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Full text of "Die Kirchengeschichte von Spanien"

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H.TA 

LIBI 






Die 



KirchengescMchte 



von 



Spanien. 



Von 



Pins Bonifacins Oams 

0. 8. B. 


Erster Band. 

s drei ersten Jahrhunde 


• 

Regensburg. 

Verlag von Georg -Joseph Manz. 

18C2. 



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N 



Erster Band. 
Die drei ersten Jahrhunderte. 



I 



TS2r-Tr 






VORWOET. 



Das ChristentliTiin drsdig durcli die Länder der Erde — 
im Schweigen und in der Verborgenheit. Dieses gilt besonders 
von den Ländern des Abends, von Afrika, Spanien, Gallien, 
Britannien, Germanien. Sollte es mir gelungen seyn, das 
Dunkel, welches über der Verbreitimg des Christenthums 
in Spanien herrscht, durch einzelne Lichtblicke erhellt zu 
haben, so hätte ich Grund zur Freude und zum Danke. — 
Mich hat besonders die mächtige Persönlichkeit des Bischofs 
Hosius von Corduba zu dieser Arbeit gezogen, und bei ihr 
festgehalten. Ich bezweifle , ob seine Verdienste um die Kirche 
gebührend gewürdigt sind, und ob die Nachwelt seinem Ge- 
dächtnisse gerecht geworden ist. 

Als am 21. Januar 259 der Martyrbischof Fructuosus von 
Tarragona zum Tode geführt wurde, antwortete er einem 
Christen, der seine Hand ergrüBFund ihn bat, seiner eingedenk 
zu seyn, mit lauter Stimme: Ich muss der katholischen Kirche 
eingedenk seyn, welche vom Morgenlande bis zum Abendlande 
ausgebreitet ist. Fün&sig Jahre später gieng ein Mann von 
Spanien aus, der in seinem weltumfassenden Geiste und Herzen 



VI Vorwort 

die ganze Kirche trug, der den grössten Einfluss hatte auf 
die Umwandlung des heidnischen in das christliche Weltalter, 
der die ganze Kirche auf den Synoden von Nicäa und Sardica 
um sich schaarte und einigte , der das Ansehen des römischen 
Stuhles im Morgen- und Abendlande hob, an dem Athanasius 
mit innigster Liebe und Verehrung hieng, den er den Vater 
der Bischöfe nannte. Wie der grosse Athanasius, so ist der 
grosse Hosius würdig der Liebe und des unsterblichen Ange- 
denkens aller christlichen Geschlechter. Dieser Mann starb, 
nachdem er mehr als sechzig Jahre Bischof gewesen, und 
mehr als hundert Jahre alt geworden war, zu Sirmium in 
Pannonien am 27. August des Jahres 357 als ein Verbannter 
und leidend für die Kirche, welcher er zwei Menschenalter 
gedient hatte. Würde dieser grosse Hosius heute leben, so 
wäre es ihm vielleicht gelungen, die katholischen Völker zu 
einem starken Bunde zu sammeln und zu einigen, gegen die 
Zertrümmerer der katholischen Einheit, gegen die Feinde 
des Reiches Gottes auf Erden. 

Sein Verfolger, der Kaiser Constantius, starb vier Jahre 
nach Hosius ^ines schnellen und schrecklichen Todes, und 
hinterliess das Reich dem Kaiser Julian, dem Apostaten — 361. 
Nach zwei Jahren starb auch dieser eines plözlichen Todes, in 
dem Kriege gegen die Perser — und die Christenheit athmete 
zu neuem Hoffen imd zu neuem Leben auf. — Die Kirche 
aber überwindet alle ihre Feinde, weil sie alle ihre Feinde 
überlebt. 

Set. Bonifaz in München, am 27. August 1862* 



Pins Garns 9 

aus dem Orden des heiligen Benedtctus. 



Inhalts - Verzeichnisse 



Erstes Buch. 
Der Apostel PAulue in SpaiiieB 8.1—75. 

Seite 
Erstes Kapitel. Der Etttsehluss des Apostels nach Spanien zu geheo 1 — 4 

Z'weites Kapitel. Das Zeug^niss des Clemens voo Rom für die Reise 
des Apostels Paulus nach Spanien 8. 5 — 16. 

$. 1. Die Worte de« Clemens ;. . • 5 — 6 

§. 2. Spanien »das Ende des Abendlandes« 6 — 10 

$. 3. Was verstand das heidnische Alterthum unter dem Ende des 

Abendlandes? 11—16 

Drittes Kapitel. Das Bruchstück eines ÜBgenannten» genannt Codex 
^ Muratori N. Test 17—24 

Viertes Kapitel. Das Zeugniss des Codex Muratori für die Reise des 

Apostels Paulus nach Spanien . 25—28 

Fünftes Kapitel. Die Tradition der römischen Kirche über den Apo> 

stel Paulus 29—39 

Sechste S.Kapitel. Die Zeugnisse der Späteren für die Reise des Apo- 
stels Paulus nach Spanien 40—49 

Siebentes Kapitel. Die Frage der Zeit und des Weges . » . 50—54 

Achtes Kapitel. Wirksamkeit des Apostels Pnulus in Spanien . • 55—75 



yill Inhalts- Verzeichnis 8. 



Zweites Buch. 

IMe Sendung und Thätlgkeit der sieben Apoetelsehttler in 

Spanien 8. 76 — 227. 

Seite 
Erstes Kapitel. Die Martyrologien über die Siebenmänner . . 76 — 80 

Zweites Kapitel. Die alte spanische Liturgie als die erste Quelle über 
die Sendung und die Wirksamkeit der sieben Apostelschüler in 
Spanien 81— 85 

Drittes Kapitel. Die alte lateinische Bibelübersezung vor Hieronymus 

stammt nicht aus Afrika, sondern aus Italien .... 86—102 

Viertes Kapitel, üebcr die mozarabische Messe. Das Officium der 

sieben Apostelschüler in der gothischen Liturgie . . . 103 — 117 

Fünftes Kapitel. Das Wunder bei Guadix S. 118 — 137. 

§. 1. Der Weg des Torquatus und seiner Geföhrten von Rom nach 

Guadix 118-120 

§. 2. Der Weg ven Basti nach Acci (Baza nach Guadix) . . . 120—123 

§. 3. Das Thal von Guadix. Die Lage der Stadt, und das Gebirge 

über ihr 123-124 

$. 4. Der Fluss von Guadix, und die Lage der Stadt an ihm. Die 

beiden Nebenflüsschen Rio de Gor und Fardes . . . 124—126 

$. 5. Die Einzelnheiten des Vorganges 127—129 

$. 6. Bemerkenswerthe Analogieen aus der neuesten Zeit . . 129—130 

$. 7. Das heidnische Fest in der Stadt 130—135 

%, 8. Der Einsturz der Brücke^ Das Wunder und die Natur . . 135—137 

Sechstes Kapitel. Der heilige Torquatus von Acci, der erste be- 
glaubigte Bischof Spaniens S. 138 — 149. 

{. 1. Der heilige Torquatus, das Haupt der Siebenmänner . . 138—139 

$. 2. Die selige Luparia, die erste Christin in Acci .... 139 — 142 

$. 3. Das Bisthum volh Acci, das erste in Spanien .... 142 

5. 4. Der Tod des heiligen Torquatus. Er utid seine Geßhrten sind 

nicht Märtyrer 142—145 

J. 5. Die Verehrung des heiligen Torquatus . . . . . 146—149 

Siebentes Kapitel. Der heilige Secundus von Abula S. 150 — 158. 

§. 1. War die Stadt Avila in Ältcastilien der Bischofssiz des heiligen 

Secundus? 150—153 

§. 2. War die Villa Vilches im Bisthume Ja€n, oder las Bullas im 

Bisfbume Murcia Siz des heiligen Secundus? . . • 153—154 

$. 3. Das Abula des heiligen Secundus, und das Abula des Ptole- 

mäus ist der Ort Abla zwischen Guadix und Almeria . . 154-157 

5. 4' Abla in der neuesten Karcbengeiehichte . • • • • 157—158 



Inhalts- Vers ei dtnisB. IX 

Seite 
Achtet Kapitel. Der heiligte Indaletius von Urei S. 159 — 165. 

$. 1. Der Name des heiligten Indaletius 159—160 

f. 2. Die Lage der alten Bischofsstadt Urci 160—162 

$.3. Die Stadt TJrci verschwindet aas der Geschichte. Der Leih des 
heiligen Indaletios in Paquenna, sp&ter in San Juan de la 
Penna 162—164 

(. 4. Andenken des heiligen Indaletias in Almeria .... 165 

Neuntes KapiteL Der heilige Ctesiphon von Vergtom S. 166— 170. 

{. 1. Der Name des heiligen Ctesiphon 166—167 

$. 2. Das Verglam des heiligen Ctesiphon 167—170 

$. 3. Verehrung des heiligen Ctesiphon in Beija .... 170 

ZehntesKapitel. Der heilige Cäcilins von Elvira - Granada S. 171 —185. 

f. 1. Das heutige Granada liegt an der Stelle des alten Iliberris . 171—178 

f. 2. Der heilige Cäcilins in Iliberris. Der Sacro Monte von Gra- 
nada und seine Höhlen 178-183 

$• 3. Die Verehrung des heiligen Cäcilius in Granada . . . 183-185 

Eilft es KapiteL Der heilige Euphrasius von Illiturgi S. 186—192. 

{. 1. Die Jjage der Stadt Illiturgi 186—189 

$. 2. Die Verehrung des heiligen Euphrasius 189-192 

Zw&lftes KapiteL Der heilige Hesyehius (Esitius) von Careesa (Car- 
eesum oder Carcera) S. 193—204. 

$• 1. .Der Siz des helligen Hesyehius war nicht Cartej« an der 

Meerenge ••.... 193—197 

{. 2. Der Siz des heiligen Esitius war nieht das unbekannte Carteja 

der Olkaden 1&7-198 

f. 3. Die Stadt Cazorla hat am meisten- Wahrscheinliehkelt für sich, 

das Careesa des heiligen Esitius zu seyn .... 198—204 

Dreizehntes KapiteL Die Stftdte der apostolischen Siehenm&nner 
und die Centrallage der Sudt Gnadix (Acci) S. 205—214. 

f. 1. Die Siebenm&nner mit ihren sieben Stftdten, und die Stadt Rom 205—208 

(• 2. Der heilige Torquatns in der Mitte seiner sechs Mitarbeiter • 208—214 

Vierzehntes KapiteL Die angebliche Tradition der Sendung von 

sieben Bischöfen aus Rom nach Gallien ist eine Fiction • • 215—217 

Fünfzehntes KapiteL Der Zusammenhang der Reise des Apostels 

Paulus nach Spanien mit der Sendung der sieben Apostelschüler 218—221 

• ■ ■ 

Seehszehntes KapiteL Die Siebenmftnner wurden zu Rom von den 

Aposteln ordinirt 222—227 



/ 



ItthaMs-YersEeiohnijif. 



Drittes Buch. 

Die Kürehe in Spanieii von dem Tode der sieben Apoetel- 
echüler bia su dem Anfange de» vierten chrMütlicben Jahr- 

bunderta 8. 228 ~ 288. 

Seite 
Erstes Kapitel. Irenäm« bezeugt den Bestand des Chrittenthnmes In 

Spanien 828—232 

Zweites Kapitel. Tertullian über die Verbjreiiung des CbristenÜmoKs ' 

in Spanien 233—236 

Drittes Kapitel. Cyprian von Carthago, and die Kirche Spaniens in 
den Jahren 250—258 S. 236 — 264. 

§. 1. Der Brief Cyprian^s an die Gemeinden von Astorga und Leon, 

und von Emerita '. 236—241 

$. 2. Folgerungen aus diesem Briefe für die damalige Lage und Aus- 
breitung der Kirche in Spanien 242 — 246 

$. 3. Das Bisthum des Basilides und Sabinus einerseits, des Marti al 

und Felix anderseits 246—251 

$. 4. Die Bischöfe Martialis und Felix 251—253 

$. 5. Felix von Zaragoza 253^*256 

$. 6. Das Verhältniss der zwei Bisthümer Astorga und Leon (Astu- 

riea und Legio YII) . 256—260 

$. 7. Einige weitere Erläuterungen 260—264 

Viertes Kapitel. Der Martyrbischof Fructuosus von Tarragona, und 
seine Gefährten im Martyrthume im Jahre 259 S. 265 — 276. 

§. 1. Die Martyrakten 265-272 

§. 2. Das Bisthum Tarraco 272—276 

Fünftes Kapitel. Unialle und Fortschritt des Christenthumes in Spa- 
nien vom Jahre 260 — 304 S. 276 - 279. 

$. 1. Einfalle der Barbaren; Verwüstung von Tarraco . . *. 276 — ^278 

§. 2. Fortschritte des Christenthumes in den Jahren 260 — 304 . 278—279 

Sechstes Kapitel. Der Bischof Gerontius von Italica bei Hispalis. 

San Gerontio und Santiponce . 280—283 

Siebentes Kapitel. Justa und Rufina, Märtyrer und Schuzheilige von 

Sevilla V 284—288 



Inhalts- Verxeicliiiis 8. XZ 



Viertes Buch. 

IMe Kirche In Spanien während der groeeen Verfolsrung unter 

Dlodetlan und MaTJmlan S. 289 — 409. 

Seite 
Erstes Kapitel. Die christlichen Soldaten und Märtyrer Marcellus und 
Cassianus von Tingis S. 289— 292. 

Akten des heiligen Marcellus, Centurio nnd Märtyrers . . . 289 — 291 

Passlo des heiligen Cassian, Märtyrers von Tlngis .... 291—292 

Zweites Kapitel. Die Märtyrer Chelidonius nnd Emetcrius . . 293—295 

Drittes Kapitel. Anfang der Diocletianischen Verfolgung. Dacianus 
in Spanien. Der Märtyrer Felix von Gerunda (Girona) S. 296 
bis 302. 

§. 1. Anfang der Verfolgung 296-298 

$. 2. Dacian kommt nach Spanien 298—300 

J. 3. Der Märtyrer Felix von Gerona 300—302 

Viertes Kapitel. Der Märtyrer Gucufat von Barcelona . . . 303 — 305 

Fünftes Kapitel. Die heilige Eulalia von Barcelona S. 306— 319. 

$. 1. Widerlegung der Zweifel an ihrem Martyrium .... 306—310 

(. 2. Positive Beweise für die Eulalia von Barcelona . . . 311—314 

f. 8. Die Passio der heiligen Eulalia 315-317 

§. 4. Verehrung der Eulalia in Barcelona 317 — 319 

Sechstes Kapitel. Die achtzehn Märtyrer von Saragossa . . . 320—329 

Siebentes Kapitel. Die Märtyrer Justus and Pastor von Complulum 330 — 334 

Achtes Kapitel. Die heilige Leocadia von Toledo .... 335—343 

Neuntes Kapitel. Die Märtyrer Vincentius , Sabina und Christeta von 
Elbora und Abula S. 344—350. 

Ansprüche Evora^s auf die. Märtyrer Vinzenz, Sabina und Christeta . 346—350 
Zehntes Kapitel. Die Märtyrer in Cordova und Astigi S. 351 — 363. 

{. 1. Die Märtyrer Fausrtus, Januarius und Martialis von Cordova 

(13. October) 351—355 

%, 2. Die Märtyrer Acisclus und Victoria (17. November) . . • 356 — 360 

$. 3. Der Märtyrer Zoylus und seine Gefährten (27. Juni) . . 360-362 

$. 4 Der Märtyrer Crispinus von Astigi (19. November) . . . 362 — 363 

Ei Ute 8 Kapitel. Die heilige Eulalia von Emerita (10. Dezember) . 364—371 

Zwölftes Kapitel. Die Märtyrer und Krieger Servandus und Ger^ 

manus 372—375 

Dreizehntes Kapitel. Der Levite und Märtyrer Vincentius . . 376—382 

Vierzehntes Kapitel. Die Märtyrer Spaniens — im Allgemeinen . 383—386 



XII Inhalts- Vcfi ei eh nl89. 

Seite 

Fünfzehntes Kapitel. Die Inschriften — keine Quelle für die Ge- 
schichte der ersten Jahrhunderte der Kirche Spaniens . . 387 — 392 

Sechszehntes Kapitel. Die Grunde der Christenverfolgung: unter 

Diocletlan 393—409 

Nachtrag zum ersten Buche 410- 412 

Erster Nachtrag zum zweiten Buche 413 

Zweiter Nachtrag zum zweiten Buche 414 

Register 415 — 422 



Erstes Buch. 

Der Apostel Paulus in Spanien. 



Erstes Kapitel. 

Der EntscUnss des Apostels, nach Spanien zn gehen. 

JJer Apostel Paulus befand sich zu Corinth, als er den Brief .an 
die Römer schrieb. In demselben spricht er seinen Entschluss aus, nach 
Spanien zu reisen, und den Weg über Rom zu nehmen (Rom. 15, 24; 28). 

Was hatte in dem Apostel diesen Entschluss hervorgerufen? Als 
er an der östlichen Grenze von Europa stand, und nur durch eine 
schmale Meerenge von demselben getrennt war, hatte Paulus in der 
Nacht ein Gesicht: Ein macedonischer Mann stand da, bat ihn, und 
sprach: Ziehe hinüber nach Macedonien, und hilf uns. Ueberzeugt, dass 
ihn Gott nach Europa berufen , ' eilte Paulus alsbald von Troas nach 
Philippi (Ap. G. 16, 9 — 12). — Als Paulus später in Ephesus weilte, 
sprach er zu den Brüdern: Wenn ich in Jerusalem werde gewesen 
seyn, so muss ich auch Rom sehen (Ap. G. 19, 21). — Rom war die 
Hauptstadt der Welt; dahin zog es den die Welt im Geiste umfassen- 
den Apostel. Aber noch weiter verlangte der Apostel zu ziehen; er 
wollte die Grenze der Erde im Westen erreichen. Spanien war das 
Ende der (damals bekannten) Welt; dort waren die Säulen des Her- 
kules , die Grenzen der Wanderschaft des Heros der Heidenwelt. Der 
Apostel der Völker, der Lehrer der Heiden, der von sich rühmen konnte, 
dass er von Jerusalem an, in dem ganzen Umkreise bis nach Illyrien 
alles mit dem Evangelium Christi erfüllt, dass er dieses Evangelium 
nicht da gepredigt habe, wo der Name Christi schon bekannt war, damit 

Garns, span. Kirche. 1 



2 Erstes Bach. Erstes Kapitel. ' ' 

er nicht auf fremdem Grunde bauete (Rom. 15, 19 — 20), — verlangte 
gleichfalls bis an das Ende der Erde die Botschaft von dem Heile der 
Welt in Christus zu tragen. 

Er verlangte darnach, da er wusste, dass mehrere der übrigen 
Apostel in die fernen Länder des Ostens gezogen, die Grenze des 
Westens der Erde*zu erreichen, um so jene Worte, so weit er es ver- 
mochte, in Erfüllung zu bringen, die er in demselben Römerbriefe aus- 
spricht: Wie lieblich sind die Füsse derer, welche den Frieden ver- 
künden, die frohe Bb tschaft von dem Guten bringen (Jes. 52, 7)! — 
Ueber die ganze Erde gehet aus ihr Schall, und bis an die Enden des 
Erdkreises ihr Wort (Ps. 18, 5. Rom. 10, 15 — 18). — Wenn man vom 
Ende der Erde im Westen sprach, so dachte man nur an Spanien, an 
Spanien jenseits der Meerenge. Britannien, damals noch kaum bekannt, 
galt nie als das westlichste Land, und von Irland hatte man die falsche 
Vorstellung, dass es nördlich von Britannien liege. 

Der nächste und innere Grund, welcher in dem Apostel den Ent- 
schluss seiner Missionsreise nach Spanien hervorrief, war sein die Welt 
umfassender Geist, in welchem er allen alles werden wollte, um alle 
zum Heile zu führen (1 Cor. 9, 22). — Aber es fragt sich, ob Paulus 
keinen besondern Anlass oder Antrieb, keinen Anstoss von aussen er- 
halten habe, den Entschluss seiner Reise zu verwirklichen. Die Ant- 
wort, dass er daselbst günstige Verhältnisse für die Aufiiahme des Chri- 
stenthums voraussetzte, dass seit alten Zeiten ein lebhafter Verkehr 
zwischen Palästina und Spanien stattgefunden habe, ist offenbar zu all- 
gemein. Juden gab es damals in Spanien in grosser Zahl, besonders 
in allen Küstenstädten von Emporias an bis Gades. Sie selbst behaupten, 
dass sie schon zur Zeit des Königs Salomo in Spanien sich angesiedelt 
haben. Sicher ist jedenfalls, dass sie etwa ein Jahrhundert vor Christus 
aus Afrika nach Spanien kamen, wo sie bald sich mehrten, grossen Ein- 
fluss erlangten, und zahlreiche Prgselyten aus dem Heidenthimie, später 
auch aus dem Christenthume an ^ch zogen ^). 

Da, wo Juden in grosser Zahl wohnen, zogen und ziehen auch stets 
neue Juden nach. — Suetonim Leben des Claudius, und überein- 
stimmend damit die Apostelgeschichte berichten, dass der Kaiser Clau- 
dius alle Juden aus Rom vertrieben habe, weil die Juden Unruhen 
gegen die Christen erregten ^). Diess geschah im Jahre 52 n. Chr. — 



') Jost, Qeschichte der Israeliten seit der Zeit der Maccabäer bis auf unsere 

Tage. 1825. Tbl. V, 13; 17 f. — Hefe le, der Kardinal Ximenes. 2t«Aufl. 1851. 

S. 256 f. — »Die Juden in Spanien." — Synode von Elvira, Canon 16, 49, 50. 

— Jost S. 32-34. 
') Sueion. Claud. 25. Judaeos impuisore Chresto eusidue tumuUuantes Roma ex- 

puUt, Acta aposU 18, 2, Eo quod praecepiuei Claudiu» diacedere ornnes Judaebs 

a Roma, 



Der^^tstibluss des Apostels, oach Spanien zu gehen. 3 

Die Ausweisung traf Juden und Christen gleichzeitig/, da wenigstens 
in Rom damals die Christen nur für eine Sekte der Juden galttti. So 
hatte anich dm christliche l^bepaar, Aquilas, gebürtig aus Pontus^ und 
Priscilla — Rom verlassen müssen. Sie kamen nach Corinth, und 
trieben ihr Grewerb^ als Zelttuchmacher. Bei ihnen fand Paulus Auf- 
nahme, und da er desselben Gewerbes war, nahm er bei ilineh Arbeit '). 
Nach anderthalb Jahren begab sich Paulus mit ihnen nach Ephesus, 
wo er sie bald verliess. Nach seiner Rückkehr blieb er über zwei Jahre 
zu Ephesus (bis 56 n. Chr.), wo sie noch weilten. Dann brachte er 
drei Monate in Griechenland zu, wo er, von Corinth aus, den Brief an 
die Römer schrieb (57 oder 58 n.Chr.). Inzwischen war Kaiser Clau- 
dius ermordet worden (54 n. Chr.), und Nero ihm gefolgt. 

Von den vertriebenen Juden und Christen kehrte eine grosse An- 
zahl, soweit dieselben nicht durch ihre neuen Verhältnisse festgehalten 
waren, nach Rom zurück. Unter den Zurückgekehrten befanden sich 
auch Aquilas und Prisca. Denn Paulus grüsset sie von Corinth aus mit 
den Worten : Qrüsset mir die Prisca und den Aquilas, meine Mitarbeiter 
in Christo Jesu, welche für mein Leben ihren Nacken dargeboten haben, 
und welchen nicht allein ich, sondern alle Gemeinden der Heiden Dank 
sagen, und grüsset die Gemeinde in ihrem Hause (Rom. 16, 3 — 5). 

Bei dem langen Zusammenleben des Apostels mit Aquilas und 
Prisca kam gewiss nicht selten die Rede auf das grosse, weite Feld der 
Missionen, und wenn nicht sonst, so erfuhr es der Apostel von ihnen, 
dass eine grosse Zahl der unter Claudius aus Rom vertriebenen Juden 
und Christen ihren Weg nach dem gesegneten Spanien eingeschlagen, 
dem reichen und fiiichtbaren Lande, mit welchem sich höchstens Italien 
messen konnte ^). Eine reiche Ernte für das Christenthum winkte von 
dort her. Aus Ephesus, und fast aus Kleinasien war der Apostel ver- 
trieben; eben besuchte er Griechenland. In diesen Gegenden hat er 
nirgends mehr einen neuen Ort der Wirksamkeit (Rom. 15, 23). Nach 
Jerusalem will er nun geben, um dorthin die Liebessteuer fiir die Chri- 
sten zu bringen. Rom, wohin er allerdings seit vielen Jahren zu gehen 
Verlangen hatte, bedarf seiner bleibenden Gegenwart nicht. Denn schon 
blühte dort eine Gemeinde, deren Glaube in der ganzen Welt verkün- 
digt wird. Wenn er dennoch vorübergehend dorthin gehen will, so 
geschieht es ebenso, um sich an der dortigen Gemeinde zu erbauen, 
wie sie zu erbauen (Rom. 1, 8, 11 — 13; 15, 23 %.)• 



») Ap. G. 18, 2 — 3; 18-20. — Rom. 16, 3 — 5. — 1. Cor; 16, 19. 

•) Pliniua, hüt, nat, L 37, 77 , 203 in fin, — Ab ea (ItaUa) excepHs Indiae fahulosis 
proxumam equidem duxerim Hispaniamf quacwique ambitur mari; quamquam squalidam 
ex parte, verum, M gignit, feracem frugum , olei, vini, equorum metaUorumque omnium 
generum, — Ed, Sillig, t, 5, p, 467, 1851, 



4 Erstes Buch. Erstes Kapitel. Der Entschluss 'des Apostels etc. 

Aber in dem fernen Spanien ist dem Geiste und der Sehnsucht des 
Apostels ein neues Feld der apostolischen Thätigkeit aufgegangen. Diesem 
Lande will er seine noch übrige Zeit widmen. Er will ^Rom sehen** im Vor- 
übergehen, aber in Spanien will er bleiben. Bei der grossen Entfernung 
des Landes, und bei seinem vorgerückten Alter, nachdem er bereits 
dreissig Jahre unter unendlichen Mühen und Leiden das Evangelium 
gepredigt hatte, traten wohl andere Pläne für jezt in seinem Geiste 
zurück. — Er nimmt darum auch aus diesem Grunde feierlichen Ab- 
schied zu Milet von den Aeltesten der Gemeinde zu Ephesus, und 
versichert sie, dass sie nach seiner innersten üeberzeugung sein Ange- 
sicht nicht mehr sehen würden (Ap. G. 20, 17 — 38). 

Ob sie sein Angesicht noch einmal gesehen haben, wissen wir nicht 
bestimmt zu sagen. Sicherer aber ist, dass Paulus seinen Entschluss, 
nach Spanien zu reisen, zwar auf weiten Umwegen des Raumes und 
der Zeit, dennoch zu seiner Zeit ausgeführt habe. Er kam nach Jeru- 
salem, von da nach Cäsarea, von Cäsarea, weil er an den Kaiser appellirt 
hatte, nach Rom. Durch tausend Todesgefahren hindurch kam er dazu, 
Rom zu sehen, und es erftiUte sich, wenn auch auf anderm Wege, als 
er es vermuthet oder gehofft hatte, sein eigenes prophetisches Wort: 
Wenn ich in Jerusalem gewesen seyn werde, so muss ich auch noch 
Rom sehen (Ap. G. 19, 21). In Rom durfte er in einer sogenannten 
freien Gefangenschaft (libera custodia) mit dem Soldaten bleiben, der 
ihn bewachte. *Er blieb zwei volle Jahre in seiner gemietheten Woh- 
nung, nahm alle auf, die zu ihm kamen, und predigte Christus frei- 
müthig und ungehindert (Ap. G. 28, 30—31). 



Zweites Kapitel. 

Das Zengniss des Clemens von Rom für die Reise des Apostels 

Paulus nach Spanien. 

§. 1. Die Worte des Clemens. 

Da über die lezten Jahre des Apostels Paulus, sowie auch über 
die Wirksamkeit des Petrus , die Nachrichten fehlen , so kann dieses 
Schweigen ebenso wenig als Zeugniss gegen, wie für die Reise des 
Paulus nach Spanieii in Anspruch genommen werden. £benso wenig 
kann die dui;ch das ganze Alterthum verbürgte Thatsache seines Martyr- 
todes in Born gegen die Reise nach Spanien geltend gemacht werden, 
da dem Apostel (vom J. 63 an) noch mehrere Jahre für seine Missions- 
thätigkeit übrig blieben. 

Es giebt nirgends ein Zeugniss, welches sich gegen die Reise nadfai 
Spanien ausspräche. Denn die später anzuführenden Worte der Päpste 
Innozenz!., Gelasius I. und Gregor YII. können und müssen auf eine 
andere Weise erklärt werden. Auch würden sie gegen jßrühere und 
bestimmte Zeugnisse nicht durchschlagend sejn. Clemens von Rom 
aber bezeugt in seinem Briefe an die Corinthier die Reise des Apostels 
Paulus nach Spanien. Sein Zeugniss ist entscheidend. Er war Mit- 
arbeiter und Zeitgenosse des Paulus (Phil. 4, 3). Er konnte und er 
musste die Thätigkeit und die Schicksale des Paulus in den lezten Jahren 
seines Lebens wissen; er konnte sie auch bei den Corinthiem im All- 
gemeinen als bekannt voraussezen. Sein Zeugniss aber lautet ^) : Durch 



*) ^UL (^ijloy \xai o] rFavXog vnoium^ ßgaßeioy v{jite6x]^i iitrcotic degfia popdöaCy 
9>[vya\d€uS'eiff , Xi-d^iöS-sig. IGjqv^ y[ev6]fievog ev ts Tjj ccvaToiirj xai ev [r^J dvßeiy 
To yeyvaiov rv/g xtßr^fog ocvrov xXeog eJtaßev, dixouoövvijv öM^ccg oXov rov xoO/jboVf 
xa[< ijti] ro rigfia r^g dvaetag iJiSwy, xai fJuxQTV^ijöag Mi räv lyyovfjuvtav, 
Ovrtag obet^/.iayjj tov xogfwvy xai eig rov äytov t6xov exo^BvSijy vxa(W)n^ yevofievog 
(uytßrog vnoyQafxgJuog, 



6 Erstes Buch. Zweites Kapitel. 

seinen Eifer ist auch Paulus des Lohnes der Ausdauer theilhaftig ge- 
worden, welcher siebenmal die Fesseln trug, vertrieben und gesteinigt 
wurde. Nachdem er ein Herold (des Glaubens) geworden in dem Mor- 
gen- und dem Abendlande, erlangte er die würdige Glorie für seine Glau- 
benstreuC; er — welcher den ganzen Erdkreis die Gerechtigkeit gelehrt, 
und nachdem er bis zu dem Ende des Abendlandes gelangt 
war, unter den Statthaltern den Martyrtod erlitt. So verliess er die 
Erde, und ging hin an den heiligen Ort, nachdem er das grösste Vor- 
bild der Beharrlichkeit geworden war. 



§. 2. •Spanien, »das Ende des Abendlandes«. 

Wir haben nun zu zeigen, dass man unter dem „Ende des x\bend- 
landes* Spanien verstehen müsse und es allein darunter verstehen könne. 
Td T^Qficc heisst nur das Ende oder die Grenze, hat also nicht die Be- 
deutung von flnes oder das Gebiet. Clemens kann nicht sagen wollen, 
dass der Apostel das Gebiet des Abendlandes betreten habe. Denn er hat 
schon vorher gesagt, dass er im Morgen- und im Abendlande gepredigt 
habe. Hier kann er unter dem „Abendlande" Italien und Rom ver- 
stehen; so konnte er auch sagen, wenn der Apostel nur die Grenzen 
Europa's im Osten betreten hätte. Aber in der rhetorischen Weise der 
Steigerung sagt er weiter, dass er in der ganzen Welt ein Lehrer der 
Gerechtigkeit gewesen, und dass er bis an die Grenzen des Abendlandes 
gelangt sei, dass er sodann in Rom gelitten habe. 

Zu der Zeit, als der Kardinal Baronius seine Annalen der Kirchen- 
geschichte schrieb, waren die Briefe des Clemens noch nicht wieder auf- 
gefunden worden. Jedenfalls führt er dessen gewichtiges Zeugniss für 
die Reise des Paulus nach Spanien nicht an. Vielmehr beginnt er unter 
den Griechen mit Hippolyt (aus einer unächten Schrift), unter den La- 
teinern mit Hieronymus *). — Alexander Natalis verfasste seine 
Kirchengeschichte zu einer Zeit, wo der Brief des Clemens längst im 
Abendlande bekannt war. Der berüchtigte Cyrillus Lucaris hatte im 
J. 1628 dem Könige von England, Karl L, einen sehr alten Codex des 
A. und N. Testamentes, den sogenannten Codex Alexandrinus, geschenkt 
Am Rande desselben wurde der erste Brief des Clemens gefunden, mit 
einem Fragmente des zweiten Briefes. Patricius Junius gab ihn zu- 
erst 1633 griechisch heraus. — Cotelerius Hess die erste Gesammt- 
ausgabe der apostolischen Väter erscheinen — Paris 1662- Von der Kirchen- 
geschichte des Alexander Nat. erschien 1677 der erste Band über das 
erste christliche Jahrhundert ; schon 1686 erschien der vierundzwanzigste 
und lezte Band. Die Reise des Paulus nach Spanien vertheidigt Alex. 



*) Baron, ann. a. 61, 3, 



$. 2. Spanien, wdas Ende des Abendlandes*'. 7 

NataliSy kennt aber noch nicht das geiinchtige Zeugniss des Clemens von 
Rom für dieselbe *). 

Anderer Meinung ist der gelehrte und gemässigte Tillemont, von 
dessen Kirchengeschichte der erste Band im J. 1693 erschien. Erkannte 
wohl die Worte des Clemens von Rom, aber er glaubte ihnen kein Ver- 
trauen schenken zu sollen ^). Er führt die Worte des Clemens an, 
dass Paulus bis an die Grenze des Abendlandes gekommen , und fugt 
bei: diess wäre ein viel stärkerer Beweis für die Reise nach Spanien, 
als was sonst von Väterstellen angeführt wird. Denn es scheint, dass 
die Väter nur aus Anlass dessen, was Paulus in dem Briefe an die 
Römer schreibt, seine Reise dahin berichtet haben. Aber „es scheint mir, 
dass Clemens einfach sagen wollte, dass Paulus, als er vom Abendlande 
in's Morgenland zurückgekehrt sei, noch einmal ,in das Abendland zurück- 
kehrte und dort als Märtyrer litt, indem er tegfjLa für Grenzen, Gebiet 
nahm^. Es sei ein bemerkenswerthes Zeichen, dass man nirgends in 
Spanien eine Spur von der Predigt des Paulus finde. Daraus sieht man, 
dass Tillemont überhaupt der Annahme der Reise des Apostels nach 
Spanien abgeneigt ist. — Saccarelli^j stellt in seiner Kirchenge- 
schichte Meinung gegen Meinung, und lässt im Ganzen die Frage offen. 

Von den Neuem hat sich kaum Einer dem Eindrucke der Worte 
des römischen Clemens entziehen können. Es sind aber verschiedene 
Versuche gemacht worden, den Werth dieses Zeugnisses abzuschwächen« 
Hase spricht von gelehrten Vermuthungen *). — Guericke beugt sich 
vor dem Zeugnisse. Er nimmt an, dass Paulus nach seiner Befreiung 
im J. 63 oder 64, ohne Zweifel noch vor dem Ausbruche der Nero- 
nischen Verfolgung gegen die Christen, eine apostolische Reise nach 
Spanien, und zwar vielleicht nach der Reise in den Orient gemacht 
habe. „Die ganze grosse Schaar aller lebender und bleibender Christen- 
gemeinden von jener Metropole des Römischen Orients (Antiochien) j^bis 
zur Grenze des Occidents* war die Frucht seines Lebens, und das Mo- 
nument seines Grabes *).* 

Rauscher zweifelt an der Reise, weil in den nach der ersten Ge- 
fangenschaft geschriebenen Briefen von einer so weiten, für Asiaten vor- 
züglich auffallenden Reise wenigstens eine Spur vorkommen müsste. 
Die Worte: bis zum Ende des Abendlandes — können sprachrichtig 
auch „bis zum fernen Abendlande^ übersezt werden, und der Name 



') NataUs Alexandri in Historiam ecclesiasticam saectdi I. dissertatio XV. — de ßdei pro- 

pagatione in Hisptmüs. 
'i Tillemont, m^oireSf t. I. Notes sur S, PauL not 73, Ce qu'on dit du voyage de 

S, Paul en Espcigne et dans les Gaulee , incertcun. ^ 

») Saccarelli, Eist ecc, I, 276 sq. (1771). 
*) Hase, K. G. 6^ Aufl. S. 29. 
*) Guericke, Handbach der Eircheng^eschichte, 7^ Aufl. 1849, Bd. I, 90. 



8 Erstes Buch. Zweites Kapitel. 

^Hesperien'' machte die Griechen an das Abendland denken '). — Aber 
Clemens hatte ja eben vorher dieses gesagt. Er will nun. in rednerischer 
Steigei'ung noch mehr sagen, dass Paulus nicht bloss nach Hesperien, 
nicht bloss in das ferne, sondern in das fernste, also an das Ende von 
Hesperien gekonamen sei. 

Der gelehrte Pearson hat in seiner Schrift : „Ueber die Succession 
des römischen Papstes^ ^) gezeigt, dass das Ende des Abendlandes 
Spanien sei. Auf Spanien beziehen diese Worte auch Neander ^), Hug*), 
Olshausen^). Schott^) und Wocher ^) bezogen die Worte des Clemens 
auf Spanien oder ein anderes entfernteres Land. Auf England beziehen 
diese Worte aus englischem Hyperpatriotismus die Engländer üsher ®) 
und Stillingsfleet ®). 

Italien, und Rom im Besondem verstehen darunter alle, welche 
eine zweite Gefangenschaft des Apostels in Rom leugnen, z. B. Baur *°), 
Schenkel") u.a.m. Andere, wie Matthies '^), erklären das ^Ende^ für 
„Mittelpunkt^, das heisst für Rom. Schrader*^) versteht unter dem 
.„Ende des Abendlandes^ allerdings dieses Ende, aber gegen das Mor- 
genland hin. 

Mit Recht bemerkt Bisping *^) in seiner Erklärung des Römerbriefes 
gegen eine solche Deutung, dass nicht Rom und Italien, sondern Spa- 
nien damals als die äusserste Grenze des Abendlandes galt. „Wollten 
wir auch zugeben, dass nach der Anschauungsweise der Orientalen Rom 
allenfalls y,das Ende des Abendlandes* (to reg^a rtjg Svöeoog) genannt 



») Rauscher, K. G. 1,167. 

*) Pearson, de serie prim. rotn. pont. 1688. p. 62. 

•) Neander, Geschichte der Gründung- und Leitung der apostolischen Kirche. 

Ite Aufl. Bd. I, 265. — Kirchengeschichte, 2*e Aufl. S. 145. 
*) Hug, Einleitung in das N. T. II, S. 322. 
») Olshausen, in «Studien und Kritiken-, 1838, 4,953-57. 
«) Schott, Erörterung chronologischer Punkte, 1832, S. 123. 
') Wocher, Tübinger Quartalschrift, 1830, 626 flg. 
*) UsseriuSf Brit eccles. Ant. c, 1. 1639. 1687. 
') Origines britann. p. 1. (1842). 
*«) Tübinger Zeitschrift für Theologie, 1831, H. IV, 150 f. — Baur, Pastoralbriefe 

des Apostels Paulus, 1835, S. 63 flg. 
'*) Schenkel, Studien und Kritiken, 1841, I, S. 75. — -Sic erklären repfxa ri^g 
dv6e(x>g = ro regua iavrov, 6 ev rfj dvöei (das eigene Ende seines Lebens, das 
im Abendlande erfolgte), eine ebenso künstliche, als sprachlich unrichtige Er- 
klärung, denn wohl sagt man: re^/uia rov ßiov^ aber von dem, der in Rom ge- 
storben, sagt man gewiss nicht: elg riQfxa rrjg ^(afirjg iJt^cav. 
") Matthies, Erklärung der Pastoralbriefe , 1840, S. 186 — re^fia = meta, cen- 
^ trum Oeddentisy daher Rom. 
*') Schrader, der Apostel Paulus, I. Tbl. Chronologische Bemerkungen über 

sein Leben (1830). S. 234. 
»0 Bisping, Römerbrief, 1854,. Münster, S. 58—59. 



$. 2. Spanien, »das Ende des Abendlandes". 9 

werden könnte, so ist es doch ganz unmöglich, dass dn.Mann, der in 
Rom selbst lebte, und von hier aus seine Worte schrieb, bei jenem 
Ausdrucke an Rom sollte gedacht haben. In dem Munde des heiligen 
Clemens, und in der Verbindung, worin diese Worte hier vorkommen, 
können sie nur Spanien bezeichnen.'' 

J. A. Stark *) in seiner „Geschichte der christlichen Kirche des 
ersten Jahrhunderts*' meint, die Worte, das „Ende des Abendlandes'' 
seien in dieser Fassung nicht klar genug. 

Wieseler ^). in seiner Chronologie des apostolischen Zeitalters hat 
den Einfall, unter „Ende des Abendlandes'' die höchste Gewalt der 
Herrscher des Abendlandes zu verstehen. Ebenso erklärt Schaff, luthe- 
rischer Professor zu Mercesburg in Pennsylvanien, der zur Zeit seines 
Aufenthaltes in Europa ein geistreiches Buch: „Geschichte der apostoli- 
schen Kirche" (Leipzig 1854), erscheinen liess, jene Worte: Paulus 
„war vor der höchsten Gewalt des Abendlandes erschienen" ^). 



*) Stark, Dr. Joh», Geschichte der christlichen Kirche des ersten Jahrhunderts, 
2 Bd. Berlin u. Leipzig*. 1779. S, 266 — 67. — Clemens von Rom meldet, dass 
Paulus auch bis an die äussersle Grenze gegen Westen gekommen sei. — Was 
fiieruntcr zu verstehen sei, ist sehr zweifelhaft; wenigstens ist reg/ma rijg dvöecog 
ein sehr unbestimmter Ausdruck. Einige haben diess sogar von Britannien ver- 
stehen wollen i^Theodoret. in epist, IL ad Timoth. [ein unrichtiges Citat!]) und 
Cave in Antigu. Apost.p.503, — dann andere, sowohl ältere als neuere, von 
Spanien, denen wioder von andern widersprochen worden. Baronii. 61. — 
Centuriat Magd. Cent, I. §. 2. *) p. 458 — verglichen mit Basnage, exerc. ad 
Baron, p, 511 und Spier in Histor. critica de Hispanico Pauli itinere. Vitemh. 1742. 

— Wider die Wahrscheinlichkeit ist nichts, indem Paulus schon lange vorher, 
ehe er den Brief an die/ Römer schrieb, den Vorsaz äusserte, nach Spanien zu 
reisen. Ob er aber diesen Vorsaz wirklich in Erf#llung gebracht, und ob er 
nach seiner Rückkehr aus dem Orient nach Spanien gereiset, und von da erst 
nach Rom gekommen, oder ob er von Rom nach Spanien, und von da zurück- 
gereist, und also zum drittenmal nach Rom gekommen sei, ist sehr ungewiss. 
Er kann sich' diese Reise, wie manche andere, vorgesezt, aber nicht zur Wirk- 
lichkeit gebracht haben. Zweifeln wird hier immer das sicherste seyn (MilUi 
prolegom. ad N. T. num. 122). — Aehnlich spricht sich Stark S. 444 aus. 

*) Wieseler, Chronologie des apostolischen Zeitalters, Göttihgen 1848, S. 526 
bi^ 533. • 

') Schaff S. 347 f.: »Nachdem er (Paulus) vor der höchsten Gewalt des Abend- 
landes erschienen, und Zeugniss von Christus abgelegt hatte vor der Obrigkeit.« 
Er sucht den Beweis zu führen, dass repfia die höchste Gewalt bedeute, und 
beruft sich auf Euripides /Stfpp/. ßl5 — xcdxav cT aya^pvxou^ S-eoi ß^orolOi vifiovöiy^ 
axavTcoy re^jui' exovreg avroi — hier heisst tsq/xcc Ende, Ziel, und höchstens Be- 
stimmung oder Gewalt über das Ende der Leiden. Aehnlich Eurip. OresL 1343. 

— Er beruft sich auf Sophokles Oedip, colon. 724 — 25 — i^ vfuov iuoi <paiyoir^ 
ay ij^ reQfJba rr/g GiOTVjqioüs. — Die Stellen finden sich in dem Lexikon von 
Passow 8. v. TBQfia. Wenn aber ri^fia jemals die Bedeutung von obrigkeitlicher 
oder oberster Gewalt hätte, was nicht der Fall ist, was wurde dann ri^g dvßetog in 
diesem Zusammenhange bedeoten? Wer hat jemals g^ehört, dass das römische 



10 Erstes Buch. Zweites Kapitel. 

Spanien versteht unter dem ^Ende des Abendlandes*^ auch D Si- 
lin ger, wenn er u. a, sagt: ^Hier liegt eine bestimmte geogra- 
phische Angabe vor, ein in Rom Schreibender kann unter der Grenze 
des Westens nicht Rom selbst verstehen. Dass Paulis überhaupt auch 
im Westen gepredigt habe, hatte Clemens zuerst schon gesagt, er will 
aber, um die allumfassende heroische Thätigkeit des Apostels noch an- 
schaulicher zu machen, noch etwas Grösseres hinzufugen, dass er nem- 
lich auch bis !^ur äussersten Grenze des Westens, also jedenfalls zu 
einer der westlichsten Provinzen des Reiches gekommen sei*).** 

Mit Ausnahme Hase's nehmen alle angeführten Gegner der Reise 
des Apostels nach Spanien wenigstens so viel an, dasö Clemens, als er 
um das J. 95 n. Chr. seinen Brief an die Corinthier geschrieben, eine 
bestimmte und genaue Kenntniss von den lezten Schicksalen des Apo- 
stels Paulus gehabt habe. In der That wäre es fast unbegreiflich, wenn 
er, ein Zeitgenosse und wohl auch ein Schüler des Paulus, Vorsteher 
der Kjrche jener Stadt, in welcher Paulus für den Glauben starb, der 
zudem noch das Martyrthum und die Zeit desselben — unter den Statt- 
haltern^) — unter den Stellvertretern des A. 67 und 68 in Griechen- 
land und Unteritalien abwesenden Kaisers — angiebt, nicht gewusst 
haben sollte, was mit dem Apostel in den lezten Jahren seines Lebens 
geschehen, und wohin er gegangen sei. — Die Aechtheit aber dieses 
Briefes zu leugnen, oder die betreffende Stelle als Einschiebsel zu er- 
klären, ist noch Niemand eingefallen. Es ergiebt sich also unwider- 
leglich, dass — im Zusammenhalte mit dem von dem Apostöl selbst 
zweimal und in der klarsten Weise ausgesprochenen Plane — Clemens 
die Reise des Paulus nach Spanien bezeuge ^). 



Reich das Reich des Abendlandes genannt wurde, das Reich, welches damals 
bis zum Euphrat reichte? Es heisst Imperium romanutttf es heissl orbis terrarum 
romanuSf es kann heissen Imperium occidentis et orientisy es hat aber nie imperium 
occidentia geheissen. 

') Vergl. zu dem Ganzen Windischmanrif Vindtdae Petrinaef p. 62. — He/ele, 
patrum apostolicorum op. ed, IV. 1855. p. 60. — Döllinger, Christenthum und 
Kirche in d. Zeit d. Grundlegung, 1860, S. 80. • 

') ^Ejti Ttav iffOüfur^fäfv — vor dem Sladlpräfektcn — übcrsezt Döllinger a. a. O. 
S. 83. He feie l. c. sub Tigeüino et Nymphidio Sabino uUimis Neronis annis et 
praesertim Nerone in Graeciam profecto dominantibus. — 8. ^ug, Einl. II, 233. — 
Windischmann L c. 64, — Andere verstehen es von Helius Cäsarianuä und Po- 
lycletus, des Nero Freigelassenen und Günstlingen, welche zur Zeit der Ab- 
wesenheit des Nero in Griechenland — 67 — die höchste Gewalt hatten. Nean- 
der — Pflanzung und Leitung , I, 265, und Schaff /. c. 347, erklärt es ohne 
Grund: er hat vor den Obrigkeiten und Machthabern der Welt den Glauben 
bekannt. S. Kapitel 3. 

^) Lange, die Geschichte der Kirche. Erster Theil (2,1). Das apostolische Zeit- 
alter, 1853. S. 364; 386; 3$8. »Pie fünfte und lezte Misslonsreise (des Paulus), 



$. 3 Was verstand das Alterthinn unter dem Ende des Abendlandes? 11 



§. 3. Was verstand das heidnische und christliche 
Alterthum unter dem Ende des Abendlandes? 

Wir wollen den Fall sezen, dass wir den Entschluss des Apostels 
Paulus, nach Spanien ztr gehen, nicht aus seinen eignen Worten wüssten, 
dass wir ferner nicht aus dem sogenannten Codex des Muratori ein 
weiteres bestimmtes Zeugniss für die Reise des Apostels nach Spanien 
hätten, so wären die Worte des Clemens, dass er bis an das Ende des 
Abendlandes gekommen, dennoch ein so bestimmtes historisches Zeugniss, 
dass wir die Reise des Paulus nach Spanien annehmen müssten. Denn im 
Alterthume verstand man unter dem Ende des Abendlandes nur Spanien; 
man verstand darunter namentlich nicht Britannien, Irland, Gallien, 
Mauritanien , oder irgendeine Insel des westlichen Meeres , so dass Cle- 
mens sich dieser Worte bedienen konnte, weil er wusste, dass die Corin- 
thier und alle seine Leser nur Spanien darunter verstehen — würden. 

Wenn wir die griechischen Worte: räg^ia rrjg Svaetag in das La- 
teinische übersezen, so bedeuten sie finis Hesperiae — oder besser: ultima 
Hesperia — das äusserste Abendland, oder das äusserste Land gegen 
Westen. So wird dieser Ausdruck bei Horaz gebraucht. — Numida, 
einer seiner Bekannten, ist wohlbehalten von dem „Ende des Abend- 
landes ** zurückgekehrt'). Dieses Wort gebraucht er nur von Spanien; 
wenn er sonst des Wortes „H^sperien^ sich bedient, so meint er Italien, 
wie ja bei (den) alten Dichtern , besonders häufig bei Vir^l, Lucan u. a. 
„Hesperien'' der' stehende Ausdruck für Italien ist ^). Derselbe Dichter 
Horaz bedient sich wiederholt bei der Bezeichnung anderer Länder und 
Völker des Ausdruckes: das äusserste, das lezte; er spricht Yiamentlich 
von dem äussersten Numidien, dem äussersten Afrika, dem äussersten 
Britannien, aber der Ausdruck „das äusserste Abendland^ kommt bei 



welche ihn bis in den Martyrtod führte, ist im Allgemeinen ebenso gewiss, 
wie sie im Einzelnen in geschichtliches Dunkel gehüllt bleibt.« 
') Hbrat» Carmin. I, 36. — Et thure et ßdibus juvcU 

Placare, et vituK aanguine debito 
Custodes Nümidae deosy 
Qui nunc Hesperia sospes a6 ultima etc. 
Dazu Mitsckerlick: Hiapania, ultima terrarum versus Occidentem^ vel omnino 
lonffinquOf ut uüima Africa, II, 18^.3. 
*) Hesperia ultima, „Diatinquit eam Hesperiam, quae pro Italia ponitur, ab Hispania, 
quae est ad occidentem versa. Nam alias apud hunc poStam Italia sign\ficatur, ut 
Carm.-3, 6 V. 8, — 4,5 v. 38, — Bei Virgil steht Hesperia für Italien an 
zahlreichen Stellen, z.B. Aen. 1, 530 und den Servius dazu. — Bei Lucan^ 
Pkarsalia 1, 29; 224. - 2, 56; 195; 318; 534; 608; 734. — 3, 4; 48; 64; 369, 



12 Erstes Buch. Zweiieu Kapitel. 

ihm bloss für Spanien vor ^). Die Britannier sind ihm wohl die ausser- 
sten Bewohner des Erdkreises, nemlich nach der Seite der Welt hin, 
nach welcher sie wohnen, nicht aber die äussersten des Westens. Ih 
ähnlicher Weise nennt Virgil die Britannier die Abgeschiedenen von der 
ganzen übrigen Welt^). 

Catullus allein nennt Britannien die äusserste Insel des Abend- 
landes^), daraus aber darf man nicht folgern, dass er es für das Ende 
des Abendlandes halte. Als solches galt den Schriftstellern in Italien 
und in Rom stets Spanien, und näher die Meerenge oder Gades. W^oUte 
man aber auf diese Worte des CatuU ein allzu grosses Gewicht 
legen, so werden sie sogleich wieder aufgewogen durch die Worte des 
spätem Dichters Lucan, eines Spaniers, welcher — die Spanier für 
die lezten oder äussersten des Erdkreises erklärt^). 

Im Besondern galten bei den Alten die Säulen des Herkules, das 
Land jenseits derselben, und Gades als das Ende der Welt im Westen, 
weil den Italienern und den Griechen in dieser Richtung die Sonne 



*) Carm, II, 18, 3. — Non ebur negue aureum 

Mea renidet in domo hcunar 
Non trabes Hymettiae 
I^emunt columnaa ultima reciscu Africa. 
Hiezu die Erkläcer: de marmore Numidico. Ultimam Africcan dixit poe'ta — sim- 
pHciter — remoiam, Umge dissitam, ut vltimoa Gelonos, 2, 20 (18); — Ultimos Bri- 
tannos, 1, 35 (29 — 30); ultimam Hesperiam, 1, 36 (4). — Botest et esse: ultima 
Africa» pars , quae sc. Romanis innotuit, Numidia, Denn zu den Zeiten des Horaz 
war Mauritanien den Römern noch unbekannt, oder ihnen höchstens von den 
Zeiten des Krieges mit Jugurtha dem Namen nach und oberflächlich bekannt. 
— Die Eroberungen in diesem Lande begannen erst unter dem Kaiser Claudius. 
Die Britannier nennt Horaz wohl die äussersten, aber nicht die äussersten 
des Westens: 

Carm, 1,35 (29—30). Serves iturum Caesarem in Ultimos orbis Britannos, 
wobei andere lesen: in (ultimi) orbis Britannos, die Britannier am Ende der Welt. 
*) Virgil. eclog» 1, 67. — Et penitus toto divisos (vel diversos) orbe Bntannos. 

Aehnlich nenni Virgil die M o r i n e r extremos hominum — Aen. 8, 727, — Bei 
Horaz finden sich ferner die Ausdrücke : Me et ultimi noscent Gelohi, Carm. 2, 20 
(18), ein Volk am Dnieper 2,9 (23—24), welches unter den den Römern da- 
mals bekannten Völkern am nördlichsten wohnte. — Ebenso spricht er von 
Occidentis ultimum sinum — ^od. 1, 13. — Ferner: Extremos ad Indos currit mer- 
cator — I. epist 1, 45. — Auch die Araber nennt er extremos — I. epist. 6, 6, wie 
auch den Fluss Tanais oder Don — 3 Od. 10, !• — v. 3 Od. 11, 47 — 48; — 
aber nur Spanien nennt er das äusserste Land des Westens. 
^) Ca tu II. 11, 11 — horribiles^ ultimosque Britannos; — ultima Britannia 29, 13. — 

fuisti in ultima Occidentis insuki* 
*) Lucan, PharsaUa, 7, 540 — 43, Vivant Galataeque, Syrique 

Cappadoces, Gallique, extremique orbis Iberi, 
Armenii, Cilices: nam post civiUa bella 
Bic popuhis Bomanus erit. 



J. 3. Was verstand das Alterthnm unter dem Ende des Abendlandes ? 13 

unter^ng. Statt zu sa^en, vom Aufgang bis zum Untergange der Sonne 
— bediente man sieb des gleichbedeutenden Ausdruckes — vom Auf- 
gange, von den äussersten Indern, dem Ganges, dem Tanais u. dergl., 
bis zu den Säulen, oder bis Tartessus, Gades u. dergl. — So beginnt 
die berühmte zehnte Satyre JuvenaTs mit den Worten: In allen Län- 
dern , -welche von Gades bis zu der Morgenröthe und dem Ganges 
liegen*). Weil man glaubte, dass die Sonne in dieser Gegend unter- 
gehe, so entstand die Vorstellung, dass sie jenseits der Säulen mit 
grossem Geräusche in das Meer hinabsteige^). Strabo führt für diese 
allgemeine Ueberzeugung das Zeugniss des Greographen Posidonius an, 
nach welchetn das Volk behauptete, dass die Sonne an der Küste des 
Oceans grösser untergehe, und mit Geräusch, fast ebenso, als ob das 
Meer bei ihrem Erlöschen zische, weil sie in die Tiefe versinke. Lüge 
sei aber sov^ohl dieses, als dass ihrem Untergange unmittelbar die Nacht 
folge ^). — Auch der Spanier Lucan betrachtet sein Vaterland für das 
ättsserste Land der Erde [im Westen *)]. — Dasselbe bezeugt der 
Dichter Silius Italiens^), nach gewöhnlicher Annahme aus Italica 
bei Hispalis. Auch in späteren Jahrhunderten, als die wahre Lage von 
Britannien, und selbst von Irland, bekannter geworden, blieb Spanien 



') Omnibus in terriSf quae sunt a GcuUbus usque 

Auroram et Gangem j paud dignoscere possunt 
Vera bona, atque Ulis muUvm dtversOf remota 
Erroris nebula, — Juvenal. 10, 1 — 4. 
*) JuvenaL 14, 279— 80, — Sed, longe Calpe relicta 

Audiet Hercideo stridentem gurgite solem, 
^) Sirabo 5, 1 — 5. Mei^to dvveiv rw ^JUov — fjiera ipo^v xa^ctxXt^uag ^ taöccvei öi- 
^cyrog rav xeldyovg xara oßeöiy avroü Sid ro ejuutürreiv ilg rov floSw, ^v&og 
(T ehai xai rwro xai ro xapc^Q^fJux vvxra axoAovSeiv fxera jijv dvCty, 
\) Lucan, Phars, 1, 404, 2, 54 — 55; 588 (qui ferit Hesp^us post omnia ßumma 
BaeUs). 3, 278—79, — Lucan. 5, 453-^54, 
' Dux tarnen impaiiens — 
Versus ad Hispanas aeies, extremaque mundi, jussit beüa geri. 
^) Silius ItalicuSf i^mtoa, i, 141. — 

Atque Hominum finem Gades f Calpenque secuius. 
cf. 1, 145. 3, 399 — 

Armet Tartessus, stabukmti conseia F^oeho, 
Das heisst, Tartessus, in dessen Nähe die Sonne untergeht, das gleichsam die 
Sonne verschwinden^sieht. Mit besonderer Klarheit spricht der Dichter es aus 
— 17, 636 flg. am £nde seines Werkes : 

Mox vietas tendens Cartago ad sidera pabnas * 

Ib<xt, et effigiss orae jam lenis Biberae 
Terrarum finis Gades, ac laudibus oUm 
Terminus fferculeis Calpe, Baetisque lavare 
SoUs equos duid consueius ßuminis unda — 
Vcrgl. Lucret. de rer, nat. 6, 1106: 

Quidne quod in Pento est, differre a Gadibus* 



14 Erstes Buch. Zweites Kapitel. 

das Ende der Welt im Westen. So nennt Mamertinus, der am Anfange 
des vierten Jahrhunderts lebte, den Südwesten von Spanien das Land 
der untergehenden Sonne ^). Ausonius, der am Ende dieses vierten 
Jahrhunderts blühte, und bei Bordeaux lebte und lehrte, spricht die- 
selbe Anschauung des ganzen Alterthumes aus^). 

An die Dichter schliessen sich die Prosaiker, besonders die Geo- 
graphen, an. Herodot ist über den Westen von Europa noch nicht 
genau unterrichtet, und gesteht diess offen zu^). Doch kennt .er genau 
die Säulen des Herkules ^). Bei Aristoteles kommt schon der Name der 
Insel Jeme *) [Irland] vor. Polybius bezeichnet als Grenzen von Europa 
einerseits den Don, anderseits dia Meerenge von Calpe®). — Justinus 
schliesst sein Geschichtswerk mit Spanien, weil es das lezte, das west- 
lichste Land in Europa ist'). Dieselbe Eintheilung und Anschauung 
findet man bei Flinius dem Aeltern, welcher nach der im Alterthume 
herkönmilichen Weise den Untergang der Sonne und die Meerenge von 
Gibraltar zusanmienfiisst "). Auch Pomponius Mela betrachtet Spanien 
als das Ende von Europa®). 

Mit der grössten Entschiedenheit, und durch Eingehen in spezielle 
Nachweise, hebt Strabo die Lage Spaniens als des westlichsten Landes 
Europa's und der Welt hervor, besonders auch durch Vergleichung mit 
der Lage Mauritaniens, Britanniens und Irland^s. — Irland ist ihm, 
nach der unrichtigen Vorstellung des Alterthums, die Grenze Europa's 
im Norden. Er sagt u. a., dass die Länge der Erde, das heisst, die Aus- 
dehnung von Westen nach Osten, von den äussersten Spizen Spaniens 
bis zu den äussersten Spizen Indiens, auf 70,0ü0 Stadien berechnet 
werde *°). „Nördlicher als das äusserste Scythien hinter Indien seien die 
Gegenden um die Mündung des Hyrkanischen Meeres, noch nördlicher 
aber ist Jeme (Irland). — Der westlichste Punkt der bewohnten Erde 



') Mamertini genethUiicus m Maximianum HercuUum: Ab ipso solis ortu non modo, 
8iA extrema gemptemtrionis plaga; — aed etiam ntb ipso htcU ocecuu, qua Tingitano 
Utori Calpeiani moniu obviam latus in mediterraneos sinus admitiit Oceanumf — ruunt 
omnea in sanguinem suum populi, quibus nunquam conügit esse Romanis, cap» 16. 

') Ausonius epist, 19, PauUno sfto: Condiderat jam solis equos Tartessia Calpe 

Sttidebatque freto Titan insigms Ibero. 

') ITe^i ruv ev rjj Evptixff tm x^ saxeQVjv e6xaTieuȴ sx^ .*i^ owx argsKetag Xiyeiy. 
Herod. 3, 115. 

*) Herod, 4, 4^— 43. 

^) Aristot, de mundo — (^, Mannert, 1 (2^ Aufl.)) ^^> 

•) Pohflf, 3, 37, 

') Justin, 44f 1, — Hispania siaUi £uropae terminos claudit, ita et hujus operis fiM 
fiUura est 

') jP/m. hist, not. 3, i. — Origo ab occasu solis et gadikmo freto. — Hispania prima 
terrarum est, ulterior appeüata, 

') Pomp, Mela 2, 6 in ßne, lUud jam (fretum) ßnit Europem, 

••) Sirabo, B-olegom. 11,6-9 (116) — 11,6- 14 (119), 



$. 3. Was verstand das Alterthum unter dem Ende des Abendlandes! 15 

ist das Vorgebirge Iberien's, welches das Heilige heisst.^ — Die West- 
küste von Afrika ragt wenig über Gades hinaus^ dann zieht sie sich 
gegen Osten und Süden zurück*). 

Den einzelnen Theilen (Europa^s) nach idt Iberien das allererste Land 
von Abend her ^). Das heilige Vorgebirge ist der westlichste Punkt nicht 
nur Europa^s, sondern der ganzen bewohnten Erde. Zwar endet die 
bewohnte Erde in den beiden Welttheilen gegen Westen mit den Vor- 
gebirgen Europa^s und den äussersten Libyen^s, von denen jene die Iberer, 
diese die Maurusier inne haben, jedoch laufen die Iberischen Grenzen 
an dem genannten Vorgebirge etwa 1,500 Stadien weiter vor; und daher 
nennt man denn auch das an diesem hangende Land in der lateinischen 
Sprache den Cuneus, womit man die Keilgestalt bezeichnen will.^ — 
Strabo blühte zu den Zeiten des Augustus. Ptolemäus, welcher schon 
eine theilweise richtigere Vorstellung von der Lage Irlands und Britan- 
niens hat, und seine geographische Uebersicht mit diesen Inseln be- 
ginnt, lebte in der Mitte des zweiten Jahrhunderts zu Alexandrien. 
In der Mitte der Zeit zwischen Strabo und Ptolemäus schrieb Clemens 
seinen Brief*). 

Die Anschauung aber, dass Spanien das Ende der Welt im Westen 
sei, blieb im Ganzen die herrschende, und es blieb Sitte, das Ende der 
Welt im Westen von den Säulen des Herkules und dem Cap Sanct 
Vincent zu berechnen*). 



') Str. 2j 5; 14f 15 (119 — 20). ^vgßtxtarocroy fiev yap ßr^fieiov rrjg oixovtjuvi^g ro rav 
^Ißi/Qiav dxptonjptov, 6 xaJLovöiv '/epov. ~ (ed. Kramer, 1852.) 

'I Sir. 2,5-27 (127). Vergl. 3, 1 - 2 (136) ; 4 (137). 

'j S. For biger, H., der Alten Geographie, 2 Bd. 1848, S. 1 flg. «Spanien, Eu- 
ropa*8 erste» Land vom Westen her« u. s. w. Strabo 3, 127, 136, 137. — Man- 
ne rt hat in dem l"*«" Bande s. Geographie der Griechen und Romer (2*® Aufl. 
1799. 3^ Aufl. 1827), 2 Karten ; die erste : Tabula omnis terrae habitatae ad mentem 
Eratoathenis et Strabonis expressa, die zweite: Terrae habitatae delineatio ad mentem 
. Ptolemaei expressa, nach welchen beiden Spanien westlich weit über England, 
Irland und Afrika hinausreicht. 

*) Procopiue, bell Vandal. 1, 1. — de beüo Gothico, 4, 6; cf, 4, 20, wo er zwischen 
den Inseln Brittia und Britannia unterscheidet, und behauptet, dass Brittia zwi- 
schen Britannia und Thule liege — ßperrcevia xqoq dvorrd jtov xelrai yJitov xara 
T^ *j0jeocv(äv ra eöxara x^'^^^y oif^*' Oradiovg ovx ^CCw ^ «f rerpocxi^Utovg ryg 
i^xeipov Siexovöa, B^irria (T iff r^ PoXHotg ra oxiSSev, a dij stpog dxeccvov re- 
r^a/uifjieva, *j0jeayias difjiovori xod Bgerrayicts Jtpog ßo^^av avefMJov (entweder — die 
Halbinsel Armorika [Bretagne], oder die Insel der Bataver oder Holstein ist 
gemeint). Sovhi dky o6a ye aySpwrovf tldevai^ ig taxeavov rov it^ rfj a^ttrta 
rd eOx^'^^ xeirai. 

Auch bei Dio Cassius findet man die geläufige Vorstellung, dass in Bri- 
tannien zu gewissen Zeiten die Sonne nicht untergehe, es also im äussersten 
Norden liege, Dio C. 76, 13. — c/. Juvenal, S. 2. l. 1. — 160 --61. 



16 Erstes Buch Zweites Kapitel. $. 3. Was verstand d. Alterthum etc. 

In dem Sendschreiben des Athanasius und der ägyptischen Bischöfe 
an Kaiser Jovian (363 — 64) heisst es u. a. : ^Diesen in Nicäa festgestellten 
Glauben nehmen alle über die Erde verbreiteten Kirchen an, die Kirchen 
in Spanien, und in Britannien und Gallien, und die in ganz Italien, die 
in Campanien, Dalmatien und Mösien, Macedonien und ganz Griechen- 
land, die in ganz Afrika, Sardinien, Corsika und Greta'' u. s. w. — Nach 
dieser Aufzählung kommt Spanien als das westlichste Land zuerst*). 

Theodoret in seiner heiligen Geschichte erzählt, dass, um Simeon 
den Styliten zu sehen, selbst Gläubige aus den Enden des Abendlandes 
gekommen seien, „Spanier, Britannier und Gallier, welche in der Mitte 
zwischen jenen wohnen ;^*^ in Betreff Italiens verstehe es sich von selbst*). 

Daraus ziehen wir den Schluss, dass man im ganzen Alterthum^) 
unter dem Ende des Westens Spanien verstand, dass Clemens von Rom 
annehmen durfte, dass die Christen in Corinth seine Worte so verständen, 
dass, wenn Paulus auch im ßömerbrief seinen Entschluss, nach Spanien 
zu gehen, nicht wiederholt ausgesprochen hätte, die Worte des Clemens 
doch von Spanien, und nur von Spanien verstanden werden müssten, 
imd dass das Zeugniss des Clemens die Reise des Paulus nach Spanien 
zu einer historischen Thatsache macht, welche eine nüchterne Kritik zu 
bezweifeln kein Recht hat. 



*) Theodoret. hist. eccles, L 4, 3. 

*) Theod. religiosa hist. 26. (3, 1272 bei Schulze- Migne). 

*) Auch noch im Mittelaller — Daniel, Handbuch der Geog^raphie, 2 Bd. 1860. 
S. 303. Daher der Name Cap Finisterrä — das alte Prom. Nerium oder Ar- 
tabrumy welches früher für den westlichen Grundpfeiler der Welt gehalten wurde. 



Drittes Kapitel 

Das Brnchstflck eines Ungenannten — genannt Codex Hnratori 

N, Test 

L. A. Muratori hat zum erstenmale in seinen ^Italienischen Alter- 
thümem aus dem Mittelalter^ — ein Fragment eines ungenannten Schrift- 
stellers mitgetheilty welches ein Verzeichniss der Schriften des Neuen 
Testamentes enthält, aber am Anfisuige und Ende unvollständig ist ^), — 
Nach Muratori haben das Fragment, welches von seinem Entdecker 
den Namen des Codex Muratori erhalten, Gallandi^) und Routh^) 
mit reichlichem Commentar herausgegeben. Muratori vermuthet^ das 
Fragment sei dem Zeitgenossen des Irenäus, dem römischen Presbyter 
Cajus, zuzuschreiben. Qallandi tritt seiner Meinung bei^), weil der 
Ver£aÄser einen gewissen Häretiker Milti^des erwähnt, und Gallandi 
meint, das Fragment sei ein Theil der Disputation, welche Cajus gegen 
den Montanisten Proclus schrieb. Eberhard Stosch verwirft diese 
Vermuthungen *). Moshe im meint, dass das Fragment aus dem zweiten 
Jahrhundert, und aus der Zeit stamme, als Hermas, der Bruder des 
Papstes Pius I. , noch am Leben war , weil der Verfasser sage ®) : den 
Pastor aber hat neuestens zu unserer Zeit in der Stadt Rom Herma(s) 
geschrieben, als auf dem päpstlichen Stuhle der Bischof Pius (I.), sein 
Bruder, sass^). 



') Muratori, Antiquit haue, tnedii aeoi, t. 3, col. 853 — 54. Mediohm, 1740, 

*) Gallandi, hibUoih. veter. patr. 2, 208, 

•) Routh, Eeliquiae sacrae, t, 4, 3 (1818) — erste Aasgabe. 

*) Proleg<m, t, 2, 23, 

») Eb. Stosch, Commentatio hist. crit, de Ubrorum N, Test canone, Francoßtrti ad V. 

1755, p, 199, 
*) Mos heim — Comment, de rebus Christianorum ante Constantinum M, €ui saec, I, 

§, 54. p, 164. (1753). 
') Pastorem vero nuperrime temporihus nostris in urbe Roma Herma(as) conscripsit «•- 
dente cathedra urbis Romas eoclesiae Pto qnseopo, fratre ejus, 

GaiiiB, apan. Kirche. ^ 



18 Erstes Buch. Drittes Kapitel. 

Simon de Magistris hat in seinem ^Daniel nach der Septua- 
ginta^ die Meinung ausgesprochen, unser Fragment sei von Papias ^). 
Freindaller in Linz hat sich um die Verbesserung und Erklärung 
des Textes verdient gemacht ^j. Nach ihm hat Zimmermann eine 
Dissertation über das Muratorische Fragment erscheinen lassen ^). Der 
Anglikaner Martin Joseph Routh hat unserm Fragmente eine grosse 
Sorgfalt zugewendet; er hat es 1818, und wieder 1848 nach Einsichts- 
nahme des Codex in Mailand, aus dem es Muratori aufgefunden hatte, 
in seinem berühmten Sammelwerke ^,Reliquiae sacrae^^ herausgegeben *). 

Zu gleicher Zeit hat der Professor Karl Wieseler in Göttingen 
durch seinen Bruder, den Philologen Friedrich Wieseler, das betreffende 
Manuskript in Mailand vergleichen lassen. Er theilt die Abschrift mit, 
und begleitet das Fragment mit einem ausführlichen Commentare in der 
Zeitschrift „Studien und Kritiken'^ vom J. 1847^). Auch Credner^) 
in Giessen hat sich eingehend mit däm Fragmente beschäftigt. 

Der Niederländer Dr. van Heijst in seiner 1854 erschienenen 
Schrift: — Ueber das Zeugniss des Eusebius in Betreff der Schriften des 
Neuen Testamentes, sowie in einer besondern Dissertation sein Lands- 
mann van Gilse haben scharfsinnige Untersuchungen über unser Frag- 
ment angestellt^). Van Gilse hat den von K. Wieseler mitgetheilten 
Text seinen Forschungen zu Grunde gelegt. 

Nach L. Hug, der in seiner Einleitung in das N. T. den Versuch 
macht, die Uebersezung unsers in barbarischem Latein geschriebenen 
Fragmentes aus dem Griechischen herzuleiten oder sie in das Griechi- 
sche zurück zu übersezen ^) , handeln die in demselben Jahre (1852) 



*) Simon de Magistris, Daniel secundum LXX, Romae 1772 — dissertat. 4. 

§, 10 p. 467. 
*) Freindaller^ fragmentum acepkalum de canone divinorum novi foederis librorum, 

Salishurgi 1802. 
^) F. GL ZimmermanUf Dissert. hist. - critica scriptoris incerti de canone librorum 

aacrorum fragmentum a Muratorio repertxan exhibens. Jena. 8. 1805. 
*) Mouthf Rßliquiae sacrae s. auctorum fere jam deperditor. see. 2. et 3. fragmenta, quae 

supersunt; acced. epistolae synod. et canon. Nicaeno conciUo antiquiores. Oxf. 1814 — 18. 

4 Bde. 8. — Vol. 4. p. 1 squ. — editio 11, 1846—48. Oxoniae. — Vol. 1, p. 394- 434. 

(cf V. 5, p. 338). - Der Text S. 394 — 96. 
*) Wieseler, »der Canon des N. T. von Muratori, von neuem verglichen, und 

im Zusammenhang erläutert von Wieseler, Prof. in Göttingen, in nStudien und 

Kritiken«, J. 1847, S. 817-857. Der Text S. 818-829. 
•) Credner, Einleitung in das N. T. 

^ DisputaUo de antiquissimo librorum sacrorum Novi Foederis catahgo, qui vulgo frag- 
mentum MuratorU appellatur, Auetore J. van Gilse, Theol. Dct. etc, Amstelodami, 

1852. — 30 p. in 4\ 
•) Hug, Einleitung in die Schriften des N. T. 4*« Auflage. Stuttgardt, 1847. — 

»Caaon des Ungenannten bei Muratori.« Bd. 1. S. 105 — 7. »Der griechische 

Text schimmert an vielen Orten durch.« cS. 106.) 



Das Brachstück eines Ungenannten — genannt Codex Muratori N. Test. 19 

erschienenen Einleitungen in das Neue Test, von Prof. Reithmayr*) in 
München, und von Prof. Ad. Maier^) in Freiburg — über den sog. 
Canon des Muratori. 

Endlich hat der Gelehrte, Dr. Nolte in Paris, in den.J. 1856 und 
1860 seine Forschungen und Anschauungen über das in Frage stehende 
, Aktenstück in zwei Zeitschriften niedergelegt ^). Er hat den gelungenen 
Versuch gemacht , das Fragment ganz in das Griechische zu übersezen. 

Zuerst handelt es sich um den Verfasser und die Zeit der Verfas- 
sung, zwei Fragen, die natürlich nicht getrennt werden können« De Ma- 
gistris hat Papias genannt; dieser aber lebte vor dem Auftreten der 
Montanisten , weiche in dem Canon noch erwähnt werden. 

Bunsen hält — bis jezt ohne Nachfolger — den Hegesipp für 
den Verfasser unsers Fragmentes, d. h. er vermuthet, dass dasselbe ein 
Bruchstück seiner 5 Bücher „Denkwürdigkeiten christlicher Ereignisse*^ 
sei, wovon uns 5 Bruchstücke, meist bei Eusebius, erhalten sind *). — Auf 
den ersten Blick hat diese Vermuthung viel für sich. — Hegesipp kam 
unter Papst Anicet, der auf Pius I. (von 142 — 157) folgte , und von 157 
bis 168 regierte, nach Rom und blieb daselbst bis nach dem Todie des 
Papstes Victor — 176 *). Er schrieb griechisch, und er schrieb genau 
zu der Zeit, dass er sagen konnte, den „Hirten^ habe „in unsem Zeiten 
und ganz kürzlich^ der Bruder des Papstes Pius geschrieben; auch 
fallen in seine Zeit die Anfänge des Montanismus. 

Dagegen spricht, — nach Nolte — ®), dass Eusebius, welcher* die 
Angaben des Josephus Flav. über die Bücher des A. T. mittheilt; femer 
den Canon des Melito von Sardes und des Origenes über die Bücher 
des A. T. ^) — sodann den Canon der Bücher des N. Test. — nach 
Irenäos (Eus. 5, 8); nach Clemens von Alex. (6, 14); nach Origenes 
(6, 25) ; endlich seinen eigenen Canon (3, 25)^ — gewiss auch den Canon 
aus Hegesipp, dessen Werk ihm ja vorlag, mitgetheilt haben würde, 
wenn er diesen Canon darin gefunden hätte. 



■) Fr. X. Reithmayr, Einleitungr in die canonischen Bücher des ntuen Bundes. 
Regensburg, 1852. S. 65 — .68 (»Römischer Urcanon**)» 

') Adalb. Maier, Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments. Freiburg^ 
1852, S. 484-87, 

•) (Wiener) »Zeitschrift für die gesammte katholische Theologie,«« 1856, Dr. Nolte 
über van Gilse Disput de catahgo Muratorii. (8 Bd. 1 Heft.) S. 134 — 146. — 
Theologische Quartal seh rift. Jahrg. 1860. — Nolte — »üeber das sog. Mura^ 
torische Fragment canonischer und nichtcanonischer Bücher.« S. 193 — 243. 

*) Hegesipp: ixofxyi^fxtxra tüv exxXi^öiaörtxuy jtQa^eayy Euseb, kist. ecc. 4, 8 (22) ; 
gesammelt in Grabe spicilegiumf t IL GaUandi bibl, v. p, t II. 

») Eweb. A. e. 4, 11. (4, 22). 

•) Nolte, Tüb.Q. Schrift, 1860, S. 231 — 32. 

Eus. 3, 10. 4, 26. 6, 25. 

2* 



2P Erstes Buch. Drittes Kapitel. 

Eusebius sagt femer von Hegesippus, dass er aus dem Eyangelium 
— nach den Hebräern — Einiges mittheile *). Aber gerade dieses Evan- 
gelium — erwähnt der Verfasser des Fragmentes nicht, 

Eusebius sagt nichts über das, was unser Verfasser über den Hirten 
des Hermas berichtet. Er meint vielmehr mit seinen Zeitgenossen, dass 
der im Römerbriefe erwähnte — Hermas ^) — der Verfasser sei ^). — 
Eusebius hat nicht gewusst, v^er der Verfasser des Hirten des Hermas 
sei; w^ären ihm die Worte unsers Ungenannten in Hegesippus vorge- 
legen, so -wären sie ihm nicht entgangen. 

Diesen entscheidenden Bedenken Nolte's gegen Hegesipp als Ver- 
fasser des sog. Codex Muratori füge ich noch bei, dass Eusebius nicht 
nur nichts wusste von einer Reise des Apostels Paulus nach Spanien, 
sondern dass er die Befreiung des Paulus aus seiner ersten Gefangen- 
schaft nur im Allgemeinen, ohne Angabe einer Einzelheit berichtet als 
eine Sache , die erzählt werde *). Hätte er ein so bestimmtes Zeugniss 
über die Reise nach Spanien, wie es unser Anonymus giebt, in den 
Schriften des Hegesipp vor sich gehabt, so hätte er es wörtlich ange- 
führt. — Diess genügt gegen die Hypothese Bunsen's. 

Wieseler in seinen Untersuchungen geht auf diese Frage gar 
nicht ein; er geht mit einer auffallenden Gleichgiltigkeit an derselben 
vorüber. Er begnügt sich zu sagen*): „Cajus, oder was mir richtiger 
sbheint, irgend ein anderer Kirchenlehrer des zweiten Jahrhunderts*^ 
sei der Verfasser gewesen. Diese Unbestimmtheit hängt mit Wieseler's 
Meinung Zusammen, dass unser Fragment ursprünglich lateinisch ge- 
schrieben sei. — Auch Credner und Nolte nennen keine bestimmte Persön- 
lichkeit als Verfasser des Fragmentes. — Ad. Mai er sowohl als Reith- 
mayr, in ihren Einleitungen, begnügen sich zu sagen, dass der Werth 
des Fragmentes sich gleich bleibe, ob dasselbe von Cajus, oder einem 
Andern komme ^), denn es sei in die zweite Hälfte des zweiten Jahr- 
hunderts zu sezen, und spreche den „Bestand der römischen Kirchen- 
regel*^ aus ^). 

Aber welche Gründe sprechen deim für Cajus — als Verfasser der 
Schrift? Für Cajus ist Muratori und Gallandi, weil Cajus die be- 
kannte Disputation gegen den Montanisten Proculus gehalten, um das 
J. 190, und weil um diese Zeit — das um 150 — geschriebene Buch 



») üus. 4, 22. 

«) Rom. 16, 14. 

*) Eu8.3f3, cf.3,25. 5,8 — wo Euseb. sagt, dass Irenäus ..den Hirten« des 

Hermas citire mit den Worten: treffend sagt die Schrift, welche — etc. 
*) Eus. 2, 22 - JLoyog e^ei. 
*) Wieseler /. c. S. 856. 
<) Mai er, Ad., Einleitung, S. 484. 
») Reithmayr, Einleitung, S. 65. 



Das Bruchstück eines Ungenannten — genannt Codex Mnratori N. Test. 21 

des Hermas noch ein neulich zu ;,unsrer Zeit*' verfasstes genannt werden 
konnte. — Ferner, weil in unserm Fragmente ein Miltiades als Häre- 
tiker vorkomme, der bei Eusebius, eigentlich bei dem Anonymus [über 
die Montanisten bei Eusebius *)] — als Haupt der Montanisten genannt 
werde ^). Dagegen bemerkt Routh ^), dass, wenn auch über die Lesart 
Miltiades — statt Alcibiades kein gegründeter Zweifel bestände, 
dieses Zeugniss zu Gunsten des Cajus nicht genüge. — Zwischen Mil- 
tiades oder Alcibiades dem Montanisten (bei Eus. 5, 3. 5, 16) — und Mil- 
tiades, dem Verbündeten des Marcion — in unserm Fragmente sei ein 
Unterschied *). — Neben diesen zwei — wenigstens durch Routh aus- 
einander gehaltenen — Miltiades, neben dem Papste Miltiades oder 
Melchiades (Eus. 10, 6) kommt bei Eusebius der bekannte Schriftsteller 
Miltiades, der Apologet des Christenthumes, vor, welcher vor 192 blühte, 
welcher eine verlorne Schrift gegen die Montanisten verfasste *) , eine 
Apologie gegen oder vor der weltlichen Obrigkeit, besondere Schriften 
gegen die Juden und die Heiden. — Nolte schlägt statt des Mitiades 
oder Miltiades unsers Fragmentes eine neue gewagte Lesart vor®). 

