkenkäferart im
1) Gmelin: Abhandl. üb. d. Wurmtrodnid. Leipzig 1787, 58 Anhang. — 2) An:
gabe von Schultz: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1373, 179, abzüglidy der Angabe Grunerts über
die Nonnenfraßhölzer: Yorftl. BL. 1864, 7. Hft. 77. — 3) Allg. F. u. J.-Ztg. 1874, 349.
— Karbaſch, R.: Daf. 1875, 65. — Shwappad, A.: Monatsſchr. f. F. u. Iw. 1875,
1586. — Pompe, Anton: 36l. f. d. gel. Fw. 1875, 84. — Daf. 1877, 388. — Allg. F.
u. %.:Btg. 1877, 350. — Forſtw. Z3bl. 1883, 187. — Daf. 1888, 488. 4) Bernat: Bei:
träge zur Foritftatiftil von Böhmen. Prag 1885, XCIf. — 5) Forftl. BL. N. F. 1876,10,
70 u. 97. — 6) Schweiz. Ztichr. f. Fw. 1901, 97; 1902, 65; 1904, 279. — 7) Schöpffer:
D. Forft:Ztg. 1907, 470., 489.
Käfer: Scolytidae: Belämpfung. 235
Einzelfalle zu befämpfen ift. Sie jollen daher, um unnötige Wiederholungen zu ver:
meiden, hier vorangeftellt werden. Soweit die biologifchen Verhältniſſe der einzelnen
Borlenkäferart Abweichungen von der allgemeinen Belämpfungstechnif bedingen und
Sondermaßnahmen erforderlich machen, werben dieſe bei der weiter unten folgenden
Ipeziellen Betrachtung der einzelnen Arten Erwähnung finden.
a) Vorbeugung.
1. Begründung und Erziehung gejunder Beitände durch Anbau ftand-
ortögemäßer Holzarten, Anwendung einwandsfreier Kulturmethoden, Begünftigung
der Mifchungen von Nadel- und Laubholz oder ber Nadelhölzer untereinander (Tanne
und Lärche mit Fichte ufw.) und durch Beachtung aller der Ortlichkeit entfprechen-
den Maßregeln gegen Wind-, Duft, Schnee und Eisbruch, weil Bruchhölzer ein
beliebtes Brut: und Fraßmaterial find.
2. Streben. nad) Rein lichkeit im Walde durch rechtzeitige Entfernung alles
kränkelnden und ausfcheidenden Materiales.
Hierher gehören:
a) Frühzeitige und häufige Durchforſtungen.
b) Baldiges Aufarbeiten und Entrinden oder Abfuhr der Bruchhölzer,
jeldjt der vom Winde bloß gejchobenen und hierdurch im Wurzelverband geloderten
Stämme. Hierbei find Verlegungen am ftehenden Holze nach Möglichkeit zu vermeiden.
c) Baldige Schlagräumung, Verbrennen des Abraumes.
3. Vermeidung großer Kahlichläge und großer gleihalteriger Beitandes-
komplexe durch Bildung Heiner Hiebözüge und Einhaltung eines zweckmäßigen Schlag⸗
wechſels.
4. Entrindung, Berappung oder Beſchlag der Hölzer, welche längere Zeit
im Walde verbleiben.
Dieſe Entrindung iſt wenigſtens bei den Nadelhölzern hinſichtlich der Bauſtämme
und Bloche unerläßlich; indeſſen braucht man ſie erſt etwa vom Mai ab vorzunehmen,
. am die etwa abgelegte Brut mit zu vernichten. Außerdem macht ſich das Entrinden im
Frühjahr leichter als im Winter. Die Entrindung der Schichthöfzer ift zwar auch durch:
aus erwünſcht, angejicht3 der Koſten aber ift es nachgelafien, fie auf befallene Raummeter
oder gefährdete Zeiten und Orte zu beſchränken. Weiter Tann bie Entrindung der im Boden
verbleibenden Stöde angezeigt fein, weil mehrere Borkenkäfer in ſolchem Vtaterial ihre Ent-
widlung durchzumachen vermögen. Je höher die Stöde find, um fo notwendiger ift ihre
Entrindung.
5. Häufige Revijion der Beſtände. Die Revifion hat in den Fichtenrevieren
während der ganzen Saijon bis zum September zu erfolgen und ift um fo aufmerf-
famer vorzunehmen, je mehr Fränfelndes Material infolge von Naturereigniffen (Wind-
und Schneebrud, Dürre, Feuer) oder von Raupenfraß im Walde vorhanden ift.
Als Kennzeichen für den Borkenkäferangriff dienen Bohrmehl, Harzaugtritt,
Rotwerden der Krone und Abfall der Rinde. Wichtig ist unter diefen Merkmalen
jedod nur der Bohrmehlausfall, da im Falle rechtzeitigen Bemerkens des am
Stamm zwilchen Rindenſchuppen, Zlechtenanfag hängenden oder an der Stammbafis
abgelagerten Bohrmehls eine erfolgreiche Vertilgung des noch anmwefenden Schäd—
ling? möglich ift. Rotiverden der Krone und Nindenabfall zeigen den Befall zu ſpät
an; die Jungkäfer find dann meist ſchon ausgeflogen. Harzaustritt ift ebenfalls kein
zuverläffiges Merkmal, weil er von Witterungs: und Geſundheitsverhältniſſen des
236 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
Vaumes beeinflußt wird unb deshalb keineswegs allgemein eintritt Auch das Bohr-
mehl ift fein ftändig zur Verfügung ftehendes Anzeichen für den Befall. Es verrät
den Schädling nur in den erften 2—4 Wochen nach dem Anflug, vorausgeieht, daß
nicht Regengüfje die Spuren verwiſcht haben.
Die beſetzten Stämme find durch die mit den Revifionen betrauten, fähigen Ar-
beiter zu bezeidinen ober fofort zu fällen und im Sinne der Bertilgung ber Käfer:
brut zu behandeln (f. unten). Das gleiche hat mit den zur Kontrolle des vorhan⸗
denen Käferbeftandes gefällten Brobebäumen (Fangbäumen f. unten) zu ge
fhehen. Ebenfo wie die Fangbäume find die im Walde lagernden unentrindeten
Nutz- und Brennhölzer zu überwachen und gegebenenfall3 zu entrinden.
b) Bertilgung.
1. Fällung von Fangbäumen, vom März ab bis in den September oder
Herrihtung ſtehen der Fangbäume durch NRingeln im Jahr oder Winter vor ber
Fällung. Entrinden der Fangbäume, ehe die aus den zuerft abgelegten Eiern aus⸗
geichläpften Larven fich verpuppt haben oder zu Käfern geworden find und eventuell
Verbrennen der Rinde.
Mit Recht ift von Eihhoff u. a. in zahlreichen Artikeln auf die große Bedeutung
einer verftändnisvollen Praris der Fangbäume hingewieſen worden. Es kommt darauf an,
den Borlentäfern zn allen Schwärmzeiten willfommenes Brutholz mit ftodenden Säften zu
bieten; dann laffen fie das minder willlommene (gejunde) Holz unbebelligt. In den Fang⸗
bäumen wird zugleich die Brut Iofalifiert und ift mit geringer Mühe zu vertilgen. Man
wählt zu Jangbäumen am beiten ältere, Schwach beaftete, etwas im Drude erwachjene Fichten,
insbefondere vom Binde geihobene und im WBurzelverband geloderte Stämme, weil dieſe
weniger volljaftig find und daher von dem ſchwärmenden Käfer mit Vorliebe belegt werben.
Im Frühjahre, bei noch feuchter Witterung, genügt e8, in 5—6 wöchentlichen Zwilchenräumen
neue Yangbäume zu werfen, während man im Sommer etwa alle 4 Wochen neue Fang⸗
bäume fällen muß. In der Praxis wird man die je nach Gegenden und Sahreswitterumg
ſich verfchiebenden Termine (Schwärmzeiten) bald ausfindig machen und fich hiernach richten
müffen. 8—14 Tage vor der Entrindung der zunächſt gefällten Yangbäume müſſen jchon
wieder neue liegen. Behufs leichter Kontrolle empfiehlt fich forgfältige Numerierung der
Bangbäume und genaue Buchführung über die Fortichritte in der Entwidelung der Brut
in jedem einzelnen Stamme. Cogho rechnet jedesmal fünf Bäume auf 100 Schritte längs
der Schlagränder, will aber im ganzen nur dreimal Sangbäume geworfen haben (April und
Mai). Eihhoff erflärt monatlic je einen Fzangbaum auf etwa 300 Schritte in Fäfer:
reinen Revieren für hinreichend. Nitjche meint, dab im erften Frühjahr etwa zehn Fang:
bäume für 1 Hektar genügen (jpäter weniger).
Ratzeburg empfiehlt, die Sangbäume unentaftet zu laffen und fie auf Unter:
lagen (Stöde, Steine ufw.) zu werfen, damit das Anbohren der Stäfer auch auf der
unteren Seite erfolgen könne. Die meiften fpäteren Autoren haben fich diefer Au—
fiht angeſchloſſen. Hingegen will E. Fiſchbach!) die Fangbäume entaftet haben,
weil die beafteten Stämme infolge ihrer durch die Nadeln vergrößerten Berdunftungs:
fläche rafcher austrodnen al3 entaftete. Er meint jogar, daß die Borkenkäfer nur
die entafteten Sangbäume annehmen, eine Behauptung, die zu weit geht. Auch
Judeich?) hat fich dahin geäußert, daß entaftete Fangbäume beſſer wirken ala nicht
entaftete. Ebenso ift Nitfche (Mitteleurop. Forſtinſektenkunde, J. Bd. 532) für fofortige
Entaftung. Nüßlin (Leitfaden, 2. Aufl. 223) bezeichnet es nach feinen Erfahrungen
als ziemlich gleichgültig für das Fängiichbleiben der Fangbäume, ab fie entajtet wer:
1) 851. f. d. gef. $iw. 1875, 27. — 2) Thar. Ihrb. 1880, 150.
Käfer: Scolytidae: Belämpfung. 237
ben oder nicht. Bei großen Kronen ift aber das wenigſtens teilmeife Entaften als
zwedmäßig zu bezeichnen. Die Befürchtung, daß durch die Wegnahme der Beaftung
einer ganzen Anzahl von Borkenkäfern, die fi nur in ſchwächerem Material ent-
wideln, die Brutgelegenheit genommen wird, Täßt ſich dadurch wegichaffen, daß man
die abgehauenen Afte als Fangreifig für die aftbrütenden Vorkenkäfer liegen läßt.
Am richtigften ift wohl, die Burichtung des Sangbaumes, wie Sedlazek!) empfiehlt,
von der zu befämpfenden Borfenfäferart abhängig zu machen.
Mit dem Schälen der Sangbäume muß fpäteftend der Anfang gemacht wer:
den, wenn bie aus den zuerft abgelegten Eiern herrührenden Larven eben zur Ver⸗
puppung fich anſchicken. Das Verbrennen der abgeihälten Rindenftüde ift, wenn
nicht unerläßlich, fo doch zwedmäßig.
Wenn man mit dem Schälen länger wartet, jo läuft man Gefahr, da bereits ein-
zelne Käfer ausgeihlüpft find; [hält man aber zu zeitig, jo muß man entweder viele Yang:
bäume werfen oder veranlaßt, ſobald man nicht für Ergänzung der Fangbäume forgt, die
ipäter ablegenden 2, ftehendes Holz zu befallen. Das Entrinden muß mit Sorgfalt, am
beften auf untergelegten Tüchern, geſchehen. Man bebient fich hierzu ftarker fichelförmiger
Meſſer oder beionderer Rindenſchäler oder leichter Ärzte.
Über die Trage, ob die mit Brut beſetzte Rinde verbrannt werden muß oder ob
e3 genligt, bie Stämme bloß zu fhälen und die Rinde dann liegen zu laſſen, ift
in der Literatur viel geftritten worden. Da die Larven jchon, wenn fie der Luft und dem
Sonnenlicht ausgefeßt werden, zugrunde gehen, hielt man e3 feither im allgemeinen für ge-
nügend, die abgejchälten Rinden der Sonnenwärme auszujeßen. Sicherer ift aber unter
allen Umftänden das Berbrenien, da man e3 wegen des großen Spielraumes in der Ent-
widelung der Käfer, zumal bei mafjenhaftem Borhandenfein, doch nicht in der Hand hat,
alle Fangbäume fo zeitig zu entrinden, daß nicht jchon dem Auskommen nahe Buppen, fo:
gar vollkommen fertige Käfer (von den zuerft abgelegten Eiern herrührend) bei der Ent-
tindung vorhanden find. Uberdied werden die in den bideren Rindenſchichten Tiegenden
Larven, Puppen ufw. durch das Schälen nicht bloßgelegt. Endlich Tann es bei ftarlem
Rindenanfall leicht geichehen, daß die Rindenftüde aufeinander zu liegen fommen, fo daß
der Luft und Sonne der Zutritt zu den unteren Nindenftüden erjchwert bzw. unmöglich
gemacht wird. — Die große LTebenszähigfeit der Käfer hat Cogho auf Grund einer Reihe
intereffanter Berjuche nachgewiefen und Hieraus die Schlußfolgerung gezogen, daß das
Verbrennen der Rinde das einzig jihere Bertilgungsmittel ift. Auch von Ku—
jama, Judeich“), Eihhoff u. a. vertreten dieſe Anficht, welcher wir uns vollftändig an-
ſchließen.
Anderer Meinung find C. Fiſchbach“) und Henichel.*) Letzterer empfiehlt (im Hoch⸗
gebirge) Entrindung der Fangbäume, jobald die Eier abgelegt jeien oder die Entwidelung
der Larven begonnen habe, in welchem Falle da8 Verbrennen überflüjfig, jogar injofern
nachteilig fei, als hierdurch der rajche Fortgang des Schälgeichäftes Not leide. Nüßlin?)
hält (bei typographus) das Berbrennen ber Rinde erjt dann für notiwentig, wenn bereits
balberhärtete und verfärbte Jungtäfer gefunden werden. Sofern das Schälen fo zeitig ge:
ichieht, daß höchſtens Buppen oder nur helle weiche Jungläfer vorhanden find, genügt feiner
Meinung nad) bloßes Schälen und Auslegen ber Rindenftäde mit der Baftfeite nach oben.
Man nimmt das Verbrennen der Rinde am liebften bei Fühler Witterung in feuchten
Einfentungen oder künſtlich hergerichteten Gruben vor und umgibt den Rand derjelben mit
einem Walle von glühender Aſche, damit die etwa aus den Nindenftüden fortlriechenden
Käfer ficher vernichtet werden. Man verbrennt aud) das Aſt- und Zweigholz mit, weil in
diefem gewöhnlich Kleinere, ebenfalls jchädliche Borkenkäferarten (3. 8. Tomicus chalco-
graphus L, Polygraphus poligraphus L., Crypturgus pusillus Gyll. u. a.) haufen. So⸗
—
- —
1) 361. f. d. gei. Fw. 1908, 45. — 2) Thar. Ihrb. 1875, 74. — Bbl. f. d. gei. Fw.
1876, 508. — 3) Daf. 1875, 27, 591. — 4) Leitfaden zur Beftimmung der ſchädlichen Forft-
und Obftbauminfetten. 2. Aufl. Wien 1876, 49. — 5) Naturw. Ztichr. f. F. u. Iw. 1905, 492.
238 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
gar T. typographus L. faun ſich in Äften mafienhaft vermehren. Das bloße Bergraben
der Rinden Hilft nur, wenn die Gruben hinreichend tief (40—45 cm) gefertigt werden; aus
flachen Gruben bohren fich die Käfer bis zur Oberfläde hindurch.
2. Abtrieb der befallenen, noch grünen Bäume; fofortiged Entrinden und
Berbrennen der Rinde, fofern der Käfer noch darin ift.
3. Bei großer Vermehrung bleibt nicht3 übrig, als fämtliches befallene Holz
einzufchlagen, die Nutzſtämme zu entrinden, fortzufhaffen und das Brennholz zu ver-
fohlen. Hierbei gilt der Grundſatz, friſche Trocknis ſtets eher aufzuarbeiten
als alte, weil fi Käfer und Brut dann nur in den frifchen Bäumen befinden und
die Vernichtung der fich entwidelnden Generation wichtiger ift als die Nutzung der
bereit3 verlaffenen jogenannten alten Trocknis.
C. Einteilung.
Die für die mitteleuropäifche Forftwirtichaft wichtige Familie der Borkenfäfer
wurde zeither meift in die drei Unterfamilien Scolytini, Hylesinini und To-
mieini eingeteilt. Auf Grund phylogenetiicher Unterfuchungen erfcheint dieſe Drei-
teilung jedoch nicht mehr angemefjen; vielmehr muß, wie namentlich Nüßlin!) in
nenerer Zeit unter Zuhilfenahme aller Organfgfteme der Borkenkäfer nachgemwiefen
bat, die Zahl der nahezu gleichwertigen Unterfamilien bedeutend vermehrt werden.
Das von Nüßlin in Vorjchlag gebrachte neue Syftem der Scolytidae teilt dieſe
Familie in 15 Unterfamilien: Eccoptogasterinae, Hylesininae, Crypturginae, Hy-
poborinae, Ernoporinae, Cryphalinae, Polygraphinae, Carphoborinae, Trypophloei-
nae, Pityophthorinae, Xyloterinae, Dryocoetinae, Xyleborinae, Thamnurginae,
Ipinae.
Soweit e8 für die Zwecke dieſes Buches notwendig erfcheint, ſoll bei der nad):
ftehenden Aufzählung der forjtlich belangreichen Borkenfäfer der vorftehenden Ein-
teilung gefolgt werden.
Unterfamilie Scolytinae (Eccoptogasterinae).
Gattung Bcolytus (Eccoptogaster).
Kopf vorgeftredt, mit einer kurzen, breiten Rüffel. Fühlergeißel 7 gliederig. Hals⸗
Ihild nad; vorn etiwas verengt. Drittes Fußglied zweilappig ober herzförmig. Ylügel-
deden nach der Spite gerade verlaufend, nicht abichüffig, ohne Abſturz und Zähne. Hinter-
leib vom zweiten Segment an plöglich ſchräg nad) oben treppenförmig anfteigend, gleich
fam abgeftußt.
Biologiſch ftimmen die hierher gehörigen Borkenkäfer gut überein. Sämtliche
Arten der Gattung Scolytus find Laubholzbewohner. Sie leben monogam und
brüten in Lots oder Wagegängen, zumeift in Lotgängen, die gewöhnlich tief in den
Splint eingreifen. Dan bezeichnet Die Scolytus-Arten deshalb als „Splintkäfer“.
Sie find ausſchließlich Spätſchwärmer und fünnen — im Gegenfah zu ber zeit:
herigen Annahme einer regelmäßig einjährigen Generation — fehr wohl eine dop⸗
pelte Generation haben (vgl. ©. 232).
Die praftiihe Bedeutung der Scolytus- Arten ift im allgemeinen Feine
große, obgleich die Käfer nicht immer ſekundär auftreten. Bon Ausnahmen abge
fehen, erjtredt fich der Befall gewöhnlich nur auf einzelne Bäume. DMaffenvermeh-
1) Über ein neues Syftem der heimiichen Borkenkäfer auf phylogenetiſcher Baſis.
Vhdlgn. d. Deutich. Naturf. u. Arzte. Verſ. zu Karlsruhe 1911. TI. II. Abtlg. 13. Nr. 2%.
Käfer: Scolytidae: Gattung Scolytus. 239
zungen im Sinne des zeitweiligen Auftretend mancher Rabelholzbortentäfer find un-
befannt.
L Beolytus (Bocoptogaster) Geoffroyi Goetse. (Sc. scolytus Fabr.).
Großer Ulmenfplinttäfer (Wbb. 96).')
Rennzeigen: 4-6 mm lang, ſchwarz oder pechbraun, auffallend glänzend. Fühler
und Beine rötlihbraun. Stirn fein gerungelt, in der Mitte mit einem Bñſchel kurzer gold»
gelber Haare. Halsfhild etwas breiter als lang, in der Mitte faſt
verſchwindend, an ben Rändern dichter punktiert, ſchwarz. Flugel⸗
deden in ber Regel taftanienbraun, nad) hinten etwas verjchmälert,
tief punktiert-geftreift. Zwiſchenräume jehr breit, mit zahlreichen,
meift 2—3 unregelmäßige Reihen bildenden Pünktchen und einzel
men gelben Härchen. Naht nur am ber Baſis, bis höchftens zur
Mitte, niebergedrüdt. Der dritte und vierte Hinter-
leibring in der Mitte mit einem Höderdhen (Abb. 96 b).
Hinterleib beim 3 behaart.
Lebensweise ufm.: Flugzeit: Mai, Juni.
Generation einjährig oder (ausnahmsweiſe) » .
doppelt, im Iegteren Falle Schwärmzeit ber Junge Abb. se. Boolytus Geoffreyi Goetze,
täfer im Auguft. = Re Ci 2 Dieter Ca),
Pauly?) nimmt einfache Generation an, bie er
überhaupt allen Scolytus-Arten zufchreibt. Auch Knotek und Barbey halten bie doppelte
Generation für Ausnahme, bie einjägrige für Regel. Rüßlin®) hat doppelte Generation
beftätigt gefunden.
Der ziemlich häufige und weitverbreitete Käfer befällt die Ulme, ältere und
jüngere Stämme, mitunter auch die Eiche. Un ftehenden Stämmen beginnt fein An-
griff und Fraß meift in Franken Üften und Gipfeln und fegt ſich von da abwärts fort.
Der Muttergang ift ein kurzer, 3—10 cm langer, 2,5—3 mm breiter, aufs
fteigender, manchmal etwas gebogener Lotgang, in ber Regel ohne Luftlöcher. Er
verläuft in der unteren Baftjchicht; jedoch wird auch die Splintficht mit berührt.
Die furzen Larvengänge zweigen ziemlich regelmäßig in vechtwinfefiger Rich»
tung von ihm ab, liegen dicht aneinander in der Rinde, unter Berührung des Splintes,
find mitunter 10—15 cm lang, ungemein zierlich gefchlängelt und an ihren Enden
faft breiter al3 der Muttergang. Die Buppentviegen liegen gewöhnlich in der Rinde
und greifen nur bei dünner Borke in den Splint ein.
Eine ungewöhnliche Verbreitung dieſes und des folgenden Ulmeniplintläfers an ftarten
Feld» und latterulmen in Berlin längs der Straßen zwiſchen dem Tempelhofer und
Schöneberger Ufer wird von Rapeburg*) näher mitgeteilt. Ein großer Teil ber 20—80 cm
ftarten Alleebäume, die infolge hohen Grundwaſſerſtandes kränkelten, wurbe 1870 durch den
Käferfaß zum Abfterben gebracht.
Gefährdet find nach den bißherigen Erfahrungen in erfter Linie Ulleebäume,
die infolge ungünftiger Standorts⸗ und Bodenverhältniſſe oder infolge von Rauch-,
Gas» oder anderer Beläftigung kränfeln.
Bekämpfung.
a) Vorbeugung. 1. Sorge für hinreichende gute Erde beim Einpflanzen von
Straßenbãumen (Ulmen).
1) Eichhoff, W.: Mind. forft. H. I. 1898, 00. — 2) Forfl.snaturw. Ziſchr. 1802,
196 u. 237. — 3) Forſtw. Zbl. 1904, 6. — 4) Btichr. f. F. u. Iw. 1871, 403.
240 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
2. Schubanftrich mit Teer, Lehm, Kalk oder mit Milchungen dieſer Subftanzen.
3. Oberflächliches Entrinden durch ftreifenmweije Entnahme der diden Borken⸗
ichten.
ſchich Das teure und bei ſchlechter Ausführung gefährliche Verfahren if in Paris”) teil:
weife mit befriedigendem Erfolg verjucht worden.
b) Bertilgung. 1. Zällung von Sangbäumen?), Zum Anloden des
Frühjahrsfluges läßt ſich das den Winter über gejchlagene Holz benutzen.
2. Einfchlag der mit Brut befegten Stämme (vom Juli ab) und Verbrennen
der Rinde.
2. Scolytus (Eccoptogaster) multistriatus Marsh.
Kleiner Ulmenfplinttäfer.
Kennzeichen: 3—4 mm lang, dunkelbraun bis jchwarz, weniger glänzend als ber
borige. Bühler und Beine rötlichhraun. Stirn jehr fein gerungelt. Halsihild etwas länger
al3 breit, in der Mitte feiner und weitläufiger punktiert ald an den Seiten, gewöhnlich
dunkler als die Flügeldecken. Letztere nach hinten verſchmälert, gleichmäßig dicht punktiert⸗
geftreift. Beide Geſchlechter mit einem charakteriſtiſchen, nach hinten gerichteten, an ber Spitze
nopfartig verdidten Dornfortiag am zweiten Hinterleibsringe. Hauptmerkmal
diefer Art!
Lebensweise ufw.: Flugzeit im Juni, eventuell wieder im Auguſt und Sep-
tember. Bei zwei Bruten überwintert die zweite im Larvenzuftande. Der Käfer be
wohnt namentlich die Afte und Gipfelpartien älterer Ulmen, häufig in Gemeinfchaft
mit dem vorigen.
Der Muttergang ift ein kurzer, zierlicher Lotgang ohne Luftlöcher, der nur
wenig in den Splint eingreift; er ift jchmäler, aber meift länger als bei Geoffroyi.
Die ſchmalen Larvengänge verlaufen ziemlich regelmäßig auf der Splintober-
fläde; fie gehen anfangs rechtwinkelig vom Muttergange aus, verteilen fich aber
ipäter gleihmäßig und fternförmig nad) der Seite, nach oben und unten. Da dag 2
bon multistriatus viel mehr (100—150) Eier legt als das ? von Geoffroyi, fo find
die Larvengänge bei erfterem viel zahlreicher und ftehen infolgedeſſen auch viel Dichter
beifammen al3 im Fraßbild des letzteren. Fluglöcher wie mit VBogelbunft geichoffen.
Generation einfach oder Doppelt.
Bekämpfung: Wie bei dem vorigen.
3. Scolytus (Eiccoptogaster) laevis Chap.
Mittlerer Ulmenjplintfäfer.’)
Kennzeihen: 3—4 mm lang, dent vorigen ähnlich, aber ohne Dornfortiah am zweiten
‚Hinterleib3ringe. Stimm an den Seiten (bejonders beim ) mit gelben Haarbürftchen. Hinter:
rand des vierten Bauchringes beim .” wit einem Querhöder in der Mitte, dritter Bauch:
ting in der Mitte verdidt. Beim 2 Hinterleibsringe einfach.
Lebensweise ujw.: Flugzeit im Juni; Generation anfcheinend einfach.
Überwinterung im Larvenzuftande. Der Käfer bewohnt die ſchwächeren, bi 15 cm
ftarten Äſte der Ulmen.
Der Muttergang ift ein 5-10 cm langer, 2, 5—3 mm breiter Lotgang mit
1) de la Blanch?re et E. Robert: Les ravageurs des forêts et des planta-
tions d’alignement. Paris 1889, 295 f£. — 2) Altum: Btichr. f. F. u. Iw. 1881, 61. —
Zbl. f. d. gel. Fw. 1881, 130. — 8) Czech: Öfterr. %.:Btg. 1887, 70.
Käfer: Scolytidae: Gattung Soolytus. 241
oft ftiefelartigem Anſatz. Larvengänge bichtgeftellt und ſchmal. Puppenmwiegen
in ben Splint gehend und mit Bohrmehl verftopft.
Belämpfung: Uusfchneiden und Verbrennen der befallenen und dürr werbens
den üſte; fonft wie bei Sc. Geoffroyi.
4, Boolytus (Hocoptogaster) Ratseburgli Jans.
Großer Birkenfplinttäfer.
Bennzeiden: 46 mm lang, ſchwarz, glänzend, bem großen Ulmenfplintkäfer ſehr ähn«
Pr lich und durch folgende ſpezielle Nert ·
male charalteriſiert: Stirn beim J
mit einer feinen, beim 2 mit einer
teäftigen Langsleiſte, beim S flach
vertieft, mit langen gelben Haaren
bicht bededt. Halsihild kaum breiter
als lang, vorn etwas gebuchtet, in der
Mitte meitläufig und ziemlich fein
punttiert, an den
Seiten mit gröbe:
sen Bunlten. Zwi⸗
fhenräume der
Fiũgeldeden breit
und flad, nur mit f
einerfeihefeiner Abb. 97. Boolytus Ratseburgli Jans. a Räfer (7),
Pünktchen verfer 5 Olnterleiß bes 7 (1%) (nad Barben)-
hen. Naht bis zur Spige vertieft. Der dritte Hinterleibsring beim
g in ber Mitte mit einem warzenförmigen Höder. Hinterrand
des vierten Bauchringes in der Mitte leıht ausgebuchtet und
fielartig erhöht. Weim 2 beibe Hinterfeibsringe einfach.
Lebensweiſe aſw.: Flugzeit Mai, Juni. Genes
ration einfad.')
Al Brutbaum kommt lediglich Birke in Betracht.
Die Muttergänge find regelmäßige, bis 10 cm
lange, 3—4 mm breite, gerade Lotgänge; fie beginnen
meift mit einer hakenförmigen Krümmung, greifen in den
Splint ein und weilen zahlreiche Luft bzw. Begat«
tungslöder auf. Mehr ſchräg verlaufende, ebenfalls
durch viele Quftlöcher gekennzeichnete Gänge find feine Bruts,
fondern Ernährungsgänge, die vom d nad} der Begat-
tung genagt werden Eichhoff).
Die Sarvengänge zweigen dicht nebeneinander ab
und find ziemlich regelmäßig um ben Lotgang gruppiert
(Abb. 98). Sie endigen in vorwiegend in ber Rinde liegenden
Puppenwiegen, aus denen ſich die Jungkäfer durch große,
auf der weißen Birkenrinde leicht fichtbare Fluglöcher (Ubb.
99) nad) außen bohren. Der Käfer befällt hauptſächlich
u 7 jüngere kränkelnde Stämme und beſchleunigt deren Abfter:
en Que beit. In Ländern mit vielen Virkenwaldungen (Rukland)
(verfeinert, Orig. ©. 8). ° verdient er ald merklich ſchädlich Beachtung.
Bekämpfung: Füllung und rechtzeitiges Entrinden der befegten Stämme.
1) Bauly, A. Forſtl-naturw. Ztſchr. 1892, 193 u. 233.
Deb, Borftfhug. I. 4. Aufl. 16
242 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
5. Boolytus (Bocoptogaster) intricatus Rtsb.
Eichenſplintkäfer (Abb. 100).
Kennzeihen: 3—4 mm lang, ſchwarz, dünn greis behaart. Fühler und Beine röt⸗
lich⸗braun. Halsſchild etwas breiter als lang, auf der Scheibe ſtark glänzend, an den Seiten
färfer und dichter punk»
tiert als in ber Mitte.
Slügeldeden matt pech⸗
braun, nad} Hinten ver:
ſchmaiert, mit jehr dich⸗
ten Punttftreifen, welche
ftellenweife, namentlich
in ben erften Zwiſchen⸗
räumen neben der Naht,
durch feine, etwas fehräg
gerichtete Runzeln unter»
brochen werden. Naht
nur bit Hinter dem äübb. 100. Soolytus intricatus Btzb.
Schildchen vertieft. Hin⸗ CA, nah Barben).
terleibsringe ohne Höder.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Mai, Juni
Generation einfach.
Der Käfer befällt alle Arten der Eiche (auch
Abb. 99. Yluglöcher von Soolytus ausländifche), feltener die Buche (Nörblinger),
Batzeburgli Jans. in Dirteneinde, von und zwar vorwiegend ſchwächere Stämme oder
a ee die Üte älterer Bäume.
Er macht einen furzen, 1—2,5 cm langen einarmigen Wagegang im
Splinte. Die Larengänge find außergewöhnlich (10—12 cm) lang und fein,
aber meift undeutlich; fie verlaufen teils nach oben, teil® nach unten im Spfinte.
Buppenwiegen bald in ber Rinde, teils oberflächig im Splinte. Fluglöcher wie
mit Dunft geſchoſſen, daher an älteren Stämmen nicht leicht erkennbar.
Die Käfer bevorzugen zwar kränkelnde Stämmchen, greifen aber auch vollkom⸗
men gefunde Heifter bzw. Stangen an und bringen dieſe zum Abſterben.
Im Bois de Vincennes follen die Käfer vor Jahren gegen 50000 Stück 20—30jäh-
rige Eichen getötet haben. Sie wurden in berindeten Eihhenpfählen, die man zu Umgän-
nungen ufto. verwendete, eingejchleppt.")
Im Juni 1895 wurden bei Waldenburg (Sachſen) mehrere im November 1894 ger
pflanzte 15—20jährige Eichenftangen von 7—8 cm Brufthöhenftärfe derart von dem Käfer
befallen, daß fie alsbald gefällt werben mußten (Gerlad).*)
Bon Intereſſe ift aud die 1897 in Weftpreußen gemachte Beobachtung, daB
die Käfer vereinzelt die Baſis der jüngften Eichentriebe befallen und, im Aftwintel
figend, von oben her ein ihrem Körperumfang entiprechendes Loch in den vorjährigen
Trieb freffen. Infolge diefer zur Blütezeit der Eiche erfolgenden Befchäbigung ver
trodnen unter Umftänden zahlreiche Zweige, brechen aus und fallen zu Boden. Hier:
durch wird nicht nur das Wachstum beeinträchtigt, fondern auch die Fruchternte ver⸗
mindert?)
Belämpfung: Aushieb der befallenen Stämmchen.
1) EihHoff, B.: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1882, 704. — 2) nitſqhe, S.: Nar. Ihrb.
1896, 280. — 3) Edftein, Karl: Forſilnaturw. Ziſchr. 1898, 186.
Käfer: Scolytidae: Gattung Scolytus. 243
6. Soolytus (Eccoptogaster) carpini Rtzb.
Hornbaumfplintkäfer.
Kennzeigen: 3—3,5 mm lang, ſchwarz, etwas glänzend. Fühler und Weine zöt-
lich · gelbbraun. Halsicild faft etwas länger als breit, an ben Seiten ziemlich ftark, aber
weitläufig, in ber Mitte fehr fein punftiert. Flügeldeden dunkelbraun, ſehr dicht und gleich
ſtark punktiertsgeftreift. Naht bis über die Mitte der Deden vertieft. Hinterleib eingedrüdt
Lebensmweife uſw.: Der Käfer befällt faft aus⸗
ſchließlich den Hornbaum, geht aber nur an ältere
Tränfelnde Stämme. Kopfholz.mirb mit Vorliebe ange-
nommen. Der Muttergang ift ein kurzer Wage-
gang unter und in ber Rinde.
Ziemlich weit verbreitet, aber nicht häufig und
nur von geringer Vebeutung.
7. Boolytus (Hoooptogaster) pruni Rtzb.
Großer Obftbaumfplinttäfer.')
Kennzeiden: 3,5—4,5 mm lang, ſchwarz,
glänzend, Rand des Halsſchildes und lügeldeden
pechbraun. Fühler und Beine rötlich-braun. Halsſchild
fa fo lang als breit, nad) vorn verengt, oben fein:
bzw. faum fichtbar-, an den Seiten etwas gröber und
zerſtreut punktiert, ftart glänzend. Flügeldecken rot:
braun, nad) Hinten verſchmãlert, ftart punftiert:geftreift,
mit einer Reihe feinerer Punkte auf den Zwiſchen⸗
räumen. Naht am Schildchen bis über die Mitte
vertieft.
Lebensweiſe uſw.: Der Käfer befällt Haupt-
fählih Pflaumen: und Zwetſchenbäume, ift
aber auch in anderen Obftbäumen (Kirfch-, Apfel-
und Birnbäumen), ſowie in Ulmen, Traubenkirſchen
und Ebereſchen angetroffen worden.
Der Muttergang, ein 6—12 cm langer
Lot⸗ oder Schräggang, beginnt häufig mit einer
buchtigen Erweiterung und verläuft deutlich im
Spfinte.
Die langen zierlihen Larvengänge gehen
rechtwinlelig nad; rechts und links ab, ſchlängeln
ſich aber bald teils auf-, teil abwärts; fie greifen
gleichfalls in ben Splintein. Die Puppenwiegen ups. 101. Frahbild von Soolytus prani
find meift ſenkrecht in dieſen eingeſenkt (Ubb. 101). Bad. in Bflaumenbaum (nat. &r.).
Die Üite werden mehr befallen als die Stämme.
Die Überwinterung geſchieht gewöhnlich im Larvenzuftande.
Generation einfach.
1) Die Aufnahme der unter 7 und 8 beicriebenen Spfintfäfer in den „Sorftfhup“
begründen wir damit, baf in manchen Forſthaushalten aud die Verwaltung von Obftgär:
Pa ai zu ben. Dienftobliegenheiten ber Forſtverwalter gehört (5. B. im Großherzogium
jen).
16*
244 Erfte Bud. Schuß gegen Tiere.
Für Pflaumenbäume ift der Käfer ſehr ſchädlich.
Belämpfung: Abfchneiden bzw. Abhieb und fofortiges Verbrennen der bes
fallenen Üfte bzw. Stämme (April).
8. Scolytus (Eccoptogaster) rugulosus Rtsb.
Kleiner runzeliger Obſtbaumſplintkäfer.
Kennzeichen: 2—2,5 mm lang, oval, pechbraun bi3 ſchwarz. Spige ber Flügel⸗
deden, Fühler und Beine rötlidj-braun. Halsſchild länger als breit, nad) vorn ziemlich
ſtark verengt, dicht mit tiefen, namentlid an den Seiten zu Rungeln zufammenfließenben
Bunkten befegt. Flügeldeden dunkelbraun, nach hinten zu gewöhnlich rötlich gefärbt, glanz⸗
108, dicht punktiert-geftreift. Naht nur am Schildchen vertieft.
Lebensweise ufw.: Der Käfer hauft in Üften oder [wachen Stämmen ver
ſchiedener Obftbäume (Pflaumen-, Kirſch⸗, Apfel-, Birn-, Pfirfih-, Aprikofen-,
Dnittenbaum), aud in Birken, Ahllirſche und Eberejche.
Der Muttergang ift ein kurzer (1—3 cm langer) Lotgang im Spflinte.
Die zahlreihen Karvengänge find lang, ungemein zierlich und endigen je in einer
tief im Splinte liegenden Wiege. Überwinterung im Larvenznftanbe.
Generation wahrſcheinlich auch einfach.
Bekämpfung: Wie bei dem vorigen, mit dem er häufig gemeinfchaftlich auftritt.
Unterfamilie Hylesininae,
Da die zeitherige Unterfamilie Hylesini total heterogene Gattungen vereinigte, Hat
Nüßlin unter Bugrundelegung aller inneren und äußeren Organe (Raumagen, Mitteldarm,
Fühler, Tarjen, Flugflügel, Genitalien) eine neue Umgrenzung diejer weitaus größten Un»
terfamtlie der Borlenfäfer vorgenommen.') Nah den genannten diagnoftiihen Merkmalen
werben die 14 Gattungen von ihm zu 8 Gruppen (Triben) zufammengefaßt, deren nähere
Charakterifierung Hier jedoch um jo mehr unterbleiben Tann, weil zu erwarten ift, daß wei⸗
tere anatomijche Unterfuhungen der nicht europäifchen Hplefinen zu manden Anderungen
des vorgeſchlagenen Aufbaues führen werden. Nur die äußeren Kennzeichen ber Unter
familie feten genannt:
Kopf vorgeftredt, von oben gejehen ſichtbar. Fühlergeißel 5—7gliederig. Drittes
Bußglied zweilappig. Flügeldecken am Hinterrande herabgemölbt, ohne Abſturz und
Bähne; meift beſchuppt, feltener behaart. Hinterleibfegmente nicht nach oben fchräg abge
ſtutzt, ſondern nach der Hinterleibsipige allmählich auffteigend. Kaumagen mit „unpaarem
Anſatz“.
Biologiſch gehören die Hylefinen zu den monogamen Formen. Einige Arten
find Laubholz:, die meisten Nadelholzbewohner. Die Frapbilder find teils einarmige
Zotgänge, teild Doppelarmige Wagegänge. Mehreren Gat-
tungen ift eine lange, von Brut: und Ernährungsfraß aus-
gefüllte Lebensdauer eigentümlich.
Die Generation ift vielfach einjährig. —
A. Laubholzbewohner.
9. Hylesinus orenatus Tabr.
Großer ſchwarzer Eſchenbaſtkäfer (Abb. 102).
Kennzeichen: 4,5—5,5 mm lang, lang:eiförmig, gewölbt,
ſchwarzbraun bis ſchwarz, oben unbehaart und wenig glänzend, a Ba ——
unten behaart. Fühler und Beine rötlih-braun. Halsſchild Barben).
1) Raturw. Btihr. f. F. u. Av. 1912, 267.
Käfer: Scolytidge: Hylesininae. 245
nicht breiter als lang, nach vorm verengt, jehr bicht und ziemlich grob punftiert, mit
kurzen Längdrinnen in ber Mitte. Gegen das Schilbhen hin ift das Halsſchild ſcharf-
toinfelig audgezogen und fomit in feiner Mitte ausgeſprochen verlängert. tlügelbeden in
der Mitte am breiteften, Hinten etwas abſchüſſig, mit ſtark vertieften, reipenmweife ſtehenden
großen Punkten; die Zwiſchenräume ſiark rungelig-geförnt und mit kurzen, ſchwärzlichen
Börftchen befept.
Abb. 103. Frabbild von Hylesinus orenatus Fabr. in Eſchenrinde (nat. Gr, Orig. @ R.).
Lebensweiſe ufm.: Flugzeit: Ende April. Mai. Generation einfach oder
(jeltener) doppelt.
Der im allgemeinen nicht häufige Käfer befällt die Eſche!), ausnahmsweiſe
auch Eiche und zieht ältere Bäume mit ftarker riffiger Borke den jüngeren vor,
ohne bie leßteren aber ganz zu verſchonen.
Er macht kurze (1,5—8 cm lange), breite, leicht gefrümmte, meift zweiarmige
Wagegänge im Bafte (Abb. 103), deren beide Arme in der Regel ungleich lang
und mitunter winkelig zueinander geftellt find; zuweilen fehlt der eine Arm auch ganz.
Die Larven nagen von diefen Gängen aus erft auf: und abwärts, wen⸗
1) Körber: Ziſchr. f. F. u. Im. 1875, 284. — Altum: Daf. 1876, 496; 1879, 397.
— Nitſche, H,: Thar. Ihrb. 1881, 172.
246 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
den fi aber nad} kurzer Strede ſeitwärts und frefien dann mehr in horizontaler
Richtung ſehr lange, bis 25 cm erreichende Gänge. Die Puppenwiege ift wie
der mehr vertifal gerichtet und Liegt im wefentlihen in der Rinde, während Mut:
ters und Larvengänge in den Splint eingreifen. Bei ftarfem Beflogenjein eines
Stammes freffen die Larven mitunter dicht gebrängt nebeneinander, in weldem
Falle die einzelnen Gänge verworren zufammenfließen und nicht mehr zu erken⸗
nen find.
Beim Fraß in alten Eichen, z.B. im ruffifchen Gouvernement Cherjon, find
teilweife dreiarmige Muttergänge beobachtet worden.
Die Übertwinterung findet bei ſchwächeren Stämmen am Wurzelanlauf, bei ftär-
teren auch in höheren Partien in der borkigen Rinde ftatt. Der Käfer bohrt ſich hier
ein und legt einen kurzen, biß 3 cm langen Gang ſchräg nad) oben an.
Belämpfung: ſ. ©. 234. "
10. Hylesinus fraxini Fabr.
Kleiner bunter Ejhenbaftfäfer‘) (Mbb. 104).
Kennzeichen: 2,5—3,5 mm lang, eiförmig, pechbraun bis ſchwarz, unten greis bes
haart. Fühler und Beine rotgelb. Halsſchild merklich breiter ald lang, nad) vorn verengt,
oben fein höderig, ohne Mittellinie, gelblich«grau beihuppt; an
der Bafis vor dem Schildchen beiberfeits ein bräunlicher Flec
FSlügeldeden gleichmäßig gemwölbt, durch kurze, graugelbe Schuppen:
hãrchen buntſchedig und mit deutlichen, feinen Punktreihen verjehen.
Lebensweije uſw.: Flugzeit: April, Anfang Mai
Generation einjährig. Die Jungkäfer find im Juli oder
Auguft fertig.
Fraßbaum: Eſche. Befallen werden Bäume jeden
Alters, zumeift glattrindige Stangen ober Üfte und höhere
Schaftteile älterer Stämme. Ausnahmsweiſe ift ber Käfer auch
0.106 in Heiftern und fogar in einjährigen Stodausihlägen gefun-
Hylosiaus frazini Fabr. ben worben.!) Neben ftehendem Material werden berindete
on Stamm, Klog- nnd Spalthölzer angenommen. L
Außer Eſche werden Alazie?), Apfelbaum, Walnuß, Syringe, im Süden Olbaum
und Ornus europaea befallen, die heimiſchen Holzarten allerdings nur mehr vaga⸗
bundierend.
Fraßbild: Der Käfer fertigt ſchöne, in den Splint deutlich eingreifende äußerſt
regelmäßige, boppelarmige Wagegänge mit kurzer Eingangsröhre (Abb. 105).
Die Länge des einzelnen Brutarmes ſchwankt zwifchen 2 und 8 cm.
Die Larvengänge find kurz, aber dicht gedrängt. Sie verlaufen, ziemlich
rechtwinkelig vom Muttergange abzweigenb, nad) oben und unten, greifen tief in
den Baft und Splint ein und find ebenfalls ehr regelmäßig (Abb. 105b); nur
bei ftarfborfigen Stämmen liegen fie mehr im Rindenkörper. Die Buppenwiegen
gehen tief in den Splint hinein (Abb. 1050). An den einmal befallenen Stämmen
findet man gewöhnlich einen Gang an dem anderen.
An ſchwachem Material können die Gänge anormale Formen, ſchräge oder
ſelbſt Iotrechte Richtung, größere Länge uf. annehmen. Bei dem von Henſchel
1) Henfel: 8bl. f. d. gef. Fw. 1886, 844. — 2) Keller: Schweiz. Btihr. f. Sm.
1885, 26.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae.
247
(a. a. D.) beobachteten Vorkommen in Stodioden hatte der Käfer die Knoſpenachſel
zwifchen Haupt und Beiknoſpe ober eine biefer beiden Knoſpen als Einbohrftelle
gewählt.
M66. 106. Ftabbild von Hylesinus fraxini Fabr. in Eidje. = Muttergänge, b Rarvengänge,
© Buppenwiege (nat. Gr.).
Der Käfer befällt ſowohl kränkelnde Stämme wie auch
gefundes Holz, in der Regel von oben her und bringt Die an⸗
gegriffenen Teile zum Abfterben. Er ſchadet ferner durch feinen
böcft Harakteriftiihen Regenerationd- und Überwinte:
rungdfraß.
Bald nad) der Eiablage nämlich verläßt der Käfer den
Muttergang und bohrt fi in der Krone der Eichen ober bei
jungen Stangen auch an deren Schäften in die grüne Rinde
ein, um bier zu minieren. Dieſe Miniergänge, Meine 2—3 cm
lange Längd-, Duer- und Schräggänge, die in gleicher Weiſe
zum Bivede der Regeneration der Geſchlechtsorgane, wie auch
zum Bivede der Übertvinterung angelegt werben, führen infolge
wiederholter Benutzung berfelben Fraßſtelle durch meift meh⸗
rere Käfer zum Entftehen rojettenartiger, treb3ähnlicher Grind⸗
ftellen, der fog. „Rindenrofen"!) (Abb. 106).
Bon hier ſchreiten die Mutterkäfer, nachdem fie einige Zeit
miniert haben, zur Unlage einer neuen Brut, ein Vorgang,
der vielfach zur Annahme einer doppelten Generation veran-
laßte. Gleichwie die Mutterkäfer bohren ſich auch die Saifon-
jungtäfer, und zwar zum Bivede des Nachfraßes und zur
Überwinterung, in die Rinde ein.
In den Religionsfondsforften' des Temejer Banats (Ungarn)
werben bie Ejchenbeftände feit etwa dem Jahre 1888 jehr ftarf von
B. fraxini heimgefuht. Im Sommer 1890 erreichte bie Salas
1) Henſchel: 8bl. f. d. gef. Fw. 1880, 514. — He: Dal.
1895, 287. B .
Mb. 106. Rindentoſen
(Krebfe) an Ciche, durch
Regenerationd. und Über:
winterungsfeaß von Hy-
Nesinus fraxini hervorge«
tufen. a gefclofene Rin-
denrofe, b Kangential- und
© Robiatfenitt durch) eine
Rinderfrofe, um bie Zraß-
Hänge bed Kafers freigu-
Tegen (verfleinert).
248 Erfies Buch. Schub gegen Ziere.
mität ihren Höhepunkt; von den vorhandenen 85000 fm Eichen ftarben etiva 6000 fin,
d. 5. 179, gänzlich ab.’)
Befämpfung: f. ©. 234. Außerdem eventuell Anftrich der befallenen Stänme
mit Teer oder Raupenleim.
Der Teeranftrich wurde im Frühjahr 1878 in der Umgebung des Oftfeebades Eranz
(bei Königsberg), wo der Käfer große Berwüftungen angerichtet hatte, nıit Erfolg angewendet.)
11. Hylesinus vittatus Fabr.
Bunter Ulmenbaftäfer.
Kennzeihen: 2—2,5 mm lang, oval, glanzlos. Fühler und Beine rotgelb. Hals-
ſchild etwas breiter als lang, nad vorn verengt, jehr feinkörnig punftiert, gelblich beſchuppt,
mit zerftreuten größeren Körnchen. Flügeldeden Hinten abſchüſſig gemwölbt, fein punktiert
geftreift, mit bräunfidh:gelben Schüppchen, welche mitunter unregelmäßige Yleden ober
ſchräge Längsbinden bilden, dicht befleidet.
Lebensweise ujw.: Flugzeit: April, Mai. Die Ablage der Eier erfolgt an
Ulmen, und zwar an fchwachen Material, Heiftern oder Äſten älterer Bäume.
Generation vermutlich einfach.
Die 2—4 cm langen Muttergänge find doppelarmige Wagegänge und
liegen hauptfähli im Baſte. Die Eingangsröhre dringt nicht bis zum Splinte vor.
Die kurzen Zarvengänge zweigen nahezu rechtwinfelig nad) oben und unten
ab und verlaufen gleichfall® vorwiegend im Bafte:
Bekämpfung: Wie bei dem vorigen.
Gleich geringe forftliche Bedeutung wie H. vittatus fommt dem ihm fehr nahe ſtehen⸗
den Hylesinus Kraatzi Eichh. an Ulmen, fowie dem in Südfrankreich und Stalien
ſehr häufigen Olbaumfeind H. oleiperda Fabr. zu, der hin und wieder auch nördlich
der Ulpen an Eiche, Buche und Springe gefunden. worden ift.
B. Nadelholzbewohner.
Die in Nadelholz brütenden Hylefinen ſchaden vorwiegend durch ihr Brut⸗
geſchäft an ſtehenden Stangen und Stämmen. Neben den Brutfraß ausübenden Kä⸗
fern find eg vornehmlich die Barven, deren Tätigkeit eine phyfiologiſche Beeinträchti⸗
gung der Fraßpflanzen zuzuschreiben ift. Bei der Gattung Myelophilus aber tritt.
zum Brutfraßjchaden noch ein weiterer, durch Ernährungsfraß der Käfer her⸗
vorgerufener Schaden und bei den Gattungen Hylastes und Hylurgus liegt der
Fall fo, daß, genau wie bei Hylobius abietis, Lediglich der eben genannte Er-
nährungsfraß der Käfer, nicht aber der Brutfraß der Käfer und Larven forftliche
Bedeutung gewinnt. Der Brutfraß tft bier deshalb belanglos, weil er mit wenig
Ausnahmen an Stöden und deren Wurzeln erfolgt. Dan bezeichnet die durch eine
derartige Lebensweiſe gefennzeichneten Borkenkäfer ald Wurgelbrüter, im Gegen-
ſatz zu den in üblicher Weife in Stämmen ufw. fich entwidelnden. Stammbrütern.
a) Wurgelbrüier.
Die Lebensökonomie der hier zu nennenden ſechs Käfer bietet jo übereinftins
mende Büge, daß diefe Käfer in biologischer Hinficht ohne Bedenken zuſammengefaßt
werden können.
1) Pachmajer, Otto: bl. f. d. gef. Fw. 1891, 239. — 2) Daſ. 1878, 619.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 249
12. Hylesinus (Hylastes) ater Payk.
Schwarzer Kiefernbafttäfer.
Kennzeihen: 4—5 mm lang, von geftredtem Körperbau, tiefihwarz, pedglän«
zend. Fühler und Beine rötlih-braun. Halsichild länger als breit, feine Seiten bis über
die Mitte faft parallel, dann nach vorn verengt, oben dicht und tief punftiert, mit glatter,
aber nicht erhabener Mittellinie. Ylügelbeden ftart punftiertsgeftreift, mit Lörnigegerungel-
ten Zwiſchenräumen, bie breiter al3 die Streifen find.
18. Hylesinus (Hylastes) attenuatus Er.
Dünner Kiefernbaftläfer.
Kennzeichen: 2—2,5 mm lang, walzenjörmig, ſchwarz- oder pechbraun, fehr fein
behaart. Fühler und Beine rötlich.braun. Halzjhild faum länger als breit, an ben Seiten
wenig erweitert, nad} der Spige verengt, oben ftarf und dicht punftiert, mit einer feinen,
erhabenen Mittellinie. Flugeldecken tief punfiert:geftreift; auf den etwas gemölbten Ziwifchen«
felbern eine durchlanfende regelmäßige Reihe Heiner Höderchen.
14. Hylesinus (Hylastes) angustatus Hbst.
Schmaler Kiefernbafttäfer|
Kennzeichen: 2,53 mm ang, dem vorigen fehr ähnlich, aber etwas größer und
mattfchwarz. Halsſchild wenig länger ald breit, nad; vorn ſchwach verſchmälert, ftart punfs
- tiert, mit glatter erhabener Mittellinie. Flügeldeden punktiert-geftreift; bie Körner auf den
Bwijhenräumen der Flügelbeden nur Hinten reihenweiſe, vorn unregelmäßig.
15. Hylesinus (Hylastes) opaous Er.
Mattſchwarzer Kiefernbaftläfer.
Kennzeichen: 2—2,5 mm lang, dem vorigen fehr ähnlich, aber gebrungener, matt«
ſchwarz, glanzios, fein behaart. Fühler und Beine rötlich. Halsſchild etwas länger ald
breit, an ben Seiten gerumbet, nad) vorn verfchmälert, dicht und tief runzelig-punftiert,
hinten mit einer feinen, erhabenen Mittellinie. Flugeldeden tief punktiert:geitreift; bie
Böritchen auf den Bwiichenfeldern nad) der Spige Hin an Länge und Zahl abnehmend.
16. Hylesinus (Hylurgus) ligniperda Fabr.
Holzzerſtörender Kiefernbafttäfer.
Kennzeichen: 4—5 mm lang, walzenförmig, pechſchwarz oder pechbraun, ziemlich
lang» und dichtbehaart, befonderd an den Seiten des Halsſchildes und an ber Spige ber
Flügeldeden. Fühler und Beine roftgels. Halsſchild deutlich länger ald breit, an ben
Seiten nicht gerundet, nad; vorn nur wenig verengt, Dicht:punftiert mit glatter Mittellinie.
Slügelbeden dicht runzelig-gelörnt mit ſehr ſchwachen Längsitreifen; der zweite Zwiſchenraum
auf dem Abſturz ftart eingebrüdt.
17. Hylesinus (Hylastes) eunioularius Er.
Schwarzer Fichtenbaſtkäfer (Abb. 107).
Kenugeiden: 3,5—4,5 mm lang, mäßig fang geſtredt, tief
ſchwarz, etwas glänzend. Fühler und Beine rötlich-braun. Hals-
ſchild Taum länger als breit, in der Mitte breiter als Hinten, nach
vorn verengt, oben fehr dicht punftiert, mit glatter, aber nicht er
habener und auch nicht deutlicher Mittellinie. Flügeldeden tief
punftiert:geftreift, mit rungeligsgetörnten Smwifhenräumen, die nicht sp. 107. Hylorinns on-
breiter find al3 die Streifen. nicularius Er. (*/,, nad
Barbey).
» A. Lebendweife und forftlihes Verhalten der Wurzelbrüter.
Flugzeit: Die überwinternden Käfer find fämtlih Frühſchwärm er; fie flie—
gen ſchon im März, April und haben im allgemeinen eine Doppelte Generation.
250 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Die Eier werden an Stöde und flachitreihende Wurzeln von Kiefer oder
Fichte abgelegt, und zwar find H. ater, attenuatus, angustatus, opacus und
ligniperda in der Hauptfadhe monophage Kieferninfelten, während cunicularius
nur in Fichte vorfommt. Bon den Kiefernbrütern find H. angustatus und atte-
nuatus auch an Fichte beobachtet worden, angustatus nimmt unter Umftänden fo-
gar junge Pflanzen dieſer Holzart al3 Brutmaterial an. Auch bei H. ater und
opacus fommt e3 ausnahmsweiſe vor, daß die Eier nicht an Stöde, fondern im
oberen Wurzelbereich ſtärkerer Riefernpflanzen abgelegt werden. H. eunicularius
wurde im Steinbacher Revier (Erzgebirge) von Bed fogar in den Wurzeln 30 jäh-
riger Sichten in ſolchem Maße brütend gefunden, daß das zur Unterſuchung Anlaß
gebende Eingehen mehrerer Fichten wohl auf dieſen ganz außergewöhnlichen Angriff
zurüdzuführen war. H. ligniperda ijt niddt nur an den Wurzelitöden der gemeinen
Kiefer, fondern auch an See- und Weymouthskiefer gefunden worden.
Fraßbild: Die Muttergänge find normale, meist aber etwas fchräg, oft auch
geſchwungen und unregelmäßig verlaufende Längsgänge. Bei cunicularius beginnen
fie mit einer fpornförmigen Aushöhlung. Ihre Länge ift nad) Käferart und Stärke
des Brutmateriales verihieden. In ſchwachen Wurzeln find fie meift nur wenige
Bentimeter lang, währenb fie bei H. ater in ftärferem Material bis 12 cm lang
gefunden werden. Sie verlaufen in der Rinde oder im Baft und greifen oft auch in
den Splint ein.
Die Larvengänge find meift unregelmäßig verteilt; fie gehen zwar getrennt
mehr oder weniger ſenkrecht vom Muttergange ab, kreuzen und verwirren fich aber
jpäter gewöhnlich derart, daß vielfach wenig deutliche, von Bohrmehl angefüllte und
oft an Familiengänge erinnernde Fraßbilder fertig werden.
Die Berpuppung erfolgt teils im Rindenkörper oder im Fraßmehl, teild mehr
im Splinte. Die im Herbft (September, Oktober) auskommenden Käfer der zweiten
Generation überwintern unter der Rinde von Stöden und Wurzeln oder in ber
Bodendede.
Horftlide Bedeutung: Von den oben erwähnten Ausnahmefällen abgejehen,
wo die Wurzeln jüngerer oder älterer Kiefern (oder Fichten) als Brutmaterial be-
nußt werden, fchädigen die Wurzelbrüter hauptſächlich durch den an jungen 2—10-
jährigen Kulturpflanzen nach Art des Hylobius-Fraßes ftattfindenden Ernährungs-
fraß der Käfer. Diefe dringen teils liegend, teil3 kriechend in die Kulturen und
Berjüngungen ein und benagen die Pflanzen. In Kiefernrevieren wird namentlich
H. ater auf diefe Weife ſchädlich.
Der Fraß findet tief am oder gar im Boden, aljo am Wurzelitod und an den
Wurzeln ftatt und befteht an ganz jungen Pflanzen in einem Ausnagen unvegel-
mäßiger Stellen der Rinde bis auf den Splint, ähnlich dem Fraße von Hylobius
abietis L.!) Der Fraß ift aber „umgelehrt trichterförmig‘‘ im Gegenfag zu dem
„teichterförmigen" Fraß des großen braunen Rüffelfäferg (|. S.199). Mitunter laufen
die Wundſtellen zufammen, jo daß ringförmige Rindenentblößung ftattfindet. Un etwas
ftärferen Pflanzen legen die Käfer fürmliche Bänge (und zwar Botgänge) an, wo:
bei fie zum Zeil unter dem Schutze der Rinde freffen, jo daß die oberen Fraß⸗
ränber ſtark vorftehen (Abb. 108). Diefe „Überdachung“ der Nageftellen ift das
— — — —
1) Altum: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1881, 62.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 251
befte Unterſcheidungsmerkmal gegenüber ben Fraßſtellen des Hyl. abietis. Fürft!)
berichtet von faft ringförmigen Gängen unmittelbar über dem Wurzelftod an vier-
jährigen verfchulten Pflanzen. Selten gehen die Beſchädigungen über ben zweiten
Atquirl Hinaus. Die befallenen Pflanzen kennzeichnen fi Leicht durch Gelbwerden
der Nadeln und durch ihre aufgetriebene, mit Harz überlaufene Schaft: -
bafis. Der Fraß wirkt töblic.
B. Belämpfung.
a) Vorbeugung.
Für die Vorbeugung gilt das oben (6. 200.) bei Hylobius abie-
tis Gefagte. Als ſchützende Maßnahmen kommen namentlich in Betracht:
1. Gründliche Stod- und Wurzelrodung, um die Brutftätten zu
vermindern. Die Rodung wird am beften bald nad} der Schlagführung
beforgt, weil beim fpäteren Roben bereit3 mit Brut befeßter Stöde die
dann nottvendige Vernichtung der ſich entwickelnden Generation (durch
Enteinden oder Anfohlen) meift nicht in der wünſchenswerten Weile
durchgeführt werben kann.
2. Sorgfältige Ausführung der Pflanzungen, insbeſondere Vermei⸗
dung der nachteiligen Tiefpflanzung.
3. Schuß der einzelnen Pflanze durch Anſtrich des unteren
Schaftteiles mit dünnem Kalkbrei, Leim, Teer oder Lehm.
4. Iſolierung ber gefährdeten Kulturen durch Fanggräben.
5. Zweijährige Schlagrude.
Den unter 4 und 5 genannten Maßnahmen ift jeboch infolge der
Ausnugung des Flugvermögens feitens der Käfer nur ein geringer
Wert beizumefjen.
b) Bertilgung.
1. Sammeln und Vernichten der Käfer mit Hilfe von Fang⸗
Moben, Fangrinden oder Brutknüppeln.
Die angeführten Fangmittel find in berfelben Weiſe auszulegen
und zu behandeln wie bei der Vertilgung des großen braunen Rüfjel-
kafers (vgl. ©. 206 ff.). Im der Pragis dienen die genannten Fang⸗
mittel meift gleichzeitig zum Sammeln des Hylobius und ber wurzel⸗
brütenden Hylefinen. 06. 100. grab
Sangtloben find vom Foritmeifter Boden?) im Revier Freienwalde yon Hylesinus
a. 0.1899 bi3 1901 mit großem Erfolg gegen H. ater angewendet worben. cunioularrus
In ber Seit vom 1. April bis November 1899 wurden auf 26 ha mit 8412 Er. an einer
Sangfnäppeln ettoa 2,8 Milionen Käfer, d. i. mit einem Knfppel 388 Std Trdrn Ziöte
gefangen. Im Jahre 1901 ftellte ſich in der gleichen Zeit von April bis Drig.©.R).
November das Fangergebnis von 7724 Knüppeln auf 1,56 Millionen Käfer,
alſo ducchichnittlic auf 200 Stüd für einen Rnüppel, Zangflähe 24 ha. Gejamtloften
in beiden Fällen je 600 Mf. — Über gleichgute Erfolge mit Fangfloben, die an ber unteren
Seite angeriffen wurden, berichtet Thaler?) aus Heſſen Pie Wirhamteit der Kloben ftieg,
jobald fie mit Terpentin beftrihen wurden.
1) Ag. F. u. 3.-Btg. 1877, 184. — 2) Biſcht. f. F. u. Iw. 1908, 561. — 8) Allg. F. u.
3.-Btg. 1900, 25; 1902, 276; 1903, 400.
252 Erſtes Buch Schuß gegen Tiere.
Sangrinden bewährten ſich bei ber Belämpfung von H. cunicularius auf einem mäb-
rifchen Revier bei Olmüg.!) Man fing unter den 25 cm im Quadrat großen Rinbenftiden
bis zu 50 Käfer. Die Rinden find durch Steine zu beſchweren, um feit auf dem Boden zu
liegen und müffen jpäter auf Tücher gefammelt und verbrannt werben, weil fich bie Käfer viel-
fach in bie Rinde und zwar ſtets vom Rande, nicht von der inneren Geite her einbohren.
2. Beim Roden der mit Brut belegten Stöde und Wurzeln Vernichten der Brut
dur; Entrinden mit nachfolgendem Verbrennen der Rinde oder durch Antohlen
der Stöde.
3. Ausheben und Verbrennen ber befallenen Pflanzen; diefe find möglichft mit
Ballen auszuheben.
Bei dem bloßen Herausziehen ber Pflangen würden die an Wurzeln freſſenden Käfer
Teicht abgeftreift werben und im Boden verbleiben.
b) Stammbrüter.
18. Hylesinus (Myelophilus) piniperda L.
Großer Kiefernmarkfäfer, Waldgärtner”) (Abb. 109).
Renngeien: 4—5 mm lang, fat walgenförmig. Kopf und
Halsſchild ſchwarz, glänzend. Flügeldeden gleichfalls ſchwarz oder
ſchwarzbraun, nur bei jungen Käfern rotbraun. Fühler und Beine
roftgelb. Halsſchild nicht länger als am Grunde breit, nad vorn
verjhmälert, vor der Spige leicht eingeichnürt, oben weitläufig
66.109. Hylesinus punktiert, mit unbeutlicher, glatter Mittellinie. Ylügeldeden fein
(Myelophilus) piniperda punftiertsgeftreift, dünn behaart. Die Zwiſchenraͤume vorn runzelig«
L. Ch, nad Barden) punftiert, nad) Hinten mit je einer Reihe furz behaarter Höderchen
verſehen. Der zweite Zwiſchenraum (von der Naht an) ift jedoch auf dem gerunbeten
Slügelabfturz glatt, daher ſcheinbar furdenartig vertieft, vorzugsweiſe bei dem Z.
A. Lebensweife.
Flugzeit: Ende März, April Die Eier (100 Stüd und barüber) werben
in ftärferen Kiefern abgelegt. Mit Vorliebe wählt dad ? als Brutmaterial Tiegen-
des Holz mit riffiger Rinde, Windbrüche, noch im Boden befindliche Hohe Stöde und
Brucftümpfe. Aber auch ftehende Stämme, hauptſächlich kränkelnde und beſchädigte
bzw. durch Schneebrud oder Windbruch entgipfelte Exemplare werden angenommen.
Geſunde ftehende Bäume bleiben verſchont. In der Regel wird nur die untere ftart-
borkige Schafthälfte mit Brut belegt. In Ermangelung von Altholz bohrt fi der
Waldgärtner aber unter Umftänden auch in junge (1O—15jährige) Kiefern ein, die
auf magerem, durch Streunugung heruntergefommenem Boden ftoden.
Die Larven erjcheinen etwa 12—20 Tage nad) der eriten Eiablage im April,
eventuell Mai. Die Berpuppung findet im Juni oder Anfang Juli ftatt.
Austommen: Ende Juni, Juli. Nachzügler erſcheinen erft im Auguft.
Generation einfad.?) Die eine boppelte Generation beftätigenden Feftftellungen
mancher Beobachter fcheinen nach den Unterfuchungen Knoches“), denen Fuchs?)
und Keller?) zuftimmen, auf einer irrtümlichen Deutung der Sommerbrut zu be
1) Baudiſch: BL. f. d. gej. Fi. 1901, 609. — 2) Wiefe: Forfl. BL. NF. 1877, 76.
— von Binzer: Forftw. Zbi. 1879,170. — Reiſenegger, Herm.: Allg. F. u. J.Btg-
1889, 296 u. 335. — Lang, Ga.: Forftl. natur. Ztſchr 1893, 135. — 3) Altum: Btichr.
f. F. u. Iw 1887, 112; 1890, 800. — 4) Zorftw. Ybl. 1904, 824, 371, 636 u. 606 — 5)
Über die Fortpflanzungäverhältnifie d. rindenbrütenden Borkentäfer 13, 54. — 6) Öfterr.
8. u. I.-Btg. 1907, 861.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 253
ruhen. In gleicher Weife wie H. fraxini ift dem Waldgärtner nad) Ausübung eines
Negenerationsfraßes eine zweite Brut möglich. Dieſer Regenerationsfraß findet nad
dem Abjegen der erften Brut in den Triebfpigen der Baumkronen ftatt (f. unter B).
Ein großer Teil der Kiefernmarktäfer ift dann zur Herftellung neuer Brutgänge und
zu neuer Eiablage befähigt. Die im Sommer austommenden Jungfäfer pflanzen fich
infolge des nur jehr Iangjamen Ausreifens ihrer Gefchlechtsorgane im Entwidelungs-
jahre nicht fort, ſondern üben in der gleichen Weife wie die Mutterfäfer in den Kronen
ftehender Kiefern einen bis zum Herbft dauernden Nachfraß aus. Erſt im Herbit
bohren fie fi, wie die noch lebenden Mutterkäfer, behufs Überwinterung in ben
Wurzelſtock oder in die Wurzeln ftehender Stämme ein. Zumeilen werden auch Stöde
als Winterquartiere bezogen oder die Überwinterung findet in ben befallenen Trieben
am Baume ftatt.
Wie bei vielen anderen Vorkenkäfern tft bie Generationsfrage des H. piniperda leb⸗
baft umftritten und verjchieden beantwortet worden. Während Ratzeburg die einfache Gene:
ration als Megel anjah, nahm Eichhoff eine mindeftend doppelte an. Judeich)) Hielt Die
doppelte für wahricheinlich, und Heß?) konftatierte durch eine im Sommer 1882 ausgeführte
längere Unterfuhung an Fangbäumen in den Waldbungen bei Gießen, daß die frühzeitig
ausgelommenen und auf fonnigen Schlägen Ichwärmenden Käfer im Juni eine neue Brut
ablegten, während bie in gejchloffenen Beftänden ausgebrüteten Individuen nicht zum zweiten
Male ſchwärmten, fondern ſich alsbald in die Triebe der Kronen einbohrten. Es hat nad
diefen und anderen Beobachtungen den Anfchein, als ob unter bejonders günftigen Berhält-
niffen das Vorkommen einer zweiten Generation nicht fo ausgefchloffen wäre, wie es nach
den Knocheſchen Unterſuchungen der Fall ift.
Bon Intereſſe ift weiterhin die durch die Zuchtverſuche Knoches) feftgeftellte Tat»
fadhe, daß bei H. piniperda im Gegenſatz zu einzelnen polygamen Borkenkäfern ber Ber:
lauf einer regelrechten Brut nach nur einmaliger Begattung möglich ift, mährend bei manchen
polyggamen Borkenkäfern, 3. B. bet Tomicus typographus und stenographus, die $ nad)
Ablage von wenigen Eiern einer neuen Begattung bedürfen, um mit der Eiablage ſort⸗
fahren zu können.
B. Forſtliches Verhalten.
Der Käfer befällt vorzugsweiſe die gemeine Kiefer, kommt aber überall
auch an der Weymouthskiefer, ferner an Seekiefer“) und ſicher an allen anderen
Kiefernarten vor. An einzelnen Fällen hat man ihn auch an der Fichte?) und Lärche)
beobachtet.
Der Käfer fucht älteres und junges Holz heim, zieht aber erjtere vor und wird
in Jungholz unter zehn Jahren nur äußerſt felten angetroffen. Um liebiten und
meisten werden die Beitände vom etwa 35—40jährigen Alter ab befallen. -
Das Inſekt ſchadet durd feinen Fraß in dreifacher Weiſe.
Zunächſt durch den Brutfraß der Käfer und Larven in Rinde und Baſt. Der
Käfer macht Lotgänge von 8—15 cm Länge (mit 1—3 Luftlödhern), welche meiftens
ziemlich gerade verlaufen und im liegenden Material faft ftet3, im ftehenden Holze
oft mit einem krückſtockähnlichen Haken beginnen”) (Abb. 110). Dieſes Merkmal
1) Die Waldverberber und ihre Feinde. 7.Aufl. 1876, 112. — 2) Forſtw. 361.18834, 509.
— 8) Daſ. 1907, 474; vgl. auch Hennings: Naturw. Ztichr. f. 2. u. Fw. 1907, 607. — 4)
BB. f. d. gei. Fw. 1881, 588. — 5) Gigglberger, J.: Monatsichrift f. d. F. u. Iw. 1867,
106; vgl. desjelben Autord weitere Notizen hierzu baf. 1868, 876; 1873, 467. — Braun:
Dai. 1867, 267. — Nördlinger: Krit. Bl. 1868. 51. Bd 1. 262. — Picht: Daf. 1870. 52.
Bd. I. 280. — 6) Sommerpille, ®.: Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1890, 838. — 8003, Curt:
Zbl. f. d. gel. Fw. 1896, 530. — 7) Bargmann: Naturw. Btichr. f. 2. u. m. 1907, 500,
254 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
ift beſonders charalteriſtiſch. Un jtehenden Stämmen liegt der hafenförmige Anfang
des Ganges ftet3 unten, und der Zotgang wird von unten nach oben gefrefien. An
liegenden Stämmen frißt der Käfer bald ſtammaufwärts, bald ftammabwärts. Häufig
bemerkt man rings um die Eingangsftelle einen fürmlichen Harzwall („Harzröschen",
Harztrichter).
Die Larven frefien vom Mut⸗
tergange nahezu rechtivinfelig abzwei⸗
gende, oft äußerft gedrängte Gänge
im Bafte (Abb. 110); auf dem
Splinte find die gewöhnlich bald ſehr
verworren verlaufenden und mit
Bohrmehl verftopften Larvengänge
nit oder nur ganz ſchwach fichtbar.
Nur der Muttergang furcht den Splint
ein wenig. Die Puppen und jungen
Käfer find tief in ber Borke (nahe am
Außenrande) eingebettet.
Die zweite Befchädigung wirb
durch den Regenerationsfraß ber
alten und den Nach- oder Ernäh=
rungsfraß der jungen Käfer an
ein und zweijährigen Trieben ver-
urfacht. Die vorjährigen Triebe wer⸗
den dann befallen, wenn die jüngjten
Triebe zu ſchwach find. Der Alt-
käfer fliegt nad} ber erften Brut in
die Kiefernfronen und bohrt ſich Hier
zum Biwede der Regeneration feiner
Geſchlechtsorgane in bie jungen
Triebe ein, um deren Mark bis un-
ter die Rnofpen auszufreſſen. Das
Einbohren geſchieht bald an der Ba=
fis des Triebes, bald wenige Zenti—
meter unter der Endknoſpe. Mitunter
findet man in einem Triebe (aber an
——— pain verfchiebenen Stellen desſelben) fo-
a enenne male ge BR gar zwei Käfer. Die Bohelöcher find
oft von einem gelblihweißen Harz⸗
wall umfloffen. Am liebften find dem Käfer kränlelnde Stangen und Stämme an
fonnigen Beſtandsrändern; jedoch werden auch ganz gefunde Bäume befallen. Der
ausgefreifene Trieb wird meiftens durch das urfprüngliche Eingangslod wieder ver-
laſſen. Zuweilen bohrt ſich der Käfer aber auch einen neuen Uusgang, um fein Ber:
ftörungswerf in einem anderen Triebe aufs neue zu beginnen ober um ſich in fein
Winterverfted zu begeben. In den Gängen findet fih niemals Kot oder Bohr:
mehl. Schwache ausgehöhlte Triebe (von Seitenzweigen) brechen bei ftärterem Wind
entweber am Anfang oder am Enbe des Fraßganges ab und fallen zu Boden. An
Käfer: Scolytidae: Hylesininae.
255
Kronen-) Trieben, die ſich wieder erholen, bilben ſich
tofpen (d. 5. Knoſpen zwiſchen je einem Nadelpaar),
im fünftigen Frühjahre neue Triebe fich entwideln.
entftehen Zwieſelbildungen und fonftige Ubnormitäten,
eigern, wenn die neugebildeten Triebe im nächiten
Jahre abermals befallen werden. Der Höhentrieb
und bie ganze Pronenausbilbung werben durch die
fen Fraß empfindlich geftört. Un der Bergkiefer,
mitunter aud) an Schmwarztiefer, beobachtete Boa!)
am Grunde ausgehöhlter und dann abgebrochener
Gipfeltriebe eigentümliche, von kurzen, dichtſtehenden
' Schößchen gebildete herenbefenartige Gebilbe. Außer⸗
dem wird aber auch die Bapfenernte durch das Aus⸗
böhlen ber Triebe weſentlich geſchmälert, ein Übel-
ftand, der zumal bei natürlicher Verjüngung ber
Kieferndohtwalbungen ind Gewicht fällt. Abb. 111
ftellt einen miteinem Bapfen verjehenen ausgehöhlten
zweijährigen Trieb dar. Na den Herbſtſiürmen
findet man die befallenen Triebe bisweilen zu Tau⸗
fenden auf dem Boden liegen. Triebe, die der Sturm nicht abbricht, bleiben, wie
ſchon oben angedeutet, nicht
felten den Winter über vom
Käfer bewohnt.?) Durch das
Abfallen der ausgehöhlten
Triebe erlangen die Baum-
kronen der befallenen Stãm⸗
me ein Ausſehen, ald wenn
fie beſchnitten wären. An die
Stelle der fonft typiſchen
Schirmform tritt Zypreſſen⸗
form der Krone, jo daß man
ſchon aus der Ferne den Fraß
ertennen kann. An ben Kro⸗
nen der beflogenen Siefern
ragen nur hier und da noch
einzelne teilweife verjchonte
Triebe feitlih in den Luft
raum (Abb. 112). Diefen
eigentümlichen Beſchädigun⸗
gen verdankt. der Käfer die
ihm von Linn gegebene
Bezeichnung „hortulanusna-
turae“ (Waldgärtner).
Abgeſehen von dem di⸗
u mob. 118.
Weymouthötieiern, vom Waldgärtner befallen, mit twpiſchet Arone.
2) 301. f. d. gef. Fw. 1900, 86. — 2) Mitum: Stier. f. F u. Iw. 1886, 68.
256 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
relten Schaden (Holzzumachöverluft, Schmälerung der Samenernte), den Die be
fallenen Bäume durch Verminderung ihrer Aifimilationsorgane uſw. erleiden, kom⸗
men als indirekte Nachteile die Kromenauslichtung und deren ungünftige Rück⸗
wirkung auf die Waldbodenkraft in Betracht. Da fich reine KRiefernbeftände ohne⸗
dies ſchon frühzeitig auglichten, jo wird der Triebfraß befonders verhängnisvoll.
Nach Altum!) frißt der Käfer ausnahmsweife im Sommer abwärt3 Iaufenbe
unregelmäßig gefchweifte Lotgänge in den unteren Teilen wüchfiger 12—15 jähriger
Kiefern, legt aber feine Eier in ihnen ab, fondern nagt fie lediglich der Ernährung
und Wohnungsbeſchaffung halber. -
Endlich ſchadet ber Käfer noch durch das Anbohren gelunder ftehender Stämme
am Wurzelknoten bis zum Splinte zum Bwede der Überwinterung. Wenn dies maſſen⸗
weile geichieht, jo können die befallenen Eremplare fogar eingehen; mindeſtens wer⸗
den fie in einen krankhaften Zuftand verfeßt und hierdurch andere Borkenkäfer an-
gelodt. Diefer Schaden trifft vorwiegend Randbäume.
Nach Taſcheuberg?) folen (bei Halle) in jedem Jahre Kiefern eingeben, die mit
zahlreichen Wintermohnungen des Waldgärtnerd verjehen find.
Der Waldgärtner bevorzugt die Waldungen der Ebene und des Hügellandbes,
tjolierte Feldhölzer, ſowie Beftände, Die durch Feuer gelitten haben; er wird auch mit
den abgefahrenen Hölzern vielfach auf Holzplätze verfchleppt, von denen er wieder
in die nahe gelegenen Kiefernbeftände fliegt.
Über einen großartigen Fraß auf der Halbinfel Darf (an der Neu-Borpommerfchen
Küfe) in den durch die Salzwaflerüberflutungen vom 12. und 18. November 1872 heim-
geſuchten und hierdurch in einen kränkelnden Zuſtand verjeßten Kiefernftangenhölgern der
Oberförfterei Born wird vom Forftmeifter von Binzer?) berichtet. Der Käfer fand fich
bier fo mafjenhaft ein, daß er gegen 1000 ha folder Hölzer zum Abfterben brachte. —
Beitere außergewöhnliche Schädigungen find in jüngfter Zeit in ben Spannerfraßbeftänden
der Leplinger Heide*) vorgefommen. Wie ſchon oben (©. 234) erwähnt, famen im Ne
vier Blanfen in der Zeit 1902—1906 130000 fm lediglich infolge von Berwüftungen des
Waldgärtners zum Einſchlag. 1904 wurden hier 100000 Fangbäume gefällt. Die für einen
Yangbaum berechnete Eierzahl ſtellte ſich auf 900000. — Auch aus Schweden’) werden aus
neuefter Beit große Schäden auf einem mehr als 7 Duabratfilometer großen Gebiete ge-
meldet.
C. Bekämpfung.
Die hier zu nennenden Borbeugungs- und Bertilgungsmaßregeln dedien
fih vollfommen mit den oben ©. 234 ff. genannten.
Unter den Feinden des Waldgärtnerd aus der Inſektenwelt tft in erfter Linie die im
ben Gängen lebende gelbrötliche Yarve des Ameifenmwolfes (Clerus formicarius L.) zu nennen
(vgl. ©. 150). Weiter findet man den Heinen Glanzfäfer Rhizophagus depressus Fabr.
jehr Häufig in den Gängen von piniperda.
19. Hylesinus (Myelophilus) minor Hitg.
Kleiner Kiefernmarkläfer.‘) (Abb. 118.)
Kennzeichen: 3,5—4 mm lang. Kopf und Halsichild ſchwarz (mie bei Dem vorigen),
jedoch hat diefed etwas mehr metalliihen Glanz. Flügeldeden nie ſchwarzbraun, jondern
1) Ztiſchr. |. F. u. Iw. 1879, 264. — 2) Forſtw. Inſektenkde. 1874, 174. Die Beobadh-
tung, daß Kiefern infolge der Überwinterungögänge eingehen, wird auch D. Forft- Big.
1905, 749 beftätigt. — 3) Forſtw. Zbl. 1879, 172. — 4) Schöpfer: D. Fort: Big.
1907, 470. — 5) Torften-Lagerberg: Mittlgn. a. d. foritl. Verfudhsanftalt Schwedens.
1911. Hft. 8, 159. — 6) Zur Literatur: von Binzer: Forſw. Zbl. 1879, 170; 1881, 616.
— Altum: giſchr. f. F. u. Iw. 1890, 229.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 257
auch bei alten Käfern rötlichhraun. Fühler und Beine roftgelb. Halsſchild breiter als lang,
don ftarf eingefchnürt, auf dem Rüden weitläufig punktiert, mit einer unbeutlichen glatten
Mittellinie. Ylügeldeden fein puntiert:geftreift. Die abjchüffige Stelle ift aber nicht glatt
unb gefurcht (mie bei Myelophilus piniperds L), jonbern bie Höder«
reihe auf dem zweiten Bwilchenraum ber Flügeldecken verläuft bis
zur Spige.
A. Lebensweiſe und forftliches Verhalten.
Flugzeit: Ende März, April, gegebenenfalls noch Anfang
Mai, etwa 8-10 Tage fpäter als bei dem vorigen.
Bur Ablage der Eier werben gern ftehende Kiefern ge-
wãhlt, die borkigeren (unteren) Zeile jedoch in der Kegel ger yps.s1s. Hylosinns
mieben unb mehr die Gipfelpartien beflogen, weil hier bie Rinde _(Myelophitus) minor
dünner ift. Im Boden verbliebene Hohe Stöde werden nicht he, "eu nah Barben.
legt. Die Brut bedarf zu ihrer Entwidelung etwas frifcheres Material ald die von
Myelophilus piniperda L.
Die Larven erſcheinen im Mai oder Juni und verpuppen fih im Juni
bzw. Juli in einer Splintiviege, bie mit ihrer Längsachfe in radialer Richtung liegt,
fo daß nur ein kreisrundes Loch ihre Lage anzeigt.
Die neuen Käfer fommen im Juli zum Vorfchein. Die normale Entwicke—
lungsdauer beträgt hiernach etwa 11—12 Wochen. Unter ungünftigen Witterungs-
verhältniffen (Kälte, Näffe uf.) dauert fie zwei Wochen länger.
Generation einjährig.
Der Käfer befällt in erfter Linie die gemeine Kiefer; weiter kommt er in
allen anderen Kiefernarten, namentlich in der Weymouthäfiefer, vor. Man hat ihn
auch in einzelnen Fällen an Fichte!) gefunden. Er bevorzugt das Stangenholzalter,
geht aber auch ältere (50—70jährige) Stämme und Überhäfter an.
Die Muttergänge find bei normaler Ausbildung ſchöne, regelmäßige, Doppel:
armige Wagegänge mit ziemlich langem Eingang und ſchneiden tief in den Splint
ein (Abb. 114). Der Fraß von minor ift daher weit ſchädlicher als der von pini-
perda, weil die Saftzirkulation durch tiefe Wagegänge ofienbar mehr geftört wird
als durch flache Lotgänge. Eingehen ober wenigftens Wipfelbürre auch ganz gefunder
Stämme fünnen deshalb als Folge dieſes Fraßes nicht befremden.
Sehr Häufig zeigen aber die Gänge des Käfer? (na Milani?) einen Bew
lauf, der von ber normalen Form mehr oder weniger abweicht, nnd zwar oft jo
betrãchtlich, daß die Fraffiguren gar feine Ähnlichkeit mehr mit zweiarmigen Wages
gängen Haben. In manchen Fällen ift nur ein einziger Arm entwickelt, der dann
in ber Regel ftarf verlängert ift, damit alle Eier untergebracht werben können. In ans
deren Fällen ift die Eingangsröhre in. Form eines in zipfel- bzw. Tappenförmige Forts
füge auslaufenden Platzes erweitert, oder es ift noch ein britter (nach oben gerichte:
ter) Urm angelegt. Wenn neben diefem auch noch ein weiterer abwärts gerichteter
Arm auftritt, jo Fönnen fogar fternförmige Figuren entftehen ufw. Die Urſachen
biefer Abnormitäten ſucht Milani in Wundftellen, Üften, Gängen anderer Indivi—
1) Bgl. die auf 6.253, Unm. 5 zitierten Urtifel von Gigglberger und Nörds
linger. — Auch Judeich fand Hylesinus minor Htg. in Böhmen einzeln unter Fichten«
rinde. — 2) Forftl.-naturw. Ztidhr. 1898, 140.
Heb. Forftigup. IL 4 Aufl. 17
258 Erftes Bud. Schuß gegen Tiere.
duen, geringer Stärfe des Brutmateriales oder endlich in einer zu ſtark vorgefchrits
tenen Austrocknung bes Splintes in ber näcjften Umgebung ber Einbohrftellen.
Abb. 114 Frabbild von Hylesinus (Myelophilus) minor Htg. auf Kiefernfplint (nat. @r.).
Die Larvengänge find Furz, nicht befonders zahlreich, verlaufen entweder nur
in ber Rinde ober furchen fehr Häufig auch den Splint und endigen in einer tief
eingejenkten Splintwwiege. Die befallenen Schaftteile werden oft blaufaul und vers
färben ſich bläulich bis ſchwarz. Nach Angabe Binzers hält fi Myelophilus minor
nicht fo konſequent an die Beſtandsränder wie M. piniperda, fondern dringt tiefer
in ben Beitand ein. Nicht felten findet man beide Käfer in einem unb demſelben
Stamme. In diefem Falle findet fi M. minor im bünnrindigen oberen Schafts
teil, M. piniperda hingegen im dickborkigen unteren.
Auch diefer Baſtkäfer höhlt die Markröhre junger Kieferntriebe in ganz ähn⸗
ficher Weife aus wie M. piniperda, jedoch nicht in folder Ausdehnung.
B. Betämpfung.
Wie bei dem vorigen. Hauptmaßregel find Fangbäume mit bünner, glatter
Rinde (ſchon vom Februar bzw. März ab). Man wählt Hierzu ſchwächere Stämme,
muß biefe aber öfter erneuern, da fie leicht austrodnen und dann von dem Käfer
nicht mehr angenommen werden. Da ftehende Fangbäumee liegenden von minor
vorgezogen werben, empfiehlt ſich die Herrichtung folder durch Köpfen!) ſchwächerer
Stämme oder — beffer und bequemer — durch Wurzelftümmelung bzw. durch Ent
rindung des unterften Schaftteiles.
Zu beachten aber bleibt, gleichgültig ob es fi) um ſtehende oder Tiegende Fang⸗
bäume handelt, daß fie rechtzeitig, b. 5. vor der Verpuppung ber Larven ent
rindet werben. Hat die Verpuppung jchon ftattgefunden, jo ift bloßes Entrinden
wertlos. Die befallenen Schaftteile find dann möglichft raſch abzufahren oder ans
zuſchwãlen. Wertlofe Bopfenden werben in ſolchem Falle am beften verbrannt.
1) Klopfer: Jahrb. d. Schleſ Forftvereind 1887, 43.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 269
20. Hjlesinus (Dendroctonus) micans Kug.
Riejenbafttäfer.‘) (Mbb. 115.)
Kennzeichen: 7—9 mm lang (bie größte europäiſche Art), walzenförmig, ſchwarz,
wenig glänzend, junge Eremplare mit langen, graugelben Haaren (aber nicht dicht) bejegt.
Füßler und Beine bräunlichrot. Halsſchild breiter als lang,
nad) vorn ftart verengt, dor der Spige etwas eingeichnürt,
ziemlich tief punftiert, mit glängender Mittelleifte. Flügel:
deden fein punftiert:geftreift, mit breiten, runzeligsgeförnten
Zwiſchenrãumen.
A. Lebensweiſe und forſtliches Verhalten.
Flugzeit: Das Schwärmen der Käfer ſcheint erſt
gegen Abend und in der Nacht zu erfolgen; eine direkte
Beobachtung desſelben iſt bis jetzt noch nicht geglüdt.
Der Käfer iſt ausgeſprochener Spätſchwärmer; bie Ei-
ablage erfolgt vermutlich erft im Juni.
Die Eier (im ganzen etwa 50—150) werben im
dem vom P gefrefienen plägenden Muttergang in 6.18.
einem befonberen, mit Bohrmehl vermifchten Eierlager Hriesinus Dendrostonus) micans
einzeln ober meift haufenweiſe abgelegt. Das I bohrt fich "nah Barden.
zu diefem Zived in ſtehende Stämme ein, und zwar in der Regel im unteren Stamm=
teile, in ber Nähe des Wurzelitodes oder in Tagmurzeln. Die meiften Fraßſtellen
findet man bis zu 1 m Höhe, Stämme mit Verlegungen (3. B. Wildfchälftellen,
Wundftellen infolge ber Fällung uf.) werden aber noch bis zu 10 und mehr m
Höhe befallen.
Die Muttergänge find unregelmäßig, teils röhren-, teils platzförmig, vor—
herrſchend gebogen ober knieförmig gebrochen, oft ſogar zweimal genidt und nur
in feltenen Fällen wagerecht. Am grobrindigeren Stamme wird der Splint nur ba,
wo die Eiablage ftattgefunden Hat, mit angegriffen. Un den Wurzeln bringen bie
Muttergänge meift etwas tiefer in das Holz ein, weil die bünnere Rinde hierzu vers
anlaft. Die Fluglöcher fallen wegen ihrer Größe leicht ind Auge.
Die nad) kurzer Eiruhe austommenven Larven höhlen Eolonnenweife (zu
30—50 Stüd) dicht nebeneinander gedrängt die Rinde allmählich auf größeren
Plägen aus. Es entftehen fog. Rindenfamiliengänge (Abb. 116). Mitunter
rüden mehrere benachbarte Kolonnen zufammen, in welchem Falle die Fraßbilder
öfter eine Hufeifenäßnliche Form annehmen. Die infelartigen Fraßſtellen verharzen
auffallend; die Puppen liegen einzeln in dem ganz von Harz durchdrungenen Bohr
mehl, mit dem die Fraßpläge mehr oder weniger angefüllt werben.
Die befallenen Stämme verraten ſich durch das aus der Eingangsöffnung reich-
lich zutage tretende, anfangs weiße, fpäter durch Bohrmehl und Kot braun gefärbte
Harz, das oft al3 mächtiger trichterförmiger Wall den Eingangsfanal umgibt.
1) Zur Literatur: Stein: $.: Thar. Ihrb. 1869, 286; 1864, 277. — Ulrici: Biichr.
f. F. u. Iw. 1878, 160. — ®lüd: baj. 1876, 886. — Severin et Brichet: Le den-
droctonus micans en Belgique. Bruxelles 1891. — Pauly, 9.: Forftl.naturo. Ziſchr.
1892, 258, 815 u. 351. — Wahl: Btich. f. %. u. Iw. 1897, 689. — Edftein: Daf. 1904,
248. — Baubdifc: Zbl. f. d. gef. Gm. 1903, 161. — Severin: Bull. de Ia Soo. oen-
trale forestiöre de Belgique 1908, 239, 312.
17°
260‘ Erftes Bud. Schup gegen Tiere.
Die Generationsverhältniffe find etwas komplizierte, infolgebeffen auch
ſehr verſchieden gedeutete. Eihhoff, Stein, Ulrici halten die Generation für
doppelt, Altum, Bauly, Lindemann ſprechen von einjähriger, Wahl und Fuchs
von zweijähriger, Glüd und Nitfche von zwei⸗ nebeneinander herlaufenden ein=
jähriger Edftein findet unter Berüdfichtigung aller Beobachtungen eine Löfung in
#66. 116. Frabbild von Hylesinus (Dendroctonus) micans Kug. in Fichte. Der durch Abheben
der Borte freigelegte Familiengang ift mit harzdurchtranttem Bohrmehl Dicht gefült (Orig. ©...
der Annahme einer ein- oder zweijährigen Generation. Sicher ift, daß D. micans
al? Käfer und Larve überwintert und daß er im Juli in allen vier Entwidelungs-
ftabien gleichzeitig zu finden ift. Es ſcheint mum Regel, daß die im Juni abgelegten
Eier Larven geben, die fich erſt ein Jahr fpäter verpuppen und nad} kurzer Puppen:
ruhe zu Käfern werden. Dieſe Käfer bleiben (nad Edjtein) entweder unter ber
Rinde, überwintern und legen erft im Juni de3 nächiten Jahres Eier ab: zweijäh-
tige Generation — oder fommen im Zuli des erften Jahres — alſo ohne Überwin-
terung als Käfer — aus und pflanzen ſich fort. Einjährige Generation.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 261
Der Käfer ift eigentlich Gebirgsinſekt, ift aber auch in der Ebene heimisch und
fcheint fich hier immer weiter auszubreiten. Er lebt in Stangen und Baumbölzern
der Fichte. Am meisten gefährdet find 25—50 jährige Beftände. Im weſentlichen
ift der Käfer nur ſekundär ſchädlich Die von ihm befallenen Baumindividuen zei-
gen meiſt Befchädigungen (Fällungs- und Bringungsichäden, Schälwunden ufm.) und
infolgedefjen Ubnormitäten (Verwachſungen, Harzandrang ufm.), find rotfaul oder find
bereit3 durch den Fraß anderer Käfer (T. typographus, chalcographus, Polygra-
phus u. a.) geſchwächt. Hin und wieder aber geht micans auch an völlig gefunde
Stämme und bringt jüngere fogar zum Abfterben. In vereinzelten Fällen hat man
ihn auch an der Kiefer gefunden.
Henſchel fand den Käfer auf der Herrichaft Dobris (Böhmen) in ziemlich ausge⸗
— Weiſe an Kiefern brütend, und ſpäter (1886) im Steyrthal am Fuße des Senjen-
gedirg
1887 trat der Käfer ziemlich zahlreich in dem preußiſchen Revier Gauleden (Reg.⸗
Bez. Königsberg) an 3—6 m Hohen Kiefern jo ſtark auf, daß kaum eine Stange vers
schont blieb.*)
Nach den Beobachtungen Bergmillers wurden mit Buche unterbaute Fichtenbeftände
nicht beflogen, ebenſo wie mit Tollkirſche unterftandene Fichten unbejegt blieben.
B. Belämpfung.
a) Vorbeugung.
1. Vermeidung der Büſchelpflanzung, weil Hierdurch oft Verwachſungen am
Wurzelfnoten entftehen. Sind ſolche Pilanzungen vorhanden, jo muß man fie we-
nigftens zeitig ausſchneiden.
2. Negelrechte Durchforſtungen. Hierbei find namentlich gejchälte und ge—
brochene Stangen zum Hiebe zu bringen.
3. Verhütung von Verletzungen der ſtehenden Stämme ſowohl beim
Fällen als beim Rücken der Hölzer.
4. Stockrodung mit möglichſt ſorgfältiger Gewinnung des Wurzelholzes.
5. Anſtrich des unteren Teiles der Stämme von den Tagwurzeln an bis zu
etwa 0,5—1,0 m Höhe mit der ſog. Leinweberſchen Miſchung oder mit Teer,
Kalk oder Ranpenleim.
Die Herftellung der erftigenannten Miſchung geſchieht in folgender Weije: 2,5 kg ge-
wöhnlicher Tabak werden mit einem Halben Eimer warmen Waſſers übergoflen, mindeftens
24 Stunden lang an einem warmen Ort ftehen gelaffen und danı noch gehörig audgepreft.
Mit diefem Tabakwaſſer miſcht man Rindsblut (einen halben Eimer), gelöichten Kalt (ein
Teil) und friiche Kuhexkremente ohne Stroh (16 Teile) zu einem Brei. Diejer wird in
eine offene Tonne gebracht und täglich mehrmals umgerührt; feine Verwendung erfolgt erft
nad der Bärung. Alsdann macht man die anzuftreihenden Stammpartien von Erde, Moos,
Flechten frei und ftreicht fie (im Frühjahr) mit einem Tüncherpinfel drei Tage hinterein-
ander wiederholt an, bis fich eine förmliche, durch Regen nicht mehr ab|pülbare Krufte ge-
- bildet hat. — Nach den im Larenburger Park (bei Wien) durch den Hofgärtner Leinwe⸗
ber gemachten Erfahrungen werden die fo behandelten Stämme von dem Yichtenbaftläfer
emieden.
’ Bermutlich wirken Schuganftriche mit Teer, Lehm, Kalt ujw. ebenjo fiher und
find jedenfalld einfacher ala das höchſt umfänbliche Leinweberſche Verfahren.
1) Zol. f. d. geſ. Fw. 1885, 554. — 2) Altum: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1888, 248.
262 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
b) Bertilgung.
1. Sorgfältige Rodung ber befallenen und mit Brut befegten Stämme. Schä-
len der befallenen Partien und Verbrennen ber Rinde.
Die mit Brut befepten Gtöde und Wurzeln laſſen ſich unter gleichzeitiger Werich-
tung der Schädlinge auch dadurch fäubern, daß man fie mit Zwiſchenlagen von Reifig in
einem Haufen Iuftig aufiegt und das Ganze anbrennt. Der Brand bauert kurze Zeit (etwa
eine halbe Stunde für 1 rm Gtodholz), ba nur das mafienhaft austretende Harz unb das
Weifig verbrennen. Die Rinde verfoplt; das Holz wird fa gar nicht angegriffen.
Der Erfolg diejer Mafregel war nach den in der Oberförfterei Thale (Cattenftebter
Belauf) gemachten Erfahrungen burchjichlagend.')
2. Herftellung ftehender Fangbäume in ber Nähe der befallenen Stämme
durch ſtarke Aufaſtung, Köpfung oder künſtliche Rindenverwundung 30—-50jähriger
In diefer Weiſe tft im belgiſchen Hertogenwalb*) eine Bekämpfung des Käfers ver⸗
ſucht worden.
3. Ausfhneiden der Fraßftellen an den ſtehenden Stämmen unb Ber:
brennen der Abfälle. Größere Wundflächen find eventuell durch einen Schupanftrich
don Teer oder Raupenleim zu ſchũtzen.
Diefe Maßnahme wurde den Teilnehmern am VI. internationalen Kongreß der jorft=
lichen Berjudäanftalten 1910 in den beigifhen Ardennen unter Zuhilfenahme eines von
Copet konftruierten neuen Steigapparates vorgeführt Sie bedingt natürlich forgfältiges
Abfuchen der unteren Stammteile und wird im allgemeinen nur bann zuverläffig und ent»
ſprechend billig durchführbar fein, wenn der Befall anf die Bafalteile des Stammes ſich
befchräntt. .
Unter den natürlichen Feinden des D. micans haben fich neben Spechten, Dipteren
und Elateridenlarven eine Schlupfweipe, Pimpla terebrans®), namentlich aber ein Glanze
täfer, Rhizophagus grandis, als wirfam erwieſen. Die in den Familiengängen häufig aufe
tretenbe Larve des Käfers lebt zunächſt von vegetabiliſcher Koft, greift aber, wenn fie grö-
fer geworden ift, die Brut bed micans, und zwar Eier, Larven, Puppen und junge Käfer,
energiſch an und verzehrt fie. Auch die fertigen Glanzkäfer beteiligen fi) an dieſem Ber-
nichtungsfampfe. Rh. grandis wird dadurch nad) Bergmiller‘) zu einem wertvollen
Bunbeögenofien bei ber Bekämpfung des hier und da, namentlich in Belgien, in der Main-
ebene, im Meg.-Bez. Aachen, in der Eifel und anderwärts recht ſchädlich gewordenen Rie—
fenbafttäfers.
31. Hylesinus (Hylastes) palliatus Gyll.
Gelbbrauner Fichtenbaſtkäfer (Abb. 117).
Kennzeihen: 8 mm lang, von gebrungenem Bau, etwas
glänzend. Halsjgjilb und Flügeldeden rötlih«braun, fein grau be
haart. Unterfeite und Geitenränder ber Flügeldeden ſchwarzbraun.
Fühler und Beine rötlich-braun. Halsjchild breiter al lang, vorn
art eingefehnürt, dicht rungelig-punftiert, mit born abgefürzter,
glatter glängender Mittelleiſte. Flügeldeden an der Baſis abge-
rundet, mäßig fein punftiert=geftreift; auf den Zwiſchenräumen
6. 11. Hylesinus höderig-gerungelt und reihenweiſe behaart. Augen nicht zweiteilig.
(Bylasten) palllatus Gy. Lebensweife ufw.: Flugzeit: Ende März, April
hs mod Barden). Bur Ablage der Eier werden Nadelhölzer (Stämme und
Schichtſtöße) gewählt, befonders feuchte, die im Schatten lagern. Der Käfer brütet
mit Vorliebe an liegendem Material, fowie an Stöden in feuchten Lagen.
1) Ulriei: giſcht. f. $. u. Iw. 1878, 168. — 2) Brichet: Bull. de la-Boc. cent.
forntitre de Belgigus 1806. — 8) Mehger: Minh fofl. 6. ZI, 100, 60. — 4)
BT. |. d. gef. Fw. 1908, 262.
Käfer: Scolytidae: Hylesininae. 263
Generation: Nach ben älteren Autoren einjährig, nah Eichhoff doppelt.
Nach ihm follen erſt die im Herbft austommenden Käfer der zweiten Generation in
Rindenfpalten, Holz: und Rindenabfällen, unter Moos oder in fonftiger Bodenſtreu
übertointern.
Der häufige und weit
verbreitete Käfer ift poly-
phag an Nadelholz, be
fällt aber vorwiegend die
Fichte. An zweiter Stelle
werden gemeine Kiefer, Wey-
mouthskiefer und andere Kie⸗
fernarten al3 Brutbäume ge:
wählt. Tanne und Lärde
werben nur mehr ausnahms⸗
weiſe angenommen. Bevor:
zugtes Brutmaterial find nur
ältere, ftarkborfige Stämme.
Die Muttergänge
find fürgere, 2—7 cm lange,
meiftend etwas geſchwun⸗
gene Lotgänge. Sie zei
gen an dem einen Ende einen
Stiefelhaken (Abb. 118) und
während bed Verlaufes oft
unregelmäßige Ein- und Auss
buchtungen, wodurch fie zus
weilen ein barmähnliches
Ausjehen erhalten. Nicht fel-
ten findfiegabelförmig geteilt.
Die Larvengänge
find auffallend lang und uns
regelmäßig, oft Dichtgedrängt,
durchkreuzen fich vielfach und
verlaufen vorwiegend in ber
Rinde. Die Puppenwiegen Mob. 118. Wußgeprägted Frabbild von Hyleninus (Hylantes)
Tiegen mehr im Splinte. pallistus Gyll. in Fichtenſpliut (nat. Gr., Orig. G. 8.).
Wo der Käfer in Mafjen brütet, mas häufig der Fall ift, wird in der Regel
die ganze Innenfeite der Rinde in Mulm verwandelt, fo daß harakteriftiiche Fraß—
figuren nicht mehr zu erkennen find.
Über den Grad der Schadlichteit dieſes Käfers waren und find die Anſichten noch
geteilt. Eine größere Bebeutung ift ihm wohl faum beizumefien, da er lediglich ſekundär
aufzutreten fcheint. Jedenfalls find es nur Fichtenreviere, in denen H. palliatus als Schäds»
ing zu fürchten if.
Betämpfung: |. ©. 234.
.
264 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
232. Hylesinus (Hylastes) glabratus Zett. (Hylastes decumanus Er.).
Großer brauner Fichtenbaſtkäfer.
Kennzeihen: 4—5 mm lang, matt pehbraun bis braun=rötlih. Fühler und
Beine braunrot. Halsſchild jo lang als breit, nach vorn ſtark verengt, tief und dicht
punftiert mit einer deutlichen, glatten, etwas erhabenen Mittelleifte. Ylügeldeden an der
Bafis abgerundet, tief punktiert:geftreift, mit runden Punkten, an den Rändern nicht ge=
wärst; die Zwiſchenraume ber Bunftftreifen rungeligegeförnt.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit jehr jpät, Ende Mai, Unfang Zuni. Überwin=
terung als Larve ober Puppe. Generation wahrſcheinlich einfach. — Der Käfer
befällt vorwiegend die Fichte, aber auch die Arve.
abb. 119. Ausgeprägte® Fraßbild von Hylesinus (Hylastes) glabratus Zett. in Fichtenfplint
(nat. ör, Orig. 6.8).
Die Muttergänge (Abb. 119) find kürzere (bis 8 cm Lange), breite, mitunter
leicht gefrümmte Lotgänge, die den Splint furchen, bisweilen aber auch nur in
der Rinde liegen und meift mit einer unregelmäßigen gezadten Erweiterung, einem
fog. Stiefel, beginnen.
Die Larvengänge find lang, gehen bisweilen von einem durch die Larven
gemeinfam gefrefienen Raum aus, verlaufen infolgedeffen dicht aneinander gedrängt,
durchkreuzen fich hier und da, furchen den Splint meift nur ganz oberflächlich und
endigen in großen Puppenmwiegen, die zur Hälfte im Splint eingegraben find. Die
Fraßfigur ift meiftens ſehr unregelmäßig.
Der Käfer befällt gewöhnlid nur ältere Stämme und ift ein entſchiedener Ge-
birgsbewohner. In Fichten frißt er nicht felten gemeinſchaftlich mit H. palliatus
Gyl., aber nur in liegenden Stämmen. In Arven ift er jedoch auch in gefuns
Käfer: Scolytidae: Gattung Cryphalus. 265
den ftehenden Stämmen beobachtet worden, die er gemeinjchaftlich mit Tomicus cem-
brae Heer zum Abſterben gebracht hatte.!) Heß fand den Käfer im Thüringer Wald
bis zu den höchſten Bergen: Beerberg und Schneelopf; weiter ijt er im Harz, Böh⸗
mer Wald und in den Alpen (bis zu 2000 m Höhe) beobachtet worden. Im allge-
meinen jedoch ift er jelten.
Befämpfung: |. ©. 234.
23. Hylesinus (Xylechinus) pilosus Rtsb.?)
Der in den Ülten und ſchwächeren Schäften von Fichte und Lärche lebende, 2,5 mm
große Baftläfer, deſſen kurze doppelarmige Wagegänge meift großen Schwankungen unter:
liegen, ift jelten wie H. glabratus und infolgedefien forftlich belanglos.
Unterfamilie Cryphalinae.
®attung Cryphalus.
Drittes Tarjalglied der Borderbeine leicht herzförmig. Halsſchild ſtark gewölbt, meift
breiter al3 lang, vorn mit einem aus konzentriſchen Hödern gebildeten led. Fühlergeißel
4gliederig, Fühlerkeule eingeichnürt und geringelt.
24. Tomicus (Cryphalus) piceae Rtzb.
Kleiner Tannenborkenkäfer.
Kennzeihen: 1,5—1,8 mm lang, oval, gewölbt, braun, mit greifen Haaren. Flügel⸗
deden meiftens heller gefärbt, undentlich punktiert, mit längeren, aufgerichteten Härchen
reihentweife bejett.
Lebensweise ufw.: Flugzeit März, April, — der zweiten Brut im uni.
Generation doppelt.
Die Eier werden einzeln in unregelmäßige platartige Muttergänge von
0,1—1,5 cm Durchmeffer, die das 2 in Weißtannenrinde anfertigt, abgelegt. Die
Überwinterung findet als Käfer ftatt.
Die Larven frefien kurze Gänge, die in einer in der Rinde oder oberflächlich
im Splint liegenden Wiege endigen. Das Gefamtfraßbild ift fternförmig.
Der Brut: und Fraßbaum ift ausfchließlich die Weißtanne. Es werden ſowohl
ältere wie jüngere Bäume befallen, eritere aber entſchieden bevorzugt. Der Angriff
findet in den Gipfeln und Äſten Statt.
Der Schaft wird namentlich gern in den Aftwinfeln ftärkerer Äſte angegriffen.
Nach dem Befall der Krone fchreitet der Angriff längs des Stammes von oben nad)
unten fort. Gelbfärbung und allmähliches Roftrotwerden der Krone an alten frän-
telnden Tannen verrät die Gegenwart des von mancden Seiten (Eichhoff, Bar:
bey, Bargmann)?) als gefährlicher Feind der Weißtanne bezeichneten Käfers. Er
ift Häufig mit Tomicus curvidens vergejellichaftet, begleitet aber nach den Beobach⸗
tungen Bargmanns die Tanne in höhere Lagen als curvidens e3 tut. Süd: und
Südofthänge, Täler und Ebenen der Tannengebiete werden den über 800 m hinaus:
reichenden Höhenlagen aber vorgezogen.
Belämpfung: f. ©. 234. Fangbäume wirken erft dann, wenn alte, abjter-
bende Tannen nicht mehr vorhanden find. Die Abwehr hat deshalb das Hauptgewicht
1) Henſchel, Guſtav: Zbl. f. d. gef. Fw. 1882, 10. — 2) Jaroſchka: Bbl. f. d.
geſ. Fw. 1889, 258. — Kopezky: daſ. 1889, 541. — Milani: Koritl.naturw. Ztſchr.
1898, 121. — 3) Allg. F. u. J.-Ztg. 1897, 382.
266 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
auf rechtzeitige Fällung aller verdächtigen Bäume, auf baldige Abfuhr alles befalle-
nen ftärteren Materiales und auf Verbrennen der angegangenen ſchwächeren Wipfel-
teile und Äſte zu legen.
25. Tomicus (Cryphalus) abietis Rtzb.
Kennzeichen: Ebenfo lang, aber etwas ſchmäler al3 C. picese; dunkelbraun, hırz
behaart. Flügeldecken punktiert geftreift. Gehöderter Fled auf dem Halsichild vorn ſchmäler
und Hinten zugejpißt.
Lebensweiſe ujw.: Wie bei C. picese. Brutbaum ift die Fichte, nur werben
meift jüngere, unterdrüdte und kränkelnde Exemplare, nicht aber alte Bäume befallen. Der
Angriff erfolgt ebenfalls in der Krone und gern an Aftquirien. Außer in Fichte ift der
Käfer in Tanne, Kiefer und Weymouthskiefer beobachtet worden.
Belämpfung: |. ©. 284.
Dem weiteren Fichtenſchädling Tomicus (Cryphalus) saltusrius Winn. und
dem die Lärche befallenden C. intermedius Ferr. fommt noch geringere forftliche Be⸗
deutung zu als C. abietis,.
Unterfamilie Crypturginae.
®attung Crypturgus.
Drittes Tarfalglied zylindrifch; ungelappt. Körper Ianggeftredt. Flügeldeden hinten
herabgebogen, ohne Eindrud und ohne Zähne. Fühlergeißel zweigliederig, kürzer als bie
eiförmige Keule.
26. Tomicus (Crypturgus) pusillus Gyll.
Schmaler Fichtenborkenkäfer.
Kennzeihen: 1—1,2 mm lang, braun bis ſchwarz, etwas glänzend, faft kahl.
Halsihild lang eiförmig, fein und meitläufig punktiert, mit glatter Mittellinie. Flügel:
deden tief punfktiert-geftreift mit einfadyen runden Punkten.
Lebensweiſe ufw.: Der Käfer befällt vorzugsmweife 20—40 jährige Stangen-
hölzer der Fichte, aber au ſchon 8—12jährige Kulturen. Vereinzelt fommt er
auch in Tanne, Kiefer, Weymouthskiefer, Seefiefer und Lärche vor. Der Fraß in
Baft und Rinde ift jo verworren, daß fih Muttergänge kaum ausfindig machen
laſſen, weil der Käfer gewöhnlich durch die von den anderen Borfenfäfern angefer-
tigten Bohrlöcher eindringt. Nach Barbey ift der Brutgang ein Wage-, nad Per:
ri3 ein Längsgang.
Auch die jtark gemundenen Larvengänge laufen vielfach durcheinander.
Generation vermutlich doppelt.
Als Brutparafit tritt der Käfer häufig gemeinfchaftlich mit anderen Borken:
käfern auf, hat aber feine weitergehende wirtichaftliche Bedeutung.
Bekämpfung: ſ. ©. 234.
27. Tomicus (Crypturgus) cinereus Hbst.
Bon dem etwas größeren, dichter behaarten und grau gefärbten nächften Verwandten
des vorigen gilt biologiſch das gleiche wie oben. C. cinereus ift ebenfalls Brutparafit und
lebt in ſchwächeren Äften von Fichte und Kiefer oder in ben Stämmchen jüngerer Pflanzen.
Unterfamlie Polygraphinae.
®attung Polygraphus,.
Dritte Tarjalglied nicht zweilappig, fondern zylindriih. Abfturz der Flügeldecken
nicht eingedrüdt. Fühlergeißel fünfgliedrig mit ungegliederter derber Keule. Augen geteilt,
aafer polygam.
Käfer: Scolytidae: Gattung Polygrephus. 267
28. Polygraphus poligraphus L.')
Doppeläugiger Fichtenbaſttäfer) (Abb. 120).
Kennzeichen: 2—3 mm lang, länglic, ſchwarzbraun, mit Dichter aſchgrauer, „seife
artiger · Beluppung. Fühler mit fünfglieberiger Geißel und eiförmig zugefpißter, nicht
geringelter Keule, bräunlich-gelb. Weine von gleicher Farbe.
breit, nad) vorn ſtark verſchmälert, oben fein und bicht punf-
tiert, mit feiner erhabener Mittellinie. Flügeldeden mit feinen
Funttreihen und breiten, feintörnigen Biwifchenräumen. Augen
durch einen leiftenartigen Stirnfortjag beinahe ganz in zwei
Hälften geteilt.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit; April, Mai.
Die Larven erſcheinen früheſtens Ende April, Uns
fang Mai. Verpuppung früheftens Ende Mai, Anfang
Juni. Der fertige Käfer kommt im Juli oder Auguft
aus und fegt gewöhnlich alsbald eine neue Brut, welche
meiſtens noch bis zum September, ev. Oftober, zur vollen
Entwidelung gelangt oder im Larven: bzw. Buppenzuftand
überwintert. .
1) 2008, Curt: Zbl. f..d. gel. Gm. 1894, 472.
Halsſchild kaum länger als
Hm
6b. 120. Polygraphus
poligraphus L. ("%,, nad)
Barden)
Generation (un
ter normalen Berhält-
niffen) doppelt.
Der Käfer befällt
gewöhnlich nur die Fich⸗
te, geht jedoch auch Kie⸗
fer, Weymouthskiefer,
Arve und Tanne an. Er
findet ſich vorwiegend
in ftärferem Stangen«
und angehendem Baum:
hol; (von 15—30 em
Durchmeſſer), und zwar
nicht nur am Schafte,
fondern aud an Äſten
und Zweigen. Seine er=
ften Angriffe feinen
beſonders auf den Gip⸗
fel gerichtet zu fein.
Die Muttergän-
ge find mehrarmige,
meift 3—4armige, uns
regelmäßig verlaufende
Sterngänge (Ubb.
121), die von einer gro:
liegenden Rammeltammer
:[bjt in der Rinde Liegen.
268 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Charalteriſtiſch ift, daß die Gänge faft ſtets Ausbuchtungen und Krümmungen aufs
weifen. Sie ändern ihre Richtung mitunter in ſcharfen Winkeln nach auf- oder abs
wärts. Bisweilen enthalten fie, zumal an den Enden, feitliche Erweiterungen. In
Stammteilen mit ftärferer Rinde liegen fie lediglich in diefer, greifen aber in Stamm=
teilen mit bünner Rinde bis in den Splint ein. Auf der Baftfeite diderer Rinden-
ftüde fieht man infolge de3 Verborgenfeins der fternförmigen Muttergänge neben
Teilſtüden von Larvengängen meilt nur Bruchſtüde der Muttergänge (Ubb. 122),
deren oftmals horizontaler Verlauf zu der irrtümlichen Anſicht führte, daß Polygra-
phus poligraphus Wagegänge als Brut⸗
gänge habe. Diefe Annahme konnte um
fo leichter entjtehen, weil öfters nur
zwei Brutarme von ber Rammellam-
mer abgehen.
Die unregelmäßigen Larven-
gänge verlaufen mehr ober weniger lot⸗
recht und ſchneiden in den Baſt ein;
im Splinte find namentlich die Anfänge
nicht wahrzunehmen. In ftark befegten
Stangen wird die Rinde oft derart
ducchfreffen, daß bie Gänge gar nicht
mehr zu erfennen find. Die Wiegen lies
gen meiftens in ber Rinde, zuweilen auch
an der Splintoberfläche.
Der in allen Fichtenrevieren häu—
fige Käfer tritt vorwiegend in Gebirgs⸗
forften (Harz, Thüringer Wald, Vogels⸗
berg uſw.) auf. Er fteigt daſelbſt ziem⸗
ih Hoch empor und Hat ſchon wieder⸗
holt ganz gefunde, ſelbſt ſtarke (ftehende)
Stämme zum Eingehen gebradit.‘)
In den Fichtenwaldungen bei Gießen
und Umgegend (bei Laubach, Hungen,
Hohenfolms uſw.) ift dieſer Vaftläfer ein
ſehr hälfiger Gaft. Er tritt bajelbft vielfad)
Fb. 192. Srabbild von Polygraphus poligraphusL. in an Stämmen auf, bie von Nectria cu-
Fichtenrinde von der Baftfeite aus. Die Muttergänge («_ curbitula Fr. oder Trametes radiciperda
won.) find nur in Zeil, pumeift Enbfäden, zu feben A, Htg, befallen find. Gemeinfhaftlich mit
(mat. ©). ihm frißt nicht jelten Hylastes palliatus L.
Bei Laubach *) trat beſonders ber geförnte Fichtenborfenfäfer (Cryphalus abietis Rtzb.)
in einem etwa 30jährigen Fichtenbeftand in feiner Geſellſchaft auf.
Im Eberöberger Park (bei München) wurde der Käfer feit 1889 in den von der Nonne
befallenen Abteilungen mafjenhaft beobachtet ; er hat dafelbft ettva 9—10%, ber unterdrüd»
ten Stämme bejegt.
Betämpfung: |. S. 234.
Die beiden anderen bei und vorfommenden Polygraphus-Arten: P. subopacus
J. Thoms. an Fichte und P. grandiclava J. Thoms. — Pseudopoligraphus cembrae
Seitner an Kirihbaum und Arve find forftlich belanglos.
1) Döbner: Allg. F. u. J.Ztg. 1862, 275. — Derf.: Hanbb. d. Boolog., IL. Bb.,
Aſchaffenburg 1862, 160. — 2) Thum: Allg. F. u. I.-3tg. 1885, 24.
. Käfer: Scolytidae: Gattungen Dryocoetes und Ipe. 269
Unterfamilie Dryoeoetinae.
®attung Dryocoetes.
Fühlergeißel dgliederig. Keule an der Spibe jchief abgeftubt, ein Teil der fteu-
lenglieder durch den bafalen Ring verhüllt. Flügeldecken Hinten ſchräg gemölbt, ohne
Eindrud, nur mehr oder weniger gefurdt. Monogame, meift im LaubHolz lebende Borken-
fäfer ohne größere wirtichaftliche Bedeutung.
29. Tomicus (Dryocoetes) autographus Rtzb.
Bottiger Fichtenborkenkäfer.
Kennzeihen: 3—4 mm lang, braun, etwas glänzend, mit langen greifen Haaren.
Halsichild etwas länger als breit, ziemlich grob punltiert, mit einer jchmalen, erhabenen
Mittellinie. Flügeldecken an der Wurzel breiter als das nach Hinten verengte Halsichild,
grob punktiert-geftreift, mit feineren Punktreihen auf den Zwijchenräumen; jedoch ſchwinden
die Bunktitreifen an der Spite merklich.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Ende April, Mai. Generation doppelt, mit Über-
winterung im ausgebildeten Buftande.
Der Käfer befällt vorzugsweiſe die Fichte, untergeordnet auch Tanne, Kiefer und
Weymouthskiefer, namentlich die unteren Stammteile mit ftarfer Rinde. Kellner!) fand
ihn in Thüringen an Fichten, vorzüglich in der ftarfen Rinde nahe an der Erde und an
Wurzelſtöcken. Stöde und die Unterjeite feuchtlagernder Hölzer werden gern angenom-
men. Die Muttergänge find kurze Lotgänge, mitunter paarig; fie entienden oft Heine
Arme in der Horizontalrichtung, jo daß fait Handförmige Fraßfiguren entftehen.
Die Larvengänge find, da die Eierablage gruppenmweije am Ende des Mutterganges
und in befien Ausladungen erfolgt, im einzelmen nicht wahrzunehmen. Diefer gruppen-
weile Fraß ift charakteriftiich. Der Käfer fcheint mehr als feine Genoſſen als Nachzügler
anderer VBorlenkäfer bzw. ſelundär aufzutreten; fein Echaden ift nicht von Belang.
Belämpfung: j. ©. 234.
Die an Laubholz brütenden Dryocoetes-Arten: D. villosus F. an Eiche, alni an
Erle, aceris Lindem. an Ahorn und coryli Perris an Hajel find noch bedeutungsloier
als autographus.
Unterfamilie Ipinae.
®attungen Ips und Pityogenes. |
Drittes Tarjalglied zylindriih. Kopf meift Eugelförmig, unter das Halsjchild
zurüdgezogen, daher von oben faum fichtbar. Halsſchild nach vorn nicht verengt, ſtark
gemölbt, vorn meiſt gelörnelt oder querrunzelig gehödert, Hinten punltiert oder glatt. Flü⸗
geldeden hinten mit mulden» oder zmweiteiligerinnenförmigem Abfturz mit Zahnbil>
dungen bei beiden Gefchlechtern oder nur beim Z. Fühlergeißel dgliederig, Fühler—
feule vom Bajalring mehr oder weniger verhüflt.
Gattung Ips mit ſpitzem Fortjag zwiſchen den Vorderhüften, Gattung Pityogenes
ohne folden. Polyganıe Nadelholzbemohner mit vorwiegend fternförmigen Brutgängen.
Rindenbrüter.
30. Tomicus (Ips) typographus L.
Großer adhtzähniger Fichtenborkenkäfer), Buchdrucker) (Mbb. 123).
Kennzeichen: Käfer (Abb. 123,a) 4,5—5,5 mm lang, walzenförmig, von gedruns
genem Bau, dunkelbraun bis ſchwarz, ziemlich glänzend, in der Jugend lang bräunlid):gelb
1) Verzeichnis der Käfer Thüringens. Gotha 1873 ‚145. — 2) Zur Literatur im all-
gemeinen: Cogho: Über die Lebenszähigkeit des Fichtenborkenkäfers (B. typographus).
Frankenſtein (in Schlefien) 1874. — Der Kampf gegen den Fichtenborlenfäfer. Zbl. f. d. gei.
Fw., Suppf. 1, Wien 1875. — von Kujawa: Forftl. BL, N. F., 1875, 65. — Kurze An:
leitung zur Belämpfung des Fichtenborkenfäfers. Hrög. vom k. f. Aderbauminifterium. 2. Aufl.
Bien 1876. — Nüßlin: Naturw. Ztſchr. f. L. u. Fw. 1905, 450, 481. — 3) Die Bezeich-
nung „Buchdrucker“ rfihrt von dem oftmals fehr regelmäßigen Fraßbilde Her.
270 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
behaart, mit rötlich-gelben Fühleru und Beinen. Am Vorberrande der Stirn unmittelbar
über den Manbibeln ein Heiner Höder. Die Fühlerkeulennaht fteigt in ſcharfen Winkel
auf. Halsſchild nicht länger als breit, vorn breit abgerundet, gelörnt, Hinten auf dem Rüden
fein zerftreut punftiert. Slügelbeden mit tiefen unb groben
Kerbftreijen, welche nad der Spite bin feiner werden; bie ges
wölbten Zwiſchenfelder find mehr glatt bzw. nur mit einzelnen
Buntten bebedt. Abſturz fchräg, vertieft, breit, | harfrandig, un—
regelmäßig punfitert, matt ſeifenglänzend, auf jeder Seite
mit vier Zähnen, von welchen ber oberfte oft
undeutlich und der dritte von oben ber größte
ift (Mbb. 123, b). — Larve 4-5 mm lang,
gekrümmt, weiß, mit gelbbraunem Kopfe. —
®Buppe 4 mm fang, weiß.
. N R
66.138. Tomicus (Ips) typographus L. A. Lebensmeife.
a Räfer 4. b Abnurz 30), (na Barben) Flugzeit: Der Käfer ift Spätſchwär⸗
mer; fein Schwärmtemperatur-Minimum liegt nach Pauly nicht unter 16° R. Er
ſchwärmt infolgedefien zumeift nicht vor Mitte Upril, oft aber erft Ende April und
Mai, in Hochlagen fogar erft Anfang Juni.
Der Anflug erfolgt zumeift an ftärferen Stämmen und an diefen zuerft unter
der Krone, in der Mitte des Schaftes. Der größeren Wärme wegen wird die Son-
nenfeite bevorzugt. Auf ein d kommen 2—3 2. Das verftedt zwifchen Rindenſchuppen
Tiegenbe Bohrloch führt zu einer meift ganz in der Rinde liegenden und dann
auf der Rindeninnenfeite nicht fihtbaren Rammelkammer. Won bier aus
nagen die 2 nad) vollzogener Begattung die Muttergänge. Dieſe find felten ein=
armig, fondern oft zwei⸗ oder breiarmig, je nach der Zahl der eingebohrten 9.
Sie verlaufen, von der Rammelkammer mit ſcharfem Bogen abbiegend, meift ganz
gerabe nad) oben und unten, find 3—4 mm breit und 12—15 cm lang und greifen
in den Splint nicht ober nur ganz oberflählid ein. Die Fraßfigur ift im allgemei-
nen alfo ein zweiarmiger, im Baft verlaufender Lotgang (Abb. 124). Kommen
©abelgänge vor — wenn mehr ald zwei 2 von einer Rammelfammer aus Mut-
tergänge freſſen — fo verlaufen die nach einer Richtung abgehenden Muttergänge
meift nahe aneinander und find mehr oder weniger parallel. Nur in ſchwachem Ma—
terial, da8 von den Käfern ausnahmsweiſe, befonders in Ermangelung älterer Fichten
angenommen wird, gehen die Lotgänge leicht in Schräggänge über und erinnern
dann unter Umftänden an Sterngänge, wenn mehr als zwei Muttergänge von einer
Rammelfammer ausgehen. .
An den nur fpärlich mit Luftlöchern verjehenen Muttergängen werden vom
2 in paariger Anorbnung recht? und links mohntorngroße, voneinander deutlich ges
trennte Eiergrübchen genagt und mit je einem Ei verfehen. Der einzelne normals
lange Muttergang zählt im Durchſchnitt 50, oft auch weniger oder mehr Eiergrüb-
hen. Die Eier werben nad Schemyreun!) und Henning?) erit einzeln in ben
Muttergang gelegt, dann vom 2? mit Hilfe feiner Beine und Kiefer in die Eigruben
eingebracht und hier mit etwas Bohrmehl bebedt. Die Zahl der von einem P abs
gelegten Eier hängt, wie zuerft von Schewyreun!) beobadjtet und von Hennings?)
1) L’enigme des Scolytiens. Peteröburg. vorfijournat 1905. — 2) Naturw. Ziſchr.
f. & u. Fw. 1907, 97, 602.
Käfer: Scolytidae: Gattung Ips. 271
und Nüßlin!) beftätigt toorben ift, noch Davon ab, ob das $ nur einmal oder mehr-
mals begattet wird. Bei nur einmaliger Begattung ift beim Typographus-? die
Fortpflanzungsfähigleit eine bes
ſchränkte. Das P bedarf hier nad
Ablage von wenigen (nah Hen-
nings ſechs) Eiern wieberum der
Begattung, um mit ber Eiablage fort-
fahren zu können.
Die erften Larven erſcheinen
je nad} der Temperatur früher ober
fpäter, im Durchſchnitt 10—14 Tage
nad) der Eiablage und find oft ſchon
mit dem Ausnagen ihrer Larven:
gänge bejchäftigt, ehe noch das 2 feine
fämtlihen Eier abgelegt hat. Die
Larven freſſen ziemlich rechtwinkelig
vom Muttergange abzweigenbe, leicht
geichlängelte, immer breiter werbenbe
Gänge im Bafte, die fie hinter ſich
mit Bohrmehl verftopfen. Die Lars
vengänge erreichen eine Länge von
5—10 cm. Die Verpuppung er
folgt am Ende der Gänge in einer
im Baft ausgenagten Wiege.
In noch weit ſtärkerem Maße
als das Embryonalſtadium werden
Larven⸗ und Puppenſtadium von der
Temperatur und der Luftfeuchtigkeit
beeinflußt. Namentlich die Larvenzeit
kann durch niedere Temperatur und
große Luftfeuchtigkeit ſehr in die
Länge gezogen werden. Nach Hen⸗
nings macht fi der hemmenbe Ein-
fluß einer erhöhten Luftfeuchtigkeit um
fo mehr geltend, je niedriger die Tem⸗
peratur ift. Der genannte Autor fand
bei feinen Verfuchen in trodener und
feuchter Luft und bei 24°, 20°, 170
und 14° Wärme, daß das Larven:
ſtadium zwifchen 5%, und 50 Tagen, j
das Buppenftabium zwiſchen 94, und *** Pikteneime marar, Die ER)
28 Tagen ſchwankte. Im Durchſchnitt
umfaßte die Larvenzeit 23%, die Buppenruhe 11'/, Tage.
Der auögelommene Jungfäfer erweitert während der allmählichen Erhartung
1) Raturw. Ziſcht. f. 2. u. Fw 1907, 609.
272 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
feiner Ehitinhülle die Puppenwiege oder frißt in deren Nähe verworrene, bisweilen
auch dendritiſch verzweigte und in den Splint einfchneidende Gänge. Die Dauer
diejes Nachfraßes hängt ebenfallg wieder von der Temperatur und der VLuftfeuch⸗
tigfeit ab und ſchwankte bei Hennings zwiſchen 9%, und 28 Tagen. Dann erft
frißt fih der nunmehr reife Jungkäfer durch ein kreisrundes Flugloch nach außen.
Daraus geht hervor, in welch erheblichem Maße die ganze Entwickelungsdauer
vom Ei bis zum Freikäfer von der Temperatur, in zweiter Linie auch von der Luft⸗
feuchtigfeit abhängt. Bei Hennings war bie Entwidelung bei 24° und geringer
Luftfeuchtigkeit in 26 Tagen, bei 14° und hoher Luftfeuchtigkeit aber erft in 113
Tagen beendet.
Generation: Es liegt auf der Hand, daß die Möglichkeit einer mehrmaligen
Generation von den mehrfach genannten klimatiſchen Faktoren gefchaffen oder aus⸗
gefchloffen wird. Unter halbwegs günftigen Bedingungen fcheint in Mitteleuropa die
doppelte Generation aber die Regel zu bilden. Die dreifache Generation, die man
hin und wieder beobachtet haben will, ift noch nicht mit Sicherheit nachgewiefen, und
wird von manchen Beobachtern (Pauly) ſelbſt für warme Gegenden angezweifelt.
Wohl aber it feitgeftellt, daß unter bejonders günftigen VBerhältniffen die Jungkäfer
der zweiten Generation noch im Herbſt ausfliegen. Daß fie auch. Eier ablegen, ift
noch zu beftätigen. Ste fcheinen nur auszufliegen, um an anderer Stelle zu über-
wintern. Da jedoch der Ausreifungsprozeß der Senitalien durch hohe Temperatur
und geringe Auftfeuchtigfeit in hohem Maße beichleunigt und die Brutbereitichaft der
Jungkäfer in kurzer Zeit hierdurch ausgelöft wird, fo ift die Möglichkeit wohl nicht
ausgeſchloſſen, daß bei befonders günstigen klimatiſchen und Witterungsverhältnifien
die Käfer der zweiten Generation noch zur Bortpflanzung und damit wenigftens zur
Eiablage, aljo zum Beginn einer dritten Generation fommen.
Die Übermwinterung erfolgt jedenfalls nicht immer ala Käfer, fondern auch im
Larven⸗ oder PBuppenftadium. Welcher Generation dieje unfertigen Entwidelungs-
ftufen angehören, bedarf näherer Feititellung. Jedenfalls ift anzunehmen, daß es ſich
dam nicht um Glieder der erften, fondern einer weiteren Generation handelt.
Die zuerft von Knoche hervorgehobene längere Lebensdauer der Mutterfäjer jcheint
die ihr zunächſt beigemefjene praftiiche Bedeutung nicht zu haben. Es wird von Fuchs)
und Henning3”) allerdings beftätigt, daß ein Teil der Mutterkäfer nach der erften Eiab-
lage, aljo nady Berlaffen des erften Brutganges, einen mehr oder weniger deutlichen Re⸗
generationsfraß vornimmt und dann zu einer ziveiten Brut fchreitet. Dieſe zweite Brut
jpielt anjcheinend aber praftifch keine große Rolle, weil felbft unter günftigen Temperatur:
verhältnifjen nur eine verhältnismäßig Heine Anzahl der Altläfer — bei Henning 27%,
— zur Eiablage in neuen Brutgängen gelangt. Dieje zweiten Brutgänge find dann oft
kürzer als die erften und noch durch andere linregelmäßigleiten ausgezeichnet.
Der Käfer ift im allgemeinen ein ſchwer bewegliches, träges Inſekt, welches fich
nur bei ſehr warmer Witterung über die Baummipfel erhebt. Ein Überfliegen in
entferntere Orte ift eine Ausnahme, die durch befondere Verhältniffe (übermäßige Ver⸗
mehrung und infolge hiervon beginnender Mangel an Fraßmaterial) bedingt wird.
Ein folches Überfliegen auf mindeftend 15—20 km Entfernung wurde 3. B. 1883 in
dem Gouvernement Nifchnij-NRomwgorod beobachtet. Der Flug ging von Weiten nad) Often.
Undere Vorkenkäferarten beteiligten fich Hierbei nur in verjchwindender Minorität.®)
— — — — — —
1) Über die Fortpflanzungsverhältniſſe der rindenbrütenden Vorkenkäfer, S. 30. —
2) Naturw. Ztichr. f. L. u. Fw. 1907, 120. — 8) Judeich: Thar. Ihrb. 1886, 63.
Käfer: Scolytidae: Gattung Ips. 213
B. Forſtliches Berbalten.
Der Fichtenborkenkäfer ſchadet phyfiologiich al8 Käfer und als Larve.
Sein Fraßbaum ift die Fichte, und zwar befällt er fie Hauptfächlich im höheren
Alter; am Tiebften werden 80 — 100 jährige Stämme, felten ſolche unter 50 Jahren
angenommen. Ausnahmsweiſe ift typographus auch in Kiefer und Lärche, nach an=
deren, wohl auf Verwechſelung mit T. amitinus oder cembrae beruhenden Angaben,
auch in Tanne und Birbelkiefer gefunden worden. Jedenfalls aber fteht feit, daß
der Käfer nur in Yichtenmwaldungen verheerend auftritt, und zwar werden zumeiit
nur Stammteile mit dider Vorke von ihm befallen. In den jchwächeren Teilen
(Gipfel und te) der von ihm bewohnten Bäume haufen in der Regel andere Bor:
kenkäferarten.
Das Vorkommen des Buchdruckers in Kiefern (am Harze) wird ſchon vom Freiherrn
Caſpar Heinrich von Sierstorpff!) erwähnt. Der Verfaſſer hebt hervor, daß die in Kiefern
angelegten Gänge von den in Fichten gewöhnlichen verfchieden feien.
Diejelbe Beobachtung Hat Stein?) bei Tharandt ‚gemadt. Die Gänge in Kiefern
werden von ihm als 8—sarmige Sterngänge beichrieben und abgebildet.
Nah TH. Veit?) find bei einem Vorkenkäferfraß im Mainhardter Walde (1851 —1858)
fogar nur die Kiefern befallen worden.
Bei dem großen Fraß in Dftpreußen (1867—1858) hat der Fichtenborkenkäfer gleich»
fall3 die Kiefern mallenhaft befallen.
Im fchlefifchen Revier Ullerödorft) befiel der Käfer Lärchen, die man gefällt, aber
nicht entrindet Hatte, während die dDanebenliegenden Fichtenſtämme entrindet worden waren.
Bielleicht liegen aber auch bei einzelnen diefer Fälle (3. B. bei von Sierstorpff, Stein
und Beit) Verwechjlelungen mit dem damals noch nicht befannten T. amitinus vor.
Übrigens hat Bauly>) durch einen Buchtverfuch neuerdings nachgewiejen, daß ber
Buchdrucker an der Kiefer brütet. Die Larvengänge nehmen aber hier eine andere Form
an (als in der Fichte); fie find ungewöhnlich lang und dünn und erſtreben bald nach ihrer
Entftehung die Längdrichtung, ähnlich den in Kiefern heimijchen Larven de3 Myelophilus
piniperda L.
Der Fraß wirkt durch Zerſtörung der Bafthaut tödlich. Bon altersher bezeichnet
man das Abfterben der Fichten infolge Borkenkäferangriffs als Wurmtrocknis.
Unzeichen des Befalls find die oben (S. 167) genannten: Gelb- oder Rotfärben der
Nadeln, dann Graufärben, Aufbaden, ſchließlich Abfallen der Rinde, häufiges Auf-
treten von Bohrlöchern, herausgefallenes, an der Stammrinde hängengebliebenes
Bohrmehl uſw.
Zwiſchen den im Frühjahre befallenen Stämmen und den vom Sommer-
flug betroffenen zeigt fich ein etwas verfchiedenes Verhalten. An den im Früh-
jahre angenommenen Stämmen treten nämlich die ebengenannten Merfmale — na⸗
mentlich die Nadelverfärbung — jehr bald auf, während die im Nachſommer bes
fallenen Stammindividuen häufig jelbjt dann noch eine grüne Benadelung zeigen,
wenn die Stammrinde fchon zum Zeil abgefallen ift. Diefe Ericheinung hängt mit
der Saftbewegung in beiden Jahreszeiten zufammen. Im Frühjahre wird das
auffteigende Waſſer den Nadeln durch die teilweiſe Baftzerftörung mehr oder weniger
entzogen; daher Rotwerden und baldiger Abfall der Nadeln. Im Nahjommer
1) Über die forftmäßige Erziehung, Erhaltung und Benugung der vorzüglichften in=
ländiſchen Holzarten. 2. Teil. Die Fichte. Hannover 1818, $ 106.— 2) Thar. Yhrb. 1854,
270. — 8) Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1867, 85. — 4) Altum: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1888, 248. —
5) Forſtl.⸗naturw. Ztichr. 1894, 376.
Heß, Yorftihug. I. 4. Aufl. 18
274 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
hingegen, wo ber Affimilationsprozeß in vollem Gange ift, bleibt der Bildungsfaft
— durch die Baftzerftörung in-feiner normalen Abwärtsbewegung gehindert — ben
Kronenteilen referviert, während ber Baſt vertrodnet; daher Rindenabfall bei
grüner Benadelung. Schließlich unterliegen die im Sommer befallenen Bäume
natürlich ebenfalls. ,
Der Buchdruder ift für die Fichtenwaldungen ber [hädlichfte Käfer.
Er bevorzugt zwar gefällte, namentlich friche, im Safte gefällte Stämme, Wind»
Brüche, ſowie kränkelndes ftehendes Holz; bei großer Vermehrung greift er aber auch
vollkommen gejundes Holz an. Entrindete und berappte Stämme meibet er;
Stöde bezieht er ungern. Un Schichtſtößen belegt er nur die oberen Rollen ober
Scheite mit Brut.
Seine Lieblingspläge find Lüdige Beſtände, fonnige Schlagränder, zumal
in gefchügten trodenen, warmen bzw. füdlichen Lagen. Kältere Lagen bleiben vers
ſchont; felbft in wärmeren Lagen wird vielfach ſchon das fühlere Beſtandsinnere
gemieben. Er fteigt weit nad Norden und hoch im Gebirge empor. Die Haupts
region, in ivelcher er ald Veftandsverberber auftritt, Tiegt in Deutſchland zwiſchen
etwa 600 und 1000 m Meereshöhe; in den Alpen trifft man ihn aber noch bis zu
2000 m Höhe an. Gegen Witterungverhältniffe ift er ziemlich unempfindlich. Man
hat feinen Ausflug felbft aus Floßholz, welches über drei Wochen eingefroren ge:
legen hatte, beobachtet. Die größten Verheerungen durch diefes Infekt im vorigen
Jahrhundert Haben 1857—1862 in Dftpreußen und 1872—1876 im Bayerifchen
und Böhmerwald ftattgefunden (vgl. ©. 234).
Die in früheren eiten, namentlich im Unfange des 19. Jahrhunderts, mit großer
Hartnädigfeit auf beiden Seiten bebattierte Streitfrage, ob T. typographus, ber „fliegende
Wurm“, nur fränfelnde oder auch gejunde Stämme befalle, ift im Sinne der bereits oben
G. 283) gebrachten Ausführungen längft geflärt. Wenn ſich teog des normalerweife ſekun⸗
dären Charakter bes Vorkenfäferangriffes hin und wieder‘) Veifpiele dafür finden, daß
aud außerhalb der Beiten der Mafjenvermehrung einzelne anfcheinend vollfommen gefunde
Fichten befallen werben, jo darf angenommen werben, daß ber von Fuchs hervorgehobene
Einfluß ſtarlet Beſonnung und infolgedefien hoher Erwärmung von Rinde und Holz bei
günftig ftehenden Randbäumen in der Tat eine Rolle als Anreiz jpielt und Ausnahmen
von ber allgemeinen Regel herbeizuführen imftande iſt.
Belämpfung: |. ©. 234.
31 Tomicus (Ips) amitinus Eichh. (Abb. 126).
Kennzeichen: 4—4,5 mm lang. Dem vorigen ſehr ähnlich,
aber etwas einer, fchlanter und durch folgende Merkmale unter»
ſchieden: Am Kopf in der Regel kein Stirnhöder; Fühlerteulennaht
faft gerade oder nur in fehr flacdem Bogen verlaufend. Halsſchild
gleigbreit. Punkte der Runktftreifen auf den Zlügeldeden dicht und
ſehr tief; Zwiſchenfelder der Slügeldeden reihenweiſe punftiert. Ber
haarung fparfamer. Flügelabfturz lakglänzend und mehr regels
mäßig in Wellenlinien und tief punftiert.”) Schienen, Schentel und
Hüften meiftend dunkler.
ee Eichhoff entdedte dieſen Käfer (1871) bei Schleufingen
Ch nah Barden. im Thüringer Wald und beſchrieb ihn zuerſt.ꝰ)
1) Fuchs: Naturw. Ziſchr. f. 2. u. Fw. 1904, 198. — 2) Diagnofen beider Arten finden
fi in den Miscellen von Heß: BbL. f. d. gef. Fw. 1875, 641 und Kellner, N.: Daf. 1876,
641. —- 8) Berliner entomol. Ziſchr. 1871, 188.
Käfer: Scolytidae: Gattung Ips. 275
Lebensweife und forftlihes Verhalten: Wie bei dem vorigen. Als unters
fcheidende biologifche Momente find folgende hervorzuheben:
Der Käfer bevorzugt ebenfalls die Fichte, befällt aber auch, und zwar mehr
als typographus es tut, Lärche, Tanne, Schwarzliefer, Arve, gemeine Kiefer
und Bergliefer.
Die Fraßfigur
(Abb. 126) ift von ber
des typographus dadurch
unterſchieden, daß Die
Muttergänge oft etwas
in ben Spfint eingefchnit=
ten und meift mehr (3—
T)armig, nur felten aber
zweiarmig ſind. Siegehen
von der auf der Rinden⸗
innenſeite ſichtbarenKam⸗
melkammer bogenförmig
ab und täufchen dann,
wenn fie auch im wejent-
lichen in der Längsrich⸗
tung verlaufen, oft einen
typiſchen Sterngang vor.
In lebenden Lär⸗
hen will man beſonders
Gabelgänge beobachtet
haben, an gefällten hin⸗
gegen nicht ſelten weitaus⸗
ſtreichende 3 — 4 armige
Sterngänge. Endlich
ſollen ſich (nach Schaal)
in den Muttergängen von
amitinus mehr Luftlöcher
vorfinden als in denen
von typographus.
T. amitinus fommt
gemeinfam mit typogra-
phus, oft an demſelben Abb. 126. Frakbild von Tomicus (Ips) amitinus Eichh. in Fichtenrinde
Fraßbaum vor. Im ale (nat. Gr., Drig. 8.8).
gemeinen bevorzugt er dann die oberen Teile des Schaftes. In welchem Verhältnis
bei einem größeren Fraße die beiden achtzähnigen Borkenkäfer vertreten find, dar—
über liegen nähere Angaben nicht vor; wahrfcheinlich wechſelt das Verhältnis von
Tall zu Fall.
Belämpfung: |. ©. 234.
18*
274 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
hingegen, wo der Aſſimilationsprozeß in vollem Gange ift, bleibt der Bildungsſaft
— durch die Baftzerjtörung in feiner normalen Abwärtsbewegung gehindert — den
Kronenteilen reſerviert, während der Baſt vertrodnet; daher Rindenabfall bei
grüner Benadelung. Schließlich unterliegen die im Sommer befallenen Bäume
natürlich ebenfalls. B
Der Buchbruder ift für die Fichtenwaldungen ber ſchädlichſte Käfer.
Er bevorzugt zwar gefällte, namentlich frifche, im Safte gefällte Stämme, Wind:
brũche, ſowie kränkelndes ftehenbes Holz; bei großer Vermehrung greift er aber auch
vollkommen gejundes Holz an. Entrindete und berappte Stämme meibet er;
Stöde bezieht er ungern. Un Schichtitößen belegt er nur die oberen Rollen ober
Scheite mit Brut.
Seine Lieblingspläge find Lücige Beſtände, ſonnige Schlagränder, zumal
in gefchügten trodenen, warmen bzw. füdlichen Lagen. Kältere Tagen bleiben ver-
ſchont; felbft in wärmeren Lagen wird vielfach ſchon das fühlere Beſtandsinnere
gemieden. Er fteigt weit nad) Norden und hoch im Gebirge empor. Die Haupt⸗
region, in welcher er als Beſtandsverderber auftritt, Tiegt in Deutſchland zwiſchen
etwa 600 und 1000 m Meereshöhe; in den Alpen trifft man ihn aber noch bis zu
2000 m Höhe an. Gegen Witterungsverhältniffe ift er ziemlich unempfindlich. Man
hat feinen Ausflug jelbft aus Floßholz, welches über drei Wochen eingefroren ge=
legen hatte, beobachtet. Die größten Verheerungen durch dieſes Infekt im vorigen
Jahrhundert haben 1857—1862 in Dftpreußen und 1872—1876 im Bahyeriſchen
und Böhmerwald ftattgefunden (vgl. ©. 234).
Die in früheren Zeiten, namentlich im Unfange bes 19. Jahrhunderts, mit großer
Hartnädigkeit auf beiden Seiten bebattierte Streitfrage, ob T. typographus, der „fliegende
Wurm“, nur fränfelnde oder auch gejunde Stämme befalle, ift im Sinne der bereits oben
(©. 283) gebrachten Ausführungen längft geflärt. Wenn ſich troh des normalerweife fetun
bären Charakters des Vorkenkäferangrifies hin und wieder") BVeifpiele dafür finden, daß
aud außerhalb der Beiten der Mafjenvermehrung einzelne anfcheinend volllommen gefunde
Fichten befallen werben, fo darf angenommen werben, daß der von Fuchs herborgehobene
Einfluß ftarter Beſonnung und infolgedefjen Hoher Erwärmung von Rinde und Holz bei
günftig ftehenden Randbäumen in der Tat eine Rolle als Anreiz fpielt und Ausnahmen
von der allgemeinen Regel herbeizuführen imftande ift.
Belämpfung: |. ©. 234.
31 Tomicus (Ips) amitinus Eichh. (456. 126).
Kennzeigen: 4—4,5 mm lang. Dem vorigen ſehr ähnlich,
aber etwas Zeiner, jchlanter und durch folgende Merkmale untere
ſchieden: Am Kopf in ber Regel fein Stimhöder; Fühlerkeulennaht
faft gerade oder nur in fehr flahem Bogen verlaufend. Halsſchild
gleichbreit. Punkte der -Bunftftreifen auf den Slügeldeden dicht und
ſehr tief; Zwiſcheufelder ber Slügelveden reihenweiſe punttiert. Bes
Haarung fparjamer. Flügelabfturz Iadglänzend und mehr zegelr
mäßig in Wellenlinten und tief punktiert.) Schienen, Schenkel und
Hüften meiftend dunkler.
56. 125. Tomtcus (Ips)
amitinus Eich. Eichhoff entdedte diefen Käfer (1871) bei Schleufingen
Ch nah Barben. im Thüringer Wald und befcjrieb ihn zuerit.?)
1) Fuchs: Naturw. Ztſchr. f. 2. u. Fw. 1904, 198. — 2) Diagnofen beider Arten finden
fi in den Miscellen von Heß: ZbL. f. d. gef. Bw. 1875, 641 und Kellner, A.: Daf. 1876,
641. — 3) Berliner entomol. Ztichr. 1871, 188.
Käfer: Scolytidae: Gattung Ips. 275
Lebensweife und forftliches Verhalten: Wie bei dem vorigen. Als unter»
ſcheidende biologiſche Momente find folgende hervorzuheben:
Der Käfer bevorzugt ebenfalls die Fichte, befällt aber aud, und zwar mehr
als typographus es tut, Lärche, Tanne, Schwarzliefer, Arve, gemeine Kiefer
und Bergtiefer.
Die Fraßfigur
(Abb. 126) ift von der
des typographus dadurch
unterſchieden, daß die
Muttergänge oft etwas
in den Splint eingeſchnit⸗
ten und meiſt mehr⸗ (3—
T)armig, nur felten aber
zweiarmig ſind. Siegehen
von der auf der Rinden⸗
innenſeite ſichtbarenKam⸗
melkammer bogenförmig
ab und täufchen dann,
wenn fie auch im weſent⸗
lichen in der Längsrich-
tung verlaufen, oft einen
typiſchen Sterngang vor.
In lebenden Lär⸗
hen will man befonders
Gabelgänge beobachtet
haben,an gefällten hin⸗
‚gegen nicht felten weitaus:
ftreichende 3 — 4armige
Sterngänge. Endlich
follen fih (nad) Schaal)
in den Muttergängen von
amitinus mehr Luftlöcher
vorfinden als in denen
von typograpbus.
T. amitinus kommt
gemeinfam mit typogra-
phus, oft an bemfelben 66.126. Sraßbit von Toms Yon) amtinue Eiohh. in Fichtentinde
Fraßbaum vor. Im all⸗
gemeinen bevorzugt er dann die oberen Teile bes Schaftes. In welchem Verhältnis
bei einem größeren Fraße die beiden achtzähnigen Borkenkäfer vertreten find, bars
über Tiegen nähere Angaben nicht vor; wahrſcheinlich wechjelt das Verhältnis von
Tall zu Fall.
Bekämpfung: |. ©. 234.
18*
276 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
32. Tomicus (Ips) Cembrae Heer.')
Ahtzähniger Urvenbortentäfer.
Kennzeichen: Den beiden vorigen jehr ähnlich; etwas größer wie T. amitinus und
dit Iang behaart. Flügelabſturz wie bei amitinus Iadglänzend.
Lebensweiſe ufw.: Der Käfer ift ein’ Hochgebirgätier, befällt hauptſächlich
Arve und Lärche, felten Fichte. Er begleitet die Arve bis in 1800-2000 m
Höhe und ſchwärmt Hier Ende Mai. Seine Fraßfigur ift fehr variabel; fie be:
fteht oft aus einem 3—5armigen Sterngange, manchmal aus zweiarmigem Lotgange,
biömeilen ift aud nur ein Iotrechter Muttergang mit Rammellammer und kurzen
Stummelgängen vorhanden. Charakteriftiih aber ift, daß Rammelkammer und
Muttergänge von Anfang an tief in den Splint eingegraben werden. — Gene⸗
ration wahrſcheinlich doppelt. — Schaden (nad Fankhauſer) Hin und wieder
primär, jedoch nur mehr lokal und nicht fo groß, wie die ſtarke Vermehrung er-
warten läßt. Natürliche Faktoren, namentlich die Larve der Ramelhalsfliege (Rha-
phidia media Burm.), arbeiten der allzujtarten Vermehrung entgegen.
Belämpfung: f. ©. 234.
38. Tomicus (Ips) sexdentatus Börn.
Bwölfzähniger Kiefernbortentäfer (bb. 127).
Rennzeihen: 6—8 mm lang. Größte Tomicus-Spezied; geftredt, ziemlich walzen⸗
förmig, glänzend tiefbraun, bräunlichgelb und lang behaart, mit gelblichbraunen Fühlern und
Beinen. Halsſchild länger als breit, vorm breit ab⸗
gerundet, gelörnt, hinten weitläufig und ziemlich tief
punftiert, mit breiter, glatter Mittellinie. Flügeldeden
art punftiert»geftreift, mit glatten, nur zum Teil
punftierten Stoiihenräumen; die Pımttftreifen nad
Hinten zu etwas feiner. Wbfturz ber Slügeldeden tief,
ſcharfraudig, grob punktiert, glänzend, jeberjeits mit
ſechs Bähnen, von welden bie brei erften von oben
Hein find und ber vierte am größten ift (Abb. 127).
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: April und
eventuell wieder im Auguſt.
Generation einfach ober doppelt.
Die Larven erfheinen im Juni, Juli; die
Puppen im Juli, Auguſt; die neuen Käfer im
Auguft. Letere ſchreiten unter Umftänden fogleich
zur Begattung bzw. Ablage einer neuen Brut.
wb.197. — Born. Die Überwinterung erfolgt als Käfer, Die entweder
' von der erften oder von ber zweiten Brut her:
rühren, unter der Rinde. Man findet aber mitunter auch Larven im Winter.
Der Käfer gehört zu den Kieferninfekten und bevorzugt ältere Hölzer mit
dider Borke. Angenommen werden meiftens liegende, friſch gefällte Hölzer, Wind-
brüche, auch Schichthölzer und Stöde, felten ftehende Stämme. In einzelnen Fällen
er ift auch an Schwarz» und Seekiefer beobachtet worden, ja ſogar — freilich
felten — an Fichte (Nördlinger?) und Neumeifter.)?) In Ermangelung älterer
1) Keller: Öfterr. %.-Big. 1890, 267. — Derf.: Naturw. Btihr. f. 8. u. Fw. 1903,
387. — 2) Krit. Bf. 1868, 51. Bd., I, 262. — 8) Thar. Ihrb. 1871, 294.
Käfer: Scolytidae: Gattungen Ips und Pityogenes. 277
Bäume find Hier und da auch Stangenhölzer von 20-30 Jahren befallen worden;
jedoch gelangen die Larven hier (wegen der bünnen Vorke) oft nicht zur Enttwidelung.
Das Fraßbild ift ähnlich wie bei T. typographus. Von der annähernd kreis⸗
runden, großen Rammelfammer gehen die ſehr ftarfen, 4—5 mm breiten, auffallend
Tangen (bis 40 cm) Muttergänge ala mehr oder weniger ſenkrecht verlaufende Längs⸗
gänge ab. Sie find zwei⸗, meift aber dreiarmig. Die Larvengänge verlaufen fenf-
recht zu ben Brutgängen; fie find relativ kurz und endigen in großen Puppenwiegen.
Mitunter vereinigen fi auch mehrere Larvengänge zu einem gemeinfchaftlichen, die
Rinde untergrabenden Fraßgange (Henſchel)
Der Käfer ift mehr ein Bewohner der Ebene als des Gebirge und tritt im
allgemeinen nur als Begleiter anderer Borkenkäfer auf. Eine größere Verheerung
durch ihm ift noch nicht beobachtet worden.
Bekämpfung: |. ©. 234.
34. Tomicus (Ips) acuminatus Gyli.
Sechszähniger Kiefernbortentäfer.
Kennzeigen: 3-4 mm lang, walzenförmig, pechbraun, etwas glänzend, mit gelbe
grauer Behaarung. Halsſchild länger als breit, vorn abgerundet, gelörnt, hinten fein und
meitläufig punftiert, ohne glatte Mittellinie. Flügeldeden vegelmäbig Panlkiertegefift mit
reihenförmig punftierten Zwiſchenräumen. Abſturz ſchräg, ver-
tieft, freisförmig, am Rande jederſeits mit brei Bähnen, von
welchen der oberfte nur ein Meines Höderchen und ber unterfte
(etwa in ber Mitte des Randes ftehenbe) der größte ift. Er ift
beim 2 einfach, zugeipigt, beim J aber zweilpigig (Abb. 128).
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit Mai. Generation ein- 2 7
fach ober doppelt. —— ———
Der Käfer befällt vorzugsweiſe bie Gipfelpartien von äl- "m SC nach Ey vben).
teren Kiefern aller Art. Dünnrindige Stammteile in der Nähe
von Äften werden bevorzugt, die bidrindigen unteren Teile gemieden. Die Muttergänge
find meiſtens 3—Sarmige, von einer geräumigen Rammelfammer ausgehende, bei dünner
Rinde in den Splint eingreifende, lange Sterngänge. Sie endigen in eine vom 2 in ben
Splint genagte buchtige Erweiterung ober in einen in der Rinde verlaufenden Miniergang.
Die in großen Abftänden voneinander vom Muttergange abgehenden Larvengänge
find ſtark geichlängelt, berühren und durchkreuzen ſich oft und fchneiden in der Regel in ben
Splint ein. Puppenwiegen im Splint.
Der Käfer ift ein Gebirgstier und beſonders in Sübbeutichland und Öfterreich zu
Haufe, aber im ganzen jelten. Forſtliche Bedeutung im allgemeinen gering, ftellenweiie
aber nicht unbebeutend.
Belämpfung: |. ©. 234.
35. Tomicus (Pityogenes) bidentatus Hbst.
Bmweizähniger Kiefernborkenkäfer
(bb. 129).
Kennzeichen: 2—2,5 mm lang, walzen-
förmig, pehbraun, etwas glängend, fein be
Haart; die Fühler und Füße roftgelb. Hal —
{child laum länger als breit, nad) vorn verengt, P P oe.
in der Mitte jederſeits quer eingedrüdt, vorn wm. — Tomious (Eityogenen) bidentatus Hbst.
getönt, Hinten ziemlich tief punftiert, mit einer »Räfer ' (*,), b Mbfturg beB „, 0 Mbfturz bes 8°)
erhabenen glatten Mittelleifte. Slügelbeden fein (mad Barden)
punftiertsgeftreift mit breiten, glatten Brüden; die Punkte auf dem Rüden etwas tiefer und
weniger zahlreich. Wbfturz bei dem g jdarf freisfrmig eingebrüdt, am oberen Rande
278 . Erfes Bud. Schub gegen Tiere.
beiberjeit3 mit einem ftarfen, Hafenförmig nach abwärts gefrümmten Bahn (Abb. 1296);
oberhalb defjen oft ein winziges, ebenfalls nach unten gerichtetes Hocerchen fteht; bei dem
e nur ein jhmaler Eindrud zu beiden Seiten ber etwas erhabenen Naht, ohne Zähne (Abb. 129c).
Lebensweife ufw.: Flugzeit: Mai, Juni; bei
doppelter Generation wieder im Auguſt.
Generation nad) Eichhoff ziveis bis zweieins
halbfach. Fuchs!) fand bei bistridentatus unter we⸗
niger günftigen Umftänden einfache Generation, hält
aber doppelte unter günftigen Verhältniffen für wahrs
ſcheinlich. Es Liegt jedoch infolge einer verhältnismäßig
frübgeitig ftattfindenden zweiten Brut der Mutterkäfer
unter Umftänden auch die Gefahr vor, daß eine Doppelte
Generation nur borgetäufcht wird.
Der eigentliche Fraßbaum dieſes Borkenkäfers ift
die gemeine Kiefer. Man Hat ihn aber auch in Wey⸗
mouths⸗, Sees, Krummholztiefer, Fichte, Stechfichte (P.
pungens) und Douglafie gefunden. Um liebften tritt
er in 6—12jährigen Kulturen auf, und wird aud) in
erfter Linie als Kulturſchädling wirtſchaftlich bebeu=
tungsvoll. Im älteren Holze befällt er nur die dünn⸗
rindigen Wipfel, Äſte und Seitenzweige. Da er aber
auch völlig gefunde Reifer annimmt, werben bie Baum-
kronen in bebenflicher Weife durch ihn gefichtet, nament=
lich wenn ſich noch) andere Borkenkäfer (Carphoborus
minimus Fabr.) oder Bodfäfer (Pogonochaerus fas-
eieularis Panz.) mit am $raße beteiligen.
Der Fraß erftredt fih auf Baft und Splint.
Die tief in den Splint eingegrabenen Mutter
‚gänge find felten drei, meiſtens 4—7 armige, unregels
mäßige Sterngänge (Abb. 130). Die einzelnen Arme
verlaufen in ſchwachen Stämmchen und ten mehr auf
und abwärts ala feitlich, während fie in ftärferem Ma-
terial mehr radfpeichenartig außeinandergehen. Sie ha:
ben ein knorriges Ausfehen, weil bie Ciergrübchen
groß und voneinander getrennt angelegt find.
Die Larvengänge find meiftens etwas gefchlän-
gelt, verſchieden Yang und in ſchwächeren Stämmchen
und Äſten oft nur ſpärlich vorhanden.
(Pityogenes) bidentatus Hbst. Der Käfer fliegt gern Beſtände an, welche durch
in Bieter at. Gr. Crig. ER) Waldbrand gelitten haben. Die ftark befallenen Stämme
verraten ſich durch gelblihe Färbung der Baumkronen.
Im Jahre 1869 fraf der Käfer in ber Oberförfterei Segeberg (Schleswig-Holftein)
— gemeinichaftfi) mit Hylobius abietia L. — maffenaft in einer 8—9jährigen, aus Sant
entftandenen Fichtendidung, die unter dem Schuß eines älteren Kiefernbeftanbes aufgewach ⸗-
1) üb. d. Fortpflanzungöverhältnifie d. rindenbrütenden Vortenfäfer ufm., 86.
Käfer: Scolytidae: Gattung Pityogenes. 279
jen war. Gegen 20 Fuder Pflanzen wurden hierdurch zum Abſterben gebracht.) 1880 fand
ein ftärlerer Fraß durch diefen Käfer im Revier Wondreb (bayeriſche Oberpfalz) ftatt.”)
Bekämpfung: |. ©. 234. Hervorzuheben ift der Wert von Fangäſten und
Fangreifig. Rechtzeitiges und wiederholte Auslegen dieſes gern angegangenen
Brutmaterialed und Verbrennen deöfelben nach der Eiablage beugt größeren Schä⸗
ben vor. Weiterhin ift auf Reinlichfeit im Walde, namentlich auf Entfernen des Ab⸗
raumes von ben Schlägen zu achten. _
Biologiſch übereinftimmend mit P. bidentatus find die weiteren, morphologifd) etwas
abweichenden Riefernhewohnen Tomicus (Pityogenes) quadridens Hrig. und T.
(Pityogenes) bistridentatus Eichh.
886. T. Pityogenee) quadridens Hrtg., etwas Meiner
und ſchmaͤler als bidentatus, pechſchwatz. Abſturz beim J mit
oberem ſtarken Halenzahn und mit einem in der Mitte ſihenden
ſcharfen, tegelförmigen Zähnchen (Mbb. 131). 2 ohne keisför-
migen Eindrud, nur beiberfeit® von ber Naht gefurcht; Furche
mit mulftigen, oft warzenförmige Höder tragenden Rändern. — 7
Drutbaume alle Kiefern, auch dichte «06. Kt. Tomioas (Bityo-
87. T. (Pityogenes) bistridentatus Eichh., etwas genes) quadridens Hrig.
größer und fräftiger als bidentatus, pechſchwarz. Abſturz beim Wbhurs vn. — — em
3 mit jeberfeit8 brei Zähnen, von denen ber mittlere ber größte
und hafenförmig nad unten gefrümmt ift. 9 nur mit Zurche an der Naht; Furchenrand
jederſeits mit zwei Heinen unbentlihen Hödern. — Brutbäume alle Kiefern, namentlich
Bergfiefer und Arve, weil Hocgebirgätier.
88. Tomicus (Pityogenes) chalcographus L.
Sechszähniger Fichtenborkenkäfer (Abb. 13%).
Kennzeichen: 2 mm fang, walzenförmig, ſtark glänzend, faſt haarlos, entweder gang
Heil rötlich-braun oder das Halsſchild und die Vaſis der Flügeldeden dunkelbraun. Hals:
{il eiwas Tänger alß breit, nach vorn eiwas
verſchmalert, Hinten fein und weitläufig punk⸗
tiert, mit einer glatten Mittelleifte. Flügel:
decken äußerft fein punftiertsgeftreift, mit
größtenteild glatten Broifchenräumen. Flu⸗
gelabſturz fehmal, weit hinauf eingedrüdt,
ungefähr bis zur Mitte der Flügeldecken reis
hend. Bu beiden Seiten ber Naht brei zahn-
förmige Höderchen, welche bei dem J (Abb.
132b) ftärfer entwidelt find ala bei dem 2
Abb. 1320).
; & F d og
Lebensweife ufw.: Flugzeit: won. "a8: Tomtons (eityogsnen) ohaloographus L.
Aprit, Mai. Generation doppelt. Mahiend ih WNABeEI De Ton Mm hen
n dopp R (nad) Barden).
Die Larven erjcheinen im Mai J
ober Juni; die Verpuppung erfolgt im Juni oder Juli. Der Käfer bohrt ſich in der
Regel noch im Juli aus den befallenen Stämmen aus und fchreitet häufig al3bald zur
copula. Die Überwwinterung ber zweiten Generation erfolgt ald Larve, Puppe oder Käfer,
je nachdem die Sommermwitterung ihrer Entwickelung weniger oder mehr förderlich ift.
Der Käfer ift Bewohner der Fichte und tritt regelmäßig als Begleiter ber
beiden achtzähnigen Fichtenborfenfäfer auf. Außer in Fichte ift chalcographus in
allen anderen heimiſchen Nabelhölzern gefunden worden.
Bevorzugt werben Fränkelnde Etaugenhölzer und Schneebruchorte. Als Freund
1) Hartig, R.: Biſcht. |. F. u. Im. 1870, 408. — 2) Dolles: Forſtw. gbl. 1885, 144.
2830 Erſtes Bud. Schu gegen Tiere.
dünner Rinde befällt er älteres Holz nur in den Äſten und Gipfelpartien und überläßt
hier ben Schaft jeinen größeren achtzähnigen Verwandten. Ausnahmsweiſe ift er aber
auch in 8—12jährigen Fichtendidungen ſchädlich geworden, die durch den Fichten-
blafenroft (Aecidium abietinum Alb. et Schw.) heimgefucht waren, 5. B. im Salza⸗
tal (Oberfteiermart).!)
Sraßfigur: Ein Sterngang mit 3—9 Brutarmen (Abb. 133). Charakteriftiich
ift, daß bie vollftändig in der Rinde gelegene Rammelfammer zumeift weder auf
der Rindenunterſeite
noch auf dem Splinte
ſichtbar ift. Sichtbar
find aber die Mutter-
und Larbengänge und
zwar ſowohl auf der
Baſtſeite der Rinde wie
auch im Splinte, in
welchen die Mutter⸗
gänge deutlich einge⸗
graben find, während
die Larvengänge nur
teilweife eingreifen.
Tie Muttergänge
find 2—8 cm lang,
1 mm breit, meift
fihelartig gekrümmt
ober gewunden und
tabiär angeordnet.
Buweilen aber jind fie
ob. 138. Braßbild von Tomlons (Pityogenes) ohslcographus L. in gichtem. auch mehr quergeftellt,
ende. Auf der Bafteite find nur die Mutter- und Sarvengänge, nicht aber bie 7, 2. an Kiefer (in
vollftänbig in der Rinde liegenden Rammeltammern fihtbar (nat. ®r., Orig. ®.8.). Bosnien; Kno teh).
Die kurzen, 1—4 cm langen Larvengänge entfpringen aus jehr dicht aneinander liegen-
den Eiergrübchen und ftehen deshalb eng zufammen. Puppentviegen in ber Rinbe.
Die Bedeutung des Käfers beruht in feiner Häufigkeit und in feiner Bun-
beögenoffenfhaft zu T. typographus und amitinus. Gleich diefen ift er möglichit
in Schranfen zu halten.
Belämpfung: |. ©. 234.
39. Tomicus (Ips) larieis Fabr.
Bielzähniger Borkenkäfer.
Rennzeihen: 3,5—4 mm lang, ganz walzenförmig, dunfelbraun, ziemlich glänzend,
bünn greis behaart, mit roftbraunen Fühlern und Beinen. Xalsihild wenig länger als
breit, nad) vorn verengt, geförnt, hinten weitläufiger punftiert, mit meiſtens unbeutliher
Mittellinie. Flügeldeden ziemlich gleichmäßig punftiert-geftreift, mit einer fehr feinen unb
weitläufigen Punttreihe auf ben Zwiſchenfeldern. Flügelabfturz tief, freisförmig, fait ſenk-
recht ſcharfrandig, zu beiden Seiten mit fünf Heinen Zähnden, von denen das unterfte am
fpigeften ift, am meiften vorfpringt und etwas eingerüdt erſcheint (Abb. 134).
1) Henſchel: Zbl. f. d. gef. Fw. 1878, 14.
Käfer: Scolytidae: Gattung Ips. 281
Lebensweiſe uſw.: Flugzeit: Mai. Generation doppelt.
Der Käfer bevorzugt keineswegs, wie man ber Bezeichnung nad annehmen
follte, die Lärche, fondern tritt an allen Nadelhölzern auf, vorzugsweiſe an Kiefer,
nãchſidem an Fichte. Auch bie Seekiefer wird von ihm befallen. Lärche
und Tanne werben felten angenommen. Seine Bedeutung ift nicht
groß, weil er vorzugsweiſe nur in der Gefolgichaft größerer Borken⸗
täferfalamitäten vorfommt.
Die Mutter und Larvengänge verlaufen im Baſt. Erftere u.
find fehr verſchiedenartig geftaltet, im allgemeinen aber kurze, unregel- Tomieus (ip«)
mäßige, Häufig etwas gebogene Totgänge, und beginnen häufig mit em zer,
einem ftiefelartigen Knick. Die Eier werben häufchenweiſe und um nad Barbeg).
regelmäßig abgelegt. — Die Larven frefien zunächſt gemeinſam in regellojen
Samiliengängen und vereinzeln ſich, wenn fie e8 überhaupt tun, erft Später, nachdem
fie Halberwachfen find. Meift find deutliche ifolierte Larvengänge nicht vorhanden.
Belämpfung: ſ. ©. 234.
Ägnliche, zeitweilig fogar Höhere Bedeutung wie T. laricis Haben bie früher mit ihm
zuſammengeworfenen näcjitverwandten Arten T. (Ips) rectangulus Eichh., proximus
Eichh. und suturalis Gyll. Sie find diologiſch und in bezug auf Schedlichteit mit la-
rieis aber durchaus nicht übereinftimmend. Auf die hauptfächlichiten Unterfchiede fei Hin-
jewiejen: .
i ie Tomieus (Ips) reotangulus Eichh. (— erosus Woll.). Wbfturz beim &
jederfeit8 mit vier dichtftehenden Zähnen, von denen ber zweite rechtwintelig zur Naht vor-
fpringt. 9 mit jeberfeitd drei Zähnen, deren zweiter und dritter durch ein zahnägnliches
Höderhen getrennt find. Sraffigur: ausgejprodener Längsgang. Frakbaum: Kiefern
arten, namentlich P. maritima, laricio, halepensis.
41. Tomicus (Ips) proximus Eichh. Wbfturz beim 7 jederſeits vier Zähne, non
denen die unteren drei gedrängter fiehen; Abſturz beim 2 wie beim rectangulus-?. Fraß⸗
figur: Längsgang in den dünnrindigen Kronenteilen von Kiefer und Fichte.
43. Tomicus (Ips) suturalis Gyll. Abfturz fhmal, bei Z und 2 fünfzähnig;
dritter und vierter Bahn allerdings nur mehr Kleine Höderchen wie bei laricis, fobaß eigent-
lich nur drei Bähne ſichtbar find. Sraßfigur: In bie Länge gezogene Sterngänge in ben
Wipfelpartien von Kiefer und Fichte.
43. Tomicus (Ips) curvidens Germ.
Rrummzäpniger Tannenbortentäfer
(Abb. 186).')
Kennzeichen: 2,5—3 mm lang,
walzenförmig, pechbraun, mäßig glän-
gend, fehr lang, bräunlich «gelb ber
haart, mit bräunfich «gelben Fühlern
und Seinen. Halsjhild etwas länger
als breit, vorn gerundet, gehödert und
in der Mitte quer eingedrüdt, hinten
fein und weitläufig punftiert, mit glats
ter Mittellinie. Flügeldeden ſtark punt-
tiert-geftreift; die Punkte der Streifen P .. ex
gegen die Spige Hin tiefer und breiter Mb. 135. Tomious (Ips) ourridens Germ. a Käfer F (y,),
werbend. Flügelabfturz faſt ſenkrecht, db Mbfturp /, © Abfturz 2 (2%) (nad) Barden).
1) Bagtl, Frig M.: Mitlgn. a. d. forftl. Verſuchsw. fterreichs. XIX. Hft., Wien
1895. — Bargmann: Allg. 3. u. 3.Btg. 1897, 882; vgl. auch daf. 195. — Jiſe: Dai.
1898, 300. — Vgl. aud) Baudiſch: Zbl. f. d. gej. Fw. 1898, 376, 1905, 211 u. 284.
282 j Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
tief, kreisformig, glängend; am Rande jederſeits mit brei deutlichen Zähnen, bie namentlich
beim d träftig und ftart find. Der erfte (oberfte) Bahn ift nad) oben gerichtet, ber zweite
und ſtärkſte hingegen etwas hafenförmig nach unten gerümmt (Abb. 1866). Beim 4 find die
Abfturzzähne Meiner und ftumpf (Mbb. 1850). Das 2 ift weiterhin leicht fennbar an einem
ftarfen, goldgelben Haarihopf auf der Stirne; beim J ift bie Stimm mur leicht behaart.
Lebensweife ufw.: Flugzeit: Anfang April (Frühſchwärmer).
Generation boppelt.
Der Käfer ift in den Tannenwaldungen ber Mittelgebirge zuhaufe. Man hat
ihn befonder8 im Schwarzwald, Thüringer Wald, Erzgebirge, Böhmer Wald, in den
Bogefen uſw. beobachtet. Er ift Hier ein nicht ungefährlicher Feind der beſtandsbil⸗
denden Holzart. Das Eingehen der angegriffenen Stämme erfolgt meiftens von oben
nach unten, was dafür zu fprechen jcheint, daß ber Käfer den ſchwächeren Gipfel pris
mär befällt und die ftärkeren unteren Partien erft dann, wenn der Stamm durch
den Fraß in ben oberen Partien kränklich geworden ift. Einzeln hat man ihn auch
an Fichte, Kiefer, Weymouthäkiefer und Lärche gefunden. Er kommt vorzugsweiſe in
Baumbölzern vor und befällt mit Vorliebe liegende Stämme.
Der Fraß erſtreckt fich auf Baft und Splint. Die deutlich in den Splint eins
eingreifenden Mutter⸗
gänge find in ber Regel
zweiarmige Wagegänge;
fie gehen meift paarweife,
feltener einfach, bisweilen
aber auch) in größerer Uns
zahl von den langen Ein-
gangsröhrenab(Ab6.136).
6. 136. Tomicus (Ips) curridens Germ. in Weißtanne (nat. Gr. Sobald fie in ber Mehrzahl
Dei &.R) auftreten, fönnen fternför=
mige Fraßbilder zuftande fommen. Eine Rammelfammer ift nicht vorhanden.)
Die Larvengänge find relativ kurz, ftehen dicht umd unregelmäßig und find
mehr in der Rinde als auf dem Splinte fihtbar. Die Puppenwiegen find Hingegen
tief in den Splint eingefenft und liegen am Ende des rabiären Einganges langge—
ftreeft in ber Richtung der Holzfafer.
Der Käfer liebt Schlagränder und lückige Beftände, bevorzugt Rand und frei-
ftehende Stämme und fteigt ziemlich hoch im Gebirge empor. Er befällt vorwiegend
trodene Süd⸗ und Wefthänge.
Im Jahre 1896 ift der Tannenbortenfäfer in den Weißtannenbeftänben bes Oberelfaß
in ziemlich bebeutenber Menge aufgetreten. Auch in der Schweiz‘) wurde damals über aufs
fälliges Auftreten und größere Schäden geflagt.
Belämpfung?): ſ. ©. 234. Bor allem ift auf Reinlichfeit im Walde und bei
der Vertilgung auf rechtzeitige, vor der Verpuppung erfolgende Entrindung
der bejallenen Bäume zu achten. Wenn ſich die Larven ſchon in das Holz eingebohrt
haben, hilft die Entfernung und Verbrennung der Rinde nichts mehr. Die ſchwäche⸗
sen Gipfel- und Aftteile werden in folhem Falle am beften ganz verbrannt und die
ftärferen Hölzer angeſchwält.
1) 2. praft. Forftw. f. d. Schweiz, 1896, 116. — 2) Fankhauſer: Schweiz. Btichr.
f. Iw. 1896, 169.
Käfer: Scolytidae: Pityophthorinae. 283
Gemeinſchaftlich mit T. curvidens treten an ber Tanne bie früher nicht als jelbftän-
dige Arten, fondern nur als Varietäten angefehenen, nachftehend kurz haratterifierten Arten auf:
44. Tomicus (Ips) Vorontzsowi Jakobson.!) Kleiner als curvidens, fonft ſehr
ähnlich. Erſter Abſturzzahn Mein, Yegelförmig unb nicht völig fentredht. Zweiter Zahn nicht
Hafenförmig gekrümmt, walzenartig verdidt, oben zugefpigt. Der Käfer frißt haupiſächlich
in ben Äften und in der oberen Kronenregion und macht feine Wage:, jondern Gterngänge
mit deutlicher Rammeltammer.
. 45. Tomicus (Ips) heterodon Wachtl.*) — spinidens Reitter.”) Dem curri-
dens fehr nahe ſtehend; morphologifch Durch den erften Abſturzzahn harakterifiert. Während
biejer bei curvidens nad) oben gefrämmt ift, at er bei heterodon die gleiche Richtung wie
ber zweite Bahn, zeigt alſo nad) unten. Der zweite Bahn ift bei heterodon länger und
ſchãrfer nad) unten gekrümmt ald bei curvidens.
Fraßbilder fternförmig, variabel und dem von curvidens ähnlih. Schwächeres Ma-
terial wird bevorzugt.
Unterfamilie Pityophthorinae.
Gattung Pityophthorus.
Drittes Fußglied einfach, zylinderiſch. Fühlergeißel
fünfgliederig, Keule eiförmig, durch Einſchnitte geringelt. Hals—
ſchild an der Vafis gerandet. Slügeldeden hinten ohne ftär-
teren Eindrud. Abfturz nur aus einer ſchmalen Furchung ohne
Bühne beftehend. 22 mit gelben Stirnhaaren wie dad curvi-
dens-2. Polygame Nadelholzbewohner mit Sterngängen. Kleine
ſchmale Formen.
46. Tomious (Pityophthorus) miorographus Ayll.
Kleiner oder furdenflügeliger Fichtenborkenkäfer.
Kennzeichen: 1—1,5 mm lang, walgenförmig, geftredt,
pechbraun, ziemlich glänzend, fpärlich greis behaart. Halsjchild
länger als breit, vorn mit konzentriſch georbneten Höderchen be⸗
fest, Hinten zerftreut, ſeht fein punftiert. Flügeldeden mit fehr
feinen Punktſtreifen, hinter bei Mitte neben der Naht beiberjeits
mit einer flachen, glatten Furche Flügelabfturz ſcmal, elliptifch,
ohne Zähne. Naht und Geitenränder der Abſturzfurche von der
Seite gejehen gleichhoch
Lebensweiſe ujw.: Der Käfer gräbt von einer gro=
Ben, tief in den Splint eingreifenden Rammelkammer aus
sierliche, unregelmäßige, mehr ober weniger geſchwungene,
4—7ftrahlige Sterngänge im Baft und Splint junger
Fichten ähnlich wie Tomicus chalcographus L. ein; fie
find aber ſchärfer und tiefer in den Splint eingejchnitten
al bei jenem (66.137). Außerdem ift harakteriftiich, daß
die Brutgänge ftet3 eine quere oder fehräge, aber nie eine
ausgeprägte Tängsläufige Richtung einſchlagen. a han)
Die Larvengänge ftehen weitläufig voneinander ab, at Fr in
find kurz geichlängelt, folgen im allgemeinen der Längs-
richtung des Baumes und find teilweife ſcharf ins Holz eingefchnitten. Die Puppen:
wiegen find fchräggeftellt und liegen in der Rinde.
1) Bargmann: Allg. 3. u. J-Btg. 1897, 195, 382. — 2) Derf.: Daf. 1898, 123.
— 8) Reitter: Wiener entomol. Big. 1897, 243.
284 Erſtes Bu. Schuß gegen Tiere.
Der Käfer bevorzugt die Fichte, ift aber auch an allen anderen einheimischen
und eingeführten Nabelhöfzern, namentlich an Tanne, ſchon gefunden worden. Bes
fallen werben Stangenhöfger und jüngere Pflanzen bzw. ſchwächere, bis 5 cm ftarfe
Üfte.
Betämpfung: |. ©. 234.
In bezug auf Lebensweife und untergeordnete forftliche Bebeutung ähnlich find To-
micus (Pityophthorus) exsculptus Rtzb. = macrographus Schreiner, an Fichte
jowie T. (Pityophth.) Lichtensteini Ratz. und glabratus Eichh. an Kiefer. B.
exsculptus ift burd) Cängsfterngänge mit außerorbentlic; Iangen Brutarmen und weit auß-
einander abgehenden Larvengänge, ſowie dadurch gelennzeichnet, daß der 2 mm lange Käfer
eine in ber Mitte ber Flügeldeden beginnende Zurchennaht hat, deren Ränder höher gewölbt
find und fteiler abfallen als die tiefer liegende Naht.
Unterfamilie Xyloterinae.
Gattung Xyloterus (Trypodendron).
Drittes Fußglied zylindrifh. Fühlergeißel vierglieberig, Keule derb, faft drei»
edig, mit einem vorftehenben Winkel. Augen zweiteilig. Halsfhild beim $ quer vier-
edig, beim 2 fugelförmig; Stirn beim Z tief ausgehöhlt, beim 2 gewölbt. Flügeldecken
geftreift, ohne Abſturz.
Die Angehörigen diefer und der nächften Unterfamilie find Holzbrüter, deren
Larven und Imagines vom Holzfaft und dem die Brut und Larvengänge ausklei⸗
denden Pilzbelag Ieben. Die Fraßbilder der Xyloterinae find Leitergänge.
47. Tomicus (Xyloterus) lineatus Oliv. (Trypodendron lineatum Oliv.).
Liniterter Nadelholzbohrer oder Nupholzbortenkäfer!) (Abb. 138).
Kennzeichen: 2,8— 3 mm fang, kurz walzenförmig, ſchwarz; die Baſis des Hald«
ſchildes, die Zlügeldeden, Fühler und Beine gelblich:braun. Fühlerleule nad innen abger
rundet. Halsſchild breiter al lang, faft vieredig, mit gerunbeten
Seiten, vorn nur flach gerundet und fein gelörnt. Stügelbeden nicht
gefurcht, mit je drei ſchwarzen Längsftreifen (längs der Naht, am
Seitenrand und in ber Mitte), von welchen ber mittlere nicht immer
vollftändig ausgebildet ift, und mit fehr feinen Punktreihen; Zwiſchen ⸗
räume glatt. Abfturz ohne Eindrud.
A. Lebensweife und forftliches Verhalten.
Flugzeit: März, April (Frühſchwärmer) Generation
Abb. 188. Tomicus doppelt; in ben höheren Gebirgslagen wohl einfach.
(Xyloterus) lineatus Der Käfer ift polyphag an Nadelholz, befällt aber am
an Ba meilten Tanne und Fichte. Mit Vorliebe werden unentrindete
liegende Stämme angenommen, vorausgejeßt, daß fie noch ge—
nügende Feuchtigkeit befigen, ferner Windbrüche, noch in der Erde ftehende Stöde
ober längere Stumpen von Bruchſtämmen. Hierbei wird große Sorgfalt auf die
Auswahl der Bruiftellen verwendet, dad Material darf weder zu friſch, noch zu
troden fein. Im gefchältes Holz bohrt fich der Käfer nur dann ein, wenn es noch
faftig genug ift. In ftehenben, gefunden Stämmen wird er nur ausnahmsweiſe ges
funden.
Ihrb. 1878, 17.
Käfer: Scolytidae: Gattung Xyloterus. 285
Wie bei den Rindenbrütern fliegen bei Xyloterus lineatus und feinen in Laub⸗
holz brütenden nächften Verwandten d und ? an die neue Brutftätte an. Der im
Querſchnitt kreisrunde Muttergang wird fenkrecht zur Stammachſe in radialer Rich⸗
tung angelegt und befteht aus der Eingangsröhre und der Brutröhre (Abb. 139).
Bon legterer aus beginnt die Eierablage. Die Brutröhre ift entweber nur eine gerad-
finige Verlängerung der Eingangsröhre, ober fie befteht aus (gewöhnlich zivei) Ar-
men, welche meiftens in berjelben Ebene dem Laufe der Jahrringe folgen. Das
Durchſchneiden mehrerer Jahrringe kommt feltener vor. Die Brutröhren zweigen,
wenn fie in ber Mehrzahl vorhanden find, teils zu ziveien von einem Punkte der
Eingangsröhre nach links und
rechts ab ober fie verlaufen in
verſchiedener Tiefe bes Quer⸗
ſchnittes. In der Regel drin
gen die Muttergänge nicht tier
fer ald 4-5 cm in das Holz
ein und beſchränken ſich dem⸗
nach auf das Splintholz.
Die vom 2 in den Brut⸗
röhren genagten Eierniſchen
werben nicht, wie bei ben Rin⸗
denbrütern, feitlih, fondern
oben und unten, und zwar
meiftens abwechſelnd und in
unregelmäßigen Entfernungen
voneinander angebracht. Nach⸗
dem fie mit je einem Ei be=
legt worben find, werben fie
mit einigen Bohrſpanchen ver⸗ ¶ Abb. 100. Mutergange von Mb. 140. Seite rgange von
ſchloſſen, fo daß fie Durch eine Tomicus (Xyloterus) lineatus Tomious (Xyloterus) linestus
H Ol. im Fichte (Ouerfenitt). Or. in Fißte. & Mutter,
Scheidewand vom Muttergang „ Gingangsröhren » Brut- ® Sarvengänge (nat. Gr).
getrennt find. zößren (nat. Gr.)
Die auskommenden Larven erweitern ihre Eihöhlen nad und nad) durch Abs
nagen von Holzipändhen zu kurzen zplindrifchen Röhren, die im ausgewachſenen Bu-
ftande ber Larven nicht viel länger und breiter find als die Larve ſelbſt (Abb. 140).
In diefen Gängen erfolgt auch die Verpuppung. Vorher aber dreht ſich die Larve
um, ſodaß Puppe und auskommender Käfer den Kopf bem Brutgange zugewendet haben.
Die Ökonomie der heranwachſenden Larve gewinnt durch bie eigenartige Er—
nährung, ſowie noch dadurch ein beſonderes Intereſſe, daß die Larve ihre Erfremente
an die Scheidewand zwifchen Larven- und Muttergang brüdt, wodurch ſich diefe all-
mãhlich verdidt. Um auszufliegen, nagt der junge Käfer diefe Scheidewand durch
und verläßt feine Geburtsftätte durch die vom Mutterfäfer genagte Eingangsröhre.
Hodjinterefjant ift die auch bei den übrigen holzbrütenden Borkenkäfern, viel-
leicht auch bei einigen Bodtäfern und bei Hylecoetus dermestoides L. mehr oder
minder vorkommende eigentümliche Art und Weije der Ernährung. Da angenom:
men werden muß, baß die Holzmaſſe ber Heinen, eben nur ald Puppenwiege zurei-
enden Fraßgänge die zum Heranwachſen der Larve notwendige Nahrung nicht zu
286 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
liefern vermag, muß fich diefe noch andere Nahrungsquellen dienftbar machen. Außer
dem Holzfaft, der den Larven im Inneren der Gänge zur Verfügung fteht, Tiefert
ein die Gangwände überziehender, zunächft weißer, beim Abſterben braun bzw. ſchwarz
werdender Pilzrafen einen Zeil der Larvennahrung. Man bezeichnet diejen auf
einen oder mehrere, ſyſtematiſch noch nicht bekannte Pilze zurüdzuführenden Bilz-
rafen al3 ‚Ambrofia” und bringt nad) den aus der neueren Beit vorliegenden ein⸗
gehenden Unterfuhungen!) Pilz und Borkenkäfer in einen Taufalen Bujammenhang,
d. h. in ein ſymbiotiſches Verhältnis zueinander.
Der Name „Ambrofia” ftammt von Shmidberger.*) Dieſer fah den in den Gängen
von Xyleborus dispar ſich vorfindenden Pilzrafen als einen infolge von Stodungen aus⸗
geſchwitzten „Saft an, der von dem Mutterläfer zu einer geronnenen eiweißartigen Maſſe
verarbeitet werde”. Theodor Hartig’) erfannte zuerft die Pilznatur der Ambroſia und
bezeichnete, von der Ähnlichkeit der Ambroſia mit Konidienketten einer Monilia ausgehend,
den Pilz als Monilia candida. Rad) den neueren Unterfuchungen von Hubbard und
Neger (f. unten Anm. 1) entftehen die Ambroſiazellen ftet3 an Myzelfäden, die mehr oder
weniger weit in die Tracheiden bzw. Gefäße des Holzes eindringen, und find ein Hüd-
tungsprodult der Käfer, das nicht zufällig wächſt, jondern vom Mutterfäfer ausgefäet
wird. Die Nidhtigfeit diefer ein ziweddienliches Handeln des Mutterläfers unterftellenden
Annahme wird durch die Beobadhtungen Schneider-Orellid an X. dispar Mar erwiefen.
Der Genannte fand den Ambrofiapilz im vorderen Darm überwinterter $, nahe beim Kau-
magen in Form ijolierter, etwas didwandiger Bellen und nimmt an, daß diefe Zellen vom
Käfer in den neuen Brutgängen nad) vorn und nicht mit den Exkrementen herausbeför:
dert werden. Durch die weitere Beobachtung Schneider-DOrellis, daß die aus dem Darm
ifolierten Ambroſiazellen leicht feimen im Gegenjag zu den jchwer oder nicht Teimenden
Ambrofiazellen bes Pilzbelages der Brutgänge, wächſt Die Glaubhaftigkeit der früher von
manchen Seiten zurüdgewiefenen Unnahme, daß es fich bei den Nutzholzborkenkäfern in der
Tat um pilzzüchtende Tiere handelt, und daß dieſe Pilzzucht im Dienſte der Ernährung
von Larve und Käfer eine mehr oder minder große Nolle fpielt. ALS weitere Stüße hier:
für fei auch auf direlte Beobachtungen des Abweidens der Pilzrafen durd die Käfer hin-
gewiefen (vgl. Neger, Naturw. Btichr. f. F. u. Lw. 1908, 275 Anm. 1). Ä
Tie forftlide Bedeutung des X. lineatus wie die aller ähnlich Iebenden
Nutzholzborkenkäfer Liegt in der Wertminderung der befallenen Hölzer. Der durch
die Brut- und Larvengänge Herbeigeführte tehnifche Schaden kann, obwohl er ſich
bei lineatus fast ausjchließlich auf die Splintlagen erftredt, im Einzelfalle recht emp⸗
findlich werden. Das durchfrefjene Holz jcheidet naturgemäß für eine Reihe von
Verwendungsmöglickeiten (Schleifholz, Kiftenholz) aus.
In den Bogejen verurfachte der Käfer nach Ney“) im Jahre 1874 (oder 1875)
in einem einzigen Schlage von 3000 fm Maffenergebnis einen Schaden von 24000 Mk.
Geſundes Zannenholz wurde zu 17 ME. für 1 Feſtmeter verwertet, vom Käfer be
fallenes Hingegen Tonnte nur zu 9 ME. für 1 Feſtmeter abgejebt werben.
Den Schaden jeines Revieres im Jahre 1878 ſchätzt Ney’) im Staatswalde allein
auf 30000 ME. und erwähnt einen n Preisrũckgang des befallenen Holzes von 20 auf 9 Mt.
für 1 fm.
%
Br Beling: Thar. Ihrb. 1887, 140. — Hubbard: The Ambrosia Beetles of the
United States. U. S. Dep. of Agric. ‚ Divis. Entomology 1897. Bull. Nr. 7, 9. —
Neger: Naturw. Ziſchr. f. L. u. Fw. 1908, 274; Berichte d. Deutich. bot. Geſellſch. 1909,
372 und 1911, 50. — Schneider-DOrelli: Naturw. Ziſchr. ſ. F. u. Lw. 1911, 1865
861. f. Bakteriologie ujm. 2. Wbtlg. 38. Bd. 1913, 25. — 2) Beiträge zur Obftbaumzucht
u. zur Naturgefhichte der ſchädlichen Obftinjeften Lin; 1827—36. 4. Hft. — 3) Allg. F. u.
$:Btg. 1844, 73. — 4) Bericht üb. d. 14. Berl. d. Elſaß-Lothring. Forftvereind 1889, 87. —
5) Eihhoff: Der europ. Borkenkäfer 300.
Käfer: Scolytidae: Gattung Xyloterus. 287
B. Belämpfung.
Im allgemeinen gelten auch hier die oben ©. 234 ff. genannten Maßnahmen.
Zu beachten ift beim Schuß gegen die Nugholzborfenfäfer aber insbefondere:
1. Rechtzeitige Abfuhr alles wertvollen Winterholzes vor der Flugzeit.
2. Saftfällung in Verbindung mit fofortiger Entrindung und Lagerung an
fonnigen, luftigen Plägen.
Die Entrindung allein fügt nicht vor dem Angriff des lineatus. Hauptjache ift die
durch die Entrindung ermöglichte jchnelle Austrodnung. Wo von der Entrindung dieſe
Wirkung nicht erwartet werben fann, wie in Winterjhlägen, in feuchten Lagen ober regen-
zeichen Beiten, hat die Entrindung nicht viel Zwed und kann unterbleiben.
3. Übererden der gefährdeten Nutzholzſtücke oder Unftreichen berjelben mit einer
Schupflüffigkeit (Teeröl, Kupferfalzlöfung).
Nah Yankhaufer) find in einem großen Schweizer Sägewerk mit dem Beſprihen
der Nugftämme mit Bordeaurbrühe befte Erfolge erzielt worden. Es genügt in diefem
Falle ein geringerer Kaltzujag als fonft bei der Herftellung der gegen Pilze verwendeten
Brühe notwendig ift.
4. Unterlafjung der Ernte wertvoller Tannenſtarkhölzer nach Beginn der Flugzeit.
5. Fällung und entjprechende Behandlung von Fangbäumen und Auslegen von
Bangfloben.
Da die Entwidelung des Käfers ganz im Splinte vor fid geht, ift die bloße Ent«
rindung ber Zanghölger nicht genügend; fie müffen vielmehr ganz dünn gejpalten werben,
damit fie taſch austrodnen.
6. Roben, balbiges Abfahren oder ftarkes Zerkleinern ber befallenen Stöde
während bed Sommers.
48. Tomious (Xyloterus) domesticus L. (Trypodendron domesticum L).
Buchennutzholzborkenkäfer.)
Kennzeichen: 3 mm lang, kurz walzenförmig. Fühler ſtrohgelb, Keule groß, an
der Spihe nad) innen mit einem Zähnchen. Tarſen ebenfalls gelb. Halsſchild in der Regel
ganz ſchwarz, mitunter jedod braun, vorn breit gerundet und grob:, hinten feiner gekör»
nelt; beim 2 mit vorjpringendem Wulfte. lügelbeden gelbbraun, faft doppelt fo lang wie
äufammen breit, mit jehr regelmäßigen feinen Punftftteifen und an der Spige neben ber
Naht deutlich gefurcht. Naht, Seitenrand und Spike ber Zlügeldeden ſchwarz. Nahtwinkel
deutlich vorſpringend.
Lebensweife ufm.: Die Ökonomie ift
ber des Nutzholzborkenkäfers ſehr ähnlich; die
forftliche Bedeutung des Käfers ift aber viel ges
ringer, da er mehr in Stöden und anbrüdigen
Stämmen lebt und aud nicht fo maſſenhaft wie je
ner auftritt.
Als Fraßbaum fommt in erfter Linie die
Buche in Betracht. Der Käfer befällt aber auch
alle anderen Laubhölzer, und zwar hauptſächlich
Birke, Erle, Ahorn, Eiche.
Seine Sraßfigur (Abb. 141) unterſcheidet
horerin) domentens I. in Bude ſich, fobatd der Käfer in Buche und Birke oder
(nat. &r.), allgemein gejagt in Holzarten mit gleihmäßigem
1) Schweiz. Btihr. f. Fw. 1912, 305. — 2) Nörblinger, H.: Krit. WI. 1864, 46. Bd.
1. 268. — Hartig, Th.: Allg. F. u. 3.-Btg. 1872, 188. — Beling: Thar. Ihrb. 1878, 17.
288 Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
Bau bes Holzlörpers frift, von der Sraffigur des lineatus durch eine tiefer in das
Holz eindringende Eingangsröhre, ſowie dadurch, daß die Brutröhren die Jahres:
ringe in ber Regel ſchief durchſchneiden.
In Eiche Hingegen!) und wahrſcheinlich auch in anderen ringporigen Laub⸗
hölzern gleicht daS Fraßbild von domesticus dem von lineatus vollfommen: die Ein-
gangsröhre bleibt Kurz und die Brutröhren folgen genau den Jahresringen. Der
Fraß beſchränkt fih dann wie bei lineatus auf die Splintzone und ift infolgebeffen
weniger jchäblich.
Bekämpfung: Wie beim vorigen.
Bufap.
Erwähnung möge noch finden der dem T. linentus Oliv. ſehr ähnliche
49. Tomicus (Xyloterus) signatus Fabr., liniierter Laubholzbohrer.
Kennzeichen: 3— 3,5 mm lang, fur, walzenförmig. Yärbung wie bei lineatus.
Flügeldeden nicht gefurcht, aber mit beutlichen, tiefen und ziemlich groben Punitreihen.
Füplerfeufe größer als bei lineatus, außerdem nicht, wie bort, innen abgerundet, jondern
mit einer ftumpfen Ede.
Lebensweife uf.: Der Käfer befällt, wie der vorige, die veridiebenften Laubhölz
ger (Eichen, Buche, Ahorne, Birken, Linden uf.) und frißt in gleicher Weiſe. Eichhoff
bezeichnet den Käfer, weil er die Eichen bevorzugt, als: Xyloterus quercus.
Unterfamilie Xyleborinae.
Gattungen Anisandrus und Xyleborus.
Drittes Fußglied zylindriſch. Fühlergeißel füniglieberig, Keule undeutlich
geringelt. Mugen mit tief eingeſchnittenem Vorderrand. Halsjhild vorm hoderig ge⸗
runzeit, Hinten glatt ober fein punftiert, kugelig oder walzenförmig. Flügel deden regels
mäßig punftiert:geftreift, ohne Abfturz; Nahtftreif nicht oder faum vertieft. Polyphage Holz»
brüter, deren Z flugunfähig find. Brutgänge verſchieden. Eiablage haufenweiſe.
50. Tomicus (Anisandrus) dispar Fabr. -
Ungleidher Laubholzborkenkäfer (Abb. 142).')
Kennzeichen: Pechſchwarz, greis behaart.
Fühler und Beine bei beiden Geſchlechtern rötlich“
gelbbraun. 7 (Wbb. 1428) 2—2,3 mm lang, aufs
fallend kugelig eiförmig. Halsſchild flach gewolbt,
nad) vorm herabgezogen und ſiark gelörnelt, nach
den Flügelveden zu mit glatter Mittelleifte und
feitwärtö fein punftiert. Flügeldecken punttiert-
geftreift. Ohne Häutige Flügel. Biel feltener als
9. Dieies (Wbb. 142b) 3—3,5 mm lang, walzens a4 v2
förmig, mit fugeligem, vorn ſtark Höderigem, Hin» MBb.142. Tomicas (Xrleborus) dispar Fabr.
ten glattem Haisſchilde. Flügeldeden am Abfturz “AB 20H) (nah Barbey).
ſtari gemwölbt, mit tiefen Punktreihen und erhabenen, gelörnelten Zwiſchenräumen.
A. Lebensweife und forſtliches Verhalten.
Flugzeit: April, Mai. Generation einfach.
Der Käfer befällt in erfter Linie Eichen, Obftbäume (beſonders Apfel- und
Pflaumenbaum) und Buche, in zweiter Linie: Hornbaum, Birken, Ahorne, Eiche,
1) Strohmeyer: Naturw. Ztihr. f. 2. u. Fw. 1907, 173. — 2) Schneider:
Srelfi: Zbi. f. Bafteriologie ufw. 2. Abtlg. 38. Wb. 1913, 26.
Käfer: Scolytidae: Gattung Anisandrus. 289
Erlen, Roßkaſtanie und Rebftöde.) Gefährbet find vermutlich ſämtliche Laubhölzer.
Ebenſowenig wählerifch wie in bezug auf den Artcharakter feiner Brutftätte ift der
Käfer in bezug auf Alter und Verfaſſung berjelben. Liegendes Holz, Stöde und
junge, gefunde, ftehende Stangen und Heifter werden in gleicher Weile angegangen.
Aus naheliegenden Gründen ift infolge der phyſiologiſchen Schädi-
gung der Befall der Laubholzheifter am gefährlichiten.
Da das flugumfähige S feine Geburtsftätte nicht verlaffen kann,
bohrt fi nur das bereit begattete ? zum Zwecke ber Eiablage im
Frühjahr in die neue Brutftätte ein. Es dringt in radialer Richtung
durch die Rinde und fertigt einen Gabelgang, in dem es ähnlich wie
Xyloterus lineatus Oliv. in horizontaler Richtung dem Verlaufe der
Jahrringe folgt (primäre Brutröhre). Won biefem Gang aus wer:
den rechtwinkelig abzweigende kürzere ober längere, in ber Richtung
ber Holzfafer verlaufende ſekundäre Vrutröhren nach oben und
unten angelegt. Die Abb. 143 A und B ftellen den Fraß des Käfers
in fingerftarten Eichenheiftern dar. Der peripherifche Verlauf der
primären Brutröhre tritt beſonders in Abb. 143 A zutage, während
auf dem Längsfchnitt in Abb. 143B die ſekundären Brutröhren in %
verfchiedenen Stadien ihrer Entwidelung
befler zu ſehen find.
Die Larven leben haufenmeife in
den Brutröhren, ernähren fih von dem
Baumfaft und ben die Wände der Mutter
gänge überffeidenden Pilzen unb verpup⸗
pen fih in den Gängen. Die fertigen Kä—
fer verlaffen den Brutgang durch die Ein:
gangsröhre. Ihre Anweſenheit im Stamme
verrät fi durch die Bohrlöcher und das
am Fuße der Stämmen angehäufte weiß-
liche Bohrmehl. A u
ae befällt ganz —* Stäm⸗ am. u. gutem Fi —8 3.
me wohl nur ausnahmsweiſe, bringt aber nr 'mmchen. A peript
duch Froft, Mäufefraß, äußere Stamm pt a ee ne
verlegungen ufw. geſchwächte Bäume leicht und 7 Gluglöcher (nat. &r).
zum Abſterben und wird dadurch in erjter Linie phyſiologiſch ſchädlich.
Größere Schädigungen find namentlich aus Obftgärten befannt. Uber auch an forft-
lichen Kulturpflanzen find Hier und da ausgedehnte Berheerungen beobachtet?) worden. Aufs
fallend ift, daß ber Käfer, wenn er in Miſchtulturen auftritt, vielfach nur eine Holzart bes
fant. Bei ftärkerem Befall fterben die angegriffenen Heifter raſch ab, weil durch den Ho»
rizontalgang des Käfers ein beträdtlicher Teil bes Holzkörpers mechaniſch von ber Saft-
feitung auögefchloffen wird. Sind nur vereinzelte Bohrlöder vorhanden, fo ift eine voll»
tommene Heilung aber nicht ausgeichlofien. Bei Eiche wird durch das Bohrloch des Käfers
zunãchſt ein’Saftftrom herborgexufen, der die Rinde unterhalb des Flugloches intenfiv bräunt
ober [hwärzt. Außerdem färbt ſich das Holz ober: und unterhalb der Fraßfigur oft 10—
20 cm weit bunfelgraubraun infolge des in den Markſtrahl- und Strangparenchymzellen ſich
anfammelnden Wundgummis und Gerbftoffes.
1) Altum: Btichr. f. F. u. Im. 1880, 188. — 2) Schweiz. Btichr. f. Fw. 1907, 268,
— Neger: Naturw. Ziſchr. f. F. u. Lw. 1909, 407.
Heb, Borftigug. 1.4 Aufl. 19
290 Erürd Bud Edyap gegen Tiere.
B. Belämpfung.
Borbengend wirken: 1. Bermeibung von Etammveriehungen, ſowie Belämp-
Kalt, Lehm, Leineweberſcher Mifdung, Edweinfurtergrim oder anderen Urfen-
präparaten helfen nichts, wohl aber (nach Gchneider-Drelli) Umwideln bes
Stammes und der Hanptäfte mit Tüchern oder Tuchſtrei fen (Emballageftoffen).
2. Anslegen von Ganghölzern und Belafien der Stöde in Heifterpflan-
zungen, um bem Käfer bevorzugtes Brutmaferial zu bieten. Rechtzeitige Entferuung
und zwedentſprechende Behandlung des angegangenen Meieriales.
3. Al Belfämpfungsmaßregeln fommen in Betracht:
a) Berbrüden ber Käfer durch Einführen eines Drahtes in die Bohr
locher. Das Verfahren ift wirfam, wenn es im den erfien Tagen nach dem Ein-
bohren angewenbet wirb. Bei ſchon weiter fortgefcjrittenem Ausbau des Gangiygftems
Hilft die Mafregel nicht mehr.
b) Einfprigung von Schwefeltohlenftoff in bie Gänge bzw. Einführen von
Watteflödchen, die vorher mit Schwefelfohlenftoff durchtränft wurden. Das Bohr-
loch muß fofort nad) dem Einbringen des Echwefelfohlenftoffes mit Lehm oder Baum-
wachs verſchloffen werden.
Bloßer Luſtabſchluß durch Verjchtieten der Vohridcher mit Teer, Lehm, Baummwachs,
Berleilen mit Holzfiften njw. iR umwirfam.
e) Redtzeitiges Entfernen und Berbrennen ber mit Brut bejegten abge
Rorbenen ober unrettbar verlorenen Stämmchen vor bem Anstommen der Jungtäfer
(ipäteftens im Winter).
Es bedarf feiner weiteren Ausführung, daß die Mehrzahl ber genannten Be
lampfungsmittel weniger für den Großbetrieb, al3 vielmehr nur für Obft- und
Sorftgärten in Betracht kommen
5L Tomicus (Xyleborus) monographus Fabr.
Höderiger Eihenholgbortentäfer (Mbb. 144).
Rennzeihen: 2—2,8 mm (7) bzw. 2,—8,2 mm ($) lang, rötlid-brann, glänzend
fein grau behaart. Halsſchild länger ald breit, vorm dicht geförnt, Hinten fein und weit»
1äufig punftiert, mit glatter Mittellinie. Flügelbeden fein punktiert:geftreift, mit ſehr feinen
Bunktreipen in den Smifenräumen. Wbfturz glatt, ftarf abgeflagt, ohne
Bunttreien, mit vier nahezu im Biered geftellten, fpigigen Oöderden;,
außerbem auf jeder Seite noch 2—4 Heinere im Umkreiſe. J von ge
drungenem Baue, Rärker behaart. Halsjhild vorn tief eingebrüdt, mit
hornartig aufgebogener Spige in ber Mitte des Borberrandes. 2 (Abb. 144)
ganz walzenförmig, Tanggeftredt und ſchmal.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: März, April.
Generation einfach bis doppelt.
Der Käfer befällt faft nur Eiche, ausnahmsweiſe auch Ulme.
A. 144. Seine allein vom ? Hergeftellte Fraßfigur!) befteht aus einer
—— —— bald kurzen, bald längeren, oft etwas geſchwungenen Eingangsröhre,
Fabr. 4 (7, nah bon ber ſich geweihartig verãſtelte Brutröhren abzweigen. Die Brut:
Barden. röhren folgen teil ben Zahresringen, teils ſchneiden fie biefelben
und find mehr oder weniger gebogen (Abb. 145).
1) Strodmeyer: Entomol. Bl. 1910, 89.
Käfer: Scolytidae: Gattung Xyleborus. 291
Die Eier werden haufenweife in den Brutröhren abgelegt. Die austommenben
Larven nähren ſich lediglich von Holzfäften und Ambrofia (f. ©. 286), ohne Fraß⸗
gänge irgendwelcher Art anzufertigen. Beim Eindringen in den Holzlörper bedient
fi) das 2 gern der Vorarbeit anderer Holz.
bräüter und benußt bie durch Platypus ey-
lindrus Fabr. oder Lymexylon navale ge:
ſchaffenen Eingänge.
Der Fraß des Käfers ift techniſch
ſchädlich; zu manden Verwendungszweden
(4. 8. Faßdauben) ift das befreffene Holz
nicht zu gebrauchen. Angenommen werben
heben Stöden und Iiegendem Holze ftehende
ältere Eichen gewöhnlich nur dann, wenn
fie infolge Bligihlag, Verwundungen oder
aus anderen Urfachen (Angriff durch den
„großen ſchwarzen Wurm“ (Cerambyx
eerdo) bereitö gelitten haben und fränfeln.
Bei den Holzhänblern find X. mono-
graphus und bie folgende Art X. dryo-
graphus unter bem Namen „Heiner ſchwar⸗
zer Wurm“ befannt. Beider Gangſyſteme
verlaufen in ſtark verferntem Stammholze
faft nur in der Splintzone.
Belämpfung: Rechtzeitige Entfer⸗
nung wertvoller Stämme vor ber Flugzeit. wss.145. Srakbild vom Tomions (Kyleborus)
Wo das nicht möglich ift, laſſen fich gefüllte monographus Fabr. in Eige (Querfänitt, nat. ör,
Werthölzer durch Entrindung und Teer- Pia Rı
oder Karbolineumanſtrich vor dem Befall fügen. Schwächeres geringwertiges Mas
terial und befallene Stöde find, wenn möglich, in den Dienft ber Bekämpfung zu
ftellen und aufzufpalten.
62. Tomicus (Xyleborus) dryographus Rtsb.
Gelörnter EihenHolzborkentäfer.
Kennzeihen: 2 mm (3) bzw. 2,3—2,5 mm ($) lang, walgenförmig, rötlichbraun,
dünn behaart. Fühler und Weine rotgelb. Halsſchild wie beim % des vorigen. Flügel-
deden fein punktiertzgeftreift, mit fehr feinen Punkten zwiſchen ben Streifen und nad) ber
Spige Hin mit Reihen feiner Körnchen auf den Srofhenräumen. Abſturz ftart abſchaſſig
gewölbt, mit deutlichen Bunttftreifen und anf ſämtlichen Zwiſchenräumen mit Meinen Höder-
hen befegt, bie bei dem 3 etwas ſchwächer find.
Lebensweiſe ufw.: Wie bei dem vorigen, in deſſen Geſellſchaft er Häufig ans
zutreffen ift. Die Bohrgänge von dryographus find geſchwungen wie bei mono-
graphus und gewöhnlich nicht lang. Sie gehen 3—5 cm, hin und wieder bis 8 cm
tief in das Holz alter anbrücdiger Eichen. Das Fraßbild fieht aus wie ein mono-
graphus= raß im Kleinen. Der Schaden ift geringer als bei monographus. Ju
einzelnen Sällen ift der Räfer auch in Buche und Ulme gefunden worden.
Belämpfung: Wie bei dem vorigen.
19%
292 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Bujap.
53. Tomicus (Xyleborus) Baxeseni Rtsb.
Sareſens Holzbohrer.
Der im J⸗Geſchlecht ebenfalls flugunfähige und kleinere Holzbohret iſt außerſt poly⸗
phag und geht an alle möglichen Laub» und Nadelholzer. Seine forſtliche Bedeutung if
infolge feiner Seltenheit gering. Biologiſch von Jutereſſe aber ift feine Fraßfigur. Im
dem vom 3 gemagten, zunächft radial, fpäter in der Jahresringrichtung verlaufenden Brut-
gang werden bie Eier haufenweife abgelegt; bie ausfommenden Larven frefien von hier aus
nad) oben und unten einen plägenden Gamiliengang.
Ebenſo belanglos ift der mehr in Südeuropa Heimifche, in Kiefer, und zwar P. ma-
ritims und laricio, brütende Tomicus (Xyleborus) eurygraphus Rtsb.
Familie Platypidae, Kerntäfer.
Kopf ſenkrecht, breiter wie das Halsihilb. Augen gewolbt, hervortretend. Kühler
gefniet, mit kurzer vierglieberiger Geißel und großer, derber Keule. Halsſchild den Kopf
nicht überragend, vorn gerade abgeftugt, an ben Seiten mit einem tiefen Ausſchnitte zur
Aufnahme der Borderichentel verjehen. Tarjen fünfglieberig, jehr lang und zart; das erſte
Tarſalglied länger ober doch wenigftens fo lang al3 bie übrigen zufammen.
Die hauptfächlic, eroriſche Käfer enthaltende Familie if germöhnlid mit den Scoly-
tidae zu einer Familie zufammengefaßt worden. Durch dad Borhandenfein einer Oberlippe
bei Platypus wird aber die Abtrennung der Platypidae und ihre Sonderftellung als eine
von den Scolytidae weit entjernte Familie ber Rhynchophora bedingt.
Platypus eylindrus Fabr.
Eichenterntäfer.‘)
Kennzeihen: 5—5,5 mm lang, mwalzenförmig geftredt, dunkelbraun, wenig glän«
send, gelblich behaart. Fühler und Weine rotbraun. Kopf fehr breit, mit vorfpringenden
Augen. Halsjhild langer als breit, ſehr fein, aber weitläufig punftiert, hinter der Mitte
mit kurzer Längsrinne, welche beim $ einen rundlichen, äußerft dicht
punktierten led durchſchneidet. Zlügeldeden mit ſtark vertieften,
punktierten Längsſtreifen und kielartig erhabenen Zwiſchenräumen.
Abfturz dicht gelb behaart; beim J beiderjeit# am Ende des dritten
Zwiſchenraumes ein Meines Zähnen, am Ende des letzten Bwifchen-
raumes ein größerer Zahn. Beim 2 ift der Abſturz gelörnt.
Lebensweife ufw.: Flugzeit Juli. Generation
anfcheinend einfach.
Der Käfer Iebt in Eiche, ausnahmsweiſe auch in Buche
5.146. eiatypa⸗ und Edellaſtanie. Befallen werden Stöde und liegende Hölzer
as Berten). bis zum Aſtholz herab. Huch in ftehendem Holze ift der Käfer
" beobachtet worden. Am meiften wird hier der untere Stamm:
teil befallen, während Tiegendes Material in feiner ganzen Länge gleichſtark ange
gangen wird. J
Fraßfigur: Die vom 2 genagte radiale Eingangsröhre dringt in Eiche bis
zum Sernholz oder noch ein Stüd weiter vor und verläuft dann, ſich gabelnd ober
in furzem Bogen nad; der Seite fi) wendend, mehr oder weniger wellenförmig in
der Jahresringrichtung. Diefe peripherifch verlaufenden Gänge können dreißig und
mehr Bentimeter Tang werben. An beliebigen Punkten gehen von ihnen bis 18 cm
lange Seitengänge in rabialer Richtung ab, die fih wiederum rechts und links ver-
1) Strodmeyer: Naturw. Ziſchr. f. 2. u. Fw. 1906, 329, 409, 506; 1907, 170.
aafer: Platypidao: Gattung Platypus. 293
äfteln. Alle Gänge liegen annähernd in berfelben Ebene. In Buche legt ber Käfer
feine Gänge etwas anders an; die Fraßfigur ähnelt hier derjenigen von Hylecostus
dermestoides (©. 178).
Die Eier werden nach und nach, auch während bes
Winters, abgelegt und an ben äußerften Enden ber voll⸗
endeten Gänge vom ? zufammengefchoben. Die aus:
lommenden Larven bewegen fi, namentlih wenn fie
älter find, in den Gängen Iebhaft hin und her unb näh-
ren ſich von dem an ben Gangwandungen fi anfammeln-
den Saftgerinnfel. Die Verpuppung findet in einer von
ber Larve kurz vorher genagten Puppenwiege ftatt. Da
diefe Wiegen faſt ftet3 genau in der Holzfaferrichtung ges
nagt werben, entftehen leitergangäßnliche Fraßbilder
(Abb. 148).
Der Käfer ift in Südeuropa heimiſch, kommt aber
auch ſchon in Suddeutſchland und Öfterreih:Ungarn vor.
Die durch die tief in den Kern eindringenden Brut⸗ —e ae ——
gänge herbeigeführte Qualitätsverſchlechterung Tann fehr ber Nanin nat. Gr, Drig. 8.8).
dentend werden. Strohmeyer (a. a. D. 506) gibt 3. ©. den
einer Holzfirma durch den Kernfäfer in einem Jahre zugefügten Schaben mit 10000 Mt. an.
Bekämpfung: 1. Abfuhr der Stämme vor Ende Juni.
2. Sorgfältige Stod- und
Wurzelrodung zur Befeitigung
des Brutmateriales bziw. Spren⸗
gung der Stöde, um ben Aus:
trocknungsprozeß zu befchleus
nigen.
3. Entrindung bes liegen⸗
bleibenden Stammholzes. (Wirkt
nicht abſolut vorbeugend.)
4.Austrodnen ber Stämme
vor dem Hieb burch Entrindung
06.148. Geaßgänge und Puppenmiegen von Platypus oylindrus
1-2 Jahre vorher. Fabr. in Gidhe (2ängsfhnitt, nat. Gr., Orig. ©. R)-
Unterordnung Phytophaga.
Samilie Corambyeldae, Bodtäfer.
Imagines mittelgroß bis groß und fanggeftredt. Fühler faden- oder borftenförmig,
Häufig geiägt, ftet3 gegen die Spihe hin verblnnt, elfs oder mehrgliederig, biöweilen ſehr
lang; das zweite @fied ftet3 am Heinften. Weine ſchlank und lang. Borberhüften getrennt,
Füße viergliederig mit breiter, ftart behaarter Sohle, das hritte Glied ftet3 zweilappig.
Bauch aus fünf Ringen beftehend. — Larven weißlich oder gelb, fleiichig, meiſtens malgen-
förmig, feltener etwas plattgebrüdt, mit ftarf chitinifiertem Kopfe, fräftigen, Hornigen Ober:
Biefern und hervorragenden, verbreiterten Bruftringen, von welchen wenigſtens der erfte oben
und unten mit einer geförnten Hornplatte beſeht ift, fußlos oder mit ſechs ganz kurzen
Füßen. — Buppen fpindelförmig, an ben langen, der Bauchſeite angeſchmiegten Fühlern
leicht Tenntlid.
Die Larven leben unter der Rinde oder im Holze, jedoch gewöhnlich nur in anbrüchi⸗
gem Stämmen ober Stöden, einige auch in den Balfen der Häufer. Ihr Fraß iſt fait
ſtets Setundärfraß, indem fie in den von Vorkenkäfern getöteten Stämmen Nachleſe halten.
294 Erftes Bub. Squt gegen Tiere.
Jafolge ihrer Breite und infolge der großen Mengen Bohrmeßl, mit denen fie erfüllt find,
fallen die Bodfäfergänge aber jehr in die Angen mb erweden den Einbrud, als
primäre Schädling zu ſuchen. Die Käfer ſchwärmen am liebften bei Sonnenfchein
dann auf Bäumen, Gträudern und liegenden Hölzern zu finden. Die Eier werden ußer⸗
lich an den Fraßpflanzen abgelegt; Muttergänge fehlen.
Generation eim, fehr oft zweis umb bei manden Arten noch mehr (drei · unb
Die forfliche Bedeutung der Bodkäfer iR im allgemeinen feine bejonders Hohe.
30 fie zum Ausdrud fommt, find meift phyſiologiſche, bei einzelnen Arten auch techniſche
Schädigungen Folge des allein in Vetracht kommenden Larvenfraßes.
Unterfamilie Cerambyeini.
Kopf nach vorn geneigt, Hinten micht verengt. Unterkiefertafter abgeiupt. Border-
ſchiene innen gefurcht. Larve mit drei Vruſtbeinpaaren. Ehitintopf der Barve breiter als lang.
A. Laubholzbrũter.
L Cerambyx cerdo L.
Großer Eihenbodfäfer.
Keungeidhen: Käfer 40—50 mm lang, pechbraun bis ſchwarz, mattgläugend. Augen
ausgeranbet, ziemlich grob facettiert. Fühler jehr lang, die erften vier Glieder verbidt, ſtark
teulenförmig. Halafdjild grob gerungelt mit.
einem ſtarken Dorn auf jeder Seite. Flügel-
deden vorn faft ſchwarz und grob, hinten
rotbraun und feiner rungelig punftiert, nach
der Spitze verengt und am Ende etwas eins
gebuchtet. — Larve bis 75 mm lang, gelb»
ũch⸗weiß, mit jehr Meinen Füßen, burch
große elliptiiche Hormplatten auf den Rin⸗
gen ausgegeichnet.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit
im uni, Juli. Die Ablage der Eier
erfolgt an frifchgefällte ober ſtehende an⸗
brüdjige, ſtarke Eichen.
Die Larve (der fogenannte große
Wurm) plägt anfangs unter der Rinde,
dringt aber dann in den Splint und
gar tief ins Kernholz ein. Sie durch⸗
wühlt das gefunde Holz nach allen Rich-
tungen Hin in fingerftarfen, im Quer:
ſchnitt ovalen, gefchlängelten Gängen
(Abb. 149), die ſich unter dem Einfluffe
von Pilzwucherungen ſchwärzen, und
wird hierdurch in erfter Linie techniſch
ſchädlich. Die Larve feheint 3—4 Jahre
zu leben.
Die Berpuppung findet am Ende
M66. 149. ra der Sarde des Corambyx oerdo L. des Ganges in einer glattgenagten Wiege
In anbrücigem Eichenholze. ftatt. Der ſchon im Winter fertige, lang⸗
fam ausfärbende Käfer nimmt feinen Ausgang durch die großen Larvengänge.
Generation 3—4jährig.
vier)je
Käfer: Cerambycidae: Gattung Cerambyx. 295
Der Käfer befällt nicht nur die beiden deutſchen Eichenarten, ſondern auch bie
Zerreiche. Er foll im Süden auch in Eichen und Nußbaum vorlommen (Keller)ij,
ferner in Korkeiche (KCamey).
Bekämpfung: Wegfangen der zur Flugzeit in der Dammerung ſchwãrmen⸗
den Käfer.
Bufap.
Die weiteren in Laubhölgern brütenden Bockläfer der Unterfamilie Cerambyeini haben
feine nennenswerte forftliche Bedeutung, obwohl von einzelnen hierher gehörigen Arten ver
mehrtes Auftreten und infolgedelien auffälligere Fraßwirkungen befannt geworden find. Ges
nannt feier:
Cerambyx Scopolii Füssl in Buche, Hornbaum, Edeltaſtanie, Obſtbäumen;
C. (Aromia) moschatus L. in alten Kopfweiden und in alten Stöden ber Weis
denbegen;
C. (Callidium) insubrious Germ. (Rhopalopus hungarigus Hbst.) in
Bergahorn.
Unfang der 1860er Sabre ift der Käfer im ſudoſtlichen Weſtfalen, und war in den
Fürftlich Wittgenſtein⸗ Berleburgſchen Forſten (zwiſchen Lahn und Eder) in sopftrodenen,
älteren eo men in anfehnlidher Menge aufgetreten?)
C, (Clytus) tropicus Panz. in Eiche. Hat im Dberelfaß?) kränkelnde Eichenobers
ftänder buch ftärferen Befall zum Abfterben gebracht.
»
B. Radelholzbrter.
23. Cerambyx (Tetropium) luridus L. (Callidium luridum L.).
Berfiörender Fichtenbockkäfer (Abb. 150).
Rennzeihen: Käfer 10—16 mm lang, braun bis ſchwarz, fein grau behaart. Augen
in zwei Hälften geteilt. Halsſchild breiter als lang, und zwar in der Mitte am breiteften,
am Grunde etwas verengt, an den Seiten ſtark gerundet, fpärlich punk⸗
tiert, glänzend, mit leicht vertiefter Mittellinie. Flügeldeden ſehr fein
und dicht punltiert, mitunter rötlich= braun, mit zwei oft undeutlichen,
erhabenen Längslinien. Yühler und Beine braun, erftere von der halben
Länge des Leibes (aljo kurz). Schenkel keulenförmig verdidt.
Larve 15—26 mm fang, braun, fehr fein und turz behaart, am
Hinterende oben mit zwei kleinen Spitzen.
A. Lebensweiſe und forſtliches Verhalten. iinu Geram-
Flugzeit: Juni bis Auguſt. Generation einjährig.“) iariaue Lu (ih
Der Käfer befällt vorwiegend die Fichte, fommt aber auch in Kiefer und
Lärche vor. Er bevorzugt ftarfrindige Stämme. Die Fichte ift feinen Ungriffen vom
60—100jährigen Alter ausgefebt; die Lärche wird ſchon vom 30-a0jäßrigen Alter
an mit Brut belegt.
In Kiefern wurde der Käfer in Deutjchland nur bon Ahlemann) gefunden. In
Lärchen beobachteten ihn Nörblinger‘), Döbner”) (im Speflart) und Beling. ‘) Auch
Heß hat ihn (in Oberheſſen) wiederholt in ſtärkeren Lärchen gefunden, und zwar in ganz
geſunden Stämmen, die — bei reichlichem Beflogenſein — lediglich infolge des Larven⸗
1) Forſtzoolog. Exkurſionsführer, 148; desgl. Schweiz. Ztſchr. f. Forſtw. 1886, 10.
— 9) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1875, 129. — 3) Eichhoff: Daſ. 1888, 221. —
4) Bauly, U.: Allg. 5. u. J.⸗Ztg. 1888, 809. — 5) Forftl. BI. 1868, Hft. 6, 89. —
6) Lebensweiſe von Forftlerfen ufm., 2. Aufl. 1880, 41. — 7) Handb. d. Zoologie uſw.
I. Bd. 1862, 189. — 8) Altum, B.: Forftzoolpgie, 2. Aufl., III. Wb. 1881, 389.
296 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
fraßes dieſes Käfers volftändig abgeftorben waren. In ben ſächſiſchen Revieren Tharandt
und Hödenborf if er ebenfalls in Lärche aufgetreten (Ritiche).!)
Die Eier werben zu mehreren unter Rindenfchuppen ober in Borkenritzen ftärs
terer Stämme abgelegt, und zwar zunächſt nur oder wenigftend vorherrſchend am
unteren Stammteil. Erft wenn dieſer vollftändig mit Eiern belegt ift, werden auch
die Höheren Partien angenommen.
Die auslommenden Larven freſſen zu=
nädjft an der Grenze zwifchen Rinde und Holz
unvegelmäßige, gefchlängelte, flache Gänge, bie
im weiteren Verlauf meiftens auch in den Splint
eingreifen, mit zunehmenber Zänge immer breis
ter werben und mit Baſt⸗ und Splintmehl dicht
gefünt find (Abb. 151). Im Herbite find die
Larven ausgewachſen und bringen nun tiefer in
das Holz ein. Anfangs ift der Fraßkanal auch
hier noch eine kurze Strede radial ober etwas
aufwärt3 gerichtet;
"dann aber wendet er
fich plötzlich in kur⸗
zem Bogen haken⸗
förmig abwärts zur
Buppenwiege, in der
die Larve überwin-
tert (Abb. 162). Der
Eingang zur Wiege,
deren Längsachſe lot
recht verläuft, iſt
oval; der zu ihr füh:
rende Kanal wird
mit Bohrmehl ver-
ftopft. Bumeilen fin
&66. 151. Frabbild von C. (Tetropium) Iuri- bet die Verpuppung .
Aus L. in Fichte. Die arvengänge find teil: aber aud in einer Mb. 152. Puppenmwiege von
weife niit Bohrmegi gefült. Bel einigen Ein« e ©. (Tetropium) Iuridus L.
gängezuben indie Iiegenben Puppenwiegen zwiſchen Holz und in Fichte (nat. Gr.)
(nat. ®r.).
Rinde liegenden Fraßmehlwiege ftatt.
Die Tätigkeit der Käferlarven macht ſich meift erft vom Frühjahr ab bemerfs
bar, und zwar durch Welfen, Herabhängen und Röten der Nadeln, Abbrödeln der
Rinde und durch „Harztränen”.
Der Käfer bevorzugt zwar ſolche Bäume, die durch Borkenkäfer- oder Raupen=
fraß?) geſchwächt oder von Pilzen (Hallimafch)?) befallen find, er ſcheint aber auch
ganz gejunde Stämme anzugreifen und zum Abfterben*) zu bringen. Das von den
Puppenwiegen durchſetzte Holz Hat jelbjtverftändlich einen geringeren techniſchen Wert.
1) 2ehrb. d. mitteleurop. Zorftinfeltentde. I. Bd. 1896, 565. — 2) Im Eberäberger
Bart (bei München) befiel der Käfer die Fichten in den Nonnenfrakorten in ziemlicher
Menge. — 8) Baudiſch, Friedrich: Zbl. f. d. gei. Fw. 1896, 252. — 4) Ratz eburg: Forfıl-
81..1863, 5. Hit. 164. — Willtomm, Morig: Daf., R. 3. 1876, 76.
Käfer: Cerambycidae: ®attung Cerambyx. 297
Weniger deshalb aber, fondern wegen der phyſiologiſchen Beeinträchtigung kränkeln⸗
der und gejunder Stämme durch den Fraß feiner Larven ift der Käfer als der ſchäd⸗
ichfte unter allen Nadelholzbodkäfern zu bezeichnen.
Gemeinſchaftlich mit T. luridum lebt und ſchadet der durch gelbbraune Flügel⸗
deden und durch fein dicht runzelig punktiertes, mattes, Schwarzes Halsſchild unter:
ichiedene, fonft aber jehr ähnliche braune Fichtenbodtäfer Corambyx (Tetro-
pium) fuscus uyll.
B. Betämpfung.
1. Einſchlag und Entfernung der bejebten Stämme.
Die Abfuhr der betreffenden Stämme aus dem Walde muß bis fpäteftens Mitte Mai
vollzogen jein, weil der Käfer fonjt im Walde auskommt und fich fortpflangt.
2. Fällung von Fangbäumen (von Anfang Juni ab) und Schälen derfelben
im Spätjommer. |
Das Schälen muß geicheben, folange die Larven noch unter der Rinde frefien.
Sind fie bereits ins Holz gewandert, jo kann man ihnen nicht mehr beilommen. Ent-
aftete Fangbäume werben vorwiegend auf der unteren Stammfeite beflogen.
Bujap.
Obgleich fie vom forftichligenden Standpunkte aus Tein Interefle haben, fei anhang3-
weife der lediglich technisch Ichädlich werdenden, in verarbeitetem Holze brütenden Bod:
käfer gedacht, die in gleicher Weife wie einzelne Anobium-Arten (vgl. S. 179) durch Zer⸗
frefien von Balken- und anderem Zimmer: und Werkholz größere oder geringere Berheeruns
- gen anzurichten vermögen. Es find: Cerambyx (Hylotrupes) bajulus L., der Haus:
oder Ballenbod, deflen in Nadelholzftöden, namentlich aber in Nadelholzbalken lebende
Larve die Splintihicht der befallenen Hölzer in einer die Tragkraft ſtark beeinträchtigen:
den Weife zerfrißt, ohne daß die fortichreitende Zerftörung von außen bemerkdar wird. —
Weiter gehören hierher eine Reihe Callidium-Xrten und zwar C. (Callidium) varir-
bilis L., violaceus L., aeneus L. und sanguineus L., die ſämtlich berindete, ab-
geitorbene Laubhölzer aller Art oder auch Nadelhölzer angreifen. Sie werden ſowohl durch
die zwiſchen Holz und Rinde verlaufenden gefchlängelten Larvengänge, wie bejonderd auch
durch die ins Holz hakenförmig eindringenden Puppenwiegen ſchädlich. — Durch die auf
Faßreifen gerichtete Zerftörungstätigfeit ihrer Larven find zwei Heinere Formen: C. (Gra-
cilia) minutus Fabr. und C. (Callidium) lividus Rossi befannt geworden.
Belämpfung: vgl. die auf S. 180 angegebenen Borbeugungsmittel gegen Werkholz⸗
und Möbelanobien.
Unterfemilie Lamiini.
Kopf vorn ſenkrecht abfallend, Hinten nicht verengt. Unterkiefertafter augefpigt. Vor⸗
derichiene innen nicht gefurcht. Larven ohne deutliche Beine. Ehitinlopf der Larve länger
al3 breit.
A. Raubholzbrüter.
3. Saperda carcharias L.
Großer Rappelbodtäfer.
Kennzeichen: Käfer (Abb. 153a) 23—30 mm lang, von gebrungenem Bau, graus
bis braungelb befilzt, mit vielen fchwarzen, glänzenden Punkten überjät. Stirn zwiſchen
den Fühlern gefurdht. Fühler gelblich-grau behaart; jedes Glied (mit Ausnahme des legten)
am oberen Ende fchwarz. Halsſchild kurz, walzenförmig. Flügeldecken breiter als das Hals⸗
ſchild, mit ſtark vorragenden Schultern, grob und tief punktiert, gegen die Spite Hin ſtark
298 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
verengt, am Ende etwas Haffend. Beine rehfarbig behaart; Schenkel am Anjage der Schiene
ſchwarz — Larve (Abb. 153b) bis 36 mm lang, fußlos, walzig, gelblih-weiß, ſparſam
— behaart, mit braunen Mandibeln und Haftſcheiben
oben vom britten, unten vom zweiten bi zum
zehnten Ringe.
A. Lebensweise ujw.
Flugzeit: Juni, Juli. Generation
zweijährig.
Die Eiablage erfolgt einzeln in Rinden⸗
riffe aller Bappelarten und an Baummeiben
Bevorzugt werben Afpe
. » und Schwarzpappel
bb. 168. Saperda oarcharlas L. bis etwa zum 20. Jahre.
"Aller, b Baroe (yı) Stärfere Bäume mit
borfiger Rinde werben zwar nicht ganz gemieben, bleiben
aber im allgemeinen verfchont. Gewöhnlich wird nur der
unterfte Schaftteil in der Gegend des Wurzelftodes belegt.
Kernwüchſe werden in der Regel erjt vom fünften, Wurzel:
ſchößlinge hingegen ſchon vom dritten Jahr ab angenommen.
Die Larven freffen zunächft unregelmäßige Pläge unter
der Rinde und durchmwühlen dann das Holz in langen, auf⸗
rechten Gängen, bie bis zur Marfröhre vorbringen (Abb. 154).
Die braungelben Bohrſpäne werben von den Larven duch
ein Bohrloc nach außen befördert und häufen fi am Fuße
der Stämmen an. Hieran, ſowie durch Anſchwellung
des unteren Stammteiles ift der innere Feind zu erkennen.
Auf dem Duerfchnitte (Abb. 155) erfcheinen die Gänge als
ovale Löcher.
Die durchwühlten Heifter fterben infolge des Angriffs
ab, brechen auch leicht durch Wind. Ältere Stämmchen ver-
wachſen zwar den Schaden mitunter; find fie aber ftarf be
fallen, fo gehen fie gleichfalls ein. In Baumſchulen und Al-
leen Kann der Fraß fehr empfindlich werden.
Der Käfer frißt im Juni und Juli große, zalerig
geranbete Löcher in Pappelblätter, ohne durch dieſe Tätig-
teit aber jchäblich zu werden.
B. Befämpfung.
a) Vorbeugung, a ie —— da
Anſtrich der Stämmchen mit einem Gemenge aus Lehm, von Saperds Sam
Kalt und Kuhmift bis auf etwa 1,5.m Höhe über bem Fa Der Jentate Beafgeng iR
(Juni). Auch Anſtrich mit ſchwerem Teeröl oder 2%,igem 6 See ein.
Tabakſaft Hat ſich bewährt. Diefe Mafregel ift wenigftend in feläge des Speites
Baumschulen nicht zu unterlaffen, ſobald der Bodkäfer über- """ Or. Dei &R)
band genommen hat. Bei der Ausführung des Schupanitriches iſt auf hinreichend
tiefes Anbringen und auf Feſtkleben der Schutzſchicht zu achten.
4
Räfer: Cerambyeidae: Gattung Saperda. 299
, . b) Bertilgung.
1. Sammeln der Käfer durch Ableſen von den Blättern der Brutbäume bzw.
durch Schütteln der Stämmen im Juni und Juli.
2. Rechtzeitiger Aus⸗
hieb und Verbrennen der be⸗
wohnten Stämmdhen.
3. Vernichten der Larven
durch Ausſchneiden oberflächs
licher Fraßwunden oder durch
Einführung eine Drahtes in
die Gänge.
Bei rechtzeitigem Bemerlen
des Bejalles lafjen ſich Heifter
durch fauberes Ausichneiden ber
Fraßſtellen und Verkleben der
Wunden mit Baummachs, Lehm⸗
miſchungen ufm. erhalten.
4. Baperda populnea L.
Kleiner Bappelbodtäfer.
Kennzeichen: Käfer
(Abb. 166) 8—13 mm lang, wal⸗ 65.156. Fraboange der Larve von Baperda oarcharlas L. in
genförmig, grünlid) - grau bis Bappel (Ouerfänitt).
dunfelbraun, mit feiner, jparfamer, gelblich-grauer Behaarung. Stirn zwifchen den Fühlern
nicht vertieft. Fühler ſchwärzlich; jedes Glied von der Wurzel ab bis zu zwei Drittel der
Länge grau behaart. Halgsſchild mit drei dicht gelb behaarten Längsftreifen, von denen der mit-
lere ſehr ſchmal und daher oft undeutlich ift, während die Geitenftreifen breit find. Flügels
deden mit groben Punkten bejegt und mit je «—5 rumblichen, dicht gelb behaarten Fledchen,
an ber Spige abgerundet. — Larve 18—15 mm lang, gelblich, im übrigen der des gro:
Sen Bappelbodfäfers jehr ahnlich
Lebensweise ufw.: Flugzeit im Mai, Juni. Genera—
tion zmweijährig. Die Flugjahre kehren regelmäßig nur alle
‚zwei Jahre wieber.
Das 2 legt feine Eier von Mitte Juni ab einzeln in bie
Rinde junger Ufpen, felten an andere Bappelarten (Silber: .
pappef) oder Weiden. Dabei treibt es eine eigenartige Brut: 16 ——e— po
pflege?), infofern e3 an ber Stelle der Eiablage eine hufeiſen⸗ ” J
förmige, meiſt ſpitzenwärts geöffnete Furche nagt. Die von dieſer Furche umgebene
Rindenpartie wird nur ſtellenweiſe benagt und dient der auskommenden Larve zur
erften Nahrung. Die Larve bohrt fih dann in den Holzlörper und frißt zunächſt in
den äußeren Splintlagen einen peripheren Gang unter ber Rinde (Abb. 157b). Im
zweiten Sommer, teilweife aber auch ſchon vor der erften Übermwinterung, wendet fi)
die Larve nad) der Mitte des Stämmchens, frißt hier in der Markröhre einen zen⸗
tralen Gang nach oben und verpuppt fi an beffen Ende in geftürzter Lage.
Infolge des auf der Spaltfläche als Hakengang erſcheinenden Larvenfraßes
1) Boas: Boolog. Ihrb. Abtlg. f. Syftematif. 13. Bd. 1900, 247. — Derf.: Daf.
25. ®b. 1907, 318. — Eſcherich und Baer: Naturw. Ziſchr. f. F. u. Li. 1908, 510.
300 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
ſchwillt der befallene Zweigteil in charakteriftifcher Weife knoten⸗ oder gallenförmig
an (Abb. 157). Diefe Zweiganſchwellungen treten aber erft im zweiten Jahre
äußerlich f&härfer hervor und fehlen, wenn die Larven
in Baum- oder Bruchweiden freflen, ganz. Man bemertt
den Fra in Weide erft dann, wenn bie Fluglöcher den
Feind verraten.!) Das Auskommen erfolgt durch ein
kreisrundes Flugloch, welches bei Aſpe ftetö auf der Ans
ſchwellung liegt.
Dan findet den Käfer namentlich in freien, ſonni—
gen Lagen fehr häufig. Hier kann e8 vorfommen, daß
taum ein Aſpenſtämmchen verſchont bleibt; viele werden
fogar fo dicht mit Eiern belegt, baf fi ein Knoten an
den anderen reiht. So ſtark befallene Stämmchen gehen
in der Regel ein.
Am liebften find dem Käfer 2-Gjährige Kern
ftämmchen oder Loden. An ftärkerem Holze befällt er
. » nur die 1—2 cm ftarten Üfte.
Abb. 167. Yrab der Larve von Bekämpfung: Sammeln der Käfer durch Ablejen
— mi Bligldden und Abklopfen (Juni). Abſchneiden und Verbrennen der
von außen, b im Längsfgnitt. Gallen vor dem Ausfchlüpfen des Käfer. Aushieb und
Verbrennen ber befallenen Stämmchen.
5. Saperda (Oberea) linearis L.
Schwarzer Hajelbodtäfer.Y)
Kennzeihen: Käfer 12—15 mm fang, ſchwarzbraun bis ſchwarz, langgeſtreckt,
ſchmal, äußerft fein und ſparſam grau behaart. Fühler ſchwarz; das erfte Glied ſtark vers
didt. Halsſchild mit deutlicher Mittellinie, unregelmäßig punftiert, an den Geiten ſtark
graugelb behaart. Flugeldeden tief punftiert-geftreift. Beine wachsgelb. — Larve 8—
10 mm lang, gelblich, fußlos.
Lebensweife ufw.: Flugzeit Mai, Juni. Generation zmweijährig.
Das 2 legt feine Eier Anfang Juni einzeln innerhalb der Spige der vorjäh-
rigen Zriebe junger Hafeln (aller Arten) ab.
Die Larde frißt zunächit einen ringförmigen Gang unter ber Rinde und zer⸗
ftört hierdurch das faftleitende Gewebe, jo daß die Saftzirkulation beeinträchtigt wird.
Etwas oberhalb dieſes Ringganges wendet fich der Fraßkanal dann tiefer ins Holz
und verläuft Hierauf jenfrecht in der Achſe des Zweiges (Editein).
Der Käfer befällt ausnahmsweiſe auch Hornbaum, beide Erlen, Korkulme und
ift von Strohmeyer?) aud) in Walnuß beobachtet worden.
Bekämpfung: Abſchneiden der befallenen, durch Welkwerden der Triebipigen
und Blätter erkennbaren Biveige.
6. Saperda (Oberes) oculata L.
Rothalfiger Weidenbodtäfer.
Kennzeichen: Käfer 16—20 mm lang, mwalzenrund. Kopf und Fühler ſchwarz.
Augen tief ausgerandet. Halsſchild rötlich-gelb mit zwei ſchwarzen Punkten in ber Mitte.
1) Czech, 3.: B6L. f. d. gef. Fw. 1878, 488. — 2) Altum: Stier. f. F. u. Im. 1879,
328. — Edftein, Karl: Yorfl.-natur. Zifchr. 1892, 163. — 8) Naturiv. Btfchr. f. 2. u.
Fto. 1906, 156,
Käfer: Cerambycidae: Gattungen Saperda und Lamia. 301
Flügeldecken braun bis mattichwarz, vorn ſchmal gelb gejäumt, fein grau behaart, mit in
Längsreihen geftellten, tiefen Punkten, an der Spite abgeftugt. Bruft, Hinterleib und Beine
gelbrot. — Larve 25—30 mm lang, mit ſchmalem Kopf, augen- und fußlos.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit im Juni, Juli. Generation einjährig.
Die Eier werden einzeln an junge, gejunde Weidentriebe (Salix viminalis
L., 8. alba L., S. caprea L. uſw.) abgelegt.
Die Larven frefien lange, runde Gänge im Innern der Ruten, und zwar auf-
oder abwärts. Berpuppung am Ende der Larvengänge. Durch ein kreisrundes
Flugloch gelangen die Käfer ins Freie.
Die befallenen Triebe Tennzeichnen fich Durch Trockenwerden des Laubes und
fterben ab.
Bekämpfung: Tiefes Einfegen, unter Umftänden Übererden der Stedfinge,
um der Eiablage. vorzubeugen. Abſchneiden und Verbrennen der befallenen Ruten.
7. Lamia textor L.
Weberbod.
Kennzeihen: Käfer 20—25 mm lang, von gedrungener Geftalt, ſchwarzbraun bis
Ichwarz, glanzlos. Fühler mit ſtark verdicktem erſtem Gliede. Halsſchild runzelig, auf jeder
Seite mit einem Dorne. Slügelbeden dicht körnig-punktiert, äußerft fparfam grau behaart,
nad) den Rändern zu oft mit einigen gelb behaarten Fleden. Schenfel verdidt. — Larve
bis 40 mm lang, gedrungen, der bes großen Pappelbodes fehr ähnlich.
Lebensweise ujw.: Die Larve frißt in älteren, über den Boden vorragen-
den Stöden von Weiden (Salix vitellina L., S. daphnoides Vill. ufw.) und ift
namentlich in Weidenhegern — unter dem Namen „Holzwurm“ — gefürchtet, indem
nicht nur die Nuten, fondern auch die durchwühlten Stöde fchließlich eingehen. Der
Käfer belegt auch Aſpen mit feiner Brut.
Belämpfung: Sammeln der Käfer. Roden und Verbrennen ber befallenen
Stämme und Stöde. Übererden der Stöde foll vorbeugend wirken.
B. Nadelholzbrüter.
8. Lamia (Monochammus) sutor IL.
Schuſterbock.
Kennzeichen: 16—25 mm lang, walzenförmig, nach rückwärts verſchmälert, ſchwarz
mit braunem Metallglanz, oben mit graugelben Mateln beſetzt. Halsſchild breiter als lang,
fein querrunzelig, auf beiden Seiten mit einem großen ſpitzigen Dorne verſehen. Schild⸗
chen dicht weißlich⸗gelb behaart, mit nadter Mittellinie. Flügeldecken viel breiter als das
Halsichild, gegen die Spitze verengt, ziemlich gleihmäßig punttiert.
Lebensweise ufw.: Der Käfer ift ein Gebirgstier, fein Brutbaum die Fichte,
deren ältere Stämme er oft bis in die Wipfelpartien befällt. Auf Holzichlägen ift er
den ganzen Sommer und Herbft hindurch zu finden. Die Generation jcheint ein-
fach zu fein; Henſchel nimmt zweijährige an.
Die breiten Larvengänge verlaufen zunächit an der Grenze zwifchen Rinde
und Holz; dann dringen fie in letzteres ein. Die Ausfluglöcher der Käfer find nahe-
zu freisrund. &8 ift wohl nicht zu bezweifeln, daß der Käfer — bei reichlihem Ans
Nuge — Stämme zum Abfterben bringen Tann. Der technifche Nutzwert des Holzes
wird durch ihn jedenfalld merklich vermindert.
als ſchädlich beobachtet wurde der Käfer von Wachtl (in den Fichtenbeitänden der
Herrichaft Saybuich in Galizien), Altum (in den bayeriſchen Alpen), Nördlinger (Tirol),
Sleifcher (im Böhmer Walde) und von Heß (im Thüringer Walde).
Belämpfung: Einfchlag und rechtzeitiges Wegfchaffen der befallenen Stämme.
302 Erfies Buch. Schug gegen Tiere.
9. Lamia (Monochammus) sartor Fabr.
Schneiderbod.
Kennzeid en: 25—30 mm lang, ebenfalls ſchwarz mit braunen Metallglanz, über:
haupt dem vorigen fehr ähnlih. Die Flügeldeden find aber vorn grob, hinten feiner körnig
(alſo weniger gleihmäßig) punktiert und Hinter dem erften Drittel mit einem deutlichen
feihten Duereindrude verjehen. Schildchen ganz weiß oder gelblich behaart, mithin ohne
nadte Dittellinie.
Lebensweise uſw.: Wie bei Monochammus sutor L.
10. Lamia (Monochammus) 'galloprovineialis Oliv.
Der den beiden vorhergehenden ſehr ähnliche und nächſt verwandte Käfer fommt
nicht nur in Süd⸗ und Weftenropa an der Seeliefer ‚vor, fondern ift von Nüßlin
aud in der badiſchen Aheinebene recht Häufig beobachtet worden
Er erſcheint von Ende Juni an, lebt vorzugsweiſe in den Kronen alter Kie⸗
fern und ſchädigt durch den Fraß feiner Larve in gleicher Weiſe wie die vorherge⸗
nannten Yichtenbewohner. Die Larve frißt erſt breite Bläbgänge unter der Rinde,
geht aber ſpäter ins Holz und wird dadurch phyſiologiſch und techniſch ſchädlich.
Generation einjährig.
Bekämpfung: Wie bei M. surtor.
U. Lamia (Pogonochaerus) fascioulata de Geer.
Kiefernzweigbodtfäfer.‘)
Kennzeichen: 5--6 mm lang, braun mit grauer und bräunlicyer Behnarung. Hals⸗
ihild an den Seiten in der Mitte mit einem ſpitzigen Dorne verſehen, auf der Scheibe
jederjeit3 mit einem kahlen Höderchen. Flügeldecken viel breiter al3 das Halsichild, mit
ſtark vorragenden Schultern, an der Spite abgeftutt, mit einer breiten, weiß: behaarten Binde
hinter der Wurzel und ſchwarzen Höderchen gegen die Spike.
Lebensweiſe ufw.: Der Käfer ſchwärmt im Juni und Juli und legt feine
Eier an Riefern ab.
Befallen werben hauptfächlich die ſchwächeren Zweige älterer Kiefern?) Die
Larven freſſen zunächft flache, breite, fcharfrandige, ſtark geichlängelte Gänge im
Baft bzw. Splint und dringen im zweiten Jahre mit einem Turzen, hakenför⸗
migen Bogen in das Holz ein. Die Kronen der Althölzer lichten fich infolge des
Fraßes merklich, unter Umständen bis zur Wipfeldürre, namentlich wenn andere
Käfer (3.8. Pityogenes bidentatus Hbst., Carphoborus minimus Fabr. uf.) gleich
zeitig mit auftreten, was häufig der Fall ift. Die Larven haufen aber auch in den
Bipfelpartien 20—-30jähriger Stangen. Altum?) hat fie ausnahmaweife ſchon in
12—15jährigen Pflanzen angetroffen. Judeich*) erzog den Käfer fogar aus 5—6=
jährigen Kiefern und aus Fichtenftangen. Auch die Arve fcheint er anzunehmen.
Betämpfung: Im Bedarfsfalle Zuſammenrechen und Verbrennen der durd
Stürme auf den Boden gelangten Zweige. Uusziehen und Verbrennen der befal⸗
lenen Pflanzen.
Zuſatz.
Außer den vorgenannten Bockkäfern treten im Walde noch mehrere andere, hauptſäch⸗
ih den Unterfamilien der Lepturinen, Spondylinen und Prioninen angehörige. Formen
häufiger ( auf und erregen teil durch ihre Größe, teild durch ihr Brutmaterial die Aufmerk⸗
1) ) Torfa: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1907, 674. — 2) Altum: Daſ. 1875, 126. — 3) Der].:
Daſ. 1884, 21. — 4) Die ‚Waldverderber und ihre Feinde. 7. Uufl., 66.
Käfer: Chrysomelidae: Gattung Melasoma. 303
ſamkeit de3 Forſtmannes. Eine wirtichaftliche Bedeutung kommt biefen nachftehend kurz
erwähnten Arten aber nicht zu, da fie ihre Entwidelung nur in abgeftorbenem oder farf
anbrüchigem Material, zumeift in Nadelholzftöden, durchmachen. Genannt ſeien:
a) die Gattung Rhagium mit den Nadelholzbewohnern Rh. indagator Fabr.
und Rh. bifasciatum Fabr. und den in Laubholzftöden ſich entwidelnden Arten Rh.
mordax Fabr. und Rh. inquisitor Fabr.
Für die zwiſchen Holz und Rinde von Nadel- bzw. Laubholzſtöcken lebenden Rha-
gium-Arten tft namentlich die große, ovale, mit langen Holznageſpänen neftartig umgebene
Buppenwiege charalteriftiich.
b) Prionus coriarius L., Sägebod. Ber bis 4 cm lange Käfer entwidelt ſich
in alten, mulmigen Radelholzftöden.
c) Lamia (Astynomus) aedilis L., Zimmerbod, fenntlid an feinen langen,
namentlih beim 3 die Körperlänge um das. Bielfache übertreffenden Fühlern; brütet in
Kiefern, ſowohl in Stöden wie in abgeftorbenem Stammholz.
d) Spondylis buprestoides L., Balfenfhröter. Fühler des Schwarzen Kä⸗
ſers kurz und jchnurförmig, den Bodfäfer nicht verratend. Brutmaterinl: Nadelholzftöde,
namentlih Kiefernftöde und anbrüchiges Kiefernholz.
e) Molorchus minor L. Käfer mit ftaphilinenartig verfürzten Flügeldeden. Brut⸗
material: ſchwächere Stämme, Knüppel und Äüſte von Fichte und Tanne.
Samilie Chrysomelidae, Blattläfer.
Imagines fein bis mittelgroß, gedrungen, von walzenförmiger oder halbkugeliger Ge⸗
ſtalt, buntfarbig, häufig metalliſch glänzend. Fühler einfach, faden⸗ oder ſchnurförmig, ge⸗
ſägt oder ſchwach gegen die Spige verdickt, elfgliederig. Die Beine find meiſtens kurze,
aber Träftige Schreit-, mitunter Springbeine (bei den „Erdflöhen“). Füße viergliederig mit
ſchwammiger Sohle, das dritte Glied meiftend am breiteften und zweilappig. Bauch aus
fünf Ringen beftehend. — Larven kurz, gedrungen, meiftend bunt oder ſchwarz, ſechs⸗
beinig; der Iegte Ring gewöhnlich mit einem mulftigen, quergejpaltenen After verjehen. —
Puppen fehr gedrungen; mitunter geftärzt an den Blättern Hängend oder im Boden. —
Generation einfach, doppelt oder mehrfad).
Die Bedeutung der Blattkäfer beruht in dem Fraß der Imagines und der
meift frei lebenden Larven. Beide Entmwidelungsftadien befrefien das Parenchym der
Blätter und flelettieren oder zernagen dieſe Lücherweife, je nachdem die Blattrippen
verfchont oder mit durchgebiflen werden. Für den Larvenfraß ift das Stelettieren
charakteriſtiſch.
Die meiſten und wirtſchaftlich wichtigſten Blattkäfer find Laubholzſchädlinge;
in erſter Linie hat der Weidenzüchter mit ihnen zu rechnen. Die Nadelholzfeinde
treten ſowohl an Zahl wie an Bedeutung ganz weſentlich zurück und ſind wirt⸗
ſchaftlich ſo gut wie belanglos.
Die forſtlich beachtenswerten Blattkäfer gehören zu den Unterfamilien Chrysomelini,
Galerucini, Halticini und Cryptocephalini.
A) Saubholzſchädlinge.
1. An Bappeln und Weiden.
1, Chrysomela (Melasoma) populi L.
®roßer roter Bappelblattläfer (Abb. 158 a).
Kennzeichen: Käfer (Abb. 1588) 10—12 mm lang,
von verfehrt-eiförmiger Geſtalt. Halsichild kurz, nad) vorn et-
was verengt, an den Seiten fanft gerundet und ſchwach wulft- us. 158. Ohrgsomela (Mels-
artig verdidt, ſchwaͤrzlich- oder grünlich-blau, auf der Seite soma) populi L. = Käfer,
äußerft fein, an den Händern grob punttiert. Slügeldeden ge- Yaroe, o Puppe CH).
wölbt, nach Hinten etwas verbreitert, ziegelrot, an der äußerften Spitze ſchwarz, fein
punktiert. Bruſt, Hinterleib, Fühler und Beine mie das Halsſchild gefärbt. — Larve
304 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
(Abb. 1586) 12—14 mm lang, ſechsbeinig, an beiden Enden verſchmälert, ſchmuhig · weiß,
mit vielen ſchwarzen Warzen und zwei weißen Seitenhödern auf dem zweiten unb britten
Ringe. — Buppe (Abb. 168c) 10 mm lang, am After dreiedig zugefpigt, bräunlich-gelb,
mit regelmäßig geftellten ſchwatzen Punkten und Strichen.
Rebensweife ufw.: Flugzeit Ende April, Mai, Juni.
Das 2 legt feine gelblich-weißen Eier in Häufſchen von 10—12 Stüd (im
ganzen 1000 und mehr Stüd) an die Unterfeite der Blätter junger Bappeln und
Beiden.
Die Larven kriechen nah 8—12 Tagen aus.
Berpuppung brei Wochen fpäter.
Die Puppen hängen geftürzt an ben Blät-
tern. Puppenruhe zehn Tage. Die Käfer
begeben ſich im Oktober auf den Boben,
überwintern unter Zaub, an Rutenftümp-
fen und fommen erſt im April wieber
zum Vorſchein.
Generation zumeift doppelt, un=
ter ungünftigen Verhältniſſen einfach.
Der Käfer ift weit verbreitet und
Häufig. ,
Er ſchadet als Käfer und als Larve,
in erfter Linie jungen Pappeln, befon-
ders Aipenftodioden.
966.159. Fraß von Chrysomela (Melasoms) popali L. Die Jmago frißt unregelmäßige grö-
am Mpe. = Räferfrah, b Sarvenfraß (mat. Gr). Gere Köcher in die Blätter. Die Larve
ffelettiert jene in höchſt zierlicher Weife, indem fie nur das Blattfleiſch, unter Ver:
ſchonung ber Rippen, verzehrt (Abb. 159). Der Fraß dauert vom Blattausbruch
bis in den Auguft hinein.
In zweiter Linie werden von dem Käfer Hier und da aud) bie Kulturweiden
befallen, namentlich Salix purpurea L. und S. pentandra L. uſw. nebſt Varietäten.
8. rubra L. hat weniger zu leiden.
Der von Heß im akademiſchen Forftgarten zu Gießen wiederholt beobachtete
Fraß an Weiden ift jedenfalls ſchädlicher al3 der an Afpen.
Vernichten (Berquetfchen uſw.) der durch vorfichtiges Abklopfen in Fang»
ſchirme gefammelten Käfer. Zuſammenrechen und Verbrennen des Laubes während
des Winters. Die Vertilgungsmaßregeln find in Weibdenhegern aber nur dann aus=
führbar und wirffam, wenn rechtzeitig gegen die erften Anfänge ber Käfer-
invafion vorgegangen und fo lange täglich gefammelt wird, biß fein Käfer mehr
zu finden ift.
2. Chrysomela (Melasoma) tremulae Fabr.
Reiner roter Pappelblattfäfer (Mbb. 160).%)
Kennzeichen: Käfer 8-10 mm Iang, in Geftalt und Farbe dem vorigen ſehr ähm
Hich. Halafhilb mit etwas ftärkeren feitlichen Längseinbrüden und Geitenwälften, fein Rand
von ber Mitte an mad) Hinten gerade. Slügeldeden gleichfalls gewölbt, fein punktiert und
1) Altum: Btihr. f. F. u. Iw. 1891, 40.
Käfer: Chrysomelidae: Gattungen Melasoma und Phyllodecta. 305
ziegelrot, aber ohne ſchwarze Spitze. — Larve der von Chr. populi L. äußerft ähn⸗
lid, aber etwas Heiner und mit ſchwarzem Schimmer über dem ganzen Körper.
Lebensweise ufw.: Wie bei Chr. populi; Chr. tremulae ift aber
noch ſchädlicher, da er, außer gefunden Kernwüchfen und Loden der
Pappeln (beionders Aſpen), auch Kulturweiden (namentlich Bur-
purweide und ihre VBaftarde), und zwar in ausgebehnterem Maße als
der vorige angeht. Die Ausfchläge werden manchmal fo ſtark von ihn be⸗
fallen, daß nicht ein einziges Blatt unverjehrt bleibt.
Bekämpfung: Wie bei dem vorigen. . J Pabr. (4).
\
8. Ohrysomela (Melasoma) longieollis Suffr.
Langhalſiger Pappelblatttäfer.
Kennzeichen: Käfer 8—10 mm lang, den beiden vorigen fehr ähnlich. Das Hals-
ſchild ift aber etwas kürzer als bei dem Heinen Bappelblattläfer und an den Seiten nicht
gerade, fondern Binter der Mitte leicht ausgeſchweift; Hintereden vorfpringend. Flugeldecken
ohne ſchwarze Spitze (wie Chr. tremulae Fabr.). |
Lebensweiſe uſw.: Käfer und Larve befreſſen Fappeln und Weibens
blätter in derſelben Weiſe wie die beiden borigen.
4. Chrysomela (Phyllodecta) vitellinse L.
Kleiner Beidenblattfäfer.))
Kennzeiden: Käfer 4—5 nam lang, Ilänglichseiförmig, nicht ganz doppelt fo lang
als breit, glänzend erzfarbig, oft etwas ins Grünliche ſchimmernd, feltener blau, am After
gewöhnlich rot. Flügeldecken mit regelmäßigen, etwas gejchlängelten Puntireihen; nur nach
der Spitze hin wird die Streifung unregelmäßig. Beine, insbeſondere Schienen, erzfarbig
(wie der Körper), — Larve 5—7 mm lang, grümnmlich⸗weiß, oben in der Mitte ſchwärzlich.
Kopf, Schilder, Warzen ujw. ſchwarz.
b. Chrysomela (Phyliodecte) vulgatissima L.
u Korbmweibenblattkäfer. i)
Kennzeichen: Käfer 4—5 ımm lang, doppelt jo lang als breit, ſonſt dem vorher⸗
gehenden täufchend ähnlich, glänzend blau, ſchwach ins Grüne ftechend. Mande Individuen
find fogar indigofarbig, violett oder ſchwarz. Flügeldecken auf dem Rüden regelmäßig
punltiert, an den Seiten und an der Spike etwas verworren punftiert. After rot. Beine
ſtets dunkel gefärbt. — Larve oberfeits faft jchwarz, mit olivengrüner Mittellinie, unter:
ſeits hell. |
A. Lebensweife und forftlihes Verhalten
Lebens⸗ und Schädigungsweife, ſowie wirtfchaftliche Bedeutung und Belämpfung
der beiben vorftehend beichriebenen wichtigen Weidenſchädlinge find vollkommen gleich.
Flugzeit: Erftmalig im April, je nach der Generationszahl ſich fpäter wieder⸗
holend. Generation boppelt bis dreifach).
Dad ? legt feine Eier in Doppelreihen von 12 — 30 Stüd flach) an der Unter:
feite der Blätter 1—3jähriger Weidenruten ab. Nah Krahe?) werden bie tiefer
ftehenden Blätter vor den höher jtehenden bevorzugt. Befallen werden in erfter Linie
die Hanfweide (8. viminalis) und ihre Baſtarde; andere Weiden werden erſt im
Notfalle angenommen.
— — — — —
1) Altum: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1879, 20; 1880, 217, 482; 1881, 274; 1882, 607;
1885, 187; 1891, 34. — Edftein: Daſ. 1890, 145. — Schulze, R.: Die Schädlinge ber
Korbweide uſw. Eger 1883. — 2) Lehrb. d. rationellen Korbweidentultur. 6. Aufl. 1918, 228.
Seh, Forſtſchutz. L 4 Aufl.‘ 20
306 Erftes Bud. Schutz gegen Tiere.
Die Larven frefien an der Blattunterfeite und flelettieren das einzelne Blatt,
wenn fie zu zehn und mehr freffen, in Kurzer Beit bis auf das Gerippe (Abb. 161).
Die Berpuppung erfolgt im Boden. Nach 19tägiger Puppenruhe erſcheinen die
neuen Käfer; fie befrefjen 12—13 Tage lang die Blätter an der Oberfeite, begatten
ſich dann, legen Eier und fterben fofort nad} der Eiablage.
Die zulegt auskommende Generation begattet fich nicht,
fonbern überwintert, und zwar nicht im Boden ober in
der Bobendede, fonbern an trodenen, gefchügten Stellen
an Gebäuden, unter ber loſen Rinde alter riffiger Kopf⸗
weiben, kurz in Hoch gelegenen geeigneten Verſteden.
Der duch den Käfer: und Larvenfraß angerichtete
Schaden kann fi bis zum Eingehen ganzer Kulturen
fteigern, namentlich dann, wenn einjährige, üppig wach⸗
fende Ruten befreffen werben. Mehrjährige Ruten gehen
nicht ein, fondern Haben nur Zuwachsſchaden. Auch jün-
gere Kulturen auf ärmeren und trodeneren Böden wer-
den gewöhnlich nicht totgefreffen, jonbern reagieren auf
den Fraß zumeift nur durch kürzere, äftigere und damit
wertfofere Slechtruten.
Maffenverheerungen der beiden Käfer halten in der
Regel nicht länger als zwei Jahre an. Dann verſchwindet
i der Käfer auch ohne menſchlichen Eingriff.
B. Belämpfung.
1. Fortgefegte Überwachung der Weibenanlagen.
_ Sofortiges Vorgehen gegen bie erften Anfänge einer Kä⸗
wb6. 191. Brab von Chryeo- ferfalamität. Dieſe breitet ſich ſtets von Herden aus.
Free Bi 7838 2. Bekämpfung der Entſtehungsherde duch Abſam⸗
oberjeite mit fhmagem, bBlatt- meln der Käfer oder Larven. Beim Käferſammeln iſt zu
ei —&
ee beachten, deß fi bie Käfer beim Erſchunern der Ruten
frab. a Räferfrab an ber Rinde. ſeicht zu Boden fallen Iaffen. Bum Sammeln find deshalb
flache Gefäße mit etwas Petroleum gefüllt zu benugen, über welche die Ruten vor-
fichtig Hinweggebpgen und hierauf gefchüttelt werden.
Krahe (a. a. ©. 228) hat einen ald praktiſch bewährt“ ') bezeichneten Yangapparat
(66. 162) in Geftalt eines feihten Schublartens fonftruiert, der zwilhen ben Reihen
der Weibenftöde hindurchgeſchoben wird. Durch zwei ſchräg aufwärts ftehende, nach lints
und rechts gerichtete Vürftenarme follen die Ruten bis zur Mitte des aus Zinkblech be-
ſtehenden 40 cm breiten Kaſtens gebeugt und von den Käfern oder Larven gejäubert wers |
den. Das vorher in den Kaften gegofjene Petroleum tötet die hineinfallenden Schädlinge.
Kern?) hatte keine nennenswerten Erfolge mit dem Fanglarren, weil bie Käfer meift
ſchon zu Boden fallen, ehe die Ruten über dem Kaften ſich befinden, und weil die Larven
fo feft figen, daß fie ſich nicht abbürften laſſen. — Bon glei ungünftigen Erfahrungen
ausgehend hat 3 König (Rrahe a.a.D. 280, Taf. IX u. X) eine neue, zwei: oder einrädes
tige Fangmafdine gebaut, die die Fehler des Kraheichen Sangfarrens vermeiden foll.
3. Hühnereintrieb in die befallenen Kulturen.
” altum: Str. f. F. u. Im. 1899, 217. — 2) Achtzehnjahrige praktiſche Etjah ·
rungen im rationellen Korbweidenbau uſw. Dresden 1904, 99.
Käfer: Chrysomelidae: Gattungen Phyllodecta und Galeruca. 307
Die Hühner frefien den Käfer nach den Erfahrungen Kerns in großen Bengen,
überfättigen ſich aber nad; relativ Furzer Zeit und find deshalb nur dann ald wirfamer
Belämpfungsfeltor anzujehen, wenn fie (wie das Sammeln) jofort beim erften Auftreten
bes Käfer in Tätigkeit treten.
4. Überftauen der befallenen Weidenanlagen, fofern die Möglichfeit hierzu vor⸗
handen ift, mit Wafjer zur Beit der Puppenruhe oder, wie Kern vorfchlägt, bereits
zur Beit des Larvenfraßes.
Die nad dem Stelettieren fämtlicher Blätter einer Rute auf eine noch grüne Rute
wandernben Larven müflen, fobald die Fläche unter Waſſer gefegt if, verhungern und
tommen im Wafjer um.
Bufah.
In Geſellſchaft mit den genannten erzfarbenen Weidenblattkäfern kommen die weis
teren, nad) Ausſehen und Lebensweiſe volltommen gleichen Arten Chr. (Phyllodecta)
tibialis Buffr. und Chr. (Plagiodera) versicolors Laichart vor.
6. Galeruca caprese L.
Gelbbrauner Salweidenblattfäfer.
Kennzeichen: Käfer 5—6 mm lang, Halsſchild, Flügeldeden, Fühler, Schienen
und Zühe ledergelb. Kopf, Vruft, Bauch, Shildchen und Schenkel fhwarz. Stirne dicht
rungelig punktiert. Halsſchild mit vier quergeftellten, oft ſchwärzlichen Grubchen auf der
Scheibe. Flügeldeden etwas glänzend, tief punftiert, mit fiumpfem Rahtwinfel. Unterjeite
gelbgrau behaart. — Zarve jehäbeinig, jhmarzbraum, mit dunklen Sieden und Warzen.
7. Galeruca lineola Fabr.
Kennzeihen: Käfer 4—5 mm lang, oben leder» ober rötfich-gelb, fein behaart.
Stirne, ein langiicher Fled auf dem Halajcilde, Schildchen, Bruft und Baud) Ihwärzlid).
Hinterleib an ber Spihe gelbrot. Halsjchild unbeutlich grob punktiert und auf jeder Seite
mit einer großen, flachen Grube. lügeldeden breiter als das dalsſchiid, ziemlich grob
punttiert, mit abgerundeten, rechtedigem Nahtwinkel. Beine gelbrot.
Lebensmweife uſw. der al „gelbe" Weibenblattläfer bezeichneten beiden Schäd⸗
linge übereinftimmend. Flugzeit April. Die überwinterten Käfer befrefien die finger-
langen Triebfpigen und jungen Blätter und legen ihre Eier an die Blattunterfeite
in Häufcen zu etwa 20 Stüd ab.
Die Larven ſchlüpfen nad 1—2 Wochen aus, flelettieren die Blätter und ver-
puppen fich im Boden. Die neuen Käfer fehreiten in der Regel zur ‘zweiten Brut.
Krahe (a. a. ©. 222) will in einzelnen Jahren fogar eine viermalige Vertvandes
fung wahrgenommen haben. Die Überwinterung findet ftet3 im Käferzuftand unter
Laub uſw. ftatt.
—8
308 Erftes Bud. Schuß gegen Tiere.
Die Lieblingsholzarten find in abfleigender Reihenfolge: Mandel-, Hanf
und Salweide. Im Gegenfage zu ben vorerwähnten erzfarbenen Arten befallen
Käfer und Larven zunächſt bie Triebipigen und erft fpäter die darunter befind-
lichen Blätter. Sie treten zumeilen örtlich in ſehr großer Zahl auf und können dann
durch verheerenden Fraß den Ertrag ber Weidenheger weſentlich beeinträchtigen.
Belämpfung: Wie bei den vorigen.
Bufap.
Eine ganz ähnliche Ökonomie auf Weiden führt
8. Chrysomela (Phytodecta) vinimalis L.
Gelbroter Weidenblattkäfer.
Der Käfer ift 5—7 mm lang, rötlich-gelb und durch mehrere große ſchwarze Ma=
keln auf dem Halsihilb und den Flügeldeden hinlänglich harakterifiert. — Larve gelblich,
mit ſchwarzem Kopfe. "
2. An Erlen.
9. Galeruca (Agelastica) alni L.
Blauer Erlenblattfäfer (Abb. 168).)
Kennzeihen: Käfer (Mbb. 1638) 6—7 mm lang, oben glänzend ftahlblau oder
violett, mitunter grünlicblau, unten ſchwarzblau. Halsſchild viel breiter als lang, nach
vorn ſtark verihmälert, wie die Slügelbeden ziemlich grob,
verworren punftiert. Fühler (nahe zufammen), Schildchen
und Beine ſchwarz. — Larve (Ubb. 163b) 10—12 mm lang,
| fechabeinig, glänzend dunkelſchwarz, ins Grünliche ſchimmernd,
ziemlich ſtark behaart, mit zwei glänzenden Querleiften auf
jebem Ringe. — Puppe weich, Hellgelb.
⸗ b
MOD. 168. Kara (Agelastica) Lebensweife ufm.: Flugzeit Mai, Juni.
u ee » Rare Die bottergelben Eier werden in Heinen Häufchen
ı an Erlenblätter abgelegt. Der Eierreichtum ift jo groß,
daß der Hinterleib des 9 vor ber Eiablage ftark aufgetrieben erfcheint.
Die im Juni ausfommenden Larven verpuppen fih Mitte Juli bis Mitte
Auguft im Boden.
Die neuen Käfer find Ende
Auguſt, September vollftänbig ent-
widelt und beziehen ihre Winter
quartiere (unter Laub, Moos uſw.).
Generation einfad. Man
findet aber nicht felten gleichzeitig
Eier, Larven und Käfer, weil bie
2 ziemlich lange Zeit zum Ablegen
ber Eier gebrauchen.
Der Käfer ift weit verbreitet
ab. 164. Aiefıch und Guter lagslantice) ainil. und häufig und befällt ſämtliche
Erlenarten.
Der Käfer⸗ und Larvenfraß iſt bisweilen fo ſtark, daß die Stämmchen in Forſt⸗
gärten und längs ber Bachufer wie verdorrt ausſehen. Abb. 164 ſtellt den Käfer
1) Sedlazek: Bbl. f. d. gel. Fw. 1908, 244.
Käfer: Chrysomelidse: Gattung Agelastica. 309
fraß, Abb. 165 den Larvenfraß dar. Junghölzer (Stodausfchläge, Gebüſch, junge
Pflanzen) werben vorgezogen, jedoch verichont ber Käfer feine Altersklaſſe. Befons
ders empfindlich ift der Fraß in Sorftgärten!), wo ſchon ein- bis zweijährige Säm⸗
Tinge befallen werben. Nach Stelettie-
rung ber Blätter wird an ihnen oft
fogar die Rinde etwa von 4—5 cm
Höhe an aufwärts benagt.”) Mitunter
werben auch Birken, Bappeln und Wei-
den vom Käfer (nicht von der Larve)
angenommen.
Belämpfung: 1. Sfolierung
der Erlenſaatbeete oder Erxlenfämpe
durch Sfoliergräben.
2. Sammeln der Käfer durch
Ableſen oder Abklopfen von den Bläts
tern.
3. Bejprigen ber Larven mit 11,
bis 3%,iger Tabafertraktlöfung.
Im alademiſchen Yorftgarten bei
Giehen trat der Käfer 1898 in fo großer
Bahl auf, daß gefammelt wurde. Im gan-
sen wurben 2,5 1 geſammelt, das erfte Liter
enthielt 16000, das zweite 15790 Käfer.
10. Chrysomela (Melasoma)
senea L.
Erzfarbiger Erlenblattkäfer.
Reunzeihen: Käfer 6—8 mm
lang, oben goldgrän, blau, tupferfarbig oder Abb. 165. ee —
ſchwarz mit metalliſchem Schimmer, un⸗ j
ten duntler, ſchwärzlich-grün. Halsſchild ohne ſeitlichen Längseindruck, in der Mitte fein,
an den Geiten lark punftiert. Ylügeldeden unregelmäßig unb etwas gröber punftiert ad
das Halsſchild. Hinterbruft zwiſchen den Mittelhüften hoch gerandet. Fühlerwurzel und ber
Außerfte Saum des Hinterleibes rötlich. — Larve jhwarz.
Lebensweife ufm.: Käfer und Larve fleleitieren die Blätter junger Erlen
und Birken in ähnlicher Weife wie Agelastica alni. Maſſenfraß ift jeboch bis jept
noch nirgends beobachtet worden.
3. An Ulmen. “
11 Galeruca xanthomelaena Schrk.
Ulmenblattläfer.
Kennzeihen: Käfer 5—6 mm lang, oben gelb oder gelbbraun, nur büym behaart.
Augen groß. Halsſchild an den Geiten wenig gerundet, ziemlich glänzend, etwas ſtärker
punktiert ais der Kopf, mit breiter Mittellinie; auf jeder Seite 8—4 ſchwarze Mafeln und
eine fladje Grube. Slügeldeden etwas querrungelig punttiert, jeberjeit8 mit einer [Gtwarzen
Langsbinde. Unterjeite ſchwarzbraun. Beine gefbbraun. — Larve 6 mm lang, jech#beinig,
ſchwarzbraun, fpäter mit vier gelben Längsftreifen, mit zahlreichen ſchwarzen Haaren bicht befeßt.
1) Bod: Bifhr. f. F. u. Iw. 1892, 695. — 2) Dohſe: Alg. F. u. 3.-Big. 1885, 179.
310 Erfied Bud. Schu gegen Tiere.
Zebensweife ufw.: Das ? belegt im Frühjahr die Unterfeite der Blätter vom
Ulsienarten mit Eiern und durchlöchert zugleich die Blätter. Die ausichlüpfen-
den Larven feben den Fraß fort und laſſen nur die Epidermis der Oberfeite, forvie
die Rippen ftchen.
Berpuppung in der Erbe. Der Käfer überwintert.
Generation mindeftens doppelt, nach Davall!) einfad).
An Deutichland ift der Käfer im allgemeinen felten; er ift ein Tier bes weft
lichen Mitteleuropas und ift hier feit 1900 an verfchiedenen Ulmenarten verberb-
lich aufgetreten.
1878 richtete der Käfer in den Parkanlagen Genfs großen Schaden an (Dapali).
Bekämpfung: Sammeln der Käfer. Beipriten der befallenen Pflanzen mit Ins
ſektiziden; empfohlen wird die Verwendung von Petroleum-Emulfion (100 1 Waſſer.
11 Betroleum, 3 kg Schmierfeife).
4. An Eichen.
12. Haltica erucse Oliv.
Eichenerdfloh.
Kennzeichen: Käfer —5 mm lang, von laänglich-eiförmiger Geſtalt, metalliſch⸗
grün oder blau mit grünlihem Schimmer. Halsſchild ſtark gewölbt, an den Seiten gerun-
bet, viel ſchmäler als bie fylügeldeden und vor dem Hinterrande mit einer deutlichen Quer⸗
furche. Flügeldeden dicht und verworren punttiert, mit ſtark vortretenden Schultern. Bon
diefen zieht eine erhabene Längsfalte bis zur Spige; in der Mitte ift fie mitunter undent-
ld, tritt aber vor der Spige rippenartig hervor. Die Hinterbeine find Springbeine. —
Larve 5—7 mm Jang, jechsbeinig, grünfchwarz. Kopf glänzend, grob punftiert und dünn
behaart. Auf den Hinterleiböringen Querreihen von Wärzchen. — Puppe jchmubig:gelb,
mit ſchwarzen Augen und (zwei) Enddornen.
Lebensweiſe ujw.: Der unter Laub oder in Baumriken uſw. überwinternde
Käfer fliegt im Frühjahr, benagt die Knoſpen und jungen Blätter der Eichen und
belegt die Blätter ſpäter unterjeit3 gruppenweife mit Eiern.
Die Larven verpuppen fih von Mitte Juli ab unter Moos, Bodenftreu
oder in Borkenrigen. Ende Juli oder Anfang Auguft fommen die Käfer aus.
Generation einfad.
Larven und Käfer ftelettieren die Blätter der Eichen, insbejondere der
Stieleihe. Anfangs laſſen die Larven die Epidermis der Oberfläche noch ftehen;
jpäter befrejien fie aber die Blätter derart, daß nur noch bie Blattrippen übrig blei-
ben. Ein Stark befallener Beftand fieht aus, als wäre ein euer über ihn hinwegge⸗
laufen. Der Larvenfraß dauert vom Mai bis Juli, der Käferfraß vom Auguſt bis
zum Eintritt der Fröfte-und ſetzt fich im Frühjahr big Mai fort. Am Herbft findet
man die Käfer mitunter auch an Buche, Roterle und Hafel. Sie lieben befonders nie
driges Holz in fonnigen Lagen und befallen die untere Blattjeite mehr als die obere.
Nah.Yrmer?) trat diefer Blattläfer in den 1870er Jahren in großer Menge auf
den Eichenkulturen des Reviers Klein-Zerbſt (Anhalt) auf.
1876 zeigte er fich in außerordentlicher Menge bei Eberswalde.
1877 mwurben die Eichenbeftände in der Umgebung Darmſtadts jo maflenhaft von ihm
heimgejucht, daß die Kronen ein graubraunes Ausfehen annahmen.?)
1) Schweiz. Ztichr. |. Fw. 1878, 181. — 2) Altum: Bir. f. F. u. Iw. 1878, 181. —
8) Bericht üb. d. 2. Verf. d. Forftvereins f. d. Großberzogt. Heſſen. Darmftabt 1877, 32.
Käfer: Chrysomelidae: Gattungen Haltica, Luperus und Cryptocephalus. 311
Bekämpfung: Nur in Saat: und Pflanzichulen in Betracht fommend. Vor⸗
bengend wirkt Öfteres Begießen der befallenen Beete oder Aufftreuen von möglichſt
feinem, weißen Sand; es empfiehlt ſich, etwas Petroleum zuzuſetzen.
Weiter foll fi das Einpflanzen von Zwiebeln als Abmwehrmittel bewährt haben.. Bes
ftäubung oder VBeiprigung mit infeltentötenden Mitteln (Kalkſtaub, Schwefelpulver, Tabals⸗
aufguß, Tabakſtaub, Thomasmehl u. a.) war nicht immer gleich erfolgreich.
Die Bertilgung if ferner durch Abfangen der bei Beunruhigung fortipringenden Kä⸗
fer durchführbar. Geteerte oder mit Leim überftrichene Bretichen, Hobelipäne oder andere
Sangapparate (flache mit Waſſer gefüllte Schüfjeln) werden zwiſchen die Pflanzreihen gelegt
oder geftellt und bie Käfer durch Überftreifen der Pflanzen aufgeftöbert, damit fie an bie
mit Klebftoff beftrichenen Gegenftände anfpringen und haften bleiben.
B. Nadelholz(ſtiefern⸗)ſchãdlinge.
13. Galeruca (Luperus) pinicola Duft.
Shwarzbrauner Kiefernblattläfer.‘)
ſtennzeichen: 3—4 mm lang, geftredt, wenig gewölbt. Halsſchild faft doppelt jo
breit als lang, braun bis ſchwarz, häufig rötlichgelb (bei dem 2). Yylügeldeden breiter als
das Halsichild, pechbraun bis ſchwarz, glänzend, jehr fein punktiert, unbehaart. Die Schen»
telipigen, Schienen, Füße und die 3—4 erften Fühlerglieder rötlich⸗gelbbraun.
Lebensweiſe ujw.: Der Käfer benagt vom Mai ab den ganzen Sommer
hindurch die Nadeln 10—18jähriger Kiefern und die Epidermis der Maitriebe,
beionderd in ben oberen Partien, wodurch ein allgemeines Kränkeln der angegans
genen Pflanzen eintritt. Die Nadeln der vorjährigen Triebe werden zwar auch bes
fallen, aber in geringerem Grade. Nördlinger fand den Käfer auch an Nadeln
und jungen Trieben der Weymouthstiefer frefiend.
Jude ich beobachtete den Käfer gegen dad Ende der 1860er Jahre in großer Menge
auf dem Hödendorfer Revier bei Tharandt. Elias fand ihn 1880 ebenfalls zahlreich in
einer 11—17jährigen Kiefernfaat auf dürftigem Boden der Herrichaft Kotzenau (Heg.-Bez.
Liegnig in Sclefin). Im Unterpörliger Gemeindewald (Thüringen) trat der Käfer
1911 in auffälliger Weiſe in Kiefernfchonungen fünfter Bonität in Gemeinjchaft mit dem
Harzgallenwidier und dem Blafenroft auf.
Belämpfung: Kaum nötig; Abllopfen der Käfer (auf untergelegte Tücher
ober in Fangſchirme).
ı
14. Cryptocephalus Pini L.
Gelber Kiefernblattfäfer.
Beihreibung: 3 — mm lang, lehmfarbig, Schulterbeulen und Längsftreifen auf
den Flügeldeden bisweilen etwas dunkler. Halsſchild rotbraun, dicht punktiert. Beine rot«
gelb. Unterjeite braun bis ſchwarz. — Larve in einem Kotſack lebend.
Lebensweise uſw.: Der Käfer befällt wie ber vorhergehende fchlechtwüchfige,
auf armen Böden ftodende Kiefernkulturen und fchädigt Durch Benagen der jüngften
Radeln. Ernitere Beichädigungen find aber ebenforwenig belannt wie genaue Einzel:
heiten der Lebens⸗ und Entwidelungsverhältniffe.
—Bekänmpfung: Wie bei dem vorigen.
Unterordnung Lamellicornia, Blatthornkäfer.
Familie Scarabaeidae.
Imagines meiſtens von anſehnlicher Körpergröße und fräftigem Bau. Fühler kurz,
gelniet, T—i1gliederig, mit großem erften Gliede und einer aus 3—7 Gliedern gebildeten
Blätterfeule. Hüften walzenförmig. Die Vorderbeine find meift Grabbeine; Füße fünf:
1) Mitum: Bifche. f. F. u. Iw. 1880, 639.
312 Erſtes Buch. Schu gegen Tiere.
gliederig. Bauch aus 5—7 Ringen beftehend. Generation der größeren Arten mehrjährig,
der Heineren einfach. — Larven fleiſchig, walzenförmig, bauchwärts gekrümmt, blind, mit
hornigem Kopf und einem fadartigen legten Hinterleibsring, häufig dünn mit Haaren be=
Meidet und auf dem Rüden oft mit kurzen Börftchen beſetzt, weißlich, ſechsbeinig; fie leben
meiſtens unter der Erdoberflähe und heißen allgemein Engerlinge. — Puppen wenig be
baart, meiftens mit zwei hornigen Spiten am lebten Hinterleibsringe.
| Die Scarabaeidae zerfallen in die beiden Unterfamilien Lucanini mit uns
beweglicher, gelägter Fühlerleule und Melolonthini mit beweglicher, gefächerter
Fühlerkeule. |
‘Die Lucanini find forftlich belanglos; ihre Imagines ſchaden ebenſowenig
wie die in Stöden und mulmigem Holz lebenden Larven.
Beachtenswert aber find die Melolonthini. Bon biologischen Geſichtspunkten
aus laſſen fie fih in die fünf Gruppen: Miſtkäfer, Grabläfer, Laubläfer, Riejenfäfer
und Blumenfäfer teilen.
FJorſtliche Bedeutung haben nur die Laubfäfer, deren Hnuptvertreter die Mai-
täfer find. Sie ſchaden im Imago: und Larvenftadium. Der Fraß der Käfer er-
ftredt fich auf Blätter bzw. Nadeln und Blütenteile, derjenige der Engerlinge auf die
Wurzeln von Feld⸗ und Holzpflanzen. Einige Urten find ſehr fchädlich.
1. Gattung Melolontha, Maitäfer.')
Die beiden bei uns häufig vorkommenden land⸗ und forjtwirtichaftlich wichti=
gen Urten, der gemeine Maitäfer (Melolontha vulgaris L.) und der Roß⸗
taftanienmailäfer (M. hippocastani Fabr.) ftimmen zwar in ihren Verbrei⸗
tung3= und Generationsverhältniffen nach den Beobachtungen von Steig”) und
Fedderjen?) nicht ganz überein, haben aber in ihrer fonftigen Lebensweiſe und
forftlihen Bedeutung fo vieles gemeinfam, daß ihre Verſchiedenheiten praktiſch nicht
ins Gewicht fallen. Sie werden deshalb im Nachfolgenden zufammengefaßt.
Kennzeihen: Käfer (Abb. 166 a) allgemein befannt. Halsichtld ſchwarz oder rot
(Abart: ruficollis Muls.), Flügeldeden und Beine rotbraun, erftere mit fünf behaarten Längds
rippen, in den vertieften Zwiſchenräumen fein behaart. Abdomen ſchwarz, an den Seiten
mit je fünf weißen Dreieden. Ende des Hinterleibes in den Aftergriffel ausgezogen. Fühler
zehngliederig, gelbbraun; Fühlerkeule (Abb. 166 f und g) bei dem Z fiebenblätterig, beim 2
fürzer, ſchmäler und nur ſechsblätterig. Fußklauen an der Baſis mit je einem breiten Zahn.
— Larve (Abb. 166 b) 40—45 mm lang, walzenförmig, gelblich: weiß, mit bläulich gefärbs
tem Afterfegment (infolge des durchſchimmernden Kotes), oberjeits mit feinen Hanren bes
1) Bur Literatur im allgemeinen: Plieninger, Th.: Gemeinfaßlicde Belehrung über
den Maikäfer ufm. 8. Aufl. Stuttgart 1875. — Krohn: Die Vertilgung des Mailäfers
und feiner Larve. Berlin 1864. — Bodenmüller, 3. J.: Die Maiföfer und Engerlinge.
Freiburg i. ©. 1867. — Schaeffer: Maifäfer oder Kiefer? Selbftverlag 1887. — Vgl.
auch Ztſchr. f. F. u. Iw. 1890, 257. — Bürn, E. ©.: Maikäfer und Engerlinge. Leipzig
1901. — Edftein, Karl: Die Mailäfer, ihre Befämpfung und Verwertung. Neudamm
1912 (Neudammer forftlicye Belehrungshefte, Hft. 7).
2) Steig: Mailäferflugjahre bei Frankfurt a. M., |. unter Korrefpondenzen, Boolog.
Garten, 3. Bd. 1862, 81/82.
8) Fedderſen: Die Kiefer und der Maikäfer im orftmeifterbezirt Marienmwerder-Ofche.
Dentichrift. Auszüglich mitgeteilt von Altum: Btichr. f. %. u. Iw. 1891, 227. — Derſ.:
Neifeberiht vom 9. Dezember 1890 über die Unterſuchung, der Maifäferfchäden uſw. Nach⸗
trag Hierzu vom 22. Februar 1893. — Derf.: Btihr f. F. n. Iw. 1896, 265.
Käfer: Scarabaeidee: Gattung Melolontha. 313
dedt. Kopf gelblic-braun, mit kräftigen Oberkiefern. Sechs lange, gegliederte, borftig bes
haarte Bruftbeine, deren drittes Baar am längften. — Buppe (Mbb. 166 0) bräunlich:gelb,
mit zweifpigigem After.
Unterfheidungsmertmale zwiſchen M. vulgaris und hippocastani:
M. vulgaris. M. hippocastani.
Käfer.
8) Länge: 25—30 mm, |20—25 mm,
b) Slügeldeden: ohne ſchwarzen Außenrand, mit ſchwarzem Außenrand,
e) Aftergriffel: lang, allmählich verſchmälert kürzer, ſchnell ſtark verihmälert, bünn
(Abb. 166d), und erft an der Spike wieder etwas
(nopfähnlich) erweitert (Abb. 166€),
d) Beine: braun, mitunter ſchwarz,
e) brittes üb: vom mit einem einen Zahn (Abb.
Teratieh Beim 7] einfach, ohne Bat (abb. 160g). Neon,
Mb. 166. Melolontha vulgaris L. = Räfer (17), b Larve (
M. vulgaris (%,), © Miftergeiffel von .M. hippooastani Fabr.
oastani Fabr. (%,), Bühler des 4” von M.
© Buppe (,), d Aſtergriffel von
).£ Bühler des 7 von M. hippo-
Igaris L. (%).
Der Engerling von hippocastani ift ausgewachſen etwas Meiner als der von
vulgaris, fonft aber vollftändig ähnlich.
Vorkommen: Beide Käferarten kommen überall zufammen vor, vielleicht mit
dem Unterſchied, daf in Süd- und Weſtdeutſchland der Roßlaftanienmaitäfer etwas
zurüdtritt, während er in Oft: und Weftpreußen, ſowie in ber Neumark faſt auss
ſchließlich als Waldmaikäfer (im Innern der großen Kiefernwaldungen) gefunden
wird. Er ſcheint im weſentlichen an die Sandgegenden gebunden zu fein. Der ges
meine Maifäfer ift in den Kieferngegenden nur auf der Feldflur bzw. an den Wald»
ränbern heimiſch (Feldmaikãfer).
Die von Fedderſen beobachteten Hauptſtämme des Roßkaſtanienmaikäfers ent⸗
hielten z. B. 1891 nur 2,5%, gemeine Mailäfer, 1894 nur 4%. Die umfangreichen
Schäden, die in den weſtpreußiſchen Kiefernfulturen ber geringeren Böden zutage ges
treten find, find alfo faſt allein durch den Roßkaſtanienmaikäfer verurfacht worden.
Daß auf diefen unter Umftänden aber auch in Süddeutſchland ber Hauptanteil des
Schadens entfällt, geht aus einer Bemerkung Eſcherichs hervor, wonach im Jahre
1908 im „Rammerforft” (Baden) 90%, hippocastani und nur 10%, vulgaris ge:
fangen wurden. Auch Kreß (Forſtw. bL 1904, 265) meldet vom bayerijchen Forſt⸗
amt Langenberg das Übermwiegen bes Rokfaftanienmaifäfers bei der bort herrſchen⸗
den ausgedehnten Maitäferplage.
314 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
A. Lebensmweife.!)
Flugzeit: Ende April oder Mai, befonders gern in den Abendftunden; dauert
3—4 Wochen. Unter Umständen fliegt der Käfer ſchon Anfang April?) In den
höheren Gebirgslagen erfcheint der Käfer jpäter, Die Flugzeit chiebt fich dann mög-
licherweife bis in den Juli hinaus.
Das 2 legt etwa 24 Stunden nach der Begatiung im ganzen etwa 60—
70 ſchmutzig⸗weiße, faft Iugelfürmige Eier von der Größe eines Hanfforns, und zwar
an verichiebenen Stellen in Häufchen von 10-30 Stüd, 10-25 em tief in die
Erde und ftirbt, nachdem es feine jämtlichen Eier bei mehrmaligem, durch Freß—⸗
paufen unterbrochenem Einbohren losgeworden ift.
Die Eiablage erfolgt am Tiebften auf Ioderem, trodenem, etwas benarbtem Bo⸗
den. Kleine fchmale ‚Flächen, die zur Flugzeit von jedem Pflanzenwuchs frei find,
werden nach Zinnius?) verjchont, wenn beftodte bzw. mit Graswuchs verjehene
Flächen daneben Liegen. Gleiches erwähnt DOgiemwstit) von ungepflügtem, vegeta-
tionglofem Boden. Die inftinktive Brutpflege läßt die P jedenfalls die völlig. pflan-
zen⸗ und gragleeren Flächen meiden. Daß die Eiablage nur auf freien Flächen (Kub
turen ufw.) gejchehe, ift nicht richtig; fie erfolgt ftellenmweife auch in Stangen und
Baumbölzern. Anſcheinend entfernt fi) das 2 bei zufagenden Bodenverhältniffen
nicht weit von feinem Fraßbaum, jondern legt die Eier in deſſen unmittelbaren Nähe
ab. Größere Kulturen, Schlagflächen werden nicht gleichmäßig, jondern mehr Herd»
weite mit Eiern belegt. Ob der Grund hierfür in der Boden- oder Pflanzenwuchs⸗
beichaffenheit zu fuchen ift, ift nicht befannt. PBufter?) bezeichnet den örtlich ftärkeren
oder ſchwächeren Belag bei ftärkerem Auftreten des Käfers — wohl mit Recht —
als Spiel des Zufalles und meint, daß die ? eines Fraßbaumes zur Eiablage ftamm-
weife zujammenfliegen und auf engem Raume ihre Eier dort ablegen, wo das erite
? zur Eiablage niedergeht.
Die Larven (Engerlinge, Glimen, Duatten) erjcheinen nad) 4—6 Wochen im
uni oder Juli. Im erften Sabre bleiben fie zufammen und ernähren fi) haupt-
ſächlich von humoſen Subftanzen und feinen Wurzelhaaren in der Umgebung ihrer
Zagerftätte; erjt vom zweiten Sommer ab zerjtreuen fie fid) nach allen Richtungen
hin im Boden, um an Pflanzentvurzeln zu freien. In jedem Herbit bzw. Winter
graben fie fich tiefer in den Boden ein, um im April wieder unter die Oberfläche
zurüdzufehren. Auch zur Verpuppung gehen die Engerlinge tiefer in die Erde. Nach
den Erfahrungen im Rammerforft®) (Zorftamt Graben, Baden) begeben fie fih zur
Überwinterung (wenigſtens im legten Jahre der Metamorphofe) mit Vorliebe auch
unter alte Buchen und Eichenftöde, ſogar in dieſe hinein, jofern fie weit genug zerſetzt
find. Die Engerlinge fanden fich Hier beim Nachſuchen im Winter in Maffen; die
zwiſchen den Stöden liegenden Zeile aber waren mehr oder weniger engerlingfrei.
1) Zur Literatur: Kienitz, M.: Ztſchr. f. S. u. Im. 1892, 99; 1895, 44. — Grunert:
Forſtl. BL., 8. Hft., 1864, 197 u. 198, Anmerk. — 2) Bonhaufen: Allg. F. u. J⸗Ztg. 1862,
324. — 3) v. Blaten: Btichr. f. F. u. Iw. 1910, 174. — 4) Ogiewsti: Lesnoj journal.
1904, Hit. 2—4. Ref. Bricht. f. F. u. Iw. 1906, 538. — 5) Ein Jahrzehnt im Kampfe
mit dem Maikäfer. Forftw. Zbl. 1910, 683. in fehr leſenswerter, ebenjo Iehrreich wie
humorvoll gejchriebener Artikel de3 erfahrenen Leiter? „eines an der Melolonthitis ſchwer
erkrankten Revieres“. — 6) Eſcherich, K.: Naturw. Ziſchr. f. 2. u. Fw. 1908, 366.
Käfer: Scarabaeidae: Gattung Melolontha. 315
Die Yortbewegung der Engerlinge im Boden ift nad den Darftellungen von Hoff:
mann und Kienig höchſt eigentümlich. Der Engerling ftemmt das bide Ende feines
Hinterleibes faſt jentrecht gegen die Wand der Erbhöhle, in der er fich befindet, um feften
Halt zu gewinnen. Dann fcharrt.er mit den drei Fußpaaren die in der Bewegungsrich-
tung liegende Erde jchnell bauchwärts, ſodaß fie in den freien Raum zwifchen angeftemmten
Hinterleib und Borderlörper kommt. . Darauf zieht der Engerling den Hinterleib ein und
dreht fich fo um, daß nun der Kopf dort liegt, wo bisher der Hinterteib fich anftenmte.
Die bisher von den Füßen feftgehaltene Erde wird nun mit dem Kopfe an die Höhlenwand
angeichoben, der hintere Teil des bisherigen Lagers alfo mit ihr verftopft. Hierauf über:
ſchlägt fich der Engerling abermals, gelangt dadurch in die anfangs eingenommene Lage und
beginnt fein Geihäft von neuem. Hoffmann beobachtete, daß ein Engerling mit Hilfe
biejer eigenartigen Fortbewegung in einer halben Stunde 5 Boll weiter kam.
Berpuppung: Juli, Auguſt oder September des der Ylugzeit vorangehenden
Kalenderjahres, d. H. im dritten, vierten oder fünften Sommer, in einer eirunben,
inwendig geglätteten Erbhöhle. In einzelnen Fallen ſchiebt ſich die Verpuppung bis
zum folgenden Frühjahr hinaus.
Auskommen: 4—8 Wochen nad) ber Berpuppung: die Käfer. bleiben aber in
der Negel den Winter über noch im Boden. Erſt vom Februar des dritten, vierten
bzw. fünften Kalenderjahres ab fteigen fie langfam höher empor und hinterlaffen
beim Ausfluge, welcher gewöhnlih an einem fchönen Maiabend (gern nach einem
warmen Regen) erfolgt, Löcher im Boden, wie mit einem Stode geftoßen. In rauhen
Gebirgsgegenden ericheinen bie Käfer ftet3 etwas fpäter als in ber milden Ebene.
Generation nad) Gegenden und Maikäferart verjchieden. In der Regel ift
fie bei M. vulgaris in Nord⸗, Oft: und Mitteldeutfchland vierjährig, in Süddeutſch⸗
land!), Weftdeutfchland, in der Echweiz?) und in Frankreich Hingegen nur dreijährig.
Als Grenze zwijchen der vier- und dreijährigen Slugperiode dürfte etiva die Main-
linie anzunehmen fein. Der Roßkaſtanienmaikäfer braucht zu feiner Entwidelung ein
Jahr länger und Hat nad) Steit bei Frankfurt a. M. eine vierjährige, nah Fed⸗
derfen in Weftpreußen eine fünfjährige Generation.
Die Zahl der Käfer in den Slugjahren ift zumeilen außerordentlich groß;
dazwiſchen kommen aber nicht jelten Vor- und Nachflüge von ungleicher Stärfe
vor. Dan nahm feither vielfach an, daß jene aus der bejchleunigten, dieje hingegen
aus einer verlangjamten Entwidelung der Engerlinge hervorgehen. Hierauf beruht
die Unterfcheibung von Haupt und von Zwifchenflugjahren. Forſtrat Fedder—
fen bat aber neuerdings den Sat aufgeitellt, daß die Enttwidelungszeit für den ge
meinen Maikäfer (ebenſo die für den Roßkaſtanienmaikäfer) feft begrenzt, in Weft-
preußen 3. B. ſtets vierjährig (für den Roßkaſtanienmaikäfer hingegen ftet3 fünf-
jährig) fei, mithin ein ficheres Kennzeichen der Art bilde. Er nennt die Stämme,
welche alle vier Jahre (alfo in den Hauptflugjahren) in großer Menge und in
weiten Qändergebieten auftreten, „Hauptftämme" und mißt den in der Zwiſchen⸗
zeit alljährlich fliegenden „Nebenftämmen“, deren Entwidelungsperiode gleichfalls
eine vierjährige ift, wegen ihrer geringfügigen Menge eine wirtfchaftliche Bedeutung
nicht bei. Durch Himatiiche Einwirkungen werde diefer Entwidelungsgang faum be⸗
einflußt.
' Br Norddeutihland fallen die Maifäferjahre mit den Schaltjahren zujammen.
1) Nördlinger, H.: Krit. BI. 1868, II, 250. — bl. f. d. gej. Fw. 1882, 401. —
2) Heer, Oswald: Über geographiiche Verbreitung und periodilches Auftreten der Mais:
käfer, 1841.
316 Erfted Bud. Schuß gegen Tiere.
Ratzeburg gibt für die Umgebung von Eberswalde folgende Hauptflugjahre an: 1832,
1886, 1840, 1844, 1848, 1852, 1856, 1860, 1864 und 1868. Spätere Flugjahre in ben
meisten Gegenden Norddeutſchlands waren die Schaltiahre 1872, 1876, 1880, 1884, 1888,
1892 und 1896. In der O:berförfterei Chorin mit vierjährigem Turnus war aber 3.8.
in den nördlichen und öſtlichen Zeilen ſchon 1891 ein Ylugjahr, während der Flug für die
übrigen Zeile erft 1892 eintrat. Für den weftpreußiichen Roflaftanienmaifäfer mit fünfs
jähriger Generation waren 1874, 1879, 1884, 1889, 1894 Flugjahre des eriten Hauptftams
mes in 34 Oberförftereien der Regierungsbezirte Gumbinnen, Marienwerber, Danzig, Brom⸗
berg und Frankfurt a. d. DO. Die dem zweiten Hanptitanım angehörigen Käfer flogen hin⸗
gegen in den Jahren 1861, 1866, 1871, 1876, 1881, 1886, 1891 und 1896 in 13 (anderen)
Dberförftereien der Negierungäbezirte Gumbinnen und Königsberg.
In Schwaben waren (nad) Nördlinger) die Jahre 1857, 1860, 1868, 1866, 1869,
1872, 1875, 1878 und 1881 ausgeprägte Ylugiahre.
Nach briefliden Mitteilungen (Sorey) ereigneten fid) auch in den Jahren 1890, 1898
und 1896 Haupiflüge. Wenn aud in den Jahren 1884 und 1887 Maffenflüge ftattgefuns-
den haben, jo ift eine ftreng regelmäßige dreijährige Flugperiode in Schwaben nachgewieſen.
Für die Schweiz unterfcheidet Heer drei verfchiedene Gebtete mit verjchiedenen, alle
drei Jahre wiederlehrenden Flügen, dad Berner, Urner und Bajeler Flugjahr. Die Flug⸗
jahre laſſen fich bier feit 1841 auf länger als ein Jahrhundert genau zurüdverfolgen. Es
findet hiernach in der Schweiz in jedem Jahre ein Maifäferflug ftatt, aber jedesmal nur
in einem der drei Gebiete.
Die in der Oberförfterei Chorin durch den Gartenmeifter Raatz) ſchon feit 30
Sabren beobachtete und auch anderen Ortes beftätigte Tatjache, daß die Maikäfer in einem
Jahr einen (oder einige) Walbteil ganz Tabl frefien und einige Hundert Schritte davon eine
jeltene Erfcheinung find, während ſich das Verhältnis im nächſten Jahre umkehrt, brachten
Kienitz ) auf die Idee, daß die großen Engerlinge die Heinen auffrefien. Daß dies wirklich
der Fall, Hat er an eingejperrten Engerlingen beobachtet.“) Er folgert hieraus, daß die vier-
jährige Fraßperiode de3 Maikäfers bei Chorin lediglich darauf zurfidzuführen fei, daß die
ftarten älteren Jahrgänge des Engerling3 alle jchwächeren jüngeren Sahrgänge vernichten.
Der namentlich bei jtärlerer Vermehrung von den dreijährigen Engerlingen an ben ein-
jährigen ausgeübte Kannibalismus wird auch von Ogiemsti‘) beftätigt.
Der Flug des Infekt ift ziemlich ſchwerfällig. Vor dem Aufſteigen bewegt ber
Käfer feine Tlügeldeden mehrmals auf und nieder, um ſich Luft in feine blafenartig
erweiterten Tracheen einzupumpen. Dan nennt diefe Operation das „Zählen“ ber
Maitäfer. Gegen Witterunggeinflüffe find Käfer und Engerling ziemlich abgehärtet.
Selbft eine vierwöcentliche meterhohe Überſchwemmung des Bodens vernichtet die
Engerlinge nicht.°)
B. Forſtliches Verhalten.
Der Mailäfer frißt al3 Engerling und ala Käfer. Der Engerlingfraß
ift zwar weniger auffallend als der Käferfraß, aber weit Ichädlicher, da er fich auf
die Wurzeln erftredt und 2—4 Sommer dauert. Im dritten oder vierten Sommer
erreicht er feinen Höhepunkt. Am meisten gefährdet find Kiefer und Fichte bis
zum etiva 8—1Ojährigen Alter; dann folgt unter den Nadelhölzern die Lärche.)
. 1) giſchr. f. F. u. Iw. 1891, 581. — 2) Bgl. die auf ©. 314, Anm. 1 zitierten Abs
bandlungen.
8) Auch die Meinen Engerlinge anderer Laubläferarten, ferner Draht: und Regen⸗
würmer werden von den großen Engerlingen — neben der Pflanzennahrung — mit Bes
gierde angenommen.
4) Ogiewski: Arb. d. ruff. forſtl. Verſuchsw. Hft.X. Referat: Ztiſchr. f. F. u. Im.
1909, 264. — 5) Heyer, Eduard: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1888, 510. — 6) Werneburg:
Forſtl. Bl. N. F. 1872, 28.
Käfer: Scarabaeidae:, Gattung Melolontha. 317
Auch die Tanne und die ausländifchen Nadelhölzer, die feit kurzem bei ung zum
Anbau gelangt find, werden nicht verfchont.
Man fieht — zumal in Forſtgärten — nicht felten ganze Reihen junger Saat-
oder Schulpflanzen an den Nadeln rot werden, den Kopf hängen und abfterben. Beim
— gewöhnlich äußerft leicht zu bewerkitelligenden — Herausziehen der kranken Pflan-
zen zeigen fich die Spiken der Haupts und Seitenwurzeln mehr ober weniger hoch
hinauf befreſſen (Mbb. 167). Die Fafertvurzeln werden vom Enger:
ling gewöhnlich vollftändig vernichtet, ſodaß die ftärkeren Wurzel-
ftränge wie abrafiert, rübenartig erfcheinen. An den ftärferen Wur-
zeln, die nicht vollftändig verzehrt werden, wird bie Rinde, an jungen
Pflanzen ganz, an älteren mehr plagweile abgenagt. Die Fraß⸗
ftellen find ſtets zaferig (nicht glatt, wie bei ben wurzelbrütenden
Baftläfern, natürlich auch ohne Zahnſpuren, wie bei den Mäuſen).