Lassen wir also hier den Miltiades, über dessen Person und Namen 
man vorerst noch nicht im Klaren ist, zur Seite, so wird dadurch die 
Meinung des Muratori und GaUandi zu Gunsten des Cajus noch nicht 
umgestossen. Eberhard Stosch, der vor GaUandi schrieb, will das Haupt- 
argument des Muratori widerlegen ^) , dass unser Fragment den Brief 
des Apostels Paulus an die Hebräer nicht kenne, und dass auch Euse- 
bius von der Schrift des Cajus gegen den Montanisten Proclus bezeuge, 
dass Cajus darin nur 13 Briefe des Paulus, mit Auslassung des 
an die Hebräer anführe ®). Denn Cajus stehe in dieser Weglassung 
oder Verwerfung nicht allein , da Lrenäus , Hippolyt u. s. w. den Brief 
unter den Briefen Pauli nicht kennen. 

Li der That wurde der Brief an die Hebräer vor dem fünften Jahr- 
hundert von den Abendländern nicht als canonisch anerkannt. ClemenB 



^) Eus. 6, 16. — Yales. und Joh. Lange lesen — Akänadem, 

') Bei Eus. 5, 3 faeisst er Alcibiades. 

') Reliqume sacrae, t. 4, p. 4. der ersten Ausgabe. 

*) Arsinoi autem seu Vahntini vel MiUiadia nihil in totum recipimxtSf qui etiam novum 

psalmorum Uhrum Marcioni conscr^serunt, Nolle übersezt (S. 248) — fuxQxuavi 

övyeypa^av. — Roath (und bedingungsweise Nolte) erklären »zu Ehren de» 

Marcion" — näher liegt: in Verbindung mit Marcion. 
*) Euseb. 5, 17. 5, 28. Vergl. Tertuü. adv. ValenL cap. 5. — Hieron, episU 83 ad 

Magnum. — De script. eccles. cap. 39, — Vergl. Möhler-Reithmayr, Patrologle, 

S. 395 — 96. 
•) Nolte, Q. Sehr., S. 238, aus (HaXvvriyov — rj TQN METATTOT C- rar fJin' 

ocüTOv) — sei allmälig ficriadovg (lat. Mi[l]tiadis) entstanden« 
') Stosch, Comm. etc, 1755, 61 et 62. 
») Euseb, 6, 20. 



22 ETSte9 3acli. Drines Kapitel. 

von Rom benüzt mehrfach den Brief, aber nirgends nennt er dessen 
Verfasser, Cajus bei Eusebius verwirft den Brief; ebenso der Verfasser 
des Fragmentes bei Muratori, wenn dessen Verfasser verschieden von 
Cajus ist. — Nach Stephanus Gobarus hat auch Irenäus und sein Schüler 
Hippolyt Paulus nicht als Verfasser anerkannt. In dem berühmten Werke 
des Irenäus, sowie in dem Werke des Hippolyt, das seit dem Jahre 
1848 — 51 bekannt ist, „gegen alle Häresien, zehn Bücher*' , wird der 
Brief an die Hebräer nicht erwähnt und nicht benüzt, obgleich er dem 
Verfasser an sich nuzlich gewesen wäre. TertuUian nennt Barnabas 
als dessen Verfasser. — Novatian und Cyprian — beide um. 254 — 
kennen und benüzen den Brief nicht. — Victorin von Petau kennt, 
wie dör Verfasser des Fragmentes, nur Briefe des Paulus an sieben 
Gemeinden (Römer, Corinthier, Galater, Ephesier, Colosser, Philipper, 
Thessaloniker) , und an dieser Siebenzahl hält unser Fragment wie an 
einer symbolisch -dogmatischen Noth wendigkeit fest. — Erst Hilarius, 
Lucifer und Clem. Mar. Victor (Victorin) führen den Brief an die Hebräer 
als paulinischen an, während Phöbadius von Agen, Optatus und Zeno 
ihn noch übergehen. Neben Ambrosius, Philastrius, Rufin und Gau- 
dentius haben Hieronymus und Augustinus am meisten für seine An- 
erkennung im Abendlande gewirkt. Die Synoden von Hippo 393, von 
Carthago 397, und von Carthago 419 haben ihn unter die canonischen 
und paulinischen Schriften gezählt *). 

So überraschend darum die Angabe des Eusebius ist, dass Cajus 
den Brief an die Hebräer nicht kennt, und dass unser Fragment ihn 
gleichfalls nicht kennt, so reicht diese Uebereinstimmung allein nicht 
hin, dasselbe dem Cajus zuzuschreiben. 

Stosdi, Credner imd Wieseler sprechen gegen Cajus als Auetor des 
Fragmentes, weil Cajus — nach Eusebius (3, 28) — die Apokalypse des 
Johannes für ein Werk des Cerinthus halte, während der Ver&sser des 
F^ragmentes sie den canonischen Schriften beizähle. Routh macht da- 
gegen mit Recht geltend, dass aus den Worten des Cajus bei Eusebius 
keineswegs erhelle, dass derselbe unter den angeblich dem Cerinthus 
gewordenen Offenbarungen die Apokalypse des Johannes verstehe. Diess 
ist auch wegen der bekannten Abneigung oder Flucht des Johannes vor 
Cerinth unwahrscheinlich. 

Freindaller — will in dem Fragmente selbst eine Stelle gefun- 
den ]äaben, die auf das bekannte Werk des Cajus gegen Proclus hin- 
weise, welches in Form einer Disputation gehalten war, die Stelle nem- 
Kch: „Ueber welche Punkte vdr noch im Besondern disputiren müssen*).*^ 



') Ad. Mai er, Commentar über den Brief an die Hebräer, 1861, Einl. S.17 — 19, 

wo die Belegstellen stehen. 
*) De quibu8 sinffulis necesse est a nobis disputari. 



Das Brachstfick eines Ungenannteii — genannt Codex Mnratori N. Test. 23 

Da ohnedem das ganze Fragment — mit dem sonst bekannten Inhalt 
der Schrift des Cajus harmonire^ so glaubt dasselbe Freindaller ohne 
Bedenken dem Cajus zuschreiben zu sollen. 

Unter den Neuem hat sich keiner bestimmt für Cajus ausgesprochen; 
mehrere bestimmt gegen ihn. Diess zwar mit Nothwendigkeit jene, 
welche keine Uebersezung des Fragmentes aus dem Griechischen ^en- 
nehmen. Denn Cajus hat griechisch geschrieben. Wieseler, yan Grilse 
und früher JSolte meinten, das Fragment sei ursprünglich lateinisch ge- 
wesen. — Die Gründe aber, die Wieseler beigebracht, sind ohne Gewicht. 

Der Verfasser war, nach Wieseler, in Rom, oder in der Nähe Borns, 
weil er Rom „die Stadt*' nennt*). Darum, weil das Fragment in Rom 
oder in der Nähe von Rom verfasst sei, sei es lateinisch geschrieben. 
Als ob nicht alle Römer, wie Clemens von Rom, Hermas, Cajus, Hip- 
polyt u. a., griechisch, und nur griechisch geschrieben hätten, da erst 
nach dem J. 250 die lateinische Sprache unter den Schriftstellern der 
römischen Gemeinde allmälig über die griechische sich erhebt. Wieseler 
meint ferner, der Verfasser sei ein Lateiner gewesen, weil er ein Wort- 
spiel gebraucht , das einem Griechen ferne gelegen wäre ^). Dieses 
Wortspiel zu verhindern war aber auch einem Uebersezer aus dem 
Griechischen eine Unmöglichkeit. Die -Worte: Es gebührt sich nicht, 
dass Galle mit Honig vermischt werden, können im Lateinischen nicht 
ohne dea Gleichklang von mel und fei gegeben werden. 

Für^die Uebersezung des Fragmentes aus dem Griechischen sind 
Simon de Magistris, Hug, Ewald, welche Rückübersezungen einzelner 
Stellen versucht haben, Bunsen, der das ganze Bruchstück in das Griechi- 
sche übertragen hat, sodann natürlich jene, welche den Cajus für den 
Ver&sser halten. Zulezt hat Nolte, welcher im J. 1856 noch sich zu 
Wieseler's Ansicht bekannt, im Jahre 1860 erklärt: „Wir haben geirrt; 
die erste Ansicht allein (der Uebersezung aus dem Griechischen) ist die 
richtige.^ Er hat den im Ganzen sehr gelungenen Versuch gemacht, 
den griechischen Urtext herzustellen. Ueber den Verj&usser des Frag- 
ments spricht er keine Meinung aus ^). 

Alle oder fast alle, welche sich über unser Fragment ausgesprochen, 
sagen, dass der Verfasser der römisch^ Kirche angehörte, dass er in 



Wieseler, S. 831 flg. 

^) Fei cum meüe miaceri non congrtdt 

') Am meisten gegen Cajus, als den Verfasser des Fragmentes, scheint mir der 
Umstand zu sprechen, dass Eusebius, welcher Stellen aus des Cajus Disputa- 
tion mit Proculus anführt, der Meinung ist, der Verfasser des Fastor Hermä — 
sei der apostolische Hermas. — "Wären die Worte unsers Fragmentes über 
Hermas in der dem Eusebius vorliegenden Schrift des Cajus gestanden, so 19^ 
zu vermuthen, dass Eusebius sie angeführt hätte. 



24 Erstes Bach. Drittes Kapitel. Das Bruchstück eines Ungenannten etc. 

Born, oder in der Nähe von Rom gelebt, dass er keine Privatansicht, 
sondern die Ueberzeugung seiner Kirche ausspreche, dass — besonders 
wegen der Stelle über den Hirten des Hermas — derselbe in der zweiten 
HSÜfte des zweiten^ spätestens im Anfange des dritten Jahrhunderts ge- 
lebt habe ^) , und dass sein Zeugniss darum von dem höchsten Werth 
für die Tradition und Uebung der römischen Kirche sei, wobei es nichts 
darauf ankomme, ob Cajus oder ein Unbekannter Verfasser des Frag- 
mentes sei. 



') Nach Nolte lautete die Stelle, die sich oben (S. 17) lateinisch findet, im 
Griechischen also : Tov ye fja^v (oder ray de) Jtoifjieva v^oyviorccra (od. x^ogparto^ 
evceyxog fC^wfiy &^h c^Tuagy je^ßpe^eog, /uuxpov u. s. w.) eitl tüv iffiereptav (oder 
i^fjuäv) XQ^f^ ^ Jtoiei 'Ptififj ^E^ftag Owey^ce\f>e xaSijfievov itti r^ na^id^ag (oder 
h fij fuc'^dd^): r^ JtolBtag'Ptofiijg ixxM/(füxg JJtov ixtßttojtavy rov adeJLpov oktov. 



Viertes Kapitel. 

Das Zeugniss des Codex Muratori fOr die Reise des Apostels 

Panlus daeli Spanien. 

Die Stelle in unserm Fragmente, welche man als Beweisstelle für 
die Reise des Apostels Paulus nach Spanien anführt, lautet in dem latei- 
nisdien Texte bei Wieseler, und in dem Versuche der Rückübersezung 
von Nolte also (Z. e. S. 207) : 

Acta atUem omnium Apostolo" AI 8h ngd^eig ndvrwv r&v ano^ 

rum «tt6 uno Uhro scripta sunt, öroXtov i(p* iv ßißUov iyQa(pri(Sav. 
Lucas opUme(o) Theophüe(o) com- (6) Aovytag rm xgctriarca 0€O(pi)xp 
prindit (comprehendit), quia (quae?) öVfATieQi^hcßev, ä int rrjg ütccQOvaiccg 
mb praesentia ejus singula gereban" ccvrov ixaarce inQ(ix&f}<5€tv (warum 
tar, sicuH et semote passwnem PetH nicht inqdx^'fl ^)> xa&dneg xal x^' 
emdenter declaraty sed profectionem Qiaag tö ndd'oq rov JJixQOv ivag- 
PawZt ab TJrbe ad Spaniam proficis- ymg (acc(pwg) SrjXoty dkXd xcci riiv 
eenJtis. nogeiav rov UccvXov äno r^g ttö- 

Xemg elg (r^v) anccvlav ('lanaviccv) 
noQ€VOf4ävov (änegxofA^vov), 

Der Anglikaner Routh (und Andere mit ihm) ist in seinem Com- 
mentare zu dieser Stelle einem seltsamen Missverständnisse unterlegen, 
welches freilich zum grossen Theile der fehlerhaften Uebersezung zuzu- 
schreiben ist. Er versteht nemlich die Stelle so : Lucas hat dieses Buch 
an TheophiluB gerichtet, weil alles Einzelne vor seinen Augen vorgieng, 
wie er auch getrennt hievon die Passion des Petrus deutlich darlegt, 
aber auch die Abreise des von Rom nach Spanien reisenden Paulus. 
Statt dessen muss die Stelle übersezt werden: 
;,Die Thaten aller Apostel sind in einem einzigen Buche geschrieben. 

Lucas hat für den besten Theophilus zusanunengestellt, wie das 
(weil das) Einzelne in seiner Gegenwart geschah, wie er es auch deutlich 
dadurch an den Tag legt, dass er die Passion des Petrus weggelassen 



26 Erstes Buch. Viertes Kapitel. 

hat, sowie auch die Abreise des Paulus, welcher von Rom nach Spanien 
sich begab. ^ 

Die Beweiskraft unsrer Stelle als Zeugniss für die spanische Reise 
des Paulus bleibt sich bei beiden Erklärungen gleich. Aber Routh 
musste sich bei seiner Erklärung die Frage vorlegen, wo denn Lucas 
sich besonders über diese beiden Thatsachen ausgesprochen habe. Frein- 
daller fragt: „wie sollen diese Worte verstanden werden? Er legt 
getrennt davon die Passion des Petrus deutlich vor. Vielleicht deutet 
der Verfasser auf Petri Gefängniss und seine wunderbare Befreiung 
(Ap. G. 12). Aber über die Reise Pauli nach Spanien herrsche in der 
Apostelgeschichte tiefes Stillschweigen. Die ohne Zweifel verstümmelte 
Stelle lasse nicht erkennen, ob diese Worte sich auf die Apostelgeschichte, 
oder ein anderes Buch beziehen. Jedenfalls „erfahren wir daraus — 
dass Paulus nach Spanien gereist sei^ ^), 

Routh meint, vielleicht sei zu lesen für semote — semota, — d. i. 
wie auch hievon getrennte andere Stellen in der heiligen Schrift es ja 
deutlich an den Tag legen ^) : nemlich die Worte bei Johannes 21, 18 — 19, 
das Leiden Petri, die zwei Stellen — Brief an die Römer 15, 24; 28, 
die (beabsichtigte) Reise nach Spanien. — Matthäi hat indess zum lezten 
Kapitel der Apostelgeschichte zum erstenmal ein Scholion herausgegeben, 
welches lautet: „Nach den zwei Jahren (der römischen Gefangenschaft) 
gieng Paulus nach Spanien, und predigte daselbst, dann kehrte er nach 
Rom zurück, und wurde Märtyrer^).*' 

. Viel künstlidier verfährt Wieseler *) , welcher — man höre — aus 
unserer Stelle den Beweis führen will, dass Paulus nicht nach Spanien 
gekommen, und nicht aus der ersten Gefangenschaft entlassen worden 
sei. Er liest also zuerst: „wie Lucas zwar das Leiden Petri offenbar 
getrennt davon darlegt, aber nicht die Reise Pauli nach Spanien^ — 
{sed nee profectionem Pauli) 'j oder — er schlägt vor, anzunehmen, es 
sei ein Wort ausgefallen, nemlich: Lucas lässt die Reise Pauli nach 
Spanien aus. — Wieseler lässt also das Fragment gerade das Gegen- 
theü von dem sagen, was alle andern darin finden. „Aber die Reise 



*) Ättamen certi hts reddmur, Paulum ab urbe Roma m Stspaniam commigrasse : induhie 
postquam a Nerone absolutus est, a prima scilicet captivitatey de qua captte ultimo 
Actorum apostolorum historia legitur, Utrum forsan veluti eo facto finiri librum ActO" 
runif quemadmodum ordiri verbis: Optime Theophile, designandi fragmentario 
nostro intentio fuitf 

^) Routh: Sicut et semota passionem Petri evidenter declarant 

*) Mera tt^v duriccv «V HxayUxy djceJiScov ExrJQV$e. (Tlavlog) xai VJtoötQexfjag elg Ptafjarjy 
eiiOQTTüqftjGev. 

*) Wieseler — S. 823 — 24 Zimmermann ändert sed profecäonem Pauli in sed 
et — aber auch die Reise Pauli nach Spanien. Wieseler: sed nee (sc. evidenter 
deckxrat) profectionem Pauli ab urbe ad Spa$uam prößciscentis ; — oder sed' pro- 
fB^^M»/^ PcmH ^ yrbe o4 Spaniam profidscmtis — fmittit. 



Das Zeugniss d. Codex |tiLar4io?i für d. Eeise d. Apostels Paulus n. Spanien. 27 

des PauluSi^ aa^ Wieseler, j,da er von der Stadt nach Spanien 
reiste, übergebt er. Denn sie war nicht geschehen. Er (Lucas) be- 
jaht den Martyrtod des Paulus; leugnet aber die Geschichtlichkeit der 
spanischen Reis^ des Paulus, und — was daraus nothwendig folgt, die 
Geschichtlichkeit der sogenannten zweiten römischen Gefangenschaft des 
Paulus. Wir haben hier also wahrscheinlich ein altes wichtiges Zeugniss, 
und zwar aus dem Schoosse der römischen Gemeinde selber, welches 
der Annahme dieser zweiten Gefangenschaft direct widerspricht. '^ Also 
Wieaeler, welcher ein Jahr später in seinem sonst geschäzten Werke: 
, Chronologie des apostolischen Zeitalters^ — gleichfalls die zweite römi- 
sche Gefangenschaft des Apostels Paulus leugnet, und den Martyrtod 
desselben schon in das Jahr 64 sezt.^j. — Eine Widerlegung solcher 
Argumente wäre nicht am Plaze. Sie widerlegen sich selbst 

Die ßücktibersezung unserer Stelle durch Nolte aber — auch 
H u g hat hier einen weniger gelungenen Versuch gemacht ^) — zeigt 
uns den Sinn des Fragmentes, und lässt uns zugleich vermuthen, wie 
der Uebersezer zu seiner sinnentstellenden Fassung gekommen ist. Er 
musste übersezen: siciUi (Lucas) semota Petri passione evidenter declar(xtj 
sed et profectione Pauli ab urbe in Hispaniam proficiscentis* Vor ihm 
lagen die Worte : mg (oder xu&äneg) x(^Q^<^^^ ^cci ro ncc&og rov Ilärgov 
accq)(aQ Srilot — nemlich , dass er nur das schreiben wollte , was vor 
seinen Augen geschehen war. Der Uebersezer ist des Lateinischen oder 
des Griechisdben so wenig mächtig, als die Uebersezer des Hermas und 
des Lrenäus. Ja, nach Nolte ist ^die Sprache <des Auetors (d. h. des 
üebersezers in das Lateinische) so hölzern und voll von Solöcismen, 
dass er selbst dem wahrlich nicht sehr geschmackvollen lateinischen Ueber- 
sezer des lrenäus weit, unendlich weit nachsteht ^).^ t— Er übersezt 
immer ein Wort nach dem andern, und es ist, als hätte er vor sich ein 
griechiseh*lateinisdies Wörterbuch. Er findet, dass das Wort x^ogi^ct) 
mit semoveo zu übersezen ist, aber — da er den Aoristus vor sich hat, 
darf er nicht übersezen: semovens. Er. sucht nach dem Participium 
des Perfecti activi, und — siehe, er findet es nicht. Also macht er 
einen Anlauf, zu übersezen: semota passione Petri — was ganz richtig 
gewesen wäre. Aber unter seinem Anlaufe — sieht er im Griechischen 
vor sich den Accusativus — ro nä&og Ilitgov — darum schreibt er 



Wieseler, Chronologie des apostolischen Zeitalters bis zum Tode der Apostel 
Paulus und Petrus. Göltingen 1848. S. 526 folg. 

*) Hug, Einleitung, I, 106 — cutayray t<ov dxooroltitv XQOL^eig eig fjuav flißZov lovxag 
r« xpariÖTfo Seo<püU^ öuvexXetßs^ ort xara fie^og ev rrj avrov Jta^vöta eysrrjSifj- 
Öccvy xaSütg jea^exrog tov Uerpov jtaSi^uocrog öa^tag ifi^pccvi^si, xai rrjg ixidtjfjiiag- 
IlavXov cato njg stoXetag eig rag öjcaviocg iytiStjfxowrog. Diese Bückübersezung 
giebt keinen deutlichen Sinn, und ist sprachlich mangelhaft. 

•) Wiener Zeitschrift. 8, 1. S. 137. 



28 Erstes Buch. Viertes Kapitel. 

semote (oder semota), und übersezt den griechischen Accusativ in den 
lateinischen — passionem Petri, Dadurch ist der Sinn^, ohne sein Wissen 
und Wollen, ein anderer geworden. Nun sagt die Uebersezung, dass 
Lucas an einem andern Orte ebensowohl das Leiden Petri, als Pauli 
Reise nach Spanien deutlich darlege. Aber gerade das Gegentheil sagte 
der griechische Text, dass Lucas — in der Apostelgeschichte — von 
beiden Thatsachen nichts berichte, weil sie nicht in seiner Gegenwart, 
oder unter seinen Augen, geschehen seien. 

Was uns vorliegt, ist demnach kein Bericht des Lucas, sondern eine 
Angabe des Ungenannten; er berichtet zwei Thatsachen, welche in der 
Apoätelgeschichte nicht berichtet werden. Der Verfasser führt die Weg- 
lassung dieser beiden Thatsachen, des Todes Petri, und der Reise des 
Paulus nach Spanien, — als einen Beweis an, dass Lucas nur das, was 
in seiner Gegenwart geschehen, berichtet. „Er stellt also beide That- 
sachen auf gleiche Linie der Gewissheit *),^ — Zu der Zeit, in welcher 
er schrieb, zwischen 157 und 220 (nach Döllinger 165 — 175), war es 
in der römischen Kirche allgemeine Tradition und Ueberzeugung, dass 
Paulus nach seiner Freilassung aus der ersten römischen Gefangenschaft 
nach Spanien gereist sei. 

Von einem Schriftsteller, der in der zweiten Hälfte des zweiten 
christlichen Jahrhunderts schrieb, hundert Jahre nach der Reise des 
Apostels Paulus nach Spanien, kann man wohl sagen, dass er seine Aus- 
sage über diese Reise aus der noch lebendigen Ueberlieferung schöpfte. 
Dabei braucht man nicht in Abrede zu stellen, dass diese Ueberlieferung 
sowohl, als die Aussage unsers Verfassers zum Theil bestimmt und be- 
kräftigt wurde durch den im Briefe an die Römer ausgesprochenen Ent- 
schluss des Apostels, nach Spanien zu reisen, sowie durch das Zeugniss 
des Clemens von Rom. 

Jedenfalls sind seine Worte ein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass 
man in Rom am Ende des zweiten und Anfange des dritten Jahrhun- 
derts — es nicht anders wusste und glaubte, als dass Paulus nach seiner 
ersten Gefangenschaft nach Spanien gegangen sei. Es war dieses: 



») Döllinger, Grundlegung, 1860, S. 81. 



Fünftes Kapitel. 

Die Tradition der römischen Kirclie Aber den Apostel Paulus. 

Unter der Zahl der Schriftsteller, welche in der neuesten Zeit 
die sogenannte zweite römische Gefangenschaft des Apostels Paulus ver-r 
werfen, befindet sich nach und neben Wieseler Fr. X. Reithmayr. 
Es lohnt sich der Mühe, seine Gründe zu prüfen. Er sagt: „Einige 
Zeit hindtirch eröfl&iete sich (dem Apostel Paulus) sogar Aussicht auf 
nahe Befreiung; und er gab den Orientalen bereits Hoffnung, sie bald 
besuchen zu können'' (Phil. 2, 24. Philem. 22). Dass diese Erwartung 
aber je in Erfüllung gegangen sei, dafür findet sich keine sichere Spur 
weder in seinen Briefen, noch eine bestimmte Nachricht in der Tradition 
oder in einem Denkmale weiterer Wirksamkeit. Eusebius *) und Hiero- 
nymus und nach ihnen andere haben zwar angenommen, Paulus habe 
nochmals seine Freiheit erlangt, wohl auch die projectirte spanische 



*) Eus. h, e, 2f 22. Tore ftev ovv dfeoZoy^ödfjieyov avSig exi rrjv rov xjjQVyixaTog dia- 
xcyioev loyog ex^i CreUaCSai tw djtoöroJtoVy deuregov «T estißavra rrj avrij xoXbi 
rtä xeer* ccuriv reieua'Sijvai luux^rvpita. Was er sofort aus 2. Tim. 4, 16. 17 nach- 
zuweisen sucht. Dasselbe schreibt ihm Hieronymus nach mit dem Zusätze, 
dass des Apostels Freigebun^ der anfang^lich noch etwas gemässigten Regie- 
rungsweise des Nero zu danken sei. (De vir. iü. c. 5. cf. Comm, in Arnos V. 8,) 
Beide sezen nemlich die Abführung des Paulus von Jerusalem nach Hom in 
das zweite Jahr des Nero oder 56. Auch hängt die Angabe seiner damaligen 
Freiwerdung zusammen mit dem Ap.G. 28,30 bemeldeten Biennium. Allein 
es heJsst nicht: »Er blieb aber in Rom volle zwei Jahre** etc., sondern einzig 
mit Rücksicht auf seine Wohnung daselbst: »Er blieb aber volle zwei Jahre 
in einer eigenen oder Privatmiethe , und nahm alle auf«, so dass nicht mehr, 
und uichts damit berichtet wird, als wie lange er die aus sergewöhnliche Ver- 
günstigung genossen habe. Eher könnte man daraus folgern, dass nach dieser 
Zeitfrist seine freiere Haft in eine engere im Prätorium verwandelt worden sei. 
(A. V. Reithmayr.) Einleit. S.498 — 99. (Dr. Reithmayr ist inzwischen von seiner 
frühem Ansicht abgegangen.) 



30 ' Erstes Buch. Fünftes Kapitel. 

Missionsreise ausgeführt *) ; die Gründe aber reduciren sich hauptsächlich 
auf 2. Tim. 4, 16 f., wo derselbe von seiner ngor^Qcc änoXoyia spricht, 
in Folge deren er ,,aus des Löwen Rachen gerissen worden*'. Befragen 
wir aber den Apostel selbst, so scheint aus manchen Andeutungen eher 
das Gegentheil zu entnehmen. Als es endlich zur Verhandlung kam, 
traten die Kleinasiaten, den Kupferschmied Alexander an der Spize, 
heftig wider ihn auf (2. Tim. 4, 14) , während die, meisten seiner Um- 
gebung im entscheidenden Augenblicke sich zurückzogen. Mit Gottes 
Hilfe gelang ihm zwar die erste Vertheidigung soweit, dass er der Ver- 
urtheilung entgieng, sie half ihm aber nicht aus den Ketten. Aussicht 
auf längere Wirksamkeit hegte er selbst nicht mehr (2. Tim. 4, 6). Wie 
dem nun sei, als Nero nach dem grossen Brande die bei dem Volke 
verhassten Christen vorschob, um die Schuld von sich abzuwälzen, fielen 
auch die grossen Apostel zum Opfer. Paulus ward auf der Strasse nach 
Ostia unfern der Stadt enthauptet am 29. Juni 65, oder nach Eusebius 66, 
nach Hieronymus 67, im 36. Jahre nach Christi Himmelfahrt*' ^). 

Drei Gründe also führt Reithmayr gegen eine zweite Gefangenschaft 
des Apostels an. Es fehle in seinen Briefen an Andeutungen; sie und die 
Apostelgeschichte deuten auf das Gegentheil. Es fehle zweitens an be» 
stimmten positiven Zeugnissen. Drittens die Tradition der römischen 
Kirche wisse nichts von einer Freilassung des Apostels. Prüfen wir 
diese Gründe der Reihe nach. 

Eine der wichtigsten , wenn nicht die wichtigste Thatsache im Leben 
des Apostels Paulus ist seine wunderbare Bekehrung bei Damaskus. 
Dreimal wird sie in der Apostelgeschichte erzählt. Aber in den vier- 



*) Das einzige hiefür brauchbare Zeugniss findet sich bei Clem, R. 1. Cor, c. 5: 
(Hcöüloq) ejti t6 regfia rijg dvöetog eJiScoy^ xai fJUxgrvQi^Cag im tuv i^ovfievtaVy 
ovTCiig outrjXXayrj Tov Koöfiov. Die eigentliche West grenze ist allerdings Spa- 
nien, und so genommen würde Clemens für die spanische Missionsreise, in- 
direct also auch für eine erste Freiwerdung Zeugniss geben. Allein in einem 
rednerischen Vortrage kann auch Italien gegen die anatolischen L&nder damit 
bezeichnet seyn. Der Muratorische Canon hat zwar eine Andeutung, aber so 
unverständlich, dass nichts dafür noch dawider daraus zu entziffern ist. Posi- 
tive Zeugnisse fehlen. In der römischen Ueberlieferung hat sich nichts dar- 
über erhalten, (cf. Innocent. L ep. ad Decent sub init, und Papst Gelasius I. 
stellt die spanische Reise formlich in Abrede* — Vgl. Wieseler, Chronol. etc. 
S. 521 flg.) (A. V. ßeithm.) 

^) Hieron. de Vir, iü. c. 5 : ffic ergo XIV Neronis anno eodem die quo Petrus Romae 
pro Christo capite truncatus sepultuaque est in via Ostiensi anno post passionem Do- 
mini XXXVII. — Euseb, Chron. ad ann. Chr. 66. — Ein um 396 lebender Vater 
sezt den Tod in das J. 69 nach der Geburt, und 36 nach dem Leiden des Herrn, 
ungewiss ) ob in das J. 66 oder 65 de. v. (cf. Euihal. in GaU. Bibl. PP. T. X. 
p. 250,) — Cf, Foggin. de D. Petri itin, Rom. p, 379 sqq. — (A. v. R.) 



Die Tradition der römischen Kirche über den Apostel Paulus. 31 

zehn Briefen Pauli kommt sie nicht vor *). — Der Aufstand der Heiden 
und Juden zu Ephesus gegen Paulus, die Erhebung der Juden zu Co- 
rinth gegen den Apostel, der grosse Aufstand der Juden zu Jerusalem, 
die lange Haft in Cäsarea, die Wechsel- und gefahrvolle Reise nach 
Bom , der zweijährige Aufenthalt des Apostels in Rom — sind doch ge- 
wiss wichtige Ereignisse im Leben des Apostels. Aber können sie aus 
den paulinischen Briefen bewiesen werden? In den aus Rom geschrie- 
benen Briefen vermeidet der Apostel das Wort „Rom*' ^). Lucas be- 
richtet die erste Reise des Apostels Petrus nach Rom mit den umschrei- 
benden Worten: ;,er ging an einen andern Ort*' *). Der Apostel Petrus 
vermeidet in seinen Briefen — gleichfalls das Wort „Rom^, und sag^ 
lieber „Babylon*'. In diesem Schweigen und Verschweigen lag auch 
eine Art von Arcandisziplin. Der Apostel Paulus hatte in seinen spä- 
tem Briefen keinen Anlass, seiner Reise nach Spanien zu erwähnen, er 
hatte aber Gründe der Vorsicht, darüber zu schweigen. 

Die Andeutungen sodann , welche Fr. X. Reithmayr in der Apostel- 
geschichte und den pauhnischen Briefen darüber finden will, dass die 
erste Gefangenschaft des Apostels auch seine lezte gewesen sei, sind 
so subjectiver Art, dass sich darüber weiter nicht verhandeln lässt. 

Der zweite Grund — ist der Mangel an positiven Zeugnissen. Aber die 
beiden Zeugnisse des römischen Clemens und des Fragmentes von Mura- 
tori sind so bestimmt und klar, dass sie durch die blosse Behauptung, sie 
seien rednerisch oder unverständlich, von ihrem Gewichte nichts verlieren. 

Der dritte Grund ist die mangelnde römische Tradition. Aber ge- 
rade diese Tradition, behaupten wir, war vorhanden. 

Von allen alten Kirchenvätern hat kein einziger behauptet, dass der 
Apostel Paulus aus seiner ersten Gefangenschaft nicht entlassen worden 
sei; das Gegentheil behaupten Eusebius und Hieronymus. Das Gegen- 
theil ist allgemeine Annahme der alten christlichen Zeit. 

Die römische Kirche hatte bis zum Jahre 200 n. Chr. drei Schrift- 
steller , von denen Einiges auf uns gekommen ist, Clemens, Hermas 
und Cajus. Dazu der Verfasser des Fragmentes, wenn er verschieden 
von Cajus ist. Von Papst Victor und dem Senator ApoUonius haben 
wir nichts y von Cajus nur einige Säze. — Hermas hatte gar keine Ver- 
anlassung, von den Schicksalen der Apostel zu sprechen. Denn sein 
Werk ist ein erbauliches. Die beiden andern bezeugen das Martyriiun 
der beiden Apostel zu Rom. Femer Clemens und der Verfasser des 



— Nur in Hindeutungen, die uns verständlich sind, weil wir seine Bekehrung 

aus der Ap. G. kennen. 
*) Es steht nur 2. Tim. 1, 17 — wo es wohl nicht zu vermeiden war. 
») S. Reithmayr, Einl. S. 385. 483. 585. 719. (Ap. G. 12,17.) — Ausführlich darüber 

handelt Stenglein, Ueber den 25jähr. Primat Petri in Rom. Tüb. Quartalschr. 

1840. S. 251 flg. — Aberle — «. v. »Petrus« im Ejrchenlexikon v. Wetzer -Weite. 



32 Erstes Buch. Fünftes Kapitel. 

Fragmentes 9 der entweder dieselbe Person, oder doch ein Zeitgenosse 
des römischen Cajus ist, bezeugen die Reise des Apostels Paulus nach 
Spanien. Was wollen wir mehr — für eine Tradition? Aus ihrem 
eignen Wissen und aus der Tradition der römischen Kirche bezeugen 
sie die Reise des Apostels Paulus nach Spanien. — Ein Denkmal für 
diese Reise in Rom selbst konnte es nicht geben, wie die Gräber der 
Apostel ein Denkmal ihres Martyriums waren. Aber — der Apostel 
Paulus war wenigstens zwei Jahre in Rom. — Giebt es eine Tradition 
für diesen zweijährigen Aufenthalt? Man begnügl; sich mit dem Zeug- 
nisse des Lucas in der Apostelgeschichte. So mögen auch die vorhan- 
denen klaren Zeugnisse für die Beglaubigung seiner Reise nach Spanien 
genügen. 

Doch hatte die römische KJrche wenigstens eine indirecte Tradition. 
Nach dem ältesten römischen Martyrologium , genannt das kleine, welches 
dem Ado voransteht, zu dessen Zeit es schon sehr alt war, das wohl 
schon von Gregor L erwähnt wird, wird am 6. August in Rom ein 
Fest gefeiert: 

Et (festum) Octavae Äpoatolorum, 

Et primua mgressuB apostoli PauU in urbem Romam, 

Und das Fest der Octave der Apostel. 

Und der erste Eintritt des Apostels Paulus in Rom. 

An die Stelle dieses Festes ist in späterer Zeit — am 30. Juni — das 
Fest der feierlichen Commemoration des Apostels Paulus getreten, welches 
die Kirche heute noch begeht. 

Die römische Kirche feierte also die Ankunft des Apostels Paulus 
in Rom als ein Fest; sie wusste aber, dass der Apostel nicht bloss ein- 
mal nach Rom gekommen sei. Sie wusste, dass er wenigstens noch 
einmal vor seinem Martyrium in Rom diese Stadt betreten habe. Damit 
nun kein Missverstäiidniss darüber entstände, welcher „Eintritt*^ des 
Apostels in Rom als ein kirchliches Fest begangen werde, — der erste 
oder der spätere vor seinem Martyrium, so hiess das Fest : — Gedächtniss 
des ersten Eintrittes Pauli in Rom. 

Es ist bekannt, dass nach der Anschauung des christlichen Alter- 
thumes, und nach der frommen Tradition der christlichen Kirche die 
beiden Apostel Petrus und Paulus — zugleich und mit einander, gleich- 
sam zu gleichen Theilen — die Gründer der römischen Kirche waren. 
— Diese Ueberzeugung sollte ihren Ausdruck auch in dien zu Ehren 
der beiden Apostel gefeierten Festen finden. — Gemeinschaftlich wurde 
am 29. Juni das Andenken ihrer Vollendung durch das Martyrium ge- 
feiert. — Es wurde aber auch ein Fest der Cathedra Petri, wie in An- 
tiochien, so in Rom, gefeiert. — Eine Stuhlfeier des Apostels Paulus 
in Rom konnte nicht begangen werden, weil er nicht Bischof von Rom 
war, weil es in einer Gemeinde nicht zwei Bischöfe geben konnte. — 
Dafür, und zur Ausgleichung wurde das Fest des „ersten Eintrittes^ des 



Die Tradition der römischen Kirche über den Apostel Paulus. 33 

Paulus in die Stadt Rom gefeiert, das Fest des AnÜEUiges seiaer aposto- 
lischen Thätigkeit für die Mitbegründung und Leitung der Gemeinde 
von Born. 

Wo von einem „ersten Eintritte*' die Rede ist, wird Jeder an einen 
zweiten, oder wiederholten Eintritt denken. Es hätte keinen Sinn, zu 
sagen, Ignatius von Antiochien — sei — vor seinem Martyrium — zum 
erstenmal in Rom eingetreten , wenn man damit ausdrücken wollte, dass 
er überhaupt nach Rom gekommen sei. — Der Evangelist Lucas nennt 
sein Evangelium — seine erste Schrift, weil derselben die Apostel- 
geschichte als zweite folgte. — Man kann z. B. nicht sagen, der erste 
Eintritt des Apostels Paulus in Malta, in Spanien, in Cypern u. s. w., 
weil von einer spätem Gegenwart nicht mehr die Rede ist. 

Wenn man den kleinen römischen Eirchenkalender im Einzelnen 
durchgeht, so findet man darin solche Einzelheiten über den Aufenthalt 
der Apostel Petrus und Paulus in Rom, dass es einleuchtet, diese Be- 
gebenheiten und Thatsachen seien von Anfemg an schriftlich fizirt worden. 
Zum Beispiel: Cathedra S. Petrin qua primum Bomae sedU, Die Kathedra 
des heiligen Petrus, von der er zuerst in Rom Besiz nahm. Von Petri 
Stuhlfeier in Antiochien heisst es bloss: Apttd AnUoehiam, cathedra Petri. 
Petrus kam nemlich, wie Paulus, wenigstens zweimal nach Rom. Zuerst 
im J. 42 oder 43, im zweiten Jahre des Claudius; dann verliess er Rom, 
wohl in Folge des bekannten Yerbannungsedictes des ILaisers Claudius 
gegen Juden und Christen im J. 49 — 50, präsidirte dem Apostelconcil 
in Jerusalem 50 — 52, machte eine grosse Missionsreise zu den Juden 
in Pontus, Galatien, Kappadocien und Bithynien, an welche er von 
Rom aus seinen ersten Brief schrieb, und kam dann, vielleicht üb^r 
Corinth, nach Rom zum zweitenmale. So kann man sagen, dass er zu 
zweien Malen die Gründung und Leitung der römischen Kirche über- 
nahm, \md so konnte man auch ein Fest seiner ersten Stuhlfei^ oder 
Besizergreiftmg des römischen Stuhles feiern, weil er zum zweitenmale 
nach Rom zurückkehrte. — Dasselbe wende man auf die Worte an: 
j,Der erste Eintritt des Apostels Paulus in Rom.^ 

Am 14. März — wird nach demselben Martyrolog in Rom das An- 
denken „der 48 Märtyrer*' gefeiert, welche getauft wurden von dem 
seligen Apostel Petrus, als er in dem Gefängnisse gehalten wurde, 
welche alle durch das Schwert des Nero umkamen^). — Diess sind 
keine Allgemeinheiten , sondern es sind Einzelheiten, welche von Anfieaig 
an niedergeschrieben werden mussten. Darum ist anzunehmen, dass 
das Gedächtniss dieser Märtyrer genau so, wie. die erwähnten Feste der 
beiden Apostel, vom Anfange an in der römischen Kirche gefeiert wurde. 
Die Sorgfalt für die Märtyrer, welche sich aus den Martyrakten des 



') RomoBf mariyrum quadraginta et octo, gut haptizaU sunt a becUo Petro apostolo, cum 
ieneretur in custodia; qui otnnes Neroniano glddio cannanpti sunt. 

Gamii span. Kirche. 3 



34 Erstes Buch. Fünftes Kapitel. 

Ignatiuä , Polykarp , der Lyoner Blutzeugen u. s. w. ergiebt , herrschte 
gewiss von Anfang an in der römischen Kirche. Schon von Clemens I.^ 
dem dritten Nachfolger des Petrus, berichtet das römische Papstbuch, 
dass er sieben Notarien in der Stadt Rom aufgestellt, damit sie in den 
verschiedenen Stadttheilen die Akten der Märtyrer verzeichneten. 

Von den Neuern hat der mehrerwähnte Wieseler in seinem ge- 
schäzten Werke: die Chronologie des apostolischen Zeitalters (1848), mit 
grösster Ausführlichkeit — die Frage von der ein- oder zweimaligen 
Gefangenschaft des Apostels Paulus behandelt, und ist zu dem Ergeb- 
nisse gekonunen, dass Paulus wahrscheinlich im Anfange des J. 64 hin- 
gerichtet wurde , Petruif aber in jener allgemeinen Neronianischen Ver- 
folgung, die bald nach dem Brande Roms — 19. Juli 64 — gegen die 
Christen zu wüthen begann *). 

Eusebius, meint Wieseler, „der angesehenste Vertreter einer zweiten 
römischen Gefangenschaft des Paulus^, habe dieselbe vorzugsweise auf 
Aeusserungen des Apostels im zweiten Briefe an Timotheus gegründet; 
Aeusserungen, welche kein Gewicht haben. Eusebius sei erst ein Zeuge 
aus dem vierten Jahrhundert, und er spreche nur von einer näher nicht 
bestimmten Sage, welche diese Meinung bestätige (8. 522 — 24). Dieser 
Einwurf ist allerdings von Bedeutung, und wäre Eusebius der wichtigste 
Gewährsmann in dieser Sache, dann stünde es um deren Vertheidigung 
nicht so gut. — Sein „Es geht die Rede^, oder „Es wird gesagt^, dass 
Paulus freigelassen worderi — ist von einer auffallenden Unsicherheit, 
und seine Berufung auf den zweiten Brief an Timotheus kann nichts 
entscheiden , weil die von ihm angeführten Worte Pauli ^) : „Ich werde 
schon geopfert, und die Zeit meines Hinscheidens ist nahe*' (2. Tim. 4,6), 
— „Bei meiner ersten Verantwortung stand Niemand mir bei, sondern 
alle verliessen mich^ u, s. w. — ebenso gut auf die erste Gefiangenschaffc 
des Apostels bezogen werden können. 

Wieseler ist der Ansicht, wenn Eusebius und andere Väter die be- 
kannten, oben von uns erklärten Worte des römischen Clemens, nach 
denen Paulus bis an die Grenzen des Abendlandes, bis nach Spanien 
gekommen, in dem Briefe des Clemens vorgefunden, sie sich vor allem 
auf diese Worte berufen hätten. Nun aber eine solche Berufung sich 
nirgends finde, weder bei Eusebius, noch bei einem Schriftsteller vor 
oder nach ihm, so seien diese Worte entweder bei Clemens gar nicht 
gestanden, oder sie seien anders verstanden worden. 

Die Frage, hat Eusebius den ersten Brief des Clemens von Rom 
gekannt, gekannt nicht bloss^aus andern Schrifiten, hatte er denselben 
vor sich^ als er seine Eirchengeschichte, und als er über diesen Brief 



') Wieseler, Chronologie des apostolischen Zeitalters, 1848. Erster Excurs. 

Ueber den römischen Aufenthalt des Apostels Paulus. S. 521 — 551. 
>) Euseb. 2, 22. 



Die Tradition der römischen Kirche über den Apostel Paulus. 35 

schrieb 7 ist so auffallend, dass man sie fast mit Schüchternheit stellen 
muss. Gekannt hat Eusebius nur diejenigen Schriften, von welchen er 
kürzere oder längere Auszüge giebt. Er hat den Hirten des Hermas 
nicht gekannt, er hat keine Schrift des Hippolyt gekannt, von dem er 
nicht -weiss , ob er im Orient oder Occident lebte *) , er hat unter allen 
lateinischen Schriftstellern nur den Apologetikus des TertuUian, sodann 
einige Briefe von Cyprian, und von Papst Ck)rnelius gekannt, er hat 
von allen in Bom erschienenen Schriften lediglich die mehrerwähnte 
Disputation des römischen Cajus gegen Proclus, und neben dieser nur 
noch das berühmte Werk des Irenäus gegen die Häresieen gekannt. 
Alle seine übrigen Schriften und Quellen sind aus dem Morgenland. 
Allerdings erwähnt Eusebius den ersten Brief des Clemens sechsmal. 
Insofern, ist Wieseler in seinem Rechte, wenn er sagt (S. 524): „Auch 
Eusebius hat die Stelle (des Clemens) nicht so erklärt. Obwohl er den 
Brief des Clemens so gut kennt, und dieser in der Kirche damals 
&st canonisches Ansehen hatte, so begnügt er sich doch bloss mit seinem 
^yog ^6^, ohne sich auf unsern Clemens irgend zu berufen.*^ 

Der im J. 1852 erschienenen fleissigen und bequemen Ausgabe der 
Kirchengeschichte des Eusebius von Schwegler ist ein Verzeichniss der 
Schriftsteller beigegeben^), welche Eusebius gebraucht, welche er nicht 
bloss nennt, sondern die er redend einführt. Unter, denselben befindet 
sich Clemens von Rom und Hermas nicht. 

Wenn man ferner die sechsfache Nennung des ersten Briefes des 
römischen Clemens näher betrachtet, so sieht man, dass Eusebius alles 
dieses sagen konnte, ohne den Brief «elbst vor Augen zu haben. Er 
nennt den Brief gross und wunderbar (3, 16), der in den Kirchen öffent- 
lich gelesen ward. Er sagt, dass Clemens darin viele Gedanken aus 
dem Briefe an die Hebräer aufgenommen habe (3, 38) ,, was Eusebius 
auch von Origenes, oder von andern wissen konnte, ohne den Brief 
selbst gelesen zu haben; er führt an, dass Hegesipp des Briefes Erwäh- 
nung thue (4, 22). — Er führt wörtlich eine Stelle des Bischofs Dio- 
nysius von Corinth über denselben Brief an (4, 23). — Er führt wört- 
lich eine Stelle des Irenäus über diesen Brief des Clemens an (5, 6. — 
s. Iren. 3, 3)j die sich ebenso wörtlich bei Irenäus findet. Zum sechsten- 
mal nennt er bloss den Brief (Eus. 6, 13). 

Warum ninamt denn Eusebius mit solcher Sorgfalt Citate über den 
Brief des römischen Clemens in seine Kirchengeschichte auf, und zeigt 
dadurch, wie. wichtig dieser Brief in seinen Augen sei, und warum giebt 
er uns denn kein einziges Citat aus dem Briefe selbst, worin sich doch 



») Euseb, Ä. eccL6j20y22. 

*) Eusebii PamphiU Historiae eccleaiasticae lihri X. Recognoüit Alb. Schwegler — 2^«- 

hingae — 1852. — Index IL scriptorum vel monumentorum historicorum ah Eusehio 
laudatorum , p. 391 — 394, ^ 

3» 



36 Erstes Buch. Fünftes Kapitel. 

so wichtige Nachrichten und Belegstellen für seine Geschichte finden? 
Ich weiss keine andere Antwort, als, weil er den Brief nicht vor sich 
hatte, wie auch den Hirten des Hermas nicht, obgleich auch dieser in 
den Kirchen gelesen wurde. 

Man muss überhaupt an das Citiren fremder Schriften bei den Alten 
einen ganz andern Massstab anlegen, als den Massstab unserer Zeit. 
Tertullian, der römische Cajus, und Hippolyt waren nicht bloss Zeit- 
genossen, sondern sie schrieben über dieselben Gegenstände. Aber sie 
waren für einander gar nicht vorhanden, und bewegten sich Jeder, wie 
in seiner eignen Welt. Der jüngste von diesen Schriftstellern ist Hip- 
polyt. In den 10 Büchern seines jüngst entdeckten Werkes handelt er 
und spricht von allen Häresieen. Er beschreibt die Geschichte der Mon- 
tanisten, und widerlegt sie. Aber — er kennt keinen Tertullian, der 
doch ein Haupt der Sekte, und sein nächster Zeitgenosse war. Noch 
mehr — Cajus schrieb wenige Jahre vor ihm, und gegen dieselben 
Montanisten. Aber Hippolyt kennt keinen Cajus und keinen Proclus. 
Noch mehr, Hippolyt handelt vom 6 — 9 Buche von den Gnostikern, 
von denselben Gnostikern, über und gegen welche Tertullian so viel 
geschrieben hatte. Aber — diese Schriften sind für Hippolyt nicht vor- 
handen. Anders ist es bei ihm mit dem „Presbyter*' — Irenäus *) , dessen 
Schüler er war, und dessen Werke er sich „aneignete*^ 'j. 

Damit, denke ich, ist einer der Einwürfe Wieseler's erledigt. — 
„Soviel ich weiss,*' fährt er fort, „ruft kein Vater den Clemens zum 
Zeugen für seine Ansicht (dass Paulus nach Spanien gekommen) an, 
bis zur Zeit des Junius (1633). Was liegt wohl da näher, als die Ver- 
muthung, dass der Text nicht der richtige und ursprüngliche sei?** 

Den Brief des Clemens citiren durch Anführung einzelner Worte — 
Polykarp^), Irenäus, Clemens von Alexandrien, Origenes, Cyrill von 
Jerusalem, Epiphanius, Hieronymus. 

Von den Abendländern, welche die Geschichte der Kirche vom 
Anfange an, wie Eusebius, schreiben, sind nur Rufinus und Sulpicius 
Severus zu nennen. Aber Rufinus hat eben den Eusebius übersezt; und 
Supicius giebt einen magern Abriss, und handelt von Spanien erst — 
aus Anlass der Priscillianisten. Wenige Säze sagt er über den Tod der 
beiden Apostel Petrus und Paulus ; seine Quellen nennt er nicht. Allein 
es finden sich Spuren von Tacitus bei ihm, — den Clemens von fiomi 
nennt er nicht, und hat ihn wohl nicht gekannt. 



*) Contra hctereses — 6^ 42. 6, 55. — (S. über die Bedeutung dieses Wortes — 
»Presbyter" — als eines Kirchenlehrers — bei Döllingery Hippolyt etc. 
S. 338 -342.) 

«) Do Hinge r, Hippolyt und Kallistus, 1853, S. 278-79. 

') He fei Bf Patrum apostol. opera, ed. 4. 1855 — prolegomena, p. XXIV — X2C VIII. 
Hefele meint, Eusebius habe den Brief noch vor Augen gehabt. 



Die Tradition der römischen Kirche über den Apostel Paulns. 37 

Auf&Uen könnte es nur, dass Cyrill von Jerusalem und Hierony- 
mus, welche unsem Brief kannten, sich zweifelnd über die Reise des 
Paulus nach Spanien ausdrücken. Aber Cyrill hatte gar keinen Anlass, 
weiter davon zu handeln. Hieronymus aber schrieb immer schnell und 
darum vielfach ungenau; er schrieb nicht über die Einführung des Ohri- 
stenthumes im Abendlande; und wenn er auch unsern Brief kannte, so 
folgt nicht, dass er ihn ganz gelesen, dass er ihn aufmerksam gelesen, 
und dass er die vorliegende Stelle gelesen und verstanden habe. Es 
scheint allerdings nicht, weil er sich an verschiedenen Stellen verschie- 
den über die Reise Pauli nach Spanien ausspricht, und darum ebenso 
gut als Zeuge dafür, wie dagegen angeführt werden kann. 

Sofort kommt Wieseler an seine oben schon (S. 9) besprochene 
Erklärung, nach welcher rägfjicc rrJQ dvaecog die oberste Gewalt des 
Abendlandes bedeuten solle, nachdem er vorher die Worte inl ro — 
in vno ro corrigirt hat (S. 532). Wir verzichten ohne Schwierigkeit 
auf das Snij und wollen dem V7i6 uns unterwerfen. Aber die Hinwei- 
sung auf Passow, und auf Hermann* s griechische Staatsalterthümer 
(I,§. 46) hilft nichts. — Denn dem römischen Kaiser war nicht bloss 
das ganze Abendland, sondern auch das ganze Morgenland unterthan, 
und kein Morgenländer nannte ihn den Kaiser des Westens, sondern 
den Kaiser von Rom oder des römischen Reiches *), — Wieseler über- 
sezt (S. 533): „Nachdem er vor der höchsten Gewalt des Abendlandes 
erschienen war, und gezeuget hatte vor den Ersten [riyovpievoi heisat 
keineswegs die Ersten, und ist keine Uebersezung von principes)^ so 
schied er aus der Welt. So erhellt, fährt emphatisch Wieseler fort, ein 
wirklicher Fortschritt in der Darstellung des Clemens. Denn die grosse 
Ausdehnung seiner Predigt hatte er schon erwähnt. Wie schön sich 
nun das fAcigrvQijaccg anschliesst, braucht nicht weiter entwickelt zu 
werden. So erklärt es sich denn endlich auch, warum die Väter unsere 
Stelle des Clemens niemals für eine zweite römische Gefangenschaft des 
Paulus anziehen; denn nach dem ursprünglichen Texte hatte Clemens 
Ton dieser wirklich nichts berichtet 

Unsere Leser sehen ein, dass diese Ausführungen ihre Widerlegung 
in sich selbst tragen. Nach diesem kommt Wieseler zu dem Fragmente 
des Muratori, aber er kämpft, wie das Jahr zuvor (1847), mit denselben 
schwachen Argumenten (S. 536 flg.). Zu dem semote bemerkt er, dass 
nur die Stelle im Evangelium des Lucas 22, 31 — 33 gemeint seyn 
könne, wenn Lucas an einem abgesonderten Orte das Martjrthum des 
Petrus berichte, oder der Verfasser könnte auch das Kapitel 21 des 
Johannes dem Lucas zugeschrieben haben. Dann lässt er uns die Wahl, 



') Ad. Mai er, Einleitung in das N. T. 1852, S. 209. »Dem kaiserlichen G^ 
richtshof war nicht bloss die dvOi^, das Abendland, sondern auch ein grosses 
Ländergebiek des Orientes unterworfen.« 



38 Erstes Bach. Fünftes Kapitel. 

ob wir hinter profieiseentis das Wort omiUü uns ge&llen lassen ^wrollen, 
^aber Lucas lässt die Reise des Paulus nach Spanien aus*' *) , denn er 
war gar nicht dahin gereist, oder ob wir das kürzere Wörtchen hinter 
9ed — nee vorziehen — ^aber die Reise des Apostels nach Spanien deutet 
Lucas nicht an (wie das Leiden des Petrus). Diese Vorschläge aber 
macht er, »um den durch den Zusammenhang geforderten 
Sinn zu erhalten*'. Die Stelle beweise nur, dass der Verfasser auch. 
von solchen wusste, welche die Wirklichkeit jener spanischen Reise an- 
nahmen, dass er diese Ansicht, als schon von Lucas übergangen und. 
verurtheilt, gelegentlich widerlegen wollte. »Wir würden im besten. 
Falle nur einen Streit über die Geschichtlichkeit oder üngeschichtlich- 
keit dieser Reise, der in der Umgebung der Fragmentisten bestanden 
hätte, ausgesprochen finden.^ 

Alle diese Hintergedanken und Mentalreservationen sind wir andere 
in der betreffenden Stelle zu entdecken nicht im Stande. Sie berichtet 
einfach die Thatsache der Reise, wie der Fragmentist sie wissen konnte. 
— — Auch Origenes (meint Wieseler) kann die Reise Pauli nach Spa- 
nien nicht angenommen haben, da er von der Ausdehnung seiner Pre- 
digt nur bis lUyrikum wisse. Aber Origenes führt hier (bei Euseb. 3, 1 ) 
die bekannte Stelle Pauli im Römerbriefe — 15, 19 an, ohne die spa- 
nische Reise zu leugnen oder zu behaupten, wie auch heute diese Worte 
noch oft angeführt werden, dass Paulus in dem ganzen Umkreise von 
Jerusalem bis Illyrikum alles mit dem Evangelium Christi erfüllet habe, 
weil der Apostel selbst sich dieser Worte bedient. Dann kommt Wie- 
seler noch auf die Worte Innozenz I., des Chrysostomus , Gelasius I. 
und Gregor VII. zu sprechen, wovon im Verlaufe die Rede seyn wird, 
und bringt noch einige untergeordnete Einwürfe. Nur noch einen Ein- 
wurf will ich anführen (Wieseler S. 546 — 47). Lucas könne nach der 
ganzen Anlage der Apostelgeschichte nichts anderes, als den Tod Pauli 
vorausgesehen haben (Ap. G. 20, 25, 37, 38; 21, 10—14). Die Apostel- 
geschichte aber habe er beendigt vor dem Prozesse, und unter Ahnungen 
des Todes Pauli. 

Wieseler kommt zu dem Resultate, dass Paulus vom Spätsommer 
63 bis Frühjahr 64, und wahrscheinlich am Anfange des Jahres 64 hin- 
gerichtet worden ist, worauf der Brief an die Hebräer geschrieben wurde, 
Petrus aber in jener allgemeinen Neronischen Verfolgung, bald nach 
dem römischen Brande, der am 19. Juli 64 n. Chr. begann (S. 551). 

Döllinger ^) aber In seinem neuesten Werke sagt: ^dass Paulus aus 
seiner Haft wieder entlassen wurde, und nach einer neuen, zwei- oder 
dreijährigen apostolischen Thätigkeit erst im J. 67 in Folge der Nero- 



' *) Semote et poMwnem Petri declarat, sed profectionem Pauli ab Urhe in Spaniam pro- 
ßciscentis — omittit. 
«) Dölling^er, Christenthum und Kirche. S. 79 — 80. 



Die Tradition der römischen Kirche über den Apostel Paulus. 39 

nischen Christenverfolgung hingerichtet worden sei, das ist die üebw- 
lieferung der ganzen alten Kirche. Dass sie das Richtige aussage, lässt 
sich bis zur Gewissheit nachweisen,^ Die Apostelgeschichte gebe das 
Ende der Haft Pauli an , d. h. sage , dass dieselbe zwei Jahre gedauert 
habe. Wenn die Haft mit dem Tode des Apostels geendet, so wäre es 
unbegreiflich, warum Lucas diesen Schlussstein, der das Werk seines 
Helden krönte, nicht hinzugefügt haben sollte.'' Er verfasste aber seine 
Erzählung vor dem J. 67, und er war nicht mehr Begleiter des Apostels. 

Den lezten Grund giebt bekanntlich auch das Fragment des Mura- 
tori an. Lucas schweigt über den Tod Petri und die Reise des Paulus 
nach Spanien, weil er nicht Zeuge davon war. Diess mochte für Lucas 
ein Grund sein; desswegen aber konnte er es doch erwähnen, dass er 
nach seiner Freilassung in Rom eine Reise nach Spanien angetreten 
habe; denn bei der Abreise des Apostels war er sicher noch zugegen. 
Aber er schweigt darüber, weil das Reden bedenklich und gefährlich 
war; er schweigt aus demselben Grunde, aus dem er die Abreise des 
Apostels Petrus von Jerusalem nach Rom nur angedeutet hatte für die 
Eingeweihten. Paulus war eben noch dem Tod entronnen. Die Augen 
seiner Feinde waren auf ihn gerichtet. Ihr Hass war durch seine Frei- 
sprechung nicht vermindert. Am Hof des Nero hatten die Juden einen 
grossen Einfluss. Paulus musste sich entfernen, und es musste wo mög- 
lich unbekannt bleiben , wohin , er sich von Rom begeben habe. Jeden- 
falls durfte und wollte Lucas von seiner Seite nichts dazu beitragen, das 
Geheimniss zu verrathen. 

Ein ähnlicher Grund dürfte das Stillschweigen erklären , das in den 
Briefen Pauli über Petrus herrscht, den er nicht grüssen lässt, von dem 
er keine Grüsse an die Gemeinde meldet. Petrus habe sich, meint Wie- 
seler, in den Jahren 61 — 63 nicht in Rom aufgehalten, weil er in den 
von Rom geschriebenen paulinischen Briefen nirgends vorkoname*). Er 
sei im J. 62 in Babylon am Euphrat gewesen, und habe dort iseinen 
ersten Brief geschrieben. Wahrscheinlich sass er, wie einst Jeremias 
auf Jerusalems Trümmern , so auf den Ruinen von Babylon ; denn seit 
fest vierhundert Jahren war die Stadt zerfaUep, und Strabo nennt (16, 1 [5]) 
die grosse Stadt — eine grosse Wüste ^). — Aber Paulus nennt den 
Petrus nicht, weil er den Heiden und den Juden als Haupt der Christen 
bekannt, und weil sein Leben der ganzen Kirche so theuer war. 



*) Wie sei er, Zweiter Excurs. Petri römischer Aufenthalt, S. 552 — 593. 

*) Plinius 6j 122 (130). Dural adhuc ibi (in Bahylon) Jovis Beli temphm. Ceterum 
ad solitudinem rediit exhausta vicinitate Seleuciae ob id conditae a Nicatore tnira 90 
lapidem, — Strabo 16 f 1(5) — eQrjfxia fieydlrj (ijörlv rj fieydXrj xoXtg, 



Sechstes Kapitel. 

Die Zeflpisse der Späteren — fttr die Reise des Apostels 

na4;Ii Spanien 

Bind von untergeordnetem Werthe, theils wegen der Entfernung ihres 
Zeitalters von dem der Apostel, mehr noch, weil der Einwurf nicht ab- 
zuweisen ist, dass sie aus seiner ausgesprochenen Absicht — auf die 
wirklich vollbrachte Reise geschlossen haben. 
• Athanasius mahnt den Hegumen Dracontius, das ihm übertragene 
Bisthum anzunehmen. Er hält ihm u. a. das Beispiel des Apostels Paulus 
vor, welcher voll Eifer war, nicht bloss nach Rom, sondern selbst bis 
Spanien zu gehen *). Man sieht indess aus dieser Stelle nicht mit Sicher- 
heit, ob sie bloss im Hinblicke auf den Entschluss des Apostels zur Reise 
geschrieben ist, oder ob Athanasius die wirkliche Reise des Apostels 
nach Spanien ausdrücken will. 

Cyrill von Jerusalem sagt^), dass Gott den, welcher einst ein 
Verfolger gewesen, zu einem getreuen Knecht und Herold umgewandelt, 
der entschlossen war, nach seinen Arbeiten von Jerusalem bis Illyrikum, 
auch noch dem kaiserlichen Rom, und selbst in Spanien zu predigen. 
Der Mauriner Touttö, der Herausgeber des Cyrill, bemerkt mit Recht 
zu dieser Stelle, dass durch dieselbe nicht so fast die Reise des Apostels 
nach Spanien bezeugt, als vielmehr nicht ausgeschlossen sei'). 

Bestimmter schon drückt sich Epiphanius aus, wenn er sag^: 



*) Kai fjoj oxveiy fjo^dh tls rj/v 'Pc^firpf elSsiv^ fjofjdh eis rag JSstaviag dvaßtfvaiy ha 

boov xojti^y roOovror xai rov xojeov rov /uiß'^w axoXdßfj, 
*) Cyrill. Hieros. catech. 17. — rov jtore duaxrrjfv ttij^vxa xai dovXov dyaSov cuieip- 

yaßaro * obto legoöoAvfKav fikv xai fJiexQi rov UXvQtxov seexXfjQiixoTa (xtxXrjQidxevai) 

ro evayyiXiov, xanjX'j^oyTa de xai ri/v flaöUiSa ptifjap^^ xai fuxpi (fxccvtas n/v 

jtpoSvfuav rov xtjQvyfiaros haeiyavra* 
») ToutU^ p. 277, bei Migne P. graeca, 33, 998. 



Die ZengnifTse der Späteren — für die Reise des Apostels Dach Spanien. 41 

Paulus ist nach Spanien gereist; Petrus hat oft den Pontus und Bithy- 
nien besucht *). 

Chrysostomus sagt bei der Erklärung der Stelle des Römer- 
briefes — 15, 24 — nichts von der Reise des Apostels nach Spanien. 
Zu V. 28 sagt er: (;,lch werde durch euere Stadt hindurch nach Spanien 
gehen. *^) — Wieder erwähnt er Spanien, indem er seine Eile und seinen 
Eifer um dieselben zeigt ^),^ — Hieher kann man auch eine Stelle rech- 
nen zu dem 2. Briefe an Timoth. 4, 16, — wo es heisst, dass Paulus, 
nachdem er in der ganzen Welt das Evangelium verkündigt habe, zum 
Ziele der Vollendung gelangt sei*). Aehnlich lautet eine Bemerkung 
des Chrysostomus zu Rom. 1, 14 — 15: So war jene heilige Seele; sie um- 
hsste die ganze Erde, und sie trug alle in sich; wie ein Adler, von 
der Liebe getragen, gieng er bei allen umher, indem er nirgends immer 
blieb und sich niederliess. 

Deutlicher spricht sich Chrysostomus in der Stelle zu 2. Tim. 4, 20 
aus: Nachdem er in Rom gewesen, gieng er wieder nach Spanien. Ob 
er aber von dort wieder in diese Länder kam, wissen wir nicht*). 
Positiv aber behauptet er die Reise des Apostels nach Spanien, und so, 
dass ihm die Worte des Briefes des Clemens oder des Anonymus vor- 
gelegen zu haben scheinen, in der ersten Homilie zu dem Hebräerbriefe: 
Zwei Jahre brachte er als Gefangener in Rom zu — dann vrurde er 
entlassen. Dann gieng er nach Spanien. Dann gieng er nach Judäa, 
als er auch die Juden sah. Und dann gieng er wieder nach Rom, wo 
er auch von Nero (unter Nero) getödtet wurde *). 

Li ähnlicher bestimmter Weise spricht sich Theodoret über die Reise 
des Apostels nach Spanien aus zum Psalm 116^): — Er betrat auch 
Italien, und gelangte bis nach Spanien, und brachte den im Meere lie- 
genden Liseln die Kunde des Heiles. Denn im Briefe an die Römer 



') Epiph. haer. 27,6. — 6 fxkv yoQ IJocbloc >««« «J«^< r^ 'löfcayicev dpixfeirar Tler^ 

da JtoJLXooiis IJovTtiy re xai BiSwiav ixeöxetfxxro, 
*j HxBievöOfiai dl* vfjuay tig Hxciyiay — xotXw fxifiyvjrou r^ Ssrocvücg, detxvog ro 

aofevov Hai ro xegi ixeivovQ -^epfiov. — Chrysost, op, ed, Mont/aucon-Migne, t 9, 

(i859) p, 662. 
^) 2. Tim. 4, 16: ovra du^pvye rore, xai Jtaßav efJurJtijoac lijrv oiMOOfurrfy r&v ^pvy- 

fiarocy wereivöer ovno rov ßtov, -^ cf. in acta apost. kam, 55, — Rom. 1, 14 — 

xaßaiv xeQuloifxfiavi r^ oixov/ueytp^ xai ev iavra xtQi»pe^ev axanas, 
*) 2. Tim. 4,20. Mera ro yc^sö-^t, iy ^tofm, noUn^ sie n/v ZxayUxy canjl^iv. — 

Ei dh ixel^ey xdXev eig ravra ra (u^^ ovx tOfiev, 
*) BomiL 1. in Hehr, ^vö fuv ovv enj ixoa^ev ev ptifjtij deöefievog — elra oopeiSnf; 

thä eic rag Sxayiag ^iSev' elra eig iovStciay Hßtj^ oref xai rcvg loodaimtg dde' 

xai fort xaJUv i^l9-tv eig gui^fjafv^ örg xai (>x6 JVe^ayog ceyff^S^, 
•) Theodoret Ps. 116. — xai eig rag Zxaviag apixerOy xai raXg ev ra xelayei duxr 

xei/uvaig yrjöotg ri/v ti^eJteior it^ogijveyx^ -^ ^fudoig fihy ya^ ixißteUMf e^. 



42 Erstes Bnch. Sechstes Kapitel. 

sagt er es — Rom. 15, 24. Zxa Erklärung sodann der beiden angeführten 
Stellen im Römerbriefe spricht er sich also aus — 15, 24 *) — : Zwei 
Gründe seines Kommens zu ihnen hat er angegeben , dass nemlich auch 
noch die Uebrigen die Botschaft vernehmen, und dass kein Volk fremd 
bleibe der Lehre des Evangeliums, — sodann die Sehnsucht nach ihnen. 
— Zum voraus sagt er, dass er nicht bloss sie sehen, sondern auch 
Spanien betr^en werde. Denn euch verlange ich zuerst zu sehen, und 
nach euch, jene. 

In ähnlicher, noch bestimmterer Weise spricht sich Theodoret in 
dem Briefe an die Philipper aus — 1, 25 — : f,Da8 weiss ich zuversicht- 
lich, dass ich bleibe, dass ich bei euch allen bleiben werde zu euerer 
Förderung und zur Freude eueres Glaubens. — Ich weiss, dass ich 
der jezigen Gefahr entfliehen werde.^ Der Erfolg bewährte diese Pro- 
phezeiung. Zum erstenmal entfloh er dem Zorn des Nero, und dieses 
spricht er im Briefe an Timotheus aus (2. Tim. 4, 16 — 17). „Ich ward 
aus dem Rachen des Löwen errettet*^ Auch die Apostelgeschichte hat uns 
belehrt, dass er zuerst zwei Jahre zu Rom in einer Privatwohnung, zu- 
brachte. „Als er aber von dort nach Spanien gegangen, und das gött- 
liche Evangelium auch dorthin getragen hatte, kehrte er wieder zurück, 
und dann wurde er enthauptet ^).'' 

Endlich kommt Theodoret bei der kurzen Erklärung des zweiten 
Briefes an Timotheus, welche Stelle er aber schon angeführt hat, noch 
einmal auf die Reise des Apostels nach Spanien zurück. — »Der Herr 
ist mir zur Seite gestanden, und hat mich gestärkt, so dass meine Predigt 
vollendet wird, und alle Völker sie hören. — Als er in Folge seiner 
Appellation von Festus nach Rom geschickt, und, nachdem seine Yer- 
theidigung gehört worden, entlassen wurde, nach Spanien reiste und 
noch zu andern Yölkem eilte, und die Leuchte des Evangeliums zu 
ihnen brachte.^ 



*) Rom. 15, 24. — xcci evrocvSoc jtpoei^xev, orcev xai Qtaixaiovg cuptrou xai Jlstccyovg, 
— Rom. 15, 28. — dvo airiag riijg jtgog avrovg ofpi^ewg riSstxe^ t6 re rovg oUlovg 
TO xiij^vyfJLa di^aö-^t, xai /ua^dev eSyog fjtelvai rijg evayyeJLu^ dtdaCKuXiag ayrj- 
xoov, xai rov xs^i a^ovg jcoSov, — jtQoXeyei de, ori ov fiovov oa^ovg cnperai, 
aXkcL xai rrjv Hstayiay xaraJbjxperai — v/mag yoQ XQ<arovg ideiv spiefAaiy xai ixeS"* 
6fJLC(g, ixeivovg, 

') Kai ri rüv Upd^eaiv de ^fiag edida^ev iffropia, tag dvo In/ ro x^wtrt ev r^ 'PtafXff 
dni/yaye xaS* iavrcv oixuv ev idua fiiö-S^iafioru *£xeiSiv de eig rag JSstavias dxel- 
Scjv, xai TO Seiov x^uivotg XQogeyeyxarv JEvayyeXwvy eatayiqXS'e, xai roxe n^ xe- 
^ycüiaffv a3ter[M^Sri. 

•) 2. Tim. 4, 15 — 17. — ■ 6 de xv^tog fjuH xa^örrj, xai evedwäiua^e /u£, iva di euw 
ro nrf^iuyfux, jtXijQO^po^&fi , xai axovC^ jtccvra ra e-^vt^* — i^ixa rjj ipetfei (appel- 
laHone) xeV^cifjievog eig ripr 'PtafJOffv vjto rov 0^tou sta^xifip^^ arcoloyiHofitvog 
mg aStiog apeiStf, xai rag JSxavüxg xareAafiely xai eig ire^ eSvn^ d^ofMtVy rrp^ 
T^ dtdcfC^ufJUttg lufjutadoi ^^ogi^eyxi. 



Die Zeugnisse der SpHtvren — fttt die Reise des Apostels nach Spanien. 43 

Aus den Woftefn: ^zn andern Yölkem^, haben die EngliSnder Cave 
and Stülingsfleet' geschlossen, dass Paulus damals auch nach Britannien 
gekommen sei, was wohl möglich wäre, was aber höchstens ein patrio- 
tischer Engländer für wahrscheinlich halten wird*). 

Von den lateinischen Earchenvätem , welche die Reise des Paulus 
nach Spanien als eine Thatsache annehmen, führen wir hier die Worte 
des Hieronymus — zu seinem Commentar in den Jesajas — an: Die 
Apostel sollen in schnellem Laufe durch das Meer zu den andern Na- 
tionen eilen. Was wir an dem einzigen Beispiele des Apostels Paulus 
ersehen können, der durch Pamphylien, Asien und Macedonien, durch 
Achaja und verschiedene Inseln und Provinzen — bis nach Italien, und, 
wie er selbst schreibt, nach Spanien von den Schiffen der Fremden ge- 
tragen wurde ^). 

Mit noch weniger bestimmten Worten — nennt Gregor der Grosse 
Paulus einen Adler, der jezt nach Judäa, bald nach Corinth, nach 
Ephesus, nach Rom, bald nach Spanien eilte, um den Völkern das Heil 
zu verkünden^). 

Hier wollen wir sogleich auf die Worte des Papstes Innozenz I. 
hinweisen, welche in ihrer Gesammtheit beweisen, dass das Christen- 
thum nach Spanien nicht etwa von Afrika aus, wie es in neuerer Zeit 
ohne Grund zu behaupten beliebt worden ist, sondern von Rom ge- 
kommen sei. — Es sei augenscheinlich, dass in ganz Italien, Gallien, 
Spanien, Afrika und Sicilien, sowie den dazwischen liegenden Inseln 
niemand Kirchen gegründet habe, als diejenigen, welche der Apostel 
Pdrus und seine Nachfolger als Bischöfe eingesezt haben ^). 

Innozenz scheint in diesen Worten auszusprechen , dass Paulus nicht 
nach Spanien gekommen sei, aber es scheint auch nur so. Doch direct 
und mit noch bestimmteren Worten scheint sich Papst Gelasius I. (492 
bis 496) in einem von Gratian ihm zugeschriebenen Dekrete gegen die 
spanische Reise des Paulus auszusprechen. — Es ist diess ein von Gra- 
tian angeführtes Bruchstück, ein Auszug aus dem zweiten unter Gela- 
sius I. gehaltenen römischen Concil^). Es hat nicht die mindeste Beziehung 



*) Cave, Antigu. Apost p. 653, Stillingsfleet, orig. hritannicae, 1842, p. 1, 

'j Qui — ad Italiam quoque, et ut ipee ecribit, ad Hiapaniaa, alienigenarum portatus 

est navibus — Hieron. comm. in Jes, proph, L IV, c. 11, 11 — 16, 
') Chregor. M. moralia ~ L 31 am Schloss: JEcee enim, quem €td testimonium jam saq>e 

adduximus, Paulus cum nunc Judaeean, nunc Corintkum, nunc Ephesum, nunc Romam, 

nunc Hispemias peteret , ut in peccati morsibus jacentibus aetemae vitae graiiam nun- 

tiaret, quid se aliud quam esse aquilam demonstrabatf 
*) Innoc. L epist. 25 (30) Deeentio Ettgubino ep. c. 2. — Cum sk manifestum in omnem 

Italiam, GdUias, Hi^anias, Africam atque SiciUam, et insulas interjacentesy nuüum 

vnstituisse eeelesias, nist eos, quos venerabiHs apostoku Petrus aut ejus sueeessores con- 

stiiuerint saeerdotes, 
*) Gelas. ap. Grat. Ncn mefi<äitr, ^t ofinntiM Jtfüendi nofi habet, -^ B. apq^lua 



44 Erstes Buch. Sechstes Kapitel. 

auf eine kirchliche Anordnung. Gelasius spricht hiemit eine individuelle 
Ansicht aus, oder vielmehr, er argumentirt aus dem Stillschweigen der 
Apostelgeschichte, dass die spanische Reise des Paulus nicht stattgefun- 
den habe. Er will zunächst nur sagen, dass sie damals und in der 
Weise nicht stattgefunden, in welcher sie Paulus intendirt hatte. Der 
Apostel wollte als ein Freier, und wollte alsbald, nachdem er seinen 
Brief an die Römer ver£as8t hatte, nach Spanien reisen. Statt dessen 
kam er als Geüeingener, und erst nach mehreren Jahren nach Rom. Zu 
Rom wurde er wieder mehrere Jahre in der Grefangenschaft zurück- 
gehalten. Wenn er nun nach seiner Freilassung nach Spanien kam, 
so war doch sein ursprünglicher Plan durch mächtige Umstände ver- 
eitelt worden *). 

Fl orez folgert vielmehr aus dieser Stelle und aus dem Zusammen- 
hange, in welchem sie ursprünglich steht, den Beweis des Gegentheiles. 
Denn Gelasius (das gemeinsame Asyl aller, welche die spanische Reise 
des Paulus leugnen) leugne sie nicht, sondern sage in bestimmten Wor- 
ten, dass er zu der Zeit nicht dahin gekommen sei, zu welcher er es 
beabsichtigt habe, was sich wirklich so verhalte. Früher wurde auch 
Sophronius von Jerusalem unter den Zeugen für die spanische Reise 
des Paulus angeführt. — Der Kardinal Ang. Mai hat von Sophro- 
nius (um 628 n. Chr.) so viel Neues mitgetheilt ^) , dass man den- 



Paukis non icfeo, quod absit fefellisse credendtu est, aut sibi exHtUse contrarius, quo- 
niam cum ad Hispanos se promiaisset iturum, dispositione divina majoribua occupatus 
ex catuis implere non poiuit, quod promisit. Quantum enim ipsius voluntatis inter/uUj 
hoc pronuntiavit, quod revera vobtisset efßcere, QtiafiAim ad divini secreta consilü 
(quae ut homo omnia non potuit licet spiritu Dei plenm agnoscere) suprema praeter- 
misit dispontione praeventus. — Nee quia B. Petrus apostolus divinae reverentiae ipsi 
domino respondit: Non lavabis mihi pedes in aetemumy fefelUsse, quod absit, aut in sua 
putabitur minime constitisse sententia; quia mox eidem divinae voluntati cesserit, et 
quod dixerat esse facturum, causis astricius humanae salutis, ea^eteret prona volunttite 
faciendum. Chratian. Decr, Causa 22. quaest. 2. cap, 5, Migne P, lai. 59, p, 154 (app. 2. 
Canones Gelasio ascripti edit. concil. Mansi), 

*) Alexander Natalis, A. e. saec. 1, dissert 15, de fidei propagatione in Hispaniis. — 
„Etsi Gelasius profecHonem S. Pauli in Hispanias negasset, quid contra tantam nubem 
testium , contra traditionem tot sct. patrum testimoniis ßrmatam , probaret unüts Ponti- 
ßcis ex privato sensu scribentis auctoritasf Und Nat. AI. kannte nicht einmal die 
beiden Hauptzeugnisse des Clemens und des Ungenannten des Muratori. — 
Vergl. Florez, Espanna sagräda, t. 3, cap. 2(2) p, 15 — 22, 2 edic, 

*) Mai in dem spicilegium romantan, Romas 1839—44. 10 tom, Dofi findet sich 
die or,7 — Lobrede auf Johannes B. — SpiciL 4, p, 130, — in der SancL pon 
trum novo bibliotheca, Bamae 1853 sq,, wovon bis zum Tode des Kard. Mai 
(t 9. Sept. 1854) sechs Bände erschienen, wurde L V, p. XXV — eine Lobrede 
auf Petrus und Paulus mitgetheilt In dem spieä, III^ p, XV^ ferner eine neue 
Schrift — über das Bekenntniss der Sünden. Ebendas. III, p, V — das Leben 
der heiligen Gynis und Johannes, — sowie eine Erzählung ihrer Wunder, eine 
ausführliche Schrift yoi| 70 Kapiteln ^ ^in Anhang <1azu spidL U IV, p. 226, — 



r 



Die Zeugnisse der Späteren — fOr die Reise des Apostels nach Spanien. 45 

selben für den ersten Herausgeber seiner Werke halten kann. Aber 
schon Florenz, der gewiss ein Interesse für jeden starkem oder schwIUihem 
Beweis der apostolischen Reise des Paulus nach Spanien hat, hat das 
angebliche Citat aus Sophronius — als eine Stelle aus der Legende 
Simeon des Metaphrasten anerkannt — über das Leben des Petrus und 
Paulus. 

Dagegen bezeugt der Zeitgenosse des Sophronius, der Spanier Isidor 
von Sevilla, dass Paulus bis nach Spanien hin das Evangelium- ver- 
kündigt habe •). — Anderseits sagt Beda der Ehrwürdige, der hundert 
Jahre später blühte, in dem Martyrologium, welches seinen Namen trägt, 
mehr im Allgemeinen, indem ihm vielleicht die Worte des Clemens 
von Rom und Eusebius vorschwebten, dass Paulus das Evangelium — 
nach der Befreiung aus seiner -^ ersten — römischen Gefangenschaft 
auch in den Gegenden des Abendlandes geprediget habe^). — Indess 
sagt der eben erwähnte Isidor in ähnlicher Weise von Paulus, dass er das 
Christenthum vom Morgenlande bis zum Abendlande verkündigt habe^). 

Wäre auch nur eine Spur von Wahrscheinlichkeit oder von üeber- 
lieferung vorhanden gewesen, dass, wie einige patriotische Englän- 
der annehmen, Paulus von Spanien oder von Rom aus — ^ auch nach 
Britannien gekommen sei, so hätte Beda in seiner Kirdiengeschichte 
der Angelsachsen gewiss darüber nicht geschwiegen. Aber er giebt 
keine leise Andeutung darüber; und führt als erste Thatsache des in 
Britannien keimenden Christenthumes den Brief des angeblichen Königs 
Lucius an den Papst Eleutherus an^). 



Ferner haben A. Mai, und sein inzwischen auch gestorbener Fortsezer Peter 
Matranga umfangreiche Gedichte des Sophronius edirt, die Gedichte, genannt 
Anacreontica , spicil. t IV y p. 49 — das Gedicht Triodiunif spicil, t. IV, p. 126, 
Endlich einen Commentar zur Liturgie, der nur in einem Bruchslücko vorhan- 
den isU — S. Migne, Patr. graeca, U 87 (1860), p. 3115—4014, 

*) Isidor, de ortu et obitu patrum — cap. 69. — Incipiena — äh Bterosolymia , usque ad 
Ilbfricum, etItaUamf Hispani<uque proceasit, Opera edd, Arevalo- Migne, t,5,p,181, 

*) Paulus quogue post pcuaionem Domini 25 anno, i, e, secundo Neronia postquam a 
Jerusalem usque lüyricum replevit evangeUum Christi, Romam vinctus missus est, et, 
sicut ipse in 2 epistola ad Timotheum scribit, liberatus de ore leonis videHcet fero- 
cissimi persecutoris Neronis, Uvangelitan Christi in Occidentis quoque partibus prae- 
dicavit, — Martyrolog, Bedae — 30. Juni. 

') Isidor etgmologiarum 7,9.— Ab Oriente usque ad Occasum Evangelium Christi in 
Omnibus geniibus praedicavit. 

*) Beda — kigt, eccl. g, Angl. 1, 4, cf, Galfridus Monomutensis , Histor. Britann. 1, 63. 
— cf, Gildas sap, de excidio Briianiae, c,6—9, der indess von Luciifs nichts 
weiss, noch weniger (wie Greith A. Lucius im Freib. Eirehenl. sagt) iti c. 8 
behauptet, dass um das 8^ Jahr des Kaisers Nero in Britannien der erste Strahl 
des Christenthums erschienen sei. — Dagegen sagt dieser Brftte Gildas (c. 1), 
dass Britannien im Nordwesten der Erde liege, wesswegen er, Beda und Spätere 
unter dem Westen der Erde nieht Britannien verstehen können. 



46 Erstes Buch« Sechstes Kapitel. 

Das Martyrologium des Florus ron LyoB Wlt mit denen des Beda, 
Ado und Usuard zusammen. Ado wiederholt buchstäblich dieselben 
Worte, welche sich bei Beda finden^). Bei Usuard und im neuern 
römischen Martyrologium, welche wörtlich mit einander übereinstimmen, 
findet sich nichts über die Reise des Paulus nach Spanien. Dagegen 
führt Ado von Vienne auch in seiner Weltchronik an, dass — nach der 
Ueberlieferung,^ d. h. der gewöhnlichen Annahme, Paulus unter dem 
Kaiser Nero nach Spanien gekommen sei ^). — In diese Zeit fallt das 
schon erwähnte Zeugniss Simeon des Metaphrasten ^). 

AnselmvYon Canterburj sagt, dass Paulus wirklich seinen £nt- 
schluss ausgeführt habe. Er reiste nach Spanien, wie es Hieronymus, 
Beda und die übrigen Lehrer bezeugen. Als er an Narbonne vorüber- 
gieng, soll er einen seiner Schüler, Namens Paulus, dort als Bischof 
zurückgelassen haben. Er kam also bis nach Spanien , und vom rothen 
Meere bis zum Weltmeere durcheilte er predigend die ganze Erde, indem 
er den Lauf der Sonne vom Aufgang bis zum Niedergang nachahmte ^). 

Der Zeitgenosse Anselms, Theophylactus, sagt, dass Paulus 
nach Spanien gegangen, und dort vielleicht die Juden gefunden habe^). 
Oecumenius sagt zu Rom. 15 ^ 24; 28 dasselbe, was Chrysostomus 
dazu bemerkt hatte, nemlich die Wiederholung bedeute seine starke 
Sehnsucht nach Spanien. 

Wir kommen zu Thomas von Aquin. Zu Römer 15, 24 sagt er : 
der Apostel scheint hier unwahr gesprochen zu haben; denn nirgends 
liest man, dass er nach Spanien gegangen sei. Er wurde in Jerusalem 
gefangen genommen, und in Banden nach Rom gebracht, wie es im 
lezten Kapitel der Ap. G. steht , und dort wurde er mit Petrus getödtet. 
Zwar sagen Einige , Paulus sei nach Verfluss der zwei Jahre seiner 
Haft in Rom nach Spanien gegangen. Weil jedoch dieses nicht gewiss 
ist, ist es besser, zu sagen, dass der Apostel nicht unwahr gesprochen 
habe, weil er es damals wollte, und es bei sich selbst festsezte, das zu 
thun, was er wollte. Seine Worte offenbaren demnach seinen Willen 
und Yorsaz, den er damals hatte, nicht aber den zukünftigen Erfolg, 
der ihm selbst ungewiss war. — Hierauf weist Thomas auf einen ähn- 
lichen Fall im zweiten Briefe an die Corinthier (2. Cor. 1, 17). — Hier- 
auf beruft er sich auf die obigen Worte des Papstes Gelasius I. 



') Ado Hb. de fesHvit. ss, apostolorum, 

') AdOf chronicon, ctet. 6 — 59, Qm tempore creditur Paulus ad HUpanias pervenisse, 

et Arelatae Troph^mum, Viennae Crescentem dUdpulos suos ad praedicondum reliquisse, 
*) Surius, SO. Juni, — Acta Set 29, Juni, 
*) Anaelm, in Roman, 15, 24, — Pervenit igitur usque ad Hiapanias, et a mari rubro 

usgue ad Oceanum praedicando cucurrit, imitans toUs curßum ab Oriente usque Occa- 

sum, ut ante ei terra d^ficeret, quam Studium praedicandi, 
^) Posthac in Mi^Hsnias profectuSf inde/<nia$$e eontpexit Hebraeos — : ad J^ebr. tfi prooem. 



Die ZeagDisae der Späteren — fftr die Reise des Apostels nach Spanien. 47 

Die Worte des Thomas und zugleich des Gelasius finden hiedurch 
eine Erklärung, aus der man nicht schliessen darf, dass sie überhaupt 
die Keise des Paulus geleugnet haben. Thomas will nur sagen, dass 
man aus dem Entschlüsse des Paulus nicht schliessen dürfe, dass er 
wirklich dahin gereist sei, eine Behauptung, -welcher wir vollständig 
beitreten müssen. Zweitens will er mit Gelasius sagen, dass er seinen 
Entschluss zu der hei ihm bestimmten Zeit nicht ausgeführt habe, weil 
er daran gehindert wurde. Auch dieser Behauptung können wir nicht 
anders als beistimmen. An einer andern Stelle aber spricht sich Thomas 
für die Reise, des Apostels nach Spanien aus. „In kurzer Zeit,^ sagt er, 
;,pred]gte er das Evangelium von Jerusalem bis lUyricum und his nach 
Spanien *).^ — In ähnlicher Weise heisst es in dem alten mozarabischen 
Brevier von Toledo, dass Paulus anfangend von Jerusalem bis nach 
Iliyricum, Italien und Spanien vorgedrungen sei^). 

Der Spanier Domin. Soto (f 1560) hielt es für wahrscheinlicher, 
dass Paulus nicht nach Spanien gekommen sei. Seine Gründe aber sind 
sehr seltsam, um nicht zu sagen lächerlich. Denn, sagt er, wenn er 
von einem Soldaten (zu Rom) bewacht wurde, wie wäre es ihm mög- 
lich gewesen, auf so lange Rom zu verlassen? Am Ende jener zweji 
Jahre aber sei er mit Petrus gemartert worden. Dazu komme, dass, 
wenn Paulus wirklich nach Spanien gekommen, Lucas darüber ni<?ht 
würde geschwiegen haben. „Hätte aber auch Lucas darüber geschwiegen, 
so hätten doch andere Schriftsteller ein so merkwürdiges Ereigniss ge- 
meldet, gleichwie sie die Ankunft des Jacobus in Spanien berichtet 
haben ^).^ — Man müsse daher sagen, Paulus habe den Han gehabt, 
nach Spanien zu gehen, Gott aber habe es anders geordnet. Diess sei 
auch die Antwort des Papstes Gelasius. Zwei andere als Exegeten be- 
rühmte Spanier — Alfons Testatus und Perer traten den seltsamen Be- 
denken Soto's entgegen. Der ältere Tostatus *) beugt sich nicht vor der 
Auctorität des (falsch verstaVidenen) Gelasius und dem Decretum Orot., 
sondern, weil die altem spanischen Chronisten das Gegentheil behaupten, 
sagt er, man müsse ihnen mehr glauben, als dem Gratian (Gelasius). — 
Er beruft sich auf Isidor, auf Lucas Tudensis, auf Johannes Aegidii 
von Zamora. Dann macht er den Syllogismus , Paulus habe versprochen, 
nach Spanien zu kommen, daher müsse man glauben, dass er gekommen 
sei, wenn man nicht das Gegentheil aus sichern Gründen wisse. 



') Thom, Ag. ad GalaU cap, 2, lecU-l in med,: In modico tempore ah Jerusalem uBque 
in Ilfyricttm , et tuque in Hispaniam , praedicavii evangelittm. cf, Phüipp. 2, l. 4. 

«) Breü. Toi ad 30, Juni. 

*) Ätque etiam n Lucas hoc tacuisset^ non deßtissent aUi acriptoreSf qui rem tarn memo- 
rabilem memoriae tradidiaeent ^ sicut de adventu Jacobi ApostoH in Hispaniam tradi" 
derunL Soto, in Rom, 15, 24, 

*) Ä. ToßUUus, CommenL m gmewn, ccgf, 33, 14, 



48 Erstes Bac^ Sechstes Kapitel. 

Der Jesuit Benedict Pererius^) von Valencia hat im J. 1600 — 1603 
einen grossen Commentar zum Briefe an die Römer in 188 Abhand- 
lungen oder Disputationen herausgegeben. Darin behandelt er in zwei 
Disputationen die fleise des Apostels nach Spanien ; in der erstem fuhrt 
er die Zeugnisse für dieselbe an, in der zweiten sucht er die Einwürfe 
zu lösen, besonders die aus den Worten der Päpste Innozenz L und 
Gelasius I., des Thomas von Aquin und Domin. Soto genommenen. 
Die zwei lezten Zeugen für die Reise sind ihm Tostatus und Baronius. 
Mit leichter Mühe widerlegt er den Dom. Soto, und obgleich Spanier, 
und im 16. Jahrhunderte blühend, gesteht er, dass kaum einer der alt^n 
Schriftsteller etwas über die Reise des Jacobus nach Spanien berichte, aber 
um so mehrere und glaub wüi*digere über die Reise des Paulus dahin ^). 

Der belgische Jesuit Estius, Zeitgenosse des Pererius, spricht sich in 
seinem berühmten Commentare zu den paulinischen Briefen — g^gen diese 
Reise aus. Zu seiner Zeit war freilich das Zeugniss des Clemens von Rom 
noch nicht bekannt. Dann — . sei nichts davon bekannt, dass Paulus 
Kirchen in Spanien gegründet habe. Er fragt, was es Grosses gewesen 
wäre, dass Paulus in Spanien geweilt, wenn dort keine Spuren seines 
Wirkens übriggeblieben wären? Doch will er schliesslich die Sache 
unentschieden lassen^). 

Die obige Frage des Estius ist mehr als ungehörig. Das christliehe 
Spanien hat Jahrhunderte lang mit der äussersten Zähigkeit an seiner 
Tradition des heiligen Jacobus festgehalten ; und die gelehrten Theologen 
haben mit dem Aufgebote aller Kräfte nach Stüzen für die unhaltbare 
Tradition idch umgesehen. Sie haben alle zugegeben, dass Jacobus nur 
sieben Schüler in Spanien gefunden habe, aber die Ankunft eines Apo- 
stels in ihr Land war ihnen die Hauptsache. So ist es denn eine 
Nebenfrage, ob Paulus Gemeinden in Spanien gegründet habe, die Haupt- 
frage ist, ob der Apostel nach Spanien gekommen sei. 



') Bened. Pererü VcUentini e. S, J. secundus tomu9 seiectantm disptUationum in «. Script, 
continens 188 Disputationen super epistola B. PauH ad Romanos. Ingolstadii 1603, — 
p, 1182—1194. 

') An beatus Paulus iverit in Hispaniam — disput. 2, — De adventu Jacobi in Hispa- 
niam vix uüus antiquorum aliquid prodidit: itionem vero Pauli plurimi et antiquitatiSf 
et doctrinae ac sanctitatis laude praestantes, memoriae tradiderunt. Itaque, quantum 
ad auctores attinet, multo certior atque indubitabilior est Pauli, quam Jacobi ad Hispa- 
nias profectio: quamquam ego, optimis rationibus persuasus, de Jacobi adventu in 
Hispaniam nihil dubito» — Mit dieser Disputation schliesst die Erklärung^ des 
Römerbriefes. 

') Estius, Rom. 15, 28: Quid magnum fuerit in Hispania Paulum fuisse, si nuUa in ea 
Christianae fidei vestigia reliquitf Verum quoniam et alüs diversum sentientibus sua 
non desunt argumenta (nam in uiramque partem testes et rationes adfenmt Baronius 
ad a. 61 et Pererius), nos de ea re tota liberum lectori Judicium reUnquimus, Die 
Spuren seiner Gegenwart, welche Paulus in Spanien zurilbkliess , sind — die 
Sendung der sieben Apostelschüler. 



Die ZeagniBse der Späteren — für die Reise des Apostels nach Spanien. 49 

Nicht sehr lange nach den Commentarien des Pererius und Estius 
m dem Briefe an die Römer erschien der grosse Commentar des italie^ 
nischen Dominicaners Angelo Paciuchelli *), welcher die Reise des Apo- 
stels nach Spanien als Thatsache annimmt. Er beruft sich u. a. auf Dio- 
nysius Carthusianus (um 1450), welcher auch auf eine Stelle bei Hiero- 
nymus hinweist ^), dass Paulus nach seiner Freilassung unter Nero noch 
in den Gegenden des Abendlandes gepredigt habe. Doch — machen 
dem Dionysius Carth. die Worte des Papstes Innozenz I, Bedenken. 
Schon früher hatte Nicolaus Lyra auf diese Bedenken zu antworten ge- 
sucht. Dionysius sucht die Worte Innozenz' I. mit der Thatsache 
der Predigt des Paulus wenigstens in Italien und Rom, und mit der 
Predigt des Jacobus in Spanien, welche er annimmt, so zu vereinbaren, 
dass er behauptet, sie hätten nicht lange gepredigt'). 

Nach Cornelius a Lapide hat Paulus nach seiner Freilassung im 
J. 61 noch 8 J^re gelebt; er ist nach Spanien gekommen, und im J. 69 
Märtyrer geworden. Er führt die gewöhnlichen Zeugen an, und beruft 
sich besonders auf Baronius und Pererius *). — Oidmet in seinem Com- 
mentar ist weniger entschieden, obgleich ihm — er starb 1757 — die 
Worte des Clemens von Rom bekannt waren ^). Ihm macht Bedenken, 
dass, soviel man wisse, Paulus keine Kirche in Spanien gegründet habe. 
Er meint, die Worte des Clemens können von Spanien^ oder auch von 
einem andern Lande verstanden werden. — Tirinus ist kurz für die 
Bejahung. Grotius ist zweifelhaft. 



V) E:^08iiio in epist. JB. Pauli ap. ad Romanos. Ex sancHs patribus et s. doctoribtts 
eaUecta per Fri Angelum Paciuchellium Politianum — cum ejusdem CoUectoris additio- 
nürns. — 1652. ~ Monach. 1677. 

*) De vir, illust. c. 5. — Sciendum est^ — Paulum a Nerone dimissum, ut evanyeUum 
Christi in Occidentis quoque partibus praedicareturf sicut ipse scribit (1. Tim.. 4, 16). 
— Bei diesem Anlasse weise ich noch auf einige Steilen bei Hieronymus hin, 
in denen er die Reise des Paulus nach Spanien bezweifelt, oder sich unbe- 
stimmt darüber ausspricht. Zu Ephes. 3, 13 sagt er: Videbat se — isse Romamj 
ad JEtispanias vel perrexissCf vel vre disponere. — In dem Buche ad Helvidium c. 4. 
heisst es: si velimus dioere: Paulus apostoluSf antequam ad Hispanias pergerety Romae 
in vincula conjectua est. Aut certe illud: Helvidius, antequam poenitentiam ageretf 
morte praevenius est. In dem Zusammenhange, worin die Worte hier stehen, schei- 
nen sie die Reise dahin zu verneinen. — Zu Amos cap. 5 schreibt Hieronymus : 
Sed usque ad Hispänias tenderet (was weder für noch gegen ist), et a mari rubro, 
imtno et Oceano usque ad Oceanum curreret, imitans dominum suum et solem justitiae 
(Ps. 18, 7), ut ernte eum terra d^eretj quam Studium praedicandi (s. oben S. 46 
die ähnliche Stelle bei Anselm C). — Endlich sagt Pseado- Hieron. zu Rom. 
15, 24 — utrum in Hi^ania fuerity incertum habetur, 

•) Nicol V, Lyra ad Rom, 15, 28. — Dionys, Carthus. ad Rom, 15, 24, 28. 

*) CameL a Lapide in Rom, 15, 24, 28. 

*) Calniet, comm. ad Rom, 15, 24, 



Garns, gpan. Kirche. 



Siebentes Kapitel 

Die Fra^e der Zeit — und des Weges. 



Alle, welche angenommen haben, dass der Apostel Paulus in Spa- 
nien gewirkt, haben keine Schwierigkeit gefunden in der Frage, ob die 
Zeit seines Lebens noch dazu ausgereicht habe. Früher nahm man an, 
dass er im J. 61 aus der römischen Gefangenschaft befreit worden ; jezt 
nimmt man das Jahr 63 als das seiner Befreiung, und das Jahr 67 als 
das seines Todes an. 

Gieng Paulus von Rom zuerst nach Spanien, oder zuerst von Rom 
in den Orient, und dann erst nach Spanien? Fast alle Aeltem und 
Neuem nehmen an, er sei unmittelbar von Rom nach Spanien, dann 
zurück in den Orient gereist, und sei nach kurzem Aufenthalte daselbst 
nach Rom als Gefangener zurückgekehrt. Aus den Worten des Clemens 
kann man keinen Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser Frage ent- 
nehmen. Dagegen machen die Worte des Ungenannten bei Muratori 
den Eindruck , dass der Apostel unmittelbar von der Stadt nach Spanien 
gegangen sei. — Ebenso alle andern Väterstellen, welche wir angeführt 
haben, besonders die Worte des Ohrysostomus und des Theodoret. 

Auch Pererius wirft in der zweiten der oben angeführten Disputa- 
tionen diese Frage auf. Er bejaht dieselbe aus drei Gründen. Erstens, 
weil sein Entschluss vorher so gefasst war, und er einen dringenden 
Grund nicht hatte, von demselben abzuweichen. Zweitens, weil er von 
Rom einen viel leichtem und schnellern Weg nach Spanien hatte, als 
von Griechenland oder Asien. Drittens — weil die erwähnten Väter 
dieser Meinung seien. Doch genüge es, zu wissen, dass Paulus nach 
Spanien gereist sei, entweder unmittelbar, oder einige Zeit nach er- 
langter Freiheit. 

Dagegen aber sprechen die Worte des Briefes an die Philipper, 
welcher Brief, wie allgemein anerkannt wird, aus der ersten römischen 
GefEuigenschaft geschrieben ist: Ich habe das Vertrauen zu dem Herrn, 



Die Frage der Zeit — und des Weges. 51 

dass ich auch selbst bald kommen werde (Phil. 2, 24) ; die Worte in 
dem Briefe an Philemon, welcher gleichfaUs in dieser ersten Gefangen- 
schaft geschrieben ist: Halte für mich eine Wohnung bereit, denn ich 
hoffe, dass ich auf eure Fürbitte euch wieder geschenkt werde (Philem. 22). 
— Drittens führt Pererius eine Stelle im Briefe an die Hebräer an (13,23), 
welche für uns geringeres Gewicht hat. 

Es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass diese Einwürfe von Ge- 
wicht seien. So hat sich Bisping denn entschieden, die Reise nach 
Spanien als lezte des Apostels anzunehmen. Wie wir aus den Briefen 
an die Philipper und an Philemon ersehen, sagt er, hatte der Apostel 
seinen ursprünglichen Plan , von Rom aus nach Spanien zu reisen, wäh- 
rend iseiner mehrjährigen Gefangenschaft dahin abgeändert, dass er zu- 
erst noch einmal seinen frühern Wirkungskreis in Eleinasien besuchen 
wollte. Als er desshalb nach einer zweijährigen Haft im Frühjahr 63 
n. Chr. in Freiheit gesezt wurde , reiste er mit Titus zunächst nach 
Kreta. Er blieb dort eine geraume Zeit, wahrscheinlich bis zum fol- 
genden Frühjahre. Er schiffte sich — Frühjahf 64 — nach Kleinasien 
ein, um die dortigen Gemeinden zu besuchen. Von hier aus schrieb er 
noch vor dem Winter seinen Brief an Titus; denn er drückt in diesem 
Briefe die Absicht aus, in Nikopölis den Winter zuzubringen (Tit. 3, 12). 
Hier ist wohl das Nikopölis in Oilicien gemeint*). — Im folgenden 
Frühjahr 65 brach dann Paulus auf nach Ephesus, dann nach Macedonien. 
(Erster Brief an Timotheus, geschrieben in Macedonien.) 

Von Kleinasie^n gieng er wahrscheinlich wieder nach Griechenland 
und Corinth, wo er mit dem heiligen Petrus zusammentraf, mit welchem 
er dann nach Rom reiste (Euseb. 2, 25). Von Rom aus scheint er dann 
etwa im Erühjahr 66 n. Chr. seinen frühern Entschluss, nach Spanien 
zu reisen, und dort das Evangelium zu verkündigen, ausgeführt zu 
haben. Jedoch war seine Wirksamkeit daselbst wohl nicht von langer 
Dauer; denn die Tradition weiss nichts von Gemeinden, welche Paulus 
in Spanien sollte gegründet haben. Wahrscheinlich wurde er dort bald 
ergriffen, und als Gefangener nach Rom zurückgebracht. Hier schrieb 
er seinen lezten, den zweiten Brief an Timotheus. (Tod 29. Juni 67 n. Chr.) 

Diess sind Vermuthungen, welchen andere Vermuthungen entgegen- 
stehen. — Legt man darauf so grosses Gewicht, dass sich Paulus bei 
Philemon eine Wohnung Bestellt, so müsste man wahrscheinlich machen, 
einerseits, dass dieser Brief am Ende seiner ersten Gefangenschaft ge- 
schrieben ^ anderseits 9 dass Paulus direct von Rom nach Colossä gereist 



Bisping, Brief an die Römer, 1854, S. 61. Ad. Maier, illnleitung^, 1852, 
8. 208. »Der Reise nach Spanien muss ein Besach in den ostlichen Ländern 
▼orangestellt werden, den er während seiner ersten römischen Haft zunächst 
sich vorgenommen.« 

4* 



52 Erstes Bneh. Siebentes Kapitel. 

sei. Aber — man hat nicht einmal einen Anhaltspunkt dafür ^ dass er 
überhaupt nach Colossä gekommen sei. 

Aberle ^) sowohl als Döllinger nehmen an , dass der Apostel zuerst 
nach Spanien , dann erst nach dem Orient gereist sei. — Ich trete dieser 
Ansicht umsomehr bei, weil Paulus schon in Rom entschlossen seyn 
konnte^ Spanien nach einem kurzen Aufenthalte wieder zu verlassen, 
und nach dem Oriente zurückzukehren. 

Ein weiterer Grund zu dieser Annahme liegt für mich in dem Zu- 
sammenhange, in welchem — nach meiner unten folgenden Darstellung 

— die Sendung der sieben Apostelschüler von Rom nach Spanien mit 
der kurzen Thätigkeit des Apostels in Spanien steht. Auch scheint mir 
die Bemerkung des Pererius beachtenswerth zu seyn, dass, wenn Paulus 
überhaupt nach Spanien zu reisen entschlossen war, er den nächsten 
Weg von Rom vorziehen musste, — dem Wege in den Orient, und 
von da dem doppelt so weiten Wege — sei es über oder nicht über 
Rom — nach Spanien^). 

Ich komme zu der zweiten Frage: Welchen Weg hat der Apostel 
eingeschlagen von Rom nach Spanien; hat er den Weg zur See oder 
zu Land, eingeschlagen? Die Gallier, welche an ihrer Tradition fest- 
halten, dass Paulus, als er von Rom nach Spanien gieng, seinen Schüler 
Paulus zu Narbonne als Bischof zurückgelassen habe, sind für die Laxid- 
reise. Denn Narbonne lag an der grossen Heerstrasse, welche von 
Italien nach Spanien (nach Leon) führte. — Aber wir haben umso- 
weniger Grund, ihrer Tradition zu folgen, als — nach Gregor von Tours 

— Paulus um das J. 250 — nach Narbonne gesendet wurde ^), Tille- 
mont und Calmet *) unbedingt dieser Annahme beitreten , wogegen 
u. a. Petrus de Marca den Paulus für einen Schüler des Apostels hält, 
und diesen selbst zu Lande nach Spanien ziehen lässt. Allein — der 
Apostel zog überall den nähern jdem weitern, und warum nicht auch 
den bequemem dem unbequemem Weg? — vor. Er hatte keine Zeit 
mehr zu verlieren. Warum hätte er also den weitem Weg über die 
Alpen und die Pyrenäen dem directen Weg zur See vorziehen sollen? 



*) Paulus der Ap. im Kirchenlex. von Wetzer - Weite. 

') Diesen Eindruck machen auch die Worte des Fragments bei Muratori; Chry- 
sostomus und Theodoret sind derselben Ansicht, JTieodoret, 2, Timoth» 4, 17. — 
oatoXoyiOdfxsvog d>g dSwog d^eiSf^^ xai rag 2:(ayiag xareXaßt, 

*) Hist. eccl. Francor. 1, 28. 

*) Tillemont, m^m. i, Saint Paul, ort, 12, BoUand. 22. Afart — Calmet, DicHona- 
rium, t. 2 — s. v, Sergius Paulus, — Marca bei Floreg, 3, 31, — Ado Vtenn, de 
fest, apost. 11 Cal. April, sagt: Natalis S. PauU, quem beati apostoH ordincUum urbi 
Narbonae episcopum miserunt, Maurolicus: in GcdUam. direetus — 22. Apr. — Mart^. 
rom.: — apud Narbonam relictus. Bei Alex. Natalis waltet das patriotische In- 
teresse vor; doch weiss er sich auf keinen altern Zeugen zu berufen, als auf 
Ado und Usuard (Saecut. 1, dissert, 16), 



Die Frage der Zeit — nnd des Weges. 53 

Nach der innem Wahrscheinlichkeit ^ und den wenigen noch vorhandenen 
Spuren kam der Apostel nach Südspanien; dorthin also wäre der Weg 
zu Lande ein noch grösserer Umweg gewesen. — Hieronymus sagt 
ausdrücklich , dass er zu Schiffe nach Spanien gereist sei. In dem Hafen 
von Rom lagen zu aller Zeit eine grosse Anzahl bätischer, d. h. süd- 
spanischer Schiffe. Diess bezeugt ausdrücklich Strabo ^) , und auch die 
(unten folgenden) Worte des Horaz und Martial deuten indirect darauf hin. 

Am öftesten war von Born aus Gelegenheit, nach Gades zu fahren; 
in zweiter Linie dürfte die Fahrt nach Tarraco und nach Neu-Carthago 
stehen, nach diesen etwa Malacca und Empoijas. 

Dass Jul. Cäsar einst in 27 Tagen ^) von Rom nach dem jenseitigen 
Spanien, d. fa. in die Gegend von Castulo auf dem Landwege gekom- 
men sei, das wurde von den Spaniern selbst wie ein halbes Wunder 
angestaunt. Ganz anders mit dem Seewege. Von Rom nach Tarraco 
mochte man bequem in einer Woche kommen, aber auch schon am 
vierten Tage. Die directe Entfernung von Rom nach Tarraco beträgt 
etwa 380 Seemeilen, und ist um ein Bedeutendes geringer, als die ganze 
Breite von Spanien , etwa von der Mündung des £bro bis zur Mündung 
des Minho. Von den Pyrenäen bis zur Meerenge von Gibraltar brauchte 
ein schnellsegelndes Schiff sieb^i Tage. Fünf Tage brauchte ein Schiff 
von der Lisel der Pithyusen bis Sardinien. Von den Pithyusen bis 
Gibraltar — dauerte die Fahrt etwa drei Tage und Nächte. Endlich 
von Rom nach Sardinien 1| Tag. Daraus ergeben sich für die See- 
reise von Rom nach Cadix zehn bis zwölf Tage; von Rom nach 
Tarraco sieben bis acht Tage. Schnellere Schiffe brauchten nur je vier 
und sieben Tage ^). Die Landreise hätte Monate in Anspruch genommen. 
Da der Apostel ohnedem entschlossen war, die von ihm gestifteten 
Kirchen im Morgenlande zu besuchen, so musste er umsomehr die Zeit 



*) Strabo 3, 144 — der glänze Handel aber (von Südspanien) geht nach Italien 
und Rom — 145. den Reichthum der Ausfuhrgegenstände — zeigt die Grösse 
und Menge der Handelschiffe; denn die grössten Frachtschiffe fahren von dort 
nach Dicäarchia (Puteoli bei Neapel) nnd Ostia, der Hafenstadt von Rom. Ihre 
Menge ist fast der libyschen gleich. 

') Strabo 3, 160. Die Geschichtschreiber erzählen, dass Cäsar von Rom aus in 
27 Tagen nach Obulko und in das dortige Lager zog, als er den Kampf bei 
Munda beginnen wolile (Obulko lag oberhalb Corduba). 

^) PUnius, Eist not. 19 j 1. (cf, 2j 243.) Herbam esse (Unum s Segel), quae Gadis ad 
Herculis coktmnas sepiutno die Osdam adferat et citeriorem Htspantam qucwtOj provin- 
dam Narbonensem tertio, Africam aUero. — Ferd. Gregorovius : die Geschichte 
des röm. Kaisers Hadrian und seiner Zeit — 1851 — S. 96. »Die Verbindung 
zu Wasser war nicht weniger erleichtert. Von Ostia fuhr man in sieben Tagen 
nach Gibraltar, in z6hn nach Alexandrien.« — Scylax und Fest. Avienus Rufus 
(dieser schrieb zur Zeit Theodosius des Grossen) sagen, dass die östliche Um- 
fahrt Spaniens sieben Tage gedauert; Avienus sagt (oramarit v. 151) y dass man 
von der Insel Ophiusa zum sardischen Meere — sieben Tage gebraucht habe* 



54 Erstes Buch. Siebentes Kapitel. Die Frage der Zeit — und des Weges. 

zu Bathe halten, und den bequemem und schnellern W^ sur See ein- 
schlagen. Florez ist derselben Meinung. Nach ihm hat Paulus durch 
die Seefahrt seinen längst gehegten Wunsch, nach Spanien zu kommen, 
schneller erfüllen können. Er beruft sich femer auf das alte Brevier 
der Kirchen von Huesca (Osca) und Jacca, in dem es in der ersten 
Lection zum 30. Juni heisst: Nicht lange nachher fuhr er zur See nach 
Spanien , um das Evangelium zu predigen *). — Die Kirche von Tar- 
raco (und Dertosa) feiert das Andenken des Paulus ,von Narbonne, der 
mit dem Apostel Paulus dahin gekommen. Daraus sei zu folgern , dass 
Paulus mit dem Narbon^esischen Paulus zur See nach Spanien ge- 
kommen ^). 

Florez weist noch im Besondem die Unächtheit einer dem Papst 
Stephan VI. (885 — 91) zugeschriebenen Schrift über die angebliche Reise 
des Paulus nach Spanien über Narbonne nach. In diesem — im In- 
teresse der Ansprüche von Narbonne — gefertigten Machwerke heisst 
es , dass Paulus auf seiner Reise nach Spanien mit sich genommen habe 
den Ephesier Trophimus (für Arles), den Sergius Paulus (für Narbonne), 
den Secundus, Torquatus, Endelecius, auch einige andere, und dass er 
von Narbonne aus — den Torquatus und sechs andere zur Predigt des 
Evangeliums nach Galizien gesendet habe, sowie Petrus ihm den Auf- 
trag gegeben habe. Sergius Paulus aber habe von Narbonne aus nie- 
mals aufgehört, an der Bekehrung der Völker Spaniens zu arbeiten. 
Damm müsse denn auch das christliche Spanien — sammt Tarraco — 
stets unter der kirchlichen Suprematie von Narbonne bleiben. — Die 
Erdichtung ist plump und augenfällig. Das Machwerk stammt aus der 
Zeit Urban's IL (1089 flg.), welcher 1091 das Erzbisthum Tarraco wieder 
herstellte ^). 



*) Non muüo post in fftspanican praedicancK graüa navigavit. 

') Marctty Marca Hispantca^ JV. 44. (Epistola Stephani papae VI. nomine scripta ad- 
versus Selvam et Hermemirum faUos episcopos eoclesiarum Urgeüensis et Gerundensis.) 
^) Acta Sctr. Maii 1, Vita S. Theodardi — v. a. S^nodi promnciaUs acta apocrypha. 



Achtes Kapitel 

Wirksamkeit des Apostels Paulus in Spanien. 

Es ist anzunehmen y dass der Apostel, welcher gleichzeitig eine 
Missionsreise nach dem Oriente sich vorgenommen und sie zugesagt, 
schon von Anfang an entschlossen war, einen möglichst kurzen Aufent- 
halt in Spanien zu nehmen. Er wollte nicht so fsäst Gremeinden dort 
stiften, als vielmehr sehen, welche günstige Dispositionen für die Auf- 
nahme des Christenthumes in Spanien vorliegen. Mittlerweile waren, 
wie Aquila und Priscilla aus dem Oriente nach Born, so gewiss auch 
viele Juden (und Christen) seit Nero^s Begierungsantritt wieder nach 
Rom zurückgekehrt, so dass er auch aus diesem Grunde, von dem wir 
oben als wahrscheinlich angenommen haben, dass er ihn unter andern 
zu seinem Entschlüsse der Beise nach Spanien bestimmt habe, seinen 
Aufenthalt daselbst verkürzen konnte. 

Dass der Apostel zu Schiff nach Spanien gefahren, ist nicht so feust 
durch die Geschichte verbürgt, als vielmehr eine Sache, die sich von 
selbst versteht. So glauben wir die oben angeführten Stellen aus den 
spanischen Breviarien verstehen zu sollen. Die Verfasser derselben hatten 
keine historisdien Nachrichten über die Fahrt des Apostels zur See; 
aber man konnte sich die Sache nicht anders denken , als dass ein Beisen- 
der von Rom nach Spanien den directen, d; h. den Seeweg einschlage *). 

Drei Städte sind es, nach welchen von Bom aus der lebhafteste 
Verkehr gieng : Tarraco , Neucarthago und Gades , und als vierte dürfte 
mk diesen Malaga (und Emporias) anreihen. Nehmen wir an, der 
Apostel sei von Bom direct auf einem Schiffe nach Gades gefahren. 



Wird der Landweg eingeschlagen, so wird es ausdrücklich bemerkt — z. B. 
pFasti Idatiani — zam J. 38d: Et poat annum transtuHt eum matrona ejus Ächaaiia 
ad Bupanias pedestre** — d. h. die Achantia hat den Leichnam ihres Gemahles 
CynegiQs von Rom auf d«m Landwege nach Spanien gebracht. 



56 Erstes Bnch. Achtes Kapitel. 

Diess ist zunächst eine Hypothese, aber eine Yermuthung, die sich zu 
einiger Wahrscheinlichkeit erheben lässt. Denn Gades unterhielt von 
allen Städten Spaniens, und wohl auch der ganzen Welt den lehhafte- 
sten Verkehr mit Born. Die bätischen Schi£fe , die in grosser Zahl stets 
in dem Hafen von Born lagen, waren wohl zum grossen Theile Schiffe 
der Gaditaner , deren reiche Handelsleute einen grossen Theil des Bo- 
dens, der Bergwerke, des beweglichen und unbeweglichen Vermögens 
von Spanien in ihren Händen hatten. 

Die SchiffFahrt nach Gades war gefahrlos. Ungestraft, sagt Horaz, 
wagt es der Kaufmann des Jahres drei- oder viermal den atlantischen 
Ocean zu besuchen. Darunter versteht er Gades, — denn diese Stadt war 
das Ende der Schiffifahrt in der ganzen alten Welt. Die Gaditaner selbst 
fuhren ihrerseits weiter gen Nordwesten , und wohl auch Südwesten *). 

Im ganzen Orient galten die Säulen des Hercules und Gades als 
Ende der bewohnten und bekannten Welt. An dieses Ende zu gelangen 
war auch für Paulus nicht ohne Bedeutung. Mehrere Väter und Aus- 
leger haben , wie wir oben hörten, den Apostel mit Herakles verglichen, 
der, ein Held der neuen Welt und Zeit, vom Aufgang bis zum Nieder- 
gang der Sonne, vom rothen bis zum äussern (atlantischen) Meere als 
Herold des Evangeliums geeilt. — Wenn der Apostel, als er zu Ephesus 
weilte, ausrief: Wenn ich zu Jerusalem gewesen seyn werde, so muss 
ich auch noch Bohi sehen ^), so lag ihm auch der Gedanke nicht ferne, 
die Säulen des Herkules und das Ende der Welt zu sehen, Tartessus 
das alte, und das neue Gades. — Umsoweniger konnte ihm das ferne 
liegen, als ja doch sein Hauptzweck war, das Evangelium in Spanien 
zu verkündigen. Von Gades aus aber konnte er leicht Spanien in seiner 
ganzen Länge durchreisen, von Gades bis Tarraco. Auf dieser Beise, 
die er bequem in einem Jahr vollbringen konnte, kam er in die be- 
deutendsten Städte von Spanien. Er kam nach Gades und Sevilla, er 
kam nach Astigis, die Stadt, in welcher der Siz eines römischen Ober- 
gerichtshofes war, und kam nach Cordova. Selbst das kaiserliche Eme- 
rita konnte er leicht erreichen , wenn ihm daran gelegen war. Demi 
drei Strassen führten von Sevilla = Gades , von (Malaga = Antequera) 
Astigis, und von Cordova gen Emerita. Die Strasse von Sevilla nacl) 
Merida ist theilweise noch erhalten ^). Von Cordova führte ihn der Weg 
nach dem im Alterthume so berühmten Castulo, das freilich schon zu 
des Plinius und darum auch des Paulus Zeiten von der frühem Bedeu- 
tung verloren zu haben scheint, weil es selbst keinen Obergerichtshof 
hatte, sondern an den von Carthagena angewiesen war. 



«) Horat Od. i, 31y 18 — U: ter et quater 

Anno revisens aequor AÜaniicain impune. 
») Ap. G. 19, 21. 
*) Minutoli, Spaniens fortschreit. Entw. 1852. — S. 345. (8 Leguas.) 



Wirksamkeit de» Afmstels Paalus in Spanien. 57 

I 

Von Castnlo einerseits, von Emerita anderseits fährte ihn der Weg 
der durch sein Strassennez in der alten Böm^ Zeit hervor- 
tretenden Stadt Laminium y dem heutigen Montiel ^) in der untern 
Mancha, von wo nordwestlich Strassen nach Toledo, nach Astorga, und 
nordöstlich nach Saragossa und Tarraco führten, und westlich auch 
nach Sätabis und Sucre, nach Valencia und Sagunt^), überhaupt auf die 
grosse Herkulesstrasse, welche in allen Jahrhunderten bis zum heutigen 
Tage — in der gleichen Richtung lief. — Von Laminium führte ihn 
die Strasse nach Libisosa, beute Lezuza, welcher Ort sich rühmt, dass 
der Apostel dort das Evangelium gepredigt habe. Wenn er von Libi- 
sosa westlich die Herkulesstrasse erreichte, oder nordöstlich über Sara- 
gossa nach Tarraco reiste, kam er nach Dertosa, welche Stadt sich 
gleichfalls rühmt, dass Paulus — mit Sergius Paulus von Narbonne — 
in derselben geweilt habe. Von Tarraco sodann hatte er stets Gelegen- 
heit und den nächsten Weg der Rückreise nach Rom. (Mit unserer 
Hypothese verträgt sich indess auch die umgekehrte Annahme, dass 
Pavdas in Tarraco gelandet, und von Gades aus nach Rom zurück- 
gekehrt sei.) 

Nehmen wir das Geringste an, dass Paulus nur ein Jahr in Spanien 
geweilt. Florez nimmt drei Jahre an, vom Jahr 61 bis 64, Aberle zwei 
Jahre — 63 bis 65, DöUinger drei Jahre — 63 bis 66, Bisping kaum 
ein Jahr — 66 bis 67 — andere wieder anders. Drei Monate, wollen 
wir annehmen, nahm die Reise selbst in Anspruch, drei, Wochen nem- 
lich die Seefahrt von und nach Rom ^), zwei Monate die Landreise durch 
Spanien. So kouAte der Apostel einen bis zwei Monate je in Sevilla, 
in Astigis, in Corduba und in Castulo weilen, einen Monat in Libisosa, 
zwei Monate in Tortosa und in Tarraco. Man sehe nach , ob er nicht 
an manchem der Orte seiner firühem Zeit kürzer geweilt, und dennoch 
blühende Gemeinden daselbst gestiftet habe. Nach dem Eindrucke der 
Worte der Apostelgeschichte weilte Paulus nur kurz in Salamis und 
Paphos, in Perge, in Antiochia von Pisidien, in Iconium blieb er „eine 
göÄume Zeit^, kurz in Lystra und Derbe, in der Stadt Philipp! 
»^ige Tage*^, drei Wochen in Thessalonich, kurz in Bero6a, kurze 
Zeit in Athen. In Corinth blieb er 1| Jahr, aber in Folge einer 



Dass Montiel das alte Laminium sei, ist um so weniger zu bezweifeln, als 
der alte Ager Laminitanus heute Campo de Montiel heisst; wo der Anas (Gua- 
diana) entspringt. Cortes y Lopez in seinem Lexikon der alten Städte Spa- 
niens giebt sich viele Mühe, nacfazuwdsen, dass die Stadt Daimiel das alte 
Laminium war. — S. Daniel, Geographie, 2,312. 

*) Diess bezeugt Strabo 3, 160 — dass die Strasse früher von Tarraco nach Ca- 
stnlo und Corduba über Egelastae (heute Yniesta), also wohl auch über Lami- 
^ niam gefühn habe. 

') Nach Plinius 19; 1 nur eilf Ta^e, 



58 Ente» Bueh. Aehtes EapiteL 

höhern AufiordttUng^ sehr kurz bei seinem ersten Aufenthalt in Ephesus, 
zwei Jahre bei seinem zweiten Aufenthalt ^ von da bei smier zweiten 
Mis8ionsreise nur drei Monate in Griechenland ; auf der Bückreise sieben 
Tage in TrOas ^). — Man siebt, dass, er in der Regel, mit Ausnahme 
von Ephesus und Corinth , nirgends lange verweilte. In Spanien aber 
musste er nach Kräften umsomehr seinen Aufenthalt abkürzen, weil 
sein Ende nahte, und weil er noch die Kirchen des Morgenlandes zu 
besuchen hatite. 

Aber hier, in Spanien, trat ihm wahrscheinlich ein Hindemiss seiner 
Thätigkeit entgegen, welches er auf seinen bisherigen Beisen nirgends 
gefunden hatte. Alle Gemeinden von Jerusalem in dem ganzen Um- 
kreise bis lUyricum redeten griechisch. Die Gemeinde in Bom redete 
damals wenigstens zum Theile griechisch ^), Ein Jahrhundert vor Chri- 
stus war eine grosse Menge Juden von Afrika nach Spanien gekommen ^). 
Wohl fand Paulus in Spanien Juden, und jüdische Proselyten in allen 
grossen Küstenstädten (und in den Städten des innem Bätika) von Tar- 
raco , ja von Emporias an bis Gades *). Aber in Spanien herrschte nur 
die lateinische Sprache. Die Juden mussten sich an sie gewöhnen — 
wegen ihres Verkehres mit den lateinisch redenden Spaniern, besonders 
der Provinz Bätika^). Der Apostel Paulus fand vielleicht keine, oder 
wenig griechisch redende Juden vor. Er hatte aber während seiner 
langen Laufbahn nur mit griechisch und hebräisch Bedenden verkehrt. 
Dürfen wir wohl annehmen, dass der Apostel Paulus in seinem vor- 
gerückten Alter sich die lateinische Sprache in dem Grade angeeignet 
habe, dass er sich ihrer als Prediger in Spanien mit Erfolg bedienen 
konnte? Wenigstens haben wir gar keinen Anhaltspunkt, dass er sie 
erlernt hätte. Dem mehr als sechzigjährigen Paulus, der sich sdion 
in dem Briefe an Philemon, den er früher geschrieben, einen Greis 



•) Ap. G. 13, 5 - 6; 13 - 14 f. ; 14, d f. ; 16, 4— 5; 12 f. — 17, 2 f. — 18, 1 f . — 
19, 10; 20, 3,6. 

*) Wiseroan, Abhandlungen über verschiedene Grcgenstande, Regensbarg 1854, 
ister Band, S. 38-40. 

») Jost, Geschichte der Israeliten etc. 1825. Bd. 5. S. 12-22 (S.17 — 18). S. 20. 
»Die oftmals wiederkehrenden Veranlassungen zur Auswanderung bestimmten sie 
zulezt die Küstenstädte Spaniens und Galliens am Mittelmeere, und vielleicht 
auch die altphönicischen Niederlassungen in der Provinz Bätika, am dama- 
ligen Weltende, aufzusuchen. In diesem Lande fanden sie einen nicht 
minder lebhaften Seehandel, als in ihrem alten Vaterlande. ^ Sie dringen den 
Bätis und Anas aufwärts, so dass sie in der ganzen südlichen Hälfte der Halb- 
insel einheimisch wurden.** 

*} Döilinger, Christ u. Kirche, 8,82. 

^) Diese hatten damals schon längst die eigne Sprache verlernt, und -waren lati- 
nisirt, Strabo 3, 151 — oi^h rrjg SuxJtexrov r^ öperd^ap eri fUfMvijfiefoi ^ativoi 
r§ Ol JtXelöroi yeyovaßu — 4u/. GeUtua^ JVbct aU, i9, 9, 



Wirksamkeit dts Aftttels PmIim in Spanien. 59 

genannt hatte ') •-« war die Erlernung des Lateiliiscliieii amn Zwecke der 
Predigt gewiss die grösste Schwierigkeit. 

Dieses kann einer der Gründe seines kurzen Aufenthaltes in Spanien 
gewesen seyn. Wir dürfen femer uns nicht wundem, dass in Spamen 
nirgends eine feste Tradition über seinen Aufenthalt daselbst sidi findet, 
ja dass sogar in der mozarabischen oder altspanischen Liturgie des Festes 
Petri und Pauli nichts von einer Rase des Paulus nach Spanien be- 
richtet oder angedeutet wird. Man halte uns nicht entgegen, dass das 
so fromme, und den Traditionen zugeneigte spanische Volk die An-> 
Wesenheit des Apostels in diesem Lande nicht ganz aus der Erinnerung 
hätte schwinden lassen. . — Wir wissen nichts von ^en Traditionen der 
Kirche Spaniens in den ersten drei und vier Jahrhunderten. Man muss 
sie yermu&en oder errathen. Es giebt keine christliche spanische Litei* 
ratur vor dem Anfange des fünften Jahrhunderts. Der erste oder einer 
der ersten einheimischen Schriftsteller ist Prudentius Clemens. Was 
konnte dieser noch wissen von der apostolischen Zeit, da er sogar über 
die Zeit der Verfolgung unter Diocletian und Maximian vielfach im 
Dunkeln ist? Dass eine Tradition ohne ihreFixirung durch die Schrift 
— in Nebel verschwindet und untergeht, sieht man einerseits an dem 
Martyrium des Bischofs Fructuosus von Tarraco im J. 259, anderseits 
der christlichen Krieger Chelidonius und J^eterius^). — Weil durch 
die List und Bosheit der Heiden die Akten ihres Martyrthums verloren 
gegangen waren, so wusste Prudentius, der sicher nur ein Jahrhundert 
nach ihnen lebte, über die Zeit und Art ihres Martyriums nichts bestimmtes 
zu sagen. Weil die Akten des Martyriums des Bischöfe Fructuosus 
niedergeschrieben wurden, so sind wir darüber, und war auch Pruden- 
tius darüber auf das Genaueste unterrichtet. — Dasselbe kann man 
sagen von dem Verhältnisse der Nachrichten über den heiligen Geron- 
tius, der zu Italica im Gefängnisse starb, und der sieben apostolischen 
Männer. Traditionen sterben aus und erlöschen in der kürzesten Zek 
ohne die schriftlichen Documente. 

Ohne diese, was wüssten wir von den spanischen Märtyrern, was 
Ton einer Synode von Elvira, was selbst von dem grossen Hosius von 
Gorduba? Isidor von Sevilla blühte nur 24- Jahrhunderte nach Hosius. 
Dennoch weiss er aus der Tradition nichts von ihm; er, der spanische 
Kirchenlehrer, kennt nur den ebenso albernen als boshaften Bmcht der 
italieiufidien Sdbismatiker Faustin und Marcellin, und gläubig nimmt er 
diesen unglaublichen Bericht als Thatsache hin. 

Betrachten wir die Sache von einer andern JSeite. Gewiss war der 
Apostel Paulus iti den lezten vier Jahren seines Lebens ebenso uneiv 
müdet thätig, wie in den frühem Jahren. Aber wir wissen im Gnmde 



') Phüemon, 9. 

*) S. das dritte und vierte Bach. 



60 Erstes Buch. Achtes Kapitel. 

nichts von seiner Thätigkeit; ja es ist sogar unter Katholiken noch eine 
Streitfrage, ob er aus der ersten römischen Gefangenschaft errettet worden 
sei. Warum wissen wir nichts davon? Weil die Apostelgeschichte des 
Lucas nur bis zum J. 63 reicht, weil Lucas oder ein Anderer sie nicht 
fortgesezt hat. Hegesipp, Irenäus, der römische Cajus, Tertullian im 
zweiten und beginnenden dritten Jahrhunderte, Justin der Märtyrer, 
Clemens, Origenes, Eusebius, Pamphili u.m. a., hatten denn doch ge- 
wiss dasselbe Literesse, das wir haben, über die lezten Lebensjahre und 
Schicksale des Apostels Paulus Näheres zu er&hren. Warum haben 
sie denn nicht aus der Tradition geschöpft? Weil sie keine 
Tradition vorfanden, mit Ausnahme einiger Nachrichten über das Mar- 
tyrium des Apostels. Warum haben sie uns nicht gesagt, unter welchen 
Umständen und aus welchem Anlasse der Apostel zum leztenmal nach 
Rom kam? Weil sie es nicht gewusst, und weil sie keine 
Tradition darüber vorgefunden haben* 

Ob Ignatius der Märtyrer, ob Polycarp es gewusst haben, dürfen 
wir bezweifeln; es ist ebenso unwahrscheinlich, als wahrscheinlich. — 
Als Ignatius auf seiner Reise zum Martyrtod nach Rom fuhr und gen 
Put coli kam, so wollte er aus dem Schiffe steigen, und auf den Pfa- 
den wandeln, auf denen der Apostel Paulus ihm vorangegangen war '). 
Aber wer kann uns den Beweis führen , ob Ignatius diese Thatsache 
aus der Tradition oder aus der Apostelgeschichte geschöpft habe? Hat 
er sie aber aus der Tradition geschöpft, wer kann uns den Beweis führen, 
ob gerade diese Tradition nicht aus der schon im J. 63 verfassten und 
vollendeten Apostelgeschichte entstanden sei? ^ 

Clemens von Rom , als er um das J. 95 seinen Brief an die Corin- 
thier schrieb, wusste sicher Näheres über die lezten Lebensjahre des 
Paulus; und durfte sicher voraussezen, dass auch die Corinthier Näheres 
wissen. £s lag aber nicht va seinem Plane, näher darauf einzugehen. — 
Von ihm bis auf die Zeiten des Hegesipp und Justin des Märtyrers ver- 
flossen kaum — fün&ig Jahre. Mittlerweile aber war die Tradition über 
die lezten Jahre des Paulus , weil sie nicht in schriftlichen Urkunden 
festgehalten war, verflogen und vergessen. Hegesipp und Justin hörten 
und wussten nichts mehr davon. 

Aber — wir haben ja von den Denkwürdigkeiten des Hegesipp nur 
fünf Bruchstücke bei Eusebius. Wer weiss, ob er nicht das Nähere ' 
über die lezten Jahre des Paulus berichtet hat ? Und er hat es berichtet, 
wenn Dr. Bunsen Recht hat, der den Hegesipp für den Verfasser des 
^gen. Codex N. T. Muratori hält. — Dodi nein — hätte Hegesipp dar- 
über Näheres berichtet, so hätte es Eusebius in seiner Kirchengeschichte 
nicht übergangen, der im Grunde über die lezten Jahre des Paulas 



*) Ap. G. 28, 13. 14. — vjtodiix-^m<av r« dyua (dem Ignatias) IJorioJUaVy avrog fuv 
i^el$-€i^ e03t€vdi^ xar" ixyog fiadii;eiv iSiluv rou axotfraJlov UcwAov, ^~ Iffn, martc.5. 



Wirksamkeit des Apostels Paulas in Spanien. 61 

weniger weiss, -^ alis wir wissen, und als wir wissen würden, 
wenn auch Eusebius nichts darüber gesagt. Wie matt und kleinlaut 
sind doch seine Worte: Es geht die Rede, dass der Apostel (zum ersten- 
male) freigelassen, wieder dem Dienste der Predigt sich zugewendet, 
dass er zum zweitenmale in die Stadt Rom gekommen, und dort das 
Martyrthum erlitten habe^). 

Eusebius weiss so wenig, als wir, wie lange, und wo der Apostel 
nach seiner Freilassung gepredigt, wann und unter welchen Umständen 
er wieder nach Rom zurückgekehrt sei; er weiss nicht einmal, was wir 
wissen, dass er nach Spanien gereist sei. Hätte er nun in den Denk- 
würdigkeiten des Hegesipp über die lezten Jahre des Paulus etwas Nam- 
haftes gefunden, so hätte er es nicht verschwiegen^). 

Die Traditionen, wenn sie nicht durch schriftliche Zeugnisse be- 
stätigt werden , die von Zeitgenossen herrühren , sind sehr unzuverlässig. 
Sie können leicht entstehen, und leicht wieder vergehen. Der Begriff 
der Tradition selbst ist allzu unbestimmt und flüssig. Die Worte des 
Clemens bezeugen die Reise des Paulus nach Spanien viel sicherer, als 
wenn sich in Spanien die Tradition vieler Jahrhunderte erhalten, die- 
selbe aber nirgends in einem Documente des Alterthumes ihre Bestäti- 
gung erhalten hätte. — Eine Tradition schliesst sich in der Regel nur 
an einen langem Aufenthalt, an die Oründung eines Bisthums, vor 
allem aber an den Tod und an das Grab irgend eines Glaubensboten an. 
Es kann ein Missionär, ein Apostel lange an irgend einem Orte gewirkt 
haben, und es besteht nirgends mehr eme Erinnerung an ihn, wenn die 
Bevölkerungen und die Geschlechter sich verändert haben. Was wissen 
die Muhamedaner heute von dem Aufenthalt und der Thätigkeit des 
Apostels Paulus im Oriente? Was wissen die griechischen Christen heute 
von der Thätigkeit des Apostels inCorinth, Athen und Thessalonich? 

Umgekehrt kann eine feste und starke Tradition durch Jahrhunderte 
bestehen, — und es liegt ihr keine Thatsache zu Grunde. — Ganz 
Frankreich, ja die ganze christliche Welt hielt das ganze Mittelalter hin- 
durch an der Ueberlieferung fest, dass Dionysius der Areopagite der 
erste Bisdbof von Paris gewesen, dass er als Märtyrer dikselbst gestorben, 
ja — dass er sein abgehauenes Haupt eiue Zeit lang unter seinem Arm 
getragen habe. Die Kirche von Toledo glaubte bis auf die jüngste Zeit, 
und mit ihr ganz Spanien, dass Eugenius ihr erster Bischof gewesen, 
dass er seine Weihe und Sendung von Dionysius von Paris erhalten 
habe. Aber was hilft eine Tradition vieler Jahrhunderte, wenn sie keine 
schriftliche, keine urkundliche Beglaubigung hat? Sie verschwindet 
und vergeht, wie sie entstanden ist 

Wie fest war im ganzen Mittelalter, nicht blos in Spanien, sondern 



Emeb, ke. 2, 22. 

*) S. die Worte des Chrysostomns, oben S.41. Anm. 4 



62 ETBtes Buch. Achtes Kapitel. 

in dem ganzen christlichen Europa — die Tradition von dem angeb- 
lichen Episcopate Jacobus des Aeltem in Spanien? Daran zu zweifeln 
— schien eine halbe Häresie, ein Zeichen äusserster Neuerungssucht. — 
Noch Natalis Alexander wurde in Rom verklagt und censurirt, weil er 
die gegentheilige üeberzeugung ausgesprochen hatte. Wie fest war die 
damit verbundene andere Tradition von Unsrer Frau del Pilar in Sara- 
gossa? Wer vertheidigt heute noch in und ausser Spanieai diese festeste 
und heiligste Tradition des Mittelalters? Sie entstand im 7 — 9. Jahr- 
hundert, und verschwand im 19. Jahrhundert. Die Bollandisten, s6dann 
Florez und seine Fortsezer legten noch ihre gelehrte Lanze für sie ein. 
Aber schon Mariana, Spaniens berühmter Geschichtschreiber, lässt seinen 
Zweifel an der Thatsache durchschimmern oder vielmehr durscheinen. 
Der grosse Kardinal Lorenzana geht mit Stillschweigen darübet, als über 
eine aufgegebene Sache, hinweg. 

Darum ist Estius ') [u. a. m.] sehr im Unrecht, wenn er sagt, dass 
man nichts darüber lese, dass Paulus in Spanien irgend eine Kirche 
gegründet habe, und seine Gegenwart in diesiem Lande darum nicht 
wahrscheinlich sei. Der Apostel Petrus hat seinen ersten Brief an die 
Christen in Pontus, Galatien, Cappadocien, Asien und Bithynien ge- 
schrieben. Daraus schliesst man mit Recht, dass er in diesen Ländern 
gepredigt habe. Dass er aber Gemeinden daselbst gestiftet habe, wird 
nirgends berichtet Sollte er desswegen, weil es nicht berichtet wird, 
keine Gemeinden dort gestiftet haben, oder — weil keine Gemeinde in 
diesen Ländern ihren Ursprung auf ihn zurückführt, oder vielmehr zurück- 
führte, sollte er vielleicht gar nicht dort gewesen seyn? Denn in seinem 
Briefe wird dieses keineswegs behauptet, oder darauf hingewiesen, dass 
Petrus schon vorher in eigener Person bei ihnen gewesen sei '). 

Auf die Frage nun , ob Paulus in Spanien schon Christen vorgefun- 
den habe, antworten wir: Wir wissen es nicht, halten es aber für wahr- 
scheinlich , dass in Folge des sehr lebhaften Verkehres Spaniens mit 
Rom, mit ganz Italien, und auch mit dem Oriente, in Folge der Ver- 
bannung der Juden und Christen aus Rom durch Kaiser Claudius, von 
denen sicher nicht wenige ihren Weg nach dem Westen und Spanien 
insbesondre genommen , und weil bereits 33 Jahre seit der Verkündi- 
gung des Evangeliums verlSossen waren , eine Anzahl zerstreut wolmender 



*) Estius ad Rom, 15 j 28. — ed. Holzammer y t /, 1858. 

'*) Griffen, bei Ena. h. ecc. 3, 1. — Sieron, de vir. iU. c. 1. — Wife kleinlaut sind 
doch die Worte : »Petrus scheint in Pontus ete. gepredigt zu haben" ? — Welche 
grosse Mühe gab sich doch Irenäus, nachzuweisen, dass Christus au oder mehr 
als 50 Jahre erreicht habe — (Iren, adv, h. 2, 22) — und gerade hier beruft er 
sich auf die Tradition des Johannes und der Apostel; nebstdem auf die Worte 
der Juden (Job. 8, 57)? Du bist noch nicht 50 Jahre alt, und hast Abraham 
gesehen? — Wenn man soviel auf Traditionen hält, warum nimmt man diese 
nicht an? 



Wirksamkeit des Apostels Paulus in Spanien. 63 

Christen in Spanien sieh niedergelass^i haben. Wir halten es für 
Tvahrseheinlich, dass Paulus sieh zunächst an sie, sowie an die jüdischen 
Proselyten gewendet habe, um dieselben zu kleinen Gemeinden zu or- 
ganisiren. Diess konnte mit leichter Mühe, und iti kürzester Zeit ge- 
schehen, — wenn der Apostel Männer zur Hand hatte, denen er die 
Leitung der neuen Gemeinden anvertrauen konnte. Von dieser Bedin- 
gung vorzugsweise hieng die Begründung der Gemeinden ab. Ob er 
mehrere solcher Männer gehabt habe, ist eine Frage, die vrir eher ver- 
neinen, als bejahen zu müssen glauben. Wir werden aber im folgen- 
den Buche zu dieser Frage zurückkommen. Vorläufig sagen wir, dass 
er wahrscheinlich nur wenige Gemeinden begründet habe, weil es ihm 
an Leitern für dieselben gebrach ; dass er vielleidit die eine und andere 
Gemeinde gesammelt, und mit dem Versprechen sich von ihnen getrennt 
habe, er werde ihnen baldmöglichst von Rom aus geeignete Hirten und 
Führer zusenden. 

Nach unserer Yermuthung hat Paulus zu Gades oder zu Tarraco 
seinen Fuss auf den Boden Spaniens gesezt. — Gttdes war ein unfrucht- 
barer Boden für die Saat des Evangeliums. Was wir aber zum Nach- 
theile der alten Gaditaner sagen müssen, das wollen vrir ausdrücklich 
von den spätem und heutigen Gaditanern nicht gesagt haben ^). — Die 
heutigen Gaditaner sind (nach der Wiedereroberung der Stadt aus der 
Hand der Mauren) eingewanderte Spanier; die alten Gaditaner waren 
keine Spanier, sondern Punier, ein charakterloses Handelsvolk, die den- 
noch unter den ersten waren, welche zu den Fahnen Roms übergiengen, 
weil ihnen hier grösserer Gewinn in Aussicht stand. Darum vnirden 
sie auch von den Römern in jeder Weise begünstigt. — „Diese Leute 
sind es,^ sagt Strabo, „welche die meisten und grössten Handelsschiffe 
sowohl in unser (Mittel -) Meer als in das äussere schicken. Sie wohnen 
meistens auf dem Meere, wenige nur bleiben zu Hause, oder halten sich 
zu Rom auf ^).^ Dennoch wurden damals 500 gaditanische Ritter geschäzt, 
ein Beweis für den enormen Reiehthum der Stadt, dass soviele, als in keiner 
andern Stadt des Reiches, selbst in Italien nicht, ausser Patavium, sich 
fanden. Die Lisel, worauf die Stadt lag, hatte nicht viel über 100 Sta- 
dien in der Länge, und mitunter nur ein Stadium in der Breite. — Die 
Gaditaner waren äusserst reich. Ihnen gehörten zahlreiche Heerden 
jener Schaafe Bätika^s, deren Wolle in der alten Welt ebenso geschäzt 
war, wie die der Merino^s unserer Zeit. — Ihnen gehörten viele Berg- 
werke des festen Landes. Viele Sklaven hielten sie hier und auf ihren 
weiten Besizüngen auf dem Festlande. 

Daneben gieng die Herrschaft der sinnlichen Genüsse, der Ueppig- 
keit und Schwelgerei, welche Folge des Reichthumes und eines schran- 



>) Gams, Eirchengeschichte des 19. Jahrh. 2,62 — 67. 
*) Strab. 3, 5— 3. 



64 Erstes Bach. Achtes KapiteL 

kenlosen Strebens zu seyn scheint Bei Horaz schon erscheint der spa- 
nische (d. L besonders gaditanische) Schiffsmeister ab Sklave der Sinn- 
lichkeit. Von dieser Gegend und aus dieser Stadt stammten jene las- 
dven Tänzerinnen, welche die Zeiten des Heidenthttmes^ des^Muha- 
medanismus und des Christenthumes tiberlebt und erlebt haben, und in 
alter und neuer Zeit durch die Länder zogen, nicht zum Vortheile der 
Sitte und der Zucht ^). 

Daneben war Gades einer der Hauptsize des alten punischen Hei- 
denthumes. Sein Tempel des Herkules beanspruchte die Ehre, das Grrab 
des Heros zu seyn. So weit Religion noch in den Bewohnern der Stadt 
war, konnte es nur das Festhalten an dem alten Culte seyn, an den 
sie auch durch ihre materiellen Interessen gebunden waren. Wenn die 
Arbeiter des Demetrius drei Stunden long riefen: Gross ist die Diana 
der Ephesier, so mussten die Gaditaner rufen: Gross ist der Herkules 
von Gades; denn hier ruht er in seinem Tempel^). 

Dies war kein Boden für die Pflanzung und die Pflege des Christen- 
thums. Es ist bezeichnend und ein Beweis dafür, dass in der alten Zeit 
vor dem Einfalle der Mauren Gades niemals der Siz eines Bisthumes 
war; die Stadt gehörte zu dem Bisthume Asidonia^). An Materialismus 
und Indifferentismus konnte sich mit Gades nur das alte Neucarthago 
messen. Aber von dort kam wenigstens ein Presbyter auf die Synode 
von Elvira, und es war eine Zeit lang Siz eines Bischofes. 

Auch sonst finden wir, und finden es natürlich, dass Paulus nir- 
gends in Hafen- und blossen Handelsstädten länger verweilt Nur mit 
Corinth, diesem „grossen Markte von Asien und Europa^*), macht er 
eine Ausnahme. Aber gerade das Traumgesicht, in welchem der Herr 
ihn zum langem Verweilen in Corinth ermahnte, und ihm sagte, dass 
er eine grosse Anzahl von Verehrern in dieser Stadt habe, kann uns 
zum Beweise dienen, dass er kein Vertrauen hatte zu dieser Handels- 
stadt, darum auch hier nicht länger weilen wollte^). 

Uebrigens — hätte Paulus auch in Gades lehren wollen, er hätte 
schwerlich Hörer gefunden, denn es war ja gewöhnlich dort Niemand 



') Bistoria de Cädiz y su provincia desde los remotos tiempos hasta 1814 — escrtta por 
Don Adolfo d« Castro, hijo de esta ciudad (Sohn dieser Stadt). 826 S. Cadiz 
— 1858. — S. 199 sind die betreffenden Stellen, bes. ans Juvenal und Martial, 
zusammengestellt. Juvenal sat 11, 162. MartuU 1, 42» 10. <9, 63. 5 epigr, — 5, 78 
(26). - 6, 71. — 11, 16. 14, 203. cf. Hora», Od. 5, 6 (29—32). — cf. Od. 1, 31, (14). 

») Dio Caasius 43, 39. 77, 20. cf. 37, 52. 53. — 41,24. 

') Doch war Gades am Ende des 4. Jahrhunderts schon ganz zerfallen und ver- 
ödet — Rufus Festtts Ävienua ora marit 270. — MuUa et opulens civitcu — nunc 
egena, nunc brems, nunc desHtuta, nunc ruinarum agger est Vielleicht erhielt es 
auch desswegen kein Bisthum. 

*) LwiuB, 

») Ap,G.18, 9-10. 



Wirksamkeit des Apostels Paulus in Spanien. 65 

zu Haus, und die Stadt war — menschenleer'). Van Gades führte ihn 
die Strasse nach Sevilla. Diess war allerdings in alter und in neuer 
Zeit ein fruchtbarer Boden für das Christenthum. Aber die Sevillaner 
haben keine beglaubigten Traditionen, noch weniger Urkunden über die 
ersten drei Jahrhunderte des Christenthumes. Ihre Eirchengeschichte 
beginnt im Grunde mit dem Martyrthume der heiligen Justa und Bufina 
am Ende des dritten oder Beginn des vierten Jahrhunderts. Nur das 
Eine können wir behaupten, dass Paulus, der nach Spanien kam, in. 
welcher Richtung er auch reisen mochte, schwerlich die Stadt SeviUa 
unbesucht gelassen habe. 

Die Beise von Sevilla nach Oordova führte über — Astigi. Hier 
befinden wir uns — wie auf heimischer Erde. — Das Bisthum Astigi 
oder Ecija hat den Apostel Paulus zu seinem Patron, und es hält an 
dem Glauben fest, dass er das Evangelium in dieser Stadt gepredigt 
habe ^). Die Geschichtschreiber von Ecija berufen sich auf ein Wunder, 
das im J. 1436 beglaubigt wurde, 'wodurch sich Paulus als Beschüzer 
dieser Stadt erwiesen habe* 

Lorenz de Padilla in seinem „Catalog der Heiligen*^, gedruckt 1538, 
sagt, dass „viele Alte der Stadt Ecija behaupten, dass der Apostel Vielen 
es geoffenbart, dass sie ihn für ihren Patron und Fürsprecher bei Gott 
betrachten sollen: weil durch seine Predigt diese Stadt den Glauben 
erlangte.*' Wenigstens hatte Astigi am Ende des dritten Jahrhunderts 
einen Bischof, den Märtyrer oder Confessor S. Crispinus. Sein Gedächt- 
niss wird auch in dem mozarabischen Bitus am 19. November gefeiert. 

Von Astigi führte den Apostel die Heerstrasse nach Cordova. Aber 
die Kirche von Cordova weiss keinen frühern Bischof zu nennen, als 
den grossen Hosius. Dennoch zweifle ich nicht, dass sie, die Haupt- 
stadt der reichen Provinz Bätika, schon Jahrhunderte früher Bischöfe 
hatte*). — Aber — sie ist im ^zweiten oder dritten Jahrhunderte von 
ihrer Stelle gerückt worden , und keine schriftliche Nachricht, auch keine 
Tradition ist darüber vorhanden. Das Stillschweigen des Todes liegt 
auf der Profan- und Eirchengeschichte von Cordova — zwei Jahrhun- 



^) Strabo 3, 168. — Diese Leute sind es, welche die meisten und grössten Han- 
delsschiffe sowohl in unser Meer, als in das äussere aussenden, indem sie 
mehr auf dem Meere wohnen, und nur Wenige zu Hause bleiben, oder sich 
in Rom auihalten. 

*) Lorinser, der in Ecija war, sagt dar. Reiseskizzen 2, 138—39. »Ecija rühmt 
sich, den heil. Paulus auf seiner Reise nach Spanien in seinen Mauern be- 
herbergt zu halben, der hier —■ die heil. Xantippa — bekehrt haben soll — 
23. Sept. Zur Zeit der Römer war es so bedeutend, wie Cordova und Sevilla.« 
P. Boa, HUtmia AsHgiL — 1629 -r- Hb. 2, cap, 1. Fhrez iO, 82, 

*) In dem Hymnus des Festes heisst es: Corpus ejus — AsHgitanae urbi reponitur. 
— PUn, 3, 12, — AsHgitana colonia Augmta fitma^ 3, 12, — Astig, conoentHS 3, 7, 

Garns, span. Kirche. 5 



66 Erstes Räch. Achtes Kapitel. 

derte lang; der lezte, der sie nennt, ist Martialis^), um das J. 100 
n. Chr. — Dann wird sie erst wieder genannt in der Zeit des grossen 
Hosius, und aus Anlass der Diocletianischen Verfolgung. Es genüge 
uns also zu sagen , wenn Paulus durch die Provinz Bätika reiste, so ist 
es unwahrscheinlich, dass er die Hauptstadt der Provinz nicht besuchte. 
Ja — ich neige mich zu der Meinung hin, dass Paulus, der vielleicht 
wusste, dass; der Philosoph Seneka aus Cordova stamme, hier einen 
langem Aufenthalt genommen, — und dass er die erste christliche Ge- 
meinde in dieser Stadt gesanunelt habe. Als Hauptstadt von Bätika, 
als gewöhnlicher Siz des — vom Senate ernannten — Proconsuls der 
Provinz^), als Siz eines Obergerichtshofes , und zahlreicher Beamten — 
war sie nicht bloss an sich ein Mittelpunkt auch für das keimende Chri- 
stenthum im südlichen Spanien, — nicht bloss waren hier des Handels 
und Gewinnes wegen zahlreiche Juden angesiedelt, — sondern — zwi- 
schen Rom und Cordova , also auch zwischen der christlichen Gemeinde 
in Rom, und der sich sammelnden Christengemeinde in Cordova — 
konnte eine beständige und zugleich sichere Verbindung unterhalten 
werden. Auf drei Strassen musste diese Verbindung stattfinden, über 
Gades den Bätis hinauf, über Malaga und Antequera, über Cartbagena 
und Guadix, und von hier wieder wahrscheinlich auf einer doppelten 
oder dreifachen Route. 

Von Cordova führte die Spanien der Länge nach durchziehende 
Heerstrasse in die grosse Stadt Castulo. — Zwischen Castulo und La- 
minium hat der Reichswegzeiger des Antonin eine Lücke gelassen, die 
in der Wirklichkeit ohne allen Zweifel ausgefüllt war durch eine Strasse, 
welche Castulo mit Laminium, welche Bätika mit der Tarraconensischen 
Provinz , welche den Süden von Spanien mit der ganzen Mitte und dem 
ganzen Nordosten verband ^). In dieser Richtung läuft auch heute noch 
die Strasse von Madrid nach Cordova und Sevilla. Von Laminium, das 
zwischen dem heutigen Montiel und Fuellana lag, führte die Strasse 
an der Quelle des Arras vorüber nach Libisosa, heute Lezuza^). 

Lezuza, das nach neuester Zählung nur 1^549 Einwohner hat, be- 
sizt in seiner Pfarrkirche zu Maria Himmelfahrt einen Hauptaltar mit 



») Marüalis — epiffr, 1, 62(8). - 9, 62(2). - 12, 68(1). 

') Der Reichthum der Provinz lockte die Hobsacht der Proconsuln. Der jüngere 
Piinius hatte als Advokat der Provinzialen von Bätika mehrere Prozesse gegen 
Proconsuln zu führen, die ihre Stellung zu den schändlichsten Erpressungen 
misshraucht hatten. Piinius sec epiaU 3, 4. 3, 9. — cß if 7. 2, 11; 12. 

^) Das liin. Anton, kennt hier auffallender Weise keine Strasse; von Strabo aber 
wird dieselbe erwähnt — 3, 160. Es war die frühere Heerstrasse der Römer 
nach Bätika, an deren Stelle später die Strasse über Elioeroea und Acci nach 
Castulo trat. S. Madoz, Diccionario, 1. 10. s. v. Linaris (bei BaSza)* 

^) Pim, 3f 25 : Liidsosonaf Foro^Auguakma. 



Wirksamkeit des Apostels Paulus in Spanien. 67 

treffKcben Oelgemälden, welche darstellen: 1) den Apostel Paulus pre- 
digend; 2) das Martyrium der heiligen Vinzenz und Latus; 3) den Abt 
der Einweihung dieser Kirche. Dabei finden sich folgende Inschriften: 
„Der heilige Apostel Paulus predigte in Livisosa^ das eine 
römische Colonie war, wo er Probus und Xantippe seine Ge- 
mahlin, sowie andere Personen zum Glauben bekehrte.^ 

„Die heil. Vinzenz und Latus erlitten den Martyrtod in Livisosa, 
weil sie den Glauben an Jesus Christus verkündigten , als Cäcilius 
Apollinaris daselbst Vorsteher war. Am ersten September 253.^ *) 

„Die erste Kirche, welche in Spanien den Märtyrern geweiht 
wurde, war in diesem Orte, als Constantin Kaiser war, welcher 
sie wieder aufzubauen befahl.^ 
Auch wird ein Stein aufbewahrt, auf welchem nach der Ueber- 
lieferung Paulus gepredigt haben soll; und aus verschiedenen Docu- 
menten, welche in dem Archive der Kirche sich befinden, geht her- 
Tor, dass bei der Einweihung derselben anwesend waren — der Bi- 
schof von Cartagena, welcher pontificirte; Natalius, Erzbischof von 
Toledo, welcher mit grosser Gelehrsamkeit und mit Geist predigte, von 
dessen Kede sogar einige Bruchstücke vorhanden sind ; Lugo , Erzbischof 
Ton Valencia; Exila, Bischof von Valera, und der Bischof von La Minio. 
Also Madoz ^) ohne alle weitere Bemerkung. Es ist dieses eine Erfindung 
des spanischen Pseudo-Dexter. Lidess ist die Erfindung viel weniger plump, 
als die meisten andern Erdichtungen dieser Pseudo- Chronisten. Denn — 
Paulus kann nach Libisosa gekommen, er kann dort auf einem Stein 
gepredigt, und Heiden oder Juden bekehrt haben. — Femer, im J. 253 
wüthete eine heftige Christenverfolgung, die auch Spanien treffen konnte, 
und wahrscheinlich traf (wovon unten im dritten Buche). Ferner, die 
m Libisosa gebaute Kirche kann wirklich die erste Kirche der Märtyrer 
gewesen seyn. Dieses Ereigniss der Einweihung würde gefallen seyn 
zwischen 312 und 400 n. Chr. — Damals gab es vielleicht einen Bi- 
schof von Carthago; damals gab es einen Bischof, aber keinen Erz- 
bischof, von Toledo , selbst Natalis wird genannt als Bischof des vierten 
Jahrhunderts^ — Dass es ' damals Bischöfe in Valencia gab , ist sehr 
wahrscheinlich. Denn schon zur Zeit des Martyriums des Vinzenz von 
Saragossa, der bekanntlich zu Valencia litt, gab es dort eine grosse 
Menge von Christen. Aber der Name Exila, der einem der Bischöfe 



*) ^Predieö el Apostol San Pablo en Livisosa, siendo colonia romanOf en donde convirtiö 
d la f€ d Provo y d Xantipef sa muger, y d otras peraonas.^ 

„San Vicente y San Leto padecieron martirio en Livisosa, por predicar la f4 de 
JesucristOf gobemando en ella CeciUo ÄpoUnar, Ä prmero de setiembre de 253.^ 

„El primer templo que se consagrö en Espanna a los S, S. mdriires, fue en esta v,, 
imperando Constantino, guten le mandö reedificar.^ 
*) Madoz f Diocionario, s, v. Lezuza. 

5* 



68 Erstes Bach. Achtes Kapitel. 

gegeben wird, erregt schwere Bedenken. Das ist kein römischer, sondern 
ein gothischer Name *). Dass Toledo Erzbisthum genannt wird, wollten 
wir uns noch gefallen lassen. Aber Valencia wurde erst 1492 Erzbisthum. 
Bischöfe von Valeria hat es gegeben zur Zeit der Gothen; und es ist 
nicht unwahrscheinlich, dass es schon im vierten Jahrhunderte gab ^]. 
Bischöfe von Laminium werden nirgends genannt ; dagegen Bischöfe des 
benachbarten Oretum seit 589 ^). Laminium dagegen musste noch im 
vierten Jahrhundert eine bedeutende Stadt seyn , da es der Knotenpunkt 
des Ausganges so vieler Strassen war. Es scheint mir eher wahrschein- 
lich , dass es — eine Zeit lang — Siz eines Bisthumes war, welches Bis- 
thum vielleicht später, wie z. B. Castulo nach Ba^'za, von Laminium 
nach Oretum verlegt wurde. — Dass die Inschrift La* Mini schreibt, ist 
eher ein Zeugniss für als gegen, wenn es nicht etwa eine künstliche 
Nachahmung einer im Beichswegweiser des Antonin vorkommenden 
Schreibweise ist, von dem ich — mit Wesseling — annehme, dass 
er aus dem dritten und vierten Jahrhundert stamme. Auffallend aber 
ist mir, dass in den 47 Bänden der „Espanna sagrada^ — der Ort Libi- 
sosa nirgends vorkommt, und nur aus Anlass der Legende von Xan- 
tippe und Probus erwähnt wird, dass Einige den Schauplaz dieses Er- 
eignisses in den Campo de Montiel , oder das alte Gebiet von Laminium 
verlegen *). 

Bei diesem Anlass muss ich zum erstenmal das grosse spanische 
Martyrologium des Priesters Tamayo de Salazar erwähnen, dessen Verfasser 
wegen seiner „Erdichtungen^ und unkritischen Weise auch unter den 
spanischen Gelehrten sich keines guten Bufes erfreut; doch ist es nicht 
möglich , ihn ganz zu umgehen. Zum 30. Juni theilt er das Leben des 
Apostels Paulus in der kurzen Form der Martyrologien mit, wie es in 
Kürze „die Unsrigen^ zusanmiengefasst haben. Die „Unsrigen^ sind 
wahrscheinlich er selbst, oder die Verfertiger der angeblichen Chroniken 
von Dexter, Maximus, Luitprand u. a. — Da die „Acta^ des Paulus 
aber kurz sind, so glaube ich sie hier mittheilen zu sollen. 

„Paulus, der vorher Saulus hiess, stammte aus der Stadt Tarsus in 
Cilicien, obgleich seinem Geschlec]ite nach ein Jude, gieng als Jüngling 



*) Wie Beccila von Lug^os — aaf der dritten Synode von Toledo; Sciua, Erzb. 
von Narbonne auf der vierten, Saabila von Oretum ebendaselbst; Hiccila von 
Salamanca, Egila von Aaxuma — ebends. und auf den folgenden Synoden; 
der Diakon Egila von Bigastro auf der siebenten und eilflen Synode, Dadila 
von Complutum auf der neunten, zehnten, Riccila von Acci auf der eilften, 
zwölften, vierzehnten und fünfzehnten, £mila von Barcelona auf der zwölften, 
£lla von Segontia auf der dreizehnten und vierzehnten, Cixila ebends«, Emmila, 
Bischof von Elche auf der fünfzehnten Synode u. s. w. 

') Florez S, 202 — de los Obispos Vaieriefues. 

») Florez 7,258. 

*) Florez 3, 14. 



Wirksamkeit des Apostels Paalns in Spanien. 69 

seiner Stadien wegen nach Jerusalem , wo er den Gamaliel zum Lehrer 
hatte: bis er, nach der Aufnahme des ersten Märtyrers Stephanus in den 
Himmel, selbst eine Verfolgung gegen die Jünger Christi erweckte, und 
bis nach Damascus zu gehen im Begriffe war, um sie auszurotten, aber, 
aufgehalten von dem Rufe des Herrn, und geblendet durch seine Blize, 
trat er so in Damascus ein. Ihm gab — auf götüiohe Mahnung *— 
Änanias wieder das Gesicht, taufte ihn alsbald, und er wurde ein Apostel 
Christi, und der Lehrer der Völker, der mehr als alte wirkte, der viel 
weiter, als die andern Apostel das gnadenvolle Wort verbreitete, und 
mit seiner Predigt (alles) mit der Lehre des Evangeliums erfüllte. Denn 
an£smgend von Jerusalem kam er bis Uljricum und Italien, durch 
Gallien nach Spanien mit einigen seiner Schüler — wo er bei seinem 
Aufenthalte bei Laminium in dem Hause des Probus, eines erlauchten 
Mannes, gastfreundlich aufgenommen wurde, und als die Xantippe, des 
Probus Gemahlin, die Bescheidenheit des Mannes, nachdem sie ihn näher 
betrachtet hatte, bewunderte, — geschah es durch den Willen Gottes, 
dass , während ihre Blicke fest auf das x\ngesicht des Fremden gerichtet 
waren, an der Stirne des Apostels die Inschrift wie mit goldenen Buch- 
staben eingegraben erschien: Paulus, Apostel und Lehrer Christi — 
Da sie schon durch den vorausgehenden Ruf vieles von dem Apostel 
gehört imd lange darnach verlangt hatte, sein Angesicht zu sehen, so 
fiel sie, von Freude zugleich und Staunen hingerissen, zu seinen Füssen 
nieder. Sie wurde belehrt über die Geheimnisse Christi, und mit ihrem 
Manne und ihrer Familie in Christo wiedergeboren. Dann durchzog 
Paulus die Städte von Spanien, gründete die Kirchen von Astigi, La- 
minium, Dertosa*) und andere, welchen er ihre Leiter vorsezte, 
begab sich in andere Gegepden^, kehrte zulezt nach Bom zurück, wo 
er in das Gefängniss gesezt, zugleich mit Petrus, dem Fürsten der 
Apostel, vom Schwerte des Nero getödtet, den Lorbeer des Martyr- 
thums erlangte, am 29. Juni des Jahres 69 des Herrn, und an der Strasse 
nach Ostia begraben wurde*.*' 

Die Worte „bei Laminium'' können ebenso Laminium selbst, als 
das nahe liegende Libisosa bedeuten. — Zum erstenmal kommt der 
Bericht von der Bekehrung des Probus und der Xantippe in den Meno- 
logien der Griechen, und nicht vor dem zehnten Jahrhundert, zu dem 
23. September vor. Dieser Bericht lautet : Die heilige Xantippe , Ge- 
mahlin des Probus, Präfekten von Spanien zur Zeit des Kaisers Claudius 
Cäsar, hatte eine Jungfrau, genannt Polyxena, zur Schwester. Und 



*) Es ist dieselbe Reihenfolg^e , die ich einhalte; wenn aber Tamayo den Apostel 
zu Lande nach Spanien kommen lässt, so hätte er wohl umgekehrt sagen 
müssen: Dertosa, Laminium und Astigi. — Beruhte aber diese Zusammen- 
stellung auf einer alten Ueberlieferung , so müsste Paulas von Gades oder Ma- 
laga her gekommen seyn. 