In gleicher Weile wie die Nadelhölzer werden fämtliche Laub⸗
“ Hölzer durch den Engerling beſchädigt. Unter Umftänden leiden, wie
der badiſche Kammerforft (Eſcherich, a. a. D. 369) beweiſt, Die
Laubholzpflanzen jogar mehr als die Nadelholzktulturen. Die Kie-
fern erholten fich bier relativ leicht vom Engerlingfraß, während
die Laubholzpflanzen infolge Verfchontbleibens der oberflächlich ver-
laufenden Faſerwurzeln zwar langfamer, aber meift totficher zu⸗
grunde gingen. |
Der Käfer jchadet durch Blatt- bzw. Nadelfraß. Befallen
werden jämtliche Baubhölzer, wenn auch nicht in gleichem Maße.
Bevorzugt werden Eiche, Birke, Eberefche, Hornbaum, während Buche,
Ahorn, Linde, Roßlaftanie, Bappeln, Weiden, Eiche, Robinie erft in
zweiter Linie fommen. Eine überall zutreffende Skala nad) der
mehr oder minder großen Vorliebe des Maikäfers für die einzelne
Holzart läßt fich jedoch nicht aufftellen, weil bie Bevorzugung diefer Abb 167.
oder jener Holzart auch mit anderen Umftänden zufammenhängt, Kom Engerling
3. B. mit der Art ihres Auftretens (ob rein oder gemifcht, ob frei Be ane.
oder gejchloffen erwachſen), mit dem Alter (ob Jung- oder Altholz),
namentlich auch mit dem Stadium ihrer Entwidelung zur Flugzeit des Käfers.
Unter den Nadelhölzern leidet die Lärche am meiften. Weiterhin werben
aber auch die jungen Nadeln von Fichte und Tanne, fowie die Blütenkätzchen ber
Kiefer und Fichte befreffen. Mit Ausnahme des an der Lärche verurfachten Schaden
ift der Käferſchaden an den Nudelhölzern aber unbedeutend.
Beim Fraß an Laubhölzern werden die Blätter meist nur zum Teil verzehrt;
man findet daher immer Blattrefte unter den befallenen Bäumen. An ftarfen Flug⸗
jahren aber kommt es auch leicht vor, daß die im Flugzentrum ftehenden Laubhölzer
durch die teilweife in unglaublichen Mengen anfliegenden Käfer in einer Nacht voll-
ftändig kahl gefreflen werben.
Als Fraß⸗ und Begattungsbäume ‚werden bejonders freiftehende und Rand⸗
bäume (Überhälter, Alleebäume, Oberftänder) gewählt, die das Schwärmen begün-
ftigen und auf oder neben den Schlagflähhen und Schmwärmbahnen ftehen. In die
geichlofienen Beftände dringt ber Käfer nur bei Nahrungsmangel oder auch dann
ein, wenn es fich um bevorzugte Nahrung, 3. B. Eichen, handelt.
318 Erfted Buch. Schug gegen Tiere.
Der Mailäfer ift durch den Engerlingsfraß in der Hauptſache Rulturver-
berber und wird in diejer Eigenjchaft in manchen Kliefernrevieren zur ſchweren, die
Kulturfähigkeit der Schlagflächen vollſtändig aufhebenden Geißel. Kiefernkulturen,
die «—5mal erneuert werden mußten, find in ſtatk verjeuchten Revieren feine Sel-
tenheit. Auf ſolchen Revieren ift auch die. Nadjzucht von Laubholz ganz unmöglich.
Nah Pufter (a. a. D. 649) werden im unkrautfreien Pflanzgarten die Laubhölzer
fhon dann totgefrefien, wenn auf das Quadratmeter fünf im zweiten oder ‚ziel im
dritten Sabre ftehende Engerlinge kommen.
Auf den Kulturen wächſt der Schaden mit der zunehmenden Stärfe ber Enger:
linge. Er ift (bei vierjähriger Generation des Käfers) "gering im lugjahr, weil
das Nahrungsbedürfnis der Heinen Engerlinge noch kein großes ift. Der Schaden
wächft im zweiten Entwidelungsjahr und erreicht fein Marimum im dritten, um im
vierten Kalenderjahre infolge der frühen Berpuppung des dann wenig wanderlufti⸗
gen Engerlings wieder zu ſinken.
In Revieren, wo dem durch den Kahlſchlagbetrieb geförderten und mit groß
gezogenen Maikäferelend nicht energiſch und nachhaltig entgegengetreten wird, be:
gnügt ſich der Maikäfer hin und wieder ‚aber nicht mit der Rolle des Kulturver-
berber3, ſondern wird zum ernften Beftandsverderber.
So berichtet Bufter vom bayriſchen Forſtamt Kandel-Süd, daß ha große Löcher
in 60 jährige Eichenbeftände gefrefien wurden. Ältere Buchenvor- und Unterbauflächen bis
zu Manneshöhe wurden heftarweije vernichtet, Buchenvorwuchähorfte bis zu 50 Jahren ver-
früppelten und jelbft in den älteren Nadelholzhorſten bis zu 4 m Höhe entftanden infolge
des Engerlingdfraßes bedenkliche Lüden und Buchten. Gleiche Berwüftungen beichreibt Eiche:
rich vom Kammerforftie in Baden. 80— 100 jährige, 40—60 cm ftarfe Eichen, Buchen
und Hombäume kränkeln hier infolge der ftarlen Verftümmelung des Wurzeliyftems durch
die Engerlinge, werden gipfeldürr und fterben nach und nach ab. Yortgejegte Vernichtung
jeglichen Anfluges und Aufichlages macht die natürliche Verjüngung ber Yaubhölzer unmög-
lich und felbft die bereit3 gelungenen horfttweifen Berjüngungen gehen allmählich zurüd,
weil die Engerlinge in die 10— 20 jährigen Horfte vom Rande her eindringen und die Pflan⸗
zen töten.
Wenn auch derartige Schäden nur von einzelnen bejonders heimgejuchten Re
vieren befanut geworben find, jo zeigen die gefchilderten Fraßbilder doch, welche
große Bedeutung dem Maikäfer als Waldfeind zulommt. Da die Maikäferfalamität
aber nicht nur den Forſtmann, jondern in gleihem, unter Umftänden verftärktem
Maße auch den Landwirt, Wiefenbauer, Obftzüchter und Gärtner trifft, gehen dem
Nationalvermögen jährlich große Werte durch den Schädling verloren. |
Der Schaden, welcher der Bodenkultur in Dänemark dur den Maifäfer und defien
Larve zugefügt wird, joll nach der Schägung von Dr. Bergefde jährlich auf 7 Millionen
ME. fi belaufen. — In Frankreich wird der bezüglihe Schaden für die Landwirt:
fchaft auf 250 Millionen Frc3. jährlich geſchätzt Le Moult), in manden Hauptflugjahren
fogar auf den enormen Betrag von einer Milliarde. Auf 1 ha find hier bis zu 825000
Engerlinge berechnet worden. — Im nieberöfterreichifchen Weinbaugebiete wurde ber En»
gerlingsichaden im Jahre 1910 auf 21 Millionen ME. geſchätzt.)
Die unter Bugrundelegung lokaler Erfahrungen vorgenommenen Schäßungen bed in
einzelnen deutſchen Waldgebieten angerichteten Schadens weiſen auch hohe Schadenfummen
nad). So berechnete das bayerijche Forſtamt Langenberg (jetzt Kandel-Suüd)) den jährlichen
1) D. Forſt-Ztg. 1918, 12. — 2) Kreß, E.: Forſtw. Bbl. 1904, 265. Vgl. auch
Puſter, a... O.
Käfer: Scarabaeidae: Gattung’ Melolontha. 319
Maikaͤferſchaden auf 10000 ML Ein Heltar Aufforftungsfläche erforderte hier in der Beit
der uneingebämmten Maifäferplage 527 ME. Nachbeilerungdaufivand für Heilung der En-
gerlingsfchäden. — Forft: und Negierungsrat Fedderſen (Ziſchr. f. F. u. Iw. 1896, 266)
berechnet den durch Engerlingsfraß auf vier, rund 27000 ha großen Revieren des Forſt⸗
bezirtes Marienwerber-Dicye von 1869— 1888 durchichnittlich jährlich angerichteten Schaden
ebenfall3 anf 10000 ME. Die Hier in der Zeit von 1884—1887 vernichtete Kulturfläche
betrug 460 ha. Auf 100 ha Kahlhiebskulturen entfielen nad) den Beobachtungen Fedder⸗
ſens 44 ha Maifäferflächenfrag.
C. Bekämpfung.
a) Vorbeugung.
1. Betriebsart. Bon der Anſchauung ausgehend, daß in den Kiefernrevieren
der Kahlſchlagbetrieb der Maifäferplage weſentlichen Vorſchub geleiftet Hat, weil er
die dem Maikäfer ſympathiſchen großen freien Flächen jchafft, wird für Maikäfer⸗
reviere an erfter Stelle gewöhnlich die Forderung erhoben, die Kahlſchlagwirtſchaft
möglichft zu verlaffen und dafür die natürliche Verjüngung anzuwenden. So ſchön
die Befürwortung des meijt empfohlenen Plenterfchlagbetriebes auch Klingt, jo ftellen
ſich der erfolgreichen Anwendung diefer Betriebsart unter vielen Verhältniſſen Doch
allerhand Bedenken mwaldbaulicher Natur gegenüber. Unter Umftänden können fi)
dieje Bedenken fogar derart fteigern, daß der von Puſter (a. a. DO. 648) auf Grund
feiner zehnjährigen Erfahrungen ausgeiprochene Sat zu Recht beiteht: „Blenter-
wirtihaft und Yemelichlagbetrieb begünftigen die Maikäferentwidelung,
weil günftige Brutftätten auf ausgedehnten Flächen gejchaffen werben.”
Nach den in der Forſtinſpektion Marienwerder:Dfche gefammelten Erfahrungen
hat ſich das Aufgeben der früheren großen Kahlichläge und der Übergang zu klei⸗
nen Löcherhieben, die in den erften zwei bzw. drei Jahren nach dem Fluge ge-
führt werden, in Verbindung mit Freihieb der Anflughorſte andererjeits als wirk⸗
fame Maßregel herausgeftellt. Durch die Yöcherhiebe wurde auf Verminderung der
Bodenverödung, die auf kahlen Schlagflächen von größerer Ausdehnung unter Mit-
wirkung des Engerlingsfraßes eintrat, und auf Verringerung der Bodenverwundung
hingearbeitet. Die freisrunden Löcher wurden etwa 10—12 a groß gemacht und
waren längs ihres ganzen Umfanges durch einen mindefteng 40 m breiten Beſtands⸗
faum geſchützt.
Man ift aber, nachdem mit Hilfe Diefer Löcherwirtſchaft eine beträchtliche Ab⸗
minderung der Mailäferplage erzielt worden war, neuerdings (1895) zur Schmal⸗
Ihlagform mit ſtarkem jüdlichen Seitenfchug übergegangen.
| Die Breite biefer Schmal- bzw. Springichläge ſchwankt je nach der Bodengüte
und Beitandshöhe zwilchen 15—90 m. Je geringer der Boden, befto jchmäler werden die
Schläge geführt, und umgelehrt. Im einzelnen Hiebszuge wird erft dann meitergejchlagen,
wenn die Berjüngung ded vorausgegangenen Schlaged gegen den Mailäfer vollftändig ge:
fihert if. Die Führung der Schläge findet auf Böden V. und IV. Klaſſe nur im erften
und zweiten Winter nad dem Maifäferfluge ftatt. Auf Böden IH. und IL Klaſſe kann
man audy' noch im dritten, eventuell vierten Jahre hauen. Beſſer ift es aber, den Holz-
bedarf diefer jpäteren Jahre durch Auszüge von Altholz aus Jungwüchſen, Rändelungshiebe
und Durchforſtungen, kurz durch ſolche Hiebe zu deden, die wenig Kulturfläche ergeben.
Das Prinzip der fchmalen Schläge, dem man in der Saumjchlagwirtichaft ge-
recht zu werden nadjitrebt, dürfte unter Zuhilfenahme möglichft reichlicher Anhiebe
320 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
das richtigfte und das in der waldbaulichen Praxis unter vielen Berhältniffen am
eheiten durchführbare fein. Wie Schon oben angedeutet, ift Darauf zu achten, die Hiebe
erft dann fortzufegen, wenn die Kultur auf dem zulegt geführten Schlage gefichert
it. In Gegenden, die ftark unter Engerlingsfchaben leiden, empfiehlt e8 fich, Die Schläge
unmittelbar vor, namentlich aber in einem Hauptflugjahr möglichft einzujchränfen.
Wenn nur wenige Anhiebe zur Verfügung ftehen, find große Kahlhiebe aber wohl
immer noch das Heinere Übel gegenüber den Verfahren, jährlich oder faft jährlich
einen jchmalen Schlag an den anderen zu reihen. Puſter kommt fogar zu dem über-
tafchenden Reſultat, daß auf großen Kahlhieben der relativ höchſte Kultur-
erfolg erzielt wird, weil infolge des ungleihmäßigen Ublegens der Eier je nach dem
Grade der Maflenvermehrung bald kleinere, bald größere Bodenflähen fo ſchwach
belegt werden, daß die Pflanzen hier trupp⸗, dort horjtweije in die Höhe gehen.
2. Kulturmethode. Je mehr Pflanzen auf ber Fläche ftehen, um fo mehr
beiteht bei jeder Gefährbung durch tierifche Schäblinge die Möglichkeit, daß ein zur
Beitandsbildung noch Hinreichender Teil der Pflanzen verjchont bleibt und zur Ents
widelung gelangt. Diefer Sah führt zur Empfehlung der Saat und zwar tunlichſt
der Bollfaat für alle jene Verhältniffe, wo es nicht mit Hilfe der Naturverjüngung
möglich ift, den erwünfchten Pflanzenreichtum zu erzielen. Bei Rillen-, platz⸗ oder
lochweijer Saat ftehen die Pflängchen dichter beifammen als bei der Vollſaat und
werden daher in größerer Menge vernichtet, wenn einmal Engerlinge in die Reihe
bzw. in den Saatplat geraten find. Es entftehen dann leicht größere Fehlſtellen ala
bei der Vollſaat.
Vielfach find Beifaat von Getreide oder Vor⸗ und Zwiſchenbau anderer Feld⸗
gewächle ala vorbeugende Mittel angefehen und empfohlen worden. Dan ging da⸗
bei von der Anficht aus, daß der ſchwärmende Käfer Getreide: und andere dichtbe-
wachlene Flächen meide und feine Eier Hier nicht gern ablege. Nach den Erfahruns
gen auf den Waldfeldbauflächen ift diefe Anficht aber nur bedingt richtig. Die mit
Kartoffel beftellten Flächen werden mit Vorliebe zur Eiablage angenommen. Ge⸗
treidebeifaat jcheint allerdings vorbeugend zu wirken.
Jede Saat, gleichviel ob Voll⸗ oder platzweiſe Saat, jest nun aber eine mehr
oder weniger intenfive Bodenverwundung voraus und leidet ferner an dem Nachteil,
daß die einzelne Pflanze in den erften Jahren vom Engerling leicht totgefreflen
wird. Namentlich aus dem erftgenannten Grunde hat man an Stelle der Saat viel-
fah der Pflanzung, und zwar der Ballenpflanzung, und meilerhin jenen
Pflanzmethoden das Wort geredet, mit denen eine möglichjt geringe Loderung
des Bodens verfnüpft ift, d. H. den Spalt- und Klemmpflanzungen (Buttlar,
Wartenberg, Alemann, Setzholz, Keilſpaten uſw.).
Die Abneigung gegenüber der Saat und den Pflanzmethoden mit größerer Bo⸗
denbearbeitung ftüßt ſich auf die bisher allgemein verbreitete Anſicht, daß jede Bo⸗
denloderung vor oder während der Flugzeit durchaus fehlerhaft fe, weil dag Mais
käferweibchen durch geloderten Boden zur Eiablage direkt angelodt werde.
Diele Unficht ift nach den ſchon oben (S. 314) angeführten Beobachtungen von
Ogiewski und Zinnius jedoch nicht begründet.
Weit vorbeugender gegen Engerlingsfchaden fcheint vielmehr die auf Entfer⸗
nung der gefamten Iebenden Bodendede gerichtete Bodenbearbeitung zu wirken. Die
Käfer: Scarabaeidae: @attung "Melolontha. 321
Eier werden von Mailäfer-? vorwiegend auf bewachlenen Streifen abgelegt. Wird
nun auf den Kulturflächen die lebende Bodendede durch Abplaggen oder durch Un:
terpflügen fo entfernt, daß zur Flugzeit kein Pflanzenwuchs zu ſehen ift, fo ift die Hoff-
nung vorhanden, daß die derart behandelten Flächen bei der Eiablage, wenn nicht
ganz verſchont, fo doch jedenfalls nicht bevorzugt werben. Bei Maflenauftreten des
Maikäfers, wie im bayerischen Revier Kandel Süd (Langenberg), ſcheint das Fehlen
einer lebenden Bodendede die von Zinnius beobachtete Wirkung allerdings zu ver-
lieren; wenigftens berichtet Bujter, daß es die Eiablage in keiner Weije beeinfluffe,
ob der Boden auf der Kulturfläche reiner vegetationslofer Mineralboden oder ob er
mit Pflanzen, Gras oder Unkraut bebedt fei.
Zinnius Schlägt (Ztſchr. f. F. u. Iw. 1910, 176) unter Bugrundelegung feiner ab-
weichenden Beobachtungen vor, auf den 1908—1910 durch den Engerling größtenteils ver-
nichteten Spannerfraßfulturen der Colbigsleglinger Heide 60—100 m breite Streifen vor
dem Maikäferfluge jo zu bearbeiten, daß fie zur Flugzeit vegetationslos find und dieſe
Streifen im Flugjahr anzujden. Zwiſchen ihnen follen etwa gleichbreite Streifen unbear⸗
beitet mit der ganzen Pflanzendede liegen bleiben, um den Maifäfer zur Eiablage auf dieſe
erft in einem fpäteren Flugjahr in gleicher Weife zu Iultivierenden Streifen zu loden. Der
Erfolg diejer den Kulturplänen für 1910 in etwas abgeänderter Form zugrunde gelegten
Borichläge bleibt abzumarten.
Unter den für Engerlingskulturen meift empfohlenen Pflanzverfahren fteht die
Ballenpflanzung obenan. Durch den Ballen wird wenigftens ein Teil der Pflanzen-
wurzeln geſchützt, vorauögejebt, daß der Ballen bindig genug ift, um den Engerling
am Eindringen zu hindern. Lockere Ballen helfen nichts. In Sandgegenden wird man,
wenn ſich überhaupt noch Ballen ftechen Lafien, auf andere als lockere aber verzichten
müſſen.
Als Erſatz für den auf Sandboden nicht möglichen natürlichen Ballen hat man emp⸗
fohlen, die Wurzeln der einjährigen Kiefern im Pflanzloche mit einem dichten Brei aus
Lehm und Dammerde zu umgeben, den Ballen alſo künftlich herzuſtellen. Solange bie
Wurzeln die Schugichicht nicht durchbrechen, find fie vor dem Engerling fiher. Die Koften
diefer og. Gußpflanzung jtellen fidh ſehr Hoch, für 100 Pflanzen 3—5 Mt.
Ebenfowenig praftiichen Wert wie die Gußpflanzung hat die von Dandelmann
empfohlene jog. Sentpflanzung. Die Pflanzen follen des Engerlings wegen in 10 bis
20 cm tiefe Löcher gejegt werden, damit die im Sommer nahe der Bodenoberfläcdhe freſſen⸗
den Mailäferlarven nicht in die Wurzelichicht der Pflanzen, fondern „an die ihnen höchſt
widerwärtige Außenwelt‘ (de Pflanzloches) gelangen.
Nicht diskutabel für den Großbetrieb find weiterhin die von Milani!) und Rörig?)
ausgegangenen Vorichläge, die jungen Kiefernpflanzen bis zum Alter von 8—10 Jahren
dadurch vor Engerlingsfraß zu jchügen, daß man ihre Wurzeln mit einer Art von Schuß:
mantel umgibt, der widerftandsfähig genug ift, den Engerlingen das Eindringen zu ver-
wehren, der Pflanze aber hinreichenden Raum zu einem gedeihlicden Wachstum gibt und
ipäter entweder von jelbft zerfällt oder von den Pflanzenwurzeln durchbrochen wird, Mis
lani fchlägt zu dieſem Bmede vor, jede Kiefer in einen aus vier jenfrecht ftehenden jeit-
lichen und einer wagerechten Bodenplatte zufammengefügten, 25 cm tiefen Kaſten zu fegen.
Die Platten beftehen aus organifcher, mit einem mineraliichen Bindemittel verfitteter Sub⸗
ftanz und follen in den erften Jahren für Engerlinge undurdhdringlich fein. Preis flir einen
Mantel (fünf Platten) 1,5—2 Pf. — Rörig hält die Bodenplatte des Milaniichen Ka⸗
ftend der Piahlmwurzelentwidelung wegen für bedenklich, den ganzen Schugmantel für zu
fompliziert und empfiehlt an feiner Stelle 20—25 cm hohe, aus Dachpappe oder aus im⸗
prägnierter und dadurch haltbar gemadjter Pappe hergeitellte Tüten. Die Pflanzen wer:
1) Milani, A.: Allg. F. u. J.“Ztg. 1901, 268. — 2) Rörig, G.: Forftm. Zbl.
1903, 556). |
HeB, Forftihug. I. 4 Aufl. 2
322 Erites Buch. Schuß gegen Tiere.
den in fie eingejegt, nadıdem das durch einen Spatenftich Hergeftellte Pflanzloch mittels
eine3 Vorſtechers, defien unterer Teil genau die Form der Tüte hat, geformt und die Tüte
in das Pflanzloch eingelegt worden iſt. Die Koften ftellen fih je nad dem Imprägnie⸗
rungsftoff der Bappe auf 210—275 Mt. für 1 ha einſchl. Pflanzloften. Bei Verwendung
der jehr haltbaren Dachpappe rechnet Rörig einen Mehraufwand von 2,2 Bf. für die Pflanze
aus. Die auf einer Dahlemer Verſuchsfläche wie im Revier Neuhaus beobachtete Schutz⸗
wirkung der Tüten (in Neuhaus 68 °,, verjchonte Zütenpflanzen gegenüber 45%, verſchonten
Freilandpflanzen) dürfte nicht hinreichen, um die bei Anwendung der Tüten im großen
immer noch auf 120 Mt. ſich belaufenden Mehrkoſten ju rechtfertigen. — Un Stelle der
Nörigichen Tüten ließen ſich wohl aud) die afphaltierten Berfchultöpfe des Forſtmeiſters
Heuter-Bamberg (1000 Stüd 12 ME.) als Schugmäntel verwenden.
3. Beit der Rulturausführung. Der bisher meift erteilte Rat, der Boden⸗
lockerung wegen, die zu gefteigerter Eiablage führe, im Flugjahr nicht zu kultivieren,
fondern erft im nächiten oder übernächſten Jahre, ift nicht berechtigt. Auf ftarf ver-
feuchten Flächen werden zwar auch die zweijährigen und älteren Kulturen totgefreifen,
immerhin aber ift die Möglichkeit der reitlojen Vernichtung der im zweiten ober
dritten Fraßjahre des Engerlings ausgeführten, alfo einjährigen Kulturen viel näher
liegend ala die völlige Zerftörung der im Flugjahre angebauten, mithin in den ern⸗
ſteren Sraßjahren bereit? mit älteren, eingewurzelten Pflanzen beftodten Schläge.
Am Slugjahre ift, wie jchon erwähnt, der Schaden am wenigsten fühlbar, weil die
Engerlinge noch feine größeren Ortzveränderungen vornehmen und noch fein erheb-
liches Nahrungsbedürfnis Haben. Sobald alfo die mit der Kulturausführung verbun:
bene Bodenloderung als ein der Eiablage Vorſchub leiftender Faktor nicht oder we:
nigſtens nicht wejentlich ind Gewicht fällt, muß der von Bufter ausgeiprochene Sa
zu Recht beitehen: „im Maikäfergebiet iſt das günftigite Jahr zum Kul—
tivieren da3 Flugjahr.” Das Liegenlafjen der Schläge, um den Engerling:
Schaden zu vermindern, Hat im allgemeinen feinen Wert und ift nur dann zu be=
fürworten, wenn es fih um Flächen Handelt, die bereits vor der Schlagführung mit
Engerlingen verſeucht waren.
4. Unterhaltung qualmender Feuer (Räuchern). Zweck der Maßnahme
iſt, die Weibchen durch den über die Flächen ſich hinziehenden Rauch an der Eiablage
zu hindern. Die Rauchfeuer werden von Boden!) namentlich für Flächen empfohlen,
auf denen das Sammeln der Käfer wegen fehlender Fangbäume oder in Ermange⸗
fung der nötigen Arbeitäfräfte, wegen Entlegenheit oder aus fonjtigen Gründen nicht
möglich ift. Außerdem hat man fich der Rauchjeuer zum Schuge der Kämpe bedient.
Als Brennmaterial verwendet man Schlagabraum, altes Reilig, Hafens und Moos
plaggen, fett die betreffenden Haufen in Abftänden von 40—50 m Entfernung auf und
unterhält die Feuer während der Flugzeit bed Käfers in den Übendftunden.
Die Rauchjeuer wurden vom Forftmeifter Boden zuerit 1887 und 1891 und dann
wieder 1895 in ber Oberföifterei Freienwalde a. D. mit beftem Erfolge angewendet. In
dem Bereich der Rauchwolke war faft kein Käfer an den Fangbäumden (Birken ujw.) zu
erbliden, während da, wo nicht geränchert wurde, 30—40 Stüd von jedem Stämmchen
abgefammelt wurden. Die Koften diejer Maßregel find nicht bedeutend. Das zum Anzüns
den und Unterhalten des Feuers verwendete Perſonal muß natürlich zuverläffig und erfahren
fein, damit nicht etwa ein Waldbrand entitehe.
Eine größere Bedeutung kommt den Rauchfeuern jedoch nicht zu. Die Maß-
regel ift umſtändlich und hat fih an anderen Orten vollftändig wirkungslos ers
1) Btfchr. |. F. u. Iw. 1896, 637.
Käfer: Scarabaeidae: Gattung Melolontha. 323
wiejen. Man hat beobachtet (Pfalz 1899, Bufter u. a.), daß die dichteſten Rauch⸗
wolken es nicht vermochten, die befruchteten Weibchen von der Eiablage auf den
rauchüberlagerten Flächen abzuhalten.
"5. Maßregeln zum Schuße der Kämpe. Die Pflanzenerziehungsftätten
bebürfen befonderer Schubmaßnahmen, teils weil fie beliebte Brutftätten darftellen,
namentlich aber deshalb, weil die Engerlinge hier vorwiegend auf Ernährung durch
die Pflanzenmwurzeln angewieſen find und infolgedefien erheblich jchädlicher werden.
Die Heinere Fläche des Kampes erlaubt naturgemäß die Anwendung auch ſolcher
Maßregeln, die im Großbetrieb unbrauchbar ſind.
In Betracht kommen:
a) Anlage der Saat⸗ und Pflanzkämpe entfernt von Eichen- und anderen
Laubholzbeſtänden; Entfernung alter Eichen aus der unmittelbaren Nähe der
Pflanzgärten.
b) Iſolierung der Kämpe gegen verſeuchte Kultur⸗ oder Feldflächen durch
40—50 cm tiefe, m breite Gräben, um das Einwandern der Engerlinge zu ver-
bindern.
c) Bededen der Beete mit gewiſſen Begetabilien oder Mineralien, bzw. Un⸗
tergraben folcher, um die Eiablage zu verhindern oder um die Engerlinge zu bers
jagen.
Hierher gehören folgende Verfahren: Bededen der Beete mit einer 10—20 cm
Hohen Laube (Buchenlaub), Nadel- oder Reiligichicht oder mit Icharflantigem Schilf — Aus»
breiten geteerter Blätter oder Zweige auf den Beeten. — Untergraben von Walnußbläts
tern oder Begießen mit einer Durch Abkochen derjelben gewonnenen Brühe. — Unter-
bringen einer Schicht trodenen, friſch abgefallenen Eichen- oder Buchenlaubes bis zu etwa
20 cm Tiefe unterhalb der oberen Erd⸗ oder Hafenajcheichicht des Saatbeetes.!) — Ein:
legen kurz geichnittener Biweige von Wacholder oder Fichte in die Rillen der Saatbeete, in
seringer Entfernung voneinander, und zwar fo, daß die Nadelipigen gegeneinander gerichtet
find; erft Hierauf Ausſaat des Samend in die Riefen, wie gewöhnlich, und Bededen bes
Samen und der Zweige mit Erde.) — Einfteden 35 bis 40 cm langer Pfähle, deren in ben
Boden fommender Teil (20—25 cm) mit Eteinfohlenteer beftrihen wurde, in ettva 3 cm
weiten Abftande zu jeder in der Baumſchule verjchulten Pflanze.) — Auflegen von Ded-
gittern aus dünnen Holzplatten auf niedrige Pfählchen (während der Flugzeit) oder ſon⸗
ftige Beichattung der Beete. — Beftreuen der Beele mit Schwefelblüte, bis der Boden völlig
gelb gefärbt erjcheint, und jeichtes Unterbringen derfelben vor dem Anbau. Für ein Beet
. von 10 qm Größe braucht man etma 1 kg Schwefelblüte.‘) — Düngung mit Rainit®),
.deſſen Kaligehalt den Engerlingen tödlich fein und fie zur Auswanderung zwingen fol.
Man führt diefe Düngung am beiten in der Weiſe aus, daß man den Kainit auf den
Beeten audftreut und dann einhadt. — Einftreuen von Biehjalz‘), während der Flugzeit.
Auf 1 ha werden 30 Bir. gerechnet. — Einbringen von Tabakftaub.”) In der Pfalz auf
“ Hopfenädern, in Pflanzichulen uſw. mit Erfolg angewendet. Der Tabalftaub der geringiten
Sorten wird beim Umgraben, Rigolen beigemijcht oder mit dem Kompoft zugeführt. Nach
Bill verjagt der Tabalftaub die Engerlinge erft dann, wenn er in ftarfen Gaben (1 Ltr.
auf 20 qm) untergegraben wird. 1 Bir. auf 50 qm blieb wirfungslos. Preis für 1 Bir.
50 Pf. — In der Schweiz Hat fih nah Decoppet (Schweiz. Ztichr. |. Fw. 1912, 127)
ein ftart nach Teer riechended Aufftreumittel bewährt. Es wird von der Fabrik Bed in
Bieterlen (Bern) hergeftellt und ift in Mengen von 300—500 g auf 1 qm aufzuftreuen.
Die nicht behandelten Beete zeigten 5—6mal mehr Engerlinge als die behandelten.
1) Bhdlgn. d. Harzer Forftvereins, Ihrg. 1863. Braunſchweig 1864, 22. — 2) Gries⸗
hammer: Forftl. Bl. N. 3. 1878, 883. — 3) Bandifch: Zbl. f. d. gef. Fw. 1879, 265.
— 4) Deri.: Daf. 1880, 488. — 5) Allg. F. u. 3.:Btg. 1896, 840. — 6) Bill: Naturw.
Ztſchr. f. 2. u. Fw. 1908, 280. — 7) Forftw. bl. 1907, 127. — Bill: a. a. O.
21”
324 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
Das wirkfamite der hierher gehörigen Mittel ift das Beſtreuen der Pflanz-
gärten mit feingemahlenem, ungelöfchten Agtalfftaub.!) Er ift bei trodener Wit-
terung ein vorzügliches Mittel gegen Eiablage.
Das Einftreuen muß während der Slugzeit mehrfach vorgenommen werben und bat
in folder Stärke zu erfolgen, daß der Boden wie mit einer leichten Schneedede überzogen
ericheint. Für das erftmalige Überftreuen find für 1 ba 40 Bir. notwendig, bei Wieder:
holungen des Beſtreuens reicht die Hälfte Beim Ausftreuen Haben fich die Arbeiter mit
Schutzbrillen und Schugtühern vor Mund und Naſe zu verfehen. Die Maitäfer meiben
die mit Ätzkalkſtaub betreuten Flächen meift vollftändig. Diejenigen, die es nicht tun, jon-
dern fich einzubohren verfuchen, find verloren; der durch die Stigmen eindringende feine
Kalkſtaub wirft ägend und führt zum Tode. Leider verjagt das wirffame Mittel bei naſſer
Witterung. Jeder Niederfchlag Iöfcht den Kalt ab und macht Aufitreuen neuen Ätzkalkſtaubes
nötig. Wenn der Boden naß ift, bat das Aufitreuen auch feinen Zweck, weil der naſſe
Boden den Kalkftaub ebenfalls ablöfcht. — Bezugsquelle für Atzkalk find die Kalkwerke;
Preis für 1 Ztr. Ioco Wald 60—80 Pf., Ausftreuen für 1 Bir. 40 Bf.
d) Vermwittern der Beete durch Überbraufen mit Berwitterungsfläf-
figfeiten, um die Eiablage zu verhindern. Verwendet werden Löſungen von Kar⸗
bolineum, Schmierjeife, Fufelöl und Pyridinbafen: meist wirkungslos.
Karbolineum”) wurde zuerft von Forſtmeiſter Raßl in Kramſach (Tirol) empfohlen.
Er nahm 0,1 1 auf eine Gießkanne Waffer, ließ das Karbolineum jich zu Boden feßen und
goß mit dem über dem Bodenfat befindlichen, nunmehr ftarf riehenden Waſſer. Weniger
zeitraubend verfuhr Das Forſtamt Langenberg’), indem ed die Löſung gleih im großen
darftellte (200 1 Waffer, 2 1 Karbolineum). Das zu Boden gefuntene Karbolineum darf
nicht zum Überbraujen beftodter Beete Verwendung finden, weil es für junge Pflanzen und
Triebe ſchädlich if. In Langenberg ftellte fich die Berwitterung mit Karbolineum auf
35 ME. für 1 ha; bei Verwendung von Fujelöl ('/, 1 auf eine Gießkanne) Toftete 1 ha
50 Mk., bei Gebrauch von Pyridinbaſen (0,4 1 auf 1 hl Waffer) 150 Mt. Sobald der
ftarfe Geruch der Berwitterungsftoffe im Boden nachläßt, muß von nenem überbrauft werben.
e) Anzucht von den Engerlingen beſonders genehmen Futterpflanzen (Sa⸗
lat), Mohrrüben ufw.) zwilchen den Saat- und Pflanzreihen, um die bereits im
Boden vorhandenen Larven hierburd) von den Holzpflanzen abzulenten. Die Maß⸗
regel dient mehr zur Befämpfung als zur Vorbeugung, indem die an den well wer⸗
denden Salatpflanzen fienden Engerlinge beim Ausheben der Pflanzen gefammelt
und vernichtet werden. Salat bewährt fich als Sangpflanze, leidet aber ftarf unter
Schnedenfraß. Auspflanzen von Zwiebeln joll die Engerlinge verjagen; Beweis fehlt.
6. Schonung der Maifäferfeinde. Eine hervorragende Tätigkeit in bezug
auf Vertilgung der Engerlinge entfalten Schwarzwild, Dachs, Maulwurf, Spitzmäuſe,
Igel; — Krähen (befonders Saatkrähe und Dohle), Star) und Lachmöve. Gegen
die Käfer zeigen ſich Sledermäufe, Eulen, Biegenmelfer, Stare, Würger, Buffarde,
Zurmfalten und Weihen befonders wirkſam. Um die Anfiedelung der Stare zu bes
günftigen, find in®befondere um und in Forjtgärten möglichft viele Starfäften auf:
zubängen und Die fich etwa einnijtenden Sperlinge zu vernichten.
Der Dachs nimmt die Engerlinge mit Vorliebe an. — Der Maulwurf ift jo hervor⸗
ragend nützlich, daß man durch Uusjegen lebender Eremplare°) in befallene (Kiefern-) Kuls
turen deren Rettung mejentlich fördern kann. — Der Star trägt oft mehrere Engerlinge
— — —— —
—
1) Bill: a. a. DO. 283. — Puſter: Forſtw. Zbl. 1911, 877. — 2) 83l. f. d. gel.
Forſtw. 1894, 825. — 3) Kreß: Forſtw. Bbl. 1904, 265. — 4) Gerhold: Forfl. BI.
N. F. 1872, 23. — Bericht üb. d. 20. Verf. d. ſächſ. Forſtvereins 1873, 24. — Hellmig:
Forſtw. ZbL. 1879, 229. — 5) ©.: daſ. 1892, 419. — Bgl. au) das ©. 141 Geſagte. —
6) Klipftein: Forſtw. Zbl. 1886, 536.
Käfer: Scarabaeidae: Gattung Melolontha, 325
zugleih im Schnabel fort und ſtellt namentlich auch den Käfern nad. — Der Turmfalte
ſucht die Baumkronen auf Maitäfer ab.
b) Bertilgung.
I. Bertilgung der Engerlinge.
Sämtlichen gegen den Engerling gerichteten, in großer Menge vorhandenen
Bertilgungdmaßregeln wohnt keine erheblichere praftifche Bedeutung inne;
ihre Wirkſamkeit ift im großen ganzen nur gering.
1. Schweineeintrieb von April bis September. Nah den Beobachtungen
Puſters werden die Engerlinge nur in den erften Tagen begierig aufgenommen.
Bald eintretende Überfättigung führt zur Engerlingsmüdigfeit der Schweine.
2. Sammeln der Engerlinge bei Gelegenheit der Bodenbearbeitung,
fei e3, daß dieſe mit dem Pflug oder einem Handwerkszeug (Hade, Spaten, eiferner
Rechen) ausgeführt wird. Die hierbei zutage fommenden Larven müſſen jofort auf-
gelefen und in geeignete Gefäße gefammelt werden, weil fie fich fonft (namentlich
auf leichten Böden) alsbald wieder eingraben. Diefe Maßregel ift beſonders wichtig
für Saat⸗ und Pflanzlämpe. Uber auch in den Kulturen find die Engerlinge gelegent-
lich der Bodenbearbeitung zu jammeln. In Riefenfanten, regelmäßigen Pflanzungen,
namentlich aber in Saat- und Pflanztämpen empfiehlt es ſich, bei auffälligem Wels
fen und Verfärben der Pflanzen den Engerlingen planmäßig nachzugehen, die krän⸗
felnden Pflanzen auszubeben und die an den Wurzeln fihenden Engerlinge aufzu⸗
leſen. Beſonders ſtark verjeuchte Flächen, 3. B. Rämpe, auf denen die eingefehten
Pflanzen nad) kurzer Zeit totgefreffen werden, können zum Zwecke der Säuberung
unter Umftänden mit Hilfe des Pfluges ganz umgeftürzt und durch Sammeln
der Engerlinge vom größeren Teile der ungebetenen Säfte befreit werden. Als Zeit
für die direkte Jagd auf Engerlinge kommt naturgemäß nur die Zeit vom Mai bis
September in Frage, in welcher die Schädlinge der Bodenoberflähe am nächſten
fich befinden.
3. Sammeln ber Engerlinge mit Zuhilfenahme von Yangmitteln. Als
folche find angewendet worden:
a) Fangpflanzen: Salat, Mohrrübe, Erbbeere. Die an den bevorzugten
Fraßobjekten fich zufammenziehenden Engerlinge werden beim Sichtbarwerden ihrer
Anmejenheit durch Ausheben der Sangpflanzen aufgefucht und gefammelt.
b) Rafjen= ober Heideplaggen von etwa 20 cm Seitenlänge; fie werden
mit der Grasnarbe nach unten auf den Hulturflächen ausgelegt.
Auf diefes Mittel kam Forſtinſpektor Bolmar!) zu Allſtedt (Weimar) ganz zufällig.
In einem dortigen Reviere hatte man im Herbfte 1870 zu Kulturzweden auf einer 8 ha
großen, mit Grad und Heide bewwachjenen Fläche Rafenplaggen ausgeftochen und neben das
Loch mit der Gragfeite nad unten aufgelegt. Im Juli 1871 fand man beim Aufheben
dieſer Rajenplaggen unter jedem 8—11 Engerlinge. In Turzer Beit wurden mit geringem
Aufwande 16000 Stüd gejammelt.
co) Fangknüppel und Sangrinden.
Dieſes von Eihhoff?) empfohlene Mittel befteht darin, daß man in einem Haupt»
flug und dem hierauf folgenden Jahre bei Beginn der märmeren Jahreözeit an durch
Engerlingsfraß gefährdeten, möglichft grasfreien Ortlichfeiten frifche Rindenftüde mit der
1) Monatsichr. f. d. F. u. Iw. 1873, 281. — 2) Ztſchr. |. F. u. Im. 1882, 610.
326 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Rinbenfeite nach unten ober zartrindige, faftige Holzinfppel von 0,5—1,0.m Länge, etwa
zur halben Dide in den Boden legt. Beſonders erfolgreich foll dieſes Werfahren in Baum-
ſchulen bzw. Sorftgärten fein, zumal wenn man das Fangmaterial recht nahe an bie
Pflanzen bringt. Als geeignete Holzarten werben Aſpen, Salweiden, Eichen, Eichen und
Nabelhölzer empfohlen. Die Engerlinge ſollen durch die genannten Sangmittel angelodt
und von ben Pflanzen abgelenkt werben. — Nach Verſuchen in Preußen’) auf etwa 160
Revieren während der beiden Sommer 1883 und 1864 war ber Erfolg dieſer Maßregel
aber jehr gering.
d) Sanglöder, Fanggräben, Fanghaufen.
30 cm tiefe und breite Löcher oder Gräben werden nad) bem Vorſchlage von Ap=
penroth auf den Kulturen im Frühjahr (Mai) ausgehoben, mit Moos gefüllt und mit
Erbe bededt. Sie jollen die in ber Kultur herummandernden Engerlinge aufhalten und
en in jedem Monat revidiert. Nad dem Zujammenlejen der
erlinge werben fie durch Wiebereinfüllen des herausgenommenen
friſchen Mooſes von neuem fängiſch gemacht.
Bon anderer Seite find flache Fanglöcher oder Fangläſten, mit
wieh: und Pferdedünger und grüner Pflangenftreu (Unfräutern
) gefällt und mit Erde gebedt, empfohlen worden. Gie jollen haupt«
Ih als fünftliche Brutftätten wirken und das Maifäferweibchen
Binblage anziehen. Bier Wochen nach ber Flugzeit wird ber In-
der Gruben uff. auögehoben und verbrannt. Gleichen Bweden
m Sanghaufen aus Rafenplaggen, Forftunfräutern, Walderde,
naſche. Über die günftigen Erfolge folder Fanghaufen, bie eben-
bevorzugte Brutftätten für den ablegenden Maikäfer find, da fie
Bedingungen (Loderheit, Trodenheit, Wärme, Nahrung) zu einer
hlichen Entwidelung ber Brut enthalten, berichtet namentlich
ird Heyer auf Grund feiner in ben Forfigärten bei Gießen ges
ten Erfahrungen (Allg. 3. u. J.-Ztg. 1865, 128).
Es ift felbftverftändfich, daß die in und unter den oben⸗
mnten Sangvorrichtungen ſich einfindenden bzw. fi ent
midelnden Engerlinge von Zeit zu Zeit gefammelt und
vernichtet, die Fangmittel ſelbſt zeitweife erneuert werben
müffen.
Dan kann die erwähnten Fangmethoden — vielleicht
mit Ausnahme des in Pflanzgärten mit Nugen anwend⸗
baren Salatanbanes — als wertlos bezeichnen. Der
usb. 169. Wittes Engerlinge, Erfolg entipricht dem notwendigen Aufwand meift in
een. Ihe feiner Weife. Die vorhandenen günftigen Beurteilungen
diefer Fangmethoden beruhen nur auf Meinen Verfuchen und find mehr oder wes
niger Ausfluß der jubjeftiven Beurteilung de3 jeweiligen Erfinders.
4. Töten der Engerlinge ohne Sammeln.
a) Mit Hilfe mehanifd wirkender Mittel.
Oberförfter Witte (Groß-Schönebed) Hat zur Reinigung der Saat: und Pflanzkämpe
von Engerlingen ein befonderes Eifen (f. Ubb. 168) fonftruiert, mit dem bie ganze Fläche
füftematifc) durchitochen werben joll. Hierdurch werben wenigftens die nahe unter der Dber⸗
flache befindlichen Engerlinge getötet, die tieferliegenden freilich nicht. Die Anwendung
dieſes Eiſens fegt einen fteinfreien Boden voraus. Preis 15 Mt. Die Reinigung eines
Hektars Saat: und Pilanztamp hiermit koftet 48— 72 Mt. Für Verwendung auf der Kul-
turfläche eignet ſich das Eifen natürlich nicht. — Ein ähnliches Inftrument ift der von der
1) Altum: Ztiehr. f. F. u. Iw. 1835, 662. — Bgl. ferner daj. 1887, 143 u. 197.
Käfer: Scarabasidae: Gattung Melolontha. 397
Lehranftalt für Obft-, Wein: und Gartenbau zu @eifenheim a. Rh. zu beziehende Enger-
fingsftedher, eine Art Spaten mit eng zufammenftehenden, 10—12 cm langen ſcharfen
Zähnen.
b) Mit Hilfe chemiſch wirkender Mittel.
Man bringt in den verfeuchten Boden ein Inſektizid, und zwar Benzin,
Schmwefelfohlenftoff oder Sulfurit ein, entweder durch Einfüllen in vorher
geftoßene Löcher oder mittels Gonins Sprigpfahl oder auch durch Einlegen von
Gelatinekapſeln, die mit dem Inſektizid gefüllt find. Die Berichte
über die Ergebnifje lauten fehr verfchieden. Sie laſſen zwar er-
fennen, daß die Engerlinge auf dieſem Wege zweifellos vertilgt
werben können, der Erfolg hängt aber weſentlich davon ab, in
welchen Entfernungen die Injektionslöcher geitoßen werden und ob
ber Boden mehr oder wenig bindig und feucht ift. Die Inſektizide,
namentlich Schwefeltoblenfloff, wirken um fo beffer, je leichter fie ſich
im Boden ausbreiten. In ſchwerem bindigen oder naſſen Boden ijt
die Wirkung daher geringer als in Ioderem, trodenen Boden. Trodene
warme Witterung beeinträchtigt ebenfalls den Erfolg, weil fie die Ver-
flühtigung der Injektionsflüſſigkeiten bejchleunigt. |
Über Erfolge mit der Injektion von Benzin?) im Walde zu Fon-
tainebleau berichtet Forſtinſpektor Eroizette-Desnoyers. Die Einiprit-
zung wurde mittel des Goninſchen Stodinjeltord („pal injecteur‘) ?)
(Abb. 169) vorgenommen; dieſer geftattet nicht nur die Negulierung der
Tiefe des Eindringend in den Boden, jondern auch das Auswerfen der
Flüffigteit mit einem Drude. Man muß den Apparat etwa 4—5 cm tiefer
einftoßen, als die Engerlinge liegen. Preis des Amjeltord 23 — 36 Mt.
Bezugsquelle: Karl Platz, Majchinenfabrit in Ludmwigdhafen, und Ignatz
Heller, Wien II, Braterftr. 49. Um 1 ha Kulturjläche zu injizieren, muß
der Injektor etwa 1000ntal eingeftoßen werden. Hierzu braucht man 30 kg
Benzin. Die Koften belaufen jih auf etwa. 82 Mt. für 1 ha, find alſo
ziemlich hoch. Die Erfolge find, wie mehrere Angaben) ertennen laſſen,
nebenbei nicht befriedigend.
Umfaffendere Erfahrungen liegen über die Wirkſamkeit des Schwefel-
tohlenftoffes vor. Tiejer ift teild rein, teils ald Emulfion (50%, Schwe⸗
felkohlenſtoff enthaltend) verwendet worden. Reiner Schwefelkohlenſtoff, in
Mengen von je 2 g in 10—12 cm tiefe, 2,5 cm weite Löcher gegofien, die
im ®Bierband von 30 cm vorher geftoßen worden waren, tötete nach v. See⸗
fen‘) die Engerlinge. Koften für 1 a: 1,60 Mt. Ebenſo berichtet Urff®)
von günftigen -Ergebniffen bei folgendem Berfahren: 20 cm tiefe, 5 cm unb- 160.
weite Löcher im Verbande 1: 0,5 m wurden mit je 120 g Schwefelfohlen gprinpfant,
off beihidt und darauf feft zugetreten. Erfolg: ausichließlich tote Enger: Modell 1908,
linge beim fpäteren Nachgraben. Koften: 10 ME für 1 al Wlfo zu teuer. %/10-
— Desjelben Autors Verſuche mit Sulfurit, einem von der Firma L. Braun u. Komp.
in Aſchersleben hHergeftellten hochlonzentrierten Schwefellohlenftoff, die in einem Eichen»
fampe, auf moorigem, feuchten Lehm in der Weiſe vorgenommen wurden, daß man je 60 g
Eulfurit in Löcher im Berbande 1,5 :0,75 m einbrachte, Hatten feinen durchichlagenden
Erfolg. Die Engerlinge wurden nur bis auf 50 cm Entfernung von den Löchern ge-
tötet; darüber hinaus fraßen ſie weiter. Koften 3,50 ME. für 1 a. — Günftige Erfolge
mit reinem Schwefellohlenftoff bzw. mit Schwefeltohlenftoffemuljion erzielte man in dem
1) Forſtw. bl. 1889, 888. — 2) Cieslar, A.: 3b. f. d. geſ. Forſtw. 1889, 518.
— Edftein, Karl: Allg. Holzverfaufs- Anz. 1890, 38. — 3) Forſtw. Zbl. 1891‘, 278;
1897, 538. — Schaeffer: Daf. 1891, 440. — 4) Ziſchr. f. F. u. Iw. 1903, 868. — 6)
Daj. 1902, 742; 1904, 271.
328 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
Provinzialforft OrrelsLingel?) und zwar bei Verwendung von 40 bis 400 g reinem
Schwefellohlenftoff oder 40—800 g Emulfion auf 1 qm. Zur Tötung der Engerlinge ge⸗
nügten im April 150 g CS, oder 800 g Emulfion und im Mai 100 g CS, oder 200 g
Emulfion auf 1 qm.
Auch die von der ſchweizeriſchen forftlicden Verfuchsanftalt eingeleiteten Verſuche)
Iprechen für die Verwendbarkeit des Schwefeltohlenftoffes beit der Engerlingsbelämpfung in
Pflanzgärten. Nach den von Decoppet in der Pflanzichule Farzin (Kanton Wallis) ge⸗
fammelten Erfahrungen wird CS, am beiten in Mengen von 40—50 g auf 1 qm und in
je 6—8 Löcher eingeiprigt. Die fo behandelten Beete Hatten teilweife nur 1—2°%), Pflan⸗
zenabgang, während im nicht behandelten Vergleichsbeet big 80%, eingingen. Als Neben
wirkung wurde ein jehr günftiger Einfluß des CS, auf die Bodenfruchtbarkeit beobachtet;
die behandelten Beete zeitigten bei weitem Träftigere Pflanzen als die nicht behandelten.
Stärfere, 150 bis 800 g auf 1 qm betragende Dojen CS, töteten zwar mehr Engerlinge,
hatten aber auch Pflanzeneingänge zur Folge.
Um da3 Einbringen des Schwefellohlenftoffes bzw. des Benzind in den Boden zu
erleichtern, verwenden Jamain und Obergärtner Olbrich Gelatinelapfeln, Die eine Fül-
lung von 2,5, 5 ober 25 g CS, bzw. 1 g Benzin haben und Ende Mai oder Anfang uni,
im Flugjahr etwas ſpäter (Anfang Juli), in 20 cm tiefe, vorgeftoßene Löcher eingelegt wer⸗
den. Um zwedmäßigiten follen für forftliche Zwecke die Heinen Kapjeln mit 2,5 g CS, fein.
Brei für 1000 Stüd 5 Mi. Man rechnet in Kämpen 6—8 Stüd auf 1 qm. Die Löcher
find nach dem Einlegen der Kapfeln jofort zuzutreten. Unter dem Einfluffe der Boden⸗
feuchtigteit löſen fich die Kapjeln langſam auf und der entweichende Schwefelfohlenftoff tötet
die in der Nähe befindliche Tierwelt.
Durchgreifende Erfolge find mit den Gelatinelapfeln aber noch weniger erzielt tworben
als mit freiem CS,. Weiſe?) Lonftatiert zwar, daß mit den Kapſeln etwas zu erreichen ift,
verlangt aber friiche, nicht gelagerte Kapfel, da die vom Handel längere Beit in Vorrat
gehaltenen weniger CS, infolge allmählicher Verflüchtigung enthielten und mithin weniger
wirfiam feien. Auch von v. Seelen, Bill und Hiltner ) werden irgendwelche zu wei-
teren Verfuchen anregende Erfolge mit den Kapfeln nicht gemeldet.
Der Engerling3belämpfung mittel3 des Schwefeltohlenftoffes oder des Benzins
läßt ſich ſomit, wie aus den Ergebnifjen der angeführten Verfuche hervorgeht, eine
Zukunft ebenfalls nicht vorausfagen. Die genannten Inſektizide müſſen vielmehr,
ebenfo wie die weiterhin mit feinem oder nur geringem Erfolg ausprobierten Ver:
tilgungsflüffigleiten: Qöfungen von Krefol, Eriftallifierter Karbolfäure oder Kerofin +
Schwefelfohlenftoff als zwar wirkſam, aber praktiſch bedeutungslos bezeichnet
werben. Außerdem hat fich die dem Schwefellohlenftoff nachgerühmte gänzliche Un-
chädlichfeit gegen die Pflanzen keineswegs in allen Fällen erwiejen; hin und wieder
find vielmehr die in der Nähe der Injektionslöcher ftehenden Pflanzen eingegangen.
Der Grund mag allerdings in zu großen Mengen von CS,, im einzelnen alle
vielleicht auch in zu großer Bindigfeit des Bodens gelegen haben, die die einges
führte Flüffigfeit an Hinreichender Ausbreitung und damit Verdünnung Hinderte.
c) Töten der Engerlinge mit Hilfe inſektentötender Pilze.
Als Erreger einer an Engerlingen und Mailäfern auftretenden Verpilzung
tommt ein Schlauchpilz, Botrytis tenella Sacc. = Isaria tensa Link. in Betradt.
Die zunächſt gehegten Hoffnungen, daß ſich durch Fünftliche Infektion von Enger-
fingen und Ausſetzen derjelben eine vernichtende Seuche unter dieſen Feinden Des Land:
und Foritwirtes hervorrufen und den Engerling3falamitäten ein Ende bereiten ließe,
waren trügerifche. Der Erfenntnis der Wirkung der Engerlingsmykoſe und ihres Er:
1) N. forftl. BL. 1905, 110. — 2) Decoppet: Journal forestier suisse, 1912,
Nr. 3/4. Auszug in Schweiz. Ziſchr. f. Fw. 1912, 122 u. Forſtw. bl. 1913, 266. —
8) Münd. forftl. H. 1897, 12. Hft. 171. — 4) Pflanzenſchutz, 382.
Käfer: Scarabaeidae: Gattung Melolontha. 329
regerd ift die für die Praris notwendige Erkenntnis einer brauchbaren Infektions⸗
methode, ſowie die Kenntnis der VBerbreitungsbedingungen der Krankheit nicht gefolgt.
Die erften Verſuche)) mit der Pilzinfeltion wurden von. den Sranzofen Le Moult,
Delacroir, Prillien und Giard ausgeführt und 1891 veröffentlicht. Die Infektion
wurde von ihnen in der Weiſe bewirkt, daß fie eine Anzahl gefunder Engerlinge in eine
irdene Schale brachten, deren Boden mit einer 1—2 cm hohen Schidht feuchten Sandes
bededt war, und die Engerlinge hierauf mit dem Sporenpulver gründlich beftreuten. Bin⸗
nen 6—7 Stunden find die Engerlinge, wie ihre rojenrote Färbung erlernen läßt, infiziert.
Man fest fie alddann in die von Engerlingen befallene Fläche aus, und zwar in die Bo-
denſchicht, in welcher fich die meiften Engerlinge fortbewegen. Noch intenfiver joll der
Erfolg fein, wenn man — anftatt ber Beitäubung — Bepinjeln jedes einzelnen Enger-
ling3 mit einer die Sporen enthaltenden Eimweißlöfung (80 cbem Waſſer auf 1 cbem Ei-
weiß) vornimmt.
Die zu impfenden Engerlinge müflen unverlegt fein und dürfen nach der Infektion
nicht längere Zeit der Luft und Sonne ausgeſetzt werben, weil jonft die Pilzſporen zu-
grunde gehen. Man muß das Mittel namentlich in den Jahren anwenden, in denen der
Engerlingsfraß im Boden am flärkften ift (alfo nicht in Maikäferjahren).. — Leizour
(Mayenne) ift auf Grund feiner Unterfuchungen zu einem gleich günftigen Rejultate gelangt.
— Dufour?) (Laufanne) Hingegen fand dag Mittel nicht erfolgreih. Er ftellte zwar ebenfalls
die tödliche Wirkung des Pilzes an den hiermit geimpften Engerlingen feit; allein von
einer epidemiſchen Weiterverbreitung der Infektion war felbft auf leichtem, jandigen Boden,
ber doch das Wandern der Engerlinge begünftigt, abfolut nichts zu fpüren. — Auch Frank)
(Berlin) Hält auf Grund fpezieller Unterfuchungen den Erfolg des Überganges des Pilzes
auf die mit Sporen in Berührung kommenden gefunden Engerlinge im Boden für nicht
bedeutend genug, um das Mittel zur praktiſchen Anwendung im großen empfehlen zu kön⸗
nen. — Die von Dr. Kornauth (in Ofterreich) mit Botrytis tenella angeftellten Xer:
ſuche haben gleichfalls ein negatives Reſultat geliefert. — Weitere Berfuche von Edftein“)
(Eberöwalbe) und Yedderjen‘, (Marienwerder, Oberförfterei Dfche, 1892), und zwar
in Glasfäften, Pflanzlämpen und Freifulturen ausgeführt, haben zunächſt dargetan, daß
der betreffende Pilz in dem dortigen Fraßterrain urjprünglicy vorlommt und zum freudi⸗
gen Gedeihen eine größere Bodenfeuchtigkeit beanſprucht als der Engerling. Sie haben
ferner ergeben, daß die Pilzkrankheit auf gefunde Engerlinge künſtlich übertragbar ift, wenn
die Sporen mit Eiweiß aufgebracht werden, und daß fie ſich im Boden auch auf andere
Engerlinge fortpflanzt. Es tft aber zweifelhaft geblieben, ob der Engerling durch künftliche
Impfung im Großbetriebe mit Erfolg befämpft werden fanı. Auch Schweizer?) Berfuche
haben zu keinem anderen Ergebnis geführt, als zu dem, daß der Engerling im normalen
Buftande für die Wirkung des Pilzes wenig empfänglich zu fein jcheint.
U. Bertilgung der Käfer.
1. Sammeln der Käfer. Die angefichts der Ungulänglichkeit der bisher ans
geführten Gegenmittel fcheinbar berechtigte Meinung, daß der Menſch im Kampfe
gegen den Mailäfer machtlos fei, wird durch die mit fachgemäßem Sanımeln der.
Käfer gemachten Erfahrungen widerlegt.
Es ift auf diefem Wege möglich, felbft einer bereit3 tief eingewurzelten Mai-
käferkalamität Einhalt zu tun. Das Sammeln der Käfer ift das einzige wirkſame
Belämpfungsmittel, das zurzeit befannt ift. Die Wirkſamkeit fett allerding3 voraus,
daß da3 Sammeln planmäßig und unter Beachtung der nachftehend näher bezeich-
a — — — ——
1) Dandelmann: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1891, 2335. — Cieslar: Zbl.f. d. geſ.
Fw. 1892, 227. — Daſ. 1892, 266. — Heym: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1892, 408. —
Schaeffer: daf. 1898, 85. — 2) Forftl.-naturm Ziſchr. 1894, 249. — 3) Bilder. f. F. u.
Iw. 1898, 228. — 4) Bäche. f. F. u. Iw. 1898, 242. — 5) Daf. 1894, 48. — 6) Schweiz.
Btichr. f. Fw. 1895, 149.
330 Erfted Bud. Schub gegen Tiere.
neten Gefichtspunfte auf dem ganzen vom Maikäfer verfeuchten Gebiete, nicht nur .
auf Teilen dieſes Gebietes durchgeführt wird. Als nachahmenswertes Beifpiel
eines vorzüglich organijierten und deshalb fiegreich ausgehenden Kampfes gegen ven
Maikäfer möge auf das vom Forftmeifter Buster eingefchlagene Vorgehen gegen den
Schädling im Pfälzer Revier Kandel-Süd (Langenberg) !) wiederholt hingewieſen fein.
Unter Zugrundelegung der von Puſter beftätigten, ſchon befannten oder neu
gemachten Erfahrungen feien die folgenden, beim Yang der Maikäfer hauptfächlich
zu beobachtenden Punkte hervorgehoben.
Der beabfichtigte Maſſenfang bedingt zunächit eine entiprechende Borberei-
tung der Fangfläde.
Um die Sangbedingungen fo günftig wie nur möglich zu geitalten, müſſen ge—
eignete Fangbäume geichaffen, hierzu ungeeignete in oder an der Schwärmbahn
ftehende Fraßbäume aber möglichjt entfernt werben. Zu Yangbäumen eignen fich
leicht zu fchüttelnde, alfo jüngere oder, falls fie ſchon älter find, niedrige und tief
beaftete Laubhölzer. Sie werden auf Schlagflächen oder an deren Rändern, an Wegen
und Schneifen einzeln oder in mweitjtändigen Gruppen übergehalten und find, wenn
fie, 3. B. in Nadelholzrevieren, fehlen, dur Anpflanzung von Birken oder Eber-
eichen zu ſchaffen. Hohe Starke Stämme von Raubhölzern, namentlich alte Eichen, am
Beitandsrande oder im Beitandsinneren entziehen die Käfer der Fangmöglichkeit.
Sie müſſen deshalb, ſoweit es angängig ift, vor dem Beginn der Flugzeit entfernt
oder — bei tiefem Aſtanſatz — entwipfelt werden. Junge Laubbolzorte find zu durch⸗
forften und, wenn nötig, durch Aufhauen von Fanggaſſen für den Yang vorzubereiten.
Um jtörendften find ältere, gefchloffene Laubholzorte. Sie beeinträchtigen die erreich-
bare durchſchlagende Wirkung des Käferfanges um fo mehr, auf je größerer Fläche
jie vertreten find.
Die weitere Vorbereitung hat fi) auf Unmwerbung, Einteilung und Schulung
der notwendigen Arbeiiöfräfte, fowie auf Bereititellung der Fang: und Ber-
nihtungsmittel zu erftreden.
Wie viele und welche Fangkräfte für den Mailäferfrieg mobil gemacht werben können,
hängt natürlich von den örtlichen Berhältniffen ab. Ohne Heranziehung ſchulpflichtiger
Kinder wird meift nicht auszulommen fein. Der Mitwirkung von Kindern fteht auch nicht
nur nicht? entgegen, fie ift vielmehr ſowohl im Intereſſe der Koftenermäßigung wie auch
im Intereſſe jchneller und jorgfältiger Ausführung des Auflejens der herabgejhhüttelten Mais
fäfer erwünſcht. Bei den Vorbereitungen des Maitäferkrieges ift deshalb nicht zu vernady-
läffigen, mit den Leitern der Dorfichulen ujm. wegen Ausfalls des Unterrichtes in den äl-
teren Klaſſen während der Dauer des Krieges zu verhandeln. Die Kinder find gruppen-
weiſe Erwachſenen zur Unterftägung und Überwachung zuzumeifen; fie fich felbft zu fiber-
laffen, empfiehlt fich nicht. Die gewonnenen Arbeitskräfte werden in Abteilungen (Fang⸗
jeftionen) geteilt, die um fo ftärfer fein müſſen, je älter die zu bejagenden Beſtände find.
Die zur Verwendung in Stangenhölzern beitimmte Normaljeftion Puſters beftand z. B.
aus fieben Köpfen: dem Seftionsführer, vier Mädchen zur Bedienung des Fangtuches,
einem Schüttler und einem Gepäcdträger. In jüngeren Beftänden leiften ſchwächere, in Baum:
und Althölzern ftärfere Seltionen befjere Dienfte, weil die den Fangverhältniſſen anzupaj-
jende Größe der Fangtücher hier mehr, dort weniger Hände und Kräfte zum Halten, Aus»
ipannen und Bedienen der Tücher vorausſetzt.
1) Bgl. die die SKriegsvorbereitungen, Mobilmahung, Leitung und Durchführung
des Kampfes jchildernden, ſchon mehrfach angeführten Abhandlungen von Kreß und Pu—⸗
fter: Forſtw. Zhl. 1904, 265; 1910, 6335 1911, 577.
Käfer: Scarnbaeidae: Gattung Melolontha. 331
Den einzelnen Fangjeltionen werden entiprechende Fangbezirke zugeteilt, die nur jo
groß fein dürfen, daß fie mindeftens einmal im Laufe der täglichen Fangzeit abgefangen
werden lünnen. .
Ausgerüftet werden die einzelnen Yangabteilungen mit je einem oder zwei, aus mög⸗
lichſt leichtem, aber dauerhaften Stoff Hergeftellten Yangtüchern, Eimern mit Dedeln, Säden,
Holen auf mehr oder weniger langen Stangen und eventuell mit Leitern oder Steigeilen.
Das Fangen hat mit dem Ericheinen der erften Käfer zu beginnen und ift
ſeitens der einzelnen Sangabteilung in der Weiſe durchzuführen, daß der ihr zuge
wiefene Fangbezirk täglich von den an den Fangbäumen ſitzenden Käfern fo rein wie
möglich gefäubert wird. Die tägliche Fangzeit hängt von der Witterung ab. Bei reg:
nerifchem, naßkalten Wetter fihen die Käfer den ganzen Tag feft an den Bäumen,
ſodaß der Fang beliebig begonnen und fortgejebt werden kann. Warme trodene Wit-
terung hingegen bejchräntt die Fangzeit auf die frühen Morgen: und ſpäteren Nach:
mittagsftunden, auf die Zeit von 4—9 Uhr vormittags und 3—8 Uhr nachmittags;
zwifchen 9 und 3 Uhr fchwärmen die Käfer und fliegen beim Schütteln der Fang⸗
bäume davon.
Die Fangtechnik ift einfach: das oder die Fangtücher werden unter den Täfer-
beſetzten Bäumen ausgebreitet und die mit dem Hafen über das Tuch gezogenen Äſte
und Kronen abgeichüttelt. Das jeweilige Fangergebnis kommt in den Eimer und aus
dieſem in den feſt verfchnürten Sad. Unprellen der Bäume ift möglichſt zu vermei⸗
den oder nur mit geeigneten Werkzeugen (Prellfeulen) vorzunehmen.
Das Töten der gefammelten Käfer erfolgt am zweckmäßigſten mit Schwefel:
tohlenftoff. Die Käfer werden zu dieſem Zwecke aus den Säden in große, gut
verichließbare Fäſſer geichüttet und mit Schwefelfohlenftoff — 100 g auf 1 hl —
übergofien. In dem fofort möglichft Iuftdicht verfchloffenen Faſſe fterben die Käfer
binnen einer Bierteljtunde, ohne ihre jpäter zu ermähnende Verwendbarkeit zu ver-
lieren.
An Stelle des feuergefährlichen Schwefelkohlenſtoffes läßt ſich mit gleichem Er:
folg und gleichem Verfahren der nicht brennbare Tetrachlorkohlenſtoff verwenden.
Kleinere Mengen von Maikäfern können auch durch Überbrühen mit kochen—
dem Waſſer, Eintauchen der Säcke in ſolches oder durch Zerſtampfen in Erd-
gruben getötet werden. Beim Überbrühen ift auf je 2 1 Käfer 11 Waſſer zu rechnen.
Die Berlohnung des Sammelns gejchieht im Tage: oder Akkordlohn. Wo
auf gründliche Arbeit Wert gelegt wird, ift der Tagelohn entichieden vorzuziehen
und beſonders dort am Plabe, wo den Sammlern bejtimmte Sangbezirke angemwiefen
werden, deren tägliche Säuberung ohne Rüdficht auf die Größe des Fangergebniſſes
ihnen zur Pflicht gemacht wird. Bei Anwendung des Akkordlohnes, der zwiſchen 15
und 30 Bf. für 1 1 ſchwankt, ift es richtig, den Lohnjah zu Beginn und am Ende
der Flugzeit höher zu Halten als im Höchftpunft derjelben. Übertriebene Sparjam:
feit bei der Feſtſetzung des Lohnſatzes iſt fehlerhaft, da der Yang bei geringen Lohn-
fägen leicht auf die vollbefegten Bäume des Flugzentrums beſchränkt wird.
In welch großartigem Umfange das Sammeln der Käfer in manchen Gegen-
den betrieben worden ift, geht aus den nachſtehenden Zahlen hervor:
Geſammelt wurden 1868 in der Anhaltiichen Forftinipeltion Harzgerode gegen 18 Mit-
lionen — in Württemberg 1872 gegen 231 Millionen — in der Oberförjterei Chorin 1891
im ganzen 86 hl (= rd. 4 Millionen) — in Heſſen 1892 in ſechs Oberförftereien der Pro-
vinz Oberhejjen nur von Staatöwegen rd. 5'/, Millionen, wovon 3 Millionen auf die Ober—⸗
förfterei Eudorf famen. In der Provinz Starfenburg jammelte man bloß in der Ober-
332 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
förfterei Monchbruch 5 Millionen Maikäfer und in den Oberförftereien Langen, Mittelbid,
Mönchhof, Mörfelden, Viernheim und Babenhaufen gegen 18 Millionen. — 1894 wurden
in 18 heſſiſchen Oberförftereien im ganzen über 22 Millionen, 1902 von einer gleich großen
Anzahl von Revieren 18 Millionen Käfer zur Strede gebracht.
In Niederöfterreih wurden 1894 in 519 Gemeinden 572351 kg (= 152 Millionen),
1910 1,218 781 kg = 800274 | == 150 Waggonladungen (1910 mit einem Aufwand von
zund 118000 ME.) gelammelt.
Sehr große Mengen von Wailäfern find weiterhin. in den ſtark verfeuchten öftlichen
preußifchen Provinzen in den Ylugjahren gejammelt worden.
Die dajelbft vernichtete Käfermenge betrug:
TUT Ungahıl der
Haupt: | in den | Liter Millionen Oberförftereien,
amm abren | Stüd rund | in denen gelam-
' | Sa Ä | melt wurde
| 1884 | iss 7 Te 7 Ve a T Ya
I | 1889 886 633 164 18
ı 1894 | 298930 | 127 34
Mi u 1886 80 718 34 | 11
1891 | 317276 J 13 13
im gangen:| 1220065 | 518
alfo i. D. in einem Jahr: 244015 | 108,6 |
1 1 getöteter Mailäfer enthält gewöhnlich 400—450 Stüd. Das Sammeln der Käfer
geihah vorwiegend durch Finder, die den Wald von Sonnenaufgang bis etwa gegen 10 Uhr
vormittags durchftreiften und namentlich auf den 5— 25 jährigen Birfenrabatten, mit Denen
die Kiefernkulturen vielfach an den Wegen und Geftellen eingefaßt find, reiche Ernten hielten.
Als Stüdlöhne für 1 1 gejammelter und getöteter Mailäfer wurden 1889 15 Pf. feſtgeſetzt,
da fich Die 1884 gezahlten Löhne (von 8,7 Pf., ſogar nur 6 Pf.) ald unzureichend erwiejen
hatten. Der durchichnittliche Tagesverbienft einer Gejellihaft von drei Berjonen (zwei Kin⸗
ber und eine erwachſene Perſon) ftellte ſich 1889 auf etwa 2,50 ME., 1894 faum Höher.
Jedoch verdiente eine folche Gefellihaft an manchen Tagen auch 5—6 Mi. Infolge der
hohen Akkordſätze wurde möglichft rein gefammelt, was früher nicht der Fall geweſen war.
Bon Engerlingen und Käfern wurden allein in den fieben Oberförſtereien ber
Forſtinſpektion Marienwerder-Oſche (zufammen 44193 ha Holzboden) gefammelt:
in ben. Enge rlinge | Inden ' Rifr
Ze | _ iter Jahren | Liter
1882 4987 | 1884 | aaa
1887 ' 18016 | 1889 194 480
1892 | 4509 | 1894 95 010
im ganzen: 27 512 0.2.1401 774
alſo i. D. in einem Jahr: 91T 1 2.22. 01..188 925
Das Sammeln der Engerlinge wurde von Anfang Juni bis Ende Auguſt bes
vierten Sommers nad dem Fluge von Erwachienen ausgeführt. Die Larven freilen um
bieje Zeit unmittelbar unter der Bodendede, die mit einer leichten, zweizinkigen Kartoffel⸗
hacke abgezogen wird. Die aufgeleſenen Larven wirft der Sammler in ein Gefäß mit
Waſſer. Als Sammellöhne wurden 1887 24 Pf. und 1892 85 Pf. für 11 bezahlt.
1 1 Engerlinge enthält durchichnittlic 500 Larven.
Die in den weft: und oftpreußiichen Nevieren für das Käferfammeln ausgegebenen
Beträge entiprechen ungefähr dem Mittel. In Anhalt betrugen die Sammelfoften 1868 für
1 bl nur 1,71 Mt., in Chorin (1891) 8,87 DE. (einfchl. der Koften für das Töten der Tiere),
in Frankfurt a. D. (1894) 1,86 ME. In Hefien (1892) koſtete die Vertilgung von je
1000 Maikäfern 8 Pf. (Biernheim), 10 Br. (Alsfeld), 16 Pf. (Duvenhofen), 34 Pf. (Monch⸗
Käfer: Soarabaeidae: Gattung Melolontha. 333
bruch), 388 Pf. (Babenhaufen), 66 Pf. (Endorf); für die 5 Millionen in ber Oberförfterei
Mönchbruch wurden über 1700 Mf. verausgabt. 1892 ftellte fich da8 Sammeln von
1000 Käfern auf 25 Bf. (Kelſterbach), 81 Pf. (Mönchsbruch), 35 Pf. (Bternheim).
Den Rekord in bezug auf Mailäfervertilgung aber hat ficherlich Yorftmeifter Pufter
auf feinem Revier Kandel⸗Süd aufgeitellt, denn hier wurden 1908 auf 800 ha 7‘), Mil-
lionen, 1907 auf 1200 ha 15 Millionen und 1911 auf 1750 ha 22 Millionen Käfer und
zwar lebtere mit einem Gelamtaufwand von 20280 ME. gefangen.
Nupen des Sammelnd. Die eben mitgeteilten Fangergebniſſe von Kandel⸗
Süd liefern zwar nicht den augenfälligen Beweis, baß durch Sammeln die Zahl der
Käfer und damit der Schaden durch die Nachkommenſchaft weientlich herabgedrüdt
werden kann, wohl aber wird diefer Beweis in vollem Umfange durch die Bilanz
beigebradit, die Buster ſchon nach feinem zweiten Feldzug gegen die Maifäfer (1907)
ziehen durfte.
Als Folge des zweimaligen Sammelnd in den Sahren 1903 und 1907 berechnet
Bufter eine Erhöhung der jährlidden Gefamtmaflenerzeugung von rund 2000 fm., d. 5.
eine Einnahmevermehrung von 25000 ME. Diefem anjehnlihen Plus läuft eine Ruftur-
foftenminderung von jährlich 15000 Mt. parallel, da der vor dem Fang auf 527 ME. fich
belaufende Nachbefjerungsaufwand für Heilung der Engerlingfhäden durh dad Sammeln
auf 33 Mk., auf 1 ha aljo um 494 MI. zurüdging.
Noch Iprechendere Beweiſe für den Wert rationellen Käferfammelnd bringt die nad)
dem Yangjahr 1911 aufgeftellte Echlußabrechnung (vgl. Forftw. Z3bl. 1911, ©. 586). — Un
anderen Orten gewonnene Sammelergebniffe weijen den Rüdgang der Zahl der Schäblinge
deutlicher nad) als die infolge ftetiger Vergrößerung der Fangfläche nicht bemeisträftigen
Bahlen Puſters. In Wilhelmsmwalde wurden nad Edftein‘) in’4 Flugjahren 1889 bis
1904 24256 1, dann 27488 und 9456 1, endlich nur noch 2309 1, in Nilolaifen 1891 bis
1906 18810, 13980, 14555 und 7920 1 gefammelt.
2. Bergiiten der Käfer.
Die Verſuche, den Mailäfer durch Beipriten der Fraßbäume mit einem Inſektizid zu
vernichten, haben noch zu feinem brauchbaren Ergebnis geführt, Ein Erfolg wurde nad
den von dv. Tubeuf) im Gewächshauſe der Münchner forſtlichen Berjuchdanftalt angeftellten
Verſuchen nur mit Schweinfurter Grün erzielt. Die Mailäfer, die von den mit pulver:
förmigem Schweinfurter Grün beitäubten Blättern fraßen, waren am erften Tage zur Hälfte,
nach zwei bi3 drei Tagen alle abgeitorben. Eine Nubanmwendung diejes Ergebnifjes für
die große Praxis ift angeficht3 der Giftigleit des Mittel3 nicht zu erwarten. Gegen 2°/,ige
Kupfertaltbrühe, 2°, und 5°% ige Ehlorbariumlöfung, ſowie Tabakabkochung zeigten ſich die
Mailäfer bei den v. Tubeufſchen Verſuchen immun.
D. Berwertung der gejammelten Engerlinge und Käfer.
Man verwendet die gejammelten Sniekten
a) zur Fütterung von Schweinen, Hühnern, Enten, Stubenvögeln und Fiſchen
(Rarpfen),
b) ald Düngemittel,
ec) zur Herftellung von Wogenſchmiere, Buchdruckerſchwärze, Leuchtgas.
Zu a. Engerlinge werden von Schweinen, Hühnern uſw. in ausgiebiger Menge
uur dann aufgenommen, wenn fie mit anderen Stoffen, 3.8. mit Kartoffeln, gemifcht werben.
Käfer werden, um als Futtermittel zu dienen, zunächft getrodnet, entweder auf luf⸗
tigen Speichern oder beffer und fchneller in Badofen, Darren, Trodenofen ujw. Die Koften
fteigen durch das Trodnen um 1—8B Pf. für 11. Das Trodnen macht ſich natürlich Leichter,
wenn die Käfer mit Schwefelkohlenſtoff, als wenn ſie durch Überbrühen getötet worden ſind.
Hühnern uſw. gibt man die Käfer in ganzen Stücken oder mahlt fie, ſetzt Die 3—4 fache
Menge Mehl Hinzu und bädt Brot aus dieſer Maſſe. Als Singvogelfuiter find die Käfer
1) Btichr. f. 5. u. Iw. 1907, 44. _ 2) Naturw. Ztiſchr. f. F. u. Lw. 1908, 78.
334 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
ebenfall3 im gemahlenen Buftande unter dem Namen Inſektenmehl (dad Pfund 1 ME., im
Handel.
Bur Schweinefütterung miſcht man die Käfer mit ftärlemehlreihen Yuttermitteln,
wobei 1 kg trodene Käfermafje auf 5 kg Kartoffeln oder Schrot zu rechnen ift.
Nach Analyjen und Verſuchen von Dr. €. v. Wolff") (Hohenheim) im Jahre 1872/73
haben Mailäfer auf das Wachstum von Schweinen der Halbenglifchen Raſſe wenigftens
ebenfo günftig gewirkt, wie ein gleiches Gewicht von Gerftenfchrot oder Kokoskuchen; jedoch
zeigte ſich der Era durch Gerſte nur bis zu einer gewiflen Grenze vorteilhaft. Die Aſche
der Maikäfer iſt ähnlich zujammengefegt wie die Fleifchafhe. 174 kg Mailäfertrodenjubs
ftanz find ihrem verdaulichen Proteingehalte nad — 100 kg Fleiſchmehltrockenſubſtanz
(Rüdftand bei der Fleiichertraftbereitung). Hiernad) berechnet ſich der Futterwert von 100 kg
friſcher Maikäferſubſtanz auf 6,71 ME., Hingegen von 100 kg trodener Maitäfermafje auf
20,12 ME.
Edjtein empfiehlt den Maikãfer ganz beſonders noch zur Fütterung von Karpfen,
und zwar in Vermiſchung mit Roggenkleie. Nach dem Zermahlen der bis zur Verwendung
unzerkleinert (in Säden) aufbewahrten Käfer wird dem entftandenen Käfermehl Roggenkleie
in gleicher Menge zugefegt. Es entfteht dann ein Futtermittel, das den beiten Rarpfen-
futtermitteln, der gelben Qupine und dem Mais, im Nährwert gleichfteht.
Zu b. Zum Bivede der Düngerbereitung werden die Käfer am beften fompoftiert.
Man bringt fie fchichtenweife mit Torfmull, trodener Erde oder Sägeipänen und unge-
löfchten Kalt zufammen, oder löſcht den Kalf erft ab und zieht das Kalfpulver über bie
Käferichicht.
Das Kompojtieren empfiehlt fich mehr als das Einftampfen der Käfer und Mifchen
mit Torf, Sägelpänen uſw. oder als das wechſelweiſe Einihichten von Käfer und unge-
löſchtem Kalk in Gruben. Die Zerſetzung der Käfer geht, wenn der Grubeninhalt nicht
umgejest wird, zu langiam vor fid).
Über den Dungwert bzw. Stiditoffgehalt der Maitäfer erteilen folgende Analyſen
Aufſchluß:
Nach Stödhardt?) enthalten die Käfer in friſchem Zuſtande 8,28%, Stidftoft, im
völlig ausgetrodneten Zuftande 95,79%, verbrennbare organiſche Maffe’(9,57°, Stidftoff
und 11,5°%, Fett) und 4,21°/, Aichenbeftanbteife (vorzugsweiſe phosphorjaures Kali, kohlen⸗
ſaures Rali und phoaphorfaure Kalkerde). Redynet man das Kilogramm Stidftoff zu 1,20 Mk.,
jo Hat der Zentner Stäfer einen Dungivert von etiva 1,98 ME.
Nah Payen?) enthalten die Maifäfer in 100 kg friicher Subftanz 8,48 kg Stid:
ftoff und 1,35 kg Mineralftoffe, Hingegen in 100 kg Trodenmafje 12,07 kg EStidftoff und
4,67 kg Mineralfubftanzen. Hiernach würde 1 Bir. Käfer einen Dungmwert von etwa 2,09 ME.
repräfentieren.
Dr. €. v. ®olff*), berechnet den Dungwert von 1 Ztr. friiher Käfermaſſe auf 2,78 ME.
und von 1 Bir. trodener Käfermafje auf 8,84 Mf., weil 3 Btr. friiche Käfer zu 1 ir.
Trodenmafle erforderlich find.
Rah Analyſen von Cambou?) bejigen 50 kg Mailäfer einen Dungwert von 3,20
Mt.; bezüglich ihres Stidftofigehalts fommen fie etwa 400 kg bed beften Kuhdüngers gleich).
Bagnoul®) tötete Die Maikäfer durch Schwefelkohlenftoff, trodnete jie dann und zer-
Heinerte die Mafje in Bulverform. Das betreffende Pulver hatte folgende Zufammenjegung:
8,00%, Wafler, 11,06%, Stickſtoff, 1,74%, Phosphorſäure, 1,44%, Kali, 11,30°%, Fett,
70,38°%/, organifche Subjtang und 1,08%, Unlösliches. Aus 1 kg Mailäfer (1130 Stüd)
wurden 300 g de3 obigen Mehl3 gewonnen. 50 kg Mailäfer würden hiernach einen Wert
von 2,40 Mi. repräjentiern.
Ans diefen Zahlen geht hervor, dab der Futterwert der Maikäfer höher fteht als ihr
Dungmert.
1) Landwirtſchaftliche Berjudy8: Station 1876, 241. Einen Auszug hieraus bringen
die Forftl. BI. N. F. 1879, 186. — 2) Chemiſcher Adersmann 1856, 2. Heft, 121. — 8)
Bernag: Ztſchr. f. d. landwirtich. Vereine d. Großherzogth. Heflen 1872, 134. — 4) Forſtl
Bl. N. F. 1879, 187. — 5) Daſ. 1890, 155. — 6) Biedermann bl. f. Mgritulturgemie
1895, 783. , .
Käfer: Scarabaeidae: Gattung Melolontha. 335
Bu c. Im Sachſen kam man gegen Ende ber 1830er Jahre auf bie Idee, Gas aus
den Maitäfern zu brennen. Im der Gasanftalt des Gilberamalgamierwerfes „Halabrüde”
bei Freiberg wurden die Maifäfer der trodenen Deftillation untermorfen; man erhielt hier-
durch ein worgügliches Gas.
E. Behandlung der befhädigten Pflanzen.
Die befallenen Pflanzen find verloren und müſſen durch neue erfegt werden,
wenn Pfahl- und Seitenwurzein erheblich verbiffen wotden find. Sobald dieſe in
der Mehrzahl noch unverlegt oder nur unweſentlich beſchädigt wurden, Lafjen fich
die Saubhölzer und von den Nadelhölzern allenfalls noch die Lärche!) dadurd; am
Leben erhalten, daß man fie ſtark einftugt und ihren Fuß mit Erde behäufelt (Juli,
Auguft). Durch das Beſchneiden fol die Verdunftung ermäßigt und durch das Be—
bäufeln dem Wertrodenen der noch lebenstätigen Wurzeln begegnet, fowie bie Bil-
dung neuer begünftigt werden. Man muß aber dieſes Mittel fogleich anwenden,
wenn bie Pflanzen anfangen, infolge des Fraßes zu fränfeln. Bei Laubhölzern kann
man unter Umftänden das Einftugen bis zum vollen Abiverfen des Stämmchens
fteigern.
2. Polyphylla fullo L.
Balter, Müller (Abb. 170).
Kennzeichen: Käfer 26-85 mm lang. Halsſchild und Flügeldeden runzelig punt-
tiert, bald hell«, bald ſchwarzbraun und ftet® unzegelmäßig weiß; geiprenfelt. Bruft dicht
graugottig; Bauch filzig behanzt, ohne dreiedige, weiße Geitenfleden. Hinterleib ohne Ufter-
griffel Fühler zehnglieberig; Fühlerfeufe bei dem Z ſehr groß,
fiebenblätterig, bei dem 3 Mein, fünfblätterig. — Larve bis
80 mm lang, fonft von faft gleichem Habitus wie ber gemeine
Engerling.
Lebensweife ufw.: Typiſcher Bewohner fandiger Ge-
biete; im allgemeinen nur ſtrichweiſe vorfommend, im nörb-
lichen und öftlichen Deutfhland zu Haufe. Flugzeit: Juni,
Juli. Die Generationsdauer ift noch nicht mit Sicher-
heit erforſcht.
Der Käfer befrißt died- und vorjährige Kiefern:
nadeln, und zwar derart, daß er, von der Baſis nad) ber
Spige hin fortfreitend, ben Rand ſtark zerfajert.?) Er ber wis. 170. Polyphylia fano L.
fällt mit Vorliebe ſchlechtwüchſige Kufleln, frißt aber auch 2 mat. Gr). .
an ben verfchiebenften Laubhölzern (Eiche, Buche, Weide, Robinie ufw.).
Der Engerling befrißt die Wurzeln junger Kiefernpflanzen und richtet in den
Dünenaufforftungen ftellenweife großen Echaden an, ber erft mit Bildung einer
Grasnarbe oder mit eintretendem Schluß der Kultur aufhört. Fraß an Kiefern, die
höher al3 Y,; m, jelten; ebenſo ift der Fraß an den Wurzeln der Dünengräfer (Ely⸗
mus und Arundo) in den Oſtſeedünen wenig beobachtet worbden.’)
Betämpfung: Im allgemeinen wie bei dem Mailäfer. . Um zwedmäßigiten
ift der Fang der Käfer. Er geichieht entweder am Tage durch Ublefen von den
jungen Pflanzen oder gegen Abend zur Schwärmzeit des ſchwerfällig und niebrig
1) Nördlinger, H.: Krit. BI. 1866, 48. Bd., I, 271. — 2) Edftein, Karl: Die Kie—
fer (Pinus eilvestris L.) ujiw. 1. ®d Berlin 1893, 1. — 3) Bgl. Bod: Aufforftung der
Dünen in Gerhardt: Handbuch des deutichen Dünenbaues. Berlin 1900, 516.
336 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
fliegenden Käfers mit Handnetzen. Letzteres Verfahren wird im Dünenauffeherbezirt
Nidden auf der kuriſchen Nehrung feit Jahren mit Erfolg angewendet (im Jahre
1899 Fangergebnis 16000 Stüd). — Uusheben ber Engerlinge: Bu foftipielig
und zu wenig wirffam, in ben Dünenaufforftuugen auch bedenklich wegen Loderung
des Bodens. Brauchbar feinen Fangknüppel zu fein; wenigſtens wurden in den
preußifchen Revieren Alt-Ruppin (Reg.-Bez. Potsdam) und Tauer (Reg.-Bez. Frank⸗
furt a. O.) viele Engerlinge des Walkers an ben Fangknüppeln nagend gefunden.
— In den Dünen beteiligt fich die Nebelträhe in erfolgreichiter Weife an der Ver«
tigung durch Heraushaden des kurz vor der Flugzeit kuapp unter der Oberfläche
befindlichen Käfers.
3. Rhisotrogus solstitialis L.
Juni-, Brach-, Johanni3-, Sonnenwendfäfer (Abb. 171).
Kennzeichen: Käfer 16—17 mm fang, im ganzen Habitus den Maitäfern ähn-
ich, jedoch fehlt der Aftergriffel. Bon braungelber Färbung, mit je 4 erhabenen Längd-
leiften auf den Deden. Halsſchild, Bruft und Bauch Tangzottig, gelblich-
grau behaart. Fühler neungliederig mit breiblätteriger Seule. Beine
zoftgelb. Die Klauen haben an ber Bafis einen Meinen Zahn. —
Larde ber bes gemeinen Maitäfers fehr ähnlich, nur Heiner, mit {chlan«
teren Züßen, lärigeren Klauen und heller gefärbtem Nadenjdilbe.
Lebensweife ufw.: Flugzeit Juni, Juli. Der Käfer
nimmt die Nadeln (befonders die vorjährigen) und die Rinde
as. junger Kieferntriebe an, zieht aber gleichfalls die Laubhölzer
Bhisotrogus vor. Die Nadeln werden von der Spihe an aufgezehrt, während
ee die untere Hälfte ftehen bleibt. Ein harakteriftifches Merkmal für
den Fraß ift der meiftens fchief zur Nadelachſe geführte Schnitt
mit feharfen, etwas nach innen gebogenen Wundrändern.!)
Die Larve nährt fi von Gras⸗ und Getreidemurzeln, vermag aber auch in
Kiefernkulturen recht ſchädlich zu werden.?)
Generation zweijährig.
Das Infekt gehört der Fauna des Sandbodens an, fteht aber ben beiben vo»
rigen an forftlicder Bebeutung weit nad).
Bekämpfung: Wie bei dem gemeinen Mailäfer.
4. Gattungen Phyllopertha, Anisoplia, Serica.
Geringe forftliche Bedeutung kommt den Heineren Formen der Zaubkäfer, den
Gattungen Phyllopertha, Anisoplia und Serica zu. Die Imagine treten im Juni
und Juli Hin und wieder in großen Mengen auf und ſchaden dann in erfter Linie
ben Laubhölzern durch Blattfraß. Die im Boden lebenden Larven befreffen die Wur—
zeln von Gräfern, Kräutern und auch von Holzgemächien, find aber im allgemeinen
nicht als Schädlinge von Kulturen und Pflanzgärten aufgetreten.
Phylloperthba horticola L. Junitäfer, Rojenläfer. Als Käfer ſchädlich
durch Laubfraß und Venagen der Blüten und junger Früchte (Obft), befonderer Liebhaber
bon Roſen, daher Roſenkäfer. 1902 befiel der Käfer in der heffiichen Oberförfterei Groß:
Gerau die 100jährigen Eichen im Büttelborner Gemeindewald und frohwüchſige Eichen
kulturen. Er macht in bezug auf das Alter der Fraßbäume feinen Unterichied.
1) Edftein: Die Kiefer uſw., 10. — 2) Häufler: D. Forſt-Ztg. 1913, 722.
Aderflügler: Blattweipen. 337.
Anisoplia aenea Geer (Anomala Frischii Fabr.). Yulifäfer, Friſchs Laub»
täfer. Ebenfalls als Käfer Laubfreſſer; ausnahmsweiſe werden Die Radeln der Kiefern, und
zwar ſowohl jüngere wie ältere, angenommen. In dem beobachteten alle (Kärnten)
wurden die Radeln von ber Spike herein an einer oder an beiden Kanten befrefien, fo
dag zunächſt nur ein Nadelftumpf oder der Mittelnern mit fajerigen Rändern ftehen blieb.')
Serica brunnea I. Bisher forftlich belanglos, neuerdings durch Larvenfraß in
einem Pflanzgarten des Eulengebirges ſchädlich geworden.) 2jährige Fichtenpflanzen wur⸗
den durch die in großer Menge (bid 75 Stüd auf 0,5 qm) im Boden befindlichen Larven
an den Wurzeln ftredenmweije der Rinde beraubt, und an den feineren Wurzelenden mehr
oder weniger benagt. Das Fraßbild glich durchaus dem von der jungen Maifäferlarve
hervorgerufenen.
Für ähnliche Beſchädigungen auf einen Kiefernſaatbeet des Eberswalder Forſtgartens
macht Eckſtein) die Larven von Hoplia graminicola Fabr. verantwortlich.
Befämpfung: Sammeln der Käfer durch Ableſen oder AbHlopfen in unter-
gehaltene Schirme und Vernichtung der Schädlinge.
Die gefammelten Käfer müflen, da fie bei warmer Witterung leicht fortfliegen, als⸗
bald in ficheren Verſchluß gebracht werden. Man jammelt am beiten bei trübem Wetter
und tötet die Käfer in derielben Weile wie bie Maikäfer.
Ordnung Hymenoptera, Averflügler.
Die forſtliche Bedeutung dieſer nach ihren morphologiſchen Charakteren S. 127
gefchilderten Ordnung ift troß ber ſehr großen Zahl der zugehörigen Arten eine
verhältnismäßig geringe. In allen Fällen, wo wirtichaftlich beachtenswerte Schädi-
gungen durch Aderflügler hervorgerufen werden, handelt es fich, wie bei den Schmet⸗
terlingen, um Larvenichaden. Als Täter fommen dann jederzeit Vertreter der Blatt⸗
und Holzmweipen in frage, deren raupen= bzw. mabenähnliche Larven ſich von der
Blatt oder Holzjubftanz ihrer Fraßpflanzen nähren. Die wenigen Hymenopteren,
deren Imagines gelegentlich ſchädlich werden (Hornifje, Ameiſen), find forftlich ziem⸗
lich belanglo2.
Samilie Tenthredinidae, Blattweſpen.
Tühler gerade, meift faden= oder borftenfürmig, felten keulenförmig, zuweilen gejägt
oder doppelt gefämmt (2), 3-36 gliederig. 3 Punktaugen. Borderer Bruftring meift jehr
kurz (Halskragen); Hinterrüden durch einen tiefen Eindrud vom Mittelrüden getrennt. Flügel
mit vollftändigent Geäder, die vorderen mit 1—2 Radial- und 3—4 Kubitalzellen. Beine
mit 2 Schenkelringen; Vorderichienen mit 2 Enddormen. Yußglieder an der Sohle oft napf«
artig erweitert. Hinterleib flach, volllommen angewachſen, aus 8 Ringen beftehend. 2 mit
kurzer, zurüdziehbarer fägeartiger Legeröhre, mit welcher die Eier meift im Innern wei⸗
her Pflanzenteile untergebracht werben. Generation gewöhnlich doppelt, zumeilen dreifach,
jedoh kommt, namentlich bei den @eipinftblattweipen jehr häufig UÜberjährigfeit vor. —
Larven meift bunt gefärbt, 8-, 18-, 20: oder 22 beinig, mit 2 Seitenaugen, den Schmetterling$-
raupen ähnlich (daher der Name „Afterraupen‘). Sie leben häufig in Gejellichaften und
fpinnen fih nad) 4—6 Häutungen bei der Berpuppung einen zumeift feften Kofon. Nur
die Lydas Arten verpuppen ſich in einer einfachen Erbhöhle. — Die Verwandlung in den
PBuppenzuftand geht — oft nad) mehrjähriger Larvenruhe — erft etiva 2 Wochen vor dem
Austriehen vor fih. Puppen weid.
Die AUfterraupen nähren fid von Nadeln und Blättern, gelegentlich auch
von der Rinde junger Triebe, leben in der Jugend oft gejellig und nehmen beim
— — — — — —
1) Henſchel, G.: Z3bl. f. d. geſ. Fw. 1888, 26. — 2) Eſcherich, K. u. Baer, W.:
Naturw. Ztſchr. f. F. u. Lw. 1910, 156. — 8) Ziſchr. f. F. u. Iw. 1904, 356.
Seh, Forſtſchug. I. 4. Aufl. 22
338 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Berühren eigentümliche, Ssfürmige Stellungen ein. Die Imagines ernähren fich vor⸗
zugsweiſe von Honig. Manche (Cimbex-) Arten ringeln junge Qaubholzzweige, ver⸗
mutlich zum Zwecke des Saftgenufjes. Einige Arten find jehr ſchädlich.
A. Laubholzſchädlinge.
Sämtlihe Laubholzblattmeipen haben keine bejondere forftliche Bedeutung.
Durch den Fraß ihrer Afterraupen an und in Blättern oder an und in Trieben,
Biweigen ufw. wird nur in feltenen Fällen (3. B. in Weidenhegern) ein merklicher
Schaden angerichtet.
1. Nematus (Cryptocampus) ater Zadd. = N. angustatus Hitg.
Weidenmarkblattweſpe.
Kennzeichen: Flügelſpannung 12—14 mm. Körper langgeſtreckt, ſchwarz; nur Die
Knie, Schienen und Tarjen blaßbraun. Flügelihüppden weiß. — Afterraupe ſchmutzig⸗
grün mit bräunlihem Kopf und verfümmerten Bruſt- und Bauchfühen.
Lebensweise ufm.: Flugzeit und Eiablage zeitig im Frühjahr und dann wieder
im Sommer.
Die Afterraupen freilen im Marke junger Weidenruten (Salix viminalis und
8. alba). Die Marfröhre wird oft auf eine Länge von 2—8 cm zerftört, mitunter auch
das anftoßende Holz besagt. Anfolge der Beſchädigung fterben die Ruten ab.
Berpuppung in der Fraßröhre in einem Taffeebraunen Kokon.
Generation doppelt.
Belämpfung: Abjchneiden und Verbrennen der befallenen Triebe.
Zuſatz.
Noch weniger wichtig als die vorſtehend genannte, in vereinzelten Fällen jedoch ſchäd⸗
lich gewordene Blattweſpe ſind:
Nematus gallicola Westw. (= saliceti Dhlb.), Weidengallenblattweſpe.
Die Eier werden beim Laubausbrucdh einzeln oder zu mehreren in die vom 2 aufs
gelägten Seitenrippen der Weidenblätter gelegt.
Die Aiterraupen freflen in legteren und erzeugen hierdurch bohnenförmige, grüne
oder rotbadige, aus beiden Seiten der Blattfläche hervortretende Gallen von 10—15 mm
Länge, oft 8—10 auf einem Blatte. Ende Yuli verläßt die Raupe bie Galle, benagt
mitunter noch die Blattfläche und fält zur Erde. — VBerpuppung im Boden, Generation
einfach.
Nematus salicis L. Braungelbe Weidenblattwejpe. Flugzeit und Eiablage
beim Laubausbruch. Afterraupe bläulichgrän, an den 3 erften und am 8. und 9. Ringe
orangegelb. Sie frißt gefellig an den Blättern der Weiden (Salix alba, viminalis und
fragilis), jo daß nur die Blattftiele ftehen bleiben. Berpuppung im Boden.
Generation doppelt.
Nematus septentrionalis L. Breitfüßige Birkenblattweſpe. Afterraupe
grün, ſchwarz punftiert, vorn und Hinten gelb, frißt gefellig vom Mai bis uni, eventuell
auch im Auguſt und September auf Blättern der Birken, befällt aber auch Pappeln,
Beiden, Erlen, Ebereiche und Hafel.
. Berpuppung im Boden. Generation einfach oder boppelt.
2. Cimbex variabilis Kg.)
Beränderlihe Knopfhornblattweipe (Abb. 172).
Kennzeihen: Flügelifpannung 46—50 min. Farbe jehr veränderlid. Kopf unb
Bruft entweder ganz ſchwarz oder gelb und fchwarz oder braun; zwiſchen bem erften und
1) Die von Klug unter U. variabilis zufammengefaßten Formen werben bei ſtren⸗
gerer wifjenichaftlicher Auffaffung in die vier Arten: C. femorata L., lutes L., fagi Zadd.
und connata Schrk. getrennt.
Üerflügler: Blattweipen: Gattung Cimbex. 339
zweiten Öinterleibäring eine breite, gelblichweiße Haut. Hinterleib gelb oder rot und nur
die erfien Ringe bläulichſchwarz. Fühler feulenjörmig, Sglieberig (6 Geißelglieber, 1 Knopf).
— Afterraupe (Ubb. 172b) 40—45 mm lang, 22beinig, did, fleiſchig, hellgrün, mit grüne
lichweißem Kopf und ſchwarzem Rüdenftreifen ober gelb mit violettem Rüdenſtreifen ober
auch rötlich), furz fehr verichiebenfarbig,
. aber ſtets mit weißen, in Querreihen
geordneten Warzen. — Buppe in einem
feften, ſchwarzbraunen Kolon (Abb. 172).
LZebenaweife ufm.: Flugzeit:
Mai, Juni.
Eier einzeln unter die Epidermis
der Blätter verjhiebener Laubholzarten.
In erfter Linie werden Birken
und Weiden befallen, in zweiter Bu:
hen und Erlen. Beim Fraß figen bie
Afterraupen der Cimbex- Arten reitenb
auf dem Blattrande. Während des Ta-
ge3 liegen fie meift eingerollt auf ber
Unterjeite ber Blätter (Abb. 172b).
Im Auguft umfpinnt fi bie
Zarve an den Bäumen ober in der
Erde mit einem großen, braunen Ko»
ton, in dem fie überwintert und im
April fi verpuppt.
Generation einiad.
Schaden: Der Larvenfchaben ift
unbedeutend; volle Entblätterung der
Fraßbäume ift felten. Außerdem aber
ringeln die Welpen 2—Sjährige Sweige
und Stämmen junger Buchen, Bir-
ten, Hornbäume, Eichen, Aſpen ufw.
bis ins Holz, wohl des Saftes wegen ')
(Abb. 172d). BWirticaftlice Bedeutung
ift aber auch biefer Beſchaͤdigung nicht
beigufegen.
3. Cimbex (Trichiosoma) luco-
rum Fabr. abb. 178. Cimbex varlabilis
Haintnopfhornblattweipe. add herraupe auf einem —E Triebe.
Kennzeihen: lügelipannung ° ‚KRoton mit geöffnetem (aufgebifienem) Dedel. d Ringelungen
80-40 mm. Körper dunfel mattfchwarg, en Bit
mit langer, gelbbrauner Behaarung. Zwiſchen bem erften und zweiten Hinterleiböringe
feine Gelenfgaut. Flügel glashell mit dunkel rauchgrauem Außenrande. — Afterraupe
40 mm, gelb oder bläulih:grün, mit vielen feinen Querrunzeln und kleinen Warzenpunkten.
Lebensweiſe ufm.: Im allgemeinen wie bei ber vorigen.
Die Afterraupe frißt vorwiegend an Birke, außerdem an Weiden und Erlen; fie
verurfacht mitunter Kahlfraß.ꝰ)
4. Cimbex (Clavellaria) amerinae L.
Gelbbindige Knopfhornblattweipe.’)
Kennzeichen: Flügelipannung 27—35 mm. Körper ſchwarz. Kopf und Bruſt mit
"langen, weißlichen Haaren. Hinterleib an der Spige rötlih. g mit rötlichem Vauche,
1) Beling: Thar. Ihrb. 1878, 170 — 2) Altum: Biſcht. |. F. u. Im. XI, 1879,
140. — 3) Schmidt, Walther: Schweiz. Ztſchr. f. Fw. 1892, 141.
22°
340 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
ohne Hellere Binden oberjeit# und mit bunflen Schienen. 2 mit gelbem, ſchwarz querge-
fireiftem Bauche, 4 hellgelben Binden oberjeitd und mit helleren Schienen. — After—
raupe 35—40 mm lang, bläulichgrün, mit feinen Querrunzeln, fein weiß beſtäubt und
ohue Warzen; über den Füßen getonnbene Längswulfte.
LZebensmweife ufw.: Wie bei Cimbex variabilis Klg. Die Hauptfraßholgarten find
aber glattblätterige Weiden (Salix purpures, triandra und acutifolia). In zweiter Linie
werben Aſpe und Pyramidenpappel befallen.
B. Radelholzſchãdlinge.
5. Lophyrus pini L.
Gemeine ober eine Kiefernbufhhornbiattweipe") (Abb. 178).
Kenngeihen: d. (Abb. 1738) Flügeljpannung 15 -16 mm. Körper ſchwarz, am
erften Hinterleiböring unten auf jeber Seite weißgefledt, mit rötlicher Spige. Fühler bop-
—X
⸗
6.173. Lophyrus pin L. 2àJ. b£ (H)). 0 Mfterraupen und Kolon an Kiefernadeln.
pelt gelämmt. Borberflügel glasgell mit braunen Adern und braungelbem Ranbmale.
Hinterflügel mit {rwärzlicher Spige. — $ (Mbb. 1786) Slügeliyannung 18— 20mm. Fühler
18—20gliederig. Körper blaßgelb, nur der Kopf, brei Flede auf dem Bruftring, und bie
Mitte des breiten Hinterleibs ſchwarz. Flügel ins Gelbe jillernd, am Außenrand etwas
angeräuchert. Beine bei beiben Geichlechtern gelblich, mit [htwarzem Gchentel. — Wfter«
raupe (Mbb. 1730) 25 mm lang, 22beinig, je nad) dem Wlter verſchiedenfarbig, grün,
graugrün oder gelbgrün, zulegt ſchmutziggrün, mit Querreihen feiner ſchwarzer Dörnchen
und Warzen befegt und rundem, braunem Kopf; über den Bauchfühen ſchwarze Semi:
tolonzeihnung. — Puppe in einem etwa 10 mm langen, federartigen, meift dunkel-
braunen Koton.
A. Lebensmeife.
Flugzeit: April, Mai — dann wieder Ende Juli, Anfang Auguft. Ein eigent-
liches Schtwärmen bemerkt man nur bei den d. Die trägen 2 riechen an den Zwei⸗
gen herum. Die weiblichen Weſpen überwiegen ftet3 bedeutend. Edſtein fand 35%,
g und 65% 9.
Das 9 fohneidet im April ober Mai mit feinem jägeartigen Legebohrer
die Kante einer Kiefernnabel, langſam von ber Bafis nach der Spite fortichreitend,
9 Bur Literatur: Edftein, Karl: Btfchr. f. F. u. Im. 1898, 686. — Mide: Dal,
1909, 726. — 2008, ©.: II. f. d. gef. Sm. 1906, 60. — Schufter, Lubmw.: Allg. $. u.
ZuBtg. 1908, 111.
Merflägler: Blattweipen: Gattung Lophyrus. 341
auf und legt in bie entjtehenbe Rinne 10-20 walzenrunde, farblofe, mit ſchaumi⸗
gem Schleime verflebte Eier. Diejes Geihäft wird an unmittelbar benachbarten Ra-
deln desjelben Triebes wieberholt, bis fämtliche (80-120) Eier untergebracht find.
Ende Juli oder Auguft findet die Eiablage der neuen Brut ftatt.
Die Afterräupchen ericheinen nah 2—3 Wochen. Sie häuten ſich mehrmals
und verkleben die abgeftreiften Häute an den Nadeln.
Berpuppung ber erften Ge-
neration Anfang Juli in einem feften,
erbbraunen Kolon, welcher zwiſchen
Nadeln oder in Rindenritzen am
Stamme der Kiefern (Abb. 174) oder
an Bweigen anderer in ber Nähe be⸗
findlicher Holzarten (Abb. 175) bes
feftigt wird. Die zweite Brut vers
puppt fi im März, April in den in
der Bodendede oder in Baumrigen
und hinter Borkenftüdchen am Fuß
der Stämme untergebrachten und
hier bisweilen klumpenweiſe (hum⸗
melneftartig) zufammenhängenben
Kolons.
Auskommen: Etwa 2—3
Wochen nach der Verpuppung. Die
auskriechende Weſpe ſchneidet ein
kreisförmiges Deckelchen ab (Abb.
175). Kolons, denen eine Schlupf⸗
weſpe entfchlüpft ift, zeigen nur ein Mb.174 Sotons von 56.175. @eöffnete gotons ron
tleines Flugloh. Die zweite Brut ainemmnemain ee en
kommt gewöhnlich im April aus; mit-
unter verzögert fich die Verwandlung aber, bis zum Juli. Im legteren Galle treten
dann leicht Afterraupen eines einjährigen und eines doppelten Entwickelungszyklus
nebeneinander auf.
Generation boppelt; jedoch kommt nicht jelten Überliegen der Afterraupen
bis in das zweite und britte Jahr vor.
B. Sorftliges Verhalten.
L. pini frißt an der gemeinen Kiefer. In Heflen wurde 1904 auch die
Strobe befallen. Am liebſten werben ſchlechtwüchſige, lüdige, 20—30jährige Stan-
genhölzer auf geringen Böden und in fonnigen Lagen angenommen. Die Raupen
befallen aber auch jüngere Orte, insbeſondere Kiefernkuffeln, jogar ganz jungen Auf-
wuchs. Andererſeits findet man fie aud in Baumbölzern bis zu 120jährigem Alter,
Mit Vorliebe werben freiftehende Stämme, folhe mit hervorragendem Gipfel und
Randbäume heimgejucht.
Die Ufterraupen freſſen bis zur Halbwüchſigkeit in dicht gedrängten Gefell-
ſchaften (oft 60-80 Stück und darüber) an den Nadeln. In der erften Jugend
benagen fie nur die Oberhaut, fpäter auch die Ränder der Nadeln. Die Mittelrippe
342 Erftes Bud. Schup gegen Tiere.
bleibt zunächft verſchont. An diefen als feine nadte Borften ftehen bleibenden, bald
vergilbenden, fabenförmigen Strängen erfennt man ben Lophyrus-Fraß (Abb. 176).
Benn die Raupen ausgewachſen find, frefien fie die Nabeln bis zu den Scheiben
auf. Bevorzugtes Fraßmaterial find die vorjährigen Nadeln; fie werden nament«
lich von den Raupen der erften Brut angenommen; die diesjährigen Nadeln dienen
mehr der zweiten Brut, beſonders bei Futtermangel, zur Nahrung. Ausnahmsweife
benagen die Raupen auch die junge, faftige Rinde platzweiſe bis auf den Splint.
Wenn die Kronen kahlgefreſſen ſind, werben
untere Äfte und Unterwuchs befallen, zufegt fo-
gar Kulturen.
Die Raupen haben die Eigentümlichfeit,
bei Berührung der von ihnen bejeßten Zweige
faft taftmäßig und gleichzeitig mit bem Vorder⸗
törper emporzufchnellen und bie ſchon oben er⸗
mwähnte S-förmige Stellung einzunehmen.
C. Belfämpfung.
1. Schonung der Feindet): Säuge⸗
tiere: Spigmäufe, Eichhörnchen, Schwarzwild,
Dachs, Fuchs. — Vögel: Spechte, Meifen, Star,
Kudud, Pirol uſw., Hühner. — Infelten:
Zahlreiche Jchneumoniden und Tachinen.
© 2. $folierung ber befallenen Beſtände
durch Raupengräben oder Beimftangen.
3. Vernichten der Raupen durch Zer—
quetſchen am Fraßbaum mit Hilfe von Rau—
penquetſchen, Brettchen uſw. oder durch Sam⸗
meln (Abſtreifen, Abprällen, Abſchneiden der
beſetzten Triebe) und Verbrennen.
4. Vernichten der Raupen durch Ber
fprigen der Fraßbäume mit Infektiziden (Kre⸗
fotfeifenöl Halali, Lyſol oder Petroleumemul-
fion”): 101 Petroleum, 15 1Waffer, 1 kg grüne
Seife. An Stelle von Seifenwaſſer kann auch
bb. 176. Riefernzweig, von Lophyras faure Milch mit dem Petroleum gemifcht werben;
pin! I. befreflen (nat. Br.) man rechnet dann 1 1 Milch auf 2 1 Petroleum.
Wenn fon die unter 3 und 4 genannten Vertilgungsmittel nur für dringende
Fälle in Betracht kommen und nur in jungen Orten mit Erfolg durchgeführt were
den können, jo vermögen die weiteren in einzelnen Fällen angewendeten Maßnahmen
noch weniger Unfpruch auf allgemeine Braudbarfeit zu erheben.
5. Miſchung ber (zufammengeharkten) Bodeuſtreu mit Ätzkalk, der dann durch Waſſer⸗
aufguß gelöicht wird. Durch die Hierbei fich entwidelnde Hige gehen die in der Streubede
befindlichen Afterraupen bzw. Puppen zugrunde.
Bei einem in der Nähe von Wolfgezen in einem 2,12 ha großen, 12—15jährigen
1) N. forftl. Bl. 1906, 186. — 2) Ripema Bos, J.: orftl.snaturm. Ziſchr. 1896,
176. — BDl. f. d. ge. Sm. 1896, 563.
Aderflügler: Blattweipen: Gattung Lophyrus. 343
Kiefernwalde mit Heibefrautüberzug mit diefem Mittel gemachten und erfolgreichen Ver⸗
ſuche ftellten fich die Koften für Material und Arbeit zujammen auf 29 Mt. für den Heltar.
6. Schweineeintrieb, fobald die Afterraupen von den Bäumen herabgeftiegen find,
um fich unter dem Moos einzuipinnen (Dftober, Anfang November). Die Kokons werden
von den Schweinen nicht angenommen.
7. Maſſenhaftes Aufftelen von mit Teer oder Raupenleim beftrichenen Pfählen,
Schwarten ujw. (mit dem Unftriche der Sonnenfeite zugelehrt), um die Welpen zu fangen.
Kozesnik berichtet (gbl. f. d. gef. Fw. 1875, 185) von einem großen Fraße biefer
Welpe und von den in Anwendung gelommenen Maßregeln. Die Welpe war in mollen-
ähnlichen Schwärmen meilenweit übergeflogen. Die Bertilgung fei bejonderd im erften
Sabre wichtig, weil dann der Schwarm noch zufammenhalte, während er fich im zweiten
Jahre ſchon verteile. Die Barauslage für die Bertilgung nahm über 25000 fl. öfterr. Whrg.
in Anſpruch.
6. Lophyrus pallidus Kig.
Blaßgelbe Kiefernbujhhornblattweipe.
Kennzeihen: J Flügellpannung 18—19 mm. Körper ſchwarz mit gelben Zeich⸗
nungen am Kopf und Mittelleibe. Hinterleib oben ſchwarz mit roter Spite, unten rot.
Randmal farblos, glashell. Beine gelb. — S lügelipannung 20—22% mm. Fühler 18 glie⸗
derig. Körper blaßgelb mit drei rotbraunen Flecken auf der Bruft. Hinterleib oben fchwarz,
mit zwei rotbraunen Binden, unten grünlich. Zwiſchen den Augen eine fchwarze Quer⸗
binde. — Wfterraupe 20 mm lang, 22beinig, ſchlank, ſchmutzig⸗gelbgrün, mit Querreihen
zarter Dörnchen und Warzen, dunkelbraunen Rüden- und Seitenftreifen und rundem, rot»
braunem Kopf. Über jedem Bauchfuße zwei dunfelgrüne Punkte — Kokon we:
niger feft und heller al3 der von Lophyrus pini L.
Lebensweiſe ujw. Wie bei L. pini. Die Blattweſpe ift weniger häufig, lebt
ebenfall3 auf Kiefer und kommt mit pini vergefellichaftet vor. — Generation (wie
dort) Doppelt.
Bekämpfung: Wie bei L. pini.
7. Lophyrus rufus Rtsb.
Notgelbe Kiefernbufhhornblattmweipe.
Kennzeichen: Z Flügelipannung 16—18 ınm. Körper langgeftredt, jaft linear,
oben ganz ſchwarz, unten rot. Vorderflügel faft glashell; Hinterflügel an den Spitzen
zauchgrau. Geäder und Randmal braun. — Ylügelipannung 19—20 mm. Fühler 18glie-
derig. Körper verlängert, faft walzig, rotgelb, mit einzelnen jchwarzen Stellen auf der
Bruſt. Flügel gelblich angeräuchert, bejonbers die Hinterflügel. Geäber zart, braun; Rand»
mal gelb. — Ufterraupe bid 20 mm lang, 22beinig, rauch bis grüngrau, mit Dorn-
reihen, hellgrauen Rüden- und Seitenftreifen und glänzend fchwarzem Kopf; Afterjegment
ihwarzgrün. — Kokon ſchwach und hell.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit Herbit (Ende September, Oktober). Die Eier
werden alt gemeine Kiefer, Berg-, Schwarz, Weymouthskiefer abgelegt und über-
wintern. |
Traßzeit: Mai—Suni, in den Gebirgslagen meijt jpäter. Fraß wie bei L. pini.
VBerpuppung: Ende Juni, Juli, an und unter der Bodendede. Generation
einfach.
Die Afterraupen treten zwar in Kiefernorten jeden Alters auf, bevorzugen
aber 10—15jährige, möglichſt räumig erwachſene Stangen auf armen, fonnigen
Standorten und nähren fich bier namentlich von den Nadeln der vorjährigen
Triebe. Wenn fie verzehrt find, werden auch die Mainadein angenommen und an
kahlgefreſſenen Stämmchen wird auch die Rinde plätzeweiſe angenagt.
344 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
In einzelnen Fällen ift Maffenauftreten diefer Weipe beobachtet worden.
1861 richtete die Raupe in den Kiefernwaldungen bei Benäberg'), und zwar ohne
Bevorzugung gewifjer Alteröklafien, größeren Schaben an.
1860 und 1862 zeigte ſich bie Weipe in der näcften Umgebung von Aichaffenburg *)
und im Speflart.
Im September 1893 Tonftatierte U. Nehring®) einen Fraß auf dem Kamme bes
Riefengebirge3 an Krummholzkiefern. Anſehnliche Partien der betrefienden Beftänbe
wurden gejhädigt und fogar zum Abſterben gebracht.
Keller‘) beobachtete einen Mafjenfra 1902 in der Schweiz in ben Walbungen von
Dffingen.
Betämpfung: Wie bei Lophyrus pini L. Das Sammeln ber Afterraupen
wird dadurch erleichtert, daß fie in bequem erreichbarer Höhe freffen.
Zuſab.
Den außer ben vorſtehend genannten Arten noch auf Kiefer freſſenden Buſchhorn⸗
blattweſpen Loph. similis Htg., L. soeius KL, L. nemorum Fabr., L. fruteto-
rum Fabr., u.a. fommt trog des ab und zu beobachteten Maſſenvorkommens einzelner
Arten (5. ®. L. similis) eine weitergehende Bedeutung nicht zu.
65.177. Lophyras similie. A Kieferngweig mit Mjtercaupe. B geichlofiener Roton mit Dedel.
© Bweig mit geöffnetem Koton. D eipe x (nad Doflein)
L. similis (Abb. 177), im Imago L. pini vollftändig ähnlich, Afterraupe aber
ſchwarzlopfig, blauſchwarz mit gelber Zeichnung, alfo bunt, bevorzugt die Strobe und unter»
ſcheidet ſich biologiich weiter dadurch von pini, daß die Larve bei gewöhnlichem (= nicht
maffenweifem) Borfommen nicht familienweife, ſondern ftet3 einfam febt.*)
8. Lyda stellata Christ. (= pratensis Fabr.).
Große Kieferngefpinftblattwefpe.*) (Abb. 178.)
Kennzeichen: Slügelipannung 20(4)—26 (2) mm. Fühler lang, borftenförmig, 33 glies
derig. Körper ſchwarz, mit gelben Zeichnungen am Kopfe und Rumpfe; Bauchjeite faſt
1) Bonfaufen, Wilf.: Allg. F. u. Idtg. 1861, 44. — 2) Döbner: Dal. 1862,
275. — 3) Forftw. gbl. 1894, 828. — Röhrig, ©.: Daf. 1895, 216. — 4) Schweiz.
Ztſchr. |. Im. 1903, 78. — 5) Baer, ®.: Natur. Ziſchr. f. 3. u. Lw. 1906, 84. —
6) Altum: Ztſchr. f. 3. u. Iw. 1882, 281; 1884, 246; 1899, 471. — Edftein, Rarl:
Daf. 1889, 210; 1890, 703. — Lüke: Daf. 1900, 288; 1908, 411. — Sajo: Yorftl.s
naturw. Btichr. 1898, 287.
Mberflügler: Vlattweipen: Gattung Lyda. 345
bräunficgelb. Hinterfeib oben tiefbraun, mit rötlichen Rändern, unten jhmugiggelb, am
fegten Ringe braun. Flügel glashel, mit braunen Adern, mitunter aud am ber Spige
gebräunt, und mit gelblihem Nandmale. Beine roftrot. Am Innenrande der Border:
ſchienen ein langer, flarfer Dorn. — Afterraupe 26—28 mm lang, Sbeinig, walzens
förmig, nad) Hinten ziemlich ftart abgefiacht, blafgrün bis gelb. Über bie Mitte beö
Rüden, fowie an den Seiten und am Bauch ein dunkler Streifen. Kopf gelbbraun, mit
dunklen Punkten. Füße erft ganz ſchwarz, ſpäter nur noch an der Spige ſchwarz.
A. Lebensweiſe.
Flugzeit: Ende Mai, Juni. Flugvermögen gering, da⸗
her Ausbreitung von den Fraßherden aus nur langfam, wenn
nicht ftarfe Winde während ber Schwärmzeit auftreten und die
Weſpen verwehen. Hauptſchwärmzeit in der Mittagsftunde.
Die weißen, kahnförmigen Eier (bis 80) werben an MWbb.178. Lyda stellate
Kiefernnadeln gefebt, und zwar nahe an die Spigen. Hödft > mat an.
jelten findet man eine Nadel mit zwei Eiern ober beide Nadeln eines Nabelpaares
belegt.
Die Raupen erſcheinen Mitte Juni, freſſen bis Ende Juli, Auguft und laſſen
fih dann an Fäden herab, um ſich mehr ober weniger tief (5—15 cm) in die Erde
einzugraben. Hier liegen fie ohne Kokon in einer Heinen eiförmigen Höhle 2%, Jahre,
ehe fie fih verpuppen.
Austommen Ende Mai des vierten Jahres. Generation mithin dreijährig;
in einzelnen Fällen dat man aber auch 1—2jährige beobachtet.
B. Horftliches Verhalten.
Die Weipe befällt vorwiegend 50—100jährige Stangen- und Baumhölzer der
Kiefer. Unterwuchs und Schonungen werden nur ausnahmsweiſe angenommen.
Der Fraß ber Afterraupen erftredt ſich vorzugsweiſe auf die älteren Nadeln;
die Maitriebe werden anfcheinend nur bei Futtermangel ober (nah Sajo) nur von
den jungen Räupchen befreffen. Die Raupen leben einzeln in je einem befonderen,
Ioderen, jadförmigen, weißen Gefpinfte, welches nur wenig Kot enthält. Aus dieſem
Sade kommen fie mit dem Vorberteile hervor, um Nadeln heranzuziehen und mit
Belaffung kurzer Stümpfe abzubeißen. Die erfaßten Nadeln werben erft im Ge—
fpinfte verzehrt. Die Entnadelung fchreitet von unten nach oben und vom Inneren
der Krone nad; außen vorwärts. Da die Eier nicht gleihmäßig verteilt werden, fo -
zeigt ſich ein platzweiſe ftärkeres oder ſchwächeres Befallenſein der Beſtände.
Das Infekt erſcheint in manden Jahren in großer Menge, frißt lange Beit
und noch dazu fehr verſchwenderiſch. Daher ift ſchon wiederholt Kahlfraß und flä-
chenweiſes Abfterben von Stämmen eingetreten.
In ben Jahren 1882—1890 ift die Weipe namentlich in den Regierungsbezirken
Frankfurt a. DO. und Merfeburg verberblich aufgetreten und hat 40—100jägrige Kiefern»
beftände zum Zeil lahlgefreffen. In ben Revieren Peitz, Jänſchwalde und Dannendorf
mußten 155 ha infolge des Fraßes abgetrieben werben.
C. Betämpfung.
Die Bekämpfung der Weipe ift keineswegs leicht und wird nur Dadurch in den
Bereich der Durchführbarkeit gerüdt, daß ber Fraß zumeiſt Lofalifiert auf Heineren
346 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Flächen auftritt. Natürliche Gegengewichte kommen jo gut wie nicht in Betracht.
Die Weſpe bejigt in feinen Lebensftabium namhafte Feinde und verfügt befonders
im Larvenzuftande über eine große Lebensfähigkeit und Widerftandsfähigkeit. Nur
Gewitter⸗ und ſtarke Platregen während der Schwärmzeit und während der kurzen
Puppenruhe ſcheinen dezimierend einwirken zu können.
Die Notwendigkeit der Belämpfung ift durch Brobefammeln feitzuftellen.
15—20 auf 1 qm im Boden ruhende Larven lafien das Ergreifen von Gegenmitteln
angezeigt eriheinen. Als ſolche kommen in Betracht:
1. Schweineeintrieb. Angefichts der 2"/, jährigen Larvendauer wahrfjcein-
lich das wirkſamſte Belämpfungsmittel, fofern nur Heine Flächen zu fäubern find
und geeignete Schweine in binreichender Anzahl zur Verfügung ftehen.
Nah Edftein?) vermögen bei nicht allzu dicht bewachſenem Boden und bei nur ges
ringem Wuftreten von Heidekraut 10 Schweine in 10 Tagen zu 11 Arbeitsftunden 1 ha zu
reinigen, mo 100—200 Larven auf dem Quadratmeter Tiegen.
2. Bertilgen der Larven dur Bodenbearbeitung (Umgraben, Umpflügen)
und Sammeln der zutage geförderten Larven: auf größeren Flächen undurchführ⸗
bar und zu teuer.
3. Bernichten der Weſpen durch direftes Sammeln (an falten, trüben Ta-
gen) oder durch Fang an Leimpfählen und geleimten Bäumen. |
Mit Leim geftrichene Pfähle find (nad) Lüle a. a. D.) in Berjüngungen, Räumbden,
auf Schlägen und jonftigen lichten Stellen anzuwenden. Sie find Hinreichend far! — nicht
unter 15 cm — und 2 bi8 3 m lang zu nehmen und müſſen geſchält werden, bevor fie mit
Leim beftrichen werden. In Beltänden jollen auf 1 ha an 20-40 Bäumen breite Leim-
flächen dadurch geichaffen werden, daß man den unteren Schaftteil mit 70—80 cm hoben
geleimten Papptafeln ummwidelt. — Das im Revier Peitz angewendete Verfahren Tann feiner
Koftipieligkeit wegen nur als Probeleimung zur Feititellung des jeweiligen Beſtandes an
Weſpen in Betracht fommen.
4. Auslegen friichen Kiefernreifigs in den ſtark befallenen Beftänden und Ber:
brennen desfelben nach der Eiablage.
Die in den erften Tagen nad) dem Auskriechen noch nicht fliegenden 2 ſollen (nad
Lüke) einen großen Teil ihrer Eier an dem bequem liegenden Fraßmaterial ablegen. Die
Tatſache aber, dab Kulturen und Didungen von der Welpe im allgemeinen gemieden und
die Eier ganz Überwiegend in den höheren Teilen älterer Hölzer abgelegt werden, läßt bie
Wirkſamkeit des Reiſigauslegens fraglich ericheinen.
9. Lyda erythrocephala L.
Rotlöpfige Kieferngeipinftblattmweipe.?)
Keunzeihen: Flügelipannung 20(4)—26 (2) mm. Körper glänzend ftahlblau, nur
der Kopf bei dem 2 rot. Stirn des J ftrohgelb. Flügel rauchgrau. Vorderſchienen und
Füße rotbraun. — Afterraupe ber Larve von L. stellata fehr ähnlich, bis 25 mm
lang, 8beinig, dunkelgrün mit 3 bräunlichen, fast Schwarzen Rüdenitreifen. Kopf ſchmutzig⸗
gelb, Nadenichild Schwarz. Füße hell, ohne ſchwarze Spike.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit April. Die Eier werben zu mehreren (3—9)
Stüd an die Nadeln vorjähriger Triebe der gemeinen Kiefer uſw. abgelegt, vor-
wiegend in fchlechtwüchfige, lückige 8— 10 jährige Kulturen und Dickungen. Die Nord:
feiten der Bäume merden gemieden.
Die Raupen erjcheinen Anfang Mai und leben gejellig in einem rumdlichen,
dem Zweige anliegenden, etwas durchſichtigen Gefpinfte, welches nur wenig durch
— - —
1) ©. Forft-Btg. 1904, 1. — Derf.; Technik des Forſtſchutzes 100. — 2) Sago,
Karl: Forftl.snaturw. Ztichr. 1898, 287.
Aberflägler: Vlattweſpen: Gattung Lyda. 347
Kot verunreinigt ift. Innerhalb dieſes gemeinfamen Geſpinſtes hat jede Raupe wie-
der ihre eigene Fluchtröhre, von der aus fie die vorjährigen und älteren Nadeln
verzehrt. Mitte Juni, mitunter ſchon Ende Mai, begeben fi) die Raupen unter die
Bobendede, um zu überwintern.
Berpuppung im Frühjahr. Generation einfad.
Auch Schwarze, Weymouths⸗, Zirbel⸗ und Bergkiefer werben befallen.
Belämpfung: Wie bei stellata. Infolge geringer Bedeutung des Inſektes
aber nicht nötig.
10. Lyda campestris L. — hieroglyphica Christ.
Kotjadtiefernblattweipe.
Lennzeichen: Flügelfpannung 22(5)—80(2) mm. Fühler lang, 34-36glieberig.
Körper ſchwarz, mit gelben Extremitäten und breitem, gelbrotem Hinterleibögürtel (vom
2.—5. Ringe). Flügel gelblich, mit rauchgrauem Rande und großem, dunflem Randmale.
Beine gelb. Vorderſchienen mit drei Dornen. — Afterraupe bis 25 mm lang, adt-
beinig, [hmußig-grün, mit dunklem Rüden: und Bauchftreifen und rötlich-braunem Kopfe.
Lebensweife ufw.: Flugzeit
Juni. Die Eier werben einzeln an die
Maitriebe, meift an die Mitteltriebe 3 bis
6jähriger Kiefern, auch an Weyhmouths⸗
und Schwarzkiefern abgelegt.
Die Raupe Iebt Lopfabwärts in
einem zulegt 5—7 cm langen, wurftförmis
gen, ſtark von Kotfrümelchen verklebten,
baber tiefbraunen Geſpinſt (Abb. 179)
und frißt Nadeln. Der Fraß beginnt
ftet3 unter dem Knofpenquirle des Mai-
triebes und fchreitet nach unten zu fort.
In der Not nimmt die Raupe auch ältere
Nadeln an. Anfang Auguft begibt fie ſich
in den Boden. Verpuppung im Früh-
jahr, kurz vor der Flugzeit.
Generation einjährig.
Die befrefjenen Pflanzen erholen ſich
in ber Regel wieber.
Bekämpfung: Sammeln - der
Raupen durch Ubftreifen der leicht bemerk⸗
baren Kotſäcke (Juli), wenigftens in den
Saat- und Pflanzigufen. befallen (nat. Gr.) a Mögefrefiene Rabel. b Kotfad.
ll. Lyda (Cephaleia) hypotrophiea Htg. — abietis L.
Gefeltige Fichtengeſpinſtblattweſpe) (Abb. 180).
Kennzeichen: Ylügelipannung 20—24 mm (4) bzw. 33—27 mm ($). Fühler lang,
22—28gliederig. Kopf und Bruft ſchwarz mit gelben Beichmungen. Yinterleib an ber
1) Nitſche, 9.: Char. Ihrb. 1888, 58, 285. — Baer, B.: Dal. 1908, 171. —
Lang, Gg.: Forftl.maturie. Btichr. 1898, 8; 1894, 18; 1895, 24; 1897, 983. — Bau:
348 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Baſis ſchwarz, fonft rotgelb. Flügel waflerhell; Randmal und Geäder ſchwarz Beine rot«
gelb, mit zwei Dornen an den Vorderſchienen, nur die Hüften zum Zeil ſchwarz. — After⸗
raupe 25—30 mm lang, adjtbeinig, nach dem Alter verichieden gefärbt, graugrün, lebhaft
grasgrün oder auch goldgeld. Kopf mit x⸗förmiger dunkler Zeichnung; ditinifierte Teile
(hwarz. — Puppe grün ober gelb. Die Annahme, dab die Grün⸗ oder Gelbfärbung mit
bem Geſchlechte zuſammenhange, ift nicht zutreffend.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit Mai bis Mitte Juni. Die
Ss Ihmwärmen zumal bei fonniger Witterung fehr Iebhaft.
Die walzenförmigen, erft dunkel⸗, fpäter hellgrünen Eier
(etiva 25) werden zu 4—12 ringförmig an die Radeln älterer,
j 60—120 jähriger Fichtenbeftände abgelegt. Zuweilen werden and)
Abb. ico Iyda (Ce- Jüngere Stangenhölzer, ausnahmsweiſe auch junge Kulturen be-
a fallen. Die Eiablage findet vornehmlih an den vorjährigen
’ ar Nadeln, nur vereinzelt an ben Nadeln der neuen Triebe ftait.
Die nach 2—4 Wochen auskriechenden Raupen wandern einen oder zwei Jah⸗
reötriebe ſtammabwärts und leben gejellig in den Aftquirlen innerhalb gemeinjamer,
Iofer, durch Kotkrümelchen braun ausjehender Geſpinſte. Bon Hier aus werden nad)
der Zweigſpitze zu erſt die älteren, dann die jüngeren Nadeln gefreffen. Die jüng-
ten Triebe und die Knoſpen bleiben in der Regel verjchont. Durch Bereinigung be
nachbarter Familien werden die einzelnen, erſt wenige, fpäter bis 50 Raupen be-
berbergenden Geſpinſte immer größer. Innerhalb des gemeinichaftlichen Sades Hat
jede Raupe wieder ihre eigene Röhre, von der aus fie die Nadeln zu erreichen fucht,
um fie an der Baſis abzubeißen und innerhalb oder außerhalb der Röhre zu ver:
zehren. In der zweiten Hälfte des August bis Ende September beziehen die Raus
pen ihr Winterlager im Erdboden, nicht in der Streu= oder Moosdede. Hier Tiegen
fie meift 5—15 em unterhalb der Oberfläche, manchmal auch tiefer (bis 30 cm) in
einer ovalen, innen geglätteten Höhlung gewöhnlich bis ins vierte, oft aber auch
nur bis ins dritte Jahr, ehe fie fich verpuppen.
Berpuppung im April oder Mai. Auf die Entwidelung der Welpen ſoll die
Bodendede von großem Einfluffe fein, indem eine regelmäßige Verpuppung mit nad
folgendem Hauptfluge nur auf ftreufreien Beſtandsflächen ftattfinde, während die
Berpuppung bei Moosdede, Beerkraut- und Heibeüberzug langfam und unregelmäßig
erfolge (Lang). Puppenruhe: 2—3 Wochen.
Generation zwei: oder dreijährig.
Die Weſpe bevorzugt die Gebirgsforfte und befällt hier in eriter Linie die Be
tände in jonnigen Lagen, Süd: und Oftränder, ftarf durchlichtete Orte und vor⸗
wüchfige Bäume in gefchloffenen Beſtänden.
Der Schaden ift hauptſächlich Zumachsichaden. Nur bei intenfivem Auftreten
der Weſpe über mehrere Jahre hindurch wird der Fraß für ſtark befchädigte Bäume
verhängnisvoll.
In neuerer Zeit find auffallende Mafjenvermehrungen der Fichtengeipinftblattweipe
in ziemlich großer Zahl beobachtet worden, 3. 8. im Stadtwalde von Geyer!) (Sachen)
1887, im Revier Alt-Reichenau ?) (Schlefien) 1880—86, im bayrifchen Tyichtelgebirge ?) 1890
bild, Fr.: gbl. f. d. geſ. Fw. 1891, 220. — Forſtw. Z3bl. 1898, 481. — Sihler: Silva
1913, 366.
1) Thar. Yhrb. 1888, 58, 285. — 2) Ztichr. f. F. u. Iw. 1889, 210. — 8) Forſtl.
naturmw. Ztſchr. 1893 uſw. (j. Anm. 1 ©. 347).
Abderflügler: Blattweipen: Gattung Nemataus. 349
bis 1896, im Böhmerwald!) 1892-93, im Revier Rajlau”) (Sachen) 1900-02 und im
Staatswalde Biberady (Württemberg)”) 1911—13.
Belämpfung: Wie bei Lyda stellata Christ. (©. 346). Yeimringe find
wirkſam, da die fchwerfälligen ? nur notgedrungen fliegen. In der Pegel Triechen
fie auch bei warmer Witterung an den Stämmen hinauf, um die Baumkronen zu
erreichen.
Nach den auf Naſſauer Revier 1902 gejammelten Erfahrungen vermag ber Leimring
die Eiablage in den Wipfeln der geleimten Bäume zwar nicht ganz zu verhindern, da bie 2
an jonnigen Tagen zumeilen lebhaft ſchwärmen, wohl aber vermag er die Eiablage
weientlich abzuſchwächen. Unter den Singen wurden von Nitſche und Baer teilmeije
beträchtliche Mengen von Weſpen, befonders 2, gefunden, an einem Baume 3. B. 389 Z
und 111 2. In Biberach wurden nad Sihler 1918 (vom 10.—15. Juni) auf 3 ha ge-
leimter Fläche von fünf Perſonen minveftend 1500020000 unter den Leimringen ſitzende
2 zerquetſcht. Das Leimen (mit der Jeichleichen Leimbüchſe) Toftete 20 ME. für 1 ha, das
Berquetichen 17 Mt.
Als Feindet) der Afterraupe unter den Injelten wurden in Bayern beobachtet: Coe⸗
einellen, Elateren, die Larve ber Kamelhaldfliege (Rhaphidia ophiopsis Schum ), Tachinen,
Schneumonen (Exetastes fulvipes bzw. aethiops Grav.) und die großen Walbameifen, welche
legtere nicht nur die abbaumenden Raupen, fondern auch die unter den Leimringen ſitzen⸗
den Lyda» Weibchen durch Ausfrefien des Hinterleibes vernichten. Bon fonftigen Tieren
treten namentlich Weberknechte, Mäuſe und Stare ald Bertilger auf.
Schweineeintrieb (von Anfang Juni bis Ende Oktober) hat fi u. a. in den Yürftl.
Schwarzenbergihen Waldungen bewährt. Die Schweine brachen bi3 auf 26 cm Tiefe
fehr gut, nahmen die Raupen während der ganzen Dauer des Eintriebes gern an und wur:
ben dabei gut bei Leibe. Die Verminderung der Raupen durch dieſe Maßregel betrug 55
bis 68 %,.9)
Zuſatz.
In Geſellſchaft mit L. hypotrophica kommt au ber Fichte noch eine andere, im Lar⸗
ven= wie im Imagoſtadium jehr ähnliche Geſpinſtblattweſpe, Lyda arvensis Panz,,
vor. Ihre Larven frefien nur die vorjährigen Nadeln, fo daß die Geipinfte nur an den
vorlegten Trieben fich befinden, wo fie der Triebbafis zu gerichtet find.
12. Nematus abietum Hitg.
Kleine Fichtenblattwefpe.®)
Kennzeichen: Fühler neungliederig, borjtenförmig. Flügelſpannung 9—10 mm.
Körper blaßbraun mit gelblichem Halskragen; Scheitel, Bruft und Hinterleibsrüden braun-
jhwarz. — 2 Ylügelipannung 12—14 mm. Körper vorherrichend ſchwarzbraun, mit lich⸗
teren Yleden am Halskragen und an der Mittelbruft, glänzend. Beine blaßbraun. Schienen
und Tarfen der Hinterbeine ſchwarz. — Afterraupe 15 mm lang, 20 beinig, hellgrün (wie
bie Fichtennadeln); riecht wanzenartig, daher von Bögeln nicht angenommen.
Lebensweise ufw.: Flugzeit Ende April, Anfang Mai; beſte Schwärmzeit
10 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags. Die Heinen, äußerft Dünnfchaligen Eier
werden an die Nadeln der eben fich entfaltenden Maitriebe der Fichte (auch Sitka-,
Stech⸗ und Engelmannzfidhte) in Heine, auf einer Kante der Nadel angebrachte
1) Vholgn. d. Forſtw. v. M. u. Sch. 1893, Heft 172, 11 u. 175, 115; Forſtw. Zbl. 1893,
481; Bereinsichr. f. F. 3. u. Naturkde. Heft 179, 4 u. 182, 11 1892/93. — 2) Thar. Ihrb.
1908, 171. — 3) Sihler: a. a. D. — 4) Dolles: Forftl..naturw. Ztſchr. 1895, 264. —
5) Lang: Daf. 1894, 243. — 6) de Luze, J. J.: Schweiz. Ztſchr. f. Fw. 1901, 280. —
Baer, W.: Thar. Ihrb. 1903, 186. — Heidridh: Allg. F. u. %.:Btg 1904, 281. —
Sedlaczek, Walther: Bbl. f. d. gej. Fw. 1904, 481.
350 Erſtes Bud. Schub gegen Tiere.
Schlite gelegt. Die Eiablage findet namentlich an den der Vormittagsfonne aus⸗
geſetzten Ofträndern ftatt. Unterwücdhfige und überjchirmte Fichten werden weniger
angenommen. Die nad kurzer Beit — bei warmen Wetter nach wenigen Stunden
— ausfriechenden Afterräupchen freien die Nadel in der Mitte von einer Kante
her an und verichonen das Gefäßbündel, jo daß die übrigbleibende Nadelipige an
diefem wie an einem Faden herabbängt. Die größer werdende Raupe verzehrt die
Nadeln von der Spibe ber bis auf einen kurzen Stumpf. Nah 3—4 Wochen läßt
fih die Raupe zu Boden fallen, geht einige Zentimeter tief in den Boden und ver-
puppt fich bier im nächſten April, nachdem fie in einem feiten Kokon überwintert hat.
Befallen werden die Höhen⸗ und oberften Quirltriebe von Fichten aller Alters⸗
ftufen biß zum 60. Jahre. Die 20- big 6Ojährigen Orte find am gefährbetiten.
Generation einfad.
Schaden: Die Gipfeltriebe werden braun, verlieren ihre Nadeln und geben
mitunter ein. Das Fraßbild erinnert zunächft an Froftichaden. Folgen bes Fraßes
find Zuwachsverluſte, Wipfeldürre und allerhand Deformierungen ded Wipfels
(Bajonett-, Zwieſel⸗ und Schopfbildungen, Mebrgipflichkeit). Andauernder inten-
fiver Fraß kann zum nefterweifen Abſterben der befallenen Bäume führen. Die
Blattweſpe ift in neuerer Zeit in Nauchgebieten und in tieferen Lagen, in welche die
Fichte als nicht ftandortsgemäße Holzart durch Rultur gebracht worden ift, ftellen-
weite recht bedenklich ſchädlich geworben.
Auffälliges Maffenauftreten ift im Obdergebirge"), im Wiener Walde bei Breßbaum ”)
und in fächfiihen Revieren (Wermsdorf, Naundof, Zwenlau)?) beobachtet worden.
Bekämpfung: Schwierig! Abklopfen der nicht feitfibenden Afterraupen auf
untergehaltene Tücher, eventuell in Verbindung mit Hühnereintrieb.
Beiprigen der Wipfelpartien mit Snfektiziden: Benzin- oder Petroleumemul⸗
fion (15 1 Waffer, 10 1 Petroleum, 1 kg grüne Seife), Kalkmilch, Bordelaifer Brühe,
Obſtbaumkarbolineum. Befondere Erfolge find mit feinem der angemwendeten Sprib-
mittel erzielt worden.
Abfangen der Weipen in wertvolleren Kulturen durch Beitreichen ber Wipfel
mit dünnem Raupenleim.
Zeimringe (zum Abfangen der ?) zwecklos, hödjitens in Verbindung mit Ab⸗
prellen ber Raupen anwendbar.
Zuſatz.
Neben N. abietum freſſen auf Fichte die nahe verwandten Arten N. compressus
Htg., N. Saxeseni Htg. und N. ambiguus Fall. (= parvus Htg.).
13. Pachynematus montanus*) Zadd.
Kennzeichen: lügelipannung beim $ 18—14 mm; Z etwas fleiner. Körper bla»
gelb bis bräunlich, oberjeit? dunkler. 2 auf Stirne, Scheitel und Bruftrüden dunkel ge-
fledt, Hinterleib dunfel quergeftreift. J noch dunkler, Bruftrüden ſchwarzglänzend. — Larve
12—183 mm lang, grün mit rötlichbraunem Kopfe, riecht nicht wanzenartig.
1) Altum: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1878, 344. — 2) Sedlaczel a.a.D. — 8) Roß⸗
mäßler: Thar. Ihrb. 1845, 197. — Stein: Daj. 1852, 247. — Willlomm: Daſ. 1857,
248. — Judeich: Daſ. 1869, 847. — Baer, Heidrid a. a. O. — 4) Eſcherich, R.
u. Baer, W.: Naturw. Ztſchr. f. F. u. Liv. 1918, 98.”
Überflügler: Blattweipen: Gattung Nematus — Holzweipen. 351 |
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit Mai. Die Eier werden einzeln an YFichtennadeln (ohne
Zuhilfenahme der Legefäge) äußerlich angeflebt. Das Aiterräupchen befrißt die Nadeln von
einer Seitenfläche ber, fo daß nur ein dünnes, durchſichtiges Häutchen ftehen bleibt. Be-
freffen werden die Nadeln der Maitriebe, ſowie die älteren Nadeln an den 3—4 Sabre
alten Zweigen. Höhen- und oberfte Quirltriebe bleiben (im Gegenjat zu N. abietum) verjchont.
Verpuppung Anfang Juli im Boden. Generation einfad.
Schaden: Zumwadsverluft an den befallenen, allen Altersitufen angehörenden, zu:
meift aber 40—60jährigen Beftänden.
| Befämpfung: Wie bei »bietum ſchwierig. Unter Umftänden find hinreichend breite
Leimringe wirfjam, weil die Afterrãupchen durch Wind und Regen leicht aus den Kronen
herabgeworfen zu werden ſcheinen.
14. Nematus Erichsonii Hitg.
Große Lärchenblattweſpe.
Kennzeichen: Fühler neunglieberig. Flügelipannung 20 mm. Slörper jchwarz; nur
bie vier erjten Hinterleibsringe rotbraun. Beine rot. Hüften, Knie und Tarjen blauſchwarz —
AUfterraupe 18—22 mm lang, 20 beinig, oben grünlichgrau, an den Seiten und unten heller.
Lebensweije ujw.: Flugzeit Mai und Juni. Die Eier werden reihenmeije, in
mit dem Sägeapparat hergeftellte Schnittwunden, in die Rinde der Maitriebe junger Lär—
hen gelegt.
Die Afterraupen befreffen von Anfang Juli bis Mitte Auguft in Gejellfchaften bie
Nadeln der Kurztriebe. Unter Umftänden werden auch die Nadeln der Längstriebe
angenommen.
Am Auguſt begeben ſich die Larven unter die Bodendede, überwintern hier in einem
faft zylindrifchen Kolon und verpuppen fih im Mai des nächſten Jahres.
Generation einfad).
Belämpfung: Wie bei abietum.
15. Nematus laricis Hitg.
Kleine Lärchenblattweſpe.
- Kennzeichen: Fühler neungliederig. Tlügelipannung 14—16 mm. Körper ſchwarz.
— Afterraupe 15 mm lang, 20beinig, ſchön grasgrün mit braunem Kopfe.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit April, Mai. Die Eier werden an Lärchen ab:
gelegt, vermutlich an die Knoſpen der Längstriebe.
Die Afterraupen befrefien vom Mai bis Juli gleichfalls die Nadeln.
Berpuppung im Boden. Generation einjad).
Dieje Blattmeipe hat ſich 1844 auf dem Rabenſteiner Forſt (Sachjen) in 5—8jährigen
Lärchenfaaten ſchädlich gezeigt. Viele Lärdyen wurden hier lahl gefreſſen und ſtarben ab.)
Bekämpfung: Wie bei abietum.
Familie Uroceridae, Holzweſpen.
Fühler gerade, faden- oder borſtenförmig, ſtets kürzer als der Leib, 11—30gliederig.
Drei große Nebenaugen. Körper groß, lang, walzenförmig, bei den J etwas niedergedrückt;
Kopf halbkugelig. Flügel geftredt, in der Ruhe dem Körper flach aufliegend. Beine Fräftig,
mit zwei Schenfelringen. Vorderſchienen mit einem Enddorne. Hinterleib figend. Lege:
bobrer der 2 aus zwei feitlichen Klappen und einem ſtark gejägten Stachel beftehend, meiſt
über die Hinterleibsfpige hervorragend. Generation minbeftend zweijährig. — Larven
vollkommen walzenförmig, weich, weißlich, ohne Augen, mit ſechs ftummelartigen Bruſt⸗
füßen und einem aufwärts gerichteten Afterdorn am Ende. — Puppen weich, weiß.
Die Larven leben ausfchließlich im Holze, vorwiegend der Nabelbäume?), wo⸗
hin die Eier mittel3 des langen Bohrers abgelegt werden. Berpuppung im Holze.
Die ausgebildete Weſpe Eriecht durch ein kreisrundes Flugloch aus.
1) Roßmäßler: Thar. Ihrb. 1845, 198. — 2) Leiſewitz, Wilhelm: Forftl.:naturm.
Ztſchr. 1898, 489.
352 Erfies Bud. Schuß gegen Tiere.
1 Sirex juvencus L.
Gemeine oder ftahlblaue Fichtenholzweſpe) (Abb. 181).
Kennzeichen: Körperlänge bei beiden Geſchlechtern ſehr verſchieden, 12—25 mm (Z),
16—36 mm (2). Körper ftahlblau. Hinterleib beim Z vom Rande des dritten Ringes an
bis zum fiebenten Seguente (einjchl.) gelblichrot;
bei dem 9 ftahlblau, etwas ins Kupferige jhillernd.
Kopf blaufhwarz. Fühler ſchwarz mit gelber
Wurzel, Flügel gelblich, mit gebräunten Außen-
rande. Beine rotgelb; nur die Hüften, Schenkel:
ringe und meift auch die legten Fußglieder ſchwarz⸗
blau. Hinterfchienen mit zwei Dornen. Legebohrer
türzer al3 ber Hinterleib. — Larve bis 30 mm
fang, walzenförmig, weiß.
Lebensweise ufw.: Flugzeit Juni bis
September. Das 2 bohrt Fichten bis auf den
Splint an und legt in jedes Bohrloch ein Ei.
Die Larve frißt einen kreisrunden, meift
abwärts ziehenden geichlängelten Gang im
Holz (Abb. 182), anfangs in den weicheren Splintſchichten, nach ber erften Über-
winterung tiefer im Innern. Im Vorfommer des britten Jahres bereitet fie ſich am
Ende de3 mit Rot und
Sraßmehl vollgeftopften
Ganges eine ovale Wiege,
welche fie mit einer glafigen
Haut überzieht. Hier ers
folgt die Verpuppung.
Die auskommende
Weſpe bohrt ſich auf dem
kürzeften Wege jelbft durch
das Holz. Das Flugloch
ift reirund?), von ber
Größe eines ſtarken Schrot-
tornd. Generation mins
deſtens zweijährig.
Alle Holzweipen lie⸗
ben kränkelnde, durch Wild
geſchälte, vom Blitz getrof⸗
fene oder durch Wind im
Wurzelverbande geloderte,
gebrochene oder geworfene
i) Waqchtl, Frih U:
351. f. d. gef. Iw. 1881, 362.
— Baer, ®.: Thor. Iorb.
1910, 95. — 2) Hierburd
untericheiden ſich die Aus-
Abb. 182. Längsfchnitt durch einen mit Sirex juvencus-Sarven beſetzten fuglödher aller Solaweipen
Fichtenftamm. Die Sarvengänge find mit Wohrmeht verftopft. Sins DON den mehr onafen Aus-
unten am Gangende Vuppenwiege mit Puppe (verfl. Orig. &. R). flugldchern der Bodtäfer.
bb. 181. Sirex juvencus L. 2 (Ya).
Aderflügler: Holzweſpen. Gallweſpen. 353
Stämme, ferner geharzte Fichten und beſonders die von Rinde entblößten, zur Saftzeit
gefällten Stämme. Faules Holz wird von ihnen vollftändig gemieden, ebenjo völlig
geſunde ftehende Stämme. Der Fraß ift hiernach nicht phyſiologiſch, wohl aber tech⸗
niſch ſchädlich.
Bekämpfung: Entfernung hoher Stöcke und Bruchſtümpfe; Aushieb krän⸗
kelnder, eventuell befallener Stämme bei den Durchforſtungen; raſche Abfuhr der
Nutzhölzer aus dem Walde.
2. Sirex nootilio Fabr.
Stahldlaue Kiefernholzmeipe.
Kennzeichen: Genau wie 8. juvencus, Yühler aber vollftändig ſchwarz. (Mit
der vorigen Art von manden Autoren vereinigt.) Fraßbaum: Kiefer.
8. Sirex spectrum L.
Schwarze Fichtenholzmweipe.
Kennzeichen: Körperlänge 16—25 (9) bzw. 39—46 mm einfchl. Legebohrer (2).
Körper ſchlank, ſchwarzbraun; auf jeder Seite ein Yled am Hinterhaupt und ein feitlicher
Längsdftri auf dem vorderen Bruftringe, lehmgelb. Hinterleib des 2 fpatelförmig. Flügel
gelblich, mit grauem Außenrande. Beine lehmgelb. Hinterfchienen mit nur einem Dorne.
Zegebohrer faft jo lang wie der Körper. — Larve der vorigen ähnlich, aber Heiner.
Lebensweiſe uſw.: In Fichte und Tanne. Der lange Legeftachel Täßt vers
muten, daß die Holzweſpe bejonders alte, ſtarkborkige Stämme anbohrt. Seltener
als die vorige.
Befämpfung: Wie bei S. juvencus.
4, Birex gigas L.
Riejenholgmeipe.
Kennzeihen: Körperlänge 20—82 (7) bzw. 24—45 mm einſchl. Legebohrer (z).
Kopf und Thorag ſchwarz; je ein großer Fleck Hinter den Augen gelb. Hinterleib bei dem
J rotgelb, nur am erften und legten Ringe ſchwarz, bei dem 2 fchwarz, aber an den beiden
erften nnd den drei legten Ringen gelb. Fühler gelb. Flügel gelblich, mit gebräuntem
Außenrande. Beine ſchwarz, von den Knien an gelb. Hinterichienen mit zwei Dornen.
Zegebohrer faft von der Länge des Körperd. — Larve ebenfalls ſechsbeinig und weiß.