70 Erstes Buch. Achtes Kapitel. 

als der Apostel Paulus in die Gegend von Spanien gekommen war , wo 
er Christum predigte, lehrte er die Xantippe den Glauben an den Herrn ; 
sie empfieng zuerst die Taufe, und beredete sodann ihren Gemahl Probus, 
dass er Christ werde. Ebenso wurde von dem Apostel ihre Schwester 
Polyxena unterrichtet. Als sich aber Paulus entfernt, und als sie hörte, 
dass der Apostel Andreas den Glauben an Christus zu Patras in Achaja 
lehre, begab sie sich zu ihm, und nachdem sie voUkonmien im Chri- 
stenthume unterrichtet worden war, erhielt sie die Taufe. Sie begab 
rieh in ihr Vaterland zurück, und fand dort ihre Schwester Xantippe, 
welche sich in jeder Art von Tugenden hervorthat, und sie mit Freude 
aufnahm. Nachdom beide viele andere im Glauben unterrichtet hatten, 
erreichten sie das Ende ihres Lebens ^). 

Das kleine römische Martyrologium des Baronius sagf zum 23. Sep- 
tember: „In Spanien das Andenken der heiligen Frauen Xantippa und 
Polyxena, welche Schülerinnen der Apostel waren.*' — Bei Tamayo 
(23. Sept.) ist die Legende grossartig ausgeschmückt. Die beiden Schwe- 
stern stammen aus Rom, ihr Vater Marcellus war Stadtpräfekt , die 
Mutter stammte aus Athen ; ihr Bruder M. Marcellus Eugenius war später 
Erzbischof von Toledo , der Bruder Vitalis Erzdiakon yon Toledo , und 
beide Märtyrer. — Auch Sabinus Probus, der Gemahl der Xantippe, 
War ein gebomer Römer, und wurde von Kaiser Nero mit der Verwal- 
tung des ganzen Gebietes von Laminium betraut. Paulus kam auch 
nach Libisosa, und predigte eben auf dem Forum, als die beiden Schwe- 
stern über dasselbe giengen. Probus lud den Paulus in sein Haus. (Das 
andere wie oben.) Probus gieng mit Paulus, und wurde nachher Bi- 
schof von Ravenna. Ihr Bruder, der Erzbischof von Toledo, begrub 
später die beiden Schwestern, und Tamayo theilt selbst das Grabgedicht 
des Bruders auf sie mit (welcher bekanntlich niemals existirt hat). — 
Die Quellen des Salazar sind vorzugsweise die Pseudo-Dexter, und 
Pseudo-Luitprand, auf welche er sich auch mit festem Glauben an ihre 
Auctorität stets beruft. 

Es ist aber die Frage, ob an der Legende, wie sie ursprünglich 
die Griechen mitgetheilt, nicht wie Spanier des 16. Jahrhunderts sie 
ausgeschmückt, und sie dadurch unglaubwürdig gemacht haben, etwas 
Wahres sei. — Baronius spricht sich zweifelnd darüber aus *). Er meint, 
was bei dem Metaphrasten (vielmehr einem Spätem) darüber stehe, der 
sich auf Eusebius berufe, während Eusebius nichts darüber sage, könne 
auch das Uebrige verdächtig machen; „aber wie dem immer sei, wer 
es wünsche, habe einen Schriftsteller, den er zu Rathe ziehen könne.' 
Doch hat erst Baronius sie in das römische Martyrologium gesezt^). — 
Die BoUandisten bezweifeln, ob die beiden Schwestern je als Heilige 



>) Acta Soet 16. Februar, 29. Jnni, 23. September. 
*) Baron. Ann, 61, 4. 



Wirksamkeit des Apoetels Paulas in Spanien. 71 

verehrt worden, ja ob sie überhaupt existirt haben« TiUemont nennt 
es eine ^wenig glaubwürdige Geschichte , ganz gegründet auf die Aucto- 
rität der neuern Griechen^, und macht auch darauf aufinerksam, dass 
die tarnen der beiden Schwestern ganz griechisch lauten^). — A"» 
bedenklichsten ist, dass diese Namen in der alten spanischen Liturgie 
nicht vorkommen, 

Florezy der nichts weniger als unkritisch ist, und einiges verwirft^ 
was wir in diesem Buche festhalten zu müssen glauben, bemerkt u. a. 
gegen den erwähnten Einwurf Tillemonts, dass man auf den spanischen 
Inschriften nicht wenige griediische Namen finde, seit den Zeiten griechi- 
scher Colonien in Spanien. Es sei sehr glaubwürdig, dass irgendeine 
alte Tradition , oder ein authentisches Zeugniss vergelten habe, woraus 
die Erzählung der Griechen entstanden. Doch möchte er die Thatsache 
selbst nicht in das Gebiet von Montiel, d. h. nicht in das alte Laminium 
oder nach Libisosa verlegen ^), sondern — wie der Verfasser des Werkes: 
Lehen der Heiligen von Sevilla — nach Astigi, obgldch der Pater 
Roa in seiner Geschichte von Edja sie nicht in Anspruch zu nehmen 
wage ^). — Dadurch aber verliere, die Sache nicht an Glaubwürdigkeit, 
dass die Griechen nur das Land, nicht den Ort berichten, wo sich diese 
Bekehrung ereignet haben soll. 

Ich begnüge mich, zu sagen, dass die Geschichte der Xantippe und 
Polyxena nicht beglaubigt genug ist, um auf dei^ Rang oder das Recht 
einer historischen Thatsache Anspruch zu machen, dass aber die mangel- 
hafte Beglaubigung kein Recht giebt, die Thatsache an sich und in ihrem 
einÜEichen Kerne zu leugnen. Ich füge bei, dass die Erzählung für mich 
dadurch an Glaubwürdigkeit gewinnt, dass das Ereigniss auf Orte ver- 
legt wird, die an der Strasse lagen, welche Spanien seiner Länge nach 
durchzog. 

Noch beruft oder rühmt sich die Kirche von Dertosa oder Tortosa 
des Vorzuges, dass der Apostel Paulus dort zuerst den Glauben gepre- 
digt habe. — Diese Stadt lag in der alten und neuen Zeit am Uebergange 
der grossen Strasse über den Ebro von Gallien und Italien her. Wenn der 
Apostel in der Richtung von Gades nach Tarraco durch Spanien wan- 
derte, so konnte er entweder über Zaragoza, oder über Valencia und 
Saguntum nach Dertosa kommen. Die neun Stationen, welche auf der 
directen Strasse von Laminium nach Saragossa liegen, sind insgesammt 
dieils unbekannte, theils unbedeutende Orte^ über deren Lage und Iden- 
tität nut heutigen Orten die Spanier noch lange nicht im Reinen sind. 
Eine Strasse von Laminium, oder was dasselbe ist, von Libisosa zur 
Verbindung mit der Herkulesstrasse am Meere, zunächst nach den 



I) TiUem, Notes sur S, Paul, No. 73. 
*) Florez 3, 14. 
s) Boa, L 2. cap. 2. 



72 Erstes Buch. Achtes Kapitel. 

bedeutenden Städten Sätabis ^) nnd Sucre, wird zwar nicht ausdrücklich 
angeführt im Itinerarium des Antonin, ist aber um so wahrscheinlicher, 
als sonst in dem grossen Zwischenräume von Tarraco bis Carthago Nova 
nirgends eine verbindende Strasse gewesen wäre, was mehr als unwahr- 
scheinlich, fast unmöglich ist. Sodann gehen heute von Valencia nach 
Madrid zwei Staatsstrassen , die eine südlich über Albacete, in derselben 
Richtung, in welcher die Strasse von Laminium (Montiel) nach Sätabis 
(San Felipe) führen musste, die zweite seit etwa zehn Jahren nord* 
westlich über Cuenca^). 

Die Eirche von Dertosa nun rühmt sich, dass der Apostel Paulus 
-auf seiner Reise von Rom nach Spanien jenen Rufus mit sich genonmien, 
welchen er in dem Briefe an die Römer grüssen lässt (Rom. 16, 13), und 
dass er ihn zu Tortosa als ersten J^chof zurückgelassen habe. — Florez 
und sein Fortsezer Risco bemerken ^) , da Paulus nach dem Zeugnisse 
des Hieronymus zu Schiffe nach Spanien gekommen, so sei es wahr* 
scheinlich, dass er zu Tarragona, dem bedeutendsten Hafen der Ost- 
küste von Spanien gelandet habe, von wo aus mit Rom ein lebhafter 
und sicherer Verkehr stattgefunden habe. Sie berufen sich auch auf das 
alte Brevier von Tarragona, nach welchem der Apostel Paulus mit dem 
Paulus von Narbonne zu Tarragona gewesen sei. — Da ich mit Gregor 
von Tours , Tillemont ^) u. a. der Ansicht bin , dass jener Paulus im 
dritten Jahrhundert gelebt habe, so kann ich auch auf diese Bdiauptung 
kein Gewicht legen. — Meine Hypothese, dass der Apostel Paulus von 
Gades nach Tarraco gereist sei, scheint mir durch die Tradition der 
Kirche von Dertosa nicht an Wahrscheinlichkeit zu verlieren« Denn, 
wenn der Apostel diesen Rufus, von dem indess das kleine römische 
Martyrologium zum 21. November nur sagt, dass der Apostel Patdus 
über ihn an die Römer schreibe, wirklich mit sich aus Rom brachte, 
so ist die grössere Wahrscheinlichkeit, dass er ihn am Ende, nicht am 
Anfange seiner Wanderschaft durch Spanien zurückgelassen habe. 

Worauf aber stüzt sich denn diese Tradition mit dem Bischöfe Rufiis 
von Dertosa? Bei Ado wie bei Usuard, den Quellen der spätem Mar- 



*) Wohin Einige die Legende der Xantippe und Polyxena verlegen. 

') Strabo bezeugt sowohl die Strasse von Laminium nach dem Meere, als von 
Laminium nach Castulo (vielleicht durch denselben Felsenpass Despennaperos, 
durch den heute der Weg von Madrid nach Südspanien führt). Er sagt (Strabo 
3,160): Die Strasse führt von Tarraco zur Fähre des Ebro, und nach Der- 
tosa; sodann durch die Städte Sagunt und Sätabis auf das Espartofeld (bei Car- 
thagena); früher gieng die Strasse. mitten durch die Ebene und Egelasta (heute 
Yniesta), ein schwieriger und langer Weg — nach Castulo und Obulco, so- 
dann nach Corduba und Gades, die grössten Handelspläze. — cf. PUnius 3, 25. 
— 31, 80, 

») Florez-Risco t.25,2; 42,51. Vergl.3, 23; 24,68. 

*) Tiüem. 4, p. 471. 



Wirksamkeit des Apostels Paulas in Spanien. 73 

tyrologien^ heisst es wörtlich, wie in den beiden römiscben Martyro- 
logien — zum 21. Nov. — das Andenken des heiligen Rufiis, über 
welchen der Apostel Paulus an die Römer schreibt: Grüsset mir den 
Attserwählten Rufus, seine Mutter und die meinige. Die Stelle des 
Paulus aber steht nur bei Ado y und ist in den drei andern Martyro- 
logien w^gelassen. Ado weiss aber nichts von einem Bischöfe Rufds 
von Spanien. Darum sagt auch Tillemont^), und ihm folgend SoUier, 
der Herausgeber des Usuard (1714) , dass sie den Spaniern hierin so 
lange nicht glauben können, bis sie keine bessern Quellen für das Epis- 
copat des Rufus in Dertosa anführen, als das unterschobene Chroniken 
ihres Dexter. — Dieses Chroniken ist in der That die nächste Quelle 
des Episcopates des Rufus. Es berichtet zum J. 64 , dass Paulus im 
J. 64 nach Spanien gekommen, und mit sich als Begleiter geführt habe 
den Pfailemon, den Timotheus, und andere Schüler, und dass er 
zu Libisosa und zu Laminium , in den Städten der Provinz der Arevaker 

— ein Volk, das viel nördlicher wohnte — gepredigt habe. Zum J. 66 
berichtet Pseudo- Dexter, dass zwei Spanierinnen, Basilissa und Ana- 
stasia, aus der Stadt Sätabis, dem Apostel Paulus nachgefolgt seien, und 
weil sie zu Rom die heiligen Leiber der Apostel Petrus und Paulus in 
der Nacht au%esucht und begraben, desswegen durch Nero gemartert 
worden seien. Basilissa und Anastasia werden allerdings in den griechi- 
schen und römischen Verzeichnissen der Heiligen genannt, aber ihren 
spanischen Ursprung hat erst Pseudo -Dexter und sein Commentator 
Bivar entdeckt. 

In demselben Jahre soll Paulus seinen Brief an die in Spanien von 
ihm bekehrten ^Hcbräer^ geschrieben haben, was jedenfalls ein frappanter 
Einfall des Erfinders ist ^). — In demselben Jahre 66 seien Paulus und 
Petrus von ihren so weiten Reisen wieder nach Rom zurückgekehrt, wo 
sie im J. 68 als Märtyrer gestorben. Zum J. 100 wird berichtet, dass 
der von Theben zurückgekehrte Rufus zu Dertosa Bischof gewesen seL 

— Erst der Commentator des Pseudo -Dexter, Bivar, sagt, dass das An- 
denken des Rufus am 12. November zu Dertosa begangen, und dass in 
den Lectionen des Festes gesagt werde, durch die „Ueberlieferung der 
Vorfahren^ sei dieses festgestellt. — In einem andern Machwerk einer 
Chronik , welche — als Fortsezung einer angeblichen Chronik des Maxi- 
mus von Saragossa ausgegeben wurde, und als deren Verfasser bald 
Bischof Braulio von Saragossa — um 627 n. Chr. — bald ein sonst 
unbekannter Heleca genannt wird, wird erst erdichtet, dass Simon von 



*) IHOem, 1,470. 

*) Worin er aber, wie wir theilweise scban gehört ^ nicht vereinzelt dasteht. — 
Vergl. CommeDtar über den Brief an die Hebräer. Von Adalb. Maier. Frei- 
borg b. Wagmer — 1861. — S. 1 — 2. — Euseb. h, e. 2, 4. — 5, 4 (3, 24). 4, 5, 



74 Erstes Bach. Achtes KapiteL 

Cjrene mit seinen beiden Söhnen Rufus und Alexander nach Spanien 
gekommen sei — im Geleite des Apostels Paulus y nachdem er schon vor- 
her im Geleite des Apostels Jacobus eben dahin gekommen. — Solche 
Auctoritäten sind gewiss ohne Gewicht. 

Dennoch halten Florez und seine Fortsezer *) , obgleich sie von den 
Erdichtem der Chroniken des Dexter, Maximus, Braulio öder Heleca, 
sowie des angeblichen ^^Subdiakonen*^ von Toledo, Luitprand, nichts 
wissen wollen, an der Ueberlieferung fest, und behaupten, der erste 
Bischof von Dertosa sei Rufiis gewesen, und er sei von dem Apostel 
Paulus eingesezt worden. Sie stüzen sich darauf, dass die Kirche von 
Dertosa seit vielen Jahrhunderten das Fest des heiligen Rufiis als ihres 
ersten Bischofes gefeiert habe, der von dem Apostel Paulus eingesezt 
worden. Risco wirft dem Mabillon und dem Jesuiten SoUier Unwissen- 
heit in dieser Sache vor, weil sie meinten, dass die ganze Nachricht auf 
der Auctorität des Pseudo- Dexter und seiner Fortsezer ruhe. — Dar- 
aus, dass es hier berichtet werde, folge noch nicht die Unwahrheit des 
Berichtes. Sie berufen sich auf den gelehrten Don Nicol. Antonio, auf 
Beuter, Vasäus, Morales, Marieta, Padilla und Domenec; femer auf 
Schriftsteller, die vor dem Erscheinen der fingirten Chroniken gelebt 
haben, auf Bernhard Boades, auf J. Casp. Roig, Chronisten von Ara- 
gonien, welcher sagt: „Man glaubt, dass in dieser Stadt (Dertosa) und 
in der von Barcelona der Apostel Paulus Bischöfe erwählte*' und man 
berufe sich auf alte Bücher, in denen stehe , dass Set. Rufus von Paulus 
als Bischof von Dertosa eingesezt worden. Boades schrieb um 1420, 
etwa zwei Jahrhunderte, ehe die erdichteten Chroniken erschienen. — 
Insofern können die leztern den Bericht über Rufus von Dertosa nicht 
erdichtet haben ; sie haben ihn nur in ihrer Weise ausgeschmückt. Doch 
stehe auch in den alten Breviarien von Dertosa, dass Rufus der Sohn 
des Simon von Cyrene gewesen sei ^). Sein Fest sei stets^ am 14. No- 
vember, und schon vor dem Concil von Trient mit einer Octave ge- 
feiert worden. In den Lectionen des Tages werde nicht bloss sein Bis- 
thum, sondern auch die Aufbewahrung seiner Reliquien in Dertosa be- 
richtet. — In einem alten Messbuche und in den alteü Brevieren stehe 
die Oratio, welche dieses bestätige. Im J. 1671 habe die römische Con- 
gregation der Riten einen von dem Kapitel in Dertosa ihr vorgeschla- 
genen Hymnus gebilligt, d. h. gestattet, dass er in den beiden Vespern 
und in der Matutin des Festes des heiligen Ruftis gebetet werde*). 



») Florez 3, 23. — Florez -Risco 42, 51. Ferreras, Historie von Spanien, deutsch 

y. Baumgarten, 1. Bd. 1754. S. 354. 
«) Siseo 42, 58. 
*) Oratw in NataU tancti aß BtaÜmmi Buphi EpUeopi €t Confßasori», F^piHare, Do- 

mtne, ^uaeswnus nobis famuUa iuis, per hujus ScmcH Car^e9$arii tet cUqve Panifficu 



Wirksamkeit des Apostels Paulus in Spanien. 75 

Allein — mit allem diesem kommen wir über das 14. Jahrhundert 
nicht hinauf. Die Tradition der Kirche von Dertosa reicht erweislich 
nicht einmal so weit zurück, als die Tradition der Ankunft des Apostels 
Jacobus nach Spanien, oder des Eugenius von Toledo, als eines Schü- 
lers des l^ittgBt aufgegebenen Dionysius des Areopagiten von Paris. — 
Die wichtigste Frage ist: Kommt der heilige Rufus in der mozarabi- 
schen Liturgie vor? — Sein Name findet sich dort nicht, nicht sein 
Fest, so wenig als das Fest des Eugenius von Toledo, oder die Tra- 
dition der Ankunft des Jacobus in Spanien (der betreffende Hymnus ist 
ein Erzeugniss der spätem Zeit). Desswegen fehlt es an der glaubwür- 
digen Begründung, dass Rufus ein Schüler des Apostels Paulus gewesen 
sei, umsomehr, als die angebliche Tradition sich eigentlich auf den 
Namen des Rufus beschränkt, von seinem Wirken und seinen Schick- 
salen nichts berichtet. 

Es ist wahr, dass die mozarabische Liturgie zu dem Feste der 
Apostel Petrus und Paulus von der Reise und Thätigkeit des Paulus 
in Spanien gleichfalls nichts enthält. Da aber diese Reise durch andere 
Zeugnisse als eine historische Thatsache erwiesen ist, so kann dieselbe 
durch das Schweigen der spanischen Liturgie nicht in Frage oder in 
Abrede gestellt werden. 



Ruphi, qui in praesenti requiescit Ecclesia, merita.ghriosa: ut ejus pia intercessione 
ab Omnibus semper protegamur adversis, 

Bic Dei gnarus ßdei potentis 
Ei viam veram cupidus sequendi, 
A Sacro Paulo meruit sacrato 
Fönte lavari, 

, Cujus electus fuit hie alumnus; 
Ambo miraclis sacra praedicantes 
Verba, venerunt supero hanc ad Urbem 
Numine freti. 

Est ubi primitm columen creatus 
Praesulum, cujus sine labe vita 
Criminis fulget, modo regnat aUis 
Inclitus astris. 



Zweites Buch. 

Bie Sendung und Thätigkeit der sieben 
Apostelschüler — in Spanien. 



Erstes Kapitel 

Die Hartyrologien — über die Siebenm&nner. 

Die Reise und der Aufenthalt des Apostels Paulus in Spanien — 
ist eine geschichtliche Thatsache. Die Gründung einer, oder 
mehrerer Gemeinden durch ihn ist wahrscheinlich ^ beruhet aber auf 
keinen voUgiltigen geschichtlichen Unterlagen. Es ist aber möglich, 
dass der Aufenthalt des Apostels in Spanien zunächst gar keinen sicht- 
baren Erfolg hatte , ohne desswegen wirkungslos zu seyn. — Der Apostel 
kann nach sehr kurzem Aufenthalt über Rom , oder mit Umgehung von 
Rom, nach dem Orient zurückgekehrt seyn, zugleich aber Vorsorge 
getroffen haben, dass das von ihm begonnene Werk in andere tüchtige 
Hände gelegt wurde, so dass er durch die Abordnung oder Zurück- 
lassung von Stellvertretern doch als Gründer, wenigstens als Mitbegrün- 
der der Kirche in Spanien gelten kann. 

Die Nachrichten über die ersten Jahrhunderte der Kirche in Spar 
nien sind von jeher sehr spärlich gewesen. Wir können uns aber über 
die Lückenhaftigkeit dieser Nachrichten theilweise mit der Erwägung 
trösten, dass man zu keiner Zeit in der Kirche mehr darüber wusste, 
als wir, dass wir vielmehr etwas mehr wissen, als die frühem. Was 
Irenäus, TertuUian und Amobius über die Verbreitung und den Bestand 



Die Martyrologien — über die Siebenmänner. 77 

des Ghristenthumes in Spanien sagen, das sind Allgemeinheiten, die 
sich eigentlich von selbst verstehen. Ensebius in seiner Kirchengeschichte 
spricht von Italien, von der Kirche in Afrika und in Gallien, von der 
Kirche in Spanien sagt er nichts; offenbar, weil er nichts von derselben 
gewusst hat. Nur einmal kommt der Name Spaniens bei ihm im Allge- 
meinen bei der Aufisählung der Länder des Abendlandes vor •). 

Ebensowenig oder noch weniger haben die Spätem davon gewusst. 
— Die Stellen bei Clemens von Rom und dem Ungenannten des Codex 
Muratori wurden entweder nicht beachtet und verstanden, oder sie giengen 
verloren. — Wir sind darum in der glücklichen Lage, durch die Kennt- 
niss, die Beachtung und das Verständniss dieser Stellen wenigstens die 
Thatsache der Reise des Apostels nach Spanien als erwiesen festhalten 
zu können. Wir sind femer in der glücklichen Lage, die zweite damit 
in Verbindung stehende geschichtliche Thatsache der Sendung von sieben 
Glaubensboten von Rom nach Spanien beweisen zu können. 

Von der Thätigkeit des Apostels in Spanien hat sich weder eine 
sichere Tradition, noch eine Hinweisung in der alten Liturgie der Spa- 
nier erhalten. Dagegen ist diese Liturgie, genannt die mozarabische 
oder die Liturgie des heiligen Isidor von Sevilla, die älteste und sicherste 
Quelle — der Sendung und Thätigkeit der sieben Apostelschüler in 
Spanien. Es sind aber keine Anzeichen vorhanden, dass diese Liturgie 
vor dem Ende des Mittelalters in dem übrigen Europa gekannt, beachtet 
oder studirt wurde. Als man daran gieng, sie näher kennen zu lernen, 
^ar sie längst ausser Uebung. — Das christliche Abendland erlangte 
nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar aus ihr die Nachricht von der 
Sendung der sieben Apostelschüler nach Spanien. Die nächste Quelle 
für diese Kenntniss waren vielmehr die Martyrologien. Das römische 
Martyrologium, das auf Befehl Gregors XIII. 1586 von Baronius her- 
ausgegeben wurde, schreibt zum 15. Mai: 

Li Spanien das Andenken der heiligen Torquatus, Ctesiphon, 
Secundus, Lidaletius, Cäcilius, Hesychius und Euphrasius, welche 
in Rom von den heiligen Aposteln zu Bischöfen geweiht, und zur 
Predigt des Wortes Gottes nach Spanien gesendet wurden. Nach- 
dem dieselben in verschiedenen Städten das Evangelium verkün- 
digt, und unzählbare Schaaren zu dem Glauben an Christus ge- 
führt hatten, so ruheten (starben sie) in dieser Provinz an ver- 
schiedenen Orten, Torquatus zu Acci, Ctesiphon zu Vergium, 
Secundus zu Abula, Indaletius zu Urci, Cäcilius zu Uliberis, He- 
sychius zu Carteja und Euphrasius zu Diturgi. 

Nach der Zusammenstellung des Wortlautes bei Ado^ üsuard und 



Eiutb. h. ead. de mar^, Fahest c 13, 



78 Zweites Buch. Erstes Kapitel. 

dem römischen Martjrologium des Baronius') f&Ut die Gleichartigkeit 
der drei Berichte in die Augen, die sich als ein einziger erweisen« Der 
Zeit nach geht Ado dem Usuard voran. Ado ist ausführlicher, und 
enthält eine Erzählung , welche er auf den ersten Blick der spanischen 
Liturgie entnommen hat. Baronius hat aus Usuardus geschöpft. Es ist 
meine Aufgabe hier nicht, nachzuweisen, wie die einzelnen Martyrolo- 
gien zu einander sich verhalten. Es genüge mir, zu sagen, dass das 
römische Martjrologium des Baronius , und das von Benedict XIV. neu 
herausgebene — nicht auf kirchliche AUeingiltigkeit in dem Sinne An- 
spruch machen, dass es für einen Katholiken nicht erlaubt wäre, ihren 
Inhalt zu prüfen , beziehungsweise zu verwerfen. Vor Gregor XIII. hat 
die römische Kirche nie ein Martjrologium durch ein feierliches Dekret 
genehmiget. Selbst als die Päpste Gregor XIIT., Urban VIII. und Be- 
nedict XUI. eine genaue Verbesserung anordneten , und den Gebrauch 
des verbesserten und vermehrten römischen Martyrologiums vorschrieben, 
wollten sie damit nicht erklären, dass dasselbe von allen historischen 
Irrthümem frei sei. Sonst hätte ja Benedict XIV. kein — auf das neue 
— verbessertes Martjrologium herausgeben können. Benedict XIV. sagt 
selbst, „der apostolische Stuhl sei nicht der Meinung, dass alles dasjenige 
unantastbare und ganz sichere Wahrheit sei, was in das römische Martjro- 
logium aufgenommen sei.*' — „Dies wird,*' fährt er fort, „am deutlichsten 
aus den Veränderungen und Verbesserungen^ ersehen, welche von dem hei- 
ligen Stuhle selbst angeordnet worden. Auch spricht nicht dagegen das 
dem römischen Martjrologium vorangeschickte apostolische Breve Gre- 
gor's Xm. (vom 14. Januar 1584), worin gesagt wird, das römische Mar- 



Das römische Martyrologium des Baro- Das Martyrologium des Usuardus 

D jus sagt : In Hispania sanctomm Tor^ sagt : Natalii sandorum confessorum Tor- 
quati, CtesiphontiSf Secundt, Indaletiiy Cae- guati, Tesi/ontiSf Secundif Indalecüf Ce- 
cilüf Hestfchii et Euphrasii, qui Ronuie a cilü, Esicüf Eufrasiif qui Bomae a saticHs 
sanctis ApostoUa epUcopi ordinaiif et ad apostolis ordinatiy et ad praedicandm 
praedicandum verbum £>ei in ffispanias di- verhum Dei, ad HUpanias tunc adhuc 
recti sunt: cumqxie variis urbibua evangeU- gentiU errore implicataSf dhrecti sunt. Cum- 
zassent y et innumeras multitudines Christi qtte diversis urhihus evangelizassentf et in- 
fidei sübjugassent f in ea provincia diversis numerus multitudines Christi ßdei subjur 
locis quieverunt, Torquatus Äcci, Ctesiphon gassent, Torquatus Acciy Tesifon Vergii, 
Vffrgii, Secundus Abulae, IndaUtius Ürci, Secundus Abulae, Indaiecius Urdy Ced- 
CaecÜius IlUberi, Hesychius Cart^jae, et Uus HeKbenrif JSsicius Careesi, Eufror 
Euphrasius lUitürgi, sius EUturgi quieverunt. 

Zur Vergleichung mögen hier auch die correspondirenden Worte des Ado 
stehen : Natale sanctorum confessorum Torquati, Ctesiphontis , Secundi, Indaletiif Cae- 
ciiüf Esitüf Euphrasii Qui Romae a sanctis apostolis episcopi ordinaii, et ad prae- 
dieandum verbum Dei ad Hiapanos, tunc adhuc geniiU errore impUcaios, direcä sunt — 
Post hoc diversis urbibus evangelizantes , et innumeras multitudines Christi ßdei w^ 
jugantes, — Torquatus Acd, Ctesiphon Vergü, Secundus Abulae, Indaiecius Ürä, 
CaecUius Eliberri, Esitius Cartesae (oL Carcerae), Etqthrasiue EUturgi qweoeniiid. 



Die Martyrologien — über die Siebenrnftnner. 79 

tjrologinm sei verbessert, und von nun an im Chore zu lesen, und es 
dürfe kein anderes irgendwie vermindertes, vermehrtes oder verändertes 
herausgegeben werden. Denn daraus wird keineswegs mit Recht ge- 
folgert, dass alle und jede Irrthümer aus dem Martyrologium beseitiget 
seien , und man kann nicht sagen , dass es den in der Kirchengeschichte 
bewanderten Männern verboten sei, sich an den heiligen Stuhl zu wen- 
den, wenn Gründe für eine neue Verbesserung vorhanden sind: was 
gerade aus der Disziplin dieses heiligen Stuhles entnommen wird, welch» 
auch nach dem erwähnten apostolischen Breve Gregor's XITL neue Ver- 
besserungen des Martyrologiums verlangt und zugelassen hat.^ 

Baronius will die Spuren des alten oder kleinen römischen Marty- 
rologs , oder — wie ich von nun an sagen will — des kleinen römischen 
Kirchenkalenders in einem Briefe Gregor's I. an den Patriarchen Eulo- 
gius von Alexandrien entdeckt haben. Gregor schreibt dort : Wir haben 
die Namen fast aller Märtyrer, für jeden einzelnen Tag von einander 
getrennt, in Einem Codex gesammelt, und wir begehen alle Tage deren 
Andenken bei der Feier der heiligen Messe. Doch ist in diesem Ver- 
zeichnisse nicht angegeben, auf welche Weise Jeder gelitten habe; son- 
dern nur der Ort und der Tag des Todes stehet daselbst So kommt 
eS; dass viele aus verschiedenen Ländern und Provinzen an demselben 
Tage als Märtyrer verzeichnet sind. Doch glaube ich, dass Ihr (in 
Alexandrien) ein solches Verzeichniss auch besizet *). 

Zu den Märtyrern kamen später die Bekenner, während das Wort 
— Martyrologium — blieb. Die ursprüngliche Form des kleinen römi- 
schen Earchenkalenders ist uns aber genau nicht bekannt, und wir können 
die Vermehrungen oder sonstigen Veränderungen, welche im Laufe der 
Jahrhunderte damit vorgegangen sind, nicht übersehen. Die Jesuiten 
Rosweyd, SoUier u. v. a. sagen, dass wir dieses älteste Heiligenverzeich- 
niss in dem „alten römischen Kirchenkalender'' besizen, welcher dem 
Ado von Vienne vorlag, und welchen Rosweyd herausgab und Paul V. 
dedicirte*). — Es ist aber im Streite, ob dieses von Ado mitgetheilte, 
oder das unter dem Namen des Hieronymus in mehrfachen Redaktionen 
vorhandene Martyrologium — das von Gregor L gemeinte sei. 

Nach Binterim hat das sogenannte Martyrologium des Hieronymus 
diesen Namen, j, entweder wegen des steten Gebrauchs der römischen 
Kirche, oder — weil vielleicht Hieronymus es auf Befehl des Papstes 
Damasus zunächst zum Gebrauch der römischen Kirche verfasst hat*). 

Wenn es auch über jeden Streit erhaben wäre, dass das dem Ado 



') Gregor M, epiat, 8, 29, 
) S, Adonis — Martyrologium — op, et studio Herib, Rosweydi — preiecedit Vetua 

Romanum Martyrologium, operi suo ab Ädone praemistum — 1613, •— Sollerius,%pro' 

Itgomena ad üntardum — 1714 eap. 2. 
•) Binterim, Denkwürdigkeiten, V(I), S. 51—53. 



80 Zweites Buch. Erstes Kapitel. Die Martyrologieo etc. 

yoranstehende Verzeichniss der Heiligen — das ursprüngliche römische 
Martyrologiom sei^ so lässt sich doch nicht ermitteln, wie dasselbe, in 
welchen Zwischenräumen und aus welchen Quellen dasselbe entstanden, 
weldien Veränderungen es unterlegen; wann und durch wen zum 15. Mai 
die sieben Apostelschüler in Spanien in dasselbe eingetragen ^v^orden 
sind*), ob sie vor oder nach Gregor dem Grossen, aus welcher Quelle, 
ob aus der altspanischen Liturgie oder nicht, sie in dieses Verzeichniss 
gekommen sind u. s. w. — Demnach — wird Ado immer noch , was 
die Martyrologien betrifiBt, als die erste Quelle und als der genaueste 
Berichterstatter über die apostolischen sieben Männer betrachtet ^werden 
müssen. — Er selbst aber hat seinen Bricht ohne Zweifel aus den 
alten spanischen liturgischen Büchern geschöpft. 



') Tarquati, Ctesiphontta , Secundif Indaleciif Caecilii, Esiciif Euphasiij qui Romae ab 
apostoUs ordinati sunt. 



Zweites Kapitel 

Die alte spanische Liturgie — als die erste Quelle über die 
Sendung und die Wirksamkeit der sieben Apostelsehfller 

in Spanien. 

Die alte spanische Liturgie, die gottesdienstlichen Bücher der alten 
spanischen Kirche, sind die älteste, und eine der sichersten Quellen 
der Kirchengeschichte dieses Landes. — Weil sie nichts über die Thä- 
tigkeit des Apostels Jacobus in Spanien enthält — mit Ausschluss eines 
erweislich sehr spät entstandenen Hymnus von matter und unklarer Fas- 
sung, — so ist der Schluss berechtigt, dass in den frühern christlichen 
Jahrhunderten bis auf Isidor von Sevilla — keine Tradition darüber in 
Spanien vorlag. — Weil sie bei dem Feste der Apostel Petrus und 
Paulus der Ankunft des Paulus in Spanien nicht gedenkt, so ist der 
Schluss berechtigt, dass entweder Paulus nicht nach Spanien kam, oder 
dass seine Thätigkeit daselbst nicht so eingreifend und tief war, dass 
die Tradition davon in der spanischen Kirche fortlebte. — Da seine 
Ankunft in Spanien durch andere Zeugnisse feststeht, müssen wir das 
leztere annehmen. Da diese Liturgie die Ankunft und Thätigkeit der 
sieben apostolischen Männer durch ein besonderes Fest feiert, so ist der 
Schluss berechtigt, dass die Tradition sich fest erhielt, und dass der 
Bericht selbst — geschichtliche Thatsachen enthält. So wenig wir aber 
die ursprüngliche Form der römischen Liturgie kennen, welche bis auf 
Gregor L den mannigfachsten Wandelungen unterworfen war, so wenig 
kennen wir die ursprüngliche Form der spanischen Liturgie. Es ist 
möglich, selbst nicht unwahrscheinlich, dass die gothische oder mozara- 
bische Liturgie mit der ursprünglichen römischen eine grösisere Aehn- 
lichkeit habe, als die spätere und jezige römische — mit der frühesten 
römischen Litur^e. Die orientalischen Anklänge; welche man in dem 

Garns, Span. Eirdie. Q 



82 Zweites Bucli. Zweites Kapitel. 

mozarabischen Ritus finden will^ können zum grossen Theile aus der 
frühem römischen Liturgie herstammen. — Florez hat gezeigt, dass die 
alte spanische Liturgie — der römischen wenigstens in allen Haupt- 
punkten ähnlich war. — Er vertritt die Ansicht, dass die sieben apo- 
stolischen Männer die Liturgie des heiligen Petrus oder die römische in 
Spanien einführten; dass dieses der ursprüngliche römische Ritus, und dass 
sie schon in der Mitte des fünften Jahrhunderts in Spanien herrschend war, 
obgleich sie die gothische Liturgie heisst *). Aber es traten Störungen 
und Verwirrungen in dieser spanischen Liturgie ein. Der Mangel an 
einer festen kirchlichen Organisation und Disziplin, unter welchem Spa- 
nien bis zur Zeit der Bekehrung der Westgothen zu der katholischen 
Kirche litt, die fast zweihundert Jahre dauernde Herrschaft der Arianer 
in dem Lande — brachte Störungen und Ungleichheiten in die Liturgie. 
Griechische Priester, und wohl auch die Priscillianisten waren weitere 
Elemente der Unordnung. Im sechsten Jahrhundert fand eine grosse 
Verschiedenheit des göttlichen Dienstes in den verschiedenen Kirchen 
Spaniens statt. Der Papst Vigilius sendete im J. 538 dem Erzbischofe 
Profuturus von Braga einen römischen Messcanon. 

Nach der Rückkehr der "Westgothen zu der katholischen Kirche 
stellte sich das Bedürfniss einer neuen Ordnung der altspanischen Li- 
turgie immer dringender dar. Das vierte Cpncil von Toledo — 633 — 
beschloss die Hand an das Werk zu legen. Da Isidor von Sevilla, da- 
mals das Haupt der Kirche in Spanien, und Präsident dieser Synode, 
wohl auch den Hauptantheil an der Ordnung der neuen oder zu ^- 
neuernden Liturgie hatte, so trägt dieselbe seinen Namen — Liturgie 
nach der Regel des heiligen Isidor von Sevilla. — Die Liturgie heisst 
ferner die gothische, weil sie unter dem Volke der Westgothen ein- 
geführt war. Sie heisst später die mozarabische *), weil sie die Liturgie 
der unter den Arabern wohnenden Christen war. Es ist im Grunde 
dieselbe Liturgie, welche man bald die altspanische, die gothische, die 
des heiligen Isidor und die mozarabische nennt. Diese Liturgie wurde 
weder von Leander von Sevilla, noch von Isidor gegründet, erfunden 
oder eingeführt. Sie blieb fortbestehen in Spanien — zur Zeit der Hwr- 
schaft der Muhamedaner. — Im J. 923 kam ein päpstlicher Legat nach 
Spanien, der die Liturgie prüfte. Sie wurde im Ganzen als katholisch 
erfunden, und in Rom gebilligt, nachdem die Worte der Consecration 



') Florez f Disseriacion Historico-chronoiogica de la ndua aniupta de JEspanna, eon- 
ciUos, ff sttceesos^ sobre eu establecimiento , y mutacton, t, 3^ p, 187 — 360, 

*) En^elmann, Glontdre du mots espagnoh et portugais dirwA de farahe, Leyde 
1861, p, 86—87. — Mostarabe, De ee nom on dM^naU hs Chr^ieHSf qui vwaient 
au milieu des moreequeSf et en particuHer ceux de ToJkde, qtd aoaimt dane ceäe viXk 
eix SgUeeSf paur y exeroer lewr cuke, II derioe de moettCrib — ^ttrabUff noim doiU 
cn d^ngnait lee tribus ^nmgireef qui vwaietU au mtÜmi de» Arabee, 



Die alte spanische Liturgie — als die erste Quelle Über die Sendung etc. 83 

abgeändert worden. Lange vor der Wiedereroberung der alten gothi- 
schen Residenz Toledo durch die Spanier — 1084 — drangen die Päpste 
Alexander IL und Gregor VII, auf die Einführung des gregorianischen 
oder romischen Ritus. Im J. 1064 kam der Legat Hugo Candidus w^ 
dieser Absicht nach Spanien. Im J. 1071 wurde der römische Ritus in 
Aragonien eingeführt, den man in Spanien den gallischen nannte, weil 
sich Tl. a. Franzosen in hohem Grade um seine Einführung in Spanien 
bemühten. Im J. 1074 schrieb Papst Gregor VII. seinen vielgenannten 
Brief an die Könige von Castilien und Leon wegen der Einführung der 
römischen Liturgie in ihren Reichen; im J. 1076 wendete sich der Papst 
in derselben Absicht an den Bischof von Burgos. Alfons VI. von Ca- 
stilien und die Bischöfe hatten der Geistlichkeit und dem Volke gegen- 
über einen schweren Stand. Aber Gregor VII. blieb unerschütterlich. 

— Das Gottesgericht eines Zweikampfes und einer Feuerprobe entschied 

— nach Roderich von Toledo — zu Gunsten der altspanischen Liturgie. 
Doch — umsonst. Im J. 1085 wurde auf dem Concil zu Burgos die 
Abschaffung der mozarabischen Liturgie bestätigt. Ein Concil zu Leon 
im J. 1090 verbot sogar den Gebrauch der gothischen Schrift. Von 
besonderm Einflüsse war die Thätigkeit des tüchtigen Erzbischofes Bern- 
hard von Toledo, eines gebornen Franzosen und seit 1088 Primas von 
Spanien (von 1084 bis 1125), und seines ebenso tüchtigen Nachfolgers 
und Landsmannes Raymund, welcher von 1125 bis 1150 oder 1151 re- 
gierte — für die Befestigung der römischen und die Verdrängung der 
mozarabischen Liturgie. 

Allmälig drohte der mozarabische Ritus, welcher sich nur noch in 
sechs Pfarrkirchen zu Toledo erhalten hatte, deren eine dem heiligen 
Torquatus geweiht war, auszusterben. Wohl gründete im J. 1436 der 
Bischof D. Juan de Tordesillas ein Oollegium von acht Clerikem zu der 
Erhaltung dieser Liturgie — aber ohne Bestand. — Dem grossen Kar- 
dinal Ximenes war vorbehalten, die mozarabische Liturgie bis zur Ge- 
genwart zu erhalten. — Er gründete eine Kapelle an der Kathedrale 
zu Toledo, von daher die mozarabische genannt; an ihr stellte er ein 
Collegium von dreizehn Priestern an, welche die mozarabischen Kapläne 
genannt wurden, deren Aufgabe es wäre, den mozarabischen Ritus aus- 
zuüben und zu erhalten. Zugleich sollten sie das Patronatrecht an den 
sechs alten mozarabischen Kirchen in Toledo besizen. Zwei päpstliche 
Bullen von den J. 1508 und 1512 bestätigten diese Stiftung. Ximenes 
gab auch dem Ganonicus Alf. Ortiz den Auftrag, eine neue Ausgabe der 
Liturgie zu besorgen, zu welchem Zwecke drei Pfarrer der mozarabi- 
schen Kirchen in Toledo ihn unterstüzten. Zuerst wurde das Missale 
gedruckt — 1500; sodann das Brevier vollendet — Oct. 1502. — Doch 
wurden die Exemplare bald sehr selten und theuer. Selbst Papst Paul III. 
sandte Legaten nach Toledo, um ein moearabisches Brevier und Missale 
für die vaticanii^die Bibliothek zu erhalten. Schon der Biograph des 

6* 



84 Zweites Bnclu Zweites Kapitel. 

Ximenes, Alvaar Gomez, ruft zu seiner Zeit aus: ^^Möchte doch ein 
Nebenbuhler der Thaten des Ximenes auferstehen, welcher diese heih'gen 
Bücher (der Mozaraber) wieder herausgäbe *).^ Dieser Wunsch wurde 
zweihundert Jahre nicht erfüllt. Noch im J* 1754 sprach ihn Henrique 
Florez, der Herausgeber der ;,Espanna sagrada'', dringender als je aus. 
Schon im J. 1755 gieng dieser Wunsch theilweise in Erfüllung. Der 
Jesuit Alex. Lesley und der Spanier Azevedo Hessen zu Rom in diesem 
Jahre das gothische Missale erscheinen, welchem Lesley eine gelehrte 
Abhandlung über die alte spanische Liturgie vorausgehen lässt^). Elr 
vertheidigt die Ansicht, dass die älteste spanische Liturgie — nicht die 
römische gewesen und dass sie vom Oriente gekommen sei. Das Gegen- 
theil hatte des AI. Lesley Ordensgenosse, Joh. Pinius, zu beweisen ge- 
sucht, dass bis zum fünften Jahrhundert der römische Bitus in Spanien 
geherrscht habe. Florez vertheidigt natürlich dieselbe Ansicht; der später 
hervortretende Unterschied zwischen der römischen und spanischen Li- 
turgie hatte — nach ihm — seinen Grund in den mannigfachen Ver- 
änderungen, denen die römische Liturgie durch Leo L, Gelasius I., 
Gregor L und andere Päpste unterzogen wurde, während die spanische 
die ursprüngliche römische Form beibehielt. Der sogenannte gothische 
Ritus ist nach ihm der ursprüngliche römische^). 

Kurze Zeit vorher — hatte der Mauriner Sabatier — nach zwan- 
zigjähriger angestrengter Arbeit den Text der alten lateinischen Bibel- 
übersezungen vor Hieronymus, besonders der sogenannten Itala — aus 
zahlreichen alten schriftlichen Denkmalen zusammengesezt. Seine Quellen 
waren u. a. auch Missalien und andere liturgische Bücher; und unter 
diesen vorzugsweise die mozarabische Liturgie. Sie hat Sabatier die 
reichste Ausbeute für sein mühevolles Werk gegeben. Das Werk Sa- 
batier's erschien in drei Bänden*). — Dreizehn Jahre später erschien 



') FloreZf Espanna scxgrada, t 3, 2 edkton — 1754 — p. 339, Dtssertadon Histortco^ 
ehronologica de la mista antigua de Espanna, — Joh, Pinius — De Liturgia an- 
tiqua hispanica, GothtcOf Isidoriana, Mozarafficoy Toktana, mixta iractcUus ad tomum VI. 
JuUi (Acta sarict.) praeUminaris , p, 1 — 112 (1729); wieder abgedruckt zu. Rom 

- 1740. 

*) In der seiner Ausgrabe vorang^ehenden Dissertation, die er „Praefatio** nennt, 
s. Missale mixtum secundum regulam beati Isidori dictum Mozarahes; praefatione, notis 
et appendioe omatum r- jRomae 1755, in 4?. 

^) Florez L c, §, JV. La diferencia entre Roma, y Espantm, no provino por parte de 
los EspannoUs, Vcarias disposiciones de los Papas aeerea de la Missa — p, 209 — 16. 
Bona, Her, liturg, Lib. L cap, 17, — Binterim, die vorzüglichsten Denk- 
würdigkeiten der christkatholischen Kirche, IVCIII), 1828. — Die altspanische 

— Liturgie, S. 88 — 132. ~ Nach Binterim könnte es scheinen, dass seit 
1755 auf diesem Gebiete nichts mehr gearbeitet worden. Er kennt die Ver- 
dienste Lorenzana's um die spanische Liturgie nicht. 

*) BibUorvm sacrorum^latinae Versiones antiquae seu veius ItalicOf et caetarae qtiae-' 



Die alte spaDische Liturgie — ah die erste Quelle über die Sendung etc. 85 

die Abhandlung des AI. Lesley über die mozarabische Liturgie ^ sowie 
die zweite Ausgabe der Abhandlung des Florez. — Aber bei der un- 
gemeinen Langsamkeit, womit sich die Ergebnisse gelehrter Forschungen 
durch die Welt verbreiten, hat weder der eine noch der andere von 
Sabatier's Leistungen gewusst, sonst hätte Lesley schwerlich seine troz- 
dem haltlose Hypothese von dem orientalischen Ursprünge der spani- 
schen Liturgie festgehalten, und Florez hätte dieses stärkste Argument 
für seine Ansicht verwerthet. 



cumque in Codd, Mss, et antiquorum libris reperiri poiuentnt: quae cum vuiffata latina 
et cum textu graeco comparantur. — Op, et studio D, P, ScAatier, Ord, S, ßene- 
dicH. Remis 1743, foL 3 voL (1751). 



Drittes Kapitel. 

Die alte lateinische Bibelflberseznn^ vor Hieronymos stammt 

nicht ans Afrika, sondern ans Italien. 

In der That^ die alte Itala, das heisst, die vorhieronymianische 
Uebersezung der heiligen Schrift hat den Verfassern der mozarabischen 
Liturgie vor- und zu Grunde gelegen. Angesichts dieser schwerwie- 
genden Thatsache kann sich kein Bedenken mehr erheben, dass die alt- 
spanische Liturgie die alte Liturgie der römischen Earche sei. Höchstens 
könnte man sich noch an einen Strohhalm anklammern, und sagen, die 
spanische Liturgie sei von Afrika herübergekommen. In der That will 
sich in unsern Tagen ein neuer Mythus ausbreiten, der Mythus, dass 
das Christenthum nach Spanien aus Afrika gekommen. Um Gründe 
für diese kühne Behauptung hat er sich noch nicht umgesehen, wenn 
nicht das ein Grund seyn soll, dass das Christenthum zuerst in dem 
südlichen, Afrika benachbarten, Spanien — auftrete*). "Wir werden 
später diese nichtige Hypothese besonders beleuchten. 

Dieselbe hätte eine scheinbare Berechtigung, wenn man den Ur- 
sprung der alten lateinischen Bibelübersezung nicht, wie es bisher der 
Fall war, und wie der Name schon es sagt, in Italien, sondern in Afrika 
zu suchen hätte. Diese Hypothese suchte Nicolaus Wiseman zuerst im 
J. 1832 — 1833 zu vertheidigen *). — Er stüzt sich auf zwei Gründe, 



») Lenibke, Geschichte von Spanien, l'Bd. 1831, S. 128. — Helfferich, der 
westgothische Arianismas und die spanische Eetzergeschichte — Berlin 1860, 8.2. 

*) Wisemariy Two letters on some parts of the controversy conceming 1. Joh. 5, 7 etc., 
erschienen zuerst in dem „Catholic Magazine^ — 1832 und 1833. Zum zweiten- 
male wurden sie gedruckt mit einigen Zusäzen zu Rom 1835. Deutsch in »Ab- 
handlungen über verschiedene Gegenstände**. Von S. £m. Kardinal Wiseman. 
Regensburg 1854, Bd. 1, S. 5 — 60. — Dass diese Abhandlung eine Jugend- 
arbeit des gefeierten Verfassers sei, geht aus verschiedenen Ungenauigkeiten 



Die alte lateinische, Bibelüberseznng vor Hieronymus etc. 87 

dass die römisclien Schriftsteller bis auf Hippol3i; griechisch schrieben^ 
in Rom also das Bedürfhiss einer lateinischen Bibelübersezung nicht 
herrschte, welche Uebersezung doch Tertullian schon bezeugt, zweitens, 
auf die zahlreichen Afrikanismen in der alten Yulgata oder Itala, be- 
sonders die Gleichheit zahlreicher Ausdrücke der Itala mit Worten, Wort^ 
formen und Wortverbindungen des Tertullian und Amobius. Tertullian 
aber war ein Afrikaner^ iJso wurde die alte Yulgata auch in Afrika 
übersezt. 

Der erste Beweis berührt die Frage gar nicht. Rom ist nicht Italien; 
und gesezt den Fall, man hätte in Rom keiner Uebersezung bedurft, 
was in keiner Weise wahrscheinlich ist, da doch von Anfang an zu 
dieser Gemeinde viele Lateiner des Abendlandes gehörten, — so bedurfte 
man eine solche für das übrige Italien, besonders das nördliche. Es 
unterliegt keinem Zweifel, dass der Hirte des Hermas, die Schriften des 
Irenäus, die Schrift, aus der das Fragment des Muratori entnommen ist, 
fast gleichzeitig in das Lateinische übersezt wm^den. Mit der erstem 
und leztern Schrift geschah diess ganz bestimmt in Rom selbst; wäre 
kein Bedürfhiss in Italien und Gallien vorhanden gewesen, so wären sie 
nicht übersezt worden. 

Der zweite Grund Wiseman's ist die Sprache. Die alte Vulgata 
vor Hieronymus ist voll von Archaismen, Solöcismen und Afrikanismen. 
Die Archaismen der alten uebersezung beweisen nichts. Wie viele 
Archaismen und Solöcismen hat der ältere Plinius, den Wiseman in 
seiner Abhandlung nur einmal erwähnt, während er den Aulus Gelllus 
oft zur Vergleichung herbeizieht. Zu jener Zeit wiar es allgemeine Sitte, 
Solöcismen zu gebrauchen, und nur wenige, oder kaimi ein profaner 
Schriftsteller hielt sich davon frei. 

Am meisten Bedeutung hätten die afrikanischen Ausdrücke der alten 
Uebersezung. Wenn man aber einen Vergleich führen will, so darf 
man nicht bloss das eine Moment des Vergleiches herbeiziehen. Wise- 
man musste nicht bloss zeigen, dass die alte Uebersezung auffallende 
Aehnlichkeit mit Tertullian^s Sprache habe; er musste auch zeigen, dass 
sie keine Aehnlichkeit mit der Sprache der Italiener, Gallier u. s. w. 
jener Zeit habe. Aber wir haben ja bis zum Jahre 200, zu welcher 
Zeit die alte Uebersezung schon längst im Gebrauche war, keinen andern 
lateinischen Schriftsteller, als den Afrikaner Tertullian? — Wenn dem 
BD ist, oder wäre, so könnte der fragliche Beweis gar nicht geführt 
werden; denn das eine Moment der Vergleichung würde fehlen. 

Aber wir haben ja aus dem J. 150 die lateinische Uebersezung des 
Hirten des Hermas ^ und der zwei andern oben erwähnten Schriften und 



hervor, so nennt er z. 6. den Eucherius von Lyon einen Spanier; den PhÖba- 
dius von Agen einen Mönch von Lerins. ^ Dieses Kloster entstand erst 410} 
während Phöbadius um 359 blühte. 



88 



Zweites Bach. Drittes Kapitel. 



Schriftsteller, lieber sie ist WIseman mit Stillsehweigen hinweggegangen. 
Er hebt hervor 1) den häufigen Gebrauch der mit super zuaammen- 
gesezten Worte in der alten Itala, wie in TertuUian. Er führt zwanzig^ 
solche Worte aus der Itala, und neunzehn aus Tertullian an. Prüfen 
wir seine Gründe im Einzelnen. 



Erstes Moment der Vergleichung. Die mit stirer zusammen- 

gesezten Worte. 

Wiseman fuhrt aus den Theüen der Vulgata, in denen die alte 
Versio beibehalten wurde, die Worte an ; Supergaudeoy superexalto, super" 
cadoy superextollo , super speroj supervaleo, super dico, superpolluo, super " 
invcdescOy supersignor^ supersuhstantiälis, superseminoy superlucror, supereffluo, 
supererogOf superadultus , supervestior^ superimpendor y supercerto. „Es ist," 
fährt er fort (S. 32 der deutschen Uebers.), „interessant, in den Schriften 
Tertullian's, welcher der Zeit der lateinischen Uebersezung am nächsten 
war — (der lateinische Irenäus um 180 war ihr noch näher) — , genau 
■ dieselbe Eichtung zu bemerken, und ich werde nun ein Verzeichniss von 
Wörtern von der nemlichen Form geben, welche sich nur bei diesem 
alten Schriftsteller finden. '* 



Tertullian (nach Wiseman). 



1) SupercoelesHs — Tert. arUma 23. 

resurr, cam.49. 

2) Superterrenus — Tert. de res. 

cam. 49. 
Supermundtalis — an. 18. 

3) Superindueo — (xdv. Hermog. 

26 (Plinius 15, 17. Quinctil. 
5, S, 2). 
Superinductidus — adv. Mar" 
cion, 5, 3. 
i) Superindumentum — 2mal. 

5) Superscendo — poenit. 10. 

6) Superextollo — d. resurr. cam. 24, 

7) Superargumentor — adv. Her" 

mog. 37. 
Supemomino — apol. 18. 



Irenäus, Hermas, Fragment 

bei Muratori, Väter von 

Elvira. 

1 ) SupercoelesHs — lateinischer Ire- 

näus 96. 118. 140. 159. 187. 
252. 331. 332. 335 *). 

2) Superterrestris — 123. 124. 



3) Superdueo — 270. cf. Capito^ 

linus — Leben Marc. AureFs 
c. 29 (in finej. — Quinctil. 
decl. arg, 38. — Sidon, Apoll, 
ep. Vy 17. 

4) Superhumerale — Isidor Hisp. 5, 

406, ed, Arevalo. 

5) Superascendo — Iren, 97. 161 

— 2mal. 

6) Superextollo — 252. 

7) Superfari — 95. 96. 



') Dieses sind die Seitenzahlen der Ausgabe des Irenäas von Massuet, welche 
auch in dem Abdrucke von Migne sich finden. 



Die alte lateiiuftche Bibeltlbersearaiig vor Hieronymas etc. 89 

8) Superfnstieo — <tdv. Valent. 39. 8) Superebtdlio 109, 3mal. 

9) Supennundo — res, cam*6S. 9) Supereffluo — Herm(Z8 355yed,4. 

Hefele 1855, Patdin. Nolan. 
carm. 35. 
Supereffundo — Ir. 61 — Her- 
mas 402. 
lOJ Sttperaeervo — adv,nation.l,15j 10) Superimpono — • Ir. 66 (kommt 

vor bei Livius, Ovid etc.). 
Superardino — €ulv, Marc. 5, 5. iSwp€rpowito-^Elvira23, 26 can. 

11) Supermetior — d. anim. 38, 11) Superrepko — Ir. 109. 

12) Supersemino — adv, Prax, 1, 12) SuperjtmgOj superpono — Ir.85. 
Hieronym. ep, 30, 14, 

13) Superaapio — anim, 18, 13) Supercomsco — Ir. 273. 

Supercilium — gewöhnlich in 
dem Sinne von Aufgeblasenheit 
(kommt oft vor). 
14) Supervivo — Elvira c. 38 (Justin, 
Plin. etc.). 

Damach beirrtheile inan, ob sich solche Superlative bloss bei Tertul- 

lian finden. 

Zweiter Vergleidningspunkt. Die mit Loquium zusammen- 

gesezten Wörter. 

Nach Wiseman finden sich solche Wörter nur in der Vulgata, bei 
Piautas und bei TertulUaji, was den „Afiikanismus^ dieser Zusammen-^ 
sezongen genügend darthue. Die Sache verhält sich aber anders, und zwar: 

1) FaMoquium — Irenäus 47 (^evSrjyogia) ; 115 (2, 1); 320. — Au- 
gusHn, 

2) Longüoqumm — Irenäus 197. 

3) Minutiloquium — Irenäus 134, 154. — TerhüL an, 6, 

4) MutUloqtdum — Prov. 10, 19. — Matth. 6, 7. — Plautus. — Her- 
mas 358. — Augustinus 1, 583. 9, 447. ed, Migne. — (Omnadiu» 
Mtmil, cap, 38 de script. eecLj 

5) Portentilaquium — Irenäus 137, 178 (3, 4). 

6) Bmloqtäum — Tertullian — de poenit, 10, 

7) SpurcUoqukim — Tertullian — de resur, eam, 4, 

8) StuUiloqwum — Eph. 5^4. — Plautus. — Irenäus 157. 

9) SubtiUloquium — Irenäus 202. 
SubtUiloqtMerOia — TertuU. adv, Marcion, 5, 19, 

10) Turpiloquium — Tertullian — de pudic. 17, 

11) Vanüoquium — Tit. 1, 10 — 1. Tim. 1,6. — Plautus. — Irenäus 
128, 144, 158, 202, 271. — AugusUn, ep, 134, 4. 166,6, 

Also smd diese Wcvte keine ^^Afrikanismen^« 



90 ZmeiiH Bneli. Zweites Kapitel. 



Dritter Vergleichungspunkt. Evacuwre und vaou/us. 

Evaeuare bedeutet im N. T. — unbrauchbar machen , vernichten. 

In diesem Sinne, meint Wiseman, komme es nur bei Tertollian vor, 

bei welchem auch das Wort v<icuu8 wiederholt bedeute: nicht solid, 

nichtig. Der Sachverhalt ist aber folgender: 

— Die heilige Schrift nach den Citaten Wiseman^s: l.Cor. 13, 8. 10. 

— 15,24. GalaterS, 11. 
Tertullian — zu 1. Cor. 6, 13. — EvaeuaHo — adv. Mareion. 4, 24 (40). 
„Ich glaube,* fügt Wiseman bei, j^diese Worte noch öfter bei 
ihm gefunden zu haben; ich kann aber die Stellen nicht finden.^ 
Dagegen : Hermas — in demselben Sinne — S. 367. 
Irenäus: ungezählte Male: 53, 103, HO — 6mal nach einander, 111, 
112, 123, 141 — 2mal, 145, 179, 204, 209, 220, 222, 233, 241, 
260 u. s. w. In demselben Sinne steht bei IrenäuB sehr oft: exter- 
minore j exterminium , exterminator , exterminatariui. 

Vacuu8 in dem erwähnten Sinne bei Tertull. adv. Mardan. 4,20» 

Amob. 2, p, 44 (nach Wiseman). 
Dagegen bei Hermas in demselben Sinne : 354, 356, 369, 370 — 2m4 

371 — 2mal, 367, 375. — Vaeuantur, 323. 
Bei Irenäus — Vacuey 62 — 2mal, IIÖ, 161 (— fruttra), 241, 242, 
266 etc. 

Vierter Vergleichungspunkt Die mit In zusammengesezten 

Wörter. 

„Das Wort Intmtator'^ (Jac. 1, 13), sagt Wiseman, „ist äusserst hart, 
und man wird selbst in den rohesten Schriftstellern unmöglich ein Wort 
von ähnlicher Form finden (das sind auch »äusserst harte^ Worte). Man 
muss sich über die grosse Zahl fremdartiger Zusammensezungen mit 
dem in negativum wundem, die auf jeder Seite des Tertullian und der 
Schrifteteller aus dieser Schule vorkonmien.^ Als Belege werden die 
Worte angeführt: ImbonitaSf immiBericardiaj impraeacienHa, tneriminatiOj 
ingrcUiüj insuavüas. Dann die Adjectiva: lUaudandus, ilUbabilia, iüiberiSf 
ineammunis, ineontemtibiliif inerontradicibiUa, inemeribilii, ininventibiUSf in" 
ncucibilis^ intesHs, intmituSf investiSj inveiHgabiUa, invituperäbüii^ Davon 
kommen auch bei Irenäus vor: inncudbüis, p. 169 — inveäigabiUtf p.254. 

Mit Tertullian vergleiche man folgende Blumenlese aus Irenäus: 
Inennarabilis — sehr oft, ineoffnosdbilia und (neognotdbüüaSf innarmna" 
büis (auch bei Tertuü.), inapprehcMibiliter, inexeogitäbüii (TerL — Laetant), 
inaubstantivmt impraeatana ^ ineapabiUs — oft, imaginaUs, indeterminabili» 
(auch bei TertuU.), ineloquibaie (LaetaM. 7, 11), MmäabiUi (Qwndä. rmi 



Die alte lateiiiisebe BibelübenwEnng vor HieroDymus etc. 91 

VeU. PaUreJ), inßguraUu, indiviiibiUSf inUrminaUs, intemperaUi, tfnoofwo» 
nanter, inexereUabüü, inspenMlü (OelL und Amm. Marc), irremissibilis 
(Ten. Hieron*), irrcttionabiUs (auch Laetant. u. a.) und irroHonabilUaSj 
meompreheneibilis (gewöhnliches Wort), inlncusalnlü^ indieibilie, impudo^ 
rate, immemorabiUs , mopinabüU (nicht seltenes Wort), indeeibilUcu, m- 
aecusabiUsj inaduUeratue ^ inexercUabilü^ inseneicibüiSj infectus — sehr oft 
für ungeschaffen* 

Damach möge man beurtheilen, ob die A£nkaner, oder die Euro- 
päer in dieser Gattung von Zusammensezungen mehr geleistet haben. 
Bei Hermas konmien in dieser Beziehung weniger „terriflea verbaf^ vor, 
z.B. ir^enstUus — i^ehr oft, inplaeäbUü, invisibüiB, mennaräbilü, ineanh- 
parabilis, etc. 

Fünfter Vergleichungspunkt. Die mit ico ziisammengesezten 

Wörter. 

Wiseman sagt, dass das Wort: martifico oft in der heiligen Schrift 
vorkomme. Es komme bei den Classikern nirgends mit seinen Ablei- 
tungen vor, sei aber bei TertuUian ganz gewöhnlich. Er führt vier 
Belegstellen an. Das Wort kommt auch bei Hermas vor — 372, und 
mortifera — 373. Bei Irenäus aber kommt es oft vor, z. B. mortifleant 
multos (1,27), d. h. sie tödten viele; morUfieaUo (3, 18), das Leiden 
Christi; mortificatum (3, 21), der Leichnam, — ist eigentlich eine Stelle 
der heiligen Schrift: mors mortiflcat, vHa vivificat (5, 12). Diess ist ahn« 
lieh wie bei Tertullian: in Adam corpore mortificamur, neeesse est in 
Chritto corpore vivificemur (adv. Marc, 5, 9). 

Das Wort vivifico ab^, das Wiseman — ausser der heiligen Schrift 
— • für ein vorzugsweise bei Tertullian vorkommendes betrachtet, findet 
sieh bei Irenäus an unzählbaren Stellen, einmal auf einer einzigen Seite 
eilf Male (p. 297, 1.5, 3 — 4 Cap.), Auch finden sich die Entgegen- 
Btellongen: vivificatue, mortificatua (220, 222, 223, 236). Auch das Wort 
mifieator und oivifieatrix kommt, wie bei Tertullian, vor (176, 275). 

Für das Wort glorifico sei, ausser der heilig^i Schrift, wieder Ter- 
tullian die älteste Auctorität. Aber Hermas ist älter, und Tertullian 
hatte wahrscheinlich noch nichts geschrieben, als das Werk des Lrenäus 
gegen die Gnostiker erschien. Bei Hermas kommt das Wort vor: glori^ 
fearem Deum pro omnibtu (3, 6). Bei Irenäus kommt es ungewöhnlich 
oft vor, auch im Passivum — „verherrlicht werden', sowie das B^upt 
wort: gloriflcaHo — Verherrlichung. 

Das Wort clariflco — verherrlichen ^ — kommt nach Wiseman nuir 
in der alt^i Bibelübersezung vor. Die älteste Auctorität für den bibli- 
sehen Text sei Lactanz (3, 18). Das Wort clarificaüo finden wir zuerst 
hei Augustin (de divin. guaeet. c. 62), „und diese beiden sind Afrikaner'. 
Woher weiss man denn^ dass Lactanz ein Afrikaner war? JedenÜEkUs 



92 Zweites Buch. Drittes Kapitel. 

ist diese Behauptung — eine bedenkKche. — Denn wenn der christliche 
Cicero ein Afrikaner war, so steht es bedenklich mit den afrikanischen 
Schriftstellern , deren Haupt und Chorführer Tertullian seyn soll, dessen 
Schriften den afrikanischen Dialekt abspiegeln. Das Wort clarifico aber 
im Sinnß der heiligen Schrift kommt keineswegs erst bei Lactantius vor, 
sondern wiederholt bei Irenäus, z. B. 2, 19; 3, 10; 3,20; 4, 14 etc. — 
Ebenso findet man claritas in der Bedeutung von Herrlichkeit (3, 12; 
4, 20). — Und Irenäus ist kein „Afrikaner*^ *). 

Es folgt das Wort aanctiftco — sancHflcator und sanctifleatioj das 
sehr häufig in der Vulgata und bei Tertullian vorkomme. Aber das 
Wort findet sich sogar in dem kurzen Fragment des Muratori. — Man 
muss sich auf die Behauptung gefasst machen, dass Irenäus und Hermas 
in Afrika in das Lateinische übersezt worden seien, weil ihr Latein so 
gar ;,afrikanisch^ ist. Bis jezt aber hat noch niemand behauptet, dass das 
Fragment des Muratori in Afrika geschrieben worden, sondern alle sagen, 
entweder in Rom, oder doch in Italien. — Dasselbe Wort kommt vor 
bei Hermas — 1, 3; bei Irenäus sehr häufig, z. B. 143, 147 (2, 22) in 
14 Zeilen 5mal nach einander, 4, 18 und überhaupt sehr oft. Ebenso findet 
es sich sehr oft in der mozarabischen Liturgie. 

Das Wort Salvifico habe ich bei Hermas und Irenäus nicht gefun- 
den; aber es findet sich bei Sedulius — carm. 5^7 — und bei Ale. Avitus. 

Das Wort Justiflco femer finde sich beinahe in jedem Buche Ter- 
tuUian's. Aber es findet sich auch bei Hermas (2, 5) ; und bei Irenäus 
in verschiedenen Formen, z. B. jtistificati — 237, 246 — juatifieoHones — 
247 (4, 16). 

Magniftco heisst in der heiligen Schrift: gross machen, lobpreisen. 
„Ich weiss nicht,*' sagt Wiseman, „ob es sich in diesem Sinne bei Ter- 
tullian findet. '^ Aber bei Hermas findet sich das Wort nicht selten in 
diesem Sinne, z. B. 2, 3 Dominus magnifleetur ^ se magnifkant — 3, 9 — 
sie erheben sich selbst; ebenso bei Irenäus, z. B. 1, 29. — Bei Hermas 
kommt das Wort: magniftcus, grossartig, herrlich — häufig vor. Z. B. 
gleich im Anfange des Buches (1, 1): Legehat gloriose^ magnifice et mtW- 
fiee, ebenso an sechs weitem Stellen, die ich gefunden habe. — Der- 
selbe Schriftstdler gebraucht gern den Ausdruck: Magnälia — „die Gross- 
thaten Gottes^. Das Wort kommt etwa 20mal im A. T., und nur ein- 
mal im N. T. an der bekannten Stelle der Apostelgeschichte 2, 11 vor: 
— »Wir hörten sie in unsem Sprachen die grossen Thaten Gottes ver- 
künden.^ — Bei Tertullian habe ich das Wort nicht gefunden, aber 
auch bei Irenäus nicht; bei Hermas steht es u. a. — 1,4; 4, 10 — 
2mal : Omni homini indico (und indica) magnälia Dd. Das Wort ist" ein 
rein biblisches, und durch den ersten Uebersezer der heiligen Schrifik 



*) Ciaritas für ghria kommt als Doxologie im Anfange und am Schlüsse der 
Pöwtb der- Felicitas und Perpetua von Garthago vor. 



Die alte lateinische Bibelüberseznng rot Hieronymus etc. 93 

eingeführt und eingebürgert. Dieselbe hat schon dem üebersezer des 
griechischen Hermas vorgelegen. Die Uebersezung des Hermas ist aber, 
wie allgemein angenommen wird, uralt, und hat schon zu den Zeiten 
Tertullian's existirt. 

Wiseman sagt, er habe nun acht mit — ico zusammengesezte Wörter 
vorgeführt, die den Classikem völlig unbekannt seien, aber „die fast 
alle unter den afrikanischen Schriftstellern, die dem Zeitalter der Vul- 
gata am nächsten waren, allgemein im Gebrauch waren". Aber der 
Beweis ist nicht geführt worden. Der Beweis ist höchstens in Betreff 
des Tertullian geführt worden. Von Minucius Felix, der vielleicht, von 
Cyprian, der bestimmt ein afrikanischer Schriftsteller war, haben wir 
nichts gehört. Amobius wird nur einige Male erwähnt, die spätem gar 
nicht. — Sodann fragen wir, in welchem Sinne es zu verstehen sei, 
dass Tertullian eine „Schule" gehabt habe? Wir kennen keinen Schüler 
desselben, keinen Schriftsteller, der aus seiner Schule hervorgegangen, 
vor allem keinen Schriftsteller, der seinen Styl nachgeahmt hätte. Cy- 
prian schäzte ihn über alles, sagte zu seinem Diacon Pontius, wenn er 
ein Buch des Tertullian wünschte: Da magütrum — gieb mir den Lehrer. 
Cyprian hat mehrere Schriften des Tertullian aufs neue bearbeitet. Aber 
zwischen dem Styl des Cyprian und des Tertullian giebt es keine Mo- 
mente der Vergleichung. Warum soll nun gerade Tertullian den afri- 
kanischen Dialekt darstellen? Das ist eine fixe Idee, die man ohne 
Beweise nur immer wiederholt. 

Wenn etwas die afrikanische Volkssprache darstellt, so ist es der 
Bericht über den Martyrtod der Perpetua und Felicitas. Aber von alF 
den eigenthümlichen Ausdrücken des Tertullian, welche angeblich aus 
der afrikanischen Volkssprache genommen sind, kommt darin keiner, 
auch nicht einer vor. Man wird bei dessen Lesung eher an Optatus 
von Mileve und an Augustin erinnert. Von den mit Super zusammen- 
gesezten Worten kommt darin nicht eines vor. Von den mit In zusam- 
mengesezten Worten kommt darin nur inennarabüis vor, das man überall, 
bei Profan- und bei kirchlichen Schriftstellern findet. Ferner kommt 
der Ausdruck vor : hasians manus — das Wort findet sich aber auch bei 
den lateinischen Dichtern, z. B* Catull (C, 7 et 8), P r o p e r z , Petronius, 
Martial. — Weiter das Wort: favitores für fautores, was auch bei Plautus 
und Lucilius vorkommt, und einmal expergita^) — aufgewacht, neben 
dem wiederholt gebrauchten: experreeta. Das ist alles. Doch noch 
nicht alles. 

Wiseman sagt, dass die erwähnten acht Wortformen nur bei kirch- 
lichen Schriftstellern, und zunächst bei Afrikanern vorkommen. Um zu 
zeigen, dass die Formen mit — ico eigentlich afrikanisches Latein seien. 



*) E« kommt von expergo, ist regelmässig gebildet, und findet sich z. B. bei Lu- 
crez 3, 942, und Aulus Gellius 6, 10. 1. 



94 Zweites BqoIi. Drittes Kapitel. 

führt er aus Tertullian die von diesem gebrauchten Wörter: angelifico, 
salutifieo, vesHfiema (Schneiderbude), deifieus, und von Amobius das Wort: 
(Muetifleo — ich ehre — an {auctificua konunt bei Lucrez vor). ^ 

Von diesen Worten findet sich keines in der Passio der heiligen 
Perpetua. Dagegen die Worte: sacriflco, das bei den Heiden im Ge- 
brauche war^ und die beiden Composita — magnifleat und hanarifieca. 
Bei Tertullian finden sich diese Worte nicht; dagegen an zahlreichen 
Stellen und gleichsam als ein stehender Artikel bei Hermas und Irenäus. 
Das Wort magnifieo wurde schon erwähnt. Das Wort honoHfico habe 
ich bei Hermas llmal gefunden', wobei das Beiwort honorifiem einge- 
schlossen ist. — Sind nun diese Worte vielleicht nicht afrikanisches 
Latein, weil sie nicht in Tertullian, aber in der Passion der heiligen 
Perpetua, und bei Hermas und Irenäus stehen? Haben sie vielleicht 
in der heiligen Schrift kein volles Bürgerrecht, weil sie sich bei Ter- 
tullian nicht nachweisen lassen? 

Die Wahrheit ist vielmehr, dass die mit — ico zusammengesezten 
Worte zuerst in die in Italien übersezte heilige Schrift aufgenommen, 
dass dieselben regelmässig aus und nach der lateinischen Sprache ge- 
bildet wurden, und dass sie in die Schriften aller lateinischen Auetoren 
gleichmässig übergiengen, ohne Unterschied, ob diese Afrikaner oder 
Europäer waren. 



Sechster Vergleichungspunkt. 

y,Condigni$9^^ ist ein Lieblingsausdruck des Uebersezers der alten 
Vulgata. Er kommt häufig bei Plautus vor, und ein- oder zweimal bei 
A. Gellius. Auch Arnobius hat das Wort. Es kommt wiederholt in den 
römischen Gesezessammlungen vor; bei Tertullian steht es nicht. Da- 
gegen wiederholt bei Irenäus 221, 237. — Also kann man diesen Lieb- 
hngsausdruck der alten Vulgata — keineswegs als Beweis ihres afrika- 
nischen Ursprunges geltend machen. 



Siebenter Vergleichungspunkt. 

Wiseman sagt: ^lUinoro, und das abgeleitete minaraHo kommen nur, 
aber sehr häufig, in den alten Theilen der Vulgata vor.** — Diese 
Wörter kommen bloss bei den afrikanischen Schriftstellern vor. Ter- 
tullian gebraucht das Zeitwort oft; das Nomen habe ich bloss bei Fer- 
randus CartL gefunden. Tertullian hat auch das Zeitwort diminoro. 
Aber es, und das Nomen kommt vor bei Irenäus 50 — 2mal, 82, 103, 
128, 164, 207, 323. Vergl. 3, 12 — haee sola legiüma esse dicunt, guae 
IpM* minaravertmt. MinoraJtus kommt auch vor Dig. 18j 7j 10. 



Die alte lateiAische Bibeldberseauiig vor HieronyinuB etc. 95 



Achter Vergleichungspunkt. 

In Levit. 20, 20 — hat die alte Uebersesung ponderosus, wofür — 
Hieronymus hemioms gesezt hat Wahrscheinlich ist die einzige Stelle, 
in der dieses Adjectiy in dem nemlichen Sinne Torkommt, eine von 
Arnobius — 7 , S. 240 — „tn^eti^tim hemiarum magnüudine ponderosi^^. 

Aber das Wort ponderastis ist wenigstens ebenso in Europa gebraucht 
worden, wie in Afrika. Es findet sich bei Plautus (Captiv. 3, 5, 64); 
bei Varro (de re rustica 1, 52 — frttmentum, quod est ponderosum). Bei 
Plinius 18, 6 (42), der hier den Piso citirt (vomere» panderosi). — Bei 
Valerius Maximus — in einem Citate aus T. Livius — (1^ 8, 19 — Hlicum 
crebris et panderosia verberibus). Bei dem erwähnten Yarro kommt auch 
der Comperatiy vor: de re r, 2, 11 — lana molUor et ponderosior, end- 
lich bei Plinius selbst der Superlativ: ponderosimmi lapidee — die schwer- 
sten Steine — 36, 19 (30). 

Es wird gebraucht im figürlichen Sinne von Cicero — für gehalt- 
reich, gewichtig. Cic. Att. 2,11 — epietola ponderoea. — VaUr. Max. tf, 4, 1 

— panderosa vox. Neben ponderosus geht ponderattu (Nepos fragm, 2) 
in dem Sinne von abgewogen, und ponderana — abgewogen, Sidon. 
Ap» ep. 8j 6, 

Ponderoeus ist also ein klassisches lateinisches Wort, und kein Afri* 
kamsmus. Wenn wir aber auch die obigen Beispiele nicht hätten, so 
wäre es doch noch kein Provinzialausdruck; denn es ist regelmässig 
nach den Oesezen der lateinischen Sprache gebildet Das Wort nispi" 
eUmu — verdächtig, argwöhnisch, ist ein anerkannt classisches Wort. 
Das Wort suspiriaeus, tief athmend, seufzend, ist ebenso regelmässig ge- 
bildet. Aber es kommt nur bei Plinius dem Aeltem, aber bei diesem 
25mal vor. Nebstdem nur noch bei Columella 6, 38. 1 — und bei Ve- 
getius, an veterin. 1, 11, 1, — Das Wort suapendiosus ist so regelmässig 
gebildet y wie suapiciosus. Aber es kommt nur bei Plinius vor — 28, 49; 
bei Varro ap. Servium ad Virgü. Aen. 12y 603, und in Digeata 3, 2, 11. 

— Das Wort caerimoniome ist regelmässig gebildet, aber es kommt nur 
bei dem spätem Ammian. Marceil. vor (22, 15 [37]) , während Arnobius 
2* 7, p, 237 caerimoniaUa gebraucht, ohne dass dieses ein A£rikanismu8 
wäre. In den romanischen Sprachen ist das Wort sehr gebräuchlich. 
Die Spanier haben einen arragonischen König Pedro, mit dem Beinamen 
el CeremanioBo ^). 



Aula 8 GelUus hat ein eig^enes Kapitel über die mit — ostu zusammengesezten 
Wörter (9, 12, cf. 4, 9). 



96 Zweites Buch. Drittes Kapitel. 



Neunter Vergleichungspuiikt. Das Wort Framea. 

Es wird in der alten Uebersezung in der Bedeutang von ^Schwert* 
häufig gebraucht (s. Taeitus Oerm, 6). Augustin berichtet uns^ dass das 
Wort: Schwert — bedeute (ep. 140 — und t. 5, 1259). „Es ist diess 
das Zeugniss eines Afrikaners für die Bedeutung eines Wortes, welche 
es in der Yulgata hat, obgleich sie ganz verschieden ist von der, welche 
es in den Classikem hat.^ — Aber gerade daraus, dass Augustinus sich 
veranlasst sieht, seinen zunächst — afrikanischen Lesern — das Wort 
zu erklären, ist zu folgern, dass es keine dort einheimische Waffe war. 
— Dieses erhellet auch aus einer Stelle der Passio der heiligen Felicitas 
und Perpetua. Perpetua sah im Geiste eine goldene Treppe von wun- 
derbarer Grösse, die bis zum Himmel reichte, und an den Seiten der 
Treppe waren alle Arten von eisernen Werkzeugen angebracht. Es 
Waren daselbst: Schwerter, Lanzen, Hacken, Schlachtmesser*). Hier 
sind vier in Afrika bekannte Waffen genannt; es ist sogar das griechi- 
sche machaera als Waffe genannt, aber die Waffe der ^yframea^ kommt 
nicht vor. Darum dürfen wir schliessen, dass dieselbe und ihr Name 
in Afrika überhaupt nicht bekannt war. 

Das Wort „framea^ findet sich 5mal in den zahlreichen Schriften 
des heiligen Augustinus. Ebenso oft findet es sich in der heutigen Vul- 
gata; 4mal in den Psalmen, und Imal Zacharias 13, 7*). — Bei Augustin 
findet es sich stets zur Erklärung einer dieser Schriftstellen. Zuerst 
erklärt er es als „Schwert*' und gebraucht zur Verdeutlichung das Wort 
gladius und spatha ^), — „Framea/ sagt er, „wird das genannt, was 
man gewöhnlich spatha heisst. Denn es giebt Schwerter, welche auf 
einer Seite scharf sind, das sind die Schlachtmesser (machaerae). Die 
frameae selbst aber, oder die romphaeae — werden zugleich auch spathae 
genannt und sind breite zweischneidige Schwerter zum Hauen, ohne 
Spize.^ — Diese Erklärung stimmt allerdings nicht ganz zu der des 
Tacitus, nach welchem die framea ebenso gut Lanze, wie Schwert war. 
Aber uns berühret diese Differenz hier nicht. Uns genüget der Beweis, 
dass dieser Name und dieses Wort in Afrika nicht bekannt war. Das 
Wort kommt 3mal noch bei Isidor von Sevilla vor *). — In seinen 



') Et in lateribus acalae omne genus ferramentorum infixum. Erant ibi gladiij lanceaSf 

hamif machaerae, 
') August, op. ed, Maur. 2, 331 — zu Ps. 21, 21 — framea gladius est, nee utique tali 

ferro Christus occistis est. Translato ergo ferro, frameam Unguam dixit persequentium. 

— cf, t 5f 1424 (sertno in f. Cypriani) — framea vero Dei, hoc est gladius Dei. 
') Enarratio in ps. 149. Framea appellatur, quam vulgo spatham dicunt. Sunt enim 

gladii ex una parte acuH, ipsae sunt machaerae. Ipsae autem frameae, ipsae et rom- 

phaeae, ipsae etiam spathae appeUantur, 
*) Isidor. Hisp. op. ed. Arevalo — 4, 379; 6, 32; 5, 277. — Etsfmol. 18,6 — de 



Die alte lateinische BibelÜbersezung vor Hieronymas etc. 97 

Etymologien (18^ 6) ist ein Kapitel , wo er speziell von den Schwertern 
handelt Darnach ist die framea ein zweischneidiges Schwert , das man 
gewöhnlich spatha heisst. Dann versucht er eine seiner gelehrten Ab- 
leitungen des Wortes framea von ferrum^ Eisen, als ob die alten Deut- 
schen lateinisch gesprochen hätten. Doch dieses kann man bei Isidor 
nicht auffallend finden, der z. B. das Wort: spatha von na&eiv — lei- 
den; das Wort „Galizien*', die spanische Provinz im Nordwesten — von 
dem griechischen Worte Ijsvxog — also Weissland — herleitet. — Der 
nicht so gelehrte, aber viel geistreichere Julian von Toledo leitet yfTnors^, 
der Tod — von y,mordeo^% weil der Tod beisse, d. h. wehe thue. — 
Das Wort y^framea^ wird bei uns stets mit „Pfrieme*' übersezt, und 
kommt wohl von dem altdeutschen frumen = werfen, her*). 

Neben Tacitus kommt das Wort noch bei Juvenal (13, 79) und bei 
Aul. Gellius vor (10, 25. 2). Es war also eine in Rom bekannte Waffe, 
Der mehrfache Gebrauch desselben in der lateinischen Bibelübersezung 
wäre also zunächst ein Zeichen, dass dieselbe in einem von Deutschen 
bewohnten Lande verfasst worden ; und da maü diess aus andern Grün- 
den nicht zugeben kann, weist das Wort auf Rom, als den Ort der 
üebersezung hin, wo sich viele deutsche Soldaten befanden, nicht bloss 
zu der Zeit des Cäsar und Augustus, sondern auch später, besonders zu 
der Zeit der Herrschaft des Vitellius 2) (69 n. Chr.). 

Zehnter Vergleichungspunkt. Das Wort ImpropeHum. 

Das Zeitwort Impropero und das Hauptwort kommen 34mal auch 
in unserer Vulgata vor. — Wiseman hat aber nirgends gezeigt, dass es 
bei afrikanischen Schriftstellern vorkomme. Das Zeitwort findet sich in 
der Bedeutung: vorwerfen, Vorwurf, bei dem Dichter Petron. Arbiter 38; 
— das Hauptwort: Schimpf — bei Lactantius 4, 18 (aus der Itala) — dessen 
afrikanische Heimath unsicher ist. — Dagegen findet sich das Zeitwort 
impropero 2mal bei Hermas (1, 2) in dem Sinne von Tadeln; das Haupt- 
wort bei demselben L 3, 9 (24) — {sine improperio = ohne Vorwurf), Bei 
Irenäus habe ich das Wort nicht gefunden. Da es nun bei Properz, 
und dem lateinischen Hermas, der ohne Zweifel in Rom verfasst und 



gladiU — Framea vero gladiua est ex utraque parte acutus, quam vulgo spaiham vocant 
(wie bei Augustin). Ipaa e3t it romphaea. Framea . autem dicta quia ferrea est, 
Nam sicut ferramentum, sie framea dicitur, ac proinde omnis gladius framea. 

') Künsberg, Wanderungen in das germanische AUerlhum, 1861, S. 145. Fra- 
mea = hasta, »Müssen wir nicht framea für ein durch römische Zunge ent- 
stelltes .^lom/a halten?«' 

*) Die Deutschen bildeten die Leihwache der Kaiser his auf Galha; und dann 
wieder von Caracalla an. Zu ihren Waffen hatten sie Schwert und Lanze — 
8. Handbach der römischen Altertbümer von Becker -Marquardt, 3. T. 2. Abth. 
1853, S. 385 -390. — „Germani*^. — Künsberg t c. S. 116-17. 

Garns, Span. Kirche. 7 



dS ^vreiten Bach. Drittes Kapitel. 

übersezt wurde, vorkommt, da Laktanz jedenfalls kein aMkaniscBes La- 
tein geschrieben, so weist* der häufige Gebrauch des Wortes nicht auf 
A&ika, sondern auf Rom hin, als auf den Ort der lateinischen Bibel- 
übersezung. 

Eilfter Vergleichungspunkt. Die übrigen Worte und 

Wortformen. 

Pascua kommt in der alten Vulgata und bei Tertullian als Femini- 
num vor. Diess kann, da wir bewiesen, dass alle trühern Vergleichungs- 
punkte zwischen Tertullian und der Vulgata in ihrer Ausschliesslichkeit 
nicht zutreffen, ^nur beweisen, dass dem Tertullian die alte Uebersezung 
vorgelegen habe. Dasselbe ist mit dem ^ orte linguatus der Fall, welches 
indess auch bei einem lateinischen Dichter vorkommt *). — Uebrigens 
finden sich bei Lrenäus ähnliche Feminina, wie pascua; z. B. operae (die 
Werte) für opera (p. 100, 305). — Dass das Wort Zelare transitiv bei 
Tertullian gebraucht wird, wie in der Vulgata, ist wahr. Aber bei den 
spätem Schriftstellern finden sich solche ungewohnte Transitiva allge- 
mein. Ammian. Marc, sagt z. B. epitomare hiatoriamy die Geschichte kurz 
zusammenfassen; ebenso Vegetius und Treb. Pollio. — Li der Vul- 
gata erklärt sich die Sache einfach aus der wörtlichen Uebersezung aus 
dem Griechischen. Beispiele hievon finden sich bei Hermas und Irenäus 
in Menge. Z. B. eavete vos, hütet euch (Hermas 3, 9). — Magnam tn- 
bulaUonem effugUti propter fidem tuamy et qui talem bestiam non dt^itasti 

— du hast an diesem Thiere nicht gezweifelt — (1, 4) etc. Bei Irenäus 
finden wir Constructionen , wie exsurgvnt verüatem — sie erheben sich 
gegen die Wahrheit (4, 26) — ; ^ynubes manaverunt ros^ — Prov. 3, 20, 
'statt dessen es in unserer Vulgata heisst: ntibes rore concrescunt, in 
welcher vnanare — mit Ausnahme eines einzigen Falles (Eccles. 46, 10), 
nur mit dem Ablative dessen, was ausströmet, construirt wird. 

Wiseman nennt den Gebrauch der Deponentia mit passiver Bedeu- 
tung einen Archaismus, nach Priscian, der, wie Aul. Gellius, die Worte 
eonsolo und horto als Beispiele anführe (15, 13). Beide Wörter werden 
aber als Passiva gebraucht in der heiligen Schrift. Ebenso das Wort 
promereo (Hebr. 13, 16). Nur noch bei Amobius bedeute das Wort: 
durch Opfer versöhnen (Amob. 7, p. 229). — Aber es ist im Grunde 
dasselbe , wenn Plinius der Jüngere sagt : prindpem maxime promerdur 

— er macht sich im höchsten Grade um den Fürsten verdient, oder 
sich den Fürsten geneigt (panegyr. 62). — Das Passivum — mini' 
strari — sich bedienen lassen, komme oft im neuen Testameilte vor. 



*) Pollex PoSta in AnÜioL laL ed, Burmann ^ L 1, p, 625. Hieronymu« nennt sich 
selbst homo irümguü, einen Dreispr&chenmann. 



Die alte lafeiniBche Bibelübersesang vor Hieronymus etc. 99 

Aber es kommt so nicht nur bei Plautus und Golumella vor, wie Wise- 
man anfuhrt, sondern auch bei Cicero — (Action, in Verrem — 3, 44 — 
maximis poculis minigtrctU^r). — Wiseman hält Formen, wie odiunt^ odiho 
— für Afrikanismen. — Aber auch der lateinische Irenäus sagt : non 
odire homines (2, 32). — Ebenso die Worte : nubere und nubi. ,, Auch der 
heilige Hieronymus, der die afrikanischen Schriftsteller, von deren Be- 
wunderung er hingerissen war, oft nachzuahmen scheint, gebraucht das 
Wort; aber vielleicht spielt er auf den Text des heiligen Matthäus an*' 
(ep. 22, 19). — Ich gestehe, von der Bewunderung und Nachahmung der 
afrikanischen Schriftsteller — durch Hieronymus nichts zu wissen. Der 
Gebrauch der Worte nijd)ere und nvbi ist einfache üebersezungvder Worte 
yctfieiv und ixyctfjii^ca&ai — Matth. 22, 30 — und findet sich auch bei 
Irenäus — nubebant und nubebantur (nach Luc. 17, 26; 27); hier hiess 
es in der alten Uebersezung: nubebant et nubd>antur, wahrend es in 
unserer Yulgata heisst: vxores ducebant et dabantur ad nuptias. — Eine 
ähnliche Form, wie nubere und nubi — ist die Form bei Tacitus: nee 
camtmpere et corrumpi saeculum vocatur (German. e. 19). 

Ueber den Ausdruck: contumdiam facere — gehe ich hinweg; denn 
Wiseman sagt selbst: „Ich weiss nicht, ob ich den Ausdruck als Bei- 
spiel anführen soll.** üebrigens kommt derselbe wiederholt bei Hermas 
und Irenäus vor. 

Wiseman führt noch einige Härten der Construction an in der hei- 
ligen Schrift. £s ist gesucht, sie als Afrikanismen zu bezeichnen; es 
ist natürlich und naheliegend, sie aus der wörtlichen Uebertragung aus 
dem Griechischen zu erklären. Dieselbe Erscheinung tritt bei zahllosen 
Stellen des lateinischen Hermas und Irenäus hervor. 



Meine bisherige Beweisführung war eine Widerlegung der gegen- 
theiligen Ansicht. Wollte ich positiv den Beweis führen, dass die alte 
Itala in Italien uad in Rom entstanden, so müsste ich ein Buch schreiben. 
Der Styl der alten Uebersezung hat gar keine Afrikanismen. — Wenn 
ihr Styl ein besonderes Gepräge hat,^ so ist es das der wörtlichen Ueber- 
sezung aus dem Griechischen ; es ist der lateinische Hellenismus. — Die 
alte Itala hat eine Menge von Ausdrücken, die sich bei den Afrikanern 
nicht finden. Das Wort praeeonor — als Deponens kommt nur bei Mar- 
cianus Cerella 1. 17 vor *). — Das Activum praecono — verkündigen, 
predigen — finde ich nirgends. — Aber gerade dieses ist ein Lieblings- 
ausdruck der alten Uebersezung, statt dessen unsere Yulgata: praedico, 
evangelizoj annuntio, eoctollo hat. — Er ist auch ein LiebUngsausdruck des 
lateinischen Irenäus. Der erste Uebersezer der heiligen Schrift hatte 
das Wort xrjQvaaeiv zu übertragen. Er wusste oder fand, dass xr^gv^ 
—————— ^— ——«—-» ' 

') Mardan. Capeüay dt mtptüs phihhgiae et MercurU etc. — ed. Kopp. Francof. 1836. 

•7 * 



100 Zweites Buch. Drittes Kapitel. 

— der Herold — lateinisch praeeo bedeute. Wie er nun die Worte 
xfJQV^ und xfjQvaaeiv — im Griechischen neben einander fandy so bildete 
er nach und aus prcieco — praeconare, ohne zu beachten oder zu wissen, 
dass dieses Wort im Lateinischen nicht gebraucht werde. Ebenso machte 
es der Uebersezer des griechischen Irenäus. Er übersezt: xtjQvaaei^ 
(1, 10; 27) mit praeconare — und da das Wort: xfjovaaeiv im Griechi- 
schen überhaupt ein immer wiederkehrendes Wort ist, so findet sich auch 
praeconare sowohl im Texte als in den Citaten des Irenäus aus der hei- 
ligen Schrift immer wieder. — Bei Tertullian aber und bei den Afri- 
kanern finden wir dieses Wort nicht. — Es ist niemals in Gang imd in 
Gewohnheit gekommen. — Wir sagen darum nicht, dass die erste Ueber- 
sezung aus Gallien stamme. Unsere Ueberzeugung ist, dass sie von Bom 
ausgegangen, und dass der Uebersezer des Irenäus — ebenso wörtlich 
aus dem Griechischen übersezt habe, und dazu noch den Vorgang der 
ersten lateinischen Version der Bibel hatte. 

Die Behauptung, diese Version sei auf dem Boden Afrika^s «ntstan- 
den, weil dort ein besonderes Bedürfniss vorhanden war, übersieht un- 
lösbare Schwierigkeiten. — Das Bedürihiss einer Uebersezung war in 
Italien ebenso dringend, als in Afrika. Niemand kann beweisen, dass 
die Mehrzahl der römischen Gemeinde griechisch verstanden, vollends 
gesprochen habe. Wie bei uns die Eirchensprache die lateinische ist, 
die das Volk nicht versteht, so mochte dort die Eorchensprache die 
griechische seyn, die Predigt und Katechese aber theilweise oder ganz 
lateinisch. Zuerst bei Hermas kommt das Wort ttaiio, oder dies statio^ 
num vor. Das Wort ist doch gewiss lateinisch. Es kann nicht griechisch 
übersezt werden, und der griechische Hermas sagt einfach: axätimv. 
Diess ist denn doch ein Zeichen, dass das lateinischef Element in der 
römischen Kirche sich geltend machte. Im Süden von Bom, noch mehr 
im Norden redete alles Volk lateinisch. Die Inschriften von Herculanum 
und Pompeji sind nur lateinisch ^). Die „überseeischen Länder^ aber, von 
denen das Christenthum nach Afrika kam, waren eben nur Italien und Sici- 
lien. — Wann diess geschah, weiss niemand. Die Ansichten 
kommen um ein ganzes Jahrhundert auseinander gehen (50 bis 150 n. Chr.). 
Aber im J. 58 bestand eine blühende Gemeinde in Rom. — Paulus 



*) Overbeck — Pompeji und Herculanum — Leipz. 1856. »Dieser Inschriften 
ist eine recht ansehnliche Menge vorhanden, eine Folge, welche bei os^ 
kischen Inschriften beginnt, ein paar Beispiele eines corruplen 
Griechisch aufzuweisen hat, und in lateinischer Sprache — fast alle 
Interessen des Lebens berührt.** — Die Inschriften in den Catakomben zu Rom 
sind grösstentheils lateinisch, oder höchstens lateinisch mit griechischen Buch- 
staben oder Worten untermischt. Selbst in den Catakomben des vorzugsweise 
griechischen Neapels giebt es nur einige wenige griechische Inschriften — 
s. Binterim, Denkwürdigkeiten, II, 2 — »Von den unterirdischen Begr&bnissen 
von Neapel *< -^ nach Mamaehi — OHginei tt antiqmtdUa chrManae, 



Die alte lateinische Bibelübersezang vor Hieronymus etc. 101 

fand im J» 61 zu Puteoli „Brüder'^, d. h. eine Christengemeinde, bei der 
er sieben Tage verweilte (Ap. G. 28, 14). Im J. 63 kam er nach Spa- 
nien, mid durch ihn kam das Christenthum in dieses nur lateinisch 
redende Land. Diess sind historische Thatsachen. Die Grtaubensboten, 
die hierauf nach Spanien kamen, bedurften für ihre Sendung einer hei- 
ligen Schrift, sie bedurften einer lateinischen Uebersezung der heiligen 
Schrift. Diese Uebersezung konnte nur in Bom geschehen, und — sie 
war schon im ersten christlichen Jahrhundert ein Bedürfiiiss. * 

Man verwickelt sich in ein Nez von Unwahrscheinlichkeiten und 
Unmöglichkeiten, wenn man den Ursprung der Uebersezung nach Afrika 
verlegt. Sie wäre dann gar nicht verbreitet, und in Bom nicht aner- 
kannt worden. Beruft man sich auf das Bedürfiiiss , so war dieses Be- 
dür&iiss in Rom und Italien ein Jahrhundert früher vorhanden, als in 
Afrika, als in Carthago, von wo wir erst im Anfange des -dritten Jahr- 
hunderts erfahren, dass in dieser Stadt ein Bischof war« 

Ich hätte mich bei dieser Untersuchung nicht so lange aufgehalten, 
wenn nicht Männer wie Lachmann, Tischendorf, Wiseman, Hug, Ad. Maier 
— für die Ansicht des afrikanischen Ursprunges der alten Uebersezung 
ständen. Fr. X. Reithmayr spricht sich gegen diese Ansicht aus. Mit Recht 
sagt er: ;,Wir sind von ferne nicht berechtigt, anzunehmen, den mittlem 
und untern Klassen der Stadtbevölkerung, namentlich aber der kleinem 
Städte und des Landes sei durchschnittlich das Griechische in der Art 
geläufig gewesen, dass sie die göttlichen Schriften ohne Dolmetschung 
verstanden hätten. Weiter nordwärts von Rom hörte man griechisch 
immer seltener sprechen.^ Dann nimmt er an, dass die Uebeirsezung 
in Italien — schon vor der Mitte des zweiten Jahrhunderts entstanden 
seL Diese Uebersezung hätte in Afrika schwerlich Eingang erlangt, 
^wenn ihr nicht die Auctorität der Stammkirche diese verschafft oder 
geschüzt^ hätte. Von Wiseman^s Abhandlung, die Reithmayr eine „sehr 
gelehrte^ nennt, sagt er, dass seine Erklärung der „interpretccHo Itala^ 
des Augustin (de doctr. Christ 2, 16)^ womach dieselbe nur eine gewisse 
Familie von Handschriften bedeute, die in Italien gefertigt und emen- 
dirt wurden, „Wort, Zusammenhang, alle äussern und innem Gründe 
der Wahrscheinlichkeit wider sich^ habe. Die sprachlichen Merkmale 
aber, auf welche die Hypothese sich stüze, seien zu gering, um eine 
Entscheidung zu motiviren; und sind, wie ich gezeigt zu haben glaube, 
in der That nicht vorhanden. 

Der E^dinal Lorenzana von Toledo gab im Jahre 1779 auf das 
Neue die eine Hälfte der mozarabischen Liturgie, das gothische Brevia- 
rium, heraus. In der Vorrede dazu — macht er auf den Punkt von 
entscheidender Wichtigkeit für das Alter und den Ursprung der spani- 
schen Liturgie aofinerksam, dass die Uebersezung der heiligen Schrift 



>) Reithmayr, Einleitung, S. 262 — 63. 



102 Zweites Buch. Drittes Kapitel. Die alte lateinische BibelÜbersezung etc. 

in derselben die der sogenannten „Vetiis ItaW^ sei, und dass dieselbe 
durchaus mit den Citaten Augustinus harmonire, welcher bekanntlich der- 
selben Uebersezung sich vorzugsweise bediente *). 

Die Ausgabe des Lorenzana wurde über Spanien hinaus kaum ver- 
breitet. Wir kennen sie erst, seitdem sie Abb^ Migne im J. 1850 nach 
den Werken Isidor^s von Sevilla abdrucken liess. — Lorenzana starb 
als Kardinal. zu Rom im J. 1804. Als leztes Werk liess er das Misscde 
gothicum — nach der Regel des heiligen Isidor — zu Rom erseheinen ^). 
— Diese neueste Ausgabe scheint vollkommen verschwimden oder we- 
nigstens unbenüzt und unbekannt geblieben zu sejn. Binterim, J. Hefele 
in seinem Ximene», J. Kössing in seinen Vorlesungen über die heilige 
Messe — 2. Aufl. 1850, Mone in seiner Schrift ^^Lateinische und griechi- 
sche Messen aus dem zweiten bis sechsten Jahrhundert^ — 1850, Abb^ 
Migne, der die Ausgabe von AI. Lesley abdrucken liess — 1850, Abt 
Gueranger in seiner Geschichte der Liturgie — deutsch 1854, nicht ein- 
mal die Bearbeiter der „Espanna sagrcida^ nach dem Jahre 1804 er- 
wähnen oder kennen diese neueste Ausgabe des gothischen Missale. In 
München habe ich dieselbe vergebens gesucht Ich vermuthe, die ganze 
Auflage sei in den napoleonischen Kriegen verschwunden^). 

Dom Gueranger, der neueste Schriftsteller in diesem Gebiete, ist mit 
Pinius und Florez, und gegen Lesley der Ansicht, dass „die Gebräuche 
der römischen Kirche ursprünglich jene der spanischen gewesen seien. 
Erst durch die Gotfaen habe jene Liturgie einen orientalischen Charakter 
erhalten'' *). 

Das Goncordat mit Spanien vom Jahre 1851 hat die Erhaltung der 
mozarabischen Liturgie in der von Xemenes dafür bestinunten Kapelle 
am Dome zu Toledo auf das Neue garantirt*). — Der Gottesdienst wird 
regelmässig und jeden Tag gehalten. Zwei neuere Reisende, der Fran- 
zose Latour und der Deutsche Franz Lorinser haben demselben ange- 
wohnt, und beschrieben denselben. Nach Lorinser dauert die heilige 
Messe etwa \ Stunden % 



') S. über ihn — meine Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts , Bd. 2, 49^56. 
— Brevuxrium gothicum — Madrid 1779 — abgedruckt in der Patrol ladna — 
ed. Migne f t 86. 

^) Mistale gothicum — Romae 1804, foL 

') Ad. HelfTerich war selbst in Toledo, und sagt doch, Lorenzana habe die altr 
spanischen Breviere und Messbücher neu herausgegeben, zuerst in Mexiko, dann 
in Rom. Vielmehr hat er das „Breviarium^ herausgegeben in Madrid 1779, 
das „Missale*^ in Rom 1804. Aber es scheint, dass lezteres auch HelfTerich 
nicht zu Gesichte gekommen (s. der Westgothische Arianismus , S. 93). 

*) Dom Gueranger, Geschichte der Liturgie — Bd. 1854, 8. 218 flg. 

^) Art 21. Conservabuniur qwte in Toleiana JEcclesia Mozarabum — nuneupanlttr, — - 
Hz IX, Pontißcis Maximi Acta, P. I, Romae 1854, p. 323. 

•) S. unten — Buch 4, Kap, 8. 



Viertes Kapitel. 

Ueler die mozarabische Hesse. Das Officinm der sieben 
Apostelscbfller in der gothischen Liturgie. 

Die altspanische Messe hat sieben Orationen, von denen jede ihre 
Bedeutung hat. Die erste ist eine Ermahnung an das Volk, dass es 
sich erhebe, Gott sich gnädig zu machen. Die zweite ist die der An- 
rufung, damit er gnaden voll die Bitten der Gläubigen, und ihre Gabe 
annähme. Die dritte wird dargebracht für die opfernden, oder für die 
abgestorbenen Christgläubigen, dass sie durch dasselbe Opfer die Ver- 
gebung erlangen. Die vierte wird sodann verrichtet für den Kuss des 
Friedens, dass alle in Liebe unter einander verbunden, würdig an dem 
Sacramente des Leibes und des Blutes des Herrn Theil nehmen mögen. 
Denn der untheilbare Leib Christi ist fem von jeder Uneinigkeit. Die 
fünfte Bitte wird bei der Weihe der Oblation dargebracht; in der auoh 
alle Geschöpfe der Erde und die Gesammtheit der himmlischen Exäfte 
zum Lobe Gottes aufgerufen, und das Hosanna in der Höhe gesungen 
wird, weil durch die Geburt des Heilandes aus dem Geschlechte Da- 
vid's — das Heil der Welt bis zu der Höhe gelangt ist. Sodann folgt 
als sechste Oration die Bekräftigung des Sacramentes, dass die Gabe, 
welche Gott dargebracht wird, geheiligt durch den heiligen Geist, dem 
Leibe und dem Geiste zum Heile gereiche. Die lezte ist die Oratio, 
welche unser Herr die Jünger beten lehrte, indem er sprach: Vater 
unser , der du bist im Himmel. Also Isidor von Sevilla *). 

Die gothische Messe hat femer zwei Lectionen, eine aus dem alten, 
die andere aus dem neuen Testamente. Sie hat das „Ehre sei Gott in 
der Höhe^, und das Nicänische Credo, Die Messe beginnt, wie die 
lateinische , mit dem Psalme judica me Dem und dem confiteor. — Vor 



') IsUhr de officm eecletiastieiSf I, e. 15, 



104 Zweites. Buch. Viertes Kapitel. 

dem Introitas sagt der Priester : Adjutorium noitrum in nomine Domini etc., 
und : Sit nomen Domini henedictum. Hierauf folgt der Introitus des Festes, 
und zwar ist der Introitus der Siebenmänner aus dem commune pluri- 
morum martyrum. 

Ich will geben meinen Heiligen den ersten Thron, AUelujah: in 
der ewigen Auferstehung: und ich werde sie heimsuchen in meiner 
Freude. Und das ewige Licht wird ihnen leuchten, Allelujah. Und 
die Ewigkeit der Zeiten ist ihnen zubereitet, Allelujah, Allelujah. y. Ge- 
segnet seid ihr von dem Herrn, der Himmel und Erde schuf. 5r. Und 
das ewige Licht. % Ruhm und Ehre dem Vater, und dem Sohne, und 
dem heih'gen Geiste: in Ewigkeit. Amen. gr. Und das ewige Licht. 

Gloria. Ehre sei Gott in der Höhe (wie in der lateinischen Messe). 
An gewissen Tagen wird statt des Oloria der Lobgesang der drei Knaben 
gebetet: Benedicite Domino. Am Schluss wird jedesmal gesprochen: per 
ommia semper aaeeula saectdorum, amen. Dann folgt die erste Oratio: 
" Diese sind, o Herr! die sieben Fackeln, welche diesem Abendlande 
aufleuchteten. — Sie wurden gesendet vom Himmel her, um 
den Unglauben seiner finstern Nacht zu verscheuchen. Wegen 
der uns von dir zu Theil gewordenen Gnade dieses Geschenkes: 
möge uns der Wohlgeruch der evangelischen Lehren aus dem 
Dufte der lieblich riechenden Gebote erquicken. Mit dieser Lehre 
reichlich ausgestattet möge unser Herz und Geist davon Zeugniss 
geben: wofür von dir zur Zeit des Gerichtes nach Würdigkeit 
belohnt zu werden unser demüthiges Flehen ersehnet. 1^. Amen. 
Der Priester geht in die Mitte des Altars, und betet: 
Durch deine Erbarmung, unser Gott, der du gebenedeit bist, und 
lebest, und alles regierest in Ewigkeit. Das Volk: Amen, Der 
Priester: Der Herr sei immer mit euch. Das Volk: Und mit 
deinem Geiste. 
Erste Lectio — libri Ecclesiastici Salomonis , cap, 44, 2 — 16. — Deo 
Oratias. Vielen Ruhm erwarb durch sie der Herr etc. (aus dem 
Feste der heiligen Apostel Petrus und Paulus). 5r. Amen, 
Der Priester: Der Herr sei immer mit euch. Das Volk: Und mit 
deinem Geiste. 
Nun wird das Psallendum gesungen, welches dem lateinischen Crra- 
duale zu vergleichen ist. Es lautet am Feste des ersten Mai (der Sieben- 
männer) aus demselben Apostelfeste: 
Ueber die ganze Erde ist ausgegangen ihr Ruf, und der Ton ihrer 
Stimme bis an die Grenzen der Erde. X Es sind nicht Stimmen 
, und nicht Sprachen, deren Klang man nicht verstände. 5r. Und 
an der Erde Grenzen. 
Nim spricht der Priester oder Diacon: Silentium facite — haltet 
Stille — imd fängt die zweite Epistel an: 
Sequentia Epistolae PauU (xpoatoU ad Epheaios (e. 1): Brüder! Gnade 



Ueber die mosarabische Messe. Das Officiam etc. 105 

sei eudi und Frieden von Gott unsenn Vater und dem Herrn 
Jesus Christus etc. (aus demselben Äpostelfeste). Das Volk: Deo 
graiia»; am Schlüsse der Epistel aber: Amen, 
Der Priester: Der Herr etc. — Das Volk: Und mit deinem Geiste. 
Vor der Lesung des Evangeliums, das nun folgt, verlangt der Prie- 
ster oder Diacon den Segen , und spricht: 
LeeUo S. Evangelii seeundum Jocmnem (ea/p. 15, 7 — 17). In illia dU- 
bu8 etc. — 9r. Amen. — Dann wieder: Der Herr sei — 
Nun wird das Lauda mit dem Allelujah gesungen: An unserm 
Feste, nach demselben Apostelfeste. X Die Hinmiel erzählen die Ehre 
Gottes, und seiner Hände Werk verkündet das Firmament. ]^. Allelujah. 
Während des, Evangeliums wird auf die Epistelseite das Missale 
offerentium gelegt. Dann beginnt das Offertorium. Während der Opfe- 
rung der Hostie betet der Priester: 
Dieses Opfer möge deiner Majestät angenehm seyn, allmächtiger, 
ewiger Gott, welches wir dir darbringen für unsere Sünden 
und Uebelthaten, für die Befestigung der heiligen katholischen 
Kirche, und für die Anhänger des katholischen Glaubens; durch 
Christus unsem Herrn. — In dem Namen des Vaters f? ^^^ ^^ 
Sohnes, und des heiligen Geistes, etc. 
Nun legt er die Patene mit der Hostie auf das Gorporale, nimmt 
und segnet den Kelch: In dem Namen des Vaters f, und des Sohnes, 
und des heiligen Geistes. Amen. Bei der Opferung des Kelches betet 
er: Wir opfern dir, o Herr! den Kelch, zur Segnung des Blutes Christi, 
deines Sohnes, und wir flehen zu deiner Milde, dass er vor dem An- 
gesichte deiner göttlichen Majestät mit lieblichem Wohlgeruche empor- 
steige: durch denselben Christus unsem Herrn. 

t)er Kelch wird mit der Palla, welche im Mozarabischen Filiola 
oder Amieulus heisst, bedeckt. Dabei spricht der Priester: Wir bitten 
dich, o Herr! nimm gnädig diese Gabe an, und verzeihe allein Opfern- 
den, und denen, für welche geopfert wird, ihre Sünden. Durch Christus 
unsem Herrn. 

Es folgt das Gebet: In dem Geiste der Demuth etc., worauf der 
Priester sogleich sagt: Unterstüzet mich, Brüder, durch euere Gebete, 
und bittet für mich zu Gott. Es wird geantwortet: Es helfe dir der 
Vater, der Sohn, und der heilige Geist. 

Es folgt eine Antiphon, welche Sacrifidum heisst, und der römi- 
schen Antiphon „Offertorium^ ähnlich ist. Sie lautet an dem Feste der 
Fürsten der Apostel, und der sieben Apostelschüler: Kommet, ihr Ge- 
segneten meines Vaters, empfanget das Reich, das euch bereitet ist 
vom Anbeginn der Welt: Allelujah. Jf. Wenn der Menschensohn in 
seiner Herrlichkeit kommen wird; und alle Engel mit ihm: dann werden 
die Gerechten wie die Sonne glänzen in dem Reiche Gottes: Allelujah. 
Dann nimmt der Priester Wasser, und spricht still, indem er die 



ißß Zweites Buch. Viertes Kapitel. 

Opfnrgaben mit drei Fingern segnet: In dem Namen des Vaters , des 
Sohnes und des heiligen Geistes regierest du, o Gottl von Ewigkeit zu 
Ewigkeit. ^. Amen. 

Der Priester y gegen den Altar geneigt , betet stille: 
Ich werde zu dir hinzutreten in der Demuth meines Geistes, ich werde 
zu dir reden, weil du mir grosse Hoffiiung in der Ejraft gegeben. 
Du also, Sohn David's, der du das Geheimniss offenbartest, und im 
Fleische zu uns kämest, eröffiie die Geheimnisse meines Herzens 
mit dem Schlüssel deines Kreuzes , sende einen der Seraphim, der 
mit glühender vom Altare genommener Kohle meine unreinen 
Lippen reinige, den Geist erleuchte, imd mir Kraft zum Lehren 
gebe, damit diese Zunge, welche in Liebe dem Nuzen des Näch- 
sten dienet, nichts Unwahres verkünde, sondern das Amt, die 
Wahrheit zu lehren, stets vollbringe, durch dich, mein Gott, 
der du lebest und regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit Amen. 
Hier endigt die MisM caUehummorum , und beginnt die ^Miaa^^. 
y. Der Herr sei mit eucL ^. Und mit deinem Geiste« , 

Es folgen die sieben Orationen. 
Oratio Missae. Geliebteste Brüder! Lasset uns diesen Tag: an welchem 
das Andenken unserer Lehrer begangen wird: deren Gegenwart 
in unsern Städten uns, wie wir wissen, durch apostolische Voll- 
macht geschenkt wurde: mit frommem Sinne feiern. Indem wir 
von unserm gemeinsamen Herrn und Heiland Jesus Christus es 
erflehen : dass auf ihre Fürbitte unsere Herzen von allen Uebeln 
gereinigt werden, durch deren Lehre dieses Abendland erleuchtet 
worden ist. $: Amen. 
Durch deine Barmherzigkeit, unser Gott, der du gepriesen bist, und 
lebest, und alles regierest von Ewigkeit zu Ewigkeit. 1^. Amen. 
Der Priester spricht mit erhobenen Händen: Lasset uns beten. 
Qr. Der Chor: Agyoa: agyos: agyoa (heilig, heilig, heilig). Herr Gott, 
ewiger König, dir Lob und Preis*). — Dann spricht der Priester: 
Lasset uns die heilige katholische Kirche in unsern Gebeten im Herzen 
tragen: damit dieselbe der Herr in Glaube, Hoffnung und Liebe 
gnadenvoll auszubreiten sich würdigen möge : Lasset uns aller Ge- 
fallenen, Gefangenen, Kranken und Fremden gedenken: damit 
Gott sie gnädig befreien, heilen und stärken wolle. $; Der Chor: 
Verleihe es, ewiger allmächtiger Gottl 
Alia oratio: Christus, du Sohn Gottes, der du durch die ganze 
Welt die gesonderten Hüter des Glaubens sendest: du hast diese 
Lehrer für unsere Gegenden bestimmt. Nemlich den Torcatus 
und den Secundus, den Indaletius, den Tesefon, den Eufirasius, 



') Das äyiög spricht nicht für unmittelbar griechischen Ürsprang der Liturgie, so 
weni^, als unser küqu iieittor. 



Ueber die mozarabisclie Messe. Das Officium etc. 107 

den Ceeilius und den Esicius^ durch deren brennende Pfeile ihres 
Wortes der Irrthum des Unglaubens, der auf die spanischen Län- 
der gefallen war, entwich: nimm das Gelübde unserer Bitten an: 
und bereite uns diejenigen zu Tröstern: welche das einheimische 
Volk als seine Fürsprecher bekennt. Denn, wie durch ihre Pre- 
digt die Flamme des Glaubens in unsere Länder kam, so mögen 
durch deren Hilfe unsere Leiber vor dir entsühnet seyn. ^ Amen, 

Durch deine Erbannung, unser Gott, in dessen Angesicht die Namen 
der heiligen Apostel und Märtyrer, Bekenner und Jungfrauen ge- 
nannt werden. Amen. 

Es bringen Gott dem Herrn das Opfer dar unsere Hohenpriester, der 
römische Papst ^), und die Uebrigen, für sich und den ganasen 
Clerus, und für die ihnen zugewiesenen kirchlichen Gemeinden, 
oder für die Gesammtheit der Brüder. Ebenso opfern alle Prie- 
ster, Diaconen, Cleriker, und das um sie rersammelte Volk zu 
Ehren der Heiligen für sich und die Ihrigen. — $& Sie opfern 
für sich und alle Brüder. 

Commemaraiio, Wir feiern das Andenken der seligen Apostel und 
Märtyrer, der glorreichen seligsten Jungfrau Maria, des Zacharias, 
Johannes, der (unschuldigen) Kinder, des Petrus, Paulus, Johannes, 
Jacobus , Andreas etc., Marcus, Lucas. T^. Und aller Märtyrer. — 
Ebenso der Seelen der EntsQhlafenen (genannt werden Hilarius, 
Martinus, Athanasius, Ambrosius, Augustinus, Fulgentius, Leander, 
Isidor, David, Julian, Julian H.,. Petrus L und H., Johannes, Ser- 
Yusdei, Feli3;:, Cyprian, Vincentius, Gerontius und viele spätere, 
die allniälig in das Yerzeichniss kamen. 1^, Und aller Entschlafenen. 

Oratio post nomina. Gott und Gottes Sohn, dessen wunderbarer Name 
durch den Mund der Prediger verkündigt wird: gieb uns, dass 
wir durch die Bitten deines Torquatus und seiner Gefährten nach 
dem Wohlgeruche deiner Salbungen überall dir nachfolgen. Darum 
wollen wir, vergessend dessen, was hinter uns liegt: also zu dem 
Ziele der himmlischen Berufung eilen: dass wir in beständiger 
Freude frohlocken, dass unsere Namen im Hinmiel aufgezeichnet 
seien: indem dieses insbesondere uns nahe liege, dass du uns, die 
wir für die Verstorbenen bitten, erhören wollest. Jk Amen. 

Weil du das Leben der Lebendigen, die Gesundheit der Kranken, 
und die Ruhe aller abgeschiedenen Christgläubigen bist von Ewig- 
keit zu Ewigkeit. {Er. Amen. 

Ad pticem (die vierte Oration). Jesus , du eingebomer Gottessohn des 
ungebomen Vaters: der du mit jenem siebenfältigen Geiste der 
Gnaden die Apostel erfülltest: du hast sieben unserer Landstriche 
— Schaaren, nemlich die sieben Bischöfe zuzusenden dich gewür- 



') Diess ist gewis« ein sehr starkes Zeugiiiss, dass 4ie Liturgie von Rom kam. 



108 Zveites Bach. Viertes Kapitel. 

digt: welche, mit dem siebenfachen Beichthume der Gnaden er- 
füllt: uns die Blinden oder in Nebel Eingehüllten durch ihre 
Gegenwart erhellen sollen. Gieb uns das heitere Lacht der Ge- 
rechtigkeit: den Frieden des ewigen Lichtes: die beständige Fülle 
des heiligen Geistes. Auf dass wir reichlicher erfüllt mit deinem 
segensvollen Frieden: dein herrliches Angesicht in seliger Gegen- 
wart schauen mögen. ]^. Amen. 

Denn du bist der wahre Friede und die ungetheilte Liebe, der du 
mit dem Vater und dem heiligen Geiste als ein Gott lebest und 
regierest in Ewigkeit. Jk Amen. 

(Der Priester erhebt die Hände): Die Gnade Gottes, des allmächtigen 
Vaters, der Friede und die Liebe unsers Herrn Jesu Christi und 
die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei immer mit uns allen. 
JEr. Und mit den Menschen, die eines guten Willens sind. 

Der Priester: Wie ihr hier stehet, gebet euch den Frieden, ©i Meinen 
Frieden gebe ich euch, meinen Frieden hinterlasse (anempfehle) 
ich euch, nicht wie die Welt ihn giebt, gebe ich den Frieden. 
y. Ich gebe euch ein neues Gebot, dass ihr euch unter einander 
liebet. T^, Meinen Frieden gebe ich euch etc. — X Lob und 
Ehre sei dem Vater, und dem Sohne, und dem heiligen Geiste. 
9; Meinen Frieden gebe ich euch etc. 

Der Priester nimmt die Patene, küsst sie, und reicht sie dar mit den 
Worten: Empfanget den Euss des Friedens und der Liebe, damit 
ihr theilhaftig seiet der hochheiligen Geheimnisse Gottes. 

Die niatio oder Präfatio. 

Priester: Ich werde eintreten zu dem Altare Gottes. Jk Zu Gott, der 
meine Jugend erfreut. 

Die Hände über den Kelch haltend sagt der Priester: Aures ad Domi- 
num: die Ohren zu dem Herrn. 5r. Wir haben sie bei dem Herrn. 

Er erhebt die Hände: Sursum corda — aufwärts die Herzen. 9». Wir 
wollen sie erheben zu dem Herrn. 
Mit zusammengefalteten Händen , sich tief zur Mitte des Altares beu- 
gend, spricht er: 

Unserm Gott und unserm Herrn Jesus Christus, dem Sohne Gottes, 
der in dem Himmel ist, wollen wir würdiges Lob und würdigen 
Dank darbringen. 5r. Es ist würdig und gerecht. 

Es ist würdig und gerecht : dass wir dir immerdar Dank sagen, ewiger 
allmächtiger Gott, den Glauben an dessen glorreichen Namen 
die weittragenden Posaunen der Lehrer verkünden: und die sich 
des Vorrechtes der Predigt an ihren eigenen Orten erfreuen: aus 
ihrer Zahl erkennen wir diese Sieben an, die mit der Gnade des 
Vorsteheramtes ausgestattet, und in unsere Gegenden von den Apo- 
steln gesendet wurdest Nemlich den Torquatus, den Secundus, 



Ueber.die mosarabische Messe. Das Officium etc. 1Q9 

den IncUdetius, den Tisifon, den EufrasiaSy den Cedlius und den 
Esicius. Welche die Anordnung der Apostel für Spanien bestimmt, 
um den \katholischen Glauben hier zu pflanzen. Ihre ruhmreiche, 
und unsem Städten schon nahe Predigt erfüllet ims mit hoher 
Freude, welche durch Wunder ihre Bekräftigung und ihren Fort- 
gang fand. Denn, da sie in der Nähe dieser Stadt*) ihre Schüler 
aussandten, um einige Lebensmittel zu kaufen: so vollbrachten ihre 
Begleiter, was ihnen aufgetragen worden. Aber siehe plözlich, 
da sie sahen, dass die Menschen den Gözen opfern: da die.Un- . 
gläubigen sich durch den offenen Cult ihrer Religion zu erkennen 
gaben: so verfolgt sie in stürmischem Laufe die Menge der Un- 
gläubigen bis zu dem Flusse. Dort aber trennt eine alte mächtige 
Brücke beide Theile von einander. Denn wie nach der alten Ge- 
schichte Israel durch das rothe Meer gieng, das ihnen einen Weg 
der Rettung öffnete, so löste sich jezt, bei der Flucht der Schüler 
dieser Seligen, die Brücke plözlich durch das Dazwischentreten 
eines Wunders auf: sie rettete die fliehenden Anhänger der Hei- 
ligen: die verfolgenden Ungläubigen aber versenkte sie völlig in 
die strömenden Wpgen. Dort theUen sich beim Uebergange IsraeFs 
die Wogen des Meeres: hier löst sich, um Christi Diener zu er- 
retten, der Bau eines ungeheuren Werkes auf. Dort gehen die 
Verfolger in den Fluthen des Meeres untere hier werden die 
Schaaren der Nachsezenden durch die Auflösung des Brücken- 
baues im Bette 4es Flusses versenkt. Dort werden die Aegyptier 
sammt ihren Wagen begraben: hier werden die Verlornen mit den 
Steinen hinabgestürzt. Dort singen die Israeliten, nachdem der 
Feind in die Tiefe versunken war, Gott ein Lied des Lobes: hier 
Wünscht in gleicher Freude das Volk der Erlöseten sich Glück: 
und sie verkünden dir den Lobgesang mit den heiligen Engeln: 
indem sie also sprechen: 

§; Heilig, heilig ist der Herr, der Gott der Heeresschaaren, Himmel 
und Erde sind erfüllet mit der Herrlichkeit deiner Majestät, Ho- 
sanna dem Sohne David's. Gepriesen sei, welcher kommt im Namen 
des Herrn. Hosanna in der Höhe. Hagios, Hagios, Hagios, Eyrie, 
o Theos (beilig, heih'g, heilig, bist du, o Herr! unser Gott)^ 
Der Priester spricht die t Oration Post Sanctm. 

Wahrhaft heilige wahrhaft gebenedeit ist unser Herr Jesus Christus, 
dein Sohn, welcher bei der Vertheilung seiner besondern Wohl- 
thaten an die Länder — unseres Gebietes nicht vergessen wollte, 
indem er uns so mit dem siebenfachen Erweise der Bischöfe be- 
gnadigte,^ dass wir, erneuert durch die siebenfache Gna,de, ihm 
diese Opfer für so grosse Wohlthaten in frommem Sinne darzu- 



') Acei oder Guaduc. 



110 Zweites Buch. Vierte« Kapitel. 

bringen schuldig sind, weil er selbst der Herr ist und der ewige 
Erlöser. Amen. 
Dann &Itet der Priester schweigend die Hände, neiget sich vor dem 
Altare /und spricht: 
Sei gegenwärtig, sei gegenwärtig, guter Jesus, Hoherpriester, in un- 
serer Mitte, wie du in der Mitte deiner Jünger wärest, und hei- 
lige t diese Opfergabe, dass wir die Geheiligten f nehmen durch 
die Hände deines heiligen Engels, heiliger Herr, und ewiger Er- 
löser. Unser Herr Jesus Christus nahm in der Nacht, in welcher 
er yerrathen wurde, das Brod, er dankte, segnete f und brach es, 
und er gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmet' hin und esset. 

Dieses Ist mbi Leib, ier Ar eiick daklDgegebeii wird. 

(Hier wird der Leib erhoben.) So oft ihr davon esset, so thuet dieses 
zu meinem f Andenken. 9*. Amen. 
Ebenso nahm er auch den Kelch nach dem Essen, und sprach: 

Dieses Ist ier Reich des neuen Buies in neinea Blute » das Ar encli 
and Ar fiele wird Yergossen werden zur Vergebung der Sünden. 

(Hier wird der mit der Palla bedeckte Kelch erhoben.) 
So oft ihr trinket, so thut dieses zu meinem f Andenken! {Er. Amen. 
So oft ihr von diesem Brode esset, und von jenem Kelche trinket, 
so sollet ihr den Tod des Herrn verkündigen, bis er in Herrlich- 
keit vom t Himmel kommt. T^. Amen. 

f Oratio post pridie. 

Allmächtiger Gott! der du, um die Versammlung unsers Erdtheiles zu 
retten, die sieben Leuchten der Bischöfe gesendet hast, sende auf 
die Fürbitte derselben, deren heiligstes Andenken an deinem Altare 
begangen wird, den heiligen Geist von deinem "Wohnsize herab, 
durch den du den dargebrachten Gaben die Heiligung, imd unsem 
Lehrern die überströmendste Heiligkeit verleihen mögest. 1^. Amen. 
Das verleihe uns, heiliger Herr! weil du uns, deinen unwürdigen 
Knechten, alle diese überaus grossen Güter erschaffest, sie f hei- 
ligest, belebest, f segnest, und f sie uns f verleihest, damit sie 
seien f gesegnet von dir, unserm Gotte, in alle Ewigkeit. 1^ Amen. 
(Dann nimmt der Priester den Leib des Herrn von der Patene und 
hält ihn über den offenen Kelch, und spricht mit erhöheter Stimme, an 
allen Fest- und Sonntagen, ausser an den Orten, an denen eine beson- 
dere Antiphon ist, bei dem Brechen des Brodes:) 
Der Herr sei immer mit euch. $■. Und mit deinem Geiste. 
Den Glauben, den wir im Herzen tragen, wollen i^ auch mit dem 
Munde bekennen. 
(Und der Priester erhebt den Leib Christi, damit er von dem Volke 
gesehen werde, und der Chor spreche das Symbolum, in zwei Abthei- 
lungen , nemlidi:) 



Ueber die mocarabische Messe. Das Officium etc. 



111 



Wir glauben^ an einen Gott^ den allmächtigen Vater, den Schöpfer 
Himmels und der Erde, den Gründer alles Sichtbaren and Un- 
sichtbaren. Und an einen Herrn Jesus Christus, den eingebomen 
Sohn Gottes, geboren aus dem Vater vor aller Zeit, Gott aus Gott, 
Licht aus dem Lichte, wahrer Gott aus dem wahren Gotte: ge- 
zeuget, nicht erschaffen ; homougium mit dem Vater, das ist, gleicher 
Substanz mit dem Vater, durch welchen alles geschaffen wurde, 
was im Himmel und was auf Erden ist: welcher wegen uns Men- 
schen, und wegen unsers Heiles vom Himmel herabgestiegen: imd 
durch den heiligen Geist Fleisch angenommen hat aus Maria der 
Jungfrau, und Mensch geworden ist Er hat gelitten unter Pon- 
tius Pilatus. Er ist begraben worden, und am dritten Tage auf- 
erstanden. Er ist aufgefahren in den Himmel, und sizet zur rechten 
Hand Gottes des allmächtigen Vaters. Von dannen wird er kom- 
men, die Lebendigen und die Todten zu richten; seines Reiches 
wird kein Ende seyn. Und an den heiligen Geist, den Herrn, 
den Lebendigmacher, der vom Vater und vom Sohne ausgehet, 
der mit dem Vater und dem Sohne angebetet und verherrlicht 
werden soll, der -durch die Propheten geredet hat Und an eine 
heilige katholische und apostolische Kirche. Wir bekennen eine 
Taufe zur Vergebung der Sünden. Wir erwarten die Auferstehung 
der Todten, und das Leben der zukünftigen Welt Amen. 
Nach diesem bricht der Priester die Eucharistie in der Mitte, und 
legt die eine Hälfte auf die Patene, und von dem andern Theile macht 
er fünf Partikeln, und legt sie auf die Patene: dann nimmt er die an- 
dere Hälfte, und macht vier Partikeln, und legt sie gleichfalls auf die 
Patene -der Reihe nach; und sogleich reinigt er sorgsam die Finger, be- 
deckt den Kelch, und legt das Memento ein für die Lebendigen. 





Corporatio 
1, 


• 


Mors 
6. 


Nativitaa 
2, 


Resurrectio 

7, 


*. 


Curcumciao 
3. 


Qloria 
8. 




AjpparitM 
i. 


Regnum 
9. 




PäBtio 
5, 





112 Zweites Buch. Viertes Kapitel. 

Zum Gebete des Herrn. 

Lasset uns beten. Wohlan, geliebteste Brüder! erhebet mit mir die 
Blicke nach oben, um besonders dieses von Gott zu erflehen, dass 
er, der sich gewürdiget hat, das Herz der seligen Luparia plözlich 
zu erleuchten, uns in diesem Augenblicke von jeder Mackel der 
Verbrechen vollkommen zu reinigen sich würdige, indem wir von 
der Erde zu dir rufen, und sagen: 

Unser Vater, der du bist in dem Himmel. 5r. Amen. 

Geheiliget werde dein Name. §''• Amen. 

Dein Reich komme. (Er, Amen. 

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden, g: Amen. 

Unser tägliches Brod gieb uns heute. T^, Denn du bist Gott. 

Und vergieb uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsem 
Schuldigern. T^, Amen. 

Und führe uns nicht in Versuchung. T^ Sondern erlöse uns von 
dem Uebel. 
Der Priester spricht: 

Befreiet von dem Uebel, stets im Guten bestärkt, mögen wir würdig 
seyn, dir unserm Gott und unserm Herrn zu dienen. Mache, 
o Herr! ein Ende unsem Sünden; gieb Freude den Bedrängten, 
schenke die Freiheit den Gefangenen, den Kranken die Gesund- 
heit, und den Abgestorbenen die Ruhe: verleihe Frieden und Sicher- 
heit in allen unsern Tagen; brich die Keckheit unserer Feinde, 
und erhöre, o Gottl die Gebete aller deiner Knechte, der gläu- 
bigen Christen, an diesem Tage und zu jeder Zeit. Durch unsem 
Herrn, Jesus Christus deinen Sohn, der mit dir lebet und regiert 
in der Einigkeit des heiligen Geistes als Gott von Ewigkeit zu 
Ewigkeit, gr. Amen. 
Nun nimmt der Priester die Partikel Regnum — 9 — von der Pa- 
tene, lässt sie in den Kelch fallen, und spricht stille: 

Das Heilige den Heiligen, und die Vereinigung des Leibes unsers 
Herrn Jesu Christi sei uns, die wir nehmen und trinken, zur Ver- 
gebung, und es gereiche den abgeschiedenen Gläubigen zur Ruhe. 
Er bedeckt den Kelch und spricht: 

Beuget euch zum Segen. , 

Der Herr sei immer mit euch. 5r. Und mit deinem Geiste. Christus 
der Herr, der durch die Siebenzahl der Häupter die Gegend der 
untergehenden Sonne heimzusuchen gnadenvoll beschlossen hat, 
er selbst möge euch durch die Gegenwart seiner Maj'estät erleuchten. 

' 5r. Amen. 

Und der sie zum Heile Spaniens abgeordnet hat, er selbst möge euch 
sowohl durch ihre Predigt als Fürbitte — selbst leuchtend machen. 
]^. Amen. 



Ueber die mozarabisehe Mess«. Das Officium etc. ^ 113 

Dass ihr nach euerem Hingänge den Antheil derjenigen besizen möget, 
deren Predigt ihr aufnehmet ^ und deren Gedächtniss ihr jezt be- 
gehet T^, Amen. 

Durch deine Erbarmung, unser Gott, der du gepriesen seiest, und 
lebest, und alles regierest in Ewigkeit. ^, Amen. 

Der Herr sei inmxer mit euch. ^. Und mit deinem Geiste. 

Äd Äccedentes. 

Freuet euch, Völker, und jubelt: der Engel sass auf dem Steine des 
Herrn: er selbst hat euch die Kunde gebracht: Christus ist auf- 
erstanden von den Todten, der Weltheiland: und er hat alles mit 
Lieblichkeit erfüllt. Freuet euch, ihr Völker, und jubelt. X Es 
war aber sein Anblick, wie der Bliz: und seine Kleider weiss, 
wie Schnee, und er sprach : Psal. Christus isf von den Todten auf- 
erstanden. X Und es giengen die Frauen schnell hinweg vom 
Grabmale mit Furcht und grosser Freude : sie eilten, um den Jün- 
gern zu melden, dass er auferstanden sei. Psal, Christus etc. 
X Ehre und Ruhm etc. Psdl. Freuet euch etc. 
Nachdem er diess gesprochen, nimmt er eine andere Partikel, die 
folgende Qloria, und spricht also: 
Das Himmelsbrod will ich vom Tische des Herrn empfangen, und 
den Namen des Herrn anrufen. 
Er spricht das Jdemento für die Todten , indem er diese Partikel 
über dem Kelche hält, dann spricht er: 
Herr, mein Gott, gieb, dass ich den Leib und das Blut deines Sohnes 
unsers Herrn Jesu Christi also empfange, dass ich dadurch die 
Vergebung aller Sünden zu erlangen und mit deinem heiligen 
Geiste erfüllt zu werden verdiene, unser Gott, der du lebest und 
regierest in Ewigkeit. Amen. Hierauf: 
Sei gegrüsst für alle Zeit, heiligster Leib Christi, für alle Zeit die 
höchste Wonne. 
Hier geniest er die Partikel Gloria, und alle übrigen der Reihe nach; 
und er nimmt den K(;lch, und spricht: 
Sei gegrüsst für alle Zeit, du himmlischer Trank, d«r du mir vor 

allem und. über alles süss bist. 
Der Leib und das Bhit unsers Herrn Jesu Christi bewahre meinen 
Leib und meine Seele in das ewige Leben. Amen. 
Und zu der Ablution sagt er: 
Herr, mein Gott, Vater und Sohn und heiliger Geist, gieb, dass ich 
dich immer suche und liebe; und durch diese heilige Communion, 
die ich empfangen, niemals von dir getrennt werde, denn du bist 
Gott, und neben dir ist kein anderer, in Ewigkeit. Amen. 

Garns, Span. Kirche. 8 



114 



Zweites Buch. Viertes Kapitel. 



Communion. Gestärkt mit dem Leibe und Blute Christi loben ^mr 
dich^ Herr! Allelujah, Allelujah, Allelujah. 
ffier wird das Missale hinweggenommen, welches heisst: BL OffC" 
rentium, und ein anderes Missale auf die Epistelseite gelegt , und er 
spricht die Oration: 

Oratio. Herr, allmächtiger Gott, der du das Leben und das Heil der 
Gläubigen bist, an den wir glauben, als an den wahren kommen- 
den Richter, sei uns gnädig, und die wir dieses Opfer für unser 
und der Unsrigen Heil, oder für die Sühnung unserer Sünden, 
zur Ehre des heiligen Torquatus und seiner Gefährten dir dar- 
gebracht haben, lass uns fühlen, dass die Hilfe dner Erbarmung 
über uns ausgegossen werde, dass wir, die wir schon erquicket 
sind am Mahle deines Tisches, durch deine reiche Gnade den ewi- 
gen Lohn zu erlangen würdig werden, ßr. Amen. — Durch die 
Erbarmung etc. Der Heir sei mit mermi euch. 5r. und mit etc. 

Die Festlichkeit ist vollbracht im Namen unsers Herrn Jesu Christi. 
Unser Gelübde sei angenehm mit dem Frieden. $; Gott sei Dank. 



Der Hymnus des Festes (aus der Vesper und den Landes). 



1) Urbis Romuleae jam toga Candida 
Septem Pont\ficum destina promieai 
Missos Hesperiae quos ab ÄpostoUs 
Ädsignat fldei priaca relatio ') 

2) Hi sunt perspicui Iwninis indices 
Torqu<Ua8, Jesifons, atque Hesicius 
Hie Indaletius sive Secundus 
Juncti EufrasiOf Caecilioque sunt^ 

3) Hi Evangelica lampade praediti 
Lustrant occiduae partis areniia 
Quo sie catholicis ignibus ardeantj 
Ut cedant facibus fuma nocentia 

4) Äccis contintto proxima fit viris 

Bis senis stadiis, qua procul insidentf 
Mittunt asseckts, esculenta quaerere 
Quibus fessa dapibus membra r^ficerent. 

5) Illic discipuU idola gentium 
Vanis inspiciunt ritibus excoli: 
Quos dum agere ßetibus immorant, 
Terrentur potius ausibus impüs. 

6) Mox insana fremens turba satellitum 
In his dum fidei Stigmata nosceret 
Ad pontem fluvü usque per ardua 
Incursu celeri kos agit in fugam. 



7) Sed pons praevalido murice fortior 
In partes subito pronus resohitur, 
Justos ex manibus hostium eruens 
Hostes flumineo gurgite subruens. 

8) Haec prima ßdei est via plebium 
Inter quos muUer sancta Luparia 
Sancios adgreditns oemit ei obsecratj 
Sanctorum monita pectore conioeans, 

9) Tunc Christi famula adtendens obsequio 
Sanctorum, statuit condere fabricam, 
Quo baptisterü undae patescerentj 

Et culpas omnium grmiia tergeret 

10) IlUc sancta Dei femina Hngitur 
Et vitae lavacro tincta renascitur. 
Plebs hie continuo pervolat ad fidem 
Et fit cathoUco dogmate multiplex. 

11) Post haec pontificum chara sodaUtas 
Partitur properans Septem in UrbibuSf 
Ut divisa loeis dogmata fimderent 
Et sparsis populos ignibus urerent 

12) Per hos ^esperiae finibus indüa 
Inluxit fidei gratia praeeoxi 
Hinc signis variiSf atque poientia 
Virtuäan, homines credere provocat. 



') Brisca relatio — eine alte Nachrichl; — also ist auch dieser Hymnus aus einer 
spätem Zeit. 



Ueber die mosarabische Messe. Das Officium etc. 



115 



13) Ex Arne jtutUiae fructibus inchfti 
Vitam muit^Uci foenore tßnninantf 
CoMepti iuMuUs urbibuM in suis, 
Sic sparso einen una Corona est 

14) Sine te iurba potens unica septies 
Orata petimus pectoris abdito 



üt vestris predbus sidus in MtHeris 
Portemur soeii dvibus AngeUs, 
15) Sit Trino Domino ffloriOf unico 
Patri cum Genito, cUque ParacHto 
Qui sohts Dominus Trinus et Uhus est 
Saeculorum vcUide saecula continens. Amen, 



Sttpplieatio. Lasset xms beten zu dem Welterlöser ^ unserm Herrn 
Jesus Christas, mit innigem Flehen, dass er durch die Fürbitten 
des heiligen Torquatus und seiner Gefährten uns die Vergebung 
der Sünden und den Frieden schenken wolle. ^. Verleihe es, 
ewiger allmächtiger Gott. Kyrie eleison. ]pr. Christe eleison, 
Kyrie eleison. 

Capitüla. Siehe Herr, wir feiern das Andenken unserer Bischöfe, 
durch deren Lehre der christliche Glaube zuerst in unsere Gegen- 
den gelangt ist, des Torquatus nemlich, des Lidaletius, Tisefon, 
Eufradus, Cäcilius und Esitius, — und flehen dich an, dass du 
durch ihre Fürbitten uns von dem Schmuze unserer Verbrechen 
befreiest, und mit der Gnade deiner geistigen Gaben uns umfangest, 
mit derea Gegenwart du dieses Abendland heimzusuchen dich ge- 
würdiget hast. Vater unser etc. 

Benedietio. Gott, welcher der herrliche Führer der Reise des Tor- 
quatus und seiner Gefährten gewesen ist , möge selbst gnädig euere 
V^gehen euch nachlassen. ]|^. Amen. 

Und der ihre Schüler durch den wunderbaren Einsturz der Brücke 
▼on den Gottlosen erlöset hat, möge euch von allen Versuchungen 
fleischlicher Sünden erlösen. T^. Amen. — Damit ihr mit jenem 
Feuer des Gektes, mit welchem sie den Namen Christi eueren 
Gegenden verkündet haben, das Irdische verschmähen, und stets 
das HimmUsche im Herzen tragen möget u. s. w. 

Orcaio. Selig sind wahrlich, Herr, und aller Ehre würdig jene, deren 
Antheil zu sein du dich gewürdigt hast. Daher möge auf die 
Fürbitte deiner Heiligen, des Torquatus und seiner Gefährten alles, 
wfts dir in uns nicht^unterthänig ist (quod tibi ex nobis non militatj, 
die in uns brennende Liebe zu dem himmlischen Vaterlande voll- 
ständig austilgen-; und dann möge una mit diesen Heiligen, deren 
Seelen in deiner Hand sind, deine Erbarmung im Himmelreiche 
vereinigen: |k Amen. 



Aus der Matutiit 

% 

Anna. P$.S^. OrtOh. Sesp, etc. 
Diesü sind, o HeArl die sieben Fackeln, welche dieses Abendland 

8* 



116 



Zweites Bach. Viertei Kapitel. 



erleuchteten, die vom Himmel gesendet wurden, um die Nacht des 
Unglaubens dieses Landes zu verscheuchen — etc. 
Oratio. Gott und Gottes Sohn, das Licht der Sterne, der Glanz der 
Gestirne, der glanzvolle Morgenstern, die ewige Klarheit und der 
überäiessende Lehrer der Heiligen , möge uns mit dem Stabe meiner 
Gerechtigkeit lehren — durch die beständige Fürbitte seiner Hei- 
ligen Torquatus und dessen Gefährten, und indem wir in dem, 
was sie herrlich gelehrt haben, erleuchtet werden und es vollbrin- 
gen, im Perzen es bewahren, damit wir zu dem, was bei dir 
hinterlegt ist, was kein Auge gösehen, kein Ohr gehöret, nach 
diesem Leben ungefährdet, und von dem Joch der Sünden frei, 
gelangen mögen. 



Aus den Landes. 
Der Hymnus und die Supplicatio wie in der Vesper. 



Capitida, Adest domine clara et 
eviäem tuorum illa Septem Pontifi- 
cum revoluti temporia anniia celebri'' 
tos, dlma aolemnüa», per quos du" 
dum occidentalis plagae novellae fidei 
germine praedicationia sarculo plan" 
tare dignatus es normam; per quos 
nefariae superstitionis coruseantelump" 
nis radio effugare dignatus es dogma, 

« 

His ergo intervenientibus ardeant in 
conspectu gloriae tuae desideriorum no^ 
strorum clibana: deferantur precum 
veridica holocausta: aeceptentur votO" 
rum pura libamina. His orantibus tri- 
buaniur cunctis sacrosancto Altario tuo 
deservientibus nivei candoris munditia 
cnstitatis : Virginibus almipudoris men^ 
tis et corporis remuneranda integritas: 
coniinentibus et omnibus in commune 
fidelibus operis sancti effectus, a te in 
futuro examine rite beandus, Tor^ 
qualus ex his nobis praroget moni^ 



Es ist, o HerrI die hehre und 
glänzende jährliche Feier jener dei- 
ner sieben Hohenpriester der alten 
Zeit erschienen, die festliche Zeit, 
durch welche da vordem die ersten 
Pflanzen des Abendlandes durch den 
in dasselbe gepflanzten Keim der 
Predigt zu erwecken dich gewUrdiget 
hast, durch welche du -* mit glän- 
zenden Strahlen des Lichtes den 
Wahnglaubon zu verscheuchen dich 
gewürdiget hast Auf' deren Ver- 
mittlung also mögen in dem Ange- 
sichte deiner Herrlichkeit die Feuer 
unserer Sehnsucht brennen: es mö- 
gen vor dir aufsteigen die aufrich- 
tigen Opfißr der Bitten; es mögen 
dir wohlgefällig seyn die reinen 
Trankopfer der Gelübde. Auf ihre 
Fürbitten möge allen, die vor dei- 
nem heiligen Altare dienen, die reine 
Keuschjieit in fleckenloser Schöne 
zu Theil werden, den Jungfrauen 
die verdienstvolle Unversehrtheit der 
hehren Sittsamkeit des Leibes und 
der Seele: den Enthaltsamen und 
allen Gläubigen iosgesammt die Voll- 
bringung ihres heiligen Werkes, 



üeber die mozarabische Messe. Das Officium etc. 



117 



Uum omamenta virttUum: Tisefons 
a te, qui es fons vitacy uberrimo doc" 
trinae gurgitis, poculo satiet: Incius 
sceleris nostri piacula mundet. In^ 
dalecius judex (index?) bonorum ope^^ 
tum spiritualium älimenta ministret: 
Seeundus futuri advenim tui gaudio 
electorum participio jungat: Eufra- 
du8 quadrifluo Evangeliorum amne 
caiholicae fldei dogmata firmet: Cae- 
dlius coetibus Angelorum nos ad" 
tociet, Sic quoque plebs älumna sanC' 
torum tuorum in Canticis Labiorumj 
et Laudis jubiloj festa rite excolenSf 
septempliciter dono gratiarum exu" 
heretj ui ad id quod oculus non vidit^ 
nee auris audivit^ quod praeparasti 
his qui te diligunt, criminum mole 
dempto eihereii sedibus eontutanda 
praedictorum ducatu perdueatur ad 
regna. Pater nos t er, Liberati a 
malo etc. Lauda,, Voa eetis vasa etc. 
BenedieHo (alles, wie in der Vesper). 



damit du sie nach Verdienst in dem 
kommenden Gerichtehelohnest. Von 
ihnen möge Torquatus uns die Zier- 
den der schmückenden Tugenden 
reichen: Tisefons möge uns von dir, 
der du die Quelle des Lebens bist, 
mit dem reichsten Tranke der strö- 
menden Lehre sättigen: Isicius möge 
die Befleckungen unserer Sünde 
reinigen : Indaletius der Richter gu- 
ter Werke möge uns die geistige 
Nahrung reichen: Seeundus möge 
uns zu der Freude deiner einstigen 
Ankunft mit der Gemeinschaft dei- 
ner Auserwählten verbinden: Eu- 
frasius möge mit dem vierfachen 
Strome der Evangelien die Lehren 
des katholischen Glaubens bestär- 
ken: Cäcilius möge den Schaaren 
der Engel uns beigesellen. So möge 
denn das Volk der Gläubigen, die 
Pfleglinge deiner Heiligen mit dem 
Gesänge des Mundes und dem Jubel 
des Lobes ihr Fest geziemend be- 
gehen, und von dem siebenfachen 
Geschenke der Gnaden überströ- 
men: damit es zu dem, was kein 
Auge sah, und kein Ohr gehört, 
was du denen zubereitet hast, die 
dich lieben, befreiet von der Last 
der Schuld, unter der Führung die- 
ser Heiligen gesichert in den himm- 
lischen Wohnsizen zu dem Reiche 
(der Herrlichkeit) geführet werde. 



Fünftes Kapitel. 

Das Wander bei Guadlx« 



§. 1. Der Weg des Torquatus und seiner Gefährten von Rom 

nach Guadix. 

Wir finden die Apostelschüler — vor der Stadt Acdy welche zwei 
Tagereisen von Älmeria und dem alten Urci, fünf Tagereisen von Car- 
thagena^ eine Tagereise von Granada entfernt ist. Sie kamen von Rom. 
Welchen Weg haben sie eingeschlagen? Gewiss nicht den Landweg. 
Dass sie zur See nach Spanien gekommen^ wird von niemand bestritten. 
Wenn man in Südspanien von einer Reise ausser Landes redete, so 
dachte man nur an eine Seereise. — Die zu Elvira versammelten Väter 
sprechen im Canon 38 von Reisenden, sie sagen aber nicht, die, welche 
von ihrem Wohnorte in die Ferne (zu Lande) reisen, sondern die — 
welche ;,zu Schiffe in die Ferne reisen*' *). — Es kann also hier nur 
die Frage seyn, in welchem Hafen Spaniens sie gelandet haben. Weder 
in Tarraco, noch in Gades; wohl auch nichtiin Malaga. Am nächsten 
liegt es^ anzunehmen, in Carthagena, wohin man von Rom ebenso gut 
in vier Tagen gelangen konnte, wie nach Tarraco, da Plinius bezeugt, 
dass man in so vieler Zeit überhaupt von der Seeküste des tarracone- 
sischen Spaniens nach Rom gelangen konnte, und da weder Carthago 
nova, noch Acci in der Provinz Bätika lag. 

Dieses ist denn auch die gewöhnliche Annahme. So sagt der alte 
ehrliche Ferreras (f 1735) in seiner Geschichte von Spanien: ^Sie stiegen 
allem Ansehen nach zu Carthagena an' das Land. Von dieser Stadt 



*) Loco peregre navigantes, — Ebenso Florez 4, 5. Doch scheint es mir gpesucht, 
die Worte der Messe des Torquatus: divino gubemaculo comitante — auf eine See- 
reise zu deuten. 



$. 1. Der Weg des Torqnatns und «einer Gefährten von Rom nach Gnadix. 119 

gieng^n sie ungesäumt nach Ouadix, ohne Zweifel (?) in der Absicht, 
sich daselbst zu trennen. Kurz vor Guadix lagen sie aus Müdigkeit 
stille ^y 

Franz Lorinser von Breslau ^ der im Herbste des J. ^854 denselben 
Weg gegangen, von Lorca nach Guadix und Granada, führt diess als 
spanische Tradition an, dass die sieben Apostelschüler in Carthagena 
gelandet, und nachdem sie zuerst in Guadix gepredigt, sei Torquatus in 
dieser Stadt als Kschof geblieben, die übrigen hätten gleichfalls bischöf- 
liche Size errichtet^). 

Doch erhebt sich dagegen die gewidbtige Auctorität des Henr. Florez, 
der von der Landung in Carthagena nichts wissen will. Er sagt, die 
Lage der alten Hafenstadt Urci (von welcher Lage wir bei Lidaletius 
handeln werden), entspreche der Lage von Guadix. Man müsse, da die 
Seereise der Siebenmänner eine ausgemachte Sache sei, an einen der 
Guadix am nächsten liegenden Seehäfen denken. ;,Wir wissen,^ sagt 
er, „aus dem gothischen Officium der Heiligen, dass sie an dem Punkte 
von Spanien, an welchem sje anlangten, sich in der Nahe der erwähnten 
Stadt befanden. Acci war unverzüglich ganz nahe den Männern ^).^ 
Wenn sie nun in einem der beiden Seehäfen Urci oder Portus Magnus, 
welches dem heutigen Almeria entspreche, an das Land gestiegen, so 
waren sie hi^ der Stadt Guadix am nächsten^). Von dort, d. h. von 
Urci oder Almeria seien sie zu Fuss nach Guadi^ gewandert. Vom 
nächsten Seehafen bis Guadix seien es 13| Leguas gewesen. 

Das alte Urd lag in der Nähe der alten Stadt Barea, des heutigen 
Vera, an der Mündung und der linken Seite des Flusses Almanzora* 
Von hier, wie von Almeria — sind es zwei Tagereisen nach Guadix. 
Von dem alten Castulo lief die römische Heerstrasse nach Malaga und 
Gades über Acci, und von da in ^er weiten Ausbiegung nach Süd- 
osten über Urci, und sofort von hier aiis beständig in der Nähe des 
Mittelmeeres nach Malaga. Von Guadix nach Abla, das in dem Itinerar 
des Antonin Alba heiast, waren es 32 römische Meilen. Nach Madoz 
ist das heutige Abla sechs spanische Leguas von Guadix entfernt, was 
eine kleine Tagereise ausmacht. Von Alba gieng die Heerstrasse nach 
Urci (wo heute der Weiler Villaricos von 317 Seelen im Gerichtskreise 
von Vera liegt) , und die Entfernung vnrd auf 24 Miglien angegeben *). 



») Ferreras, Geschichte von Spanien bis 1598, Madrid 1700^1727 in 16 Bden. — 

Deutsch von Baumgarten. Halle 1754—1772, I, S. 351. 
*) Lorinser, Reiseskizzen aus Spanien, 4Bdchen, 1855 und 1858. Bd. II, S. 73^ 

ha dridad antigtta de Cartagena fue la porta aureä por donde entrö en Espanna la 

Evangelica docirina — s. P. Morote Perez Ghuecos, Geschichte von Lorca, 1741, 

p. 99-101. 
') Accis continuo proxima fit viris, 
*) Florez 4, 5. 
*) lÜMTorimi AnUnMf ed, Porthof ei Pbuier, BeroL 1848^ 



120 Zweites Bueh. Fünftes Kapitel. 

Da wir die Biegungen dfer alten Strasse nicht kennen , so dürfen ^r, 
mit Rücksicht darauf, was in dem nächsten Paragraph über die Entfer- 
nung von Baza nach Guadix gesagt werden wird, deii Weg von Alba 
nach Urci für eine Tagereise erklären. 

Gleichfalls sind es auch heute noch zwei Tagereisen von Almeria, 
wenn hier Portus Magnus lag , nach Guadix. Von einer directen Strasse 
aber zwischen Portus Magnus und Acci wissen die alten Quellen niehts — 
und Florez spricht zudem die Meinung aus (der ich nicht beitrete), dass 
die römische Heerstrasse so weit nach Osten, bis Urci, gelaufen sei, 
weil sie der Sierra Nevada ausweichen wollte. Sei dem, wie immer, 
von Urci wie von Almeria waren und sind es zwei Tagereisen nach 
Guadix, und von keinem Punkte der Meeresküste kann man in weniger 
als zwei Tagen nach Guadix gelangen, wie denn auch — Ptolemäus — 
Acci zu den im Innern des Landes gelegenen Städten der Bastitaner 
rechnet. 

Will man das Wort: continuo — „unverzüglich*' kamen sie nach 
Acci, wörtlich nehmen, so — passt es auch auf die Entfernung von 
zwei.Tagereisen sowenig, wie von fünf Tagereisen. Will man es wört- 
lich nehmen, so müsste man annehmen, dass die Siebenmänner wie durch 
ein Wunder in einem Nu gleichsam durch die Lüfte vor die Stadt Acer 
geführt worden seien, so dass es scheinen konnte, Acci sei ihnen selbst 
entgegengekommen. — -. Eine solche Annahme findet sich nirgends. Wohl 
aber würde sich dann in dem Berichte ein Widerspruch finden, indem 
er meldet, dass ihre Glieder vor Anstrengung der Reise gleichsam auf- 
gelöst gewesen, und sie sieh vor Acci niedergelassen haben — wie solche, 
deren Kräfte auf das äusserste erschöpft waren. 

Also muss „continuo^ einen andern Sinn haben. Wir können es 
übersezen: sie kamen unverzüglich nach Acci'), d; h. sie blieben in 
Carthagena, wo sie landeten, keinen Augenblick, sie hielten an keinem 
Orte des Weges zwischen Carthagena und Acci an, sie machten nir- 
gends einen Versuch, zu predigen^ indem sie, ihrem erhaltenen Auftrage 
gemäss, in das Innere des südlichen Spaniens eilten — in der Richtung 
der Städte Castulo, Cordova, Astigi und Hispalis, wo nach der Erfah- 
rung und Ueberzeugung des Apostels Paulus sich ihnen das reichste 
Feld apostolischer Thätigkeit darbot. 

§. 2. Der Weg von Basti nach Acci (Baza nach Guadix). 

Die grosse Heer- und Handelsstrasse Spaniens, genannt die Strasse 
des Herkules, lief von Emporias und Tarraco über das grosse Esparto- 
feld , bis gegen Neucarthago , von da südwestlich über Lorca (Eliocroca) 



') Condnuantibua üer obviam fit Aoei, 



J. 2. Der Weg yon Basti nach Acei (Baia nach Gnadix). 121 

und Baza nach Guadix. Bei Nencarthagö, dem Haupthandelsplaze des 
alten Spaniens nach Cadix, verliess die Strasse die Nähe des Meeres, 
und durchzog quer den südlichen Theil der Provinz Tarraconensis, der 
zwischen dem Meere und Bätika liegt, das heutige Hochandalusien, die 
unfruchtbare, nur von einzelnen fruchtbaren Thälem durchzogene Steppe. ' 
Von Neucarthago nach Eliocroca oder Lorca giebt der römische Reichs- 
wegweiser 43 Meilen Entfernung an, von da nach der Station ad Morum 
[heute wohl Chirivel]*) 24, von hier nach Baza 16, von da nach Guadix 
26 römische Miglien. Willkomm giebt die Entfernung von Baza und 
Guadix auf 10 Stunden an, d. h. auf eine Tagereise. Demnach waren 
es von Neucarthago nach Guadix 4 — 5 Tagereisen. — Eine unter* 
suchung, ob die wirkliche Entfernung von Neucarthago und Guadix 109 
römische Miglien, oder etwa. — 42 Stunden betrage, können wir nicht 
anstellen. Cort^s hilft sich damit, dass er sagt, die Entfernung von 
ad Morum und Basti müsse auf 75, statt 25 römische Miglien angenom- 
men werden^). Solchen willkührlichen Hypothesen können wir nicht 
folgen. Für uns begründet es keinen unterschied, ob man die Entfer- 
nung von Guadix und Carthagena — auf vier, fünf oder sechs Tage- 
reisen ansezt. Dieselbe Richtung, wie zur Zeit der Römer, hält heute 
noch die Strasse von Carthagena und Lorca — nach Guadix ein; sie 
verfolget theilweise einen von der Natur ihr selbst vorgezeichneten Weg, 
und sie verfolgt den alten Weg, weil die alten Städte Eliocroca, Basti 
und Acci heute noch an ihrer alten Stätte stehen. Erst in Guadix ver- 
lässt die heutige Strasse die alte Richtung der römischen Strasse. 

Die Strecke der Strasse von Neucarthago bis Acci, wo mehrere 
Strassen sich durchkreuzten, und wo ein grosses Strassennez zusammen - 
und auseinanderlief, war nahezu der belebteste , der begangenste und 
be&hrenste Weg in ganz Spanien. Denn was von Gallien und Italien, 
was vom ganzen Osten und Nordosten Spaniens zu Land und See kam, 
was in der Richtung der fruchtbarsten Provinz Bätika, in der Richtung 



>) Es giebt eine Schrift im Manascripte, welche beweisen will, dass das römische 
Morus zwischen Baza und Lorca der Ort Chirivcl sei, den ich aber bei Mudoz 
nicht finde — s. Diodonario von Munoz — p, 196, — Dagegen kommt das 
Dorf bei Fr. Lorinser vor — I, S. 287, sowie bei Laborde. 

*) Die Entfernung von Carthagena nach Lorca — 12Leguas, von Baza nach Gua- 
dix — 7 Leguas, von Velez-Rubio nach Baza 11 Leguas, von Lorca bis Velez* 
Rubio — 7 Leguas — zusammen 37 Leguai, wäre etwa 52 Wegestunden. — 
Dagegen sagt Hacklander, eine Legua sei stark 14 deutsche Meilen. Hack* 
länder, ein Winter in Spanien, 1,306. Nach Fr. Lorinser ist eine Legua eine 
kleine deutsche Meile — } einer geographischen Meile. 7 — 9 Meilen sind eine 
Tagereise. Lorinser, 1,235. — 10 Tage braucht man von Valencia nach Gra- 
nada. ^* S. Dicdonario geogn^fieo'histarieo de la £tpanna antigua, v. Corles, t 3, 
(1836) — p. 203 (Ad Morum), Nach Laborde sind es gleichfalls 67 Leguas 
von Carthagena nach Guadix. 



122 Zwtltm Bncb. Fünftes Ki^itoL 

ist grossen nnd berOhmten Städte Castulo, Malaga, EmeritSy Corduba, 
Astigis, Hispalis, Grades — und so vieler anderer reisen wollte oder 
sollte, war auf diese grosse Pulsader des Verkehres angewiesen ^). Auf 
dieser Strecke umd an dieser Strasse begegnen uns auch die ersten Glau* 
bensboten, die von Rom aus das Evangeliam in Spanien predigen 
sollte ^). 

Mnzelne Oasen oder Flussthäler abgerechnet , war und ist aber diese 
Gegend, welche von Yeles-Bubio an — Hochandalusien heisst, ein 
rauhes, unfruchtbares und unwirthliches Land. Dieses gilt besonders von 
dem Wege zwischen Baza und Guadix. Wilde Gebirge erfüllen den 
grössten Theil der Oberfläche, nemlich die eisgekrönte Sierra Nevada, 
und die in drei Abtheilungen zerfallende Hochebene von Guadix, Baza 
und Huescar ^). Der Weg von Baza bis Guadix führt über die Sierra 
de Baza, und die kleinere Sierra de Gor. 

Die Hoja de Baza (die Grube von Baza) ist, mit Ausnahme der 
Thäler des Rio de Baza, Rio de CuUar, Barbata und Guardal, weder 
bebaut, noch bewohnt, eine öde, nackte, schattenlose, kreideweisse Mulde 
ohne Trinkwasser, von 10 Meilen Länge und 2| Meilen Breite. Sobald 
man den Fluss von Baza überschritten hat, gewahrt man auf eine Ent- 
fernung von fünf Stunden keinen Baum, keinen Strauch, noch eine 
menschliche Wohnung. Die Steppe erscheint wie ein von der Sonne 
beschienenes Schneefeld, durch die kleinen Würfel von Eochsalzkrj- 
stallen, welche die Steppe bedecken ^). Ziemlich in der Mitte des Weges, 
nemlich drei Leguas von Baza und vier Leguas von Guadix, befindet 
sich die Venta del Baul, welche heute als Haltpunkt auf der Tagereise 
von Baza nach Guadix gilt Der Weg von hier bis Guadix ist sehr 
mühsam^), wild und öde. 

„Der Weg von Baza an*', sagt Fr. Lorinser^), „der mitunter tiefe 
Schluchten durchschneiden musste , war schlecht und steinig. Gegen zehn 
Uhr gelangten wir in eine tiefe, wilde Gebirgsschlucht, die von allen 
Seiten von gigantischen Felscolossen eingeschlossen war, und in deren 
Tiefe die sogenannte Venta del Baul lag. Hinter der Venta war die 



Strabo, 3, 158. Neucarthago ist der grösste Stappelplaz sowohl der über- 
seeischen Waaren für die im Bionenlande Wohnenden, als der dort heimischen 
für alle Auswärtigen. 

*) Jezt ist es hier sehr öde geworden. »Auf dem ganzen Wege zwischen Murcia 
und Granada sind wir keinem einzigen Wagen begegnet.« Fr. Lorinser, 1, 265. 

') Moriz Willkomm, die Strand- und Steppengebiete Spaniens. Leipzig 1852, S. 44. 

^ Willkomm a. a. O. S. 92 — 93. «Am 11. Juli 1845 verliess ich Baza; um 11 Uhr 
Vormittags hatte in der Steppe die Hize 46 Grade erreicht« 

*) Franz Lorinser, Reiseskizzen aus Spanien, 1, S. 302. — Die vier Leguas, 
welche von der ^Venta del Baal bis Guadix gerechnet werden , waren sehr 
lang. 

•) S. 300. 



$. 3. Das Thal tod Gaadlx. Die Lage der Stadt, und das Gebirge über ihr. 123 

Gtegend Me, ein walires Faramo (wüste, anangebaute Landgegend); 
hin und wieder zeigten sich Getreidefelder — nebst riesenhaften Disteln. 
Die yier Leguas von del Baul bis Guadix waren sehr lang ^),^ 

^Alimälig senkte sich die Hochebene zu einem Thale nieder. Eine 
äusserst sonderbar gezackte und felsige Mauer von spizigen, wild zer- 
rissenen, pyramidenförmigen Kegeln von nicht bedeutender Höhe ver- 
deckte das Thal von Guadix. Ein schauerlicher Hohlweg führte durch 
diesen scheinbaren Felsengürtel , dessen Theile indess nur aus weicher, 
br5cklicher Erde bestanden, die ganz unfruchtbar und vegetationslos 
war, in vielen Windungen in das Thal von Guadix hinab, das — von 
den Strahlen der beinahe untergehenden Sonne beleuchtet, nun vor uns 
lag, ein Anblick, der mir unvergesslich bleiben wird.^ 

§, 3. Daß Thal von Guadix. Die Lage der Stadt, und das 

Gebirge über ihr. 