Lebensweiſe uſw.: Dieje Holzweipe lebt vorherrfchend in Tanne und Fichte,
vereinzelt auch in Kiefer und Lärche, und führt diefelbe Okonomie wie Sirex juven-
cus L. Sie bevorzugt ftärkeres Holz, kommt Hin und wieder in Bauholz; vor und
wird dadurch in Häuſer verjchleppt.
Befämpfung: Wie bei S. juvencus L.
Zuſatz. |
Die in Laubhölzern freifenden Holzmeipen, 3.8. Tremex fuscicornis F. und
T. magus F. (in Bude), Cephus compressus F. (in Obftbäumen), Xiphydria
dromedarius F.!) (in Pappel, Weide, Birke, Ulme) find forftlich bedeutungslos.
Familie Cynipidae, Gallweſpen.)
Imagines jehr Hein, aber von gedrungenem Baue. Fühler lang, gerade, fadenförmig,
18—16gliederig. Rebenaugen weit hinten auf dem Scheitel. Ylügel unvollkommen geadert.
1) Leijewig, Wilh.: Forftl.onaturm. Ztſchr. 1897, 207.
2) Bol. die ©. 124 genannte Literatur über Pflanzengallen. Die angeführten Mono⸗
grapbien behandeln, wie ſchon der Titel erkennen läßt, nicht nur die Gallweipen, jondern
alle Tiere, weiche Gallen erzeugen, alfo auch Würmer, Milben und andere Inſekten (Blatt-
weipen, Sallmüden, Blattläuſe uſw.).
DeB, Borftihug. I 4 Aufl, 28.
354 Erftes Buch. Schug gegen Tiere.
Borberflügel ohne Randmal, mit nur 6—8 Zellen, darunter eine Radialzelle und 2—8 Kubis
talzellen. Manche Arten haben entweder gar keine oder nur verfümmerte Ylügel. Hinter⸗
feib mehr oder weniger feitli zulammengedrüdt, meift anhängend, mitunter geftielt, Hinten
ſchief abgeftugt, von den Flügeln meit überragt. Legebohrer des 2 nach oben gefrümmt,
Rachelartig. Beine lang und ſchlank, mit zwei Schenkelringen. — Larven gewöhnlich did
und fleiichig, bauchwärts ſtark gefrümmt, Tabl, weiß, fußlos. — Buppen gedrungen, kahl, weiß.
Die Gallweipen laſſen fih nad) ihrer Lebensweiſe und nad) der Entwidelung
ihrer Larven in die drei Gruppen: echte Gallweſpen, Aitergallweipen und
Schmarogergallwejpen bringen.
Die ehten Gallweſpen entwideln fi in Gallen, die durch das Ei der Gall»
weipe bzw. durch die von der heranwachſenden Larve ausgehenden chemiſchen oder
burch Verwundungsreize in entwidelungsfähigen Pflanzenteilen veranlaßt werben.
Die Uftergallmweipen erzeugen feine eigenen Gallen, jondern benußen bie
Ballen echter Gallweſpen als Entwidelungsort.
Die Shmarotergallmweipen leben nad Art der Schlupfweipen in anderen
Inſekten.
Forſtliche Bedeutung haben nur die echten Gallweſpen. Sie iſt aber nicht
groß und kommt mehr poſitiv, in Erzeugung gerbſtoffhaltiger, techniſch verwend⸗
barer Gallen als negativ, in Beeinträchtigung der normalen Entwickelung der be⸗
fallenen Pflanzenteile, zum Ausdruck.
Echte Gallweſpen.
Die 2 ſtechen mit ihrem Legebohrer Blätter, Knoſpen, Triebe, Früchte oder
fonftige Teile der Holzgewächſe an, um ihre Eier einzeln oder zu mehreren unter:
zubringen. Die Gallbildung entjteht unter der Reizwirkung nicht näher befannter
Stoffe, die entweder vom Ei ausgehen bzw. vom Muttertier bei der Eiablage mit
eingebracht worden find oder die ſeitens der fich entwidelnden Larve ausgeſchieden
werben. Der lehtgenannte Fall ift der häufigere. Die Weiterentwidelung einer Galle
(Ceeidie) hört auf, wenn die Larve zugrunde geht. Eine andere wefentliche Be⸗
dingung für die Ausbildung der Galle ift die, daß das Ei an junge, wachſende
Pflanzenteile oder teilungsfähige Gewebe abgelegt wird. Sobald der betreffende
Pflanzenteil feine Entwidelung abgefchloffen Hat, ift Gallbildung nicht mehr mög:
ih. Bon enticheidender Bedeutung für das Entftehen der Galle ist bei einigen Ey:
nipidengallen weiterhin, daß das Ei an die richtige Stelle kommt. Endlich ſcheinen
hierbei auch äußere Faktoren, z. B. Belichtung und Ernährungsverhältnifie der Wirtss
pflanze, eine Rolle zu ſpielen.
In bezug auf den Bau zeigen die durch ihre komplizierte Gemwebedifferenzierung ")
ausgezeichneten Eynipidengallen manche Eigentümlichleit. Die im Innern der Galle bes
findliche Larvenkammer wird vielfach durch eine aus harten Sklerenchymzellen gebildete
Schutzſchicht umſchloſſen. Dieſe dient dazu, das Gallentier vor den dasjelbe bedrohenden
zahlreichen Einmietern und Schmarogern zu ſchützen. Undere derartige Schugporrichtungen
find Hinreihend dide Außenwände (äußere Schugichicht) der Galle oder Bildung einer
Innengalle. Eine jolche entfteht durch Loslöſen der inneren Schicht von der äußeren
weiter wachſenden Gallenwand. E3 wird dadurd ein verichieden großer Hohlraum ge=
bifdet, in welchem die meift Hartwandige Innengalle mehr oder weniger freiliegt. Die in
der Galle eingeichlofjene Larve ernährt fich durch Abfreſſen der innerjten Zellichichten ber
1) gl. Hierzu Küſter, Ernft: Die Gallen der Pflanzen, Lpzg. 1911. Das Buch be»
faßt fich mit der morphologischen, anatomijchen und phyfiologifchen Seite der Gallenprobleme.
Aberflügler: Gallweſpen. 355
Gallenwand. Vielfach befteht dieſe aus beſonders nährftoffreihen Zellen, der fogertannten
Nährſchicht.
Von morphologiſchen Charakteren ausgehend, kann man die Gallen einteilen:
1. nach dem Pflanzenteile, an welchem fie auftreten, in: Wurzel⸗, Rinden-, Stengel-
oder Stamm:, Knoſpen⸗, Blatt, Blüten- und Fruchtgallen;
2. nad) ihrer äußeren Form in: Kugel, Knollens, Reulen-, Kegel:, Zapfen, Teller⸗,
Knopf-, Linjengallen ujw.;
8. nach der Zahl der Kammern, aus denen fie beftehen, in: ein- und mehr: (viel-)
fammerige Gallen (erftere bilden die Segel);
4. nach der Beſchaffenheit ihrer Oberfläche in: nadte, behaarte, filzige, gerippte,
genebte, bebornte, moo8artige Gallen um.
Die meiſten Gallweipen befallen die Eichen.!) Die Bevorzugung der Eiche
als Nährpflanze ift vermutlich darin begründet, daß dem Gallengewebe größere
Gerbſtoffmengen zugeleitet werden. Der Gerbftoffgehalt ſchützt die Gallen gegen die
Angriffe der Vögel. Bon fonftigen Holzarten find als Wirte von Eynipidengallen
nur Ahorn und wilde Roſe zu nennen. Außerdem wird noch eine größere Zahl
frautartiger Gewächſe von Gallweſpen heimgejucht. Die auf Holzgewächſen vorkom⸗
menden Sallweipen bevorzugen das unterdrüdte, niedrig gewachlene Holz, treten
daher beſonders in Niederwaldungen und am Unterwuchs in Hochwaldungen auf.
Ganz eigenartig find die Geſchlechts-und Fortpflanzungsverhältniffe
der Gallweipen. Bei vielen Arten beiteht ein regelmäßiger Generationswechſel
(Heterogonie), indem eine gejchlechtliche (gamogenetifche) und eine ungeſchlecht⸗
lihe (parthogenetifche, agame) Generation miteinander abwechjeln. Beide zu-
fammen bilden den ein oder zwei Jahre umfafjenden Entwidelungszyflus. Die ge
ichlechtliche, aus d und 2 beftehende Generation geht aus den Eiern der überwinternden
parthenogenetifchen Generation (nur ?) hervor. Die Imagines beider Generationen
gleichen fich durchaus nicht, fo daß ihre Zugehörigkeit zur gleichen Gattung bzw. Art
lange Zeit unbelannt war, was zur Aufftellung verjchiedener Gattungen veranlaßte.
Ebenſo gleichen fich auch die von beiden Generationen herporgebracdhten Gallen keines⸗
wegs. Die Verjchiedenheit der Generationen geht bei einigen Eynipiden fogar jo
weit, daß beim Generationswechſel auch ein Wirtswechſel ftattfindet. Die Arten, von
denen man nur weibliche Tiere (agame Formen) kennt, pflanzen fih auf parthe-
nogenetifhem Wege fort.?)
Die Verpuppung erfolgt ſtets in der Galle, die entiveder an der Wirtöpflanze
boften bleibt oder jamt ihrem Bewohner zu Boden fällt. Die Ummanblung zur
Smago geht ebenfalls in der Galle vor ich; das fertige Inſekt nagt fich heraus oder
verläßt die Galle auf einem durch die Larve fchon vorbereiteten Wege.
Der Schaden, welchen die Gallweſpen verurjachen, ift, wie jchon oben erwähnt
wurde, nicht bedeutend, infoweit e3 ſich um Blatt: und Blütengallen handelt. Hin⸗
gegen können Ainofpens und Rindengallen, wenn fie maflenhaft auf jungen Kern⸗
pflanzen und Stodausfchlägen auftreten, zu krüppelhaftem Wuchfe führen.
In der nachſtehenden Zabelle follen einige der häufigeren Gallweſpen, unter
furzer Beichreibung der Form, Anheftungsstelle und Beichaffenheit ihrer Gallen ufm.,
zufammengeftellt werben.
1) Mayr, ©. L.: Die mittelenropätichen Eichengallen in Wort und Bild. Wien 1871.
— v. Borbäs, Bincenz: Forftw. Bhl. 1887, 151 u. 271. — 2) Unter parthenogene>
tifher Yortpflanzung (Barthenogeneje oder Jungfernzeugung) verjteht man die durch uns
befruchtete Eier.
28*
356 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
arten. bzw.
Befallene Holz⸗ Ord.
Baumteile
DryophantafoliL.—' tugefig, gelblichgrün, meift rotbädig, an
A. Blätter, und soutellaris Oliv. | der Oberfläche etwas höderig, bis zur Größe
zwar vielfach nur Gemeine Eichengall⸗einer Kirſche, anfangs ſaftig, einkammerig.
an der Unterſeite. weſpe. | Reife: Oktober, Rovember.
Agame Generation. — _
Dryophanta anta longiven- tugelig, etwas abgeflacht, rot und gelb-
tris Hig. lihweiß gebändert, von der Größe eines
game Generation. | Kirfchlernd. Reife: Oktober.
Dryophants agama ; eiförmig, bis 4 mm lang, von der Größe
Etg. | eines Hanfkorns, glatt oder etwas wulſtig
Agame Generation. gelblichweiß, jpäter gelbbräuulich, anf dem
| Seitenrippen figend. Reife: September.
Neuroterus lenticula- | fladyslinfenförmig, 4—6 mm im Durch⸗
ris Oliv. meſſer, gelblichweiß mit rötlichem Bndel in
Ugame Generation. der Mitte, mit feinem, braunem Saarüber-
Reife: Oltober.
Neuroterus numisma- | Tnopfartig, in der Mitte | vertieft, t bis
lis Oliv. 3 mm, hellbraun, mit wulftartigem, feibe-
Agame Generation. | glänzendem Rande. Reife: September, Dt:
tober; abfallend.
Tr
6. | Andrieus curvator I auf beiden Seiten der Blattflähe halb»
Htg. fugelig berbortretend, die Blätter bei ftär-
a ſchlechtuche Genera- | terem Befall verfrüppelnd. Innen hohl,
mit 2 mm großer, brauner Innengalle
| Reife: Mai, uni.
B. Knoſpen 7. | Trigonaspis megap- | tief und verftedt am älteren Stämmen,
bzw. Triebe. tera Pans. ſowie oberirdifh an jungen Ausfchlägen.
eſchleqhtiiche Geuera⸗ Oberirbifche Galle fo groß wie eine Preißel⸗
beere; unterirdiiche weißlich unb hellrot bis
zur Größe einer Kirſche. Einzeln und ge
| Häuft. Reife: Mai, Juni
8. | Andricus fecundator | hopfenzapfenägnlich, anfangs grün, ſpäter
Hig. braun und bolzig, dicht beichuppt, an den
Hgame Generation. ‚ Sweigfpigen oft zu mehreren beifammen.
Reife: September, Oftober; abfallend.
9. Dryophanta Taschen- Mein, zulindrifch, purpurrot, mit weichen,
bergi Schlcht. ſtaͤrlemehireichen Gallenkerne. Reife: Mai.
Geſchlechtliche Genera⸗
tion.
10. | Biorhiza pallida Oliv. rundliche, blaßgelbe bis rojenrote, ſpäter
(= terminalis). lederfarbige, viellammerige Schmammigalle
Eichenrojengallmeipe. |an den Terminalknoſpen bzw. Zweigſpitzen,
Geſchlechtliche Genera⸗ bis zur Größe eines Apfel (Eichen roſe),
tion. Reife: Juni, Juli.
Merflügler: Gallweſpen.
Die Baliweipe I lebt in _Generationsmechfel
mit Borlommen, Schäblichleit ev. Belämpfung
Dryophanta Taschenbergi Schlcht. an
Knoſpen. Galle purpurrot, ſpäter dunkelvio⸗
lett. Reife: Mai.
Geſchlechtliche Generation.
|
Dryophants similis Adl. in Abventiv-
Inojpen am Fuß älterer Eichen. Eiförmig,
graugrün mit weißlicher Behaarung. Reife:
Mai.
Geichlechtliche Generation. |
Alle Blatigallen kommen fehr häufig vor,
insbefondere Die von Rr.1 und Nr. a erzeugten.
“ Neuroterus (Spathegaster) baccarım L.] „ Die praftifche Bebentung biefer Gallen if
an Blättern (oberjeit3) und an J Blütenflän-
den. Weinbeerartig, grünlich, jelten rötlich ge⸗
adert; an Blüten weißlih. Reife: Juni.
Geſchlechtliche Generation.
Neuroterus (Spath egaster) vesicator
Schicht. an Blättern; Hein, puftelförmig,
freisrund, bi8 8 mm; oberjeit flach gewölbt
mit warzenartiger Erhebung. Reife: Mai,
Juni.
Geſchlechtliche Generation.
Andricus collaris Htg. in enoſpen; zi⸗
tronenförmig, bis 4 mm lang, erſt rot, dann
braun. Reife: September, Oktober; abfallend.
Agame Generation.
nicht von Belang, nur 4 und 6 werben von
Keller (Schweiz. Btichr. f. Fw. 1896, 41,
845) al3 unter Umftänden fchädlich bezeichnet.
Trigonaspis renum Htg. an den Rippen
Die geichlechtliche Generation gehört wegen
ber Blätter (unterjeits) von Stodausichlägen. |ihres mafjenhaften Auftreten? mit zu den
Galle Klein, nierenförmig, anfangs grün, jpäter | ſchädlichen Eynipiden. Die befallenen Aus⸗
braun. Reife: Oktober, November. ſchlaͤge Tönnen abfterben.
Agame Generation.
Andricus pilosus Adl. an ? Blüten. Galle '
ſpitz⸗ eiförmig, anfangs grün,
und weiß behaart. Reife: Mai.
Geſchlechtliche Generation.
Die die Knoſpengallen können die Trieb⸗ und
ſpaͤter braun Blattausbildung beeinträchtigen. Die Bluten⸗
gallen ſind unſchädlich.
|
Dryophanta folii L. an Blättern (Rr.1). |
Agame Generation.
Biorhiza aptera Bose. (Nr. 19) an Wur⸗
zeln. Reife: Herbft.
Agame Generation.
— — —
Gehort mit zu den ſchädlichſten Arten, da
fie da3 normale Wachstum beeinträchtigt. Im
Winter ſitzen die Terminalidgallen als ſchwarze
Klumpen an den Bäumen. Sammeln ber
Gallen im Herbfte.
358 Erfie Buch. Schu gegen Tiere.
a nn ———
arten bzw. |, | Arten | Größe und Beichaffenheit der Gallen
Baumteile |
._— — 170 — — — — — ⸗ — t t
— mn
C. Sproßachſe. 11. Andricus inflator Htg. 2 teulenförmige, braune, bolzig werbende
ı Geichlechtliche Genera⸗ Anſchwellung an der verkürzten Triebſpitze,
‚Hon. jung einer Kohlrübe ähnlich. Neife: Mai,
uni.
D. Früchte. 12. | CynipscalycisBurgsd.i anfangs grür.e, Ileberige, nad) dem Herbfte
| Knopperngallweipe. zu braune „Knopper‘ an der Frudtlapfel
Agame Generation. ‚ ber Stieleiheln , fie als unregelmäßiger,
'ediger Auswuchs oft ganz überziehend.
" Reife: Spätherbit; abfallend.
| |
E. Rinde. | 18. | undrions Sieboldi | Hein, fegelförmig, anfangs rot und weich,
IH fpäter bräunlich und hart, tief Längsgerieft ;
Ä | han Generation. | meift zahlreich dicht über dem Wurzelfnoten
3—5 jähriger Pflanzen und junger Stämm⸗
Ä hen. Flugloch an der Eeite. Reife: Herbft
u | oder April.
—8 J Andricus corticisHtg.| Nein, kegelformig, lehm⸗ bis rötlichgelb,
Agame Generation. Spitzze dedelartig fich ablöfend. An Über-
| | wallungen verlegter Rindenftellen gehäuft,
| : fonft wie bei der vorjtehenden Art. Flug⸗
Ä | loch an ber Spige der Galle.
F. ®urzeln. | 15. | Biorhiza aptera Bosc., anfangs weich und fleifchfarbig, ſpäter
Ugame Generation. holzig und dunlelbraun, traubenförmig an»
| gehäuft und untereinander verjchmelzend.
— Reife: Herbſt.
16. Andricusradieis Febr. hart, bolzig, nuß⸗ bis fauftgroß, hell:
| | game Generation. braun, viellammerig. Am Stammenbe ober
| Ä jan Wurzeln.
OD. Ahorne. | 17. | Pediaspis aceris fugelig, erbiengroß, blaßgelb oder rötlich
Blätter. Foerst. angelaufen, eintammerig, häufig dicht ge⸗
| Geſchlechtliche Genera⸗- drängt beifammen auf der unteren Blatt«
| tion. jeite. Oberjeit3 treten die Gallen als ſchei⸗
| | ‚ benförmige Budel zutage.
II. ®ilde | 18. | Rhodites rosae L. | von ber Größe einer Hafelnuß bis Kar-
Rofen. Rofengallmweipe. toffel, mit einem braunroten, moosähnlichen
Triebe. berzuge verjehen, ſpäter hart, viellamme⸗
rig (Rofen- oder Schlafapfel, Bede—
| ‚guar). Reife: Sommer.
Familie Vespidae, Faltenweipen.
Imagines mittelgroß bis groß, ſchlank, faft nadt, braun oder fchwarz mit gelben
Ringen; mit zwei nierenförmigen Netz- und drei Punktaugen. Fühler nahe beifammen,
meiftens deutlich gebrochen, 12—13 gliederig, nach der Spite verbidt. Hinterleib anhängend,
oder gejtielt, 6—7 gliederig, mit einem Wehrftachel. Borderflügel in der Ruhe längsgefaltet,
mit einer bis zur Flügelſpitze reichenden Rabdialzelle und 8—4 Kubitalzellen. Beine ein-
fach, ohne ftarke Haare und Dornen, mit nur einem Schenfelring. — Larven weiß oder
gelblich, beinlos, mit bräunlichem, deutlich abgelegten Kopfe.
Teils einſam, zumeift aber in geordneten Staaten gejellig lebende Inſekten.
Aderflügler: Sallweipen. Faltenweſpen. 359
| u nn
Die Gallweſpe lebt 1 Generationswedjiel | Borfommen, Schaͤdlichkeit ev. Belämpfung
fugelig, grün oder rötlich, von der Größe ſchädlich, da die Triebe fpäter abfterben. Ab⸗
einer Erbfe. Reife: Oktober, abfallend. ſchneiden der Triebipigen vor der Schwärm⸗
Agame Generation. ‚zeit (und).
Andricus cerri Beyer. an ? Blüten der] Dieie Gallweipe ift vorwiegend in Ofters
Berreiche. Galle Hein, fegelförmig. Reife: Mai. | reich-Ungarn, Italien uſw. zu Haufe, tritt
Geſchlechtliche Generation. aber vereinzelt auch in Deutichland auf, 3. B.
bei Kaſſel, bei Gießen, im Stuttgarter Tal,
in Thfßringen, bet Halle, in Sachſen, Schle:
fien, Böhmen, bei Greiz und Gera.!)
Andricus testaceipes Htg. an Stielen und! Die befallenen Pflanzen find oft derart be-
Rippen vonBlättern. Galle eine Heine, wulft= ſetzt, daß fe eingehen.
artige Berdidung. ı Überftreichen der Gallen im Frühjahre mit
Geſchlechtliche Generation. | bidflüffigem Raupenleim ober tiefes, recht:
zeitiges Abſchneiden und Verbrennen im Laufe
des Sommers und Herbftes.
Andricus gemmatus Adl. Kleine, erftgrüne, | Scäblichteit und Belämpfung wiebei Nr. 13.
ſpäter braune Galle in den Blattachieln außer:
Halb der Knoipen. Reife: Juni.
Geſchlechtliche Generation.
— —— — —
Biorhiza pallida Oliv. (Nr. 10) an Knoſpen. In bezug auf die Schaͤdlichkeit wird auf
Geſchlechtliche Generation. —8* 10 verwieſen.
|
Andricus trilineatus Htg. an Blattitielen ı
und Mittelrippen. Reife: Juli. —
Geſchlechtliche Generation.
Pediaspis sorbi Tischb.an Wurzeln. Rund⸗ Tritt nur an jüngeren Ahornſtämmchen auf.
liche, anfangs fleifchige, jpäter holzige, bräun- Die Bezeichnung der agamen Form als „sorbi“
liche Gallen. | Hängt damit zufammen, daß man früher an
Agame Generation. | nahm, fie lebe an den Wurzeln von Sorbus»
Arten.
|
|
Bei letzteren, welche in forftlicher Hinficht das meifte Intereſſe bieten, kommen außer
den d (Drohnen) zwei in der Größe verfchiedene weibliche Formen vor, große
2 (= Königinnen) und Heine 2 (= Arbeiterinnen).
Der einzelne Staat wird im Frühjahr durch ein im befruchteten Buftand übers
wintertes großes ? gegründet. Diefes, die Königin, beginnt alsbald mit dem Bau
nn — —
1) Altum: Forſtzoologie. 2. Aufl. III, 256. — Forſtl.⸗naturw. Ztſchr. 1893, 72, 189,
272; 1894, 243. — Allg. 3. u. J⸗Ztg. 1894, 38.
360 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
eines Neftes und legt in jede Zelle ein keulenförmiges, befruchtetes Ei. Aus Den
ausichlüpfenden Larven entitehen infolge der mangelhaften Ernährung durch Die
Gründerin des Staates nur Heine, geichlechtlich aber normale 2, die nun ihrerfeits
das Neft erweitern und bei der Brutpflege der von der Königin fernerhin abgelegten
Eier helfen. Infolge diefer befjeren Pflege nimmt die Größe der fog. Urbeiterinnen
nach und nad) zu. Dieje felbft vermögen ſich nur parthenogenetiſch fortzupflanzen,
da dJ zunächſt nicht vorhanden find. Letztere entitehen aber im Laufe des Sommers
aus eben den unbefruchteten Eiern ber Heineren 9.
Im Herbſt fterben alle Angehörigen des Staates bis !auf die von den d’ bes
frucdhteten, gegen Schluß des Sommers entitandenen großen 9, die an gefchüßten
Drten überwintern, um im nächſten Frühjahre ald Stammutter der neuen Staaten
den Kreislauf wieder zu eröffnen.
Die mit dem Wachen der Ropfzahl der Ungehörigen eines Staates größer
werbenden Nefter beitehen aus regelmäßigen, fechsfeitigen Zellen, die jtodiwerlartig
angeordnet und von einer gemeinjamen ftärkeren Hüllwand umgeben find. Als Bau⸗
material dienen zernagtes Holz und andere Pflanzenfafern, die mittel® eines Spei-
cheldrüſenſekretes zu einem Löfchpapter ähnlichen Stoff verkittet werden. Die Neſter
werden an und in hohlen Bäumen, Häufern, Ställen uſw., teilweife auch in der
Erde gebaut.
Forftlich beachtenswert ift allein
L Vespa crabro L.
Gemeine Horniſſe.
Kennzeichen: Flügelipannung des J 50 mm, des 2 55 mm; ber größte beutiche
Überflügler. Rumpf braunſchwarz, mit rotbraunen Beichnungen am Kopfe. Hinterleib auf
den eriten zwei Ringen brauurot bis braunfchwarz mit einem fchmalen gelben Streifen am
Ende des zweiten Ringes. Die lebten fünf Ringe gelb mit ſchwarzen Beichnungen und
Flecken. Der ganze Körper ift bräunlich behaart. Flügel ſtark gelb getrübt, namentlich am
Borberrande. Beine fehr kräftig gebaut, braunrot. — Larve 80 mm lang, ziemlich did,
gelblich-weiß, mit braunem Kopfe. — Puppe 24 mm lang.
Lebensweiſe ufw.: Die Neſter werden gern in hohlen Bäumen, aber auch
in Mauerlöchern ufw., feltener unter der Erde angelegt. Als Baumaterial verwendet
die Horniffe Hauptfächlich faulendes Holz, doch werden zu diefem Zwecke auch junge
Laubholzſtämmchen bzw. Zweige älterer Stämme plagweije ober ſpiralförmig ge⸗
ſchält und geringelt. Hierin befteht der forftliche Schaden. Unfcheinend gefchieht
dieſes Schälen nicht bloß, um Material zum Bau der Nefter zu gewinnen, fondern
auch, um den Saft zu leden, aljo der Ernährung halber. Man erkennt bies daran,
daß die Hornifie vom uni ab den ganzen Sommer hindurch bis in den Herbit
(Oktober) hinein ſchält.
In erfter Linie wird Eſche (Abb. 183) befallen, dann Weißerle, Roterle
und Birke!) Man hat aber Schälfchaden durch die Hornifje auch an Weiden (Korb⸗
und Salweibe), Bappeln, Linden, Roßkaſtanie, Obftbäumen, Syringe, jogar an Eichen
und Lärche beobachtet. Zunge Stämmen von 5—20jährigem Alter und Stockloden
(diefe ſchon vom zweiten bis dritten Jahre ab) werden bevorzugt; jedoch werben
1) Knauth: Forftl.snaturw. Btjchr. 1894, 27; 1895, 217.
Aderflũgler: Yaltenweipen. Aneifen. 361
aud bis 3Ojährige und. noch ältere Stangen angenommen. folgen der Beſchädi⸗
gung find Kümmern ober (bei Ringelung) ſogar Abſterben der geichälten Stimme
en oberhalb der Schälftelle.
In Obftgärten und Weinbergen werben die Hornifjen burch Be:
frefien von Obft und Weintrauben zuweilen noch weit ſchädlicher.
Bekämpfung: Verbrennen ober Zerftören der frei an Bäumen,
Häufern uſw. hängenden Nefter (bei Nacht oder an kühlen Morgen).
In hohlen Bäumen befindlie Neſter find durch Verbrennen von
Schwefel vor dem Flugloche, Erdneſter duch Eingießen von Schwefel-
kohlenſtoff (bei Nacht) und Butreten der Eingangsöffnung zu vertilgen.
Die Imagines können mit Hilfe von Sliegen- und fog. Weſ⸗
pengläfern (in Obftgärten uſw.) weggefangen werben. Als Uns
fodumgsmittel werden Syrup, Buder, verbünnter Honig, Obftjaft,
Moft uf. verwendet. Auch gewöhnliche Weinflajchen, Y/, mit Lod-
flüffigkeit gefüllt, Haben ficd beim Wegfangen bewährt.
Bufap.
Eine ganz ähnliche Ötonomie führen bie ſorſtlich bedeutungsloſe
2. Vespa vulgaris L., die.gemeine Wefpe, ſowie bie weiteren Arten.
Ihre brüchigen, grauen oder bräunlichen Refter find aber viel Hlei«
mer und hängen entweder frei (unter Dächern oder an Sträuchern bzw.
Bäumen) ober werben in Erbhöhlungen angelegt.
Smilie Formieidae, Ameifen.
Imagines mit großem, eigentümlich breiedigem Kopf. Vorderkiefer
zu farten Veißzangen entiwidelt. Drei Punftaugen, wenigftens bei ben
g und 9. Tühler deutlich gebrochen, gefeult, 10—13glieberig. Slügel
lang, gefiredt, unfaltbar, bei ben © fpäter abfaflenb. Bruftsinge vonein: AMP Grab
ander abgejhnürt. Hinterleib geftielt, oft faft fugelig, 6—Tgliederig, am ige (nat. @r.).
Ende mit (teilweije rubimentärem) Wehrftachel und einer Ameiſenſäure ab-
fondernden Drüfe. Beine lang, mit einem Schenfelring. — Eier länglich, Hell gefärbt,
höchftens bis 1 mm lang. — Larven ziemlich gebrungen, etwas gefrümmt, weißlich leicht
behaart, beinlos. Die der ? am größten, biejenigen der Arbeiter am Heinften. — Puppen
gemeißelt, weich, weiß, in feidenartigen Kokons (‚‚Ameifeneier‘‘).
Die Ameifen leben, faft durchweg zu Staaten vereinigt, in befonderen Wohnungen,
die entweder einfach in Erd⸗ oder Mauerfpalten angelegt werden oder aus fürmlichen
Bauen beftehen. Letztere werben in ober über der Erbe (Haufen), unter Steinen ober
im Innern von faulen Baumftämmen oder Stöden hergeftellt, Im Hochfommer (Juli,
Auguſt) finden fi in jedem Staate geflügelte F und P und neben ihnen die das
ganze Jahr über vorhandenen, ftet3 flügelfofen, Heineren Urbeiter (3). Nach der im
Hochſommer außerhalb des Nejtes, teilweiſe aber in nächſter Nähe desfelben erfol-
genden Begattung werben einige der begatteten 9 von den Arbeitern der Flügel be:
raubt und ind Neft zurüdgebracht, damit hier die Eiablage erfolge, der größere Zeil
der Geichlechtötiere aber erhebt fi bei warmem, ruhigen Wetter zum Hochzeitäflug
hoch in bie Luft, um nie ins Neft zurüdzufehren. Die meiften der ausgeſchwärmten
Tiere fallen Feinden (Vögeln) zum Opfer. Die & fterben nad} der Begattung, die
wenigen übrig bleibenden 2 beißen ſich jelbft die Flügel ab und begründen nach Art
der Saltenwefpen (f. dort) neue Kolonien.
362 Erftes Buch. Schup gegen Tiere.
Am Frühjahr findet man in den Neftern nur $ und ein oder meift mehrere
9, fowie Eier umd Larven. Der gefamte Haushalt fällt den Z zu, die namentlich
au die Brutpflege (Füttern, Umbertragen ber Larven, Sicherung ber Puppen,
Öffnen der Kokons vor dem Ausfriechen) zu verforgen Haben. Auskommen der neuen
Generation (3, 2 und 3) Ende Mai oder Anfang Juni.
‚Sorftlich ſchädlich werden nur einzelne Arten, und zwar entweber durch Anlage
ihrer Wohnungen in ftehenden Stämmen ober durch Wühlen in Hügelpflanzungen
bzw. durch Benagen von Pflanzen. Die in Frage fommenden Arten find:
Abb. 184. Querfnitt durch eine von Formica ligniperda Latr. befallene Fichte (verfleinert Drig. 8. R.).
1. Formica (Camponotus) ligniperda Latr. und F. (Camponotus) herculeana L.
die Riefenameifen.
Rennzeichen: Gröfte Arten; Z 7—12 mm, $ 16—18 mm, 3 7—14 mm lang.
Hinterleibsftielhen einglieberig, oben mit einer Schuppe. Hinterleib hinter dem erften Ring
nicht eingefhnüärt. Wehrftahel zurüdgebildet. Mittelbruft nicht budelartig abgetrennt.
Flügel mit einer Kubitalzelle, ohne Distoidalzellen.
F. ligniperda: Schwarz; Fühlergeißel, Bruft, Stielchen, erfter Hinterleiböring und
Beine rötlich. Flügel (2) braungelb, duntel geädert, (3) gelblich.
F. herculeana: Ganz ähnlid), aber duntier, Hinterleib ganz ſchwarz, Dichter be-
haart. 2 und 3 am erften Hinterleiböring ein roter Fled. Flügel heller als bei ligniperda.
Lebensweife uſw.: Beide Arten werben in gleicher Weile dadurch ſchädlich,
daß fie ftarke ftehende oder auch liegende, bisweilen vollfommen gefunde Nadelholz⸗
ftämme (faft ausſchließlich Fichten und Tannen) unter Umftänden bis auf 10 m
Höhe von unten her in der Jahresringrichtung konzentriſch aushöhlen (Abb. 184). Sie
freſſen dabei das weniger feite Frühjahrsholz Der Jahresringe heraus und laſſen nur ben
Üderflügler: Ameifen. 363
bichteren Herbftring, jowie die eingewachſenen Äfte verfchont. Durch letztere wird
der dann oft nur noch aus Hohlzylindern beftehende Holzkörper zufammengehalten.
Die Fortfebung der Zerſtörung beforgt zumeift der Schwarzipecht, ber die von den
Ameiſen befallenen Bäume durch Einichlagen großer Löcher oft übel zurichtet. An
Zaubhölzern (Eiche, Linde und Ulazie) find ähnliche Beſchädigungen durch Ameifen
ebenfall3 beobachtet worden, fommen aber weit jeltener vor als bei den Nabelhölzern.
Der angerichtete Schaden ijt in erfter Linie technifcher Natur.
Belämpfung: Baldiges Aufbereiten der geichädigten Stämme, wenn möglich
verbunden mit Verbrennen der befallenen Zeile.
2. Lasius flavus Deg.
Roftameife.
Kennzeichen ujw.: Kleinere Urt; Z 3—4 mm, 2 7—9, 5 2—4 mm lang. Hinter:
leibsſtielchen ‚aufrecht, eingliederig. Mittelbruft budelig abgelegt. Stirnfeld nicht abgegrenzt.
Körper hell- bis duntelgelb, dünn, borftig behaart. Beim 2 Kopf und Bruſt dunkler. Flügel
bis zur Mitte bräunlichgelb, mit Diskoidalzelle.
Lebensweiie ufw.: Die Ameiſe lebt auf Wiejen und wird hier durch Auf:
werfen ihrer bisweilen ziemlich hohen (30-36 cm) Erbnejter oft ſchädlich. Nach
Sanltomsty!) beſchädigt fie ferner junge Kulturen der Fichte, Tanne, Buche, Eiche,
Lärche und des Ahorn durch platz⸗ und ftreifenmweifes Benagen der Rinde an den
Wurzeln und unterirdifhen Schaftteilen. Jüngere Pflanzen, zumal Schwächlinge,
werden mit Vorliebe angenonmen. Der Fraß dauert vom Yrühjahr bis in den
Juli. Beſonders jchädlich ift diefe Art in den Beskiden (Schlefien) in einer Meeres-
höhe von 800-1200 m auf trodenen, fühlichen, mit kurzer Grasnarbe bededten
Hutungen aufgetreten. Dad Eingangsprozent der Kulturen infolge ihres Fraßes
ſchwankte zwiſchen 26 und 60.
Als Gegenmittel?) werden Saat, Ballen= oder Klemmpflanzung empfohlen.
Jedenfalls find Lochpflanzungen mit ballenlofen Seblingen in geräumige Pflanz-
Löcher zu vermeiden, weil die Ameifen in den mit Feinerde gefüllten Löchern unge-
hindert zu den Wurzeln der Pflanzen gelangen können. Im alle der Saat ift Herbit-
ſaat mit möglichft geringer Bodenloderung zu wählen. Wie Nitjche?) erwähnt, find
in einem alle auch mit Ziefpflanzung und Beigabe von Rafenajche in jedes Pflanz-
loch günftige Erfahrungen gemacht worden.
Eſcherich“) Hält die Roſtameiſe nicht für den primären Täter der Wurzel:
beihädigungen, fondern macht dafür Wurzelaphiden haftbar, deren maſſenhaftes Vor⸗
fommen und intenfive Saugtätigfeit allerdings auf Konto der ausschließlich von
Blattlaushonig fich ernährenden Noftameife zu fegen iſt. Diefe Ameijenart betreibt
die Wurzellauszucht rationell, forgt für Freilegung und Reinigung der Wurzeln und
begünftigt durch Brutpflege und Schub der Läufe deren Gedeihen und Saugtätigfeit
in jeder Weiſe. Die Schädlichkeit der Blatt: und Wurzelläufe wird nach Eſcherich
durch die Ameiſen ganz weſentlich erhöht.
1) Fr f d. gef. Zw. 1894, 481. — 2) Axmann, Auguft: Daf. 1895, 249. —
8) Mitteleurop. Sorftinfettenfunde, 1340. — 4) Thar. Ihrb., 60. Bd. 1909, 78.
364 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Ordnung Lepidoptera, Schmetterlinge.
Die ebenfalls artenreiche Ordnung der Schmetterlinge enthält die wirtichaft-
ih wichtigſten aller forftihädlichen Inſekten. Der Echaden wird lediglich durch
die Larve (Naupe) erzeugt und ift mit wenigen und wirtjchaftlich nicht fehr ins
Gewicht fallenden Ausnahmen ein rein phyfiologifcher Er entfteht durch den
Fraß an den Blattorganen oder in den Knoſpen, Trieben, Fruchtſtänden der Wald-
bäume. Die von Blütenhonig, Baumfäften uſw. lebende Imago ift forftlich gleichgültig.
Die zeither übliche Einteilung der Schmetterlinge in Groß: und Kleinſchmet⸗
terlinge fol im Nachfolgenden beibehalten werden, wenn fie aud in fyftematifcher
Hinficht nicht begründet ift. Vom biologiſchen Standpunkt ift fie zwedmäßig, denn
fie trennt die offenen und die verjtecdten Feinde. Bon den Sesiidae und Cossidae
abgefehen, deren Raupen dem Holzkörper ihrer Fraßbäume ſchädlich werden, leben
die Raupen der Sroßjchmetterlinge frei an der Pflanze. Demzufolge ftellen fie ein
fichtbares und weit leichter erreichbares Bekämpfungsobjekt dar ald die meift ver⸗
jtedt in Knofpen, Trieben, zufammengeiponnenen Nadeln und Blättern ober unter
der Rinde frefienden Raupen der Kleinfchmetterlinge.
In der forftliden Bedeutung überragen die Oroßjchmetterlinge die Klein⸗
fchmetterlinge in erhebliden Maße. Das Schadenbild der zur Maffenvermehrung
befähigten Großjchmetterlingsarten wirkt mwuchtiger, es verleitet infolgedefien aber
auch zur Unterſchätzung der Kleinſchmetterlingsarbeit.
Der durch die Kleinfchmetterlinge im Walde angerichtete Schaden ijt keines⸗
wegs unbeträchtlich, wenn er auch infolge der Kleinheit des Einzeltiere und infolge
ber verborgenen Lebensweiſe der Schädlinge nicht jo in die Augen fällt wie bie
durch Großfchmetterlinge angerichteten Verheerungen.
Für den Forſtſchutz bedeutet Die Abwehr des Kleinjchmetterlingsichabens das
weitaus fchmwierigere Problem. Abgejehen davon, daß die Feititellung des Schädlings
weniger leicht ift al3 bei den Großjchmetterlingen, wird die Belämpfung dadurch
erſchwert und mißlich, daß fie in vielen Fällen nicht ohne ſchädigenden Eingriff in
die Subftanz der Fraßpflanze möglich tft.
I. Macrolepidoptera, Großſchmetterlinge.
Samilie Pieridae, Weißlinge.
Weiße und gelbe, am Tage fliegende Falter mittlerer Größe. Flügel ganzrandig, an
der Spige meift abgerundet, in der Ruhe aufgerichtet und zufammengelegt. Hinterflügel
nicht faltbar, ohne Haftborfte oder Haftftachel. Fühler gelmopft, an der Wurzel ohne Haare.
Borderbeine nicht verfümmert. — Raupen fchlanf, an beiden Enden verdünnt, mit kurzen
Haaren ſchwach beſetzt; Kopf Hein, etwas gewölbt; 16 beinig — Puppe am Afterende und
mit einem Faden um den Leib befeftigt (Gürtelpuppe).
Pieris (Aporia) crataegi L.
Baummeißling, Hedenmweißling.")
Kennzeichen: Ylügelipannung 50—65 mm. Körper ſchwarz, mit langen, graus
weißen Haaren. Flügel mildhweiß, mit feinem, beim J ſchwarzem, beim 2 mehr gelbbraunem
Geäder, an den Rändern und unterjeit3 Ticht braungrau beftäubt. 2 jo dünn bejchuppt,
1) Edftein, Karl: Zoolog. Ihrb. Abt. f. Syftematif uſw. der Tiere. 6. Bd. 1892, 280.
Schmetterlinge: @attung Pieris. 365
daß die Flügel, zumal in der Mitte, faft durchfichtig ericheinen. Fühler ſchwarz, mit hellem,
Inopfförmigem Endgliede. Beine gleichfalls ſchwarz. — Raupe 30—40 mm lang, oben
dunfelbraun bi3 ſchwarz, mit zwei gelbbraunen Längsftreifen, unten bleigrau, mit Dicht:
ftehenden, mäßig langen Haaren. Kopf ſchwarz. — Buppe 25 mm lang, edig, grünlich⸗
gelb, mit ſchwarzen Punkten.
Lebensweise ufw.: Slugzeit: Ende Juni, Juli.
Die becherförmigen, gerippten, goldgelben Eier werden häufchenmweile an die
Unterfeite der Blätter der Futterpflanzen (Prunus: Arten, Crataegus, Obftbäume)
abgelegt. |
Nah 14 Tagen jchlüpfen die in der eriten Xugend gelben Räupchen aus,
umgeben ſich al3bald zu mehreren (3-6) mit einem Geſpinſt und jfelettieren unter
beffen Schuß die Blätter einfeitig bis zum Herbft. Sie überwintern zwiſchen be
frefienen, verichrumpiten, durch unſcheinbare Sejpinftfäden untereinander und mit
ihrem Zweige loſe verbundenen Blättern. Zum Unterfchied zu den Neſtern des Gold⸗
after8 werben die oft nur walnußgroßen Winterafyle der Baumweißlingsraupen als
Meine Raupenneſter bezeichnet. Innerhalb diefer gemeinichaftlichen Berftede iſt
jede Raupe noch in einem bejonderen Kokon eingefchlofien. Im folgenden Frühjahr
verlaffen die Raupen ihre Quartiere und nehmen Blütentnofpen und junge zarte
Blätter an. Zum Zwecke der Berpuppung zerfitreuen fie fih. Die Berpuppung
findet Ende Mai, Anfang Suni am Stamme, an Äften, Bäunen u. dgl. ftatt. Die
grünlichgelbe, ſchwarz und: intenfiv gelb gezeichnete Puppe ift durch einen Gürtel-
faben und am Ufterende befeftigt und hängt bald fent-, bald wagerecht. Sobald fich
der Falter aus der Buppenhülle herausgearbeitet hat, entledigt er ſich des blutroten,
während der Buppenruhe in ziemlich großer Menge angefammelten Harnes. Bei
mafjenhaften Auftreten des Schmetterlings kann diefer Harn jo ftarf abgejonbert
werden, daß er auf den Blättern der betreffenden Bäume und Sträucher eingetrodnet
fihtbar wird. Daher der jog. „Blutregen” im Volksmunde.
Generation einfad.
Der Baummeißling befällt alle Arten der Gattungen Pirus, Prunus, Sorbus,
Mespilus und Ürataegus, auch Eichen, wird aber nur den Obftgärten und Weiß:
dbornheden ſchädlich. Er ift ſehr weit verbreitet und tritt in einer Gegend mand)-
mal plöglich in großer Menge auf. In anderen Jahren ift er nur jpärlich vertreten,
und wieder in anderen wird er vergeblich gefucht. Durch welche Verhältniffe fein
raſches Verſchwinden in Gegenden, in welchen er im Vorjahre ſtark geſchwärmt hatte,
verurfacht wird, ift nicht ficher befannt.
Belämpfung: Abjchneiden und Vernichten der Raupennefter im Winter (bis
längfteng März) mit der Raupenfcere.
Natürliche Feinde find Meilen und Goldhähndhen, die den übermwinternden
Räupchen nachſtellen, ferner Schlupfiweipen (Microgaster crataegi Rtzb.) und para⸗
fitifche Fliegen. |
Zuſatz.
In gleichem oder noch geringerem Maße forſtlich indifferent wie der Baumweißling ſind
einige andere der Familie Nymphalidae, Dornraupenfalter, angehörige Tagſchmetter⸗
linge, deren bedornte, zunächſt geſellig und neſtweiſe freſſende Raupen an den verſchiedenſten
Laubhölzern leben. Hier erzeugen fie zwar nicht ſelten an einzelnen Aften und Zweigen Kahl:
fraß, werden aber nur jelten und dann immer nur au Obſtbäumen empfindlich fchädlich.
€3 find Vanessa polychloros L., großer Fuchs, an Ulme, Weide, Aipe, Obftbäu-
men; V. (Polygonia) C-album L., C- Falter, an Ulme, Hajel, Hedenfirihe, Beer⸗
fträuchern und V. Antiopa L., Trauermantel, an Birke, Weide, Bappel.
366 Erfies Buch. Schub gegen Tiere.
Samilie Sphingidae, Schwärmer.
Fühler furz, vorn zugeſpitzt, nach der Mitte zu allmählich verdidt, faft dreifeitig pris⸗
matifh. Ohne Punktaugen. Saugrüffel gut entwidelt. Flügel langgeftredt, ſchmal, in der
Ruhe meiftend dachförmig über dem Hinterleib zufammengelegt, oben lebhaft, nuten matter
gefärbt und gezeichnet; die hinteren Hein und ftet3 mit Haftborfte. Hinterleib groß, fräftig,
meiſtens Tegelförmig zugefpigt und behaart. Flug kräftig, ſchwirrend, meiftens in der Däm⸗
merung. Generation gewöhnlich einjährige. — Raupen walzenförmig, nadt, mit einem
gekrümmten Horn oder einer Heinen Erhöhung auf dem elften (vorlegten) Leibesringe,
16beinig. — Buppen rund, kahl und meiftens fchwarzbraun, mit Aftergriffel, ohne Ge⸗
ipinft in der Erde ıuhend.
Es leben zwar viele Schwärmer auf Holzgewächſen; von untergeorbneter forftlicher
Wichtigkeit ift aber nur
Sphinx pinastri L.
Kiefernihmwärmer.
Kennzeihen: Falter einfarbig aſchgrau. Tlügelipannung 70—80 mm. Border:
flügel mit drei kurzen, ſchwarzen Längsſtrichen; Hinterflügel dunlel-braungrau. Hinterleib
mit dunklem Mittelftreif und an den Seiten mit jchmarzen und weißen unterbrocddenen
Binden. — Raupe 6—7 cm lang, grün, gelb längs-geftreift mit rotbrauner Rüdenlinie.
— Buppe 40 mm lang, fhwarzbraun, mit ſpitzem Aftergriffel und kurzen Seiten doruchen.
Lebensweise ufw.: Flugzeit Juni, Juli. Die grünliden Eier werden in
Heinen Öruppen oder mehr vereinzelt an die Nadeln der gemeinen Kiefer, hin und
wieder auch an Weymouthskiefer, Shwarzkiefer und ausnahmsweiſe an Fichte
und Lärche abgelegt. Die Raupen benagen die Nadeln vorerft nur wenig, ver⸗
zehren fie aber fpäter von der Spibe her. Der Fraß dauert den ganzen Sommer
hindurch bis zum Herbft. Verpuppung im Spätherbft (Oftober) unter Moos ufw.
Der angerichtete Schaden ift nicht von Belang, weil die Raupe felten in grö-
Berer Menge auftritt.
‚ Ab und zu hat fie wohl den Fraß anderer Riefernraupen, 3. B. 1894/96 den
der Spannerraupe im Nürnberger Reichswalde, verſtärkt und ift dadurch wirtichaft-
lich befangreicher geworden.
Bekämpfung: Im allgemeinen nicht nötig, gewöhnlich nur in Berbindung
mit ber Bekämpfung anderer Riefernfeinde. Sie hat fich dann auf Vernichtung der
Buppen durch Schweine- oder Hühnereintrieb, Sammeln oder Streubarfen zu ers
ftreden.
$amilie Notodontidae.
Falter mittelgroß, ohne Bunktaugen. Körper ziemlich plump, ftarf behaart. Saug-
rüffel vorhanden. Fühler beim 7 gefämmt oder ziveireihig beiwimpert, beim 2 kurz bes
wimpert. Hinterleibsipige beim x ohne Afterhaare. Borderflügel lang mit gerundeter Spige
und welligem Saume. Flügel in der Ruhe fteil dachförmig — Raupen nadt oder be«
haart, 16- oder 14füßig, im legteren Falle ohne Nachſchieber. — Puppe did, ftumpf.
Phalera bucephala L.
Mondvogel.
Kennzeichen: Flügelſpannung 4,5—6,0 cm. Kopf und Bruſt gelb, legtere braun
geftreift. Vorderflügel perlgrau, an ber abgerundeten Spige mit einem großen, runden,
hellgelben, bräunlich ſchattierten und braunrot eingefaßten led. Hinterflügel gelbgran, mit
verloſchenem Uuerftreif. Hinterleib wollig, geldgrau, auf den Seiten ſchwarzbraun gefledt.
— Raupe 4,5-6 cm lang, 16beinig, gelb mit ſchwarzer Gitterzeichnnng auf allen Seg⸗
menten, kurz behaart, mit fchwarzem Kopfe, Naden und Afterichilde. — Buppe etwa
26 mm lang, ſchwarzbraun, mit zweiteiligem, jeberjetts in drei Spigen ausgehenden Aftergriffel.
Schmetterlinge: Brozeffionsipinner. 367
Zebensweife ufm.: Flugzeit Ende Mai, Juni. Die Eier werden hanfen-
weije an bie Blätter fait aller Laubhölzer abgelegt.
Die Raupen erſcheinen im Juni, leben anfangs neſterweiſe beifammen und
verpuppen ſich im Herbft in der Erde ohne Geipinft.
Ausfommen im Mai.
Generation einfach.
Die Raupe befüllt namentlich Weiden, Linden und Eichen, wird aber auch
auf der von den Schmetterfingsraupen im allgemeinen verſchmähten Moterle!) ange⸗
teoffen. Anfangs wird nur die Epidermis ber Blätter benagt, ſpäter aber bie
ganze Blattfläche verzehrt, jo daß nur die Stiele ftehen bleiben. Wenn blühende Lin-
den befallen werben, fo bleiben die Zlügelblätter der Blütenftiele vom Fraße verſchont.
Der Falter ijt allenthalben verbreitet, tritt aber ſelten mafienhaft auf. Seine
forftliche Bedeutung ift daher gering; ſchädlich wird er nur in Weibenhegern, in
Bars, in Alleen*) uſw. wo ber durch die Raupen herbeigeführte Kahlfraß ganzer
Aſte auffällt.
Belämpfung: Sammeln der Raupen, folange fie noch in Gejellichaften beis
fammen find.
Samilie Cnethocanıpidae (= Thaumetopoeldae), Prozeifionsipinner.
Falter Hein, unſcheinbar, graufarbig, ohne Bunktuugen, behaart. Saugrüffel fehlend.
Fühler zweireihig geämmt, beim g ftärfer als beim 9. Hinterleibsipige beim 2 mit Afters
haaren. Hinterſchienen mit zwei Enbdornen. — Raupen 16füßig, gefellig lebend, lang
behaart, mit bunfleren Sammetfleden („Spiegeln“) auf ben Hinterleiböringen. Die auf
dieſen Spiegeln ftehenden Spindelhaare wirken „giftig“, fie erzeugen auf der Haut von
Menden und Tieren ſchmerzhafte Entzündungen. Eigenartig iſt die in geordneten Marſch-
tolonnen, „Progeffionen“ erfolgende Fortbewegung. ber Haupen. — Puppen in Familien
neftern in wabenartig angeordneten Kolons.
”
)
»
Abb. 185. Onethocampa (Thaumetopoes) provensionen L. a Mannlicher Falter. d Raupe,
auf einem Gicenblatte frefiend (mat. Gr.)
L Cnethocampa (Thaumetopoea) processionea L.
Eichenprogeifionsfpinner?) (Abb. 186).
Kennzeichen: $lügelfpannung des J 26—80 mm, des 2 8035 mm. Störper hell-
gelbgrau. Vorderflügel des J glänzend aſch- bis braungrau, mit zwei tiefbraunen Quer⸗
binden und (zumeilen) einem Monbfled dazwiſchen. Hinterflügel gelblich-weiß mit einem
1) 2.: Mg. F. u. 3.:Btg. 1881, 107. — 2) Baudifch, Fedr.: Bol. f. d. gei. Fw.
1887, 456. — 3) Zur Literatur im allgemeinen: Sabiel: A. d. Walde (Burdharbt), IL,
1869, 181. — Altum: Btichr. f. & u. Im. 1887, 540. — Dr. —n.: Forftl. Beilage zu
Nr. 80 des Allg. Holzveriaufs-Anz. 1887.
368 | Erfies Buch. Schug gegen Tiere.
braungrauen, verwajchenen Querftreifen, dunkel gefranft. Stirne bicht behaart, ohne
Hahnentammfortjag. Fühler roftgelb, Doppelt gelämmt. Vorderflügel des 2 grau, vers
loſchen gezeichnet. Hinterflügel grauweiß, mit dunkleren Yranjen. Fühler einfach ge-
kämmt. — Raupe 80—85 mm lang, mit braunjchwarzem, wenig behaartem Kopfe. Kör-
per oben und an den Seiten blaugrau mit breiter, dunkler Rüdenlinie, unten grünlich-
hellgrau. Auf den Ringen vier bis elf je ein großer, rötlichebrauner Spiegelfled. Ferner
trägt jeder Ring zehn rötlich-braune Wärzchen, welche mit laugen, weißlichen Haaren beſetzt
find. — Puppe 14 mm lang, gedrungen, rotbraun, mit zwei kurzen Häkchen am After,
in einem tonnenförmigen, graubraunen Kolon ruhend.
A. Lebensweiſe.
Flugzeit: Mitte Auguſt bis Anfang September, gegen Abend und zur Nachtzeit.
Das ? legt feine mohnlorngroßen, etwas abgefladhten, filbergrauen Eier, im
ganzen etwa 100—250 Stüd, im Auguft oder September in regelmäßigen Reihen
geordnet, plattenweije, ziemlich hoch an die Baumrinde älterer Eichen, ab und zu in
Riten und überzieht die Eierhäufchen mit verfitteter grauer Afterwolle. Mit Vorliebe
wird die Sonnenfeite der Stämme zur Brutablage gewählt. Die Eier überwintern.
Im Mai ericheinen die Raupen. Sie beginnen fofort zu fpinuen und zum
Straße zu wandern. Den Tag über liegen fie ruhig an geſchützten Baumjtellen in
einem gemeinfchaftlichen, Ioderen, oft fonnenjeitig und unter einen abgeheuden Afte
angebrachten Geſpinſte beifannmen, welches mit dem Wachstume der Raupen an
Größe zunimmt und immer reicher mit Rot und abgeftreiften Raupenhäuten ſich
füllt. Gegen Abend aber rüden fie in förmlichen PBrozeffionen nah den Baumwip⸗
feln zum Fraß aus, um am frühen Morgen in derjelben Weile wieder zurüd zu
marjchieren. Ihr Weg wird ſtets durch feidenglänzende Geſpinſtfäden bezeichnet.
Wenn nur wenige Raupen vorhanden find, jo progelfionieren fie nur einzeln, eine
dicht Hinter der andern. Große Gejellfchaften hingegen bilden lange, ſchmale, ſchlan-
genäbnliche Bänder, welche, von einem Kopftiere“ geführt, in der Mitte am breis
teiten find. Wenn man die Kolonne gewaltfam trennt, jo ordnet und fchließt fie ſich
jofort wieder. Unter Umftänden findet das Wandern und Freſſen auch bei Tage ftatt.
Zur Berpuppung (Mitte Juli) umſpinnt fi) jede Raupe im Innern des
gemeinjchaftlichen, oft die Größe eines Kinderkopfes erreichenden oder beutelartig
langgezogenen, ſchmutzig graugelben und durch Kot und Raupenhäute verunreinigten
Neſtes nochmals mit einem befonderen Kokon. Diefe einzelnen Kokons ſtehen wie die
Bellen einer Bienenwabe nebeneinander und find gegen Witterungseinflüfie ehr
widerftandsfähig.
Der Halter lommt von Mitte Auguft ab aus,
Die vorjtehend bejchriebene Lebensweife der Raupen ift die normale. Bei
Maſſenvermehrung bzw. Kahlfraß tritt meiſt eine mehr oder weniger weitgehende
Regelloſigkeit ein.
Generation einfach.
Der Eichenprozeſſionsſpinner iſt beſonders im weſtlichen Deutſchland verbreitet.
Die nördlichſte Grenze für ſein Auftreten in Deutſchland dürfte etwa in Lauenburg
zu ſuchen ſein.
B. Forſtliches Verhalten.
Fraßpflanzen der Raupe find die einheimiſchen Eichenarten, namentlich Sti e l⸗
und Traubeneiche, im Süden Qu. pubescens und Qu. cerris. Auch die nordame⸗
Schmetterlinge: Prozeſſionsſpinner. 369
rifanifchen Roteichen werden angenommen. Andere Laubholzarten fcheinen nur im
Notfalle befreffen zu werden. In vereinzelten Fällen ift beobachtet worden, daß die
Raupe nach Kahlfraß der Eiche ſogar Nabdelhölzer angenommen hat.')
Junge, zarte Eichenblätter werden in der Regel ganz gefreſſen; von älteren
bleiben die Rippen ftehen. Ältere Eichen werden bevorzugt; bei Maffenvermehrung
werden aber auch geringe Stangen, fogar Heifter befallen. Lichte, der Sonne expo⸗
nierte Beftände, Beitandesränder und freiftehende Bäume werden am Liebften ans
genommen. Daher haben Mittelmaldungen im allgemeinen mehr zu leiden als ge
ſchloſſene Hochwaldbeftände. Gewöhnlich dauert ein Fraß nicht länger als zwei Fahre.
Der forftliche Schaden ift im allgemeinen ein großer; nur bei wieberholtem
Fraß kommt es zu Gipfelirodnis und zu vereinzeltem Wbfterben von Äſten und
Heiftern. An der Regel begrünen fich die befrefjenen Bäume wieder. Wohl aber
werden Zuwachs und Maftreichtum mehr oder weniger beeinträchtigt. Werner laſſen
fih die befrefjenen Eichen ſchwer ſchälen.
In den Jahren 1828 und 1829 ereignete fich ein Fraß der Prozeifionsraupe in den
Calenbergſchen Eichenforiten zwiſchen Rinteln und Hameln Gabiel a. a. O.).
1870 und 1871 fand ein Fraß im Forſtreviere Varenholz (Lippe⸗Detmold) ſtatt, mo»
bei namentlich einige interefjante Vorkommniſſe bei der Bugbildung, 3. B. Rückwärtsbewe⸗
gung, plötzliche Drehung uſw. beobachtet wurden. *)
Auf der ungariihen Domäne Munfäcd trat bie Raupe in den Jahren 1853, 1864
und 1876 in namhafter Zahl auf.)
1877 und 1878 fraß bie Raupe in großer Menge in einigen ſlawoniſchen Wäldern
ber Drau:Ebene. *)
1882 wurde der den Gemeinden Prelostica und Budasevo (bei Siffet) gehörige Wald
Topolak in nie gejehener Weile von Prozelfionsfpinnerraupen heimgeiucht.*)
1887 fand ein fehr bedeutender Kahlfraß (80 ha) in 80—200 jährigen Eichen bei
Deſſau ftatt.®)
C. Belämpfung.
a) Vorbeugung.
Shonung der Feinde.
Meilen, Goldhähnchen, Baumläufer, Spechte ujw. ftellen den Eiern, die Fleder:
mäufe den altern nad; Kudud?) und Pirol befehden die Raupen und Buppen.
Ichneumonen und Tachinen jchmarogen an der Raupe. Unter den Käfern haben
fi bei ben zeitherigen Prozejfionsipinnerlalamitäten immer die beiden Puppenräuber
(Calosoma sycophanta und inquisitor), ferner die Larve des Bierpunftansfäfers Silpha
quadripunctata) als Raupenvertilger bewährt.
b) Bertilgung.
1. Berftören der namentlich in jüngeren Beftänden oft nicht hochfihenden
Raupen: bzw. Buppennefter durch Verbrennen mitteld ölgetränkter Wergballen,
Pech⸗ öder Raupenfadeln.
Eine neue verbefferte Raupenfadel empfiehlt H. Aihenbrandt in Straßburg. Sie
wird mit Betroleum gefüllt, ift mit einer langen, ftarfen, gebogenen Mejfingdochtröhre ver-
fehen und kann, auf eine lange Stange geftedt, leicht gehandhabt werden. Preis 3 ME,
2. Beritören der Raupenfamilien durch Begießen der Nefter mit Petro⸗
leum oder Schwefeltohlenitoff.
1) Allg. 3. u. J.-gtg. 1890, 118. — 2) Daſ. 1871, 472. — 3) L. & H.: gbl. f. d.
gel. Fw., 1876, 375. — 4) Danhelonsty, A.: Daf. 1878, 489. — 5) Daſ. 1882, 380. —
6) Altum: Zſchr. f. F. u. Iw. 1887, 540. — 7) Derf.: Daf. 1870, 281.
Heß HForftihug. I. 4. Aufl. 24
370 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Edftein?) zieht dieſes Verfahren dem Ausbreunen vor. Um das Petroleum ufw.
an bie Nefter zu bringen, wird von ihm eine von ber Firma Paul Altmann, Berlin NW.,
Buifenftraße 47, zum Preiſe von 8 Mf. gelieferte Kanne empfohlen, deren Ausflußrohr
durch eine Verſchlußvorrichtung beliebig geöffnet und geichlofien werben Tann (Abb. 186).
. td von der Leiter aus ober, auf einer
t, vom Boden aus gehanbhabt.
igenbe, . ſchwer erreichbare Nefter
ch Schrotſchüſſe mit Vogeldunſt ver⸗
ı ben „Spiegeln“ ſihenden mikroſtopiſch
förmigen und mit feitlihen Döruchen
erſehenen ſog Gifthaare infolge ihrer
‚ vielleicht auch (J. 9. Fabre ) demi-
Ichwere Entzündungen der inneren Or»
tatınen) und auf der bloßen Haut her⸗
vorrufen, jo muß man bei allen Ber-
tilgungsarbeiten mit großer Bor-
ſicht zu Werke gehen. Man nimmt
fie am beften bei feuchtem, winb-
ſtillem Wetter vor, weil bie Haare
dann weniger brüchig find und ihre Bruchſtüde nicht jo weit in der Luft umberfliegen.
Die Arbeiter müflen Geſicht und Hände mit Ol oder Fett (Bafeline) einreiben, Kopfmasten
und Atemjcüger tragen uſw. Gegen Entzündungen helfen Trinten von Kamillentee, Sahne,
Mich, ÖL, fowie Waſchungen mit warmer Milch oder Salmiafgeift.
Die befallenen Diftrikte find durch Hinreichend tiefe Grkben gegen Tiere (Weide⸗
vieh) abzufperren und den Leſeholz⸗, Beerenfammlern uſw. durch Polizeiverordnungen
zu verſchließen.
2. Cnethocampa (Thaumetopoea) pinivora Tr.
Kiefernprogejfionsipinner.?)
Kennzeichen: Flügelipannung 30—35 (3), 35—40 mm (9). Vorderflügel graus
weißlich mit etwas roftroter (Z) ober gelber (2) Beimiſchung und drei ſchmalen bunffen,
gelb gefäumten Querbinben. Hinterflügel weißlich mit grauen Franſen und braunem led
am Unterrande. Hinterleib gelb: bis rotbraun, beim $ mit den breiedigen, leicht abblättern:
den Eierdediuppen am legten Ringe. Stirn mit 6—7zadigem, hahnenfammähn-
lihem Fortſatz. — Raupe 40—45 mm lang, grüngrau mit ſchwarzem Kopf und dunkel:
braungrünem Xüdenftreifen, an den Seiten heller. Im Rüdenitreifen des 4.—11. Seg⸗
mentes je ein großer, ſchwarzer, rotgelb umjäumter Spiegelfled. Auf jedem Leibesringe
ein Kreis von zehn rotgelben Wärzchen, die an den Seiten mit langen, weißlichen Haar«
buſchein bejeßt find. — Puppe 18—16 mm lang, rotbraun, am Ufter boppelipigig. Kofon
etwa 20 mm lang, dunfelgraubraun, aus Raupenhaaren und Sandkornchen beftehend.
A. Lebensmeife.
Slugzeit: Juli, Auguſt bei zweijähriger Generation (Mai, Juni bei eins
jähriger).
Die Eier, im Ganzen etwa 80—150, werden im Juli ziemlich dicht aneins
ander jpiralig um ein Nadelpaar, mitunter auch um nur eine Nadel ber Kiefer. ges
1) Technik des Forftihuges uſw., 140. — 2) Münd. forftl. 9. XIV. 1898, 188. —
8) Ultum: Ziſchr. f. 3. u. Im. 1878, 27; 1895, 373; 1896, 649. — Eberts, E.: Allg.
3. u. 3Btg.-1881, 70. — Biderow, ©.: Dai. 1891, 48. — Nitſche: Thar. Ihrb. 1896,
244. — Rörig, ©.: Forftw. Zbl. 1902, 186. — Desgl. Mittlgn. d. Deutſch. Forſtver-
eins. 1902, 39. — Forftw. Z5I. 193, 342. E
Schmetterlinge: Prozeſſionsſpinner. 371
legt und von dem ? mit den hellbraunen Hinterleibsfhüppchen bachziegelartig über-
deckt. Diefe „Eierzylinder” find 3—4.mm ftarf, bis 4 cm lang und hellbraun. Sie
umfaflen gewöhnlich die Mitte des Nadelpaares (oder der Nabel), reichen niemals
bis zur Rabelbafis herab, erreichen mitunter aber die Nadelſpitze. Die Dedichuppen
werden jo angeordnet, daß fie mit ihren zugeſpitzten Bafalteilen nach der Nadelſpitze
gerichtet find. Die Eier überwintern. .
Ende April oder Anfang Mai ericheinen die Raupen. Sie leben gefellig,
ruhen Humpenweife in Aftgabeln, fpinnen aber feine Nefter wie ber Eichenprozeſ⸗
fionsſpinner.
| Die Berpuppung findet im Herbit, biöweilen ſchon Ende Auguft unter der
Grasnarbe oder im Boden ftatt. Zu diefem Zwecke graben fich die Raupen einige
Bentimeter tief in den Boden ein. Die Buppen Liegen in aufrecht ftehenden, walzen-
fürmigen, inwendig glatten, außen rauhen Kokons dicht gebrängt beieinander und
überwintern. Wo die Puppenlager fich befinden, ericheint der Boden leicht aufge-
worfen und ift außen mit glafigen Geſpinſten überzogen. Unter Umständen umfaßt
die Puppenruhe fomit faft den Beitraun eines Jahres.
Generation nach der vorftehend gegebenen, den Beobachtungen von Zicke⸗
rom, Altum und Rörig folgenden Darftellung zweijährig.
Nach Rapeburg, Nitſche, Edftein, Nüßlin fol aud einjährige Generation vor»
tommen, bei welcher die Ylugzett dann in den Mai und Juni falle, das Eiftadium nur
furz fei und die Buppen (wie oben) überwintern. Die Beobachtungen Rörigs machen im
Bufammenhalt mit' dem jehr beichränften Berbreitungsgebiet des Kiefernprozeſſionsſpinners
das Vorlommen diefer einjährigen Generation aber durchaus unwahrſcheinlich.
B. Forſtliches Verhalten.
Fraßbaum ift die gemeine Kiefer. Am liebſten werden geringwüchfige Be
ftände im mittleren Alter (30—50jährige) auf mageren Standorten befallen. Bei
Zuttermangel nehmen die Raupen ausnahmsweiſe auch andere Holzarten, ſogar
Birke und Wacholder, an.
Anfangs werden die Nadeln nur feitlich benagt, ſpäter aber bis zur Scheide
abgefrefien. Die Raupe zieht die Nadeln der vorjährigen Triebe denen des lebten
Sahrestriebes vor; jedoch werden auch die jüngiten Nadeln und ältere angenommen,
wenn die vorjährigen Nadeln nicht mehr ausreichen. Charakteriftiich ift die Art und
Weiſe des Prozeffionierensd. Die Raupen wandern täglich in langen, ſchmalen Ketten
einzeln hintereinander — mitunter auch paarweife — nad den Fraßplätzen und
von dort zurüd zum Ruheplatz. Wie beim Eichenprozeffionzipinner frißt die Raupe
hauptſächlich zur Nachtzeit, wandert aber, jobald fie erwachſen ift, auh am Zage
und berübit bei diefen Wanderungen auch oft den Boden.
Der forftlihe Schaden ift im allgemeinen erträglich und wird nur dort empfinde
Ih, wo bie Raupe maflenhaft oder in Gemeinjchaft mit anderen Kiefernfeinden
(Ronne, Spinner) in ſowieſo jchlehtwüchfigen und mangelhaften Beſtänden frißt.
Kahlfraß kommt nur felten vor und dann gewöhnlih nur an Rand» und einzeln
ftehenden Bäumen, die bei der Eiablage vom alter bevorzugt werden. Erſt bei
ftärkerem Auftreten erftredt fih der Fraß auch ind Innere der Beltände.
Unangenehmer und wirtihaftlih unter Umſtänden bedeutungspoller ift Die
Verſeuchung der befallenen Reviere durch die in bezug auf „Giftwirkung“ befonders
24*
372 Erfies Buch. Schub gegen Tiere.
auffälligen Spiegelhaare der Raupen. Auf der Halbinfel Hela 3.8. haben dieſe
Gifthaare zur Entvölkerung früher belebter Badeorte geführt.
Das VBerbreitungsgebiet des Kiefernprozeſſionsſpinners umfaßt Norddeutſch⸗
Iand, ganz beſonders Bommern, Weſt⸗ und Dftpreußen. ſowie das übrige Oſtſee
gebiet.
O. Bekämpfung.
a) Vorbengnug.
Schonung der Eier⸗, Raupen⸗ und Falter feinde (ſ. Eichenprozeſſionsſpinner,
S. 369).
Aufhängen von Niſtkäſten in den befallenen Beſtänden.
b) Vertilgung.
1. Sammeln und Vernichten der Eierwülſte.
Auf der Friſchen Nehrung, Schutzbez. Strauchbucht wurden 1901 3,5 Millionen
Eierkolben mit etwa 550 Millionen Eiern geſammelt. Aufwand 1106 Mt.
2. Bernihten der Raupen durch Sammeln und Verbrennen, durch Beitreichen
der in den Aitgabeln uſw. ruhenden Familien mit Raupenleim, Teer oder dergl.,
oder durch Zertreten und Berftampfen der am Boden wandernden Prozeifionen.
Das Sammeln und Bernichten der Raupen ift teurer ald das Kierfammeln und der
@ifthaare wegen weit mißlicher. Die beim Eichenprozejlionsipinner genannten Maßnahmen
zum Schube der Arbeiter uſw. find zu beachten.
8. Cnethocampa (Thaumetopoea) pityocampa Schifl.
PBinienprozeflionsipinner.?)
Kennzeichen: Flügelipannung 80—40 mm, Z etwas Heiner ala 2. Falter in
Größe und Färbung dem Kiefernprozejlionsipinner Außerft ähnlich. Borderflügel braun-
grau (Z) bis blaugrau (2), mit drei ſchwärzlichen Querftreifen, die bei dem 2 nicht immer
deutlich find. Hinterflügel weiß, meift mit einem Heinen dunklen Yled am Innenwinkel.
Stirn mit vierzadigem, hahnenkammähnlichem Fortſatze. — Raupe 30 bis 40 mm
. lang, oben ſchwarz, unten ſcharf abgeſetzt wachsgelb bis lederbraun; auf dem Rüden ein
rotbrauner Streifen. Spiegel auf den SHinterleiböringen innen gelb, außen rotbraun.
Kopf groß, ſchwarz, ſchwach behaart. — Buppe meift dunkelrotbraun.
Lebensweise: Flugzeit Mitte Juli. Die mohnlorngroßen, bläulichweißen
Eier werden in der zweiten Hälfte des Juli jpiralfürmig um die Nadeln der füd-
lichen Kiefernarten in gleicher Weile wie bei Cn. pinivora abgelegt. Die Eierwülſte
beider unterjcheiden fich nur dadurch, daf diejenigen von pityocampa ſtärker (bis
5 mm did‘), aber fürzer (nur 2—2,5 em lang) find ala die von pinivora. Außer⸗
bem umfaſſen fie bei pityocampa nit die Mitte, fondern den bafalen Zeil der
Radeln.
Die Raupen fchlüpfen im Auguft aus. Sie prozeffionieren ebenfalls, frefien
zur Nachtzeit (im Nachſommer vom Auguſt ab, dann wieder im Vorſommer vom
April bis Mai) und lehren mit Tagesanbruch in ihr ſchmutziggraues, beutelförmiges
und fußlang werdendes Neft zurüd, welches ftetS an den äußerften Zweigen hängt.
An diefem überwintern fie auch in Gejellichaften (bis zu 100 Städ).
1) Literatur: —n—n: Bbl. f. d. gel. Fw. 1886, 186. — —n—n: Dal. 1883, 860.
— m—r: Daf. 1888, 608. — Müller, Theodor: Daſ. 1887, 56. — Keller, E.: Schweiz.
Btichr. f. Fw. 1883, 117. — Coaz, J.: Daf. 1884, 219. — Nitſche, H.: Thar. Ihrb.
1896, 244. |
Schmetterlinge: Nonne. 373
Berpnuppung in der Bobendede in Kokons (Ende Mai bis Juni). Aus⸗
kommen im Suli. Generation einfad.
Diefe Art ift ein Charaltertier des Mittelmeergebietes und befällt bier alle
Kiefernarten, namentlich Pinus laricio, Pinea, balepensis und Pinaster. In der
Schweiz nimmt fie P. silvestris an und ift auch auf Lärche angetroffen worden.
Keller hat die Raupenneſter in der Schweiz noch bei 1200 m Höhe gefunden.
Bekämpfung: Abſchneiden und Verbrennen der Raupennefter (September
bis März). Bernidtung der Raupen, während fie wandern.
Da auch dieje Raupen mit Gifthaaren, und zwar ebenfall3 mit jehr fühlbaren und
wirffamen, audgeftattet find, müſſen die Wrbeiter mit Handſchuhen uſw. verjehen fein.
Familie Liparidae (Lymantriidae), ®ollipinner.
Falter ohne Nebenaugen. Körper beim Z Ichlant, mäßig groß; beim 2 dider und
größer. Fühler beim J bis zur Spite doppelt lang gefämmt, beim 2 kurz gelämmt oder
jägezähnig. Saugrüflel ſchwach oder verfümmert. Flügel in der Nuhe dachjörmig. Hinter:
flügel breit, furzfranfig, mit Haftborfte. — Raupe 16beinig, mit behaarten Warzen oder
langen, bürftenförmigen Haarbilicheln. Auf Ring 9 und 10 meift ein audftredbares Wärz-
chen. — Buppe dinm behaart, ohne Kofon, durch wenige Fäden an Äften, Nadeln, Rinde uſw.
feftgehalten.
l. Liparis (Lymantria) monacha L.
Nonne (Abb. 187). ')
Kennzeichen: Flügelipannung 85°—-45 mm (Z) bzw. 465 — 55 mm (9). Vorder⸗
flügel bei beiden Geichlechtern weiß, mit zahlreichen ſchwarzen Bidzaditreifen und ſchwarz
geſcheckten ranfen. Hinterflügel bräunlichgrau mit Tichtem Bogenftreif und hellen,
ſchwarz getupften Franſen. Worberleib weiß. Hinterleib oben weißlich mit einer Mittel:
reihe jchwarzer Flecke, gegen die Spite hin namentlich beim 2 fchön rojenrot gefärbt.
Beim Z ift diefe Rotfärbung oft nur fpärlich oder fehlt auch ganz. Färbung und Zeich⸗
nung überhaupt bei beiden ®eichlechtern jehr veränderlih. Namentlich treten beim Z viel-
fach dunfle Formen (var. eremita) auf, bei denen bie weiße und rojenrote Färbung von
dunkelgrau bis jchwarz mehr oder weniger verdrängt wird. Die 2 zeigen im allgemeinen
) Beachtenswerte jelbftändige Riteratur: v. Bülow-Rieth: Neue Beobachtungen Aber
die Nonne, Phalaena monacha uſw. Stettin 1881. — Willkomm, M.: Die Nonne,
der Kiefernipinner und die Kiefernblattweipe. Dresden 1858. — Die Nonne, au Yichten-
ipinner, Fichtenbär, Rotbauch genannt (Liparis monacha). Naturgefchichtliche Beichreibung
der Nonne uſw. Bufammengeftellt von bayerifchen Forftbeamten. 2. Aufl. München 1891.
— Bauly, A.: Die Nonne (Liparis monacha) in den bayeriihen Waldungen 1890. Mit
einem Anhang von R. Hartig: Über das Verhalten der Fichte gegen Kahlfraß durch bie
Nonnenraupe. S.⸗A. einer Reihe von Briefen aus der Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1891, 17, 57,
127, 162. — Wachtl, Fritz N: Die Nonne (Psilura monacha L.). Naturgeſchichte und
forftliches Verhalten ujw. 3. Aufl. Wien 1907. — Derf. und Kornauth, Karl: Bei:
träge zur Kenntnis der Morphologie, Biologie und Pathologie der Nonne (Psilura Mo-
nacha L.) uſw. Mitlgn. a. d. forftl. Verſuchw. XVI. Heft. Wien 1898. — Henidel,
Guſtav: Die Nonne in Nüdficht ihrer Bekämpfung. Bortrag. Wien 1891. S.⸗A. a. d.
Dfterr. Vierteljichr. 1891, 109. — Dorrer: Die Nonne (Liparis monacha) im oberfchtväs
bifchen Fichtengebiet in den Testen fünfzig Jahren. Stuttgart 1891. — Nitſche, H.: Die
Ronne (Liparis monacha L.). Ihr Leben, ihr Schaden und ihre Belämpfung nach frem-
den und eigenen Beobachtungen. S.⸗A. a. d. „Lehrb. d. Mitteleurop. Forſtinſeltenkunde“.
Wien 1892. — Reuß, Hermann: Aufforderung und Anleitung zur Belämpfung der Nonne
aus rein praftiihen Gefichtspuntten beazbeitet. Wien 1892. — Severin, G.: Peilura
monachs, La nonne. Bruxelles 1905. — Weißmwange: Der Kampf gegen bie Nonne.
Neudamm 1914. — Guſe: Zur Literatur der Nonne. bl. f. d. geſ. Fw. 1891, 425. —
Fürſt: Die Tagesliteratur über die Nonne. Forſtw. Bbl. 1892, 77.
874 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
weit geringere Neigung zur Schwarzfärbimg. Hinterleib fchlanf, beim Z am Enbe mit
einem dichten Haarbüfchel, beim 2 zugeipigt und mit einer etwas vorftehenden, kurz bes
haarten, rötlichgelben Legeröhre, bie dad Unterbringen ber Eier unter Borlenihuppen, im
Rindenriffe uf. ermöglicht. Fühler beim Z graubraun, lang gelämmt, beim 2 [hmarz,
furz gezähnt. Beine namentlich beim J zottig behaart. — Raupe kurz nad dem Aus—
triechen hellgelb mit je einem breiten dunklen Streifen neben einer hellen Mittellinie,
dunkelt aber bald nach und wird nach kurzer Zeit bis auf diefe Mittellinie ganz ſchwarz.
Bis zur erften Häutung trägt die Raupe ſechs Längsreihen Warzen, die in ben oberen vier
Reihen mit kurzen borftenförmigen Drüfenhaaren bejegt find. In ihrem unteren Drittel
find diefe Haare in höchſt eigenartiger Weile an einer Stelle blafenartig aufgetrieben, fo
baß das einzelne Haar einem Saugheber ähnelt. Die irrtümlihe Annahme, daß dieſe
5
6b. 187. Liparis (Lymantria) monacha L. a Männlicher Halter. b Weiblicher Falter. o Raupe (nat. Gr.).
Auftreibung Luft enthalte und die Aufgabe Habe, die Raupen zu erleichtern unb ihre Ber:
breitungsfäßigfeit zu erhöhen, veranlaßte Wacht! und Kornauth, dieſe Haare ald „aero»
fatifche Haare zu bezeichnen. Die Warzen der beiden unteren Seitenreihen tragen ſehr lange,
fabenförmige, feine Widerhäfchen aufmeijende Haare. Diejes Erftlingsfleid verjhwindet mit
der erften Häutung. Nach 4—5maliger Häutung ift die Raupe erwachſen. Sie ift dann
4—5 cm lang, gegen das Hintere Ende etwas verjhmälert; oben grau bis graubraun,
unten ſchmutziggrüngrau. Über den Rüden zieht ein breiter, dunklerer Streifen, der auf
dem zweiten Ringe mit einem fait herzförmigen, ſammetſchwarzen Fleck beginnt, fi dann
verfchmälert und auf dem 7. und 8. Ringe durch einen breiten hellen Fleck unterbrochen
wird. Auf jebem der elf Körperringe befinden ſich ſechs blauliche, mit langen, bunten
Haaren bejegte Knopfmarzen. Der 9. und 10. Ring trägt außerdem noch je ein Meines
gelbrotes, ausſtreckbares Wärzchen. Neben den normal gefärbten Raupen kommen auch
Melanismen, einfarbig ſchwarze mit roftroten Warzen bejegte Individuen vor. — Puppe
18—24 mm, anfangs grünlich, jpäter dunfelbraun, bronzeichilernd, am Halskragen mit je
zwei ſchwarzblauen Haarbüfcheln und an der Spige mit fteifen Hafenborften auögeftattet.
Fuhlerſcheiden ſtark hervortretend, bei der J Puppe (namentlich gegen die Spige ber Fühler
au) viel breiter und bie Beinanlagen mehr überbedend als beim 2. Bei der weiblichen
Puppe außerdem Abftand zwiſchen Geſchlechts- und Afteröffnungsanlage größer als bei der
3 Buppe. — Eier fugelig, etwas plattgebrüdt, 1 mm groß, zuerft heil fleiichfarbig bis
hell Itla, mehrere Wochen nad) dem Ablegen grau bis dunkelbraun, im Frühjahr vor dem
Ausſchlupfen ber Raupe hell perlmutterfarbig.
Schmetterlinge: Nonne. 375
A, Lebensweiſe.
Blugzeit: Ende Zuli, Anfang Auguſt. Einzelne Nachzügler werden bisweilen
noch im September beobachtet. Bei Maffenvermehrungen zeigen ſich gewöhnlich zu
Ende der Ralamität Unregelmäßigkeiten; infolge anormalem, ungleichzeitigem Aus⸗
fommen zieht fich die Flugzeit dann meift mehr oder weniger in die Ränge.
Der namentlich im dJ Geſchlecht ſehr bewegliche Falter ſchwärmt, günftige
Witterung (warmes, ruhiges, helles Wetter) vorausgeſetzt, vornehmlich nachts, fliegt
aber auch am Tage, ſobald er aufgeſtört wird, oder fliegt auch von ſelbſt in den
Nachmittagsſtunden ſonnenheller warmer Tage. Kühle Witterung beeinflußt den
Flug weſentlich mehr als die Tageszeit. Nach den Beobachtungen Sedlaczeks)
unterbleibt jeder nennenswerte Flug, wenn die Temperatur unter 15° C fintt.
Die Begattung erfolgt faft durchgängig nachts, in vielen Fällen wahrfchein-
lih bald nad dem Auskriechen des ?. Am Tage findet man Falter in Kopulas
Stellung nur ſehr jpärlid. JS und 2 fiten bei der Kopula hintereinander (das d'
ftammabwärts) oder auch wohl nebeneinander, wenn jich des d ebenfalls ftamms
aufwärts gewendet bat.
Die Eier — im Hödjftfalle zufammen bis zu 460 Stüd, im Durdichnitt
200 bi8 250 — werden vom ? mit Hilfe der beweglichen, langen Legeröhre unter
Krümmung des Hinterleibes entweder häufchenweije (gewöhnlich 20 Stüd und mehr),
vielfach aud in einem einzigen Haufen unter Rindenichuppen, in Borlenriffe und
fonftige Berftede. (Flechten) gut verborgen abgelegt.
Bon großer praktifcher Bedeutung ift ed, ob die Eier mehr oder weniger
hoch am Stamme abgelegt werben. Die Verhältniffe wechſeln in diefer Beziehung
außerordentlich, da Holzart, Rindenbeſchaffenheit, Standort, Beſtandscharakter, Wit-
terung zur Beit des Fluges und fchließlich wohl auch bie bejondere Veranlagung
des Falters Hierbei eine Rolle fpielen. Im allgemeinen bieten die unteren Stamm
regionen dem eierlegenden 9 mehr Verſtecke für die Eier als die oberen, glattrin-
Digeren Partien. Bei der Kiefer bejchränft ſich die Eiablage daher auch vielfach
auf die unteren und mittleren Schaftteile. In Beftänden mit größerem Unterwuchs
werden die Eier meilt Höher abgelegt ald in unterwuchsfreien Orten, wo dem
Salter beim Anflug an die tieferen Stammteile weniger Hindernifje entegenftehen.
Ungünftige, kühle, regnerifche Witterung während der Flugzeit führt zu tieferer
Eiablage, während umgefehrt ruhiges warmes Wetter es bedingt, daß die Falter
auch in den höheren Regionen des Schaftes und um die Kronen ſchwärmen, fich
anjegen und nun hier den größeren Teil der Eier ablegen. Wie wechjelnd die Ver⸗
hältnifie bezüglich der Entfernung der Eiablageftellen vom Boden find, geht daraus
hervor, daß die Eier bisweilen auch in großer Menge am Boden, an die niebere
Bobenvegetation, an die Stämmchen und Benadelung junger Pflanzen, an die Wur⸗
zelanläufe der Schäfte ufw. abgelegt werden. Die Feſtſtellung des prozentualen Ei-
belages an ben verjchiedenen Schaftteilen hat deshalb nur für den jpeziellen Fall
und für das ſpezielle Jahr Bedeutung. Im nächften Jahre künnen, wie die Erfah:
rung gelehrt bat, in einem Beitande, der ein Jahr vorher faft jämtliche Eier in
den eriten 3 m vom Boden aus aufwies, die Verhältniffe mejentlich andere und
bauptfächlich die mittleren oder höheren Stammpartien belegt fein.
—
1) Z3bl. # d. geſ. Fw. 1909, 149.
376 Erſtes Buch Schutz gegen Tiere.
Im einzelnen Waldlompler finden ſich im Innern der befallenen Beſtände
meiſt mehr Eier als am Rande derſelben, weil der Falter alle geſchützten Lagen den
zugigen und exponierten Ortlichkeiten vorzieht. Die Frage, ob kahl gefreſſene oder
ſtark gelichtete Beſtände bei der Eiablage mehr gemieden und die entfernteren, noch
ganz oder teilweis benadelten Orte bevorzugt werden, iſt unter Zugrundelegung
vieler Erfahrungen meift im Sinne der vorſtehenden Frageſtellung zu beantworten.
Es fehlt aber auch keineswegs an gegenteiligen Beobachtungen, die erkennen Laffen,
daß namentlich bei ungünstigen Witterungsverhältniffen jeder Flug in entferntere,
noch dunkle Waldpartien unterbleibt und auch die Urfprungdorte der Nonne ſtark
beflogen und mit Eiern belegt werben, jelbjt wenn fie infolge vorausgegangenen
Kahl⸗ oder Lichtfraßes den auskommenden Raupen feine oder nicht mehr viel Nah⸗
rung bieten.
Die auf den einzelnen Baum entfallende Eiermenge hängt, abgejehen von den
vorftehend berührten Berhältnifien, naturgemäß in erfter Linie von der vorhandenen Falter⸗
menge ab. Bet ftarfer Vermehrung kann die Eierzahl am einzelnen Baum zuweilen ins
Ungebeure fleigen. Im Eberöberger Bart wurden 3. B. 1890 an Bäumen mit mäßiger
Beſetzung 50—60000 Eiern gezählt, an einzelnen bejonders bevorzugten Stämmen jogar
150000—200000. In folden Fällen ift der Baum felbft an den dünneren Üften und
Kronenteilen belegt, mährend bei ſchwächerem Beſatz die Eierflümpchen fich vielfach nur am
Schaft finden. Bezüglich der Stammhöhe wurde 1890/91 an Fichte ſowohl in Weingarten ')
(Württemberg), wie in Trſchitz) (Mähren) feftgeftellt, daB 60%, Eier Über und 40%, unter
5 m Höhe abgelegt waren. Die von Wolff (Ziſchr. f. F. u. Iw. 1918, 549) wiedergege⸗
benen Erhebungen über die Verteilung der Elablagen am Stamme in den Oberförftereien
Fallersleben, Göhre uſw. (Winter 1910/11) zeigen hingegen, daß der weitaus größere Teil
der Eier hier unter 5 m Höhe abgelegt wurbe.
Drei bis vier Wochen nad) dem Ablegen verlieren die befruchteten und ent⸗
widlungsfähig bleibenden Eier ihre urfprüngliche Farbe (hellfleifchfarbig oder Hell-
lila), und lafjen infolge der rafch vor fich gehenden Embryonalentwidelung bie durch⸗
fcheinende Fledenzeichnung des Räupchens erfennen; fie fcheinen deshalb jchedig. Kurz
vor dem Ausichlüpfen werden fie perlgrau. Borzeitiges Ausfchlüpfen im Herbft ijt
zwar möglich, fcheint aber nur jelten in einem praftiich beachtenswerten Umfange
vorzukommen. Normalerweije überwintert das fertige Räupchen in ber Eiſchale m und
friecht erft im Frühjahr aus.
Während der Winterruhe find die Eier gegen Kälte, Näffe und fonitige Ein⸗
wirkungen, ſoweit diefe nicht mechanifcher Natur find, in hohem Maße widerftandbs-
fähig.°) Hingegen fcheint, wie ausführliche experimentelle Unterfuchungen Knoches)
darlegen, das Nonnenei in feinen erften Entwidelungsftadien empfindlich zu
fein gegen hohe Zemperaturen in Verbindung mit Trodenheit der Luft. Kommen
in kahl oder ftarf Lichtgefrefienen Beitänden bald nach der Eiablage Temperaturen
bon 30—40° C an heißen Sommertagen vor, jo laufen die Eier beim Fehlen von
Zuftfeuchtigkeit nach Knoche Gefahr, während der Embryonalentwidelung abzufterben
und zwar um fo fchneller, je jünger fie find und je länger anhaltend die Wärme:
einwirkung ift. Luftfeuchtigkeit ſetzt dieſe Wärmewirkung erheblich herab, indem 2
die dem Ei ſchädliche Austrodnung hintanhält.
1) Bauly, a. a. D. 56. — 2) Baudiſch, Frdr.: Öfterr. F. Ztg. 1892, 25 u. 31. —
8) Bol. Eiherifch, R.: Naturw. Btichr. f. F. u. Lw. 1911, 287; 1912, 88. — 4) Dal.
1912, 88. |
Schmetterlinge: Nonne. 377
Die Berfuhe Knoͤche's weilen ferner noch darauf hin, daß anhaltende höhere Tem-
peraturen, auch wenn fie nicht tödlich auf das Nonnenei einwirken, doch ein nadjträgliches
Kümmern des ſpäter ausichlüpfenden Räupchens zur Folge haben können. Die allgemeine
Annahme, daß trodene, heiße Sommer der Entftehung einer Ronnenfalamität bejonders
günfttg find, ericheint fomit nad Knoche unbegründet. Eher fcheint es möglich, daß die
aus heißen Jahren ftammenden Nonnenraupen Himatiihen Einwirkungen, Yuttermangel
und möglicherweije der WipfellrankHeit leichter zum Opfer fallen ald Raupenprovenienzen aus
normalen Zahren. In Sachſen bat das auf das trodene heiße Jahr 1911 folgende Jahr
die Nichtigkeit dieſer Annahme allerdings nicht zu beftätigen vermocht.
Entwidelungsunfähige Nonneneier, und zwar taube Eier, d.h. folche mit voll:
kommen ausbleibender Embryonalenttwidelung oder folche mit ausgebildeten, aber
toten Räupchen find, folange ein Fraß feinen Höhepunkt nicht erreicht hat, keines⸗
wegs häufige Erfcheinungen. Wenn fie, wie es im lebten Alt von Maffenvermeb-
rungen der Fall zu fein fcheint, in größeren Mengen und allgemeinerer Verbreitung
vorkommen, läßt fich ein folches Vorkommen unter Umftänden mit hohen Sommer:
temperaturen in Verbindung bringen, kann aber ebenfogut eine Degenerationger:
fheinung fein, deren Weſen und deren möglicher Zuſammenhang mit der Wipfel⸗
krankheit der näheren Erforihung noch bedürfen.
Das Ausfchlüpfen der jungen Räupchen im Frühjahr hängt zeitlich von der
Witterung ab und erfolgt meift nicht ganz gleichmäßig, ſondern je nach dem größeren
oder geringeren Maße, in welchem die Wärme auf die einzelnen Eierhäufchen ein-
zuwirken vermag, früher oder fpäter. An den Süd: und Oftfeiten der Stämme, an
deren oberen Partien, an Laubhölzern, Südhängen, Beitandsrändern und in Lüdigen,
lichten Beitänden kommen die Räupchen gemeinhin etwas früher zum Vorfchein als
in den umgelehrtenn Verhältnifien.
Zumeiſt fällt das Ausjchlüpfen in Die Zeit vom 20. April bis 15. Mai.
Nach dem Auskriechen bleiben die Räupchen fürzere oder längere Beit in jo-
genannten „Spiegeln” bei den Eierfchalen dicht beifammen. Die Länge biefes
Spiegelftadiung hängt vom Wetter ab. Bei günftiger trodener Witterung — viel-
leicht auch, wie Sedlaczck (a. a. O. 155) meint, erſt bei Eintritt eines gewiſſen
Grades von Luftfeuchtigleit — wandern die Räupchen bald in die Kronen, wäh-
rend kühles, fchlechtes Wetter fie Tange zufammenhält. Sie benagen während des
Spiegeldajeind auch wohl die Eifchalen, wenn diefe feucht find, vermögen aber, fo:
fern e3 fih um gejunde Raupen handelt, auch ohne weitere Koſt einen Zeitraum
von 8—14 Tagen ſchadlos zu überftehen. Die ziemlich bedeutende Lebenszähigkeit
der jungen Spiegelräupchen hält nur vor ftärleren Kälteeinwirkungen nicht Stand.
Temperaturen von — 3 bis — 4° C werden noch gut ausgehalten, niedrigere aber,
namentlich folde von — 8 bis — 10° C um fo weniger, je länger fie andauern und
je feuchter die Luft dabei ift.!) Die dem Ei entjchlüpften Näupchen find gegen Rälte
mithin viel empfindlicher al3 die Eier, die weit tiefere Temperaturen zu überftehen
vermögen.
Nach dem bei günjtiger Witterung, wie fchon erwähnt, bald erfolgenden Auf-
fteigen der Spiegelräupchen in die Kronen beginnt der Fraß (f. unter B). Die
junge und zunächſt jehr bewegliche Raupe verfügt über ein großes Spinnvermögen,
mit deſſen Hilfe fie fich fortbemwegt, indem fie Zweige und Üfte mit Spinnfäden
überzieht. Bei Beunrubigung jpinnt fie fih gern an Fäden ab, pendelt an ihnen
1) Eſcheriſch, R.: Naturw. Ziſchr. f. F. u. Aw. 1912, 80.
3178 | Erftes Buch. Schug gegen Tiere.
hin und ber und gelangt auf dieje Weile entweder an eine andere Fraßſtelle oder
aud zu Boden. m lebteren Falle verjucht fie, meift ohne längere horizontale
Wanderung, baldmöglichft wieder aufzubaumen oder an irgend eine andere Futter⸗
pflanze zu gelangen.
Schon nach der erſten, kurz nach Fraßbeginn vor ſich gehenden und meift ge-
meinfam in fog. Häutungsfpiegeln erfolgenden Häutung, namentlich aber nach
der zweiten Häutung läßt das Spinnvermögen nad). Die dann halbwüdjfige Raupe
vermag fich nicht mehr abzufpinnen, fondern wandert, wenn fie durch irgendwelche
Urſachen zum Ortswechſel veranlagt wird, nur mit Hilfe ihrer Beine. Solche Wan⸗
derungen ftammab- und ftammaufwärt3 find bei älteren Raupen nichts jeltenes.
Gleichwohl muß angenommen werben, daß das PVerlaffen des einmal gewählten
Platzes und das Aufjuchen eines neuen nicht freiwillig, fondern nur unter dem
Zwang äußerer Umftände (Gewitterregen, Wind, Hagel, Sonnenwärme, Yutter-
mangel, Parafiten) gefchieht oder Ausfluß einer Erkrankung (Tachinoſe, Wipfelkrank⸗
beit) ift.
Die aus dem ebengenannten biologiichen Verhalten abgeleitete praftiich be-
"deutfame Folgerung, daß jede Raupe während der Fraßperiode wenigſtens einmal
zu Boden gelangt, iſt in diefer allgemeinen Faſſung zweifellos unrichtig. Beim
Ausbleiben der oben genannten Clementarereigniffe und Gefahren dürften in ge-
ſchloſſenen Fichtenbeftänden nur verhältnismäßig wenige Raupen fi zur Abwan-
derung veranlaßt ſehen. Andererjeit3 aber gewinnt der erwähnte Sah an Wahr-
ſcheinlichkeit in lichten, durchbrochenen und ſchwach benadelten Orten, in erponierten
Lagen, bei ertremen Witterungsverhältniffen und anderen der Raupe unangenehmen
Vorkommniſſen. Namentlich kurz vor der Verpuppung macht ſich bei vielen Raupen
ein gefteigertes Wanderbedürfnis bemerkbar. Ein Zeil der Raupen fteigt dann,
wie hier und da beobachtet wurde, von Wolff!) auf Grund feiner Erfahrungen
aber in Abrede gejtellt wird, wenn ihnen der Weg nicht durch Leimringe verlegt
tft, in den Morgenftunden bis zum Fuße des Stammes, um fich tagsüber im
Moos oder am unteriten Schaftteile in Rindenriffen und fonftigen Verfteden vor
greller Sonnenbeftrahlung, Barafiten oder anderen Anfeindungen zu verbergen.
Nach vier bis fünf Häutungen find die Raupen nad) einer nur zwei Donate
oder wenig mehr andauerndem Fraßzeit ausgewachſen.
Die Verpuppung findet Ende Juni oder im Juli, zumeift in deſſen erfter
Hälfte, am Fraßorte ftatt. Man findet die Puppen mit einigen Gefpinftfäden ent:
weder in Borkenrigen am unterjten Stammteil eingejponnen oder fehr häufig in
der Krone zwifchen ben Nadeln bezw. Blättern oder auch am Unterwuchs, hier und
da ſogar auf oder in Moos, Beerkfraut oder fonftiger Bodenftreu.
In kahlgefreſſenen Beſtänden tritt infolge Futtermangels Hin und wieder früb-
zeitigere jog. Rotverpuppung ein; die Puppen erreichen ‚dann ihre normale Größe gewöhnlich
nit. Neben der Menge nimmt auch die Art der Nahrung Einfluß auf die Verpuppungs⸗
reife. In Laubholz⸗ und Fichtenbeftänden gelangen die Raupen auch beim Borhandenfein
binveichender Nahrung cher zur Berpuppung als in Kiefernbeftänden. Nach den Beobadh-
tungen Sedlaczel3 (na. a. DO. 157) werden Puppen und dalter in den Kiefern dafür
unter Umftänden aber größer und ſtärker als in Fichte.
° Der genannte Autor ift überhaupt geneigt, die nicht völlig übereinftimmenden Lebens:
bilder der einerfeitd auf Fichte, andererjeit3 auf Kiefer ‚freffenden Nonnen auf Anpaffung
1) Btichr. f. F. u. Im. 1918, 507, 639.
Schmetterlinge: Nonne. 379
an die Nährpflanze zurüd zuführen. Fichten: und Kiefernonnen erjcheinen ihm ald Stämme )),
die ſich durch die Vorliebe für die eine oder die andere Holzart unterſcheiden, deren Schwärm⸗
zeiten nicht zufammenfallen und die unabhängig von einander in verjchiedenen Jahren der
Maffenvermehrung zuneigen.
Auglommen: Juli bi8 Mitte Auguſt, etwa 2—3 Wochen nad) der Ber-
puppung. Die lebhaften d‘ kommen gewöhnlich etwad früher aus als die weit
trägeren 2 und find auch jtet3 in der Überzahl vorhanden.
Das Schon oft beobachtete plößliche Erſcheinen großer Faltermengen an be-
ftimmten Tagen beweilt, daB das Außfriechen bisweilen nicht gleichmäßig nach und
nad, fondern mehr ſprungweiſe erfolgt.
Generation einfad).
Das praktiſch wichtigfte Moment in der . Biologie der Nonne find die unter
günftigen äußeren Berhältniffen zuftande fommenden Maffenvermehrungen
des fonjt in unjeren Wäldern keineswegs häufigen Inſektes. In faft allen Fällen
find diefe Deafjenvermehrungen autochthonen Urfprunges. Nur ganz vereinzelt
laſſen fi) aus der Geſchichte der Nonnenkalamitäten unanfechtbare Beifpiele dafür
erbringen, daß ein zunächſt nicht oder nur ſchwach befallenes Revier dur Ein:
wanderung großer Saltermengen aus einem ſtark infizierten Waldgebiet gewiſſer⸗
maßen mit einem Schlage und ohne jede Abwehrmöglichkeit zum Schauplaß eines
ernften Nonnenfraßes geworden ift. Dieje wenigen einwandfreien Belege beweifen,
wie auch die neueren Unterfuchungen von Sedlaczet!) über diefen Gegenftand
dartun, daß Schwarmbildung und Überfliegen großer Schwärme bei der Nonne
möglich, im allgemeinen aber Ausnahmeerfcheinungen find, fobald es fih nicht um
zenfrifugale Erweiterung des befallenen Gebietes, fondern um Überfliegen großer
Streden handelt.
Das Tlugvermögen des Yalterd wird, wie ſchon oben erwähnt wurde, von der Tem⸗
peratur wejentlich beeinflußt. Neben der Luftwärme kommen dann noch Luftfeuchtigleit
und Luftftrömungen als mitwirlende Faktoren in Betracht. Stärkeres Abihwärmen der
Nonne aus den Urjprungsbeftänden jest in erfter Linie warme Witterung voraus. Ge—
ringe Luftwärme ober Regen während der Flugzeit Lofalifiert einen ſchon vorhandenen
Nonnenfraß weit mehr als trodnes, warmes Wetter. Wenn letereö herrfcht, jo fteigt Die
Gefahr der Ausbreitung auf die noch nonnenfreien Waldteile und zwar um jo mehr, je
weniger geſchützt die bereits infizierien Teile liegen. Sedlaczek (Ibl. f. d. geſ. Fw. 1911, 76)
nimmt an, daß der einzelne Nonnenfalter Entfernungen bis zu 20 km, unbeichabet jeiner
jonftigen Lebenskraft im Fluge zurüdzulegen vermag, daß weitere Streden aber nur mit
Hilfe des Windes durchflogen werden können.
Ein wirklich vorkommender Überflug der Nonne in bisher unbefallene Beftände birgt
für die legteren natürli nur dann Gefahren, wenn die anfliegenden 2 die Eier mitbringen.
Da Kopula und Ablegen der Eier vermutlich bald nad) dem Auskriechen vor ſich gehen,
muß dementjprechend angenommen werden, daß es ſich im Yale von Wanderzügen tat-
fählih um Hochzeitäflüge handelt, die aus irgendwelcdhem Grunde aus dem Rahmen des
fonft üblichen Hin» und Herfliegens in den Beftänden heraustreten. Welche Urfachen den
Anſtoß zur Schwarmbildung geben können, ift vorerft noch unbelannt. Wir willen nur,
dab die Anziehungskraft, die Lichtquellen für viele andere Inſekten haben, auch für die
Nonne befteht.
B. Forſtliches Verhalten.
Die Nonne, das zweifellos gefährlichſte Inſekt unſerer Wirtſchafts—
wälder, iſt äußerſt polyphag und befällt zunächſt alle Nadelhölzer, jedoch am
9 gol. f. d. geſ. Forſtw. 1912, 562. — 2) Daf. 1911, 18, 63.
380 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
tiebften Fichte und Kiefer. Auch Schwarzliefer, Weymouthstiefer, Lärche, Tanne,
Douglafie werden mehr oder weniger gern befreilen. In einzelnen Fällen zeigen
fih die Raupen fehr wähleriſch und unberechenbar, indem fie eine beitimmte Fraß-
pflanze bier verfchmähen, während fie das gleiche Futter an anderer Stelle bevor⸗
zugen. In Nevieren, wo Fichte und Kiefer nebeneinander vorkommen, kann nad
den oben erwähnten Beobachtungen Sedlaczeks die eine oder die andere Holzart
mit befonderer Vorliebe befallen werden, je nachdem die vorliegende Nonnenrafie
fi) mehr der Fichte oder der Kiefer angepaßt hat.
Neben den Nadelhölzern werden ferner fast ſämtliche Laubhölzer von der
Nonnenraupe angenommen. Unter. ihnen jcheinen ihr Buche, Hornbaum und
Birke am liebiten zu fein, während Eiche, Ahorne, Ulmen, Linden, Alpe, Weiden,
Ebereſche, Objtbäume, Traubenkirjche, Hajel u. a. nur mehr aus Not angenommten
werden. Faft ganz verſchmäht werden Eiche, Rot: und Weißerle, Roßkaftanie und
Alazie. Selbft Sträucher und Forſtunkräuter werden befrefien, bald mehr wie
Faulbaum, Heidel: und Raufchbeere, bald weniger wie Holunder, Spindelbaunt,
Farnkraut uſw.
Anfangs ſucht die Nonne ſtets ältere Baumhölzer heim, ſpäter auch Stangen⸗
hölzer. Nach bewirktem Kahlfraße geht ſie ſogar Jungwüchſe bezw. Kulturen an,
wohin fie entweder durch Abſpinnen gelangt oder durch Regen und Wind ver⸗
Ichlagen wird.
Der Fraß eritredt fih auf Nadeln bezw. Blätter und Knofpen. Er er
folgt größtenteild zur Nachtzeit. In bezug auf die Art des Fraßes zeigen fich
bemerlenswerte Verfchiedenheiten je nad) Holzarten und Beftandaltern.
Die durch die Nonne im allgemeinen bevorzugte Holzart ift die Fichte. Die
eben ausgejchlüpften Räupchen befallen hier zunächft die zarten Nadeln und wohl
auch die Rinde der Maitriebe, da fie nicht imſtande find, alte Nadeln zu frefien.
Erſt jpäter, wenn Die Raupen größer geworden find, machen fie ſich auch über die
älteren Nadeln ber. Für die jungen Räupchen ift e8 deshalb jehr mwejentlich, daß
die Fichten möglicht zu derfelben Zeit austreiben, wo die erjten Spiegel auskommen.
Ein zeitiged® Frühjahr mit vorübergehender größerer Wärme, welche hinreicht, bie
Nonneneier, nicht aber die Fichtenfnofpen zur Entwidelung zu bringen, kann den
Raupen gefährlich werden, fobald die Knoſpen erft nach längerer Zeit austreiben
und andere Nahrung nicht zur Verfügung fteht. Bon diefem Gefichtöpunfte aus
hält Wachtl!) die frühaustreibende rotzapfige Form der Fichte (Picea excelsa var.
erythrocarpa) für weit mehr dem Nonnenfraß ausgeſetzt als die fpätaustreibende,
grünzapfige Form (P. excelsa var. chlorocarpa). Das zeitigere Vorhandenfein der
geſuchten Nahrung an den vorwüchfigen Stämmen eines Beftandes erflärt auch bie
ſchon öfter beobachtete Ericheinung, daß unterwüchfige Fichten meift nicht in dem⸗
jelben Maße durch den Nonnenfraß leiden wie die vorherrichenden Beftandsglieber.
An Fichte ſowohl wie an Tanne und Lärche werden die Nadeln von der Spibe
her meiſtens ganz verzehrt.
An der fpäter als Fichte austreibenden Kiefer ftehen den aufbaumenden
Spiegelräupchen frifch entwidelte Nadeln nicht zur Verfügung. Infolgedeſſen müſſen
fie ſich an etwas anderes halten, und tun dies, indem fie nach R. Hartig?) die
1) Zbl. f. d. gef. Forſtw. 1910, 145. — 2) Bauly: Die Nonne, 104.
Schmetterlinge: Nonne. 381
vorjährigen Nadeln an deren unterem, weichen Teile von der Fläche her benagen.
In Blütenjahren wird, wie Eſcherich!) bei Unterfuchungen des BDarminhaltes
feitftellte, auch) der Pollen der J Blütenlägchen gern angenommen. Die dem Baume
das Leben erhaltenden Nadeln der Maitriebe bleiben meift fo lange verjchont, al?
noch ältere Nadeln vorhanden find. Diefes Verhalten bildet wenigftens im hohen
Holze die Regel. In Junghölzern werden
aber auch auch an Kiefern die Mainadeln be- fi N
freien. Kt
Der Fraß an Kiefernadeln gebt in jehr (iR
verjchiwenderifcher Weife vor fi. Die Raupe
beißt die Nadeln etwa in der Mitte durch, läßt
die obere Hälfte fallen und verzehrt bloß die DS u N \
untere bis zur Scheide. Un den bei ftarfer NN \'\ UN)
- Vermehrung mafjenhaft auf dem Boden um: |.‘ N \\
berliegenden Nadelhälften ift Nonnenraupen- AD
fraß leicht zu erkennen. >
Ebenſo verfchwenderifch verläuft der Fraß F |
an ben Laubhölzern. Die jüngften Räupchen \ \
nehmen hier teils Knoſpen an, um fie zu ber UL
N
nagen oder audzufreffen, teilß erzeugen fie an
Blättern zunächſt Löcherfraß. Später wird die
Blattfläche bei Heineren Blättern (3. B. Hei⸗
delbeere) ganz oder bei Iangftieligen und grö⸗ 95-188. Vuchenblatt, von ber Ronne befreſſen.
Beren Blättern teilweife verzehrt. Im lehteren Falle wird entweder nur der Blatt-
ftiel durchbiſſen und die Blattbafis etwas benagt, oder die eine Blatthälfte wird vom
unteren Rande her (halbanferförmig) ausgefrefien (Abb. 188), oder beide Blatt:
bälften werden — unter Belafjung der Mittelrippe — in
gleicher Weife verzehrt (Ankerfraß), oder endlich die untere
Blatthälfte wird von der Bajis her querüber in Kreisbogen-
form ausgefrefien (Abb. 189). Auch hier verraten dann
zahlreiche Blattrefte auf dem Boden den Nonnenfraß.
An Stangen und Baumbölzern fchreitet der Fraß von
unten nach oben und von innen nad) außen fort, weil die |
Raupe die unteren Äfte beim Aufbaumen zuerft erreicht und wiss. 189. Birkenblatt, von
gegen äußere Einwirkungen (Sonne, Regen, Kälte) geſchützt der Ronne befreien ',.
fein will. In Kulturen und am Unterholze Hingegen, wohin die Raupen durch Ab⸗
fpinnen oder durch Wind, Regen uſw. gelangen, beginnt der Fraß oben und außen
und jest fi nad) unten und innen fort. Umgefehrter, von oben nad) unten fort-
fhreitender Fraß ift auch bei wipfelfranfen und bei folchen Raupen beobachtet wor:
den, die an fpät ausichlagenden Fichten auf der Nahrungsfuche bis in die Spiten
der Bäume gewandert waren.
Eine höchſt auffällige, in ihren Urfachen noch unaufgellärte Erſcheinung ift die
namentlich bei der Fichte in ſtark befrefienen Beftänden beobachtete Immunität einzelner
oder gruppen» und horftweis zufammenjtehender Eremplare gegen den Raupenfraß. Wacht!
(a. a. D.) bringt dieſes Berichontbleiben mancher Fichten oder von Gruppen folder in
1) Raturw. Btichr. f. F. u. Lw. 1912, 79.
582 Erites Buch. Schuß gegen Tiere.
fonft kahlgefreſſenen Beftänden in Zufammenhang mit der ſchon erwähnten Ungleihmäßig-
feit im Austreiben bei der rot: und grünzapfigen Yorm. Hingegen zieht Sedlaczef')
aus der Beobachtung, daß joldhe in einem Jahre vom Fraß verfchont gebliebenen Bäume
nicht dauernd immun fich ermweijen, fondern im näcdjften Jahre bei gleicher oder ſogar
geringerer Anzahl der vorhandenen Raupen von dieſen entnabelt werden, ben Schluß,
daß die Anforderungen der Raupen an ihre Nahrung wechſeln. Wolff", erllärt das Vor⸗
kommen vollbenabelter Yichten in Tahlgefreffenen Orten mit der weitgehenden Indolenz Der
Ronnenraupe. Dieſer falle es nicht ein, weder auf bem Boden no im Kronenbereiche
weitere Wanderungen anzunehmen.
Trotz der gejchilderten Polyphagie kommt der Nonnenraupe nur in ben von
dichte und Kiefer gebildeten Nadelholzforiten wirtfchaftliche Bebeutuntg zu. Um
fang und Wert diefer Wälder bringen es in Verbindung mit der fehr großen Ber-
mehrungsfähigkeit des Inſektes mit ſich, daß die Verheerungen durch die Nonne
eine bei anderen Schädlingen im allgemeinen unbekannte Höhe zu erreichen vermögen.
Meiſt gefährdet iſt die Fichte. Sie bietet der Nonne mehr als jede andere
Holzart die einer Maſſenvermehrung Vorſchub leiſtenden Lebensbedingungen, indem
ſie den Faltern günſtige Eiablageſtellen gewährt und den Raupen die gewünſchte
Jugendnahrung, ferner Schutz gegen Witterungsextreme und bequeme Bahnen zum
Aufbaumen zur Verfügung ſtellt. Infolge der unter günſtigen äußeren Verhält⸗
niſſen ſchnell ſich vollziehenden Maſſenvermehrung tritt leicht Kahl- oder ſtarker
Lichtfraß ein. In beiden Fällen iſt die Fichte zumeiſt verloren: Kahlgefreſſene
Fichten gehen unbedingt, lichtgefreſſene ſehr leicht ein, wenn auch oft erſt in den
Folgejahren und unter Mitwirkung ſekundärer Beeinträchtigungen.
Der Grund des Eingehens iſt teils im Mangel von Reſerveſtoffen zu ſuchen, teils
auch (nach R. Hartig) ) in einer abnormen Überhitzung des Bildungsgewebes infolge
direlter Bejonnung der ſchutzloſen und beim Fehlen der Transipirationsorgane waflerreich
werdenden Stamm: und Aftteile. Die entnadelte Fichte verfucht zwar durch Austreiben
von Proventivfnofpen oder, wenn die Knoſpen der legten Jahrestriebe erhalten blieben,
durch Ausbildung von Johannistrieben Erſatz zu ſchaffen für die verlorenen Nadeln, fie
erihöpft fich aber bei der Entwidelung dieſer Erjagorgane oft volllommen.
Die nicht völlig entnabelten Fichten, die mit Hilfe günftiger Standort3- und Witte-
rungöverhältniffe den Fraß überwinden, machen gewöhnlich einen mit mehr oder weniger
erheblihen Zuwachsrückgang verbundenen Kümmerzuftand durch. Eine auffällige Exr-
icheinung desſelben find die vielfah im 2. Jahre nach dein Fraß auftretenden fog. Bürſten⸗
triebe, d. ſ. Heine, mit furzen dünnen Nadeln dichtbejegte Triebe (Abb. 190a).
Wie der Fraß auf den Zuwachs, insbei. den Längenzuwachs einwirkt, verdeutlicht
die Abb. 190b. Der betreffende Fraß Hatte 1856 in Schlefien ftattgefunden. 1857
entwidelte ſich nur ein fchmacher Trieb. 1858 war die Längenftredung am geringften; ber
in diefem Jahre Herrihende Kümmerungszuftand zeigte fich Überdies durch Auftreten zabl-
reicher „Bürften“. Auch 1859 erfolgte nur ein ſchwacher Trieb, 1860 Hingegen ſchon
ein kräftigerer. Der normale Trieb mit Seitenknoſpen ftellte ſich erſt 1861 mieber ein.
Weitaus widerftandsfähiger gegen Nonnenfraß als Fichte ift die Kiefer; fie
leidet infolgedeifen auch in viel geringerem Maße. Zotaler Kahlfraß kommt bei
ihr nur ausnahmsweiſe vor. Das ift teild im Verfchontbleiben ber jüngiten Triebe,
teil3 in der Rinden: und Kronenbeichaffenbeit begründet. Wie jchon oben erwähnt
1) 851. f. d. gef. Fw. 1912, 554. — 2) Beide. f. 5. u. Im. 19183, 506. —
3) Das Erkrankten und Abſterben der Fichte nach der Entnadelung durd Die Nonne. Yorftl.s
naturmw. Ztſchr. 1892, 1, 49, 89. — Bgl. die weiteren Abhandlungen zu dieſer Frage
daj. 1892, 284, 869; 1898, 345. — Zbl. f. d. gei. Sort. 1892, 87, 181. — Allg. %- u.
J.⸗Ztg. 1892, 430. — Forſtw Z3bl. 1890, 606.
Schmetterlinge: Nonne. 383
wurde, läßt die Nonnenraupe in den älteren Kiefernbeftänden die Nadeln der jüngften
Triebe ganz oder zum größeren Teil übrig, folange nicht Zuttermangel eingetreten
ift. Außerdem ift die Raupe in der lichten Krone ber Kiefer ben mehrfach ge-
nannten Anreizen zum Abſpinnen und Abbaumen mehr ausgeſetzt, jo daß Hier viel
eher eine „Entlaftung“ eintritt. Es kommt Hinzu, daß die Kiefernrinde ben zu
Boden gelangten Raupen das Aufbaumen weniger leicht macht al die Fichtenrinde.
Erfahrungsgemäß wird deshalb die Nonne in Kiefernrevieren erft dann
ernfter gefährlich, wenn infolge von Mafjenvermehrung völliger Kahlfraß
ftattfindet oder mehrere Jahre mit ftarfem Lichtfraß fich folgen. Jüngere
Stangenhöfzer haben dann meift ftärkeren Abgang gehabt als Baum-
hölzer. Nach Sedlaczel werben auf feuchten Standorten ſtehende Kie—
fern ſtaͤrker befreſſen als ſolche in trodenen Lagen.
Alle anderen Nadelhölzer gehen ebenſo wie die Laubhölzer zur fel:
ten durch Nonnenfraß zugrunde. Eine befondere Widerftandäfähigkeit wird
nad) neueren Beobachtungen der Douglafie nachgerühmt"), deren Triebe
ſelbſt nach faft vollftändigem Kahlfraß wieder ausfchlugen. Lärche wird
zwar meift jehr raſch entnabelt, begrünt fi
aber noch im Fraßjahr von neuem. Laub⸗
hölger werben fajt niemals ganz lahlgefreſ⸗
fen. Infolge der Rindenbeichaffenheit wer⸗ 7000
den bie glattrindigen Laubhölzer vermutlich
von vornherein weniger mit Eiern belegt —
als die Nadelhölzer. Außerdem hat Al⸗ ”
tum?) wohl nicht unrecht, wenn er darauf “
hinweiſt, daf die nur leicht angelitteten Eier
an manden Laubhölgern, 3. B. an Bude, .
weniger feftfigen als unter den Borkeſchup⸗
pen ber Nabelhölzer und deshalb durch
Wind, Regen und Schnee mehr abgejpült
werden wie bort.
Die Zahl der Raupen, die dazu ge- a’ vi
Hören, einen Baum tahl zu freffen, hängt "sone har betreenen Dialer = Koran
naturgemäß von Alter und Kronenbildung Seitenzweig. b Entofteter Wipfel (nad Rapeburg).
be3 einzelnen Baumindivibuums ebenjo ab wie von dem Nahrungsbedürfnis ber
einzelnen Raupe. Da ferner Standort, Witterung und andere von Fall zu Fall
wechſelnde Faltoren auf Intenfität und phyſiologiſche Wirkung des Fraßes mwefent-
lichen Einfluß nehmen, fo ift es höchſt wahrſcheinlich, daß von einer gleichen An—
zahl Raupen an verſchiedenen, nach Alter und Vekronung gleihen Bäumen feines-
wegs immer ber gleiche Fraßeffekt erzeugt wird. .
Die von Sedlaczet?) im böhmiſchen Nonnenfraßgebiete gefammelten Zahlen, nad)
denen 5000—10000 Raupen eine 6Ojährige Fichte Lahlfreffen können — während in
einem anderen Falle ſchon ein Eibelag von 1500—8000 Gtüd hinreichend war, Kahlfraß
herbeizufũhren — gewähren nur einen ſchwachen Anhalt. Eine wie große Bedeutung
auch das Nahrungsbebürfnis der einzelnen Raupe für die vorliegende Frage Hat, geht aus
1) Schniglein: Forſtw. ZbL. 1911, 61. — 2) Btichr. f. $. u. Im., 1890, 677. —
3) B6L. f. d. ge. Fw. 1909, 208.
386 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
C. Belämpfung.
a) Vorbeugung.
1. Erziehung von Miſchbeſtänden, wenn jonft die Standortöverhältnifie es
geftatten. Die meift empfohlene Bermeibung reiner Fichtenbeitände in ben bon
der Nonne erfahrungsgemäß heimgefuchten Lagen und Ortlichleiten (vgl. Das oben
&.384 unter „Verbreitung“ Gefagte) geht von der Auffafiung aus, daß Beſtände,
in benen die Fichte mit nonnenfeiteren Holzarten, 3. B. mit der Kiefer, gemischt ift,
nicht der Urt überliefert werden müflen, wenn auch die Fichten von der Nonne her-
auögefrefjen werden. Das ſetzt natürlich voraus, daß die Fichte bei der Beſtands⸗
bildung zurüdtritt. Wo das aus ökonomiſchen oder anderen Gründen nicht möglich
ift, vermag die Beimifchung anderer Holzarten zur Fichte das Entſtehen abtriebs⸗
bedürftiger Beftandsbilder bei Nonnenktalamitäten vielfach nicht hintanzuhalten.
2. Erhöhung der Widerftandsfähigkeit und Überfichtlichleit in den Be
ftänden durch entſprechende Beitandspflege.
3. Begünftigung Fleiner Hiebszlige und Meiner Berjüngungsflächen zur Ber:
meidung großer gleichaltriger Beſtandskomplexe.
4. Aufmerfjame Überwachung des Waldes, zumal an gefährdeten Orten und
ganz befonders „in Zeiten, in welchen irgendwo eine Nonnenlalamität Schon einge
treten ift; die Ronnenvermehrung liegt dann gleichjfam in der Luft" (Dorrer a. a. O.
©. 45). Das rechtzeitige Erkennen einer beginnenden Maſſenvermeh—
rung ift bei der Nonne von größter Bedeutung, da unfere fämtlichen Ber:
tilgungsmittel großen Nonnenmengen gegenüber ihre fowiefo nicht fehr bedeutende
Schärfe total verlieren.
Die Feſtſtellung des Vorhandenſeins und der Menge des Schädlings gefchieht
zunächſt durch Beobachtung des leicht bemerfbaren Falterfluges (Falterrevifion).
Ergibt fi) Hierbei die Vermutung oder die Gewißheit, daß bereit3 mehr Falter vor:
handen find und daß einer ftärkeren Vermehrung ohne Gefahr für den Wald nicht
zugefehen werden kann, jo empfiehlt es ſich, durch weitere Revifionsmaßnahmen,
dur Eierfammeln an Brobeftämmen, Brobeleimen und durd Kotfänge eine
nähere Eingrenzung der Fraßorte vorzunehmen.
a) Halterrevifion. Sie geihieht durch Auffuchen und Sammeln der tagsüber an
den Stämmen figenden Falter, durch Revifion des Falterfluges mährend der nächtlichen
Schwärmzeit unter Zuhilfenahme von Lichtquellen oder auch in den Nachmittagsſtunden
warmer Tage und jchließlich durch Beobachtung der nad) der Begattung bzw. Eiablage bald
fterbenden und dann zu Boden fallenden Schmetterlinge.
Bei der nächtlichen, zwilchen 9 oder 10 und 1 Uhr vorzunehmenden Reviſion der
ſchwärmenden Falter benugt man Blendlaternen (Üzetylenrefleftorfampe des Ingenienrs
Kuhn: Münden) oder „Nonnenfackeln“. Lebtere find BZinkfadeln und beftehen aus
einer 1 m langen Zinkröhre, die mit einer beim Anbrennen hell leuchtenden Maſſe gefüllt
it. Eine Tadel (Stüd 2 Mt.) brennt etwa 15 Minuten und wirft auf 300m. In un
mittelbarer Nähe ftellt man 1—2 weißleinene Fangſchirme auf, die mit einem weißen
Klebſtoff beitrichen find. Die Zahl der hieran Febenbleibenden Falter gibt einen Anhalt
über die Größe der Gefahr.
Die Bemühungen, die genannte Revifions- und Fangmethode dur Aufftellen auto
matijch arbeitender Sanglaternen !) zu vereinfachen, haben noch zu feinem brauchbaren Er:
gebnis geführt, weil die hierfür Fonftruierten Sanglampen den zu ftellenden Anforderungen
noch nicht genügen.
1) Friedrich: Zbl. f. d. gef. Fw. 1907, 493; 1908, 1.
—
Schmetterlinge: Nonne. 387
b) Eierjammeln an Probeftämmen. Um näheren Aufſchluß über den zu er-
wärtenden Fraß in ben ftärker beflogenen Beftänden zu erhalten, find hier vom September
an Probeftämme zu fällen und auf die Zahl der an ihnen abgelegten Eier hin fo genau
wie möglih zu unterjuchen. Gleichzeitig ift Die Höhe der Ablage am Stamm feſtzu⸗
ftellen. Das „Eiern“ erfolgt am beſten durch weibliche Perſonen. Nach Einteilung des
gefällten Stammes in 2 oder 3m lange Sektionen werden die in jeder derſelben abgelegten
Eierhaufen durch Loslöſen der Borkeſchuppen aufgededt und eingejammelt. Die Beftim-
mung der Eizahl geichieht dann entweder durch Multiplilation der Anzahl der gefundenen
Eierhäufchen mit einem durch wiederholtes Auszählen von Eierflümpchen feitzuftellenden
Mittelwert oder fie erfolgt dur Mefjung oder Wägung. Bei Heinen Eimengen madt das
Auszählen feine große Mühe und liefert naturgemäß die genaueften Refultate; bei großem
Eibelag genügen die durch die lehtgenannten Methoden gemonnenen Näherungswerte. 1000 Eier
haben ein Bolumen von 1,24 ccm und wiegen 0,60—0,65 g. Auf 1 g gehen i. D. 1600
bis 1700 Eier. 11 Eier wiegt etwa 400-450 g und enthält etiva 700000 Eier (Troft).
Die beim Ablöjen der Borleihuppen mit zu Boden fallenden Eierflümpchen dürfen
nicht vernachläfligt werden, fondern find auf untergelegten oder angeichobenen Tüchern
aufzufangen und mit zu kontrollieren. Die Schwierigkeit der ganzen Arbeit aber bringt
ed mit fi, daß felbft bei Anwendung diefer Vorfichtsmaßregel nicht alle Eier gefunden
werden, jo daß das ſchließliche Ergebnis dem wirklichen Belag meift nicht ganz entſpricht.
Se dider und riffiger die Borle (Kiefer) und je ungebuldiger oder flüdhtiger die Arbeiter
find, um ſo meniger auverläflig wird das Reiultat.
Wie viele Stämme in einem Beitande oder auf der Flächeneinheit zu unterjuchen
find, hängt von dem gewünſchten Genauigleitsgrad, dem zum Abſuchen eines Stammes
notwendigen Heitaufmand und anderen äußeren Umftänden ab. Mit der Zahl der Probe:
ftämme wächſt jelbftverftändlich die Sicherheit de3 Auszählend. Zwei Arbeiter (zum Fällen)
und 6—8 Arbeiterinnen vermögen unter mittleren Verhältniffen täglich 3—4 ftarle Stämme
mit der wünfchenswerten Sorgfalt abzujuchen.
c) PBrobeleimung. Um ein Urteil über die Anzahl der vorhandenen Raupen zu
gewinnen, werden in den fraglichen Beitänden im Mai Probeleimungen vorgenommen.
Man leimt zu diefem Zwecke entweder gruppen oder ftreifenweife, d. h. entweder kleinere,
von 4 bis 10 Stämmen gebildete und im Beſtande beliebig verteilte Gruppen oder ſämt⸗
lihe Stämme, die auf 5-10 m breiten den Beftand bdurchziehenden Streifen (Brobe-
bahnen) ftehen. Fleißige Revifion der geleimten Stämme wird dann in den meiften
Fällen einen Anhalt zur Beurteilung der Befallitärke bieten und zwar um fo befier und
um fo jchneller, je mehr Holzart, Beftandsbeichaffenheit, Elementarereignifje ujw. die Raupen
zum Übbaumen veranlafien.
Unbedingt zuverläjlig find die Probeleimungen aber nicht, namentlich dann nicht,
wenn nur wenige Gruppen oder ſchmale Bahnen geleimt werden.
In diefem Falle hängt es zu ſehr vom Zufall ab, ob die abgebaumten Raupen
gerade die geleimten Stämme annehmen.
d) Kotfänge. Sie dienen dazu, den herabfallenden Kot ber Raupen und deren
Frakrüditände (Nabelrefte) fichtbar zu machen. Zu dieſem Amwede wird im Schirmbereich
einzelner Bäume oder einer Gruppe jolcher der Boden geebnet und mit Dachpappe be⸗
legt. Die Kotfänge ſind ein durchaus zuverläſſiges Kontrollmittel und befähigen bei einiger
Übung zu befferen Schlüffen auf Menge, Größe und Wahstumsgang der in den Kronen
freifenden Raupen als die Probeleimungen.
5. Schonung der natürlichen Feinde: Fledermäuſe; Vögel,!) und
zwar hauptſächlich: Kudud, Blaurade, Wiedehopf, Spechte (insbeſ. großer Bunt-
ſpecht), Biegenmelfer, Saat, Nebel-, Rabenkrähe, Elſter, Eichelhäher, Schwalben,
Star, Drofieln, Pirol, Meilen, Goldhähnchen, Baumläufer, Kleiber, Tinten und
fonftige Singvögel.
Fledermäuſe, Eichelhäher ), Biegenmelfer, Schwalben vertilgen die Falter. Kudud,
Star, Pirol ftellen den Raypen, Droffeln, Krähen, Eliter und verfchiedene Singvögel den
— —
1) Schweiz. Ztſchr. f. Fw. 1892, 48. — 2) Loos, 8.: Zbl. f. d. geſ. Fw. 1901, 461.
25°
388 Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
Buppen nad. Meifen, Baumläufer, Kleiber, Goldhähnchen werden durch Bertilgung Der
Eier während des Winter? nüblih. (Bgl. die Hierzu im allgemeinen Teil ©. 141 ge
machten Einzelangaben.)
Inſekten: a) Raubinfelten: Carabus= Arten, Calosoma sycopbanta ]L.,
Staphylinen, Silpha quadripunctata L. — Ameiſen — Libellen, Obhrwürmer —
Kamelhalsfliege — Schildwanzen: Troilus luridus F. und Picromerus bidens L.
b) Barafitifhe Inſekten. Die hier zu nennenden Schneumoniden und
Tachinen find um vieles wichtiger ald alle anderen tieriichen Feinde der Nonne.
Ihnen und der weiter unten erwähnten Wipfelkrankheit ift Ießten Endes das Er-
löſchen jeder Nonnenkalamität zu danken.
Den in der Nonne parafitierenden Hymenopteren kommt hierbei nicht die gleiche
Bedeutung zu wie den Tachinen, denen größere Vermehrungsfähigteit das allmählich ſich
einftellende Übergewicht über die Nonne fichert. Als Nonnenfeinde find unter den Haut:
flüglern belannt'):
1) Ichneumonidae: Ichneumon disparis Poda (Trogus flavatorius Grav.) am
häufigften, Pimpla instigator Fabr., capulifera Kriechb., examinator Fabr., rufate
Gmel., brassicariae Poda, quadridentata Thoms., turionella L., Theronia atalantae
Poda, Trophocampa scutellaris Tschek., Casinaris claviventris Holmgr. Die ge:
nannten Schlupfweipen leben einzeln in älteren Raupen und Buppen und verlaflen ben
Wirt erft, wenn er fi) im Puppenftadium befindet.
2. Braconidae: Apanteles solitarius Ratzb. und inclusus Ratzb., leben allein
in jungen Räupchen und verlaſſen dieſe, um fich in einem an Nadeln oder Blättern bes
feftigten Kleinen gelben Kokon zu verpuppen.
Unter den Dipteren ift Parasetigena segregata Rond.?) für die Befämpfung
der Nonne von hervorragender Wichtigkeit. Die im Mai und Juni ſchwärmende Fliege Iegt
ihre Eier einzeln an die Raupen und bevorzugt Hierbei keineswegs kranke Individuen.
Nach ungefähr 8 Tagen ſchlüpft die Fliegenmade aus und bohrt fich in die Raupe ein,
lebt 17—25 Tage in ihr und verläßt ihren mittlerweile meift fchon jelbft zugrunde ge:
gangenen Wirt, nachdem fie noch nad) deſſen Tode einige Zeit von dem in Berjegung
übergehenden Inhalt gelebt hat. Zur Berpuppung gelangen die tachindfen Raupen ge
wöhnlich nicht, dad Imagoſtadium erreicht keine. Werben fehr junge Räupchen (Ein- und
Bweihäuter) befallen, jo ftirbt die Tachinenlarve mit dem Wirte ab.
Bei Raupen, bie ihre legte Häutung noch nicht Hinter fi) Haben, fommt es infolge
der fchon erwähnten langen Embryonalentwidelung der Tachineneier häufig vor (nah Roos
in 40°/, ber Fälle), daß die Eier bei den Häutungen mit abgeftreift werden, bevor fie aus:
gereift find. Die Raupen find dann gerettet, vorausgejegt, daß fie nicht von neuem mit
einem Ei belegt werben.
Die normal entwidelte Tachinenlarve verpuppt ſich nach dem Berlafien ihres Wirtes
in der Bodenſtreu und überwintert als Tönnchenpuppe.
Neben Parasetigena segregata lommen noch eine Reihe anderer Raupenfliegen in
der Nonnenraupe zur Entwidelung, z. B. Phorocers cilipeda Rond., Tachina (Eutachina)
larvarum L., ohne jedoch dieſelbe praftiiche Bedeutung zu erlangen wie P. segregata.
Häufiger und deshalb beachtenswerter find einige die Nonnenpuppe und die ſich ver-
puppenbe Raupe befallende Fleiſchfliegen: Sarcophaga atropos Mg., affinis Fall., pri-
vigna Rond., tuberosa Pand., uliginosa Kram. u. a.
Die Bedeutung der Tachinen als Gegengewicht gegen die Nonne ift, wie fchon
©. 155 näher ausgeführt, nicht zu unterfhägen. Mit zunehmender Vermehrung der
Ronnenraupen pflegen auch die Raupenfliegen in außerordentliher Zahl aufzutreten.
1) Nah Br. Wahl: BHL. f. VBalteriologie, Paraſitenkde. u. Infektionskrankheiten.
2. Abtlg. Bd. 35, 1912, 198. — 2) 2008, Kurt: Bbl. f. d. gei. Fw. 1908, 4. — Ti:
maeus, Fr.: Naturw. Ztſchr. f. 2. u. Fw. 1911, 89. — Tölg, Franz: Bbl. f. Bakterio⸗
logie uſw., 2. Abtlg., Bd. 37, 1913, 392.
Schmetterlinge: Nonne. 389
3. Gold fand (1892) auf der Domäne Koft (Norbotiböhmen) über bie Hälfte ber
Raupen (69%,) von Fliegen, mit Einfluß ber Schlupfmeipen fogar 70%, amgeflocdhen.
Die befallenen Raupen zeigten weber äußerlich noch innerlich ein Kranfheitäfgmptom, wo—
durch die Stiegen hätten angelodt werden können. In der Dresdner Heide”) waren An—
fang Juni 1910 ſtellenweiſe ebenfalls mindeftens 70°/, ber Raupen mit einem oder mehreren
Tachineneiern behaftet.
Als Feinden der Nonneneier kommt neben ber ſchon oben genannten Larve
der Kamelhalsfliege und neben verſchiedenen Raubwanzen auch manden Spinnen-
arten vermutlich eine größere Bedeutung zu.
Krankheiten der Nonnenraupe?). Das
auffallenbfte und vielfach auch radikal wirkende Ge-
genmittel, mit dem die Natur Nonnenfafamitäten
ein mehr oder minder raſches Ende bereitet, ift bie
unter dem von Rageburg ſtammenden, ſehr bezeich⸗
nenden Namen „WipfeltrantHeit” befannte Rau-
penepibemie. Als äußere Symptom der Erkrankung
zeigt fich zunächft eine geiwifje Unruhe und Beweglich-
keit unter den Raupen. Gie fpinnen fi vielfach ab
ober wandern nad) unten. In weit ftärferem Maße
aber kriechen fie (bei Fichte) in die Gipfel der Bäume
"und ballen fi Hier, da fie ſich weber abzufpinnen,
noch rüdwärts zu bewegen vermögen, oft Humpen-
weife dichtgebrängt zufammen: fie „wipfeln”. Als
Begleitericheinung der Erkrankung zeigt fi ein aufs
fälliger Rüdgang der Freßluſt. Die Raupen werben
matt und ſchlaff, verlieren ihre frifchen Farben, fär-
ben fi} nach und nad) dunkler und Haften, Kopf und
Leib Hufeifenförmig hängend laſſend, vielfah nur
noch mit einem oder mehreren Bauchfüßen an ben
Nadeln und Trieben (Abb. 191). Dieſes Krankheits⸗
bild hat die weitere Bezeihnung*) der Krankheit als
„Schlaffſucht“ veranlaßt. Die erfrankten Raupen
fterben dann ab, ihr Körperinhalt wird zu einer brau⸗
nen, jauchigen Flüffigfeit und trodnet allmählich ein.
Merkwürdig ift, daß zwar nicht der Ausbruch
der Wipfelkrankheit, wohl aber das äußere Kennzei—
hen berfelben, das Wipfeln, von ber befreffenen Ho!
art wefentlich beeinflußt wird. Man kann das Wip-
feln als eine Sondereigentümlichteit der Fichtennonnen bezeichnen; auf Kiefer und
Laubhöfzern wipfeln die Raupen wenig oder gar nicht, fondern verraten ihre Er-
trankung nur im ihrem äußeren Ausſehen und in ihrer Haltung.
Schon ehe die erfrantte Raupe ſchlaff wird ober wipfelt, macht ſich ihre ver-
minderie Zreßluſt dadurch bemerkbar, daß ſie nicht mehr grün, ſondern braun
) 8. f. d. gef. Fw. 1898, 300. — 2) Bericht d. jäcf. Forftvereind 1910, 98 n. 99.
— 8) v. Tubeuf, C. Naturw. Btfchr. |. 3. u. Zw. 1911, 367. — 4) Der dritte ge:
bräudliche Name „‚Fladerie“ ift zu freien, weil er eine nicht vertvanbte, polgeber,
freie Krankheit der Seidenraupe bezeichnet.
Abb. 191. Fictenwipfel mit wipfelnden
Ronnenzaupen (nat. Gr., Orig. ©. 2).
390 Erftea Buch. Schub gegen Tiere.
„put“. Die braune Farbe des Sputums ift allerdings fein unbedingt zuverläffiges
Merkmal der beginnenden Wipfelfrankheit; fie erleichtert aber die Diagnofe, jobald
das fo gefärbte Sputum an den in der Krone beziv. oberhalb der Zeimringe befind-
lichen Raupen auftritt.
Ein anderes ziemlich ficheres äußere® Symptom für Ausbruch der Wipfel-
frankheit ift das Vorfommen von Wipfelfraß. Wie ſchon oben (S. 381) gejagt
wurde, frefien die Raupen in Stangen: und Baumbölzern von unten nad) oben,
bezw. von innen nach außen. Der umgelehrte Fall, daß von oben nad) unten ge⸗
frefien wird, deutet auf anormalen, durch Wipfelfrankheit veranlaßten Aufenthalt
der Raupen in den höheren Partien des Fraßbaumes.
Nach den bisherigen Erfahrungen zeigt ſich die Wipfelfranktheit gemöhnlich
nicht fofort im erjten Jahre eines Mafjenfrafies, fondern bricht erft jpäter aus.
Diefer Umftand beeinträchtigt die an fich hohe praftifche Bedeutung der Krankheit
ganz weſentlich, da die Beſtände oft ſchon totgefrefjen find, ehe die Raupen zu
wipfeln beginnen. Die mehrfach beftätigte Beobachtung, daß bei intenfivem Nonnen»
fraße die Krankheit fpäteftend im 3. oder 4. Fraßjahre ausbrach, läßt darauf
ichließen, daß Maſſenanſammlungen der Raupe der Wipfeltrankheit Borjchub Ieiften.
Andere Beobachtungen aber laffen unzmeideutig erfennen, daß das Auftreten der
Wipfeltrankheit nicht Direft mit der Menge der vorhandenen Raupen zujammen=
hängt, daß die Krankheit vielmehr auch in ſchwach befallenen Beitänden vorkommen
kann. Es geht daraus hervor, daß noch weitere der menſchlichen Einwirkung leider
entrücdte äußere Einflüffe für Ausbrechen und Verlauf der Krankheit eine weſent⸗
liche Bedeutung haben. Welcher Art diefe Einflüffe find, entzieht fich zunächft unferer
Kenntnis. Vielleicht ift die von manchen Seiten geäußerte Anficht richtig, daB in
eriter Linie Temperatur: und Witterungsverhältnifie (Hite und Kälte uſw.) vor:
bereitend auf die Raupen einwirken müſſen, ehe die bereits „latent“ vorhandene
Krankheit die den Wirtichafter entlaftende, epidemijch und tödlich wirkende akute
Form annimmt.!) Angeſichts tatfächliher Vorkommniſſe darf fogar mit Eſcherich
(a. a. D.) angenommen werden, daß mit dem Aufhören der prädisponierenden Ein-
flüffe die Intenfität der Krankheit nachläßt. Wo fie einmal ausgebrochen if, fcheint
die Wipfeltranfgeit allerdings nicht ganz wieder zu verſchwinden, folange noch Raus
pen freffen. Sie erlischt, wie auch Wahl?) hervorhebt, erft mit dem Verſchwinden
der Nonne. |
Wenn auch der Ausbruch der Epidemie oft erjt in die Monate Juni und Juli
fällt, fo weifen die vorliegenden Erfahrungen doc nach, daß die Krankheit keines⸗
wegs an eine beitimmte Jahreszeit und infolgedeilen auch nicht an ein beftimmtes
Entwidelungsftadium der Raupen gebunden ift; e3 werden ſowohl die Spiegel-
räupchen wie auch die kurz vor der Verpuppung jtehenden Raupen befallen. Das
manchmal gleichjam plötzliche Ausbrechen in zeither volljtändig gefund erjcheinenden
Raupenftänden erklärt fich vermutlich durch Eintreten der oben erwähnten krank:
heitsfördernden äußeren Einflüffe. |
1) Bgl. Hierzu: v. Tubeuf, E.: Forftl.snaturm. Bilchr. 1892, 34, 62, 277, 477; 1898,
118. — Eidheridh, 8. und Miyajima, M.: Naturw. Btichr. f. F. u. Lw. 1911, 881.
— Eſcherich, 8.: Daf. 1918, 89. — Weißwange: a. a. D. 61. — 2) BL f. d. gei.
Fw. 1912, 855, hier 874.
Schmetterlinge: Nonne. . 391
Die augenfällige, im oft glatten Erftiden intenfiver. Nonnenkalamitäten be:
ftehende Wirkung: der Wipfelfrankheit lenkte naturgemäß die Aufmerkſamkeit bes
rufener Kräfte auf. die Suche nach dem Erreger ber Krankheit. Die dahin zielenden
Bemühungen fahen außerordentlich verheißungsvoll aus, ſchien doch mit dem Auf:
finden des Erregerd auch die Möglichkeit gegeben, die Seuche künſtlich zu er⸗
zengen und damit den ſchlimmſten Waldfeind unter den Inſekten in die Hand. zu
befommen.
Leider haben ſich dieſe Hoffnungen trotz der ſeit 1890 außerordentlich regen
und namentlich im: lebtvergangenen Jahrzehnt äußerſt fruchtbaren Forfchertätigs
feit auf dem @ebiete der Ranpenfranfheiten bis jest nicht erfüllt. Man kennt
bislang weder den Erreger der Wipfelkranfheit mit Sicherheit, noch befteht Die
Wahrjcheinlichkeit, daB das vermutlich nicht mehr fernliegende Kennenlernen des⸗
felben eine brauchbare Waffe im Kampfe mit der Nonne liefern wird. Die auf
diefes Biel gerichteten Hoffnungen fcheitern teild an der Schwierigfeit der ÜÜber-
tragung des KRrankheitsftoffes, noch mehr aber an dei Unmöglichkeit, die für die
Ausbreitung und akute Wirkung der Krankheit notwendigen äußeren Bedingungen
zu Schaffen.
Die auf Erforihung der Wipfelkrankheit abzielenden Unterſuchungen toter oder er⸗
krankter Nonnenraupen haben zu ſehr verſchiedenen Anſichten über die Natur ded Erregers
geführt.
Der erfte Bearbeiter: der Nonnenkrankheit, Medizinalrat Dr. Hofmann!) -Hegens»
burg, hielt einen aus adgeftorbenen Raupen gezüchteten Bacillus (Bacillus B) für den
Erreger und fand bei der vom Forftmeifter Schmidt”) 1892 in den Ratiborfchen
Forften durchgeführten Probe auf das Erempel anjcheinend die glänzendfte Beftätigung für
die Richtigkeit feiner Schlüffe.
v. Tubeuf?) brachte zuerft die von ihm in toten und Franken Raupen entdedten
polyedrifchen Körperchen (f. unten) in Verbindung mit ber Wipfellrankheit, betrachtete ſie
als Zerfallprodukte aus den Zellbeſtandteilen und nahm an, daß ein im Darminhalt kranker
Raupen vorgefundenes lebhaft bewegliches Bakterium (Bacillus monachae) als Rranl:
heit3erreger anzuſehen fei, aber nur’ bei beſtimmten Dispoſitionszuſtänden der Raupe zur
Wirkung komme.
Die weiteren, namentlich die neueren Unterſuchungen von Wachtl⸗ Kornauth‘),
Bruno Wahl?), Eſcherich und Miyajima), Bromazel’), Wolff’), Knoche) bes
ichäftigen ſich hauptjächlich mit den oben erwähnten, zunädft von Bolle in gelbfüchtigen
Seidenraupen, fpäter von dv. Tubeuf, in der Nonne, noch jpäter von anderen in der Raupe
des Schwammipinners, Kiefernipanners ufw. aufgefundenen Polyedern und bemühen ſich,
Klarheit zu gewinnen über dad Weſen diejer Körperchen und über die Rolle, die fie bei
ber Wipfelkrankheit der Nome und permandten ſerantheiten anderer Raupen („Polyeder⸗
trautheiten“ nach Wahl) ſpielen.
— — —2
1) Pofmann: Inſeltenttende Pilze mit beſonderer Berückſichtigung der „Nonne“.
Frankfurt a. M. 1891. — Derſ.: Die Schlafffucht (Flacherie) der Nonne (Liparis mo-
nacha). Frankfurt a M. 1891. — Derſ.: Zbl. f. d. gel. Fw. 1898, 513. — 2) Schmidt,
Hlerander: Die Nonne. Liparis monacha. Darftellung der Lebensweije ufw. Ratibor 1898.
— Altum: tier. f. F. u. Iw. 1893, 21. — Schmidt: Daj. 1898, 218. — v. Gehren:
Daſ. 1892, 499. — 3) Vgl. die oben ©. 890, Anm. 1 angegebene Literatur. — 4) Mittl.
a. d. Forftl. Verſuchsw. öſterreichs. XVI. vft 1898. — 5) Zbl. f. d. geſ. Fw. 1909, 164,
212; 1910, 193, 377; 1911, 247; 1912, 855. — 6) Naturw. Ziſchr. f. F. u. Lw. 1911,
8831. — 7) Archiv f. Brotiftenfbe. 1907, 336, 358. — 8) Mittlgn. d. Kaiſer Wilhelm⸗
Inßitut⸗ Bromberg. Bd. III. 1910, 69. — Jahresber. d. Vereinigg. f. angew. Botanik.
9. Jahrg. 1911, 68. — Btichr. f. F. u. Iw. 1912, 697. — 9) Forſtw. Bbl. 1912, 177.
392 Erites Buch. Schub gegen Tiere.
Die Polyeder find 11, —12 u, gewöhnlich 8—6 u große, zunächſt mehr rundliche,
beim Größerwerben aber tetraddriiche, zumeilen auch mehr würfelförmige, vollkommen homo:
gene und ftrufturloje Körperchen mit fettähnlichem Ganze und ſtark lichtbrechend. Sie
find für die Wipfelkrankheit charakteriftiih und treten zu Beginn derfelben nur vereinzelt
in den Sternen der Blutzellen auf. Späterhin find fie hier häufiger und fommen auch
intracellular und freifhwimmend in der Blutflüffigleit vor. Solange dieſe freien und
intracellularen Bolyeder nicht überhand nehmen, werden die Raupen in ihrem Befinden
äußerlich nicht beeinflußt, jondern entwideln ſich normal. Schreitet die Kranfheit aber
fort und füllen fi) namentlich Settlörper und Tracheenmutterzellen mit zahlreichen Bolgedern,
fo reagiert die erkrankte Raupe mit allen Merkmalen der Wipfellranfheit und geht über
furz ober lang ein. Die erperimentellen Studien Eſcherichs und Miyajimas haben
den engen Bujammenhang des jehr ungleichen Berlaufes der Wipfellrantheit mit dem
mehr oder weniger flarfen Auftreten von Polyedern exakt nachgewieſen und Haben nament⸗
lich auch intereflante. Belege dafür erbradht, daß Außere Momente, z. B. intenjive Be⸗
fonnung, die Polyederbildung und damit den KranfHeitsverlauf mwejentlich beeinfluffen.
Noch nicht gellärt ift die naheliegende Frage nah) Weſen und Funktion der Polyeder.
Es herriht noch feine Übereinftimmung darüber, ob die Polyeder felbft die Krankheits⸗
erreger oder nur Folgeericheinungen der Krankheit (Realtionsprodulte) find. Eſcherich und
Miyajima neigen auf Grund ihrer Infeltionsverfuhe der von Bolle vertretenen Anſicht
zu, daß die Polyeder die Krankheitsträger find, während Wolff fte als Reaktionskörper
anfieht. Nach dem Borgauge von Prowazeks hält Wolff winzige, neben den Polyedern
vorfommende Körperchen (Ehlamydozoen nad Prowazek), für die Träger des Virus und
bezeichnet’die Wipfeltrantheit als eine Chlamydozoonofe, hervorgerufen durch das auch im
Kiefernipanner und Schwammipinner vorlommende Chlamydozoon Prowazeki nov. spec.
Ob die Chlamydozoenhypotheſe Wolffs richtig ift oder die Polyeder jeldft Die Träger
und protozoäre Mikroorganismen anderer Art find, 3. B. Sporozoen, wie Bolle annimmt,
ift jedoch weniger wichtig als die durch Stich- und Futterinfeltionen einwandfrei nachge=
wiejene Übertragbarfeit des Erregers.) Dieſe Fefiftellung, daß durch Berfütterung des Xu:
haltes wipfelfranter Raupen gejunde Raupen erfolgreich infiziert und polyederfranf ge=
macht werden können, Löft zwar anjcheinend die Frage nach dem Anfeltiondvorgang in der
Katur, verliert aber, wie fchon angedeutet, fehr an praftiihen Wert, weil die von der
Praxis geforderte Möglichkeit einer fchnellen epidemiſchen Ausbreitung der Wipfelkrankheit
damit noch keineswegs gegeben ift. Übgejehen davon, daß einzelne Raupen überhaupt
immun gegen Anftedung find, hängt das Auftreten der akuten Form der Wipfeltrankheit
von den mehrermwähnten äußeren Einflüffen in jo hohem Maße ab, daß Hoffnungen auf
praftifche Verwendbarkeit der Wipfelkrankheit nicht berechtigt find.
Die ſchon mehrfach, laut gewordenen Anregungen, dur Darbietung nafjen, waſſer⸗
reichen oder abiterbenden ?) Nahrungsmateriales, durch Ausftreuen infizierter Bodenftren
oder durch Beiprengen der Nahrung mit Polyederbrühe Seuch enherde zu fshaffen, von
denen aus die Wipfelfrankheit zentrifugal um ſich greifen joll, dürften ebenjowenig praf:
tiiche Bedeutung Haben, wie die gleichfinnigen, ſchon von Ratzeburg u. a.®) vertretenen
Beftrebungen, die parafitiihen Inſekten bzw. die Wipfelkrankheit (v. Schouppe), durch
Einrihtung von Raupenzwingern, Buppenhäütten u. deigl. künſtlich zu züchten und
zu vermehren. Namentlidy ericheint die Schaffung derartiger Infeltionsherde dort zweck⸗
(03, wo man mit Bolleimungen gegen die Nonne vorgeht. Vollgeleimte Beitände werben
von jelbft zu NRaupenzwingern. Die unter und über den Leimringen fih anfammelnden
Raupen werden bier durch Rahrungsmangel für Infektionskraukheiten und Barafiten aller
Art bie zu einem gewilfen Grade empfänglicdy gemacht.
Daß Nahrungsmangel auf den Ausbruch der Wipfelkrankheit fürdernd einmwirkt, läßt
fih aus dem ziemlich allgemein beobadhteten Auftreten der Seuche in mit Raupen dicht:
1) gl. Eiherih und Miyajima: Naturw. Ztichr. f. F. u. Lw. 1911, 881. —
Wahl, Zol. f. d. ge. Fw. 1911, 247 und Meves: Daf. 1918,18. — 2) Kloed: Forſtw.
Zbl. 1911, 877. — 8) Vgl. Verhdlgn. d. Forftw. v. M. u. Schl. 1902, 414. — BEI. f.
d. gel. Fw. 1903, 171. — Forſtw. Z3bl. 1902, 257; 1908, 227. — Oſterr. %. u. J.⸗Ztg.
1898,.29. — v. Shouppe: Die Polyederfrantheit der Nonnenraupen. Olmüß 1913.