„Zu den Füssen lag, lang gedehnt, die stattliche, tburmreiche Stadt^ 
von malerischen Mauern umschlungen. Unmittelbar hinter derselben 
erhob sich ein Gürtel von eben solchen wildzerrissenen , spizigen Pyra- 
miden, wie wir so eben mittels des Hohlweges durchschritten hatten, 
bräunlich roth und finster drohend über die Thürme der Stadt hinweg- 
ragend, ein unbeschreiblicher Anblick, von dem kein Vergleich 
eine Darstellung geben kann. Vor der Stadt breitete sich in der schmalen 
Ebene eine üppige, überaus liebliche Huerta aus, die mit ihrem dicken 
Buschwerk wie ein paradiesischer Garten die Stadt umgab*).* 

In drei verschiedenen Schriften beschreibt Moriz Willkomm die merk- 
würdige Lage von Guadix, in seinen Reiseerinnerungen aus Spanien, 
seiner ^pyrenäischen Halbinsel*, am ausführlichsten in seinen Strand - 
und Steppengebieten Spaniens. — Die ärmeren Klassen der sehr zahl- 
reichen Bevölkerung in den Thälem von Guadix wohnen in Höhlen der 
Erde. Manche Ortschaften, wie z. B, PuruUena (auf dem Wege nach 
Granada) bestehen zum grössten Theile aus Höhlen. — j,Am meisten 
überrascht,* sagt er^ „der Hauptort des Plateau, die alte Maurenstadt 
Guadix, welche im Schoosse eines äusserst fruchtbaren Thalkessels ruht, 
übei" dessen üppiggrüne Baumpflanzungen auf allen Seiten die nackten, 



■) Ebenso M. Willkomm, Reiseerinnerangen, Bd. 3, S. 70 flg. Die Gegend wurde 
von Stunde zu Stande öder, die Hiz« anerträglicher. Ausser einigen grau- 
grünen StlzpAanzen war weil und breit keine Spur organisehen Lebens zu 
entdecken. In der ganzen .Umgegend giebt es stundenlireise kein trinkbares 
Wasser. (Anf der ganzen Streeke von Baza nach Gnadijc liegt kein Porf und 
kein Weiler.) 

*) liorinstff, 1, d03*-4 



124 ■' Zweites Btteh. Fünftes Kapitel. 

braunrotben, abenteuerlich gestalteten .Wände der öd^i St^pe empor- 
ragen ').^ 

;,Guadix hat ein alterthümlichesy doch nicht maurisches Aussehen. 
Unter seinen Kirchen ^seichnet sich namentlich die bischöfliche aus, ein 
hocbgethürmtes Gebäude von gothischer Ba.uart. Die Umgegend ist, so- 
weit es die funbedeutende?) Breite des Thaies, und die (geringe?) 
Wassermasse des Flusses gestattet, sorgfältig bebaut, und blickten nicht 
auf allen Seiten die braunen Hügel der Diluvialformation zwischen dem 
Grün der Gärten hervor, so würde man kaum glauben, inmitten einer 
sonnverbrannten Hochebene zu se3m^).' 



tf 



§. 4. Der Fluss von Guadix, und die Lage der Stadt an ihm. 
Die beiden Nebenflüsschen Rio de Gor und Fardes. 

Zwei mit zahlreichen Zuflüssen begabte Gewässer, der Rio de Guadix 
und der Rio Barbata, aus deren Vereinigung der Guadiana menor, einer 
der Hauptzuflüsse des Quadalquivir, entsteht, durchschneiden die Steppe 
von Hochandalusien. Der Rio de Guadix durchströmt die westliche 
Hälfte. Der Fluss von Guadix entsteht aus 27 Bächen, welche grössten- 
tbeils von der Sierra Nevada herabströmen. Südlich von Guadix laufen 
16 dieser Bäche zusammen'). Trozdem ist der Fluss von Guadix nur 
ein grosser Bach. £r hat zwei bedeutende Zuflüsse in der Nähe von 
Guadix selbst. Von der rechten Seite strömt in ihn der Rio de Gor. 
Nach Fr. Lorinser ist es ein klarer, wasserreicher Gebirgsbach ^) ; er 
mündet gegenüber der Stadt in d^n Fluss von Guadix, in der Mitte der 
beiden Strassen , welche von Almeria und von Baza kommen ^). 

Der zweite bedeutendere Nebenfluss ist der Rio Fardes. Er ent- 
springt auf dem Gebirge zwischen Granada und Guadix, näher bei er- 
stcrer als bei Iczterer Stadt — die Fntfernung der beiden Städte beträgt 
neun Leguas. — ]^r strömt in östlicher, dann nordöstlicher Richtung, 
h^t einen Lauf von etwa 5| Leguas, bewässert die Markungen von 
Diczroa, la Peza, Gra^na und Burullena, wo er ^von der Strasse nach 
Guadix sich nordöstlich entfernt, und mündet eine Stunde nördlich von 
der Stadt in den Rio de Guadix. 

Yon diesem Fardes nun behauptet Pedro Suarez, d^ Geschieht« 



') Willkomm, Strandgebiete, S. 92 — Reiseerinnernngen, 3,69. 

•) Reiseerionerungen^ 5,70 — 71. 

') Ma<ioz ~ UDter Guadix. Willkomm, Strand- und Steppeogpebiete, S. 90. 

*) Bei der Yen ta de Qor (Gor beisst ein. kleines Pueblo, das man links vom 
Wege in einem FeUentbale liegen sieht) rieselte ein klarer wasserreieher Ge- 
birgsbacfa neben der Strasse, was in Spanien ebenfalls zu den Seltenheiten ge- 

^ rechnet werden muss. ' 

*) Nach der Reisezeicbnung des Weges von Mnrcia nach Granada von Laborde. 



$. 4. Der Flttst von Guadix, und die Lage der. Stadt an ihm. 125 

schneiber des* Bisthmnes Guadix und Baza, tind nach ihm Henr. Flörez^ 
dass die eingestürzte Brücke über ihn erbaut gewesen isei. . Die Stadt 
Guadix liegt heute an der linken oder westlichen Seite des Flusses von 
Guadix / so dass diejenigen, welche «- ih alter und neuer Zeit -^ vom 
Carthagena — herkommen , den Fluss von Guadix voriier überschreiten 
mussten, ehe sie nach Guadix gelangten '); 

Suarez^) behauptet in seiner Kirchengeschichte von Guadix , dass 
die Stadt nur ihren alten Namen verändert, dass sie aber ihre alte Lage 
nicht verändert habe« Florez meint, dass weder die Ansicht des Yasäus 
noch des Suarez ein Gewicht habe^). ^ Das alte Acci habe an dem 
Orte gelegen, den man Guadix el viejo (Guadix das alte) nenne, ein 
Ort, welcher 4 einer spanischen Legua — etwa !■}• Stunde vom.jezigen 
Guadix entfernt sei, in der Richtung von Nordosten, und etwa ■}• Legua 
von dem Bio Fardes, der im Osten von Guadix fliesse, indem er die 
Stadt im Westen habe, wobei Florez auf seine Karte in Bd. 5, S. 49 
verweist« Aber diese Karte ist völlig unrichtig. Sie lässt den Rio Far- 
des, statt von Westen, von Südosten kommen. 

Zweitens beruft sich Florez auf die Erzählung des Wunders von 
Guadix, womach zwisdien den Siebenmännern und der Stadt die Brücke 
war. Diess anzunehmen nöthigt die Erzählung nicht« Die Heiligen 
konnten die Brücke überschritten haben, und sich an derselben Seite 
befinden, wo die Stadt lag. Nun aber stürmte die Menge gegen sie 
hera&, und sie giengen wieder über dieselbe Brücke zurück. 

Drittens beruft sich Florez auf Suarez, der behauptet, dass die in 
Frage stehende Brücke nicht über den Fluss von Guadix, sondern über 
den Fardes gegangen sei. Denn nach deir Vereinigung des Rio Alhama 
mit dem Fardes zeigen sich bei lezterem Trümmer einer alten Brücke. 
— Allein der Bach Alhama- geht in den Badh Fardes bei PuruUena« Diesa 
liegt jedoch im der Strasse von Guadix nach Granada, eine Legua west^ 
lieh von Granada. Weder Suarez noch Florez scheinen eine Lokal-^ 
kenntniss von Guadix und den benachbarten Bächen gehabt zu haben; 
denn sie verwirren alles« 

Was bedeutet es femer, dass an irgend einem von den 27 Bächen, oder 
60 Rinnsalen ^), die in der Gegend von Guadix rinnen oder ausgetrocknet 



So die Schriften und die Karten. Nur hat miefa Willkomm eine Zeit lang: 
unaicher gemaeht, weil er in seiner grossen und genauen Karle Spaniens (Strand- 
und Steppengebiete) die Stadt Quadix an das rechte Ufer sezt. Alle andern 
mir. vorliegenden garten, z. B. von Laborde, von Sohr und Handtke (von Berg- 
baus 1855) sezen die Stadt auf die linke oder weslUehe Seite« 

*) Hißtoria del ohispado d€ Quadix jr BoMttf ucrda pwr d' Dr. D, Pedro Suart», ca^ 
peüan de Sa Majeaiad, en la et^iUa dt Im SJS, Reyea nuevo» de Toledo, Madrid 
1696. fol p, 39. 

^ Espanna aagrada, 7, 4 eqq, 

*) Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 3,68. 



126 ZweiMs Bvdi. Fttnftes Kapitel. 

sind; irgendwo ein aker Brückenüberrest sich findet? Kann Jemand 
im Ernste glauben^ dass in Acd, einem Hauplmittelpmikte des Verkehres 
für ganz Spanien , die eingestürzte Brücke nicht alsbald ^eder berge* 
stellt worden sei, dass man die Trümmer — Trümmer seyn, und den 
ganzen Strassenverkehr liegen gelassen habe? 

Seine Hypothese hat Florez später selbst aufgegeben^ er hat sie als 
einen Irrthum widerrufen, als er nach Guadix kam, und die Lage der Stadt 
und Umgegend in Augenschein nahm. Der Pater Fr. Mendez schrieb ein 
Leben des H. Florez, der im J. 1773 zu Madrid starb ^). Darin erzählt 
Mendez, dass Florez später selbst nach Guadix gekommen und seine Lage 
kennen gelernt habe. Er habe vor mehreren Canonikem erklärt, dass er sich 
ün Gewissen v^pflichtet halte, dasjenige zu widerrufen^ was er in seinem 
siebenten Bande darüber geschrieben, ob das alte Acci an der Stelle des 
heutigen Guadix liege, da er es nun mit seinen eigenen Augen gesehen, 
— und dass er nun offen bekenne, er sei im Irrthume gewesen, und 
seine jezige Ueberzeugung sei, dass das alte Acci das gegenwärtige 
Guadix sei , ohne den mindesten Zweifd ^). 

Wenn nun Florez dieses zugiebt, so ergiebt sich zugleich die weitere 
Unmöglichkeit, dass die Siebenmänner statt von Osten, d. h. vpn Car- 
thagena her, von Süden, d. h. entweder von Urci oder von Almeria her 
kamen. Florez ist hierin schwankend. Nach Orbaneja und Echeverz ^), 
den Geschichtschreibern von Almeria, haben sie in Almeria gelandet. 
Li beiden Fällen kamen sie von Südosten, mussten, wie es die heutige 
Strasse von Almeria nach Guadix beweist, südlich von Guadix über den 
Rio de Guadix gehen, und hatten dann^ an der linken Seite des Flusses 
gehend, die Stadt so vor sich liegen, dass sie dieselbe nicht umgehen 
konnten; dass sie entweder zurückgdien, oder durch sie hindurchgehen 
mussten. Dagegen, wenn sie von Nordosten, Westen oder Norden 
kamen, und weiter reisen wollten, brauchten sie die Stadt nicht zu be- 
rtihren. — Diesen Eindruck aber macht der Bericht über sie, dass sie 
ausserhalb der Stadt bleiben, und nachdem sie ausgeruht und Nahrung 
zu sich genommen, weiter reisen wollten. 



') Noticias sobre la vida y escrttoa del P. Fr. Enrique Florez ~ p. 248, 
^) Paff, 248. „Se persuadüö y convenciö, confessando Uanamentey qtie hMo errado, y 
gue oH sß habia de estar ä que d antiguo Acd ea el Quadix aetual, ain ninyuna 
diqmta,^ Im J. 1860 kam das Werk neu heraas -^ ah ^. edieion, gue can notas 
y adichnes publica la real Aoademia de la hisiona, Madrid — Sa$iehez — 1860 — 
in 4. de XX et 446 pp. (erste Ausgabe von 1780). — cf. Brunet, Manuel du 
Ubraire, 5. Edition, t. 2, 1861, p. 13&5. 
') Die Titel ihrer Werke siehe in dem Kapitel »Indaleeius«. ' 



$. 5. Die BiDEelnlieiteii des Vorganges. 127 



§. 5. Die Einzelnheiten des Vorganges. 

Die Siebenmänner waren von Müdigkeit erschöpft« Denn — sagt 
„iküc Leben in einem alten ComplutenBer Lectionar'^ ') — ihre Glieder 
waren durch die Länge des Weges ermattet, und sie wollten durch Aus- 
ruhen sich für die weiteife Beise stärken. Wenn es in dem mozarahi- 
schen Hymnus heisst, dass ihnen Acci unverzüglich entgegenkam^ — ^o 
ist hier von der weiten Reise , und der dadurch erfolgten Erschöpfung 
die Rede. Diese äusserste Erschöpfung der Siebenmänner erklärt sich 
sowohl von der weiten und mühsamen Landreise von Carthagena, als 
besonders von dem trostlosen Wege von Baza, der aus diesem Grunde 
oben genauer beschrieben worden ist. Wegen der afrikanischen Hize 
in diesen Gegenden reist man entweder in der Nacht ^) , oder wenn am 
Tage^ so geht man am frühesten Morgen fort, hält um zehn oder eilf 
ühr des Morgens an, und ruhet die heissesten Stunden des Mittags aus. 
Wenn nun die Siebenmänner in der Thalschlucht der Venta del Baul 
ausgeruht hatten, so kamen sie nach einem sechsstündigen äusserst müh- 
samen Weg gegen Mittag vor Guadix an, imd wollten in dem kühlen 
Schatten seiner Alameda, welche damals nicht Alameda hiess, jedenfalls 
aber, wie heute, um den j^Eluss des Lebens'^ — Guadix bedeutet ;9der 
Fluss des Lebens*' — erblühet und erwachsen war, ausruhen^). 

Sie liessen sich aber nieder — etwa zwölf Stadien von der Stadt. — 
Das Stadium hatte, nach Plinius, 125 Schritte^). Also machten acht 
Stadien eine römische Meile aus. Damit stimmt auch Isidor von Sevilla 
überein. Florez rechnet vier römische Meilen auf eine spanische Legua, 
während nach Isidor eine Leuca (woraus Legua und Lieue entstanden 
ist) nur 1,500 Schritte beträgt Die Siebenmänner liessen sich also 
H römische Miglien, eine Viertels- und eine halbe Viertelslegua, gegen 
eine halbe Wegesstunde, von Guadix nieder. — Zwei Leguas noird- 
östlich von der Stadt befindet sich die Einsiedelei San Torquato^ wo 



') Qut cttm proctU ab urbe qtuui siadia 12fatiffütU artubus re^ediuentf ut membriSf quas 
fuerant itmeris prolixitaie confecta, pauUaper indtUgerent, et sese animantibua in quo 
longfumu (id quod Umgaenwn) iter adtriverat, qmeacendo r^ficerent, atqtte arttpto 
caU» mkuiObiUUr gradirmtur, 

>) Willkomm, Zwei Jahre in Speien, 3,81. 

') Willkomm: Um 12 Uhr ^elan^en wir, halb verschmachtet vor Durst, und mit 
entzündeten Äugten, nach dem Städtchen Cullar de Bazaj-Jind warfen uns 
unter den ersten Bäumen seiner Veg^a nieder, um Siesta zu 
halten. — üngbumn, Ohuaire du mots (upagnoU 4t parL dirw4$ de Varabe, 
Leyde 1861 ^ p, XXI, Wddi ach « GuadiM (sf^rich iss) — Lebensfluss. 

*) PUniua, Hist n. 2, 23, — Isidor EtyntoL 15, 16. -• MüHarium 1^000 pauäm ter- 
nmatur, Stadium 8 pagn miXtmü mi oomSom ptißtSImB 125. 



128 Zweifel Baeh. Fünftes Kapitel. 

nach der Tradition Torquatus das Martyrium erlitten haben soll *). — 
Diess kann jedenfalls nicht der Ort seyn, wo die Siebenmänner aus- 
geruhet haben. Dia Stelle selbst !näher nachzuweisen bin ich nicht in 
der Lage, weil ich in Guadix nicht gewesen, und die alten Karten, 
welche die römischen Strassenzüge angeben, nicht genau genug sind. 
Es geniige zu bemerken, dass damal$, wie heute, die von Baza kom- 
mende Strasse nicht in die Stadt hineinführte, sondern nördlich an ihr 
vorüber. Wer also von Carthagena kam, und nach Bätika oder nach 
Castulo weiter reisen wollte, kam nicht in das Innere der Stadt. 

Nördlich von Acci, und sicher an der Brücke, von der hier die 
Rede, kreuzten sich wenigstens vier, wenn nicht fünf und mehrere 
Strassen. Der Geograph Forbiger Tässt nördlich von Acci fünf Strassen 
zusammenlaufen. Davon eine nach Basti -Carthagena, eine — durch Acci 
— hindurch nach Alba und ürci, und drei Strassen nach Norden, die 
in Castulo aus- und zusammengehen^). — Spruner hat auf seinen Karten 
über Spanien keine StrassehzQge, dagegen giebt er mit grosser Genauig- 
keit und Treue die Lage der Stadt an der linken Seite des Flusses 
gegenüber dem Bache von Gor an^). Die Karten in der Espanna sa- 
grada sind unbrauchbar. — Heinrich Bjepert von Berlin hat eben seinen 
alten Atlas neu herausgegeben*). Er lässt in Acci, genauer im Norden 
der Stadt vier Strassen zusammenlaufen, darunter eine über Elvira nach 
Sevilla, deren Existenz zwar sehr wahrscheinlich ist, für welche ich 
aber bis heute die Zeugnisse nicht habe finden können. 

Wir begnügen uns darum zu sagen, dass die Strasse und die Brücke^ 
über welche die Siebenmänner giengen, nördlich von Acci war, dass 
sie nach der Richtung des Weges, den sie eingeschlagen, die Stadt nicht 
zu berühren hatten , dass wir aber nicht nachweisen können, dass von 
hiär aus die Entfernung der Stadt eine halbe Stunde betragen habe. 

Diess aber scheint mir sicher, dass sie denselben tiefen Hohlweg 
herabgekommen, den Franz Lorinser beschrieben hat. Diesen Hohlweg 
hat als Weg nach Acci von Basti her entweder die Natur oder düe Kunst 
gegraben. Jedenfalls haben die Römer an diesem Hohlwege gearbeitet, 
und ihn wegsamer gemacht, als sie die alte Strasse, die von Tarraco 
nach Castulo und Cordova über Egelastä und die Sierra Morena führte, 
liegen liessen, und die neue Strasse über Lorca, Baza und Guadix nach 
Castulo und Cordova bauten. Wenn auch im Laufe der Jahrhunderte 
die Strasse wieder zerfiel und selbst verödete, so blieb doch der tiefe 
Hohlweg, den Natur oder Menschenhand in das zerbröckelte Gestein 



*) Madoz 9. V, Guadix, 

*) Reichardi orbis terrarum nntiguus ^— denuo duaripius ab Alb, Forbingefe, 5. tdiiw -^ 

Normhergae — 1S5S ■— Hispanta, 
*) SpruMTf Orbü terrarum antiquus, 
*) Athi anäquua -^ von H, Mepert -^ 2^ Aufl. 1861. . 



$. 6. BemerlceaBwerthe Analogleen aus der neuesten Zeit. 129 

• 

der SierrA de Gror eingegraben haben, damit der Weg in das Thal von 
Guadiz erleichtert und geebnet werde. Dieser Weg nun führt auch 
heute noch im Norden der Stadt Guadix durch die Huerta über den 
Fluss, so dasS) wer von Ba^a her nach Granada reiset, nicht nach Guadix 
kommt. 



§. 6. Bemerkenswertlie Analogieen aus der neuesten Zeit. 

Franz Lorin ser war am frühen Morgen in Baza aufgebrochen, hatte 
in der Venta del Baul seine Siesta gehalten, aus der er von einem deut- 
schen Landsmann lieb und unlieb aufgeweckt worden, und war bei sin- 
kender Sonne in das Thal von Guadix niedergestiegen. Er nahm seine 
Einkehr in der Posada del Sol, die nördlich von Guadix und ausserhalb 
der Stadt liegt; er konnte in der Abendkühle nur verlangende Blicke 
nach der Stadt hinüberwerfen. »Vor der Stadt, '^ sagt er, „breitete 
sich in der schmalen Ebene eine üppige überaus liebliche Huerta 
aus (ein Gartenland), die mit ihrem dicken Buschwerk wie ein paradie- 
sisdier Garten die Stadt umgab. Leider war es unmöglich, die 
Stadt noch in Augenschein zu nehmen.*^ (Er blickte von seiner Posada 
nach der Stadt, und es fiel ihm u. a. eine auf einer kleinen Anhöhe 
gelegene Kirche in die Augen.) — „Ohne die Stadt betreten zu haben 
— die Posada lag noch ausserhalb ihrer Mauern — entfernten wir uns 
von derselben, wie wir gekommen waren, durch ihre lieblichen Gärten*).*' 

Lorinser hatte nicht die Zeit, in die Stadt zu gehen, weil er an 
demselben Tage nach Granada kommen wollte. Jedenfalls muss dem- 
nach die Entfernung der Stadt von der Strasse nicht unbedeutend seyn, 
weil der Weg dahin und zurück allzuviel Zeit in Anspruch genommen 
hätte. 

Die Siebenmänner, die im Schatten der Huerta ruheten, schickten 
ihre Begleiter, wenn man will ihre Bedienten in die Stadt, um Lebens- 
mittel zu kaufen. Das ist in Spanien uralte Sitte, so zu reisen. Moriz 
Willkomm verliess eines firühen Morgens Granada, um an demselben 
Tage noch nach Guadix zu kommen ; er musste aber in dem mehr- 
erwähnten Dorfe Purullena übernachten, das eine Legua von Guadix 
entfernt ist. Des andern Morgens wollte er über Guadü^ oder vielmehr 
an Guadix vopiber weiter nach Baza reisen. 

Auch er ruhete aus in dem kühlen Schatten der Huerta nördlich 
von Guadix, wie die Siebenmänrier. Noch mehr; er that dasselbe, was 
jene; auch er schickte in die Stadt, um Lebensmittel dort zu kaufen. 
Er sagt: »Während mein Bedienter in die Stadt (Guadix) hin- 



') Lorinier, Bekeskizzen, 1,304 --'5. . 

OiunB, span. Kirehe. 9 



130 Ziireitefl Buch. Fünftes Kapitel. 

eingieng, um lebensnittel zu kaufen, hatte ich Müsse, im kühlen 
Schatten der Alameda die Stadt und ihre Umgebungen zu betrachten. 
— In Guadix scheiden sich die Strassen nach Murcia und Almeria, jene 
geht nordwestlich*).^ Diese Strasse schlug Willkomm ein, darum kam 
auch er nicht in die Stadt hinein. 

Moriz Willkomm konnte nicht ahnen , wie willkommen sein Bericht 
einem Geschichtschreiber der Einführung des Christenthumes in Spanien 
sei. Jedenfalls hat er nichts gewusst von der alten Geschichte der 
sieben Apostelschüler, und als Protestant hätte er kaum einen Werth 
darauf gelegt. Um so werthvoller aber ist uns nun sein eigener Bericht 
über sich, weil er ein unbewusster Zeuge der Wahrheit, oder wenig- 
stens Wahrscheinlichkeit des alten Berichtes nach den Gesezen der Ana- 
logie ist. 

§. 7. Das heidnische Fest in der Stadt. 

Acci war eine römische Colonie lateinischen Rechtes, beigenannt 
Julia Gemella, wohl weil dort Veteranen zweier (3 und 6) Legionen an- 
gesiedelt waren. Hier wurde Mars mit dem Namen des Nethos mit einer 
Strahlenkrone um das Haupt verehrt^). Dieses weist auf libysch - phöni- 
zischen Ursprung hin. — ^jFür libysch/ sagt Movers, ,,halten wir die 
siderischen Elemente in dem Oulte einzelner Gegenden der Halb- 
insel. Denn obgleich die Götter Phöniziens auch in den Gestirnen ver- 
ehrt vmrden, so ist doch ein rein siderischer Cult, wie er in den von 
Libyphöniziem bewohnten Gegenden Spaniens zum Vorschein konojnt, 
erst in sehr später Zeit in die phönizische Religion eingedrungen.** — 
Die grosse Verbreitung des Gestirndienstes im südlichen Spanien ist nur 
von den libyphönizischen Ansiedlern abzuleiten. Die Sonne oder ein 
sonnenstrahlendes Angesicht ist auf den phönizischen Münzen von Gades 
und von Malaca, der Mond und die Sterne auf Münzen verschiedener 
Städte*). — Die von dem alten Acci vorhandenen Münzen, welche 
Florez gesanunelt und erklärt hat, haben ein durchaus militärisches und 
römisches Gepräge*). — Diese- Münzen, inj Ganzen 17, reichen aber 
nur von der Zeit des Augustus bis auf Caligula, und umfassen demnach 



Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 3, 70. 

^) Macrobiua satumal. 1, 19. Accitani hispana gens simulacrum Mortis rcidüs omatum 

maxima religione celebrantf Neton vocantes. — Plin. 3, 26. Äccitana colonia. 
») Movers, die Phönizier, 1850, 2, S. 648 flg-. Derselbe in Ersch und Gruber R. E. 

3. Sect. — Thl. 24, S. 400 flg. 
*) Florez f Medallaa de las cohnias, muntctpto« ^ pueblos antiguos de Espcmna^ Madr. 

1757—73, 3 vol. in 4, wovon der lezlere die Münzen der gothischen Könige 

enthält. Die spanisch- römischen Münze« gehen nur von Augastus bis Caligula. 

Ueber die Münzen von Acci handelt U 1, p, 134—152. 



J. 7. Das heidnische Fest in der Stadt. 131 

einen Zeitraum von etwa 50 Jahren. Unter Caligula wurde den Co- 
lonieen überhaupt das Recht entzogen, Münzen zu schlagen*). 

Die Verehrung des Gottes Nethos wird weder durch eine Münze, 
noch eine Inschrift von Acci bezeugt. Dagegen giebt es eine Inschrift, 
welche die Verehrung der, Göttin Isis zu Acci verbürgt. Sie lautet: 

Julia ChaUedonica 

Isidi Deae D. 
I H. o. E* 
Omata. TJt, Potuit 
In Collo H, Monile. Gemmeum 
In LHgitis. Smarctgd, XX, Dextra. 
Der Gelehrte Gregor Mayans sandte diese Inschrift an Muratori, welcher 
sie in seiner zu Mailand 1739 — 1742 erschienenen neuen Sammlung der 
alten Inschriften mittheilte ^). Florez hat dieselbe noch nicht gekannt, 
wenigstens ihrer in seiner Abhandlung über die Kirche von Acci nicht 
gedacht *). Von Muratori gieng die Inschrift in die Geschichte Spaniens 
von Masdeu über*). Die Erklärung aber ist: Hier ruhet Julia Chalce- 
donica (entweder Name oder Vaterstadt), Verehrerin der Göttin Isis, die 
sie mit ihren besten Geschenken geschmückt hat, mit einem Halsbande 
von Perlen, an den Fingern der rechten Hand mit 20 Smaragden. — 
Dazu bemerkt Masdeu, dass die Personen in Spanien, welche als Ver- 
ehrer der Isis und des Osiris genannt werden, gewöhnlich griechisch 
lautende Namen haben, was weder an sich wahrscheinlich ist, in An- 
betracht der allgemeinen Verbreitung des Isiscultes, noch durch die be- 
treffenden Namen bestätiget wird. Der Isisdienst ist bekanntlich mit 
den Römern auch nach Deutschland gekommen. 

Diess sind die geschichtlich beglaubigten Gottheiten, welche in dem 
alten Acci verehrt wurden, Mars -Nethos und Isis. Dass Jupiter und 
andere römische Götter hier gekannt und verehrt waren, versteht sich 
wohl von selbst. Will man eine Vermuthung wagen, welcher Gottheit 
Fest an jenem Tag der Ankunft der Siebenmänner gefeiert wurde, so 
dürfte man wohl an das Fest des Nethos -Mars zunächst denken. Denn 
der Dienst der Isis war zwar allgemein verbreitet, aber — doch wohl 
mehr bei dem weiblichen Geschlechte, denn die vier Inschriften bei 
Masdeu, die sich auf die Göttin Isis beziehen, gehen von Frauen aus 



O'Mommsen, Geschichte des romischen Münzwesens, Berlin, 1860, S. 671. 

') Novus Thesaurus veterum inscnptionum in praedpuis earumdem coüectionihus hactenus 

praetermissarum. Medial, 1739 — 42 — 6 vol. in fol. 
■) Obgleich Florez von Mayans schäzenswerthe Mittfaeilnngen erhielt — c/. t, 4 

der JEsp. sctgrada — Prolog und Indice. 
*) Masdeu, ffistoria criäca de Espmna, F, //, (Madrid 1788) p, iß, — U VIII, 

p. 199, Dabei hat der gelehrte Masdeu die Inschrift von Guadix mit der von 

Sevilla oder die Nr. 38 seiner Sammlung mit Nr. 35 verwechselt 

9* 



132 Zweites Buch. Fünftes Kapitel. 

oder auf sie zurück^ Von Netlios-Mars, dem Kriegsgotte^ bezeugt Ma- 
crobius, dass ^das Volk der Accitaner^ ihn verehre. 

Während die Siebenmänner nördlich von der Stadt in der Nähe 
der Brücke ruheten und warteten, giengen ihre Schüler oder Begleiter 
in die Stadt. Das Fest der Gottheit wurde gefeiert. Aber wie kam es 
denn, dass die heidnische Menge auf diese Fremden aufmerksam, gegen 
sie aufgereizt, gleichsam in Wuth versezt wurde, und sie bis an die 
Brücke verfolgte? ^ 

Auf diese Frage sind zwei verschiedene Antworten gegeben worden. 
Florez ist der Ansicht, dass die Accitaner die Fremden an der Ver- 
schiedenheit ihrer Tracht als Leute eines andern Bekenntnisses oder 
Standes erkannt haben. Sie hätten wohl sich eingebildet, sie könnten 
ihren eitlen Gözendienst stören, oder vielleicht zeigten thatsächlich die 
Schüler der Sieben einige Opposition, und jene fingen an, sie zu ver- 
folgen; „diese aber wichen dem Zorne (wie der Apostel sagt) und wichen 
zurück, ihre Meister zu suchen, indem es Gott also vorherbestimmte, 
um die Grösse seiner Macht zu offenbarend).^ Dass ihre Tracht die 
Auänerksamkeit auf sie gezogen, das spreche das OfBcium der Lection 
des Festes in den Worten aus: „Sie erkannten sie als Verehrer der 
ehrwürdigen Religion, und in der Haltung der Priester des frommen 
Glaubens;^ sowie der Festhymnus in den Worten: „Da das Volk in 
ihnen die Male des Glaubens sah^),^ während es in der Präfation der 
Messe heisse, sie (die Schüler) seien an dem offen dargelegten Culte 
ihrer frommen Religion erkannt worden. 

Hier aber ist eine doppelte Lesart hervorzuheben. Die Ausgabe 
des gothischen Missale von 1755 liest: die Ungläubigen gaben sich 
zu erkennen durch den offenen Dienst ihrer Religion, imd so lauten die 
Manuscripte von Toledo, während Florez liest: si^ (die Schüler) gaben 
sich zu erkennen durch den offenen Dienst ihrer Religion ^). — r Aber 
Florez hat diese Verbesserung aus sich selbst geschöpft, und ladet die 
mozarabischen Priester ein, dieselbe in ihre Codices aufrunehmen; denn 
„diejenigen, welche an ihrer äussern Haltung erkannt wurden, waren 
nicht die Ungläubigen, sondern die Gläubigen.*' 

Der Zusammenhang , der Erzählung deute auf die Erklärung hin^ 
dass die Christen eine von den Heiden verschiedene Art hatten, sich zu 
kleiden, besonders verschieden von der Tracht der Accitaner. Florez 
weist auf die bekannte Bemerkung des Strabo hin^), dass die römischen 
Colonieen sich ganz römisch trugen. Darum hätten die Accitaner die 



') Florez, 4, 7« Ägniio tn eis ReUgtonU veiierabüiM ettUu, et ptaeßM kabitu sacerdotum, 

') In his cum fidei Stigmata nasceret 

') Ägnitis piae ßdei rehgumU pcOalo cuUu oder AgnUk ptrfidi» reüffionit paiuh cuUu 

— bei Florez, 3,372. 
*) Strabo, 3,151. 



$. 7. Das heidnische Fest in der Stadt. 133 

römische Toga getragen, während das Pallium das Kleid der Christen 
und der Philosophen gewesen sei. Die Christen hätten das Pallium als 
eine einfachere und demüthigere Kleidung gewählt. Bei Tertullian be- 
deuten die Worte: von der Toga zum Pallium — soviel als Christ 
werden *). 

Allein von Justin dem Märtyrer wird ausdrücklich bezeugt, dass, 
nachdem er Christ geworden, er seinen Philosophenmantel noch bei- 
behalten habe, so dass also die Tracht eines Philosophen und eines 
Christen darnach nicht dieselbe war. Geben wir zu, was nicht bewiesen 
ist, dass die Christen schon zur Zeit der Apostel sich anders, als die 
Heiden, trugen, so wussten diesen Unterschied jedenfalls die Accitaner 
nicht. Das Pallium wurde in Spanien überhaupt auf Reisen und zu den 
Arbeiten getragen, während die Toga das PeieAleid war. 

Der Dichter Martialis wurde um das J. 43 zu Bilbilis, heute Cala* 
tayud, in Spanien geboren, kam 120 Jahre alt nach Rom, also um die 
Zeit der Reise des Apostels Paulusvon Rom nach Spanien — unter Kaiser 
Nero, er blieb 34 Jahre in Rom, und kehrte, 57 Jahre alt, mit bleichen 
Haaren, wie er sagt, nach Bilbilis zurück. Reich ist er in Rom nicht 
geworden, wie Seneka, Lucan, Quintilian und andere seiner Landsleute. 
Denn der jüngere Plinius gab ihm ein Zehrgeld mit, auch zum Lohne, 
weil Martial „Verslein^ auf ihn gemacht hatte ^). — Um das J. 100 
n. Chr. kam er wieder nach Spanien, und starb schon nach 4 — 5 Jahren. 

Aber gerade Martial schreibt von Spanien aus an Juvenal, dass 
ihm die Toga jezt völlig unbekannt sei, und er mit jedem schlichten 
und schlechten Kleide sich begnüge^). — So konnte es gewiss in Acci 
niemand auffallen , dass Reisende von weither keine Toga trugen. Viel- 
mehr richteten sich die ersten Christen überall nach der gewöhnlichen 
Volkstracht des Landes, wo sie weilten*). Nur diejenigen, welche das 
Leben der Asceten führen wollten, nahmen das Pallium oder den Mantel 
an^); die Zeit aber, wann dieses geschehen, lässt sich nicht bestimmen. 



') Tertuü, de pallio — a toga ad pdüiumf cap, 5. — Gaudepaüittm et exuUa, tneUorjam 

te phHoaophia tUgnata estf ex quo chnsticmutn vestire coepisH, cap. 6. 
*) Plinius See. ep, 3, 21, — Ai^io Valer, Martialem decessisse, et moleste fero. — Ih)- 

secutus eram viatico aecedentem, dederam hoc amicitiae, dederam etiam versicuUs, quos 

de me composuit, — Martial, ep. l. 10, 103. Mutavere meas Itala regna comas, 
^) Martialis epigramnuUum l. 12, 18: 

Ignota est toga: sed datur petenti 
Rapta proxima vestie e cathedra. 

Und am Schluss: Sic me vivere, sie juvat perire. 

*) Ep. ad Diognetum, cap. 5 — ;t^(»itfriavoe roig syxtopÜHC eSsöw axoXovS<wvref ev rs 

ioS-^Ti fteu SuUrfi xai rä JLourä ßu^, 
*) MamachU aniiqu. ehrtstianarum , t 3, p. 304. cf. Joh. Lami JFhrent, de erudiHone 

apostolorvan, t. 1. digr, 1. de re vestiaria hominis ehrigtitmi primitim — p, 118, -^ 

ef, Clemens Alex, paedag, 2, 10, 



134 Erstes ß«oh. Fünftes Kapitel. 

Zwischen Laien und Clerikem war kein Unterscliied der Kleidung *), so 
dass sie äusserlich nicht von einander zu unterscheide]! waren. Dem- 
nach ist nirgends ein Grund zu der Annahme, dass die Kleidung jener 
Schüler der Siebenmänner die Heiden von Acci gereizt habe. 

Den wahren Grund giebt vielmehr Florez theilweise zu in den 
Worten , dass die Schüler vielleicht einige Opposition, einiges Missfallen 
gegen den Gözendiexist an den Tag gelegt. Bestimmter giebt den Grund 
Ferreras, der ältere Zeitgenosse des Flörez, an; er sagt: „sie schrieen 
wider diese Abscheulichkeit (des Gözendienstes) und zogen sich dann 
zurück ^).^ 

Damit stimmt indirect der mehrerwähnte Hymnus des Festes der 
Siebenmänner überein: ;,Dort sehen die Jünger, dass die Gözenbilder 
mit falscher Weise geehrt werden; während sie mit Thränen diess Be- 
gängniss zu verhindern trachten, werden sie durch den gottlosen An- 
drang erschreckt.*^ 

Durch äussere Zeichen jedenfalls, das giebt auch Florez zu ^), gaben 
die Schüler der Siebenmänner ihren Abscheu, ihr Missfallen gegen diesen 
Gözendienst, zu erkennen. Denn man bedenke, dass nach aller Wahrschein- 
lichkeit diese Schüler keine Heiden, sondern Christen, dass sie eifrige 
Christen waren. Man beachte, dass, wenn die Siebenmänner selbst 
keine gebornen Spanier. waren, ihnen gar viel daran liegen musste, im 
Geleite gebomer Spanier, welche Land und Leute kannten, nach Spa- 
nien zu reisen. Demnach mussten ihre Augen, und die Augen der bei- 
den Apostel, die sie sandten, zunächst auf Männer fallen, die in Spanien 
au%ewachsen, in Rom oder sonst wo Christen geworden, und jezt die 
besten Wegweiser einer Missionsreise nach Spanien waren. 

Der Eifer eines spanischen Christen muss nach dem Charakter dieses 
Volks bemessen und erklärt werden. Auf die rücksichtslose und alles 
niederwerfende Bethätigung dieses Fifers werden wir unten zu sprechen 
kommen bei der Geschichte der diocletianischen Verfolgung, und bei 
der Erklärung des 60. Canons von Elvira, wornach die Christen, welche 
Gözenbilder zertrümmerten, und aus diesem Anlass getödtet wurden, 
nicht als Märtyrer verehrt werden sollten. In der That, Ferreras hat 
aus dem Herzen und Charakter eines christlichen Spaniers heraus ge- 
sprochen, wenn er gesagt, dass sie „gegen diese Abscheulichkeit ge- 
schrieen haben. ^ — Wem diese Erklärung allzu hart ist, dem liegt 



') Acta Martyrum ed. Ruincarty Acta 8. JTieodoti Ancyr. cap. 12. — cf. Concil von 

Gangra, can. 12. — Hefele, Concilien, 1,758. Binterim, Denkwürdigkeiten, 

Bd. 3 (2. Tbl. 8. K), S. 385—91. 
*) Ferreras, Historie von Spanien, 1754, 1,451 — 52. Aber nieht die. Bischöfe, 

wie es in der Uebersezung: von Baumgarten helsst, sondern deren Schaler 

«cbrieen, wenn Jemand schrie. 
») Florez, 4,8. 



$. 8. Der Einsturz der Brücke. Dm Wandet und die Natur. 135 

yielleicht das Wort des Festbymnud näher, dass sie duröh Thränen ihren 
Schmerz über diese der göttlichen Majestät angethane Beleidigung aus- 
gedrückt haben, zu einer Zeit, wo das Heil in Christus schon den Völ- 
kern der Erde verkündiget, und vom Aufgange bis zum Niedergange 
die frohe Botschaft ausgebreitet war. 

Die göttliche Wei3heit aber, „welche von einem Ende bis zum 
andern mächtig herrscht, und alles lieblich zubereitet," hatte es so vor- 
ausgewusst und vorherbestimmt, dass aus dieser Flucht der Begleiter 
und den damit verbundenen Umständen Spanien der Anfang des Heiles 
in Christus erwachsen sollte. 

§. 8. Der Einsturz der Brücke. Das Wunder und die Natur. 

Bei dem Andrang der Heiden stürzte die feste Brücke über den 
Fluss von Acci zusammen. , Ihr Sturz war die Brücke des Heiles für 
die Griäubigen in Spanien. Ihr Sturz war das Fundament eines neuen 
Lebens. Aus diesen Wassern des Todes strömten die Wasser des Le- 
bens, für ein Land und für ein Volk, das eben seit 18 Jahrhunderten 
in die Kirche Christi eingetreten ist (63 — 1862, nach Christus). 

Wir lassen der Kritik ihren Baum, und wenden sie überall an^ wo 
sie am Orte ist. — Wo wir aber vor ^inem Wunder stehen, da dürfiMi 
und wollen wir als Gläubige es nicht leugnen. Den Einwurf, dass die 
Brücke durch die Masse des Volkes zusammengebrochen, finden wir so 
blöde, dass wir ihn nicht widerlegen mögen. Die Leugnung der That- 
sacbe als Thatsache ist in Jedermanns freie Wahl gegeben; wenn wir sie 
aber annehmen, sq geschieht es auf Grund bestimmter historischer Zeug- 
nisse. Die Kirchengeschichte der ersten zwei Jahrhunderte ist voll v(m 
Wundem bis auf die Zeiten des Irenäus. Warum sollte dieses Wunder aus- 
geschlossen werden? In der Mitte des dritten Jahrhunderts machte Gregor 
der Wunderthäter von Cäsarea einen Berg. durch die Macht des Glau- 
bens von seiner Stelle rücken ^ ijmd der Einsturz . einer Brücke sollte 
unglaubwürdig seyn? — Welcher gläubige Katjiolik zweifelt an, der 
Thatsache, dass Moses mit den Juden unversehrt durch das rothe Meer 
hindurchgegangen, während die Aegyptier von dessen Wogen begraben 
wurden? — Warum sollte denn im neuen Bunde ein ähnliches Wun- 
der ferner liegen? 

An der Hauptsache also halten wir fest. Gott selbst griff unmittel- 
bar ein. Seine allmächtige Hand löste in einem Augenblicke die Fugen 
des gewaltigen Baues, um die Herzen zu erschüttern, und sie zur An- 
nahme des Glaubens geneigt zu machen. 

Diess ist das Wunder. Zum Wunder selbst aber gehören nicht die 
Nebenumstände desselben. Eine Anzahl der Heiden stürzte mit der 
Brücke hinab. Ob aber viele oder wenige dabei getödtet oder verwundet 
wurden, ob sie, wenn sie umkamen, durch die Steine und Trümmer der 



136 Zweites Buch. Fünftes Kapitel. 

Brücke um das Leben kamen^ ist nicht zu ermitteln. Hierin also können 
wir dem Ferreras *) und seinem treuherzigen deutschen Uebersezer nicht 
beistimmen, wenn sie sagen, „dass solchergestalt der mehreste Theil in 
den Fluss stürzte, und ersaufen musste.*^ Die wenn auch noch so breite 
Brücke über einen an sich schmalen Fluss mochte keiner grossen Volks- 
menge Raum lassen, und wir möchten annehmen, dass der grössere 
Theil der Folgenden und der Verfolgenden noch diesseits der Brücke 
sich befand, und insofern mit dem Schrecken entrann. 

Dass über einen kleinen Fluss eine grosse und mächtige Brücke 
sich spannte, kann nur denjenigen betroffen machen^ der von Spanien 
nichts gesehen und nichts gelesen hat. Die Reisenden nennen es das 
Land der Gegensäze, der Contraste. Da findet man gewaltige Brücken 
wie auf freiem Felde, und über grosse Flüsse keine Brücken. Die ge- 
waltigen Brücken sind aber nothwendig für die Zeiten der Ueberschwera- 
mung, besonders im Frühjahre, wo der Schnee der vielen Gebirge schnell 
schmilzt. „An diesem überraschend ungleichen Wasserstande,^ sagt 
H. A. Daniel, »„laboriren fast alle spanischen Gewässer. Wer sie im 
höchsten Siechthum erblickt, dem sind die grandiosen Brücken auffal- 
lend, die sich über den Wasserfaden oder ein leeres Bett spannen.^ — 
Alban Stolz, der in seinem „Spanischen^ sich alle Mühe gab, über 
Spanien selbst nicht zu schreiben, konnte doch seine Augen vor diesem 
Missverhältnisse nicht verschliessen , und sagt: „Das traf ich in Spanien 
oft; hochbogige Brücken und nicht einmal soviel Wasser unter den- 
selben, dass ein Sperling darin ein Fussbad nehmen, oder eine des 
Lebens überdrüssige Heuschrecke sich ertränken hätte können, nur dürre 
hizige Bachsteine lieferten den Beweis, dass in den alten Zeiten einmal 
Wasser unten geflossen sei.*' Aber die Fluthen der Frühjahrwasser 
machen jene Brücken nöthig'^). 

Das Fest der Siebenmänner wurde in Spanien am 1. Mai gefeiert; 
später wurde es auf den 15* Mai verlegt. Es ist wahrscheinlich, dass 
die Siebenmänner im Frühjahre ankamen, und nicht unwahrscheinlich, 
dass am 1, Mai das Wxmder bei Guadix vollbracht wurde. In dieser 



') Ferreras, 1, 452. 

*) Herrn. Adalb. Daniel, Handbuch der Geographie — 2t«r Theil, Frankfurt 1860, 
S. 309. — A. Wolzogen, Reise nach Spanien (1852), Leipzig 1857, S. 147. 
— »Oft (fanden wir) neben der Strasse noch Spuren der grossartigen Brücken- 
anlagen aus der Römer- und Araberzeit, während wir durch das Bett-unbenezt 
hindurchfuhren. Brücken stehen mitten im trockenen Feld.« — Lorinser, 
Reiseskizzen, 2, 116 f. meint, »der Wassermangel könne Spanien allmälig in eine 
afrikanische "Wüste verwandeln.* — cf. 2,134. -— Hackl an der, ein Winter 
in Spanien, 2, 187. Lange steinerne Brücken aus alter Zeit stehen an den 
Landstrassen, die nicht wieder hergestellt werden. Dagegen 1, 249: Spanien 
ist das Land der brückenlosen Flüsse. Mittelst einer Fähre kommt man über 
den Ebro (bei Amposta). 



$. 8. Der Einsturz der Brücke. Das Wunder und die Natur. 137 

Zeit schmilzt der Schnee der Sierra Nevada, welche in der alten Zeit 
MoDs Solorius genannt, heutedas Schneegebirge heisst, weil seine Gipfel, 
nächst den Alpen die höchsten in Europa, mit ewigem Schnee bedeckt 
sind. Um diese Zeit, es war wohl schon im Anfange des Juni, konnte 
Willkomm nur mit Lebensgefahr über die kleinen Bäche sezen, welche 
vom Süden der Sierra konmien *). üebrigens gehört dieses Gebirge, von 
welchem die Bäche konmien, die den Fluss von Guadix bilden, zufolge 
der reichen Schneedecke zu den bewässertsten Gebirgen Spaniens. „Was- 
serreiche Bäche stürzen stellenweise — in grosser Menge, und Tausende 
von Cascaden bildend, in die Tiefe ^).^ 

So kann es dem Bio von Guadix auch im hohen Sommer nicht leicht 
an Wasser mangeln. Einen Theil des Jahres aber ist er wasserreich, so- 
weit es ein kleiner Fluss seyn kann, und verdient deii Namen, welchen 
ihm und der Stadt die Araber gegeben haben, „der Fluss des Lebens*'. 



») M. Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 1847, Bd. 3, 19, 26. S. 68. - »Die Zahl 
der Thäler, — beläuft sich auf sechzig, welche allmälig in das weite Thal des 
Flusses von Guadix zusammenmünden. <* 

*) Daniel, 317. 



Sechstes Kapitel. 

Der heilige Torquatos von Aeci, der erste beglaubigte Bischof 

Spaniens. 

Literatur: 1) Historia del ohispado de Chiadtx y Baza, escrita por el Dr. D, Pedro 
Suarez, capellan de au Majestadj en la capiUa de los SS. Reyes nuevo8 de Toledo. Madrid 
por Antonio Roman, 1696. fol. — Dieses Werk ist von gperingem Werthe für die 
frühere Zeit, weil es sich auf die unterschobenen Chroniken stüzt. 

2) De la iglesia de Äcci, llamada hoy Guadix, Espanna sagrada, t. VII , p. 1 — 53. 
Segunda edicion 1766 — (bis zur Maurenzeit). 

3) Historia de Guadix, Baza y pueblos del Ohispado, por D. Torcuato Tarrago y 
D. Javier Torres Lopez. — Guadix, establecimiento tipogrdßco de D. Juan M. Sol y 
Rute, 1854. — En 4°. Darüber bemerkt Munnoz in seinem Diccionario bihliogräfico - 
historico — de Espanna, Madrid 1858: »Wir wissen nicht, ob es aufgehört hat, zu 
erscheinen. "Wir haben nur die acht ersten Lieferungen gesehen.** 

4) Dazu die Artikel über Acci bei Cortes und über Guadix bei Madoz. 

§. 1. Der heiUge Torquatus, das Haupt der Siebemnänner. 

Unter den sieben Apostelschülern wird Torquatos immer als der 
erste genannt, wie Petrus unter den zwölf Aposteln stets zuerst genannt 
wird. Die Namen der übrigen wechseln ihrer Stellung nach ab. — Er 
war das Haupt der Sieben. Warum? Sicher nicht, wie Florez und 
andere bemerken^ weil er der Aelteste war. Denn das Alter hat nicht 
entschieden, als Simon zum Petrus wurde, oder als Saulus Apostel der 
Heiden wurde. — Das Alter hat nicht entschieden, als Paulus den 
Titus und den Timotheus zu Bischöfen einsezte, welch' lezterm der 
Apostel schreibt: Niemand möge deine Jugend verachten (I.Tim. 4, 12). 
Gewiss hat das Alter nicht entschieden, als Ignatius, Polycarp und Ire- 
näus zu Bischöfen eingesezt wurden. 

Bei Paulus, von dem zunächst die Sendung der Sieben nach Spa- 
xxien angeregt wurde ; und bei Petrus, — entschieden nicht das Alter, 



$. 2. Die Müf • LafMüla , die «rste Chriatin in Acci. 139 

sondern die geiatige üjraft und Tüdbtigkeit Sie machten den Torquata$ 
zum Haupte der Sieben, weil sie in ihm die Gabe der Regierung, das 
xdQioiAa Kvßegvfioßfosy fanden. Er bedurfte dazu keiner gelehrten Bildung. 
Eine solche hatte Petrus nicht, und dennoch war er Haupt der ganzen 
Kirche. Man musste in jener ersten Zeit sich mit sehr bescheidenen 
Ansprüchen auf theologische Bildung begnügen. Man musste dem Leben 
selbst die Bildung und die Fortbildung überlassen. — Wollte aber 
jemand sagen, Torquatus habe sich durch die Macht seiner Persönlich- 
keit das Uebergewicht über* seine Begleiter erworben, so sagt er im 
Grunde dasselbe, was wir, und wir wollen ihm nicht widersprechen. 

Torquatus ist ein entschieden römischer Name. Ebenso Secundus,' 
Cäcilius, yielleicht auch Indaletius. Hesychius oder Esitius ist zweifel- 
haft. Ctesipbon und Euphrasius sind griechische oder orientalische Namen« 

— Schon den Bolla&disten fiel das Vorwiegen der römischen Namen 
der Siebenmänner axit , Man kann darin eine entfernte Bestätigung finden 
über das — im ersten Buche — angeführte Hinderniss der Thätigkeit 
des Apostels Paulus in Spanien, und über die Nothwendigkeit, von der 
er sich überzeugte, dass lateinisch redende Bischöfe dorthin gesendet 
würden. S. 58— 59. 

Ob aber Torquatus ein gebomer Spanier, oder Römer, oder Ita- 
liener war, muss dahingestellt bleiben. Er war sicher ein gebomer 
Abendländer. — Der Name Torquatus kommt in der Sammlung der 
Namen aus spanischen Steinen und Inschriften bei Masdeu nur zweimal 
vor; und beidemale sind es Römer, und nicht Spanier, die den Namen 
Torquatus führen. Von allen spanischen Duumvim, d. h. Stadtvor- 
stehern, deren Namen uns bekannt sind, hiess keiner Torquatus ^). Der 
Name selbst also ist für Spanien nicht verbürgt Darum neige ich zu 
der Annahme hin, dass der heilige Torqua^s ein gebomer Römer, oder 
doch ein Italiener wan 

§. 2. Die selige Luparia, die erste Christin in Acci 

Die erhebende Erscheinung, von welcher die Kirchengeschichte aller 
Jahrhunderte und aller Länder Zeugniss giebt, dass die Frauen die frohe 
Botschaft der Erlösung zuerst aufgenommen haben, tritt uns auch in der 
Kirchengeschichte Spaniens entgegen. Besonders waren es die vor- 
nehmen Frauen, wie wir schon aus der Apostelgeschichte sehen, welche 

— der Eitelkeit des fieidenthumes überdrüssig, sich dem Christenthume 
zuwendeten. Waren sie aber schon vorher Proselytinen der Juden 
geworden, so äusserte sich vielfach die ihrem Geschlechte nahe liegende 



Masdea, Sammluii^ der Münzen und Steine, die sich auf das römische flpa- 
liien beziehen: Nr. 1303 ein BelliUus Torquatus; Nr. 959 ein Consul Tor^uatvut 
Asprenoi, 



140 Zureites Buch. Sechstes Kapit^. 

Eitelkeit und Rechthaberei in einer feindseligen Stimmung und Stellung 
gegen die Christen. So bei jenen vornehmen Frauen in der Apostel- 
geschichte, die den Paulus verfolgen, so bei der Proselytin Poppäa, der 
Gemahlin des Nero. 

Bis jezt hielt man die Helena, die Mutter des Constantin, für die 
erste christliche Kaiserin [die Gemahlinen des Diodetian und des Ga- 
lerius waren auch Christinnen, fielen aber bei der ersten Drohung der 
Verfolger ab *)]. Das neu aufgefundene Werk des Hippolyt ^^gegen alle 
Häresieen^ zeigt uns auch die Marcia, welche wir aus Herodian ^), 
aus Dio Cassius, aus Aelius Lampridius im Leben des Kaisers Com- 
modus, sowie aus Aelius Spartianus im Leben des Didius Julianus unter 
weniger ehrenvollen Gesichtspunkten kennen, vielleicht zum Theil darum, 
weil sie Christin war, — als eine thatkräftige, imd wohlthätige Frau*), 
welche man für die erste christliche Kaiserin halten könnte, wenn sie 
nicht durch die Schicksale ihres Lebens «allzusehr in die Befleckungen 
des Heidenthums hineingezogen worden wäre. 

Luparia (oder Ludaria) von Acci hat zwap keinen wohlklingenden 
Namen, aber sie war von Gott auserwählt, zuerst nach der Ankunft der 
Siebenmänner den Glauben an Christus zu bekennen. JuUa Chalcedonica 
von Acci hatte der aus Aegypten eingeführten Göttin Isis gehuldigt und 
geopfert. Luparia hatte das Glück, dem Gotte der Christen zu opfern. 
Sie neigte, erschüttert durch den Einsturz der mächtigen Brücke, von 
der sie nicht anders wusste, als dass sie wie für die Ewigkeit gebaut 
sei*), ihr Herz bereitwillig zu der Lehre des Heiles. Sie bat die Sie- 
benmänner, dass sie Wohnung bei ihr nehmen möchten. Wie Lydia, 
die Purpurhändlerin in Philippi, sprach sie wohl: Wenn ihr mich nun 
für eine aufrichtige Schülerin des Herrn haltet, so kehret in mein Haus 
ein, und bleibet daselbst (Ap. G. 16, 15). 

Die Siebenmänner aber blieben, bestimmt durch das Walten der 



') Dagegen wird in dem kleinen römischen Kirchenkalender des Ado — das An- 
denken einer Serena, Gemahlin des Kaisers Diocletian — am 16. August — 
erwähnt: Romaef Serenae, uxoris Diocletiani AugusH, 

*) Herodiani vita Commodi — 16 — 17, Dio Cassius , 72, 4, 13, 22, welch' lezterer aber 
sagt e. 4. — iOroQeirai Sh avTTj jtoXXd re vjtkp ruv ;tf(>ttfriarcäv öjcovdaßou xai jtoXXa 
avrovg evvf^errjttivai y are xai xa^ T(o KofifMfa xay Swafjuyrj. — Äst Lampri- 
dius — Comm, Ant, c. 11, 17, — ÄeUus SparHan — Did, JuUanus — c. 6. 

') Hippolyt (1. 9, 12) nennt sie die pMSeoc xedlooai HofiißoSov, — Der Heide He- 
rodian sagt, dass Commodus sie unter seinen Kebsweibem %m meisten sch&zte, 
so dass sie einer wirklichen Gemahlin nicht nachstand, und alle Ehren genoss, 
wie eine Kaiserin, mit Ausnahme der Vortragung des (heiligen) Feuers — 
Herodian , 1 , 16. 

*) 8o darf man wohl von den romischen Wasserbauten in Spanien sagen, von 
denen einige heute noch bestehen, wie die Brücken von Chaves und Merida, 
und die berühmte Wasserleitung von Segovia. 



$. 2. Die selige LnpaTia, die erste Cluistia in Acci. 141 

Wunderkraft Gottes. — Luparia^ erbaute ein ' Tauf haus ; sie selbst 
empfieng zuerst die heilige Taufe, und nach ihr viel Volk in Acci und 
der Umgegend. , 

Der Name Luparia kommt später bei den Christinnen nicht mehr vor, 
soweit ich sehe. Darüber darf man sich nicht wundem. Sie wird ja 
nicht als Heilige der Kirche verehrt ^). — Indaletius, Ctesiphon u. s. w. 
werden als Heilige verehrt , und wir finden doch nicht, dass andere 
später ihren Namen trugen. — Wir kennen den Namen keiner christ- 
lichen Frau Spaniens bis zu der grossen Verfolgung, und auch hier 
werden uns nur wenige Namen genannt. 

Luparia heisst eine Senatorin — Senatrix. I^ie braucht darum nicht 
die Gemahlin eines römischen Senators gewesen zu seyn. Manche Frau 
führt heute den Titel ^Frm Rath^, wie Göthe's Mutter, oder ;,Frau 
Bäthin^, und sie ist doch nicht Staatsräthin, oder kaiserliche Rathsfraü. 
Doch ist es nicht unmöglich, selbst nicht unwahrscheinlich, dass Luparia 
Gemahlin oder Wittwe eines römischen Bathsherrn war. — Denn sie 
heisst Luparia. Will man dieses Wort nicht von Lupa ableiten, so 
kann man es von Luparia herleiten. Dieses war eine Gegend in Rom 
in der sogenannten Suburra^), und Luparia konnte somit bedeuten: die 
Frau von dem Stadttheil Luparia in Rom. 

Lidess hatte jede römische Colonie, und jedes Municipium seinen 
eigenen Senat ^), der bald Senatus, bald Ordo, und dieses ist der in 
Spanien am meisten vorkommende Name, bald ordo deeurianum, bald 
curia, oder decuriones, curi&nes, patres, conscripti etc. genannt wird^). 
In den Colonien war die Anzahl der Senatoren in der Regel hundert. 
— Nach der Analogie muss man annehmen, dass es auch hundert Se- 
natoren in Acci gab; und wem es darum zu weit hergeholt scheint, 
den Namen der Luparia von einer Stadtgegend in Rom herzuleiten, der 
mag die Luparia für die Gemahlin oder die Wittwe eines der Ratha* 
herren von Aed betrachten^). 



*) Doch hat sie eine Oraüon in der Festmesse der Siebenmänner, wo sie beata 
Luparia heisst 

*) Sextus Eußts reg, 2. — Senator statt Decurio kommt nach OrelU — Corpus in' 
Script n. 3763. in Inschriften nicht vor. 

') Orelli n. 120, Senatus populusque Änagninus. 124. Senatus pop. Laurens, — 113, S&- 
natus populusque Tiburs, und die Sammlung Nr. 3728. — Minutoli, Spanien in 
seiner fortschreiteAden Entwicklung, 1852 — S. 100. 

*) Handbach der römischen Alterthümer von Becker »Marquardt, 3. Theil, 1. Ab- 
theilung. S. 365 flg. (Leipzig 1851.) 

*) Man verwechsle Luparia nicht mit Lnpanaria. Den lezteren Namen hat in 
ihren ächten Martyrerakten die heil. Afra von Augsburg — ap, Bmnart, c, 1, -^ 
Im „Romanum parvum*^ des Ado kommt zum 30. Juli eine „virgo Lucemaria^ vor. 
— Eine Stadt Luparia — (nach Cort^s heute Lupion) im Gebiete der Oretaner 
findet sieh auch im alten Spanien ; sie. war nicht weit von Acci entfernt. Ebenso 
gab es eine Stadt dieses Namens im nördUehen Gallien. ' 



142 Zweites Btich. Sechstes Kapitel. 



§. 3. Das Bisthum von Acci das erste in Spanien. 

Dass Paulus das Evangelium in Spanien gepredigt habe, ist eine 
geschichtliche Thatsache. Dass er daselbst die Anfänge von Gemeinden 
gegründet, scheint sich mit Nothvrendigkeit ds^aus zu ergeben. Dass er aber 
ein Bisthum daselbst gegründet, oder einen Bischof zurückgelassen habe, 
lässt sich nicht beweisen, und Hesse sich nur dann wahrscheinlich machen, 
wenn wir nicht wüssten, dass er mit Petrus die Siebenmänner nach 
Spanien gesendet. Dass Paulus zu Astigi gelehrt,^ nehme ich gerne an; 
aber daraus folgt nicht, dass er das Bisthum Astigi gegründet habe. So 
muss denn Acci als das erste in Spanien gegründete Bisthum angesehen 
werden. Dieser Ueberzeugung sind die Spanier von jeher gewesen, und 
sind es noch. Darum trägt Guadix mit Recht den Namen: Sancta et 
apostolica ecclesia — „die heilige und apostolische Kirche^. Aus diesem 
Grunde hatte Felix, Bischof von Acci, den Vorsiz auf der Synode von 
Elvira. 

Dass aber später die Bedeutung von Acci zurücktrat, dass es nicht 
Metropolitansiz wurde, erklärt sich aus der bekannten Entwicklung der 
Kirchen Verfassung, nach welcher die Hauptstädte der Provinzen auch 
Metropolitansize wurden. So - gieng es auch in Spanien. Gran&da als 
Hauptstadt des alten Königreichs Granada ist Erzbisthum, und Guadix- 
Baza dessen Sufiraganbisthum. 

' Wegen der örtlichen Lage in dem rauhen Hoch -Andalusien konnte 
das Bisthum Acci nie eine bedeutende Bevölkerung haben. Kein ein- 
ziger Ort wird, ausser Acci selbst, von den Alten genannt, welcher 
innerhalb des heutigen Bistbumes Guadix lag. (Nur Abla hat vielleicht 
eine Zeit lang dazu gehört.) Von den 24 Priestern zu Elvira, war nach- 
weislich keiner aus Acci oder dem Bischofssprengel. So begrenzt und 
klein blieb das Bisthum bis zu seinem Verschwinden zur Zeh der Mauren. 
Als dasselbe in Vollmacht einer päpstlichen Bulle vom 4. August 1486 
durch den grossen Kardinal Mendoza am 21. Mai 1492 wieder herge- 
stellt wurde, wurde mit ihm das alte Bisthum Basti (Baza) für immer 
vereinigt, so dass dasselbe stets Bisthum ;, Guadix j Baza^ heisst*). 



§. 4. Der Tod des heiligen Torquatus, Er und seine 

Gefährten sind nicht Märtyrer. 

Florez und die Spanier überhaupt haben ein natürliches Verlangen, 
den Torquatus und seine Gefährten als Märtyrer zu verehren. Die 



«) Madoz, Diceion. t IX, 45. Trozdem hatte es 1850 nur 52 Ortschaften, 81,363 
Seelen , 36 Pfarrkirchen , 21 Füialkircii«n. 



%. 4. Der Tod des hdligen Torquatos. Er und seine Gefährten etc. 143 

Gründe^ weldie sie abführen^ können aber eine genaue Prüfdng nicht 
ertragen ^). — Florez macht sdne Beweisführung schon dadurch ver- 
dächtig, dass er die Sieben zugleich zu Schülern des Jacobus macht, der 
nicht nach Spanien gekommen ist. Joh. Baptist Perez, einer der nüch- 
ternsten Historiker Spaniens, sagt mit Recht, „dass es gegen alle Schrill- 
steller sei, sie Märtyrer zu nennen, denn keiner sage, dass sie das 
Martyrium ^litt^i, ausdrücklich nenne sie das gothische Officium Be* 
kenner,* Ebenso Tülemont*). 

Umsonst beruft Florez sich auf das Wort Confessores, das in der 
alten Zeit auch Blutzeuge bedeutet habe* Denn in dem ganzen Officium 
der Siebenm&aner kommt k^ne Stelle vor, und keine Andeutung, dass 
sie für den Glauben gestorben. Auch diess entscheidet nichts, dass sie 
das Officium ^yplurimorum marti/rtem^^ im Allgemeinen haben. Denn 
diess stammt aus einer spätem Zeit, vielleicht Isidor^s, der vermuthen 
mochte, dass sie ak Märtyrer gestorben. Entscheidend ist allein der 
Wortlaut des Officiums. — Ein Beispiel mag diess erklären: das Fest 
nemlich der beiden Apostel Petrus und Paulus. Auch hier beginnt die 
mozarabische Messe mit dem Introitus der Messe „plurimorum martyrum^: 
Dabo 9äncti8 tneis primam sesHonem — Ich werde meinen Heiligen geben 
den ersten Siz , AUelujah. — Aber sogleich heisst es in der ersten Ora- 
tion; Diese sind, Christus unser Herr, deine Freunde Petrus und Paulus, 
welche ihre Leiber in den Tod gegeben^ und darum Wegweiser des 
Heils geworden sind, und Gründer der Kirche. Die Einheit der Pre- 
digt hat sie verbunden, und der glückliche Tod hat sie vereinigt. — 
Solche Andeutungen finden sich nirgends im Officium der Siebenmänner. 

Entscheidend femer ist der Ausdruck ^^requievenmt^^ sie ruhen, d. h. 
sie sind dort eines natürlichen Todes gestorben, wo sie begraben sind. 
Sonst müsste es wenigstens heissen: sie haben triumphirt, oder sie sind 
gekrönt worden, oder sie haben für Christus gelitten. 

Dagegen kann das späte Zeugniss Gregorys VU. nicht aufkommen, 
(dem der Thatbestand eben nicht bekannt war), dass die Siebenmänner 
mit ihrem Blute die Kirchen von Spanien gegründet haben. Gregor 
lebte ein ganzes Jahrtausend später. — Aber auch das sogenannte kleine 
römische Martyrologium , das doch wahrscheinlich das älteste röiMsche 
ist, und welches genau zwischen Bekennem und Märtyrern zu unter- 
scheiden weiss, bezeichnet die Siebeti einfax^h als Bischöfe, „welche zu 
Rom von den Aposteln ordinirt worden sind*^ ^). 



*) Florez, 4,41 — 53. Trau 2, Cap, 2. Si los siete ApostoUcoa fueron Maries , y 
DiscipuUis de Santiago f 

«) TiUemoni, m^motres] /, 201 (Paris 1693), 

') Zum 14. Mai hat es: In Syria, Victoris et Coronae — martyrum. Zum 15. Mai: 
Torquaii — qui Itomae ab apostolis ordinati sunt. — Zum 1$. Mai : In Isataria: 
AquiUni et VictorianL Zuoi' 17* Mai : In Tuscia, Torpetis martyr» $ub Merone, 



144 Zweites Buch. Seehstes Kapitel. 

Es ist kein Einwurf von Bedeutung^ wenn Florez üBgtj dass die 
Väter des 4., 5. und 17. Concils von Toledo, die sich in der Kirche 
der heiligen Leocadia versammelten, dieselbe eine Bekennerin nannten. 
Denn in der That war sie mehr Bekennerin, als Martyrin. — Johannes 
Chrysostomus wird als Confessor verehrt, und er war in ähnlicher Weise 
Märtyrer. — „Gregor nannte den Hermenegild den standhajGbesten Be- 
kenner ChristL^ Diess war er, und konnte doch Märtyrer seyn. — 
Set. Gerontius und Set. Crispin heissen im mozarabischen Officium „Con" 
feasores^ ^). Mit Becht. Denn Gerontius starb im Gefängnisse; der 
Tod des Crispinus von Astigi liegt im Dunkeln. 

Die Worte des Officiums der Sieben: „die ihr freiwillig ei^er Leben 
dargeboten habet^, erklären sich ohne Martyrium aus ihrer, ungetheilten 
Hingabe an ihren Beruf. Weiter weist Florez auf die Worte des Hymnus: 
Sparso cineri una Corona est — dem ausgestreuten Staube gebührt eine 
und dieselbe Exone. „Erone^ aber bedeute Martyrkranz, denn Prüden- 
tius habe ja gerade ncQl (5XEq>aväv — über die Kronen der Märtyrer, ge- 
schrieben. Als ob man nicht von allen Heiligen in allen Sprachen sagte, 
dass Gott sie für ihre Verdienste kröne ; als ob nicht der Apostel sagte : 
„nur derjenige wird gekrönet, welcher recht gestritten hat^)^, wobei er 
gewiss nicht an den* Martyrtod gedacht hat. 

Noch vieles andere führt Florez an, was kein Gewicht hat, — Den 
Beweis hat niemand noch geführt, dass im ersten und An&nge des 
zweiten Jahrhunderts ausser Rom die Christen verfolgt wurden (Judäa 
ausgenommen). Die vielgenannte spanische Inschrift aber hat ja Florez 
selbst aufgegeben ^) , nach welcher die Christen unter Nero verfolgt 
wurden. — Später möchte Florez zugeben, dass einige der Sieben 
zwar als Bekenner, einige jedoch als Märtyrer starben. Denn nach der 
Analogie anderer Länder sei es kaum denkbar, dass alle Sieben eines 
ruhigen Todes starben*). 

Sicher sei Torquatus Märtyrer gewesen; denn als man im J. 1593 
im Kloster Cellanova, Bisthums Orense, eine gerichtliche Einaichtsnahme 
seines Leichnams gehalten, um eine Reliquie davon an die Eirche von 
Guadix zu senden, so habe er unverkennbare Zeichen des Martyriums 
an si^h getragen. 

Diess ist eine ganz andere Frage, auf die ich nicht eingehen kann 
und will, ob die Reliquien,, die man am Ende des sechszehnten Jahr- 
hunderts von den sieben Männern allenthalben in Spanien zeigte, und 
vorübergehend ehrte, und welche heute völlig vergessen und unbeachtet 
auch in Spanien sind, die wirklichen und ächten seien. Bivar erzählt 
von einem andern Leibe des oder eines heiligen Torquatus, der in dem 
Cisterzienser-Kloster de la Vega im Bisthume Palencia, mit unverwestem 



") Florez, 4, 42. •) S. Buch 4, Kap. I4. 

») 2. Tim. 2,5. *) 4, 46. 



$. 5. Die Verehrung des heiligen Torquatus. 145 

Anne, und Äher Wunde mit einer Lanze in der Hand, aufbewahrt 
wurde. Diess triflFfc nach Florez nicht auf Set. Torquatus zu, der in 
Celanova seine Arme habe. 

Dass Torquatus und seine Gefährten keine Märtyrer wurden, geht 
aus ihrer Vergleichung mit dem heiligen Gerontiüs von Italica hervor. 
Dass dieser im Gefängnisse starb, wird ausdrücklich bezeugt. Um wie 
viel mehr wäre es bezeugt worden, wenn die Sieben als Märtyrer ge- 
storben? — Es geht annähernd hervor aus den Gegenden und Orten, 
wo die Verfolgung begann. Nero verfolgte die Christen in Rom, nicht 
weil sie Christen waren, sondern weil er grausam war, und weil er dem 
Volke, das sie hasste, damit eher einen Gefallen zu thun glaubte. — 
Diese Verfolgung konnte über Rom nicht hinausgehen, weil die Christen 
ausser Rom an der angeblichen Schuld des Brandes von Rom keinen 
Theil haben konnten. 

Unter Domitian war die Verfolgung eine sehr partielle; sie erstreckte 
sich eigentlich bloss auf die wirklichen oder angeblichen Verwandten 
Christi, welche der argwöhnische Domitian fürchtete*). In Spanien lag 
für solche Verfolgungen kein Grund vor. In Spanien gab es keinen 
blutdürstigen Pöbel, wie in Rom und den Städten des Orients (auch in 
Lyon), welcher gerufen hätte: „die Christen zu den wilden Thieren; 
hinweg mit den Christen I** In den kleinen Städten zwischen Cartha- 
gena und Cordova, in welchen das Christenthum zuerst ausgebreitet 
wurde, war jedenfalls noch weniger Pöbel, und die römischen Prätoren 
waren ferne. Diess aber wird von allen zugegeben, dass erst die Ver- 
folgung des Decius im J. 250 eine politische und systematische war. 

§. 5. Die Verehrung des heiligen Torquatus. 

Man kann der Stadt und dem Bisthum Acci in keiner Weise den 
Vorwurf machen , dass sie sich undankbar gegen ihren Patron gezeigt 
haben , obgleidh bei der Mangelhaftigkeit der Nachrichten die Spuren der 
Verehrung in der Vergangenheit weniger hervortreten. 

Aber die Messe und das Officium des Festes vom 1. Mai ist doch 
nach innerer Wahrscheinlichkeit und äussern Spuren von Acci aus-, und 
auf die ganze Kirche von Spanien übergegangen. Die Illation oder 
Präfation der Messe des Festes ist ein unwiderleglicher Beweis, dass 
dieselbe von Acci ausgieng. Denn es heisst in ihr: „Als sie in der 
Nähe dieser Stadt ihre Schüler aussandten und ihnen befahlen, etwas 
Speise zu kaufen ^).^ Dem Isidor von Sevilla mochte bei der Revision 



») Euseb. Ä. €. 3,17,18,20. 

'} Nam dum missia discipuUs in huius urbis convtcimtatem escarttm emi parum aUquid 
praecqn8sent: agunt cuseclae prciecepta sibi, quae jussa sunt. 

Garns f Span. Kirche. 10 



146 Zweite« Buch. Sechstes Kapitel* 

des gothischen Ritas wohl diese Form auffallen; aber vielleicht hat er 
diese Worte, die auf keine andere Stadt von Spanien passen, stehen 
lassen, aus Pietät vor dem Alterthum, und um die erste bischöfliche 
Kirche in Spanien zu ehren. 

i^Bis heute noch ,^ sagt Ado , „ist ein grosses Wunder zu sehen, 
wodurch ihr kostbarer Tod geehret wird. Denn bei der jährlichen Fest- 
lichkeit in der erwähnten Stadt Acci, blühet am Grabe des heiligen 
Torquatus ein Olivenbaum durch göttliche Kraft, und bedeckt sich zu 
gleicher Zeit mit reifen Früchten.*' Dieses bloss von Ado berichtete 
Wunder findet keine Bestätigung in dem OflBcium des Festes der Sieben- 
männer. Es ist kaum anzunehmen, dass nicht Andeutungen davon in das 
Officium übergegangen wären, wenn eine solche Erscheinung sich in jedem 
Jahre regelmässig wiederholt hätte. Anlass und Aufforderung dazu gaben 
zahlreiche Wendungen und Bilder des Officiums. Wenn die Präfation in 
solcher Schärfe den Sturz der Brücke bei Acci mit dem Versinken Pharao's 
im rothen Meere vergleicht, so lag es doch mehr als nahe, die blühenden 
und reifen Früchte des Oelbaumes zu vergleichen mit den blühenden und 
reifenden Früchten des geistigen Lebens , welche aus und an dem Grabe 
des heiligen Torquatus und seiner Gefährten hervorgehen sollten. 

Indess — ich leugne nicht das Wunder des Oelbaumes, aber ich 
leugne, dass es durch historische Zeugnisse genügend beglaubigt sei. 
Wenn das Wunder noch im neunten Jahrhundert, in welchem Ado 
schrieb, und in welchem das unter dem Joche der Mauren stehende Acci 
allerdings noch Bischöfe hatte — , fortdauerte, so muss es im Mittelalter 
aufgehört haben *)> Denn aus der neuern Zeit wird über es nichts be- 
richtet. — Zu beachten ist ferner, dass von andern berichtet wird, dass 
dasselbe Wunder des Oelbaumes am Grabe der heiligen Eulalia zu Me- 
rida stattfinde, — wovon in Merida auch niemand gehört hat. 

Indess — ähnliche Erscheinungen sind an sich nicht unglaubwürdig, 
wenn sie genügend beglaubigt sind. Hinter dem Chor des Doms zu 
Hildesheim befindet sich ein — an der Mauer sich aufi^ankender — wil- 
der Rosenstock, der von Weitem die Gestalt eines Weinstockes hat 
Von ihm wird erzählt, , dass er schon ein Jahrtausend oder darüber, hier 
stehe, und jedes Jahr blüht er neu auf. Er sei von Ludwig dem From- 
men oder zu dessen Zeit aus Palästina gebracht; und — in deutsche 
Erde gepflanzt, — sei er unsterblich geworden. — Alexander Hum- 
boldt, den niemand den Gläubigen, geschweige den Wundergläubigen 
zuzählen wird, handelt in seinen „Ansichten der Natur^ von diesem 
Bosenstocke, und leugnet nicht die Thatsache selbst. 



Auf einer Synode zu Cordova im J. 839 unterschrieb der Bischof Qairicas von 
Acci — (Helffench, der westgoth. Arianisnous und die spanische Kezergesch. 
Berlin 1860, S. 108-114). 



$. 5. Die Verehrung des heiligen Torquatus. 147 

Jedea£Edls erhellt aus dem Bericht^ des Ado die noch im neuaten 
Jahrhundert 9 oder wenigstens durch die frühem Jahrhunderte fortdauerde 
Verehrung des heiligen Torquatus und seiner Genossen zu Acci. — Es 
erhellt, dass eine jährliche grosse Festlichkeit in Acci gehalten wurde, 
wahrscheinlich am 1. Mai, an welchem die Ankimft der Siebenmänjuet 
in Spanien und in Acci besonders begangen wurde. Es erhellt, dass 
man noch im neunten Jahrhundert das Grab des heiligen Torquatus in 
Acci zeigte. 

Nach Wiederherstellung der bischöflichen Kirche von Guadix im 
J. 1492 lebte alsbald auch ebendamit die Verehrung des heiligen Tor- 
quatus wieder auf. — Guadix besizt ein sogenanntes Conciliar -Seminar 
für Erziehung der Priester, mit dem Namen Seminar de San Torcuato, 
worin lateinische Grammatik, Philosophie und Theologie gelehrt wird. 
— Die Eärche von Guadix heisst die „heilige und apostolische** zum 
Andenken an den heiligen Torquatus. Die jezige Kathedrale von dorisch- 
corintibischer Bauart wurde in den Jahren 1710 bis 1796 roUendet*). 
Sie steht an der Stelle der alten maurischen Moschee. 

Die Mutterkirche del Sagrario, welche Kirche ein Theil der Ka- 
thedrale ist, hat in ihrem Bezirke zwei Leguas nordöstlich von Guadix 
die Einsiedelei von San Torcuato , woselbst nach Lokaltraditionen, deren 
Ursprung und Dauer sich nicht wohl ermitteln ISsst, Torquatus, Patron 
von Guadix, den Martyrtod erlitten haben soll. Die Gläubigen der Stadt 
und Umgegend haben eine grosse Verehrung zu ihrem heiligen Patrone. 
In der Einsiedelei befindet sich ein Kapellan^). Wie viele von den 
97 Kirchen und Kapellen des Bisthums den Namen des heiligen Tor- 
quatus tragen, findet sich bei Madoz nicht. Bei den Bisäiümem Almeria 
und Astorga aber hat er die Titel der (Patrone der) Kirchen apgegebenj 
ohne dass sich indess darunter S. Torquatus befände* Dass auch heute 
noch der Name des Heiligen in Guadix fortdauert, zeigt D. Torquatus 
Tarrago, der nieste Geschichtschreiber von Guadix, mit seinem Namen. 

Von dem Andenken des heiligen Torquatus ausserhalb des Bisthumes 
Guadix ist ein Zeugniss die Kirche San Torquato in Toledo, welche im 
J. 701 gegründet wurde. — Neben der Einsiedelei San Torcuato bei 
Guadix giebt es ein Dorf San Torcuato in der Provinz Lögronno, im 



Baukosten : 10,500,000 Realen. 

*) Madoz, 9, 48. Madoz theilt noch den (von Florez aufgegebenen) Irrtham, 
dass. das alte Acci } L.eguas nordlich von Guadix gelegen habe. Doch sagt er 
(S. 44): »Die Zeit, in welcher die Einwohner des alten Acci in das jezige Guadix 
übersiedelten, ist unbekannt, und diese Transferirung ist bloss bestätigt durch 
die Tradition, und durch das mozarabische Officium der sieben Apostelsciiüler« 
(worin wir Andern keine Bestätigung finden). 

10* 



148 Zweites Bach. Sechstes Kapitel. 

Bisihiim Calahorra« Die Pfarrkirche heisst zwar asum heiligen Paulus, 
firtther wird sie aber wohl auf den Namen des heiligen Torquatus ge- 
weiht ^ und davon der Ort genannt worden seyn. Noch besteht ein Dorf 
San Torcuato de Alfoz im Bisthum Orense in Galizien. Hier trägt die 
Pfarrkirche den Namen des heiligen Torquatus. 

Ein Beweis der hohen Verehrung der Siebenmänner in Spanien ist 
auch der Tag ihrer festlichen Feier. Nur die Kirche von Sevilla und 
Ebora hatten ihr. Fest im sechszehnten Jahrhundert auf den 15. Mai ver- 
legt. In den andern Kirchen musste am 1. Mai das Fest der Apostel 
Philippus und Jacobus dem Feste der Siebenmänner weichen, weil leztere 
ein eigenes OfiGicium haben. So das alte Toledanische Brevier vom fünf- 
zehnten Jahrhundert, so zwei Breviere von Burgos vom fünfzehnten und 
sechszehnten Jahrhundert, so ein Brevier von Tarragona und das von 
Avila. Aldrete führt ein Brevier von Cordova an, nach welchem ihr 
Fest am 27. April begangen wurde. Hervorzuheben ist eine Stelle aus 
dem alten Brevier von Burgos, nach welcher ihr Andenken fast in der 
ganzen Welt am 1. Mai begangen wurde'). 