Schmetterlinge: Nonne, 393
bejetten nnb von ihnen mehr oder weniger Tahlgefreffenen Beftänden ſchließen. Woher
dann die erften Keime der Krankheit fommen, ift noch nicht mit Sicherheit feitgeftellt. Es
befteht aber, nachdem ſowohl in Puppen wie auch in altern Polyeder aufgefunden
worden find, die Wahricheinlichleit, dab fie auch in Eiern vorlommen. Nah Wolff
(Ztſchr. j. F. u. Iw. 1912, 711) ift dieſes Vorkommen durch ihn ſelbſt bereit3 beftätigt
und das biöher fehlende Endglied im der Trage der Bererbbarkeit der Wipfeltrantheit
gefunden.
bh) Vertilgung. ')
Die Bertilgungsmaßregeln können fich auf alle vier Entwidlungsftadien der
Nonne erftreden. Infolge der Unzugänglichleit der Eier in ftehenden Beftänden
richten fie ſich aber hauptfächlich auf Vernichtung der Raupen, Buppen und Falter.
Da auch diefen Entwidelungsftadien gegenüber radilal wirkende Maßregeln nicht
vorhanden find, muß von allen, wenn auch nur Teilerfolge verfpredhenden
Mitteln Gebrauch gemacht werben, und zwar — biefer Grundfaß ift hier
mehr als bei irgend einem anderen Waldichähling feitzuhalten — rechtzeitig und
im geeigneten Zeitpunkte. In eriter Linie gilt für Fichtenreviere und in
deren Nähe auch für Kiefernreviere die Mahnung Willlomms (Thar. Ihrb. 1864,
212), beim erjten Auftreten der Nonne mit allen. zu Gebote ftehenden
Mitteln vorzugehen. Die ftarfen Gegenfähe, die fich bei der Beurteilung ein-
zelner Abwehrmaßregeln wie der Gefamtausfichten des Nonnenfampfes zeigen, er-
klären fich gewiß zum Zeil aus der verfchiedenen Widerftandsfähigkeit der befallenen
Holzarten, ſowie aus der Ungleichartigleit der Standorts, Beitodungs-, Urbeiter-
und fonftigen wirtichaftlicden Verhältniffe der Fraßgebiete, zum Teil finden fie ihre
Begründung aber auch in der Nichtberüdfichtigung des erheblichen Einfluffes, den
der Beitpunft der Abwehr auf deren Erfolg ausübt.
I. Vertilgung der Eier.
a) Sammeln ber Eier iſt nur Revifiong-, fein Vertilgungsmittel (vgl. oben
S. 386 ff.). Ebenſo ftehen dem Unſchädlichmachen der Eierhäufchen durch Über-
pinfeln mit Teer, Raupenleim oder chemifchen Präparaten (Blutlausbelämpfungs-
mittel „Antiſual“) nicht zu behebende Schwierigkeiten gegenüber, jobald diefe Mittel
am ftehenden Stamm und im großen Betriebe zur Anwendung fommen jollen.
b) Einſchlag ſtark befallener Beftände, deren Eibelag nad) Zahl und
Geſundheitszuſtand auch bei Bolleimung auf Kahlfraß fchließen läßt, im Winter.
Wenn Entrinden und Verbrennen der Rinde oder Ubfuhr des Holzes vor dem Aus-
friechen der Raupen nicht möglich üft, find die angrenzenden Beſtände zu leimen bzw.
durch Raupengräben oder Leimſtangen zu ifolieren. Das anfallende Reifig ift auf
alle Fälle zu verbrennen.
Die 3. B. bei der Bekämpfung des ſchwediſchen Nonnenfraßes (1898-1902) in
großem Maßſtabe durchgeführte Radilalmaßregel rechtfertigt ſich, trogdem fichere Schlüffe
aus der Eizahl auf die Geftaltung des fpäteren Fraßes nie gezogen werben können, zu:
nähft in fchlagbaren Beſtänden. Sie kann aber auch in jüngeren Orten durchaus am
Plage fein, namentlich dann, wenn es fih um ſpät entdedte Kleinere, ſtark befallene Orte
in einer noch wenig verjeuchten, aber gefährdeten Umgebung handelt.
1) Borgmann: Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1891, 6. — Troft, C.: Thar. Ihrb. 1892,
232. — Beitichr. f. F. u. Iw. 1893, 89.
394 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Einer der überzeugteften Leimgegner der neueften Zeit, M. Wolff, erblidt (Ztſchr
f. F. u. Iw. 1918, 548) in der rechtzeitigen Regelung des Einjchlages nad) Maßgabe ber
auf die Eiunterſuchung ſich fügenden Prognofe anfcheinend das wirkfamfte Mittel, um ben
„mwirtichaftlichen Berluft, den ein mehr oder weniger vorzeitiger oder unvorhergeſehener Ab⸗
trieb fahlgefreffener Beftände bedingen Tönnte, auf das praftiich erreichbare Minimum zu
reduzieren.‘
II. Vertilgung der Raupen.
A. Direlte Vertilgung.
a) Töten der Spiegelraupen (im April und Mai) durch Herreiben mit
Lappen, Werg, Bürſten, Moos, Grasplaggen ufw. oder durch Beftreichen mit Teer
oder Raupenleim. Man nennt diefe Operation furzweg Spiegeln.
Die Hauptjadhe Hierbei ift, den richtigen Zeitpunkt wahrzunehmen. Se nad
den Witterungsverhältniffen fteht ein Türzerer oder längerer Zeitraum für das Spiegeln
zur Verfügung. Kühle Witterung‘ hält die Spiegel wochenlang zujammen und geftattet
eine wirkſame Verminderung der jungen Raupen, während umpefehrt günftiges warmes
Wetter die Möglichkeit des Spiegelns auf fo Turze Beit zu befchränfen vermag, daß die
Maßregel praftiih wertlos wird. Die etwa talergroßen Spiegel heben ſich durch bunfle
Farbe mehr oder weniger deutlich von ber Rinde ab. Die niedrig figenden Spiegel zer-
reibt man am beften mitteld eines fteifborftigen Pinſels oder einer Schuhbärfte, womit
man die in Mindenrigen figenden Räupden am ficherften erreiht. Um die Höheren
Spiegel zu erreichen, befeitigt man an entiprechend langen, leichten Stangen Werg, Tuch»
lappen, Bürften, Pinſel ufm., taucht diefe Stoffe in dünnflüffigen Raupenleim, Teer ober
Kalkbrei und überftreicht damit die Raupenjpiegel. Die Arbeit wird zweckmäßigerweiſe
im Tagelohn und unter forgfältiger Aufficht ausgeführt Welche Raupenmengen unter
günftigen Berhältniffen dabei vernichtet werden können, belegt das ſächſiſche Revier Laußnitz ')
b. Dresden, auf welchem 1909 in rund 4 Wochen 1,6 Millionen Spiegel mit etwa 100 Mil⸗
lionen Räupchen zerbrüdt wurden. In den ſächſ. StaatSwaldungen wurden im Sabre
1908 3018 Mk., 1909 8085 Mt. für dad Spiegeln ausgegeben.
b) Töten der Raupen in Kulturen und Dickungen durch Ablefen oder
durch Beiprigen mit Injeltiziden.
In Betracht kommen Kulturen und zugängliche Dicungen, die Durch Abwehen junger
Räupchen aus benachbarten Beftänden, ausnahmsweiſe vielleicht auc) durch Abwandern äl-
terer Raupen aus Tahlgefrefienen Orten befallen worden find. Ebenjo kann Unterwuchs
in verjeuchten Beſtänden (Fichte und Kiefer) auf diefem Wege gefäubert werben.
Bum Ablefen der Raupen wird zwedmäßigerweije eine längere, durch zangen:
förmiges Umbiegen von Draht hergeitellte Pinzette mit platten Spitzen verwendet.
Als Inſ ettizide) haben ſich Chlorbarium in 1,5%,iger Löſung, Steinkohlenkar—
bolineum in 2—30/, iger Löſung gemiſcht mit 30/, iger Sodalsſung, Bordelaiſer Brübe,
40/,, ige Kreolinlöſung, Diplin der chem. Fabrik Flörsheim a. Main und Arbolineum wirt:
ſam gezeigt; 30/,ige Tabakextraktlöſung blieb erfolglos. Chlorbarium (1kg 35 Pf.) erwies
fi in 1%/,iger Löſung (= 1 kg auf 100 1 Wafler) zu ſchwach, in 2% iger ſchädlich für die
Pflanzen. Ältere Raupen bedürfen tonzentriertere Löſungen als junge oder Wiederholung
des Spritzens.
Wie ſchon oben ©. 162 ausgeführt wurde, jcheitern im allgemeinen alle auf Be
fprigung hinauslaufenden Abwehrverjahren, ſobalb Dickungen und ältere Beſtände in Frage
kommen, an der Waſſer⸗, d. i. an der Koſtenfrage. In Kulturen iſt die Beſpritzung durch⸗
führbar, in Beftänden nicht. Bei Verwendung des früher zur Nonnenvertilgung empfoh:
lenen ‚„Antinonnin” (= Orthodinitrofrefolfalium) im 20 m hohen Fichtenbeftande rechnet
Nitiche" 3. B. allein 300 Mi. Untoften auf 1 ha für Waſſerzufuhr und Beichaffung der
Löjung, alſo ohne Aufbringungskoſten.
1) Bericht d. 1er Forftvereind 1910, 56. — 2) sg D. Forft:3tg. 1909, 462;
1910, 412. — Ztichr. f. F. u. Im. 1910, 124. — 361. fi d. gej. Fwm. 1909, 262. — ®)
That. Ihrb. 1894, 802.
Schmetterlinge: Nonne. 395
Eher laſſen ſich die Injektizide mad) dem Borgange von Oberförfter Hagemann‘)
zur Bertilgung von tiefer ſitzenden Spiegelräupchen wirkſam benuten. Die Löſungen kön⸗
nen bier konzentrierter genommen werben ohne Die Pflanze zu gefährden und der Ber
darf an Löfung ift weit geringer.
c) Sammeln und Bernichten der duch Schütteln und Prellen der Fraß⸗
bäume zu Boden gelangten Raupen.
Das meiſt nur in Verbindung mit Volleimung angewendete Verfahren ift auf jüngere
Stangenhölzer beſchränkt und auch hier nur unter Vorausſetzung vorſichtiger Ausführung
des Anprellens zuläſſig. Wirkſam wird das Prellen erſt nach dem Aufhören des Spinn⸗
vermögend. Vorher ſpinnen ſich die Raupen ſonſt oft ab, ohne zu Boden zu gelangen.
Nach der dritten Häutung fallen fie bei Hinreichender Erichütterung herab.
d) Töten der Raupen durh Schwefelbämpfe.
Das von Oberförfter Thyen empfohlene Anbrennen von Schwefel in den befallenen
Beftänden, um die Raupen durch fchweflige Säure zu vergiften, ift unbrauchbar.
e) Fangen der Raupen in Raupengräben.
Im allgemeinen werben Raupen- oder Fanggräben nur an den Grenzen der Fraß⸗
orte zur Sfolierung berjelben ausgehoben. Abwanderung größerer Raupenmengen ift an
fi felten und nur bei Futiermangel zu erwarten. An Stelle des Grabend kann dort, wo
es fich lediglich um Iſolierung handelt, auch die Leimftange treten. Nur vermögen beide
das Überwehen ber jungen Räupchen nicht zu verhindern.
B. Indirekte Bertilgung dur Leimen.
Bon der Barteien Gunſt und Haß verwirrt, unterliegt der Leimring im
Kampfe gegen die Nonne noch heute einer fo verfchievenen Beurteilung wie fein
anderes Inſektenſchutzmittel. Die Anſchauungen über ben Wert des Nonnenleim-
ringes bewegen ſich zwifchen der in Preußen geltenden Unficht, daß jedes Kilogramm -
Raupenleim, gegen die Nonne verwendet, eine Verſchwendung bedeutet und dem von
anderen Staatsforftverwaltungen (Sachjen) vertretenen Standpunkt, daß der Leim
ring das beſte, billigfte und erfolgreichite Mittel zur Vernichtung der Nonnen
raupen und zur Verhinderung einer Ralamität ift, vorausgejeßt allerdings, daß er
nicht erſt im vorgefchrittenen Stadium der Mafjenvermehrung, fondern rechtzeitig,
gewijfermaßen prophylaktiſch bei Beginn ſtarkeren Auftretens der Nonne zur
Anwendung kommt.
Unter Würdigung der bei den früheren Nonnentalamitäten gewonnenen Un-
Ihanungen und unter Bezugnahme auf die in neuefter Zeit im Königreich Sachjen
bei der Abwehr der Nonne gefammelten, auf einer foliden Grundlage ftehenden Er:
fahrungen fehen auch wir im Leimring das zurzeit wirkſamſte Schugmittel ge:
gen die Nonne und gegen die großen wirtichaftlichen Schäden, die eine Mafjenver:
mehrung diefes gefährlihen Waldfeindes zur Folge haben kann.
Wo eine ſolche Maffenvermehrung bereit3 vorhanden ift, verliert der Leimring
allerdings einen weſentlichen Teil jeines Wertes; er wird ſtumpf, und fein Erfolg
entfpricht den aufgewendeten Koſten nicht. Auch dort, wo man der befallenen Holz:
art eine größere Widerftandsfähigkeit zutrauen darf, und die Hoffnung beiteht, daf
nır der Zuwachs mehrerer Sahre geopfert werden muß, um den in der Tat nicht un
erheblichen Aufwand für das Leimen zu fparen, mag der Verzicht auf den Leimring
gerechtfertigt erfcheinen, allerdings auch nur dann, wenn Rüdfichten auf Schuß der
1) Ziſchr. f. 3. u. Iw. 1910, 124.
396 Erftes Buch, Schug gegen Tiere.
Umgebung und auf Berhütung der Weiterausbreitung des Fraßes auf andere Wald-
gebiete nicht in Frage kommen.
Im Nachſtehenden jollen die vor und bei der Inangriffnahme des Lei-
mend zu erörternden Fragen und die bei der Ausführung zu beobadjtenden
Handgriffe und Regeln unter Zugrundelegung der neueren Erfahrungen im ein
zelnen beiprochen werden, und zwar:
Bwed und Wirkung des Leimringes.
Notwendigkeit des Leimen?.
Wahl der Leimforte.
Reimbedarf.
Beit und Vorbereitung des Leimen?.
Ausführung des Leimens.
KRoften des Leimens.
Einfluß des Leimens auf den Gejundheitszuftand der Bäume.
DM
N
1. Zwed und Wirkung des Leimringes.
Der Nonnenleimring bat die Yufgabe, der Maffenvermehrung diefes Inſektes
durch Bertilgung eines Teiles der Raupen enigegenzuarbeiten und bat auf Diele
Weile zu verhindern, dab ein das Leben der Bäume bedrohender Fraß ftattfindet.
Er ift fein auf Vernichtung jämtlicher Raupen abzielendes Radilalmittel und kann das
nicht fein, weil er der Biologie der Nonne keineswegs vollfommen angepaßt ift. Wohl
aber vermag er, frühzeitig und energifch angewendet, eine derartige Entlaftung der
Baumkronen herbeizuführen, daß die befreffenen Bäume mehrere Jahre der Fraß⸗
periode hindurch Tebensfähig bleiben. Es darf angenommen werden, daß mitiler-
weile die natürlichen Gegengewichte heranwachſen, d. h. die parafitären Feinde über-
band nehmen und nun ihrerjeit3 mit dem unter Umftänden trotz des Leimens all:
mäblich größer werdenden Raupenbeftand gründlicher aufräumen als dem Leimring
jemal3 möglich ift. Diefer wird dadurch zum Vorbeugungsmittel gegen den mit ber
Mafienvermehrung meift unvermeidlich verbundenen Kahl⸗ oder verderblichen Lichts
fraß, d. 5. zum Vorbeugungsmittel gegen das Eingehen der Beftände.
Bon manden Seiten ift gegen den Leimring der Einwand erhoben worden, es jei
direkt verkehrt, ihn anzumenden. Durch das Abfangen nicht aller, jondern nur eines Teiles
der Raupen würden für den verbleibenden Heft beſſere Lebendbedingungen geichaffen. Die
Maflenvermehrung würde verzögert und infolgedeſſen ziehe fich der Fraß in die Länge, weil
die erſt mit der Maflenvermehrung, mit Kahlfraß und Nahrungsmangel heranwachſende
Prädispoſition der Raupen für Paraſiten- und Seuchenbefall fehle.
Ver fi) auf den Standpunkt dieſes gewiß nicht ganz unlogiſchen Einwandes ftellt und
den Leimring deshalb verwirft, der erfauft unter Umständen den Vorteil einer kurzfriitigen Kala-
mität mit dem Tode jeiner Beftände. Ihm ift ein furzer verlorener Krieg lieber als ein langer,
aber fiegreicher. Er bezahlt die Kriegsloften nicht, wie der andere e3 tut, pränumerando
in barem Gelde für Arbeitslöhne, Yeimbeihafjung, Sammeln ufmw., aber er bezahlt fie Leicht
postnumerando mit den Werten, die von den mittelbaren Schäden ber Kalamität, d. j. Durdy-
löcherung der Beftände, Störung der Hiebsfolge, Vernichtung junger, zuwachskräftiger Stan-
genorte, Gefährdung der Bodentraft, Umſtoßen der ganzen Nachhaltswirtſchaft u. a. dar⸗
geftellt werden. Vielleicht treten auch noch direkte Verlufte Hinzu, die beim Verkauf ber
Fraßhölzer durch Preisrüdgang infolge von Maffenangebot entftehen.
Wenn der Leimring verjpätet angewendet wird und die Zahl der über dem
Ring ausgekommenen und verbleibenden Raupen groß genug ift, eine vollftändige
Schmetterlinge: Nonne. 397
Entnabelung der Krone herbeizuführen, vermag er einen fichtbaren Einfluß auf den
Iofalen Fraß meift nit auszuüben. Er ift dann allerdings im Sinne der Vers
eitelung des Kahlfraßes „erfolglos” und „ohnmächtig“.
Diefe [don aus manchem ergebnidlofen Nonnenfriege befannte und immer wieder
von neuem!) bewiejene Tatjadhe hat den Leimring in fcheinbar berechtigten Mißfredit ge-
bradt. Und wenn M. Wolff”) aus den in bezug auf Kahlfraßverhinderung erfolglojen
neueren preußifchen und braunfchweigiihen Leimverſuchen die Folgerung ableitet: „ich halte
dafür, daß die Ohnmacht des Leimringes durch diele Berfuche erwiejen ift”, jo ftellt er
damit einen Sag auf, dem, wie hinreichende gegenteilige Erfahrungen beweiſen, feine alls
gemeine Bedeutung zulommt.
Auch dort, wo der Leimring den Beitand nicht zu retten vermag, ift er nicht
ganz zwed- und wirkungslos. Durch Verminderung der Raupenzahl wirkt er auf
alle Fälle fchügend auf die Umgebung und bemmend auf die Weiterauöbreitung
der Ralamität ein. Wie fchon oben ausgeführt wurde, kommt hinzu, daß die unter
den Leimringen feitgehaltenen, dem Hungertode preisgegebenen Raupen dem Aus⸗
bruch und der Weiterverbreitung von Krankheiten aller Art zweifellos weniger Wi:
berftand entgegenjegen ald vollernädrte Raupen.
Endlich bietet der Leimring eine nicht zu verachtende Gelegenheit zur Vernich⸗
tung der namentlich, in den lebten Tagen vor der Berpuppung abwandernden und
über den Ringen fih anfammelnden Raupen. Sie werden entiveder getötet, jobald
fie geſund find und die Möglichkeit beiteht, daß fie fich verpuppen oder werden nur
durch Abkehren unter die Ringe gebracht. Das letztere Verfahren empfiehlt ſich na⸗
mentlich dann, wenn ein größerer Prozentſatz der Raupen mit Schmarogern beſetzt iſt.
Die Reimringe dienen jomit zugleich al Borbeugungs= und Vertilgungs—
mittel. Ihre Wirkung beiteht zunächit im Abſperren aller unter dem Ring
auskriechenden Räupchen, fowie im Zurüdhalten der zu Boden gelangten und
wieder aufbaumenden Raupen. Es liegt auf der Hand, daß die erftgenannte
(primäre) und damit die abjolute Wirkung um fo größer ift, je höher der Ring
angebracht wird, während die zweite (fefundäre) Wirkung mit der Zahl der fid)
abfpinnenden und zu Boden gelangenden Raupen wächſt, gleichgültig, in welcher
Stammhöhe der Ring fich befindet.
Man unterfcheidet nach der Höhe, in welcher die Zeimringe angebracht werden,
Hoch- und Tiefleimen. Beim Hochleimen mwerden die Ringe in vier und mehr
Meter Höhe, am beiten natürlich unmittelbar unter der Krone, beim Tiefleimen in
Brufthöhe = 1—1,5 m über dem Boden angebradht. Die erſt in neuerer Zeit weit
mehr angewendeten, im allgemeinen billigeren ZTiefringe rechnen mit der Wahrneh-
mung, daß eine mehr oder minder große Anzahl von Nonnenräupchen während der
Sraßzeit, und zwar namentlich in den erften 2—3 Wochen des Raupenſtadiums,
durch Abipinnen, Verwehtwerden ufw. auf den Boden gelangt.
Schon oben (vgl. ©. 378) wurde darauf hingewiefen, dab dieſes Abbaumen nicht
immer und nicht überall in gleihem Maße vor fich geht, jondern von Berhältnifien aller
Urt beeinflußt wird. Es ift mehr als wahricheinlich, daß keineswegs immer ein jo intens
lives Abbaumen ftattfindet, mie bei den Verſuchsbäumen Eicherih3°) auf dem Colditzer
Revier, deren fontrollierbarer Raupenſtand bis zu 90 und 95°), von den L2eimringen ab»
gefangen wurde. Angeſichts der Tatſache, daß fich der LXeimring im Kampf mit der Nonne
bis heute gehalten hat und von vielen vernünftig und fühl dentenden Männern der Praxis und
1) Bel. D. Forſt-Ztg. 1912, 891. — 2) Btichr. f. F. u. Im. 1912, 715. — 8) Ra:
turw. Ztſchr. F. F. u. Lw. 1912, 66.
398 Erftes Buch. Schup gegen Tiere.
Wiffenichaft verteidigt wird, gehört aber ein zweifellos jehr großes Vertrauen in die Si-
cherheit der „[peziellen erperimentellen Unterfuchungen und Beobachtungen über bad Spinn>
vermögen und bie Kletterfähigleit der Nonnenraupen” dazu, um, wie e8 Mar Wolff!)
Bromberg neuerdings getan hat, ben Satz druden zu lafien: „das Abbaumen der Nonne
ift und bfeibt eine Legende.” Wer geneigt ift, dieſem Satz in feiner allgemeinen apobil-
tiichen Faſſung Glauben zu fchenlen, dem wird es jchwer werden zu verftehen, daß die
fächfifche Staatsforftverwaltung im legten Nonnenkriege (1905—11) diefer „Legende’ den
weitaus größeren Teil der überhaupt für die Bekämpfung verausgabten ?°/, Millionen IR.
ohne Bedenken geopfert hat. Auch die zulegt von Weißwange aus Zittau veröffentlichten
„Verſuche über das Abbaumen der Nonnenraupen” uſw. (Thar. Yhrb. 1913, 160), bie
68%, aller in den Probeflächen gefammelten Raupen als „abgebaumt” ergeben, weiſen auf
den etwas Ichlagmortartigen Charakter des Wolffichen Satzes Hin.
Eine praktiſch nicht unwichtige Trage ift die, ob das Abbaumen der Raupen, naments»
lich im jugendlichen Buftande derjelben, durch Hilfsmittel irgendwelcher Art beförbert ober
jeitens des Wirtfchafterd mwillfürlich herbeigeführt werben kann. In erfter Linie find hier⸗
für Shmaucdfeuer in Anregung gebracht worden.
Kurz nad) dem Auseinanderlaufen der Raupenipiegel jollen die befallenen Beſtän de
an windfiillen Tagen oder Abenden durch Anbrennen gleihmäßig über die ganze Fläche
verteilter Haufen von feuchter Bodenftreu, grünem Reiſig, Moos ufw. „geräuchert“ wer:
den. Helles Feuer ift natürlich durchaus zu vermeiden, um fo mehr aber auf Erzeugung
recht diden Rauches Gewicht zu legen. Durch den nur langjamı abziefenden und fich lange
Beit in den Baumfronen lagernden Qualm follen die jungen Räupden zum Abipinnen
veranlaßt werden.
Empfehlende Erfahrungen, die das Bedenkliche der Schmauchfeuer in den Hintergrund
treten ließen, jind ebenjowenig vorhanden wie Belege dafür, daß es möglich ift, durch
ftarte plögliche Lufterſchütterungen (Böllerſchüſſe u. dgl.) ein mafjenweijes Abipinnen Her:
beizuführen.
Richtig und vollitändig angelegte Leimringe verhindern, folange fie fängifch blei⸗
ben, d. h. ſolange fie nicht eintrodnen oder infolge hoher Temperatur auseinanderlaufen,
das Aufbaumen der Raupen in die Kronen und wirken tödlich, ſobald die Raupe
mit dem Leim in Berührung kommt. Um die tödliche Wirkung des Leimringes ber-
beizuführen, iſt e3 nicht einmal nötig, daß die Raupen am Ringe felbit feit Kleben
bleiben. Schon bei dem erjten Verfuche, die Ringe zu überjchreiten, verjchmieren fie
ih die Mundteile, Stigmen und Vorderbeine derartig, daB fie entweder eritiden
oder an ber Fortbewegung ganz erheblich verhindert find. Wenn der Ring nicht
überbrüdt, d. h. nicht durch herabgefallene Nadeln, Heine Alte oder Spinnfäden über-
zogen und paffierbar gemacht ift, bleiben die Raupen ſchon am unteren Rande oder
innerhalb der unteren Ringhälfte Fleben.
Die meiften Raupen betreten den Ring aber überhaupt nicht. Der Geruch des
Leimes ift ihnen derart zuwider, daß fie gewöhnlich einige Zentimeter unter bzw.
über dem Ringe fiten bleiben. Selbit an verkrufteten und unfängifch gewordenen
Ringen wirkt der Leimgeruch oft noch jo intenfiv, daß fie nicht überfchritten werden.
Die ausgeſperrten Raupen verjuchen wohl an mehreren Bäumen des geleimten
Beitandes ihr Glück, müfjen aber, jofern ihnen nicht Unterwuchs oder Pflanzen der
niederen Bodendede Nahrung bieten, ſchließlich verhungern.
Eine auffällige, beim Ausſperren vieler junger Raupen zu beobachtende Erſcheinung
ift der fog. „Ronnenjcleier’. Die unter dem Ring am unteren Stammteile figenden
Räupchen fpinnen fi zumal an Aftftümpfen in ein dichtes Seidengewebe ein, weldyes nicht
jelten — einer Brüde gleich — von dem uriprünglichen Fraßbaume bis zu einem benad):
barten Stamm reiht In diefem Schleier fteden dann nicht nur zahlreiche Räupchen umb
1) Ztſchr. ſ. F. u. Iw. 1912, 711; 1913, 507.
Schmetterlinge: Nonne. 399 |
Kotteile, fondern auch Fliegen, Schnalen, Heine Spanner uſw. Auf die Schleier ift zu
achten, weil fie oftmals die Leimringe überziehen und unwirkffam maden. Bisweilen wer:
den bie Leimringe auch mit Hilfe der Spinnfäden ſich abjpinnender Räupchen Überbrüdt, in-
dem in der Nähe der Ringe befindliche längere Aitftummel als Stüg- und Anheftungs⸗
punkte für ober- und unterhalb des Ringe® vom Stamm abgehende Spinnfäden benupt
werden. Durch Ublehren find alle derartigen Notwege und Fluchtmöglichkeiten zu zerftören.
2. Notwendigfeit des Leimens.
Die vom Standpuntt des Forſtſchutzes wie namentlich auch in finanzieller Hin-
fiht gleich wichtige frage, wie weit einer beginnenden Vermehrung der Nonne ohne
Gefahr zugefehen werben kann und bei welchen Befallftärken die Leimung der bes
drohten Beſtände einzufegen hat bzw. ala zwecklos zu betrachten ift, läßt ſich all-
gemein nicht beantworten. Holzart, Alter, Sütegrad des Beftandes, Standort, Aus⸗
breitungdgefahr, Gejundheitszuftand der Schädlinge und andere jeweils maßgebende
Faktoren bedingen vielmehr Enticheidung von Fall zu Fall. Der großen Praxis
liegt jedoch, da es fich bei ber Beurteilung der eben genannten Faktoren zumeift
um Wahrſcheinlichkeitswerte handelt, an feit umjchriebenen Zahlen.
Unter Zugrundelegung beftimmter Erfahrungen und Beobachtungsrefultate find
derartige auf das Ergebnis des Probeeiernd oder des Falterfammelns fich ftügende
Zahlen feitens der leitenden Stellen auch mehrfach veröffentlicht und als Maßſtab
für die Leimbedürftigfeit der Beftände aufgeitellt worden.
Dem Leimring fällt, wie aus den Ausführungen unter 1. hervorgeht, zunächft
die Aufgabe zu, die Beitände zu retten. Aus diefem Grunde ift es von wejentlicher
Bedeutung, Auffchluß darüber zu gewinnen, bis zu welcher Befallitärke Kahl- und
ſtarker Lichtfraß durch die Leimung hintangehalten werben können, fo daß die Ret⸗
tung der Bäume erwartet werben darf.
infolge der verichiedenen Widerjtandsfähigfeit und des ungleichen Verhalteng
der Nonne find die Grenzen der Leimbedürftigkeit in Fichten: und Kiefernrevieren
nicht Die gleichen.
a) An Fichtenbeftänden.
Nah den Erfahrungen des fchwedischen Nonnenfraßes 1898—1902 find Fich⸗
tenbeftände mit mehr als 3000 Eier auf einen Stamm nicht mehr zu retten, ſolche
mit 1500-3000 Eiern zum großen Zeil verloren. Die gleiche Beobachtung, daß
reine Fichtenorte biß zum Belag von 3000 Eiern durch Leimen zum Teil gerettet
werben fünnen, wird auf Grund ber böhmischen Erfahrungen auch von Sedlaczek)
ausgeſprochen. Es darf jomit unterftellt werden, Daß bei der Fichte die obere Grenze
der Zeimbedürftigleit im allgemeinen bei einem Eibelag von 3000 Stüd erreicht ift.
Bei ftärker befallenen Beitänden iſt die Leimung ausſichtslos. Orte mit 15003000
Eiern können gerettet werden, find alſo ſchon mit Rüdficht auf die Unterdrüdung
der Maffenvermehrung zu leimen. Ulle ſchwächer belegten Beſtände find unbedingt
zu leimen.
Nah unten zu wird die Leimbebürftigkeit durch das Maß der gewünſchten
Vorſicht und im wejentlichen durch die Geldfrage begrenzt. Um weitejten herunter
ift die jächfifche Staatsforftverwaltung bei der Feſtſetzung der unteren Grenze ge-
gangen. Nach den von der ſächſiſchen Regierung für die Nonnenbefämpfung am
1) Mittlgn. a. d. forftl. Verſuchsw. Öfterreichs, Hft. 36, 1911, 50.
| 400 Erſtes Buch. Schub gegen Tiere.
18. Dezember 1908 erlaffenen Grundſätzen hatte Bolleimung der Fichtenbeftände
bei einem durchichnittlichen Sammelergebni® von 200—300 2 altern auf 1 ha
oder 100-150 Eiern auf einen Stamm zu erfolgen. Es blieb jedoch den Revier⸗
verwaltern unbenommen, felbjt bei einem noch geringeren Sammelergebni3 Beftänve
oder Beftandsteile voll zu leimen, jobald es im Einzelfalle für zwedmäßig erachtet
wurde.
Man darf annehmen, daß die gute, in fehr geringem Materialanfall?) zum Ausbrud
fommende Berfaflung, in der die ſächſiſchen Staatsforften aus dem allerdings große Gelb:
opfer erfordernden Ronnentampfe herausgelommen find, in der Hauptfadhe der jachgemäßen
und ftriften Durchführung der oben genannten Grundjäge zu danken ift.
b) In Kiefernbeftänden.
Bei der Kiefer, die durch einmaligen Fraß auch bei hohem Eierbelag nicht
lebensgefährlich befrefien zu werden pflegt, ift die Leimbedürftigkeit zweifelhafter ala
bei Fichte. Die Volleimung führt natürlich auch bei Kiefer zur Entlaftung der Be
ftände und vermindert die Zuwachsverluſte, ſowie die Ausbreitungsgefahr der Kala⸗
mität; fie wird aber fchließlich nur dort dringend notwendig, wo Fichtenwaldungen
in der Nähe fich befinden oder die Befürchtung befteht, dab die befallenen Beſtände
bei wiederholtem Fraß eingehen. Je geringer die Beitände an und für fih ſchon
find, um jo berechtigter ift dieſe Befürchtung.
Auf den Leimverfuchsflächen der Mariabrunner Verſuchsanſtalt Hat der Leimring in
reinen Kiefernbeftänden bei einem @ierbelag von 400 Stüd auf einen Stamm keine Wir⸗
fung gehabt, weil weder bie geleimten noch die ungeleimten Flächen bemerkbar befreilen
wurden. Die ſächſiſche Regierung ift mit Rückſicht auf die in den befallenen Kiefernrevieren
meift ſtark vertretene Fichte auch bei der Feſtſetzung der Leimbedürftigfeit der Kiefernbeftände
zu ſehr niedrigen Zahlen herabgegangen. In den fon oben angeführten „Grundjägen“
wird ein durchichnittlicdes Sammelergebni8 von 300 2 altern auf 1 ha oder von 150
Eiern auf einen Stamm als unterer Grenzwert der Leimbedürftigleit angegeben.
ce) In Kiefer-Fichte-Mifchbeitänden.
In Riefer-FichteeMifchbeitänden richtet fich die Yeimbebürftigleit nach der vors
berrfchenden Holzart. Überwiegt die Kiefer, fo find vielfach nur die zwifchen: und
unterwächfigen Fichten ſtark gefährdet, während die Kiefern felbft bei ftärferem Be⸗
fall oft nicht merklich beichädigt werden. Se nach dem Wert und der Bedeutung der
Bichtenbeimifchung für die Zukunft des Beitandes und je nach den Anforderungen
der Umgebung tft bei der Entſcheidung und Durchführung der Leimung nach den
jtrengeren Grundſätzen der Fichtenbehandlung zu verfahren oder die größere Be-
wegungsfreiheit des Vorgehens bei der Kiefer geitattet.
3. Keimforten.
Der Raupenleim ift eine Mifhung von Kienteer mit Harz und Holzelfig
oder mit Olichleim, Harz⸗ oder Leinöl ufw. Die fpezielle Zuſammenſetzung ift Ge
ſchäftsgeheimnis der Fabrifanten. Guter Yeim muß folgende Eigenfchaften befiten:
1) Bis Ende 1911 Gefamtmaffenanfall an Fraßhölzern: 20149 fm auf 23,5 ha Kahl⸗
fraß= und rund 300 ha Lichtfraßfläche bei einer in einzelnen Jahren 37000 ha umfaffen-
den befallenen Fläche.
Schmetterlinge: Nonne. 401
1. Sein fpezififches Gewicht muß unter 1 liegen und möglichft jo gering fein,
daß fauftgroße Stüde im Waſſer ſchwimmen.
2. Er darf bei warmem Sonnenschein nicht ablaufen,
3. von Regen nicht abgewafchen werden,
4. bei anhaltendem Wind nicht troden werben. -
5. Er muß feine Klebkraft (Fängifchkeit) mindeftens 3—4 Monate behalten,
6. muß fo gejchmeidig fein, daß er in jeder Jahreszeit und bei jeder Tempe-
ratur aufgetragen werden fann und
7. muß bei Mafienbezug wohlfeil fein.
Brauchbare Reime liefern u. a. Die nachjtehenden Firmen: Schindler u. Mützell
Nachfolger (Stettin), A. Wingenroth (Mannheim), Heinr. Ermifch (Burg bei
Magdeburg), Huth u. Richter (Wörmlig bei Halle a. ©.), P. Hoffmann (Frei-
berg), Dedert (Oranienburg), Shlobah u. Schmidt (Rauſcha bei Bone)
3. His (Prag).
Der Preis jtellt fich für 100 kg durchſchnittlich auf 15 ME.
An Stelle des Leimes wurde früher Steinfohlenteer oder Holzteer verwendet.
Gegenüber dem Leim bat der Teer den Nachteil des jchnelleren Eintrodnens. Infolgedeſſen
mußte das Teeren mehrfach wiederholt werden, wenn die Ringe längere Zeit fängiſch blei-
ben follten.
Das Teeren!) der Stämme als njeltenvertilgungsmittel wurde zuerft 1829 von
Forſtrat Wittwer (zu Ratibor in Schlefien) gegen die Nonnenraupe angewendet. Ge:
gen die Kiefernraupe teerten zuerjt die Oberförfter von Zychlinski (Grimnig 1839),
Schrader (Wirſchkowitz 1856) und Lange (Glüdäburg 1862). Eingebürgert hat fich die
Maßregel aber erit in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre.
Nach 1870 wurde dann das Leimen gebräuchlich. Nach wiederholten Berjuchen wurbe
etwa i. J. 1868 zuerft der Mügelljche Raupenleim hergeitellt. Im großen Maßſtabe
wurde das Präparat aber erft im Winter 1870/71 erprobt, dann wieder 1877,78 und in
den 1880er’ und 1890er Jahren.
Bei der Beſchaffung des Leimes ift jeitens bes Käufers auf rechtzeitige Beftellung,
jeitens der Fabrik auf Einhaltung der in bezug auf jpez. Gewicht und Güte (Fängijchblei-
ben) getroffenen Vereinbarungen und auf genaue Einhaltung der Lieferfrift zu achten.
Nähere Fingerzeige in bezug auf den Einlauf des Raupenleims und die zu einem
Reimring (je nad Breite und Dide) nötige Menge Leim, ausgebrüdt in Volumen und
Gewicht, werden von Editein?) erteilt. Er empfiehlt, von zwei in ihrer Qualität gleichen
Raupenleimſorten — gleiche Entfernung der betreffenden Fabriken vorausgefegt — diejenige
zu wählen, die jpezififch leichter ift, und ein jpezifiiches Gewicht unter 1 zur Bedingung
für den Ankauf bzw. Abſchluß des Vertrags zu machen.
4. Neimbedarf.
Dem Volumen nach berechnet fi) der Bedarf an Leim für 1 ha (M) als Pro:
duft aus Stammzahl (n), mittlerem Stammbdurchmeffer (d), Breite (b) und Dide (d)
des Leimringes:
M=n-.dx-.b-d.
1) Die Literatur über das Teeren bzw. Leimen im allgemeinen ift fehr reich. Aus
ber älteren jeien folgende Artikel hervorgehoben: Wittmwer: Allg. 5. u. J.-Ztg. 1834, 569.
— Daſ. 1869, 56, 387. — Middeldorpf: Suppl. hierzu, VII, 1869, 66. — Dandel-
mann: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1870, 95. — Altum: Daſ. 1872, 266; 1876, 891; 1878,
845, 539; 1879, 169; 1880, 219, 6155 1892, 11. — Hellwig: Daf. 1878, 420. — Daſ.
1873, 266. — 2) Allg. Holzverkaufs-Anzeiger 1890, 132. — A. d. Walde 1890, 201.
Heß, Forſtſchug. I. 4. Aufl. 26
402 Erſtes Buch. Schu gegen Tiere.
Iſt das von der Firma zugeficherte fpez. Gewicht = A, jo ift die für 1 ha notwen-
dige Leimmenge dem Gewicht nach
G=-M-A=n-.dr:.b.d-.4.
Stammzahl und mittlerer Durchmeffer find den Ertragstafeln zu entnehmen; Breite
und Dide des Ringes werden nach Erfahrungsjägen beftimmt.
Troft!) gibt an, daß von einem Leim mit dem fpez. Gewicht 1,025 für 100 m
Ringlänge notwendig find:
Bei einer Ringbreite Bet einer Ringdide von
a L dmm Amm | 66mm
8 cm 9225 :; 12,300 | 15,875
4 „ 12,30 16400 | 20,500
5 „ | 15,375 | 20,500 | 25,625
aaa FF N ‚&oÄÄ Ce
| . Kllogramın
Nad) den von Edftein (Technik uſw. 120) und Troft (a. a. D. 110) veröffentlichten Ta-
beilen ftellt fich der Leimbedarf für 1 ha Bolleimung in Fichte und Kiefer bei Anwen:
dung 3 cm breiter und 3 mm bider Ringe auf:
nn
Kiefer.
Fichte.
of Spez. Gewicht des Leimes Spez. Gewicht des
Deftands- re —* u. 025
alter — — — EEE : A
| Bonität
Sabre : 1 I. mM. ı mW. V.
30: 128 | 144 | 146
40 | 107 | 123 136 | 116 | 182
50 89 | 107 111 106 127
60 | 80 2a 97 | 8 111
70 73 87 85 78 97
0° 668 72 76 71 | 83
90 64 66 70 67 71 |
100 ı 61 62 64 63 j 64 ’
110 ı 659 | 0601| 0° - oo
120 57 VL Bu Er
Fr "777° —
Kilogramm.
Im großen Durchſchnitt kann man den Leimbedarf bei reichlicher Bemeſſung
auf 60—70 kg für 1 ha anjeten. Abgejehen von dem Ulter des zu leimenden
Beitandes und den Dimenfionen des Ringes, die den Leimverbrauch zunächſt be-
einfluffen, hängt diefer auch von den Werkzeugen ab, mit denen das Leimen bejorgt
wird. Außerdem fpielen Übung der Arbeiter und nantentlich auch der Umftand eine
. Rolle, ob eritmalig oder wiederholt geleimt wird. In legterem Falle kann an Leim
geipart werden, da die alten Ringe nur frijch zu überftreichen find. Welchen Einfluß
der Umjtand bat, ob es fih um erftmalige oder wiederholte Zeimungen handelt,
geht 3. B. aus dem Leimverbrauch in den ſächſiſchen Staatsforften während der legten
Nonnenkalamität hervor. Im Jahre 1908 wurden hier auf 1 ha 62 kg verbraudit,
1) Thar. Ihrb. 1903, 108.
Schmetterlinge: Nonne. 403
während der Bedarf ſich 1909 auf 53 kg, 1910 auf 41 kg und 1911 auf 32 kg
ftellte. In Althölzern braucht man jegt nicht viel mehr als 50 kg für 1 ha.
5. Beit und Vorbereitung des Leimens.
Da die Leimringe zunächſt die Aufgabe haben, allen unter den Ringen aus:
fommenden Räupchen den Weg in die Baumkronen zu verlegen, müſſen fie bis fpä-
tejleng Mitte April angebracht fein. Spätere Leimungen werben nur dann vor⸗
genommen, wenn fi) aus dem Ergebnis von Probeleimungen die Notwendigleit
nachträglicher Bolleimungen ergibt.
Während das Unlegen der Ringe im Frühjahr zu beforgen ift, find die Vor⸗
arbeiten hierzu bereit3 im vorhergehenden Herbft oder Winter zu erledigen. Diefe
vorbereitenden Arbeiten beftehen in:
a) Beftftellung der vollzuleimenden Orte durch Beobachtung bes Falterfluges,
Eierkontrolle und ev. Brobeleimungen, vgl. ©. 387;
b) Durdforftung und
c) Röten der zu leimenden Beſtände.
Zu a): Wird ſtärkeres Auftreten der Nonne rechtzeitig beim Beginn ber
Bermehrung bemerkt, jo find unter den bei 2 (S. 399) genannten Borausfegungen
in Fichte alle in Frage kommenden Beltände, in Kiefer diejenigen Orte vollzuleimen,
die entweder jelbjt gefährdet find oder ihrer Lage nach zu bedrohlichen Ausgangs⸗
punkten und Verbreitungszentren werden können. Die Feſtſetzung der zu leimenden
Beſtände geichieht am beiten unter Beachtung der hinreichend beftätigten Erfahrung:
Gefahr im Verzug! Nur in ausgedehnten Kiefernrevieren, fernab von Fichtenwal-
dungen, mag der angefichts der Koſten naheliegende Standpunft bes Abwartens zu⸗
Läffig fein.
Werden hingegen, wie e8 gewöhnlich der Fall ift, nicht die Anfangsſtadien
der Nonnenkalamität, fondern erft dieſe ſelbſt bemerkt, fo find alle Beftände zu
feimen, deren Erhaltung noch möglich ift. In eriter Linie gehören hierzu alle
ſchwächer belegten Beſtände in der Beripherie der jtarf befallenen Orte. Lebtere wer⸗
den dadurch nach außen ifoliert. Inwieweit in den ftarf befallenen Orten Belämp:
fungsmaßnahmen durchzuführen find, ift von den Erfolgsausfichten und von der
Größe der Ausbreitungegefahr abhängig zu machen. Dem Kahlfraß verfallende Orte
werben am beiten fchon im Winter eingefchlagen. Sie zu leimen hat im allges
meinen nur dann Sinn, wenn alle Hebel angefegt werden müſſen, um durch Dezi-
mierung der Schädlinge die Ausbreitungsgefahr zu dämpfen.
Bei den Eierrevifionen iſt jelbjtverftändlich nicht nur die Zahl der Eier feftzu-
ftellen, fondern namentlich auch deren Geſundheitszuſtand zu prüfen. Deuten Form
(Eingefallenfein) oder Farbe (nicht fchedig, jondern einfarbig braun) auf Fehlen der
Entwidlungsfähigfeit, fo ift diefe durch Zimmerverfuche näher zu unterfuchen. Er-
weift fich hierbei ein größerer Teil der Eier taub oder tot, jo muß diefer Umſtand
bei der Feſtſtellung der zu leimenden Beſtände felbjtverjtändlich berüdfichtigt werden.
Bu b): Die Durchforſtung der zu Ieimenden Beſtände ift zötig, teild um das
Leimen felbft bequemer, billiger und wirkſamer zu machen, teils um den verblei-
benden Bäumen Rronenfreiheit, größeren Lichtzufluß und vermehrte Zugänglichkeit
für den Wind zu verichaffen. Dan hofft dadurch das freitwillige oder zwangsweiſe
26°
404 Erftes Bud. Schutz gegen Tiere.
Abbaumen der Raupen zu fördern. Die Veftände find deshalb fo ſtark als zuläffig
zu durchforſten. Die an den herausgenommenen Hölzern abgelegten Eier find durch
Entrinden der Stangen uſw. und Verbrennen der Rinde unſchädlich zu machen.
Ebenfo ift das anfallende Reifig zu verbrennen oder abzufahren.
In Verbindung mit der Durchforftung wird zumeift alles unterwüchſige Be-
ftandamaterial (Vorwüchſe, Unterholz, unter Umftänden auch Beerfräuter uſw.) ent
fernt. Man will dadurch den zu Boden gelangenden Raupen jede Zuttergelegenheit
und außerdem die Möglichkeit nehmen, mit Hilfe der Äſte des Unterwuchſes an Die
über den Leimringen befindlichen Stammteile zu gelangen. Sedlaczet!) empfiehlt
die Entnahme de3 Unterwuchſes jedoch nicht. Nach feinen Beobachtungen bleiben
oft größere Unterwuchshorſte oder Teile bes
Fichtennebenbeftanbes mitten im Kahlfraß⸗
gebiet erhalten. Außerdem fehle noch der
Nachweis, daß der Hauptbeftand durch die
im Unterwuchſe Schug und Nahrung fin:
denden Raupen merflich beichädigt worden
fei. Jedenfalls empfiehlt fi beim Belaffen
bes Unterwuchſes aber Yufaftung mit befon-
derer Berüdfichtigung derjenigen Äfte, Die
als Brüden dienen können, und Leimung des
geafteten Unterholzes. .
Bu c): Das Röten ber Stämme be-
zwedt die Entfernung ber riffigen Borfenteile
in Brufthöhe auf etwa 15—20 cm Breite
tingförmig um den Stamm, um eine mög-
a J lichſt glatte Oberfläche herzuſtellen (Abb. 192a).
wos. ee Es fol dadurch ba Anlegen eines überall
vollftändigen, geſchloſſenen Leimringes ermög⸗
licht, Die Arbeit des Leimens erleichtert und an Klebſtoff gejpart werben. Es empfiehlt
fi, erft hırz vor dem Leimen zu röten, damit die Röteftellen nicht durch Regenmetter
durchfeuchtet werden. An naffen Nöteftellen wird fein ordentlicher Leimring fertig.
Die keineswegs billige Operation des Rötens ift auf die ftarfborfigen Holzarten
Kiejer, Schwarztiefer, Lärche zu beichränfen und auch hier nicht zu übertreiben. An Fichte
ift das Zurichten der Ringftelle durch Nöten meift nicht notwendig; es genäigt bier, die
oberften Borlenſchuppen unb den Flechtenüberzug abzubürften. Man bejorgt das Röten
am zwedmäßigften mit einem gewwögnfichen zioeigriffigen Ehnigmefier.”) Pur rafcheren Mus:
führung hat Forſtkandidat Walter Seitz) einen Borkehobel herftellen lafien, der nament»
lich im Stangenholz gute Dienfte leiften fol. Nach Lang hat ſich diejes Werkzeug wegen
der mit feiner Handhabung verbundenen großen Kraftanftrengung — gegenüber dem Schnigs
meſſer — aber nicht als vorteilhaft erwieſen. Ebenjowenig haben andere zu biefem Zweck
erfundene Inftrumente (Röteeifen) das Schnigmejjer verdrängen können.
Beim Nöten ift darauf zu achten, daß nicht zu tief geſchnitten, fonbern nur Die ober=
flächliche Borke entfernt wird; die Baſthaut ift forgfältig zu jchonen.
. 6. Ausführung des Leimens.
Da die Nöfftenraupen den Leimring meift nicht zu überfchreiten verfuchen,
fondern, durch den Geruch bes Leimes veranlaßt, in einiger Entfernung vom Ring
DB ei Fw. 1912, 564. — 2) Edftein, Karl: A. d. Walde 1891, 38. —
3) Forftt. Bl, N. 5. 1889, 362. — Schumacher, Hubert: Daj. 1890, 125
Schmetterlinge: Nonne. 405
jigen bleiben, genügt es, guten Lonfiftenten Leim vorausgefegt, den Ring ſchmal
(2—3 cm) zu Halten und ihn nur 1—1,5 cm did zu machen. Die früher üblichen,
bis 5 cm breiten und entiprechend diden Ringe bedeuten nichts anderes als Mates
rial⸗ und Arbeitsverſchwendung.
Zur Herſtellung des Ringes, der urſprünglich, bei An⸗
wenbung des Teerd als Klebſtoff, mit Bürſte oder Pinfel
in noch größerer Breite (6—8 cm) aufgetragen wurde,
find im Laufe ber Zeit, namentlich unter dem Einfluß ber
in bie legten Jahrzehnte fallenden Kiefernfpinner- und Non-
nentafamitäten, eine große Anzahl von Gerätſchaften und
Werkzeugen erfunden worden. Sie verfolgen alle das Biel,
die Arbeit des Leimens raſcher, gleihmäßiger und mohl-
feiler zu geftalten. Da eine eingehende Beichreibung diejer
Leimapparate zu weit führen würde, begnügen wir ung im »
Nachſtehenden mit der Aufzählung und Skizzierung ber —8
wichtigſten Geräte, unter Angabe der bezüglichen Literatur.!) ‚Zeimes. b Blätt-
Das äftefe, einfache und biligfe Seiminftrument find U nah Baben, s@äntot
die von Forftmeifter Boden und Förfter Kielmann konftruier-
ten und zuerft 1887 in ber Oberförfterel Freienwalde angewendeten fog. Bodenſchen
Holzipatel. Sie beftehen aus einem 830—40 cm langen, am oberen Enbe ungefähr 3 cm
breiten, einfahen Holzſpatel (Abb. 1938) und ber Glättkelle ober dem Glättholz,
einem ebenfo langen, 3—4 cm breiten und an ben Rändern ber einen Geite mit Heinen
Leiften verfehenen fhaufelförmigen Holztüd (Wbb. 193b und c). Lichte Weite und Höhe
ber Innenfläche des Glättholzes entſprechen ber Breite und Dide des herzuftellenden
Leindringes. . Die Glättlelle wird jetzt meift nicht mehr in der uriprünglichen Form mit
nad vorn auffteigenden Geitenwänden (Abb. 193 b), ſondern in der von Brennig abge
änderten Form gebraudt, bei ber die Seitenwände nach dem Handgriff zu anfteigen.
(Abb. 193). An ihrer höcften Stelle find bie angenagelten Seitenteile nur fo hoch, wie
der Leimring did fein joll.
Spatel und Glattkelle vermag jeder geſchickte Arbeiter für 15—20 Pig. nach einem
Modell ſelbſt herzuftellen. Außerdem muß fi der Urbeiter noch mit einem Gefäß, am
mit einem zum Umhängen eingerichteten Holztaften, wie
ihn Abb. 194 zeigt, ausrüften, um eine gewiſſe Dienge Leim bei
ſich tragen zu können.
Das Anlegen des Ringes geht dann in der Weiſe vonftatten,
daß ber Arbeiter — aud Frauen eignen ſich zum Leimen jehr gut
— mit der flachen Seite der Glättkelle dem Holzlaften Leim ent-
nimmt, die Glättfelle mit der linken Hand an die Ringftelle hält
und den Leim mit Hilfe des von der rechten Hand geführten
Spatels anträgt. Das fo entitehende, noch zerriffene und mehr
von eingefmen Klumpen und Broden gebildete Leimband wird
nun durch Überfahren mit der beranbeten Seite des Glättholzes
gu einem volltommen glatten und fäaefrandigen zufammengän. %;19% Seltahen zum Mit:
genden Ring ausgeftrichen (Abb. 198b). Fehlſtellen und Unregel-
mäßigfeit werben mit dem Spatel dur Hinzufügen oder Wegnehmen von Leim und, wenn
nötig, durch wiederholtes Überfahren mit dem Glättholz ausgebefiert.
Einigermaßen geübte Arbeiter nehmen zum groben Auftragen des Leims meift nur
den Spatel zu Hilfe und bringen es fo weit, dem Leimbehälter jedesmal fo viel Leim zu
entnehmen, al zu einem Sing erforberlich ift.
1) Edftein, Karl: U. d. Walde 1891, 38, 41, 47. — Derf.: Btihr. f. F. u. Im.
1898, 224. — Trübswetter: Forftm. ZbL. 1891, 623.
b e
Holgfpatel zum
» Gpatel zum
406 Erftes Bud. Schup gegen Tiere.
Alle übrigen Leimapparate haben dad Gemeinjame an fi, daß der Leim aus einem
mehr oder minder großen, fhlaud:, zylinder-, feil- ober pyramibenförmigen Behälter band⸗
artig herausgepreßt wird. Der Arbeiter hält den Mpparat an bie Ringftelle an und bewegt
fi, indem er gleichzeitig auf den die Preßwirkung ausübenden Kolben oder Hebel drüdt,
um den Baum herum. Das aus dem Mundftüd des Behälters heraustretende Leimband
legt fi dann ohne weiteres in ber getwünfchten, durch bie Größe der Ausflußoffnung be—
fimmten Breite und Dide an den Baum an.
Rad) dem Prinzip der Drudvorrichtung Iaffen fid) bie Leimapparate als Leimihläude,
Seimfprigen und Leimquetſchen untericeiben.
a) Leimſchläuche.
1. E43 Leimſchlauch. (Abb. 195.) Erfinder: Mar Ed, fürftl. Fuggerſcher Föriter
in Burgmwalden bei Augsburg (Poft Bobingen). Preis für Füllapparat einſchl. Leim
ſchlauchen 9 Mt.
40—50 cm lange unburdläfjige, hinten geſchloſſene, vorn durd ein abnehmbares
Mundftüd verſchließbare Schläuche werden mit Hilfe eines befonderen Fullapparates (Abb. 196)
Mb. 195. Eds MbG. 196. Eds Fülapparat, Yu M66.197. Deherts Fülapparat, mit hochgeichraub .
Leimfglaud mit (mad Edfein). teın Kolben zum füllen geöffnet (vertieinert,
Wundftüd, Yo nah Geftein).
(nad EaRein).
von der Spige aus mit Leim gefüllt, dann durch dad Munbftüd verſchloſſen und beim Ge—
brauch durch Fingerdrud des Arbeiters entleert. Ein Schlauch faßt 1,5 1 und liefert etwa
15 m Leimting.
Dur Konftrultion eines größeren, aus Eiſen hergeftellten Füllapparates ſeitens der
Firma 2. Dechert, Oranienburg (Mark) (Abb. 197) ift das an ſich gute Verfahren leiſtungs-
fähiger gemacht worden.
2. Schandls Leimſchlauch. Äühnlich, aber aud Hinten durd abnehmbare Blech—
Tappe verfchloffen und von hier aus füllbar.
b) Leimfprigen.
Die nad) dem Prinzip der gewöhnlichen Handfprigen gebauten Apparate nehmen den
Leim in einen Blechzylinder auf. In ihm bewegt fi ein Kolben, der den Leim durch
die an der Spige des Zylinders befindliche Ausflußöffnung herauspreßt. Die verſchiedenen
Zeimfprigen untericheiden fich im weſentlichen nur durch die Art und Weile, wie der Kolben
vorwärts bewegt wird.
Schmetterlinge: Nonne. 407
1) Die Seitzſche Leimringmafdine.') Erfinder Yorftmeifter Seitz in Carolath,
Schlefien, Neg.:-Bez. Liegnip. Preis 15 Mt.
2) Der Brudihe Leimringapparat.”) Erfinder: Spenglermeifter Scipio
(München). Der Apparat ift nach dem Prinzip der Seitzſchen Leimringmaſchine gebaut
und wurde vorzugsmeife im königl. bayeriichen Forftamte Brud angewendet. Preis 16 MI.
Scipio fonftrnierte auch noch eine Fleinere, fonft ähnliche Mafchine, die nur 2 kg Leim
faßt und 8 ME. koſtet.
3) Der Leimringapparat von Hauenftein.?) Preis 25 ME. Bezugsquelle:
Maſchinenfabrik von Ungerer (München).
4. Nonnenraupenleimring= Auf:
Dar Janke, Mechaniſche Unftalt, Puplau I
(Sachſen). Preis 4,50 Mi. (Abb. 198).
An die fproffenartig Hervortretenden
Zähne der Triebitange bes Zylinderkolbens
greift ein rechtwinklig abgebogener Dornfort-
fa eines Scherenhebel3 und treibt den Kol⸗
ben beim Schließen der Schere nach vor:
wärts. Beim Wiederöffnen der Schere geht . ,
der an der Spige bewegliche Dornfortfat Abb. 198. Jankes Leimaquetſche, /.. & Seitenanfiät.
zurüd und greift in den nächften Bahn ber b Vordere Seite mit Ausflußöffnung und Handftüge
Triebftange ein. Auf diefe Weile wird durch fortgefegtes Auf: und Zuklappen der Schere
der durch Yilzrand gedichtete Kolben bis an dad Munbftüd des Leimbehälters vorwärt3 bes
wegt und der Leim aus dem beim Gebrauch wagerecht zu haltenden Bylinder herausgepreßt.
Der Upparat ift vorm mit einem für die linfe Hand berechneten abnehmbaren Hand:
griff verjehen, um auch durch ſchwächliche Arbeiter (Frauen oder Kinder) richtig geführt
werden zu können. Da fi die Schere aber ohne größere Kraftanftrengung öffnen und
ſchließen läßt, genügt bei richtiger Bemeſſung der Spannweite der Schere die rechte Hand
zur Bedienung des Apparates, wenn Waldarbeiter das Leimen bejorgen.
Der Jankeſche Apparat ift bis auf das etwas umftändfiche Füllen jehr braudbar
und eignet fi nach ben auf ſächſiſchen Revieren gefammelten Erfahrungen ganz bejonders
auch zur Verwendung bei Hochleimungen von der Leiter aus. Eſcheriſch (a. a. DO.) er⸗
blidt in ihm den „Leimapparat der Zukunft“.
5. Jetſchkes Leimbüchſe. Ein etwa 2 Liter fallender, am vorderen Ende pfeifen»
fürmig zugeſpitzter Blechzylinder, in dem fich ein Kolben bewegt, der den Leim aus der
vorderen Ausflußöffnung heraustreibt.
c) Leimquetſchen.
Die in den älteren Syitemen aus Holz, jetzt aus Blech Hergeftellten Apparate be-
ftehen aus einem teil» oder pyramidenförmigen Leimbehälter, deſſen eine bewegliche Seiten
wand durch Hineindrüden in den ſonſt feit umſchloſſenen Kaften den Leim aus der an
pafiender Stelle angebrachten Ausflußöffnung herausqueticht.
1. Die Eihhornihe zwei- und einhändige Leimringmafchine. Erfinder
Tiichlermeifter Eihhorn in Lorſch (Heſſen). Preis 2 Mi. Aus Holz: ehedem jehr um:
ftritten, von Eduard Heyer?) warm empfohlen und gegen die von Altum, Edftein und
Trübswetter gemadten Ausftellungen verteidigt; jet veraltet.
2. Die Ganghoferſche Leimquetiche. Abänderung der vorigen, in Hol; und
Blech hergeftellt; Preis 2,50 M.
1) Allg. Holzverfaufs » Anzeiger 1889, 538. — Schumacher, Hubert: Forftl. Bl.,
N. F. 1890, 125. — Ultum: Btichr. f. 3. u. Iw. 1891, 269. — 2) Rittmeyer: bl.
f. d. gei. Fw. 1892, 134. — 3) Hauenftein: Forſtw. Zbl. 1891, 273. — U. d. Walde
1891, 46. — 4) Eſcheriſch: Thar. Ihrb. 1913, 78. — 5) Heyer, Eduard und
Aug. Joſeph: Allg. 3. u. J.-Ztg. 1890, 266. — Forftl. BI. 1890, 127. — Bgl. hierzu
weiter Ztſchr. f. F. u. Iw. 1890, 575, 758; 1891, 322, 577. — Allg. F. u. J.-gtg. 1890,
450; 1893, 68, 215; 1894, 197. — Forftl. BI. 1891, 199.
408 Erfies Bud. Schuß gegen Tiere.
3. Die Ringlerfge Leimquetige.‘) Erfinder: fürftl. Fuggeriher Forſtgehilfe
- Ringler in Wugsburg. Preis 3 Mt. Eins der gebräuchlichſten und bewährteſten Leim-
wertzeuge. Der Mpparat befteht aus einem pyramidenförmigen Blechtaſten (Abb. 199),
defien eine bewegliche Seite s beim Zufammendrüden ber beiden
Scherenarme den Leim durch die an der gegenüberfiegenben Kante
angebrachte Ausflugöffnung a herausdrüdt. Beim Füllen Der
Quetſche wird der mit der Drehachſe d nicht feft verbundene,
fondern nur eingehangene Echerenarm s weggenommen. Der
Apparat faßt ungefähr 1 1 Leim.
Die Quetiche ift von verihiebenen Seiten, 3. 8. von Llemp⸗
nermeifter Cyrus in Weißwaſſer, mit einen Veränderungen ver⸗
fehen worden. Die Eyrusjche Duetjche ift viel maffiver, des⸗
Halb aber auch viel ſchwerer und hat eine fleinere, beiderfeit3 von
Führnngsleiften begrenzte Ausflußöffnung.
ie 5. Die Hofmannſche Leimdoſe. Erfinder: Forftmeifter
mon. Binslers Sem Go fmann in Unzing. Sabrilant: Blechwarenfasrit €. Staub
in Münden, Klenzeſtt. 65. Preis 2,60 Mf. Die Quetſche (Abb.
200) befteht aus einem einfachen keilförmigen Blechtaſten, defien obere mit einem Bügel
verjehene und zum Zwecke des Fullens zurüdllappbare Seitenwand in ben Leimfaften ein-
gebrüdt wird. Der Leim fließt aus ber an ber unteren Kante
der Vorberwand befindlihen Ausflußöffnung a. Die Doje
ift mit Erfolg bei dem leßten ſchwediſchen Ronnenfraß ans
gewenbet worben.
Sämtliche Quetichen leiden an dem Nachteil, da ber
Leim, namentlich wenn er zu dünnflüffig ift, an den Rän-
Mob. 200. Hofmanns Seimbofe, dern ber beweglichen Seitenwand herausdringt. Die Arbeit
Yan wird infolgebeffen noch unfauberer, als fie ſowieſo ſchon ift
und koſtet mehr Leim ald für die Ringe nötig ift. Bu ſchwere Quetſchen ermüden weiter-
Hin bie Arbeiter.
Hodleimverfahren.
Die meiften ber vorjtehend genannten, in Gebrauch gelommenen und zunächit
für die Tiefleimung berechneten Leimapparate laſſen ſich auch bei der Hochleimung
verwenden. Sie jegen in diefem alle allerdings den Gebrauch von Leitern voraus.
Nur einzelne Leimmethoden find von vornherein darauf zugeichnitten, den fperrenden
Leimgürtel in höheren Partien de Stammes anzubringen, ohne daß der Arbeiter
die Hilfe einer Leiter in Anfprud nehmen muß.
Die Hochleimung ift infolge des Abſperrens eines größeren Prozentfages ber
Spiegelräupchen, gute Ausführung vorausgejegt, unbedingt wirkungsvoller ala
die Tiefleimung. Wenn fie trogdem bei weitem nicht in dem Maße angewendet
wird wie biefe, fo findet das in ben meift hohen Koften, zum Teil aud) darin feine
Erklärung, daß die Hochleimungen infolge unzwedmäßiger und mangelhafter Aus=
führung nicht das Teifteten, was man erwartete und bei guter Ausführung aud
erwarten darf.
Nach unferer Anſicht liegt der jpringende Punkt des viel umiftrittenen Leimproblems
in der Erfindung einer fiheren und bequemen Hochleimmethode. Wenn es jemals ger
lingen follte, den leimenben Arbeiter mit Hilfe eines auch auf ſchwierigem, unebenem ober
hängigem Gelände verwendbaren, ſicheren Stelzenapparates oder einer von oben Ienfbaren
Stehleiter in bie gewünfchte Höhe zu bringen, dürfte der Gtreit um bie Brauchbarkeit des
Leimringes im Nonnenfampfe zugunften des Leimens allgemein entſchieden fein.
1) Allg. F. u. I.-Btg. 1892, 142. — Forſiw. gbl. 1892, 247.
Schmetterlinge: Nonne. 409
Bis jetzt Hat ich gezeigt, daß alle Hocdjleimungsmethoden, die den Leimring
vom Boden and am Stamm anbringen, zu wünſchen übrig lafjen. Wo etwas
Ordentliches gefchaffen werden fol, muß — wie bei der Aufaftung — Die Leiter
benußt werden. Der nahe liegende Gedanke, den Leimapparat — einen einfachen
Pinfel, eine Quetſche wie die NRinglerfche u. dergl. — auf mehr oder weniger langen
Stangen zu befeftigen und mit deren Hilfe den Ring in größerer Höhe anzubringen,
ift wenig brauchbar. Es ift ohne Benutzung von Leitern zunächſt in vielen Fällen
nicht Leicht, den Stamm an der Ringftelle von Äſten, Flechten uf. hinreichend zu
reinigen. Außerdem läßt ſich der Leimring, namentlich bei Verwendung langer
Stangen und in engen Beftänden, nie jo exalt anlegen, wie es mit Hilfe eines von
den Händen geführten Apparates möglich ift. Dazu kommt, daß das fortmährende
Aufwärtsheben des Kopfes beim Hodjleimen ohne Leiter die Arbeit anftrengend und
unbequem macht. |
Die gegen die Anwendung von Leitern fprechenden Momente — Umftändlich-
feit, Gefährlichkeit, mejentliche Verteuerung des Leimend — dürfen angeficht? ber
größeren Wirkung der Hochleimung nicht in voller Größe der Tiefleimung gegen»
übergejtellt werden. Die gewöhnlich an erjter Stelle gegen die Hochleimung geltend
gemachten höheren Koften Lafjen ſich durch Verwendung geeigneter Leimapparate
(Jankes Quetſche, Reußners Hochleimquetſche, Leimſtricke) ziemlich erheblich ab-
mindern, zumal, wenn jüngere gewandte Arbeitskräfte zur Verfügung ſtehen. So-
bald dieje genügend eingearbeitet find, verringern fich neben dem Aufwand au Um-
ftändlichkeit und Gefährlichkeit des Verfahrens.
Die Ringſtelle zu röten ift bei der Hochleimung meift nicht in der Weife
nötig wie bei der Tiefleimung; e3 genügt, namentlich bei der Fichte, die Entfernung
von ftörenden Äſten, gröberen Rindenfchuppen und Flechten.
Geſchieht die Hochleimung vom Boden aus, jo benugt man
zum Röten auf Stangen befeftigte Kratzeiſen einfachiter Form
(Abb. 201). Forſtaſſeſſor Lottes Hat hierfür die in Abb. 201b
abgebildete Stahlbäürfte!) empfohlen, die natürlich auch bei
ZTiefleimungen gute Dienfte zu leiſten vermag, vorausgeſetzt,
daß nicht Starke Borfeichichten entfernt werden müſſen. Ste be-
fteht aus einem Träftigen VBürftenboden aus Buchenholz, in mel:
chen fünf Reihen fcharfer Stahlbandenden eingelaffen find, und
ur . » b
ift mit einer abwärts gerichteten Kratze (Schabe) verfehen. Ein gps. m. Kragen zum Glätten
im Boden befindliches Loch dient zur Aufnahme einer Stange. der Rinde bei Dochleimungen.
Mit der Krage wird die gröbere Vorke entfernt und mit der kinfaches Strageifen.
Bürfte der Stamm alsdann gerötet. Chr. Hagenmüller db Lottes Baumbärfte, !,..
(Saalfeld a. d. ©.) liefert die Baumbürfte zum Preife von 4,25 ME.
Als ſpezielle Hochleimungsverfahren mögen noch die folgenden Methoden bezw. Ap-
parate Erwähnung finden:
1. Feketes Hochleimer. Erfinder: Foritrat Felete in Schemnik. Preis 6 fer.
Ein Stangenapparat, bei welchem eine durd Zug in Tätigkeit zu ſetzende Leimfprige den
Leim in einen feitli zum Leimzylinder angebrachten Pinſel ausfließen läßt.
2. Leimftridverfahbren von Wappes. 2. Wappes?) hat einen Apparat kon⸗
firuiert, der es ermöglicht, geleimte Hanfftride vom Boden aus bis zu einer Höhe von
7—8 m um ben Stamm zı legen. Das Prinzip diefer Vorrichtung befteht darin, daß
1) Shumader: Forftl. Bl., N. 5. 1891, 92. — 2) Allg. F. u. 3.:Btg. 1891, 362.
— 851. f. d. gef. Fw. 1892, 85.
410 Erftes Bud. Schub gegen Tiere.
.ber Leimring durch Umſchlingen ded Stammes mit einem imprägnierten und geleimten.
Strid gebildet wird, den man mit einer aus drei Latten zufammengejebten Führungsftange
und der an ihr auf: und abziehbaren Schlingvorrichtung (Führungsbrett mit Längsleiften
und Rollen, zwei halbkreisförnige Arme mit Nuten uſw.) um den Baum legt. Preis (ohne
die Stride) etwa 10—15 Mt.
Der Apparat ift finnreich erbacht, aber für die große Praxis zu kompliziert Ratür:
liherweije lönnen die von Wappes eingeführten Leimftride aud) von einer Leiter aus
ohne Zuhilfenahme des Upparates angebracht werden. Das Beriahren hat ſich weder in
der einen noch in der anderen Weile einzubürgern vermocht, namentlich wohl deshalb
nicht, weil die hier und da verjuchte Verwendung von Striden zu Tiefleimungen ſich nicht
bewährte. Die Stride trodnen bald aus und bleiben daher nur kurze Zeit fängifch.
8. Shönfelders StridsHodhleimapparat.‘) Erfinder:
Oberförfter Shönfelder, Eichgraben bei Zittau in Sachſen. Fabri⸗
font: Erbftößer und Haubert, Dresden-A., Keſſelsdorfer Str. 2.
Der aus einem langen beweglichen Leitungsrohr des tragbaren
Leimbehälterd heraushängende und beim Durchlaufen durch den
Leimfaften mit Leim beftrihene Strid wird durch eine lafjoartige
Schleuderbewegung, die der Arbeiter mit dem Leitungsrohr aus:
führt, um den Stamm gejchlungen. Ein zweiter Arbeiter jchneidet
den Strid dann knapp am Stamm mit einer Stangenfchere durch,
jo daß das Stüd, das fidh ein oder mehrere Male um den Stamm
geichlungen hat, alfetn durch feine Klebrigkeit gehalten und, ohne
weiter durch eine Schleife befeftigt zu werden, als Sperring zurück⸗
bleibt.
Das Verfahren jegt, wenn es ohne wejentliche Störungen
durchführbar fein fol, weitftändige und aftreine Stangen und
Ulthölzer voraus. Ehe ed Ausjicht für Verwendung im Großbetrich
hat, ift ferner der Beweis dafür zu erbringen, dab an dem Strid
auch hinreichend Lein haftet, damit diejer genügend lange Beit
fängifch zu bleiben vermag.
Praktiſch wertpoller ift die von Oberförfter Mehl hoſe-Ol⸗
bersdorf (Sachſen) angewendete Methode, die aus feinfädigen Spin:
Un nereiabfällen oder jonftigen feinfaferigen Stoffen beftehenden Leim-
Abb. 208. Reußners ftride nach gehöriger Durchtränkung mit Leim von der Leiter aus
Hochleimquetſche Yo um den Baunı zu fchleudern.”)
4) Reußners Hochleimquetſche (Abb. 202). Erfinder: Nevierförfter Reußner,
Hainewalde. Nachbildung des Ringlerſchen Apparares. Die Quetſche hat eine der beweg-
lihen Seite 8 gegenüberliegende gerundete Seite 8’, um die Führung am Baum ficherer zu
machen, und befigt die Ausflußöffnung a im oberen Teile einer der die gerundete Seite s’
begrenzenden Seitenlanten. Die Schenkel der Uuetjche find mit Dillen zur Aufnahme von
Stangen verjehen. Je nad) der Länge derjelben kann mehr oder weniger hoch — nad
Reußner bi zu 10 m Höhe — geleimt werden. Preis 12,50 Mt.
T. Koſten des Leimens.
Infolge der Verfchiedenartigfeit der Verhältniffe ſchwanken die Koſten für 1 ha
Bolleimung naturgemäß wie alle anderen Erfahrungszahlen auf ähnlichen Gebieten.
Allgemein gültige Zahlen können nicht gegeben werden. Die in großer Menge vor-
liegenden Angaben haben nur Iofale Bedeutung. Die auf die Koftenhöhe Einfluß
nehmenden Umftände find zunächft die Handlichkeit des Werkzeugs, mit dem ge=
leimt wird, die von den Dimenfionen der Ringe abhängige Größe des Leimver-
brauchs, der Preis der Leimforte, die Art, Lohnſätze und die Geübtheit der Arbeiter,
1) Eſcherich: Thar. Ihrb. 1913, 86. — 2) Weißwange: a. a. D., 58.
Schmetterlinge: Nonne. 411
fowie die Witterungsverhältniffe während der Ausführung. Außerdem kommen
aber auch als mitwirfend in Betracht dad Holzalter, die Begründungsart und Be-
fchaffenheit der Bejtände, das Maß der Beſtandsdichte (von der Häufigfeit und
Stärke der Durchforſtungen abhängig) und die Standortsverhältniffe. Für Stangen-
hölzer ftellen ſich z. B. die Kojten für 1 ba (megen der größeren Stammzahl) höher
al3 für Baumhölzer. Vorhandener Unterwuchs verteuert den Urbeitaufwand. In
regelmäßigen Pflanzbeftänden geht die Arbeit rajcher vonjtatten als in durd)
Naturbefamung oder Bollfant entjtandenen Orten. Auf ebenem Boden läßt ſich
bequemer leimen, daher rajcher arbeiten ald am Hang uſw.
Am Rachitehenden mögen einige Angaben aus neuerer Zeit folgen. Die betreffenden
Bahlen ftammen teilweife aus Revieren und Zeiten, wo der Leimring nicht gegen bie
Nonne, jondern gegen den Spinner angewendet wurde. Ebenjo wie die Leimtechnik dieſem
Schädling gegenüber nicht anders ift als bei der Nonne, find auch die Koften nicht weſent⸗
li andere wie dort. Wenn das Leimen bei Kiefer Hin und wieder etwas teurer ift als
bei Yichte, ſo liegt da3 an dem meift höheren Aufwand für Nöten, Unbererjeit3 wirkt
bei der Fichte die gewöhnlich größere Stammzahl der TFlächeneinheit erhöhend auf die
für den Heltar fich ergebenden Durchſchnittskoſten ein.
Im bayriſchen Regierungsbezirt Oberfranken!) betrugen 1889 die gefamten Koften
für das Nöten und Leimen (gegen den Spinner) auf einer Fläche von etwa 1493 ha einſchl.
der Ausgaben für Beichaffung des Leims, für Inftrumente und Probeſuchen 28246 WM. oder
durchſchnittlich 18,91 Mt. für 1 ha. Der Tagelohn der betreffenden Arbeiter ſchwankte von
0,60—1,20 Mt. Im Sabre 1890 twurden etwa 695 ha Fläche mit 18850 Mi. Gefamt:
foften geleimt, woraus ſich ein durchichnittlicher Koftenanfag von 19,89 DE. für 1 ha ergibt.
Leimverbraud 1,86 Bentner für 1 ha.
Im Regierungsbezirt Frankfurt a. D.*) koſtete das Leimen (ebenfall$ gegen den
Spinner) in den fünf Jahren 1886/87 bis einjchl. 1890/91 auf 8558,55 ha im ganzen
100054,90 Mt. Der Leimverbrauch betrug 838459 kg. Hiernach foftete das Leimen bei
einem Leimverbraud) von 89,6 kg auf 1 ha nur 11,70 ME. Ullein die Zahl gibt deshalb
feinen genauen Anhalt, meil ein Teil der geleimten Beftände in früheren Jahren jchon
einmal geleimt worben war, mithin nicht mehr gerötet zu werden brauchte. Stellt man
diefe Erjparnifie behufs richtiger Bergleihung mit in Rechnung, fo hat das Leimen für
1 Heltar gefoftet:
1886/87................ 10,00 Mt.
1887/88. ..... ... 10,60
18889 .. .. .... ... 111960
1888/00........ ... ...... 13,50 „
111) 12,55
Im Mittel 1886/91: 12,28 ME.
Die Leimringe waren 3—4 cm breit und 3—4 mm did gemacht worden. Der
Gejamtaufwand für 1 ba verteilt fi, je nach den einzelnen Operationen beim Leimen,
wie folgt:
Es koſtete: Mk. °%
das Röten.. 2,91 = 24
das Leimen 2 on een 2,63 = 21
ber Leim . 2. 2 2 or ren 5,80 — 47
der Transport des Leimed . . . 2 2 2 20. 090 —
Geräte und Kleinigkeiten. . . . . . . 00-1
Sa; 12,28 = 100
Weitere gleichfalls bei der Spinnerbefämpfung gejammelte Ungaben über Leim:
— — — — ——
1) Lang, Gg.: Forſtw. Z3bl. 1891, 16. — 2) Guſe: Münd. Forftl. H. II. 1892, 47.
412 Erites Bud. Schub gegen Tiere.
verbrauch und Koften, je nad dem Werkzeug, macht Edftein.!) Wir entnehmen feiner
umfangreichen Abhandlung die nachftehenden Zahlen:
. I. Gefamtloften | nem | nn
Gewahrs⸗ Gdten Leimen verbrauch
Ortlichfeit Sahr - und Materiaf)| Methode des Leimens
mann für 1 ha ür 1 ba
IE HE EEE. VS ER. Bu
Oberförfterei |, Sorft: | 27: — 120 Holzipatel. Ringe
Freienwalde , meifter : | | | b cm breit und 5mm
Boden 1888 did.
19 60 70 5 cm breit u. 4 mm
| | | | did.
SOherförfterei | Forft: 1890 17: 40 | 63 Brenningiche Kelle m.
Grünemalde | meifter | | | Glättholz. Ringe
Brecher | 3 cm breit u. 4 mm
M | | | Did.
Oberförfterii ? 1887 /1891° 15 18 | 8 desgl.
Schweinitz |
Fürftlich , Kammer: ı 18 ı & : 56 | Geitiche Leimring⸗
Carolathſche Forſte direltor — 1891 | 15 | 16 62 majchine. Ringe 3 cm
(Meviere Polniſch⸗ Seitz ı 16 , 38 | 66 ‚ und 4 mm did.
Tarnau, Große Ge:
hege, Marienthal) |
An Schweden koſtete 1903 das Leimen von 2500 ha (gegen den Spinner) durch⸗
ſchnittlich 25,70 ME. für 1 ha. Im ſächſiſchen Ronnenkampfe ging in den Staatsforften
der Aufwand für die Wolleimung eine ha von 23 Mt. im Jahre 1907 auf 11,60 Mt.
im Jahre 1911 zurüd und ftellte fi im Durdhichnitt der Jahre 1907/10 auf 17,50 ME.
für 1 ha. In der Bittauer Stadtwaldung betrugen die Gefamtloften für das Leimen im
Kahre 1907: 20,38 Mi. und 1908: 16,19 Mt. für 1 ha.
Diejelbe Erfcheinung, daß die Leimfoften trog der allgemeinen Steigerung der
WUrbeitslöhne in der neueiten Zeit nicht höher geworben find, ſondern eine finlende Ten⸗
denz haben, zeigt ſich auch bei anderen Forftperwaltungen, die im Kanıpfe mit dem
Spinner oder der Nonne mit dem Leimring im Großen operiert haben. Ihre Begrün⸗
dung findet diefe Erſcheinung in der Verwendung geringerer Leimmengen, zum Teil in
der Zuhilfenahme förbernder Werkzeuge. So ftellten fih in der Stanbesherrihaft Muskau
(Oberförfterei Jagdichloß) ?) dic Gejamtloften für das Leimen von 5416 ha (gegen den
Spinner 1905/09) bei einem Tagelohnſatz von 2 Mt. für Männer und 1 ME. für Frauen
auf 12,15 ME. für 1 ha, und zwar verteilten fich dieſe Koften auf
3,77 DE. für Nöten — 81,2%,
3,76° „ ,, Leimen = 80,8%,
423 , „ Leim — 34,8%,
0,398 „ „ allg. Untoften = 3,2°/,
Der Aufwand für Leim fanf Hierbei von 8,13 Mt. für 1 hai. J. 1906 — 58,3%,
der Geſamtkoſten auf 5,83 ME. i. %. 1909 — 27,1%, der Gejamtloften.
Den fördernden Einfluß der Verwendung von Leimwerfzeugen verdeutlichen die
au8 dem gleichen Fraßgebiet mitgeteilten Zahlen. Beim Gebrauh der Ringler-
ſchen Quetſche ergab ſich 1906°) zwar eine Erhöhung ber Leimfoften um 2%, gegen:
über dem durch Verwendung der Handapparate -(Spatel und Bürfte) verurjachten Auf:
wand, weil die Duetihe von Männern (Tageloypn 2 ME), die Handwerkzeuge von
Frauen (Tagelohn 1 ME.) bedient wurden, auch war der Leimverbraudh bei der Duetjche
1) Btichr. f. F. u. Iw. 1892, 224. — 2) Schwabe: Der große Kiefernipinnerfraß
in der Oberförjterei Jagdſchloß 1905—1909. Neudamm 1910, 13. — 3) Jahrbuch des
Schleſiſchen Forſtvereins 1906, 48.
, Schmetterlinge: Ronne. 413
etwas größer (60 kg gegen 51 kg), dafür aber bradjte die Quetſche 100°), Erſparnis an
Arbeitözeit. — Im den Zahren 1906 und 1907!) wurden mit der Quetſche 1733 ha in
2298 Tagen = 75,5 a Tagesleiftung eines Arbeiterd geleimt. Zur Leimung von 2049 ha
mit Spatel und Bürfte wurden 7806 Tage gebraudt, was einer Tagesleiftung von nur
26,25 » entipridht.
Noch geringere Leimkoſten bei ZTiefleimung teilt Sedlaczek) aus den bömilchen
Hevieren Ledet und VBohdanet mit. Bei Anwendung jchmaler Ringe von der Breite und
Dide eines kleinen Fingers foftete die Bolleimung von 340 ha nur 1700 Kr., d. i. nur
5 Pr. für 1 ha. Auf Röten der Ringftelle wurde Hierbei verzichtet. Eine derartige Ab»
minderung ber Koften aber ift natürlich nur möglich, wenn jehr billige Arbeitsträfte zur
Berfügung ftehen. '
Die Koften für Hohleimung, deren Höhe der vermehrten Anmendung diejed Ber:
fahrens zeither in unerwünjchter Weife im Wege geftanden Hat, Iafjen ſich unter Zuhilfe⸗
nahme geeigneter Werkzeuge auch entſprechend niedriger geftalten. Nach Ed. Heyer?)
Ioftete da3 Hochleimen im (heſſiſchen) Yorfte Lorſch 1888/90
a a) beim Gebraud) von Spatel und Glättholz 59,30 Mt. für
b) „ n „Eichhornſchen Mafchine 39,80 Mt. ı ha
Die Eriparnis bei Anwendung der Maſchine betrug hiernach 19,50 Mi. — 83 °%,,.
Sm Oberholz bei Leipzig betrugen in neuefter Zeit die Koften der Hochleimung mit
ber Jankeſchen Sprige in 30—60 jährigen Fichten Hingegen nur 25—25 ME. für 1 ha.
Noch billiger wurde mit dem gleichen Leimapparat auf der Flößberger Parzelle des ſächſ.
Revieres Glaſten hochgeleimt. Auf einer Fläche von 17,5 ha foftete 1 ha nur 19,46 Mt.
(bei 80 Pf. Stundenlohn).*)
Inwieweit fich die in den Empfehlungen der oben genannten Schönfelderſchen
Strickhochleimung ausgeiprochene Vermutung bewahrheiten wird, daß fi das Verfahren
fiher nur Halb fo teuer ftellen wird als die Leimung mit den bisher belannten Methoden,
ift noch zu unterjuchen.
Sn Bitten (Weißwange: a. a. O., 58) ftellten fih die Koften für Hochleimungen
bei der Etricleimung um 8—9I Vil., bei Verwendung von Duetichen um 4,50—7,00 ME.
höher als die Koften für Tiefleimung. Auh Wappes?) kommt mit feiner Stridleimung
zu fehr niedrigen Säben. Er gibt an, daß nad jeinem Verfahren zwei Männer und ein
Knabe bei 10ftündiger NArbeitäzeit in einem Tag etwa 6 ha (1000 Stämme auf 1 ha
gerechnet) Kiefernbeitand in Brufthöhe leimen können. In einer Stunde foll ein ge-
wandter Arbeiter beim Ziefleimen etwa 300 Stämme mit dem Leimftrid verjehen kön⸗
nen. — Beim Hocdhleimen (in etma 6—7 m Höhe) follen zwei Männer und ein Knabe
etwa 0,5 ha (500 Stämme) an einem Tage fertig bringen. Die Arbeitsleiſtung einer
Stunde beträgt etwa 49 Stämme Hiernach ftellen fich die Koften für 1 ha durchſchnitt⸗
lich auf:
a 16,85 DE. beim Tiefleimen und
2585 „ „ Hochleimen.
8. Einfluß des Leimes auf den Gejundheitszuitand der Bäume‘)
Die Empfindlichkeit der Holzarten gegen den Leim ift verſchieden. Rinden⸗
beichaffenheit, Alter de8 Baumes, Lage und wohl auch die Leimjorte kommen
hierbei ala mitwirfende Faktoren in Betracht.
Starkborkige Holzarten leiden gewöhnlich nicht, der Leim dringt bei ihnen
in der Negel nicht über die Borfenregion hinaus. An dünnrindigeren Bäumen
1) Schwabe, a. a. D., 15. — 2) Bbl. f. d. gej. Fw. 1909, 242. — 3) Forftl. BL.
N. F. 1891, 107. — 4) Eſcherich: Thar. Ihrb. 1918, 83. — 5) Allg. 5. u. J.-Ztg. 1891,
364 und 365. — 6) Bgl. Hierzu R. Hartig: Forftl.-naturw. Ztſchr. 1892, 281; 1898, 187.
— Dommes: Zol. f. d. gef. Fw. 1893, 462. — Schreiber: Ztidr. f. F. u. Iw. 1894,
439. — Ultum: Daf. 1894, 489.
414 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
aber verdidt fi) an dem mit Leim bededten Teile bisweilen die Rinde, ſpringt
unter Einwirkung der Sonne in Längsriſſen auf und ftirbt fchließlih garız ab.
Im günjtigen Galle bildet fich zwiſchen der abgejtorbenen und der lebenden Rinde
als Schuß für dad Combium und den Splint eine Wundkorkſchicht. Dringt aber
ber Leim beim Fehlen einer ſolchen Schutzſchicht bis zum Cambium bezw. in Diefes
bor, fo bräunt fih der Holzförper und der Baum ftirbt unter Umftänden oberhalb
des Leimringes ab. Glatt- und dünnrindige Holzarten find deshalb — bejonders
im jugendlichen Alter — am gefährbeiten. Man leimt fie am beiten nicht Direkt
auf die Rinde, fondern auf ein um den Stamm gebundenes ftarfes Papier.
Eine beitimmte Empfindlichkeitsflala nad) Holzarten läßt fi in Ermangelung
genügender Erfahrungen z. 3. noch nicht aufftellen; indeffen hat man doch bei den
legten Nonnenverheerungen in Süddeutichland und bei Anwendung des Raupen:
leimes gegen andere Injekten (Rüffelläfer uf.) einige Anhaltspunkte gewonnen.
Um empfindliditen gegen das Leimen — felbit noch in höherem Alter —
feinen Bergahorn, Spitzahorn und PBlatane zu fein. Auch junge, faftreiche
Dbftbäume (Apfel: Birnbaum) und Eberejhen kränkeln mitunter bi3 zum
Eingehen, zumal wenn fie den ganzen Tag der Sonnenwärme ausgefebt find. An
den der Bejonnung nicht fortwährend ausgejegten Stellen bleibt dag Cambium
meiſt gefund. Eichen und Robinien find nur in der Jugend empfindlich. Buche und
Hornbaum leiden faft gar nicht. Alte Eichen, Robinien, Ulmen, Linden, Erlen und
Obſtbäume können ebenfall3 ohne jeden Nachteil geleimt werben.
Noch weniger empfindlich jind die Nabelhölzer, mit Ausnahme der Tanne.
Kiefer, Lärche und Fichte laſſen ſich ganz ohne Nachteil leimen. Allerdings ift
hierbei vorausgefeht, daB das Meſſer beim Nöten nicht bi zum lebenden Rinden⸗
gewebe vorgedrungen iſt. Bei Tanne hingegen bat man beobachtet, daß der Leim
an jüngeren Stämmen leicht bis ind Cambium, ja fogar bis ind Holz vordringt,
namentlih dann, wenn ihm durch Möten des Stammes das Eindringen leicht ge⸗
macht worden ilt.
Cieslar!) ſtellt feft, daß von 15 unterjudten Tannen verichiedenen Alter® nur
vier Stämme gar feinen Schaden durch das Leimen erlitten, während die anderen 11
mehr oder weniger üble Folgen davon trugen. Er ift der Anficht, daß das Leimen für
die Tanne erft vom 7Ojährigen Alter ab unbedenklich ift, während es jüngeren Stämnten
Schaden bringt. Die Stammbeichädigungen treten bei der Tanne infolge ungleihmäßi-
gen Eindringens des Leimes meift nicht in der ganzen Pheripherie des Stanımeß ein.
II. Bertilgung der Buppen.
Das Sammeln und Vernidhten der Puppen gefchieht meift nicht in gejon-
dertem Arbeitögange, fondern wird mit dem Raupen⸗ oder Yalterjammeln vers
bunden. Es kann fich natürlich nur auf die am Unterwuchs, am Boden und in
erreihbarer Höhe am Stamm befindlichen Buppen handeln. Die an den höheren
Schaftteilen und in der Krone angefponnenen Puppen durch Unprellen gewinnen
zu wollen, ift ausſichtslos, wenn auch ein Teil der Puppen durch die Erichütterung
zu Boben fällt. 1 1 faßt im Durchfchnitt 950 Puppen (Zroft).
1) 361. f. d. gel. Forſtw. 1893, 257; 1898, 21.
Schmetterlinge: Nonne. 415
IV. Bertilgung der Falter.
Die Bertilgung gefchieht vorwiegend durch direktes Töten (Berquetichen) und
Sammeln der in den Morgenftunden und bei fühler Witterung den ganzen Tag
über ruhig an den Stämmen figenden Individuen oder durch Yang der ſchwärmen—
den alter zur Nachtzeit unter Zuhilfenahme von Lichtquellen.
a) Sammeln der Falter (Abfaltern). Neben der Leimung ift das
dalterfammeln das wirkſamſte Belämpfungsmittel. Es Hat vom erften
Erſcheinen der Schmetterlinge an zu geichehen und erftredt ſich am beiten auf beide
Geſchlechter, nicht nur, wie e3 vielfach als hinreichend angefehen wird, auf die Ber-
tilgung der 2. Sammelergebni3 und Wirkſamkeit der Maßnahme hängen natürlich
wejentlich davon ab, in welcher Höhe die Falter am Stamm fiten. In kurzichaf-
tigen, lichten Beftänden läßt fich mit dem Falterfammeln weit mehr erreichen ala
in hohem Hole.
Die Bezahlung erfolgt vielfah nach Akkordlohn. Es iſt aber ſchwierig, diefen
richtig zu beftimmen. Bu Anfang und Ende des Talterfluges muß der Sammel-
lohn weit höher bemeffen werden als in der Hauptichwärmzeit. Fehler bei der
Feſtſetzung des Akkordlohnes führen leicht zur VBernachläffigung der mehr vereinzelt
auftretenden Falter. Der Sammeleifer erwacht bei zu niebrigen Säben erit beim
Auftreten großer Yaltermengen. Es empfiehlt fich deshalb, entweder durchgängig
im Tagelohn ſammeln zu laſſen oder wenigſtens außerhalb der vauptſchwarmzeit
auf dieſe Weiſe zu entlohnen.
Zum Sammeln laſſen ſich Kinder gut verwenden, die in Gruppen zu 10—12 unter
Führung eines Erwachſenen die Beſtände in Schüpenlinie ausgefchwärmt durchgehen. Die
tiefer fihenden Falter werden von den Kindern abgelejen, durch Eindrüden der Bruſt ge-
tötet und in mitgeführte Sädchen, Litermaße oder andere Behälter gejammelt. Die höher
befindlichen Individuen zerbrüdt man mit einem an einer Stange befeftigten Lappen,
Wergballen oder Maurerpinfel, die vorher in dünnflüffigen Leim getaucht werden, alsbald
am Stamme, läßt fie aber nicht am Stamme kleben, fondern jammelt fie ebenfalls ein.
1 1 faßt im Durchſchnitt 1125 Falter (Troft).
Rapeburg hielt von diefem Mittel nicht viel; von Holleben Hingegen ftellt es
geradezu an die Spige. Auch Altum, Edjtein, Troft u. a. reden dem Yalterfammeln
das Wort. DaB es wiederholt im großen zur Anwendung gelangt tft, möge aus folgenden
Beiipielen erfehen werden:
In der Forftinfpeltion Ebersdorf (Reuß-Greiz) wurden (1868) im ganzen 600000 2
gejammelt und hierfür im ganzen 5400 M. bezahlt, mithin für 100 2 90 Bf.
Am Forftrevier Cainowe fammelte ein Kind (in der Zeit vom 16. Juli bis 2. Auguft
1890) im Durchſchnitt täglid 1270 Falter (darunter einige Puppen und Raupen). Der
reine Sammellohn für 1000 Nonnen (Falter, Puppen und Raupen zujammen) belief ſich
im Durchſchnitt auf 0,380 ME. (Troft).
Im größten Maßſtabe wurde das Falterfjammeln während der lebten Nonnenlalamität
in Sachſen betrieben. Welche Mengen Dabei vernichtet wurden, zeigen die nachſtehenden Zahlen:
Ind den ſächſiſchen Staatsforften wurden gejammelt:
| . gelammelte | Salter j 4 Aufwand J
Jahr überhaupt auf 1 ba der überhaupt für. 1000 Stüd
Millionen ee Flache Mark Mark
18008 22,4 ! 654 68500 | 2,39
1909 17,9 479 55900 3,12
416 Erftes Buch. Schup gegen Tiere.
An den fehr ſtark befallenen 6100 ha umfafjenden Waldungen der Stadt Zittau
wurden 1906: 3 Millionen, 1907: 26,7. Millionen alter getötet. ’)
Ebenfo ging man in den Heinen Brivatwaldungen Sachſens energiih mit Falter:
fammeln vor. Eo wurden 3. B. in dem 5000 ha Privatwald umfafienden rechtselbiſchen
Auffichtäbezirk der Amtshauptmannihaft Pirna gefammelt: 1907: 1,5; 1908: 5,5; 1909:
7 Millionen Falter.
Berwendung ber gefammelten Falter. Die gejammelten Falter ſind
durch Verbrennen oder Untergraben zu vernichten oder fünnen nad) dem Vorſchlage
Editeing (Technik, ©. 132) zur Herjtellung von Vogelfutter Verwendung finden.
Zu diefem Zwecke müſſen fie getrodnet, durch Kneten in einem Ead von Den
Flügeln befreit, abermals getrodnet und durch Desinfektion mit Schwefelfohlen-
ftoff von etwaigen Keimen fleiſchfreſſender Inſekten (Dermestes lardarius) ge-
fäubert werden.
b) Fang der Falter dur Anloden mittels Lichtquellen.
Der Gedanke, die Anziehungskraft des Eünftlichen Lichtes auf die Falter zum
Maflenfang auszunugen, bat ſich als wenig brauchbar erwiefen, trogbem durch Die
meift mit erheblichen Opfern aufgeftellten und unterhaltenen Scheinwerfer, elektriſchen
oder Wzetylenlampen bisweilen große Mengen von Faltern angezogen und in diejer
oder jener Weise vernichtet worden find. Im Vergleich zum Erfolg find alle der-
artigen Bertilgungöverfuche im allgemeinen zu teuer. -
Zunächſt Haben fich die früher bier und da angewendeten gewöhnlichen Leucht⸗
feuer, an denen fich die heranfliegenden Falter die Flügel verbrennen follten, nicht
bewährt. Nur injofern ift dad Anbrennen berartiger Feuer, fowie die Aufftellung
von Leucht-(Uzetylen-Japparaten vielfach von Erfolg begleitet, als fich in den beleuch-
teten Beitänden eine größere Anzahl von altern in ben tieferen Bartien der Stämme
feitfeßt. Das Falterfammeln ergibt infolgedeilen hier beſſere Rejultate al3 in den
nicht mit Feuern behandelten Orten. Auch wird ein größerer Teil der Eier in den
unteren Stammpartien abgelegt, was der primären Wirkung des Leimringes zugute
fommt.
Während des bayriihen Nonnenfraßes 1888 ftellte man im Ebersberger und Forſten⸗
rieder Barfe, um die Falter anzuloden und zu vernichten, Erhauftoren mit elektriſcher
Beleuhtung? auf. Dad von einem gewaltigen Marinerefleftor grell zurüdgemworfene
Licht Iodte die Schmetterlinge in die Nähe des Hohlipiegel3 und damit in den Wirkungs-
bereich der mit einem weiten Trichter verfehenen Borrichtung, welche die alter einfog
und durch ein Rohr mit ungeheurer Geihmwindigfeit in eine mit heißem Waſſer gefüllte
®rube hinabriß. Allein die Koften der Einrichtung und de Betriebes waren fo hohe,
dag man fehr bald von dieſem Berfahren abgefommen ift.
Im Sommer 1898 find in der königl. preuß. Oberförfterei Lyck Verſuche gemacht
worden, die Nonnenfalter mittels des Pücklerſchen Apparates) zu töten. Dieſer ift
jegr finnreich fonftruiert, aber auch hier fteht der Erfolg ebenfalld ganz außer Verhältnis
zu dem bedeutenden Koſtenaufwande. Hierzu gejellt fi die Schwierigkeit der Auffiel-
lung de3 Wpparates in folder Höhe über dem Boden, daß er auf weite GStreden zu
wirken imftande ift, und die Abhängigkeit de3 Yanged von ber Witterung. Nur bei
warmer Witterung ift der Fang ergiebig. Bon einer Anwendung der Erfindung im großen
praktiſchen Forſtbetriebe kann daher feine Rede fein.
Der genannte Apparat befteht in der Hauptſache aus zwei eleltriihen Schein-
werfern, welche ſowohl in horizontaler als vertifaler Richtung drehbar find, und einem
1) Bericht üb. d. 55. Berj. d. ſächſ. Forftvereind 1911, 192 ff. — 2) Münd. Forſtl.
9. VIII, 1895, 139. — 3) Matthias: Daf. XIV, 1898, 123. — Edftein, Karl: Ltichr.
f. 3. u. Iw. 1899, 668.
Schmetterlinge: Nonne. 417
vor ihnen angebrachten Püdlerihen Slühapparate. Lebterer ift ein vierediger, 10 cm
hoher und 50 cm im Duadrat großer, vorn offener Kalten, welcher mit einem Gitter von
16 feinen, in 1,5 cm Abſtand von einander parallel laufenden Platindrähten überfpannt
iſt. Durch einen eleltriihen Strom, erzeugt dur eine Dynamomafchine, welche durch
eine 12 Pferdekräfte ſtarke Lolomobile in Betrieb gelebt wird, werden bie Drähte bis zur
Dunkelrotglühhitze gebradt. Die Yalter, durch das Licht angezogen, fliegen gegen die
glühenden Drähte und verbrennen oder verlegen ſich wenigſtens töblih. Zum uf:
fangen dient ein mit einem Fangtrichter in Verbindung ftehender, unter dem Kaſten ange:
brachter Sad. |
An ſechs Tagen (Auguſt 1898) in zufammen 27 Stunden Leudhtzeit wurden mittels
dieſes Apparates einichließlich der ganz verbrannten und verfohlten Schmetterlinge im
ganzen 46000 Yalter gefangen. Bei normalem Betriebe, d. h. durchichnittlich vierftündiger
Leuchtzeit in einer Nacht und dreiwöchentlicher Dauer der Beleuchtung, würden ſich die
Koften auf rund 10 ME. für 1000 Falter ftellen.
Eine nennendwerte Bedeutung kommt auch den in neuerer Zeit Tonftruierten auf
Lichteffelte Hinauslaufenden Fanglaternen bei der Ronnenvertilgung nicht zu. Selbſt wenn
durch den ſchon oben erwähnten Friedrichſchen Fangautomat!) in Weißwaſſer in einer
Naht und an einem Orte 40000 Nonnenfalter vertilgt worden find ?), fo bedeutet dieſes
immerhin nennenswerte Ergebnis noch feinen in praftiicher Hinficht ind Gewicht fallenden
Erfolg. Es kommt Hinzu, daß beim Fange duch Licht in den meiften Fällen überwiegend
J gefangen werben. Sind, was zumeilen vorkommt, die 2 im Fangergebnis in der Mehr-
zahl, jo Liegt die Annahme nahe, daß es fi hauptſächlich um folche Individuen handelt,
die durch die bereit3 ftattgefundene Eiablage flugfähiger geworben find.
Nach den in Zittau 1909 gefammelten Erfahrungen hat ſich ein von der Firma Gebr.
Speil in Leipzig gelieferter Azetylenapparat (Preis 40—50 Mt., Unterhaltungstoften für
6 Stunden 0,75—1,00 ME.) bewährt. Die Falter werden nicht nur angelodt, jondern aud)
durch Verbrennen vernichtet. Yangergebnis des einzelnen Apparates bei günftiger (warmer,
rubiger) Witterung 50000-140000 Falter in einer Naht (Weißmwange: a. a. D. 63).
Schließlich follen noch einige Bemerkungen über die Behandlung der kahl⸗
gefreifenen Beftände angefügt werden.
Aus dem oben unter B über das Verhalten der Hauptholzarten gegen Nonnen-
fraß Gefagten geht hervor, daß das Wiederergrünen kahlgefreffener Fichten: (und
Zannen-)Beftände nicht zu erwarten ift. Im Baumbolzalter ift die Fichte meift
Ihon dann unrettbar verloren, wenn fie bis zu 0,8 ihrer Benabelung eingebüßt hat.
Fichten⸗ (und Tannen-)Beftände find bei Kahlfraß deshalb fobald als möglich ab»
zutreiben. Bei Kiefernbejtänden braucht man mit dem Abtriebe nicht jo raſch zu
fein, da die Erholungsfähigfeit der Kiefer erft bei völligem Kahl- bezw. wiederhol-
tem ſtarken Lichtfraß in Frage geftellt ift.
In Bayern jchritt man bei der lebten großartigen Nonnenverbreitung noch im
Fraßjahre zum Wbtrieb, geftügt auf frühere Erfahrungen und Unterjuchungen, welche .er-
wiefen hatten, dab bis zum Winter eine jo totale Erihöpfung an Referveftoffen in den
Stämmen (Fichten) eingetreten war, daß im nächſten Jahre von einer Yumachstätigfeit
feine Rede mehr jein konnte. Bei rechtzeitiger Fällung verliert da3 Nonnenholz weder als
Nutz⸗ noch ald Brennholz; an Wert. ®)
In Württemberg Hingegen hoffte man auf Grund der Erfahrungen in früheren
Sraßjahren (1839/40 und 1856/57) auf ein Wiederergrünen und fällte daher die kahl
gefrefjenen Stämme nicht gleich. Infolge des Iangen, harten und trodenen Winters
(1890/91) erfüllte fich aber Dieje Hoffnung nicht. Bereit? Ende Februar, Anfang März
zeigte fich die Safthaut der befreflenen Fichten auf 4—5 m vom Gipfel abwärts braun
1) ©. oben Anmerkung 1 ©. 386. — 2) Sedlaczef: 361. f. d. geil. Fw. 1909, 253.
— 3) Hartig, Robert: Foritl.-naturw. Ztſchr. 1895, 369. — Schilling: Daf. 1895,
437, 441.
Heb, Borftihug. I. A. Aufl. 27
418 Erſtes Buch. Schug gegen Tiere.
und troden, während die untere Gtammpartie nod grün war. Man muhte daher
den Einſchlag ber betroffenen Veſtände fchleunigft vollziehen und war damit bid Ende
April fertig.
2. Liparis (Lymantria) dispar L.
Großer Shwammipinner.') (bb. 203.)
Kennzeichen: Flügelſpannung des J 35—40 mm, des 2 55—70 mm. dJ graubraun
bis roftbraun. Vorderflügel mit ſchwarzbraunen, ziemlich gleichgerichtet verlaufenden Bid-
zacklinien, am Vorderrande dunkler. Hinterflügel gelblich graubraun, am Saume dunkel.
Franſen nur an ben Borderflügeln ſchwarz geihedt. Fühler braun, doppelt gelämmt. 2
von plumper Geftalt, ſchmutzigweiß. Borberflügel trübweiß, mit einem Stich ins Gelbliche
und mit beutlich hervortretenden braunen Bidzadlinien. Xinterflügel weißlich, mit ver-
»©,
a
66.08. Liparla (Lymantria) Aispar D. a Männlider, b weißfider Falter. o Raupe, auf einem Cicenbfatt
freflend. d Puppe (nat. Gr.).
waſchenem Streifen vor dem Saume. Franſen an den Vorder: und Hinterflügeln ſchwarz ge-
ſchedt. Hinterleibsende mit gelbgrauer Mfterwolle. Fühler ſchwatz, fadenförmig, dünn
und glatt, einjeitig gelämmt. — Raupe 60 bis 70 mm lang, mit großem, ſchwaͤrzlichem
Kopf, graugelb mit ſchwärzlichen Zeichnungen und ſechs Längsreihen langbehaarter Knopf-
warzen; die der beiben mittleren Reihen auf ben fünf vorderen Ringen blau, auf ben ſechs
hinteren rot gefärbt. Auf Ring 9 und 10 eine ausftülpbare rote Warze. — Buppe 20
bis 30 mm lang, did, am Kopfe gerundet, dunkelrotbraun bis ſchwarz, mit langen, ſpär⸗
lichen, rötlichen Haarbüfcheln.
A. Lebensweiſe.
Flugzeit: Mitte Auguſt bis Anfang September. Das 2 ift äußerft ſchwerfällig
und faft flugunfähig, während das d wild und unregelmäßig (auch am Tage) fliegt.
1) Altum: Ztſchr. f. F. u. Im. 1888, 66. — Jacobi, Arnold: Der Schwamm:
fpinner und feine Bekämpfung 1900. Flugblatt ber biol. Abtlg. d. kaiſ. Geſundheitsamtes
Nr. 6. — Forbush and Fernald: The Gipsy Moth. Boſton 1896. — Scheidter,
Franz: Naturw. Ztichr. f. F. u. Lw. 1909, 373.
Schmetterlinge: Schwammipinner. 419
Die rötlich-braunen Eier — bis 800 — werden in einem flachen, rundlichen
Haufen an Stämme, und zwar nicht höher al3 3—4 m, befonders gern am Wur:
zelhals und vorwiegend an der Südfeite, aber auch an Zäunen, Wänden uſw. ab-
gelegt und mit den bräunlich-grauen Wollhaaren des Hinterleibes bededt. Der
länglichovale, nach oben fich verſchmälernde und flacher werdende Eierklumpen er-
hält dadurch ein feuerihwammähnliches Ausſehen (deshalb „Schwammfpinner”) und
übermwintert.
Die Raupen riechen im April aus, bleiben zunächft gefellig (1—2 Wochen)
in Spiegeln neben dem Schwamme fißen und fteigen dann baumaufwärt3. Bei regs
neriſcher Witterung und zum Zwecke der Häutung flüchten fie fich in die Aitachieln.
Berpuppung: Bon Ende Juli ab in Rindenrigen ober zwiſchen Blättern,
die nur von einzelnen Gejpinftfäden zujanımengehalten werben. Bei Maffenfraß
find auch große Geſellſchaftsneſter mit 50—150 Puppen an den Stämmen (Süd⸗
feiten) beobachtet worden.
Auskommen nah 2—3 Wochen.
Generation einfach. Der Falter ift weit verbreitet und tritt oft maffenhaft
auf, gehört bei ung aber zu den Schmetterlingen, die erft nad) einer längeren Reihe
von Jahren an ihren früheren AufenthaltSorten wieder in erheblicher Menge
ericheinen.
B. Forftlihes Verhalten.
Die-Raupe fucht faft alle Laubhölzer heim, befonder8 Eichen, Hornbaum,
Pappeln (PByramibenpappel), Obftbäume, Weiden, Linden und Birken,
weniger gern Buche, Ahorne, Ulmen und Erlen. Sogar Nadelhölzer, z. B. Lärche,
werden in Notfällen nicht verjchmäht. |
Der Fraß erjtredt fih auf Knofpen, Blätter und Blüten und geht ſehr
verfchiwenberifch vor fich. Überhaupt ähnelt die Raupe bezüglich ihres ganzen Ver⸗
haltens der Nonnenraupe; wie diefe nimmt fie unter Umftänden auch Zierſträucher
(Rofen) oder Bodenfräuter (Valzinien, Erdbeeren, Farnkräuter ufw.) an. In
Eichenforften trifft man das Inſekt in Beitänden vom Stangenholz> bis zum Alt-
Holzalter.
Für Gärten und Obftplantagen ift das äußerjt gefräßige Infekt befonders
Ihädfich, aber auch im Walde fommt bisweilen Kahlfraß durch den Schmammipin-
ner vor. Abgelehen vom Zuwachsverluſte leidet auch die Samenproduftion in den
befallenen Baumbölzern.
1888 fand ein Kahlfraß in RoterlensBeftänden der Oberförfterei Börnichen (im
Spreewalde) ftatt.
An der füblihen Schweiz!) (bei Biel) z0g die Raupe 1888 die Buche allen an-
deren Holzarten vor.
Ein ausgedehnter Fraß ereignete fih 1891—1893 in der Ebene und in den mittleren
Gebirgslagen Bulgariend. Außer der Stieleihe wurden beſonders Quercus hungarica
Hub. und Carpinus duinensis Scop. angegriffen; außerdem erftredte ſich der Fraß aber
auch auf alle anderen Laubhölzer (auch Dftbäume). Die Ausdehnung. des beichädigten Ge-
biete betrug wenigſtens 400000 ha. Einzelne Bäume wurden fo ſtark mit Eiern belegt,
daß die Rinde volljtändig unter den Eierſchwämmen verſchwand. Auf Anordnung der Re:
gierung wurde die Landbevölferung zur Vernichtung der Eier und Raupen angehalten; im
1) Schmid, Walther: Schweiz. Ztſchr. f. Fw. 1889, 125. — Barbey: Daſ. 1908, 98.
27*
420 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
ganzen follen 50000 kg Eier eingeliefert und verbrannt worden fein. Nach breijähriger
Dauer erlojh der Fraß, an dem neben dem Schwammfpinner noch andere Schädlinge
(Eichenprozeifiongfpinner, Goldafter, Froſtſpanner) beteiligt waren, von jelbft.)
In dem Zeitraum 1892/96 zeigte fih der Schmammipinner majjenhaft in vielen
Gegenden Rußlands (Gouvernement Tula uſw.). Nur Eiche und Birnbaum wurden von
der gefräßigen Raupe verihont. Sogar die Honigprodultion in der Nachbarfchaft der
Lindenwälder ging infolge des Fraßes zurüd. ?)
1907 wurden bei Olmütz in Mähren?) Buche und Ahorn, in zweiter Linie Eichen
und Birken, namentlich aber auch 8—10jährige Fichten und Lärdhen von großen Raupen»
mengen des Schwammſpinners entlaubt bezw. entnadelt.e Auf einer 1,1 m hohen Fichte
wurden 125 Rafıpen gezählt.
Ganz enorm find die in Nordamerila‘) vom Schwammſpinner angerichteten Schäden.
Snfolge Fehlens der PBarafiten, die bei uns 80%, und mehr der Schwammipinnerraupen
vernichten und die meilten Kalamitäten im Keime erftiden, ift der 1868 aus Europa ein:
geführte Schmetterling in den Bereinigten Staaten zu einer Zandplage geworden, zu deren
Belämpfung großartige und vorbildliche Einrichtungen getroffen worden find und feit 1905
jährlich rund 1 Million Dollar audgegeben werden. Schon 1889—99 find im ganzen
etwa 1 Million Dollar zu gleihem Zwecke ausgegeben worden. Beſallen find 3. 3. 11000
Quadratmeilen, am intenfivften die Staaten Maffafuchettd und New Hampihire. Die Be
fämpfung wird jet, nachdem die bisher angemwendeten mechanischen Mittel (Neimringe,
Sprigmittel, Räucherung, Bernichten der Eierſchwämme) fi als unzureichend ermiejen
haben, auf biologiſchem Wege durch Einführung fämtliher PBarafiten des Schwammſpinners
verfucht.
C. Befämpfung.
1. Schonung der Feinde: Fledermäufe, Vögel ujm. Wichtiger find die
Parafiten des Schwammſpinners (Hymenopteren und Tachinen), die im Ei, in
der Raupe ober Puppe leben und hier teilweije nur ganz beitimmte Entwidelungs:
ftadien befallen. Weiter fpielt noch der Buppenräuber ala Raubinfelt eine Rolle.
Die wichtigften Barafiten find unter den Hymenopteren: Anastatus bifasciatus Fonak.
(Ei), Apanteles fulvipes Hal. (Raupe), Monodontomerus aereus Walk und Chalcis
flavipes Panz. (Buppe); unter den Tachinen: Parasetigena segregata Rond., Blepharipa
. scutellata R. D., Compsilura concinnata Meig. (Raupe).
In Nordamerika tritt bei Maffenvermehrung des Schwammipinners als Yolge von
Yuttermangel außerdem eine ber Wipfellranfheit der Nonne ähnliche Polyederkrankheit
„Wilt-Disease“ als natürliches Gegengewicht auf.
2. Vernichten der Eierſchwämme (von Mitte Auguft bis April) burd
Abfragen oder Betupfen mit Leinöl, Holzteer, Raupenleim, Petroleum uſw.
Das Ablragen kann mit einem ftumpfen Mefler, einem Srabeijen oder einer Stahl-
brahtbürfte geichehen. Man muß die gefammelten Eier verbrennen, aber nur in Heis
nen Bartien, um einer Erplofion vorzubeugen. — Die zum Betupfen oder Beſtreichen
‘der Eierhaufen verwendete Klebſubſtanz muß dünnflüffig fein, um leicht Haften zu können;
fie darf aber andererjeit3 nicht abtropfen. Siten die Eierſchwämme höher, fo operiert
man von einer Leiter aus oder mitteld einer längeren Stange, an welcher ein Flauſch
oder Pinfel angebradht if. Nach im Reviere Hohenbrüd (Reg.-Bezirk Stettin) 1887 aus:
geführten Berfuhen (Altum, a. a. ©. 70) Hat fich aus den gehörig mit Leim über:
ftridenen Shwämmen nicht eine einzige Raupe entmwidelt.
In Amerika bewährte jich bei der Zeritörung der Eierſchwämme die Durdhträn-
fung mit wohljeilem Kreofotöl (50 Teile Kreojotöl, 20 Teile Karbolfäure, 20 Teile Ter:
1) Nitſche, H.: Thar. Ihrb. 1896, 234. — 2) Sobolemw (Gufe): Ztiſchr. f. F. u.
Iw. 1898, 878. — 3) Baudiſch, Frdr.: bl. f. d. gej. Fw. 1907, 401. — 4) Nitſche:
har. Ihrb. 1896, 235. — Schend, Alwin: Allg. F. u. J.“Z3tg. 1898, 146. — Hey:
mond, R.: Naturw. Ztichr. |. F. u. Zw. 1908, 7. — Eſcherich, R.: Die angewandte
Entomologie in den Vereinigten Staaten. Berlin 1913, 45 n. 102.
Schmetterlinge: Schwammipinner. Weidenipinner. 491
pentindl und 10 Zeile Steinfohlenteer). Der lehtere wurde bloß als Farbſtoff beigegeben,
um die durchtränkten Schwämme von den etwa überjehenen unterjcheiden zu können.
Jacobi (a. a. ©.) empfiehlt Durchträntung mit Petroleum, dem etwas Alkamin,
ein Pflanzenfarbftoff, zugelegt if. Es wird mit Hilfe der ſchon oben erwähnten Alt⸗
mannſchen Kanne (j. ©. 370) an die Eierſchwämme gebradt. Ein Liter Petroleum reicht
für 2000 Schwämme hin. Die behandelten Eierhaufen werden ſchwärzlich und behalten
dieſe Färbung, jo daß fie fich leicht von überfehenen Schwämmen abheben.
3. Bernichten der Raupen durch Berbrüden oder Überpinfeln (mit Teer,
Leim) der Spiegel im Yrühjahr oder der älteren Raupen, wenn fie fi} zum Zwecke
der Häutung uſw. in den Aftachfeln angefammelt haben.
In Nordamerifa geht man auch mit Sprigmitteln erfolgreich gegen die Raupen vor.
Die zeither hierzu verwendeten Arjenitpräparate (Parifer Grün, Londonpurpur u. a.) werden
jegt durch Bleiarſenat erfegt. Als radikalſte Maßregel wurde hier zu Beginn bes
Schwammſpinnerkrieges auch das Abbrennen ſtark befallener Beftände, namentlich fchlechter
Niedermaldungen, angewendet.
4. Sammeln und Töten der Buppen und meibliden Falter im
Auguft.
3. Liparis (Ocneria) detrita Esp.
Kleiner grauer Shwammijipinner.
Kennzeichen: Flügelipannung 25—30 mm. Körper und Ylügel braungrau; lebtere
ojt gang ohne Zeichnung, dünn beftäubt. Fühler doppelt gelämmt (5) bezw. einfach ge:
fämmt (2). Beine hellgrau. — Raupe 20 bis 25 mm lang, gelblidh>grau, mit dunfel-
grauem Kopf, einer feinen, meißlichen NRüdenlinie und zwei blaugrauen Streifen das
neben; unten rötlich⸗grau. Sechs Längsreihen rötlider Warzen, von welchen graue
Bülchelhaare ausgehen. — Puppe 10 bis 12mm lang, ſchwarzbraun; auf jedem Ring ein
Kranz von rotgelben, lang graugelb behaarten Makeln.
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit Juni, Zuli. Die Eier werden an Eichenblätter
abgelegt.
Die Raupe ericheint Ende Juli, Anfang Auguft, jtelettiert anfangs die Blätter
und übermwintert halbwüchſig unter der Laubdede. Im Frühjahr nimmt fie mit Vorliebe
die Meinen Blättchen der jungen Triebe an. Die befallenen Stämmchen bleiben infolge-
defien bis zur Mitte des Sommers hinein faft vollftändig kahl.
Berpuppung im Mai zwiichen loder zujammengejponnenen Blättern.
Generation einfach, mitunter unregelmäßig.
Tie Raupe befällt Eichen und zwar vorwiegend niedriges, ſchlechtwüchſiges Geftrüpp,
ift aber auch in befieren Heifterpflanzungen ſchädlich geworben.
Nah Judeich)) ift das Inſekt in den 1870er Jahren mafjenhaft in den Revieren
Klein-Zerbft (Anhalt) und Zwenkau bei Leipzig aufgetreten.
Belämpfung: Sammeln der Raupen.
4, Liparis (Stilpnotia) salicis L.
Weidenipinner.
Kennzeichen: Ylügelipannung 45—55 mm. Körper und Flügel atlasweiß, glän-
zend. SHinterleib weißlich behaart, ohne Wollenbauſch am After. Fühler braun gefämmt,
mit weißem Scafte. Beine abwechjelnd ſchwarz und weiß geringe. — Raupe 35 bis
45 mm lang, ſchwarzgrau mit ſchwarzem Kopfe, großen, gelbweißen Rüdenfleden, roten
Wärzchen und hellbraunen Haaren. — Puppe: 25 mm lang, ſchwarzbraun, mit ſpitzigem
After, jowie mit weißen Flecken und gelben Haarbüfcheln bejeßt, von einzelnen Geipinft-
fäden gehalten.
Lebensmweife ujw.: Flugzeit Ende Juni, Anfang Juli. Die runden, grünlichen
Eier (im ganzen 150—200 Stüd) werben haufenmweife an die Rinde von Bappeln und
Weiden abgefegt und mit einem weißen, jchnumigen, bald erhärtenden Sekret überzogen.
1) Thar. Ihrb. 1877, 82.
422 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Die Raupen erſcheinen in der Regel erft im folgenden April. Kommen fie ſchon im
Auguft aus, jo überwintern fie halbwüchſig Hinter einigen lockeren Gefpinftfäden in Rin-
denrigen.
Berpuppung im Juni in Vorlenrigen oder zwiſchen leicht verfponnenen Blättern
und Zieigen.
Die Raupe bewirkt mitunter Kahlfraß uud tft überall Häufig.
Belämpfung: Wenn nötig (in Forftgärten) Überftreichen der Eierhaufen mit Raupen:
leim. Zerbrüden der vor den Häutungen zujammenfigenden Raupen. Sammeln der Falter.
5. Liparis (Euproctis) chrysorrhoea L.
Dunkler oder Eihengolbafterfpinner. (Mbb. 204.)
Kennzeichen: Flügelipannung 30—35 mm. Rumpf, Flügel und Beine atlasweiß.
Hinterflügel mit Mittelrippe (Uber 5). J Vorderflügel ſchön glänzend, meift mit ſchwärz-
lichen Fleden in ber Mitte und am In»
nemoinfel. Hinterfeib bräunlich. Fü:
ler doppelt gefämmt, gelbbraun. 2
ohne jhmärzliche Flede auf den Bor-
berflügeln. Hinterleib roftgelb. Fühler
einfach gelämmt, gelblich — Raupe
30—38 mm lang, oben braungran,
PJ gelbbraun behaart, mit zahlreichen
A 2? Heinen Duerfleden auf den drei erften
v Ringen, zwei roten leicht gezadten
M66. 304. Liparis (Euproctis) chrysorrhos L. Rüdenlinien (vom vierten biß zehnten
© Rännticer, b weiblicher Falter (nat. @r.). King) und zwei zinnoberroten Wärz«
hen (auf dem neunten und zehnten Ring), unten grau, mit gelben Punften und Ouers
ftrihen. — Puppe 15 bis 17 mm lang, ſchwarzbraun, Heil behaart, mit ſcharfer Spige,
in einem graubraunem @efpinfte.
A. Lebensweiſe.
Flugzeit: Ende Juni, Juli in den Abendftunden.
Das ? legt 200—300 bräunlich-gelbe Eier an die Unterfeite der Blätter
vieler Laubholzarten in länglichen Haufen ab und bededt fie mit dicker, ſchwammiger,
goldbrauner Afterwolle. Hiermit hängt ihre Bezeichnung als „Heine Shwämme”
zuſammen.
Die Raupen erſcheinen 2—3 Wochen ſpäter und fertigen fi) an den jungen
Trieben durch Zufammenfpinnen des Eierblattes und ber benachbarten Blätter
fefte Gefpinfte, die fog. „großen Raupenefter”) in denen fie auch) überwintern.
Die Haare der Raupen find „giftig“, d.h. fie erzeugen Rötung der Haut und Juckreiz.
Die Verpuppung erfolgt einzeln im Juni in einem graubraunen, durchs
fihtigen Gefpinfte zwiſchen Blättern oder auch am Boden.
Austommen: Ende Juni, Anfang Juli.
Generation einfad.
B. Forftlihes Verhalten.
Diefer Spinner ift polyphag an Laubholz. Man findet die Raupe auf Obit-
bäumen, Eiden, Weißdorn, ferner auf allen anderen Laubhölzern. Eine wirt:
ſchaftliche Bedeutung kommt ihr aber nur in Obftgärten ober forftlich in Eiche n⸗
mwaldungen zu.
— 1) Im Gegenfage hierzu ftehen die „Keinen Raupennefter” ber Raupe von
Pieris erataegi L. (©. 366).
Schmetterlinge: Goldafterjpinner. 423
Die Raupen benagen zunächſt — unter dem Schube ihrer Geſpinſte — die
Dberhaut der Blätter. Im nächſten Frühjahre freſſen fie an Knofpen und
jungen Blättern, fpäter an Blüten und ausgewachſenen Blättern. Bis
Mitte Mai gehen fie bei jchlechtem Wetter und während der Nacht immer wieder
in ihre Nefter zurüd. Nach der dritten Häutung (um Mitte oder Ende Mai) zer:
ftreuen fie fich.
Folgen des Fraßes find Beeinträchtigung, unter Umftänden Vernichtung der
Dbfternte, Entlaubung der Eichen uſw.
Am Jahre 1867 fand ein Fraß im Niedhäufer Walde (Oberförfterei Griesheim im
Darmitädter Forfte) ftatt. ?)
Sn den Jahren 1867—1869 ereignete fich ein Fraß in dem zwiſchen Lorſch und Bens⸗
heim an der Bergftraße gelegenen Bensheimer Gemeindewald in einem 12 jährigen Eichen-
Ihälfehlage von etwa 75 ha Größe. *)
Am Frühjahr 1897 wurden die Eichen im botaniſchen Garten zu Berlin durch Die
Raupen vollftändig entlaubt und hierauf alle zunächſt ftehenden Yaubbäume und Sträucher
kahl gefreflen. Durch den Bil; Empusa (Entomophtora) aulicae Reich., der binnen
wenig Tagen Hunderttaufende von Raupen befiel, wurde aber der Kalamität ein rajches
Ende bereitet. °)
C. Befämpfung.
1. Abfchneiden oder Ubbrennen der Raupennefter in der Zeit vom Novem⸗
ber bis März.
2. Sammeln und Töten der Raupen (Mai) und Buppen (Zuni).
Die Raupen zergueticht man am beften, wenn fie bei jchlechter Witterung oder wäh⸗
rend der Häutungen zujammenfigen. Wegen ber durch die leicht abgehenden Härchen ent-
ftehenden Entzündungen ift hierbei Vorſicht geboten.
6. Liparis (Porthesia) similis Füssl.
Heller Soldafterfpinner.
Rennzeihen: Flügelipannıng 35—40 mm, weiß, dem Goldafter jehr ähnlich, aber
am After Lichter, faft goldgelb behaart. Borderflügel im Innenwinkel oft bräunlicy ge=
fledt. Hinterflügel ohne Mittelrippe (Aber 5). — Raupe 28 bis 30 mm lang, ſchwarz,
ſchwarzgrau behaart, mit ſchwarzem Kopfe, zwei zinnoberroten Rüdenlinien und weiß ge-
mijchten, rot eingefaßten Haarfleden auf dem vierten, fünften und elften Ringe. — Puppe
15 mm lang, ſchwarzbraun, mit ſcharfer Spige, in einem Geipinfte.
Lebensweiſe uſw.: Flugzeit Ende Suni, Juli. Das 2 legt 150—200 Eier in
länglihen Haufen an die Unterjeite von Blättern und bededt fie mit goldgelber Afterwolle.
Die Raupen eriheinen im Auguft, freien Blätter, Knojpen, Blüten und junge
Früchte und überwintern, jede für ſich, in einem Meinen, bräunlichen, fofonartigen Ge:
fptnft in NRindenrigen, zumal am Fuße der Stämme, oder unter Bodenftreu. Nach dem
Fruhjahrsfraß verpuppen ſie ſich im Juni zwiſchen zuſammengerollten Blättern oder an
Zweigen in einem graubraunen dünnen Geſpinſie. Auskommen im Juni.
Generation einfach. Verbreiteter wie der vorige, jedoch in forſtlicher Hinſicht von
geringerer Bedeutung.
Raupe ſehr polyphag; Fraßbaume find in erfter Linie: Obftbäume (beſonders Birn⸗
baum) und von Waldbäumen: Eichen, Ulmen, Linden und Beiden. Außerdem alle
anderen Laubhölzer.
Bekämpfung: Anftri der Obftbaume mit einem Gemenge aus Lehm und Kuh:
mift uſw. im Herbft oder Abfragen der Borke zur Vernichtung der überwinternden Raupen,
1) Lorey, T.: Allg. F. u. J.⸗Ztg. 1868, 21. — 2) R.: Monatsſchr. f. d. F. u. Iw.
1870, 878. — 3) Forſtw. 3bl. 1898, 509.
424 Erftes Bud. Schuß gegen Tiere.
7. Orgyia (Dasychira) pudibunda L.
Budenfpinner, Rotſchwanz (Abb. 205).
Kennzeichen: Slügelipannung des J 38—45 mm, bed 4 50—60 mm. Xorberflügel
weißgrau, fein braun beftäubt, mit 2—3 ſchmalen, braungrauen, etwas zadigen Uuerftreifen
und einem mitunter unbeutlihen Mittelfled dazwiſchen. Hinterflügel weiß, mit einem flei-
nen vermwajchenen led in der Mitte und einem größeren am Afterwinfel. Vorderleib röt-
lich⸗weiß oder weißgrau. Hinterleib weiß wie die Hinterflüge® Fühler mit weißem Echafte,
doppelt braun gefämmt (4) bzw. gezähnt (9). Z im ganzen dunkler und ftärfer beftäubt
al8 das 9. — Raupe 40 bi 45 mm lang, anfangs grünfic)=gelb, fpäter mehr rötlich
ober bräunlic, behaart, mit großem, hellbraunem Kopf und vier gerade abgejchnittenen,
„a
o a
Abb. 205. Orgyia (Dasychira) pudibunda L. a Männlier, b weiblicher Falter. c Raupe. d Puppe (nat. Gr.)
gelben oder bräunlic-grauen Haarbürften auf dem Rüden des vierten bis fiebenten Ringes,
ſammetſchwarzen Einſchnitten dazwiſchen und mit einem langen, rofenroten Haarpinfel auf
dem Tegten Ringe. ud bunfle bis ſchwärziiche Raupen mit bunfelroten bis ſchwarzen
Schwanzhaaren find beobadtet worden. — Puppe 18 bis 20 mm lang, gedrungen, dunfel:
braun, furz graugelb behaart, in einem mit Härchen durchwebten gelbgrauen Kokon.
A. Lebensweife.
Slugzeit: Mai, Anfang Juni.
Das 2 legt feine bläufich-grauen Eier, im ganzen etwa 50—400 Stüd (und
darüber) im Mai und Juni in einer feſt andaftenden Scheibe am Stamm ab, ge-
wöhnlich niedrig, meift in 1—5 m Höhe, bei Mafienvermehrung aber aud) an Höher
ren Stammteilen oder Üften, mitunter aud an Geftrüpp, Grashalme, Kräuter uſw.
Nach etiva drei Wochen kriechen die in der Jugend gelben, mit ſehr Langen,
ſchwärzlichen Haaren bededten Raupen aus. Sie verzehren zunächſt ihre Eihülen,
bleiben einige Tage in „Spiegeln“ beifammen, mit dem Kopfe gewöhnlich dem
Bentrum zugefehrt, und treten dann ihre Wanderung nad) der Baumfrone an, um
hier bi zum Herbft zu freffen
Die Verpuppung erfolgt Anfang Oktober in einem Iofen Kokon in ber Bo-
dendede, aber auch unter Reifig, zwifchen Bodenkräutern, ab und zu in Rindenrigen
ftarfborfiger Bäume. Die Puppen überwintern.
Ausfommen im Mai. Generation einfach.
Schmetterlinge: Rotſchwanz. 425
B. Sorftlihes Verhalten.
Die Raupe lebt polyphag auf faft allen Laubhölzern und ift jogar auf Nadel-
höfzern (Lärche, Fichte, Wacholder) beobachtet worden. Maſſenfraß ift aber bis
jetzt eigentlih nur an der Buche und in ganz vereinzelten Fällen an Horn—
baum, Eiche und Roterle vorgelommen. Mit Vorliebe werden trodene, fonnige
Bergkuppen, ſowie füdliche Hügel befallen, tief eingeſchnittene Täler aber gemieben.
Um liebften find dem Falter 40—80jährige Veftände; jedoch wird im Buchen-
walde feine Alterffaffe verfchont. Wenn das Oberholz kahlgefreſſen ift, befällt die
Raupe auch Schonungen, zuletzt alle Sträucher und Kräuter.
Die jugendliche Raupe
jtelettiert die Blätter auf der
Unterfeite. Nach überjtan-
dener Häutung (vom Auguft
ab) frißt fie teild vom Rande
ber, teils aus der Mitte
heraus Löcher in die Blätter.
(Abb. 206). Noch fpäter
wird ber Fraß fehr ver:
ſchwenderiſch; größere oder
Heinere Blattabichnitte wer-
den abgetrennt und gehen |
verloren. Bei Buche wer:
den die Blätter vielfach vom
Stielanſatz her angenagt, oft
auch durchgebiffen, ſodaß fie
ungenußt abfallen. Bei der
Eiche werden die Blatt
ftiele nicht durchgebiſſen (Abb.
* — —
a41 Juchenblatt, vom ber Raupe J des Rotf fi
Nachteilige Folgen bes — befreien (mat. &r., eg
Fraßes find Zumachsverfufte,
unter Umftänden Abfterben einzelner Triebipigen, Bodenverſchlechterung (Laubent-
zug, Verrafung) und Schmälerung der Samenprobuktion. Die befreffenen Beftände
liefern im Sraßjahre und im nachfolgenden Jahre nicht nur weniger und Heinere
Buchedern, fondern auch mehr taube Körner. Im jagdlicher Hinficht kommt Hinzu,
daß bei Mafjenvermehrungen des Rotſchwanzes durch die den Boden bededenden
ſtark behaarten abgeftreiften Raupenhäute dem Wilde der Aufenthalt in den betreffen-
den Beftänben verleidet wird.
Als Beleg für die Samenverſchlechterung durch die Raupe mögen folgende Zahlen
dienen: Das Gewicht von 1000 Buchedern betrug:
von einer 1869 nicht ober nur wenig bemerkbar befrefjenen Waldftelle . 290,0 g;
von einer 1869 volftänbig entblätterten Waldftelle. - - - 2... 266,6 8;
von einer 1868 entblätterten, aber 1869 verfhonten Waldftelle . . . 224,0 g.
Hieraus ergibt ſich ein Gewichtöverhältnis von 100: 92:77 oder eine Gewichtsabnahme
von 8 bzw. 33 %/,.)
1) Beling: Thar. Ihrb. 1871, 44.
426 Erftes Buch. Schutz gegen Tiere.
Der Falter bevorzugt ſüdliche und ſüdweſtliche Hänge, ift beſonders im nörd⸗
lichen und mweftlichen Deutichland verbreitet und fteigt im Gebirge faſt bis zu 400 m
Meereshöhe.
An Mitteilungen über Maſſenfraß durch den Rotſchwanz in Buchenwaldungen ift
die Literatur fehr reih. Im Nachitehenden jollen einige Fälle angegeben werden.
Im Bildftoder Yorfte wurden 1847 über 225 ha Buchenhochwald kahl gefreſſen.)
Am Jahre 1848 ereignete ſich ein ftarfer Fraß in den Buchenforften der mweftlichen
Bogejen.?)
Auf der Inſel Rügen (Stubbenig) Hat fich die Raupe jeit etwa 1858 geradezu ein-
gebürgert.°) Ein Hauptfraß fand 1868 ftatt. Im ganzen wurden gegen 2000 ha Budh-
wald durch die Raupe entblättert.
Im Reviere Zutter am Barenberge (Braunjchweig) betrug die Größe der 1868 be-
freflenen Beltände 667 ha.*)
1876 und 1877 trat die Raupe im Nuppertöburger Gemeindewald und in den Bräf-
lich Laubachſchen Forften (Oberheſſen) in großer Menge auf; der betreffende Kahlfraß er:
ftredte fi) auf rund 400 ha und verurfachte nach Unterjuchungen von Heß einen Zuwachs-
verluft von reichlich 0,5 °/,.°)
Im Tautenburger Forfte (bei Sena) wurden 1877 und 1878 die Beftände auf einer
Fläche von 204 ha Tahl gefrejien.‘)
Im Sommer 1887 begann dajelbft abermals ein Fraß, und zwar an berjelben Stelle,
fodaß man bie Ichlimmften Befürchtungen für 1888 hegte. Infolge des naflalten Sommers
und frühzeitigen Froſtes im Herbite kam aber die reichlich abgelegte Brut nicht zur Ent-
widelung.”)
Fernere Maflenverheerungen haben ftattgefunden in den Jahren 1887 und 1888
im Forftreviere Barenholz (Fürftentum Lippe). Als ein fehr werktätiger Feind Hierbei er⸗
wies fich eine Spinne (Epeira-Art).®)
1892 trat die Raupe im Großherzogtum Luxemburg im Steinfeler Revier auf einer
etwa 1 ha großen Fläche auf. Der Fraß griff aber fo raſch um fi, dag bis Anfang Ok—⸗
tober die Beſtände bereit3 auf etwa 33 ha entblättert und die umliegenden Abteilungen
merflich gelichtet waren. Bis Ende 1898 waren im ganzen 2000 ha Buchenhochwald ver:
wüſtet, und zwar 1660 ha Gemeinde: und 840 ha Privatwald. Die größten Fraßlomplere
umfaßten ein Areal von 250 ha. Die Raupen waren fo zahlreich, daß die Büge der
ihmalfpurigen Eifenbahnen nicht mehr vorwärts Tamen. 1894 ſchwärmten zwar noch viele
Halter, allein es kam nicht mehr zu Kahlfraß. Infolge der Vermehrung der Barafiten und
Krankheiten unter den Raupen erlojch die Epidemie bereit3 im S$uni.?)
In der Pfalz, Forftamt Lambrecht, fand 1902 ein ausgebehnter Naſch- bis Kahlfraß
ftatt.?% — Bu gleicher Zeit wurden im Stadtwald Ettlingen (bei Karlsruhe) 100 ha fahl-
gefreilen.'')
C. Belämpfung.
Infolge Fehlen? durchichlagender Belämpfungsmittel ausſichtslos und im Hin:
blid auf den im allgemeinen geringfügigen, lediglih in Zuwachsverluſten und in
Beeinträchtigung der Maft beftehenden Schaden zwecklos.
Vorbeugend wirken die natürlichen Gegengemwichte: Vögel, Käfer (Carabiden
1) Neue Ihrb. d. Yorftlde., 2. Flge., 1. Bd., 1851, 12. — 2) Chevandier, Eng.:
Allg. F. u. %.-Btg. 1860, 156 u. 184 (Auszug aus den Annales forestieres von 1849).
— 8) Ratzeburg: Krit. Blätt. 1853, 33. Bd. I, 224. — 4) Beling: Thar. Ihrb. 1871, 32.
— 5) Xorey: Allg. 3. u. 3.-Btg. 1876, 888; 1877, 278. — Heß: BBL. f. d. gel. Fw.
1876, 580. — Thum: Allg. F. u. J.-Ztg. 1879, 337. — 6) Bollmar: Forftw. Ibl.
1879, 443. — 7) Derf.: Daj. 1889, 547. — 8) Wagener: Forftl. BL, N. F. 1889,
106. — 9) Kolg: Forftl.naturw. Ztſchr. 1893, 455. — Faber: E.: Bir. f. F. u. Im.
1897, 610. — 10) Walßinger: Forſtw. ZbL. 1903, 647. — 11) Widmann: Dal
1904, 354.
Schmetterlinge: Rotſchwanz. Aprikofenfpinner. 427
und Staphylinen), Schlupfweipen (Ichneumon pistorius Grav., I. computatorius
Müller, Automalus alboguttatus Grav.), Tachinen, Pilze, insbefondere Cordiceps
militaris und — bei Maffenvermehrung — eine vermutlich zu den Polyederkrank⸗
beiten gehörige Raupenfeuche.
As Bertilgungsmaßregeln könnten in Betracht fommen:
1. Betupfen ber Eierfcheiben an den Stämmen mit OL, Betroleum, Teer
‘oder Raupenfeim: jchiwierig, teuer und unvolllommen.
2. Berquetichen der Raupen, wenn fie behuf3 der Verpuppung von ben
Bäumen herabiteigen, am Fuß der Stämme mit Bürften oder ftumpfen Bejen (Sep⸗
tember, Oftober): faum durchführbar.
3. Anlegen von 2eimringen.
Bei Eberswalde!) find mit Tiefringen anfangs nicht ungünftige Reſultate erzielt
worden. Man fing (1887) in einem 1,25 ha großen Beitande im Durchſchnitt etwa 500
Raupen auf einen Stamm mit einem Sefamtauftwande bon 27 ME. auf 1 ha. Ein durch⸗
ſchlagender Erfolg wurde aber nicht erzielt, weil die Eier zum großen Teil über den Leim⸗
ringen abgelegt worden waren. Man muß daher alsbald Hochringe anlegen. Über die
notwendige Höhe würde man ſich durch Unterſuchung der Eierhöhe (Anfang Juni) in den
beflogenen Beftänden zu orientieren haben. Tiefleimungen werben aber die Durchführung
der unter 2. genannten Maßregel erleichtern.
4. Sammeln der Puppen im Winterlager: ebenfall® zu teuer.
5. Töten der Falter (2) zur Schwärmzeit.
8. Orgyia (Dasychira) selenitica Esp.
Mondfledbürftenjpinner.
Kennzeichen: alter: Slügelipannung 30—40 mm, Z mit olivenbraunen, 2 mit
ſchwarzbraunen Vorderflügeln. Auf dieſen eine weiße, fleckenartig erweiterte Wellenlinie
und (in der Mitte) ein weißer Mondfleck. Hinterflügel ſchwarz. — Raupe 30 bis 36 mm
lang, ſchwarz, mit gelblich grauen, an der Spitze ſchwarzen Haarbürſten auf Ring 4—8 und
drei ſchwarzen Haarpinjeln auf Ring 1 und 11. — Puppe rotbraun, gelblich behaart, in
braunem Kofon.
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit Mai. Raupen polyphag an niedrigen Kräutern,
Laubhölzern und Lärche, vereinzelt auch an Kiefer. Überwinterung als Raupe im Boden.
Generation einfad.
Die Raupe ift durch Mafjenfraß an jüngeren Lärchen und Kiefern gelegentlich ſchäd⸗
lich geworden.
Bekämpfung: Sammeln und Töten der Raupen.
9. Orgyia antiqua L.
Aprifofenfpinner, Schlehenipinner (Abb. 208).
Kennzeichen: Flügelipannung des J 23—30 mm
Körper und Flügel roftgelb. Vorderflügel mit zwei dunk⸗
len Querbinden und je einem weißen, halbmondförmigen
led vor dem Innenwinkel. Hinterflügel einfarbig roft-
gelb. Unterfeite orangefarbig. Franſen ſchwarzbraun ge:
ihedt. Fühler doppelt gefämmt. 2 10-—18 mm lang, * | 2
plump, gelbgrau, mit kurzen, weißlichen Flügelftummeln, a b
affelförmig. Fühler einfeitig gelämmt. — Raupe 30 Abb. 208. Orgyis antiqua L.
bi3 35 mm lang, aſchgrau, gelblich behaart, ſchwarz⸗ a ana zuylaer Salter
Töpfig, mit jammetihwarzem Rüden (vom vierten Ring
ab) und Tarmoifinroten Wärzchen. Huf dem vierten bis fiebenten Ring je eine dicke, geftugte,
1) Altum: Ziſchr. f. F. u. Im. 1889, 166. — Boden, W.: Daf. 1889, 218.
428 Erfies Buch. Schu gegen Tiere.
gelbe Haarbürfte. Außerdem fünf ſchwarze Haarpinfel, und zwar zwei vorwärtö gerichtete
unmittelbar hinter dem Kopfe, zwei wagerecht abftehende an den Seiten des fünften Ringes
und ein aufrechtftehender auf dem elften Ringe. — Puppe gelblich:grau, an den Ylügel:
icheiden jchwarzbraun behaart, in einem dichten, eiförmigen Kofon.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: An Norddeutichland Juli, Auguft, ſogar bis
in den September hinein.
Das 2 legt 150300 graue, etwas gedrüdte Eier auf dad von ihm ver-
lafjene Kokon oder in deifen Nähe. Die Eier überwintern.
Raupen im Mai; mitunter fchlüpft ein Zeil fchon im Herbfte des Brut-
jahres aus.
Verpuppung Ende Juni oder im Juli zwiſchen Blättern uſw. in einem lode-
ren, mit Raupenhaaren durchwebten Kokon.
Auskommen Ende Juli, Anfang Auguft.
Generation in der Regel einfah. Zn warmen Jahren und in Süddeutſch⸗
fand doppelt, dann Flugzeit im Juni-Juli und im September.
Weit verbreitet und ziemlich gemein.
Die Raupe iſt eigentlich nur den Obitbäumen (Apritofenbaum ufw.) jchäd-
fh. Ihr Vorkommen an Salweide, Ebereiche ufw. ift nicht von Bedeutung. Auf⸗
fallend aber ilt, daß in einzelnen Fallen Nadelhölzer (Fichten und Kiefern) merk—
lich geſchädigt worden ſind.
Die kleinen Raupen benagen vorzugsweiſe die KRoſpen und jungen Früchte;
die ausgewachſenen Raupen hingegen freſſen Bätter bezw. Nadeln (an Kiefern
unter Belaſſen eines Stumpfes) und verſchonen die Knoſpen. Der Fraß beginnt
(wenigſtens an Nadelhölzern) ſtets im äußerſten Gipfel und an den äußerſten Seiten⸗
triebſpitzen, um ſich von da nach unten und innen fortzuſetzen.
Kranke Raupen ſammeln ſich kurz vor der Zeit der Verpuppung gern klumpen⸗
weiſe an den äußerſten Baumgipfeln an.
Der Schaden beſteht lediglich in Zuwachsverluſten. Die befallenen Stangen
ſterben nicht ab, da die Knoſpen unberührt bleiben.
Einige Beiſpiele für den Fraß der Raupen auf Nadelholz ſind:
1. Fraß in Sachen!) (1855) an 16—20jährigen, durch Hüttenrauch beſchädigten
Fichten und Kiefern.
2. Fraß in den Schwarzburg-Rubolftäbtiichen Forften Neuhaus und Cursdorf an
30 — 40 jährigen Fichten (1859) auf einer Fläche von 70—100 ha.)
3. Fraß an einer mehrere hundert Meter langen, 2 m hohen Fichtenhede längs
der Bahnlinie Neuenmark-Hof 1908. Die Hede wurde kahl bezw. Licht gefreffen und zur
Bernichtung der Schädlinge verbrannt.?) |
4. Im Frankenwald (Forftamt Steinwiejen) wurde 1908 Saat: und Schulpflanzen
(Tanne, Fichte und Douglafte) ſtark befreffen, erholten fich aber wieder.)
Befämpfung: 1. Sammeln und Verbrennen der mit Eiern belegten Kokons
(im Winter).
2. Abſchütteln der Raupen auf untergelegte Tücher (Mai) oder Töten der
Raupen durch Antvendung von Sprigmitteln (Rarbolineum).
Bon Ichneumonen wurde bei dem Schwarzburger Fraße beionder? Pimpla instiga-
tor Fabr. bemerkt. Im Frankenwald traten Spinnen als Bertilger der Raupen auf.
1) von Berg: Thar. Ihrb. 1857, 240. — 2) Schinzel: Protokoll über bie
10. Verſ. d. Forſtw. aus Thüringen. Eiſenach 1864, 62. — Derj.: Allg. F. u. J.⸗-Ztg.
1861, 195. — 3) Dihm: Forftw. 3bl. 1908, 685. — 4) Schwarz: Daf. 1908, 626.
Schmetterlinge: Apritojenipinner. Kiefernfpinner. 429
Samilie Bombycidae (Lasiocampidae), Spinner.
Falter ohne Nebenaugen, häufig mit behaarten Nekaugen. Körper plump, wollig
behaart. Fühler bei beiden &ejchlechtern gefämmt; Kammzähne beim Z aber viel länger
als beim 2. Saugrüfjel jehr kurz oder fehlend. Flügel ziemlich breit und fräftig, in der
Ruhe fteil dachförmig. Hinterflügel ohne Haftboriten, in der Ruhe unter den Borberflügeln
meift vorftehend. — Raupe 16füßig, geftredt, zottig oder dünn weich behaart, ohne Knopf:
warzen, aber öfters mit behaarten Fleiſchzapfen auf dem vorlegten Ringe. — Buppe did,
ftumpf, in feſtem Geſpinnſt über der Erde.
1. Bombyx (Dendrolimus) pini L.
Kiefernipinner, Spinner!) (Abb. 209).
Kennzeichen: Ylügelipannung 50—60 mm beim Z, 80 mm beim 2. Körper did
und plump. Kopf Hein und unter dem Halsichilde verftedt; Augen groß. Rumpf grau-
braun; Hinterleib einfarbig braun, ftart behaart. Borderflügel groß, weißlich⸗ bis rötlich»
grau, mit welligem Rande, an der Baſis ftarf behaart; mit einer grau:, gelb- oder rotbraunen
geihwungenen Duerbiude und einem weißen, halbmondförmigen led auf der dem Leib
zunächſt liegenden Hälfte (auf der Grenze zwiichen Wurzel: und Mittelfeld). Beim Z ift die
Duerbinde duntelrotbraun, die ganze Färbung überhaupt dunkler. Fühler des Z doppelt
und lang gelämmt. 2 mit mehr roftbrauner Querbinde, im allgemeinen heller gefärbt und
deutlicher gezeichnet. Fichler einfach und kurz gefämmt. SHinterflügel bei beiden @ejchlech-
tern rotgrau bis roftbraun. Übrigens zeigen Färbung und Beichnung ber Flügel (je nad
Geſchlechtern und Individuen) außerordentlich zahlreiche Abweichungen. — Die Raupe
ift ausgewachſen 50—80, im Mittel 65 mm lang, weiß, grau, gelbbraun, rotbraun, fogar
Ihwarzbraun, überhaupt in der Farbe äußerſt veränderlih. Die Färbung wird von der
Grundfarbe der Haut (Oberjeite vielfach hell, aber auch braun bis dunkelbraun, Bruftieite
rotgelb), von rotgelben, rotbrannen oder vielfach ſchwarzen Hautfleden und von ber Farbe
der Haare beftimmt. Die Haare find weiß auf den Rüden, braun über den Bauchfüßen,
ſchwarz über alle Segmente verteilt und ftahlblau in bejonderen Falten auf der Mitte des
zweiten und dritten Bruftringes. Diefe beiden jammetartigen „Nadenftreifen” treten
ſchon nad der erften Häutung auf und dharakterifieren die Spinnerraupe ſehr ſcharf. Auf
dem elften Ring ebenfall3 blaue Haarbüfchel. — Puppe 20 His 89, im Mittel 30 mm lang,
gedrungen, an beiden Enden ftumpf abgerundet, vorn fchwarzbraun, Hinten heller und
ſchwach behaart, mattglänzend, von einem großen elliptifchen, beiderfeitö zugefpigten, ſchmutzig⸗
weißgrauen bis gelbbraunen Kolon umichloffen, der ftellenweije mit den ftahlblauen Naden:
haaren durchſetzt ift. An der Kopffeite ift das Gewebe ſehr loder, um das Durchſchlüpfen
zu erleichtern.
A. Lebensweiſe.
Der Falter?) ſchwärmt normalerweife Mitte Juli (bis Mitte Auguft). Das
ihwerfällige 2 flattert, zumal in den Abendftunden, nur wenig um die Stämme
herum und fißt in erreichbarer Höhe gern an der gegen Regen und Wind geichüßten
Stammjeite. Die Begattung findet am Stamme ftatt. Das 2 legt in der zweiten
Hälfte des Juli im ganzen etwa 100—300, im Mittel 200 Eier, in 2—3 Häufchen
von je 20—150 Stüd (Abb. 209a), an Kiefern, und zwar vorzugsweiſe an bünnen
Zweigen, feltener an der Rinde des Stammes oder an den Nabeln ab. Die Eier
1) Middeldorpf: Die Bertilgung der Kiefernraupe (Phalaena bombyx. pini) durch
Zeerringe uſw. Berlin 1872. — Reyber, C.: Die große Kiefernraupe, ihre Geichichte ujm.
Stuttgart 1872. — Bernhardt, Auguft: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1875, 57. — Altum: Daf.
1889, 89. — Edftein, Karl: Beiträge zur Kenntnis des Kiefernſpinners Lasiocampa
pini L. Zool. Ihrb. Abtlg. f. Syſtematik uſw. der Tiere. 81. Bd. (1911), 59. — Derf.:
Der Kiefernipinner Dendrolimus (Lasiocampa) pini L., feine Beichreibung und Lebens:
weile. Neudamm 1912. (Neudammer Forſtl. Belehrungshefte. Hft. 1.) — 2) In den Rheins
gegenden heißt der Kiefernfpinner im Volksmund „Tannenglucke“.
430 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
find rundlich elliptifch und von der Größe eines Hanflorns. Urſprünglich blaugrün,
werden fie mit der Zeit braun. d und 2 fterben bald nad) der Begattung beziv.
Eiablage, dad 2 oft etwas früher als dad d. Das fterbende ? Hat feine Eier ges
wöhnlich noch nicht vollftändig abgelegt.
»
6b. 209. Bombyx (Dendrolimus) pin! L. a Gier auf Miefernrinde. b Auagewachſene Raupe. c Puppe.
d Roton. © Männliher, f weibliger Falter (nat. Gr.).
Die Raupen ſchlüpfen 2—3 Wochen nach der Eiablage aus. Nach Edftein
(a. a. D.) verlaſſen 87%, am 14.—18. Tage das Ei. Sie beginnen fofort zu freffen
(Herbftfrag), häuten ſich in Beitzwifchenräumen von zunächſt zehn, ſpäter mehr
Tagen 3 bis 5mal und beziehen bei eintretender Kälte im Oftober oder Anfang
Echmetterlinge: Kiefernfpinner. 431
November ihr Winterlager, unter Moos und Bodenftreu, am Fuße der Fraßbäume.
Bei fehlender Bodendede und genügend Ioderem Boden überwintern fie in legterem.
Übrigens kommt auch das Überwintern in Rindenrigen und unter Borkefchuppen
häufiger vor als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ift.!) Nach Rittmeyer?)
überwinterten die Raupen im Winter 1912/13 auf Schwarzkiefer teilmeife ſogar
in den Kronen und fraßen den ganzen Winter hindurd).
Die Größe der übermwinternden Raupen ift jehr verfchieben, fie ſchwankt (nach
Edftein) zwifchen 1,2 und 7 cm. Die meiften Raupen überwintern in einer
Zänge von 1,2—3 cm; 51—67°/, der überwinternden Raupen find 2,6—3 cm
lang. Im Winterlager liegen die Raupen zufammengerollt bis zum nächften Yrüb-
jahr (März, Anfang April), um jodann wieder aufzubaumen und bis in den Juni
hinein zum zweiten Male zu freflen (Frühjahrsfraß). Einzelne Raupen freien
auch im zweiten Jahre bis zum Herbft und überwintern in ganz oder faft ausge:
wachjenem Buftande noch einmal. Ber dem letzten Spinnerfraß in Schweden und
Norwegen (1902—04) hat ſich gezeigt, Daß zweimalige Überwinterung in den kli⸗
matiſch ungünftigeren nördlichen Gegenden die Negel zu fein fcheint.
Die Zeit des Wiederauffteigen? im Frühjahr hängt hauptſächlich von den
Wärmeverhältniffen ab. Sobald die Bodentemperatur + 4—5° C erreicht, beginnt
allgemeines Auffteigen, deſſen Intenſität mit der Höhe der Luftwärme wächſt
und fällt. Die in den Nindenriffen überminternden Räupchen fteigen namentlich
an den zuerit von der Sonne getroffenen Beftandsrändern meist fchon früher, wenn
der Boden noch dauernd oder doch vorübergehend gefroren ift. Im allgemeinen
fällt das Wuffteigen der Raupen in den mittleren Vagen Norddeutichlands in den
März. Es kann jedoch auch fchon mefentlich früher beginnen. Nah Schwabe?)
ftiegen 3. B. die eriten Raupen in Muskau 1907 fchon am 19. Januar. Wie lange
fih das Aufſteigen binzieht, hängt ebenfall3 von der Witterung ab. Nordmwinde und
Wiedereintritt falten, regneriichen Wetterd wirken verzögernd, Süboftwinde befchleu-
nigend ein. Mitte April ift der Aufftieg unter normalen Berhältniffen meiſt voll-
fommen beendet.
Sowohl im Herbit: wie im Winterlager oder nad) dem Berlafien desjelben im Fruh⸗
jahr find die Raupen gegen Witterungseinflüffe (Kälte und Näffe) wenig empfindlid. Sie
erftarren wohl unter dem Einfluß von Fröften und werden in diejem Zuftand im Herbft
von den Bäumen geworfen, wenn fie hier von rühfröften überrajcht werden, fie gehen
dadurd aber ebenfowenig zugrunde wie dur Winterlälte oder Kälterädichläge im Früh—⸗
jahre. Berderblich kann ihnen nur mildes, mit viel Feuchtigkeit verbundenes Wintermetter
werden, fie verpilzen dann während der Winterruhe, namentlich dort, wo der Standort
ihon au und für fi einen Höheren Wajlervorrat aufweift als der in erfter Linie für
trodene Böden empfänglichen Spinnerranpe lieb ift. Bei anhaltendem Regenwetter wäh—
rend der Fraßzeit ziehen fie fich bisweilen klumpenweiſe in den Nadelbüjcheln oder in den
Aſtwinkeln zufammen, um mehr Schuß zu haben.
Nah dem Auffteigen frefien die Raupen je nach der Größe, in welder jie
überwinterten, mehr oder weniger Nadeln und erreichen ihre normale Länge, gleich-
gültig ob fie als Kleine oder Halb erwachſene Raupen das Winterlager verließen.
Die Berpuppung geht im Juni nad) im ganzen 4—7 Häutungen, 3—4
Wochen nad der letzten Häutung, vor ſich. Jede Raupe jpinnt fich einen Kokon,
1) Nitiche, H.: Thar. Ihrb. 1898, 38. — 2) 3b. f. d. geſ. Fw. 1918, 305. — 8)
Der grobe Kiefernſpinnerfraß in der Oberförfterei Jagdſchloß 1905—09. Neudamm 1910, 22.
432 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
ben fie entweder in der Baumfrone an Nadeln und Zweigen oder in Rindenrifjen
zwifchen ftärfere Borkeichuppen am Stamm anheftet. Die Berwandlung zur Puppe
erfolgt 4—6 Tage nah dem Einfpinnen. Buppenruhe im Mittel. 34 Tage.
Auskommen im Juli.
Generation einfach bezw. zweijährig.
Bei ſtarker Vermehrung wird die Entwickelung bald unregelmäßig. Die Falter
kommen dann teilweiſe erſt ſpät aus, ſo daß die Raupen infolge verſpäteter Eiablage
ſehr klein das Winterlager beziehen. Hin und wieder überwintern in ſolchen Fällen
wohl auch die Eier.
B. Forſtliches Verhalten.
Der Spinner ift in allen Kiefernwaldungen mehr oder weniger häufig
und iſt für diefe, namentlich dann, wenn fie auf trodeneren und damit geringeren
Böden ftoden, das ſchädlichſte Inſekt. Er erfcheint oft mehrere Jahre hinteren:
ander in großen Mengen und wird durch die außerordentliche Gefräßigkeit feiner
im Rache und Borfommer frefienden Raupe (Rienraupe) in vielen Fällen die di-
refte Urſache des Eingehens der befallenen Beftände.
Neben der gemeinen Siefer werben in der Not auch andere Riefernarten (Berg⸗,
Cchwarz!):, Weymouths⸗, Banks-⸗, Pechkiefer), ferner Fichte, Tanne, Donglafie, Sitla-
fihte angenommen. Un Eibe und Wacholder geht die Raupe nicht. Althölzer wer:
den infolge ihres größeren Lichtungsgrades im allgemeinen bevorzugt; bei ftarfer
Vermehrung aber nimmt die Raupe auch Stangenhölzer, mitunter fogar Unterwuchs
und Rulturen an. Bei dem jüngften großen Spinnerfraß in der Muskauer Heide?)
wurden 3. B. neben rund 500 ha über 6O jährigen Beftänden 5 ha bis 20 jährige,
182 ha 21—40jährige und 569 ha 41—60Ofährige Beftände kahlgefreſſen und
vernichtet.
Der Fraß eritredt fich auf die Nadeln. Bis zum zehnten Tages ihred Lebens
benagen die jugendlichen Räupchen die Nadeln nur wenig an den Kanten. Bon da
an aber verzehren fie die Nadeln ganz, indem fie nahe der Spibe beginnen und
bis zur Nadeljcheide herunterfrejien. Während die Scheiden bei hinreichendem Futter:
vorrat unberührt bleiben, werden fie bei Kahlfraß, wo die Raupen gedrängt freifen,
mit verzehrt. In folchen Fällen werden auch die fonjt verjchont bleibenden Nadeln
der Maitriebe angenommen, fowie die Endfnofpen, unter Umftänden fogar die Rinde
junger Triebe angenagt.
Den Gejamtbedarf einer Raupe veranſchlagt Ratzeburg auf ungefähr 1000 Nadeln.
Die neueren genauen Unterfuchungen Eckſteins (a. a. D. 106f.) hierüber weiſen nadh,
daß der Nadelverbrauh der Raupen natürlich feine fonftante Größe ift, jondern ſowohl
von den Dimenfionen und der Beichaffenheit der Nadeln, wie namentlich auch von den
Größenverhältnifien der einzelnen Raupe abhängt. Nah Edftein frißt eine Raupe vor
der Überwinterung im Durchfchnitt 154 ganze Nadeln und benagt 16. Nach der Über:
winterung ſtellt fi der Durchichnittsbedarf auf 600 Nadeln = 87 gr (Minimum 174,
1) In den Schwarzlieferbeftänden um Wiener-Reuftadt trat der Spinner 1912 auf
280 ha meift 40—60jährigen Stangenhölzern, doch auch in jüngeren Beſtänden bis zu
den Kulturen herab in jo großer Menge auf, daß er durch Leimen und Entfernung der
Bodenftreu, Falterfammeln und Berbrüden der Eierhäufchen befämpft werden mußte, vgl.
Rittmeyer: Der Kiefernipinner im Schwarzföhrenwalde. 3bl. f. d. gej. Fw. 1913, 805. —
2) Schwabe: a. a. O. 23.
Schmetterlinge: Kiefernfpinner. 433
Marimum 845). Je Heiner die Raupe überwintert, um fo mehr frißt fie naturgemäß beim
Frühjahrsfraß.
Bei vollſtändigem Kahlfraße mit teilweiſer Knoſpenzerſtörung ſtirbt der be⸗
fallene Beſtand unfehlbar ab. Als Vorboten des Todes treten dann oft die eigen⸗
tümlichen, bũſchelförmigen Triebbildungen auf, welche Ratzeburg treffend als „Ro⸗
ſetten“ bezeichnet hat. Die Erhaltung der Stämme ſoll nach ihm dann zu hoffen
ſein, wenn im Stangenholz noch etwa 100, im Altholz über 200 Nadelbüſchel an
einem Stamme grün ſind. Dieſes Kriterium iſt aber kein ſicheres Kennzeichen für
das Erhaltenbleiben oder Abſterben eines durch Raupen befreſſenen Beſtandes. Viel⸗
mehr kommt es hauptſächlich auf die Menge, Größe und den Geſundheitszuſtand der
Knoſpen an. Sind die an den Endtrieben der Zweige ſtehenden Knoſpen noch ge⸗
ſund, ſo kann wohl auf Erholung der nahezu kahl gefreſſenen Beſtände gerechnet
werden.
Der Fraß vom April bis zum Juni iſt im allgemeinen gefährlicher als der
Herbſtfraß, weil der Nahrungsbedarf der Raupen im Frühjahr weit größer iſt als
im Herbſt. Wie bei der Nonnenraupe iſt auch beim Spinner das Wachstum und
damit die Nahrungsaufnahme der Raupe während der lebten 14 Tage vor dem
Einipinnen am größten. In einem lang andauernden warmen Herbft Tann jedoch)
auch der Herbitfraß ſchon vernichtend wirken und kann fogar gefährlicher jein als
der Frühjahrsfraß. Die große Maſſe ber im Herbit freffenden Raupen macht unter
Umständen, wie Schwabe (a. a. D. 22) bervorhebt, den geringeren Nahrungs-
verbrauch des Einzeltieres volllommen gegenftand3los, während die im Winterlager
eintretende Dezimierung der Raupen, wenn fie groß genug ift, dem Frühjahrs⸗
fraß einen Teil feiner Berberblichkeit zu nehmen vermag.
Die durch Maffenvermehrung des Spinners herborgerufenen Kalamitäten dauern
gewöhnlich mehrere Jahre. Die Fraßperiode ift meift dreijährig, mitunter folgt
noch ein Nachjahr. Am zweiten, zuweilen auch erft im britten Jahre, erreicht der
Fraß jeinen Höhepunkt. Meift ift der eigentlichen Kalamität im: dritten Fraßjahre
aber bereit3 die Spibe abgebrochen. Die Raupen des erften Jahres find am kräf⸗
tigften. Bereit? vom zweiten Fraßjahr ab machen ſich Unregelmäßigfeiten und Ver⸗
Ihiebungen im Entwidelungsgang der Raupen bemerkbar; im dritten Jahre mehren
ich jene auffallend. Schniaroger-Anjelten und Pilze entfalten eine immer größere
Zätigleit, und der Fraß endigt gewöhnlich mit einem maſſenhaften Abiterben der
von Schneumonen uſw. angeftochenen oder der verpilzten Raupen.
Die eigentlide Heimat des Kiefernſpinners find reine Kiefernwaldungen auf
mageren, fandigen Böden in trodenen ebenen und hügeligen Lagen, mehr im nörb-
lihen und nordöftlichen Deutichland ala im Süden und Weiten, im Gebirge fommt
er nur ganz vereinzelt vor. Durch mehrere aufeinanderfolgende warme Sommer
wird feine Vermehrung außerordentlich begünftig. Wo der Spinner einmal ver⸗
heerend aufgetreten ift, pflegt er periodijch immer wieder fich einzuftellen.
Geſchichtliches über neuere Spinnerlalamitäten.
Im Forftrevier Gohriſch!) (Sachſen) z. B. fra die Kiefernraupe in den Zeiträumen
1836/39, dann wieder 1844/46, 1877/79 und 1888/90.
1) Dietrich, Hr.: Thar. Ihrb. 1847, 112. — Bgl. die weiteren Artikel daj. 1880,
812; 1883, 186.
HeB, Forftfhug. I. 4. Aufl. 28
434 Erſtes Buch. Schu gegen Tiere.
In den zehn Jahren 1863—1872 wurden in dem Länderftrihe von Weitpreußen bis
Sachſen 177000 ha SKiefernbeftände vom Spinner befallen, jodaß zwei Millionen fm
Holz eingeichlagen werden mußten. In Preußen allein trat er auf 41692 ha auf und
fraß 10244 ha kahl.
In den Sahren 1887 und 1888 trat die Epinnerraupe in einigen nordbeutichen
Mevieren (Freienwalde, Grünewalde a. b. Eibe ufw.) in großer Menge auf.
1888 und 1889 fand ein ausgedehnter Fraß in der heſſiſchen Rhein-Mainebene
(Forſt Lorch uſw.) ) ftatt.
Gleichfalls in die Jahre 1888, 1889 und 1890 fällt ein bedeutender Fraß der Kien-
raupe im Negierungsbezirt Oberfranten (Bayern). Er erftredte fich auf ungefähr 7000 ha
Staats-, Kommunal: und Privatwalbungen, wovon etwa 2500 ha von Maſſenfraß ernſtlich
bedroht waren. Auch in dem zu Mittelfranken gehörigen Nürnberger Reihswald nahm
die Kalamität eine beträchtliche Ausdehnung an. ”)
Ebenfo trat der Spinner 1889 in den Mecklenburg-Schwerinſchen Yorften in bedroh⸗
Iiher Menge auf.
1896 zeigte er fich in Oft» und Weitpreußen und Bommern in großer Anzahl; 1901
hatte der „Unterwald“ in der Mainebene (zwiſchen Alchaffenburg und Hanau) einen um
fangreicheren Fraß.
1902 - 1904 wurden norwegiſche und ſchwediſche Forften ?) (in der Nähe von Elverum
in Norwegen) ſtark heimgeſucht. 1902 verurſachte die Raupe 400 ha Kahlfraß. 1903 wurben
2500 ha geleimt.
19056—1909 fand ein großer Spinnerfraß in der Musfauer Heide ) ftatt und verur⸗
fachte allein in der Standesherrfhaft Musfau 1268 ha Kahlfraß.
C. Betämpfung.
a) Vorbengung.
1. In den durch öfteren Spinnerfraß heimgefuchten Gegenden Vermeidung
- ausgedehnter gleichalteriger Orte durch Wechjel der Altersklaſſen. Wo der Boden
es erlaubt, Begünstigung der Einmiſchung von Laubhölzern (Birke, Robinie, Alpe)
oder Nadelhölzern (Fichte, Strobe).
2. Geeignete Boden= und Beitandspflege.
Die Streudede iſt möglichft zu erhalten, weil die in ihr und unter dichten Boden-
deden überwinternden Raupen leichter verpilzen als die in reinem Sand überwinternden.
Durdforftungen find in entipreddender Stärke angezeigt, obgleich dichte Beftände weniger
gern beflogen werden als lichte. Durchforftete Orte erleichtern dafür die Kontrolle und Be⸗
fämpfung.
3. Sorgfältige Beftandsrevifion auf Raupen, namentli im November,
nachdem die Raupen ihre Winterquartiere bezogen haben, durch Probeſammeln
oder Brobefuden.
Dad Probefanmeln (Srauenarbeit im Tagelohn) wird meift in der Weiſe vorge-
nommen, daß man am Fuße eines Stammes eine kreisförmige Fläche mit einem Halb-
mejler von 1 m mit der Hand oder mit Hilfe einer Heinen Harle von der Moos⸗ oder
fonftigen Pflanzendede befreit und dieſe ſowohl wie die darunter befindliche Humus: und
Rohbodenſchicht jorgfältig abfucht. Die gefundenen Spinnerraupen uſw. werden in irgend
ein Gefäß getan.
1) Heyer, Eduard: Ztichr. f. %. u. Iw. 1888, 564. Mit Zufag von Altum 567.
— Bgl. hierzu weiter daf. 1890, 618 und Allg. F. u. Y.:Btg. 1889, 185. — 2) Lang,
Gg.: Forſtw. Zbl. 1891, 1, hier 3— 25. — 3) Metzger: Mttlgn. d. Deutſch. Landw.⸗
Geſellſch. Beilage 18 zu Stüd 27, 1904. — Mitlgn. d. Deutich. Yorftvereind 1904, 108.
— N. forftl. Bl. 1904, 368. — Ziſchr. f F. u. Im. 1904, 671; 1906, 89. — 4) Schwabe,
a. a. O.
Schmetterlinge: Kiefernfpinner. 435
In meitftändigen und jehr verunfrauteten Altholzbeftänden, wo die Raupen nidht
immer in ber Schirmfläcdhe des Fraßbaumes ihr Winterlager fuchen, fondern an geeigneten
Bopdenftellen fich neftermeife zufammenziehen, ebenjo in ftärker befallenen Orten, wo überall
Raupen liegen, empfiehlt es fich, dad Probefammeln nicht ſtamm⸗, jondern mehr flächen
oder ftreifenweife vorzunehmen. Man tut dann gut, ',—1 a große Flächen oder ſchmale
(bis 1 m breite), kreuzweiſe durch den Beſtand gelegte Streifen abzujuchen.
Findet man bei diefem Probefuchen Raupen in bedenklicher Anzahl vor und ergibt
die Unterfuchung derſelben auf Krankheiten!) ufw., daß eine mwejentliche Verminderung durch
die natürlichen Gegengewichte (ſ. unter 4) nicht zu erwarten ift, jo muß die Bertilgung
ins Auge gefaßt werden, weil dann ſicher auf das Vorhandenfein von mindeftens der dop-
pelten bi3 dreifachen Raupenmenge gerechnet werden Tann.
Nach Unterfuhungen im Anhaltiſchen bleibt bei ſchwacher Vermehrung das 2—6 fache,
bei ſtarker Bermehrung ſogar das 6— 14fache der beim Probeſuchen gefundenen Raupen⸗
zahl liegen. Gefunden wurden in der Oberförſterei Serno?) in den neun Jahren 1881/82 —
1889/90 auf einer Gejamtflädhe von 28450 qm unter 3269 Stämmen:
im Winterlager 2411 Raupen oder i. D. 1-2 Raupen auf einen Stamm,
unter Zeimringen 216564 „6-7
Überſehen waren „biernady beim Sammeln im Winterlager 19248 Stüd oder die achtfache
Menge der geſammelten.
Die von Troft?) veröffentlichten Tabellen laſſen erkennen, daß fünf⸗ bis zwölfmal
mehr Raupen vorhanden fein können, als das forgfältigite Probeſuchen erieift.
Einer ganz beſonders gründlichen Überwachung und Revifion bedürfen die oben als
Lieblingsplätze bezeichneten Ortlichfeiten (trodene, leichte Höhenzüge), weil fi von
ſolchen Inſektenherden aus das Übel leicht weiter verbreitet.
4. Schonung der Feinde Säugetiere: Fledermäufe, Igel. — Bögel:
Kuckuck, Wiedehopf, Pirol, Meifen, Goldhähnchen, Baumläufer, Ziegenmelker, Star,
Raben: und Saatkrähe, Waldkauz uſw. — Inſekten: a) Raubinjelten: Carabus-
Arten, Calosoma sycophanta, die Kamelhalsfliege (Larve) und verichiebene Baum:
wanzen.
b) Barafitifhe Inſekten: Der Kiefernipinner dient einer großen Anzahl
von PBarafiten als Wirt. Sie jchmarogen in den Eiern oder in den Raupen und
werden teilmeife mit ind Puppenſtadium Hinübergenommen.
Die Hauptfählicäften Spinnerparafiten find: Hymenopteren: Anomalon circum-
flexum L., Pimpla instigator L., P. Holmgreni Schmiedkn., Meteorus versicolor Weam.,
Microgaster = Apanteles-Arten und Teleas laeviusculus Ratz. — Dipteren: Argyro-
phylax bimaculata Htg., Sarcophaga-Arten und Tachina larvarum L.
Teleas laeviusculus lebt im Ei, alle übrigen in der Raupe. Anomalon, Pimpla,
Sarcophaga verlafien aber ihren Wirt erft, wenn er fih im Puppenftadium befindet. Die
Raupen werden jchon im Herbit, bevor fie ind Winterfager gehen, von den Paraſiten mit
Eiern belegt. Nur die in großer Anzahl in der Raupe lebenden nach dem Ausbohren
fi) verpuppenden und in Form zahlreicher weißer Tönnchen der abgeftorbenen Raupe an-
haftenden Microgaster:Arten (Abb. 210) haben doppelte Generation.
Die von den parafitiichen Anjeften bei der Vernichtung des Spinners geleitete Hilfe
wird, wie bei allen anderen NRaupenfalamitäten, allerdingd erft in den fpäteren Jahren
einer Mafjenvermehrung wirffam. Sie vermag das Eintreten größerer Verheerungen auch
deshalb nicht zu verhindern, weil bie infizierten Raupen nach dem Verlaſſen des Winter-
fagers nicht etwa jofort eingehen, fondern vielmehr eine jehr intenfive Freßluſt entwideln
und in der Erreichung der normalen Größe bzw. de3 Puppenftadiums durch die Barafiten
1) Das Königlich preußiſche Yinanzmintfterium erteilte bereit im Jahre 1868 „Ans
ordnung von Unterfuchungen der Spinnerraupen nad Schneumonen‘ (Allg. F. u. J.⸗Itg.
1868, 427). — Bgl. hierzu auch Editein: D. Yorftstg. 1907, 53. — 2) Calezki: Ztichr.
1. $. u. Iw. 1891, 277. — 8) Thar. Ihrb. 1903, 117. — Bgl. auch die diesbezügl. Bes
merfungen. Allg. F. u. J.-Ztg. 1902, 363 u. Ztſchr. f. %. u. Iw. 1906, 39.
28”
436 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
zum großen Teil nicht beeinträchtigt werben. Immerhin find bie Barafiten für das Er-
löfchen eines Fraßes nicht bebeutungslos. So fand Altum!) von 8811 Spinnerfofons
(4574 männlide und 3787 weibliche) im ganzen 1788 durch Anomalon circumflexum L.,
Pimpla Holmgreni Htg., Pteromalas puparum L., Microgaster-rten, Tadjinen, jowie
von Meifen, Krähen uf. zerftört. Eſcherich und Baer?) ftellten feit, da von den aus
einem erlöfhenden Fraß ftammenden Spinnerpuppen 70%, mit Sliegenlarven aller Art,
namentlich Sarcophaga:Larven, beſetzt waren.
Eine nit unbebeu:
tenbe Rolle bei der Spin
nerbefämpfung ſpielen
ferner die durch Pilze er-
zeugten Raupenfranf-
heiten. In erfter Linie
tommt hierbei ein Pyre⸗
nombget,Cordicepsmi-
litaris, Fries, in Be
teadht, ber die Raupen im
Winterlager infiziert und
ftellenweife fo intenfiv auftritt, daß der weitaus größte Teil der Raupen ihm zum
Opfer fällt. Da die verpilzten Raupen während der Winterruhe eingehen und dem⸗
nad) nit zum Frühjahrsfraß kommen, kann, wie Beiſpiele“) belegen, eine drohende
Maffenvermehrung des Spinners duch den Pilz im Keime erftidt werben.
Die Infektion der Raupen erfolgt (nah de Bary) durch Keimſchläuche, die von
außen dur die Stigmen in das Innere eindringen. Sie zerjegen den Fettkörper und
ſchnüren Konidienfetten ab, welche auch die Blutmaſſe durchdringen, bis diefe ganz er-
fünt if. Die abfterbenden Raupen werden vom Mizel allmählich vollftändig durch
wuchert. Bricht man eine derartige verpilzte Raupe auseinander, jo eriheint das
Innere von einer feuchten, kautſchukartigen Maffe erfüllt.) Gpäter erhärten bieje
Raupen, jhrumpfen etwas ein und überziehen fi mit einem weißen Ylaum. Diejer
befteht aus Heinen Konibienträgern, bie den nad außen durchgewachſenen Myzel-
äften (Fruchthyphen) auffigen. Die an biefen Fruchthyphen ſich abſchnürenden Kugelfoni-
dien tragen zur Berbreitung der Krankheit bei, fofern ihnen die zum Ausleimen not»
wendige Jeuchtigleit zur Verfügung fteht. Andere als lsaria farinosa Fries bezeichnete
Konidienfruftififationen entftehen durch Bildung gelblicher ober orangefarbiger, jehr ver—
änberlicher Stromata, an beren Spige die Konidien abgejnürt werden. Die Schlauch-
fruchtform entwidelt ſich erft im Sommer (Auguft) des folgenden Jahres. Bis 4 cm lange,
feulen ober fabenförmige orangegelbe Sruchtträger brechen dann aus den Raupenleichen
heraus und tragen die mit adhtiporigen Schlauchfrüchten angefüllten Perithezien.
Abb. 210. Raupe des Kiefernfpinners mit Microgaster-totond (nat. Gr.).
b) Bertilgung.
1. Zeimen ber befallenen Beftänbe.
Im Kampfe mit dem Kiefernfpinner ift der Leimring — vorſchriftsmäßige
Ausführung, rechtzeitiges Anlegen und guter Leim vorausgeſetzt — das befte,
weil abjolut wirkſame Abwehrmittel. Mit der Erfindung des Leim= bzw Teer-
ringes hat der Spinner feine früher mit Recht Hoch angefchlagene Bedeutung als
1) Ziſcht. f. F. u. Im. 1890, 400. — 2) Raturw. Ztichr. ſ. F. u. Liv. 1910, 161. —
3) Eſcherich u. Baer: 1910, 159. Darnach waren 1899 im Neuborfer Revier (Muskauer
Heide) die in einem 7öjährigen Kiefernbeitand maflenmweife — bis 500 Stüd auf einen
Stamm — vorhandenen Spinnerraupen jo ftart verpilät, daß z. B. von 900 eingejammel«
ten Eremplaren nur drei nod) Iebensfähig waren.
Schmetterlinge: Kiefernfpinner. 437
gefürchteter Beſtandsverderber verloren. Der Kampf gegen ihn ift nur noch eine
Geld⸗ und Kraftprobe, der ſich der Waldbefiter unterziehen muß, fobald durch Beob-
achtung oder beifer mit Hilfe des Probeſammelns ein ftärkeres Auftreten des Schäd⸗
lings feitgeitellt ijt.
Bei welchem Ergebnis des Probeſammelns das Leimen einzufegen bat, läßt
fih allgemein nicht beftimmen. Die VBerjchiedenheit der Beſtands- und Standorts-
verhältniffe, der Arbeiterfrage, der wirtſchaftlichen Lage des Waldbeſitzers uſw. bringt
es mit fich, daß einheitliche Grenzwerte für die Leimnotwendigkeit nicht aufgeftellt
werben können. Bom Standpunkt des Forſtſchutzes ift es richtig, die lebtere ſchon
bei einer geringen Raupenzahl zu bejahen. Es empfiehlt ſich, dem entgegenlaufen-
den Streben des finanziellen Standpunktes um fo weniger nachzugeben, je jünger
oder geringer die bedrohten Beitände find und je mehr es fich zunächſt um lokali⸗
fiertes, mehr herdweiſes Auftreten des Spinners handelt. Andererſeits ift übertriebene
Ängftlichkeit angefichts der durchichlagenden Wirkung des Leimringes nicht notwendig.
Sobald die Zahl der beim PBrobefammeln gefundenen Raupen für einen Stamm
im Altholz 50, in Stangenholz 25, in der Didung 15 überfteigt, Tiegt im allges
meinen Qeimbebürftigleit vor, insbejondere dann, wenn fehlende Sorgfalt oder
Schwierigleiten beim PBrobefuchen vermuten lafjen, daß nur ein geringer Bruchteil
der überhaupt vorhandenen Raupen gefunden worden ift (vgl. oben ©. 435). In
jolden Fällen kann jehr wohl die Beſtätigung einer weit Heineren Anzahl von
Winterlagerraupen, 3. B. von 5—10 auf einen Stamm, Anlaß zur Bolleimung
fein. Dafjelbe gilt für Reviere, wo der Mafjenvermehrung mit Rüdficht auf jowie-
jo fümmernde Bejtände entgegengetreten werden muß oder wo e3 unbedingt ratſam
ift, die Keime einer Maffenvermehrung zu erjtiden, weil es an Arbeitskräften fehlen
würde, größere Flächen durch Leimung rechtzeitig zu ſchützen.
Die Feitftellung eines ftärkeren Barafitenbefalles in den Winterraupen hat für
die Beurteilung der Leimnotwendigfeit feine weſentliche Bedeutung. Da die infi-
zierten Raupen meift ebenfoviel frefjen wie die gefunden, ift lediglich die Zahl der
Raupen maßgebend, nicht die Zahl der Parafiten. Anders Tiegen die Verhältnifie,
wenn viele pilztranfe Raupen im Winterlager gefunden werden, da diefe für den
Frühjahrsfraß nicht mehr in Betracht kommen.
In bezug auf die Spezielle Ausführung des Nötens und Leimens
(Leimſorte, Zeimbedarf, Geräte, Koften ujw.) wird auf das bei der Belämpfung ber
Nonne hierüber Gefagte (S. 395 ff.) verwieſen Wir beichränfen uns im nachſtehenden
nur auf einige kurze Bemerkungen über die wenigen, mit der Nonnenbekämpfung
nicht ganz übereinjtimmenden Bunte.
Sie betreffen die Zeit des Leimen und die Dimenfionen der Leimringe.
Das unter Umftänden jehr frühzeitige Auffteigen der Raupen bedingt die fFertig-
ftellung der Ringe, wenn möglich, bis Ende Februar. Iſt es zu diefem Zwecke notwendig,
bei Froftwetter zu leimen, fo verteuert ſich Die Arbeit infolge Erftarrens des Leimed. Der
Leim muß, um die erwünſchte Konfiftenz zu befommen, über Feuer erwärmt oder mit heiß
gemachten eifernen Werkzeugen durchgerührt werden.
Was den zweiten Punkt, die Dimenjionen des Ringes anlangt, jo hat man beim
Kiefernipinner meift relativ breite und dide Ringe für notwendig erachtet, weil die Spinner:
raupen Hin und wieder aggreifiver gegen den Ring vorgegangen find als es die fchon
durch den Geruch des Leimes abgeichredten Nonnenraupen zu tun pflegen. Namentlich ijt
bei der legten Spinnerfalamität in Skandinavien beobachtet worden, daß bie in großer
438 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
Menge aufbaumenden Raupen die Ringe nicht nur zu Überfchreiten fich bemühten, jondern
fogar vom unteren Rande herein befraßen. Dieſes Borfommnis rechtfertigt die Anwendung
bejonder3 breiter und dicker Ringe aber nicht. Vielmehr weten andere Erfahrungen darauf
hin, daß 3 cm breite Ringe von 3 mm Dicke Hinreichend find, um felbft große Raupen
mengen — in Muskau bis über 6000 an einem Stamm!) — von den Kronen abzujperren.
NRittmeyer?) verlangt im Gegenja hierzu '/, cm dide und handbreite Ringe.
2. Bernichten der Raupen mit Hilfe von Yanggräben.
Die Gräben dienen in eriter Linie der Siolterung und find hauptſächlich dort
am Platze, mo e3 ji) darum handelt, Beitände bzw. Kulturen gegen das Einwan:
dern von Raupen aus benachbarten, ſtark befallenen Orten zu fchügen. Die Raupen
werden allerdingd nur durch Hunger zum Abtvandern gezwungen. Es empfiehlt
fih aber fehr. die dem Kahlfraß entgegengehenden Beftände durch Ziehen von Fang⸗
gräben zu ilolieren, jobald verfchont gebliebene oder weniger befallene Orte Daneben
liegen. Die Gräben wirken dann als ein gutes Abwehr: und Bertilgungsmittel, vor-
ausgeſetzt, daß die Hineingefallenen Raupen täglich in die Fanglöcher zufammengefehrt
und Durch Übererden oder Zerquetfchen unschädlich gemacht werden. An Stelle von
Fanggräben können auch Leimftangen zur Abfperrung der Fraßorte benußt werben.
In der Oberföriterei Jagdſchloß (Muskau) wurden i. J. 1907 67737 fm. yang-
gräben ausgeworfen. Der Erfolg war ein durdhichlagender; filometerweit lagen die Raupen
2—3 cm body in den Gräben und die Fanglöcher mußten bis fünfmal erneuert werden,
da fie bi8 an den Rand voll Raupen waren. (Schwabe: a. a. O. 19.)
Die Frage, ob es notwendig ift, auch die rechtzeitig geleimten Beftände durch Gräben
zu tjolieren, wird von den Mudlauern Erfahrungen nicht bejaht. Abwanderungen aus
nod grünen, geleimten Beſtänden fanden hier in ſchädlicher Form nicht ftatt. Die Raupen
verjuchten vielmehr, ‘ohne den einmal gewählten Baum zu verlaffen, immer von neuem,
den Ring zu überfteigen.
3. Abbrennen der raupenfräßigen Orte (an windftillen Tagen).
Nur als Außerftes Mittel anzumenden, namentli danı, wenn es fich um ftarf be
fallene junge Orte (Didungen) handelt und wenn ber Fraß örtlih noch auf Heine Flächen
beichränft if. Dan gibt dieje preis, um ber Gefahr weiterer Berbreitung der KRalamität
vorzubeugen. Selbſtverſtändlich find Hierbei die durch die Unigebung bedingten Vorſichts⸗
maßregeln anzumenden. .
4. Nicht zu empfehlen ift das früher hier und da üblich gewejene Übererden*) ber
nächften Umgebung der Fraßſtämme auf etwa 10—15 cm Höhe, um den Raupen das Her-
ausfommen aus dem Boden unmöglich zu machen. Das Verfahren ift zu Loftfpielig.
Ebenjowenig brauchbar find die folgenden, im Einzelfalle, namentlih im Anfangs»
ftabium eines Fraßes und auf Meinen Flächen hin und wieder zur Anwendung gelommenen
Bertilgungsmaßnahmen: Sammeln der Eier, Sammeln der Raupen im Winterlager oder
Bernichten derjelben während der Winterruhe durch Moos⸗ und Streurechen, Ableſen der
Raupen in Kulturen und Didungen bzw. Abprellen in ſchwächeren Stangenhölzern, Sams
meln der Puppen und Schmetterlinge. Dur Streuentnahme im Winter laffen ſich natür-
lich große Mengen von Raupen unſchädlich machen, doch empfiehlt es fich, erft dann zu
biefem Hilfsmittel zu greifen, wenn die Leimung aus irgendiwelchen Gründen undurd)
führbar ift.
2. Bombyx (Malacosoma) neustria L.
Ningelipinner. (Abb. 211).
Kennzeichen: Flügelipannung de3 J 30—32 mm, des 2 36—40 mm. Körper und
Borderflügel odergelb () bzw. rotbraun (2); legtere ohne weißen Mittelfled, in der Mitte
don einer breiten, ſchwach gebogenen, rotbraunen, beiderjeit3 durch hellere Streifen bes
grenzten Duerbinde durchzogen. Hinterflügel etwas Lichter gefärbt, mit einem vermafchenen,
1) Schwabe: a. a. ©. 16. — 2) BÖL f. d. gef. Fw. 1918, 310. — 3) Habe:
Ztſchr. f. F. u. Iw. 1878, 190.
Schmetterlinge: Ringelfpinner. 439
oft undeutlichen dunkleren Mittelftreifen. Franſen unregelmäßig gefhedt. — Raupe 45
bis 50 mm lang, braun, mit weißlicher Mittellinie und blauen Geitenftreifen (Sivree-
raupe), unten grau; auf dem blaugrauen Kopfe mit zwei großen, ſchwarzen Fleden;
dünn und lang behaart. — ’Buppe 20 mm lang, ftumpf zugeipißt, blaufctwarg, furz«
pelzig, mit weißen Punkten an der Seite, in einem gelbweißen, dichten Kolon.
Lebensweife ufw.: Flugzeit: Juli (abends). Den Tag über ruht der Falter
mit dachartig angezogenen Flügeln an verftedten Orten. B
g
[2 b ° da
Abb. aii. Bombyx (Malscosoms) neustris L. a Männlier Falter. b Eierringel. o Puppe. d Aubgemadifene
Raupe (rat. Gr.).
Das 2 legt etwa acht Tage nad) der Begattung 300-400 halbkugelige, brauns
graue "Eier dicht zufammen in Form eines breiten Ringes fpiralfürmig um junge
Triebe (Abb. 211b) verfchiedener Laubhölzer. Vorzugsweiſe wird ber Iehte, aus⸗
nahmsweiſe der vorjährige Trieb belegt. Die Eier überwintern.
Die in der Jugend ſchwarzen Raupen kriechen im April oder Unfang Mai
aus, frefien gefellig, folange fie noch nicht ausgewachſen find und überziehen bie
Biveige mit Gefpinftjäden. Bei ungünftiger Witterung und zum Bwede der Häus
tungen kehren fie in ein gemeinfchaftliches, in einer Aftgabel angebradhtes, braun⸗
graues Geſpinſt zurüd. Später zerftreuen fie fich und. verpuppen ſich einzeln Mitte
Juni zwifchen verfponnenen Blättern ober in Rindenrigen.
Austommen im Juli. Generation einfach. Überall und Häufig.
Man trifft die ſehr polyphage Raupe auf faft allen Laubhölzern an, befonders
auf Obftbänmen, im Walde vorzugsweiſe auf Eihen, Hornbaum und Bappeln.
Nur Eiche und Linden ſcheinen verſchmäht zu werben.
Der Fraß erjtredt fi im Anfang auf Blüten und Blattlnofpen, dann
auf die Blätter und wird in den Obftgärten fchäblicher als im Walde.
Belämpfung (für Obftgärten und Baumſchulen):
1. Vernichten der Eierringel durch Überftreihen mit Raupenleim oder Abz
ſchneiden der mit ihnen befegten Hfte im Herbft.
2. Berquetichen der in den Aſtgabeln figenden Raupenfamilien mit ftumpfen
Befen, ummidelten Stangen uſw. im Frühjahr.
3. Abbrennen der Raupennefter mit Raupenfadeln.
4. Beipripen der Raupenfamilien mit Infektiziden (Schmierjeifenlöfung).
8. Bombyx (Eriogaster) lanestris L.
Birlenneftipinner.
Kennzeichen: Flügelipannung 30—40 mm, 3 etwas größer ald Z. Flügel roftrot
ober blaͤulich⸗grau mit einem ſchmalen, geihlängelten, weißen Duerftreif. Vorderflügel am
440 Erfted Buch. Schug gegen Tiere.
Grunde dunkler, mit je einem weißen led an ber Wurzel und in der Mitte. 2 mit dichtem,
grauem Wollbauſch am After. — Raupe 40 bi3 50 mm lang, blaufchwarz. mäßig dicht, aber
lang behaart, mit zwei Reihen rotgelb bebaarter Rückenwarzen, darunter auf jedem Ring
meift drei weiße Punkte. — Puppe gedrungen, odergelb, in einem kurzen, feiten, blaß⸗
gelben Kokon.
Lebeusweiſe ufw.: Slugzeit im April.
Die Eier (bid 200 Stüd) werden in Form eines 2—3 cm breiten piral-
förmigen Bandes an einjährige Triebe der Birken uſw. abgelegt und mit blaugrauer
Afterwolle bededt.
Die Raupen Ichlüpfen im Mai aus und leben geſellig i in einem gemeinfchaft-
lichen, fauftgroßen, bis 25 cm langen, fpindelförmigen, graumweißen, meift in Aft-
gabeln hängenden Gejpinfte, welches fie nur verlaflen, um auf Fraß auszugehen.
Diefer erjtredt fih auf Blätter, vorwiegend der Birken, untergeordnet auch
anderer Laubhölzer (Eichen, Linden, Weiden, Bappeln, Kirch, Pflaumenbaum,
Weißdorn uſw.) und dauert vom Mai bis Zuli. Die Birkenkätzchen werden beim
Fraße verfchont. Berpuppung im Zuli am Boden unter Laub uſw. Die Buppen
überwintern; in vereinzelten Fällen findet ein Überliegen bis ing zweite oder dritte
Jahr ftatt.
Generation in der Regel einfach. Häufig.
Bekämpfung wie beim vorigen.
4. Bombyx (Gastropacha) quercus L.
Eihhenfpinner.
Kennzeichen: Z kaftanienbraun, Heiner als das odergelbe 2. Borderflügel mit gelb»
lich⸗weißem Mittelfled. Beide Flügel mit ſaumwärts verwaschenem, Hellerem Querftreif. —
Raupe behaart, braungelb mit fchwarzen, weißpunktierten Ringeinjchnitten und weißen
Geitenftreifen.
Lebensweise ufw.: Flugzeit Juli. Raupe polyphag an Laub» und Nadelhölzern,
frißt bis Ipät in den Herbft, übermwintert und macht Frühjahrsfraß. Nah Altum!) ift
die Raupe in Nadelholz- und Eichenjaaten ſchädlich geworden.
Belämpfung: Abjangen der Raupen durch Fanggräben. Direltes Sammeln (bei
Heineren Flächen). Übereggen oder Überwalzen der bejallenen fläche, wenn der Heibel-
beer: oder Heideüberzug ſtark beſetzt ift.
Samilie Noctuidae, Eulen.
Fühler borftenförmig, faft ftetS fein gemimpert, bei den Z einiger Arten gefämmt.
Stets mit Nebenaugen. Saugrüſſel kräftig entwidelt. Vorderflügel jchmal, in der Ruhe
meift dachförmig, nur bei einigen Arten mwagerecht fibereinander geihoben. Hinterflügel
fürzer, aber breiter, ungeteilt, faltbar, ftet3 mit Haftborfte. Färbung meilt einfach grau
oder braun; charakteriftiih ift die fog. Eulenzeichnung der Vorderflügel. Durch zwei
Duerbinden entitehen hier drei Felder: das Baſal- (oder Wurzel-:), dad Mittel- und das
Saumfeld. Im Mittelfelde befinden ſich meift drei fog. Makeln, der Zapfen, Ring» und
Nierenmalel. Körper fräftig, glatt behaart. Hinterleib did, am Ende verjüngt. Flug zur
Nachtzeit oder in jpäter Dämmerung, felten am Tage. Generation einfad. — Raupen
meift nadt, jeltener behaart und gewöhnlich 16beinig, mitunter nur 14: oder 12 beinig.
Berpuppung der nadten Raupen vorherrichend im Boden in einem Gehäufe aus dur
Fäden miteinander verbundenen Sandlörnern, der behaarten Raupen oberirdifch in einem
Geſpinſte. Puppen meiſt ſchlank, ſpindelförmig, dunkel gefärbt.
1) Ziſchr. f. F. u. Iw. 1897, 612; 1899, 36.
Schmetterlinge: Eulen. 441
Eine große Anzahl von Eulenraupen lebt auf Holzgewächſen und verzehrt deren
Radeln und Blätter; noch größer ift aber die Zahl der auf Gräfern und Kräutern vors
fommenden Arten. Einzelne Arten leben im Innern der Fraßpflanze, einige auch von
deren Wurzeln.
In forſtlicher Hinficht Haben manche Eulen eine weitergehende Bedeutung.
Namentlich vermögen die an Nadelhölzern (Kiefer) Iebenden Arten wirtjchaftlich be-
achtenswerte Schäden zu verurſachen. Die auf Laubhölzern mehr oder weniger
polyphag vorlommenden Urten haben weit geringere Bedeutung, wenn fie auch hin
und wieder in größerer Menge auftreten. Der Vollſtändigkeit halber feien fie ohne
weitere Berüdjichtigung ihrer engeren ſyſtematiſchen Bufammengehörigfeit zunächſt
furz erwähnt.
A. Lanbholzſchädlinge. (Beſtaudsberderber).
L Noctua (Acronycta) aceris L.
Ahorneule.
Kennzeichen: Flügelſpannung 40—45 mm. Borderflügel mweißgruu, mit dunkel⸗
brauner Zeichnung. Bing: und Nierenmafel mit dunflem Rand und durd) einen lichteren
Zwiſchenraum getrennt. Bmwilchen Nierenmalel und Saum eine helle, gezadte, beiderfeit3
dunkel eingefaßte Doppelbinde. Hinterflügel weiß, mit bräunlich beftäubten Adern. Yühler
beider Geichlechter borftenfürmig, braun. — Raupe 40 bis 50 mm lang, 16beinig, rötlich-
gelb, mit ſchwarzbraunem Kopf. Auf jedem Ring ein gelbweißer, jchwarz gefäumter led;
auf dem zwölften Ring eine fchmale, ſchwarze Mittelbinde. Seiten lang gelb behaart;
auf den Ringen 4—12 neben dem rhombilchen led ein langer, fuchsroter Haarſchopf. —
Puppe in einem feften Geſpinſte.
Lebensweiſe ujw.: Slugzeit Mai, Juni.
Die gelben, fpäter rötlich>grauen Eier werden wmeift niedrig in Rindenritzen ver-
Ichiedener Laubhölzer abgelegt und mit einem ſchwachen Haarüberzuge verſehen.
Die Raupen fchlüpfen im Juli aus und frefien bis September vorwiegend auf
Ahorn (beionderd VBergahorn) und Roßkaſtanie. Unter Umftänden werben aber aud)
Eichen, Ulmen, Bude, Edellaftanie und Linde befallen. Die Blätter werden anfangs
nur jtelettiert, |päter aber bis auf die ſtärkſten Rippen aufgezehrt.
Berpuppung im Kolon zwiſchen Borlenrigen am Fuße des Stammes. Puppe
übertintert.
Generation einfad.
Belämpfung: Kaum jemals nötig.
2. Noctua (Diloba) caeruleocephala L.
Blaufopf.
Falter: Borderflügel grau bis braun, mit zwei ſchwarzen, zadig gebrochenen Quer:
ftreifen und zwei 8: förmigen lichtgrünen Makeln. — Raupe: Kopf blaugrau mit zwei
großen, ſchwarzen Flecken, Hinterleib gelbgrün mit ſchwarzen Warzen.
Flugzeit: September, Oftober. Eier überwintern. Raupe zeitig im Frühjahr
auf Obftbäumen, Hajel, Linde, Eiche, Weißdorn und anderen Yaubhölzern. Auf Eiche
vereinzelt bemerkbar jchädlich geworden.
3. Noctua (Demas) Coryli L.
Spinnereule.
Salter: Borberflügel roftbraun mit afchgrauer Eaumbälfte Wing: und Nieren:
makel ſchwarz gerandet. — Raupe rotgelb, mittellang behaart, mit zwei feitlichen (auf
Ring 2) und drei rüdenftändigen (auf Ring 4, 5 u. 11) fuchsroten Haarbüſchen.
Flugzeit: Mai, Juni. Puppe überwintert.
Raupe auf allen Laubhölzern.
442 | Erftes Buch. Schug gegen Tiere.
4. Noctua (Gortyna) ochracea Hb.
Gemeine Marteule.
Halter: Vorderflügel goldgelb mit roftroter Zeichnung und Betäubung. Ping» und
Nierenmalel groß, fein dunkel umzogen. Saumhälfte des Wurzelfeldes und Binde im Saum:
felde graublau. — Raupe fchmupig:fleifchrot, braunköpfig. Nüdenftreifen und Seitenteile
weißlih. Sämtliche Ringe mit jchwarzbeborfteten Warzen.
Flug zeit: Auguft, September. Eier überwintern.
Raupe lebt in den Stengeln von allerhand Trautartigen Gewächſen (Difteln, Woll:
kraut, Kletten, Fingerhut u. a.) und in Weidenruten‘!) (S. viminalis). Sie frißt vom
Mai ab im Marke der Triebe bis 80 cm lange, abwärts gejchlängelte Gänge, welde in
der Umgebung des Puppenlagers fo tief In das Holz eingreifen, daß der Splint bi3 zum
Bafte zerftört wird. Die befallenen Triebe fchrumpfen von der Spige her ein und mer:
den ftellenweije fchwarz, fniden auch an ber betreffenden Stelle häufig um.
‚Belämpfung: Ubfchneiden der befallenen Ruten bit am Stod (Ende Juni, An:
fang Juli) und Berbrennen.
\
5. Noctua (Pseudophia) lunaris Schiff.
Braunes Ordensband.
Halter: Borderflügel grünlich grau bis rotbraun mit zwei belleren Querlinien und
je einem halbmondförmigen jchwarzen led im Mittelfeld. Hintere Querlinie nach den
Saum zu heller verwajchen, nach der Wurzel zu mit dunfleren Querſtreifen. SHinterflügel
in der Saumhälfte dunkler, von der Wurzelhälfte durch einen hellen Bogenftreif getrennt.
— Raupe grau mit zwei rotgelben Fleden auf dem vierten Ring Vordere Bauchfühe
verfümmert.
Slugzeit: Mai, uni. Puppe übermwintert.
Raupe auf PBappel und Eiche?); auf legterer Holzart ift fie in ber Rheinebene
ichädlich geworden. Der Fraß erftredt fi) auf Blätter und Waitriebe junger 2—6 jähriger
Pflanzen und erzeugt Wildverbiß ähnliche Bilder.
Berämpfung: Ablefen der im Juni und Juli freffenden Raupen.
Außer den genannten Eulen treten noch eine Reihe von anderen an Laubhölzern
polyphag lebenden Arten ab und zu als Mittäter bei der gänzlichen oder teilweilen Ent⸗
laubung mander Laubholzarten auf. Es find Noctua (Dichonia) aprilina L,,
N. (Taeniocampa) incerta Hfn., pulverulenta Esp., N. (Calymnia) trape-
zina L. u. a. Meift find Eiche, Linde, Birke, Buche die bevorzugten Fraßpflanzen.
B. Nadelholzſchädlinge. (Beſtandsberderber.)
6. Nootua (Panolis) piniperda Pans. (= griseovariegata Goese).
Kieferneule, Forleule‘). (Abb. 212).
Kennzeihen: Flügelipannung 30—36 mm. Beide Geichlechter find gleihgroß und
ziemlich übereinftimmend gezeichnet. Borderflügel zimmtrötlich, mit gelbgrauer Beimifchung
und rotbraunen QDuerftreifen. Ring: und Nierenfled meiß, mit einander verbunden; Der
legtere ift groß, gefrümmt und gegen den Borderrand hin vorgezogen. Der Hapfenmalel
fehlt. Dinterftügel dunfel-graubraun mit an der Spite weißlichen Franſen. Vorderleib
y 38. h d. gel. Fw. 1388, 4856. — 2) Wilbrand: Allg. F. u. J.-Ztg. 1903,
11. — Hein: Daf. 1904, 422. — 3) von Negelein: Thar. Ihrb. 1847, 108. — Will:
komm, M.: Daj. 1859, 267. — -r.: Allg. F. u. J.-Ztg. 1860, 66. — Rapeburg: Die Nach⸗
tranfheiten und die Reproduktion der Kiefer nad) dem Fraß ber Forleule. Berlin, 1862. —
Döbner: Allg. F. u. %.-Btg. 1862, 275. — Ratzeburg: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1870, 288.
— Guje: Daf. 1872, 53. — Altum: Daf. 1890, 85.
Schmetterlinge: Kieferneule. 443
braunrot; Hinterleib wie die Hinterflügel gefärbt, mit hellerem Saume. Wühler des J ge:
wimpert, des 2 fadenförmig. — Raupe 30 bis 40 mm lang, 16beinig, faft Tabl, gelb»
(2
⸗
— b
Abb. 213. Noctua (Panolis) piniperda Panz. a Weiblicher Falter. d Ausgewachſene Raupe (nat. Gr.).
lichgrün, am Ropfe Tichtbraun, mit 3—5 weißlichen Nüdenftreifen und jederfeit3 einem
orangegelben Geitenftreifen dicht über den Beinen. — Puppe 16 mm fang, ziemlich ges
ftredt, anfangs mehr grünlich, ſpäter glänzend dunkelbraun, mit zwei Afterjpigen.
A. Lebensweiſe.
Flugzeit: Ende März bis Anfang Mai, hauptfächlich während der Däm⸗
merung, aber auch am Zage.
Das ? Iegt 200—250 rundliche, erit blaßgrüne, ſpäter hellvötlich-braune und
zulegt violette Eier an die Nadeln der Kiefernfronen; fie werden in ber Hegel
reihenweife und zwar zu je 3—8, ab und zu auch mehr, an die Unterfeite der vor-
jährigen Nadeln abgelegt.
Die Raupen erfcheinen im Mai, fpinnen in der Jugend Iebhaft und find bis
Mitte Juli ausgewachſen. Gegen Witterungsverhältniffe find fie wegen ihrer äußerſt
geringen Behaarung empfindlih. Ahr Kot ift 3 mm lang, walzenfürmig und ſchwach
zweimal eingefchnürt. |
Berpuppung: Suli, Anfang Auguft, unter Moos und Streu, auf ftreuarmen,
fandigen Böden, auch einige Bentimeter tief im Boden, nicht immer im Bereiche
des Kronenſchirms der Fraßbäume. Die Puppen liegen frei, mitunter nefterweife
zulammen, zumal in Stodlöchern; fie überwintern.
Auskommen Ende März, April.
Generation einfach).
B. Forftlihes Verhalten.
Die Raupe befällt vorwiegend die gemeine Kiefer, vorzugsweiſe 20 bis
50 jährige Stangen=, fpäter aud) ältere Baumhölzer, und zwar bis zum haubaren
Beltand. Im Notfalle werden auch andere Holzarten, 3. B. Fichte, Weymouths⸗
tiefer (namentlich Unterwucdhs), fogar Wacholder uf. von ihr angenommen.
Die jungen Raupen befrefjen zunädhjft die Nadeln der Maitriebe (von
den Rändern her), fo daß diefe infolge des Saftverluft3 welken, fih bräunen und
ichlaff herabhängen. Später greifen fie aber die Nadeln der älteren Triebe an
und verzehren fie von der Spige herein big zur Scheide. Un den unteriten Zweigen
it der Fraß gewöhnlich am ftärkiten, was damit zufammenhängt, daß die durch
Winde heruntergewehten Raupen nach dem Wiederaufbaumen unten anfangen zu
frefien und ihren Fraß nad) oben fortjegen. Bei großer Vermehrung und Inapper
Nahrung vergreifen fich die Raupen auch an jungen Riefernzäpfchen.
Der Fraß dauert vom Mai bis Juli und kann für die betroffenen Beſtände
jehr verderblich werden, fobald er fi) zum Kahlfraß fteigert. Abſolut kahl gefreilene
Drte find gewöhnlich verloren, weil mit dem Berluft der jüngften Triebe auch die
Knojpen verloren gegangen find. Die Entwidelung von Mofettentrieben kann den
444 Erfted Buch. Schutz gegen Tiere.
Baum nicht retten, fondern bedeutet nichts anderes als Erihöpfung und Tod. Wenn
fih total kahlgefreſſene Beſtände Hin und wieder doch ganz oder teilmeife erholt
haben, jo geht daraus nur hervor, daß ſowohl die Standorts⸗, wie namentlich Die
Witterungsverhältniffe das Sein oder Nichtfein eines kahlgefreſſenen Beitandes mit
beitimmen. Es ift deshalb im allgemeinen richtig, kahl gefreifene Beſtände nicht ſo⸗
fort abzutreiben, fondern abzuwarten, wie fie ſich im nächften Frühjahr verhalten.
In nur Licht gefreffenen Orten, in denen noch hinreichend entwidelungsfähige Knofpen
erhalten find, tritt die Gefahr des Abſterbens naturgemäß zurüd. Durch Bildung
von Scheidentnofpentrieben forgt der Baum dann für genügenden Erfah der ver-
loren gegangenen Benadelung.
Die Kieferneule gehört den wärmeren Lagen des Hügelfandes an und findet
fich befonders auf durch Streurechen entkräfteten Böden. Sie erfcheint häufig in Geſell⸗
ichaft des Kiefernipanners und oft genug in fo großer Menge, daß Mafienfraß
ftattfindet.
Erfahrungsgemäß dehnen fich die Fraßperioden des fehr vielen Feinden aus-
gejebten Schädlings aber nicht lange aus, fondern umfafjen meiſt nur zwei, höchſtens
drei Jahre. Manche Maflenvermehrungen werden durch allerhand Parafiten wohl
auch ſchon im Keime erftidt.
Geihichtlihes über neuere Eulenverheerungen.
An den Yahren 1866—1869 3. B. trat die Forleule im nördlichen und öſtlichen
Deutichland in großer Zahl auf und verurfadhte in Oſt- und Weftpreußen fehr umfang:
reiche Berheerungen. ')
1867 wurden in der Main-Rheinebene?), namentli in den heſſiſchen Revieren
Mönchbruch und Mönchhof 15000 ha befallen.
1869 fand ein ausgedehnter Fraß im vormaligen bayerijhen Forftrevier Brunnau
(jet Allersberg) ftatt. °)
1882 zeigte fie fich in fünf Revieren von Vorpommern, 1888 in ſechs Oberförftereien
im Negierungsbezirt Frankfurt a. O.“)
1887 trat fie in Schlefien (bei Bunzlau, Sprottau, Mallmig und Brimlenau) jehr
ſchädlich auf; allein in der Umgebung von Bunzlau 3.8. bewirkte fie Kahlfraß auf 825 ha.
1889 verurjadhte fie großen Schaden in einigen Medienburgichen Revieren (Ludwigs⸗
Iuft, Jasnitzer Wildbahn uſw.). Im Techentiner Revier erftredte fi der Kahlfraß auf
etwa 100 ha.?)
Sm Sommer 1890 wurde ein ftarfer Trab im Forſtamt Grafenwöhr (Reg.⸗Bezirk
Oberpfalz und Regensburg) beobaditet. Auf 203, je 4 qm großen Unterfjuchhungsplägen,
alfo auf 812 qm im ganzen, ergaben ſich im Durchfchnitt 8—4 Puppen auf 1 qm, an
manchen Stellen jogar 36, aber zugleich auch viele Tachinenpuppen (im Durchſchnitt eine,
aber auch bis 97 auf 1 qm). Hierdurch und durch Berpilzung gingen die Raupen jchließ-
lich (1892) zugrunde.
Ein bedeutender Licht-, zum Teil jogar Kahlfraß, bei dem auch die bayeriicyen
Waldungen bei Aichaffenburg (Horftamt Großoſtheim) in Mitleidenfchaft gezogen wurden,
fand im Sommer 1895 in Heſſen (Forſtamt Seligenftadt)*) ftatt. Schneumonen und
Tachinen in den Raupen und Puppen wurden vorwiegend in den heſſiſchen Waldungen
beobachtet. Hingegen gingen die Raupen in Großofthein Ende Juni durch Pilzerkrau⸗
fung zugrunde.
1) H.: Allg. F. u. J.-Ztg. 1867, 471. — 2) Muhl: Daj. 1868, 350. — 3) Giggl-
berger: Forſtw. Zbl. 1884, 321. — 4) Altum: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1883, 696. —
5) Verein Mecklenb. Forftiwirte. Ber. üb. d. 17. Verj., 1889, 45. — Dal. 18. Verſ. 1890,
43. — 6) Fürſt: Forſtw. Z3bl. 1895, 602. — T.: Daf. 1897, 360.
Schmetterlinge: Kieferneule. 445
Seit 1910 Hat in vielen Revieren Mittelbeutichlands eine langſame, aber ftetige Ber-
mebrung ber Eule ftattgefunden und hat 1912 und 1918 in manchen Gegenden (Dreödener
Heide) zu erheblihem Licht: und Kahlfraß geführt.
C. Betfämpfung.
a) Vorbeugung.
1. Wenn möglih Mifchung der Kiefer mit Laubhölzern (Birke, Aka⸗
zie, Alpe).
2. Schonung ber Feinde: Schwarzwild, Dachs, Igel, Spitzmäuſe; — Kudud,
Krähen (inZbefondere Saat: und Nebelkrähe), Eichelhäher, Star, Wiedehopf, Droffeln,
Buchfint, Meifen, Goldhähnchen, Spechte, Spechtmeife, Baumläufer uſw.
Eine große Rolle unter den natürlichen Gegengewichten bei Eufenverheerungen
fpielen die parafitären Schneumonen und Tachinen. Bon Käfern Hat ſich Calo-
soma sycophanta L. bei der Bertilgung der Eulenraupen nüblich erwiefen.
Aus eingezwingerten Puppen wurden in München hauptſächlich die nachftehenden
Ichneunmoniden gezogen!): Ichneumon nigritarius Gr., pachymerus Rtz., bilunu-
latus Gr., Aphanistes armatus Wesm., Plectocryptus arrogans Gr., Cryptus dianae
Gr. var. gracilicornis Gr., Mierocryptus abdominator Gr. — Bon Tadinen mar
zwar nur Panzeria rudis Fll., aber in relativ weit größerer Individuenzahl vertreten, jo
daß die wirffamere Hilfe im Kampfe gegen die Eule von diefer Seite fam. — Bu einem
ähnlichen Ergebnis führte ein in der Dresdner Heide (Revier Ofrilla) 1907 vorgenommenes
Vrobejuhen‘. Auf 1,5 a wurden 376 Eulenpuppen, jowie 413 Tönchenpuppen und Kokons
von Schmarogern gejammelt, die vermutlih ausnahmslod aus Eulenraupen ftammten.
Aus den Eulenpuppen entwidelten fid) 295 alter und verſchiedene Ichneumoniden, aus
den Zönnchenpuppen neben einzelnen anderen PBarafiten aber 863 — 88°, Panzeria
rudis Fll. Bemerkenswert ift, daß auch der Spezialparajit des Kiefernipinnerd, Anomalon
circumflexum L., in 36 Exemplaren aus den eingezwingerten Eulenpuppen gezogen wurde.
Rad) Dolles?) Tiegen die gefündeften Puppen ftets im Voden, die von tierifchen
(oder pflanzlichen) Paraſiten heimgejuchten hingegen zumeift in der Vodendede. Letztere
verlieren, wenn fie bereit3 abgeftorben find, ihre normale ſchwarzbraune Färbung und wer:
den bernfteinartig Durchicheinend rojenrot (Edftein).*)
Weiter hat eine Pilzepidemie mehrere Eulenverheerungen mit zu Ende geführt.
Nach Mitteilungen von Bail?) haben bei einem großen Fraß in der Tucheler Heide
(1867) faft jämtlihe Raupen durch einen zur Gattung Empusa gehörigen Pilz ihren
Untergang gefunden. Die Erlennungsmertmale der hierdurch getöteten Raupen find jehr
haralteriftiich. Die Raupen ericheinen wie mit einer gelblich⸗grauweißen Kleie (Bilziporen)
beftreut, nach deren Abſpülung durch Regen jhwarzbraun; fie find brüchig wie Hollunder⸗
mar! und im Innern ganz mit einer gelblihen Mafje angefüllt. — Auch bei dem Fraß
in Brunnau®) und Grafenwöhr wurde eine große Zahl der Raupen durch den Pilz ge:
tötet. — Dasſelbe war bei dem Fraß in Heflen (1895) der Fall. Nah v. Tubeuf”)
handelt es fih um Empusa Aulioae Reichhardt, befjen majlenhaft erzeugte und auf
geeignetem Subſtrat jofort feimfähige Konidien die Krankheit ausbreiten.
3. Sfolierung junger Kulturen durh Gräben oder Leimftangen, um
dem Eindringen der aus fahlgefreffenen Stangen: und Althölzern abwandernden
Raupen vorzubeugen.
1) Fuchs, Franz, Naturw. Ztiſchr. F. L. u. Fw. 1908, 274. — 2) Eſcherich und
Baer: Daf. 1910, 164. — 3) Forſtl.⸗naturw. Ztſchr. 1897, 259. — 4) D. Forft:Btg. 1913,
85. — 5) Bail: Krit. Bl. 1868, 50. Bd., II, 244. — Derſ.: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1869,
243; 1870, 1856. — 6) ®igglberger, Foritw. Zbl. 1884, 322. — 7) Forftl.snaturm.
Ztſchr. 1898, 81. — Bgl. auch: Daj. 1897, 474.
446 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
b) Bertilgung. _
1. Streuharfen und Zufammenbringen der Streu in Wälle.
Mehrfache Beobachtungen weiſen darauf Hin, daß die Entfernung der Stren
aus den befallenen Beitänden nach der VBerpuppung der Raupen ein gutes, hier
und da auch im großen durdhführbares Mittel zur Vernichtung der Eule if. Da
in vielen Fällen jedoch bodenpflegliche Gründe gegen die Streuabgabe und Streu-
ausfuhr aus dem Walde jprechen und außerdem die Gefahr vorliegt, daß hierbei
die mit Schmarogern bejetten oberflächlich liegenden Puppen in unerwünfchter Weife
aus dem Walde Hinausgefchafft werden, jo empfiehlt es fich weit mehr, die Streu
auf 6—8 m breiten gleichlaufenden Streifen abzuziehen und fie auf den zwiſchen je
zwei derartigen Streifen unberührt gelafienen 2 m breiten Bänken zu °/, bis 1 m
hohen und möglichſt feiten Wällen aufzuhäufen. Bei weniger regelmäßigem, mehr
plagweifem Vorgehen kann die Streu auch in über den Beſtand verteilten größeren
oder Heineren Haufen aufgefchichtet werden.
Zweck der Maßnahme ift, die in der Streu Tiegenden Puppen möglichit mit
in die Haufen zu bringen und fie hier durch Drud, Erhitzung, Luftabfchluß zu töten,
beziv. den ausfriechenden Schmetterlingen das Entkommen aus den tieferen Schichten
der Haufen unmöglich zu machen. Ulle in Boden und unter der Streudede liegenden
Puppen entgehen allerdings ganz oder teilweife dem Streurechen. Es fteht aber
feſt, daß die durch das Abziehen der Streu freigelegten Puppen, wenn nicht durch
Witterungseinflüffe vernichtet, fo doch vielfach von Vögeln und anderen Inſekten⸗
freffern aufgenommen werden.
Das Zufammenbringen der Streu gejchieht am zmedmäßigften mit Eggen,
Grubbern oder — in Heinen Berhältniffien — mit eifernen Rechen und Plaggen-
bauen. Anläßlich des lebten Spannerfraßes in der Tucheler Heide find zwei Geräte,
der Kranoldfche Grubber und die Ehlertiche Egge, konſtruiert worden, die das
Bufammenbringen der Streu im Walde ganz weſentlich erleichtern (Wolff).)
Das Wiederausbreiten der aufgehäuften Streu auf die berechten Streifen und
Plätze ist zwar nicht fehlerhaft, namentlich nicht auf armen Böden, foftet aber von
neuem Geld und kann im allgemeinen unterbleiben. Die Befürchtung, daß die
Streuhaufen fich ſchlecht verjegen würden und daß ſchon aus diefem Grunde das
Wiedereinebnen notwendig fei, bat ſich zunächſt als unbegründet erwiejen und
dürfte erjt beim Zufammenbringen fehr großer Haufen zu Recht beitehen.
Die Koften des Verfahrens find bei alleiniger Anwendung von Harfen, Blaggenhauen
oder ähnlichen Hilfsgeräten naturgemäß ziemlidy Hohe und wachſen bei gleichen Arbeits⸗
Löhnen mit der Dide der Bodendede. Im Techentiner Revier in Medlenburg ?) ftellten
fie fi tm Jahre 1889 auf 51 ME. für 1 ha, in Balfter?) (Pommern) auf 80 Mi. Sie
mindern ſich aber bei Unmwendung der oben genannten, da8 Zuſammenharken der Moos:
und Beerfrautdede erleichternden oder allein beforgenden, durch Borfpann eines Pferdes fort-
bewegten Geräte und ftellen fich dann auf 20—25 Mt. für 1 ha. Unnötig, ja direlt fehler:
haft ift das Streuharken dann, wenn die Puppen in erheblicher Weile von Schneumoniden
befallen find oder wenn zahlreihe Tadhinen-Tönnchen bei den Probeunterjuchungen neben
den Eulenpuppen in der Streu gefunden werden. Man würde fonjt auch die Feinde der
Eulenraupe, von denen eine Säuberung des Waldes in Kürze zu erwarten tft, mit ver-
tilgen oder den Inſektenfreſſern zugänglich machen.
— — — —
1) Der Kiefernſpanner. Berlin 1918, 277. — 2) Bericht des Vereins Mecklenburger
Forftwirte 1889, 45. — 3) Vhdlgn. d. Bommerfchen Forſtvereins 1906, 21.
Schmetterlinge: Kieferneue. 447
2. Schweineeintrieb in die befallenen Orte (vom Juli ab bis zum Eintritt
ſcharfer Fröfte).
Wenn die nötigen Schweine befchafft werden können, ftehen ihrer Verwendung
im Kampfe gegen die Forleule geringere Bedenken gegenüber als bei der Befämpfung
des Kiefernſpanners (f. dort). Die frühzeitige Verpuppung der Eule geftattet eine
weit längere Ausdehnung des Eintriebes und ftellt fomit eine größere Wirkſamkeit
der Schweine in Ausſicht.
Der Schweineeintrieb wurde mit Erfolg bei dem Fraß im Forſtdiſtrikt Cloppenburg
(Oldenburg) angewendet. 58 Schweine verzehrten vom 18. November bis 16. Dezember
1845 (aljo in 29 Tagen) ungefähr 16 Millionen Puppen‘). — Auch bei dem Ludwigslufter
Fraß (1889) wurden Schweine eingetrieben, allein da ſich unter den Schweinen Freßunluſt
und Kranfheitsericheinungen einftellten, zogen die Gemeinden ihre Einwilligung zum Ein-
trieb bald zurüd. — 1918 find anf dem ſächſiſchen Staatsforftreviere Laußnitz (Dresdener
Heide) 200 von einem Rittergute zur Verfügung geftellte Schweine in Herden von je 50
Stück in die von der Eule befallenen Beftände eingetrieben worden. Ihre Leiftungen auf
einer 100 ha großen Fläche werden von der Nevierverwaltung als zufriedenftellend bezeichnet.
Stark verunkcautete Böden murben nicht angenommen. An Koften erwuchſen in der Zeit
vom 18. September bis 80. November für Bewahung und Bau von Unterfunftshütten —
das täglich einmal erforderliche Futter wurde vom Rittergut unentgeltlich beſchafft — je⸗
doch rund 2500 ME.
3. Hühnereintrieb. Der zunächſt für die Bekämpfung des Kiefernipanners
in Vorſchlag gebrachte und unter beftimmten Bedingungen nicht unzweckmäßige Ein-
trieb von Haushühnern hat auch für die Eulenbefämpfung Wert, um jo mehr aud
hier bie Lebensweiſe des Schädlings ungleich günftigere Verhältniſſe für Durch⸗
führbarfeit und Wirkfamfeit ſchafft. Beſtimmte Erfahrungen liegen noch nicht vor.
Vgl. das beim Kiefernipanner hierüber Gefagte.
4. Ohne allgemeinere praftifhe Bedeutung für den forftlichen Groß-
betrieb find die noch in Betracht zu ziehenden Belämpfungsmaßnahmen:
a) Sammeln der Raupen entweder nad) vorausgegangenem Abjchütteln bzw.
Anprellen junger Stämme (von Mitte Mai ab), durch Ablefen von niedrigem Holz
(Juli), oder durch Auflefen am Fuße der befallenen Stämme, wo fie nad) voll
endetem Fraß oft mafjenbaft beifammen fien.
b) Aushungern der Raupen durch Leimen der befallenen Beſtände.
Da die Raupe nicht beweglich genug ift, und beim Ausbleiben von Elementarereig-
niffen (Gewitterftürme, Platregen) allenfalls nur in der Jugend durch Abipinnen auf den
Boden gelangt, ift bloßes Leimen nicht durchichlagend wirffam, obgleich ein Zeil der
Raupen abgefangen wird. Der Erfolg fteigt naturgemäß, fobald die Beftände nad) dem
Anlegen der Leimringe durch Anprellen und Abſchütteln unter Vermeidung der mit dem
Unprellen leicht verbundenen Schäden Tünftlich gefäubert werben können.
c) Sammeln der Buppen im Winterlager (unfer der Moosdecke). Hierbei
find vorzugsweiſe die Stodlöcher zu beachten.
d) Sammeln der Falter durch Unprellen der Stangen (bei trüben Wetter)
oder durch Aufhängen gefchälter, getrockneter Äpfelfchnitte, welche kurz zuvor in ſtark
gezudertem Bier gelegen haben.?) -
1) v. Negelein: Thar. Ihrb. 1847, 108. — 2) Nach freundlicher Mitteilung durd)
Heren Forftmeifter Friedrich-Laußnitz — 8) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw. 1883, 199.
448 Erſtes Bud. Schuh gegen Tiere.
C. Nadel⸗ und Laubholzſchädlinge. (Knlturberberber.)
7. Noctua (Agrotis) vestigialis Rott. (= valligera Hbn.).
Kiefernfaateule‘) (Abb. 213).
Kennzeichen: Flügelipannung 30 —38 mm. Borderflügel ajch- bis dunkelgrau,
bräunlich gemifcht, von, feinen jchwarzen Adern durchzogen und mit drei deutlichen Makeln.
Ringmakel fehr Heinz Ring: und Nierenmafel dunkler ald das Feld, in welchem ſie liegen.
Bapfenmalel ſchwarz ausgefüllt, jehr groß. Hinterflügel grauweißlich, mit dunkleren Rippen,
j mondförmigem Mittelfled und grauem Saume — Raupe
er bi3 35 mm lang, 16beinig, matt bräunlich-ſchmutzig⸗gran,
mit ſchwarzer Rüdenlinie; die nach Hinten gerichtete Spitze
des dreiedigen Kopfjchildes berührt bie vordere Spige des
gleichfalls dreiedigen Stirnfeldes faft x-förmig. — Buppe
hell rotbraun, am Ende mit jehr kurzer Doppelipipe.
vo
Abb. 213. Noctua (Agrotis) vesti- A. Lebensweise.
gialis Rott. (nat. Gr.).
Flugzeit: Mitte Auguft bis Mitte September.
Die mohnlornförmigen Eier werden hauptſächlich an Stellen mit Gras: und
Unkrautwuchs einzeln auf dem Boden ausgeſtreut.
Die Raupen erfcheinen im September und überwintern (Halbwüchfig) in
der Erde. Da ihr Augjehen erdfarbig ift, jo gehört zu ihrem Erkennen ein ge:
übted Auge.
Berpuppung Ende Juni bis Auguft in einem Ioderen Kofon im Boden,
ausnahmsweiſe oberirdifch zwiſchen Gräſern und Kräutern oder an Kiefern⸗
pflänzchen.
Auskommen im Auguſt. Generation einfach.
Die Raupe iſt ein lichtſcheues Tier, welches ſich am Tage in der Erde oder
unter den Blättern der Futterpflanzen verſteckt hält und erſt nachts hervorkommt,
um zu freſſen.
B. Forſtliches Verhalten.
Der Hauptfraß der Raupe (Erd- oder Ackerraupe) erftredt fich auf junge
Gräſer und Kräuter ufmw., namentlich zur Herbitzeit. Es merden aber auch Nadel⸗
hölzer im jugendlichen Zuftand (als Keimling, ein: und zweijährige Pflanze) an⸗
genommen, beſonders Kiefer, auch Lärche.?) Ausnahmsweiſe vergreift ſich die Erd-
raupe ſogar an Laubhölzern.
Die einjährigen Pflänzchen, welche fie in erfter Linie befällt, werben (vom
April bis zum Juni) nicht felten Furz über dem Wurzelknoten abgebiffen. Auch
findet Hin und wieder unterirdifcher Fraß Durch Benagen der Wurzelteile jtatt, jedoch
nie tiefer als bis zu 2 cm unter der Erdoberfläche. Oberirdifch beginnt Die Raupe
ihren nächtlichen Fraß an den Nadeln, die zur Hälfte abgenagt werden. Später
werden die friichen Triebe bald einfeitig benagt, bald auch nur oberflächlich an der
Rinde geplägt. Oft werden die Triebe ganz durchfchnitten, jo daß ihre 1 bis 2 cm
langen Spitenteile zu Boden fallen. Sind die Pflänzchen ſchon etwas mehr er-
ftarkt, jo gelingt der Raupe das vollitändige Abbeißen nicht mehr. Man findet
1) Jahrb. d. Schlej. Forſt⸗Vereins für 1873, 51. — Altum: Btichr. |. F. u. Iw.
1875, 114. — Editein, Karl: Daf. 1896, 208. — 2) ®.: bl. f. d. gef. Fw. 1879, 511.
Schmetterlinge: Kiefernfanteule. 449
dann die Pflänzchen nur bis etwa zur Mitte durchgebiſſen, Hingegen die Schäftchen,
Radeln und oberen Wurzeln benagt.
An zweijährigen Pflanzen werben gewöhnlich nur die ſchwächeren Seiten:
triebe (jeltener der Mitteltrieb) durchgebiffen und einige Nadeln verzehrt. Außer:
dem findet an ihnen noch Benagen der Rinde ftatt. Solche Pflanzen erholen fi)
aber immer wieder.
Die Fraßflächen zeigen eine feine, fi) bräunende Zaſerung und find hieran
von einem Mäufejchnitt leicht zu unterfcheiden. Die Unterfcheidung von Engerling-
fraß iſt Schon fchwieriger, allein die Engerlinge arbeiten gewöhnlich in einer tieferen
Bodenſchicht. Die Fortbewegung der Raupe von einer Futterpflanze zur anderen
geichieht bei Nacht oberirdiih, am Tage Hingegen vorwiegend unterirdiſch.
Lieblingspläße find geringe Sandböden der Ebene.
- Die Eule ift befonders im nördlichen und nordöftlichen Deutichland (Nord-
jeeinjeln, Bommern, Brandenburg, Schlefien uf.) zuhaufe und neuerdings wieder:
holt fehr ſchädlich aufgetreten
Größere Beihädigungen durch die Raupen haben ftattgefunden im Liegniker Stabt-
forft (1846), Tauer in der Mark (1858), Birfe in Poſen (1869), Polniſch-Wartenberg in
Schleſien und Croſſen in der Marf (1871), Hoyerswerda in Schlefien (1878), Pütt in
Pommern (1876), Buchlowig in Mähren (1879) und zulegt in Tauer, Waice, Obornif und
Birke (1895). In Waice wurden ungeführ 15 ha Kulturen durch den Fraß völlig ver⸗
nichtet, während in Tauer die auf 25 ha nötig gewordenen Nachbeſſerungen einer Neu⸗
kultur faft gleichlamen.
C. Bekämpfung.
a) Vorbeugung.
1. Im Saattamp: Gründliche Bodenbearbeitung mit Unlerbringen der leben⸗
den Bodendecke vor der Flugzeit, um die 2? vom Ablegen der Eier abzuhalten.
2. Auf der Kultur: Verwendung zwei⸗ bis dreijähriger Pflanzen. Noch beffer
find Ballenpflanzen, da die den loderen jandigen Boden liebende Raupe in den
Ballen nicht eindringt. Auf Sandböden find Ballenpflanzen leider aber meift
unmöglid).
3. Schonung der Feinde: Krähen, Stare, Badjitelzen, Spitzmäuſe, Maul-
wurf. Barafiten: Ichneumon bimaculatus Schrank und Amblyteles Panzeri Wesm.
b) Bertilgung.
1. Schweineeintrieb in die befallenen Orte (im Herbfte).
2. Herftellung von Raupengräben (im Frühjahre). Man darf ſich aber
nicht mit einem die Fläche umgrenzenden Graben begnügen, fondern muß dieſe mit
möglichft zahlreichen, rechtwinkelig fich fchneidenden Gräben durchziehen. Die Gräben
find bis Ende Juli fängiſch zu erhalten und fleißig abzufuchen.
In Waice fand man (1895) in 27 Tagen auf 0,5 ha 13508 Raupen bei der Pflan-
zung und erbeutete 48157 Raupen in den Gräben (Edftein).
3. Einfammeln der Raupen. Bodenumbrud mit dem Pflug, ev. mit der
Hade oder dem Spaten und Auflefen der hierbei zutage fommenden Raupen.
In lojem Sande gelingt fchon das Herauswerfen der verftedten Raupen durch einen
geihidten Handgriff. Die Hierbei gehobenen Kiefern drüdt man entweder mit etwas Erde
wieder an, oder man pflanzt fie, wenn fie ganz mit ausgehoben wurden, fogleich wieder
ein. Die Koften dieſes Verfahrens betrugen in Echlefien auf 1 ha etwa 2—2,5 Mi.
(v. Kujawa), in Pojen über 15 ME. (Eckſtein).
Heß, Forftihug. I. 4. Aufl. 29
450 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere
4. Bertilgung der Raupen durch Verbrennen der mit den Erdballen heraus⸗
gehobenen befallenen Pflanzen.
5. Sammeln der Falter. Zum Anloden bedient man fih an Schnüre ge
reihter Apfelichritte, welche vorher in Zuckerbier getaucht wurden.
8. Noctua (Agrotis) segetum Schiff.
Gemeine Saateule, Binterjaateule!) (Abb. 214).
Kennzeichen: Flügelipannung 88—45 mm. Vorderflügel gelbgrau bis graubraun,
dunkel gejprentelt; die drei Makeln haben im allgemeinen die Yärbung des Ylügeltong,
find aber, zumal der Ring- und Nierenmalel, ſcharf ſchwarz gerändert. Hinterflügel mild;
weiß, mit bräunlichen Adern und etwas gebräuntem Saum, ohne mondförmigen Mittelfled.
— Raupe bid 50 mm lang, 16beinig, erdgrau (wie bie
vorige); die Spigen des Kopfſchildes und Stirnfeldes find
aber nicht x-förmig, ſondern durch einen deutlichen Zwi⸗
ſchenraum getrennt, X förmig. — Puppe ziemlich hell⸗
braun, am Ende mit Doppelipike.
Lebensweiſe uſw.: Flugzeit: Ende Mai bie
Juli, Auguft.
y | , .
Abb. 214. Noctua (Agrotis) segetum Ublage der Mohnfamen-ähnliden Eier einzeln
Behift. (nat. Or.). auf den Boden oder an tiefftehenbe Blätter und um:
tere Stengelteile der verfchiedeniten Pflanzen. Die Raupen freſſen bis zum Ein-
tritt des Winters, jind Nachttiere und leben tagsüber im Boden. Sie nehmen na:
mentlid die Wurzeln des jungen Wintergetreide, aber auch die junger Fich—
ten, Kiefern, Lärchen und ſogar Buchen (teil Keimlinge, teils einjährige Pflänz-
hen) an. Die Keimlinge werden etwa 1 cm unterhalb der Samenlappen abges
biffen, die einjährigen Pflanzen am und unter dem Wurzellnoten an der Rinde bes
nagt, fo daß fie oft eingehen. Der Fraß dauert, mit Unterbrechung während der
Winterruhe, bis Ende April des nächſten Jahres. Verpuppung ohne Geſpinſt
um dieſe Zeit oder ſpäter 10—15 cm tief in Boden. Auskommen zwei Wochen
fpäter. Generation einfad).
Ratzeburg berichtet von verderblichem Auftreten dieſer Eule in Schleſien (1864), wo
fie Fichten- und Lärchenſaatkämpe befiel.
Im Jahre 1880 zerftörte fie im Regierungsbezirk Straljund Fichten, Kiefern und
Buchen und im Regierungsbezirk Merjeburg Kiefern.
Belämpfung: wie bei der vorigen.
9. Noctua (Agrotis) tritici L.
®etreideeule.?)
Kennzeihen: Flügelipannung 30—85 mm. Der fyalter ift der A. vestigialis
Rott. ähnlich, nur find bei ihm Ring: und Nierenmafel heller als das Feld, in welchem
fie liegen; auch ift der Zapfenmafel mitunter nur ſchwach entwidelt. Die graubraune
Grundierung der Vorderflügel zeigt bald einen Stich ins Biolette, bald ins NRötlichhraume.
— Raupe bis 83 mm lang, 16beinig, erdgrau, mit dunflem Rüdenftreifen; jedoch variiert
jte oft ind Grünliche. — Buppe glänzend dunfelbraun, an der Hinterleibsipige mit zwei
ſehr Furzen, auseinandergehenden Spißen.
Lebensweiſe ufm.: Flugzeit: Ende Juli, Anfang Auguſt.
Die Ablage der Eier erfolgt zeritreut gleichfalls auf den Boden. Die Raupe
1) Altum: Ztſchr. f. 5. u. Iw. 1881, 608. — Herzig: Schweiz. Ztſchr. f. Fw.
1908, 55. — 2) Ultum: Ztſchr. f. F. u. Im. 1878, 19.
Schmetterlinge: Saateulen. Froftfpanner. 451
lebt unterirbifch, ‚wie A. vestigialis Rott, mit welcher fie häufig gemeinſchaftlich
auftritt, und frißt (vom Auguft ab) in erfter Linie Gras- und Getreidewurzeln, ver
greift ſich aber auch an einjährigen Kiefern. Sie überwintert halbwüchſig, frißt
namentlich im Frühjahr ſtark und verpuppt fich ohne Gejpinft im Juni im Boden.
Ein bemerfenswerter Fra von A. vestigialis Rott. und A. tritiei L., bei welchem
namentlich bie lehlere beteiligt war, hat 1872 unb in den folgenden Jahren in ber Ober-
förfterei Hundeshagen (Poſen) fiattgefunden.
Betämpfung: Wie bei der vorigen.
Gelegentlich find noch einige andere Eulenraupen in Nabel» oder Laubholzkulturen
fchäblich geworden; es find Noctua (Plusia) gamma L., die Gammaeule (an Kiefer),
N. (Mamestra) Pisi L., die Erbjeneufe (an Fichte), N. (Scopelosoma) satelli-
tia L. (an Buchenaufichlag)
Familie Geometridae, Spanner.
Fühler faden- ober borftenförmig, mit verbidtem Wurzelgliede, nicht jelten (bei ben
3) doppelt gekämmt. Ohne Nebenaugen. Saugrüfjel ſchwach entwidelt. Flügel groß,
breit, zart, in der Ruhe meiſt mehr oder weniger flach ausgebreitet, jelten etwas dachförmig
ober tagfalterartig zufammengelegt; die Hinterflügel ſtets mit Haftborfte. Körper fchlant,
dem der Zagfalter ähnlich. Flug vorherrichend während der Tämmerung oder bei Nacht;
einige Arten fliegen aber auch am Tage. Generation einfah. — Raupen nadt oder nur
ſchwach behaart, zehnbeinig (felten zwöffbeinig), oft mit wulftigen Auftreibungen; ihre Fort-
bewegung ift wegen des Fehlens ber drei oder zwei erſten Vauchfußpaare eigenartig, „fie
machen einen Ragenbudel”” oder „pannen“ (baher „Spanner”). Bei Beunruhigung fpinnen
viele vom Baume ab. — Buppen geftredt, mit kurzem, ſpihem Aftergriffel, glänzend
braun, meift ohne Gejpinft, unter Moos, Gras ober im Boden.
A. Ranbholzigädlinge.
Die als Laubholzihädlinge forftlich in Betracht tommenden Arten find dur
die in den Herbſt und Winter fallende Flugzeit und durch die Flugunfähigkeit
der flügellofen oder nur mit Stummelflügel verfehenen ? ausgezeichnet. Ihrer ab:
normen Flugzeit wegen heißen fie „Sroftipanner". Die Raupen werden durch Befreſſen
der zum Frühjahr austreibenden Blätter und Blüten (namentlid dem Obftbau)
ſchädlich. Überwinterung im Eiftadium.
1. Geometra (Cheimatobia) brumata L.
Kleiner oder gemeiner Froftipanner (Mbb. 215).
Kennzeichen: Zlügelfpannung de J 24—30 mm. Borberflügel ſchwach gerundet,
ſchmutzig rötlihgrau, von einigen mehr ober weniger verloſchenen bunflen Wellenlinien
durchzogen; Saumfelb etwas
dunffer gefärbt. Hinterflügel
heller, mit einem (ober zwei)
dimtien, oft fehr undeutůchen
Duerftreifen in der Mitte (ev.
auch am Saume). 5—7mm
lang, graubraun, weißlich ges g
iprentelt, mit ſchwaͤrzlichen
Querbinden aufbem Abdomen
und furzen Flilgelftummeln,
die am Saume lang weiß behaart find. Die vorderen Stummel mit zwei, die hinteren
mit einem dunklen Ouerftreifen. Fühler und Beine fehr lang, von der Farbe des Körpers
— Raupe 18 dis 20 mm lang, zehnbeinig, gelblichgrün, fahl, mit grünem Kopf, einer
feinen dunklen Rüdenlinie und brei hellen, gelblichen Längäftreifen an jeder Eeite. —
Buppe 8--10 mm lang, gebrungen, gelbbraun, fahl mit ziwei Häfen am Mftergriffet.
29*
66.915. Geometra (Cheimatoble) bramata L. & winnlicer“
d weiblicher Falter. o Raupe. d Puppe (nat. Gr.).
452. Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
A. Xebensmeife.
Flugzeit: Mitte Oftober bis in den Dezember hinein, vorzugsweife in den
Abendſtunden.
Die mohnkorngroßen, anfangs grünlichen, ſpäter rötlichen Eier werden ein—
zeln, mitunter aber auch in kleinen Häufchen, und zwar zumeiſt an Knoſpen, Blatt:
narben und Zweigſpitzen vieler Laubholzarten abgelegt. Nach neueren Beobachtungen
von Uffeln?!) erfolgt die Eiablage — und zwar im Durchſchnitt nur 50 Stüd —
jedoch nicht immer an den Zweigen und Knoſpen der Baumfronen, jondern bis:
weilen ſchon am unteriten Echaftteile.. Das am Erdboden oder kurz über dieſem
am Stamm begattete 2 legt feine Eier (nach Uffeln) beim langfamen Stammaırf:
wärtsfriechen einzeln in Rindenrifjfe und ift dann unter Umftänden fchon bei unge
fähr 1 m Höhe mit dem Ablegen feines gejamten Eiervorrates fertig.
Die Raupen fchlüpfen Ende April oder im Mai aus, find bis Mitte Juni
ausgewachſen und laſſen fih dann an Fäden von den Baumfronen herab, um fid
am Fuße ihrer Fraßftämme etwa 5—6 cm tief unter der Erdoberfläche in einer
geglätteten Höhle zu verpuppen.
Auskommen von Mitte Oftober ab.
Generation einfach. Sehr wett verbreitet und häufig, befonders im Norden.
B. Forſtliches Verhalten.
Die Raupe nimmt die meiften Laubhölzer, in erfter Linie aber Obftbäume
(Pflaumen, Birn- und Upfelbäume) an und bevorzugt unter den forſtlichen Kultur
holzarten Eiche, Hornbaum und Ahorn. Sie frißt aber auch an Ulme, Birke,
Linde, Traubenkirſche und Hafel, nicht aber an Buche.
Im jugendlichen Buftande bohrt fie fih in die Knoſpen ein und frißt dieſe
mitunter völlig aus. Später geht fie an Blütenteile (Stempel, Staubgefäße uf.)
und Blätter, zuerft an jüngere, dann an ältere. Der Blattfraß befteht in einem
groben Durchbrechen der Blattfläche zwischen den Rippen. Bisweilen werden felbft
grüne Triebe und junge Früchte (Obft) angenommen. Während des Fraßes fpinnt
die Raupe fleißig und läßt ſich bei Störungen gern an Fäden herab, an denen fie
ipäter wieder emporflettert. Wenn in Naturverjüngungen oder Mittelmäldern das
Dberholz Licht oder kahlgefreſſen ift, wird der Unterwuchs befallen.
Die Laubbeihädigungen find in manchen Jahren ſehr empfindlich. Am meiiten
leidet die Obſtkultur, weil der Fruchtanſatz bisweilen durch den Blütenfraß ſtark
gefchmälert, unter Umftänden fogar ganz vernichtet wird.
Im Frühjahr 1873 und Anfang der 80er Fahre trat der Meine Froſtſpanner in den
Eichenwäldern von Neuporpommern in größerer Menge auf (Wieje).
In den Jahren 1894 und 1895 ereignete fich ein ftarfer Fraß im Hardtwalde (bei
Karlsruhe). °)
C. Befämpfung.
(Die nachſtehenden Belämpfungsmittel gelten für ſämtliche Froſtſpanner.)
Vorbeugung: Schutz und Begünſtigung der inſektenfreſſenden Vögel durch
Schaffung von Niſtgelegenheiten, Futterplätzen uſw.
9— Ziſchr. f. wiſſenſch. Inſektenbiologie 1910, 246. — 2) Endres, War: Allg. F.
u. J.⸗Z3tg. 1896, 139.
Schmetterlinge: Froſtſpanner. 453
Bertilgung: 1. Anlegen von Teer⸗ oder Leimringen (Klebgürteln) um
Die zu fchügenden Stämme (Anfang Oktober), um die aufwärts friechenden 2 zu
fangen.
Man bringt die Leimringe meift in Bruſthöhe nicht unmittelbar auf dem Schaft
an, jondern auf 15—20 cm breiten Streifen von Pergamentpapier, um Beichädigungen
der Rinde vorzubeugen und die Klebgürtel jederzeit leicht wieder abnehmen zu können.
Nah Entfernung der gröbften Borkeichuppen und Glättung der Rinde wird der Papier:
ftreifen oben und unten mit Bindfaden jo auf den Baum gebunden, daß er feit anliegt
und feine Enden übereinandergreifen. Um das SHerablaufen des Leimes zu verhindern,
ift der untere Ranb des PBapierftreifend nach aufwärt3 umzufchlagen Hierauf erfolgt ber
Anftrih mit Teer oder mit einer der zahlreichen Raupenleimjorten. Die unter dem Na=
men Brumata-Leim von den firmen Huth u. Richter-Wörmlitz 5b. Halle, Schindler
und Müpell-Stettin, Ludw. Bohlborn- Berlin, Wizemann:Stuttgart u. a. in den
Handel gebrachten Leime zu nehmen, ift nicht unbedingt nötig. Dieſe Leime find wohl
recht brauchbar, aber meift auch teurer al3 gewöhnlicher Raupenleim. Baflelbe gilt von
bem Floria-Raupenleim der Chemiſchen Yabrif Flörsheim (Preis 1 ME. für 1 kg bei
Kleinbedarf). Das Klebmittel wird mittels eines Pinjels, aber nicht zu did, auf das Papier
geftrihen. Etwaige Lüden zwiſchen Stamm und Papier find auszufüllen, damit die 2
nicht unter dem Gürtel durchkriechen.
Mit dem Brumataleim- hat Heß!) mehrere Jahre hintereinander in dem alademi-
ſchen Forftgarten und dem Garten der Frauenklinik zu Gießen mit großem Erfolge Ber:
ſuche angeftellt und hierbei fonftatiert, daß der tägliche Yang der 2 annähernd mit der
ZTagestemperatur fteigt und fällt. Im Durchichnitte kamen etwa drei Z (welche gleichfalls
an den Ringen hängen bleiben) auf ein 2.
Die oben unter A mitgeteilten Beobachtungen von Uffeln weiſen nun darauf Hin,
daß die in Bruſthöhe angebrachten Leimringe die 2 unter Umftänden erft nach der Eiablage
abfangen, daß fie alfo nicht wirken, wenn fie im Frühjahr (April) nicht mehr fängiſch
find, um die dann auffteigenden jungen Räupchen abzufangen. Es ergibt fich hieraus für
Gegenden, wo die Eier in der von Uffeln beobachteten Weije abgelegt werden, die Not:
wendigfeit, die Klebringe im Herbit knapp über dem Boden anzubringen oder aber, jobald
fie in Brufthöhe angelegt werden, im April noch einmal fängiſch zu machen, aljo nod
einmal mit Leim zu überftreichen.
Die Leimringe empfehlen fih um fo mehr, als fie zugleich gegen andere fchädliche
Obſtbauminſekten wirffam find, 3. B. gegen den Blütenrüßler (Anthonomus pomorum L.),
den Apfelwickler (Carpocapsa pomonana L.) und den Pflaumenmwidler (Carpocapsa fune-
brana Tr).
An älteren Bäumen mit diderer Rinde kann der Leim ohne Gefahr direlt auf bie
Rinde aufgeftrichen werben. Bei jüngeren Bäumen Hingegen ift die Anwendung ber ge:
leimten Bapierftreifen oder Yanggürtel ganz richtig.
‘2. Bernichten der fpäter zwifchen zufammengefponnenen Blättern lebenden
Raupen durh Zerdrüden. Nur in Baumfchulen, PBflanzgärten, Berjüngungen
uſw. möglich).
3. Berftören der Buppen durch Umgraben der Erde im Schirmbereiche der
Stämme auf etwa 30 cm Tiefe und Wiederfefttreten oder Feftftampfen des Bodens
(Juli bis September).
Die genannten Gegenmittel haben in erjter Linie Geltung für Obftgärten.
Im forftlichen Betriebe werden fie nur in Ausnahmefällen in Anwendung fommen,
3. B. in fortgejegt befreffenen Eichenbeftänden zur Erhaltung der Maſt.
1) Zbl. f. d. gel. Fw. 1878, 184; 1879, 481; 1880, 123.
454 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
2. Geometra (Cheimatobia) boreata Hbn.
Buchenfroſtſpanner.)
Kennzeichen: In bezug auf Geſtalt und Färbung dem vorigen ähnlich. Flügel⸗
ſpannung des J 35—40 mm. Vorderflügel geftredter, weißgrau, mit braungelbem Schimmer.
2—3 unbdeutlihe dunfle Duerftreifen, die einen ziemlich ſpihen Winkel mit dem Border:
rande bilden. Hinterflügel weißlich, mitiinter mit einem undeutlichen, dunklen Querftreif.
2 6—7 mm lang, dunkelgrau und weiß gejchedt, mit längeren Flügelftummeln, Die am
Saume lang weiß behaart find. Vorderſtummel grau, dunkel beftäubt, von einer beider:
jeit3 dunkel eingefaßten Duerbinde durchzogen. Hinterftummel heller, ohne beiondere Zeich⸗
nung. — Raupe 20 bi3 25 mm lang, zehnbeinig, grün, fahl, mit ſchwarzem Kopf und
zwei weiblichen Längsftreifen auf jeder Seite des Rüdend. — Puppe 8 biö 10 mm lang,
rotbraun.
Lebensweise ufm.: Flugzeit im Oktober, November, nach dem Laubabfalle,
zwei Wochen früher al3 bei Cheimatobia brumata L. Im übrigen wird auf Deren
Lebensweiſe verwieſen.
Die Raupe lebt und frißt auf Buche und Birken und iſt früher faſt durch⸗
gehends mit der Raupe des kleinen Froſtſpanners verwechſelt worden. Sie zer⸗
ſtört nicht nur das Laub am hohen Holze, ſondern auch den jungen Buchenauf⸗
ſchlag oft maſſenhaft, wodurch ſie merklich ſchädlich werden kann. Gelichtete, in Ver⸗
jüngung ſtehende Altholzbeſtände werden bevorzugt, geſchloſſene Stangenhölzer ge-
mieden.
Dieſe Art iſt nicht ſo häufig wie die vorige.
1883 fand ein größerer Fraß in der königl. preußiſchen Oberförſterei Oberaula (Re⸗
gierungsbezirk Kafjel) in allen höher ald 500 m gelegenen Älteren Buchenbeftänden vom
Stangenholzalter an ftatt (Borgmann).
Sn demfelben Zahre fraß fie in größerer Menge im Diftrifte Wefterhol; des Tönigl.
bayerifchen Reviere Schwifting. *)
Sm Bogelöberg tritt fie faft alle Jahre auf. 1898 wurde fie Hier von Heß in
mehreren älteren, mit Jungwuchs verjehenen Buchenbeftänden in bejonders großer Zahl
beobachtet.
3. Geometra (Hibernia) defoliaria L.
Großer Froftfpanner.?)
Kennzeichen: Flügelipannung des J 36—45 mm. Borderflügel mit geradem Vor⸗
derrand und geichwungenem Saum, abgerundet, gelb, grob roftbraun beftäubt; zwei ſtark
geſchwungene, breite, dunfelbraune Duerbinden, von denen die dem Saume nähere auf der
Innenſeite fcharf ſchwarz gerandet ift. Zwiſchen beiden Binden ein dunkelbrauner Mittel:
fled. Franſen auf den Adern braun gefledt. Hinterflügel hellgelb, bräunlich geiprentelt,
mit einem dunflen Mittelfled. Franſen einfarbig hellgelb. 2 8—10 mm lang, ganz flügel:
108, gelb, ſchwarz gefledt, mit jehr langen Beinen. — Raupe 30 bi8 33 mm lang, zehn:
beinig, lichtgelb, mit rotbraunem Kopfe, ſparſam behaart, mit einer doppelten, rötlich:
braunen Nüdenlinie und braunrot gefledten Seitenftreifen. — Puppe 12 mm lang, röt:
lihbraun, mit zweilpigigem Aftergriffel.
Lebensweiſe uſw.: Flugzeit Ende September, Anfang Oltober bis November.
Sonft Lebensweiſe wie bei dem Kleinen Froſtſpanner. Die erwachſene Raupe jpinnt
ih nicht in Blätter ein, jondern frißt frei. Berpuppung etwas fpäter, wie bei
brumata, meift erft im Juli.
1) Vhdlgn. der XI, XI. und XII. Berjammlung de3 Heſſiſchen Forftvereind 1883
bi8 1885. Hanau 1886, 30—47. — Altum: Btidhr. f. F. u. Iw. 1884, 63. — Ulrich:
D. Forſt-Ztg. 1918, 389. — 2) Ebermayer, Th.: Forſtw. ZbI. 1883, 584. — 3) Altum:
Ztſchr. f. F. u. Iw. 1889, 641.
Schmetterlinge: Froftipanner. 455
Fraßholzarten: Obftbäume, Rofen und Eichen in erfter Linie, alle an⸗
beren Laubhölzer in zweiter. Die Raupe ift häufig und gefräßig und wird in Objt-
und Rofenkulturen oftmals empfindlih ſchädlich. Am Walde fcheint fie jüngeres
Holz älteren Stämmen vorzuziehen. Bedrohlihe Maffenvermehrungen gehören bier
aber zu den Ausnahmen.
Ein größerer Fraß fand im Jahre 1888 in den Eichenbeitänden des Speſſart ftatt.
Beltämpfung: Wie bei Cheimatobia brumata L. (©. 452).
4. Geometra (Hibernia) aurantiaria Esp.
Orangegelber Froftjpanner.
Kennzeichen: Flügelipannung des J 85—38 mm. Borberflügel orangefarbig, roft:
braun beftäubt, mit zwei ſchwachen bläulichgrauen Duerftreifen und einem dunklen Punfte
dazwifhen. Saum ſchwach gerundet. Hinterflügel heller, mit dunkler Mittellinie und
einem dunklen Punkte. Leib dunkel goldgeld. 2 8—10 mm lang, jchmwarzbraun, unten
weißlich, mit kurzen, ſchwarz querftreifigen Flügelftummeln. — Raupe 80 bis 38 mm lang,
zehnbeinig, rotbraun, ftellenweile mit grünlicher Beimiſchung, mit bellbraunem Kopfe,
tleinen, gelben Nüdenwärzchen und dunklen Seitenftreifen verjehen. — Puppe braun.
Lebensweife ufw.: Flugzeit Oktober, November. Sonftige Ofonomie wie
bei dem vorigen.
Die Raupe frißt namentlich auf Buche und Birke ufmw., befonders in jüngeren
Beitänden. Sie befällt aber auch Eichen, Bappeln, Linden, Obftbäume und Weiß-
dorn. Gleichfalls häufig.
Bekämpfung: Wie bei Cheimatobia brumata L (©. 452).
5. Geometra (Anisopteryx) aescularia Schiff.
Roßkaſtanienfroſtſpanner.
Kennzeichen: Flügelſpannung des J 30—85 mm. Vorderflügel langgeſtrect, licht
braungrau, braun beſtäubt, mit zwei dunklen, gezähnten weißlichen Querſtreifen. Hinter:
flügel heller. Sämtliche Flügel mit braunpunktierter Saumlinie und dunkelbraunem Mittel⸗
fled. 2 flügellos, einfarbig hellgrau. Hinterleib mit roſtbraunen, runden Auftreibungen
und einem ziemlich langen Haarſchopf am Ende. — Raupe bis 25 mm lang, zehnbeinig,
walzenförmig, weißlichgrün mit grünem Kopfe; neben der Rüdenmitte jederſeits eine deut:
liche ftärfere und über den Füßen eine ſchwache, weißliche Längslinie. — Puppe braun.
Lebensweiſe uſw.: Ylugzeit Ende Februar und März.
Die Eier werden, wie beim Ningelipinner (S. 438) in ziemlich breiten Bän-
dern ringförmig um die Triebſpitzen verſchiedener Laubhölzer gelegt und vom 7
mit etwas Afterwolle bededt.
Die Raupe erſcheint vom Juni ab und jpinnt ſtärkere Fäden als die Raupen
der übrigen Froſtſpanner. Ihr Fraß findet insbeſondere in NRiederwaldungen jtatt
und erftrect fich auf die Blätter der Eichen, Birken, Erlen, Roßkaſtanie, Hafel
und verjchiedener Sträucher (Schlehdorn, Rainweide, Rofen uſw.).
VBerpuppung im oder am Boden, in einem loderen Gefpinfte.
Generation einfad.
In den Jahren 1887 und 1888 verurjachte dieje Art in den Nieberwälbern der Um:
gebung von Hilchenbach einen nicht unbedeutenden Kahlfraß.
An wirtichaftlicher Bedeutung fteht diefe Spezies Hinter den früher genannten
zurüd.
Belämpfung: Abſchneiden und Verbrennen der Eierringel (April, Mai). Im
übrigen Leimbänder oder Teerringe wie bei Cheimatobia brumata L. (©. 452).
456 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
B. Radelholzigäplinge.
6. Geometra (Bupalus) piniaria L.
Gemeiner Kiefernjpanner!) (Mbb. 216).
Kennzeichen: Flügelſpannung beider Geſchlechter 30-38 mm. J (Abb. 2168) Hell»
gelb. Spige der Borberflügel bis etwa zur Hälfte des Vorderrandes und Ränder aller
Flügel ſcharf abgegrenzt jepiabraun; auf den Hinterflügeln zwei | hmarzbraune Querbinden.
Fühler doppelt gelämmt. 2 (Mbb. 2166) roft: oder orangegelb. Spige der Borberflügel,
Ränder und 1—2 Querftreifen dunfelbraun. Fühler borftenförmig. Hinterleib dider als
beim J. Unterjeite bei beiden Geſchlechtern bräunlich, mit dunflen Querlinien, zahlreichen
BT
a »
Abb. 216. Geometra (Bupalus) pinlaria L. a Männlicer, b weiblider Zalter. c Raupe. d Puppe (nat Gr.x
Fleckchen und einem gelblihweißen, breiten Längsftreifen auf der Mitte ber Hinterflügel.
— Raupe (Mbb. 216c) bis 30 mm lang, zehnbeinig, fahl, gelblichgrün, mit drei weiß:
lichen Rüdenftreifen, von welchen der mittlere ber breitefte ift, und zwei breiten, gelben
Seitenftreifen dicht unter den Quftlöchern. — Buppe (Abb. 216d) i. D. 11 bis 12 mm lang, an-
fangs vollfommen grün, fpäter glänzend rotbraun, aber noch lange, namentlih an den
Flügeljheiden, grün durchſcheinend, ber Eulenpuppe ähnlich, jedoch fleiner. Hinter dem
After ein feiner, in einem furzen, einſpitzigen Aftergriffel endigender Höder.
A. Lebensweiſe.
Stuggeit: Mitte Mai, Juni; vereinzelt bis Juli, Auguft. Als ausgeſprochenes
Taginfelt fliegt der Falter, namentlich das d, gern beim hellften Sonnenfchein. Auch
das im allgemeinen träge 2 ift dann beweglicher. Am lebhafteften fliegen die Falter
in den Vormittagsftunden von 8—11 und nachmittags von 2—6 Uhr. Der Flug
ſelbſt ift taumelnd, dabei aber ziemlich raſch. Charafteriftifch für den jigenden Falter
ift die aufrechte oder halb erhobene Haltung der Flügel nad; Tagfalterart.
Die glatten, ovalen, oben etwas eingedrüdten, hellgrünen Eier werben in
perljchnurägnlichen Reihen und zwar meift einreihig an der Unterfeite ter Kiefern
nadeln in den höheren Partien ber Baumfronen abgelegt. Im ganzen legt das }
durchſchnittlich 80 — 110 Eier, im Höchſtfalle (nah Wolff) 160; Knauth fand
bei Unterfuhung von 22 2 i. D. 107. An eine Nabel werben in ber Regel
4—12 Eer abgelegt, im höchſten Falle bis 25 (Bernas). Vereingelte oder klum⸗
penförmige Eiablage hängt möglicherweife mit Erkrankung oder Schwächezuftänden
bes ? zufammen.?)
Die Raupen kommen furze Zeit nach der Eiablage Ende Juni, Anfang
Zuli zum Vorfcheine, ſpinnen fleißig und find, nur langſam größer werdend, im
» gur Literatur: Heß: Allg. F. u. J.-BZtg. 1864, 440. — Bernas: Vereinsſcht. |.
8, 3. u. Naturfde. 1889/90, Hft. 161, 15. — Knauth: Forſtl.-naturw. Ztichr. 1895, 889,
405; 1896, 46; 1897, 165. Biefeter: Btſchr. f. F. u. Iw. 1904, 432. — Bader:
mann: D. Forft:dtg. 1908, 954. -- Wolff: Der Kiefernfpanner (Bupalus piniarius L.).
Berlin 1913. — 2) Derf.: Jahresber. d. Vereinigung f. angew. Botanif 9. Jahrg. 1912, 82.
Schmetterlinge: Kiefernfpanner. 457
Dftober ausgewachſen; fie laſſen ſich etwa Anfang November an Fäden von ben
Bäumen herab. Man findet aber, auch bei kalter und regnerifcher Witterung, noch
bis in ben Dezember hinein Raupen auf den Bäumen. Gegen Witterungseinflüffe
find die Raupen außerordentlich widerſtandsfähig; jelbft ftarfe, während des Fraßes
eintretende Kälte bringt fie nur zum vorübergehenden Erftarren. Der Kot der
Raupen ift Hein und unregelmäßig edig, nicht walzenförmig wie fonftiger Raupen-
tot, und läßt Nadelrefte meift deutlich erkennen.
Die Berpuppung findet vom November ab teils in ber oberen Moos- oder
fonftigen Bodenftreu, teils in der Darunter befindlichen Humus- und Mullerdeſchicht,
teil3 auch — beim Fehlen einer Streudede — im mineralifchen Boden ftatt. Die
Raupen liegen oft jehr lange one Verwandlung, man findet Ende Dezember (bid-
weilen fogar im April) noch unverpuppte Raupen. Die Puppen haben fein Kokon
und find gewöhnlich mehr oder weniger gleihmäßig über
die ganze Beftandafläche Hin zerftreut; fie liegen aber durch⸗
aus nicht immer nur im Schirmbereiche der Fraßbäume.
Auskommen des Falter? Mai, Juni, in den frühen
Morgenftunden.
Generation einfad.
B. Forſtliches Verhalten.
Die Raupe befällt die gemeine Kiefer, im Not—
falle auch andere Kiefernarten (Weymouthskiefer), Fichte
oder Tanne, felbft Wacholder, wenn dieje Holzarten in
kahlgefreſſenen Kiefernbeftänden als Unterholz vorkom—
men. Zumeiſt werden Stangenhölzer im Alter von 20
bis 60 Jahren angenommen, namentlich dann, wenn fie
auf den geringeren und geringften Bodenklaſſen ftoden.
Bei Maflenvermehrung wird jedoch feine Altersklaſſe ver-
ſchont. Der Falter legt dann feine Eier in 15jährige Dik- gannerraude an Kiefernnadein
kungen ebenfo ab wie in den Kronen 9Ojähriger und äl— (nad Altum, nat. Ör.)-
terer Beſtände.
Der Fraß erftredt fich auf die Nadeln, unter Verfchonung der Knofpen, und
dauert bis in den November hinein. Die jungen Raupen benagen die Nadeln zunächſt
nur in ber oberen Hälfte von der Spreite aus. Je älter die Raupen werben, um
fo mehr befreffen fie die Nadeln vom Rande herein, lafjen aber die Mittelrippe ſtets
unberührt. Diefe bleibt infolgebeffen ftehen und mit ihr die mehr oder weniger
jadig und treppenartig ausgefreflenen Säume der Nadelfläche. Der Fraß beginnt
ftets, auch bei der älteren Raupe, an der Spigenhälfte, nur jelten wird die Nadel
in der Mitte durchgebiffen und von bier aus der bafale Teil verzehrt. In vielen
Fällen — bei hinreichendem Futtervorrat — bleibt der untere Teil der Nadel überhaupt
ganz verſchont. Die Nadeln verfärben ſich, unter Austritt feiner Harztröpfchen, fallen
aber vorerft noch nicht ab. Es entjteht jomit ein höchſt charakteriftiiches Fraßbild
(Abb. 217). Bei ftärkerem Befallenfein verbreitet fid) über die ganze Baumkrone
ein bräunlichgrauer Schimmer (vom Auguft ab bemerkbar). "Der Fraß rüdt von
der Peripherie nach dem Innern der Krone und von oben nach unten vor (aljo
entgegengefeßt wie bei der Nonne).
458 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Die forftlide Bedeutung des Kiefernfpanners ift eine jehr große, wenn
auch Maſſenvermehrungen nicht gerade zu den alltäglichen Erſcheinungen zählen.
Für die trodenen Kiefernheiden gewinnt der Spanner die gleiche Bedeutung wie
die Nonne für Fichtenwälder. Schwerwiegend iſt namentlich der Umftand, daß durch
den Spanner in erjter Linie unreife Stangenhölzer, aljo nur Gruben- und Schleif:
bolzbeitände befallen und unter Umständen totgefreflen werden. Die Berwertung der
ſchwachen Sortimente ift meist fchwieriger und mit größeren Berluften verfnüpft als
der Abſatz der durch den Spinner oder die Nonne totgefreffenen Althölzer.
Einmaliger Rahlfraß durch den Spanner hat zwar das Eingehen des Beftandes
in der Regel nicht zur Folge, weil die völlige Entnadelung gewöhnlich erft im Herbſt,
alfo zu einer Beit eintritt, mo die jungen Triebe mit ihren Knoſpen vollitändig ent-
wicelt find. Der vorhandene Borrat an Nejerveitoffen genügt, um die Knoſpen im
nächſten Jahre zur Bildung neuer Triebe zu befähigen. Allerdings fallen die Dann
gebildeten Triebe und Nadeln etwas kurz aus. Wird ein Beltand aber zwei Zahre
hintereinander ganz kahl gefreilen oder folgt einem ftarfen Lichtfraß ein Kahlfraß,
fo fterben die befallenen Bäume ab, wenn die Entuadelung ſchon im Auguft voll-
zogen ift, weil ihnen dann feine entwidelungsfähigen jchlafenden Augen mehr zur
Berfügung ftehen. Tritt die volle Entnadelung jedoch erit im Oftober ein, jo er⸗
holen fich auch folche Beſtände oft, ſobald ein jehr milder Winter folgt. Verhäng⸗
nisvoll ift immer das Zufammentreffen von frübzeitiger Entnadelung mit einem
naßfalten Sommer und einem darauffolgenden harten und langen Winter, weil in
diefem Falle die an fich kümmerlich entwidelten Triebe leicht durch Froſt zugrunde
gehen, was fich durch Bräunung der Safthaut, und zwar nicht nur an den Alten,
fondern mitunter auh am Stamme, zu erfennen gibt. Man darf daher nach einem
Spannerfraß ebenjomwenig jofort abtreiben als nach einem Eulenfraße, jondern tut
gut, mit dem Einſchlagen bis zum nächften Jahr zu warten. Yindet man im Früh⸗
jahr nach dem Fraße die Safthaut an gefällten Probebäumen noch geſund, fo ijt
das Wiederergrünen zu hoffen. Iſt fie aber gebräunt, jo iſt der baldige Abtrieb der
Stämme angezeigt. Ausführlichere Beobachtungen über das Verhalten der entnadelten
Kiefern find bei dem leten großen Spannerfraß in Bayern (f. nächſte Seite) von
R. Hartig!) angeftellt worden.
Behufs näherer Feſtſetzung der Begriffe: Licht: und Kahlfraß und der Raupenzahl,
welche dazu gehört, um diejen oder jenen bervorzurufen, möge hier die auf Okularſchätzung
beruhende Unterjcheidung der bayerifchen Forftverwaltung angeführt werden, welche im amt:
lichen Bericht über diejen Frab zur Grundlage gedient hat:
Anzahl der Raupen, um
|
Bezeichnung | Seaifehinmung an einem Baume mittleren
des Fraßes Benad elun Aiters den vorſtehenden
en g | Fraßgrad zu erzeugen
a ‚ Rajcfraß bis zu 25 5%, | bis zu 1000
albfraß „vn 50%, 1000— 2000
. Kichtfraß vn 75%, 2000—3000
4. Kahlfraß bon 75%, und darüber mehr als 8000.
Lieblingsorte des Falters find geichloffene Bejtände in den ſonnigen (üd⸗
lichen und d weltlichen) Lagen des wärmeren Hügellandes. Auch Überhäfter in jungen
1) Forfil. ⸗naturw. Ztſchr. 1896, 396; 1896, 311.
Schmetterlinge: Riefernjpanner. | 459
Kulturen werden gern angenommen. !reiliegende und räumige Beftände haben
weniger zu leiden. Zugige Ränder werden faft ganz gemieden.
Geihichtlihes über neuere Spannerverheerungen.
Ein ſtarker Fraß fand 1862—1864 in Medienburg, Pommern und in ber Mark
(Reviere Borntuchen und Liniden) ftatt. Er dehnte fich über 100 Duadratmeilen und ver:
urjachte allein in den beiden preußiichen Oberförftereien mehr als 3000 Morgen Kahlfraß.)
In den Jahren 1870 und 1871 wurden in den Fürftlih Hohenloheſchen Wal-
dungen der Herrichaft Oppurg 600-700 ha 25—60 jähriger Kiefern von der Spannerraupe
ſtark befreifen; fchon 1838 Hatte ein Kahlfraß daſelbſt in einem 2öjährigen Beftande ftatt-
gefunden. Die Kalamität ging aber ohne wejentliche Benachteiligung der befallenen Wal:
dungen vorüber. ®)
1878 trat die Raupe in den Furftlich Iſenburgſchen Waldungen bei Offenbach a. M.
auf. Die befallene Fläche (ein 48 jähriger Kiefernbeſtand) hatte eine Ausdehnung von
45 ha. *)
Ein großartiger Spannerfraß ereignete ſich 1892—96 in den baheriſchen Regierungs⸗
bezirken Mittelfranten, *) Oberpfalz und Oberfranken. Um ſchwerſten wurde der mit Holz⸗
und Streujervituten belaftete große Kiefernwald bei Nürnberg (Nürnberger Reichswald)
vom „Kieferngeometer” (wie der Spanner im Vollsmunde genannt wurde) betroffen.
Schon 1893 erjtredte fich der dortige Fraß über 5000 ha in den Forftämtern Laufamholz,
Forſthof, Feucht und Lichtenhof; weniger befallen waren die Beftände in den Forftämtern
Fiſchbach und Altdorf. 1894 nahm die Kalamität noch viel größere Dimenfionen an
und erfi 1896 konnte fie als erlojchen angejehen werden. Das gejamte überhaupt befallene
Gebiet umfaßte etwa 40000 ha Staatäwald und 10000 ha Gemeinde: und Privatwald.
Bon den Privatwaldungen hatten insbejondere die des Freiherrn von Faber zu leiden.
Der Kahlfraß erftredte fih in Dkittelfranten auf 9900 ha, in der Oberpfalz auf 1300 ha
und in Oberfranten auf 600 ha, zufammen aljo auf rund 11800 ha Staatswald. In den
Gemeinde» und Privatforften find etwa 1600 ha völlig kahl gefreflen worben. Als Nach⸗
zügler traten indbejondere der Kiefernſchwärmer und die Kiefernmarfläfer auf.
Zur Wufarbeitung des abgeftorbenen Holzes (im ganzen 1859200 fm) wurden im
Staat3wald etwa 1200 Arbeiter, meift aus Oberbayern und Tirol, zugezogen. Für Wieder:
aufforftung der entjtandenen Kahlflächen (rund 8100 ha) wurden zwei Millionen Mark
in das Budget eingeftellt.
Im gleichen Zeitraume (1892—94) wurde auch das Kieferngebiet des Königreichs
Sadjen,°) namentlich die ftaatlihen Yorftbezirke Dresden, Morigburg und Grimma vom
Spanner heimgeſucht. Der Fraß erftredte ſich in den Staatstwaldungen auf mehr als 2800 ha
und Hinterließ 108 ha Kahlfraßfläche.
Ein weiterer jehr intenfiver Yraß fpielte fich 1899-1903 in der Kolbitz-Letzlinger
Heide?), Regierungsbezirt Magdeburg, ab. Befallen wurden rund 8800 ha meift 40—70-
jährige Veftände. Mehr ala 6800 ha wurden Tahlgefreffen. Der notwendige Holzeinichlag
brachte 1,200000 fm Naupenholz auf den Markt. Zur Aufarbeitung diejer gewaltigen
Holzmaffen wurden 2000 Urbeiter herangezogen, deren Tageöverdienft fich auf 6 DE. ftellte.
Im Oftober 1902 wurden in Magdeburg nicht weniger als 520000 fm Raupenholz an
einem Tage verfteigert. Durchſchnittüicher Erlös für 1 fm 10,30 Mt.
1) Rageburg: Waldverderbnis, 1. TI. 1866, 166. — 2) Röthel, H.: Monatsſchr.
f. d. F. u. Im. 1875, 168. — 3) Reiß: Alle. F. u. J.⸗Ztg. 1879, 151. — 4) Lang,
Georg: Forftm. Bbl. 1898, 344, 515. — Sch.: Dal. 1894, 630; dgl. hierzu weiter bie
Artikel: Forſtw. ZbI. 1896, 384; 1897, 658; 1898, 204. — Ullg. 3 u. J.⸗Ztg. 1895, 288;
1898, 817. — Ztſchr. f. 5. u. Im. 1897, 458; 1898, 196. — Schweiz. "Btichr. f. Fw.
1895, 352. — Forftl. naturw. Ztſchr. 1895, 389, 405; 1896, 46; 1897, 165. — Thar.
Ihrb. 1896, 154. — 5) Bericht des Sächſ. Forſtvereins 1898, 6. — 6) Giefeler: Ztſchr.
f. F. u. Iw. 1904, 432. — Bol. weiter: Daf. 1902, 755. — N. forftl. BI. 1902, 401 u. 409;
1908, 101, 118; 1905, 157.
460 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Der jüngfte Fraß betraf die Zucheler Heide, Regierungsbezirte Marienwerber und
Danzig, 1907—10. Die dem Streuharken zu unterwerfende Fläche wurde hier 1908 auf
12000 ha angelegt. Im Martenwerber Bezirk find für das Streuharlen auf 6650 ha
165000 Mt. auögegeben worden, d. i. für 1 ha 24 Mt.
C. Betämpfung.
a) Vorbeugung.
1. Empfehlenswert: Einmifhung von Laubhölzern (Birke, Robinie, Aſpe)
in die Kiefernbeftände. Auf armen Sandböden aber vielfach unmöglich.
Endres!) empfiehlt zur Wiederaufforftung der Fraßflähen des Nürnberger Reichs⸗
waldes Weymouthskiefer und Robinie als geeignete Miſchhölzer.
2. Schonung der Feinde des Spanners.
Als ſolche kommen die oben bei der Kieferneule genannten Säugetiere, Vögel und Zn»
jeften (S. 445) in Betracht. Bon tierischen PBarafiten (Schneumonen und Tachinen) werden
Raupe und Buppe des Kiefernipanners zuweilen in hohem Grade heimgefudht.
Im wejentlichen find es diejelben Barafiten, die aud) der Nonne (ſ. S. 138) Abbruch
tun. Wolff (a. a. D.) beobadhtetete bei dem jüngften Spannerfraß in der Tucheler Heide
eine auffällige Ungleicymäßigkeit in der Verteilung der Barafiten, injofern bald nur Ta-
hinen, bald nur Ichneumonen als Parafiten des Spannerd auf den unterfudhten Flächen
zu finden waren.
Unter den Krankheiten der Spannerraupe mißt Wolff (Kiefernfpanner, 135) einer
bon ihm entdedten, mit der Wipfelfranfheit der Nonne identiichen Polyederfrankheit einige
Bedeutung zu.
3. Aufmerkſamkeit der Beamten.
Die Beftätigung einer drohenden Maffervermehrung des Spanners erfordert
erhöhte Aufmerkſamkeit feitens der Beamten, weil der Fraß der Raupen, felbft wenn
fie bereit3 in großen Mengen vorhanden find, meift erft im Herbſt (September,
Dktober) bemerkt wird. Nechtzeitiges Erkennen ber Gefahr ift für die erfolgreiche
Belänpfung des Spanner aber ganz beſonders wertvoll, weil die nachſtehend ge-
nannten Vertilgungsmittel mit Ausnahme des Streuharkens nur auf Heiner Fläche
hinreichend wirffam angewendet werden fünnen.
In eriter Linie ift auf dem Falterflug im Juni zu achten. Ein ftärferer Flug
läßt immer einen ftärferen Fraß erwarten. Durch PBrobefammeln im Winter oder
Frühjahr, jedenfall aber nicht vor Ende November, ift dann die Menge der vor:
handenen Schädlinge näher feitzuftellen, damit bei Bedarf die geeigneten Belämpfungs-
maßregeln ergriffen werden fünnen. Beim Probefammeln find alle erftarrten und
jcheinbar toten oder erfanften Raupen, die in der Bodendede vorgefunden werden,
wenn ſonſt feine begründeten Diagnoſen auf PBarafitenbefall vorliegen, als gefund
zu zählen.
Maßgebend bei der Enticheidung über die vorzunehmenden Bertilgungdmaß-
regeln iſt der Gejundheitszuftand der beim Probejuchen gefundenen Puppen.
Wenn, wie ed vorkommt, 8O— 90%, aller Puppen fich ala tachiniert oder ichneu⸗
moniert erweifen, fann von weiteren Maßnahmen naturgemäß abgejehen werden.
Werden 4—5 gejunde Puppen auf 1 qm gefunden, empfiehlt es fich, die Streu zu
arfen.
’ Wie bei der Kieferneule pflegen die ſchmarotzerlranlen Puppen oberflächlich zu liegen.
Sie find meift gleihmäßig braun, fowie fteif und beweglos oder ſchlagen mit dem Schwanz-
ende nur ſchwach aus, während gefunde Puppen beim Berühren ſich lebhaft bewegen.
1) Allg. F. u. 3.-Ztg. 1896, 238.
Schmetterlinge: Kiefernipanner. 461
b) Bertilgung.
Nach den bisher vorliegenden Erfahrungen ift einem Spannerfraß nur dann
beizulommen, wenn gegen die erften Anfänge mit aller Energie vorge:
gangen wird. Wie bei der Kieferneule hat ſich die Belämpfung in der Haupt-
Sache gegen das Buppenftadium zu richten. Durch Vernichtung der Puppen mäh-
rend der Winterruhe kann bei Heineren Fraßflächen die Wiederholung und Ausbrei⸗
tung des Fraßes verhindert oder feine Antenfität doch wejentlich geſchwächt werden.
Der Kampf gegen die Puppe geſchieht durch:
1. Streuharten und Bufammenbringen der Streu in Wälle.
Obgleich auch Mißerfolge und abſprechende Urteile!) nicht fehlen, weifen doc)
gewichtige Beobachtungen, namentlich auch die bei der legten Spannerfalamität in
der Tucheler Heide gefammelten Erfahrungen darauf hin, daß das Bujammenharfen
der Stren für den Großbetrieb das wirkſamſte Mittel im Kampfe mit dem
Spanner ift.
Das Verfahren jelbft wurde bereit3 oben bei der Bekämpfung der Eule näher
geſchildert (f. dort S. 446). Es ftellt felbitverjtändlich auch fein Radilalmittel dar,
da viele Buppen fo tief liegen, daß fie beim Bufammenbringen der Streu nicht mit
gefaßt werden. Sie werden aber dur die Streuentnahme zum großen Teil frei-
gelegt und gehen dann zum Teil unter der Einwirkung von Froſt und Negen, viel:
leicht auch durch Vertrodnen ein, werden von Tieren (Hähern, Droffeln, Meifen)
gefreffen oder können auch gefammelt bzw. durch Ubfegen der ftrenleeren Streifen
mit ftumpfen Befen direkt vernichtet werden. |
Wo und wie tief die Puppen Tiegen, hängt weſentlich von der Mächtigkeit
der Streudede ab. Sit der Boden mit einer ftarken Beer⸗ oder Heidelrautdede über-
zogen, fo fann das Streurechen vielfach unterbleiben, da derartige Orte oftmald nur
ſchwach belegt werden. Weift die Unterſuchung auf einen ftärferen Buppenjtand Hin,
fo genügt (nad) Wolff) dann Umplaggen des Bobenüberzuges, um den Spanner
am Auskriechen zu hindern. Weniger ſtark entwidelte lebende Bodendeden müſſen
ebenfo wie alle toten Streudeden in Haufen oder Wälle zufammengebradht werden,
und zwar möglichjt Ichon im November, damit Regen und Schnee auf die Streu-
wälle einwirken, fie feft fchlagen und feucht halten. Die in foldden Streuhaufen
lebhafter einfegenden Fäulnisprozeſſe wirken vernichtend auf die mit eingebrachten
Raupen und Puppen ein. Wo e3 fih um ältere Beftände und beffere Böden han“
delt, fteht auch der Streuansfuhr ans dem Walde nichts Weſentliches entgegen.
Bei dem legten großen Fraß in Bayern wurde auf 5301 Probeflächen von je 4 qm
Größe feftgeftellt, daß von den abgezählten Buppen durdfchnittlid) 85%, in der Moos:
und Nadeldede, 60%, auf und in der eigentlihen Humusſchicht, 5%, im Mineralboden id)
befanden. Wo die Verhältniffe ähnlich Liegen, darf man fich beim Bufammenbringen der
Streu nicht allein mit der oberen Dede’begnügen, fondern muß tief genug eingreifen, um
den größeren Teil der Puppen mit in die Streuhaufen zu befommen bzw. fteizulegen.
Aus Gründen der Bodenpflege ift die Ausfuhr derartiger Streu um jo mehr zu unter:
laſſen, je ärmer der Boden als folder iſt.
In der Letlinger Heide hat da3 Zuſammenbringen der Streu auf einem Morgen
10 Mt. geloftet. In einem Haufen Streu befanden ſich nad v. Lindequift?) ungefähr
5000 Puppen, aus denen fich aber nur 50 Falter entwidelten.
In der Oberförſterei Burgftall?) wurden die durch Aufrollen der oberen Moos:
1) Schmidt: Btichr. f. F. u. Iw. 1907, 584. — Ihrb. d. Schleſ. Forftvereind 1906,
46. — 2) N. foritl. BI. 1905, 118. — 53) Giefeler: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1904, 442.
462 Erfted Buch. Echub gegen Tiere.
ſchicht freigelegten Puppen von den oben genannten Bögeln fo eifrig aufgefucdht, daß Probe⸗
ſammlungen auf den geharkten Flächen eine Buppe auf 1 qm ergaben, während auf nicht
geharkten Flächen unter gleichen Berbältniffen 35 gefunde Puppen auf 1 qm gefunden
wurden.
An der Tucheler Heide ftellte fich das Zufammenbringen der Streu mit ber bereits
oben (©. 446) erwähnten Ehlertichen Egge auf 16—22 ME., bei Verwendung des Kra-
noldichen Grubbers auf 15 Mi. für 1 ha.
2. Hühnereintrieb.!) Der namentlih von Edftein empfohlene Eintrieb
von Haushühnern in die vom Spanner befallenen Beftände Hat ſich nach den vor⸗
liegenden Erfahrungen im allgemeinen bewährt, jobald nur örtlich begrenzte kleinere
Fraßherde vorliegen. Weit ausgedehnte Flächen können von Hühnern nicht gerettet
werden. Der Hühnereintrieb ift Hauptjächlich dort angezeigt, wo die Streuentnahme
aus bodenpfleglihen Gründen untunlich erjcheint.
Nah Frhr. v. Spiegel vermag ein Huhn täglih '/;—11,d. i. bis 6000
Spannerpuppen zu verzehren, vorausgefeht, daß die Beſtände ſtark genug belegt find
und nur eine Moos⸗ oder Nadelftreudede haben, die von den Hühnern leicht weg-
gefharrt werden kann. Auf graswüchſigem Boden verjagen die Hühner, wenn Die
Bodendede nicht zuvor behadt oder ftreifenweife entfernt wird. Auch in Beftänden
mit nur dünnem Bodenüberzug empfiehlt ſich Zoderung desjelben mit Rechen oder
Hade, um den Hühnern dad Scharren zu erleichtern und ihnen auch die tiefer Tie-
genden Puppen zugänglich zu machen.
Die Schwierigkeit bei der Bekämpfung des Spanners oder anderer VBodentiere durch
Hühner beruht in der Unterhaltung der letzteren, in der Beichaffung der notwendigen Nah-
rung und in der Fürſorge für Hinreichenden Schu bei Nacht und ungünftiger Witterung.
Entiprehend der Menge der vorhandenen Epannerpuppen müſſen die Hühner mehr oder
weniger Beifutter (Maid, Gerfte, gelochte Kartoffeln, Kuchenabfälle u. dergl.) und außerdem
Trintwafler erhalten. Weiter muß für genügend zahlreiche, zweckmäßig eingerichtete und
leicht verjegbare Ställe gejorgt werden. Der nach dem Abſuchen ber einzelnen Fläche not:
wendig werdende Ortöwechjel legt ed nahe, die Ställe möglichft einfach herzurichten oder
fie fahrbar zu machen, fobald fie jolider hergeftellt worden find.
Nach den Berechnungen vd. Spiegels (a. a. O.) find bei einem Puppenvorrate von
2—3 Millionen auf 1 ha 500 Hühner nötig, um täglich einen Heltar abzufuchen, fo daß
auf ein Huhn ungefähr 20 qm kommen.
Bur Bewachung diefer Hühnermenge gehört mindeſtens eine Berjon, die neben ber
Fütterung, Tränkung, Eierpflege uſw. dafür zu forgen Hat, daß die Hühner richtig dirigiert
werben und daß fie fich nicht verlaufen. Abgänge durch Erkrankung, Raubzeug und Ver:
laufen find natürlid) unvermeidlich und gemeinhin um jo größer, je jchlechter Die Witte:
rung ift und je mehr die Hühner infolge von Nahrungsmangel oder ſchlechter Auflicht zum
weiten Auslaufen neigen. In der Oberförfterei Burgftall gingen 3. ©. von 463 Hühnern
in einem Zeitraum von rund 80 Tagen 229 durch Erfranfung und 88 dur) Raubzeug ufw.
verloren, während nad) v. Spiegel bei den Verſuchen in der Oberförfterei Kielau feine
einzige Erkrankung vorfam.
Die Koften der Spannerbelämpfung durch Hühnereintrieb find nach den vorliegenden
wenigen Berechnungen, denen allerdings nur lofaler Wert zulonmt, feineswegs hoch. Einen
Hektar abzujuchen, foftete in Sielau (v. Spiegel) 10-12 Mt., nad Edftein 14—16 Mt.,
in Burgftall (Giefeler) 27,0 Mi. Auch die zuleht genannte, unter ungünftigen Ber:
hältnifjen gewonnene Zahl ift noch keineswegs als zu hoch zu bezeichnen, namentlich dann
nicht, wenn die Hühner immer eine jo gründliche Arbeit bejorgen, daß, wie Edftein
(Technik, 150) angibt, auf den abgejuchten Flächen bei genauefter Prüfung nur noch zwei
Puppen auf 1 qm zu finden waren.
1) Edftein: Technik des Forſtſchutzes 147. — Frhr. Spiegel von u. zu Bedels:-
heim: 8. f. 3. u. Iw. 1908, 146.
Schmetterlinge: Kiefernipanner. 463
An Stelle von Haushühnern wird von Edftein aud die Verwendung von Trut-
hühnern in Borfchlag gebracht Da fie nicht ſcharren, ift Aufharken der Streu mit Rechen,
Eggen, Srubbern ufw. unerläßfih. Diefem verteuernden Moment fteht als Borteil gegen-
über, daß fih die Buten ald Herbe treiben laſſen. Dadurch erhöht ſich die Sicherheit des
gleichmäßigen Abfuchens einer Fläche, und andererjeit8 vermindert fich die Notwendigkeit
der oftmaligen Berlegung der Ställe.
3. Schweineeintrieb. Die Erfahrungen, die man mit diefem an und für
fih einfachſten und natürlichften Vertilgungsmittel gegen Bodeninjelten aller Art
bei der Spannerbefämpfung gemacht bat, fprechen auch nur dann zu deflen Gunſten,
wenn Kleinere flächen zu jäubern find und ftärkere Herden Träftiger ausgewachſener
Landihweine zur Verfügung ftehen, die im Walde untergebracht werben können
und mit denen unter Auflicht brauchbarer Hirten jyftematiich vorgegangen wird. Da
dieje Bedingungen meift nicht erfüllt find, haben die vorliegenden Verſuche im großen
ganzen feine befriedigenden Ergebniſſe gezeitigt.
Abgejehen davon, daß der Schweineeintrieb nur in der Zeit von Dezember bis ein-
ſchließlich Upril, oft erit nach Weggang des Schnees möglich und an die Zeiten gebunden
ift, ıwo der Boden frofifrei ift und von den Tieren umgebrochen werden kann, fcheitert die
Ausführung zumeiſt am Fehlen genügend großer Herden bzw. am Widerwillen ihrer Be⸗
jiger. Es kommt hinzu, daß die Schweine ihre Aufgabe anfangs meift recht unvollftändig
erfüllen und den Boden nur teilmeife umbrechen. Nach den von Rnauth') im Nürnberger
Reichswald gemachten Beobachtungen muß die Schweineherde in geichloffener Kolonne ar:
beiten, wenn fie ihren Zwed erfüllen fol. Wie wenig mit. dem Schweineeintrieb anzu⸗
fangen ift, geht aus einem von Knauth erwähnten Verſuch hervor, bei dem 35 allerdings
meift geringere Schweine 16 Tage brauchten, um eine Fläche von 3 ha vollftändig um⸗
zubredhen.
4. Noch wertlofer als der Eintrieb von Hühnern oder Schweinen find für den
forftlihen Großbetrieb die weiterhin zu nennenden, auf Vertilgung ber Puppen,
Raupen oder Falter abzielenden Maßregeln.
a) Sammeln der Puppen: Nur beim Vorhandenfein billiger Arbeitskräfte
(Kinder) und auch dann nur rentabel, wenn auf kleinſter Fläche dichte Buppen-
belegjtände vorhanden find. Bei Revifionen (Probefammeln) unerläßlich.
Wie ſchon angedeutet, liegen die Puppen oft unregelmäßig über die Fläche zer:
fireut. Selbſt in dicht belegten Beſtänden finden fi) nicht jelten ganz oder faft puppen-
leere Quadratmeter, während unmittelbar anftoßend unverhältnismäßig große Mengen
von Buppen liegen.
b) Bertilgen der Buppen dur Bodenfeuer: Auf trodenem Sandboden
jelbft bei Beachtung der unerläßlichen Sicherheitsvorkehrungen gefährlich und außer-
dem erfolglo8.
Die ſchon im Mai 1867 in einem 70—80jährigen Baumholz der preußiichen Ober:
förfterei Biefenthal?) gemachte Wahrnehmung der Erfolglojigkeit wird von Heß auf Grund
der 1895 und 1896 im Gießener Stadtwalde gemachten Beobadhtungen beftätigt.
c) Bertilgen der Buppen duch Zuſammenrechen der Streu und Ber -
brennen oder nur Dämpfen derjelben in Keinen Haufen auf baummuchsfreien
Stellen.
‚Das Verfahren wurde von Knauth im Nürnberger Reichswald verſuchsweiſe auf
3 ha angemendet. Die Bodendede wurde mit eng geftellten Rechen bis auf den mineralis
ichen Boden abgezogen und auf kleine 30—50 cm hohe Häufchen zufammengebradht. Dieje
wurden hierauf angeziindet und bei ftändig unterhaltener Glut unter entjprechender Auf:
1) Forftl.»naturw. Ztſchr. 1897, 167. — 2) Dandelmann: Ziſchr. f. J. u. Iw.
1869, 388.
464 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
fiht durchglüht. Die Koften beliefen fi auf rund 20 ME. für 1 ha einichließlich der
Koften für eine neben dem Zuſammenharken der Streu auf den abgerechten Flächen durch—
geführte Puppenſuche, die auf 0,7 ha 11000 Spannerpuppen = 10°), de3 urjprünglichen
Belegitandes ergab.
Auf armem Boden ift bei Anmwendung des geichilderten Verfahrens die Wiederaus:
breitung der Aſche über die ftreuberechte Fläche in Trage zu ziehen, um dem Boden die
mineraliſchen Näbrjtoffe wieder zuzuführen.
d) Sammeln der Raupen dur Anprellen und Abjchütteln der Stangen uſw.:
Ziemlich ausfichtslos wegen Feithaftens der Raupen, auch ſtarken Erjchütterungen
gegenüber.
Erſt wenn fie älter find (nad) der dritten Häutung) laffen fi) die Raupen bei Er:
ishütterungen an Spinnfäden herab.
e) Beftreihen der Stämme in Brufthöhe mit 5—6 cm breiten Qeimringen,
um die durch Abfpinnen, Abfallen oder durch Sturm und heftige Regengüffe zu Boden
gekommenen Raupen am Wiederbefteigen der Bäume zu verhindern.
Bei dem großen Fraß in Bayern wurden (1898) 42796 Stämme und (1894) 41987
Stämme in Beftänden verjchiedenen Alterd (in der Oberpfalz) geleimt; allein der hierdurch
abgejangene Teil der Raupen betrug nur 3%, bzw 2,82%, der Überhanpt als vorhanden
geweſen anzunehmenden Zahl (Nitſche). Diejer geringe Erfolg hängt damit zufammen,
daß die Spannerraupen im allgemeinen viel träger find und, mie ſchon erwähnt, namentlich
in der Jugend viel fefter jigen als die Nonnen: und Spinnerraupen.
Auch die in der Leplinger Heide (Oberförfterei Schweinitz) durchgeführten Leim:
verjuche haben gezeigt, daß höchftens "/, aller Raupen durch die Leimringe abgefangen wer:
den (Giejeler).
f) Sammeln und Verbrennen der Zalter, jobald fie auszufchlüpfen be:
ginnen (Mai), am beften zwifchen 7-10 Uhr morgens: Wegen Kleinheit bes
Falterd und Kürze der Sammelzeit kaum oder nur auf Heiner Fläche durch—
führbar.
Da es nad) den zeitherigen Erfahrungen nicht möglich erjcheint, einem Span⸗
nerfraß durch wirtichaftlicde Maßregeln vorzubeugen, ift e8 in den von diefem höchſt
gefährlichen Schädling heimgeſuchten Waldungen unerläßlich, fich über den jeweiligen
Belegitand durch Beobachtungen des Yalterfluges, Abzählungen von Eiern an ge
fällten Stämmen und dur Probeſammeln von Puppen (f. ©. 460) jederzeit auf
dem Laufenden zu erhalten. Nechtzeitiges Vorgehen bei einer bedrohlich ericheinen-
den Maffenvermehrung mit Hilfe der oben unter 1(—3) angeführten Vertilgungs-
maßregeln vermag den abfoluten Erfolg zwar nicht zu verbürgen, es ift aber da3
einzige Mittel, das wenigſtens die Hoffnung auf diefen Erfolg umfchließt. Wenn
fich trogdem fein Erfolg einjtellt, jo bleibt, wie Knauth!) mit Recht hervorhebt,
„als Lohn doch das Bewußtſein erfüllter Pflicht, die den Anfängen zu wiberftehen
hat, ohne daß die Flinte alabald ins Korn geworfen wird“.
1. Weitere Kiefernipanner.
Bergejellichaftet mit Geometra piniaria fommen einige andere Spannerarten
vor, ohne eine auch nur entfernt ähnliche wirtfchaftliche Bedeutung zu haben wie
diefer. Sie find teils ebenfall3 monophage Kieferninfelten, teils leben fie zunächſt
an Laubhölzern und gehen nur ausnahmsweiſe auf Nadelholz über. Es find die
der Mittäterichaft bei Spannerfalamitäten hin und wieder befchuldigten beiden Kiefern⸗
1) Horftl.:naturw. ZItſchr. 1896, 58.
Schmetterlinge: Kiefernfpanner. Kahnſpinner. 465
bewohner Geometra (Macaria) liturata Clerck., der veilgraue Kiefern:
jpanner (Raupe zehnfüßig, gelbgrün mit rotbraunem Kopfe) und Geometra
(Ellopia) prosapiaria L, der gebänderte Kiefernfpanner (Raupe zwölf:
füßig, gelbbraun).
Neben diefen gehen die harmlofen und jelteneren Laubholzbemohner Geometra
(Boarmia) crepuscularia.Hbn., G. (Boarmia) consortaria Fabr. und G. (Bo-
armia) consonaria Hbn. zuweilen auf Nadelholz über und haben dann bei ftärferem
Borlommen die Aufmerkſamkeit der betroffenen Kreife mehr auf fich gelenft als es ihrer
Bedeutung entſpricht.
Samilie Cymbidae, Kabuipinner.
1. Halias (Earias) chlorana L.
Grüner Weidenfahnfpinner.
Kennzeichen: Ylügelipannung 20-24 mm Oberſeite der Bruft und Vorberflügel
maitgrün. Kopf, Halsfragen, Hinterleib, Vorderrand der Vorderflügel weißlich; Hinter⸗
flügel glänzend weiß. — Raupe 20 bi8 25 mm lang, 16beinig, mit langgeftredten Ytady:
Ihiebern, in der Mitte am ftärfften, weißlich, beiderjeitS mit einem violettbraunen Seiten:
ftreifen. — Puppe gedrungen, braun, blau bebuftet, oben dunkler als unten, mit glattem
DHinterleibsende.
Lebensweise ufw.: Flugzeit im April, Mai und Juli bis September. Die Eier
werden einzeln an die Spiten junger Weidentriebe (befonders an Salix viminalis L.)
abgelegt.
Die ſtets einzeln lebenden Raupen erjcheinen im Mai bzw. Juli, Auguſt und hin—
dern die normale Entwidelung der Triebe dadurd, daß fie die Blätter an der Spige mit
wenigen, äußerlich kaum mwahrnehmbaren Fäden zu. je einem nad der Seite gebogenen
weithin jichtbaren Widel veripinnen, unter deffen Schuße fie leben und frefien. Der Fraß
erftredt fich nicht nur auf die inneren Blätter des Widels, jondern aud auf die noch
- weichen Triebjpigen. Das Längenwachstum der befallenen Ruten wird hierdurch fait
unmöglich gemacht; e8 erfolgt fperriger Wuchs und dadurch Entwertung der Ruten.
Berpuppung: Ende Juni, Anfang Juli bzw. im September außerhalb der Widel
an Zweigen oder Blättern in einem weißen, kahnförmigen, ziemlich feiten Kofon.
Generation doppelt.
Diefer Falter ift in den einjährigen Weidenkulturen des Reviers Garbe wiederholt
ſehr ſchädlich aufgetreten.) Nitfche beobachtete ihn öfters in den ſächſiſchen Elbweidenhegern.
Belämpfung: Abjchneiden und Vernichten der befallenen Blätterwidel bzw. Trieb»
jpigen (Mai, Juni und dann wieder September).
2. Halias (Hylophila) prasinana L.
Buchenkahnſpinner.
Der in den 70er Jahren im ſüdlichen Weſtfalen als Buchenſchädling aufgetretene,
durdy grüne Vorderflügel und rote Fühler gefennzeichnete Bermandte des vorigen lebt auch
auf Eiche und Birke, ift forftlich aber ganz befanglos. '
Samilie Sesildae, Glasigwärmer.
Fühler fpindelförmig. Zwei Nebenaugen. Saugrüfjel mitunter verfümmert. Flügel
ſchmal, nur wenig bejchuppt, mehr oder weniger glashell (vom Ausjehen der Aderflügler).
Borderflügel langgeitredt, Hinterflügel ohne Vorderrandsrippe, mit Haftborite. Leib did,
braun, ſchwarz oder ftahlblau, mit Scharf abftechenden hellgelben, oft weſpenartigen Zeich—
nungen. Flug rafh, am Tage im Sonnenfhein. Imago im Habitus irgendweldyen Hy—⸗
menopteren (Bienen, Welpen) mehr oder weniger ähnlih. Generation 1—2jährig. —
Naupen walzig, gelblichweiß, nur mit einzelnen feinen Haaren bejegt; 16beinig; Kopf
1) Altum: Btichr. f. F. u. Iw. 1873, 89.
De, Forftihug. I. 4. Aufl. 30
466 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
unb Nadenſchild hornartig und meiftens dunkel. — Buppen ſchlank, braun, an den Hinters
feiböringen mit Stachelkränzen verjehen, in einem mit Holzipänden vermengten Gefpinfte.
Die forftlich bemerkenswerten Raupen leben im Holze von Stämmen, Zwei⸗
gen oder Wurzeln, vorherrfchend in Laubhölzern, und freffen daſelbſt Gänge.
A. Laubholzbewohner.
1 Sesia (Trochilium) apiformis Clerk.
Horniffenfhmwärmer (Abb. 218).
Kennzeichen: Flügelipannung 85—45 mm. Körper horniſſenähnlich, ſchwarzbraun.
Scheitel, ein led hinter jebem Auge, vorbere Hälfte der Schulterbeden, zwei Flecke am
Hinterrüden und einige Ringe des Hinterleibes (die drei legten und der fünfte vom After
ab gezählt) lebhaft gelb. Wei manchen Exemplaren (3) ift der Hinterleib ganz ſchwarz-
braun oder blaufhwarz. Flügel glashell, ſchuppenlos. Vorderrand, Mittelfled, Adern und
Franſen roftfarbig. Beine
roſtbraun behaart. —
Raupe 36—40 mm lang,
ſchmutzig⸗ weiß, mit rot⸗
braunem Kopf und bunl-
fer Rüdenlinte. — Pup⸗
pe etwa 25 mm lang,
rotbraun, mit Stachein
an den Hinterleiböringen
und am After, in einem
groben Kofon.
© Lebensweiſe und
a forftlihes Verhal⸗
ten. Slugzeit: Ende
Juni, Anfang Juli, bei
hellem Sonnenſchein.
Die braunen Eier werden Anfang Juli einzeln in Rindenrigen von Bappeln,
beſonders an Schwarzpappel und Afpe, vorzugsweiſe in den unteren Stammpartien
jüngerer (bis 2Ojähriger) Stämmchen, bisweilen aud an friſche Stöde, abgelegt.
Die fpäteftens im Auguft erfcheinende Raupe frißt zunächſt plägend unter der
Rinde und legt dann nad) der erſten Überwinterung lange, walzenrunde Gänge im
Holze an, die den Fraßgängen der Larve des großen Bappelbodes (S. 297) ſehr
ähneln. Die Raupen bringen noch einen ziveiten Winter in ihren Gängen zu und
verpuppen fich erft im Mai des dritten Jahres in einem Gefpinjt aus Bohrfpänen
im Fraßgange, dicht unter der Rinde und nahe am Boden, mitunter auch unter der
Bobendede.
Man erfennt den Fraß, welcher hauptſächlich im unteren Stammteile (Wurzel
ftod) ftattfindet, an den zutage liegenden Bohrfpänen und dem Bohrpfropfen am
Ausgange. des Loches, durch welchen ſich fpäter die Puppe vermöge ihrer Stacheln
fo weit vorſchiebt, daß der Schmetterling das Freie gewinnen fann.
Ausfommen: Ende Juni. Man fieht die leeren Puppenhülfen aus dem
Holze herausragen. J
Generation zweijährig.
Der Schmetterling ift weit verbreitet, aber nicht häufig; er tritt oft gemein.
fam mit der Larve des großen Bappelbodtäfers auf.
Ubb. 218. Sera (Trochiiium) apfformis Cl. & Zalter.
5 Blaupe. 0 Suppe (mat. @r.). »
Schmetterlinge: Glasihwärmer. 467
.
Die durhwüßlten Stämmchen gehen meift ein, werben auch häufig vom Winde
gebroden. Die Raupe wird namentlih in Baumſchulen und Alleen ſchädlich.
Belämpfung: Soweit fih diefe nicht durch Sammeln und Vernichten ber
Häufig träge an den Pappelftämmchen figenden Falter durchführen läßt, find bie
bei ber Belämpfung des großen Pappelbodes (Saperda carcharias L.) genannten
Maßnahmen zu ergreifen, fiehe S. 298.
Wenn Ausfchneiden der bereit3 ins Holz gegangenen Raupen oder Töten der
felben durch Einführen eines Drahtes nicht möglich ift, können die Raupen auch er=-
ftidt werden dur Einbringen von mit Benzin oder Schmwefeltohlenftoff getränkten
Wattepfropfen in die Gänge und Iuftdichtes Verſchließen der Ieteren mit Lehm,
Baumwachs u. dgl.
2. Sesia spheciformis Grng.
Erlenglasfhwärmer.
Kennzeichen: Flügelipannung 25—30 mm. Körper blau
Ein großer Seitenfled an der Bruft, zwei Längsftriche oben auf dei
des Halsſchildes, der Rand des zweiten Hinterleibäringes oben
vierten Hinterleiböringeö unten weißlicgelb. Flügel glashell; die :
oben mit ſchwarzlichviolettem Borderrande, Saum und Mittelfied
feite am Borderrande gelb. Ein länglicher led vor der Fühlerjz
die Tarſen gelblichweiß. — Raupe 16beinig, trübweiß.
Lebensweiſe ufw.: Slugzeit Ende Mai, Anfang I
Die Eier werden gewöhnlich einzeln an junge Rot
Weißerlen von 2—5 cm Durchmeffer tief unten am Wu
abgelegt.
Im erften Sommer nährt fih die Raupe von der Rin
den äußerften Splintlagen des Brutſtämmchens. Im
Jahre frißt fie in deffen Innerem einen kurzen, gerade aufftei,
mitunter von allerhand Pilzmyzel (Rhizomorphen von Aga-
rieus melleus) durchwucherten Gang (Abb. 219).
Die Buppe ruht im Srühjahre des dritten Jahres am
Ende des Ganges in einem aus verjponnenen Nagejpänen
beftehenden Kofon dicht unter der Minde. Die bejegten
Stämmden gehen fchließlih ein. Auch ältere Erlenſtöcke ass.210. Fraß der Larde von
und Birkenloden werden befallen. Benin pheeitormia Orne. in
Generation zweijährig. a Rhigomorphen von Agarlcus
Der Falter ift über ganz Europa verbreitet. melleus im Fraßgange.
Bekämpfung: Wie beim vorigen.
Bujag.