So wurde in der alten Zeit ihr Fest in ganz Spanien gefeiert. 
Warum? „Entweder,^ sagtFlorez, »weil die beiden Apostel (Philippus 
und Jacobus) in der ersten Zeit kein eigenes Fest hatten, oder weil sie 
kein eigenes FestofGdum hatten, desswegen auf einen andern Tag trans- 
ferirt wurden.^ Ich füge bei, weil in ganz Spanien das Fest der Sie- 
benmänner früher und weil es festlicher begangen wurde. Als nun aus 
dem römischen Festkalender das Fest der beiden Apostel für den 1. Mai 
in den spanischen Festkalender übergieng, war der 1. Mai von dem 
Feste der Siebenmänner schon occupirt, welche für die Kirche von Spa- 
nien eine grössere Bedeutung hatten ^). 

Warum aber wurde ihr Fest am 1. Mai gefeiert? Entweder, weil 
sie an diesem Tage eintraten in Spanien, oder über Spanien sich ver- 
breiteten, sagt Florez. Jedenfalls kann diess nicht das Fest ihres Todes 
seyn , da sie nicht an einem Tage starben. Ich halte es mit Florez für 
das Wahrscheinlichere, dass der 1. Mai der Tag des Wunders bei Guadix 
war. Das römische Martyrologium hat ihr Andenken am 15. Mai, weil, 
als ihre Namen in dasselbe eingetragen wurden, in Rom am 1. Mai 
schon das Andenken der beiden Apostel Philippus und Jacobus ge- 
feiert wurde. Aber ich kann der Meinung des Florez nicht beitreten, 
dass der 15. Mai der Tag des Todes des heiligen Torquatus gewesen. 
Denn die angeführten Documente, d. h. zunächst Ado, sagen nicht, dass 
das Wunder des Oelbaumes am 15. Mai geschah, sondern ^bei der Fest- 



*) Aldrete, antiquit, Higp, L 2, cap, 12, Etsi komm sanetisnmorum p<mt\ficuim KaUndü 

Maß natahtium ubique pene gentium eelebretur (zum 29. April). 
*) Florez, 4, 62. 



$. 5. Die VereliniDg des heiligen ToTqnatus. 149 

lichkeit der Siebenmänner in Acci^. Ado aber sezt ihr Fest auf den 
15. Mai aus keinem andern Grunde, als weil er es so in dem kleinen 
römischen Martyrologium vorgefunden, von dem er zu Aquileja Einsicht 
und Abschrift genommen hatte. 

Auf die Uebertragung des Leibes des heiligen Torquatus nach Cela- 
no va ^) in Galizien können wir nicht eingehen, weil es uns an sichern 
historischen Anhaltspunkten zu einem Urtheile fehlt» 



') In Celanova wird (nach Madoz) allerdings der Leib des beiL Torquatus auf- 
bewahrt; doch auch, und natürlich als bedeutendere Reliquie, der Leib des 
heil. Rudesindo, Bischofs von Damium und Mondonnedo — um 975« 



Siebentes Kapitel. 

Der heilige Secondos von Abola. 

Literatur: 1) Historia de las grandezcut de la ciudad de Ävila, por el padre 
Fr, Luis Arizj monge henito etc, 1607 , en fol. 

2) Historia de la vida, invencion, milagros y translacion de San Segundo, primero 
obispo de Ävila, y recopilacion de los obispos sucessores svyos hasta D. Gerönvmo Manrique 
de Lara, inquisidor general de Espanna, compuesta y ordenada por Antonio Cianca, natural 
de la ciudad de Ävila. Madrid, por Luis Sanchez, 1593. En 4®. Eine zweite Aus- 
gabe 1595. 

3) Teatro eclesiästico de la santa igksia apostöUca de Ävila, y vidas de sus obispos y 
cosas memorabUs de su sede in: Gil Gonzalez, „Teatro de las iglesias de Espanna, tom. II, 
p. 189. 

4) Fhrez, Tratado de la igksia abulense, Espanna sagrada, t. 14 (1768), p. 1 — 35, 



§. 1. War die Stadt Avila in Altcastilien der Bischofssiz des 

heiligen Secundus? 

Das heutige Bisthum Avila heisst lateinisch Abula. Das Wort Abula 
kommt in der alten Zeit nur einmal vor bei Ptolemäus, und zwar unter 
den Städten der Bastitaner. 

Obila aber lag nach Ptolemäus im Lande der Vettonen, in einer 
Gegend, die nicht allzusehr abweicht von der Lage des heutigen Avila, 
bei den grösseren Lrthümem, die sich bei Ptolemäus finden. Ausser 
Ptolemäus*) begegnet uns kein alter Geograph, der Abila nennte. — 
Bei Hieronymus^) lesen einige Abula, andere Abila. Sophronius, der 
griechische Uebersezer des Hieronymus, schreibt — Abila. Daraus ist 
zu ersehen, dass EGeronymus ebenso geschrieben hat. — Li dem 



>) Ptol. geogr. 2, 5(9), 

*) Hier, de vir, iüustr, c. 121, 



$, 1. War die Stadt Avila der Bischofssiz des heil. Secnndas ? 151 

Chronikon des Idatius heisst es zum Jahre 386 : Abula. [Priscillian wird 
zum Bischöfe von Abula ordinirt *)]. 

Florez möchte nachweisen, dass die Stadt Avila phönizisch- liby- 
schen Ursprunges sei, und dass ihr Name in Beziehung zu sezen sei 
mit dem Berg Abyle in Afrika. Er meint, Abyle selbst bedeute Berg. 
Und Alterthümer daselbst weisen auf ein unvordenkliches Alter der 
Stadt hin^). — Movers, dessen genaue Studien bekannt sind, hat aber 
alle Städte Spaniens aufgeführt, welche phönizisch -libyschen Ursprungs 
sind, darunter Avila nicht. Die Aehnlichkeit mit Bilbilis, Myrtilis — 
weist eher auf altspanischen Stamm. Die Vergleichung des Florez mit 
einer Stadt Abella in Campanien, und der Landschaft Abylene beweist 
nichts, denn solche Aehnlichkeiten sind zufällig. 

Ohne Beweis sagt Florez, dass der Name von Avila zuerst Abula 
war, wie Idatius zeige. — Dass die kirchlichen Documente, die von 
Secundus handeln, ihm Abula zuweisen, beweiset nichts. Denn diese 
Documente sagen ja mit keinem Worte aus, dass das Abula des heiligen 
Secundus die Stadt Avila in Altcastilien sei. 

Die in den Concilien zu Toledo unterzeichneten Bischöfe von Avila 
— nennen sich alle von Abila oder von Abela, nie von Abula. — Dabei 
ist zu bemerken , dass sich diese Bischöfe jedenfalls nach der alten 
Schreibweise der Stadt unterzeichneten, wie z. B. sich der Bischof von 
Guadix heute nicht episcopus Ouaditanus, sondern Äceitanus nennt. Hätte 
Avila früher Abula geheissen, so hätten sich die Bischöfe auch so ge- 
nannt 3). 

Noch die sogenannte Charte Wamba's, die aus dem eilften oder 
zwölften Jahrhundert stammt, schreibt Abela*). Ein Catalog der Bis- 
thümer von 883 schreibt: Abila. Ein Verzeichniss vom J. 962 schreibt: 
Avela. — Ein anderer Catalog, von Loaysa mitgetheilt, schreibt: Abela ^). 

In einem Pariser Verzeichnisse von Bisthümern, frühestens vom 
Ende des zwölften Jahrhunderts, erscheint zuerst: Abulmsem. Ebenso 
steht in einem Cataloge aus der Bibliotheca Thuana in Paris. — Ein 
Catalog von 1225 aus der vaticanischen Bibliothek, welcher das bekannte, 
und in neuester Zeit mehrfach herausgegebene Verzeichniss der Bischöfe 
unter Papst Honorius lU. enthält, schreibt: Abulensis; ebenso ein gleich- 



') Idatius ad a. 386: Priscillianus j decUnans in haeresim Gnosticorum , per episcopos, 

quos sibi in eadem pravitate collegerat j Äbulae episcopus ordinatur . . s. Buch 4. Kap. 9. 
*) Willkomm, die Halbinsel der Pyrenäen — 1855, S. 347. Avila liegt sehr 

uneben, und hat einigte rohe Granitblöcke in Form von Thiergestalten. 
') Vierte Synode : Theodoigius Äbilensis ep. Siebente Synode : Eustochius ecclesiae 

Abiftnsis episcopus. Achte Synode : Amanungus — Äbilensis episcopus. Ebenso : 

Aspkalius, OnegisiSf Joannes , Justmianusf — Äbilensis. 
^) Florez, 4,253. 
») Florez, 4,259. 



152 Zweites Buch. Siebentes Kapitel. 

zeitiger Catalog aus Alcala. Endlich heisst Avila auch bei Rodrigo Xi- 
menes um das J. 1240 Abula*). 

Man kann die allmälige Entstehung des Wortes Abula verfolgen. 
Es heisst in Spanien bis zum dreizehnten Jahrhundert Abila oder Abela. 
Die Ausländer nennen es zuerst Abula , und nun nahmen die Spanier 
gleichfalls diese Weise zu schreiben an. Ist also das Wort entscheidend, 
und man dürfte , da man sonst keine Anhaltspunkte hat, auf das Wort 
den meisten Nachdruck legen, so war das Abula des heiligen Secundus 
keineswegs die Stadt Avila in Altcastilien. Denn in der altgothischen 
Liturgie heisst die Stadt des Secundus Abula , und so hat in alter Zeit 
Avila nie geheissen. 

Florez meint ferner, über einem unbekannten Abula in Bastitanien 
dürfe man nicht den bekannten Bischofssiz in Lusitanien zurücksezen. 
Wir hätten nicht einmal bestinamte Zeichen, dass es ein bastitanisches 
Abula gab. — Dabei wird aber immer vorausgesezt , dass Avila schon 
vor dem vierten Jahrhundert ein Bisthum war, was erst zu erweisen 
wäre. Ferner, dass das Abula des Secundus ein Bisthum seyn musste; 
aber nach dem Tode des Secundus konnte ja das Bisthum Abula wieder 
erlöschen oder nach einem andern Orte übertragen werden, wie es mit 
den Bisthümern des Ctesiphon, Isitius und Euphrasius der Fall war^). 

Nach Avila war es, sagt Florez, wohin S. Secundus, durchdringend 
das mitten liegende Land, kam, um das Evangelium zu predigen, in 
dieser von Prätoren und Soldaten freien Gegend. Weil Avila fern war 
von den Heerstrassen, sei es nicht erwähnt worden, um so gelegener 
aber für das Christenthum gewesen. Als die Muhamedaner die Stadt 
besezten, haben die Gläubigen den Leib ihres heiligen Patrones ver- 
borgen, bis man Ihn im J. 1519 wieder fand, mit einer Inschrift: Sanctus 
Secundia. — Wohlgerüche seien ausgeströmt, und viele Wunder seien 
geschehen. Von den leztern berichtet besonders Antonio Cianca. Zu- 
gegeben, dass Wunder geschehen, beweist dieses nicht, dass Secundus 
in Avila wirkte und starb. Der Leib konnte ja auch übertragen wor- 
den seyn. Wunder können nie die Identität eines heiligen Leibes be- 
weisen; sie sind ein Lohn eines lebendigen Glaubens. — Jedenfalls 
könnte man mit ihnen historische Thatsachen nicht beweisen. 

Was gegen Avila als Siz des heiligen Secundus spricht, ist 1) die 
Verschiedenheit des Namens; 2) der Mangel aller frühem Tradition bis 
zu dem Einfall der Mauren; 3) Avila war in den ersten Jahrhunderten 
ein so unbedeutender und abgelegener Ort, dass nicht einmal eine der 
zahlreichen römischen Staatsstrassen über den Ort führten. Wie hätte 
sich Secundus dahin verirren sollen? 4) Die andern sechs Apostelschüler 



*) Rodericus Xim, de rebus Hispaniae, 9, 4 — Abula — in Patrum Toletanorum opera, 

t 3 (1793). 
«) 14, 11. 



$. 2. War die Villa Vilches im Bisthume Jafin, etc. 153 

hatten aber ihren Siz in Südostspanien, und so nahe bei einander , dass 
ein bestimmter Entschluss, ein Entschluss, sich nicht zu trennen, dieser 
Nähe zu Grunde zu liegen scheint. Nun sollte ein Einziger, wie ein 
verirrter Bruder seine Mitbischöfe verlassen, und viele Tagereisen fort 
nach dem Nordwesten von Spanien gekommen seyn? Um solches an- 
zunehmen, müsste man andere Gründe haben. 



§. 2. War die Villa Vilches im Bisthume Jaen, oder las Bullas 
im Bisthmne Murcia Siz des heiligen Secmidus? 

Die spanischen Geschichtsfälscher, Roman Higuera u. a. sind in der 
Frage nach der Lage von Äbula nüchterner und kritischer gewesen, als 
andere Historiker von Spanien. Ihre Gründe lassen sich wenigstens hören. 

Pseudo-Dexter lässt zum J. 100 den heiligen Secundus zu Castrum 
altum bei Tugia predigen, Diess ist eine Verwechslung mit Isitius von 
Carcesa. 

Pseudo-Luitprand sagt: Abula im Lande der Bastetanen sei die 
von den Mauren zerstörte Villa Gurda, wo sich ungeheure Ruinen be- 
finden. Von Turbula oder Tovarra sei der Ort 26 römische Miglien 
entfernt*). Von hier aber sei er bis Abila in Lusitanien gekommen, 
und dort Märtyrer geworden. — Noch weitern Unsinn fügt er bei. — 
Martin Ximena und die von Jaen überhaupt sind für Vilches. Vilches 
ist eine Villa von 2,668 Seelen mit der Pfarrkirche San Miguel, von 
Linares zwei Leguas entfernt. — Allein dass Bilches je Abula geheissen, 
lässt sich nicht beweisen, und ist nicht wahrscheinlich. 

Cort^s und nach ihm Madoz sagen, dass nach Ptolemäus ein Abula 
im Lande der Bastetaner lag. In dem erweiterten Bastitanien befinde 
sich die Villa las Bullas. — Bullas liegt in der Provinz Murcia, zehn 
Leguas davon entfernt, drei von der Stadt Mula. Die Pfarrkirche vom 
J. 1723 ist „Unsre Frau vom Rosenkranze*'. Das Wort „Bullas*' sei 
eine unbedeutende Abweichung von Abula, und die Bevölkerung von 
Bullas habe verschiedene Alterthümer. 

Diess ist alles. Der Weg von Abula zu Bullas ist jedenfalls ein 
ebenso weiter, als der Weg von Abula zu Abla. Die „Antiguallas*' 
aber, d. h. Alterthümer, auf welche sich die von Bullas berufen, sind in 
Spanien äusserst wohlfeil zu haben, etwa wie der Esparto, besonders in 
der Gegend, von welcher hier die Rede ist, wo die Städte Carca, Se- 
gisa, Orcelis, vielleicht auch Vergilia, sodann Dorcum, das „Cieza^'-Car- 
teja des Salmeron, Saltiga, Bigerra, Bergula, Uunum, besonders das Asso 
des Ptolemäus, das Assota der Inschrifken in der Nähe lagen ^). — Es 



>) Adversaria 96 und 100. 

«) Masdeu, 6, 102 und 115. — Cortfy^ 2, 172. 



154 Zweites Bach. Siebentes Kapitel. 

ist wahr, dass Ptolemäus das Äbula der Bastitaner zwischen Bigerra und 
Asso nennt, es also im Allgemeinen in die Provinz Murcia verlegt. Aber 
eben die Lage der alten Städte Asso und Bigerra — ist noch unent- 
schieden oder bestritten, und die Genauigkeit des Ptolemäus ist vielfach 
unverlässig. — Hat er ja doch , wie Florez mehrfach bemerkt *) , bei 
der Angabe der Städte der Bastitaner die Hauptstadt Basti selbst ver- 
gessen, eine Stadt, die jedenfalls damals bestand, und welche von Plinius 
angeführt wird ^). 

Wenn die „Antiguallas^ und „Medallas*' der Einwohner von „Bul- 
las*', Inschriften mit dem Namen „Abula*' wären oder enthielten, dann 
läge eine Beweiskraft darin. Ptolemäus bestimmt die Lage seines ^Abula^ 
auf 39° 15" n. Br. Bullas liegt nahe unter 38°, während Abla, wovon 
der nächste Paragraph handelt, unter 38f° liegt. 

§. 3. Das Abula des heiligen Secundus, und das Abula des 
Ptolemäus ist der Ort Abla zwischen Guadix und Almeria. 

Die Villa „Abla^ ist nach Madoz neun Leguas von Almeria ent- 
fernt, von Guadix aber sechs, was acht bis neun deutschen Wegstun- 
den gleichkommt. Sie gehört heute zum Bisthume Guadix. Der Geo- 
graph Forbiger u. a. glauben, dass das Abula des Ptolemäus •'*), die Stadt 
der „Albanenses^ des Plinius*), endlich das „Alba^^ des Itlnerarium An- 
toriini^) ein und derselbe Ort sei. Er hält ihn für Abla. Reinhardt 
stimmt für das nahe bei Abla liegende Purchena, ohne Grund, Lapie 
ist für Abla de Arroyo. Da ich bei Madoz nur das einzige Abla finde, 
so wird es vielleicht diesen Zusaz haben oder gehabt haben®). 

Ich theile vollkommen die Ansicht, dass das Alba des Antonin, das 
Abula des Ptolemäus und des heiligen Secundus das heutige Abla sei, 
will aber nicht verschweigen, dass kaum ein Spanier diese Meinung 
theilt. — Kommen wir zuerst zu Ptolemäus. S^ine Gradangabe n. Br. 
der Lage von Abula triftlt allerdings nicht, wie gesagt, auf die Lage 
des heutigen Abla, aber sie trifft noch weniger auf Bullas, dagegen ist 
die Angabe der Längengrade zutreffend. Abula hat nach Ptolemäus 
11° 40', und Acci hat 11° 45' ö. L., ist demnach ziemlich zutreffend. 



») Florez, 5,25. 

«) Plin, 3, 3. 

') Ptolem. 2, 6, 61, Lapity Atlas untversel de Geographie ancienne et moderne — Paris 

— 1842, fol. 
*) Stipendiarii autem celeberrimi (die in den G^richtsbezirk von Carthagena gehören) 

alabanenses (albanenses, bastitani. — 3, 26. 
,•) Itiner. Antoninif p. 404, Die neueste Ausgabe von Pctrthey und Pinder hat 

die Paginirung der Ausgabe von Wesseling — 1725 beibehalten. 
'^ Lapie f Alka univerael de Geographie aneienne et modeme^ Paria 1642, folL 



$. 3. Das Abula des heil. Secnttdas, und das Abula des Ptolemäas etc. 155 

Damit muss man zufrieden seyn, denn genau sind die Berechnungen 
des Ptolemäus nie*), sondern nur ungefähr genau. 

Aber wie ist denn Abla aus dem Abula des Ptolemäus entstanden? 
Man antwortet: durch die Ausstossung des 17. — Allein diese Aus- 
stossung vollzog sich viel leichter, wenn der Accent nicht auf dem ü 
gelegen , sondern auf der ersten Silbe. Florez zwar schreibt jißovXay 
wie er auch Beg/ovXa schreibt. Mit Unrecht. Nach den neuesten Aus- 
gaben des Ptolemäus liegt niemals (oder nur einmal) bei den Worten, 
die sich im Spanischen auf — ula endigen, der Accent auf dem ü oder 
auf der vorlezten Silbe. Beispiele sind — Barbaesvtla, Obvilcon, SslI- 
äabOj IlRpvÜa (2mal), Eseäa, Cälaecnla (dagegen Caldnba), Obneäla, 
Aaüla, AlbfSc^lay Turb^la (toiuQßovka^ äßovlce^) Saetabicüla. 

Nur eine einzige Ausnahme scheint Deobrigüla zu machen; da aber 
Ptolemäus die Stadt Saetabicula ^cctraßixovkcc schreibt, so scheint es 
mir auch Oeoßgi/ovlcc heissen zu müssen, um so mehr, als Ptolemäus 
immer QeößQiya schreibt^). 

Da mm bei ihm die zweite Silbe in Abula kurz war, da man sie 
auch in Spanien kurz sprach, so liegt es näher, dass aus Abula das 
heutige Abla, als dass aus Abula — BuUas entstanden sei. Beispiele 
für solche Ausstossungen von mittlem Vocalen bietet das alte und neue 
Spanien in Menge dar. Ptolemäus hat eine Stadt , die er im Griechischen 
Segisamüneiilum nennt ^). Der — 50 Jahre ~ später verfasste römische 
Reichswegweiser nennt deii Ort schon Segasamunclum. Das kurze ü ist 
ausgefallen. Genau so schrieb Ptolemäus um 150 n. Chr. noch Abula; 
50 Jahre später der Reichswegweiser schon Alba (eigentlich Ablä). — 
Ganz nahe bei Abula lag das alte Abdera — Ptolemäus schreibt es 
äßSegcc, — Nun ist nicht nur das kürze E ausgefallen, sondern auch 
mit dem E das B. Heute heisst der Ort Adra, und niemand leugnet, 
dass das heutige Adra das alte Abdera sei. Diess genüge. 

Allein — Plinius nennl ja die angeblichen Einwohner von Abula = 
Abla — AWanenses oder AUzbanensea^ während der Reichswegweiser die 



^) Wir berechnen die Läng^engrade von der Insel Ferrol aas, Ptolemäus fängt von 
den Insulae fortunatae an, den kanarischen Inseln, ostwärts die Grade der Länge 
zu zählen. Das Gap Sanct Vincent liegt nach ihm unter 2^^ ö. B., da es in 
der That unter den 8* zu stehen kommt; Guadix liegt unter 14^, Albal5®ö. L., 
bei Ptolemäus !!• 40' und 11* 45'. Ausführlich handelt über die Gradmessung 
des Ptolemäus E. Mannert: Alte Geographie, 1«» Auf läge 1799, 3^ Aufl. 1829, 
Bd. 1, S. 142—177. »Historische Erdkunde des Marinus und Ptolemäus.« (In 
dem achten Buche des Ptolemäus ist die Stadt Alexandria, wo Ptolemäus wohnte, 
der erste Meridian, von hier rechnet er östlich und westlich nicht nach Graden 
der Länge, sondern nach Tagesstunden.) 

') C, PtoUmaei — Htgpaniae TarraconensU iüus,' Esp. sagr, t. 5f p, 375 im Anhange. 

^ ^e/i^a.uoyjeopilor ^bel 'Ptolemäus , Se^asctmunchm bei Itin. Anton. S. 394- — Hm. 
3, 26. . 



156 Zweites Bnck. Siebentes Kapitel. 

Station der Heerstrasse z'wischen Guadix Jind Urci nicht Abla, sondern 
Alba nennt? Allerdings. — Aber'^ nach dem Reichswegweiser betrug 
die Entfernung von Acci nach Alba — 32 römische Miglien^ von Alba 
nach Urci 24. — Dieses Alba kann nur das heutige Abla seyn, was 
auch Madoz zugiebt. Denn die Entfernung trifft ziemlich zu, und das 
Wort Alba ist nur die Methatesis eines Buchstabens. — Ich zweifle 
nicht, dass in der Volkssprache das Abula des Ptolemäus schon damals 
Abla hiess. Aber die Zunge sowohl als die Feder strebt unbeiwusst 
nach Alba, und weicht vor Abla zurück. — So kommt es denn, dass 
heute in ganz Spanien nur ein einziger Ort mit diesem Namen Abla 
vorkommt, was ein halber Beweis ist, dass der Name aus Abula ent- 
standen, während sich der Ortsname Alba 19mal bei Madoz findet — 
Sagen wir es ohne Bedenken. Entweder der Reichswegweiser genannt 
des Antonin, oder die Abschreiber des Itineranum, entweder Plinius 
oder die Abschreiber des Plinius haben irrthümlich statt Abla Alba, und 
statt Ablanenses — Albanenses geschrieben, weil ihnen Abla wie ein 
spanisches Dorf vorkam, während ihnen Alba geläu% war. 

Ich glaube demnach, ohne Bedenken annehmen zu dürfen, dass das 
Abula des Ptolemäus und des heiligen Secundus das Alba des Antonin 
und Plinius — der heutige Ort Abla sei, der (nach Madoz) neun Le* 
guas von Almeria, vier Leguas von Gergal, von Granada fünfzehn, 
von Guadix sechs Leguas entfernt ist. Dieser Ort empfahl sich für den 
Begleiter des heiligen Torquatus von Acci, den Leiter und das Haupt 
der Siebenmänner, unvergleichlich besser, als Bullas oder Yilches, oder 
vollends gar das ferne Avila in Altcastilien. So war der heih'ge Se- 
cundus nur eine kleine Tagereise einerseits entfernt von seinem Meister, 
dem heiligen Torquatus, und wieder befand er sich, wie wir hSren wer- 
den , in der Nähe zweier anderer Begleiter und Gefährten des Torquatus. 
Er befand sich an der grossen römischen Heerstrasse; und wenn der 
Ort Abula gerade nicht bedeutend war, so entsprach vielleicht ein solcher 
Ort der geringeren geistigen Begabung des Heiligen. 

Aber es giebt ja in Abla keine Tradition von dem Wirken eines 
Apostelschülers daselbst. Es gab, soweit man weiss, niemals ein Bis- 
thum Abla (wofür kaum ein Raum gewesen), und unter den 24 Prie- 
stern in Elvira war keiner aus Abla? Diess ist unleugbar. Aber Eu- 
phrasius starb in lUiturgi, und es besteht keine Erinnerung mehr an 
ihn. Sie war vorhanden, ist aber ausgestorben. Es besteht keine Erin- 
nerung zu Berja an Ctesiphon. — Daraus folgt nicht, dass es nicht 
einmal in Abla eine solche gegeben habe. — Abla hat keine Literatur. 
Munnoz weiss von keiner Schrift, die über diesen Ort erschienen wäre. 
Durch seine Ünbedeutendheit sank er in Vergessenheit. Darum weiss 
man nichts von seiner Vergangenheit. 

Pedro Suarez führt in seiner Geschichte des Bisthums Acd nur 
eine einzige Inschrift aus Abla an, welche Florez]ausliess, wei} siß übel 



$. 4. Abla in der neuesten Kirchengeschichte. 157 

erhalten nnd übel abgeschrieben war. Bei Masdeu findet sich gleichfalls 
nichts über Abla. Doch geht daraus henror, dass dieser Ort alt sei, 
Florez lässt nicht unbemerkt, dass 32 römische Miglien 8 spanischen 
Leguas gleichkommen ^). Da er aber das alte Acci \ Leguas nördlicher 
sezt, als das heutige Guadix, so findet er in dieser Angabe der 32 Mi- 
glien eine Bestätigung seiner Hypothese. Wir rechten nicht mit ihm. 
Wir sind zufrieden, dass er das Alba des Reichswegweisers mit dem 
heutigen Abla für identisch halte. Er nennt den Unterschied der bei- 
den Worte eine ;,sehr kleine Inversion*' ^), Wir nehmen das Wort aus 
seinem Munde, und nennen die Veränderung yon Abula in Abla eine 
noch kürzere und natürlichere Veränderung. 

§. 4. Abla in der neuesten Borcliengescliichte. 

Im Jahre 1629 begann man im Bisthume Ouadix, die heiligen 
Apolo, Isaac oder Isaacius, und Crotates oder Codrato zu verehren. Der 
Bischof Fr. Juan de Arauz, Franziscaner, erliess ein Decret in der 
Ueberzeugung , dass diese Heiligen zu Abla gelitten haben. Er stüzte 
sich dabei auf Pseudo-Dexter, der zum J. 300 erzählt: „Zu Abla bei 
Acci in Bätika die heiligen Märtyrer Christi, Apollo, Isacius und Cro- 
taton, ihr glorreicher Genosse.^ Pseudo-Dexter beachtete nicht einmal, 
dass weder Acci noch Abla in der Provinz Bätika lag. Bivar in seinem 
Commentar zu Pseudo-Dexter hat ebenso wenig beachtet, dass das Alba 
ürgao, heute Arjuna genannt, nicht im Bisthum Acci lag. — Tamayo 
Salazar hat in seinem — mit Fabeln überfüllten — spanischen Marty- 
rologium dem Pseudo-Dexter zu Hilfe kommen wollen, und sagt, das 
Alba bei Acci sei zuweilen in der Bätischen, zuweilen in der Tarraco- 
nensischen Provinz gelegen gewesen'). Denn Pseudo-Dexter geht ihm 
über alle Auctoritäten. — Die Geschichte ihres Martyriums, welche er 
ausführlich mittheilt, wiD er in einem sehr alten Lectionar von Astorga 
gefunden haben, welches vor ihm niemand sah und niemand fand, und 
welches nach ihm niemand mehr gesehen hat*). — Pseudo-Dexter 
wurde zum erstenmale 1619 gedruckt. — Die BoUandisten *) sowohl 
als Florez haben diese Erdichtungen des sechszehnten und siebenzehnten 
Jahrhunderts zurückgewiesen. Die betreffenden Märtyrer sind Morgen- 
länder, und sie litten in Nicomedien unter Diocletian. — Die Energie, 
mit welcher Florez überhaupt gegen solche Fabeln auftrat, zeichnet ihn 
vor der Mehrzahl früherer spanischer Historiker aus, welche in Bausch 



Florez, 7, 15. 

*) Cortimma Invernon, 

•) Martyrologium Hispanicum, 21. April, p, 711 (Lugdum 1652), 

*) Hactenua Acta a nullo ?iucusque excusa, immo nee aüegata — Tamayo^ p, 714, 

•) BoUandisten — 21. April — heü. Alexandra — Florez, 7,45—53. 



158 Zweites 6. Siebeutas Kap. $• 4* Abia in der neuesten Kirchengeschichte. 

und Bogen alles angenommen haben, was einem an sich ehrenw^hen, 
aber unerleuchteten Patriotismus zusagte. Spanien hat so Tiele Grrössen 
und Vorzüge; dass es sich nicht nach unerwiesenen und unerweisbaren 
Dingen umzusehen braucht 

Ich weiss nicht, ob noian heute noch im Bisthume Guadix, und zu 
Abla in^s Besondere den Apollo, Isaac und Cix>taton als einheimische 
Heilige verehrt ^). Jedenfalls haben die Gemeinde von Abla, und, mittel- 
bar auch das Bisthum Guadix, zu welchem Abla heute gehört, un- 
vergleichlich mehr Grund, den Secundus als SchuzheiUgen der Ge- 
meinde und des Bisthumes zu verehren. 

Madoz berichtet, dass auf dem Plaze Sanct Anton zu Abla ein Kreuz 
auf einem Steine mit unleserlicher Inschrift stehe, von welchem man 
glaube, dass sie zu Ehren des Kaisers Vespasian eingegraben sei. — 
Abla liegt am Abhänge der Sierra Nevada, hat 383 Häuser, 2,117 Ein- 
wohner, und eine ;,sehr alte Pfarrkirche^, welche der ^^Virgen de byten 
Sucesso^^ gewidmet ist. Von einem alten Castelle sind noch Thürme und 
Aquädukte übrig. 

„In Erwägung der erwähnten Alterthümer haben einige, wenig 
Kenner der alten Geographie,*' sagt Madoz, „hieher das Abula des Pto- 
lemäus gesezt.^*^ Wenn nur Madoz sich mit Behauptungen nicht be- 
gnügt und positive Gründe beigebracht hätte, dass Bullas mit seinen 
„einigen Antiguallas^ das alte Abula gewesen! 



^) Es scheint, denn es bestand noch 1850 eine Einsiedelei mit diesen Namen 
zu Abla. 



Achtes Kapitel. 

Der heilige Indaletios von Drei. 

Literatur: I. von Almeria: 1) Vida de San Jndalecio y Älmeria ilustrada en su 
antigüedadf or{gen y grandeza, Tesoro escondido de la perla mas hermosa, Historial dts- 
curso de su primer obispo y preladoj apöstol de Andaluc(aj San IndaleciOf por el Dr, 
D, Gabriel Pascual y Orbanejaj dean gue fu€ de la santa iglesia catredal de Almeria, — 
Almeria j por Antonio Lopez Hidalgo , 1699. En Fol. 

2) Indice de alegria sagrada; epüome de la vida y translacion de S, IndaleciOf uno 
de los siete prindpales disc(pulos del apöstol San Tiago el Mayor, llamados comunmente 
los siete convertidos, primog€nitos de la fe cesar-augustana, obreros de sa ang^lica y apö^ 
stoUca basilicay maestros y fundadores de la primitiva iglesia de Espanna y por D. Fr. Ber- 
nardino Antonio Echeverz, monge del real monasterio de Juan de la Penna. — Zaragoza, 
por Joseph Fort, 1735, en 4". — Diese beiden "Werke nehmen treuherzig alle Er- 
findungen der Pseudo • Chroniken an. Ein neueres Werk über die Kirchcngeschichte 
von Almeria ist nicht vorhanden. 

IL von Urci: De la iglesia Urdtana, incorporada hoy con Almeria — in — Espanna sa- 
grada, t.8, p. 212 — 230. 

III. von Lorca: Das schon erwähnte Werk des Fr. Morote Perez Chuehos über 
Lorca (Eliocroca) [1741] bel;iandelt ausführlich über S. Indalecius alles, was man 
von ihm wissen, oder auch nur vermuthen kann. 

IV. von San Juan de la Penna, welches Kloster sich rühmte, im Besize der 
Reliquien des heil. Indaletius zu seyn : Historia de la fundacion y antigüedades de San 
Juan de la Penna y de los reyes de Sobrarve, Aragon y Navarra, gue dieron principio d 
sa Real Casa y procuraron sas acrecentamientos , hasta que se uniö el principado de Cata- 
lunna con el reinö de Aragon, ordenada por su Abad D. Juan Briz Martinez. — Zara- 
goza, por Juan de Lanaya y Quartanet, 1620. En Fol. — Dazu ein ap€ndice apolog€tico 
von 1622 — (im Ganzen giebt es acht Schriften über San Juan de la Penna)» 



§. 1. Der Name des heiligen Indaletius 

klingt am Fremdartigsten unter den Namen der Siebenmänner. Das 
gothische Ofßcium nennt ihn wegen des Anklanges einen index bonorum 



160 Zweites Buch. Achtes Kapitel. 

— einen Anzeiger des Guten — hält also den Namen für lateinisch *). 
Unter allen inschriftlich vorhandenen spanischen Namen lautet keiner 
Indaletius. Unter allen auf Spanien sich beziehenden Namen in Münzen 
und Inschriften hat nur ein einziger eine gleiche oder ähnUche Endung. 
Es ist der Name Helvetius. Licinius, der Sohn des Clossus-Helvetius, 
ein Soldat der spanischen Reitercohorte, starb zu oder bei Worms. Aber 
hier hiess Helvetius wohl: Licinius ein Schweizer'). Diess bringt uns 
auf die Vermuthung, dass Indaletius ein celtischer Name seL Unter 
allen Namen, deren ich mich erinnere, hat keiner mit Indaletius eine 
grössere Aehnlichkeit, als der des Endelechius Severus Sanctus. Er 
blühte am Ende des vierten Jahrhunderts. Man glaubte, dass er aus 
Bordeaux stammte. Er war ein Freund des Paulinus von Nola*). — 
Femer hat Indaletius Aehnlichkeit mit dem Namen der bekannten spa- 
nischen Gottheit Endovellicus, welcher bei Masdeu mit nicht weniger 
als 15 Inschriften in Spanien vorkommt. Masdeu bemüht sich zwar, zu be- 
weisen , dass derselbe eine carthagische Gottheit gewesen sei. Die meisten 
aber halten ihn, und wohl mit Recht, für einen celtischen Gott*). Auch 
heute hat die französische Sprache noch am meisten Endungen auf — 
elet. — Wir werden also wohl berechtigt seyn, den Indaletius für einen 
celtischen Namen zu betrachten. Die Gelten aber wohnten theils als 
Celtiberi, theils als Celtici in Spanien, sie wohnten in ganz Gallien, in 
Helvetien und den Alpenländern, sowie in ganz Oberitalien. Möglich 
also, dass Paulus den Indaletius mit sich aus Spanien nach Rom genom- 
men, oder dass er ihn in Rom als gebomen Spanier gefunden hat. 



§. 2. Die Lage der alten Bischofsstadt Urci. 

Bei Plinius und bei iL Anton, heisst die Stadt Urci, und der Golf 
Ureitanus. Mela sagt: Virgi in sinu, quem Virgitanum voccmt^). Plinius 
berichtet, dass a flne ürgitano das diesseitige oder tarraconensische Spa- 
nien beginne. Ebenso spricht Marcianus Capeila von dem j^sinus Urci- 



') Indaletius index bonorum operum spiritualium aümenta ministret. 

*) Licinius Clossi F. Helvetius Ann, 47 eques alae Hisp. 

') Remi/ CeillieTf histoire giniraU des auteurs sacrA — der neuen Ausgabe, t. 6, 
p, SSO — Paris 1860, 

*) Masdeu, 8, p. 362^368. t. V, II, 45^50, Ferner: Alphitander L., Dei - En- 
dovelUci indigitamentum — 1702, Fr er et, Recherches sur le Dieu Endovellicus, et 
Star quelques autres antiquiUs iberiques, Paris 1723, — D, Miguel Perez Pastor, 
Disertacion sobre el Dios Endovellico, y noticia de otras Deidades gentüica» de la 
Espanna antigua — Madrid 1760, — S. Resendi, a$Uiqu, Lusitaniae, 1, 4 — cq>, 
Schott, Bispania iüustrata, 4, 964, 

*) Mela, 2, 6, 6 (andere Lesart: ürd m sinu, quem ürcitanum vocant: extra Ab- 
dera etc,). 



$. 2. Die Lage der alten Bisehofsatadt Urci. 161 

tanus^ *). Ganz richtig heisst PtolemäuB (2, 6, 14) Urei — ovQxr}.' — 
Zu trennen von Urd ist Murgi oder Murgis, Denn das lUnerarium A. 
zählt als Stationen — Ürei — Turamana — 16 Miglien — Murgi» — 
12 M. P. Murgis wird ziemlich allgemein für das heutige Almeria be^ 
trachtet ^) ; es lag in der Provinz Bätika , während ürei in Tarraco- 
nensis lag. 

Urci war ferner eine Küstenstadt, also kann es nicht das heutige 
Orce bei Basti seyn. Es lag östlich von dem Flüsschen Almansor oder 
Almanzora , welcher zwischen las Cuevas und Portilla mündet. An der 
Ostseite des Flüsschens, der meines Wissens bei den Alten -nicht ge- 
nannt wird , wollte man wenigstens im vorigen Jahrhunderte noch Spuren 
einer alten Stadt finden, welche sich weit an der Küste hin, und in 
das Innere des Landes erstreckte, wie Henr. Florez von dem Vicarius 
des Bezirkes der Stadt Vera, Franc Gil Flores, erfuhr. 

Mor^ aber hat sich später in seiner gewonnenen Ueberzeugung 
von der Lage des alten Urci schwankend machen lassen. Die Bewohner 
der Provinz Murcia, die Gläubigen der Bisthümer Carthagena- Murcia, 
und des alten Bisthums Eliocroca grenzen nemlich bei dem Hafen las 
Aguilas auf eine schmale Strecke an das Meer. Während dieser Hafen- 
ort noch zum Königreiche Murcia gehört, gehörte die Gegend, wo das 
alte Urci stand, stets zu Andalusien. Da nun Urci sowohl als Bistiium, 
als weil es der Siz des heiligen Indaletius war, von grosser kirchen- 
geschichtlicher Bedeutung ist, so gab sich der Patriotismus der Mur- 
cianer Mühe, Urd für ihre Provinz zu gewinnen, und sie machten den 
Versuch, den Hafen las Aguilas als das alte Urci zu erklären. Der 
erwähnte Historiker von Lorca vertheidigt aus patriotischen Gründen 
diese Ansicht. •— Ebenso hat aus provinziellen Gründen der Canonicus 
Lozano, welcher 1794 ein Werk in zwei Bänden über die alten Gegen- 
den Bastitanien und Contestanien des Königreiches Murcia herausge* 
geben hat ^) , Urci zu Murcia gezogen und las Aguilas als das alte Urd 
erklärt« — Cort^s ist im J. 1836 dieser Meinung beigetreten, ohne 
weitere Gründe für sie anzuführen, und Madoz hat sich im Jahr I8ÖO9 
gleichfalls ohne Gründe, zu dieser Ansicht bekannt. 

Las Aguilas ist indess ein erst seit 1766 neu begründeter Hafenort, 
der von Carthagena zwölf, von Lorca nur fünf Leguas entfernt ist. Er 
liegt hart an der Grenze von Andalusien, und ist von Vera, dem alten 
Barea fünf Leguas, von der Stätte des alten Urci etwa vier Leguas ent- 
fernt. — Ueber die Lage dieser Stadt spricht sich kurz und klar der 



>) X. ^ — p. 202 (ed. 1599) de grammatka etc, — Plinius, 3, 1. (3, 6), 

') Nach andern Moyacar — Hin. 3, 1. 

•) Basietania y Conteetania del reino de Murcia y con los vestigios de stts ciudades sub- 

terrdneas, par el Dr, D, Juan Lozano, canönigo de la santa igleeia de Cartagena. 

Murcia, 2 1 in 4^ (1794). 

Oains, Span. Kirche. 11 



162 Zweites Buch. Achtes Kdpitel. 

Spanier Masdeu aus. ^Das Flüsschen Almanzor trennte in alter Zeit 
das Tarra43onensische von dem Bätischen Spanien. Die lezte Stadt des 
Tarraconensischen war Urgi, ürci oder Virgi, die am 5Btlichen Flüss- 
Tifer lag, an dem Orte, den das Volk die Stadt del Garvanzo nennt. 
Auf der westlichen Seite des Flusses lagen die ersten Städte von Bätica, 
Baria oderBarea, das heute Vera heisst, und Murgi, heute Mujacaf *).* 

Auf der entgegengesezten Seite stehen die patriotischen Gesdiicht- 
scfareiber von Almeria, und wollen das alte Urci und den heiligen Inda*- 
letius nach oder doch näher nach Almeria ziehen. Orbaneja in seinem 
Leben des Indaletius (S. 3 u. 26) behauptet, dass Urci eine Stunde von 
Almeria, im Innern des Landes, gelegen habe, an derStdlle des jezigen 
Pfarrdorfes Pechina, dessen Kirche den Namen des heiligen Indaletius 
trägt. Und siehe, er weiss sich zu helfen. Die Gothen haben das alte 
Urci — „Pechina^ — das kleine oder herabgekommene genannt, weil 
es sich eben vermindert und verkleinert hatte, und — er fügt bei, dass 
aus den Ridnen des zerfallenden Ifcci — Almeria erbaut worden sei. 

Darin mag Orbaneja Recht haben, das» das heutige Almeria die 
alte Stadt Portus magnm — „der grosse Hafen** war. Urci aber war 
ja zu der Gothenzeit ein oft genanntes Bisthum, und es hiess Urci und 
nicht Pechina. Indess — nach allen Auetoren ist das alte Barea — das 
heutige Vera; alle nehmen an, dass dieses zu Bätika, Urci zu Tarraeo- 
nensis gehörte. Von Vera nach Almeria ist es eine Ti^ereise. Also 
konnte doch wohl Urci nicht eine Tagereise westiüeher, als Barea liegen, 
da überhaupt Bätika westlich von Tarraconensis lag. Bätika aber reichte 
von Gades bis Vera; Tarraconensis von Urci bis* Gallien. Der ürci- 
tanische Golf der Alten aber war nicht der Busen von Almma, sondern 
der Golf von Carthagena, welcher vom Cap Palos und Oap de Gata 
begrenzt wird. Mola nennt den Smus IllicitamtSf dann Virgitcmm bis 
zum Anfange von Bätika. 

Das alte Urci aber lag innerhalb des heutigen Bisthumes Almeria. 
Danun kann man mit Recht sagen, dass Almeria die Erbin des bischöf- 
lichen Sizes des heiligen Indaletius sei. Der heilige Indaletius hatte 
Nachfolger seines bischöflichen Amtes in Urd. Denn auf d^ Synode 
von Elvira erscheint ein Bischof von Urci. Urci aber war ßin Bischofs- 
siz bis zu der Zeit der Mauren. 

§. 3. Die Stadt ürci verschwindet aus der Geschiclite. Der 
Leib des heiügen Indaletius in Paquena, später in San Juan 

de la Penna. 

Zur Maurenzeit werden noch Bischöfe von Acci und Malaga ge- 
nannt , aber auch Bischöfe von Urci. Bei dem Schriästeller Samson von 



») Masdeu, t 6, />. 400 (Nro. 1143). 



$. 3. Die Stadt Urci verachwifidet aus der Geiohichte. Der Leib etc. 163 

CSordova kommt im J. 862 dn Bischof Genesius von Urci tot. Er hatte 
ßdirifUich den Samson von häretischen Beschuldigungen freigesprochen^ 
-welche der unwürdige Bischof Hostegesis von Malaga gegen ihn erhoben^ 
und denen er mündlich beigetreten war ^j. 

Später wird Urci nicht mehr genannt. Im eilfiten Jahrhundert aber 
befand sich, wie man der Ueberzeugung war, der Leib des heiligen 
Indaletius zu Paquena, einem Orte nördllich von Almeria. Der Mönch 
Ebretmo aus dem um 1080 gestifteten Kloster San Juan de la Penna 
in Hocharagonien schrieb eine Geschichte der Uebertragung der Reli- 
quien des heiligen Indaletius in dieses Kloster. Vorher befanden sich 
dieselben in Paschena. Urci wurde vielleicht zerstört in einem der zahl- 
reichen Kriege der Mauren unter einander. Yielleidit war es schon 
862 zerstört, oder zerfallen, und der Bischof Genesius führte nur, wie 
es auch sonst Sitte ist, den früheren Namen noch fort^). 

Nach Paquena aber konnten die Christen auch den Leib des Inda- 
letius geflüchtet haben, während Urci noch bestand, weil vielleicht Pe- 
quenna grössere Sicherheit bot. Der erste Abt von Penna, Don Sancho, 
wünschte, wie der naive Bericht des Ebretmo lautet, für das neueKlo^ 
ster Beliquien, „deren Verehrung er sehr ergeben war^. Da er wusste, 
dass die Beliquien des heiligen Indaletius in einem von Mauren be- 
herrschten Orte sich befänden, so bediente er sich der Dienste des Rit- 
ters Don Garcia aus Murda, der nach Santiago wallfahrtete. Garcia 
versprach seine Mithilfe, und ihn begleiteten zwei Mönche aus dem 
Kloster. Damals hatte der König von Sevilla Krieg mit dem Könige 
von Almeria. Da jener den Bitter Garcia zu Hilfe rief, so gelangte 
dieser, und die zwei Mönche nach Paschena oder Pequenna. Die Mönche 
giengen in die ELirche^ und bat^i Gott, er möge ihnen die Lage des 
heiligen Leibes o£Fenbaren. Einer der Mönche hatte in der Nacht eine 
Erscheinung, die ihn fragte, was er suche. Der Elrscheinende zeigte ihm 
mit der Hand einen Ort, wo von der Erde eine Flamme sich erhob. 
Evantaus berichtete dieses seinem Gefährten. Don Garcia beschloss, zwd 
Soldaten zur Hilfe und zum Schuze der Mönche herbeizuziehen. Nun 
begaben sich die Mönche mit einem Kaplan des Don Garcia in die 
Kirche, und die zwei Soldaten hielten Wache an dem Thore* — Die 
Mönche gruben bis zur Nacht, und als sie das Grab entdeckten, da fehlte 
ihnen das Licht. Es fanden sich aber daselbst Kerzen, — und die 
Mönche lasen an dem untern Theile der Urne: Hie requiescU IruküeUus, 
primus pontifex ürcitanae civitatü, ordinatus a S. Apostolis Bomae, (Hier 
ruhet Indaletius, der erste Bischof der Stadt Urci, geweiht zu Rom von 
den heiHgen Aposteln.) Sie hoben ntm den Stein, und solcher Wohl- 



JltiUFarich /. c. S. 1S2. 

*) Nach Festus Avienn» Rirfas war am Ende des vierten Jahrhunderts diese ganze 
Kfitte schon verödet 

11* 



164 Zweites Bach. Achtes Kapitel. 

genich kam ihnen entgegen , dass sie in den Himmel oitrfickt zu seyn 
glaubten. — Doch fortfahren konnten sie nicht. Denn mitten in der 
Nacht waren Diebe eingetreten, die sie in der Arbeit hinderten , und 
Ursache waren, dass die Mönche in ihre Wohnung sich zurückzogen 
mit demjenigen Theile der Reliquien, die sie gesammelt hatten. Sie 
gaben dem Garcia Kunde, der sich beim Heere befand. 

Alle glaubten, dass es am folgenden Tage zur Schlacht kommen 
werde. Als schon die Schlachtreihen geordnet standen, da ergieng der 
Befehl des Königs von Sevilla, dass sein Heer sich zurückziehen solle. 
Sofort sezten sich die Mönche in den Besiz von all' dem, was sich in 
dem Grab befand, schlössen sich an das Heer an, und zogen dann ihres 
Weges gen Murcia. — Wiederholt erschien ihnen Indaletius, und be- 
lehrte sie über die Verehrung gegen seine Gebeine ; und als sie zu lange 
in Murcia weilten, trieb er sie zur £ile an. 

Der König Don Sancho von Aragonien befemd sich eben mit seinem 
Sohne Don Pedro in San Juan de la Penna, wo sie die Fasten hielten. 
Am Gründonnerstage nahmen alle mit gebührender Feier die heiligen 
Reliquien auf. Der Prior des Klosters wurde von einem Leiden am 
Arme plözlich geheilt, als er die Tragbahre berührte, und viele andere 
Wunder geschahen*). ' 

Diess war der 28. März des Jahres 1084. Ebretmo sagt am Schluss: 
& wurde in die Kirche des heiligen Johannes des Täufers getragen, 
welcher de Penna genannt wird, indem ich es sah, Hebretmo, unwür- 
diger Mönch des Klosters von Clugny. Der P, EchevÄrz sagt (l. e. 
ep. 12.) j dass in denjenigen Jahren, in welchen der Gründonnerstag auf 
den 28. März falle, in Penna ein besonderes Fest gefeiert werde. — 
Burgos feiert das Andenken des Heiligen am 30. April, weil es an diesem 
Tage eine Reliquie des Heiligen erhalten, und vielleicht, weil überhaupt 
sein Fest an diesem Tage begangen wird, wie man bei Tillemont und 
den BoUandisten sieht. — Almeria, Granada, Zaragoza besizen oder 
besassen andere Reliquien des Heiligen, wie P. Echevdrz versichert*). 

Im J. 1850 besuchte Moriz Willkomm das alte und jezt verlassene 
Bergkloster San Juan de la Penna. Es liegt sehr steil und ist schwer 
zugänglich. Das von Ramiro I. gegründete Erlöster der Benediktiner 
wurde im J. 1836 aufgehoben. Schon vierzehn Jahre nachher waren 
die prächtigen Klostergebäude mit der neuen Kirche zerfallen, und sie 
werden heute noch zerfallener seyn*). 



I) Papebroch — Acta Sanctortm — 30. April. Briz, Kb, 3. cap, 26, TiOenumt, 1, 20t 

«) Tillemont, i, 201, 

') M. Willkomm, Wanderungen durch die nordostlichen und centralen Pro- 
vinzen Spaniens. Reiscerinnerungen aus dem Jahre 1850. Leipzig 1852, 2 Bde. 
Bd. 1. S. 295 bis 304. Das Kloster lag 3,482 Fuss über dem Meere» und war 
zugleich die Grabstätte der alten Könige von Aragonien. unter Karl III. und 



$. 4. Andenken des heiligen Indaletins in Almeria. 165 



§. 4. Andenken des heiligen Indaletius in Almeria. 

* ___ 

Das Land von Almeria und Urci blieb in der Hand dar Mauren 

bis zum J. 1147, wo Don Alfons Almeria eroberte, und dort den bischöf- 
lichen Siz errichtete. Nach Alfons Tod bemächtigten sich die Mauren 
wieder des Landes, bis sie es am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts 
für immer verloren. — Das heutige Bisthum Almeria hat Sechsundsechzig 
Pfarreien. Darunter trägt nur die eine mehrfach genannte Kirche von 
Pechina den Namen des heiligen Indaletius, gerade es, und es allein. 
So fabelhaft darum der Bericht des Ebretmus, oder vielmehr seiner Be- 
richterstatter lautet], so liegen doch gewisse Thatsachen vor, die des 
weitern Nachforschens würdig sind. Doch dazu scheinen vorläu% die 
Quellen zu fehlen. Weder Florez noch Madoz sagen ein Wort über 
die Vergangenheit von Pechina. Wir erfahren nur, »was wir schon von 
Almeria her wussten, dass die Pfarrkirche den Namen San Indalecio 
trage. Aber z. B. nicht, ob die christliche Gemeinde daselbst foittbe- 
standen von 1084 bis 1486. — Im eilften Jahrhundert nannten „die^ 
Mauren*' den Ort „Paschena*. Im J. 1489 kam Almeria an die Christen. 

— Juan Ortöga war der erste Bischof. Schon 1492 gründete die neue 
Kathedralkirche — ein Spital der heiligen Maria Magdalena für die 
armen Kranken von Almeria, „Pechena^, und eine Menge anderer naher 
Orte. Also bestand der Ort damals *). Ob er aber eine christliche Kirche 
vorher hatte, erfahren wir nicht. 

Die Stadt Almeria hat fünf Pfsirreien. Das Seminar trägt den Na- 
men San Indalecio; es ist zugleich ein Collegium, hat einen Bector, 
Vicerector, eilf Cathedratici oder Professoren, sechs für Theologie, drei 
für Philosophie, zwei für lateinische Sprache. Es wurde gegründet im 
J. 1610 von S. Don Juan Portocarrero, nachher erweitert im J, 1686 ^), 

— Die EJrche von Almeria feiert das Fest des heiligen Indaletius am 
3. März. 



Karl IV. warde 1770 — 1802 eine prächtige Grabkapelle gebaut. Dagegen be- 
richtet Alexander Ziegler, Reise nach Spanien, 1852, 2, 78, San Juan de la 
Penna habe sehr in den lezten Bürgerkriegen gelitten. Aber »von Seiten der 
Provinzial- Deputationen sind der Königin mehrere Klöster geschenkt worden, 
wie diess mit dem berühmten Kloster San Juan der Fall gewesen. Sie werden 
auf Kosten der Krone restaurirt.« — (Diess müsste also im J. 1850 oder 1851 
geschehen seyn.) 

») Madoz, 2, 137. 

*) Madoz, 2, 136. Unter dem Artikel Aguilas lässt Madoz den Indaletius in Ag. 
Bischof seyn, unter dem Artikel Almeria hinwieder — in Almeria. Er trennt 
ürci von Virgi, hält dieses für das alte Almeria, und sagt: no consta, que Sem 
Indalecio predicase mos hien en Urci que en Virgi; denn leicht verliere ein Name 
ein I, und C sei transmutabel in 0. Aber warum wird nur immer ein Bißcbof 
von Urci, und nie von Virgi genannt? 



Neuntes Kapitel. 

Der heilige Gtesiphon von Vergliiiii. 

Literatur ist weder von Ctesipbon im Besondern, noeh von der Villa Beija 
verbanden, wohin wir seinen Siz verlegen. Dagegen kann man hieher rechnen: 
Db la igluia de Äbdera, kojf Ädra m E^patma sagradaf L 10, p» 1 -^14. (Madoz and 
andere Neuere bestreiten die Existenz eines ehemaligen Bisthumes Abdera.) 

§. 1. Der Name des heiligen Ctesiphon 

kommt sonst als griechischer Name vor. Ctesiphon, Sohn des Leosthenes, 
war athenischer Redner um 340 v. Chr. Er war Anhänger des De- 
mosthenesy während ein anderer gleichzeitiger Ctesiphon zur Partei des 
Aeschines gehörte. Ein athenischer Dichter Ctesiphon lebte im zweiten 
oder dritten Jahrhunderte vor Christus, endlich ist das Zeitalter des Histo- 
rikers Ctesiphon, welcher eine Geschichte von Böotien geschrieben hat, 
unbekannt. 

In der Kirchengeschichte kommt ein Ctesiphon als Zeitgenosse des 
heiligen Hieronymus vor. Hieronymus schreibt an ihn um 415, weil 
Ctesiphon ihn um einige Briefe über die Irrlehte der Pelagianer gebeten 
hatte *). — Neben Euphrasius hat Ctesiphon den am stärksten griechisch 
klingenden Namen unter den Siebenmännem. Diess bemerken auch die 
ßollandisten , indem sie sagen, dass Einige behaupten, dass Indaletius 
und seine Gefährten aus dem römischen Clerus genommen seien, indem 
sie dieses aus ihren theils lateinischen, theils griechischen Namen er- 
schlossen hätten^). 



Bem^ CeüUer, t.7,p. 615 — 16, 

9 

') Ada Sctorum, t, 3, April, p, 724, Id vel ex ipsis eorum nominibuSf graecia pcarimi , et 
partim latinis conjicientes, «- T, 1. Febr. p. 5, „Ac forte guosdam eorum ut romanis 
nuncupatos nonUnibuSf ita et romana stirpe oriundoe fuisae, vel certe e romano clero 
delectoSf ordinatosque a& apostoUs Petro et Paulo episoopoe, et in Hispamam misws. 



$. 2. Das Vergiam des liefligea Gtedphon. 167 

Der Nione selbst wird von den alten Spaniern verschieden ge^ 
schrieben: Gtesipbon, Ctisiphon, Tesiphon, Tesifon, Tisifon; Das gothi- 
sche Sanctorale behandelt den Namen als lateinischen; es schreibt: Te- 
siphons, und fügt bei: Er möge uns von dir^ der du die Quelle des 
Lebens bist, mit dem reichsten Tranke der strömenden Lehre erquicken*). 

Pseudo-Dexter nennt zum J. 37 den Ctesiphon als Schüler des 
Jacobus ; er degradirt ihn aber bis zum Lector herab. Doch muss er 
sich noch bei Pseudo-Dexter bedanken; denn den heiligen Torquatus 
macht er vollends zum Exorcisten, und drei andere seiner Begleiter zu 
Ostiariern oder Thürhütem. Sie wären indess nach dem Tode ihres Mei- 
sters Jacobus von Petrus zu Bischöfen geweiht worden. Nach Begra- 
bung des Jacobus begab sich Ctesiphon mit den sechs andern nach Rom 
zurück (Jahr 43); sie kamen dort J. 44 mit Petrus zusammen, der in 
demselben Jahre in Rom angekommen war. Auf die Auctorität des 
Petrus hin, sagt Bivar, der gläubige Commentator des Pseudo-Dexter, 
kehrten die Sieben nach Spanien zurück, und predigten in den Städten 
der bätisehen Meeresküste. 

§. 2, Das Vergium des heiligen Ctesiphon 

ist den Historikern in und ausserhalb Spaniens stets ein unbekannter Ort 
gewesen. Denn so wird kein Ort un alten Spanien genannt. Es giebt 
ein Barea oder Baria, ein Bergidum^), ein Vergentum, ein Vergilia. 
Aber nach einem Vergium sehen wir uns vergebens um. Freilich nennt 
auch Martial Orte in Spanien, wohl in der Nähe von Bilbilis, die sonst 
nicht vorkommen. Inschriften haben die Namen mancher sonst unbe- 
kannten Orte an das Licht gebracht, und wer möchte auch glauben, dass 
wir heute alle bedeutenderen Orte des alten Spaniens kennen? 

Ptolemäus nennt die Stadt Virgilia — als eine Stadt im Lande der 
Bastitaner ^) , als eine Stadt, welche im Lmem des Landes liege, imd 
zwar nennt er sie zwischen Orcelis und Acci. Man hält Orcells, imd 
wohl mit Recht, für die heutige Stadt Orihuela in der Provinz Murcia, 
während andere es für den Ort Orce zwischen Baza und Lorca halten. 
Acci ist ohnedem bekannt. Da Ptolemäus aber auch Abula, das sechs 
Meilen südöstlich von Acci liegt, noch zu den Bastitanem rechnet, so 
wäre es immerhin möglich, dass auch der heutige Ort Berja, z^ei Stun- 
den nördlich von Abdera, noch zu den Bastitanem gehört hätte. 

Aber der Zusammenhang, in welchem Plinius der Vergilienser ge- 
denkt, — scheint diess kaum möglich zu machen. Er rechnet die Vergi- 



') Tesyahons a te, qui es fans vitae, tibernmo doctrinae gurgitia poculo satiet 

^) Allerdings bei Livius Vergium (34; 21) genannt, aber es liegt nördlieh vom 

Ebro, am Fusse der Pyrenäen. 
») PioL 2j 6, 6L 



168 Zweites Buch. Neuntes Kapitel. 

lienser zu Carpetanien ; er nennt sie neben den Toledanam j die über 
dem Flusse Tajo wohnen, und den Yiaciensern ^). Die leztem hält man 
für die Bewohner von Beatia, welche im Lapde der Oretaner, und nicht 
der Carpetaner wohnten. Vergilia aber haben manche für das alte Murcia 
gehalten. Madoz begnügt sich zu sagen ^ dass die Lage des alten Ver- 
gilia unbekannt sei. — Die Mehrzahl jedoch hält das heutige Beija bei 
Abdera für das alte Vergilia. Cort^s hält das Virgi des Mela für das 
Vergilia des Ptolemäus und Plinius, und zugleich für das heutige Berja ^). 
— Möglich ist es, dass dieses Vergilia oder Vergium noch zu Tarraco- 
nensis gehörte , wenn nemlich die Grenze von Vera an eine Streeke 
weit südlich am Strande hinlief , so dass sie zwischen Vergilia und Ab- 
dera hindurch — den Mons 3olorius durchschnitt. — Dann würde sich 
erklären, dass und warum die Vergilienser in den Gerichtsbezirk von 
Carthagena gehörten. — Morales und nach ihm Masdeu halten Virgilia 
für den Ort Varcile, sechs Meilen von Toledo. 

Ich bin mit Florez und der Mehrzahl der Spanier der Meinung, 
dass das Vergilia des Ptolemäus imd Plinius, sowie das Vergium des 
heiligen Ctesiphon der heutige Ort Berja sei. Die Ableitung hat an sich 
nichts Unwahrscheinliches. B und V werden im Spanischen stets verwech- 
selt, Barea ist in Vera, Bilches in Vilches, Bergidum in Vera, Vascones, 
und das Land der Vaskonen, in Basken^ und Land der Basken, Virovesca 
ist in Bribiesca, Visontium ist in Vinuesa oder Binvesca verwandelt 
worden. — Dass V in B übergehet, kann man in Lorenzana^s Ausgabe 
des gothischen Breviers an unzähligen Stellen sehen, z. B. bivit für vivit *). 

Das G der alten Gothen sodann wurde wie J ausgesprochen, also 
Vergilia wurde ausgesprochen wie Verjilia. In dem gothischen Kalen- 
darium bei Lorenzana heisst es z. B. beim 27. August nicht Gerontius, 
sondern Jeruntius. So hiess Vergilia zunächst Berjilia. Die Ausstossung 
von il ist veranschaulicht durch nahe liegende Beispiele. Abdera ist 
Adra geworden, Illiberis, das alte Granada — ist Elvira, eigentlich 
Elbira geworden, genau dieselbe Ausstossung, wie bei Vergilia. 

Für Vergilia, d. h. Verja oder Berja spricht ferner, dass es nahe 
bei Acci lag, dem Mittel- und Ausgangspunkte der Siebenmänner. Berja 
liegt direkt südlich von Guadix, durch die Sierra Nevada davon ge- 
trennt. Die Entfemimg ist zwei kleine Tagereisen. 

Die Bollandisten sagen zum 1. April', an welchem Tage das An- 
denken des heiligen Ctesiphon gefeiert wird % dass sie „bei dem g^oiein- 



*) Plin. 3f 3 — (3, 25). ToUtani — dein vMci&ues, virgiUenMS, 

') Cortes, Vergilia, 3, 484. 

') d^AnvilUf geogr, ancienne ly 31, MentelUf JEspagne ancienne — 186. — Espagne mo^ 
demey 149. — Reinhardt hält Vergrlia für Verchul in Graaada; bei Mannert 
kommt es nicht vor; s. Forbiger S. 66. — Gruter in»cr,324, 5. — Masdeu, 
Nr. 761 und 1138. 

*) Act ßct. t If Aprü. p.4 — 5, 



$. 2. Dai VergiUm. des heiliget Ctetiplioii; 169 

schaftlichdn Stillsehweigen der Alten^ den Ort der Predig des Ctesiphon 
^mit Ergebimg nicht wissen', dass JKvar „eine gute Mühe und grosse 
Gelehrsamkeit rergebens Au%ewendet habe, um zu zeigen, dass Yergi 
und Vergiüa dasselbe sei'. Die Bollandisten halten Vera und Virgi für 
dasselbe (jenes hiess aber stets Barea).' Sie kommen dann auf den seit* 
Samen Ausweg y zu meinen, Ctesiphon könne auch seinen Siz in Baaa 
oder Basti gehabt haben. Von dort hätte er nach Virgis (also dem heu- 
tigen Vera) der Predigt wegen konmien, und dort sein Grab finden 
können. — Allein — für Basti als seinen Siz lässt sich kein Grund 
geltend machen. 

Wolle man indess bei Vergium stehen bleiben, und den Ctesiphon 
weit von seinen Gefährten trennen, so habe man das Vergium Castrum 
des Livius *). Sie nennen einen kleinen Ort Xavierre am Galegofiuss. 
Doch ist nach Madoz und allen Spaniern das alte Vergium die heutige 
bedeutende Stadt und Festung Berga in der Provinz Barcelona mit 
5,000 Einwohnern. Wieder meinen die Bollandisten , es sei nichts mit 
dem Bisthum Bergium, die Kleinheit dieser Stadt könne den Ctesiphon 
nicht angezogen haben, welche bald wieder zerfallen seyn müsste, weil 
es nirgends in Spanien einen Bischof von Bergium gebe. 

In dem Lectionarium antiquum von Complutum heisst es nicht Tise-- 
fons Vergü oder Vergi — sondern T. Bergi'^). Tamayo sagt: Vergä. 
— In dem alten Codex Aemilianensis heisst es: Bergiu — Florez, welcher 
das Bergium für das heutige Berja bei Abdera hält, sagt, das Bisthum 
sei früher an Abdera, als an den bedeutenderen Ort, übergegangen^). 

Die Stadt heisst bald Vergi, bald Vergü, darum kann sie auch Ver- 
gum oder Vergi geheissen haben, genau wie Acci und Urci oder Vergis, 
wie Illiberis und Iliturgis. — Ein weiterer Grund, der mich bestimmt, 
der Ansicht des Florez beizutreten, ist, neben der (erwähnten) Nähe 
von Guadix, die Erwägung, dass von den Gefährten des heiligen Tor- 
quatus — drei in der Richtung von Südosten, drei in der Richtung von 
Nordwesten gezogen sind (nach dieser Annahme). 

Berja liegt in der Alpujarra Baja, d. h. an dem Abhänge der Alpu- 
jarras Gebirge, zwei Leguas nordöstlich von Adra, Von Granada ist 
es achtzehn. Leguas entfernt. Heute ist Berja Hauptort eines Gerichts-« 
bezirkes, und Adra befindet sich in diesem Bezirke« Berja hat nur 
1,654 Einwohner. — Adra ist auch nur eine Villa, aber sie hat 6,567 Ein- 
wohner. Woher diese Bevorzugung von Berja gegen Adra? Vielleicht 
war Berja fiüher ein bedeutenderer Ort, als Adra. — Sei es, dass es 
das alte Vergilia ist, oder dass Vergium (Vergi) ein von Vergilia ver- 
schiedener Ort ist, so kann es doch nicht unbedeutend gewesen seyn, 
wenn einer der Apostelschüler darin sich niederliess. 



") Lxviua, 40t 21. ») Florez, 3, Append. Nr. 2. 

*) Florei, 4,66. 



170 Zweites Buch. Neuntes KapiteL $. 3. Ver^foBg des hefl. Gtesiphon etc. 

TJeber die G^aohicfaie des heut^«n Berja Mr&as uns Hadoz wenig 
za berichten. Do^ch sagt er^ dass Berja ein Ort ^von anerkanntem Alter^ 
sei ; früher an der Stelle gelegen, die jesst „Villa vieja^, der altd Flecken, 
heissty wo sich noch yerschiedene Beste seiner alten Mauern^ grosse Ge- 
wölbe u. s. w. finden. Man behaupte, die Stadt sei durch ein Erdbeben 
am AnfEtnge des fünften Jahrhunderts zerstört worden, und dass die 
Bewohner sich auf den Höfen der Umgegend zerstreut haben. 

§. 3. Verehrung des heiligen Ctesiphon in Berja. 

Die Pfarridrche, welche indess ganz neu ist, hat den Namen der 
Eneamadanf d. L zur heiligsten Menschwerdung. Von den sieben Ein- 
siedeleien, die zu der Villa gehören, ist eine dem heiligen Ctesiphon 
gemidmet. — Nach der Wiederbesiznahme dieser Gegenden durch die 
Christen litten dieselben unter allen Unglücksfällen. Darum machten 
am 11. Mai des Jahres 1596 das Ayuntamiento (die Ortsbehörden), die 
Geistlichkeit und die Einwohner des Fleckens das Gelübde, eine bestän- 
dige öffentliche Andacht zu Ehren des heiligen Ctesiphon zu halten, 
damit er sie befreie von verschiedenen Landplagen, die die Früchte der 
Erde sehr beschädigten. — Am 13. Januar des J. 1804 erfolgte in Berja 
ein starkes Erdbeben, wodurch die Kirchen und andere Gebäude Bisse 
erhielten. — Die Erschütterungen dauerten viele Monate fort. Am 
25. August zerstörte ein furchtbares Erdbeben die Kirchen , die öffent- 
lichen Gebäude und viele Privatwohnungen. 8iebenundsechzig Personen 
wurden getödtet, sehr viele verstümmelt und verwundet. Darum fasste 
man den Plan, den Ort zu theilen, und an zwei getrennten Punkten 
neu zu bauen, der aber nicht ausgeführt wurde. Im J. 1834 starben 
nicht weniger als 678 Personen an der Cholera. [Madoz giebt die Be- 
völkerung auf 8,709 Seelen an, worunter wohl nicht die Villa, sondern 
auch die umliegenden Weiler und Höfe der Civilgemeinde begriffen 
sind »)]. 

Aus dem Vorstehenden gehet einerseits hervor, dass die Nachricht 
der Zerstörung von Vergium durch ein Erdbeben im Anfange des fünften 
Jahrhunderts eine grosse Wahrscheinlichkeit für sich hat, sodann, dass 
der heilige Ctesiphon im sechszehnten Jahrhundert, kurze Zeit nach der 
Wiederbesiznahme dieser Gegend und dieses Ortes durch die Christen, 
als der Schuzheilige , als der Apostel desselben anerkannt und angerufen 
wurde. 



*) Diccionarto geogräßco-estadüHco-kistörico de Espanna por Madoz, t 4, 1849. 



Zehntes Kapitel. 

Der heilige CftcUius von Elvira- Granada. 

Lite rat at: 1) Aniiffuedades y excekndas de Granada, p<ir et Ucenciado Francisco 
ßermudez de Pbdraza, natural detta^ ahogado en los Reales Conuejos de su Majestad» — 
Madrid, por Luis Sanchez, anno 1608. En 4^. 

2) Htstoria eclesiästica, principios y progresos de la ciudad y religion catölica de Gra- 
nada, Corona de su poderoso reino y excelencias de su Corona, por Francisco Bermudez de 
Pedreua, canönigo y tesorero de su santa iglesia metropolitana, — Chranada, por Andres 
de Santiago, 1638. En fotio. 

3) Htstoria de Chranada, comprendiendo la de stu cuairo provincias, Jaen, Abneria, 
Granada y Malaga, desde remotos iiempos hasta nuestros dias, por Z). Miguel Lafuente 
Alcdntara. — Granada, imprenta de Sanz, 1843 — 46. Cuatro tomos en ^o. (gilt als die 
beste Geschichte von Granada). 

4) El Uhro de viajero en Granada, por D. M. Lafuente Alcdntara. — Chranada, im- 
prenta de Sanz, 1843. So. 

5) Iliberia ö Granada; memoria hist($rico - critica , topogrdjka, cronolögica, literariay 
eclesiästica de sus antigüedades , desde su fondacion hasta despues de la conquista por los 
Reyes Catölicos, escrita por D, Jos€ Hidalgo Morales. — Chranada imprenta y libreria de 
Benavides, 1848. En 8^. (erzählt alle Fabeln der Pseudo- Chroniken treuherzig nach), 

6) De la iglesia eUberitana, Espanna sagrada, t. 12, p. 81, 

7) Parecer del Obispo de Segorve Bon J. B. Perez, sohre las planchas de plomo que 
se han hallado en Granada, escritas con nombres de algunos santos este anno de 1595. . . 
MS, — abgedruckt in Viaje literario von ViUcmueva, t. III, p. 259 (verwirft die ver- 
meintlichen Entdeckungen). 

8) Memorial de la iglesia colegial del Sacro monte de Granada al rey D. Carlos IL, 
con motivo de hoher sido condenados por su Santidad en 6 de marzo de 1682 los libros de 
plomo de aqueüa iglesia, y soUeitando, que hüga que el Pont^e mande de nueoo examinar 
y reconocerhs nuevamente, nombrando etros jueces. Impreso en FöL (ohne Jahr und Ort 
des Druckes). 

9) Biario del viage desde Valencia d Andalucta, hecho por B. Francisco Perez Bayer, 
en el anno de 1782. 

10) Be conflictis granatensibus monumentisf anno 1764 y ac deinceps^ deieciis atque in 
luoem prolatis synopm hietorica — M&tnHf apud *— Ibarra^ 1789 ^von Franz Peres 
Bayer). 



172 Zweites Bach. Zefantes Kapitel. 



§. 1. Das heutige Granada liegt an der Stelle des alten 

niberris. 

Mariana, Mendoza, Murillo, der Conde de Mora, der Bischof Perez 
und andere Spanier bis auf die jüngste Zeit, kürzlich noch Texada j 
Ramiro, behaupten, dass Elvira an der Sierra Elvira, an dem Gebirge 
dieses Namens lag. 

Die Sierra de Elvira, in deren Nähe das alte Elvira gelegen haben 
soll, ist zwei Leguas von Granada entfernt. Sie erhebt sich ziemlich 
steil in Form dreier felsiger Kegel direkt aus dem Becken des Xenil- 
flusses. Die Berge bestehen aus Kalk. Der höchste Gipfel erhebt sich 
etwa 1,000 Fuss über die Vega (2,757 über das Meer), und bietet die 
schönste Aussicht auf Granada *). Die Sierra selbst ist entseziich dürr^). 

Auf welchen Gründen ruhet die Annahme, dass hier Elvira lag? 
Auf sehr schwachen Gründen. Mendoza u. a. sagt, man finde dort 
Spuren einer alten Stadt. Allein — wo sollte man deren nicht in Spa- 
nien, besonders in Bätika finden? Die über aDen Ausdruck fruchtbare 
Gegend war natürlich zu allen Zeiten erfüllt mit Städten. — üebrigens 
— wenn man irgend eine alte zerfallene Mauer oder Reste eines Wacht- 
thurmes findet, so ist diess noch kein Beweis einer grossen Stadt. Erst 
diess wäre von Bedeutung, wenn dieser angeblichen Stadtruine der Name 
Iliberris auf die Stirne geschrieben wäre, d. h. wenn sich solche Denk- 
male und Inschriften fänden, dass dadurch der Standtpunkt des alten 
Elvira an dieser Stelle verbürgt wäre. — Davon aber hat man nichts 
gehört. 

Ein weiterer Grund liegt in dem Namen. „Die Stadt lag auf dem 
Berge, welcher von derselben noch heute den Namen Gebirge Elvira 
hat.*' Aber den Namen konnte das Gebirge ebenso gut von der nahe 
liegenden Stadt erhalten, als von der Stadt, die auf seinem Rücken, 
oder zu seinen Füssen lag. Die Montes von Toledo — liegen südlich 
vom Tajo, bis zwei Tagereisen von Toledo entfernt*). Sie haben ihren 
Namen doch von dieser nahen Stadt erhalten. Man sagt: Sierra de 
Guadix, Sierra de Cazorla, Sierra de Baza; liegen darum diese Städte 
auf den Gebirgen? — Die Montes de Granada — die Gebirge von 



Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 3, S. 59. — Willkomm, die Strand- 
und Steppengebiete der pyr. Halb. S. 46. 67. -^ Willkomm, die pyren&ische 
Halbinsel, S. 119. 

^) Sierra oder Serra kommt schon in den ältesten spanischen Urkunden als Berg- 
kette, gezackter, gesägter Berg, vor. Fr. Diez, Wörterbuch der romanischen 
Sprachen, 2^ Ausg. 1861. s, v. SerrcL 

*) Mwrüh Velardey Geographia histor, t i, L i, cap. 13» ^- Conde de, Mistoire de 
Tidide, p. 282. 



$. 1. Das heutige Granada liegt an der Steile des alten Ilibems. 17S 

Granada sind ein Theil und Ausläufer der südwestlich Ton Granada 
liegenden Sierra Nevada. Die Montes de Granada liegen östlich, aber 
ebenso weit und weiter von Granada entfernt, als die Sierra Elvira nord- 
westlich davon entfernt ist. ,,Einige Stunden östlich von Granada, '^ 
sagt Willkomm, ;7liegt ein weitläufiges Bergland, welches den Namen 
der Montes de Granada führt, und aus vielen Gebirgsketten ^usammen- 
gesezt ist.^ Die Sierra de Elvira dagegen ist nur zwei Leguas von 
Granada entfernt *). 

Die Erklärung des Ursprungs beider Namen liegt nahe. Die Berge 
von Granada erhielten diesen Namen, weil sie dem östlich gelegenen 
Granada näher waren; die Sierra Elvira erhielt diesen Namen, weil sie 
dem nordwestlich von Granada gelegenen Elvira näher lag. 

Ein dritter Grund für die Annahme der Lage Elvira's am Gebirge 
gleichen Namens mag das berühmte Thor von Granada seyn, welches 
den Namen — Thor von Elvira führt. Es hat nicht, wie Nonius und 
andere meinen^), diesen Namen, weil es nach dem alten Elvira führte, 
sondern — weil es aus der Stadt Elvira herausführte, oder — in sie 
hineinführte. — Dieses Thor ist das berühmteste der ehemals zwanzig 
Thore von Granada. Es heisst so, meint Madoz, weil es entweder, aus- 
blickt nach Dschebel- Elvira, oder weil es den Eintritt in das Stadtviertel 
gegeben, welches die Auswanderer aus Elvira gegründet hätten. [Hier 
widerspricht sich Madoz selbst, da er vorher die Identität von Elvira- 
Granada behauptet hat')]. 

Durch das Thor von Elvira tritt man in Granada ein auf der Strasse 
von Guadix, wie von Madrid und Jaen her. Seine Wölbung bildet 
einen Hufeisenbogen , und es ist vielfach besungen worden. Durch es 
zog Boabdil, der lezte König von Granada, zum Kampfe gegen die 
Christen aus*}, — Diess etwa sind die Gründe, welche für die von 
Granada verschiedene Lage des alten Hiberris sich anführen lassen. — 
Positive Beweise giebt es nicht®). 



») Willkomm, die Halbinsel der Pyrenäen, 1855, S. 108 — 9. W., Reiseerinne- 
rungen , 3, 48 — 54. W., Strand- und Steppengebiete, S. 42 — 44. Wohl- 
zogen. Reise nach Spanien, 1857, S. 251. 

*) Nonius, Hispania, sive populorum urbium, insularum oc fluminum in ea accuraiior de- 
«crtjpttb — Antwerpen 1609, bei Schott j Hispania iüustrata, 4, p. 373 — 47P. — cap» 22, 
Granata nee lUpula nee lUiberis oUm dieta, sed Mauromm opus, 

*) Madoz, 8, 503. Ebenso AI. Zlegler, 1, 298. Das Bib oder die Paerta Elvira 
wurde wegen der daran liegenden Sierra Elvira so genannt 

*) Lorinser, Reiseskizzen, 1,311, v. 2, 72. — Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 
2, e2, und 3, S. 393 im Anhange. 

•) Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 2, 36: »Ungefähr an derselben Stelle, wo 
heute Granada liegt, stand lliiberis. Sie war fast die einzige Stadt in Andalu- 
sien, die dem Heere der Muhamedaner — 711 — einen namhaften Widerstand 
entgegensezte. Zur Strafe dafür ward sie von den Mauren zerstört, die ihren 



174 Zweite« B«eh. ZehttM lUfltel. 

Welches aber smd die positiven Beweise für die Ansieht , weleke 
sich wenigstens heute nodi in der Minorität befindet, dass Elyira lag, 
wo heute Granada liegt? 

Ein sehr starker Grund ist die in Granada allgemein bestehende 
Ueberzeugung , dass der bei Granada liegende sogenannte Monte sagro 
(der heilige Berg) der Boden sei, auf dem zuerst das Christenthum be- 
gründet wurde. Wäre Iliberris zwei Leguas entfernt gewesen, wie könnte 
dieses möglich seyn? 

Pedraza, der Historiker von Granada, und nach ihmFlorez, stüzen 
sich auf die in einem Steine gefundene Inschrift, worin sich der Name 
niiberritano findet. Wenigstens drei dieser Inschriften hat man auf dem 
Boden des heutigen Granada gefunden. Ein grosser Stein mit einer 
Inschrift wurde gefunden auf dem höchsten Theile der Stadt, genannt 
el Alcazaba. — Nach den Inschriften muss man annehmen, dass Eli- 
berris an der Stelle des heutigen Granada lag *). Denn sie fanden sich 
an grossen Steinen, die nicht leicht traasportirt werden konnten, und 
an der höchsten, d. h. ältesten Stelle der Stadt, die daher bei Einigen 
Granada la vieja (das alte Granada) heisst. Die Angabe des Ptole- 
maus stimme überein. Ebenso Flinius, wenn er sagt, dass die Stadt 
im Innern des Landes liege. Ein dritter Grund für die Identität von 
Elvira und Granada ist die Geschichte. — Nach dieser ist Elvira die 
Wiege von Granada, dieses ist aus jenem entstanden, und hat allmälig 
seinen Namen verdrängt ^). — Granada kommt schon im achten Jahr- 
hundert vor. Granada war ein kleiner Ort, als im J. 756 hier die Reste 
des Heeres von Yusuf y Samail sich festsezten, nachdem sie von Abdel - 
Rhaman geschlagen worden. — Der Sohn dieses Emir, Asad-el-Sche- 
vaini, Wali von Elvira, ordnete die Befestigungen und Werke von 
Garnatha an. Man nannte es Dar Garnatha, d. h. das befestigte Quartier. 
Daraus entstand allmälig Granatha, obgleich der arabische Geschicht- 
schreiber Alketib diesen Namen für barbarisch, und fremd der arabi- 
schen Sprache hält. Diesem Wali verdankt Granada seine ersten Mauern. 
— Im J. 788 wurde der Ort wichtiger. In diesem Jahre kam Abdel - 
Rhaman lU. nach Gratiada, und gefiel sich daselbst^). Im J. 889 wurde ein 
Wali von Ja& — eingeschlossen ;,in dem neuen Schlosse von Granathah.^ 



Namen in Elvira corrumpirien. Big zum zehnten Jahrhundert blieben ihre 
Trümmer unbewohnt.« 

") Plinius schreibt Iliberi — Bin. 3,16. -^ Ptolewiäu», 2, 4, 12 schreibt Illiberis. 
Inschriften lauten: zweimal /i^emtont», zweimal JHh^ritanus (ordo)f einmal Ili- 
berris, — s. MasdeUf CoUccUm de läpidtu y medaüas relativas 4 h JEspanna ro- 
mana, nro. 322, 323, 345, 749, 1255, JDie Gothen scjirieben EUhai, 

*) Florez, 12, 85. 

') Modoz, 8, 555. 