Die den weiteren Laubholzbewohnern unter den Seſien) zukommende forſtliche Bes
deutung ift nur gering. Als gelegentliche Schädlinge verſchiedener Laubholzarten find zu
nennen:
3. Sesia (Sciapteron) tabaniformis Rott., ber eine Pappelglasſchwär-
mer, in Populı (ten (Aſpe, lanadiſche Pappel, Schmarzpappel);
4. 8. culiciformis L.?, Birkenglasſchwärmer, in Birken» und Erlenftöden,
Birkenſtaͤmmchen, Majerbildungen der Birke und in jüngeren Erlen;
1) Altum: Ziſchr. f. F. u. Iw. 1886, 1. — 2) Deri.: Daj. 1887, 114.
30°
468 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
®
5. S. formicaeformis Esp., ®eidenglasihmwärmer, in Korbweiden (Aus:
ſchlagſtöcken und Autenjtummeln) ;
6. S. vespiformis L. (= 8. cynipiformis Esp. = asiliformis Rott.), großer
Eihenglasfhmwärmer;
7. S. conopiformis Esp., fleiner Eichenglasſchwärmer, beide in Eiche.
Die Lebensweiſe diefer Laubholzjefien ift derjenigen von S. spheciformis fehr ähn⸗
: fi. Wo fie, wie zumeilen S. formicaeforwis Esp. in Weidenhegern, fühlbar ſchädlich
werden, fann ihnen nicht anders entgegengetreten werden als mit ben bei S. apiformis
(S. 467) genannten Maßregeln.
B. Radelholzbewohner.
8. Sesia cephiformis Ochsh.
Tannenbeulenglasſchwärmer.
Kennzeichen: Flügelſpannung 18—20 mm. Glänzend ſchwarz; Beine, Afterbüſchel
und alle übrigen Körperzeichnungen leuchtend gelb. Saumbinde der Vorderflügel blau⸗
ſchwarz; Saumfeld zwiichen den Rippen mit feinen, goldglänzenden Streifchen. — Raupe
20 mm lang, weißlich.
Lebensweise ufw.: Die Raupe lebt vorzugsweiſe in den maferartigen Stamme
und Biweiganjchwellungen (Krebjen) der Weißtanne, die dur) Aecidium elati-
num Link hervorgerufen werden (ſ. Bd. II). Die Rinde fällt infolge des
Raupenfrafjes frühzeitig ab, wodurd der Holzkörper bloßgelegt und für Pilzs
infektion bzw. Fäulnis zugänglich gemacht wird. Außerdem ift der Schmetterling
aber auch aus Kiefer und Wacholder gezogen worden!) und zwar aus Stüden,
wo ebenfall Pilze (Peridermium Pini bzw. Gymnosporangium-Arten) Rinden-
wucherungen und Aſtanſchwellungen veranlaßt hatten.
Bekämpfung: Aushieb der Krebötannen oder Anftrich der Krebsftellen mit
Raupenleim (bi3 Mitte Mai), um ſowohl das Wusfchlüpfen der Falter als auch
das Ablegen der Eier zu verhindern.
Samilie Cossidae, Holgbohrer.
Fühler borftenförmig, mit Kammzähnen. Ohne Bunktaugen. Saugrüjjel verkümmert.
Flügel Fräftig, in der Ruhe dachförmig; Hinterflügel kurz gefranft, mit Haftborfte. Körper
plump und dicht behaart. Flug bei Nacht. Generation zweijährig. — Raupen walzen⸗
förmig, nadt oder nur mit einzelnen kurzen Haaren, 16beinig, im Holz lebend. — PBup:
pen langgeftredt, mit Dornengürteln am Hinterleib, ebenfalld in einem mit Holzipänen
vermifchten Geipinite.
1. Cossus cossus L. (= ligniperda Fabr.).?)
Weidenbohrer (Abb. 220).
Kennzeichen: Flügelipannung des Z 65—70 mm, deö $ 80—90 mm. Körper plump.
Kopf Mein und gelbgrau behaart, ebenfo der Halskragen. Vorderflügel graubraun, weißgrau
gemwäljert, von vielen fchwarzbraunen Wellenlinien durchzogen. Hinterflügel afchgrau bis
graubraun. Hinterleib lang, ftumpf, grau, mit weiß geränderten Ringen. Fühler gelämmt
(3) bzw. gejägt (2). — Raupe 7 bi8 9 cm lang, rötlichgelb, fpäter braunrot, mit breit-
gedrücktem, braunem Kopf und bunflem, geteiltem Nadenfchild; auf jedem Segment in
QDuerreihen ftehende Härchen. Sie riecht ftart nach Holzeſſig. Puppe 40 bi 45 mm
lang, did, rotbraun, mit ſcharfen Stahhelfränzen auf den Hinterleibäringen.
1) Efherih u. Baer: Naturw. Bifchr. f. F. u. Lw. 1908, 513. — 2) Schuiter:
Ludw.: Allg. F. u. J.-Ztg. 1905, 68. — Kutter: Daſ. 1901, 166.
Schmetterlinge: @lasihwärmer. Weidenbohrer. 469
A. Lebensweiſe und forftliches Verhalten.
Slugzeit: Ende Juni, Juli.
Das 2 ſchiebt die Eier mittels feiner langen Legeröhre zu mehreren (bis 25 Stüd)
tief in Borkenrigen oder Wundſtellen der verſchiedenſten Laubhölzer, hauptſächlich
tief unten am Wurzelftode.
Die im Juli ausfommende Raupe ift polyphag; fie lebt hauptſächlich im Holze
der Weiden (Baummeide). Außerdem werben Pappel, Ulme, Eiche, Roterle,
Buche, Birke, Ahorn, Eſche, Linde, Obftbäume und Walnuß befallen, und zwar faſt
66.220. Cossus coseus L. Weiblicher Falter. b Nahezu ausgemaciiene Raupe. o Puppe. d Koton und
Buppenhülle nad) dem Austommen des Falter (nat. Gr.).
durchgängig nur die unteren Stammteile. Der Fraß ift dem ber Sesia-Arten fehr
ähnlich. Anfangs plägt die Raupe große unregelmäßige Hohlräume dicht unter ber
Rinde; fpäter bringt fie zum Holze vor und durchwühlt e3 in vegellos auf: und ab⸗
wãrts ziehenden, ovalen, bis fingerdid werdenden Gängen. In einem Stamme leben
meift viele Raupen, bisweilen bis zu 200 Stüd unb barüber.
Die Berpuppung findet nach) zweimaliger Überwinterung der Raupe im Mai
des dritten Jahres ftatt, und erfolgt gewöhnlich im Fraßbaum in einem am Ende
eines nach außen führenden Ganges aus Nagefpänen und Geſpinſtfäden gefertigten
Kokon (Abb. 2204). Zuweilen verpuppt ſich die Raupe aber auch in ber Erde in
der Nähe des Fraßbaumes. — Puppenruhe 3 bis 4 Wochen. Beim Ausſchlüpfen ſchiebt
fi die Puppe aus dem Kokon hervor.
Generation zweijährig.
Schaden: Der Fraß wirkt ſowohl phyfiologiih mie techniſch ſchädlich. Krän—
kelndes Holz wird zwar gejundem vorgezogen, doch nimmt die Raupe durchaus nicht
.
I — — — ⸗ - —
470 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
bloß anbrüchige Stämme an, ſondern befällt auch vollkommen geſundes Holz, vor:
zugsweiſe einzelne Stämme an Wegen, Waldrändern, Gräben uſw.
Die bewohnten Stammteile find zu Nutzholz natürlich untauglich, und vielfach
gehen die befallenen Bäume ein, namentlich wenn es fi) um ſchwächere Stangen
handelt. Die im allgemeinen lieber angegangenen ftärferen Stämme werden jo durd-
wühlt, daß fie leicht vom Wind umgebrochen werden. Nur die ganz bejonders gern
angenommenen alten Kopfweiden vegetieren troß der ſtarken Holzzerftörung in ihrem
Innern noch jahrelang ohne auffallende Abnahme ihrer Lebenskraft fort.
Sichtbar wird die Anweſenheit des Schädlings an den Bohrfpänen am unteren
Schaftteil, jowie an dem aus den Gängen ausgeworfenen Raupentot.
B. Bekämpfung.
Als Gegenmittel fommen die oben bei Saperda carcharias ©. 298 und
Sesia apiformis ©. 467 genannten Maßregeln in Betracht:
Anftrich des unteren Schaftjtüdes mit Schutzſubſtanzen;
Ausschneiden der jungen, noch unter der Rinde lebenden Raupen;
Töten der älteren, bereit3 ins Holz gegangenen Raupen durh Einführen eine
Drahtes, Einträufeln von Benzin, Petroleum oder Schwefelfohlenftoff in die Gänge
und Luftdichtes Verfchließen derjelben mit Lehm, Baumwachs u. dgl.
Stark befallene Stämme werden am beiten gefällt und aufgeipalten.
2. Zeuzera pyrina (= Aesculi) L.
Blaufieb.
Kennzeichen: Flügelfpannung des Z 45—50 mm, des 2 60-70 mm. Kopf und
Rumpf mweißfilzig behaart, leßterer auf dem Nüden mit ſechs blauen Fleden, von denen
die beiden oberften am größten find. Flügel weiß, mit zahlreichen Meinen, rundlichen, ſtahl
blauen Flecken, namentlich auf den Borberflügeln. Hinterleib ſchwarzblau und weiß ge:
ringelt. Fühler ftahlblau, kurz und dünn, beim Z in der unteren Hälfte lang boppelt-
gefämmt. 2 mit langer Legeröhre. — Raupe bis 40 mm Jang, gelb, Haarlos, mit ın
acht Querreihen geftellten ſchwarzen Wärzchen, ſowie dunfelbraunem Kopf und Naden
ſchild. — Buppe hellbraun, bauchwärts etwas eingehümmt, mit Stachellränzen.
Lebensweiſe ufw.: Slugzeit im Juni, Juli.
Die Eier werden einzeln an ſchwache Stämmchen oder an Ziveige älterer, frei:
jtehender Laubhölzer in feinen Rindenriffen abgelegt.
Die Raupe kommt im Auguft aus, pläßt im erften Sommer im Splint, über
iwintert im Stämmchen, wühlt im zweiten Sommer einen etwa 10—20 cm langen,
im Innern de3 Holzes aufjteigenden Gang, überwintert dafelbft nochmals, begibt
fich aber dann abwärts und fchiebt fich behufs der Berpuppung (Juni) bis diät
an die Rinde vor.
Austommen Ende Suni.
Generation zweijährig.
Man findet die Raupe polyphag in allen Zaubhölzern, am häufigften in Ahorn,
Eiche, Apfelbaum, Syringe, Linde, Birke, nah Altu?) ift fie foger in
Miftel beobachtet worden. Die befallenen Stämmchen fterben ab und brechen durch
Wind oder fi auflagernden Schnee an der beſchädigten Stelle.
1) Ztſchr. f. F. u. Iw. 1880, 380.
Schmetterlinge: Holzbohrer. Zünsler. 471
Henjhel!) jchließt aus dem Vorkommen der Raupe in den noch in voller
Entwidelung ftehenden Maitrieben der Weide, daß fie in gewiljen Fällen von ihrer
urjprünglichen Geburtsftelle auswandere, um jüngere Material zu beziehen.
Weit verbreitet, aber überall nur vereinzelt auftretend,; Schaden nur aus⸗
nahmsweiſe und dann nur in Baumschulen, Heifterpflanzungen oder Weidenanlagen.
Bekämpfung: 1. Abhieb der befallenen Stämmchen und Bernichten der be-
fallenen Stammteile.
2. Berftoßen der Raupen in ihren Gängen durch einen eingeführten fpigen
Draht (nur im Heinen ausführbar).
ll. Mierolepidoptera, Sleinj&metterlinge.?)
Samilie Pyralidae, Zünsler.
Die größten Kleinichmetterlinge. Fühler borftenförmig. (2) bzw. gewimpert oder ges
kämmt (7). Palpen meift groß und über den Kopf vorragend. Nebenaugen in der Regel
"vorhanden. Flügel Turzgefranft oder ohne Franſen, in der Ruhe dadyfürmig oder hori⸗
zontal übereinander geichoben. Vorderflügel länglich dreiedig; Hinterflügel groß, breit, ge:
rundet, mit Haftborfte. Ylug meift bei Nacht. Generation in der Regel einfach, bei einigen
Arten doppelt. — Ranpen denen der Widler ähnlich, einzeln oder dünn behaart, mit
ftarfem Spinnvermögen ausgeftattet; vorwiegend 16: (mitunter nur 14=) beinig. Sie leben
in Bapfen, Trieben uſw. oder zwifchen zujammengeiponnenen Blättern bzw. Nadeln —
Berpuppung in einem fjchmalen Geipinfte, teild am Fraßorte, teils unter ber Streu:
dede. — Puppen ſchlank.
1. Phycis (Dioryctria) abietella 8. V.
Vihtenzapfenzünsler?) (Taf. I, Abb. 1).
Kennzeihen: Flügelſpannung 25—28 mm. Borderflügel ſchmal, aſchgrau, fein
ſchwarz beftäubt, mit zwei weißlichen, zadigen, braun bis ſchwarz geläumten Querftreifen
und weißlihem Halbmondförmigem Mittelfled dazwiſchen. Hinterflügel breiter, weißlich
oder hellgrau, am Borderrand, auf den Adern und am Saume grau beftäubt. Franſen
heller als die Flügel und ftarf glänzend. — Raupe bi 30 mm lang, oberfeits brauns
bis Tirfchrot. Nüdenmitte dunkel, beiderjeitd je einen deutlichen hellen Längsftreifen. —
Buppe ziemlich gejtredt, Hellbraun, ohne Dornenkränze und mit cinem ftumpfen Aftergriffel.
Lebensweise: Der Falter fliegt im Juni und Juli.
Die Eier werden hauptſächlich an junge Zapfen, aber auch an Endtriebe der
Fichte, Tanne und der Fliefernarten entweder einzeln oder auch zu mehreren abgelegt.
Die Raupen höhlen von Juli bis September ihre Wohnftätten aus und über-
wintern in der Bodendecke in einem fcheibenförmigen, weißen Geſpinſt.
VBerpuppung im Frühjahr in einem zweiten, mit Erdteilchen und Pflanzen»
teilen verflebten Kokon.
Generation einfach oder doppelt (in heißen Sommern).
Die Raupen ftellen vorzugsweife den Samenkörnern nad. Auch die Frucht:
fhuppen werden an der Bafis zu beiden Seiten bogenfürmig ausgefreſſen (Anker-
fraß); die Spindel wird nicht verletzt. Die befallenen Zapfen krümmen ſich,
zeigen Harzſluß und grobkrümeligen Kot zwiſchen den Zapfenſchuppen und verraten
) Die ſchaͤdlichen Forſt- und Obſtbauminſekten uſw. 8. Aufl. 304. — 2) Borg:
mann, W.: Forftl.-naturw. Itſchr. 1897, 361. — Hoffmann: Daf. 1897, 476. — 3)
Baer, ®.: Thar. Ihrb. 1906, 63. — Eicherich u. Baer: Naturw. Ztiſchr. f. %. u. 2m.
1909, 200.
412 Erftes Bud. Schug gegen Tiere.
hierdurch den inneren Feind. Sie färben fi zum Teil hellbraun und fallen vor-
zeitig im Herbit ab. Auch in Chermes-Gallen wird die Raupe mitunter angetroffen.
Das Aushöhlen der Triebe fommt mehr ausnahmsweiſe (außerhalb der Zapfen⸗
jahre) und zwar hauptfählih an 10—20jährigen Stangen vor, ift aber wirtichaft-
fi bedeutungsvoller ald der Zapfenfraß. Befallen werden vornehmlich die End-
triebe. Entweder beſchränkt ſich der Fraß auf deren äußerfte Enden, wenn nur Die
Endfnofpen ausgefreilen werden, oder die Raupe bohrt fich unterhalb der Spike in
den Trieb ein und Höhlt ihn durch bajalmärts gerichteten Fraß aus. Die fo ge
ſchädigten Triebe bräunen fich, vertrodnen, fchrumpfen zufammen und krümmen jich
mehr oder weniger ein. Auch in vom Blafenroft befallenen Äften der Weymouths⸗
und gemeinen Kiefer ift Die Raupe gefunden worden. Sie lebt hier ähnlich wie bie
Raupe der nächſten Art, erzeugt aber nicht die für diefe Art charakteriftiichen auf:
fallenden Harzausflüffe.
In den Fichtenrevieren Echlefiend zeigte ſich dieſer Zünsler 1874 von der fladjen
Niederung an bis zu den Äußerften Höhen fehr Häufig.) Ein jpäterer bemerlensiwerter
Fraß dajelbft ereignete fich 1888, namentlich in den Revieren Carlsberg, Reiner; und
Neſſelgrund.
Ferner trat der Schädling 1886 und 1888 in den Fichtenwaldungen Niederbayerns
in Gemeinſchaft mit dem Fichtenzapfenwidler (ſ. jpäter) in großer Zahl auf.”)
Belämpfung faum nötig, nur möglid) dur Sammeln und Verbrennen der
am Boden liegenden befallenen Zapfen und durch Ausfchneiden (in Kulturen) ber
ſich bräunenden Triebe.
2. Phycis (Dioryctria) splendidella H. Sch.
Harzzünsler.’)
Kennzeichen: Der vorigen Art ähnlich, aber größer, 29—84 mm Spannweite. Die
Vorderflügel des alters find etwas breiter und haben einen fahlroten Innenrandfleck. —
Raupe farblos oder grünlichgrau bis rofafarbig, ohne Längsſtreifung, mit feinen ſchwarzen
Punkten beitreut.
Lebensweiſe: Flugzeit Juli. Die Raupe lebt Hauptjählich in den verkienten Par⸗
tien der vom Blajenroft oder Hallimafch befallenen Kiefernarten, ganz bejonders an Wey⸗
mouthskiefer. Außerdem findet fie jich in den verharzenden Wundrändern von Schälftellen
oder anderen mechanischen Berlegungen. Sie frißt hier bis zum Splint reichende Gänge
oder plabartige Höhlungen und erzeugt auffällige Harzausflüfie, in denen fie fich in einer
mit feinem Gewebe ausgeffeideten Höhle verpuppt.
Generation einfach.
Bekämpfung unnötig, weil dem Falter eine nennenswerte wirtichaftliche Bedeu:
tung nicht zufommt.
3. Phycis (Ephestia) elutella Hbn.
Kiefernfamenzüngler.*)
Kennzeichen: Flügelfpannung 14—16 mm. Borderflügel fehr ſchmal, am Vorder:
rande bräunlichgrau, am Innenrande rötlichgrau mit zwei hellgrauen, ſchwach gewellten
Duerftreifen und einem Mittelfled. Hinterflügel weißlid. — Raupe 11 bi 13 mm lang,
gelblichweiß mit hellbraunem Kopfe.
Lebensweife ufm.: Der Falter fliegt von Juni bis Auguft und belegt verichie:
dene vegetabiliiche Stoffe (Dürrobit, Heu uſw.) mit feinen ovalen Eiern, insbeſondere die
in Gebäuden aufbewahrten trodenen Kiefernjamen.
1) Altum: Ztſchr. f. F. u. Im. 1875, 871. — 2) v. Raesfeldt: Forfiw. Zbl. 1889,
268. — 83) Baer, W.: Thar. Ihrb. 1906, 63. — 4) Edftein: Ztſchr. f. 5. u. Iw. 1888,
289. — Altınn: Daſ 1888, 244.
Schmetterlinge: Zünsler. Wider. 4713
Die Raupe frißt die Körner aus und verfpinnt die leeren Hüllen loſe miteinander.
Dan erkennt den Heinen Feind an den mit Kot durchwebten Geſpinſten.
Bekämpfung: VBefeitigung der verfponnenen Samenpartien und häufiges Umftechen
der aufgejpeicherten Samenvorräte.
4. Phycis (Acrobasis) Zelleri Rag. (= tumidella Zinck),
Eihentriebzänsler.
Kennzeihen: Flügelipannung 18—20 mm. Borberflügel an ber Wurzel violett=
rot, jonft rötlihbraun, ſaumwärts weiß, wurzelwärts grau geftreift, mit zwei fchwarzen
Buntten im Mittelfelde. — Raupe 20 mm lang, grünlih mit dunflem Kopf; auf jedem
Ring zwei Baar Chitinplättchen.
Lebensweiſe: Flugzeit Juli, Auguft. Eier an die Knoſpen von Eichenheiftern, über«
wintern. Räupchen flelettieren im Frühjahr die neftartig verfponnenen Gipfelblätter. Ver⸗
puppung im Boden (uni).
Bekämpfung: VBertilgen (Abbrechen, Zufammenguetichen) der Nefter.
Samilie Tortrieidae, ®idler.
Fühler ziemlich furz, faden- oder borftenförmig, mit didem Wurzelgliede. Palpen
wenig vortretend. Zwei verftedte Rebenaugen. Flügel faft chomboidal, vielfach) mit leb⸗
haften, häfchenförmigen, x- oder y-ähnlichen Zeichnungen, in der Ruhe dachförmig gefaltet,
kurz gefranft. Borderflügel geftredt, vorn oft bogenförmig; Hinterflügel breiter, mit Haft:
borfte. Flug vorherrihend in der Dämmerung. Generation meift einjährig. — Raupen
mit einzelnen kurzen Härchen auf Heinen Wärzchen, gewöhnlich mit hornigem, geteiltem
Nackenſchild und Horniger Wfterflappe, 16beinig. Sie bewegen fich lebhaft und find mit
ftartem Spinnvermögen ausgeftattet. — Verwandlung in einem Gefpinft entweder am
Fraßplatz oder im Boden. Die Ruppen, auf dem Rüden mit Stachelreihen bejegt, ſchieben
ji vor dem Austritte des alters vor.
Die Familie enthält eine Reihe beachtenswerter Soritichädlinge. Die auf Nadel⸗
und Laubhölzern lebenden Raupen werden durch ihren Fraß an oder in den Blatt-
organen (Nadel: oder Blattwidler), in den Knoſpen und Trieben GKnoſpen—
und Triebwidler), in der Rinde junger Stämme (Rindenwidler) oder in
Früchten und Samen (Fruchtwickler) teil3 nur in Kulturen und Jungorten,
teila aber auch al8 Beſtandsverderber in älteren Beftänden mehr oder weniger ver:
derblih. Während die Mehrzahl der ſchädlichen Arten glüdlicherweife nur mehr
durch die Tätigfeit des Einzeltieres wirffam wird, find andere Urten zur Maffen-
vermehrung befähigt und vermögen dann, wie Beilpiele aus den lebten Jahrzehnten
hinreichend belegen, namhafte Beeinträchtigungen der Waldſubſtanz herbeizuführen.
Nachſtehend folgen die wirtſchaftlich wichtigften Arten getrennt nach den Fraß—⸗
pflanzen.
A. Laubholzichädlinge.
Beſtands- und Kulturverderber.
L Tortrix viridana L.
Grüner Eichenwickler) (Abb. 221).
Kennzeichen: Flügelipannung beider Gejchlechter 20—24 mm. Borderflügel ſchon
an ber Wurzel ſtark verbreitert und im ganzen faft gleichbreit, lebhaft hellgrün, mit gelb-
fihem Borderrande. Hinterflügel grau. — Raupe 15 mm lang, ſchmutzig gelbgrün, ſchwarz
punttiert, wenig behaart. Kopf ſchwarz. — Puppe 11 mm lang, geftredt, fat ſchwarz.
1) Zur Literatur: Vgl. die Artilel in Allg. F. u. J.Ztg. 1861, 494; 1886, 861; 1904,
159; 1909, 148; 1918, 316. — Btichr. f. %. u. Iw. 1873, 236; 1874, 118, 119; 1913, 154.
— Schweiz. Btichr. f. Fi. 1906, 301.
414 Erftes Buch. Schub gegen Tiere.
Lebensweiſe ufw.: Slugzeit: Mitte Juni bis Anfang Juli, in der Dämme-
rung und am Tage.
Die Eier werden einzeln oder in Heinen Gruppen an oder neben die neuen
Knoſpen in den Kronen meiſt älterer Eichen, bisweilen
auch am Stamm in Rindenriffe abgelegt, wo jie über:
wintern. In abnorm warmen Sommern kriechen die
Räupchen wohl auch im Herbft ſchon aus und erliegen
dann den erften Falten Nächten.
Normalerweiſe erjcheinen die Raupen aber erit
Anfang Mai des nächſten Jahres beim Laubausbruche.
Befallen werben ſämtliche Eichenarten, im Ei:
den fogar die immergrünen Arten. Im allgemeinen
wird die Stieleiche ihres weicheren Blattes wegen
bevorzugt. Vielleicht läßt fie fich infolge weniger ftar-
fer Blattrippen auch leichter wideln. In einzelnen
Abb. 331. Tortrix K4 .
viridena I. = alter. J Fällen!) find Trauben⸗ und auch Roteichen vom Froß
— — faſt völlig verſchont geblieben. Einzelne
Wickel ſind hin und wieder auch an Birke,
Haſel, Erle, Schneeball gefunden worden.
Gefährdet find zunächſt die älteren Stangen: und Baumhölzer,
Oberhölzer in Mittelwaldungen, Überhälter und Randbäume; bei Maſſen⸗
vermehrungen bleiben aber auch die über 20 jährigen Junghölzer, Stod-
ausichläge und Unterhölzer nicht verfchont.
Die Raupe benagt erit die Knofpen, dann die austreibenden
Blätter und frißt auch an Blüten und Fruchtitielen. Der Fraß be-
ginnt in den Kronenfpigen und fchreitet ftammabmwärts fort. Xunge
Blätter werden anfangs nur von der Unterfeite her benagt, dann teil-
meife ftelettiert. Ältere Blätter werben einzeln oder zu mehreren düten⸗
und widelförmig zujammengerollt (Abb. 222) und unter Umftänden
durch Die ausgewachſene Raupe bis auf die Mittelrippe verzehrt. Man
erfennt den Fraß leicht an den eigentümlichen Gefpinften, die oft wie *
Spinnweben von den Bäumen herabhängen. Mitunter findet Kablfraß KR
ftatt; die Reproduktion muß dann der Zohannistrieb übernehmen. Der J
Fraß dehnt fich zumeilen über eine ganze Reihe von Jahren (zehn und
mehr) aus.
Verpuppung Ende Mai, Anfang Juni in den zufammengefpon-
nenen Blattwideln, vereinzelt auch in Nindenriffen.
Generation einjährig.
Der Schaden befteht, da die befreffenen Eichen meift nicht ein-
gehen, in Zuwachsverluſten und Beeinträchtigung ber Maft. Weitgehende „Fisenbit
Schädigungen find aber neuerbings in den Eichenbeftänden im mweftlichen bes grünen
Zeile Weitfalens durch Zuſammenwirken bes Wicklers und des Eichen: —„—
mehltaupilzes (ſ. Bd. II) entſtanden (vgl. Baumgarten a. a. O. und oft (nat. ör.
Herwig: Allg. F. u. %.=Btg. 1913, 316).
1) Lyncker: Natur. Btichr. |. L. u. Fw. 1908, 414. — Walther: Daf. 1908, 524.
— Baumgarten: Ztſchr. f. F. u. Iw. 1912, 154.
Schmetterlinge: Laubholzwidier. 475
Herwig (Nordkirchen in Weftfalen) berechnet ben auf einer Yläche von 567 ha burd)
den Widlerfraß infolge Zuwachsminderung entftehenden Schaden auf jährli 10910 ME.
— 19,2 Mt. für 1 he.
Größeres Maflenauftreten des Widlerd in Deutichland ift bekannt aus den Univerfi-
tätsforiten bei Greifswald ſeit 1854 (Wieje), aus dem Steigerwalde bei Erfurt 1869-72
(Werneburg), aus Weftfalen 1880-90 und 1905—13, aus dem Hochipeflart, der Um:
gebung von Wichaffenburg und Gießen 1889, Berliner Tiergarten 1891, aus den ſchleſi⸗
ſchen Oderwaldungen 1904, vom Vogelsberg in Heſſen 1907 u.a. a. D..
Auch außerhalb Deutfchlands ift der Eichenwidler fehr verbreitet, 5.8. in Spanien !),
wo er in dem Kahrfünft 1886/90 alljährlich auftrat und die Blätter und Blüten der immer:
grünen Eiche in einigen Gegenden faſt bis zum Kahlfraß abmweidete. Der hierdurch be-
wirkte Ausfall der Maft machte fich wegen des dort allgemein gebräuchlichen Schweineein-
trieb3 in den Wald beionders fühlbar.
In der Schweiz” (Waatländer Jura), Savoyen und im franzöfiichen Flachlande
(Mansgebiet) ift der Widler 1908—1906 in großer Menge aufgetreten.
Bekämpfung: Schonung der Feinde?): Star, Meifen, Singvögel, Krähen,
Eichelhäher uſw. Vogelſchutz!
Hauptfeinde unter den Inſekten ſind Calosoma inquisitor und Silpha quadri-
punctata,
Eine direlte Belämpfung des Feindes, etwa durch Sammeln der Raupen,
Ausfchneiden der Gefpinfte oder VBernichten der Raupen durch Beſpritzen der Eichen
mit Inſektiziden (Ralkarfenifbrühe, Schweinfurter Grün) ift erfolglos und im großen
nicht durchführbar.
2, Tortrix (Acalla) ferrugana Tr.
Noftgelber Birlenwidler.‘)
Kennzeihen: Flügelipannung 16—18 mm. Vorderflügel geftredt, mit fteilem, ge⸗
ihmungenem Saum, odergelb bis bräunlichrot, dunkel geſprenkelt; zwei bunfelsbraunrote
Zleden am Borderrand und ein hiermit oft zufammenfließender led über der Mitte.
Ointerflügel meift rauchgrau, felten weißlid. — Raupe 14 mm lang, in der Jugend
bräunlich⸗grün, erwachſen Hellgrün ohne Längsftreifung. — Puppe hellbraun.
Lebengweife ufw.: Flugzeit im Frühjahr und im Herbft. Der Falter
übermwintert unter abgefallenem Laube.
Eier an Birken und andere Laubhölzer.
Die Raupe zieht ein oder mehrere Blätter zu Inäuelförmigen Wideln und
Neitern zufammen, füllt fie mit veichlichem Geſpinſt aus und flelettiert fie von
innen ber.
Berpuppung in den Neitern.
Generation doppelt.
Bekämpfung: Sofern nötig, Abschneiden und Bernichten der Blattwickel.
Zuſatz.
Als Feinde der Früchte ſollen noch folgende zwei Wickler angeführt werden:
Grapholitha (Carpocapsa) grossana Hw. Buchelwickler.
Spannweite 15—18 mm. Borderflügel bläufich-ajchgrau, dunkel gemwäfjert mit hellen
Querlinien und einem braungrauen, fchwarz geftrichelten Spiegel.
Die hellrötliche Raupe lebt in Buchedern, zerftört jie und läßt fich mit ihnen
vorzeitig zu Boden fallen. Sie frißt fi dann heraus, übermwintert am Boden in einem
weißen Kofon und verpuppt fi im Frühjahre. Flugzeit: Juni.
1) Forftl. Bl. N. 5. 1890, 155. — 2) Schweiz. Ztiſchr. f. Fw. 1906, 801 — 3)
Schuſter: Allg. F. u. J.-Ztg. 1907, 227. — Ebertd: Daf. 1906, 86. — 4) Eſcherich,
K. u. ®. Baer: Naturw. Ztiſchr. f. J. u. Lw. 1910, 168.
476 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Grapholitha (Carpocapsa) splendana Hbn., Eidelmwidler.
Spannweite 16—18 mm. Borberflügel weißgrau, bräunlich gewäflert mit einem
gelbgrauen, ſchwarz geftrichelten Spiegel.
Die hellrötliche Raupe lebt und frift wie bie vorige, aber in Eicheln.
Erfolgreihe Gegenmittel nicht vorhanden.
B. Redelgolzfgänlinge.
8) An Fichte (vorwiegend Kultur: und Jungbeftandsverberber).
3. Tortrix (Cacoecia) histrionana Fröl.
Sichtentriebwidler (Abb. 223).
Kennzeichen: Flügelſpannung 15—18 mm. Rorberflügel gelbfichgrau, mit zadigen,
dunfelbraunen Wellenlinien und Querftriden. Vom Border zum Hinterrande verläuft
eine ziemlich breite, ſchräge, in der Mitte von ber gelblichen
Grundfarbe durchſchnittene, ſchwarzbraune Binde. Franjen gelb:
braun, etwas in Rötliche ſchillernd. Hinterflügel graubraun, mit
helleren Franſen. Kopf und Bruft Hellbraun. Hinterleib grau
braun. — Raupe 12 bis 15 mm lang, oben gradgrün, mit dunk⸗
ferer Mittellinie, glänzendem, faftanienbraunem Kopf und braun:
Mb. 238. Tortrix (Oncooela) grünem Nadenſchilde — Buppe ſchlant, rotbraun, mit adıt
biatrienara Fröl. Cu) Gatenborften am Aftergriffel.
Lebensweiſe ufw.: Ter Falter fliegt im Juli unb belegt die jüngften Rabeln
10—30jähriger Fichtenffämmehen mit feinen Eiern, lehtere überwintern.
bb. 224. Röhrenförmiges Geipinft von Tor- abb. 225. Raupe von Tortrix (Caooscla)
trix (Oncoecia) histriomans Fröl. an einem histrionana Fröl. im Frübjahe an einem
Fichtenzweige zwiſchen vorjährigen Radeln Maitriebe der Fichte frefiend (nat. @r.,
(mat. Gr., nad Rageburg). nad Rageburg).
Die im Frühjahr ausfchlüpfende Raupe lebt in einem feinen, röhrenförmigen Geſpinſte
von den vorjährigen Nadeln (Mbb. 224). Epäter greift fie auch bie Maitriebe an, befrißt
fie einfeitig und bemwirft dadurch Krümmung ber Triebe (Ubb. 225).
Schmetterlinge: Fichtenwidler. 477
Berpuppung: Enbe Juni in Geipinft. Generation einfach.
Borfommen: Überall verbreitet, aber nicht Häufig, baher forſtliche Bedeutung gering.
4. Grapholitha (Epiblema) tedella Clerck.
Fichtenneſtwidler.) (Taf. I, Abb. 2).
Kennzeichen: Flügeljpannung 12—18 mm. Borberflügel gelbbraun bis bunfel-
braun, etwas metalliich ſchimmernd, mit filberweißen, zu unregelmäßigen Querbinden vers
fließenden Wellenlinien reichlich durchzogen und mit hellgrauen (teifmeije bunfleren) Franſen.
Hinterflügel ziemlich ſchmal, bräunlich-grau, mit weißlihen Franſen. Kopf, Mittel: und
Hinterleib bräunlichegrau. — Raupe 9 mm lang, licht gelbbraun, mit zwei ſchmalen,
braunroten Rüdenftreifen, braunſchwarzem Kopf und Nacenſchild. — Puppe 4 bi? 5mm
lang, gelbbraun.
Lebensweise ufw.: Flugzeit: Mai bis Juli. Das 2 legt feine wenigen
Eier meift einzeln an die Nadeln ber Fichte und bevorzugt hierbei 15—30jährige
Beftände, aljo Dickungen und. Stangenhölzer. Vereinzelt find auch Sitkafichte und
Tanne befallen worden.
Die auskriechenden Räupchen bohren
fi) unweit der Baſis in die Nadeln ein und
Höhlen diefe, folange fie jelbft noch jung find, e
bis zur Spie aus. Ülter geworben, vermögen
fie nicht mehr bis dahin vorzubringen; fie braus
hen demzufolge jpäter entiprechend mehr Na-
deln. Die ausgefrefjenen Nadeln werden heil
und weißlid und werben (biß zu 16) von ber . u
Raupe duch kaum fichtbare Gpinnfäben zu „ ‚bleme) tedella CI. a Mußgehöhtte Rebel,
einem loderen, mit Kotkrümelchen und Nadel- es
Hein verwebten Nefte (Abb. 226) veriponnen, das ſich im Herbſt rötlichgelb bis
rotbraun färbt und Hierdurch von den noch unbefreſſenen grünen Nadeln fihtbar
abhebt. Nach erlangter Vollwüchfigkeit bleiben die Raupen oft noch Wochen lang
in diefem Nefte. Bon Ende September ab bis in ben Dezember, hin und wieder
bis in die erften Monate des folgenden Jahres hinein, laſſen fie fi) dann an Fäden
zum Boden herab, um ſich im April in ober unter ber Moosdede (ohne Gefpinit)
zu verpuppen. Puppenruhe ſechs bis acht Wochen.
Das Austommen erfolgt vom Mai ab. Generation alfo einfach.
Der Wickler befält vorzugsweiſe die Veftände in geſchützten und füblichen
Lagen, namentlich lichte Partien. Einzeln ftehende Bäume und Randftämme werden
den im Innern bes Veftandes befindlichen vorgezogen. Im jungen Orten werben
insbefondere die Gipfelpartien heimgefucht,, in Stangenhölgern Hingegen mehr die
mittleren und unteren Zweige. In Gebirgsforften ift der Wickler nicht felten. Der
Fraß verläuft in der Regel ohne erheblichen Schaden, weil die Knoſpen verſchont
bleiben. Im allgemeinen ſcheint das ? licht gefreffene Orte auch bei der Eiablage
zu meiden, fo daß berjelbe Beſtand meift nicht zweimal hintereinander ſtark be—
fallen wird.
Am Harz”) ift der Fichtennejtwidler wieberholt in großer Menge, und zwar meift in
12- bis 17jährigen Fichtenorten, aber aud) in 50—60jährigen Beſtänden aufgetreten.
9) Dolles: Sorftl.naturw. Stiche. 1893, 20. — Baer, B.: Thar. Ihrb. 1908,
195. — Bgl. weiter: Berhndlgn. b. Forſtw. v. M. u. Schl., 172. Hit. 1893, 128; 1899,
149. — Allg. F. u. I.-3tg. 1899, 360. — Münb. forftl. 9. XV. 1899, 166. — 2) Be—
Ling: erhnblgn. d. Harzer Forit:Bereins, Jahrg. 1864, 129.
478 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
Dolles y beobachtete den Falter (1890—1892) im Forſtamt Wondreb (Regierungs⸗
bezirk Oberpfalz und Regensburg) in 10—12jährigen Dickungen in durchſchnittlich 000 m
Meereshöpe.
Eine ftärfere, auf weite Gebiete (Sachſen, Helen, Pfalz, Mähren) fich erftredende
Invaſion brachten die Jahre 1897—1899. Der alter trat in Sadjen?) damals auf
8500 ha in allen Höhenlagen von 150—970 m auf und befiel 800 ha ftarf. In ben
Subeten ftieg die Raupe bis 1100 m. Auffällig war hierbei eine ſowohl in Sachſen wie
in der Pfalz beobachtete Erjcheinung. Stark befreflene Pflanzen zeigten ſich nämlich Hier
und da vom Gipfel herab mit dichten Geipinftichleiern zeltartig überzogen.
Bekämpfung: faum durchführbar und der hohen Koften wegen zwecklos.
Sie könnte fih nur auf Abjchneiden und Verbrennen der mit Raupen befebten
Zweige oder Berquetjchen der Nefter, eventuell auf Aufhieb der ftarf befallenen
Stämmchen erjtreden.
In Sachſen hat 1898/1899 ein Pilz Entomophthora radicans Brefeld bei der
Unterdrüdung des Fraßes wejentlich mitgewirkt. Die Verfuche, durch Ausftreuen ſporen⸗
Haltiger Streu die tödlich wirkende Mykoſe zu verbreiten, haben aber ebenfowenig Erfolg
gehabt wie die Verſuche, durch Beſtreichen der Zweige nach ber Eiablage mit Kallmilch
und durch Durchtränken des Bodens mit Kallmild zu Beginn der Winterruhe, die Eier
bezw. die Raupen zu vertilgen.
Weitere, hier und da merklich jchädlich aufgetretene Fihtennadelminierer find:
6. Grapholitha (Steganoptycha) nanana Tr.°)
Flugzeit des Heinen, 9—10 mm fpannenden, durch dunkelbraune Vorderflügel ge:
fennzeichneten Falter von Mai bis Juli. Eiablage an den jüngften Nadeln. Die rot-
braune Raupe frißt bis zum Herbft anfcheinend in nur einer Nadel, überwintert in einem
weißen Geipinft am Grunde unverlebter Nadeln und macht in Frühjahr (bid Mai) Heine,
aus 5—8 ausgehöhlten Nadeln beitehende Nefter wie tedella. Berpuppung am Fra:
ort in länglihem, weißem Geſpinſt. Die neuen Nadeln bleiben unverſehrt. Schaden in-
folge des Frühjahrsfraßes unter Umftänden fühlbarer als bei tedella.
6. Grapholitha (Asthenia) pygmaeana Hbn.*)
Yalter: 12—13 mm Spannweite. Vorderflügel braungrau marmoriert mit blei-
grauen Binden an der Spige und an der Grenze des Wurzelfelded. Raupe erft gelblich
oder blaßgrün, fpäter lebhaft grün.
Flugzeit Mai. Eiablage einzeln an vorjährige Nadeln. Minierfraß an den jungen
Nadeln des neuen Triebes bis Juli. Verpuppung (Auguſt) in weißem, mit Streuteilen
verkiebten Kolon im Boden. Puppe übermwintert.
Für den Fraß ift charakteriftiih, daß die ältere Raupe nur noch die dideren und
fleiſchigeren Nadeln auszuhöhlen vermag. Die dünneren werden zu zwei oder drei zu
einer Röhre feſt verſponnen, in der die Raupe lebt und in der ſie die einzelnen Nadeln
von der Innenfläche her ſo weit befrißt, daß ſchließlich nur noch die Oberhaut an der
Außenſeite ſtehen bleibt.
7. Grapholitha pactolana Zell.
Geedter Fichtenrindenmwidler (Taf. I, Ubb. 3).
Kennzeichen: Flügelipannung 12—14 mm. Borberflügel olivenbraun, im Saum:
feld etwas heller, mit einer glänzend weißen, ſaumwärts edig vortretenden, doppelten
Querbinde in der Mitte und vier weißen Häkchenpaaren am Vorderrand: außerdem in ber
Mitte des Saumrandes ein braungelber Epiegel mit jchwarzen Querſtrichen. Franſen
teil3 bräunlich, teil3 (an der Spite) weißlih. Hinterflügel graubraun, mit grauen, an
der Spipe weiblichen Yranfen. Kopf und Bruft olivenbraun. Hinterleib etwas heller. —
1) 4. a. ©. 20. -- 2) Baer: a. a. D. 196. — 3) Baer, ®.: Naturw. Biichr. f.
2. u. Fw. 1906, 429. — 4) Eſcherich, K. u. W. Baer: Daſ. 1910, 147.
Schmetterlinge: Fichtenwidler. 479
Raupe 10 bis 12 mm lang, blaßrötlich, mit Hellbraunem Kopf und Nackenſchild. — Buppe
6 mm lang, braun mit ftumpf abgerundetem Aftergriffel.
Lebensweise ufw.: Flugzeit: Ende Mai, Juni.
Die Eier werden einzeln oder in Heinen Partien (4—6 Stüd) zwiſchen ober
unmittelbar unter die Quirltriebe der Fraßbäume abgelegt. Die oberjten 2—3
Triebe bleiben verjchont.
Befallen werden hauptſächlich jüngere Fichten im Alter von 10—25 Jahren.
Hin und wieder ift der Falter aber auch in älteren Stangen bezw. Stämmen oder
in anderen Holzarten (Tanne, Wacholder) beobachtet worden. Anfcheinend werden
Pflanzen bevorzugt, die durch Froſt, Dürre oder fonftige ungünftige Verhältniſſe
gelitten haben. Bei jtärlerem Befall wird jedoch fein Unterfchied zwiſchen gut und
ſchlechtwũchſigen Pflanzen gemacht!)
Die im Juli auskriechende Raupe bohrt fih in der Quirlgegend in bie
Rinde des belegten Stämmchens ein und frißt im Baſt einen furzen, aber breiten
Gang, welcher bald Horizontal, bald mehr vertifal, ab: oder auffteigend, jedoch ftet3
unregelmäßig verläuft. Gegen das hervorquellende Harz ſchützt fie ſich durch eine
Geſpinſtröhre, welche ihr zugleich die ungehinderte Beweglichkeit ſichert. Mitunter
wird ein Quirl von mehreren (biß 6) Räupchen heimgefucht. Überwinterung am
Fraßorte. Man bemerkt den Fraß meift erft im folgenden Frühjahr an Hebung
der Rinde, Harzfluß mit Kotkrümelchen, Rötung der Nadeln, Anjchwellung der
Duirle und fehlerhafter Zmweigbildung. Wird die Baftihicht ringsum durchgefrefien,
fo ftirbt der darüber befindliche Gipfel ab.
VBerpuppung unter der Rinde im Yraßgange (Ende April bis Mitte Mai).
Generation einfad.
Lieblingsorte diefes Widlers find in weitem Verband ausgeführte Büfchel-
pflanzungen auf flachgründigem Boden, in falten Mulden, Froftlöchern ujm. Be⸗
ſtandsränder und freiftehende Horfte find dem Befall mehr ausgefegt als geichloffene
Didungen uſw.
Man Hat ihn im Harz?), im Thüringerwalde (Paulinzelle, Schleufigen uſw.), in
Sadjen®), bei Eberöwalbe *), in Böhmen (1852 im jüblichen Teil, unweit Neuhaus, 1869
im Nordweften, 1905 in Mittelböhmen)®), in Oberbayern), in der Oberförfterei Winne
feld (Regierungsbezirk Hildesheim), im Solling’), in der Schweiz (bei Bern) ®) uſw.
beobadhtet.
In Begleitung der Raupe find (namentlich in Böhmen) Häufig Rüffelläfer (Magda-
lissArten) und Borlentäfer (Pityogenes chalcographus L. ufm.). Außerdem findet ji an
den durch den Wider bioßgelegten Stellen häufig ein Pilz Nectria cucurbitula Fre. ein.
Belämpfung: 1. Dichte Beitandsbegründung; Vermeidung der Büſchel⸗
pflanzung.
2. Auskratzen der mit Raupen und Puppen bejehten Gänge mit dem Meſſer.
3. Überftreihen der mit Raupen befeßten Quirlſtelle vor dem Ausſchlüpfen
bes Falters mit Raupenlein (Anfang Mai) ?).
4. Aushieb und Verbrennen der ftark befallenen Stämmen.
1) Fankhauſer: Schweiz. Ztſchr. f. Fw. 1898, 235. — 2) Verhndlgn. d. Harzer
Horft-Bereind, Jahrg. 1863, 23, u. 1864, 131 (Beling). — 3) Willfomm: Thar. nn.
1867, 247; 1868, 249. — Judeich: Daf. 1869, 847. — Schier: Forftl. BL. N. F.
1874, 241. — 9 Ratzeburg: Forſtl. BL, 5. Hft., 1863, 171. — Krit. BI. 1852, 31. B.,
1. 138. — 6) Ladmann, Fr.: Öfterr. F. u. 3.:Btg. 1905, 167. — Bgl. auch bat. ©. 184.
— 6) Ebermapyer, Th.: Forftw. 86b1l. 1880, 72. — 7) Borgmann, W.: Forftl.:naturm.
Ztſchr. 1897, 870. — 8) Fankhauſer: a.a.D. — 9) Altum: Ztichr. f. F. u. Iw. 1881, 554.
480 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
8. Grapholitha duplicana Zett.
Dunkler Fihtenrindenwidler (Abb. 227).
Kennzeihen: Flügelipannung 15—16 mm. Dem vorigen ähnlidy, jedoch ift Die
weiße Querbinde in der Mitte des Vorderflügels von der dunkelbraunen Grundfarbe unter:
brochen, jo daß am Borderrande nur ein \/ und am Innen:
rand ein weißer Monbfled bemerfbar ift.
Lebensmweife, forftliches Berhalten und Be:
fämpfung: Ähnlich wie bei Gr. pactolana Zell. Eeiner
Seltenheit wegen ift der Widler aber forftlid belanglos.
uob. 327. Grapholitba 9. Grapholitha strobilella L.
tt. (2%).
oplloana Zett. (2) Fichtenzapfenwidler.))
Kennzeichen: Flügelipannung 10—14 mm. Borberflügel dunkel graubraun, erz:
farbig jchillernd, von zwei feinen grau-weißen, filberglänzenden Streifen durchzogen und
mit drei fcharfen, weißen Häfchenpaaren am Borderrand. Hinterflügel einfarbig gran:
braun. — Raupe bid 11 mm lang, gelblich⸗weiß, mit Hellbraunem Kopf und Nackenſchild.
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit: Mai und Juni. Eiablage an jungen Zapfen, oft
2—6 Eier an einen.
Die Raupe bohrt fi in den Zapfen ein und frißt zunächft das Mark der Spindel
aus, greift aber fpäter von hier aus die Baſis der Fruchtſchuppen und reife Samen-
förner an. Nach der Überwinterung im Zapfen wird der Fraß im Srübjahre fortgejeßt,
. und zwar hauptfächlid außerhalb ber Spindel.
Verpuppung im März oder April im Zapfen. Generation einfad.
Die befallenen Zapfen krümmen fi und zeigen Harzfluß. Wenn auch die Vernichtung
von Körnern an ich nicht bedeutend ift, jo beeinträchtigen doch die Raupen durd die Ber-
ftörung des Marks die Reife des Samens. Auch Öffnen ſich die befallenen Zapfen infolge
ihres krankhaften Zuftandes nicht genügend oder gar nicht.
Ein größerer Fichtenzapfenfraß fand 1886 und 1888 in den niederbayerüchen Wal-
dungen ftatt. Wußer Gr. strobilella waren auch Anobium abietis Fabr. und Phyecis
abietella Zk. beteiligt. ?)
Der Fichtenzapfenmwidfer trat ferner in den 1880er Sahren, bejonderd 1888, in
ihädigender Weife in den Wichtenbeftänden der ÜOberförftereien Carlsberg, Reiner; und
Neflelgrund (Schhlefien) auf (Gerite),; 1905 zeigte er ſich in ftärlerem Maße am öftlichen
Abhang des Wogelberges. ?)
b) An Tanne (vorwiegend Beſtandsverderber).
10. Tortrix (Cacoecia) murinana Hbn.
Biegenmelterfarbiger TZannentriebwidler*) (Taf. I, Abb. 4).
Kennzeichen: Flügelſpannung 15—24 mn. Vorderflügel ſchmutzig⸗lehmgelb, ftarf
grau gemiſcht, von feinen, braunen Adern und Uuerjtrichelhen nebhartig durchzogen; im
Mittelfelde verläuft eine braune, an Breite fehr wechſelnde, jchräge Duerbinde. Hinter:
flügel gelbbraun. — Raupe bis 20 mm lang, lichtgrün, mit glänzend ſchwarzem Kopf und
braunihwarzem Nadenichild. — Buppe 18 mm lang, dunlel-rotbraun.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Mitte Juni bi8 Mitte Juli.
Das ? legt feine flachen grünlichen Eier reihen oder haufenweife an die
Nadeln und Zweige der Weißtanne ab, wofelbft fie überwintern.
Die Raupen erjcheinen im nächften April und laffen fih im Juni an Fäden
herab, um jich in der Streudede zu verpuppen. PBuppenruhe 14 Tage.
1) Gerike, H.: Btichr. f. F. u. Am. 1889, 821. — 2) v. Naedfeldt: Foritw.
Zbl. 1889, 268. — 3). Eulefeld: Allg. F. u. S.-Btg. 1905, 361. — 4) Wachtl, Frig:
Die Weißtannentriebwidier Tortrix murinana Hübner, Steganoptycha rufimitrana Her-
rich-Schaeffer und ihr Auftreten ufw. Wien 1882.
I
Forfichäbtiche Meinfehmetterlinge in doppelter natürlicher Gräfe. efet
9
10
=
9. Natur ann. ©. Kunie-
Phyeis (Dioryetria) abietella $.Y. — %.Grapholithe tedella Clerk, — 3. Or, pactolana Zeil. — 4-Tortriz
;0ecia)murinana Hbn.— 5. Gr. (Evetria) buoliana Schiff Evotria)turlonana Hbn.— 7.Gr.(Evetria)
nella L. — 8.Gr. (Steganuptycha) dinlaua. Gn. Ind. — 9.Gr. obadne Kicb) "10. Coleophoralarieola. Hbn,
Heb, Foritihug. I 4. Aufl.
Schmetterlinge: Tannenwickler. 481
Bet Maflenvermehrungen find die Kokons aber auch zahlreich an den Zweigen der
Baumfronen, und zwar teild an den befreffenen jungen Trieben, teils zwischen älteren
Kabeln eingeiponnen oder auch an Unterwuch3 gefunden worden.
Generation einjährig.
Die Raupe lebt ausfhiieglich auf der Weißtanne und befällt vorzugs⸗
weife Stangen- und Baumhölzer. Jungwüchſe und Unterwuchs bleiben bei nor=
malem Auftreten des Wicklers verfchont, werden bei Maflenauftreten aber aud) be-
frefien. Sioliert ftehende Bäume und Randbäume werden bevorzugt.
Die Raupe befribt bis Juni die jungen Nadeln der Maitriebe und überzieht
leßtere mit einem loderen, röhrenfürmigen Gefpinft. Die Nadeln werden vielfach
nahe an der Baſis abgebiffen und ganz verzehrt oder bloß an den Rändern benagt.
Außerdem vergreift ſich Die Raupe mitunter auch an der Epidermis ber jungen Triebe.
Diefe krümmen fich infolgedefien, werden zuerft rot und zulebt dunkelbraun. Ahr
franthafter Zuftand macht fich befonders bemerffich, wenn Regen und Wind die Ge⸗
jpinfte abgelöft haben. Im Laufe des Sommers fallen die noch an ihnen befind-
lichen Nadeln bezw. Nadelreſte ab, mitunter ſogar die benagten Triebteile. Bei
ftarfem und wiederholtem Fraße befommen die Kronen eine die Beichädigung ſchon
aus der Ferne verratende braune Färbung. Das Schadenbild erinnert an Froſt⸗
Ihaden und ift auch als ſolcher lange Zeit angeiprochen tworden.
Der Schmetterling befitt eine große Zähigkeit im Aushalten in den einmal
befallenen Ortlichkeiten. Die Tannen vertragen zwar vermöge ihrer hohen Repro-
duftiongfähigkeit einen mehrjährigen Fraß, werden aber im Zuwachſe beeinträchtigt.
Der Widler ift beſonders in Gebirgswaldungen zu finden, kommt aber auch
im Hügellande vor.
Schon in den 1850er Jahren fand ein ausgedehnter Fraß in Böhmen (bei Karlsbad
und Eger) ftatt. Mitte der 1860er Jahre waren etwa 197000 ha befallen. In den 1870er
‚Jahren trat der Falter in den Weißtannenbeftänden in Nieber-Ofterreich, Mähren 2 und Oſter⸗
reichiih-Schlefien auf einer Gejamtjläche von rd. 3073000 ha auf (Wachtl). Bei diefem
Fraße war auch Steganoptycha rufimitrana H. Sch. (f. Nr. 11) ftark beteiligt. Nach
Wachtl beziffert fich der Einſchlag infolge des Widlerfraßes in Nieder-Öfterreich, Mähren
und Schlefien 1877 auf 131936 fm.
Ferner Hat man den Widler zu Anfang der 1890er Jahre in verjchtedenen Gegenden
der Schweiz”), namentlich im Aarethal (zwiſchen Langenthal und Aarau) und im Kanton
Bürich beobachtet, und zwar bis zu einer Erhebung von etwa 1000 m Meereöhöhe.
Bekämpfung: Kaum durhführbar. An Frage fommen beider Borbeugung
Schonung der Feinde (Heine Vögel, Ringeltaube, Eichelhäher), bei der Bertilgung:
1. Ausräuchern der befallenen Beftände bei feuchtem Wetter und Bernichten
der hierdurch herunterfallenden Raupen.
Man durchforſtet die befallenen Beftände im. Mai, bringt das hierbei gewonnene
Heilig und den Abraum an gefahrlojen Stellen auf Haufen und zündet diefe — unter
Beobachtung der erforderlichen Vorſichtsmaßregeln — an. Der aufſteigende Rauch lagert
ſich beſonders bei feuchter Witterung in die Beſtände und bewirkt maſſenhaftes Herabfallen
der Raupen, welche man in das feuer ehrt. Außerdem verleidet der an ben Nadeln fich
anjegende Ruß den Raupen das Freſſen. Forſtmeiſter Koch wendete dieſes Mittel zuerft
mit Erfolg in den Waldungen bei Karlsbad an.
1) Ztit: Zbl. f. d. gef. Sim. 1875, 493. — 2) Fankhauſer: Forftl.:naturmw. Ztfchr.
1893, 129. — Bourgeois, ©.: Prakt. Zw. f. d. Schw. 1892, 5, 52.
Heß, Forſtſchutz. L 4. Aufl. 31
482 Erftes Buch. Schug gegen Tiere.
2. Eintrieb von Schweinen, ſobald die Raupen unter die Streudecke ſich
begeben haben (von Anfang Juni ab).
3. Streurechen während des Puppenſtadiums und Verbrennen der Streu.
ll. Grapholitha (Steganoptycha) rufimitrana H. Sch.
Notlöpfiger Tannentriebmwidler.
Kennzeihen: Flügelipannung 12—16 .mm. Vorderflügel gelbgrau bis dunkel⸗
graubraun, von vielen hellen Ouerlinien durchzogen, mit roftgelber, am Innenrande fehr
breiter, bleifarbig eingefaßter Mittelbinde und einem runden, ſchwarzbraunen Fled im Border:
winfel über dem roftgelben Spiegel. Hinterflügel bräunlich-grau. Kopf und Bruft roſt⸗
gelb. — Raupe bis 10 mm lang, oben ſchmutzig⸗gelbgrün, unten gelblich, mit rotbraunem
Kopf und Nadenichild. — Buppe 6 mm lang, glänzend, gelblich roftrot.
Lebensweiſe ufw.: Durchaus übereinstimmend mit murinana. Nur fallen
Flugzeit, Raupenfraß und Verpuppung etwa 14 Tage fputer.
Ter Falter ift meift mit murinana vergeſellſchaftet, aber weniger häufig.
Bekämpfung: Wie beim vorigen.
12. Grapholitha nigricana H. Sch.
Zannentinofpenwidler.
Kennzeichen: Flügelipannung 11—18 mm. Vorderflügel dunfel-graubraun mit
bleigrauen, zu zwei unregelmäßigen Schrägbinden gruppierten Quermellen, deutlichen weiß-
lichen Vorderrandshäkchen und dunkelbraunen Franſen. Hinterflügel rauchgrau mit gelb»
lihem Schimmer und etwas helleren Franſen. — Raupe 8 biö 10 mm lang, rotbraun,
behaart, mit jchwarzem Kopf und Nadenihild. — Buppe braun.
Lebensweiſe ufw.: Slugzeit: Juni, Juli Eier einzeln an die Knoſpen (be⸗
fonders Gipfelfnofpen) junger 10—30jähriger Tannen.
Die Raupen freffen vom Spätiommer bis Mai des nächften Jahres die Knoſpen
im JInnern vollftändig aus, in der Hegel ſämtliche zu einem Triebe gehörige. Schon im
Herbfte zeigt fich geringer Harzaustritt, der nach dem Frühjahre hin zunimmt. Auch übers
ziehen die Raupen um dieſe Zeit die Oberfläche der Knoſpen mit feinen, durchſichtigen Ge⸗
ipinften, die durch Kot verunreinigt find.
Berpuppung im Mai im Boden, hier und da auch an den Knoſpen. Generation
einfach.
Forſtliche Bedeutung gering: Beeinträchtigung des Höhenwuchſes.
Bekämpfung: Nicht nötig, wäre nur durch Ausbrechen der Knoſpen im Frühjahr
im Kleinen durchführbar.
c. An Kiefer (Kulturverderben).
13. Grapholitha (Evetria) Buoliana Schiff.
Kieferntriebwidler‘!) (Taf. I, Abb. 5).
Kennzeichen: Flügelſpannung 18—22 mm. Vorderflügel ſchmal, gelblich-ziegelrot,
von 4—5 breiten, am Vorderrande gegabelten, y⸗ähnlichen, ſilberweißen Wellenlinien durch⸗
zogen. Hinterflügel einfarbig bräunlich-grau; beide mit grauweißen Franſen. — Raupe 18
bis 20 mm lang, anfangs dunkel⸗, ſpäter hellbraun, kahl mit glänzend ſchwarzem Kopf
und Nackenſchild. — Puppe 8 mm lang, langſchmutzig-gelbbraun.
Lebensweise ufw.: Flugzeit: Ende Juni big Anfang Uuguft.
Die Eier werden einzeln an die Zerminalfnofpen junger, 6—12 jähriger
Kiefern uſw. abgelegt, und zwar in der Regel an die kräftigften Knoſpen bes Mittel-
1) v. Berg: Thar. Ihrb. 1887, 244.
Schmetterlinge: Kiefernwidier. 483
triebed. Außer an gemeiner Kiefer, der bevorzugten Fraßpflanze, ift der Falter an
Weymouths⸗, See und Schwarzkiefer beobachtet worden.
Die im Auguft, September erſcheinenden Raupen bohren fi in Anofpen und
Triebe ein und höhlen fie
aus. Im Spätfommer wird
zunãchſt die Terminalknoſpe
von ber Raupe innerlich an
der Bafis nur leicht ange⸗
freffen, wodurch ein mäßiger,
nicht leicht bemerkharer Harz⸗
Fuß entfteht. Im folgenden
Srühjahre, fobald die Mai-
triebe anfangen fich zu ent
wideln, wird der Fraß augen:
fällig, indem die Raupe das
Mark einfeitig ober ganz
ausfrißt. Die bloß einjeitig
befrefienen Triebe biegen ſich
infolge der Verlegung häufig
um (Abb. 228). Nichtet fi
die Spihe ober ein an ber
Spitze ftehender Seitentrieb
fpäter wieder auf, fo ent-
ftehen bisweilen die unter
dem Namen „PBofthörner”
befannten Mißbildungen und
Berfrümmungender Stamm:
achſe (Abb. 229). Sobald die Triebe ganz ausgehöhlt find, unterbleibt ein Wie
deraufrichten, fie werden dann troden, braun und fallen ſchließlich ab. Wenn die
Terminaltriebe verloren find, jo höhlt die Raupe auch die Seitenknoſpen bes Quirls
aus. Zuweilen geht fie fogar von einem Triebe zum anderen über, wobei fie beide
durch ein Gefpinft miteinander verbindet. In den Aushöhlungen findet fich ſtets
trümeliger Rot.)
Der Fraß verleiht den befallenen Jungwüchſen bisweilen ein befenförmiges
Ausfehen, indem ſich an Stelle der fehlenden normalen Knoſpen Scheidenknoſpen
entwideln.
Der in Berjchlechterung der Schaftform und in Zuwachsſchmälerung beftehende
Schaden ift unter Umftänden ziemlich beträchtlich und tritt namentlich in lückigen
Kulturen auf geringem Standort und in fonnigen Lagen in Erfdeinung.
Berpuppung im Juni an ber Baſis des verlegten Triebes.
Bekämpfung: Vorbeugend fcheint forgfältige Beftandsbegründung in engem
Verbande zu wirken.
Die Vertilgung ift nur durch Ausbrechen und Verbrennen der befallenen
Triebe (Mitte Mai bis Mitte Juni) möglich. Jedoch ift diefe Mafregel nur auf
1) Hierdurch unterfcheibet fich der Fraß des Kieferntriebwidlerd von dem Fraße des
Baldgärtners.
31°
484 Erſtes Buch. Schud gegen Tiere.
Heinen Flächen und bei Beginn eines Fraßes durchführbar. Auch werben hierdurch
viele Schmaroper mit vermichtet.!)
14. Grapholitha (Evetria) turionana Hbn.
Kiefernknoſpenwickler (Taf. I, Abb. 6).
Kennzeichen: Flügelipannung 16— 20 mm.
Borberflügel braungran oder braungelb, blaugrau ge-
welt, im Saumfelbe roftgelb, von zwei bleigrauen
Duerlinien durchſetzt. Hinterflügel weißlich, mit grauer
Spitze (3) oder braungrau mit roſtgelb beftäubter Spige
(9). Kopf und Bruft roftgelb. Hinterleib Hellgrau. —
Raupe etwa 10 mm lang, gelbbraun, mit ſchwarzem
Kopf und Nacenſchild. — Puppe der vorigen jehr
äfnlic.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Mai. Die
Eier werben einzeln an die Endknoſpen junger
6—12jähriger Kiefern abgelegt.
Die Raupe bohrt fi indie Mitteltnofpe
ein und höhlt fie im Laufe des Sommerd und
Herbftes aus. Infolgedeſſen tritt reichlih Harz
aus, bie Knoſpe ftirbt ab und wird von den Sei-
tenfnofpen überwachen. Mitunter erftredt fich ver
Fraß auch auf die eine oder bie andere Seitenfnofpe.
Berpuppung im April in ber mit feinen
Gefpinftfäden ausgeffeideten, ausgefreſſenen Knoſpe.
Die Raupe befällt außer der gemeinen Kiefer
aud bie Krummholzkiefer, Weymouthäkiefer und
andere ausländifche Kiefernarten. Ziemlich Häufig,
aber nicht fo ſchädlich wie Buoliana,
Belämpfung: Wie beim vorigen.
15. Grapholitha (Evetria) duplana Hbn.
Kiefernquirlwidler.
Kennzeichen: Flügelipannung 16—18 mm.
Borderflügel jhmal, mit ſchragem Saumranbe, grau-
braun, von weihgrauen, zu bier ziemlich regelmäßigen
Binden vereinigten, feinen Wellenlinien durchzogen,
an. ber Spige golbladrot. Hinterflügel braungrau.
Kopf roftgelb. — Raupe 9 mm lang, bräunlich mit
dunflerem Kopfe. — Puppe gelbbraun. .
Lebensweiſe ufw.: $lugzeit: April. Eier einzeln an Kiefernfnofpen.
Die Raupe frißt den oberften Teil der jüngjten in der Entwidelung begriffenen
Triebe 2—Ajähriger Kiefern aus. Die fo gejchädigten Enden der Maitriebe knicken
um und vertrodnen. Der auf diefe Weife angerichtete Schaden ift ftellenweife nicht
unbedeutend und zuweilen größer ald bei den vorigen Arten.
Berpuppung: Ende Juni am Boden, unmittelbar am Wurzelftod. Die Puppen
überrointern. .
Befämpfung: Wie bei Buoliana.
1) Taſchenberg, © 2: Forſtw. Inſettentunde ufm., 377
Schmetterlinge: Kiefernwidier. 485
16. Grapholitha (Evetria) resinella L.
Kiefernharzgallenwidier‘) (Taf. I, Abb. 7).
Kennzeichen: Flügelſpannung 16—20 mm. Xorderflügel ſchwarzbraun, von glän»
senden, ysähnliden, bleigrauen Querwellen durchzogen. Hinterflügel, Kopf, Bruft und
Hinterleib braungrau. — Raupe 11 bis 12 mm lang, gelblich⸗rotbraun, mit bräunlich:rotem
Kopf und Nadenihild. — Buppe 8 mm
lang, bunfelbraun, fat ſchwarzlich, befonders
am Borberteile.
Lebensweiſe ufte.: Flugzeit: Mai
und Juni. Die Eier werben einzeln un:
ter Die Knoſpenquirle der eben hervor
brechenden Maitriebe junger 6—10jäh: |
riger Kiefern abgelegt, in der Regel nur
an Seitentriebe.
Die acht Tage nad; ber Eiablage aus-
ſchlupfende Raupe fertigt unter dem endftän-
digen Knojpenquirl ein durch Harz und
Kotkrümelhen allmaͤhlich ſich verdichtendes
Gefpinf. Unter ihm frißt fie ſich in das
Mart des Triebes ein. Durch das aud-
dringende Harz wachſt die Galle bis zum
Herbit zu einem erbiengroßen, jhmußig-
weißen Gebilde an. Nach der Überwinte:
rung erreicht die Galle durch Fortfegung
des Fraßes in ber Markröhre die Größe einer Hafelı
Sie umſchließt den befallenen, unten erweiterten
der ganz oder minbeftens zu 7, feines Umfaı
beim Wufjcneiden eine Teilung durch eine j
Scheibewand. In der größeren Hälfte lebt ur
die Raupe zum zweitenmale.
Berpuppung: im März, April des dritten
neration mithin zweijährig. Slugjahre nurallt
Der angerichtete Schaden ift unbebeutend.
heilt die Kiefer die ihr zugefügten Beſchädigungt J J
Ihfimmitenfalles fterben bei ungünftigen Standorts: oder Wit: 116,330 Alfermesh minor
terungöverhältnifien bie über der Galle befindlichen Triebe ab. (Evetria) zesinella L (nat.
Bekämpfung: Ausbrehen und Berdrüden ber Harz Gr. nad Doflein).
gallen am Stamm. Abſchneiden und Bernichten der mit Ballen
befegten Zeige (im Winter des zweiten Frahjahres
17. Tortrix (Cacoecia) piceana L.
Kiefernnadelmwidler.
Kennzeichen: Falter 22—27 mm Spannweite, 2 größer als J. Vorberflügel konkav
gerander, beim ‚7 rötlich braun, beim Weibchen $ odergelb bis bräunlich, bei beiden Ge-
ſchlechtern marınoriert und gegitiert. — Raupe anfangs Hellgrün, fpäter bräunfic:grün,
mit braunem Nackenſchild.
Lebensweife ufm: Flugzeit: Ende Juni bis Auguſt. Herbftfraß der Raupe an
töhrenförmig verfponnenen Nadeln. Nach der Überwinterung werben die austreibenden
Nadeln der Maitriebe, vielfach auch die Uchie des jungen Triebes befreſſen bezw. ausge ⸗
Högft. Die abfterbenden Triebenden Mniden im Iegteren Falle in ähnlicher Weife um, wie
bei Buolians und duplana. Die Raupe frißt auch an Fichte, Tanne und Lärche, hier
aber nur an ben Nadeln; infolgebefien ift das Vorkommen auf diefen Holzarten belanglos.
1) Büsgen, M.: lg. 3. u. J.Ztg. 1898, 380.
486 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Berpuppung: Anfang Juni am Fraßorte.
Belämpfung: Wie bei Gr. Buoliana S. 482.
d) An Lärde (Kultur: und Beftaudsperderber).
18. Grapholitha (Steganoptycha) diniana Gn. Ind. (pinicolana Zell.)
Grauer Lärhenmwidier') (Taf. I, Abb. 8).
Kennzeichen: Flügelipannung 18—22 mm. Borderflügel lang geftredt, glänzend
aſchgrau, braun gegittert, mit reichlicher Beimiſchung von weiß und mit zahlreichen dunkel⸗
braunen, zum Zeile breiten, wellenförmig gebuchteten Querftreifen. Hinterflügel gleihförmig
braun» oder ajchgrau. Kopf und Bruft dunlel-afchgrau, gelbweiß beftäubt. — Raupe
10—12 mm lang, ſchwarzgrün, mit zwei bunfferen nud zwei Bellgränen (feitlichen) Längs⸗
ftreifen. Bor der Berpuppung einfarbig ſchwärzlich-grün. Kopf und Nackenſchild glänzend
ſchwarz. — Buppe 8 bi 10 mm lang, braun.
Lebensweise ufm.: Slugzeit: Ende Juli, August, bis in den September
hinein. Eiablage vermutlich erft im Frühjahr nach Überwinterung des Falters.
Eier an Rurztriebe alter Lärchen, vereinzelt auch an andere Nadelhölzer (Arve,
Fichte, Kiefer).
Die Raupen erfcheinen Mitte bis Ende Mai, Anfang Juni und freifen bis
Juli. Der Fraß erftredt fich auf die Nadeln -und verbreitet fi von unten nad
oben. Bis zur zweiten Häutung lebt das Räupchen in einem Sädchen innerhalb
eines Nadelbüfchels, um die Snnenfeite der Nadeln zu benagen. Später ſpinnt es
die Nadeln eined neuen Kurztriebes zu einem „Zrichter” zufammen und frißt in
gleicher Weife, die gegemnüberftehende Nadelhaut zurüdlaffend. Die vollmüchfige
Raupe verzehrt die Nadeln entweder ganz oder beläßt nur einen haarfeinen Rand,
an dem hin und wieder noch breitere Stüde ftehen. An Kiefern, Arven und Fichten
werden nur die jungen Triebe befallen, und zwar ſowohl deren Nadeln, als das
zarte Rindenparenchym befrefien.
Der Falter wird aber nur an der Lärche gefährlich; im Hochgebirge vermag
er bei wiederholter Mafjenverbreitung die Lärchenwaldungen ernftlich zu gefährden.
Bei ftarker Vermehrung werden ganze Beftände (der Lärche) kahl gefreilen. Die
befallenen Orte verraten ſich ſchon auf größere Entfernungen durch gebräunte Kro⸗
nen und ſehen aus, als hätten die Nadeln durch Feuer gelitten. - In der Regel
erfolgt zwar noch im Fraßjahre Reproduktion; bei der Wiederkehr eines Kahlfraßes
fterben aber felbft kräftige Bäume ab.
Da Licht und Luft die wichtigften Lebensbedingungen für diefen Falter find,
jo haben Tichte Beftände in fonnigen, warmen, trodenen Lagen (zumal an Süd⸗
hängen) am meiften zu leiden.
Berpuppung in der zweiten Hälfte des Juli oder Anfang Auguſt am Boden,
in oder unter der Streubede, vereinzelt auch zwifchen den Nadelbüfcheln oder in
Rindenritzen.
Generation einfach.
In der Schweiz wurde der Lärchenwickler zuerſt 1867 von Albert Davall?) als ſehr
ſchädlich beobachtet. Die befallenen Waldungen nahmen einen Gürtel von etwa 300 m
1) Coaz, J.: Über das Auftreten des grauen Lärchenmwidiers (Steganoptycha pi-
nicolana Zell.) in der Schweiz ufw. Bern 1894. — Standfuß, M.: Bemerkungen über
Steganoptycha pinicolana Z. ufw. Bern 1894. — Eſcher ich, K. und ®. Baer: Na-
turw. Btichr. f. 5. u. Lw. 1909, 188. — 2) Journal forestier suisse, 1857, No. 11,
überf. Allg. 3. u. J.gtg. 1858, 74.
Schmetterlinge: Lärchenwidler. 487
Breite ein, der in 300—860 m Meereshöhe jeinen Anfang nahm. Unter und über dieſem
Gürtel waren die Lärchen grün.
In den Baldungen der Kantone Graubünden!) (zumal im Oberengadin) und Wallis
trat das Inſekt in den Jahren 1855—57, 1863—65, 1878—80, 1886—88 und 1911—12 in
großer Ausdehnung auf. Der 1878/79er Fraß erftredte fich über etwa 10000 ha Waldungen
im Oberengadin und 1000 ha im Unterengadin. Zanfende von Stämmen ftarben ab und
mußten eingeichlagen werden; hauptjächlich an den Sübhängen haben ſich die Deftänbe bier:
durch bedenklich gelichtet. *)
Vom Unterengadin flog der Schäbling 1879 nad Tirol über.) Ferner trat ber
Wickler aud 1888 und 1889 in Öfterreihtihen Waldungen in großer Verbreitung auf.
Bekämpfung: Wirkſame Vertilgungsmaßregeln ftehen nicht zur Ber-
fügung. Ausräuchern der Beſtände, Vernichten der Falter durch Leuchtfeuer, Be
fprigen mit Snjeltiziden find undurchführbar oder wirkungslos. Im Engadin hält
man neuerdings Sammeln der Puppen für das ausfihtäreichfte direkte Bekämp⸗
fungsmittel, ſofern e8 ohne zu große Koften und rechtzeitig im erften Sommer be3
Mafjenauftretend energifch Durchgeführt werden kann (Schw. Htfchr. f. Zw. 1913,49).
Als VBorbeugungsmittel fommen in Betracht: 1. Vermeidung reiner Lär-
henbeftände durch Mifchung mit Fichte, Kiefer, Urve und 2. Schonung der inſekten⸗
frefienden Vögel, der Ameijen und der Tachinen.
19. Grapholitha Zebeans Rtæb.
Lärhenrindenwidler‘ (Taf. I, Abb. 9).
Kennzeihen: Flügelſpannung 15—18 mm. Borderflügel ichiefergrau, mit vier Paar
weißen Häfen am Borderrand und etwa 12 ſammetſchwarzen Fleckchen von verjchiebener
Größe in der Spitenhälfte. Spiegel mit tiefichtivarzen Querftrichen, beiderjeit3 mit hell-
blauen Streifen eingefaßt. Hinterflügel graubraun, etwas kupferglänzend. — Raupe bis
10 mm lang, ſchmutzigbraungrün, mit braunem Kopf und Nadenihild. — Puppe 8 mm
lang, ſchwarzbraun.
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit: Mai. |
Die Eier werden einzeln an Lärchen abgelegt und zwar in der Regel in
Bweigwintel, vorwiegend an die Baſis einjähriger Triebe.
Befallen werben in erfter Linie jüngere, 4—10jährige Lärchen, an denen (nad)
2008) hauptfächlich ‚nur vorjährige Langtriebe mit Eiern belegt werden. Daneben
befällt der Widler aber auch ältere Stangen- und Baumhölzer und fcheint dann
die älteren Zweige bei die Eiablage zu bevorzugen. Loos fand 3. 8. die Widler-
gallen an den A—Gjährigen Zweigen einer 72 jährigen Lärche.
Der Trap der zweimal überwinternden Raupe eritredt fi auf Rinde und
Splint. Die ausichlüpfende Raupe bohrt fich in die Rinde ein und erzeugt durch
Ausfreflen pläbiger Stellen oder ganz kurzer Längsgänge in und unter der Rinde
Auftreibungen (Gallen) und Harzfluß, dem fich Kotkrümelchen beimifchen (Abb. 231).
Die einfommerigen Gallen find etwa erbfengroß; die zweiſommerigen erreichen
die Größe einer Hafelnuß und find zum Teile rilfig, auch ftärker verharzt. Die
Schäftchen bzw. üſte erſcheinen an den befallenen Stellen kugelig aufgetrieben.
1) Coaz, J.: Mttlg. d. Bern. naturforſch. Geſellſſch. 1879. — von Etzel: Ziſchr.
f. F. u. Iw. 1880, 485. — Schw. Ziſchr. f. Fw. 1918, 48. — 2%) Coaz: Üb. d. Auftreten
d. grauen Larchenwidlers uſw. Bern 1894. — 3) Mareſch: Zbl. f. d. geſ. Fw. 1881, 41.
— 4) Altum: Btihr. f. F. u. Iw. 1886, 44. — Borgmann, Hugo: Daſ. 1892, 750.
— Bol. auch Foritl.-naturwm. Btichr. 1894, 244. — Loos, Curt: BbL f. d. gef. Fw.
1898, 266.
488 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Die Zahl der an einem Stämmen bzw. Stamm auftretenden Gallen kann
ſehr groß fein.
Henſchel fand an einem Stamme (Steiermart) bis zu 43 Gallen. Borgmann?)
ermittelte an zwei 40jährigen (im Auguſt gefällten Lärchen) 160 Gallenbildungen (Hiervon
no 45 bewohnt) bzw. 106 (hiervon nod 11 bemoßnt).
Verpuppung im April bes britten Jahres in
einer mit feinen Spinnfäben audgefleideten Höhlung
der Galle. Bor dem Auskriechen ſchiebt ſich die Puppe
durch die dünne Harzſchicht der Gallenoberfläde ein
Stüd hindurch.
Generation zweijährig.
Wirtſchaftliche Bedeutung nicht unbeträcht-
lich. Bei ftärterem Befall fterben Seiten⸗ und Haupt⸗
triebe ab, beſonders dann, wenn zwei oder mehr Gal-
len an demfelben Zweige fich befinden. Außerdem bil-
den die Sraßitellen der Gr. Zebeana Eingangspforten
für Peziza Willkommii Htg.
Bekämpfung: 1. Überſtreichen ber erreich-
baren noch bewohnten Gallen mit Raupenleim ober
Teer während bes zweiten Sommers.
2. Aufaften der Stämme bis auf etiva 5 biß
U56.351. Bmeläheie Gate non Gm 8 m Höhe und Verbrennen der ſtark mit Öallen be-
nat. Gr, Brig. &.R). ſebten Üfte.
20. Grapholitha (Tmetocera) oce!lana F. var. lariciana.
Lärhenbüfgelmidler.‘)
Kennzeichen: Flügelipannung 11—14 mm. Borberflügel ſtark geſchultert, dann faft
gerade verlaufend, aſchgrau, kreidig oder mehlig blaugrau beftäubt, nicht perkmutterglän-
zend (wie bei T. ocellana). Mittelfeld mit deutlichen, verkehrt dreiedigem led am Vor:
derrande. — Raupe 7 mm lang, jmupiggrau bis graubraun. Kopf und Nackenſchild
ſchwarz. — Puppe rotbraun mit dunfelgrünen Flügelſcheiden.
Lebensweiſe ufw.: Der Widler ſchwärmt im Juni. Die Eier werden an Radeln
der Lärche abgelegt und ſcheinen zu überwintern.
Die Raupe Iebt von Anfang Mai ab in zufammengeiponnenen Nadelbüſcheln und
benagt zunächft die Oberjeite der Nadeln. Später befrißt fie die Nadeln von der Spitze
her derart, daß öfter nur Mittelrippen und Ränder ſtehen bleiben. Mit Vorliebe werden
die innerften Nadeln der Vüſchel befallen. Wenn fie verzehrt find, verläßt bie Ranpe den
äuerft befallenen Kurztrieb, um ſich in einem zweiten wohnlidy einzurichten.
Berpuppung innerhalb des zulegt bewohnten Nabelbüfchels.
Generation einfad) (T. ocellana Hat regelmäßig doppelte).
Belämpfung: Kaum tunlic.
Familie Yponomentidae, Geſpinſtmotten.
Größere und Heine zart gebaute Falter. Kopf wollig behaart. Fühler mäßig lang,
faden⸗ oder borftenförmig, in der Ruhe vorgeftredt, beim J ohne Kammzähne. Rebenaugen
bisweilen fehlend. Worderflügel teilmeife breit dreiedig, meiſt aber langgeftredt und (mie
die Hinterflügel) mit langen Franſen. — Raupen ſchwach behaart, 16beinig, teils gejell-
ſchaftlich lebend in Ioderen großen Gefpinften, teils einzeln Knofpen und Triebe aushöhlend
oder in Blättern minierenb.
1) Leitfaden zur Beftimmung der ſchädlichen Forſt- und Obftbauminfelten. 2. Aufl. 117
— NM. a. D. 1892, 756. — 8) Borgmann, Hugo: Forftl natur. Ztſcht. 1896, 171.
Schmetterlinge: @eipinftmotten: Prays. 489
Die Yponomeutidae gehören mit den im folgenden noch zu nennenben Familien
ber Kleinjchmetterlinge zu ben früher als Tineina (Motten) zufammengefaßten Kleinfaltern
und enthalten ſowohl Nabelholz: wie Laubholzihäblinge.
A. Lanbholzſchädlinge.
1 Prays ourtisellus Don.
Eihenzwiejelmotte (Abb. 282).')
Kennzeichen: Blügelfpannung 14—16 mm. Vorderflügel viermal jo lang als breit,
gelblichweiß; am Vorderrand ein charakteriſtiſcher, breiediger grauer Fleck mit dunfler
Spige, auch nahe bei ber Wurzel und vor dem Saum
einige dunkle Fleden und Sprentel. Franſen grau-
braun. Hinterflügel braungrau. — Raupe 7 bis 10mm
lang, in ber Jugend honiggelb, ausgewachſen durch⸗
ſcheinend [hmupiggrän. Kopf ihwarzbraun. — Buppe
erſt grün, |päter Ieberfarbig, durchſcheinend, in einem
eimäbigen, feibenglängenben, beiberfeit@ zugefpibten —,, 5, zuayı BF
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit Juni und Auguſt (zwei Generationen). Eier
auf Blätter der Eſche.
Die Raupen ber erften Brut frefien in ber Jugend zwifchen der Ober- und
Unterhaut des Blattes Heine Minengänge, die teils als unregelmäßige
braune Flecke, teils als längere Kanäle, teils in Schnedenform auf-
treten und mit braunem Rote gefüllt find. Später verlaſſen fie die
Minen und ernähren fih frei an und von den Blättern, die leicht
zufammengefponnen werden. Verpuppung am Boden.
Die Raupen der zweiten Brut minieren zunächft gleichfalls,
verlaffen die Blätter aber noch vor dem Laubabfall und bohren ſich
Anfang Oktober in die Terminalfnofpen der Eichentriebe ein, um
hier zu überwintern. Man erkennt ben heimlichen Feind an dem feis
nen Bohrmehl um das Eingangdloh herum und am austretenden
Kote (Abb. 233, bei a).
Im Frühjahr ſetzt das Räupchen feinen Fraß in Innern fort.
Die befallene Knofpe kann ſich infolgedefien nicht zum Höhentrieb ent
wideln und wird von ben verichont gebliebenen Seitentrieben über-
wachſen, jo daß Zwiefelbildung entfteht. Ihr letztes Stadium ver
bringt die Raupe meift wieder frei an ben Blättern oder aud) verein.
zelt im Innern des Stämmchens. Die Puppe hängt Anfang Juni in
einem foderen Geipinnft am Zweige. Um Häufigften werben junge
Pflanzen und Heifter angegangen. Der Blattfraß der Sommerraupen ug5. 93.
ift belanglos; der Knofpenfraß der Herbjtraupen ſchädigt Die Eſchenpflan⸗ Widentnofpe,
zungen aber in empfindlicher Weile. WBG
Das Verdienſt dieſer Entdedung und ber Züchtung des Falters gebührt tisellus Don.
dem Oberförfter Borgmann (Oberaula). Gelbftverftändlid, darf man bei bewohnt. Bein
meitem nicht alle Zwieſei der Eiche auf bie Motte zurüdführen, da die Ter« gu mar Ge,
minalfnofpen auch durch Wilbverbib, Froft (hierdurh wohl am Häufigften),
Hagel uf. zugrunde gehen können. Gewiß hängen aber viele Biwiejel der Eſche mit dem
Fraße diefer Motte zufammen.
» Borgmann, $.: Ztihr. f. F. u. Im. 1887, 689. — Daf. 1891, 201. — Derf.:
Forftl.snaturw. Btihr. 1898, 24. — Altum: Stihr. f. I. u. Fw. 1888, 754.
490 Erfted Buch. Schub gegen Tiere.
Generation doppelt.
Belämpfung: Abfchneiden und Verbrennen der mit Raupen befebten Spiben
(Anfang Juli).
Die Zwieſelbildung läßt fich durch fchiefen Schnitt, welcher nicht nur die be=
ſchädigte Spitzenknoſpe, jondern auch eine der zunächſt ftehenden Seitentnojpen mit
entfernt, verhindern.
Beide Maßregeln find felbftverftändlich nur in Pflanzgärten und kleineren
Unlagen ausführbar. '
2. Gattung Yponomeuta ZI.
Geſpinſtmotten.
Kennzeichen: Größere, 18—23 mm ſpannende Falter. Vorderflügel weiß, bei
einigen Arten am Borderrande oder auf der ganzen Fläche bräunlicdhgrau angeflogen, mit
einer größeren oder geringeren Anzahl (25—50) in Längsreihen angeorbneter jchivarzer
Punkte. Hinterflügel braungrau. Franſen weiß oder weiß⸗ bis braungrau. Kopf und
Rumpf weiß. — Raupen gelb, vorn und hinten auffällig verichmälert, ſchwarzköpfig und
mit dunklen Ehitinjchtldern auf den Hinterleiböringen. — Puppen lihtbraun oder röt-
lichgelb, mit und ohne Borftenhaare am Ufter.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit Ende Juni, Anfang Juli. Eier an Knoſpen ver:
ſchiedener Laubhölzer, meift an niedriged Holz oder Heden, überwintern. Raupen be-
frefien im nächſten Frühjahr die Blätter unter dem Schub großer florartiger, gemeinſchaft⸗
licher Gefpinfte, womit fie die Zweigſpitzen überziehen. Sie verpuppen ſich hier Anfang
Juni in zarten, fpindelförmigen, weißen, dicht aneinanderliegenden Kokons.
Generation einfad.
Forftlide Bedeutung gering. Nur an Eiche und in Weidenhegern find verein
zelt fühlbare Beihädigungen durch Entblätterung vorgelommen.
Häufigfte Arten: Yponomeuta variabilis ZU. = padella L. an Ebereſche,
BPirussArten, Crataegus, Miſpel, Schlehe.
Y. padi Zil.=evonymella L. an Traubenlirfhe und Faulbaum.
Y. cognatella Tr. = evonymella Scop. auf Spindelbaum (Evonymus), Saul:
baum und Heckenkirſche.
Y. malinella ZIl. auf Apfelbäumen.
Belämpfung: Abichneiden und Verbrennen der Geipinitnefter (Anfang Juni). Ber:
drüden der Falter, die oft maſſenhaft an Baumftämmen (in erreichbarer Höhe) oder an
Heden fiben.
Bernichten der Raupen durch Beiprigen der Nefter mit Inſeltiziden (10° ige Borde-
laiferbrüge, 10% ige PBetroleumemulfion, Zaballöjung, PBarijergrün, Abkochung von Ho⸗
Iunderblüten).
B. Nadelholzſchädlinge.
8. Argyresthia laevigatella H. Sch.
Lärdentriebmotte.‘)
Kennzeichen: Ylügelipannung 10—12 mm. Borberflügel faft filbergrau, mit gelb«
licher Beimifchung, ohne Zeichnung, am Borderrand etwas dunkler, Tebhaft glänzend, mit
bräunlidhgrauen Franien. Hinterflügel dunkelgrau, weniger glänzend, mit fehr langen, .
etwas helleren Franſen. Kopf roftgelb. — Raupe 6 bi3 7 mm lang, anfangs gelb, ſpä⸗
ter ſchmutzigweißgrau, mit blaufchwarzem Kopf. — Buppe 5 mm lang, dunfelbraun.
Lebensweise ujw.: Flugzeit Ende Mat, Anfang Juni. Eier einzeln an
die jüngften Längstriebe von Lärden im Dickungs⸗ und geringem Stangenbolzalter.
Die Raupe frißt oberhalb der Triebbafi3 einen äußerlich nicht wahrnehs
baren, Turzen, geichlängelten, mit Fraßmehl und Kot fi anfüllenden Nindengang
1) 2008, Curt: Bbl. f. d. gef. Fw. 1898, 266.
Schmetterlinge: Geipinfimotten: Argyresthia. 491
oder unterplätzt die Rinde, überwintert hier und frißt im Frühjahr im Holz, und
zwar in entgegengefester Richtung zum Rindengang weiter. In ſchwachen Trieben
wird ber Holzgang bis ind Mark geführt. Berpuppung (Mai) im Fraßgang kurz
. Hinter einem von der Raupe genagten und verijponnenen Ylugloch.
Generation einfach).
Die Rinde ftirbt am Fraßplatze ab und die oberhalb der Fraßſtelle befind-
lihen Knoſpen können ſich nicht mehr entwideln. Die befebten Triebe werden
daher raſch Dürr, zumal wenn fie durch den Fraß geringelt find, und brechen dann
leicht ab.
Bekämpfung: Abſchneiden und Verbrennen der befallenen Triebe (Ende Mai).
4. Argyresthia illuminatella Zell.
Fichtentnofpenmotte.
Kennzeihen: Flügelipannung 10—18 mm. Vorderflügel tongelb, etwas ind Graue
(hillernd, an der Wurzel des Vorberrandes dunkler, metalliſch glänzend, mit langen Yranien.
Hinterflügel hellgrau, mit gelblihweißen Franſen. — Raupe 6 bis 7 mm lang, faft farb:
108, durchſcheinend, mit dunklem Kopf und Nadenfchildb. — Buppe 5 mm lang, jehr ge-
ftredt, braun, mit Dörndhen am After.
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit Mai bis Juli. Eier einzeln an die Spigenfnofpen
1—2 m hoher Fichten.
Die Raupe frißt fich in einem Turzen, fpiralförmigen Gang in die Knoipen, um fie
auszuhöhlen. Zuerſt werben die Seitenknoſpen und dann die Spitzenknoſpen ausgefreſſen.
Der Fraßraum iſt mit braunen Kote gefüllt. Das Bohrloch markiert ſich bloß durch ein
hervorgequollenes Harztröpfchen. Überwinterung und Verpuppung (im April) in ben
Knoſpen.
Generation einfach.
Ziemlich bedeutungslos, daher Bekämpfung zwecklos.
6. Argyresthia fundella F. R.
Tannennadelmotte.‘)
Kennzeichen: Oberflügel weiß mit brauner Zeichnung. — Raupe mattgrün mit
ſchwarzem Kopfe.
Lebensweiie ufw.: Flugzeit Ende Mai, Anfang Juni. Eier einzeln an Nadeln
der Tanne (und Fichte). Raupe miniert die Nadeln, überwintert in ihnen und verpuppt
fh im Mat in einem jpinbelförmigen, glänzendweißen Geſpinſt außerhalb an der Unter:
feite einer nicht ausgehöhlten Nadel.
In Ichadenbringender Wetje bisher nur von R. Hartig im Forſtamt Amberg
(Oberpfalz) und Freiſing (Oberbayern) 1896 in 830 —40 jahrigen Miihbeftänden von Tanne
und Yichte beobachtet.
6. Argyresthia (Oenerostoma) piniariella Zell.
Fiefernnadelmotte.”)
Kennzeichen: Flügelipannung 4,65—5 mm. Flügel ſehr ſchmal, mit fehr langen,
gelblichgrauen Franſen. Vorderflügel perimutterfarbig, glänzend, ohne Zeichnung, mit
ſchwachem grauem Anflug am Innenrande. — Raupe ſchmutziggrün, mit ſchwarzem Kopf.
— Buppe lang geftredt, hellgelb.
Zebensweije uſw.: Flugzeit Mitte Juli bis in den Auguſt hinein. Eier einzeln
an der Innenſeite älterer (meift vorjähriger) Nadeln ber Kiefer.
Das Räupchen miniert eine oder zwei Nadeln abwärts bis zur Scheibe, geht im
erwachſenen Buftande am Ende ihres Minenganges nad) außen und befteigt die befrefiene
1) Hartig, R.: Forfl.-naturw. Ztſcht. 1896, 318. — 2) Altum: Ziſchr. f. F. u.
Aw. 1887, 692.
492 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
Nadel bis zur halben Länge (oder darüber), um die Zwillingsnadel, ſowie noch ein weiteres
benachbarte Nadelpaar mit der minterten Nadel Durch ein Kurzes, feftes Geſpinſt zu ver-
einigen. Hier verpuppt fie fich.
Generation doppelt oder einfach.
Die Motte befällt Schonnngen, Didichte und Stangenhölzer, namentlich räumig er-
wachjene, kuſſelige Orte.
Ohne Bedeutung.
7. Argyresthia (Ocnerostoma) copiosella Frey.
UÜrvenmotte.!)
Kennzeichen: Bermutli nur eine durch die Fraßpflanze verichiedene Varietät der
Kiefernnadelmotte; dieſer jonft gleich. "
Lebensweiſe ujw.: Flugzeit Anfang Juni und Mitte bis Ende Juli bei doppelter
Generation. Eier einzeln oder (bei Zuchtverſuchen) auch zu mehreren an die Radeln. —
Raupe miniert die Nadel abwärtäfrefiend in einem 4—5 mm langen Gang, frißt ih aus-
gewachſen heraus und verfpinnt die fünf Nadeln des angegriffenen Büſchels zur Puppen-
wiege. Überwinterung bei doppelter Generation (nach Keller) als Raupe, bei einfacher
(nah Bourgeovis) als Ei.
Befallen werden Arven jeden Alters, am meiften aber frohwüchſige, junge, an fonnigen
Hängen ftehende Exemplare. Schaden infolge Eingehens fämtlicher Nadeln der befallenen
Büchel größer als bei der Kiefernnadelmotte.
Belämpfung: AbHlopfen der in den Mittags: und Nachmittagsſtunden feftfigenden
alter in untergehaltene Nepe.
Familie Elachistidae. Unterfamilie Coleophorinae, Sedmstten.
Kleine bis mittelgroße, zartgebaute Falter. Kopf rundli, anlienend beſchuppt oder
kahl, ohne Nebenaugen. Fühler mäßig lang, Borderflügel lang und ſchmal, Hinterflügel
ſchmal lanzettlih, beide mit jehr langen Franjen. — Raupen in der Jugend minierend,
jpäter Sadträger. Berpuppung im Sade. Nadel: und Laubholzfchädlinge.
A, Laubholzſchädlinge.
1, Coleophora lutipenella Zell.
Eihentnojpenmotte.’)
Kennzeichen: Spannweite 15 mm. Porberflügel odergelb, Hinterflügel grau. Füh⸗
ler weiß, duntel geringelt. — Raupe grau mit ſchwarzem Kopfe.
Lebensweiſe ufm.: Flugzeit Juli. Eier einzeln an Eichenknoſpen. Raupe frißt
zunächſt in der Knoſpe, ſpäter als Sadträger außerhalb derielben an Blättern. UÜberwin-
terungsftadium noch nicht befannt. Forſtliche Bedeutung gering.
2. Coleophora fuscedinella Zell.
Erlentnojpenmotte.?)
Kennzeihen: Spannweite 10—13 mm. Borderflügel dunfel graubraun, beim Z
etwas gelblih. Hinterflügel dunkelgrau. — Raupe rotbraun mit ſchwarzem Kopfe, zwölf⸗
füßig, weil die lebten beiden Wfterfußpaare verlümmert find.
Lebenswe ſiſe ufw.: Flugzeit Mai bis Zuli. Eier an Erlenknoſpen. Räupchen
ipinnt ſich jofort einen Sad und frißt wie die vorige erft in der Knoſpe, jpäter an Blättern.
Polyphag an verichiedenen Laubhölzern; größerer Schaden nur an Schwarzerle (Altum)
durch Ausfreffen der Knoſpen befannt.
Anhang.
Anhangsmeife feien noch einige zu den Familien Gracilaridae und Nepticulidae
gehörige forftlich belanglofe Kleinfchmetterlinge erwähnt, deren Larven in den Blättern
von Zaubhölzern minieren.
1) Bourgevis: Schweiz. Btichr. f. Fw. 1894, 25. — Keller, E.: Daf. 1901, 293. —
2) Hartig, R.: Ztichr. f. %. u. Iw. 1870, 405 — 3) Altum: Daſ. 1894, 689.
Schmetterlinge: Sadmotten: Coleophora. 493
Grascilaria (Tischeria) complanella Hbn. Eihenminiermotte.
Zalter 10—18 mm Spannweite. Border» und Hinterflügel ſchmal Iangettförmig mit
langen $ranfen. — Raupe vorm und Hinten ziemlich fpig zulaufend, mit verfümmerten
Beinen, gelblich.
Lebensweife: Flugzeit Mai, Juni. Eier
an Eichenblätter, mit Vorliebe an junge Stodausfchläge.
Die Raupe miniert in ben Blättern vom
Juni ab den ganzen Sommer über, wobei die Ober:
haut in mehr oder weniger großen, runblichen, rein
weißen Blafen ſich abhebt (Abb. 234). Die Blätter neh:
men hierdurch, wenn fie von mehreren Räupchen bes |
fallen find, ein weißidediges Ausfehen an. Über
winterung in ben Minen.
Berpuppung im nächften Frühjahr. Generas
tion einjährig.
Gracilaria rufipenella Hbn. Mhorn«
motte.
alter 16—18 mm Spannweite, heller oder
dunfler gelbrot. — Raupe grünlih mit gelbem Kopfe.
Lebensweiſe: Flugzeit Juli bi September.
Eier an Knoſpen von Ahornarten, namentlich Berg: ucbb. 234. Cidenblätter, von Graoilaria
ahorn. Die im Frühjahr außfriehende Raupe mir (Tischeria) complanella Hbn. befallen.
niert zunächft von einer Gabelungsftelle bes Blattnerves * Grobe Beabmine. d refiendes Raupen
aus bis zum Juni), boßrt fi Dann an ber Vion. "net not Meinen Tine (mat. Or).
unterfeite heraus und lebt von nun am in einer durch Einrollen eines Blattlappens her-
geftellten Rolle. Verpuppung in einem glänzend weißen Gejpinft. Generation einfad.
Neptioula sericopesa Zell. Ahornminiermotte.
alter 6 mm Spannweite. Borderflügel ſchwarzbraun mit gelblicher ſchräger Binde
und zwei gelben Fleden in der Enbpäffte. — Raupen ber Mai-Junis Generation in
Blättern, der Juli:Auguft:Generation in den Früchten des Spitz⸗ und Feldahorns minies
end. Berpuppung außerhalb des Minenganges im Rofon.
B. Rebelholzigädlinge.
3. Coleophora laricella Hbn.
Lärhenminiermotte, Lärhenmotte!) (Taf. I, Abb. 10).
Kennzeichen: Flügelſpannung 9-10 mm. Flügel fehr jchmal, ftarf zugejpigt,
aſchgrau, wenig glänzend, mit fehr langen, gelblihgrauen Franſen, zumal an den Hinter
flügeln, die etwas dunkler find als die Vorberflügel. Kopf und Bruft bräunfichgrau. —
Raupe 4—5 mm lang, 16beinig, bunfelrotbraun mit dunklem Kopf und großer After
Lappe. — Buppe & bis 5 mm lang, ſchmal, braunſchwarz.
Lebensweife ufw.: Flugzeit: In der zweiten Hälfte des Mai (bei Tage).
Das 2 legt feine Heinen, zierlich halbkugelförmigen, gerippten, bottergelben
Eier mit der flachen Baſis einzeln an gejunde Lärchennadeln. Nach 6—8 Tagen
verblaffen und vergrauen bie Eier. Das bald darauf auskriechende Räupchen bohrt
fi direft an der Eiftelle in die junge Nadel ein und höhlt fie bis zum September
in ber oberen Hälfte aus. Die hier ihrer Subftanz beraubten Nadeln verblaffen
und ſehen mit ihren jchlaffen, weißlichen und ſich kräuſelnden Spigenteilen wie er=
froren aus. Im September bereitet fih die Naupe aus dem trodenen Teile der
N Reipig: Sehr. f. F. u. Iw. 1869, 129. — Marti, Sr: Schweiz. Btichr. f. Fw.
1880, 29. — Eoaz: Daj. 1880, 77. — 2003, Curt: 5l. f. d. gef. Fw. 1891, 375; 1892,
423 unb 1897, 519. — Borgmann, Hugo: Btihr. f. F. u. Iw 1892, 749. — Boden:
Daf. 1908, 21.
494 Erftes Buch. Schutz gegen Tiere.
Nabel, indem fie ihm rundherum abſchneidet, ein an beiden Seiten offenes Säckchen
(Abb. 235) und überwintert in diefem an den Zweigen, vorwiegend an den Knoſ⸗—
pen (zumal in jüngerem Holz), ober in Rindenrigen ober zwiſchen Flechten am
Stamm (in älterem Holz). Im Frühjahre frißt ſich die ihr Sädchen immer mit-
ſchleppende Raupe von neuem in Lärchennadeln
ein, höhlt fie meift bis etwa zur Hälfte aus und
bereitet ſich etwa um Mitte April in höchft finn-
reicher Weife aus dem alten, ihr mun zu eng
gewordenen Sädchen und einer neu außgehößlten
Nabel ein neues größeres Sädchen, welches,
wenn bie Beit der Verpuppung (Ende April)
naht, an eine Nabel feftgeiponnen wird.
Reißig) beichreibt die betr. Manipulation
folgendermaßen: „Die Larve verbindet das vordere
Ende des alten Sädchens an dem Eingangsloch
einer eben erit rein ausgehöhlten Nadel mit diefer,
wobei das erftere auf den oberen Teil zu liegen
tommt. Darauf ſchneidet fie, von ihrem alten Kleide
aus, bie neue Nadel rundum ab und Hat nun zu
diefem ein gleich großes, neues Haus gewonnen.
Beide find, wie zwei Finger eines Handſchuhes, mit-
einander verbunden, und es bleibt nur übrig, fie ber
Länge nad) aufzufcneiden und ſeitlich miteinander zu
„ verbinden, um fie zu einem Sade von boppeltem
Umfange zu vereinigen, ein Gejchäft, welches die
Larve mit großer Gejchidfichkeit nach und nad be»
werlſtelligt. Diejes mühjame Geihäft nimmt die
Unftrengungen mehrerer Tage in Anſpruch. Wäh-
end berjelben fieht man die Larven mit zwei, teil-
weife vereinigten Säden das Tintergeichätt verrich⸗
. ten und man glaubt bei oberflädlichem Anblid, je-
ee oensjaheatenh en desmal zwei Larven an einer Nadel vor fih zu
teilweife ausgeßöhlt, teilmeife mit den Rau- haben.“
penfädien behaftet (etw. verge , Drig. ©. 8.) Am einzelnen Baume werden bei mäßigen
Auftreten der Motte zunächſt bie oberen und äußeren Teile befallen.
Generation einfach.
Der Heine Falter liebt fonnige, warme, gegen Norden und Dften geſchützte
Lagen: In Deutſchland ift er ein ftändiger Begleiter ber Lärche und befällt ſämt⸗
liche Alterstlaſſen. Er bevorzugt allerdings bie 10—40 jährigen Hölzer, ift aber auch
ſchon an 2—4jährigen Pflanzen der Saatſchulen, in jungen Kulturen und an 80jäh-
rigen Althölzern gefunden worden. Die Meinung, da die ausländiihen Lärchen,
in erfter Sinie Larix leptolepis, von der Motte nicht angegriffen würden, ift nicht
richtig.)) Es ſcheint aber, daß die japanifche Lärche nicht immer im gleichen Maße
befallen wird wie die europäifche Art und vielleicht auch wiberftandsfähiger ift als
diefe. Noch weniger foll die fibirifche Lärche durch die Motte leiden. (Boden,
a. a. O.)
In ber Schweiz, wo der Falter mehrfach in ziemlich verderblicher Weiſe aufs
getreten ift, verfolgt er bie Lärche bis in die Höhenlage von 1200-1300 m.
1) A. a. O. 188. — 2) Bol. Alg. 3. u. I.rBtg. 1898, 288, 840.
Schmetterlinge: Sadmotten: Coleophora. — Bmeiflügler. 495
Soritlide Bedeutung. Die Motte gehört unter den zahlreichen tierifchen
und pflanzliden Feinden der Lärche zu den unangenehmften und fühlbarften. Ihre
nicht unbeträchtliche Schäblichkeit ergibt fih, abgejehen von ihrer großen Vermehrung
und Verbreitung, hauptfächlich daraus, daß die Raupe zweimal im Jahr (im Nadh-
fommer und im Vorſommer) frißt und die einmal befallenen Ortlichkeiten fait in
jedem Sahre heimſucht. Der Zuwachs wird namentlich durch den Frühjahrsfraß
ſtark beeinträchtigt und der befallene Stamm bei wiederholten Ungriffen oft der-
artig geſchwächt, daß er eingeht. Zum mindeften bleibt neben dem Zuwachsverluſt
eine vermehrte Difpofition für andere Krankheiten Lärchenkrebs I) als Folge des
Mottenfraßes zurück. Die Gefährlichkeit wächſt mit der Unzahl der aufeinander⸗
folgenden Fraßjahre.
Belämpfung: Brauchbare, im Großbetriebe wirkſame Vertilgungsmaßregeln
fehlen. Die Haupthilfe muß von der Natur erwartet werden. Hier fommt der vor⸗
beugende Einfluß der infektenfrefienden Vögel (Meifen, Buchfint ufw.) und der
Witterung in Betracht. Strenge Winterfälte jchadet der Raupe nicht, letztere ift,
jobald fie zur Winterruhe übergegangen tft, ſehr widerſtandsfähig. Wohl aber -
wirken Sröfte und ftarfe Negenfchauer während der Schwärm- und Fraßzeit dezi⸗
mierend ein.
Im Kleinen kann natürlich durch Zerdrücken der Larven in den Nadelbüſcheln
oder durch Beſpritzung der befallenen Lärchen mit Petroleumemulſion, Schwefelkalk⸗
ſodabrühe oder Bleiarſenatlöſung größeren Schädigungen entgegengetreten werden.
V. Ordnung Diptera, Zweiflügler.
In der forſtlichen Bedeutung ſtehen die Zweiflügler (vgl. ©. 127) den vorher⸗
gehenden Drdnungen der Käfer, Aberflügler und Schmetterlinge weſentlich nad).
Der Schaden, den einzelne Gallmüdenarten an den forftlicden Kulturgewächſen
anzurichten vermögen, wird fogar weſentlich aufgervogen durch die Hilfe, welche die
Raupenfliegen dem Wirtichafter im Kampfe mit ben gefährlichiten Forſtſchãäd⸗
lingen leiſten.
Familie Cocidomyidae, Gallmücken.
Sehr Heine Tiere. Fühler lang, perlſchnur⸗ oder fadenförmig, meiſt wirtelig behaart,
10—86gliederig. Körper von zartem Bau. Kopf nicht jchnaugenförmig verlängert. Flügel
verhältnismäßig breit, vorn abgerundet, an der Wurzel verjchmälert, mit drei Längsadern.
Hinterleib mwalzenförmig, and acht Ringen beftehend, bei den 2 Hinten zugeipigt und oft
mit weit vorftehender Legeröhre. Beine lang und dünn; Schienen ohne Endiporen. —
Larven lang, fpindelförmig zugeipigt, kopflos, vorn nur mit Öffnung, ohne Nagehaten,
ifabellfarbig bi rot, fußlo8 (Maden). Am dritten Körperringe befindet ſich meift eine
Harakteriftiiche ‚„Bruftgräte”. — Puppen entweder in Solon oder: frei in der Galle.
Die Gallmüden legen ihre Eier an oder in Nadeln, Blätter, Zweige oder Rinde,
ev. Knoſpen oder Früchte. Durch das Saugen ber ſich entwidelnden Brut entftehen
Ballen. Manche Arten Ieben in Gallen anderer Inſekten ober frei unter der Rinde
oder an Blättern. Die forftlich beachtenswerteften Arten kommen auf Weiden vor.
496
Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
A. Laubholzigäpliuge.
1. Cecidomyis (Rhapdophage) salicis Bohrk.
BVeidenrutengallmüde.')
Kennzeichen: 8—8,5 mm lang. Flügel gelbweiß, mit braunem Geäder. Körper
ſchwarzbraun bis braunzot; über dem Mundrand ein Büſchelchen filberweißer Hürden.
1
förmige guſtreibun ·
gen (Gallen von Ce-
oldomyia (Bhapdo-
Phaga)salicisSchrk.
an der Burpurweide
Die obereund untere
Galle mit Flug-
togern und einel-
nen herausgeiio-
benen®uppenhüllen,
die mittlere aufge:
fönitten, um bie
Larvenlammern zu
‚eigen (nat. @r.,
Orig. 6. 8).
Hinterleib weißlich behaart. Fühler (3) etwas fürger ald der Leib. —
Made 2 bis 2,5 mm lang, rötlichgelb.
Lebensweife ufw.: Flugzeit im Mai und dann wieder im
Juli. (2) Die Eier werben haufenweife an die einjährigen Nuten
verſchiedener Weidenarten (vorwiegend Salix purpurea und aurita)
abgelegt.
Die Maden Ieben gefellig im Marflörper und erzeugen
dur ihren Fraß lokale 1—4 cm lange, fpindelförmige Auftreis
bungen und Krümmungen (bb. 236), woburd die Ruten zu tech:
niſchen Sweden unbrauchbar werben.
Im Herbte wandert die Made unter bie Rinde, wo jie fi im
Brühjahre verpuppt. Die Puppe durchbricht beim Auskriechen
die Epidermis und arbeitet fi ein Etüd heraus.
Generation doppelt (?). Nitfche?) hält einfache Generation
für die Regel.
Die Müde tritt oft maſſenhaft auf.
Bekämpfung: Abfchneiden und Verbrennen der Gallen tra=
genden Ruten vor der Flugzeit der Müden.
2. Cecidomyia (Rhapdophaga) saliciperda Duf.
Beidenholzgalimäde.‘)
Kennzeichen: 2,5—3 mm lang. Flügel breit abgerundet, milch.
weiß, weißlich behaart. Kopf und Mittelleib ſchwarz und ſchwarz behaart.
Hinterleib rotbraun bis purpurrot. 2 mit langer Legeröhre. — Made
3 mm fang, orangegelb mit weihli;en Rüdenwülften und ftart entwidel-
ter Bruftgräte.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit im Mai.
Die Eier werden Fettenförmig an die Rinde verfchiedener
breitblätteriger Weibenrnten und -Stämmden von 4—Sjährigem
Alter, au an daumen- bis armdide Üfte von Baum⸗ und Kopf:
weiden in feine Riten abgelegt, namentlich an Salix triandra, fra-
gilis, alba, purpurea und Caprea.
Die Maden bohren fi durch die Rinde ein und faugen in
Tänglichen Kammern im Baft und Cambium. Letzteres wird hier-
durch zu erhöhter Tätigkeit angeregt; infolgedeffen ſchwillt der befallene Teil ſichtbar
an. Die Rinde verfärbt ſich, ftirbt ab und fpringt unregelmäßig auf. Der Baft löft
fi in Längsftreifen ab, jo daß man Fegſchaden durch Rehböcke vor ſich zu haben
glaubt. Hierdurch werden die zur Längsachſe des Stammes meift parallelen Larven-
fammern bzw. Buppenwiegen (Abb. 237 u. 238) in der gebräunten Splintſchicht ſicht⸗
bar. Außerdem ift die ſchadhafte Stelle mit feinen Punkten (Fluglöchern) dicht überfät.
1) Dandelmann: Ztſcht. f. 3. u. Im. 1875, 90. — 2) Mitteleucop. Forftinfeften-
tunde uſw., II. 1111. — 3) M.: Allg. F. u. J.Btg. 1898, 255.
Bweiflügler: Gallmüden: Cecidomyia. 497
Verpuppung im rühjahre dicht unter der Rinde, Auskommen aus den
in der Rinde fteden bleibenden Puppenhüllen im Mai. Da die einmal befallene
Stelle mit Vorliebe wieder mit Eiern belegt wird, fo erweitern oder verdiden ſich
die Brutftellen mit der Zeit auffallend.
Bird ein Stämmen oder Ziveig ringsum befallen, fo geht der oberhalb
befinblihe Teil ein; bei nur einfeitigem Fraß Tann Aushei—⸗
lung flattfinden. Der Schaden ift namentlich an Setzſtangen
beträchtlich.
Die Müde wurde zuerft in
Frankreich, dann aber auch an ver-
ſchiedenen Orten Deutſchlands beob»
achtet. In ben Iſarauen bei Deggens
dorf, Plattling und Landshut tritt
fie 3. 2. ſeht häufig auf.
Im der Schweiz fteigt fie bis
in bie Ulpenregion (2000 m hoch).
Belämpfung: Überftrei-
en ber befallenen Stellen mit
Raupenleim, um das Ausfchlüpfen
der Müden zu verhindern. Tiefer
Abhieb und Verbrennen der ber
fallenen Stangen bzw. üſte, fos
Tange fie no von den Maben
bewohnt find.
Bufap.
An Weiden treten noch einige
andere Gallmüden — meift aber nur
unmerklich ſchädlich — auf. Es find:
Cecidomyia (Dasyneura)
terminalis Löw. Die jüngften
NG. 287. Weidenzweig mit Wo.208. N
ten durd Wbplapen der Pängsfcmitt durch einen von Ceoi- Blätter werben zu einer enbftänbi-
Winde fihtbar gewordenen domyis (Rhapdophaga) saliei- gen ſchopfförmigen, abnorm behaar-
Sluglöcern und Zarven- porda Dat. befalenen Beidenzweig. ten Galle.
tammern von Cscidomyia Splintiäicit mit Saroenfammern Cecid ia (Rhapd
(Rhspdophage)salieiporde (mat. Gr. Orig. ©.8.). eeidomyis (Rhapdo-
Duf. (nat Gr., Orig. 6.8.). phaga) rosaria Löw. Die befal-
Ienen Endfnofpen werden zu nicht
abnorm behaarten, rofettenartigen, bisweilen Lärchenzapfen ähnlichen Gallen („Weiden:
zofen“).
Cecidomyia (Dasyneurs) marginemtorquens Winn. Die Blätter von
8. cineres, purpures, viminalis befommen ſtark verdidte, bleiche bis gelbrote, nach unten
eingerollte Ränder.
8. Cecidomyia (Hormomyia) fagi Htg.
Große Buchenblattgallmücke.)
Kennzeihen: 4—5 mm lang. Flügel etwas bräunlic, grau behaart. Mittelleib
oben ſchwarzbraun, mit gelblicher Behaarung. Hinterleib fleiihrot, grau behaart. Lege:
zöhre des 2 kurz. — Made 2 bis 3 mm lang, weiß.
Lebendweife ufw.: Flugzeit im März, April.
Eier einzeln ober zu mehreren an die noch geſchloſſenen Bugentnofpen, meift nahe
an die Spigen derjelben.
1) Büsgen, M.: Forftl.naturw. Ztſchr. 1896, 9.
Heb, Borihup. I. 4. Aufl 32
498 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
Die Maden erjheinen Anfang April, zwängen fi in die Knoſpen und beginnen an
den Laubblättern oberfeits, gewöhnlich dicht neben dem Mittelnerv oder auf einem
Seitennero, zu faugen. Dadurch entftehen zulegt 5—10 mm Hohe, zugeipigt eiförmige,
harte, glänzende, glatte, einfammerige Gallen von 67 mm Durchmeſſer (Abb. 289). An-
fangs find fie blafgrün, jpäter rötlich. Im Oktober fallen fie famt der Made zu Boden.
Auf der unteren Blattſeite machen ſich bie Gallen als Heine Wärzchen bemerkbar.
Berpuppung
entweder im Herbft
? ober erſt im Frühjahr
innerhalb der @alle.
Überall in Bus
Genwäldern Häufig,
ohne Bedeutung.
Bekämpfung:
Untunlich. Die Gal⸗
len haben viele Feinde
unter den Bögeln
md Ichneumonen.
Die Kirſchtern⸗
beißer 3. B. beißen die
966. 339. Budenblätter mit Gallen von Cecidomyia (Hormomyia) fagi Hıg. Gallen durch, berzeh-
(mat. Gr., Drig. &.8). ven bie Maden und
laſſen die Galenhälften zu Boden fallen.
Bon Ichneumonen jhmarogen in den Gallen: Eulophus elongatus Frst. und To-
rymus cultiventris Rtzb. Raum 20°%, ber Gallen follen die Müden entlafen, aus 80%,
Hingegen Ichneumonen zum Borfcheine kommen (Büsgen).
Das Borhandenjein oder Fehlen von Ichneumonen ertennt man an dem Verſchluſſe
der Gallen. Die Gallen, welde Müden enthalten, find glatt von den Blättern abgefallen
und an ihrer ehemaligen Anheftungäftelle nur durch ein weißes, von ber Larve gewebtes
Häutchen zugeiponnen. Die von Ichneumonen bejegten Gallen aber bleiben auf den ver—
trocneten Blättern figen oder find, wenn fie ſich ablöfen, in der Regel durch einen Pfropfen
verhofgten Gewebes verichloffen.
Bufab.
Ohne weitere praftiihe Bedeutung find noch folgende Laubholzgallmüden:
Cecidomyia (Hormomyia) annulipes Hig. (piligera) Löw. Un Bude.
Gallen blattoberjeit3, meift längs des Mittelnerves, bis 2,5 mm lang, ſtumpfzylindriſch,
dicht bededt mit langen, erft weißlichen, fpäter roftbraunen Haaren, abfallend.
Cecidomyia (Dasyneurs) acrophila Winn. An Ejde. An ben gipfelftän-
digen Blättern werden die Fiederblättchen längs der Mittelrippe nach oben zujammenge-
faltet, verbidt und erhärtet.
Cecidomyia (Oligotrophus) betulae Winn. In Birkenfamen. Der Samen
wird lugelig aufgetrieben und ift fait flügellos.
Cecidomyia (Arnoldia) cerris Koll. Un erreiche. Galle am Blatt, ober-
ſeits etwa 2 mm hoch, jpigfegelförmig, Tabl; unterſeits ichwach herbortretende, mit gelben
Haaren bejegte Scheibe. Zumeilen fo ftarl auftretend, daß Schädigungen der Wirtöpflangen,
vorlommen.
B. Radelholzigädlinge.
4. Cecidomyia brachyntera Bchwaegr.
Riefernnadelfgeibengallmäde.‘)
Kennzeichen: 1,5—2 mm lang. Flügel weiß (3) oder grau (9). Mittelleib oben
ſchwarzbraun; Hinterleib fpindelförmig, rotbraun. 2 mit langer, jehr feiner Legeröhre.
Beine hellrötiich — Made 8 bi 4 mm lang, anfangs weiß, fpäter rot. Ohne Bruſtgräte.
1) Altum: Ziſcht. f. u. Iw. 1892, 897. — Edftein, Karl: Daſ. 1898, 77. —
€.: Forſtw. Zbl. 1898, 312.
Bweiflägler: Gallmüden: Cecidomyia. 499
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit: Mai. Eier an die eben bervorfichiebenden
Nadeln der jungen Triebe von Kiefern aller Altersftufen. Auch Schwarz und
Bergliefer werden befallen. Die Eier werden genau zwilchen die beiden noch win⸗
zigen Nabeln eines Surztriebes an deren Baſis eingejentt. Anfolgedeffen verwachſen
beide Nadeln, ſoweit fie von der Scheide umfchloffen find, miteinander zu einer
Galle, in welcher 1—3 Larven leben. Die betreffenden Nadelpaare bleiben infolges
defien im Längenwachsſtume zurüd. Im Spätherbit erjcheinen fie goldgelb gefärbt;
während des Winters bräunen, fie fih und fallen dann ab.
Berpuppung vom Dftober ab außerhalb der Galle in einem Heinen, weißen
Gefpinft an oder zwiichen den Nadeln und Scheidenichuppen, unter Rindenfchuppen
oder — wenn die Nadeln abfallen — im Boden.
Stark befallene Zweige gehen ein; dies zeigte fich namentlich im Winter 1891/92.
Bekämpfung: Ywedlos.
5. Cecidomyia (Dasyneura) abietiperda Hnschl.
Sichtentriebgallmüde.')
Kennzeihen: 2—8B mm lang: Flügel lihigrau, an den Säumen ſchwarz bewimpert.
Seiten der Bruft rötlichgelb. Unterſeite ſchwarz, glänzend. Hinterleib bräunlich (Z) oder
rötlich (2), bei beiden Geſchlechtern bifchelig-behaart. — Larve etwa 2 mm lang, orangerot.
Lebensweiſe ufw.: Flugzeit April, Anfang Mai und im Juni (nad Hen⸗
ſchel). Eier an die eben aufbrecdenden Knoſpen junger (etiva zehnjähriger) Fichten,
namentlich an deren Gipfelpartien oder an die 1—2jährigen Triebe älterer (bis
8Ojähriger) Bäume.)
Die Larven frefien fih in die Zriebe ein, die infolgedeflen anfchwellen, ver-
frümmen, ihre Nadeln faft ganz verlieren und meift verfümmerte Endknoſpen zeigen.
Auftreibung und Krümmung find Folge der an den Fraßftellen erzeugten, im Minden:
gewebe oder im Holzkörper liegenden eiförmigen, feften Gallen. Die im Juni
ſchwärmende zweite Generation überwintert in der Galle vermutlich als Larve.
Schaden unweſentlich.
Bekämpfung: Abjchneiden und Verbrennen der leicht erkennbaren ftark be:
fallenen Triebe.
6. Cecidomyia piceae Hnschl.
Sichtentnofpengallmüde.?)
Larve vom Mai ab an Seitenzweigen in der mehr oder weniger ftarf swiebelartig
aufgetriebenen Baſis der Maitriebe von Fichtenftangenhölzern lebend. Berpuppung im
April nach der Überwinterung. Flugzeit: April, Mai.
Schaden: Ausbrechen der an der Baſis verdidten, befallenen Triebe infolge Schnee:
auflagerung.
7. Cecidomyia Kellneri Hnschl.
Lärchenknoſpengallmücke.“
Kennzeichen: 2—2,2 mm lang. Flügel lang, lichtgrau, mit braunen Adern. Kopf
hinten braun, ſchwärzlich behaart. Hinterleib fleifchrot, oberſeits mit fehr blaſſen, ſchwärz⸗
1) Czech, Joſef: Zbl. f. d. gej. Fw. 1880, 258. —- Henfhel, Guſtav: Daſ. 1880,
371. — 2) Hartig, Robert: Forſtl.⸗naturw. Ztſchr. 1893, 274. — 3) Henſchel, Guſtav:
Zbl. f. d. gef. Fw. 1881, 505. — 4) Derſ.: Daſ. 1875, 183. — von Tubeuf, C.: Yorftl-
naturw. Ztſchr. 1897, 224. — Löw, Franz: Bhdlgn. d. K. K. zool.⸗bot. Gef. in Wien.
28. Bd. 1879, 393.
32”
500 Erſtes Bud. Schug gegen Tiere.
lien Binden. 2 mit Tangvorftredbarer, bräunlickgelber Legeröhre. Beine braun. —
Larve 3 mm lang, mennigrot, mit 2—8 Meinen Pünktchen in der Aftergegend.
Lebensweije ufm.: Slugzeit bei und im April, in den Alpen im Mai. Das
2 legt je ein Ei an die Kurztrieblnofpen bzw. an bie aus diefen hervorbrechenden
Nabelbüfchel der Lärche. Zuweilen werben auch Blütenknoſpen mit befallen.
Die ausfhlüpfende Made entwidelt fi in ber
Knoſpe, deren Vegetationstegel fie im Laufe des Som-
mers zerftört. Üußerlich erkennbar ift der Fraß durch
ziemlich ſtarkes Anſchwellen der Knofpen (Abb. 240) und
an einem im Auguſt weiß und frümelig werdenden Harz⸗
überzug auf den Iederbraunen Dedfhuppen. Im An:
fange des Winters fpinnt die Made in ihrer Behaufung
einen feinen Kokon, in welchem fie fi im April ver⸗
puppt. Um dieſe Zeit fallen die nicht außtreibenden
braunen Gallen am meiften ins Geficht.
Die Knofpen fterben gewöhnlich ſchon nach dem
erften Angriff ab. Sie vertrodnen und bleiben als
ſchwarzbraune, becherförmig geöffnete Zäpfchen an den
Zweigen haften. Kräftige Knoſpen entiwideln fi trog
mehrere Jahre hindurch wiederholter Ungriffe zumeilen
kümmerlich weiter, gehen aber ſchließlich doch ein und
präfentieren fi) dann als ſchwärzliche Stummel. Eine
von v. Tubeuf zuerit beobachtete Reprobuktionsform
der gefchädigten Kurztriebe ift die Entwickelung zahlreicher
oder nur einzelner Blattachjelfnofpen im Kurztrieb und
die Bildung felundärer Rurztriebe.
Die Müde befällt die Lärche ohne Unterfchieb des
Alters und Standortes; fie ſcheint jedoch dicht gefchloffene
Drte zu meiden. Die befallenen Lärchen werben gern
von Grapholitha Zebeana Rtzb. angenommen.
Schaden: Zuwachsverluſt; Wbfterben ganzer
Amofpergaien von Gechlomyie Biveige bei ſtartem Auftreten.
Kellner! Huschl, Henſchel fand die Müde in großer Menge im Salzatal
(mat. Cr, Orig. ©. 8). (Oberfteiermazk). Lo w Tonftatierte ihr Muftreten (1876) auf
dem Semmering, beſonders häufig im Abliggraben. In den Alpen ſcheint fie befonders hei ⸗
miſch zu fein. Auch bei Bernau (am Chiemfee) kommt fie nicht felten in ſolchen Mengen
vor, daß auf manchen Bäumen die meiften Rurztriebe vom Gipfel bis zum Boden mit
Gallen bejegt find.
Bekämpfung: Ausbrechen der mit Brut befegten Knoſpen. Selbftverftändlich
nur im Kleinen (Pflanzengärten) ausführbar.
Familie Tipulidae, Riefenfänaten.
Unter den weiteren Dipterenfamilien weifen nur noch die Tipuliben einige ald Forft-
Schädlinge befannt gewordene Vertreter auf. Die im Allgemeinen im Boden von verwejen-
den Vegetabilien lebenden langgeſtredten, grün- oder graubraunen Larven ber Gaitung
Tipula gehen unter Umftänden aud) an Wurzeln und ſchwache Stengeichen land» und forft«
wirtſchaftlicher Kulturgewächſe und vermögen dann in Saatfämpen und Freiſaaten durch
Benagen, Ringeln, Abbeißen und Abknicken von Sämlingen und Jährlingen Schaden an»
zurichten. Bekannt geworden find derartige Beſchädigungen von:
Gerabflügler: Maulwurfsgrille 501
Tipula crocata L. 2 bis 18 mm lang, Hinterleib ſchwarz, mit drei gelben Quer⸗
binden in der vorderen Hälfte.
Tipula flavolineata Meig. ®rößer als crocata. Kopf roftgelb, Flügel gelblich,
ungefledt. VBruft grau mit fchwarzgrauen Nüdenftreifen. Hinterleib grau mit biaßgelber
Binde in der Mitte.
Außer diefen Arten, deren Larven junge Radelhölzer (Fichte, Lärche, Balfamtanne.
Kiefer) beichädigt haben, ift noch die Larve der Wieſenſchnake (Tipula pratensis L.)
durch nächtliche Benagen von Weidenftedlingen jhädlich geworden. Sie vermag junge
Weidenanlagen in den erften 2 Jahren nach der Pflanzung ernftlich zu gefährden.
VI Ordnung Orthoptera, Geradflügler.
Als Forftlich ſchädlich kommen nur einzelne Arten der Grab⸗, Laub⸗ und
Feldheuſchrecken in Betracht. Der Hauptfächlich im Benagen und Abbeißen junger
Pflanzen beitehende Schaden iſt nicht bedeutend und bleibt im allgemeinen auf die
Pflanzenerziehungsftätten beſchränkt.
Familie Gryllidae, Orabheniäreden.
Körper walzenförmig. Kopf did, frei. Mundteile fehr Träftig entwidelt. Fühler
lang, borftenförmig, vielgliederig. 2—3 Punktaugen. Flugflügel dicht Tängsgefaltet, als
ſpitze Unhängfel unter den kurzen Wlügeldeden hervorragend; bisweilen verfümmert oder
ganz fehlend. Durch Aneinanderreiben der lügeldeden werden vom J jchrillende Töne
erzeugt. Borderbeine zum Graben eingerichtet, Hinterbeine Sprungbeine. Füuße dreiglie⸗
derig. Legeſcheide lang oder fehlend. Hinterleib mit zwei fadenförmigen, vielgliederigen
Reifen. Generation einfach.
Die Grabheuſchrecken graben Höhlen und Gänge in die Erde und leben unter⸗
irdiſch teils von Larven, Würmern uſw., teils von Vegetabilien (Wurzeln, Samen,
Obſt, Gras, Kräutern uſw.).
Grylliotalpa vulgaris Latr.
Maulmwurfsgrille, Werre') (Mbb. 241).
Kennzeichen: 40—50 mm lang, Flügelipannung 70—75 mm. Körper fammetartig,
rötlihbraun bis braunfchiwarz, unten heller. Flügeldeden kurz, abgerundet, ſchwarz geabert.
Unterflügel in der Ruhe pfriemenförmig unter den Deden hervorftehend. Lebter Abdominal⸗
ring mit langer Schwanzgabel. Borberbeine ſtark, breit, handförmig, rotbraun, wie bei
dem Maulwurfe zum Graben eingerichtet. — Larve fechsbeinig, anfangs weiß (weiße
Ameijen), fpäter bräunlich und dem ausgebildeten Inſekt an Geftalt ſehr ähnlich. —
Nymphe bereit? mit Flügelftummeln ausgeftattet.
A. Lebensweiſe.
Begattungszeit: Anfang Juni bis Juli. S und 2 erfcheinen dann nachts
oft außerhalb ihrer Gänge und loden fi durch Echrillen des J.
Das ? legt im Juni oder Juli bis 300 Hanflorngroße, gelblich-weiße Eier
in ein 10—12 cm tief liegendes Erdneſt von der Größe und Form eines Tauben:
eied. Das Neit wird im Innern durch eine [peichelartige Ausſcheidung mit einer
Art Glaſur überzogen, ift ziemlich feft und fteht durch oft bogenförmige, fchräg abwärts
oder ſenkrecht verlaufende Gänge mit dem flachen Gangſyſtem der Grille in Ber:
bindung. Das 2 bewacht das Neft jehr argwöhniſch von einer unter dem Neft an:
gebrachten Notröhre aus.
— — — nn — —
1) Zdaͤrek: Bbl. f. d. gef Fw. 1881, 157. — von Alten: Ziſchr. f. F. u. Iw.
1884, 175.
502 Erftes Buch. Schutz gegen Tiere.
Die Larven erfcheinen nah 2—3 Wochen, bleiben etwa 3—4 Wochen bei⸗
fammen, zerftreuen fi) dann in der Erbe, häuten ſich dreimal und gehen, um zu
überwintern, im Oftober etwas tiefer in den Boden.
Berpuppung Ende Mai oder Anfang Juni in Form einer weiteren (vierten)
Häutung. Bald darauf entftehen, an Stelle der Heinen Flügelanfäge der Nymphe,
vier deutliche Flügel, die Grille ift dann zum vollkommenen Infekt geworben.
Generation einfach; Überjägrigfeit nicht ausgefchloffen.
B. Sorftliges Verhalten.
Die Maulwurfsgrille ſchadet als Larve, Nymphe
und vollkommenes Infekt bei Herſtellung ihrer finger-
ſtarken Gänge in erjter Linie durch Berreißen und Ub-
beißen der Wurzeln junger, 1—2jähriger Pflanzen, befon-
ders der Fichte und Kiefer. Außerdem werben zahlreiche
Pflanzen in die Gänge gezogen oder andererjeits fo ge-
hoben, daß fie umfallen und vertrodnen. Mehr ausnahms⸗
weiſe find auch direkte Schäden durch Benagen der Rinde
junger Bilanzen beobachtet morben.!) Nüplich wird bie Werre
durch Vertilgung unterivdifch lebender Schädlinge (Enger-
linge ufw.). Man hat fogar beobachtet, daß fie ihre eigene
Brut annimmt.
Ihre Lieblingspläge find frifche, Lodere Sanbböden
des Flachlandes bzw. fonnige, vom Pflanzenwuchs freie
Pläge; fie tritt aber auch auf Lehm» und Tonböden auf.
Lichter beftodte Saatbeete werben mehr von ihr heimge-
fucht als dicht beftodte, plagweife Freiſaaten leiden weniger
bb. 21. als Streifenfaaten.
Grrlotalpe vulgaris Latr. Yı. Die Grille befrißt auch Die Wurzeln landwirtſchaſtlicher Ge -
mächle (Gerfte, Rüben ufiw.). Über den Grund ber Bflangenzerftörung find die Anfichten noch
geteilt. Bon Seiten mancher Gärtner Gieß ing) wird behauptet, daß das Durchbeißen der
Wurzeln nicht der Ernährung halber, fondern Iebiglich deshalb geichehe, um bie von feiten
der Pflanzen auögehende Beichattung zu bejeitigen. Namentlic, für das Abbeißen der über
den Neftern ftehenden Pflanzen wird der leptgenannte Grund für wahrſcheinlich gehalten,
um den Eiern mehr Wärme zuzuführen.
C. Belämpfung.!)
a) Vorbeugung.
1. Ifolierung der Kampflächen durd; Gräben, die durch Eingraben von
Fangtöpfen zugleich als Vertilgungsmittel benugt werden fönnen.
2. Schonung der Feinde. Igel, Maulwurf, Spitzmäuſe; — Eulen,
Krähe, Dohle, Elfter, Star, Wiedehopf, Neuntöter.
Auch die Larven der großen Lauffäfer ftellen den jungen Grillen nad).
1) Roc, Robert: Naturw. Ztichr. f. 2. u. Fw. 1905, 470. — Die Arbeit enthält
auch am Schluß eine Zuſammenſtellung aller in der Literatur empfohlenen, teilweife jehr
zweifelhaften Abwehrmittel.
Geradflügler: Maulmwurfsgrille. 503
b) Bertilgung.
1. Auffuchen und Zerftören der Nefter (Juni, Juli).”)
Hierbei leiten die zahlreichen Einjchlupf- und Luftlöcher auf der Bodenoberfläche,
ferner die hiervon ausgehenden kreisförmigen, etwa 2—3 cm unter der Erdoberfläche ver:
laufenden Gänge, welche beſonders auf tonigen Böden nad einem Regen etwas erhaben
hervortreten, und ber in diejer Richtung welkende Pflanzenwuchs. Dean tötet die Brut
durch Bertreten auf feftem Untergrund ober Überbrühen, auch dadurch, daß man fie dem
Sonnenlicht ausjegt. |
Ron anderer Seite wird empfohlen, die Nefter duch Teitftampfen der Erde über
ihnen bzw. durch Einftoßen eines Pfahles zu zerftören.
2. Bernichten der Werren
. a) duch Umbaden der ganzen Fläche und Sammeln der zu Tage geför-
derten Tiere (Saat: und Pflanzenkämpe).
b) duch Aufſuchen während der Yortpflanzungszeit.
Man nähert fich in den Abendftunden Iangfam und vorfichtig (am beiten barfuß) den
Stellen, von welchen das Schrillen ertönt, und fördert den verftedten Feind, der meiftens
in dem Haupteingange fißt, mit einem geichidt ausgeführten Hadenjchlag zu Tage. Das
Fangergebnis find allerdings meift nur J.
e) durch Wegfangen in gewöhnlichen Blumentöpfen, Konjervenbüchien,
Gläſern ufmw.?)
Die Yangtöpfe werben in 1—2 m weiten Abftänden in Die Beete oder Beetpfade jo
eingegraben, daß ihr Rand etwas unter die Oberfläche zu liegen fommt. Die unteren Löcher
der Töpfe müfjen gut verkorkt oder mit einem bineingeftedten Steinchen verfchloffen werden.
Berbindet man die Töpfe durch A—5 cm hohe Latten mit einander, die jo geftellt werben,
daß die Grillen nicht unter ihnen bindurchkriechen können, jo wird der Fang noch ergiebiger,
weil die Grillen, jobald fie an diejes Hindernis gelangen, der Latte entlang laufen und
dann fiher in die Töpfe ftürzen.
Beſonders vorteilhaft ift dieſe Fangmethode zur Paarungszeit, weil die Grillen wäh⸗
rend diefer Zeit am meiften Hin> und herlaufen.
Bum Fang der Werren find auch befondere, auf dem Prinzip einer Maulwurf⸗Röhren⸗
falle beruhende Werrenfallen fonftruiert worden.
d) durch Eingießen von Rüböl, Leinöl, Teer, Seifenfiederlauge, Schmier-
jeifenlöfung, Neßlerſcher Blutlaustinktur (Schmierjeife, Fuſelöl, Karbolfäure, Waller)
oder anderer Bräparate in die Gänge und Nachfüllen von Waller, bis die Löcher
ganz voll find, um die Grillen zum Herauskommen zu veranlaſſen (Mai).
Mit Erfolg läßt fich diefes Mittel nur in ſolchen Böden anwenden, in melden die
Gänge gut ftehen, alfo nicht in Iofem Sande, damit das DI und Waffer auch bis zum
Site der Brille vordringen fann. Außerdem empfiehlt es fich, die Arbeit an einem hei-
teren Tage, der einem Regentage folgt, auszuführen, damit fih die bewohnten Gänge von .
den nicht bewohnten unterfcheiden laffen. Die mit DI bejchmierte und hierdurch unbeholfen
gemachte Griffe ftürzt eilig nach oben. Mit 0,5 kg Teer laſſen fi, nad Erfahrungen in
Sachſen, 40—50 Werren vertilgen. Statt reinen Teer Tann man auch ſolchen mit der
halben Menge Terpentindl vermijcht anwenden. ®)
C. €. Ney 9 erbeutete durch Anwendung von Rübbl mit Wafler in den Gemüje- und
Salatbeeten jeined 20 a großen Dienftgartend in kurzer Zeit 180 ausgewachſene Grillen.
Bon der Anwendung des Petroleumd wird abgeraten. |
Noch gänftigere Refultate erzielte Kullmann?) (Seligenftadt) mit OL. Er vernichtete
auf dieje Weife von Juni bis Anfang Auguft 1887 etwa 1800 Grillen und 860 Neſter zu
800 Stüd, mithin im ganzen etwa 110000 Individuen.
1) Braun: Forftl. BL. N. F. 1881, 387. — 2) dv. Wolff-Metternid: Dal.
1881, 70. — 3) 3bl. f. d. gef. Fw. 1881, 30. — 4) Allg. F. u. Z.:dtg. 1887, 69. — 6)
Forſtw. Zbl. 1888, 367.
504 Erftes Bud. Schuß gegen Tiere.
e) durch Bergiften mit Schwefeltohlenftoff oder Giftbroden.
Der Echwefeltohlenftoff wird in die fentrechten nach den Neftern führenden Löcher
(20 com auf ein Loch) eingegofjen oder dur Einführen von Schwefelfohlenftoffltapjeln in
die Nähe der Nefter gebracht. Ebenjo können Benzin oder Lyfol verwendet werden. —
Als Siftbroden find empfohlen worden: 0,25 kg pulverifierter trodener Lehm + 0,25 kg
Roggenmehl + 0,25 kg Honig + 2 kg (?) Arjenil.!) — Pillen aus Lehm, Honig und
Arſenik. — Maismehl + Phosphorlöſung.“) — Sarpofarbollöjung.
Zufap.
Den zu den fyamilien der Locustidae, Laubheufchreden, und Acridiidae,
Feldheuſchrecken gehörenden Geradflüglern, denen in vereinzelten Fällen eine forſtſchäd⸗
liche Lebensweiſe nachgetwiefen worden ift, fommt eine nennenswerte wirtichaftliche Bedeu⸗
tung nicht zu. |
Unter den Laubheuſchrecken ift e3 eine der größten Yormen Decticus verru-
civorusL,, der Warzenbeißer, dem auf Grund eines Vorkommniſſes jchädliches Befreſſen
jüngerer Kiefern zugemutet werden barf.
‚Die durch die Zugehörigkeit der Wanderheufchreden im allgemein wirtichaftlichen
Sinne praftifch wichtige Familie der Feldheuſchrecken enthält mehrere Formen, die ihr
erhebliches Nahrungsbedürfnis gelegentlich auch an Laub: und Nadelhölzern befriedigt haben
und dadurch ſchädlich geworden find. Es find:
Pachytylus migratorius L., die Wanderheufchrede. Schaden auf Kieferntulturen
und an Laubhölzern (Eiche, Eiche, Buche) betannt;
Pezzotettix alpinus Koll. Fraß (in Steiermark) in bis 60 jährigen Buchenbe-
ftänden;
. Acridium (Gomphocerus) maculatum Thunb. Schadet (nad Edftein) auf
Kiefernfaatbeeten und in Freifaaten durch Abfreſſen von Sämlingen.
VIII. Ordnung Bhynchota, Schnabelterfe.
Der gemeinfame Charakterzug aller hierher gehörigen, in ihrem Üußeren oft
ſehr von einander abweichenden Formen ift die durch das Vorhandenſein eines ein-
heitfich gebauten Saugapparates, des fog. Schnabels, bedingte Lebensweiſe. Der
von der Unterfeite des Kopfes entjpringende, aus einer röhrenförmigen Scheide mit
eingeichlofienen Stechborften beftehende Schnabel geftattet nur die Aufnahme pflanz-
licher bzw. tierifher Säfte. Das Fraßobjekt wird angeftochen und wird, ſoweit e8
ih um Pflanzen handelt, teild durch den Saftentzug, teils durch Gewebewuche⸗
rungen und Gallbildungen, die unter der Reizwirfung bes jaugenden Inſektes ent⸗
ftehen, mehr oder minder geichädigt.
Praktiſch bedeutungsvoll wird die ganz minimale Schadenwirkung des Einzele
tiere3 durch Die außerordentlich große Sndividuenzahl, in welcher manche Rhynchoten
an der Fraßpflanze aufzutreten vermögen. Parthenogenetiſche Fortpflanzung fteigert
dann gewöhnlich die Vermehrungsfähigkeit und macht in Verbindung mit Genera-
tions- und Wirtäwechfel den Entwidelungszyflus einzelner Arten zu einem ehr
fomplizierten.
Unterordnung Heteroptera, Wanzen.
Flügelpaare ungleichmäßig. Vorberflügel an der Bafis lederartig, in der Spigen:
hälfte häutig. Hinterflügel häutig.
Borftlihe Bedeutung der hierher gehörigen Rhynchoten gering. Erwähnung verdient
nur eine Hautmwanze.
1) Ofterr. %.:8tg. 1898, 359. — 2) Ziſchr. f. Pflanzentranfh. 1894, 60 u. 124.
—
Schnabellerfe: Wanzen. Blattflöhe. Echte Blattläufe. 505
Aradus cinnamomeus Panz,
Kiefernrindenwanze.‘)
Imago ſtark abgeplattet, 2 bis 4,5 mm lang. Fühler viergliederig. Ylügel beim Z
auffallend ſchmal. Farbe braun (Mindenfarbe), ganz jung rötlich.
Die lichticheue Wanze lebt an jüngeren 10—20 jährigen Kiefern geringer Standorte
unter den Rindenfchuppen und bewirkt dur Einbohren der kurzen Stechborſten des Saug-
rüffels in die faftführenden Schichten Aufplagen der Rinde in dharakteriftifchen Längs⸗ und
Querriſſen, Berfärbung der Benadelung, bei ftarfem Befall fogar Abfterben der Kiefern von
der Spitze berein.
Bekämpfung: Einfchlag der abfterbenden Horfte und Verbrennen ber Rinde bzw.
des ſchwächeren Reiſigs. Ob Unftrich mit Inſektiziden KKalkmilch, Seifenlöjungen, Petro⸗
leumemulfion ufw.) Hilft, bleibt noch feſtzuſtellen. Rorbeugend wirkt Begünftigung der
Bantsliefer bei Ausbeſſerung geichädigter Orte bzw. beim Anbau gefährbeter Böden, da
ihre glatte Rinde den Wanzen feinen Unterjchlupf bietet.
Unterordnung Homoptera, Gleichflügler.
Slügelpaare gleichartig, Häutig, dem ‚Körper ſchräg dachförmig anliegend. Bei
den ? oft auch fehlen.
Samilie Psyllidae, Blattlöße.
Kleine, zarte Tiere.. Fühler lang, faden» oder borftenförmig, 5—7 gliederig, mit zwei
Borften an der Spipe. Meift drei Nebenaugen. Ruſſel dreigliederig, bis zur Bruftmitte
reichend. Flügel metft vorhanden, mit reicherer Aderung. Beine furz, zum Springen ein-
gerichtet (Springbeine). Füße zmweigliederig. Entwidelung einfach.
Die Blattflöhe ſchaden verichiedenen Laubbäumen (Erlen, Ulmen, Birn-, Apfel:
bäumen ufm.) durch Unftechen und Befaugen der jungen Triebe, Blätter und Blüten. Die
befallenen Teile kümmen ſich zufammen und fümmern im Wuchſe. Die Larven leben ge:
fellig und fondern reihlih Wolle ab.
In forftlicher Hinficht ohne Vedeutung An Schwarzerle fällt bisweilen Peylla
slni L. auf, deilen in Wollfäden gehüllte Larven im Frühjahr in den Blattachſeln der
jungen Triebe zujammenjigen.
Samilie Aphidae, Echte Blattläuie.
Kleine, zarte Tiere. Fühler verhältnismäßig lang, 3—6gliederig, oft auf langen
Stimzapfen figend. Schnabel breiglieberig. Flügel, wenn vorhanden, äußerft zarthäutig
und durdfichtig. Vorderflügel mit vier Schrägadern. Beine meift lang, Tarfen zweiglie⸗
derig und zweifrallig. Bei manchen Arten auf dem jechften Hinterleiböringe zwei mehr
ober weniger auögebilbete Rüdenröhren, welche aber nicht, wie ihre fälſchliche Bezeichnung
als „Honigröhren‘ vermuten läßt, ein zuderhaltiges Erfret, fondern eine (nach Büs-
gen) zur Verteidigung dienende, jchnell erhärtende, mwachsartige Maſſe abſcheiden. Die von
echten und Afterblattläufen herrührende zuderhaltige Flüffigleit, die ald fog. „Honigtau”
die Blätter mehr oder weniger überzieht, wird durch den After ausgefchieden.
Biologifch wichtig ift der durch oft polymorphe parthenogenetiiche und gamo-
genetifche Generationen zufammengejette Entwidelungsgang, der fid) bei den poly⸗
phagen Formen an verjchiedenen Pflanzen abjpielen kann, während er bei anderen
Formen teild (monözifch) an einer, teild (diöziſch) an zwei Wirtspflanzen ges
bunden ift. Ulle parthenogenetifch fich fortpflanzenden Weibchen (= Ammen $) find
vivipar, d.h. gebären lebendige Runge. Die Weibchen der geichlechtlichen Gene⸗
ration (P) legen Eier, find ovipar.
1) Edftein, Karl: Btihr. f. F. u. Iw. 1906, 567.
506 Erftes Buch. Schuß gegen Tiere.
Die Fortpflanzungsbiologie der echten Blattläufe zeigt folgende Hauptcharakterzüge:
Im Herbft werden von der einzigen geichlechtlichen ®eneration, den Sexuales, hart-
fchalige, überwinternde Eier an Knofpen, Triebe, Nadeln uſw. zu mehreren oder (bei Schi-
zoneura, Tetraneurs, Pemphigus ı. a.) einzeln abgelegt. Aus diejen Eiern entfteht im
Frühjahr eine ungeflügelte Stammgeneration (Fundatrix), die fi) parthenogenetifch durch
Gebären geflügelter ober ungeflügelter agamer Ziere, der Ammen, fortpflanzt. In gleicher
Weiſe erfolgt dann die Fortpflanzung während de3 ganzen Sommers, bis im Herbſt — bei
manden Arten auch fchon früher — die lebte parthenogenetifche Generation (Sexupara)
die bereit3 oben erwähnte, aus (oft) geflügelten Z und ungeflügelten 2 beftehende gamo-
genetifche Brut, die Sexuales, erzeugt. Nun erfolgt Begattung und Ablage der Eier. Bom
Frühjahr ab beginnt der befchriebene einjährige Zyklus aufs neue.
Komplikationen entftehen bei vielen Arten Dadurch, daß fich in ben geichilderten Gene-
rationswechjel ein mit Hin= und Hermanderungen (Migrationen) verbundener Wechſel der
Nährpflanze einſchiebt. In diefem alle erzeugt die aus den Wintereiern hervorgehende
Fundatrix eine geflügelte Generation (Migrans alata), weldhe den Hauptmwirt ver-
läßt und auf einen Zwiſchen- oder Nebenwirt überfliegt. Hier entwideln fich eine oder
mehrere parthenogenetifche Generationen, deren lebte, Die Sexupara (Remigrans) die Rüd-
wanderung auf den Hauptwirt antritt, um auf diefem die Sexuales Hervorzubringen.
Die Blattläufe bewirken als geflügelte und ungeflügelte Individuen durch ihr
‘ Stechen und Saugen Bertrodnen oder Rollungen, Kräufelungen und Faltungen oder
Gallen an Blättern, Nadeln, Knoſpen, Blüten oder fonftigen Baumteilen, nament:
lich an Laubhölzern.
Neben dem ſchon oben erwähnten „Honigtau“ Y zeigen die befallenen Blätter und
Stengel oft noch „Meltau” Man bezeichnet damit die durch ben Hebrigen Honigtau
an den Blättern uſw. feftgehaltenen Larvenhäute, welche von den drei: oder viermal fich
häutenden Blattläufen abgeftreift werben. Diefer animaliſche Meltau ift nicht zu ver-
wechſeln mit dem echten, durch Pilze (Erysiphe) hervorgerufenen Meltau.
Die Familie der echten Blattläufe zerfällt nah Nüßlin?) in die Unterfami-
ftien Aphidinae, Lachninae, Mindarinae NüßBl. und Pemphiginae Nüßl.
Unterfamilie Aphidinae.
Grüne oder gelbe, meift auf Zaubhölzern Iebende Blattläufe mit langen Nüdenröhren,
langer Endborfte am jechiten Yühlerglied, ohne Wachsdrüſen. Vorderflügel der meift ge⸗
flügelten Z mit doppelt gegabelter dritter Schrägaber. 2 groß, viele Eier legend.
Forſtlich bedeutungslos bi3 auf die Weidenblattläufe Aphis capreae F., sa-
liceti Kltb. und vitellinae Schrk., durch deren Saugen bei zahlreihem Borfommen
die Entwidelung der Ruten beeinträchtigt werden kann. Durch ſtarke Honigabjonderung
fällt auch zuweilen die oft maffenmeife an der Unterfeite der Lindenblätter jaugende Aphis
tilise L. auf. Berfchrumpfen, Bergelben und vorzeitiger Abfall der Blätter können Folge⸗
erſcheinungen fein.
Unterfamilie Lachninae.
Gelbe oder rotlichbraune, meiſt monophag auf Laub» oter Nadelhölzern und zwar
hauptſächlich an Der Rinde lebende Blattläuſe mit kurzen Rückenwarzen, kurzem Endſtück
am ſechſten Fühlerglied und teilweiſe ſehr langem Schnabel. Wachsdrüſen vorhanden, aber
meiſt nur geringen Wollflaum produzierend. 2 groß, viele Eier legend, ſtets ungeflügelt.
J geflügelt oder ungeflügelt. Vorderflügel mit einfach oder doppelt gegabelter dritter
——
Ihrer forſtlichen Bedeutung nach verdienen nur die an Laubhölzern lebenden Arten
eine etwas eingehendere Würdigung. Die Nadelholzarten find wirtſchaftlich bedeutungslos,
wenn auch vielleicht vereinzelt das Trodenwerden von Üften und Zweigen auf ftärferen
Befall von Lachninen zurüdzuführen jein mag.
1) Büsgen, M.: Der Honigtau. Jenaiſche Ztichr. f. Naturm. Bd. XXV. Jena 1891.
— 2) Leitfaden ujw. 2. Aufl., 57.
Schnabelterfe: Echte Blattläuſe: Lachninae. 507
A. Un Laubholz lebende Arten.
L Lachnus (Phyllaphis) fagi L.
Buchenblattbaumlaus.
Kennzeichen: Parthenogenetifhe ungeflügelte Form gelblichgrün, mit bläulich:
weißer Wolle. — Geflügelte Form 2 bis 2,5 mm lang, gelb- big graugrün. Scheitel,
Bruft und Duerbinden des Hinterleibes oben dunkelbraun bis ſchwärzlich. Geſchlechts—
generation nicht befannt.
Lebensweise ujw.: Die Eier werden an die Knoſpenſchuppen älterer Buchen ab-
gelegt, wo fie überwintern. Die Raus befaugt im Mai und Juni die Blätter auf der
unteren Seite und wird namentlich dem Buchenauffchlage !) ſchädlich, auf welchen fie Durch
Abfallen der Knoſpenſchuppen beim Laubausbruche gelangt. Man findet daher die ſehr be⸗
weglichen Läuſe namentlich im Schirmbereiche der Mutterbäume. Die befallenen Pflanzen
bzw. Pflanzenteile überziehen ſich mit einem bläulichweißen Schimmel; junge Pflanzen
gehen ſogar häufig ganz ein.
Bekämpfung: Kaum durchführbar. Bei ſtarkem Befall von Buchenaufſchlag even⸗
tuell Beſpritzung mit Tabak-, Schmierjeifenbrühe, Quaffiabrlide, “, prozentige Karbolineum⸗
emulſion oder ähnlichen Inſektiziden.
2. Lachnus exsiccator Alt.
Buchentrebsbaumlauß. ?
Kennzeihen: Barthenogenetifche ungeflügelte Form faft ſchwarz. — Geflügelte
Form 4—5 mm lang, ebenfall3 ſchwarz mit ſchwarzbraun gefledten Flügeln.
Lebensweif e uſw.: Die Laus lebt an Buche, vereinzelt auch an Eiche und Lärche,
vorwiegend in 20—40 jährigen Stangenhölzern, am häufigften auf jüngeren Randſtämmen.
Durch ihr Saugen entfiehen gallenartige Wucherungen des Cambiums; bie Rinde
bebt ſich infolgedefien ab und reißt der Länge nad) auf.
In der Negel figen die Läufe Tolonienweije zufammen. Die Yolge find lange, durch
Bereinigung der Wundftellen entftehende Rindenriffe (Buchenkrebs)), Kümmern des
Laubes und — bei ſtarkem Befall — Ubfterben der Triebe.
Im Jahre 1897 trat die Lau in einigen Oberförftereien im Nieder-Eljaß (Hagen-
auer Wald uſw.) an ein- und zweijährigen Trieben unterftändiger Buchen in jehr großer
Menge auf.*)
Belämpfung: Wenn nötig VBeitreichen der befallenen Stellen mit Raupenleim ober
Kontaltgiften: PBetroleumemulfion, nitotinhaltigen Präparaten, Lyſollöſung, Schmierfeifen-
löſung oder einem der zahlreichen anderen im Obftbau verwendeten Blutlausmittel.
Un anderen Laubhölzern find als gelegentliche Schädlinge folgende Lachnus- Arten
beobadytet worden: Lachnus (Stomaphis) quercus L. und L. longirostris Altum
an Eiche, longirostris auch an Birke, Weide, Bappel, Ahorn. Beide Arten in Rinden-
riffen alter Stämme. — Ptelochlorus (Dryobius) Roboris L., ebenfall8 an Eiche,
in den Aſtachſeln, auch an jungen Trieben gejellig lebend. — Lachnus viminalis
Fonsc., gemein an Stodausichlägen und älteren Zweigen von Weiden.
B. An Nadelholz lebende Arten.
Fichte: LachnuspinicolaKltb.,L.piceae Wlk.L. fasciatus Kltb. an jungen
Trieben und deren Nadeln. — L. grossus Kltb. an ber glatten Rinde von Stangenhölzern.
Zanne: L. grossus Kltb. und L. picese WIk. an der Rinde.
Kiefer: L. pini Kltb., L. taeniatus Koch, L. agilis Kltb., L. tomen-
tosus Geer, an jungen Trieben und deren Nadeln. — L. nudus Geer, an der Rinde
jüngerer Stämmdhen.
Lärche: L. laricis Koch an Nadeln.
1) VBorgmann: Ztſchr. f. %. u. Iw. 1889, 753. — 2) Altum: Ztiſchr. f. F. u. Iw.
1878, 382. — 8) Der Buchenkrebs wird jedoch nicht nur durch dieſe Laus bewirkt, fondern
auch noch durch andere Urjachen (Schildlaus, Pilz, Froft), von denen fpäter die Rede jein
wird. — 4) Strohmenyer: Forftl.:naturm. Ziſchr. 1898, 316, 348. -
508 Erfted Buch. Schup gegen Tiere.
Unterfamilie Mindarinae Nüßl.
3. Mindarus abietinus Koch.
Tannentrieblauß.')
Kennzeichen: Geflügelte (Sexupara-) Generation grün, 2 mm lang, 12 mm $lügel-
fpannung. Dritte Schrägaber einfach gegabelt, Flügelmal linear. Hinterleib ſchwarzbraun
quergebändert. Jugendformen biejer Generation mit reicher Wachsausſcheidung; audgebil-
dete Geflügelte ohne Wachswolle. Ungeflügelte Fundatrix- und Sexuales-Generationen grau
bis gelblichgrün. 2 groß, mehrere Eier legend.
Lebensweiſe ufm.: Eier Ende Juni an die Endnofpen der Maitriebe von
Tanne, feltener von Fichte, überwintern. Die Anfang Mai erſcheinende Funda-
trix-Generation faugt an Nadeln und Rinde der jungen Triebe, erzeugt partheno⸗
genetifch bis 30 Junge (Sexupara), die im erwachſenen Buftande ald Geflügelte
wanbern und die dritte (Sexuales-) Generation an Tanne hervorbringen.
Durch das Saugen verfümmern die Maitriebe. Die befchädigten Triebe fallen
durch graue Färbung auf, weil ein Teil der ſich krümmenden Nadeln die Unterfeite
nad} außen kehrt. Bei ſtarkem Befall färben ſich die Triebe rot und verlieren ſpäter
die Nabeln.
Schaden unbedeutend. Die Laus fördert im wefentlichen nur die Dißpofition
der Tanne für andere Feinde (Pissodes piceae, Ips curvidens).
Bekämpfung: Nicht nötig.
Unterfamilie Pemphiginae Nüßl.
Auf LaubHölzern, nur felten auf Nabelhölgern lebende Blattläuſe. Fühler teils
weiſe furz, 4—6gliederig. Flagei mit gegabelter ober einfacher britter Schrägaber. Flügels
mal trapezoib. Rüdenröhren verfimmert ober fehlen. Sexuales-@eneration winzig Hein,
ſchnabelios; 3 ungeflägelt, & nur ein Ei legend. — Entwidelungszufius kompliziert durch
Hinzutreten eines obligatorifchen Wirtswechſels, nicht ſelten auch durch Nebenherlaufen einer
vein parthenogenetiſchen Entwidelungsreihe auf dem Zwiſchenwirt neben ber heterogene:
tifchen auf Haupt: und Stwilhenmwirt.
uzoneura lanuginosa Htg.
enbeutelgallenblattlaus.?)
ngeflügelte und geflügelte Form faft ſchwarz,
ebedt.
fm.: Die Laus verurjaht an den Spigen ber
Seitentriebe der Feldulme unregelmäßige,
große, blajenförmige Auftreibungen, die bie
Größe einer Kartoffel zu erreichen vermögen
(Abb. 242). Die Gallen find anfangs jhön
grün ober rötlich und fammetartig behaart.
Später werden fie braun und riffig und zulegt
hart und troden. Da fie im Winter nicht ab:
fallen, fo findet man im Frühjahre alte und
junge Gallen nebeneinander.
Die Laus ift weit verbreitet und Häufig.
Sie ift unter den Umenblattläufen jedenfalls
66.243. Endfänbige Beutelgalle von Schtsoneura die ſchädlichſte Art, ba fie bie normale Ausbil-
lanuginoss Hig. an einem Geitentriebe ber dein. dung der Triebe verhindert.
uime (nat. Gr. nah Henfhen. Berämpfung: Abſchneiden und Ber:
brennen ber Beutelgallen. Beſtreichen riffiger Stämme mit Kalkwaffer.
1 NAGLIn: Alg. F. u. 3Big. 1899, 2105 1904, 1. — 2) Forftl.B. 9. 3. 1881, 34.
Schnabellerfe: Echte Blattläufe: Pemphiginae. 509
5. Schisoneura ulmi L.
Rüfternblattrolfenblattlaus.
Kennzeichen: Ungeflügelte Form dunkelgrün, glänzend, mit langer, weißer Wolle.
— Geflügelte Form braun bis ſchwarz und mweißbereift.
Lebensweife ufw.: Die ungeflügelte Laus erzeugt vom Laubausbruch an durch ihr
Saugen auf der Unterfeite von Ulmenblättern (vorwiegend der Feldulme) Einrollen
des Blattrandes in der Längsrichtung
(Mbb. 248). Die rungeligen, blafig ges
mölbten Rollen find anfangs bunfels,
dann bleichgrun und ldſen fich entweber
von ſelbſt ab ober vertrodnen am Blatte
zu einem fhwarzbraunen Wulſte r
Belämpfung: Wie bei der vo:
rigen.
6. Tetraneura ulmi de Geer. m —— bat —*
Rüſternblattgallenblattlaus. —e ni Pa he
Rennzeihen: Ungeflügelte
Form Tugelig, grün, ohne BWollüberzug. — Geflügelte Form 1,5 bis 2 mm lang, ſchwarz
mit dunfelgrünem, ſchwach bereiftem Hinterleibe.
Lebensweije ufw.: Die Laus erzeugt vom Mai ab aufrechtftehende, unregelmäßige,
eis oder feulenförmige, glatte, kahle Gallen auf ber Oberfeite von Ulmenblättern
(Ubb. 244). Die Gallen find anfangs hellgrün, fpäter rötlichhraun und figen faft ſtets zu
mehreren auf einem Blatte. Im der Umgebung der Gallenbafis verbleiht das Blattgrün.
Ende Juni oder fpäter öffnen fich
die Gallen feitlich, um bie Läufe zu ent-
laffen. Die Geflügelten wandern auf ver-
ſchiedene Grasarten und Kompofiten unb
pflanzen ſich Hier ald Wurzelläufe fort.
Deren Nadplommen Tehren im Auguft auf
die Ulmen zurüid, um hier bie Sexuales
zu erzeugen.
Die Laus tritt zuweilen in fo gro»
ben Mengen auf, daß ſämtliche Blätter
mit Gallen überladen find und wird dann @u Gear. (nat. Or, Brig B.)-
in jungen Anpflanzungen unter Umftänden merflich ſchädlich.)
An Ulme (U. effusa) tritt weiter noh Schizoneura (Colopha) compressa
Koch auf und verurſacht am Grunde der Blattfläche, oft in dem Nervenwinkeln, hahnen
Tammförmige, rote oder gelbliche Beutelgallen.
Zahlreiche gallenbildende Pemphigus:Arten haben Bappelarten zum Hauptwirt. Er
wãhnt fein: Pemphigus (Asiphum) tremulae Geer: an jungen Biweigen, hier Ber
ürzungen der Sproßachſe und neftartige Hänfungen der Blätter herveiführend. — P. bur-
sarius L.: rötliche, Holzige Galle am oberen oder unteren Ende des Blattftieles. — P. pi-
riformis Licht.: birnjörmige, bauchig gefrümmte Anſchwellung des Wlattftieles dicht
unterhalb der Blattfläche — P. spirothecae Pass.: Blattftiel verbidt und pfropfene
sieherförmig gewunben. — P. protospirae Licht.: Galle wie bei spirothecae. — P.po-
puli Courch. = marsupialis Koch: @roße, beutelförmige Galle neben der Blatt
mittelrippe mit fpaltförmiger Öffnung an der Blattunterfeite.
X Altum: Ztihr. f. F. u. Im. 1887 116.
510 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
7. Pemphigus (Prociphilus) nidifious Löw. = P, Poschingeri Holsner.
Eichenblattnekblattlaus = Tannenwurzellaus.')
Kennzeichen: Eſchenlaus: Ungefchlechtliche Generationen bis 8,5 mm lange braune,
oft ganz mit weißer Wolle überbedte Läufe. Geflügelte Form mit braunem Flügelmal,
ſchwarzem Hinterleibörande und weißlichen Beinen. Sexuales Hein, 0,6—0,9 mm lang,
2 gelblich bis braungelb, J arüngelb. — Tannenlaus: Ungeflügelte Formen 2—2,5 mm
lang, biaßgelb. Körper abgeplattet, auffallend breit. Hinterleibsrand mit weißen, am Ende
gekrümmten, aus biden, verflebten Wachefäden
beftehenben Wachsſaulchen bejegt. Im erften Sta:
dium fehr beweglich, ſpäter pluinper und träger.
Geflügelte Form bi 3 mm lang, Vorderlorper
ſchwarzlich, Hinterleib gelb. Leterer an ben Sei⸗
ten mit jehr langen Wachsfäden.
Lebens weiſe uſw.: Die Eſchenlaus
ſaugt an ber Unterfeite junger Ejchenblätter,
fowie an Blattjtielen und Trieben, und vers
urfaht Verkürzung und Mißbildung ber
Sproßachſe. Die befallenen Blättchen krüm⸗
men fi) abwärts, werben rungelig und bals
len fi zu neftartigen, meift mit Wachsſtaub
bepuberten Büfcheln zuſammen (Ubb. 245).
Bon Hier aus wandert bie zweite geflügelte
Migrans alata«&eneration auf junge Tan⸗
nen und erzeugt dort Die dritte (Exsulans-)
Generation. Diefe fegt fi an den Wurzeln
feft und pflanzt fich in einer den Winter über
dauernden, rein parthenogenetiichen Entwide-
lungsreihe vivipar fort. Neben ben unge
flügelten 3 erſcheinen im Herbft (Dftober)
u — Bittneh an Site, heroargerufen burg aber auch geflügelte 3 (Sexupara-Genera-
a at en tion), die auf Die Eiche zurüdtehren, um hier
(erfleinert, Drig. ©. 2). die Meinen Sexuales zu erzeugen, deren ?
je ein Ei in Rindenriffen ablegen.
Forſtliche Bedeutung kommt Lediglich der an der Weiftanne und an ander
ven Abies-Arten lebenden Wurzellaus zu. Die befallenen Pflanzen kränkeln und
gehen unter Umftänden ein. Infolge der verhältnismäßig ſchwachen Vermehrungs-
fähigkeit der Wurzelläufe tritt das Abfterben meift aber nur lokal auf und wird
beſonders in Pflanzbeeten fühlbar.
Belämpfung: 1. Ausziehen und Verbrennen der angegangenen Pflanzen.
2. Behandlung der befallenen Beete mit Schwefelkohlenſtoff oder „Sulfem“,
einer Miſchung von Schmefeltohlenftoff und Melaffe.
In gleicher Weife wie P. nidificus Löw. wird die hauptſächlich an den Trieben
der Eſche lebende Laus Pempbigus (Prociphilus) bumeliae Schrank da—
durch ſchädlich, daß ihre geflügelte Generation auf junge Tannen überwandert, um
an den Wurzeln zu faugen.
1) Keller, E.: Schweiz. Ztſchr. f. Fw. 1899, 286; 1900, 162. — v. Tubeuf, E.:
Sorftf.-naturw. Ztihr. 1898, 261. — Nüßlin, ©.: Alg. F. u. I.-Big. 1899, 402; Bonlog.
Anzeiger, Bd. 33. 1909, 836; Wb. 84. 1909, 741; Bd. 36. 1910 298.
Schnabelterfe: Niterblattläuje: Chermesinae. 511
Un Fichte iſt vereinzelt eine weitere Wurzellaus Pemphigus (Rhizomaria)
piceae Htg.') in Pflanzkämpen jchäblich geworden. Ihre Biologie dedt ſich, joweit der
Zwiſchenwirt, die Fichtenwurzel, in Frage fommt, mit der Lebensweiſe der Tannenwurzel⸗
faus. Der Hauptwirt ift noch unbelannt. (Ebereſche?)
Familie Phylioxeridae Dreyfus (Chermesidae Passerini), Wfterblattläufe.?)
Kleine zarte Tiere mit lurzen 5—dglieberigen Fühlern und kurzen Beinen. Tarſen
zweigliederig und zweikrallig. Rüdenwargen fehlen. Vorberflügel mit drei einfachen Schräg-
adern. — Fortpflanzung nur durch Eier.
Bon den dur C. Börner nad) der Haltung der Flügel, der Organifation
des Darmtraltus und dem Bau der Sexuales unterjchiedenen zwei Unterfamilien,
Chermesinae 0. B. und Phylloxerinae C. B., hat nur die erſte forftliche Be⸗
deutung.
Unterfamilie Chermesinae (. B.
Flügel in der Ruhe dachförmig wie bei den Aphiden. Yühler der ungeflügelten Am⸗
men brei-, ber Sexuales vier⸗, der geflügelten Ammen fünfgliederig. Fühlergeißel bei den
Larven und Nymphen mit zwei, bei den Imagines mit drei Riechgruben. Sexuales mit
Schnabel und Darm. Wachsdrüſen meift vorhanden. 3 mit dharafteriftiichen Ehitinplatten.
Ausſchließlich Nadelholzbewohner.
Die Lebensgeſchichte der Chermeſinen iſt ziemlich kompliziert. Den meiſten forftlich
wichtigen Arten iſt ein heterogenetiſcher Entwickelungsgang mit obligatoriſchem Wirts⸗
wechſel eigentümlich.
Geht man von der Sexualis-Generation als der bisher gewiſſermaßen als Jung⸗
brunnen der zuſammengehörigen Generationsreihen angeſehenen Generation aus, fo er⸗
ſcheint für alle Arten die Fichte als „urſprüngliche“ oder „Hauptnährpflanze“.
Auf ihr allein werden von den Sexuales die befruchteten Eier abgelegt. Aus dieſen ent⸗
fteht eine ungeflügelte parthenogenetiiche, durch dreigliederige Fühler gefennzeichnete Gene:
ration, die Fundatrix, deren biologiiches Charakteriſtikum die Erzeugung von Gallen ift.
Die in diefen Gallen ſich entwidelnde Generation (Cellares, nad &. Börner) Hat nad
der vierten Häutung im ausgewachjenen Zuftande fünfgliederige Fühler und ift dann ge-
flügelt. Sie wandert aus (Migrans alata) ober bleibt als mondziſche Form auf der
Fichte, um hier neue gallenbildende Fundatrix-Larven zu erzeugen.
Die auswandernde (diöziſche), den Gallen entftammende Form fliegt auf Kiefern,
Tannen oder Lärchen und legt hier ihre Eier an die Nadeln ab. Der weitere Entwides
Iungsgang der auf den eben genannten Nabdelhölzern, den ſog. „Zwiſchenwirten“ Ieben-
den Chermefinen führt bei den meiften Arten zu vollftändig jelbftändigen, in fich geichlof-
jenen, parthenogenetijhen Generationgreihen, die als Parallelreihen neben dem heterogene-
tifchen, auf die Fichte zurückweiſenden Entwickelungszyklus einherlaufen. Die Individuen
biejer Barallelreihen (Virgines C. B.) können in den verfchiedenen Entwidelungs: (Häus
tungs⸗) Stadien, wie au als Wintertiere (Hiemales) und Sommertiere (Aesti-
vales) morphologijch verjchieden ſein. Sie können fich weiterhin dadurch unterjcheiden, daß
fie fih nicht am gleichen Orte ihres Wirtes, fondern entweder an ber Rinde, an den Knoſpen
oder an den Nadeln aufhalten. Gemeinfam aber ift den Generationen der Exsulans-Serie
ein teilweiſe außerordentlich großer Individuenreichtum, ſowie eine faugende, jedoch nicht
zu Gallbildungen führende Lebensweiſe.
Neben den auf dem „Zwiſchenwirt“ verbleibenden ungeflügelten % entftehen im zweiten
Sabre der Migrans alata ähnliche, aber fleinere geflügelte Sexupara-Läufe, die auf bie
Fichte zurüdkehren. Aus den von ihnen auf Nadeln abgelegten wenigen Eiern gehen bie
1) Jacobi, A.: Thar. Ihrb. 1905, 177. — 2) Cholodkonsty, R.: Die Koni-
ferenläufe Chermes, Feinde der Nadelhölzer. Berlin 1907. — Börner, E.: Eine mono-
graphifche Studie über die Chermiden. Arb. a. d. Kaiſ. Biol. Anft. f. 2. u. Fw. VI. Bd.
1908, 81. — Nüßlin, D.: Neuere Ergebniffe der Chermes-Forſchung. Naturw. Ziichr.
f. $. u. Lw. 1910, 65. — Derſ.: Leitfaden d. Forſtinſektenkde. 2. Aufl. Berlin 1918, 74.
512 Erfies Buch. Schub gegen Tiere.
Sexuales, Kleinere, ſchlankere J und jchwerfälligere, plumpere 2, hervor. Die leteren legen
nad der Begattung je ein Ei ab. Noch im Hochſommer entwideln fi aus diejen befruch-
teten Eiern die Sallenmütter (Fundatrices) und überwintern an den Knoſpen der Fichte.
Die einzelne Gallenmutter ftiht im Yrühjahr eine in der Entwidelung begriffene
Knoſpe an deren Baſis oder die Rinde in größerer Entfernung von der Knoſpe an. Bei
einigen Chermes-Arten ſaugt die Fundatrix auch auf der Fichtenknoſpe felbft. Diefe Saug-
tätigleit der nad) dem Ablegen einer großen Anzahl von Eiern fterbenden Gallenmuiter führt
zum Entftehen einer mehr ober weniger weit fich erftredfenden und in ber Regel mit einer
Triebverfürzung verbundenen Nindentvucherung. Unter der Reizwirkung der jaugenden
Fundatrix fchwellen die Nabelkiffen, nicht aber die Nadeln oder deren untere Hälfte an,
verbreitern fi und bilden nach und nad unter gänzlicher oder nur teilmeijer Reduktion
der Nadeln die belannten zapfen- oder ananasähnlichen, der Form nad) jehr verichiedenen
Chermes:@allen.‘) Während die Galle im Entftehen begriffen ift, entwideln fih aus ben
Eiern der Gallenmutter Tängliche, flügelloje Läufe. Dieſe dringen alsbald jo tief ald mög:
lich in die Winkel der fchuppenförmig verbreiterten Nadelanlagen ein, ſetzen fich Hier feft
und bewirlen durch ihr Saugen eine Vergrößerung der Galle. Dadurch, daß die einzelnen
Gallichuppen um die Zungläufe herumwachſen, bilden fich geichloffene Gallenfammern, in
denen die Läufe (Cellares) einzeln oder zu mehreren leben. Nach erlangter Reife ſpringt
die verholzende Galle an den Verwachſungsrändern der Schuppen fpaltenförmig auf und
entläßt die nad) dreimaliger Häutung zu Nymphen gewordenen Läufe. Nach abermaliger
vierter Häutung verwandeln fich diefe im Juli oder Auguft in die bereit oben genannten
Geflügelten, die, wie erwähnt, entweder auf die Nichtgallenpflanze überfiedeln oder, wie bei
Chermes abietis, auf der Fichte bleiben, um fich im Iehteren Falle unbegrenzte Beit hin⸗
durch als Frichtenparallelreihe parthenogenetifch fortzupflanzen und gallenbildende Funda-
trices zu erzeugen.
Die normale Dauer der diözifhen Entwidelungsreihe der Chermefinen ift jomit zwei⸗
jährig, während bei den oben erwähnten Bemphiginen der gleiche fünfteilige Zyklus fich
zumeift in einem Sabre abfpielt.
&. Börner deutet auf Grund feiner Haffiichen Unterfuchungen über die Chermiden die
Rolle, weldhe die verichiedenen Nadelhölzer in der Biologie der Aiterblattläufe jpielen, an⸗
ders und zwar gerade umgelehrt als es nach dem Borgange Blochmanns bisher geichehen
ift. Er fieht bei allen diöziſchen Blattläufen die Exsules al3 Stammvolk und die
fie beherbergende Pflanze ald Stamm» oder Hauptwirt an. Der Hauptwirt ift
die Wiege der Sexuparen. Als Zwiſchenwirt erjcheint dann diejenige Pflanze, auf der Die
Eeruparen die Sexuales erzeugen und dieſe fich fortpflangen, d. 9. die Fichte.
Die wirtihaftlihe Bedeutung der Chermefinen kommt teild in den Gall-
bildungen der Fundatrix- Generation auf der Fichte, teils in den Saugwirkungen
der nadel- und rindenbemohnenden Exsulans- (Virgo-) Generationen auf den anderen
Nadelhölzgern zum Ausdrud. Für den Foritmann find die Schädigungen durch die
meift ungemein zahlreichen Angehörigen der Exsulans-Serie in einzelnen Fällen von
weit größerer Bedeutung als die durch die Gallenvölfer herbeigeführten Deforma-
tionen. |
Der durch lehtere hervorgerufene Schaden macht fich bejonders in Fichtenkul⸗
turen auf geringeren Standorten, in roftlöchern uſw. bemerkbar. Bei wiederhol-
tem, ſtarkem Befall können infolge der Gallbildung durch Vernichtung vieler Knoſpen
und durch Verkrümmung und Berunftaltung zahlreicher Triebe allerdings ftellen-
weile erheblichere Beeinträchtigungen im Wachstum und Gedeihen der Fichtenkul-
turen eintreten. Der Schaden geht aber mit zunehmendem Alter der Fichten zurüd
und finkt in den Stangen: und Baumhölzern auf ein Minimum herab.
1) &. Börner (a. a. O. 222) bezeichnet die Galle als echte Rindengalle, während
Rüplin in ihr eine Knoſpengalle erblidt.
Schnabelterfe: Afterblattläufe: Chermesinae (Kiefern, Tannenläufe). 513
Weit unangenehmer werden zuweilen infolge größerer Empfindlichkeit der Wirts⸗
pflanzen die durch die nadel- und rindenfaugenden Formen herbeigeführten Schäden.
Im Einzelfalle (Tanne) können hierdurch junge und ältere Bäume völlig primär
zum Abſterben gebracht werden.
A. Kiefern-Läufe.
®attung Pineus Shimer.
Sechſtes Hinterleibsfegment ohne Stigma. Virgines an gemeiner Kiefer, Arve
und Weymouthäliefer, ald Larven mweichhäutig, ohne ftärker chitinifierte Rüdenplatten;
im vierten Häutungsftadium mit einem einheitlichen Schilde bededt. Winter: und Sommer:
tiere nicht weſentlich differenziert. Sexupara:NAymphen mit längsgeteiltem Schilde auf
Kopf: und Vorderbruſt und mit Rückendrüſen. Achte und neuntes Hinterleibsfegment ohne
Wachsdrüſen. — Fundatrix in beträchtlicher Entfernung von der Knoſpe jaugend, daher
eine lodere Galle erzeugend. Geflügelte mit zujammenhängenden, polygonafen Facetten
anf Kopf: und Bruſtdrüſen.
1. Pineus pini Koch.
identifch oder nahe verwandt mit Pineus orientalis Dreyfuß.
Lebensweiſe ujw.: Virgines und zwar Winterläufe im Herbſt und Winter auf
der Rinde der jüngften Zweige jüngerer Kiefern, jeltener aud) auf älterer Rinde. Die im
April erwachſenen dunfelrotbraunen und in dichte Wolle gehüllten Läufe legen zahlreiche
Eier. Die ausſchlüpfenden Hellbräunlichen Aestivalis- Läufe jegen ſich an der Rinde der
Maitriebe feſt und überziehen dieſe bei ftarfem Befall ganz mit Wachsklümpchen. Un:
ſcheinend folgen fi im Sommer mehrere Generationen von Sommerläujen. Während der
erften Sommergeneration findet Ende Mai bis Juni eine Zweiteilung ftatt. Die dann fich
entwidelnden kirfchroten Sexuparen fliegen auf die Fichte und legen an den Nadeln ber
Maitriebe eine befchränfte Anzahl dunkelbrauner Eier ab. Aus ihnen gehen rote Sexuales
hervor, die durch ihr Saugen die Nadeln gelbfledig machen. Aus dem vom 2 abgelegten
befruchteten Ei entjchlüpft die Fundatrix, die zur Uusbildung der an Fichte jeltenen ’), an
Picea orientalis aber häufigeren hochſt charakteriftiihen Pini-Gallen führt. Die Gallen be-
ftehen aus einem nur wenig veränderten gelrümmten Triebe, beflen einzelne, zumeift
nur innerhalb der Krümmung zur Gallenbildung gelangte Nadeln nicht miteinander ver:
wachſen, jondern nur um ihre Baſis herum verdidt und holzig ericheinen.
Nüßhlin identifiziert die auf Picea orientalis und P. excelsa Gallen erzeugenden
Kiefernläufe nicht, fondern Hält fie nur für nahe verwandt. Für Pineus orientalis Dreyf.
fieht Nüßlin die Bergkiefer als Nichtgallenpflanze an.
3. Pineus sibiricus*) Cholodk.
Virgines an der Arve. Gallen wie bei P. pini.
8. Pineus strobi Th. Hart.
Virgines an Weymouthskiefer. Oft in großen Mengen an glatirindigen Stämmen,
Zweigen und Maitrieben; dann unter Umftänden ſchädlich Durch Beeinträchtigung des Wuchies
und SHerbeiführung des Abſierbens einzelner Äfte (7). Gallen fehlen, weil infolge bio-
logiſcher Rüdbildung höchſtens Sexuparen, aber feine Sexuales entftehen.
B. Tanuen»Länfe.
®attung Dreyfusia.
Sechftes Hinterleibsjegment mit einem Stigmenpaar. Virgines auf Weißtanne,
Kordmanndtanne und anderen ausländiihen Tannenarten, differenziert in Winter-
tiere (Hiemales) und Sommertiere (Aestivales).. Hiemalis-$unglarve ohne Pleural-
j Baer, W.: Thar. Ihrb. 1910,89. — 2) Keller, C.: Schweiz. Btichr. f. Fw. 1901, 297;
1908, 46.
He, Forftihug. IT. 4. Aufl. 33
— — ng EEE um.
514 Erſtes Buch. Schuß gegen Tiere.
drüjen; mit getrennten Platten auf Kopf und Vorderbruſt. Hiemalis- und Aesti-
valis-Mütter mit einem mehrteiligen Echild auf Kopf und Vorderbruft. Fundatrix-
Yunglarve ohne „Wachsröhren“ ausicheidende Drüjenporen. Bei der älteren Fundatrix
bilden die Wachsfäden auf den Rüden einen Toppellamm und einen Randfranz um das
Tier herum. Grundfarbe aller Generationen rot bis dunkelbraun.
4. Chermes (Dreyfusia) piceae Rate. '!)
Lebensweise ujw.: Die an der Rinde der Tannen und zwar vornehmlid
an den lebten Sahrestrieben übermwinternde Hiemalis-2arve legt im Frühjahr, zur
Hiemalis-Mutter auswachſend, zahlreiche (bis 150) rötlich-braune Eier. Aus diefen
gehen Winter: und Sommerläufe hervor. Erftere ſetzen fich ſofort oder bald
an der Rinde de Stammes oder der Jungtriebe feit, überwintern und entwideln
ih im nächſten Frühjahr in gleicher Weife. Ihr Generationszyklus ift jomit mo⸗
nöziſch und einjährig.
Die jungen rötlihen Sommerläufe hingegen wandern an die Unterjeite ber
Maitriebnadeln und wachſen teilweile zu Eier legenden Larvenmüttern heran.
Äußerlich fallen fie Durch die fie umhüllenden dichten Wollklümpchen auf. Aus ihren
nur in beichräntter Zahl (bis 30) abgelegten Eiern entftehen ebenfalls Winterläufe.
Ein anderer Zeil der Sommerläuje wird zu dunfelroten Nymphen mit nur puder-
förmiger Wachsausſcheidung, aus denen die auf die Fichte überwandernden Sexu-
paren entftehen. Diefe legen bier an den lebten und vorjährigen Radeln 7—12
Eier. Da die aus diejen Eiern hervorgehenden Sexuales in Rückbildung begriffen,
d. h. impotent find, fehlt die Fundatrix-Generation. Es kommt fomit zu feiner Gall⸗
bildung an der Fichte.
Schaben: Die an den Maitrieben faugenden Sommerläufe bewirlen Krüm-
mung und Einrollen der Nadeln nach unten, Verkürzung und Mikfärbung der Triebe
und veranlafien bei fortgejebten Befall Kümmern und Eingehen der Wirtspflanzen,
zumal wenn es ſich um jüngere Tannen handelt. Auch die an der Rinde ber Äfte
und des Stammes fich feitjegenden Läufe, welche bisweilen ganze Bäume von oben
bi3 unten mit einem blaumeißen Schimmel von Wachswolle überziehen, führen,
wenn nicht allein, jo doch unter Mitwirkung der Triebläufe, zum Dürrwerden ein⸗
zelner Afte oder ganzer Stämme.
Es ift auffallend, daß meift nur einzelne, mitten ımter verfchont bleibenden Tannen
ftehende Eremplare ohne fichtbaren Grund ftark befallen werden. Sedlaczek ?) vermutet,
dag ftärlere Belichtung (Freiftellen infolge von Durchforftung) die Tannen für den Befall
prädisponiert.
Belämpfung: 1. Beiprigen jüngerer Tannen (in Baumſchulen, Pflanz-
gärten ufw.) mit einer Mifchung von Tabakextrakt und Schmierjeifenlöfung.
Die Spritzung muß (nad) Börner) zweimal im Frühling, einmal im Mai bald nach
Befiedelung der jungen Triebe durch die Läufe, und zum zweitenmal zwei bis vier Wochen
ipäter vorgenommen werden und ift wenigftens zwei Jahre hintereinander zu wiederholen.
Die Dr. %. Krügerfhe Petroleum: Emulfion erwies fi in 10° iger Ber:
dünnung ebenfalls als wirkſames Sprigmittel, bräunte aber die Nadeln.
1) Nüßlin, ©.: Die Biologie von Chermes piceae. Naturw. Ziſchr. f. %. u. Fw.
1903, 25 u. 59. — Der um bie Chermes-Forfhung Hochverdiente Autor trennt Ch.
piceae in die beiden fich jehr naheftehenden Arten: Dreyfusia Nuesslini C. B. und D. piceae
Ratzb. Erſtere befällt die Maitriebe (Tannentrieblaus), lebtere die alte Stammrinde
(Tannenftammrindenlaus). Sämtliche Generationen der D. piceae bleiben an der
Rinde (f. Hiemalis-Zyflus). — 2) bl. f. d. gef. Fw. 1908, 145.
Schnabelterfe: Afterblattläufe: Chermesinae (Tannen-, Lärchenläufe). 515
2. Verhinderung der Weiterausbreitung des Befalles durch Iſolierung der er:
franften Pflanzen.
3. Bei Auftreten der Stammrindenlaus an alten Stämmen läßt fich nicht viel
tun. In Frage kommt Einfchlag der befallenen Stämme und Vernichtung der Räufe
durch Abkehren der Rinde mit ftumpfen Beſen, Abjengen der Rinde oder Entrinden
und Verbrennen der Rindenjtüde. Sollen die Bäume im ftehenden Buftande von
den Läufen gefäubert werden, fo ift die Rinde mit der oben genannten Mifchung
von Zabafertralt und Schmierfeifenlöfung zu bejtreichen. Andere hierzu geeignete
slüffigfeiten find unvermiſchte dickere Schmierjeifenlöjung, Miſchung von Petroleum
mit Wafjer im Verhältnis 1:3, Petroleum-Seifen-Emulfion, Lyjollöfung, Neßlerſche
Zinktur. Die Ylüffigkeiten find mit einem breiten Pinjel aufzutragen.
Die Neßlerſche Tinkturen find nad folgenden Rezepten herzuftellen: 650 g warmes
Wafler, 50 g Schmierjeije, 100 g Fujelöl, 200 g Weingeift oder 1000 g warmes Wafler,
80 g Schmierjeife, 40 ccm Fufelöl, 2 g Karbolfäure.
5. Chermes (Dreyfusia) pectinatae Cholodk.
Lebensweiſe ufw.: Die Hiemalis-Larve überwintert an der Unterfeite alter Weiß»
tannennadeln. Sie erzeugt im Yrühjahr Aestivalis-Larven, die an den Maitrieben zu Aesti-
valis-Müttern oder zu Sexuparen werden. Während aus den Eiern der Aestivalis-Mutter
Biemalis- und Aestivalis-Larven hervorgehen, wandern die Sexuparen auf Fichte. Die
hier aus dem Sexualis-Ei ausfriechende Fundatrix ift ſchwarz und leicht kenntlich an dem
aus Wachs gebildeten Rückenkamm und an der Saummwolle. Sie faugt fich auf einer Fichten⸗
knoſpe feft, überwintert, wächſt im nächſten Frühjahr zur eterlegenden Gallenmutter heran
und bildet im Verein mit den aus den dunkelroten Eiern der Fundatrix entftehenden Gall»
läufen eine kurze, mattgrüne, fnojpenartige Galle, deren ausgemwachjene geflügelte Bewohner
auf die Tanne zurüdiwandern.
6. Chermes (Dreyfusia) funiteotus Dreyf.
Rah Nüßlin) identiih mit Ch. pectinatae; nad) Börner zu trennen. Nicht-
gallenpflanze: Teuga canadensis.
C. Lärchen⸗Länſe.
Gattung Chermes s. str.
Sechſtes Hinterleibsſegment mit einem Stigmenpaar. Vigines auf Lärche, differenziert
in Winters und Sommertiere. Sommer⸗ und Sexupara-Generationen aber teilweiſe zu⸗
ſammenfallend. Hiemalis-Junglarve mit Pleuraldrüſen. Hiemalis-Mutter mit
iſoliert bleibenden Rückenplatten auf Kopf und Vorderbrufſt. Fundatrix-Larve mit all⸗
ſeitiger Wollausſcheidung. Geflügelte: Hinterflügel mit rechtwinklig von der Längsader ab⸗
gehenden Querfalte. Grundfarbe aller Generationen grün bis gelb.
7. Chermes abietis L. — viridis Ratzb. |
Lebensweiſe uſw.: Die Hiemalis-Larven überwintern am Stamm und an der
Unterfeite ftärferer Äfte der Lärche. Am Frühjahr wird die Hiemalis-Larve zur
grünen oder gelblichgrünen, mit loderem Wachsflaum umgebenen eierlegenden
Hiemalis: Mutter. Aug einem Heinen Teil diefer Eier entjtehen Hiemalis-Junglarven,
die fih an der Rinde feftfeben und im nächſten Jahre zu Hiemalis-Müttern werben:
monözifcher, einjähriger Hiemalis-flreis. — Zumeift aber entjtehen aus den Eiern
der Hiemalis- Mutter grüne, an die Qärchennadeln gehende Aestivalis-Zarven. Im Mai
werden diefe Sommerlarven zu hellgelben Sexuparen, die auf Fichtenarten, namente
1) Boolog. Unzeiger, Bd. 32, 1907, 440.
38*
516 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
lich P. exselsa abwandern und ihre gelben Eier an die vorjährigen Nadeln ab:
legen. Die aus den Eiern hervorgehenden gelben Sexualis-? legen je ein Ei, aus
dem im September die in der Nähe ber Knojpen überwinternde Fundatrix entfteht.
Im April zur Gallmutter werbend, erzeugt die Fundatrix in Gemeinfchaft mit ben aus
ihren 100—150 grünen Eiern ausſchlüpfenden gelben Cellares an der Bafis der Fich⸗
tentriebe großfchuppige, bald nur einfeitig, bald ringsum ent=
widelte zapfenförmige Gallen (Abb. 246). Dieſe find heller
oder dunkfer grün und behaart, an den Verwachſungsrän—⸗
dern der einzelnen Schuppen rötlichbraun und fo groß ober
größer wie eine Kirfche. Bumeift werden fie von dem mehr
oder weniger verfümmerten Maitrieb jchopfartig überwach⸗
fen. Die Gallen reifen Juli, Auguft. Sie entlafien dann
die Geflügelten, die entweder grün⸗ bis gelbbraun gefärbt
find und auf Lärche zurückwandern, um hier gegen 40 grüne
Hiemalis-Eier zu legen (diöziſche Cellares) oder die als
gelbe bis dunfelgelbe Individuen mondziſch auf der Fichte
bleiben und hier aus hellgelben Eiern wiederum Fundatrix-
Larven erzeugen.
Nüßlin trennt den zuletzt genannten Parallelzyklus als
Chermes abietis Kltb. von dem durch den diözijhen Boflus
gefennzeichneten Chermes viridis Ratzb. als emanzipierte
Form ab.
Belämpfung: Direkte Belämpfungsmittel find im
großen nicht anwendbar. Nur in Heinen Anlagen könnte
Abſchneiden der mit Gallen befegten unteren Üfte und deren
Abb. 346. Chormer Verbrennen in Betracht fommen.
Galle an Fichte (ne
Gattung Cnaphalodes Macq.
Sechſtes Hinterleiböfegment mit einem Stigmenpaar. Virgines auf Lärche, differenziert
in ®inter- und Sommertiere. Hiemalis-Junglarve ſchwärzlich, ohne Rüdendrüfen,
mit einheitlihem Schild auf Kopf und Vorberbruft. Fundatrix-Junglarve mit Rüden:
drüfen und getrennten Kopf: und Worderbruftplatten. Geflügelte mit partiell iolierten
Facetten der Kopf: und Vruftbrüfen. Hinterflügel mit fpigwinffig von der Längsaber ab»
gehender Duerfalte.
8. Chermes (Cnaphalodes) strobilobius ©. B. = Ch. cocoineus Ratzb.
Lebensweife ufm.: Die ſchwärzlichen Hiemalis-Larven überwintern auf Lärche,
an der Baſis der Blatt und Blütenknofpen. Im zeitigen Frühjahr legen die zu
Hiemalis-Müttern gewordenen Wintertiere zahlreiche grünbräunliche Eier, aus denen,
wie bei Dreyfusia piceae Ratzb., Winter: und Sommerläufe, erjtere in ber Minder⸗
heit, hervorgehen. Die Hiemalis-Larven verfriechen fi, nachdem fie kürzere Beit an
den Nadeln gefaugt haben, überwintern und entwideln ſich im nächften Frühjahr zu
Hiemalis-Gallenmüttern. Wie bei Dreyfusia piceae und Chermes abietis befteht
fomit auch bei Cnaphalodes strobilobius ein einfacher, einjähriger, mondziſcher
Hiemalis- Byffus.
Die aus den Eiern der Hiemalis-Mutter herborgehenden Sommerlarven fangen
fich an den jungen Lärchennadeln feft, knicken diefe ein und bewirken Bleichwerden der
Schnabelterfe: Afterbinttläufe: Chermesinse (Lärdenläufe). 517
Knidftellen (Abb. 247). Sie entwideln ſich teild zu Aestivalis-Müttern, teils zu
Sexuparen. Die erjteren erzeugen während bed Sommers mehrere Aestivalis-
Generationen, in denen aber der Progentiag an Hiemalis-Larven immer größer
wird, je näher der Herbſt fommt. Die Sexuparen wandern auf Fichtenarten und
erzeugen bier die Sexuales. Aus dem befruchteten dunkelgelben Ei des ? geht die
ſchwärzliche, auf einer Fichtenknofpe und zwar meift an einem Geitenzweige, über:
winternbe Fundatrix hervor. Deren zahlreiche grünlich
bis rotbraune Nachkommen vermögen meift nicht alle in
die im Frühjahr durch den Stich der Fundatrix vorge
bildete Galle einzumandern, fonbern bleiben vielfach auf
der Gallenoberfläche figen und faugen Hier.
Aus den in den Gallenfammern nntergefommes
nen Cellares enttwideln ſich biöziihe und monöziiche
Geflügelte. Die erfteren find frübzeitiger (Mitte Juni
bis Anfang Zuli) fertig und fehren als dunkelrote, ſpä⸗
ter ſchwärzliche Läufe auf die Lärche zurüd, um Hier
aus ihren auf den Nadeln abgelegten Eiern Hiemalis-
Larven hervorgehen zu laſſen. Sie fließen mithin den
zweijährigen didziſchen heterogenetiſchen Entwidelungd-
zyklus.
Die erſt ſpäter, von Mitte Juli bis September,
reifenden ebenfalls dunkelroten Gallenläuſe bleiben an der
Fich te und legen ihre Eier an ber Unterfeite der jun-
gen oder ber vorjährigen Nadeln ab. Noch im Herbit ,
ichlüpfen aus diefen Eiern Fundatrix-Larven, die im 1äufen von Chermes (Cnaphaloden)
gleicher Weife wie die von den Sexuales abjtammenden "ToPllebias ©. B. (mar. &r.).
Fundatrices auf ben Knofpen überwintern und im nächfien Jahre neue Gallen her:
vorrufen.
Die Gallen felbft unterſcheiden fi) von den Gallen von Chermes abietis nad)
Größe, Ausſehen und Stellung. Sie find erbſen- bis Hafelnußgroß, folid, mattgrün
bis weißlich oder wachöfarben, feltner rötlich und mit einem weißlichen Wachsanflug
überzogen (Abb. 248). Charafteriftiich ift ferner ihr vortwiegendes Vorkommen an
ſchwãcheren Eeitentrieben, beren Wachstum fie in vielen Fällen abfchließen; fie find
dann endftändig und ohne Nadelihopf. Daneben kommen aber auch kürzer oder länz
gerdurchwachſene Gallen, fowie zahlreiche Übergänge zwiſchen ein- oder halbfeitigen
und ganz umfafjenden vor.
Schaden: Der dur die Gallenbildung von Chermes abietis und Cnapha-
lodes strobilobius an Fichte verurfachte Schaden ift, wie ſchon oben gefagt, im all⸗
gemeinen nicht fehr bedeutend und wird meift nur dort fühlbar, wo noch andere
das Pflanzenwachstum beeinträchtigende Faktoren (armer Boden, Froſt, Pactolana-
Fraß ujw.) mitwirken. Unangenehmer fann dad Saugen der Sommerläufe an den
Lärchennadeln werden. In diefer Hinficht ift On. strobilobius gefährlicher als Ch.
abietis, weil bei der fegtgenannten Laus nur im Frühjahr duch die zur Sexupara
werbenbe Aestivalis-Generation Umtniden der Nadeln infolge der Saugtätigfeit der
Läufe vorfommt. Durch die im Laufe des Sommers zu mehreren aufeinanderfols
genden Aestivalis:Senerationen von Cn. strobilobius wird Die Benadelung ber Lärche,
518 Erſtes Buch. Schup gegen Tiere.
wie leicht erflärlich, weit mehr heimgeſucht. Der Schaden ift aber auch hier nicht
von Bedeutung; ernftere Nachwirkungen der Nadelbeſchädigungen find bei der jähr-
lichen Neuprobuktion der Nadeln noch nicht beobachtet worden. Unter Umftänden
find die an ber Rinde der Lärchenftämme und Üfte ſich feftiegenden Hiemalis-Larven,
wenn fie in großer Menge aufs
treten, für den Baum ſchädlicher
als die Nadelfauger.
Belämpfung: Wie bei Ch.
abietis.
Familie Cocoidae, Säilblänfe. :)
Sehr Kleine, befonders im J
Geſchlech winzige Tiere mit einglie-
derigen und eintralligen Tarſen. J
und 2 auferorbentlih verſchieden
don einander. Männchen mit mehr
ober weniger geglieberter Bruft und
wit nad) Hinten zugefpigtem geglie-
dertem Abdomen. Fühler perlſchnur⸗
ähnlich, behaart, 10 — 2ögliederig.
Mundwerkzeuge fehlen. Augen vor«
wiegend gehäufte Punktaugen. Vor⸗
derflügel gewöhnlich wohl entwidelt;
Hinterflügel zu Meinen Schwing-
tölbdhen zurüdgebilbet. — Weib«
hen ſtets flügellos, oft auch Fühler,
Beine, Augen, ſelbſt Mundwerkzeuge
während der Verwandlung verlierend.
Schnabel kurz, 1—2glieberig, mit lan⸗
gen Stechborſten. Geftalt mehr oder
weniger {chilbförmig, bisweilen fuges
lig aufgetrieben, mehr an pflanzliche
. . - Gebilde al3 an Inſekten erinnernd
on a — für die Goftematit Hauptfächtich
maßgebend.
Die Entwidelung ber Schildläuſe verläuft bei den Z in fünf Stadien, bei ben
2 meiſt dreiftufig. Gewöhnlich find vom 2 nur die ganz jungen Larven freibeweglich.
Sie faugen fi bald an einem Pilangenteil feſt, ſchwellen dann mehr ober weniger an
unb erzeugen durch Chitinverdidungen oder Wachsausſcheidungen Schupvorrihtungen für
ihre Eier und Larven. Die meiften Arten pflanzen fih durch Eier fort; nur einige er-
zeugen lebendige Junge.
Die Schildläufe leben polyphag oder mehr oder weniger monophag an Blät-
tern, Früchten und Stammorganen von allerhand Pilanzen. Dadurch, daß fie ihre
Nahrung aus den Geweben ihrer Nährpflangen ziehen, bewirken fie eine Schwächung
des Wirtes, die bei ftarfem Auftreten zu Rümmerzuftänden, in ertremen Fällen zum
Tode der Pflanze führen kann. Einzelne Arten erzeugen Gallbildungen, andere ver
urfachen Rindenwucherungen, Aufreißen der Rinde oder auch rundliche Vertiefungen
an den von ihnen befiedelten Stellen.
Die forftlihe Bedeutung der Schildläufe ift geringer als die landwirt—
1) Sindinger, Leonhard: Die Schildfäufe (Coceidae) Europas ufm. Stuttgart 1912.
Schnabelkerfe: Schildläufe; Lecaniinae. 519
Ichaftliche. Als Schädlinge forftlicher Kulturgewächſe kommen nur einige Vertreter
der Unterfamilien Lecaniinae, Asterolecaniinae, Coccinae, Hemicoc-
cinae und Diaspinae in Betracht.
Unterfamilie Lecaniinae.
Afteröffnung mit Haartragendeın Ring, von zwei Happenartig zujammenfcdließenden
Zappen bededt. Hinterrand mit langem Spalt. Bauchjeite flach, Rüdenfeite oft ftarf ge⸗
wölbt und im legten Stadium durch Chitin verdidt. Eiablage unter dem durd Einkrüm⸗
mung der Rüdenhaut zumeilen Inopfartig werdenden Chitinſchild. Beine meift erhalten blei-
beud. Segmentgrenzen vetfchwindend. Farben meift braun.
1. Lecanium robiniarum Dougl.!) = corni Bouche.
Kennzeihen: P unfegmentiert, ſtark gewölbt, nadt, wenig länger als breit.
Farbe Faftanienbraun, meist mit ſchwärzlichen Duerbinden, fein punftiert, an den
Seiten mit feinen Querfältchen. Rüden mehr oder weniger deutlich furzgefielt. —
Larve bleich-gelb.
Lebensweiſe ufw.: Begattung und Eiablage im Mai an glattrindigen Aſt⸗
und Stammteilen von Robinia pseudacacia, hispida und viscosa, Ribes-Arten,
Cornus sanguinea und anderen Holzgewächſen.
Die Larven fchlüpfen im. Juni aus und verbreiten fich jofort ſtammaufwärts
über Blätter, Blattftiele und Äfte. Anfangs find fie fehr mobil; bald faugen fie
ih aber auf der Unterfeite der Blätter feſt. Trotz zweimaliger Häutung iſt ihr
Wachstum bis zum Herbit ein minimales. Auch bemerkt man an den infizierten
Blättern feine Verleßungen, nicht einmal eine Berfärbung. Sobald das Laub an:
fängt abzufterben, begeben fich die Tiere (nad) Sajo) an die Triebfpigen, um
zu überwintern. Anfang Upril verteilen fie ſich über bie Triebe, faugen an ihnen
mit Ungeflüm und machen im lebten Monate fo rapid, daß die Imagines beider
Geſchlechter nach noch zweimaliger Häutung bereits im Mai entwidelt find.
Die befruchteten 2 fehwellen nun binnen drei Wochen ganz außerorbentlidh an.
Über ihrem aufgedunfenen, kugeligen Körper bildet fich eine harte, glänzend dunfel-
braune Schale, unter welcher fi) eine Unmaſſe von Eiern (2000-3000) befindet,
die beim Abheben des Schildes als ein feines, weißes Pulver erfcheinen. Die aus:
Ihlüpfenden Larven beginnen den gefchilderten Zyklus aufs neue.
Die Laus befällt vorwiegend junge Anlagen von etwa 5—25jährigem Wlter.
Bei ftarfer Infektion fterben die befegten Triebe und fogar ganze Stämmchen ab.
Sn den PBrivatwaldungen bei Saarlouis ift die Mlazienlaug feit 1879 in ungeheurer
Menge in jungen Alazienbeftänden aufgetreten.
Noch viel umfangreicher aber war ihr Vorkommen in Ungarn. In Kis⸗Szent-Miklös
trat die Schilvlaus fünf Jahre hintereinander in folofjalen Mengen auf.
Bekämpfung: Abfchneiden und Verbrennen der befegten Äſte und Triebe im
Mai vor dem Auskriechen der Eier. Die Arbeit muß, fobald ſich die ? feſtgeſetzt
haben, in Angriff genommen und binnen 6—8 Zagen zu Ende geführt werden.
Said empfiehlt, das abgeichnittene Material an einen freien Ort zu bringen, wo
ed Alazienbäume in der Nähe nicht gibt, damit fich die in ben 2 befindlichen Rarafiten
entwideln können. Der Hauptparafit ift Anthribus varius Fabr. Weniger häufig ift A.
fasciatus Forst. Die Larven diejer beiden Käfer leben unter den Schildern der weiblichen
Lecanien und zehren deren Körperinhalt auf.
1) Suden, ®.: Ztichr. f. F. u. Im. 1887, 31. — Sajö, Karl: Forftl.naturw. Ztſchr.
1896, 81. IJ
520 Erſtes Buch. Schutz gegen Tiere.
2. Lecanium aceris Bouohé — Physokermes coryli Lindgr.
Kennzeichen: 2 3—6 mm lang, breit und Hoch, faft knopfförmig, Hell- bis duntels
braun, jung auch gelb mit dunklen Beichnungen.
Lebensweiſe ufw.: Die Läufe befegen die Bweige junger Ahorne (Bergahorn)
oft jo mafjenhaft, dafs diefe ſtellenweiſe verbidt und warzig erfcheinen. Infolge ihrer Stiche
bräunt und lodert ſich das Baftgemwebe; bei ftarfem Auftreten gehen bie befallenen Pflan-
zen bezw. Stammteile ein.
Fa Anfange der 1880er Jahre wurden in Medienburg-Strelip viele Ahornheiſter
durch biefe aus zum Mbfterben gebracht.
In ähnlicher Weile find in vereinzelten Fällen andere, an forftlic) wichtigen Laub-
holzarten auftretenden Lecanien ſchädlich geworben z. ®. Lecanium carpini L. =
Pulvinaria betulae Sign. an Hornbaum.
3. Lecanium hemicryphum Dalm — Physokermes piceae Fern.
Fichtenquirlſchildlaus.
Kennzeichen: Jbraungelb, 1 mm lang. Vorderflügel 8 mm fpannend, in der
Ruhe Horizontal. Hinterleibsende mit zwei langen Vorſten. 2 2—6 mm lang und breit,
Tugelig oder biajenförmig, Helfaftanienbraun, mitunter rötlich gefledt, glänzend. Larve blafrot.
Lebensweife ufw.: Im Mai find ge—
ſchlechtsreife F_ und 2 vorhanden. Nach der
Vegattung — Keller!) vermutet, daß die
Sortpflanzung parthenogenetiih erfolgt —
wächſt das an der Bafis der vorjährigen Fich⸗
tentriebe figende, im April nur hanfforngroße
2 rafch zu einem blafenförmigen braunen Ges
bifde in der Größe einer Erbſe heran (Abb. 249).
In die durch Einrollen der Seitenränder ent⸗
ftehende und nur an der Bauchfeite gefpaltene
Bruftgöhle werben bald darauf rötliche Eier
(1000— 2000 Stüd) abgelegt, aus denen
nad} einiger Zeit fehr bewegliche Lärvchen her=
vorgehen. Dieje verlaffen ihre Geburtsftätte
vom Juli ab. Um zu überwintern, augen fich
die Larven teils an ben Nadeln, teils an der
Rinde der Iegten Triebe, namentlih in den
Quirlen, feſt
Die Nadel-Larven verwandeln ſich bis
zum Frühjahr unter einem länglichen weißen
Wachsſchildchen zur Puppe, aus der im Mai
das Heine geflügelte F hervorgeht. Die oft
mafjenweife kranzförmig an ben Quirlftellen
A66. 249. Ficientrieb mit erwachenen g von ſihenden Minben-Larven hingegen liefern bie
Lecanium bemieryphum Dalm. (nat. &r, 9. Gie bleiben bis zum Frühjahr Hein, um⸗
Dein BR geben ſich dann mit fpärlichen, dünnen Wachs-
fäden und verwandeln fi, wie ſchon oben gejagt, erft nad) erlangter Geſchlechts-
reife vom Mai ab in fugelige Muttertiere.
1) Schweiz. Ztidhr. | Fw. 1885, 19
Schnabelferfe: Schilbläufe: Lecaniinae. Asterolecaniinae., 521
Dadurch daß die F im Frühjahr große Mengen Honigtau ausfcheiden, Schaffen
fie einem faprophytifchen Pilz (Apiosporium pinophilum) günftige Lebensbedingungen.
Der Pilz überzieht als Rußtau die befallenen Triebe mit einem fchwärzlichen kleb⸗
rigen Überzug, ſchadet aber fonft nicht.
Forſtlich beachtenswert wird die Fichtenquirlichildlaus Lediglich durch das
Saugen der 9. Die gleiche Tätigkeit der männlichen Larven an den Nadeln ijt
belanglos. Auch die Mutterläufe werden nur bei anhaltendem und maſſenweiſem
Auftreten ſchädlich. Die befallenen Triebe entnadeln dann an den infizierten Stellen,
bleiben Klein, fümmern und fterben bei fortgefebten Angriffen auch ab.
Gefährdet find Hauptfächlich nur jüngere Fichten im Alter von 5—20 Jahren,
namentlich danıf, wenn fie fich infolge anderer Urſachen ohnehin in einem küm⸗
mernden BZuftande befinden. Die Schilblaug beichräntt fi) aber nicht auf kränkelnde
Eremplare, fondern tritt zuweilen auch auf den üppigſten und volljaftigiten Pflanzen
frohwüchfiger Kulturen!) in bedrohlicher Weile auf. Bon Judeich?) ift fie auch in
den Kronen von Althölzern beobadjtet worden.
In Sachſen (Roſſauer und Ditterddorfer Revier) iſt die Laus wiederholt ſchädlich
aufgetreten. Auf dem Roſſauer Revier wurden vom 4.—16. Juni 1866 mit 98 Tagelöhnen
und 59,40 ME. Koften gegen 30000 Mutterblafen gefammelt. Auf dem DitterSdorfer Reviere
war das Ergebnis mit 870 ZTagelöhnen und 95 Mt. Koften etwa 49 1.
Belämpfung: Im allgemeinen nicht nötig und im großen nicht durchführbar.
Im Heinen können Aushieb und Vernichten ſtark befallener Pflanzen, Sammeln
der Wuttertiere im Mai und Juni, Abbürften der befegten Stellen oder Überpinfeln
derjelben mit Inſektiziden oder Kalklöſung in Frage kommen.
Unter den natürlichen Feinden ift der ſchon bei L. robiniarum genannte An-
thribus varius Fabr. der wichtigite.
Unterfamilie Asterolecaniinae.
Ufteröffnung mit haartragendem Ring, ohne Lappen. Hinterrand ohne Spalt, aber
mit zwei die Afteröffnung einfchließenden, kleinen, meift mit einzelnen langen Haaren be:
ſetzten Yortfägen. Weibchen fußlos, feftfibend, meiſt eingehüllt in eine horn- oder wachs⸗
artige, durchſcheinende oder undurchfichtige Hülle, die becherförmig offen oder mit enbftän-
digen Öffnungen verjehen ift.
4. Asterolecanium variolosum Ckll. = Cocous quercicola Sign.
Eihenpodenfhildlaug?)
Kennzeihen: Z 1 mm lang, glänzend, gelb mit dunflen Gliedmaßen und Zeich—
nungen auf dem Thorar. Flügel groß, durchfichtig meißgrau. — 2 (Abb. 250) 1 bis 1,5 mm
lang, halbkugelförmig, nad) hinten ſchwach zugeſpitzt, Halb bräunlich, Halb grünlichgelb, auf
der unteren Seite mit vier hellen Streifen. Der Rand der äußeren ftarf gemwölbten, 1 bis
2 mm langen feiten Selrethüle (Schild, Mantel), welche die weiche Schildlaus faft ganz
einjchließt, ift von einem Kranze feiner Wachsfäbchen umgeben.
Lebensweise ujm.: Die ? faugen fi an der glatten Rinde jüngerer Eichen
feft und werden von einem durch die Pflanze gebildeten Wulft ringsum eingefaßt.
(Abb. 2508 und ec). Hierdurch entftehen rundliche, ſchwärzliche, napfartige Ver⸗
tiefungen, die die befallenen Rindenpartien nad) dem Loslöſen der Läufe poden:
narbig erfcheinen laſſen. (Abb. 250d und e). Durch das Saugen lodert ſich die
Rinde ftellenweife und fpringt auf.
3) Rageburg: Thar. Ihrb. 1870, 187. — Schollmayer: Bbl. ſ. d. gej. Fw. 1888, 885.
522 Erſtes Bud. Schuß gegen Tiere.
Man findet die Lau an Heimifchen und ausländischen glattrindigen Eichen.
An älteren Bäumen beſchränken ſich ihre Beſchädigungen auf die Kronenpartien.
Bekämpfung: Beiprigen der befallenen Pflanzen mit Petroleumemulfion
oder Beftreichen mit Nenterſcher Miſchung (40 g Schmierſeife, 50 g Fuſelöl, 60 g
a Zabatertraft, 200 com Spiritus und 11 Waffer).
Abſchneiden und Vernichten der infizierten Teile.
Unterfamilie Coceinae.
Aſteroffnung mit Haartragendem Ring, ohne
Lappen. Hinterrand ohne Spalt, aber mit zivei die
Aterdfinung einfchließenden Meingn, meift mit ein-
zelnen fangen Haaren befegten Fortjägen. Weibchen
vortviegend mit Beinen, eniweber ſchildlos und dann
nur mit weißer, oft fäiger Wachswolle bebedt ober
in eine aus der Wachsausſcheidung entftandene feite
Kapſel eingehüllt.
Abb. 260. Asterolecanium varioloonm oxu.
an breijährigen Eichentrieben (nah Rabe · 5. Coccus (Cryptococcus) fagi Bärensp.
Burg). a Gicentrieb mit drei 9. b Er i
madifeneb 2 in ber Hülle von ber Baudifeite, Bugenmoltfgilblaus.
mit vier Heilen durchen in ber Hülle (vev- Rennzeihen: 2 0,6—1,0 mm lang, linfen-
geöbert). o Ein 2 in matürlider Stellung förmig, gelblich, child: und beinfos, mit fiummel-
Aue mine m en Or at rmen megkedrigen Yüßfern und ungen Sie
größeet). d Gidentrieb mit Podennarben borften. — 3 5iß jegt nicht befannt. — Larve röt-
nad) Entfernung der 2 (nat. Gr.). o Bwei lich, ohne Beine, Fühler fünfglieberig.
Podennarben (vergeäberh, Lebensweife ufto.: Vefallen werden Be-
ftände jeden Alters. Die durch kugelförmige weiße Wollabfonderungen auffallenden
Läufe riechen im Sommer oder Herbit aus den in der Beit vom Juni bis Df-
tober abgelegten Eiern und figen — vom Winter bis Mai oder noch länger als
Larven, fpäter als ausgebildete Inſekten — in der Regel am unteren Schaftteile
bis zu 5 m Höhe, nehmen in älteren Beftänden aber zuweilen auch bie Üfte an. Im
Beitande erftredt fich der Wollausbefall, wahrſcheinlich unter dem Einfluffe einer
durch infektiöfe Erkrankung oder durch fonftige Kränklichkeitszuſtände geſchaffenen
Empfänglichfeit bald nur auf einzelne Bäume, bald auf Gruppen oder Horfte. Die
Verbreitung von Baum zu Baum geichieht fait ausſchließlich durch den Wind, da=
durch daß er Wolle fortträgt und aniveht, in der fich Eier oder junge beivegungs=
fähige Läufe befinden.
Das Vorkommen der Buchenwollaus ift ein ziemlich allgemeines; fie ift weit
verbreitet und findet ſich in einzelnen, infolge ihrer Kleinheit leicht zu überjehenden
Eremplaren wohl an jeder Buche.
Zum Baums oder Beftandsverderber wird fie nad den Unterfuhungen von
2. Rhumbler?) aber nur dann, wenn ihr durch den noch unbekannten Erreger bes
Schleimfluffes und durch die an den abfterbenden Buchen niemals fehlende Nectria
vorgearbeitet und die Bedingungen zur Maffenvermehrung geihaffen werben.
Die anſcheinend durch das Saugen der Wolläufe hervorgerufenen fleden- und
podenartigen Zellwucherungen, die fpäter aufplagen und Krebsſtellen zurücklaſſen
und in ſchwächeren Stangenorten oft den ganzen Schaft von unten bis oben be—
1) D. Forft-Ztg. 1914, 266. .
Schnabellerfe: Schilbläufe: Coccinae. 523
deden, find Folge des Schleimfluffes und nicht Wirkung, fondern Urfache des Yaus-
befalles. Der leßtere befördert nur das Kümmern oder den Tod der erkrankten
Bäume. Oft gelingt es ben Buchen, die durch die verjchiebenen Paraſiten erlittenen
Beichädigungen auszuheilen; vielfach fterben aber auch gerade die dem Wollaus-
befall befonders ausgeſetzten Fräftigiten und beitwüchfigften Bäume ab. Da beim
Eingehen jchleimfluß- und lauskranker Bäume der Einfluß der Wollaus zweifellos
nicht unerheblich ift, macht fich deren Befämpfung um jo mehr notwendig als zu-
nächſt Mittel zur Abwehr der primären Erkrankungsurſachen nicht zur Ber:
fügung Stehen.
In der preußiichen Oberförfterei Biegelroda (Bez. Merjeburg) z. B. ift die Woll-
laus feit 1905 in einer bisher unbelannten Weife jchädlich geworden. In den Jahren
1910—1913 find hier nicht weniger al3 10000 fm Derbholz Wollausbuchen eingeichlagen
und rund 26700 ME. für Belämpfung ausgegeben worden.) Auch au8 dem braunichwei-
giſchen Harz wird neuerdings berichtet, daß die Wollaus ftarf auftritt und meift die beften
Stämme zum Abſterben bringt. *)
Betämpfung: Bei Schwachen Befall Einhieb der mit Wolläufen ſtark be=
feßten, fowie der mit Schleimflußfleden und =pujteln behafteten Buchen.
Bei ſtarkem Befall: Abfegen der Läufe von der Rinde.
Beitreichen der befallenen Stangen uſw. mit Schmierjeife oder mit einer
Miſchung von Schwefel, Alkohol und Teer.
In Biegelroda (ſ. oben) hat fih das „Obftbaumflarbolineum“ ber chemiſchen
Fabrik F. Schacht in Braunfchweig (20 kg = 9,50 Mk. 100 kg — 35 ME.) bei
der Säuberung von 430 ha vorzüglich bewährt. Es tötet die Schildläufe, ſchadet
der Rinde aber nichts, fondern bräumt diefe nur und fchübt den Baum für eine
Reihe Jahre vor neuen Ungriffen der Laus.
Das Rarbolineum wird mit Waſſer im Verhältnis 1:5 verdünnt und am beften
mit breiten, auf fürzeren oder längeren leichten Stangen befeftigten Pinjeln aufgetragen.
Sobald die Löfung angeiprigt werden joll oder muß (an die höheren Stammteile) empfieglt
es ſich, auf ein Teil Karbolineum nur vier Zeile Wafjer zu nehmen. Bedarf an Obftbaum:
tarbolineum: 40—80 kg in über 90jährigen, 60-125 kg in unter 90jährigen ſtark be-
fallenen Beftänden.
Die Belämpfung ift in ber Zeit von Dezember bis Mai am ausfichtöreichften, weil
die Läufe infolge ber in diefer Zeit erfolgenden Wachsausſcheidung leicht wahrgenommen
werben Tönnen und Eier oder junge Lamwen nicht vorhanden find. Koften für 1 ha:
55,25 Mt.
6. Coccus (F'onscolombea,) fraxini Ckll.
Eſchenwollſchildlaus.
Kennzeichen: J 0,6 mm fang, hellrötlich, Hinten zugeſpitzt, ohne Flügel, mit acht⸗
gliederigen Fühlern. — 2 0,5 bis 0,8 mm lang, ſchildlos, orangegelb oder hellrötlich, von
einer weißen, außen fledigen Wachshülle umgeben, mit fechögliederigen Fühlern. — Larve
rötlich-gelb.
Lebensweiſe ujw.: Die ald Larven überwinternden, im zeitigen Frühjahr ge:
ſchlechtsreifen Läufe leben an der Rinde junger (15—80jähr.) Eichen, die fie — nament-
lich unterhalb der Aſtanſätze — oft maffenhaft bebeden. Ältere Bäume befiedeln fie in
Rindenriflen, Überwallungsftellen uſw. Durch das Saugen ftirbt die Rinde ſtellenweiſe ab
und reißt an den Grenzen der toten Gewebepartien in Längsriffen auf. In dem Maße
die Abtötung der Rinde erfolgt, ift das Leben des befallenen Baumes bedroht; unter Ilm:
ftänden geht der Baum ein. °)
1) Bertelsmann: D. Forft-Ztg. 1913, 365, 856. — 2) Daf. 1918, 508. — 3)
Netzſch: Naturw. Ztichr. |. F. u. Lw. 1913, 346.
524 Erfted Buch. Schuß gegen Tiere.
Beim Zerbrüden der Eier tragenden 2 zeigt fidh ein blutfarbiger led, ähnlich wie
bei der Blutlaus der Obftbäume.
7. Coccus (Gossyparia) ulmi Geoff, = Eriococcus spurius Lindgr.
Ulmenwollſchildlaus.
Kennzeichen: 2 dunkelrot bis ſchwarzbraun, länglich-eiförmig, 2,5 mm lang, mit
vühlern und Beinen, ſchildlos. Wachsausſcheidung dichtfilzgig, den Rüden des Tieres
freilafiend.
Lebensweife ufw.: An Ulme und Erle oft maſſenweiſe an ber Rinde jüngerer
Exemplare jaugend. Die Saugftelle bräunt ſich und ftirbt bei ſtarkem Befall ab.
Unterfamilie Hemicoceinae.
Afteröffnung ohne haartragenden Ring. Hinterleib ohne Pygidium. Beine und Fühler
fehlend oder Hein. Schild fehlend. Laus fugelig oder nierenförmig, ohne Segmentgrenzen,
nadt oder mit nur ſpärlicher, Hautartiger Wachsausſcheidung. Anheftungsftelle, mit der
die Läufe an der Nährpflanze fiten, jehr Hein.
8. Lecanium (Kermes) querous (L.) Ckll.
Eihenihildlaus.?’)
Kennzeichen: 2 glänzend rötlichhraun mit konzentriſch verlaufenden, bisweilen zus
fammenfließenden fchwarzen Streifen; nieren: bis herzförmig, mit jpitem Ende ſitzend,
3 mm lang, 4 mm breit, nicht oder höchſtens fo hoch als breit.
Lebensmweife ujw.: Die Laus befällt unfere beiden Eichenarten in ganz ähn-
licher Weiſe wie die Buchenwollichildlaus die Buche und kann durch ihr Auftreten
in oft ungeheurer Menge jüngere Stangenhölzer, ſowie auch ältere bis 70 jährige
Orte merklich jchädigen, fobald ihr durch die Schleimflußfrantheit vorgearbeitet wird.
In ſtärkerem Maße befallene Eichen kennzeichnen fich fchon auf weitere Entfernung
durch ſchwärzliche Farbe der von den faugenden Läuſen bejebten Stellen und durch
äußerſt krankhaftes Ausfehen. Jüngere, unter Raucheinwirkung ftehende, ſowie chlecht
gepflegte, zu dicht erzogene Beſtände fcheinen bevorzugt zu werden; die Laus tritt
in derartigen, aus irgendeinem Grunde geichwächten Orten ſowohl im Nebenbeftande
wie auch an den berrfchenden Bäumen auf. Wie die Buchenmollichildlaus ift fie ver-
mutfich aber nur jefundär; ihre mit ftärferem Auftreten verbundenen Schädigungen
gehören wie dort in die Gefolgfchaft des Schleimfluffes.
Brecher berichtet über verberbliche3 Auftreten der Eichenſchildlaus in zahlreichen
40— 70jährigen reinen Eichenftangenhölzern der Oberförfterei Grünewald (PBrov. Sachen).
Sn neuefter Zeit ift fie in den unter Dürre, Widlerfraß, Mehltau, Rauch uſw. leidenden
Eichenbeftänden Weſtfalens in ftärferem Maße beobachtet worden. *)
Bekämpfung: Wie bei der Buchenwollſchildlaus fiehe S. 523. Nach Brecher
kann der Ausbreitung der Eichenfchildlaus durch Ausſchneiden der zumeilen bis
15 cm fangen und wenige Bentimeter breiten Schleimflußftellen erfolgreich entgegen-
getreten werden.
Unterfamilie Diaspinae.
Afteröffnung ohne haartragenden Ring. Hinterleib mit Pygidium. Beine und Fühler
fehlen. Charatteriftiich ift der aus zwei Larvenhäuten und aus dhitindfer Wachsausſchei⸗
dung beftehende, teil3 runde, teil Ianggeitredte und dann am vorderen Ende jchmälere
Rückenſchild, kurz „Schild‘ genannt, unter dem die Laus im ausgewachſenen Buftande bie
Form eines Inſektes vollftändig verliert.
1) Breder: Sorftl.:naturm. Zeitichr. 1897, 66. — 2) Baltz: D. Forft: gig 1918,
539; Ztſchr. f. F. u. Iw. 1918, 796. — Baumgarten: Daf. 1918, 668.
Schnabelterfe: Schildläufe: Hemicoccinae. Diaspinae. 525
9. Aspidiotus (Chionaspis) salicis Bign.
Beiden- oder Miesmufhelihildlaus.
Kennzeichen: 2 rot mit orangegelben Border: und Hinterende. Schild miesmuſchel⸗
ober ichinfenartig, mit meift ſtark verjchmälertem Borderende, 1,5— 2,5 mm lang, 1—1,5 mm
breit, weiß, bogenförmig geſtreift. — J Schild ſchmal, geftredt, gefielt mit parallelen
Geitenrändern.
Lebensweiſe ufw.: Die Laus lebt polyphag auf LZaubhölzern und kommt
namentlih auf Erle, Eiche, Bappel, Weide, Linde und Ulme oft maſſenweiſe
vor. Unter der Saugwirkung der bisweilen dicht gedrängt nebeneinander fihenden
d= und PsZiere hebt fich die Rinde an ſchwächeren Hölzern ab, jo daß Abfterben
ber befallenen Üfte uſw. durch Vertrodnen nicht ausgefchloffen ift.
Bekämpfung: Wie bei Coccus fagi f. ©. 523.
Schlußbemerkung.
Am Schluſſe des Abſchnittes über die Forſtinſekten möge ſowohl der an⸗
gehende Forſtmann wie auch der ältere Praktifer auf die große Bedeutung der im
Walde lebenden Inſektenwelt nochmals dringend hingewieſen fein. Dlangelnde
Beachtung derſelben Hat fich ſchon oft bitter gerächt. Wiederholt, ift wie die großen
Inſektenkalamitäten noch in der legten Zeit gezeigt haben, der Fleiß von Jahr⸗
zehnten den Heinen Waldfeinden zum Opfer gefallen. Man wiege jich nicht in dem
Glauben, daß die Inſektenkalamität immer nur ſekundär auftritt oder daß Heine
Anfänge durch die natürlichen Gegengewichte immer unſchädlich gemacht werben.
Bei Mafjenauftreten eines Schädlingd werden auch die wüchfigiten Beftände heim:
geſucht und aus Heinen vernadjläfiigten Anfängen wachen unter günftigen Ent-
widelungsbedingungen die ſchwerſten Maffenvermehrungen heraus. Zur aufmerkſamen
Überwachung diefer fteten Gefahr ift ganz befonder8 der Verwalter von Nadel:
holzforften verpflichtet.
Der Schwerpunkt der Belämpfung wird allerdings ftet3 in geichidter Vorbeu⸗
gung, in naturgemäßer Begründung und Zufammenjehung des Waldes,
im Aufbau gefunder Beftände, in forgfältiger und reinlider Wirtſchaft
und in Erftidung eines Fraßes in feinen Anfängen liegen, weil einer ausgebrochenen
Kalamität gegenüber die menſchliche Kraft allein nicht ausreicht. Iſt es troß aller
vorbeugenden Maßnahmen zur Maffenvermehrung gekommen, fo foll der Fort:
mann auch dann die Hände nicht müßig in den Schoß legen. Je mehr und befier er.
durch Studium und Beobachtung Lebensweife und forftliches Verhalten der fchäd-
lichen Inſekten kennen lernt, um fo erfolgreicher vermag er dem Schädlinge ent-
gegenzutreten und um jo wirkſamer wird er feine fchöne Aufgabe, ein Pfleger
des Waldes zu fein, erfüllen können.
Alphabetiiches Regiſter.
(Die Ziffern geben die Seiten an.)
Aaskäfer 149. Ameiſen 153, 861.
Abbifje 84. ‚ Ameifenjungfern 151.
Abbrennen von Beftänden 161. : Ameiſenwolf 256.
— der VBodenvegetation 161. | Ammophila sabulosa 158.
Abfalterın 416. Amphibien, nütliche 147.
Abſchießen der Mäufe 99. | Amfel 141.
Abipränge 84. | Andricus cerri 859.
Acalla ferrugana 475. |— collaris 867.
Accentor 140. — corticis 858.
Acridiidae 504. — curvator 356.
Acridium maculatum 504. — fecundator 356.
Acrobasis Zelleri (tumidella) | — gemmatus 359.
473. I globuli 359.
Acronycta aceris 441. — inflator 358.
Übderflügler 127, 151, 337. — pilosus 857.
Aeschna 156. — radicis 8ö8.
Aestivales 511. — Sieboldi 358.
Atzkalkftaub gegen Maikäfer324. | — testaceipes 359.
Ufterblattläufe 511. — trilineatus 3569.
Aftergallmeipen 354. Anisandrus dispar 288.
Afterraupen 887. Anisoplia aenea 887.
Agelastica alni 308. Anisopterix aescularia 458.
Agrilus angustulus 171.
— betuleti 172. Anobiidae 179.
— biguttatus 171. | Anobium 179.
— coryli 171. Anomala Frischii 337.
| Anomalon biguttatum 153.
—- circumflexum 153, 435.
— elongatus 171.
— olivaceus 171.
— pannonicus 171.
— sexguttatus 173.
— subauratus 171.
204.
' Anftrichöl, Wingenrothd 48.
|
| Anichlämmen gegen Hylobius
' Aporia crataegi 364.
‚ Aprifofenipinner 427.
| Apternus tridactylus 117.
| Apus apus 140.
‚ Arachnoidea 157.
| Aradus cinnamomeus 605.
| Araneidae 157.
Ürbeiterinnen 359.
Argyresthia copiosella 492.
— fundella 491.
| — illuminatella 491.
— laevigatella 490.
— piniariella 491.
Arnoldia cerris 498.
Aromia moschata 296.
| Arfenverbindungen 163.
Arvenmotte 492.
Arvicola agrestis 80, 98.
— amphibius 80, 91.
— arvalis 80, 92.
— glareolus 80, 92.
Arvicolidae 90.
Anlalten gegen Hylobius 204. | Asilidae 156.
Asiphum tremulae 509.
Asopidae 157.
Aspidiotus salicis 525.
Asterolecaniinae 521.
Asterolecanium
621.
Astenia pygmaeana 478.
' Astynomus aedilis 803.
— viridis 170. | Anthaxia quadripunctata 174. | Athous subfuscus 175.
ı Anthonomini 227.
| Anthonomus varians 227.
, Anthribus varius 519, 521.
— valligera 448. ı Apanteles 436.
— vestigialis 448. Apate 179.
Agyrophylax bimaculata 435. Aphidae 506.
Ahorneule 441. Aphidinae 506.
Ahornminiermotte 493. Aphis capreae 506.
Uhornmotte 493. — saliceti 506.
Alaudidae 141. — tiliae 506.
Alces palmatus 24. — vitellinae 506.
Aınbrofia 286. Apoderus coryli 183.
Agriotes 175, 176.
Agrotis segetum 450.
— tritiei 450.
Attelabus curculionides 184.
Auerhuhn 107, 108.
| Ausgrafen gegen Mäuje 94.
| Ausnehmen der Sehröhren 76.
| Ausräuchern der Mäufe 98.
| Ausichwefeln der Kanindyen 76.
Azetylen 78.
| Uzetylenrefleftorlampe 386.
Bachſtelzen 140.
Bacillus B 391.
‚— monachae 391.
varıolosum
Bacillus typhi murium 99.
Bär 80.
Bärenfihten 80.
Balanini 222.
Balaninus elephas 223. J
— glandium 223,
— nucum 223.
— tesselatum 223.
Balltenbod 297.
Baltenichröter 303.
Banchus compressus 158.
Barypeithes araneiformis 192.
Baryt, Tohlenfaures 168.
Barytmäujebrot 104.
Bayumklarbonat gegen Mäufe
104.
Baumläufer 140, 141.
Baummeißling 364.
Bedeguar 858.
Behandlung von Inſektenfraß⸗
beitänden 167.
Behügeln der Mäufefraßhölzer
106.
Bembidium 149.
Benzilit 77.
Bergfink 108, 113.
v. Berlepichiche Nifthöhlen 143.
Beſtandsverderber (Inſekten)
128, 131.
Beweidung gegen Hylobius 208.
Biber 79.
Bil 80, 87.
Biorhiza aptera 857, 858.
— pallida 366, 359.
— terminalie 856.
Birkenblattweſpe,
338.
Birkenglasſchwärmer 467.
Birkenneſtſpinner 439.
Birkenrüſſelkäfer, metalliſcher
184.
— ſchwarzer 184.
Birkenſplintkäfer 241.
Birkenwickler, roſtgelber 475.
Birkenzeiſig 108.
Birkhuhn 107, 109.
Blaniulus guttulatus 158,
Blattflöhe 5085.
Blatthorntäfer 311.
Blattläfer 303.
Blattläufe, echte 505.
Blattlauskäfer 150.
Blatiweipe, umrandete 136.
Blattweipen 337.
Blaukehlchen 140.
Blaukopf 441.
Blaurade 140, 205.
breitfüßige
Buchenſpringrüßler,
Alphabetiſches Regifter.
Blauſieb 470.
Bleimennige 116.
Blutregen 365.
Blutsauffriſchung 57.
Boarmia consonaria 466.
— consortaria 465.
— crepuscularia 465.
Bodtäfer 293.
Bohrkäfer,
178.
Bombyeidae 429.
Bombyx lanestris 439.
— neustria 438.
— pini 429.
Vorkenkäfer 228.
—, Bedeutung 233.
—, Belämpfung 234.
— , Ernährung 230
—, Generation 231.
—, Schwärmtemperatur 232.
—, vielzähniger 280.
Botrytis Bassiana 168.
— tenella 165, 828.
Brachkäfer 386.
' Brachonyx pineti 227.
'Brachyderes incanus 188.
Bracon brachycerus 206.
Brandmaus 89.
Braunelle 140.
Brinks Leimringapparat 407.
ı Brutfnüppel gegen Hylobius
209.
Brutröhre (Holzbrüter) 229.
Bucdhdruder 269.
Buchelwickler 475.
Buchenblattbaumlaus 507.
Buchenblattgallmüde 497.
Buchenfroftipanner 454.
Buchenfahnipinner 4605.
Buchenkrebsbaumlaus 507.
Buchennutzholzborkenkäfer 287.
Buchenrüßler 2283.
Buchenſpinner 424.
223.
Buchenwollſchildlaus 522.
Buchfinf 108, 113.
Bürftentriebe an Fichte 382.
Büttners Doppelbürfte 50.
Buntläfer 150.
Buntſpechte 116.
Bupalus piniarius 456.
Buprestidae 169.
Buteo vulgaris 141.
Cacoecia histrionana 476.
— murinana 480.
527
‚ Cacoecia piceana 485.
(alathus cisteloides 149.
Callidium ſ. Cerambyx 295,
297.
Calosoma inquisitor 149.
— sycophanta 148.
‚ Camponotus herculeanus 862.
-— ligniperdus 362.
ichabfäferähnlicher Cantharidae 177.
Cantharis 177.
Caprimulgus europaeus 140.
‚ Carabidae 148.
Carabus 148.
Carpocapsa grossana 475. °
— splendana 476.
Cecidie 354.
Cecidomyia abietiperda 499.
— acrophbila 498.
.— annulipes 498.
'— betulae 498.
— brachyntera 498.
| — cerris 498.
— fagi 497.
— Kellneri 499.
— marginemtorquens 497.
— picese 499.
‚,— rosaria 497.
— saliciperda 496.
— salicis 496.
ı — terminalis 497.
| Cocidomyidae 496.
| Cellares 511.
ı Cephaleia hypotrophica 347.
. Cephus compressus 363.
Cerambycidae 293.
Cerambycini 294.
Cerumbyx aeneus 297.
— bajulus 297.
— cerdo 294.
— fuscus 297.
— insubricus 295.
— lividus 297.
‚ — luridus 296.
ſchwarzer — minutus 297.
| — moschatus 295.
— sanguineus 297.
'— Scopolii 295.
— tropicus 295.
— variabilis 297.
-— violaceus 297.
Cerchneis tinuncuala 141.
Certhia familiaris 140.
| Cervus capreolus 66.
— elaphus 25.
'Cheimatobia boreata 454.
— brumata 451.
Chermes abietis 516.
528
Chermes coceineus 516.
funitectus 515.
pectinatae 515.
piceae 514.
strobilobius 516.
-— viridis 515.
Chermesidae 511.
Chermesinae 511.
Chionaspis salicis 625.
Ehlamydozoonofe 392.
Chlamydozoon Prowazeki 892.
Ehlorbarium 163.
Chrysobothris affinis 172.
— Solieri 174.
Chrysomela aenea 309.
— longicollis 805.
— populi 308.
tibialis 307.
tremulae 304.
versicolora 307.
viminalis 308.
vitellinae 805.
vulgatissima 305
Chrysomelidae 308.
Cicindella campestris 148.
— germanica 148.
— hybrida 148.
Cieindelini 148.
Cimbex amerinae 839.
— lucorum 839.
— variabilis 838.
Cionini 225.
Cionus fraxini 225.
Clavellaria amerinae 339.
Cleonus glaucus 195.
— turbatus 195.
Cleridae 150.
Clerus formicarius 256.
Clytus tropicus 2985.
Cnaphalodes coceineus 516.
— strobilobius 516.
Cneorhinus geminatus 189.
— plagiatus 189.
Cnethocampa pinivora 870.
— pityocampa 372.
— processionea 867.
Cnethocampidae 367.
Coccidae 518.
Coccinae 522.
Coceinellidae 150.
Coccothraustes vulgaris 108.
113.
Coccus fagi 522.
— fraxini 523.
— quercicola 521.
— ulmi 524.
Coleophora fuscedinella 492.
Alphabetiſches Regifter.
Coleophora laricella 498.
| — lutipenella 492.
Coleophorinae 492.
Coleoptera 126, 169.
Colopha compressa 509.
' Columba palumbus 107, 110.
— oenas 107, 110.
— tartar 107, 110.
| Columbidae 107, 110.
| Coracias garrulus 140.
Coraebus bifasciatus 172.
— undatus 174.
‚ Cordiceps militaris 165, 436.
Corymbites 175, 176.
Corvidae 141.
Cossidae 488.
Cossonidae 227.
‚ Cossus cossus (ligniperda) 468.
| Cryphalinae 266.
.ı Cryphalus 265.
— abietis 266.
| — intermedius 266.
| — piceae 26.
| — saltuarius 266.
' Cryptocampus ater 388.
‚ Cryptocephalus Pini 311.
| Cryptococcus fagi 522.
| Cryptorrhynchini 221.
Cryptorrhynchus lapathi 221.
| Crypturginae 266.
ı Orypturgus cinereus 260.
—— pusillus 266.
| Cuenjidae 149, 160.
Cuculus canorus 140.
Curculionidae 182, 18.
| Curculionides 188.
Cymbidae 465.
Cynipidae 353.
Cynips calycis 3568.
Dachs 139.
Dama vulgaris 65.
Dammwild 66.
Danyßſcher Mäufebazillus 101.
| Dasychira pudibunda 424.
|— selenitica 427.
| Dasyneura abietiperda 499.
ı — acrophila 498.
, — ınarginemtorquens 497.
'_ terminalis 497.
Decherts Fullapparat 406.
Demas Coryli 441.
Dendrocopus leuconotus 117.
'— major 116.
— medius 117.
— minor 117.
ı Dendroctonus micans 259.
Dendrolimus pini 429.
Diaspinae 524.
| Diloba caeruleocephala 441.
‚Dioryctria abietella 471.
- splendidella 472.
Diplin gegen Hylobius 201.
Dipters 127, 155, 496.
Diversicornia 169.
' Dolopius marginatus 175,176.
Dominſche Baumſalbe 64.
Doppelbürſte Büttners 50.
Doppelreißer (Lanz) 63.
Drahtgatter 40.
Drabtipirale 51.
Drabtmürmer 175.
| Dreyfusia funitectus 515.
— pectinatae 515.
— piceae 514.
ı Droßnen 359.
| Droffeln 141.
| Dryobius Roboris 507.
‚ Dryocoetes aceris 269.
— alni 269.
— autographus 269.
— coryli 269.
— villosus 269.
‚ Dryocoetinae 269.
' Dryocopus martius 116.
| Dryophanta agama 856.
— folii 856, 857.
ı — longiventris 356.
— scutellaris 856.
| — similis 387.
| __ Taschenbergi 856, 367.
| Dufourfehe Löſung 162.
ı Dunfelfäfer 180.
Durchſchneidungsgräben 208.
| Durchtränkung des Bodens 161.
| Earias chlorana 468.
| Eecoptogaster s. Scolytus 288.
‚ Eccoptogasterinae s. Seolyti-
I nae 238.
. Echinomyia fera 156.
Ecks Füllapparat 406.
— Leimſchlauch 406.
Ehlertſche Egge zum Streu:
harken 446.
Eichelhäher 108, 111, 142.
Eichelwickler 476.
Eichenbockkäfer, großer 29.
‚ Eichenerdfloh 810.
. Eichengallweipe, gemeine 356.
Eichenglasſchwärmer, großer
468.
— , Meiner 468.
Alphabetiſches Regifter. 529
Eichengoldafterjpinner 422. Erlenfint 108, 118. | Fichtenborfenkäfer, achtzähniger
Eihenholgbortentäfer, geldrn⸗ Erlenglasſchwaͤrmer 467. großer 269, 274.
ter 291. Erlenknoſpenmotte 492. —, doppeläugiger 267.
—, höckeriger 290. Erlenrüſſelkäfer, bunter 221. — furchenflügeliger 288.
Eichenkernkäfer 292. Erlenzeiſig 108, 118. —, kleiner 283.
Eichenknoſpenmotte 492. Ernährungsfraß 280. —, ſchmaler 266.
Eichenminiermotte 498. Ernobius 179. —, fehszähniger 279.
Eichenpodenichildlaus 521. Eichenbaftläfer, großer ſchwar⸗ —, zottiger 269.
Eichenprachtläfer, dünner 171.| zer 244. | Sichtengepinftblattweipe, ge:
—, ſchmaler 171. —, Meiner bunter 246. ſellige 347
Eichenprachtläfer, zweibindiger | Eichenblattneftblattlaus 610. Fichtenholzweſpe, gemeine ſtahl⸗
172. Eichenrüffelfäfer 225. ' blaue 852.
Eichenprogeifionsipinner 367. ——* 628. —, ſchwarze 363.
Eichenrollrũfſelkafer 184. Eſchenzwieſeimotte 489. Fichtenknoſpengallmücke 499.
Eichenrofengallweipe 356. | Etagenfchäfung 80, Fichtenknoſpenmotte 491.
Eichenfchildlaus 524. Eulen (Schmetterlinge) 440. Fichtenkrenzſchnabel 108, 114.
Eichenſpinner 440. | Eulen (Bögel) 140. Tichtenneftwidler 477.
Eicheniplintläfer 242. , Eulophus Lophyrorum 158. Fichtenquirlſchildlaus 520.
Eichenipringrüßler 226. | Euproctis chrysorrhoea 422. Fichtenrindenwickler, dunkler
Eichentriebzüngler 473. ‚ Evetria Buoliana 482. | 480.
Eichenwidler, grüner 473. — duplana 484. —, geeckter 478.
Eihhörnden 80, 81. ‚,— resinella 485. Tichtenrüffelläfer,großer ſchwar⸗
Eichhornſche Leimringmaſchine — turionana 484. zer 186.
407. | —, Heiner ſchwarzer 188.
Eiern gegen Anfelten 158. | Fichtentriebgallmücke 499.
— (bei Nonne) 887. | Sadentäfer 149. Fichtentriebwickler 476.
Einbinden 59. Faltenweſpen 158, 858. Fichtenzapfenwickler 480.
Einfehmung 28. : Falterrevifion (bei Nonne) 386. Yichtenzapfenzüngler 471.
Finfriebigen mit Mafchendraht Familiengang 260. ‚ Tinten 108, 113, 141.
Fangbäume 160, 236. Flammigers Schutzkratzer 61.
Eingangsrößre(Holgbräter)220, ‚ Sangbünbe! gegen Hylobius Fledermäuſe 139.
Einprügeln 59. Fledermaus, frühfliegende 140.
Einzäumen 40. "Sanggräben 96, 159, 206. Fleiſchfliegen 156.
Eiſenvitriol 168. Fanggruben gegen Hylobius Fliege, Spaniſche 181.
Elater 175. 2086. Fliegenſchnäpper 140.
Elateridae 175 | Sanglloben gegen — 207. Florävit 49.
Elchwild 24. FSangfnüppel gegen — 207. Florfliegen 150.
Ellopia prosapiaria 465. Fangreißig gegen — 208. Floriajchwefelpajte 49.
Empusa aulicge 165, 445. Fangrinden gegen — 206. Flugzeit 125.
Engerling 812, 814. Fegen durch Rotwild 36 Fonscolombea fraxini 623.
Engerlingömpfoje 328. ı Feldheufchreden 504. Forleule 442.
Engerlingseifen 161, 326. Feldmaifäfer 318. Formica flavus 368.
Entomopbthora aulicae 165. Feldmaus 80, 92. — herenleana 362.
Epeira diadema 157. —, zweifarbige 140. — ligniperda 362.
Ephestia elutella 472. ' Feld» und Waldmäufefalle 97. — rufa 154.
Epiblema tedella 477. Feketes Hochleimer 409. Formieidae 158, 361.
Erdfaufläfer 148. Fett: und Ülpräparate 47. Forftinfeften, nütliche 138.
Erdmaſt 22. Feuerwanze 157. —, ſchädliche 133.
Erdmaus 80, 92. Fichtenbaftläfer, gelbbrauner Forftpoligei 1.
Eriococcus spurius 524. 269. Forftſchutz (Begriff) 1.
Eriogaster lanestris 439.
Erithacus luscinia 140.
— phoenicurus 140.
— rubeculus 108, 140.
— titys 140.
Erlenblattläfer, blauer 308.
—, erzfarbiger 309.
De, Forſtſchutz. I. 4. Aufl.
—, großer brauner 264.
—, ſchwarzer 249.
Fichtenbeſtandsrüſſelkäfer, klei- —, Grund: und Hilfsfächer 6.
Fichtenblattweſpe, Heine 349.
Fichtenbodfäfer, brauner 297. Fraß, primärer (Qnjelten) 135.
—, zerftörender 295.
Forſtſchutzlehre, Einteilung 5.
—, Geſchichte 2.
—, Literatur 6
—, Stellung im Syſtem 2.
—, ſekundärer (Inſekten) 135.
34
%
530
Fraßbild (Borfentäfer) 230.
Fraßfigur 280. |
Friedrichs Fangautomat für:
Nonnen 417.
Fringilla chloris 108, 1183.
— coelebs 108, 113.
— linaria 108.
— montifringilla 108, 113. Gimpel 108.
— spinus 108, 113. Glanzkäfer 149.
Fringillidae 141. | Stasfhtwärmer 466.
Friſchs Laubkäfer 337. Gleichflügler 606.
Froſtſpanner, gemeiner 461.
—, großer 454.
—, Heiner 461.
—, orangegelber 455.
Fruchtäſung des Wildes 44. |
Frühſchwärmer 232.
Alphabetiiches Negifter.
| Gerabflügler 127, 156, 501.
jeften 165.
Geſpinſtmotten 488.
Getreideeule 450.
Giftbrocken gegen Kaninchen 78.
| Gifthaare 370.
— heller 423.
Goldgrubenprachtkäfer 172.
Goldhähnchen 140, 141.
Bonins Spritzpfahl 827.
Fuchs 206. —* ochracea 442.
Fuchſol 104. | Gossyparia ulmi 524.
Süllapparate für Leimſchläuche | Grabheuſchrecken 501.
406. Gracilaria complanella 498.
Fütterung des Wildes 43.
Fütterungsanlagen 43.
Fundatrix 65086.
— rufipenella 498.
Gracilia minuta 297.
Grapholitha Buoliana 482.
Futterbaum für Vögel 146. J diniana 486.
Futterglocke für — 144. — duplana 484.
Futterhaus für — 144. —— duplicana 480.
Futterholz für — 146. - grossana 476.
| — nanana 478.
Galeruca alni 808. — nigricana 482.
— caprese 307. — ocellana var. lariciana 488.
— lineola 307. - pactolana 478.
— pinicola 811. — pinicolana 4886.
— zanthomelaena 309. | — pygmaeana 478.
Gallen 854. — resinella 485.
Gallmüden 495, — rufimitrana 482.
splendana 476.
Gallweipen 358. |
v- | strobilella 480.
—, echte 864.
Sanghofers Leimquetſche 407. — tedella 477.
Garrulus glandarius 108, 111. — turionana 484.
Gartenichläfer 80, 88. — Zebeana 487.
Gastropacha querous 440.
Gatter 40.
Generation 124.
Generationswechſel 355.
Geometra aescularia 455.
— aurantiaria 455.
— boreata 454.
brumata 451.
consonaria 465. |
consortaria 465. |
crepuscularia 465.
defoliarıa 454.
liturata 465.
piniaria 456.
— prosapiaria 465.
Geometridae 451. |
\ Grnamüden 140.
Grauſpecht 117.
grube 210.
‚ Großichmetterlinge 864.
‚, Gros ventre 78.
‚ Grüneinband 59.
Grünling 108, 118.
Grünſpecht 117.
‚ Gryllidae 501.
&ryllotalpa vulgaris 156, 501.
—
—
—
—
= ling 821.
Gaarwild, ſchädliches 24.
Häher 108, 111.
Geſetze zum Schutze gegen In⸗
Gomphocerus maculatus 504.
Gußpflanzung gegen Enger: —
Häutungsſpiegel 375.
Haintnopfhornblatimweipe 339.
' Halengänge 229.
Halias chlorana 465.
— prasinana 466.
| Haltica erucae 310.
Hamaus 80.
Harpalus aeneus 149.
— ruficornis 149.
— tardus 149.
Harzrüfjelläfer 216.
| Golbafteripinner, dımller 422. | Harzzündler 472.
| Hafe 70.
| Hafelbodtäfer, ſchwarzer 300.
‚ Hafeldidfopfrüßler 188.
Hafelduhn 107, 109.
Hafelmaus 80, 88.
Hafelnußbohrer 228.
Hauenfteind Leimringapparat
407.
Hauptſtämme (Mailäfer) 816.
Hauptwirt 506.
Hausbod 297.
Haustiere 11.
Hedenweißling 864.
Hegezeit (bet Hutung) 18.
Heliopathes gibbus 180.
Hemerobiidae 1850.
Hemicoccinae 524.
Hermelin 139.
Heterogonie 356.
Heteroptera 504.
Hibernia aurantiaria 456.
— defoliaria 454.
Hiemales 511.
Hirſchhornoel 48.
Hirundo 140.
Histeridae 149.
Hochleimen 161, 897.
Hochleimverfahren 408.
Hofmannſche Leimdofe 408.
Hohenheimer NRöhrenfalle 97.
Holzbohrer(Schmetterlinge)468.
Grohmanns Rüffelläferfang- | —, Sarefens 292.
Holzbräter 228, 284.
| Holzgatter 40.
| Holztaube, große 107, 110.
„+ Meine 107, 110.
Holzweſpen 351.
Homoptera 506.
Hoplia graminicola 887.
Hormomyia annulipes 498.
fagi 497.
Hornbaumfplintläfer 248.
Horniſſe, gemeine 860.
Horniſſenſchwärmer 466.
Hutperſonal 22.
Alphabetiiches Regifter.
Snjelten, Menge 132.
— nüglide 147.
Hutung 11.
Hühnerdolerabazillus 78.
531
' Kiefernbaftläfer, holzzerſtören⸗
der 249.
Hühnereintrieb 160, 447, 462. — phyſiologiſch Ichädliche 134. | —, mattichwarzer 249.
Hylastes angustatus 249. — ſchädliche 169.
— ater 249. — Schäaͤdlichkeit 134.
— attenuatus 249. — Gtellung im Syfiem 124.
— ceunicularius 249. — täufchende 186.
— decumanus 264. — techniſch Ichädliche 184.
— glabratus 264. — Berbreitung 129.
— opacus 249. Inſektenbekämpfungsmaß⸗
— palliatus 262. regeln 158.
Hylecoetus dermestoides 178. Inſektenfeinde 139.
Hylesininse 244. ‚ Infeltenherde 129.
Hylesinini 288. Inſektenlinien 129.
Hylesinus angustatus 249. | $nfeftenliteratur 128.
— fchmaler 249.
— ſchwarzer 249.
Kiefernbeſtandsrüſſelkäfer 214.
Kiefernblattkäfer, gelber 311.
— ſchwarzbrauner 311.
Kiefernborkenkäfer, ſechszäh—⸗
niger 277.
— zweizähniger 277.
— zwölfzähniger 276.
Kiefernbuſchhornblattweſpe,
blaßgelbe 348.
— gemeine kleine 340.
— ater 249. Inſettenſchäden Schugmaßres — rotgelbe 848.
— attenuatus 249. geln gegen 1386. : ieferneule 442.
— crenatus 244. | Infettigibe 161, 162, | Kieferngejpinftblattiwefpe, große
— cunicularius 249. ı Ips 269. | 844.
— fraxini 246. |— scuminatus 277. = rotlöpfige 346.
— Kraatzi 248. — amitinus 274. Kiefernharzgallenwidier 486.
— ligniperda 249. |— Cembrae 276. Kiefernholzmweipe,ftahlblaue858.
— zmicans 259. — curvidens 281. Kiefernfnofpenftecher 227.
— minor 256. -— erosus 281. Kiefernknoſpenwickler 484.
—- oleiperda 248. — heterodon 283. Kiefernfreuzichnabel 108, 114.
— opacus 249. — laricis 280. Kiefernläuje 518.
— palliatus 262. — proximus 281. - | Kiefernmarktäfer, großer 252.
— pilosus 268. — rectangulus 281. | _ Heiner 256.
— piniperda 252. — sexdentatus 276. Kiefernnadelmotte 491.
— vittatus 248. — spinidens 288. Kiefernnadelſcheidengallmücke
Hylobiini 194. '— suturalis 281. 498.
Hylobius abietis 196. — typographus 269. | Kiefernnadelwidler 486.
— piceus 211. - Vorontzowi 283. ı Kiefernpradhtfäfer, vierpunk⸗
— pinastri 195. Isaria farinosa 1685. tierter 174.
— tensa 328.
Solierungsgräben 206.
Hylophila prasinana 465.
Hylotrupes bajulus 297.
Hylurgus ligniperda 249. |
Hymengptera 127, 151, 887. : Jantes Leimſpritze 407.
Hypermetamorphoſe 181.
Hypudaeus glareolus 92. Johanniskäfer 336.
Julikäfer 337.
Ichneumon annulator 153. |Julus terrestris 157.
— nigritarius 158. "Sungfernzeugung 355.
Ichneumonidae 151. Junikäfer 336.
gel 189. | Jynx torquilla 140.
Jitis 189.
Imago 124. Käfer 126, 169.
Sinnengalle 854. Kahnſpinner 465.
Insecta hemimetabola 127.
— holometabola 126. Kamelhalsfliege 150.
Inſekten, Aufenthalt3ort 129. Kaninchen 71.
— Bau 124. Kaninchentyphus 79.
— Beweglichkleit 130. | Karbolineum 162.
— Einteilung 126. Kermes quercus 524.
— forftliche Bedeutung 132. Kernbeißer 108, 113.
—, Fortpflanzung 124. Kernkäfer 292.
— Trab 130.
Setichtes Leimbüchſe 407.
Kalten gegen Wildverbiß 48.
ı Kiefernbaftäfer, dünner 249.
Kiefernprozeifiongipinner 870.
Kiefernquirlwickler 484.
| Kiefernrindenwanze 505.
‚ Kiefernrüfjeltäfer, Heiner
' brauner 212.
Kiefernfaateule 448.
| Kiefernfamenzünsler 472.
Kiefernicheidenrüßler 227.
Kiefernſchwärmer 366.
Kiefernipanner,gebänderter465.
| — gemeiner 456.
| — veilgrauer 465.
| Kiefernipinner 429.
Kiefernſtangenrüſſelkäfer 215.
| Kieferntriebmidter 482.
Kiefernzapfenrüßler 214.
‚ Kiefernzmweigbodtäfer 302.
Kißelſche Rüſſelkäferfalle 208.
Klammergänge 229.
Kleinſchmetterlinge 471.
| Kletterlauffäfer 148.
" Anopfhornblattweipe, gelbbin=
| dige 339. Ä
34*
532
Knopfhornblattweſpe, veränder-
fihe 338.
Knopperngallmeipe 868.
Knoſpenſchützer 52.
Anofpenverbib der Eichhörnchen
Aonloinnen 359. |
Kontaligifte 162.
Korbmeivenblattfäfer 305.
Kotfänge 387.
Kotſacktiefernblattweſpe 347.
Krähen 142, 2086.
Kranoldſcher Grubber 416. |
Kreatolpillen 104.
Kreuzfchnäbel 108, 113.
Kreuzfpinne 167.
Krone (Lanz) 52. |
Kudud 140. |
Alphaberifches Hegifter.
Lamia surtor 30%.
— textor 801.
Lamiini 297.
Langrüßler 194.
Lanz'ſche Krone 52.
Lanz'ſcher Rindenhobel 62.
— NRindenftriegel 62.
‚ Zang’jches Stadelverfahren 63.
' Laphria 155.
Laris rudıbundus 140.
‚Rarve 124.
Lasiocampidae 429.
Lafer WMäufebazillus 101.
: Lasius fuliginosus 154.
| Saubheufchreden 504.
Laubholzbohrer, liniierter 288.
Laubholzbortentäfer, ungleicher
288.
Liparis chrysorrhoea 422.
— detrita 421.
— dispar 418.
— monacha 873.
— salicis 421.
— similis 428.
Lithobius forficatus 157.
Lithosia quadra 186.
Rodmausfalle 97.
Locustidae 504
Löfflers Mäufebazilus 99.
Lophyrus frutetorum 314
— nemorum 344.
pallidus 343.
pini 840.
rufus 843.
— similis 344.
— socius 344.
—
Rulturngrberber (Infelten) 128, | Laubholzpracittäfer, grüner 170. | Zotgänge 229.
131.
Kupferpräparate 163. |
Kurzrüßler 188.
Zachmöve 140. -
Lachninae 506.
Lachnus agilis 507.
— exsiccator 507.
— fagi 507.
— fasciatus 507.
— grossus 507.
— laricis 507. |
longirostris 507.
nudus 507.
picese 507.
pini 507.
pinicola 507.
quercus 507.
taeniatus 507.
tomentosus 507.
— vıminalis 507.
Lacon murinus 175, 176.
Zängdgänge 229.
Zärchenblaitwefpe, große 861.
— kleine 851.
Lärchenbüſchelwickler 488.
Lärchenläuſe 516.
Lärchenknoſpengallmücke 499.
Lärchenminiermotte 498.
Lärchenmotte 498,
Lärchenrindenwickler 487.
Lärchentriebmotte 490.
Lärchenwickler, grauer 486.
Lamellicornia 811.
Lamia aedilis 303. |
— fasciculata 302.
-- galloprovincialie 302.
— sartor 302.
Zaubjänger 140.
Lauftäfer 148.
Lecaniinae 519.
Lecanium aceris 520.
carpini 520.
corni 519.
hemiceryphum 520.
quercus 524.
— robiniarum 519.
Lediteine 56.
Leimbedarf 401.
Leimen, Ausführung 404.
— Einfluß auf Bäume 413
gegen Hylobius 204.
gegen Nonne 395.
Koften 410.
Vorbereitung 403.
— Beit 403.
eimpfähle 846.
Zeimquetfchen 407.
Leimringe 161.
Leimſchläuche 406.
Leimforten 400.
Leimſpritzen 406.
Zeimftangen 160.
Leimftridverfahren von Wappes
400.
Reinmeberfhe Miſchung 261.
Reitergänge 230.
Lepidoptera 127, 364.
Lepus cuniculus 71.
— timidus 70.
Lerchen 141.
Reuchtfeuer 161.
Libellula 156.
Limonius cylindricus 176.
Lindenpradtfäfer 173.
Liparidae 373.
Lotte Stahlbürfte zum Röten
409.
Loxia curvirostra 108, 114.
— pityopsittacus 108, 114.
Lucanini 312.
Luperus pinicola 311.
Lyda abietis 847.
— arvensis 849.
— campestris 347.
— erythrocephala 346.
hieroglyphica 347.
hypotrophica 347.
pratensis 344.
— stellata 844.
Lymantria dispar 418.
— monacha 378.
Lymantriidae 873.
Lymexylon navale 178.
Lymexylonidae 177.
Lytta vesicatoria 181.
Macaria liturats 465.
Macrolepidoptera 364.
Magdalini 226.
Magdalie duplicata 297.
— frontalis 227.
— memnonia 227.
— phlegmatica 227.
Maitäfer, gemeiner 312.
Malacosoma neustria, 438.
Marienkäfer 150.
Markeule, gemeine 442.
Maſtnutzung 22.
Mauerfegler 140.
Maulwurf 107, 139.
| Mautmwurfafalie 97.
Maulwurfsgrille 166, 501.
| Näufe 89.
Alphabetiiches Regiſter.
Mäufebuffard 141. Nabrungsgifte 168.
Mäufefallen 96. Nebenſtämme (Mailäfer) 815.
Mäufefeinde 96. Nebenwirt 506.
Mäufetyphusbazillus 99. : Nematus abietum 849.
Meifen 108, 140, 141. — ambiguus 350.
Meifendofe v. Bruhn 146. - angustatus 888.
Melandryidae 180. — alter 838.
Melasoma f. Chrysomela 308,
804, 305, 309.
compressus 850.
Erichsonii 851.
Meloidae 181. - gallicola 888.
Melolontha hippocastani 812. — laricis 351.
— ris 312. — parvus 350.
Melolonthini 812. — saliceti 338. |
Mennigen des Samens 87,115. — salicis 338.
Metallites atomarius 192. Saxeseni 350.
— mollis 192. '— septentrionalis 388.
Metamorphoje 124. |
Miorogaster globatus 153,480.
— glomeratus 151.
— solitarius 153.
Microlepidoptera 471.
Miesmuſchelſchildlaus 525. |
Migrans alata 506. ; — numismalie 866. |
Migrationen 506. — vesicator 857.
Mindarinae 508, | Niftgelegenheiten für Vögel 143, |
Mindarus abietinus 508. 144. |
Mollmaus 80. | Nifthöhlen von v. Berlepich 143
Nepticula sericopeza 498.
| Negflügler 127, 150.
' Neuroptera 127, 160.
_ Neuroterus baccarım 357.
- — lenticularie 356.
Molorchus minor 808. Niſthöhlen des Spechtes 121.
Mondfledbürftenipinner 427.
Mondvogel 866.
: Nitidulidae 149, 150.
Noctua aceris 441. |
Monochammus galloprovin- ' -- caeruleocephala 441.
cialis 802. '— Coryli 441.
— sartor 802. — griseovariegata 442.
— surtor 301. — lunaris 442.
Monophagen 181. — ochracea 442.
Mortzfelds Mifchung 47. - piniperda 442.
Motacilla 140. — segetum 450. |
Müller 386. — tritici 450.
Münftiches Punktierrad 61... | — valligera 448.
Muridae 89. — vestigialis 448.
Mus agrarius 89. ' Noctuidae 440.
— silvaticus 89. "Nonne 878.
Mausecicapa grisola 140. — Überfliegen 379.
Muttergänge 228. — Bertilgung 398.
Myelophilus minor 258. | Borbeugung 886.
— piniperda 252. Nonnenfadeln 386.
Myoxus avellanarius 80, 88. | Nonnenfalamitäten, Gefchichte
— glis 80, 87. der 384.
— quercinus 80, 88. ı Nonnenraupe, Krankheiten 389.
Myriapoda 157. — Barafiten 388. |
Myrmeleonina 151. | Ronnenfdjleier 398.
Myrmica rubra 154. Nonnenfpiegel 877.
Nonnitkalk 49. |
Nachfraß (Borlenkäfer) 229. Normal(Wilds)ftand 39.
Nachmaſt 23. ' Notodontidae 366.
Nadelholzbohrer, liniierter 284. | Nucifraga caryocatactes 108, |
Nageläfer 179. 111.
Nemoraea puparum 156.
533
Nützlichkeit der Tiere 8.
Nugholzborkenläfer, liniierter
284.
Nympha 124,
Oberea linearis 300.
— oculata 800.
Obermajt 22.
Obftbaumlarbolineum 49.
Obftbaumfplintfäfer, großer 248.
— kleiner 244.
Ocneria detrita 421.
Oenerostoma copiosella 492.
— piniariella 491.
Oligotrophus betulae 498.
Omias araneiformis 192.
Opatrum 180.
Ophion merdarius 153.
Orchestes fagi 228.
— quercus 226.
Orchestini 228.
Drdensband, braunes 442.
Orgyia antiqua 427.
— pudibunda -424.
— selenitica 427.
Oriolus oriolus 140.
Orthoptera 127, 156, 501.
Otiorrhynachus ater 186.
, — irritans 188,
— multipunctatus 188.
niger 186.
ovatus 188.
— planatus 188.
sensitivus 188.
— singularis 188.
Ötiorrhynchini 186.
ovipar 505.
Pachynematus montanus 850.
Pachytylus migratorius 504.
Panolis piniperda 442,
Panorpidae 1060.
Pantophagen 131.
Panzeria rudis 156, 445.
Papierdüten 54.
Vappelblattfäfer, großer roter
303.
— langhalfiger 308.
— Tleiner roter 304.
Pappelbodfäfer, großer 297.
— feiner 299.
Vappelglasichwärmer, Heiner
467.
Pappel-Rollrüffelläfer 185.
Parasitigena segregata 156,
888.
Paridae 108.
534
Parthenogeneſe 355.
Parus 140.
Pediaspis aceris 358.
— sorbi 359.
Pemphiginae 508.
Pemphigus bumeliae 510.
— bursarius 509.
marsupialis 509.
nidificus 510.
piceae 511.
piriformis 509.
populi 509.
Poschingeri 510.
protospirae 509.
— spirothecae 509.
— tremulae 509.
. Pernis apivorus 141.
Betroleumemulfion 162.
Pezzotettix alpinus 504.
Pflafterkäfer 181.
Phaenops cyanea 175.
Phalangida 157.
Phalangium parietinum 157.
Phalera bucephala 366.
Phycis abietella 471.
- elutella 472.
— splendidella 472.
— tumidella 473.
— Zelleri 473.
Phyllaphie fagi 607.
Phyllobiini 192.
Phyllobius alneti 194.
argentatus 194.
calcaratus 194.
glaucus 194.
oblongus 194.
Piri 194.
psittacinus 194.
urticae 194.
vespertinus 194.
— viridicollis 194.
Phyllodecta tibialis 807.
— vitellinae 806.
— vulgatissima 305.
Phyllopertha horticola 836,
Phylloscopus 140.
Phylloxeridae 511.
Physokermes coryli 520.
— piceae 520.
Phytodecta viminalis 808.
Phytophaga 2983.
Phytophagen 130.
Piei 108, 116.
Picromerus bidens 157.
Pictolin 76,
Picus canus 117
— viridis 117.
Alphabetiſches Negiiter.
| Pieridae 364.
Pieris crataegi 364.
Pikrofötidin 48.
Pimpla Holmgreni 486.
— instigator 153, 486.
I— Mussii 158.
— scanica 158.
Pineus orientalis 513.
— pini 518.
— sibiricus 518,
— strobi 513.
' Binienprozeifiongfpinner 372.
| Pirol 140.
‘ Pissodes Harcyniae 216.
— notatus 212.
— piceae 220.
— pini 214.
— piniphilus 216.
— scabricollis 219.
— validirostris 214.
Pissodini 212.
Pityogenes 269.
— bidentatus 277.
— bistridendatus 279.
— chalcographus 279.
— quadridens 279.
Pityophthorinae 283,
Pityophthorus exsculptus 284.
— glabratus 284.
— Lichtensteini 284.
— macrographus 284
— micrographus 288,
Pixolpulver 49.
Plätgänge 229.
Plagiodera versicolora 307.
Platypidae 292.
Platypus cylindrus 212.
Poecilonata conspersa 173.
— decipiens 173.
— ruotilans 173.
— variolosa 173.
Poecilus lepidus 149.
Pogonochaerus fasciculatus
302.
Polydrusus cervinus 193.
— micans 193.
Polyederfrantheiten 391.
Polygraphinae 266.
Polygraphus 2686.
— grandiclava 268.
!— polygraphus 267.
;— subopacus 268.
| Polyphagen 131.
Polyphylla fullo 335.
| Pomolin 48.
: Porthesia similis 423.
| Brachtläfer 169.
Pratincola 140.
Prays curtisellus 489.
PBrimärfraß 138.
Prionus coriarius 803.
Brobeleimung 887.
| Proeiphilus bumeliae 610.
: — nidificus 510.
| Broßäfung 65.
Prozeſſionsſpinner 867.
Pseudoneuroptera 128, 156.
Pseudophia lunaris 442.
| Pseudopoligraphus oembrae
| 268.
Psylla alni 606.
Psyllidae 508.
Ptelochlorus Roboris 507.
Pteromalus puparum 153.
Ptilinus 179.
Püdlers Glühapparat 416.
Pulvinaria betulae 520.
| Punttierrab (Münft) 61.
| Buppe 124.
Puppenbütten 892.
| Eyralidae 471.
Pyrrhocoris apterus 167.
| Pyrrhula vulgaris 108.
Quergãnge 229.
| Quetſchzange 159.
|
| Raben 141.
Rammellammer 228.
Rammen des Bodens 161.
Rapientia 1853.
Ratin 101.
Raubfliegen 155.
| Raubichmaroger (Anfelten) 133.
Raubweſpen 158.
ı Räuber (Infelten) 188.
Räucherapparate 98.
: Raupenfliegen 155.
ı Raupengräben 159.
Raupenleim 47, 204.
| Raupennefter, große 422.
— kleine 365.
Raupenzwinger 892.
Rebenſtecher 184.
Regenerationsfraß 230.
Regulus ignicapillus 141.
—— regulus 141.
Rehwild 66.
| —— 606.
Reptilien, nützliche 147.
Reußners Hochleimquettche 410.
Rhagium bifasciatum 303.
— indagalor 308.
— inquisitor 808.
Alpbabetifches Regiſter.
Rhagium mordax 803. Saateule, gemeine 460.
Rhapdophaga rosaria 497. Sackmotten 492.
— saliciperda 4986. : Sägebod 303.
— salicis 496. ı Salweibenblattläfer 307.
Rhaphidia 150. Salzleden 56.
Rhizomaria piceae 511.
Rhizophagus depressus 256.
Rhizotrogus solstitialis 836.
Rhodites rosae 858.
chens 81.
Sandkäfer 148.
Saperda carcharias 297.
Rhopalopus hungaricus 295. | — linearis 800.
Rhynchaenides 194. — oculata 390.
Rhynchites alni 184. — populnea 299.
— betulae 184. Sarcophaginae 156.
— betuleti 184. Saxeſens Holzbohrer 292.
— populi 1885. Saxioola 140.
Rhynchitidae 182, 188.
Rhynchophora 182.
Rbynchota 128, 157, 504.
Rhyncolus culinaris 227.
Rieſenameiſen 862.
Niefenbaftläfer 269.
Rieſenholzweſpe 353.
Rieſenſchnaken 500.
Rindenbrüter 228.
Nindenhobel (Lanz) 62.
Nindenfamtiliengang 229, 260.
Nindenrojen (Eiche) 247. Schildläuſe 518.
Rindenftriegel (Lanz) 62. Schildwanzen 157.
Ringeln durch) Eichhörnchen 85. : Schizoneura compressa 509.
Ningelipinner 488. | — lanuginosa 508.
Ringeltaube 107, 110. — ulmi 509.
Ninglerfche Leimguetiche 408. | Schlafapfel 358.
Ringſchälung 30. Schlafmäufe 80, 87.
Rivnacſche Baumfalbe 64. Schlagen dur Rotwild 36.
Nötelmaus 80, 92. Schlagruhe (gegen Hylobius)
Nöten der Stämme 404. 202.
NRojenapfel 358. Schlehenipinner 427.
Roſengallweſpe 358. Schlupfweſpen 151.
Roſenkäfer 836. Schmarogergallweipen 354.
Roplaftanienfroftipanner 455. | Schmarogerinfelten 133, 164.
Robtaftanienmailäfer 312. Schmarogerpilze (gegen Sn:
Schädlichkeit der Tiere 8.
Schäblingsvertilger 106.
Schälbeftände (Behandlung) 64.
Schälen dur Rotwild 29.
Schälen durd Eichhörnchen 85.
Schälſchutzmittel 54.
Schälurfachen 36. -
Schandls Leimſchlauch 406.
Scheinnetzflügler 128, 166.
Schermaus 80.
Schiffswerftkäfer 178.
Roſtameiſe 363. ſetten) 164.
Rotkehlchen 108, 140. Schmauchfeuer (gegen Nonne)
Rotſchwanz (Vogel) 140. 398.
Rotſchwanz (Spinner) 424. | Schmetterlinge 127, 364.
Rotwild, Schädlichkeit 25, 37. | Schmiermittel gegen Wildver-
Rüffelläfer 182, 186. biß 46.
— großer brauner 198. ı Schmierfeifenlöjung 162.
— Heiner brauner 195. Schnabelferfe 128, 157, 504.
Hüffelfäferfallen 208. Schneewürner 177.
Rüſſelkäfergräben 159, 206. Cchneiderbod 302.
Nüfternbeutelgallenblattlaus | Schnellläfer 175.
508, Schönfelders Stridhochleimap-
Nüfternblattgallenblattlaug parat 410.
509. Schonungäzeit (bei Hutung) 18.
- Rüfternblattrollenblattlaus Schuberths Miſchung 47.
509. ı Schufterbod 301.
535
Schughälfe gegen Hylobius 208.
Schutzkratzer (Flammiger) 61.
Schutzmantel gegen Engerling
321.
Schwabes Rüffeltäferfalle 208.
Samennahrung des Eichhörn- | Schmwärmer 366.
Schwalben 140.
Schwammſpinner, großer 418.
—, Heiner grauer 421.
Schhwarzipecht 116.
Schwarzwild 68.
Schwefelfalzium 49.
Schwefeltohlenftoff 76,104, 327.
Schweineeintrieb 22, 160, 447,
463.
Schwirrfliegen 1585.
Scarabaeidae 811.
Sciapteron tsbaniformis 467.
Sciurue vulgaris 81.
Scolytidae 228.
Scolytinae 238.
Scolytini 288.
Scolytus carpini 243.
— Geoffroyi 239.
intricatus 242.
— laervis 240.
multistriatus 240.
pruni 248.
Ratzeburgii 241.
rugulosus 244.
— scolytus 289.
Scythropus mustela 191.
Gelundärfraß 185.
Seitzſche Leimringmafchine 407.
Gentpflanzung gegen Enger»
ling 321.
Serics brunnea 837.
Serropalpus barbatus 180.
Sesia apiformis 466.
cephiformis 468.
conopiformis 468.
culiciformis 467.
formicaeformis 468
spheciformis 467.
tabanıiformis 467.
vespiformis 468.
Sesiidae 465.
Sexuales 506.
Sexupara 506.
Sialidae 150.
Siebenſchläfer 80, 87.
Silphidae 149.
Singdroffel 141.
Sinoxylon 179.
Sirex gigas 353.
— Juvencus 382.
— noctilio 353,
536 Alphabetiſches Regifter.
Sirex spectrum 353.
Sitones lineatus 194.
— Regensteinensis 194.
Sıtta caesia 140.
Storpionsfliegen 150.
Sommerichälen 30.
Sommertiere 511.
Sonnenwendfäfer 386.
Sorex pygmaeus 140.
— vulgaris 140.
Soricidae 140.
| Sturnus vulgaris 140.
Stugflügler 149.
| Stugfäfer 149. —
Sus scrofa 68. —
Sylvia 140. —
‚Syrphidae 156. —
Tabalextrakt 162. —
Tachina larvarum 438. _
Tachininae 158. —
Tactonomus holosericeus 176. | —
Spätihmwärmer 232. Talpa europaea 107. —
Spanner 451. Tannenbeulenglasſchwärmer —
Spathegaster baccarum 867. 468. —
— vesicator 357. | Zannenborlentäfer, Heiner 265. | —
Specht, dreigehiger 117. —, krummzähniger 281. —
—, weißrückiger 117. Tannenhäher 108, 111, 142. —
Spechte 116, 140. Tannenknoſpenwickler 482. _
Spechtmeiſe 140, 141. | Tannenläufe 513. —
Spechtringel 119. Tannennadelmotte 491. —
Spechtſchmiede 118. Tanentrieblaus 508. —
Sphingidae 366. Tannentriebwickler, rotköpfiger —
Sphinx pinastri 366. 482. —
Spiegeln (bei Nonne) 894. Tannentriebwidler, ziegenmel-
Spinnentiere 157. | ferfarbiger 480.
Spinner 429. Tannenwurzellaus 510. —
Spinnereule 441. Tauben 108, 110.
Spitzmäuſe 98, 139. Zaujendfüßler 157. —
Splintkäfer 238. Teer 204. —
Spondylis buprestoides 803. | —, präparierter 46. —
Sprengels Quetſchzange 169. Teleas laeviusculus 168, 435.| —
Springkaͤfer 175. — terebrans 153. —
Spritzpfahl (Engerling) 327. Tellereiſen zum Kaninchenfang —
Stammbrüter (Hyleſinen) 252. | 78. —
Staphylinidae 149. Tenebrionidae 180. —
Star 140, 141, 208. Tenthredinidae 387. —
Steatoda sisyphia 157. Tenthredo cingulata 186. | —
Steganoptycha diniana 486. | Terpentinanftrich der Fangrin⸗ —
— nanana 478. den 207. —
— pinicolana 486. Tetraneura ulmi 509.
— rufimitrana 482. Tetrao bonasia 107, 109.
Steinfohlenteer 45. — tetrix 104, 109. |
Steinfriecher 187. — urogallus 107, 108. —
Steinſchmätzer 140. Tetraonidae 108. —
Sterngänge 229. Tetropium fuscum 297. —
Stiefelgänge 229. — laridum 206.
ı Tomicini 238.
'Tomicus abietis 266.
acuminatus 277.
amitinus 274.
autographus 269.
bidentatus 277.
bistridentatus 279.
Cembrae 276.
chalcographus 279.
cinereus 266.
curvidens 281.
dispar 288.
domesticus 287.
dryographus 291.
erosus 281.
eurygraphus 292,
exsculptus 284.
glabratus 284.
heterodon 283.
intermedius 266.
laricis 280.
Lichtensteini 284.
lineatus 284.
macrographus 284.
micrographus 283.
monographus 290.
piceae 265.
proximus 281.
pusillus 266.
quadridens 279.
Saxeseni 292%.
rectangulus 281.
saltuarius 266.
sexdentatus 276.
signatus 288.
spinidens 283.
suturalis 281.
typographus 269.
Vorontzowi 283.
Tortricidae 478.
ı Tortrix ferrugana 475.
histrionana 476.
murinana 480.
piceana 4885.
viridana 473.
Totenubr 179.
Stilpnotia salicis 421. Thaumetopoea |.Cnethocampa Tremex fuscicornis 353.
Stodrodung gegen Hylobius | 367, 370, 872. — magus 853.
201. Thaumetopoeidae 867. Trichiosoma lucorum 389.
Tiefleimen 161, 897. Zrichterwidier 184.
Tipula crocata 501. Triftverlaßtabelle 20.
Stomaphis quercus 507.
Streifenigälung 30.
Streuharken 161, 446, 461. | — flavolineata 501. Triftzüge 20.
Strigidae 140. |< pratensie 501. Trigonaspis megaptera 356.
Strophosomus coryli 190. Tipulidae 600. — renum 857.
— lateralis 191. |
— obesus 190.
Etufenfchälung 80.
Tischeria complanella 498. | Trinugulinus 181.
Tmetocera ocellana var. lari- Trochilium apiforme 466.
ciana 488. | Trodeneinbanb 59.
Alphabetiſches Regiſter.
Troglodytes 140.
Trogositidae 149, 150.
Troilus luridus 1587.
Trumps Miſchung 49. Wanzen 504.
Trypodendron s. Xyloterus Wanzenbäume 120.
284. ı Wappes Leimftridverfahren
Turdus merula 141. | 408.
— musicus 141. Waſſer, heißes (Anjektizid) 162.
Zurmfalle 141. Waſſerflorfliegen 150.
Zurteltaube 107, 110. Waſſerratte 80.
Turtur turtur 107, 110. Weberbod 301
Weberknecht 157.
Überjährigfeit 125. Webſpinne 157.
Überwinterungsftadium der In⸗ Weichläfer 177.
ſekten 125. ' Weidebann 18.
Ulmenbaftläfer, bunter 248. Weidediſtrikt 20.
Ulmenbiattläfer 309. Weidenblattkäfer, gelbroter 308.
Ulmenfplintläfer, großer 239. | —, Heiner 305.
—, Meiner 240. Weidenblattweſpe, braungelbe
—, mittlerer 240. 388.
Ulmenwollſchildlaus 524. ı Weidenbodfäfer,rothalfiger 300.
Untermaft 22. Weidenbohrer 468. .
Upupa epops 140. Weidengallenblattweſpe 388.
Uroceridae 881. Weidenglasſchwärmer 468.
' BWeidenholzgallmüde 496.
Verbiß durch Rotwild 26, 44. . Weidenlahnipinner, grüner 466.
Berbipfchugmittel 44. Weidenmarkblattweſpe 388.
Bergiften d. Mäuſe 102. | eidenrutengallmüde 4986.
Berhanfen 53. Weidenſchildlaus 626.
Vespa crabro 860. ı Weidenjpinner 421.
| Waller 3356.
| Walters Qeimapparat 51.
ı Banderheujchrede 504.
— vulgaris 861. Weidenutzung 11.
Vesperugo discolor 140. Weideplan 20.
— noctula 140. ı Weidevieh 15, 21.
— pipistrellus 140.
Vespidae 158, 358. Weißlinge 364,
Biehaustrieb 21. ı Weißpunttrüffelläfer 212.
Bieheintrieb (Schädlichkeit) 12. Weißtannenrüſſelkäfer 220.
Biehgattung 15. | Wendehald 140.
Biehmenge 16. | Werftläfer 177.
Bierpunttipinner 186.
Weidezeit 21.
vivipar 506. | — gegen Hylobius 205.
Bögel 107. Werre 501.
Bormaft 28. Weſpe, gemeine 361.
Sorwurfreilig für Mäufe 95. Weipenbuffard 141.
| Widel (Lanz) 82.
Bagegänge 229. Widier 473.
Baldgäriner 252. ‚ Wiedehopf 140, 141.
Waldheil Thomcdes 48. Wieſel 139.
Waldmailäfer 313. Biefenichnafe 501.
Waldmaus 89. Wildarten, jchädliche 24.
Baldpflege 1. | Wilbfeaßfett 48.
Waldſpitzmaus 140. Wildleim, Haller 48.
Waldweide 11. | Wildlucafin 48.
Waldwühlmaus 80, 92. Wildſchutzfett 48.
Baldhühner 107, 108. | Biefenfhmäger 140.
|
537
Wildverbißfett 48.
Winterfütterung f. Vögel 145.
Winterfaateule 450.
Binterichälen 80.
Rintertiere 511.
Ripfelfranfheit 889.
Ritterungsverhältnifie als
Schuß gegen Inſekten 163.
Witted Engerlingseiſen 161,
326.
Wollſpinner 378.
Bühlmans, große 80, 91.
Bühlmäufe 90.
Wühlratte 80. .
Wurzelbrüter (Hylejinen) 248.
Xestobium 179.
Xiphydria dromedarius 858.
Xyleborinae 288.
Xyleborus dispar 288.
— dryographus 291.
— eurygraphus 292.
— monographus 290.
— Saxeseni 292.
Xylechinus pilosus 268.
Xyloterinae 284.
Xyloterus 284.
— domesticus 287.
— lineatus 284.
— quercus 288.
— signatus 288.
| Yponomeuta cognatella 490.
— evonymella 490.
— malinella 490.
| padella 490.
— padi 490.
— variabilis 490.
Yponomeutidae 488.
Wergen gegen Wildverbiß 53. | Zangenbürfte (Scherz) 51.
Aangenfalle 97.
Bapfenichmiede 118.
| Bauntönig 140.
BZertreten durch Rotwild 37.
Zeuzera pyrina (Aesculi) 470.
Biegenmeller 140.
Bimmerbod 803.
Boophagen 130.
Bünsler 471.
Zürners Lockmausfalle 97.
Zweiflügler 127, 156, 496.
Zwergfledermaus 140.
Zwergſpitzmaus 140.
Zwiſchenfraß 229.
| 53 506..
Drud von B. G. Teudner in Leipzig.
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
DIE KULTUR DER GEGENWART
IHRE ENTWICKLUNG UND IHRE ZIELE
HERAUSGEGEBEN VON PROF. PAUL HINNEBERG
Die „Kultur der Gegenwart“ soll eine systematisch aufgebaute, geschichtlich begründete
Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur darbieten, indem sie die Fundamentalergebnisse der
einzelnen Kulturgebiete nach ihrer Bedeutung für die gesamte Kultur der Gegenwart und für deren
Weiterentwicklung in großen Zügen zur Darstellung bringt. Das Werk vereinigt eine Zahl erster
Namen aus allen Gebieten der Wissenschaft und Praxis und bietet Darstellungen der ein-
zelnen Gebiete jeweils aus der Feder des dazu Berufensten in gemeinverständlicher, künstlerisch
gewählter Sprache auf knappstem Raume. Jeder Band ist inhaltlich vollständig in sich ab-
geschlossen und einzeln käuflich.
Von Teil III Mathematik, Naturwissenschaften, Medizin sind u. a. erschienen:
Abstammungslehre, Systematik, Paläontologie, Bio-
geogr aphie. Unter Redaktion von R. Hertwig und R. v. Wettstein. Mit 112
Abbildungen. [X u. 6125.) Lex.-8. 1913. Geh. M. 20.—, in Leinwand geb. M. 22.—,
in Halbfranz M. 24.—
Inhalt: Die Abstammungslehre. Von R. Hertwig. — Prinzipien der Systematik mit beson-
derer Berücksichtigung des Systems der Tiere. Von L. Plate. — Das System der Pflanzen. Von
R.v. Wettstein. — Biogeographie. Von A. Brauer. — Pflanuzengeographie. Von A. Engler. —
Tiergeograpbie. Von A.Brauer. — Paläontologie und Paläozoologie.. Von O. Abel — Paläo-
botanik. VonW.]J. Jongmans. — Phylogenie der Pflanzen. Von R.v. Wettstein. — Phylogenie
der Wirbellosen. Von K. Heider. — Phylogenie der Wirbeltiere. Von J.E. V.Boas.
Zellen- und Gewebelehre, Morphologie und Entwick-
lungsgeschichte. Unter Redaktion von FE. Strasburger und O. Hertwig
ı. Botanischer Teil. Unter Redaktion von +E.Strasburger. Mit ı35 Ab-
bildungen. [VIlIu. 338S.] Lex.-8. 1913. Geh. M. 10. -, in Leinw. geb. M. 12.—,
in Halbfranz geb. M. 14.—
Inhalt: Pflanzliche Zellen- und Gewebelehre. Von +E. Strasburger. — Morphologie und
Entwicklungsgeschichte der Pflanzen. Von W.Benecke,
2. Zoologischer Teil. Unter Redaktion von O. Hertwig. Mit 413 Abbil-
dungen. [VII u. 538S.] Lex..8. 1913. Geh. M. 16.—, in Leinw. geb. M. 18.—,
in Halbfranz geb. M. 20.—
Inhalt: Die eiunzelligen Organismen. Von R. Hertwig. — Zellen u. Gewebe des Tierkörpers.
Von H. Poll. — Allgemeine u. experimentelle Morphologie u. Entwicklungslehre der Tiere. Von O,
Hertwig. — Entwicklungsgeschichte u. Morphologie der Wirbellosen. Von K. Heider. — Entwick-
lungsgeschichte der Wirbeltiere. Von F. Keibel — Morphologie der Wirbeltiere. Von E.Gaupp.
Allgemeine Biologie. Unter Redaktion von FC. Chun und W. Johannsen.
Erscheint im Herbst 1914.
Inhalt: Zur Geschichte der Biologie von Linne bis Darwin. Von E.Rädl. — Die Richtungen
der biologischen Forschung mit besonderer Berücksichtigung der zoologischen Forschungsmethoden.
Von A. Fischel. — Die Untersuchungsmethoden des Botanikers. Von O. Rosenberg. — Zur
Geschichte und Kritik des Begriffes der Homologie. Von H.Spemann. — Die Zweckmäßigkeit.
Von O.zur Strassen. — Die allgemeinen Kennzeichen der organisierten Substanz. Von W. Ost-
wald. — Das Wesen des Lebens. Von W.Roux. — Lebenslauf, Alter und Tod des Individuums.
Von W.Schleip. — Protoplasma; Zellenbau, Elementarstruktur, Mikroorganismen, Urzeugung. Von
+B. Lidforsa. — Durch Licht verursachte Bewegungen der Chromatophoren. Von G. Senn. —
Mikrobiologie. Von M.Hartmann. — Entwicklungsmechanik tierischer Organismen. Von E.La-
queur, — Regeneration der Tiere. Von H.Przibram. — Regeneration und Transplantation im
Pflanzenreich. Von E.Baur. — Fortpflanzung im Tierreiche. Von E.Godiewski. — Fortpflanzung
im Pflanzenreiche, Von P. Claußen. — Periodizität im Leben der Pflanze, Von W.Johannsen, —
Gliederung der Organismenwelt in Pflanze und Tier. Wechselbeziehungen zwischen Pflanze und Tier.
Von O. Porsch. — Hydrobiologie (Skizze ihrer Methoden und Ergebnisse). Von P. Boysen-
Jensen. — Experimentelle Grundlagen der Deszendenzlehre, Vererbung, Variabilität, Kreuzung,
utation. Von W. Johannsen.
Probeheft (mit Vorwort des Herausgebers, Inhaltsübersicht des Sonder-Prospekte
Gesamtwerkes, Autorenverzeichnis, Probestücken) sowie
über die erschienenen Bände umsonst vom Verlag
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
Der Waldbau oder die Forftproduktenzucht. von Dr. Carl
Deyer, weil. Profeffor an der Univerfität Gießen. 5. Auflage in neuer Bearbeitung
in 2 Bänden herausgegeben von Dr. Richard Heß, o. d. Drofeffor der Sorftwiffen-
haft, Direftor des Sorftinftituts an der Univerfität Gießen
l. Band. Dorbereitender Teil. Mit 331 Holzfenitten. x u. 518 S.] gr. 8.
1906. Geh. M. 7.—, in Halbfranz geb. M. 9
Il. Band. Angewandter Teil. Mit 57 olsihnitten. [VIu.302$S.] gr.8. 1909.
Geh. M. 5.—, in Halbfranz geb. M. 7.—
„Ein Wert, das 2a zwei Menfcenalter hindurch behaupten kann, muß eine wunderbare Cebenskraft
und große Dorsüge figen. Als folde find vor allem die Überfitlichletitfeiner Anordnung,
feine flare und allgemetinverftändlide Darftellung wiedtevortrefflihe Schilderung
desLebens der Bäume und Beftände, ihrer äufammenfegung, Begründung und Pflege
rühmend hervorzuheben. Ste haben dem Buche die weite Derbreitung im In» und ausland ver:
ſchafft, fie find es auch, welche nody heute bei der Frage nadı einem Handbuche des Waldbaues für Studierende
in eriter Linte immer noch fo oft die Antwort ‚Heger’ zur Solge haben.” (Forftliche Rundfchau.)
Anleitung zur Waldwertrechnung. Don Dr. Guftav Beyer, Ge
heimer Regierungsrat, weil. Profeffor an der Univerfität München. Mit einem Ab-
riß der forftlihen Statik. A. Auflage, in teilweife neuer Bearbeitung herausgegeben
von Dr. Karl Wimmenanuer, Profeffor der no eteeifienfhan an der Univerfität
Gießen. [XX u. 337 S.] gr. 8. 1892. Geh. M. 6.80, in Halbfranz geb. M. 8.—
Die Folgerungen der Bodenreinertragstbeorie für die Er-
ziebung und die Umtriebszeit der wichtigften deutfchen
Dolzarten. Bearbeitet in Derbindung mit mehreren Sachgenoſſen. Don $Sorft-
meifter Dr. B. Martin, Profeffor an der Königl. Sorjtatademie zu Tharandt. In
5 Bänden. gr. 8. Geh. M. 30.— Einzeln:
I. Band, enthaltend 1) Nationalölonomifdhe Grundlagen. 2) Unterfuchungen über
Umtriebszeit, Boden» und Waldrenten in reinen Buhenhodwaldungen. [Vlil u.
281 S.] 1894. Geh. M. 6.—
il. Band, enthaltend 3) Volks⸗ und ftaatswirtfchaftlihe Sufäge. 4) Die Weißtanne.
[VII u. 282 S.] 1895. Geh. M. 6.—
III. Band, uthaltend 5) 5) Soll» und Beförderungs-Politit. 6) Die Kiefer. [XII u. 249 S.]
18 €
IV. Band, enthaltend 7) Die Eiche im hochwaldbetrieb. [VIIIU.2745.] 1898. Geh. m.6. -
V. Band, enthaltend 8) Die Fichte. 9) Sonftige Holz» und Betriebsarten. 10) Die
Aufgaben der forftlihen Statit. [IV u. 272 S.] 1899. Geh. M. 6.—
Die Waldungen des Königreichs Sachfen in bezug auf
Boden, Beltand und Befitz nach dem Stande des "Jahres
1980. Don Dr. franz Mammen, Privatdozent an der Kal. Sächſ. Sorftatademie
3u Tharandt. Mit 34 tabellarifchen inogltungen im Text und 2 tabellarifchen
Anhängen. [IV u. 331 S.] 4. 1905. Geh. M. 16.—
Gewerbekunde der Dolzbearbeitung. Leitfaden für Fachſchule und
Hraris. Don Infpettor Jolef Orokmann.
1.Band. Technologie des Holzes. Mit 81 Tertabbildungen und 7 Tafeln
mit 63 farbigen Abbildungen der widhtigften in- und ausländifchen Holzarten.
[V u. 120 S.] Geb. M. 2
. Band. Die Wertzeuge und Mafdhinen der Holzbearbeitung. Mit 306
Abbildungen [VIII u. 208 S.] Geb. M. 2.40.
n Bud, das ſich friſch und fiher auf den Boden efunder Unmittelbarteit und mitten in die Der-
ae des täglichen 1 Demerbeichens ftellt. Der Derfafler bezeichnet das Bud als Leitfaden für Sort.
tldungstchulen, es wird aber auch den organifierten Baugewerkſchulen und über dieſe hinaus dem Bau⸗
gewertsmeifter und auch dem Ardhitelten vorzüglice Dienfte Ietften. Eine Bearbeitung des ſchwie⸗
tigen Stoffes tn dtefer flaren, anfprudslofen, umfihtigen und erihöpfenden Art
hat uns, fo unglaublich es erſcheint, jetthergefehlt. Alle überflüflige Pfeudogelehrtheit Ift vermieden,
die Hare Gliederung a Arie eine fließende, ſchlichte Sprache unter et die uns ſchier plaudernd padt
und daher mit ungef Nachdruck ins Gedächtnis geht. — Diele Illuftrationen unterjtügen hebt
35 bunten Saferihni tten ar tafche Deritändnis des Tertes. Es gibt taum eine eher Zrage innerhalb
der Uttelgrenzen moen des Buches, auf ie es feinen vollwertigen Aufſchluß gewährt. Es hieße hier fein gelamies
Inhaltsverzeichnts der Beſprechung unterjtellen, wollte: man in richtiger Wägung auf einzelnes hinwelfen.”
(Deutfche Bauhütte,)
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
rt . h, ul
Der deutfche Wald. Karin mie 19 Abbiioungem und 2 Karten dei, Mir
in Leinwand geb. M. 1.25.
Scildert unter befonderer Berüilhtigung der geſchichtlichen Entwidlung die Lebensbedingungen und
den Zuftand unferes deutfchen Waldes, die Verwendung feiner Erzeugniife jowie feine günftige Ein-
wirkung auf Klima, Sruchtbarkeit, Sicherheit und Geſundheit des Landes und erörtert zum Schluffe die
Pflege des Waldes und die Aufgaben feiner Eigentümer — ein Büdlein alſo für jeden Waldfreund.
Naturftudien. Don Drofelfer Dr. K. Kraepelfn. Mit Zeichnungen von ©. Shwindra3-
m 320 | in fernen Zonen. Geb. ............- m. 3.60
{m Garten. 3. Auflage. m. 360 I Volksausgabe. Eine Auswahl. Deranitaltet vom
{n Wald und Feld. 3. Auflage. Geb. M. 3.60
{n der Sommerfrifche. 2. Auflage. Geb. M. 3.60
„a... Die Dorzüge der Kraepelinichen Naturichilderungen liegen in den interelfanten Beobadıtungen,
der Lebenbigteit des Dialogs, der anregenden Darftellungsmweife und einer populären Schreibart, daß
felbft gebildete Erwachſene mit Dergnügen das Bud; leſen und es mit Dorteil benußgen.”
(Jugendfchriften-Karte.)
3 Eine Anleitung zu ihrer Beftimmung. Die höohHeren
Die Pflanzen Deutfchlands. Siransen. Dan meil.Dr. ©. Wünfche. 9, Auflage,
bearbeitet von Dr. 3. Abromeit. In Leinwand geb. M. 6.—
„... Den Anfänger auf möglichit fchnelle, ſichere und zugleich intereifante Weife in das Reid der
deutfchen Pflanzen einzuführen, tit der Swed des vorliegenden Buches, welches bereits in neunter Auflage
erſcheint. Es zeichnet fi durch möglidhite Kürze und Genauigkeit, Auswahl augenfälliger, leicht wahr:
nehmbarer Merkmale zur Begrenzung der einzelnen Samtlien, Gattungen und Arten, überſichtliche
Darftellung dtefer Unterfchtedsmerfmale bejonders aus. Sicherli wird auch die neunte Auflage des
beliebten und belannten ‚Wünfche‘ neue Sreunde und Gönner erwerben.”
(Zentralblart für Pharmazie und Chemie.)
Die verbreitetften Pflanzen Deutfchlands. “in Atungsbuä für den
Unterriht. Don weil. Dr. ©. Wünfche. 6. Auflage, herausgegeben und bearbeitet von Profeflor Dr.
B. Skorler. Mit 526 Umrißzeihnungen. In Leinwand geb. M. 2.60.
„Die Auswahl der Pflanzen it überall eine durchaus ſachgemäße, und die Anzahl der aufge
nommenen Arten jo reichlich, da s Bud dem Anfänger gewiß längere Seit ein guter Sührer fein
wird. Redt pratij find am Schluß des Buches Tabellen zum Beſtimmen der Holzgewächſe nach dem
Laube. — Das auch Außerlih fchmude Büdlein ſei beitens empfohlen.” potheker-Zeitung.)
‚ Ihre Namenserflärung und ihre Stellung in der Mythologie und im
Unfere Pflanzen. Doltsaberglauben. Don Dr. franz Söhne. 5. Auflage. Mit Buch
ſchmuck von J.D. Cifſarz. In Leinwand geb. M. 3.—
„In reiht anregendem Tone werden hier die deutſchen Namen der belannteren Pflanzen erläutert
und dabei mandye Mär und manches Kulturkuriofum berichtet. Das eigenartige Bud, das fomtt in ge
fälliger Sorm Botantt, Philologie, Uulturgeſchichte und Dollstunde wie verſchledene Blumen zu einem
bunten Strauß vereinigt, iſt eine jehr erfreulie Erſcheinung. die wir unferen Lefern warm empfehlen
wollen.” (Deutfche Hipenzeitung.)
Exkurfionsflora in Nord- und Mitteldeutfchland. Su asn
itimmen der im Gebiete einheimtjchen und häufiger kultivierten Gefäßpflanzen für Schüler und Calen von
Profeſſor Dr. K. Kraepelin. 7., verbeiferte Auflage. mit 616 Holzjcanitten. In Leinwand geb. M. 4,50.
3 3 Eine Bluͤtenbiologie in Einzelbild . Dr. 6. Worgitzky.
B lütengebeimniffe. mit 47 Abbildungen, Buc —— on Ciifarz Ar einer
farbigen Tafel von P. Slanderky. 2. vermehrte Auflage. In Leinwand geb. M. 3.—
„Die Darftellung iſt lebendig und Mar; die jeder Art beigegebenen ſchematiſchen Abbildungen von
Blütenumrifien und »durchichnitten tragen wefentlih zur Erleidhterung des Derftändniifes bei. Das
Wert ift in feiner jetigen Geitalt fehr braudbar und tann allen, die ftd mit Blütenbiologie ee die
wollen, beitens empfohlen werden. Das Büdlein eignet fidh zu Schulprämtien und als Geichent für die
reifere Jugend.“ (Naturwiffenfdhaftliche Rundfchau.)
. Don weil. Profelfor B. Landsberg.
Streifzüge durch Wald und flur. Eine Anleltung zur Beobadıtung der
heimiſchen Natur in Monatsbildern. Sür Haus und Schule bearbeitet. 4. Auflage. Mit Original-
zeihnungen von Srau h. Landsberg. In Leinwand geb. M. 5.—
n... Niemand mehr, der diefes Buch als feinen Sührer erwählt hat, wird gleihgültig im Sreien
herumgehen, fondern er wird überall und jederzeit etwas finden, das ſeln Denken beihäftigen wird... .”
(Kiterarifche Rundfchau.)
Einführung in die Biologie. mi 54 Abbiungen, 5 farbigen Tafeln unb
2 Karten. Geb. IM. 4,80.
„Ein weitfchichtiger Stoff iſt mit ſouveräner Beherrfdjung unter Beſchränkung auf das Wefentlihe
knapp vorgeführt. Jeder wird in diefem Bude mit hohem Genuß und Mugen lefen und zugeben müffen,
daß hier in der Tat ein Schag koſtbarer Gedanken überfichtlid ausgebreitet liegt.“
(Deutfche KLiteratur-Zeitung.)
1... Ein zoologifches Werk, das als klaffifch bezeichnet werden muß,....
eine ungewöhnliche und geradezu glänzende Leiftung. . . .*
(Prof. €. Keller, Prof. an der Ten. Hochſchule Sürich, in der Neuen Zürcher Zeitung.)
Neffe und Doflein
Tierbau und Tierleben
in ihrem Zufammenbang betrachtet
2 Bände von ca. 1800 8. Lex.-8. Mit 1220 Abbild. Towie 35 Tafeln
in Schwarz- und Buntdruck nah Originalen von W. Engels, 5. Genter,
W. Heubad, €. £.H5$, E. Kifling, W. Kuhnert, B.Liljefors, €. Mercu-
liano, £. Müller-Mainz, P. Heuenborn, ®. Dollrath u. a.
In Original-Ganzleinen geb. je M. 20.-, in Original-Balbfranz je M. 22.—-
I. Der Tierkörper als LI. Das Tier als
felbftändiger Organismus | Glied des Naturganzen
Don Dr. R. Deffe Don Dr. f. Doflein
Profeſſor an der Untverfität Bonn Drofeifor an der Uintverfität Sreiburg i. Br.
Aus der gewaltigen Sülle naturwiffenfhaftliher Schriften und Bücher, hervorgerufen
durch das in immer weitere Kreife dringende Derlangen nad naturwiſſenſchaftlicher
und hauptſächlich biologifher Erkenntnis, ragt das Werk von Hefe und Doflein in
mehr als einer Beziehung hervor. Sid nicht auf eine Befchreibung der einzelnen
Tiere befhräntend, fondern in meifterhafter Weife das Tnpifche, allen Lebewefen
Gemeinfame herausgreifend, [hildert es auf Grund der moderniten Sorfchungsergebniffe
die tierifhe Organifation und Lebensweife, die Entwidlungs-, Sortpflanzungs- und
Dererbungsgefetge, die Abhängigkeit der einzelnen Teile vom befamtorganismus und
wiederum deren Einfluß auf das Ganze, kurz, alle die Sragen, die heute den Sorjcher
wie den intereffierten Laien bewegen. Dabei vereinigt das Werk mit unbedingter wiffen-
ſchaftlicher Suverläffigteit eine jeltene Klarheit der Sprache, die eine Lektüre desfelben
für jeden Gebildeten zu einem Genuß geftaltet. Eine große Anzahl künſftleriſcher Bilder
und Tafeln, von erften Künftlern befonders für das Wert hergeftellt, unterftügt den
Tert, fo daß die innere wie äußere Ausftattung als hervorragend bezeichnet werden muß.
Hus den Befprechungen:
. Das vorliegende Bud} bietet in mehrfacher Binfiht eine bedeutungsvolle Bereidherung der
bfologffchen Kiteratur.... . Es eriitierte ſeither noch feine allgemeine, jo weit: und tiefgehende Dar⸗
ftellung diefes swedmähigen Suiommenhangs zwiſchen Bau und Wirkungsweijfe der tiert! de Organe,
wie fte jet in dem vorliegenden Werte mit be chender Meiſterſchaft geboten wird.”
(Zeitfchrifr für Forft- und Jagdwelen.)
Man darf daher wohl fagen, dab, vom Standpuntte des Sorftimannes und Jägers betrachtet, vor»
—* Werk die naturnotwendige Ergänzung von Diezels Niederjagd bildet und daher auf dem
Buchertiſch der Forftleute und Jäger nicht fehlen darf. Der Beſig des einen Buches erhöht
den Wert des andern.” (Der praktifche forftwirt.)
. Die Hoffnungen, die man allerfeits darauf geießt, nd voll und ganz erfüllt. Der glänzenden
Husftattung entfpricht der gedfiegene und che Inhalt. Ein ungeheuer grobes tertal ift
hier 3zufammengetragen und kritiſch verarbeitet, und jeder, der Einblid darin hat, wie ſchwierig die
eihaffung des in der, ganzen Weltliteratur seritreuten Watertals iſt, fann dem utor feine Bewundes
rung nicht verjagen. Überall ift die vergleichende Methode angewandt, vom Einfachen zum Komplizierten
fortiäreltend. — Die Darftellung tit durchweg Mar und teiäht berjtändiic, fo dab am Oebildete
das Buch ohne Schwierigkeit lefen kann. Und jeder ge t sum wentgiten der loge) wird
durch die Lektüre desfelben reiche Belehrung erfahren und auf eine Menge intereijanter En mmenhänge
aufmertfam gemadt, an denen er bisher achtlos vorübergegangen fit. Huch der Forftmann und
Jagdfreund wird viele Dinge darin finden, £ die ihn interefileren. Dem ausgezeihneten Bude tft die
weitefte Derbreitung zu wünjden.” Maturwiſſenſch. Zeitichrift für Land- u, Forftwirtfchaft.)
Ausführlider und illuftrierter Profpett umfonft und poftfrei vom
Verlag von B. 6. Teubner in Leipzig und Berlin