$. 1. D&8 heutige GiAOikda Hegt an der Stelle des alten Iliberris. 175 

Diese Worte eines arabischen Auetors zeigen , dass Granada damals neu 
gewesen *). 

Auffallend ist es darum ^ dass bis auf die neueste Zeit, auch von 
Deutschen, an dem angeblich phönizischen Ursprünge von Granada no<^ 
festgehalten wird. So lesen wir in der Bonner Zeitschrift von Achter- 
feldt i^nd Braun, Granada, ehedem Carnattah, sei phöniaiechen Ur- 
sprunges. Die Phönizier, gewohnt, feste Pläze im Lande anzulegen, 
meist auf Höhen, haben auch Carnattah gegründet. Das Präfixum C!ia> 
wie Carthago, Carteja, Carmona, Cartama, scheine die Bestimmimg 
von Granada als Festung zu beweisen. Zweifelhafter sei die Bedeutung 
der Endsilben^). Nach einigen Spaniern bedeutet Natta eine Gottheit 
Nach Aldrete, Conde u, a. eine Höhle, Berghöhle. Casiri^) fasst es 
als arabisches. Wort, und erklärt es als Ansiedelung der Fremden. — * 
Die Araber hätten die Feste schon mit ihrem phonizischen Namen vor^- 
gefunden; doch war sie unbedeutend geworden. — Denn an ihrer Seite 
war Illiberis entstanden, was im Baskischen ^^Neustadt^ heisse. „Wir 
dürfen annehmen,^ heisst es weiter in dem erwähnten Aufisaz, ;,dass IIU'" 
beris von den Mauern der alten Feste bald bis an den Fuss der Sierra 
Nevada (soll heissen S. Elvira) sich erstreckt habe, da wo Elvira liege.* 
Aber es liegt eben kein Elvira dort. Läge ein Elvira hart am Fasse 
der Sierra, so wäre der alte Streit längst entsdiieden. Sodann, was 
wäre das für eine Weltstadt im Verborgeneu gewesen, die sich zwei 
Stunden weit erstreckt hätte, und darüber? 

Die Araber, heisst es weiter, Hessen die Bewohner von lUiberi in 
ihrer Stadt , imd besezten nur die Feste für sich (ganz richtig!). Be- 
deutend sei es erst im eilften Jahrhundert geworden , wo das Haupt de? 
Berben dort sich unabhängig erklärte. Seitdem nimnit Elvira ab, und 
als Iben-el-Ktattib gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts schrieb^ 
kannte er Uliberis nur noch als unbedeutenden Flecken, während Kar- 
nattah sich zur blühenden Stadt erhoben hatte. Die Christen erst 
hätten aus Kamattah Granada gemacht. Jenes bedeute im Arabischen 
„Roman^ *). 



') Conde, Don Jose — Änt, Historia de la dominacion de los Ärabes en Espanna, 
^acada de varios manuscritos y memorias arabigas, Madrid 1820—21. 3 voL — Deutsch 
von Kutschmann, Carlsruhe 1824-— 25. — Im J. 1849 hat A. Dozy von Leyden 
in seinen Recherche» »ur Vhkiöire et iä Ui^aiure de VEtpagne pendant U wioyen ige^ 
2.edttion — Leyde, 1860 — 2 vol., das Werk von Conde auf seinen geringen 
Werih zurückgeführt, indem er zeigte, dass Conde des Arabischen nicht mächtig 
gewesen. 

^} Jahrgang 1852 (der lezte der Zeitschrift), H. 2» S. 83 — 85. 

^) Casiri, Mich., BibUotheoa arabico-hi^ana escurialensis , sive Ubrorum ommum ''f •> 
qiws arabice compositos bibliotheca escurialensis complecHtw, recemio et explana^» Mar 
triti, 1760 — 7Ö, 2 voL in — foL — 2, p, 247, peregrinorum cohnia, 

^) Naeh Gagangot, ihe 4i<iPfy of thß mohamdm i^naßtUs «n ^jpow. 



176 Zweites Buch. Zehntes Kapitel. 

In dieser Auseinandersezung bei Achterfeldt- Braun ist nun Wahres 
und Falsches vermengt. Entschieden unwahr, unerweisbar ist die Exi- 
stenz von Granada vor Elvira. Movers führt in seinen ^Phoniziem** *) 
die Namen aller Städte Spaniens an, welche aus historischen und sprach- 
lichen Gründen Stiftungen der Phönizier, Carthager u. s. w. gewesen 
seyn können, darunter aber weider Iliberris noch das angebliche Car- 
nattah. — Es ist auch mehr als unwahrscheinlich, dass der Name Gar- 
nattah von ältester Zeit bestanden, dass Iliberris und Garnattah eine Doppel- 
stadt gebildet haben, und dass dieser Name nirgends sollte erwähnt 
werden, sowie auch durch keine Münzen, Inschriften, wie fast alle an- 
dern Orte, sein Andenken erhalten haben sollte. Wahr dagegen ist, 
dass im Mittelalter, und seit dem achten Jahrhundert das neu gegründete 
feste Schloss der Mauren neben dem alten christlichen Elvira sich erhob, 
dass aber aUmälig im Laufe der Jahrhunderte das alte Elvira unter dem 
Uebergewichte des neuen Granada seinen Namen verlor^). Die Zer- 
störung von Iliberris im J. 711 und folgenden scheint mir sicher nicht 
verbürgt zu seyn. Mentesa, südlich von Jaen, und so nahe dabei, dass 
es oft das alte Jaen heisst^), wurde zerstört, und dieses erzählt aus- 
drücklich Rodrigo Ximenes. — Aber Elvira zerfiel allmälig, und verlor 
seinen Namen an das stets grösser werdende Granada. 

Ein vierter Grund der Lage des alten Elvira — an der Stelle von 
Granada ist neben dem Thore von Elvira die Calle de Elvira, — die 
Strasse von Elvira, welche heute noch eine der bedeutendsten Strassen 
von Granada ist. An dieser Strasse liegen von den vierzehn heute noch 
bestehenden Pfarrkirchen der Stadt drei — nemlich San Andres, San 
Gil (Aegidius) und Santiago. 

Granada hatte bis zum J. 1843 -— ireiundzwanzig Pfarreien; seit 
diesem Jahre giebt es vierzehn Mutterkirchen und dreizehn Hilfskirchen. 
Sie sind: 1) die Kathedrale — zu unsrer Frau von der Incarnacion; 
2) San Justo y Pastor; 3) Maria Magdalena; 4) Scholastica; 5) San 
Cecilio; 6) Sanct Peter und Paul; 7) El Salvador; 8) San Jos^; 9) San 
Gil; 10) San Andres; 11) Sacro Monte; 12) Unsere Frau de las Angu- 
iHas; 13) San Ildefons; 14) Himmelfahrt Maria. — Santiago ist jezt 
eine Hilfekirche. — Die Kirche San Cecilio liegt auf dem Campo del 
Principe. 

Die grosse Strasse von Elvira, an welcher die erwähnten drei Kirchen 
liegen, war eine Strasse des alten Elvira, und nicht eine Strasse, welche 



") Movers, die Phönicier, 11,2 (1850), S. 628 — 642. 

») AI. Ziegler — Beise nach Spanien, 1,277. Die Torres Sermejas sollen den 
Zweck gehabt haben, die im Stadtviertel des heiligen Cecilio wohnenden Moz- 
araber im Zaum zu halten. 

•) Marinaeus Siculw — de rebus Hispan. l. 5. — Mentesa quotjue, quam JaSnnam 
vocant, CkrisH sudario nm immeriio glariatür. Acta ßet, U i. ^ebrwxr, p, 467 K 



$. 1. Das heutige Granada liegt an der Stelle des alten Iliberris. 177 

nach dem Elvira führte, von dem niemand anzugeben weiss, zu welcher 
Zeit es eigentlich von der Erde sollte verschwunden seyn. Man findet 
aber in dieser Strasse verhältnissmässig mehr Kirchen, als in andern 
Stadttheilen von Elvira, weil dieses eben die Hauptstrasse des alten 
christlichen Elvira war, welches noch bis wenigstens zum vierzehnten 
Jahrhundert neben dem alten christlichen Granada fortbestand. 

Ein fünfter Grund der Lage des heutigen Granada an der Stelle 
des alten Elvira ist die Pfarrkirche des heiligen Cäcilius. Dieses ist 
keine neue, etwa seit der Wiedereroberung Granada's durch die Christen 
gebaute Kirche. — San Cecilio liegt auf dem Campo del Principe — 
in der Nähe des Campo de los Märtires. — In dieser Kirche feierten 
vielmehr die Christen ihren Gottesdienst in der saracenischen Zeit, und 
währead dieser ganzen Zeit hörte der Bestand der Kirche imd des Gottes- 
dienstes nicht auf. Zum Andenken daran hat die Kirche San Cecilio 
das Vorrecht, die Gläubigen mit der Glocke zum Gottesdienste zu be- 
rufen in den Tagen der heiligen Woche, in welchen sonst alle Glocken 
verstummen *). 

Es war aber Cäcilius der Apostel von Elvira. In Elvira hatte und 
behielt er seine Kirche. Es muss also das heutige Granada das alte 
Elvira seyn. — Pedraza und Florez entschieden sich für die Identität 
beider Städte bloss auf Grund der Steine mit Inschriften. — Cort^s 
erhebt sich mit aller Kraft gegen die Identität. Madoz folgt jezt dem 
Cort^s , der gegen die Identität ist , dann wieder dem Historiker von 
Granada, Michael Lafiiente Alc&ntara, der die Identität geschichtlich 
nachweist — Ich hoffe, so starke Gründe, für die Identität beigebracht 
zu haben, dass es mir erlaubt seyn dürfte, stets zu sagen: Elvira oder 
Granada. 

So ist also der Gang der Geschichte. lUiberis, das allmälig Elvira 
wurde, fiel nach 711 in die Hand der Mauren. Diese gründeten im 
achten ^Jahrhundert in Elvira eine Festung, die sie Carnattah hiessen. 
Diess war Granada im Keime. Aber Elvira bestand fort, und wurde 
so von den Christen genannt. Es bestand eine Hochstadt und eine 
niedere Stadt. Die muhamedanische Stadt lag südöstlich, die christliche 
Stadt nördwestlich. Aber es war doch nur eine Stadt. Als Granada 
der Mittelpunkt der Maurenherrschaft in Spanien wurde, so verschwand 
allmälig — in den Schriften — der iName Elvira, und die Christen, 
welche mit Granada zugleich Elvira wieder eroberten, nannten die 
eroberte Stadt, wie ihre Gegner, Granada. 

Elvira aber hat nie aufgehört; es bestehet heute noch, nicht bloss 
in dem Namen des Gebirges, sondern auch des Thores und der Strasse. 
Es ist heute noch ein Stadttheil von Granada. Es besteht noch der 



<) Mado2, Granada, 8, 523. 

^tODMf apan* Klrel&e* 1^ 



178 Zweites Buch. Zehntes Kapitel. 

Name der Altstadt neben dem Namen der Neustadt. Aber die Neu- 
stadt Gralnada hat die Altstadt Elvira verdrängt. 

§. 2. Der heilige Cäcilius in Iliberris. Der sacro Monte 

von Granada und seine Höhlen. 

Der fünfte von den Siebenmännem richtete seine Schritte nach der 
gegen Westen Guadix am nächsten gelegenen Stadt, nach dem Muni^ 
dpium Florentinum Illiberi. — Von Guadix nach Granada beträgt die 
Entfernung eine starke Tagereise — neun Leguas. Von den Alten wird 
kein Ort genannt, der auf der Sierra von Guadix gelegen wäre. Auch 
heute findet sich hier kein bedeutender Ort. Nur Diezma ist nennenswerth. 

Cäcilius ist ein bei Römern allbekannter Name, welcher auch auf 
spanischen Inschriften sich zahlreich findet. — Wollten wir uns auf die 
Frage einlassen, ob Cäcilius direct von Acci nach Elvira gekommen, 
und ob er seine Wirksamkeit auf diese Stadt beschränkt habe, so müssten 
wir uns mit vagen Vermuthungen begnügen. — Es genüge uns, zu 
wissen, dass er der erste Bischof dieser Stadt gewesen, und dass er in 
derselben „ruhet*', d.h. begraben wurde. Es wird nicht berichtet, dass 
sein Leib zur Zeit der Mauren transferirt wurde ; denn das Christenthum 
bestand fort. 

Weil Granada einen Apostelschüler zu seinem ersten Bischöfe ge- 
habt, so nennt es sich mit Recht „eine apostolische Bjrche*', nach den 
Worten des Tertullian: „Darum mö^en mit Recht auch diese Kirchen 
für apostolische betrachtet werden, als die Nachkommen der apostoli- 
schen Kirchen.^ *) 

Es ist sehr wahrscheinlich, dass von Cäcilius an, dem ersten Bischöfe 
von Elvira — in ununterbrochener Reihenfolge — Bischöfe in Elvira 
regierten bis auf Flavian , welcher durch die Synode von Elvira ver- 
bürgt ist. Die doppelte Bischofsliste aber, auf die man sich in Granada 
berufen hat, leidet an allen Spuren der Unächtheit. Man kennt eben 
nur die Bischöfe Cäcilius (um das^J. 70), Flavian — 306 nach Chr., 
Gregorius Bätikus — 360; und dann Stephanus, der im J. 589 der 
dritten Synode von Toledo anwohnte. 

Nach den Boltandisten wurde Cäcilius im fünften Jahre des Kaisers 
Nero nach Spanien geschickt; ich glaube, frühestens im zehnten^). — 
Pseudo-Dexter weiss über den Tod des Cäcilius und seiner Oefährten 
Einzelnheiten zu beri<^hten. Sie seien den Flammen übergeben worden. 
— Der Priester Patricius habe ihre halbverbrannte Asche in den Höhlen 



') Äc per hoc et ^sae apostolicae dqmtanturf ut soboles apoetolicarum ecclesiarum, Ter- 
tullian, de praescript c. 20, 
«) Acta Set. t 1, Februarü, p,4— 12, 



$. 2. Der heilige G'äcilins in Iliberris. Der sacro Monte etc. 179 

bei Granada gefunden , mit bleiernen Tafeln ^ und auf einer derselben 
seien in sehr alter lateinischer Schrift die Worte gestanden: ^In deük 
eilften Jahre der Regierung des Kaisers Nero hat das Martyrium erduldet 
an diesem Orte Ilipula *) — S. Cäcilhis, Schüler des Jacobus, ein 
Mann mit der Gabe der Wissenschaft, der Sprachen, und voll Heiligkeit. 
Er hat die Prophezeiungen des Johannes erklärt, welche mit andern 
Reliquien auf der unbewohnbaren Höhe des Thurmes Turpiana nieder- 
gelegt sind, wie mir dieses seine Schüler gesagt haben, nemlich 
D. Septentrius und Patricius, welche mit ihm gelitten haben. — Ihre 
Asche liegt in den Höhlen dieses heDigen Berges — und sie soll zum 
Andenken an dieselben verehrt werden.*' — Diess erzählt Bivar zu 
Pseüdo-Dexter. 

Ausserhalb der Mauern von Granada liegt nemlich, am lieblichen 
Ufer des Darro, ein Hügel, auf welchem die berühmte CoUegiata del 
Monte sacro (die Collegiatkirche des heiligen Berges) sich erhebt, eine 
der Pfarreien der Stadt. Der Aufgang zu ihr ist ziemlich steil. Auf 
dem Wege ist ein alter Bogen, welchen einige als Werk der Römer 
erklären. Oben befindet sich das von dem Erzbischof Pedro de Castro 
gegründete Seminar. Der Anlass war dieser, — Arme Leute gruben 
nach Schäzen der Mauren, und fanden eine Höhle auf demselben Hügel, 
welcher jezt die Collegiatkirche trägt. Im Februar 1595 erschienen sie 
vor dem Erzbischofe, und erklärten, sie hätten in einer Höhle Platten 
mit Buchstaben gefunden. Die Jesuiten Rodriguez und Garcia suchten 
dieselben zu entziffern. Nach deren Erklärung wiesen sie auf das An- 
denken eines Heiligen hin, welcher hier den Martyrtod erlitten. Man 
fuhr fort mit Nachgraben. Man fand Documente und Reliquien, welche 
Theologen und achtungswerthe Laien für acht hielten. Fromme Laien 
sezten Kreuze und andere Zeichen auf den Hügel. Man musste Aus- 
schreitungen des Eifers entgegentreten. Der Erzbischof de Castro er- 
richtete, um die Reliquien zu ehren und zu bewahren, eine Collegiat- 
kirche, mit Canonikern und einem Propste, und zugleich ein geistliches 
CoUeg für studirende Theologen mit dem Titel Dionysius des Areo- 
pagiten. — Dieses CoUegium wurde eines der berühmtesten in Spanien. 
Die Gebäude sind solid, obgleich nicht vollständig nach dem grossen 
Plane des Gründers ausgeführt. Die Kirche ist elegant und schön aus- 
geschmückt. Von der Kirche aus kommt man in die Höhlen fsarUas 
cuevasjy worin sich schöne Kapellen und Tafeln mit Inschriften befin- 
den, welche die Einzelnheiten der Entdeckungen und die Reliquien be- 
schreiben ^). 

Franz Lorinser besuchte diese Höhlen im J. 1854. „Auf einigen 



I ) Nach der falschen Meinung, dass Uipula Laus an der Stelle des heutigen Gra- 
nada gelegen. 
*) Madoz, Granada, 8,524. 

12* 



180 Zweites Bach. Zehntes Kapitel. 

Stufen steigt man hinab, und befindet sich in einem Räume, der die 
grösste Aehnlichkeit mit den römischen Catacomben hat, und höchst 
wahrscheinlich ein Werk der ersten Christen ist — (?). Mehrere schmale 
in den Felsen gehauene Gänge verbinden kleine Kapellen, von der 
Grösse derer, die sich in den römischen Catacomben finden. Dieselben 
sind jedoch alle im Bokokostyl in kleine Kirchen verwandelt, und mit 
Marn^or und vielen Zierrathen geschmückt, welche ihre ursprüngliche 
Gestalt leider nicht mehr erkennen lassen. In den schmalen und kurzen 
Gängen, welche die KapeUen verbinden, und die noch in ihrer rohen, 
ursprünglichen Form geblieben sind, finden sich weder Gräber noch 
Inschriften vor. Sehr schwer dürfte es seyn. Bestimmtes über den Ur- 
sprung dieser catacombenartigen Höhlen zu ermitteln. Der Altar der 
einen Kapelle, wenn ich nicht irre, derjenigen, welche die Gebeine des 
heiligen Cäcilius einschliesst, soll derselbe seyn, auf dem der Apostel 
Jacobus zuerst in Spanien das heilige Opfer gefeiert haben soll. Sein 
Schüler, der nachmalige Bischof Cäcilius, ein Spanier, habe in dem 
alten Illiberis, dessen Bischof er gewesen, den Martyrtod erlitten, und 
sei von den Christen hier begraben worden *).^ Offenbar giebt Lorinser 
den spanischen Traditionen des siebenzehnten Jahrhunderts zu viel nach. 
Mag es seyn, „dass die Gestalt der Catacomben für ihr hohes Alterthum 
zeugt, und die Aehnlichkeit der Form mit der römischen zu aufEdlend 
ist, dass man sie nicht auf den ersten Blick als Werk der ersten Christen 
erkennen sollte^. Aber Catacomben ohne Gräber imd ohne Inschriften 
sind eben keine Catacomben. Diese Form kann auch im sechzehnten 
und siebenzehnten Jahrhundert nachgemacht seyn. — Sodann „mög- 
licherweise kann Jacobus in dieser Höhle seiae ersten Jünger zum Gottes- 
dienste versammelt haben*'. Aber — wie weit ist es von dieser Mög- 
lichkeit zu einem Schatten der Wahrscheinlichkeit? — Femer: wenn 
„Illiberis in der Nähe des heutigen Granada am Fusse der Sierra Elvira 
lag^, wie kommt es denn, dass die Christen die Gebeine des heiligen 
Cäcilius — zwei Stunden entfernt in den Höhlen des Monte Sacro be- 
graben haben? — Jedenfalls hat Rom gesprochen über die Aechtheit 
der sogenannten Reliquien, Inschriften und Schriften des heiligen Cäcilius, 
welche man in Granada in den Höhlen „des heiligen Berges^, und auf 
der Höhe des Thurmes Torpiana fand. 

Nach vielen Verhandlungen erschien zu Rom am 5. Mai 1639 
ein Dekret der Inquisition gegen die Entdeckungen in Granada. 
Schon Papst Urban VIU. hatte auf die Kunde, dass im J. 1588 (?) in 
dem Thurme Torpiana, welcher wegen des Baues einer neuen Kirche 
abgetragen wurde, ein dem heiligen Johannes zugeschriebenes Buch, 
mit arabischen, griechischen imd lateinischen Schriftzeichen, geftm- 
den, dass in den Höhlen des Monte sacro einige Bücher, und Platten 



') Franz Lorinser, Reiseskizzen aus Spanien, 1855, Bd. 2, S. 69 — 75. 



(. 2. Der heil. Cäcilius in Ilibems. ^ Der sacro Monte etc. 181 

aus Blei gefunden worden, die — in arabischer Schrift — theologische 
Werke enthielten, verfasst von Jacobus und einigen seiner Schüler, und 
welche 1595 und 1596 ausgegraben worden, in wiederholten Breven 
dem Pedro de Castro, Erzbischof von Granada, befohlen, er solle solche 
Bücher nicht drucken lassen, und jede Verhandlung darüber verbieten, 
denn nur der römische Stuhl habe darüber zu entscheiden. Er solle die 
angeblichen Entdeckungen nach Rom einsenden. 

Troz wiederholten Mahnens gehorchte man in Granada nicht. Im 
Gegentheil — in Predigten und Schriften wurde die Aechtheit der Ent- 
deckungen verkündigt. Eine üppige Literatur wucherte aus diesen Ent- 
deckungen hervor. Folianten folgten auf Quartanten. Der Jesuit Hier. 
Boman de la Higuera, auf dem der Hauptverdacht ruhet, die falschen 
spanischen Chroniken geschmiedet zu haben, brach seine Lanze für die 
Aechtheit der angeblichen Reliquien. Munnoz führt siebenzehn Schriften 
an, theils Manuscripte, tbeils Druckwerke, über die j^^Reliquien des hei- 
L'gen Berges*'. Es war nahe daran, dass alle verkezert werden sollten, 
welche nicht daran glaubten. Danmi vnnrden die Bücher, Schriften und 
Platten suspendirt. Ihr Gebrauch und ihre Verbreitung ist verboten^ bis 
man in Rom entschieden habe. Es sind auch suspendirt und verboten alle 
darüber handelnden Schriften ; sie müssen den Inquisitoren sogleich aus- 
geliefert werden. Der Papst verbietet alle etwaigen Versammlungen von 
Gelehrten, welche der Erzbischof von Granada aus diesem Anlasse ver- 
anstalten möchte (wie es geschehen war). Ihre Erklärungen sind üull 
und nichtig. Die Zuwiderhandelnden verfallen der Excommunication, 
von der sie nur der Papst lösen kann. — Dieses Dekret wurde im 
J. 1641 verkündet. — Eine dem Jacobus angedichtete Schrift hatte den 
Titel: „Wunder des Glaubens, und über den Ring des Königs Salomo, 
dictirt von der seligsten Jungfrau Maria dem Jacobus, des Zebedäus Sohn.'^ 
— Eine dem Cäcilius angedichtete Schrift — war ein Commentar zu 
den Prophezeiungen des heiligen Johannes, nicht etwa lateinisch ge- 
schrieben oder griechisch, sondern in dem Spanischen des sechszehnten 
Jahrhunderts, das also Cäcilius um fünfzehn Jahrhunderte anticipirt hätte. 

Gregor Lopez Madera, welcher mehrere voluminöse Werke zur 
Vertheidigung der Entdeckungen schrieb ^), hüpft mit leichter Mühe über 
alle Schwierigkeiten hinweg. Er lehrt, dass die spanische Sprache des 
sechszehnten Jahrhunderts schon zu der Zeit der Römer im Umlaufe 
gewesen, obgleich später viele gothische und arabische Worte ihr bei- 
gemischt werden^). 



') Unter anderm : Discwsos de la certidumbre de las reKguias dMcubtertoB en GranadOf 
deade el anno de 1588 hasta el de 1598. Autor el D. Gregorio Lopez Madera, Grch 
nada 1601, en foUo, Nebstdem einen andern Folianten, ohne Angabe der Zeit, 
der mit den Worten beginnt: »Da Gott seine Wunderwerke ^eoffei^bi^ret )^at«" 

•) Acta ßanetonmf 1 1, Fehntar. p. 11 — i?. 



182 Zweites Bach. Zehntes Kapitel. 

Nach langen weitem Untersuchungen und Prüfungen erliess Lino- 
zenz XI. am 6. März des Jahres 1682 ein feierliches Dekret, in welchem 
er die vermeintlichen Entdeckungen , besonders die Bleibücher des Monte 
sacro — als unächt, unkatholisch verdammte. Gegen dieses entschei- 
dende Dekret glaubte das Capitel der Collegiatkirche des Monte sacro 
Einsprache thun zu sollen. Es wandte sich klagend an König Karl U. 
von Spanien, er möge es bewirken, dass der Papst andere Schiedsrichter 
berufe, und die ganze Sache von neuem untersuche*). — Doch Rom 
hatte entschieden, und in der That, nach reifer Ueberlegung von fast 
einem Jahrhundert. Die Granatenser aber vertheidigten ihre vermeint- 
liche gute Sache weiter. Ein Ungenannter schrieb einen ungedruckten 
FoL'anten: ^ Schmerzliche Empfindungen, tiefgefühlte Thränen, mütter- 
liche Seufzer, mit welchen Spanien, unter allen Provinzen der Kirche 
eine Rachel, aber liebevoller als alle in der Treue und im Gehorsame 
gegen ihren Jacob, den allgemeinen Hirten (der Kirche), herzinnig be- 
trauert den bittern Verlust seiner unschäzbaren Kleinodien, die nieder- 
gelegt und aufgedeckt wurden in dem heiligsten Boden seines frommen 
Königreiches.^ Der Verfasser war Mitglied der Collegiatkirche^). 

Energischer trat eine andere anonyme Schrift auf: „Katholische 
granadensische Rache^, welche am Anfange des achtzehnten Jahrhunderts 
erschien^). Es ist eine Geschichte der famosen Reliquien des heiligen 
Berges, deren Vertheidigung, eine Vertheidigung der Schriften und deren 
Uebersezungen. 

Von jezt an legten und glätteten sich die Wogen der mehr als 
hundert Jahre dauernden Bewegung. Man sah ein, dass Cäcilius erster 
Bischof von Granada war, ohne dass er nothwendig hatte, Schriften zu 
hinterlassen. — Zwar fehlte es auch im achtzehnten Jahrhundert nicht 
an neuen Fälschern der Geschichte, an Urhebern neuer Alterthümer. 
P. Juan de Echevarrfa , niederer Cleriker, D. Juan de Flores, Präbendat 
an der Metropolitankirche zu Granada, und D. Cristöbal Medina Conde, 
Domherr an der Kirche zu Malaga, thaten sich zu einem würdigen Klee- 
blatte zusammen, und fälschten allerlei Schriften und Reliquien. Da- 
gegen erhoben sich die Erzbischöfe Barroeta y Angel, und Anton Jorge 
Galban, dessen Nachfolger; ein Gericht wurde niedergesezt, und die 
Fälscher zu gebührenden Strafen verurtheilt. — Die beiden erstge- 
nannten wurden zu achtjähriger Einsperrung in bestimmten Klöstern, 
der Domherr von Malaga zu vier Jahren Einsperrung verurtheilt *), und 
allen Drei verboten, für alle Zeit in dieser Angelegenheit zu schreiben. 



') S. den Titel der Beschwerdeschrifl oben bei der Literatur Nr. 8. 

*) Der lange thränenreiche Titel bei Munnox, Diccionario — Nro. 66 der Schriften 

über Granada. 
*) Vindicuu cathoUcas granatensea, en Leon de Franda, Anno de 1706, En FöL, con 

Idminas, — Nro. 67 bei Munnoz. 
^) Rcufon del jmcio seguido en la dudad de . Granada ante los üuatiisnTnos sennores 



$. 3. Die Verehrung des heiligen O&cilias in Granada. 183 

— Nach so langer Zeit endete endlidi dieses unsaubere Geschäft der 
Geschichtsfälscher, nachdem es an zwei Jahrhunderte geblühet hatte. 

4 

§. 3. Die Verehrung des heiligen Cäcilius in Granada. 

Von air den Orten, in welche die Apostelschüler kamen, hat Gra- 
nada die ihm dadurch zu Theil gewordene Ehre und Auszeichnung viel- 
leicht im höchsten Grade zu würdigen verstanden. Die unfrommen Er- 
dichtungen und Fälschungen, von denen der $. 2. erzählt, sind von 
Einzelnen ausgegangen; das ganze gläubige Volk von Granada aber, 
Priester und Laien, hat sich stets bemühet, den heiligen Cäcilius auf 
würdige Weise zu verehren. Die einzelnen hervortretenden Thatsachen 
dieser Verehrung aber siad: 

Erstens — die Kirche und die Pfarrei des heiligen Cäcilius. Sie 
war auch eine Kirche der Christen zur Zeit der Maurenherrschaft, viel- 
leicht mit einzelnen Unterbrechungen, namentlich in der leztem Zeit 
vor der Eroberung von Granada — 2. Jan. 1492. Dass sie stets eine 
christliche Kirche gewesen, ist die Ueberzeugung, obgleich es an strengen 
Beweisen fehlt; diese Kirche wurde im J. 1501 zur Pfarrkirche erhoben, 
und ist es heute noch *). 

Zweitens — man zeigt in Granada eine kleine Kapelle, welche, 
nach der Tradition, der Kerker war, in dem S. Cäcilius und seiae Ge- 
fährten gefangen waren , bevor sie den Tod erlitten. — Sie liegt in dem 
Stadttheüe Alcazaba. Diese angebliche Tradition, welche jedenfetUs neuem 
Ursprunges ist, widerspricht aufCallend der gewöhnlichen Annahme, dass 
das alte Elvira an dem Fusse der gleichnamigen Sierra gestanden habe. 

Hiemit stehet in Verbindung die Art und Weise der kirchlichen 
Festfeier des heihgen Cäcilius in Granada. Nach dem neuem spanischen 
Ritus, der hierin von dem mozarabischen abweicht, werden die Sieben- 
männer, darunter auch Cäcilius, als Märtyrer verehrt. Der „Ordo reci^ 
tandi Officium divinum in Ecclesiis Hispaniae^^ welcher 1635 zu Madrid 
gedruckt wurde, enthält zum 1. Febraar, in dem Festkalender der Kirche 
und Diöcese Granada: Zu Uiberris das Andenken des Bischoä, Mär- 
tyrers und Patrones Cäcilius und seiner Schüler. Duplex 1. Class. cum 
Octava. — Man sieht, dass die falschen Chronisten einigen Einfluss auf 
diese Feier hatten. 



D. Manuel Doz, presidente de su Real ChanciUeriaf />. Pedro Antonio Barroeta y 
Angelf arzobispo qua fu€ de esta diöcesis, y D. Antonio Jorge Galban, actual suc- 
cessor en la mitra, todos del Consejo de su Magestadf contra varios faUificadores de 
escrituras publicasy monumentos aagrados y profäno8, caract&es, tradicioneSf reliquias 
y Ubros de supuesta antiguedad. — Madrid, Ibarra 1781» En FöL 
>) Jean Marieta, Historia ecclesiasiica de todos los Santos de Espanna ; Concha 1596 f. , 
l. 1, cap. 14, — Maitr. Casteüa Ferrerius, Historia S. Jaeobi, ^ ^, ccip, 16, — Pe- 
draza, l, 3, cap. 15, s. Antigu^dades de Oranada, 



184 Zweites Buch. Zehntes Kapitel. 

Neben dem geistlichen Seminar zum heiligen Dionysius auf dem 
Sacro Monte — mit etwa vierzig Zöglingen besteht das ^Seminar des 
heiligen Cäcilius'^ von Granada ^), mit etwa sechszig Zöglingen. Dieses 
Seminar, aus welchem viele berühmte Männer hervorgiengen , wurde 
schon im J. 1492, dem Jahrp der Eroberung der Stadt, gegründet, zu- 
gleich mit der Metropolitankirche von Granada. Es wurde bestätigt 
durch Bulle Innozenz VUI. vom J. 1496. Zwei Canonicate und achtzehn 
Beneficien sind seinen Zöglingen vorbehalten. Der Erzbiscbof Pedro 
Guerrero gab ihm vortreflfliche Statuten.' Dieser Erzbischof wohnte be- 
kanntlich der Synode von Trient an, und ist bekannt als Führer der 
sogenannten spanischen Opposition in der Streitfrage über die Residenz- 
pflicht der Bischöfe^). — In der 23. Sizung zu Trient wurden diese 
Statuten vorgelesen, und sie galten als Muster für die neu zu errichten- 
den Sepiinarien. ^Aus diesem Grunde ist dieses für das älteste und 
berühmteste aller Collegien des christlichen Erdkreises betrachtet worden.*' 
Es hat einen Rector, zwei Präsidenten, zwei Vicepräsidenten, Professoren 
für Philosophie, Dogmatik, Moral, Kirchenrecht. Nach dem Studien- 
plane von 1845 hat es acht Professoren für Theologie und Canones, 
sieben für Philosophie. Mit seinen Einkünften kann es einunddreissig 
CoUegiaten ganz erhalten ; — dazu eine grosse Anzahl Halbstipendiaten, 
welche fünf Realen täglich bezahlen. Im J. 1847 hatte es vierund- 
dreissig Philisophen, zweiunddreissig Theologen , davon zwanzig im Col- 
legium, zwölf Externe. [Um dieselbe Zeit hatte das Colleg del Sacro 
Monte vierzig Zöglinge, siebenundzwanzig Theologen, dreizehn Philo- 
sophen. Unter den Bachalaureen der Philosophie an der Universität zu 
Granada waren dreizehn vom heiligen Berge, sieben vom Seminar des 
heiligen Cäcilius^)]. 

Dass der heilige Cäcilius auch noch im Bewusstseyn des Volkes von 
Granada fortlebt, dieses beweist das religiöse Volksfest, welches am 
1. Februar zu Granada stattfindet. Franz Lorinser weilte in der zweiten 
Hälfte des J. 1854 in Granada. Im Januar und Februar 1854 befanden 
sich F. W. Hackländer von Stuttgardt, und sein Begleiter, der Münchner 
Maler Horschelt , gleichfalls daselbst. Hackländer erzählt *), was er beim 
Cäcilienfeste — er hätte sagen sollen, beim Cäciliusfeste -^ in Granada 
gesehen, und was ihn interessirt hatte: »Wir wurden bei dem Feste 
entschädigt, welches zu Ehren der heiligen Cäcilie (lies: Cäcilius) in 
einer Wallfahrt nach der Kirche des Sacro Monte bestand, und der wir 



*) CoUegio ecclenattico-semtnario concüiar de Sem CeciUo, 

^) S. über ihn: Soldan, Geschichte der Hugenottenkriege in Frankreich, 1855. 

— Geschichte des Kardinals Stanislaus Hosius von Ermeland, von Eichhorn, 

1855. Beide Werke im zweiten Bande. 
*) Madoz, 8, 513. 
*) Hac]ilän4er, Ein Winter in Spanien, 2torBand, 1855, S. 310 flg. 



J. 3. Die Verehrung des heiligen G&cilins in Granada. 185 

rmsj wie viele Hunderte anderer Spaziergänger, anschlbssen. Der Weg 
führte uns aufreeht durch die Darroschlucht zum Albaydn. — Der 
EQmmel blickte klar und heiter auf das Fest der Wallfifthrt herab. — 
Wagen ; Reiter und Fussgänger folgten einander. Was soll ich al>er 
sagen von den Hunderten — von Weibern und Mädchen, die in einem 
nicht enden wollenden Zuge lachend und plaudernd die Höhen hinan- 
stiegen, auf welchen das Kloster der (des) Heiligen liegt? So was 
hatten wir bis jezt in der That in Spanien nicht erlebt.'^ In weitem 
Lobpreisungen der äussern Erscheinung dieser WallÜEdirerinnen ergehet 
sich Hackländer sofort fünf Seiten lang. — ^Auf dem Plaze vor dem 
Kloster war ein buntes, bewegliches Leben; es witr hier zu gleicher 
Zeit ein kleiner Jahrmarkt — Weit auf der ganzen Anhöhe umher 
sah man zahlreiche Gruppen zerstreut, meistens lagerten befreundete 
Familien auf den Abhängen des Darroufers, der hier ein paar hundert 
Fuss tief unter uns floss. Vor uns tief im Thale sahen wir über Gra- 
nada weit in die Vega hinein bis zu den grauen Gebirgen der Sierra 
Elvira.^ Da aber Hackländer von der Wallfahrt -als kirchlichem Feste 
nichts berichtet, so gehört das Uebrige nicht weiter zum heiligen Cäci- 
lius von Elvira. 

Das Gesagte möge genügen für den Beweis, dass die Bewohner 
von Granada den heiligen Cäcilius für ihren Apostel halten, und ihn 
gebührend ehren. 



Eilftes Kapitel. 

Der heilige Euylirasius von Illiturgi. 

! 

f 

Literatur: I. von lUiturgi und Andujar: 1) Vida, martiriOf translacion y mi- 
lagros de S. Euphrasio, obispo y patron de Ändüjar. Orfg^n, antiguedad y excelencias de 
esta ciudad, privilegios de que goza y varones tnsignes en santidad, letras y armas que ha 
tenido, por D. Antonio Terrones y Rohres. Granada 1657 , en 4^. (Was er über Euphra- 
sius sagt, ist aus den Psendochronisten.) 

IL von Jaen: 1) Historia eclesidstica del reino y obispado de JaSn, pw Fr, Bms- 
Puerta. Ja^n 1634 (sehr langer Titel). Derselbe Verfasser hinterliess als MS. eine 
„Corograßa antigua y modema del reino y obispado de JaSn^ — 1646, 

2) Teatro de la santa iglesia de JaSn, vidas de sus obispos y cosas memorabUs de su 
sede y obispado in G. Gonz, Ddvila „Teatro de las iglesias de £spanna*^j t 1. 

3) Santos y Santuarios del obispado de Jaen y Baeza por Fr. — de Bilches, S. J. 
Madrid 1653. Fol 

4) De la iglesia de BeaciOf hoy Baeza in Espanna sagrada, t. 7 , p, 96 — 121. 
Ebendaselbst: 5) De la iglesia de Castulo (hoy Cazlona, trasladada a Baeza, y, a 

Jaen) — t 7, p. 133 — 157, 

6) Martini de Ximena, catalogo de los obispos de las iglesias catedrales de la diöcesi 
Jaen, y annaUs eclesiasticos deste Obispado — 1654. FöL 



§. 1. Die Lage der Stadt Illiturgi, 

Illiturgi, wo der heilige Eupbrasius ^ruhet^, lag etwa drei Tage- 
reisen von Acci. Euphrasius war derjenige der Apostelschüler, welcher 
sich am weitesten von dem gemeinschaftlichen Mittelpunkte entfernt 
hatte. Wir brauchen darum nicht anzunehmen ^ dass er gleichsam in 
einem Zuge dahin gekommen. Illiturgi war vielleicht der Endpunkt 
seiner Thätigkeit. Er konnte aber auf dem Wege dahin sich aufgehalten 
haben in Mentesa, in Tucci, in Castulo , vielleicht auch in Egabra oder 
Corduba. — Bemerkenswerth ist, dass Illiturgi niemals als Bisthum ge- 
pannt wird; es gehörte zu Tucci, 



$. 1. Die Lagä der Stadt nUturgi. 187 

Das heutige Andujar , welches an der Stelle ^oder in der Nähe de» 
alten Illiturgi liegt^ ist sechs Leguas von JacSn, 1,200 Schritte vom Qua- 
dalquivir entfernt. Es hat fünf Pfarrkirchen, von welchen keine dem 
heiligen Euphrasius geweiht ist *). Villares oder Andujar el viejo ist eine 
Legua von Andujar entfernt. Heute ist es ganz verödet. Viele glauben, 
dass hier das alte Illiturgi lag. Illiturgi, .das „durch seine Grösse her- 
vorragte*', eroberte und zerstörte Scipio der Afrikaner'). Plinius nennt 
es Forum *) , es gehörte zu dem Gerichtsbezirke von Cordova. Aus 
Plinius, Ptolemäus^) und Aatonin^s Itinerar^) sieht man, dass es bald 
wieder au%ebaut wurde, ^mit der Uebertragung an den Ort, wo es 
heute liegt*'. 

Ludw. Nonius meint gleichfalls, dass Illiturgi an der Stelle von 
Alt -Andujar lag — eine Meile von dem jezigen Andujar®). — Florez 
sucht nachzuweisen^), dass Illiturgi da gelegen habei, wo heute die 
Kirche der heiligen Potenziana ist, zwei Leguas von dem heutigen An- 
dujar gegen Morgen, und am nördlichen Ufer des Bätis. Ebenso Ximena 
lind Rus-Puerta, die Historiker von Jaefn. Nach dem Itin. Antonin's 
betrug die Entfernung zwischen Castulo - Cazlona und Illiturgi zwanzig 
Miglien. Auch heute sind es fünf Leguas von Castulo nach S. Poten- 
ziana. Florez denkt also nicht an Los Villares oder Alt -Andujar, was 
eine Meile näher liegt bei der Stadt Andujar. — Im J. 1635 fand man 
zu Villares einen Stein mit der Inschrift: dem Kaiser Septimius Severus 

— respublica Murgttanorum — das Gemeinwesen von Isturgi. — Es scheint 
demnach, dass die Stadt Isturgi eine Legua westlich von S. Potenziana 
war, bei Villares, wo heute viele Ruinen sind^). — Im siebenten Jahr- 
hundert bestand dieses Isturgi noch, aber es heisst schon „Sturgi^. Auch 
Illiturgi bestand noch, aber es heisst: lUuturgi^). 

Bei Plinius steht unmittelbar neben der bekanntem Stadt Illiturgi 

— die Stadt Ipasturgi, mit demBeisaze: Triumphale, Dieses kann kein 
anderer Ort seyn, als der in der Inschrift genannte Isturgi. Noch eine 
zweite Inschrift fand sich in Villares mit der Inschrift: Triumphalis. 
Nach der Reihenfolge der beiden Orte bei Plinius lag Uliturgi oberhalb 
Ipasturgi *°). In der Nähe von S. Potenziana — fand man eine dem 



') Madoz, 2, p. 301 — 6. — Nonius de Hispania^ c. 21. 

•) lUUurgis inter maxime insignes magnitudine — Liv. 23, 49, 24, 41. — 26, 17. — 28, 19^ 20. 

34, 10. 
') IlUturgi, quod Forum JuUwn — PUn. 3^ 1. 
*) Ptolem, 2, 4, 10. 
») It. Ant. 403. 
•) Nonius de JBisp, c. 21, 
') Florez, 12, 368 sq. 

*) lüiturgi, quod Forum JuKum, Ipasturgi, quod TriumpkcUe cognominatur. PUn. 3, 1. 
•) Hispania iUustrata — ed. Schott, 3, 997. 
'•) Masdeu sezt ebenso — inscr^t, 1061, — lUiturg^i acht Mig^Ucn oberhalb Andujar. 



188 Zweites Buch. Eilftes Kapitel. 

Kaiser Hadrian gewidmete Vase — worauf sieh der I^ame von lUiturgi 
befand. Eine andere Inschrift fand man in Villanueyo bei Potenziana 

— eine Inschrift, worin ein Duumvir von Illiturgi genannt wird. Dar- 
nach liegt das heutige Andujar unterhalb dieser beiden Städten. An- 
düjar hat — nach einer Inschrift — in der alten Zeit Andura geheissen *). 

Der verödete Ort S. Potenziana hat gegen Mittag den Bätis, gegen 
Morgen den Rio Herumblas, der sich hier in den Quadalquivir ergiesst. 

— Scipio zerstörte die Stadt vollständig ^) , 210 v. Chr. — Schon zur 
Zeit des J. Cäsar hatte sie sich wieder erhoben. Diess schliesst man aus 
dem Beisaze: Forum Julium, dass nemlich Julius Cäsar ihr einen Markt 
bewilligt. Zu Hadrian's Zeit war sie — einer Inschrift zufolge — eine 
Colonie. 

Dieses war die Stadt, wo der Apostelöchüler Euphrasius sich nie- 
derliess, wenigstdhs gegen das Ende seines Lebens. Von Illiturgi wäre 
nach der Meinung des Florez der bischöfliche Stuhl nach Castulo über- 
tragen worden. Aber die Stadt Tucci, in welcher sich zu derselben 
Zeit ein Bischof findet, hat dieselben Ansprüche auf diese Uebertragung. 
Da das Bisthum Castulo später an Bae'za übergieng, und das heutige 
Bisthum Jaen das Gebiet der alten Bisthümer Castulo -Baeza und Tucci 
umfasst, so kann man in der That — sagen, dass die Bischöfe von Jaen 
in das Erbe des heiligen Euphrasius eingetreten seien, und so hat man 
auch in Jaen die Sache stets betrachtet. 

Zur Zeit des heiligen Euphrasius gehörte Castulo zu der Provinz 
Tarraconensis , Illiturgi dagegen zu Bätika. Dennoch können wir sagen, 
dass das Christenthum von Illiturgi nach Castulo übergieng oder auch 
umgekehrt *). Denn beide Städte waren nur fünf Leguas von einander 
entfernt. Da in dieser Gegend kein anderer Apostelschüler war, so 
müssen wir dem Euphrasius den Beruf und die Sorge zuschreiben, im 
Umkreise seiner Stadt Christus zu predigen. „Dem heiligen Euphrasius 
kam die Sorge zu für die benachbarten Städte Castulo, Tucci, Cordova. 
Nachdem das Christenthum durch ihn, oder seine Gehilfen hieher ver- 
breitet worden, entstanden daselbst nicht bloss Bischo&size, sondern mit 
der Zeit wurde auch der in Illiturgi bestehende Bischo&siz in eine der- 
selben übertragen, wie es aus den ältesten Nachrichten über diese Bi- 
schofssize hervorgeht, zu der Zeit, als die Christenverfolgungen .noch 
dauerten, auf die Weise, dass jeder einzelne dieser (drei) Size einen 
unmittelbaren Nachfolger des heiligen Euphrasius (als ersten Bischof) er- 
halten konnte, gemäss des hohen Alters, seit welchem sie bestanden 
haben ^). Indem nun diese Bischöfe Nachfolger hatten , dürfen wir uns 



Florez, 12, 372. 

») Liimu [23, 49. 24, 41.] 28, 19. 20. [34, 10]. 

») Florez, 7, 142—45. 

*) Florez, 4, 66. /^2Vo<. 2. cp. 3. (114)] — : ä San Eufiano le carre^ondia la soUcUud 



$. 2. Die Verehrung des heiligen Eophfasias. 189 

nicht wundem über das Fehlen yon Nachrichten über die Bischöfe von 
Illiturgi^ da wir gewichtige Gründe haben, dass dieselben fortb^tanden 
unter dem Namen der Bischöfe von Castulo^ Tucci oder Cordova.*' 

Indem ich dieser Auseinandersezung des Florez vollkommen bei- 
trete, möchte ich jedenfalls auch noch das Bisthum Mentesa bei Ja6n, 
wenn überhaupt hier der alte Bischofssiz war, und vielleicht auch das 
Bisthum Egabra — als eine Stiftung des heiligen Eupl^rasius betrachten. 
— Da aber Castulo naher bei Illiturgi gelegen, als irgendein anderes 
Bisthum, so meint Florez, dass der Siz von Illiturgi zunächst nach Ca- 
stulo übertragen worden sei. — Dieses möchte ich umsomehr dahin- 
gestellt seyn lassen, da die directe Entfernung von Illiturgi und Tucci 
oder Martos etwas geringer ist, als die von Castulo, und da Florez 
selbst Illiturgi — zu dem Bisthume Tucd rechnet ^), 



§. 2. Die Verehrung des heiligen Euphrasius. 

Es scheint, dass in der alten Zeit vor dem Einfalle der Mauren 
der heilige Euphrasius mehr verehrt worden sei, als die Mehrzahl der 
Siebenmänner. Was von keinem der andern, mit Ausnahme des Tor- 
quatus, berichtet wird, erzählt die Geschichte von ihm, dass nemlich 
zur Zeit der Gothen eine Kirche unter seinem Namen eingeweiht wurde. 

Der heih'ge Eulogius von Corduba — f 859 als Märtyrer, erzählt 
in seinem jyApologeticus'^, als er, auf einer Reise nach Frankreich be- 
griffen, zu Pamplona gewesen, sei er dort auf ein altes Buch gestossen, 
aus welchem er die Worte anführt: ^Es erhob sich der Häresiarch Ma- 
homed zu der Zeit des Eoiisers Heraclius, im siebenten Jahre seiner Re- 
gierung, im Laufe der Aera 656. — Um diese Zeit blühte Isidor von 
Sevilla als Lehrer der Kirche, und Sisebut hatte den königlichen Thron 
zu Toledo inne. Die Kirche des heiligen Euphrasius wurde 
in der Stadt Illiturgi über dem Grabe desselben erbaut 
Auch zu Toledo wurde — auf Geheiss desselben Königs — die Basilica 
der heiligen Leocadia bis zum hohen Gipfel erweitert ^).^ Diess war 
im J. 617. — Ambros. Morales bemerkt zu den Worten des Eulogius, 
dass es ihm bemerkenswerth erscheine, dass auch zur Gothenzeit an 
jenem Orte sein Leib mit einem ihm geweihten Tempel sich befiGmd. 



de las Ciudades cqßiantes Castulo, Tucci, y Cordoba, Cf, Florez, 7, 143. — 
ä solo San Euframo d^>€mos dsftnt la soUcäud de anuneiar el EwmgtMo per los 
contomos de su Diocesi, y per consigmente 6» la Ciudad de Castulo, 

') Florez, 12,366-376. 

') JEulogitts -'•. Uber apologeticus martyrum, cap, 16, apud Migne Patr, tat 115, p, 859^ 
Ecclssia beaH Euphrani apud lUiurgi urbem ji^mt tumulum ejus aedffieaiiir. 



190 Zweites Buch. Eilftes Kapitel. 

„Jezt wird in dieser Stadt (Andujar) sein Gedächtniss in keiner Weise 
bewahrt*).*' 

Der Leib des heiligen Euphrasius wurde zu Valdemao, in dem Bis- 
thume LugoS; in der Kirche des Benediktinerklosters von Samos, auf- 
bewahrt. Hieron. Roman, Chronist und Augustiner (nicht Roman de 
la Hjguera), welcher das Archiv von Samos ordnete, sagt, dieses Kloster 
sei hochgeehrt, weil es unter seiner Obhut den Leib des heiligen Eu- 
phrasius bewahre. Nach dem Eintritte der Mauren suchten die Gläu- 
bigen den Leib des Heiligen zu erhalten, sie nahmen ihn heimlich hin- 
weg, und brachten ihn nach Galizien, und sie legten ihn nieder auf 
einem rauhen Berge in der Nähe des Klosters (Samos), genannt Val- 
demao. Hier wurde er aufbewahrt, mehr mit Andacht, als mit Pracht. 
Als dann das Kloster gegründet wurde, kamen die Reliquien mehr in 
Aufnahme. — Wenn das Kloster 759 gegründet wurde, und der Leib 
des Heiligen sich vorher dort befand, ^so geschah diese Uebertragung 
zur Zeit der Ankunft der Mauren*' ^). 

Viel früher, als Mabillon, Yepes, Florez u. a., nimmt Risco die 
Gründung des Klosters Samos an. Man fand, berichtet er, 1753 zu 
Samos eine Lischrift, in welcher der Bischof Ermenftid vorkommt, der 
in der Mitte des siebenten Jahrhunderts regierte^). Ermenfnd bezeugt, 
dass er die Mönchsdisziplin des Klosters Samos wiederherstellte. Also 
hat das Kloster schon vor 650 bestanden*). — Gegründet wurde es — 
nach Risco — kurze Zeit nach dem Eintritte der Sueven in Galizien. 
Denn diese haben ihm den Namen Samanos gegeben, was einen Ort 
bedeute, wo man in Gemeinschaft lebt. Ln J. 716 sei das Kloster 
durch die Mauren zerstört worden, Alonso L eroberte Galizien wieder, 
besonders Lugo und Tuy. Damals sei Samos durch einen Abt Argericus 
wieder hergestellt wirden, entweder unter Alfons L (t 756), oder seinem 
Nachfolger Froila. 

Dabei ist noch ein Umstand besonders zu beachten. Der zwölften 
Synode von Toledo — im J. 681 wohnte der Bischof Euphrasius von 



') Ambros» Morales — scholia in Eulogii apolog. nr, 4. Nunc nee aliqua saltem in ea 
civitate ejus memoria rettnetur, Morales starb 1591. 

') Florez, 12,375. — üeber diese Translation handelt: Marieta y Flos Sanctontm, 

Bivar zu Pseudo-Dexter — a. C. 54. Molina , Descrtpcion de GaUciaj Terrones in 

der Geschichte von Andujar. 
^) Espanna sagrada, 1 40, p, 202—223 — „Memoria» du inaigne Monasttrio — de Samoa,^ 

Mabillon (ann» O, S, B,) sezt seine Gründang in das J. 759 durch Kdnig Don 

Fruela, wohl zu spät. 

*) Er unterschrieb auf den Synoden von Toledo — 8 (J. 653) und 10 (656). He- 
fele, GoDttlieugeschichte , 3,91; 95. 



5- 2. Die Verehrung des heiligen Eophraslus. 191 

Lugo bei. Ebenso der dreizehnten Synode im J. 683. Auf derselben 
Synode unterschreibt ein Presbyter, Abt Citrunius, welcher die Stelle 
seines Bischofes Euphrasius von Calahorra vertritt. — Euphrasius von 
Lugo unterschreibt auch auf der fünfzehnten Synode im J. 688. — Auf 
der sechszehnten Synode im J. 693 unterschreibt Potentius als Bischof 
von Lugo. — Der Name keines der übrigen Apostelschüler kommt in 
dem Verzeichnisse der westgothischen Concilien vor. — Nur den Namen 
des Euphrasius tragen zwei spanische Bischöfe gleichzeitig in den Jahren 
680 — 690. — Unter ihnen ist der Bischof von Lugo, in welchem Bis- 
thume das Kloster Samos liegt, das sich des Besizes des Leibes des hei- 
ligen Euphrasius rühmte. Vom Anfange der Gründung an kann dieses 
schwerlich der Fall gewesen seyn. Denn das Kloster trägt den Titel 
des heiligen Julian und der heiligen Basilissa *). Aber es ist möglich, 
dass die Reliquien oder dass Reliquien des Euphrasius zwischoji 617 und 
681 nach Lugo gekommen sind, und dass man nun später meinte, die 
Translation sei zur Zeit der Mauren geschehen. — Der Name eines 
Bischofs Eufrasius kommt auch bei Gregor von Tours vor/*). Im Mor- 
genlande ist der Name sehr verbreitet. 

Morales, der selbst in Samos war, versichert, dass dort der Heilige 
bei dem Volke sehr geehrt werde. Im J. 1596 wurde auf Befehl Phi- 
lipp^s II. das Grab des heiligen Euphrasius in Valdemao eröffnet, um 
Reliquien für die Stadt Andujar und für die Kirche von Escorial aus 
demselben zu nehmen. 

Schon am Ende des sechszehnten Jahrhunderts war in Andujar das 
Andenken an den heiligen Euphrasius erloschen, zum Theil wohl aus 
dem Grunde, weil Andujar nicht an der Stelle von Uliturgi steht. Nur 
die Kirche eines aufgehobenen Klosters trug diesen Namen. — Aber 
in der Stadt und in dem Bisthume Jaen ist das Andenken des Euphrasius 
nicht vergangen. — In Cabra del Sto Crüto, gewöhnlich Cabrilla ge- 
nannt, an dem nordöstlichen Ende des Bisthumes, bestehet eine Ein- 
siedelei mit dem Namen des heiligen Euphrasius. — Am Ende des acht- 
zehnten Jahrhunderts gründete das Domkapitel von Jaen für musikar 
lische Knaben ein OoUegium mit dem Titel San Eufrasio *). Noch mehr, 
San Eufrasio ist Patron des Bisthumes Jaen, und sein Festtag — 14. Ja-* 
nuar — ist ein gebotener Feiertag für den Umkreis des ganzen Bis- 
thumes *). — Aus diesem Grunde kommt der Taufhame Euphrasius 
häufig vor. — Auch unter den Bildern und Statuen der Kathedrale von 



») Florez-Risco, 40,202. 

•) 105, 1161 — ed. Ruinart — Euphrasius war Bischof von Ciermont. 
') Madoz s. V. Jaen, 9,493; 544. Coüegio de San Eufrasio. 

*) TiOemont, mem. 1, 201. Madoz, 9, 562. — Patronin der Stadt ist Set. Gatharina, 
Madoz, 9,545. 



192 Zweites Buch. Eilftes Kap. $. 2. Die Verehrung d. heil. Euphrasius. 

Ja^n ist der heilige Euphrasius nicht vergessen *). U. a. stellt eine 
schwere silberne Statue den Heiligen dar, Ton guter Ausführung, welche 
eine Reliquie des Heiligen enthält Sie stammt aus dem achtzehnten 
Jahrhundert. Im Yolksaberglauben erscheint Euphrasius, yon Rom 
nach Spanien auf dem Teufel reitend, und das Schweisstuch der heiligen 
Veronika mit sich führend^). 



") Madoz, 9, 547. 

*) Madoz, 9,548. — AI. Zieg^ler, 1,312 sagt: data daa soviel angebetete (hört!) 

el Santo Rostro das in das Taschentuch der heil. Veronika hinaingedrückte Ge- 

slefat Jesu aufweise. 



Zwölftes Kapitel. 

Der heilige Hesychius (Esitlos) von Carcesa (Carcesuin oder 

Carcera). 

/ 

f 

Literatur: über Carteya bei der Meerenge: Espanna sagrada, t 4, 10 — 41. 

lieber das angebliche Carteya bei Cartagena: La antigua Carteja 6 Carcesa^ hoy 
Cieza, viüa del reino de Murdaf ilustrada con un resumen historial y, unas disertaciones 
sobre (dgwnas aniiguidadea ^ por el P, Fray Pascuäl Sabneton. Madrid ^ Ibarra 1777. En 4^, 

lieber Cazorla: Bistoria de los santuarios del adelantamiento de Cazorh, por D, Fer^ 
nando Alf, Escudero Torres. Madrid 1665 und 1669, 

§. 1. Der Siz des heiligen Hesychius war nicht Carteja an 

der Meerenge. 

Für Carteja bei Gibraltar als Siz des Hesychius wendet Florez ver- 
geblich allen Scharfsinn auf. — Die Lesarten des Ortes sind verschie- 
den: Carcera, Carcesa, Carcesi, Carceri, Carthesa. Nicht eine lautet: 
Cartei», oder Cartheya, höchstens noch Cartera. — Da Carteia ein in 
Spanien so bekannter Ort war, so wäre er sicher, im Falle Hesychius 
dort gewirkt, auch richtig geschrieben worden. — Das alte Brevier von 
Sevilla las Carthesa, und dabei stand id est Ventosa depopulcUa, d. h. 
das verödete Ventosa. Das von Aldrete ') angeführte Brevier von Cor- 
dova hest Carthesia, und sezt bei Ventosa. — Marieta sagt, ohne Ven- 
tosa zu nennen, dass Carcesa im Lande von Asturien liege. Morales 
meint dasselbe. Mariana tritt ohne Bedenken bei^). 

Sie alle haben den Beweis weder geführt, noch auch nur angetreten, 
dass es in Asturien ein Carthesa gab. — Dazu kommt die Entfernung 



>) Aldrete Bern, Varicu antiguidades de Espanna, Africa y oiras provincicu, En Am- 

heres 1614, in 4« — /. 2, cap. 12. 
*) Mariana, de rebus Ht^MUiiae, L 4, 2 — ffesyduum Carthesanum non procul Asturica, 

Gams, span. Kirche. 13 



194 Zweites Buch. Zw51fte8 Kapitel. 

von den übrigen sechs Gefährten, welche wir ohne einen zwingenden 
Grund nicht annehmen dürfen. Wie sollte der Einzige von den Sieben 
aus dem äussersten Südosten in den äussersten Nordwesten von Spanien 
gleichsam verschlagen worden seyn? 

Bivar liest nach seine^i Pseudo-Dexter, der ihm als höchste Aucto- 
rität gilt, ohne Weiteres Carteja. Aber Pseudo-Dexter weiss Näheres. 
„Isicius predigt zu Carteja neben der Meerenge, und er durcheilt die 
ganze Küste des innem (Mittel -) Meeres, und er predigt auch zu Alone 
und in einem andern Carteja am Mittelmeere, nicht weit von Carthago 
Spartaria. ^ — Dieses Alone ist nach Bivar nichts anderes denn Alicante; 
und das „andere Carteja^ liege zwar nicht am Ufer, aber doch nahe 
am Meere bei Carthagena. £r meint, man solle sich wem'g darum küm- 
mern, ob gelesen werde Cartheja, Cartesia oder Cartesa. 

Leider hat sich auch Baronius verleiten lassen, die Lesart Carteja 
in das römische Martyrologium aufzunehmen, und hat so den Spaniern 
eine starke Handhabe gereicht, auf die sie sich gestüzt haben ^). 

Johann Marieta schreibt, Hesychius habe mit Ctesiphon zu Vergium 
gepredigt, nachher zu Carcesa^). — Ebenso berichtet Thomas de Tru- 
gillo: „Ctesiphon und Hesicius predigten in Beria und in Carcesa^ ^). — 
Tamayo Salazar, der grosse spanische Fasler imd Falsarius, giebt zum 
ersten März „die Akten des heiligen Bischofes Iscius, und seiner Ge- 
nossen im Martyrthume, aus Dexter und andern Schriftstellern*'. — 
Iscius also hat, seinem Berufe zu folgen, Lebewohl gesagt seinen Ge- 
nossen, ist zu der Meerenge des Herkules gereist, predigte zu Carteja, 
später zu Alone und Carcesa in den innem Gegenden, wo er so sehr 
über dem Fortschritte der ihm Untergebenen wachte, dass er auch nicht 
im Geringsten gestattete, dass der räuberische Wolf Unkraut in ihre 
Herzen säete. Um diese Zeit erkannte er das zu Eliberis von Cäcilius 
und andern Vorstehern veranstaltete Concil an, begab sich dahin, stand 
in Mitte der Versammlung der spanischen Bischöfe, und betheiligte sich 
an den Beschlüssen der Synode. Aber siehe da, Alotus, der Präses 
jener Gegend, war von der Versammlung in Kenntniss gesezt, Hess alle 
plözlich ergreifen, und weil auch der lezte derselben den Gözen nicht 
Weihrauch opfern wollte, so liess er alle verbrennen — am 1. März 
des Jahres 57. 

Ein Lügner, sagt das Sprüchwort, muss ein Gedächtniss haben. Ta- 
mayo Salazar und seine Gewährsmänner aber haben vergessen, dass sie zum 
1. Februar erzählt haben, dass Cäcilius von Elvira zwar entflohen sei, aber 



*) 15. Mai. — In Hispania — Hesychius Cartijae, Auffallend ist, dass Baronius 

in seinen „Armales'^ davon nichts sagt. Cf. J. 69, 'Nr. 46. 
^) Marieta, Historia ecclesiastica de todos los Santoa de Espanna , 1596 , L i, cap. 4. 

— Carcesae, quae est circa Asturica, 
^) Thomas de TntffiUo, thesaurus concionum, tom, 2, ad i, Maj, 



$. 1. Der Siz des heiligen Hesychius war nicht Carteja etc. 195 

eingeholt und dennoch verbrannt worden sei — am 1. Februar des 
J. 57 n. Chr. — Die andern alle also sind am 1. März 57 verbrannt 
worden, Cäcilius aber am 1. Februar 57, weil er am 1. März desselben 
Jahres entflohen ist» 

Die Mittheilung solcher Ungeheuerlichkeiten wird mich sicher bei 
meinen Lesern entschuldigen, wenn ich der sechs Folianten des spani- 
schen Martyrologiums nur einige Male Erwähnung thue. 

Die BoUandisten beweisen mit grösster Genauigkeit — i. März — , 
dass nirgends der Ort des Hesychius Carteja heisse. Das älteste Manu- 
script des Usuard *), welches im Kloster St. Germain zu Paris aufbewahrt 
wurde, hat Carcesi. Florez giebt zu, dass man die Identität zwischen 
Carcesa und Carteya beweisen müsse^). Aber es hilft dem Florez nichts, 
weitläufig die Lage des alten Carteya neben der Meerenge zu veranschau- 
lichen, und noch eine Karte beizufügen, welche die Meerenge von Gi- 
braltar darstellen soll ^). 

Esicius war — nach ihm — nicht Bischof von Cazorla, weil der 
Name nicht übereinstimmt; weil die Bischöfsstühle an Orten von Be- 
deutung errichtet wurden, um die Ehre des PontificaiQs zu erhöhen. 

— Aber — waren denn Berja, Urci, Avila, Illiturgi so bedeutend, und 
doch giebt Florez zu, dass dort Bisthümer errichtet wurden? 

„Der nemliche Mangel an Buf zwingt uns , dass wir ebenso wenig 
stehen bleiben bei Carcesa, genommen im strengen Wortsinne, einmal 
weil es nicht vorkommt, zweitens weil Carteja vorkommt (sicij, dessen 
berühmter Name leicht degeneriren (falsch geschrieben werden) konnte. 
Carteja war ein äusserst passender Ort*) dafür, dass einer der Sieben- 
männer dort seinen Siz nahm, von denen die Meisten im Süden blieben, 
als in dem von den Prätoren am meisten entfernten Territorium, und 
auch in der von evangelischen Arbeitern mehr entfernten Gegend, was 
alles auf die Meerenge zutrifft, wo Carteya lag*). Nichts von diesem 
enthält eine genaue Nöthigung, beizustimmen — aber bei so grosser 
üngewissheit liegt doch darin die äusserste Wahrscheinlichkeit.*^ 

Die Aenderung einiger Buchstaben bei den alten Namen sei so 
allgemein, dass sie auch bei Carteya stattfinde. Maur lese neben Car- 
teja — Caritia, Carcia, Carcenia, Carpia, Carpesso, Tartheya, Tartesso. 

— Bei dem Bischofssize des Esitius aber lese man: 1) Carcera, 2) Car- 
thesa, 3) Cartera, 4) Carthesia, 5) Carceso, 6) Carcesa — die leztere 
Lesart sei verbreiteter. 

Aber — wende man ein — niemals ist geschrieben: Carteya; darin 



') Usuardi Sati Gertnoßensis monachi Martyrologium sincerum, ad <xiUograph% in San- 
Germanensi abbatia servati ßdem edituMj et ab ohservationibus P, P, Soüerii S. Jesu 
vindicatum — Pansüs 1718 (von dem Mauriner Boaillart. Die Ausgabe des Soli, 
ist von 1714). 

*) Florez, 4,13. *) Lugar opartuniswno, 

•) Florez , 4 , 19 - 28. ») Florez , 4 , 20. 

13* 



196 Zweites Buch. Zwölftes Kapitel. 

liege die ganze Schwierigkeit. Er antwortet: Ich übergehe, dass es im 
römischen Martyrologium ^Carteja*' heisse. Man braucht nicht den Buch- 
staben dieses Namens. Das erhellt aus dem Bischofssize des Secundus.^ 

Denn in all' den Manuscripten, welche ich sah, fand ich nur den 

Namen Abula. Und doch haben wir keinen Anhalt; denn zur Römer - 
und zur Gothenzeit hiess diese Stadt nur Obila, Abella, Abyla oder 
Abila, während der Name Abula der Stadt der Bastitaner im Gebiete 
von Ba^za eigen war. Aber die Schriftsteller haben sich begnügt — 
mit der grossen Aehnlichkeit der Namen (Abula und Abela). Es sei 
wahrscheinlich, dass man mit der Zeit von Carteja ebenso zu der Form 
Carcesa übergieng, wie von Abella zu Abula. Da es kein sonst be- 
kanntes Carcesa gebe, sei es noch leichter, zu der Lesart Carteya über- 
zugehen, da die Lage der Stadt in Bätika — sich hiefür empfehle. 

Indaletius sei an das Meer nach Urci ^gekommen, Ctesiphon nach 
Berja; und da Carteya eine noch berühmtere Seestadt war, so gieng 
Esitius dahin. „Sonst wäre der Rest von Bätika — in der Richtung 
von Sevilla und Malaga doch gar zu vernachlässigt worden.*' Dazu 
komme die grosse Aehnlichkeit der Namen, Cartera und Carteya — 
Tarteso und Carceso. — Vor Pseudo-Dexter schon sprach sich J. Perez 
für Carteya aus — im J. 1595. Ja schon 1450 schreibe der Auetor, 
vonFlorez el Cabilonense genannt, „Tariffa, welche einst Carthesia hiess, 
eine Stadt von Spanien. Hier war Hesychius zuerst Bischof, der Schüler 
des Apostels Jacobus*'. Zwar „dieser Auetor verdient nicht viel Glauben, 
und Tarifa war in Wirklichkeit nicht Carteja, aber es genügt, dass er 
lange vor Pseudo-Dexter so spricht«. 

Ist das alles? Diess ist alles — vortrefflich geeignet, um zu be- 
weisen, dass das Abula des Secundus nicht das Avila in Altcastilien 
war aber kein Beweis, dass das Carcesa des Esicius das Carteja an der 

Meerenge war. 

Dieses Carteja war schon um das J. 70 eine theils zerfallende, theils 
zerfallene Stadt. Je mehr Gades aufkam, und auch Malaga, umsomehr 
kam Carteja herab. — Mela schon und Plinius führen die Stadt ein- 
fach an, ohne ein Wort zu deren Empfehlung zu sagen, was sonst bei 
Plinius nicht geschieht, wenn er etwas von Bedeutung zu berichten 
weiss. — Bei Strabo kommt Carteja dreimal vor*). Zuerst sagt er, 
dass es 430 Stadien von Munda entfernt sei. Später redet er von dem 
Fischfange bei der Stadt, und dass einige Carteja für das alte Tartessus 

halten. Carteja aber zerfiel immer mehr. Es hatte — nach den 

vorhandenen Münzen nur Duumvim als seine Beamten, und keineswegs 
Vier- oder Fünj&nänner, wie andere bedeutende Städte, obgleich seine 



») Strabo, 14t 145, 148, 151, Meto, 2, 6, 8 — Carteia, ut quidam putant, aUquando 
Tartessus, Cf. PUn. 3, 7, 17. - 6, 214. — 9, 91 sq. 31, 94, - Dio Caasius, 43, 31. 40. 
Livius (21, 5,) — 28, 30-31, 43, 3. 



$. 2. Der Siz des heiligen Esioius etc. 197 

(Carteja's) Zweim'änner — Quatuorviri hiessen — nach alter G-ewolm- 
heit ^). Auch sind die meisten uns von Carteja erhaltenen Münzen und 
Inschriften nQch aus den Zeiten der römischen Republik. — Carteja 
erlag vor Gades, und von Gad^s sagt der Dichter Ruf. Festus Avienus 
im vierten Jahrhundert: ^ Gross und reich war in alter Zeit die Stadt^ 
jezt ist sie arm, jezt enge, jezt verödet, jezt ein Wall von Trümmern. 
Dort sahen wir, mit Ausnahme der Herkulesfeier, nichts Wunderbares ^).^ 
Dazu hat man nie gehört, dass Carteja ein Bischofssiz gewesen, und als 
Handels- und Meeresstadt war es auch so wenig dazu geeignet, als 
Cartagena oder Gades. 

§. 2. Der Siz des heiligen Esicius war nicht das unbekannte 

Carteja der Olkaden. 

Carteja heisst bei Livius eine Stadt der Olkaden, reich und fest, 
welche Hannibal im zweiten punischen Kriege plünderte'). Die Lage 
ist unbestimmt, da die Stadt später nicht mehr bestand. Florez meint, 
sie habe niemals existirt, und das Ganze sei ein Schreibfehler. — Der 
Franziskaner Pasqual Salmeron aber, gebürtig aus der Villa Cieza in 
der Provinz Murcia, überredete, von spanischem Localpatriotismus hin- 
gerissen, sich selbst, dass sein Geburtsort das alte verlorne Carteja sei, 
welches er wieder aufgefunden, und dass dieses Carteja der Bischofesiz 
des Esitius sei. — Also schrieb er ein Buch von stattlichem Umfange *), 
um diesen doppelten Beweis zu führen. Esicius errichtete — nach ihm 

— seinen Bischofssiz an einem Orte, welcher zwei Namen hatte, Carteja 
und Carcesa^), und es findet sich nirgends ein Ort, der diese beiden 
Namen gehabt, ausser der erwähnte zerstörte Ort (bei Cieza), welcher 
Carteja genannt wurde, und später Carcesa und Cieza, wie er zu be- 
weisen sich anheischig macht. Der zerstörte Ort bei Cieza aber hiess 

— nach der Behauptung der Leute — in jener Gegend ehemals Catena, 
welches viele Aehnlichkeit mit Carteja hat. Also ist Cartena — Carteja 

— Carcesa — Cieza — derselbe Ort, 

In einer nachträglichen Dissertation sucht Salmeron die Stadt nach- 
zuweisen, in der Esitius sein Bisthum errichtete. Er beweist in Kapitel 1 

— dass die Stadt des Esicius Carcesa und Carteja hiess*). Woraus? 



«) Masdeu inscripU nro,50a^506, 610. 706-12, 1025, 1223^25. 

^) Ru/ua Festus Avienus, ora maritima , v. 270 — 274, 

*) Livius f 21 f 5. Polybius, 3, 13, Cf, St^han, Byzant, — 62 und Suidas s, A. o. 

nennen Alihäa die Hauptstadt der Olkaden. 
^) Den Titel s. oben. 
*) P, Salmeron y p, 15, 
') Disertacion IV sobre la dudaä, donde estahkciö su siUa Episcopal el ApostöUoQ 

i$, Msicio f Dise^puh de Santiago, 



198 Zweites Buch. Zwölftes Kapitel. 

Aus dem römischen Brevier und Martyrolog, als ob dieses ein Be^reis 
wäre. Im zweiten Kapitel bekämpft er die Meinung, dass Esicius seinen 
Siz in Cazorla errichtete. Zuerst habe Cianca behauptet — 1595, dass 
Cazorla das alte Carcesa gewesen, aber bewiesen habe er nichts; nach 
}}\m der Benediktiner Ariz. Die Mauren hätten Cazorla mehr denn 
500 Jahre besessen (und wie lang denn Cieza?). Dass Cazorla je Car- 
cesa geheissen, beweise niemand; dass es Carteja geheissen, habe nie- 
mand bis jezt behauptet, also war Cazorla nicht die Stadt, wo Esitius 
sich niederliess ^). — Im dritten Kapitel widerlegt er, dass Esitius in 
Carteja bei Gibraltar Bischof gewesen. Im vierten Kapitel endlich zeigt 
er, dass die Stadt, in welcher der Apostelschüler S. Esicius seinen bi- 
schöflichen Siz errichtete, Carteja war, die Hauptstadt der Olkaden, 
welche ebenso gut Carcesa hiess, und später Cieza. 

und den Beweis dafür? Den freilich bleibt Salmeron schuldig, 
nicht nach seiner, sondern nach unserer Meinung. Die Mauren pflegten 
das S in Z zu ändern, und also veränderten sie Cartesa in Cieza, indem 
sie einige von seinen Buchstaben alterirten und mutirten ^). — Catena 
hiess einst die Stadt, die bei Cieza lag. Zweimal las man auf einem 
Steine: Catinensea. Aber Salmeron corrigirt kühn den Stein: — Catt- 
nensea verbessert er in Cartejenses. Warum? In den Lexicis findet man 
nirgends das Wort : CcUinenses. Der Abschreiber der Inschrift hat falsch 
oopirt. Salmeron zwar hat den Stein selbst nicht gesehen, er hörte nur 
von den Leuten das Wort: Catena (oder Catina), und kühn las er aus 
dem — als schwer leserlich bezeichneten — Steine — CcUinenaes. Diess 
sei aber gar nicht weit von Cartejenses^). Dazu citirt er die Auctorität 
des Florez, der sage, es sei nicht erlaubt, heute alte Städte (als That- 
sachen) anzunehmen, welche niemals von den Alten citirt worden seien ^). 
— Wir haben nicht gehört, dass Salmeron irgend jemand zu seiner Idee 
bekehrt habe, und wollen uns keine Mühe geben, ihn zu widerlegen. 

§. 3. Die Stadt Cazorla hat am meisten Wahrscheinlichkeit 
für sich,» das Carcesa des heiligen Esitius zu seyn. 

Cazorla ist eine Stadt in der Provinz Jaön, zwölf Leguas davon 
entfernt, achtzehn von Granada. Es gehört, troz der grossen Entfernung, 
zum Bisthume Toledo. Es liegt am Abhänge der Sierra de Cazorla, 
dem Mons Argentarius der Alten. Die Pfarrkirche ist San Jos^, die alte 
Pfarrkirche zu St. Maria wurde durch die Franzosen 1811 zerstört. »Der 
Patron der Stadt ist San Isicio, welchen man auch in einer Einsiedeid 



Salmeron, 8.263 — 268. 

^) y asi convirtieron el Cartesa en Cieza, aüerando y mutando algimas de sus letrae, 

») 8. 251 — 52. 

') Florez, 8,43, Nr. 17. 



$. 3. Die Stadt Cazorla hat am meisten Wahrscheinlichkeit ffir sich etc. 199 

seines Namens verehrt.^ Es giebt viele Feste und Prozessionen in dieser 
Stadt. Die Villa Santo Tome ist 2f Leguas entfernt. Südlich grenzt 
es an den Bezirk von Quesada. Der Fluss Quadalquivir entspringt in 
dem Gerichtsbezirk von Quesada. Cazorla hat an 8,000 Einwohner *). 

Dass Cazorla von hohem Alterthum, ist anerkannt. Gelungen aber 
ist bis jezt der Versuch noch nicht, es auf irgend einen römischen Ort 
zurückzuführen. Seine starke Stellung gab ihm zu aller Zeit eine mili- 
tärische Bedeutung. Darum wollen einige es von Castrum altum, das 
hohe oder das befestigte Lager, leiten. Mohamed Abul Aubad, genannt 
der Blinde, — welcher 781 aus Cordova entflolien war, wollte Cazorla 
zum Mittelpunkte seines Krieges mit dem Emir Abdelrhaman machen. 
Bald nach der Schlacht bei Navas de la Tolosa — im J. 1212 wurde 
es von den Christen erobert. Der berühmte Erzbischof und Geschicht- 
schreiber Rodrigo Ximenez von Toledo eroberte Cazorla, welches er 
Castorla nennt, dazu die Städte Quesada, Concha, Niebla. König Fer- 
dinand der Heilige übergab diese Eroberungen als bleibenden Besiz an 
das Erzbisthum von Toledo. Es wurde das Amt — Adelantamiento — 
von Cazorla ^). 

„Der ehrenvollste und einträglichste Posten, über den der Erz- 
bischof von Toledo zu verfügen hatte, war der eines Gouverneurs von 
Cazorla ^j.*^ Vom sechszehnten Jahrhundert an erlosch allmähg die poli- 
tische Macht des Erzbischofs von Toledo ; dagegen ist das alte Amt von 
Cazorla noch bis heute dem Erzbisthume Toledo kirchlich einverleibt. 

Dass Cazorla den heiligen Isitius als seinen Patron und Apostel 
verehre, das erfuhr die übrige Welt im Grunde erst im J. 1595 durch 
die Schrift des Antonius Cianca von Avila über den heiligen Secundus. 
Zum 1. März, an welchem Tage das Andenken des heiligen Iscius oder 
Hesychius begangen wird, haben die BoUandisten von der Schrift des 
Cianca Kenntniss genommen und gegeben *). Cianca nun sagt in seinem 
Leben des heiligen Secundus , Cazorla habe einst Carcesa geheissen, und 
ditess werde aus alten, dort aufbewahrten Urkunden bewiesen. Dort 
sei es Ueberlieferung, dass Esitius Bischof der Stadt und Märtyrer ge- 
wesen. Ein Feld sei nicht weit von der Stadt, wo noch jezt ein Stein- 
haufen gezeigt werde an der Stelle, wo Esitius gesteinigt worden, auf 



*) Madoz 3. V. Cazcrla, 

*) Roderic. X. Historta regvm Hiap, 9^ 15, Mariana 12, 16 — Quesada oppidum ex- 
pufftiatum, neque Quesada modo, sed etiam Casorla in JBastetanis, Qoncha, CheUs, 
Niebla Romanis Elepla, aliaque ßnitima oppida. Quibtut cib eo tempore Casorlae prae- 
fectus Omnibus jura dat, Toktani praesttUs legatus, more usque ad nostram aetatem 
retento. — Rodericus de XRnenes schreibt Castorla - Patrum Tolet opera (1792) 
l 9, 15. p. 205. 

') Hefele, der Kardinal Ximenes, 2^ Aufl. S. 46. vergl. 195. 200. 

*) Ant, Cianca f s. pbe» — der beil. Secandus : Litr. Nro. 1. (Üb, i. cap, 15), 



200 Zweites Buch. Zwölftes Kapitel. 

einem Hügel, bei einer Einsiedelei des heiligen Markus'). — Nach 
ältester Gewohnheit ziehe Clerus und Volk von Cazorla jährlich in feier- 
licher Prozession an einem Sonntage des Mai hinaus; an jenem Orte 
werde ein Altar errichtet , und so das Fest des Esitius begangen. In 
Stadt und Umgegend tragen sehr viele Leute den Namen Esitiurf*, wie 
in Avila den' Namen "Secundus. — Tamayo spricht — znm 1. März — 
gegen Cianca; nicht in Cazorla habe Esitius gelitten , sondern sei dahin 
transferirt worden. ;,Wir nehmen an,** sagen die BoUandisten, »was 
Tamayo zugiebt, dass Carcesa an dem Orte gestanden zu haben scheine, 
wo Cazorla ist, und dais Hesychius oder Iscius dessen Bischof gewesen^). 
Indess — das zu Madrid 1636 gedruckte Directorium — schreibt für 
die Kirche von Granada zum I.März vor: ;,Fest des heiligen Hiscius 
und seiner Schüler, Märtyrer — duplex 2 class^^) — Der Abdruck vom 
J. 1647 hat 1 dass. — Aber der Bischofssiz des Iscius wird nicht 
genannt. 

Bevor Florez beweisen will , dass Hesychius Bischof von Carteja ge- 
wesen, sucht er die Gründe zu widerlegen, welche für Cazorla streiten*). 
Cazorla könne im Alterthume keinen Ort vorweisen, der einen ihm ähn- 
lichen Namen gehabt, ausser etwa das Castao des Strabo, oder das Ca- 
staka des Appian. Aber beides sei wohl Castulo. — Da niemand den 
Beweis geführt, dass Cazorla einst Carcesa geheissen, so spreche das 
Motiv der BoUandisten (Ungleichheit des Namens) ebenso gegen Ca- 
zorla, wie gegen Carteja. Mendez Silva behaupte, als die Römer Castisio 
bevölkerten, haben sie es Carcesa genannt; aber Carcesa sei kein römi- 
scher Name. — Morales, der aus dieser Gegend stammte (er stammte 
aber aus Cordova, was eine ganz andere Gegend ist), habe die Identität 
von Carcesa und Cazorla nicht erwähnt. Cazorla sei den Mauren erst 
1231 entrissen worden, wo der Erzbischof Don Bodrigo von Toledo 
sich zu dessen Herrn gemacht habe. — Er selbst habe, da Cianca auf 
alte Urkunden sich berufe, durch einen Doctoral der Kirche von Toledo 
über den Stand der Archive von Cazorla sich belehren lassen. Damach 
war am 2. Juni 1694 eine grosse Ueberschwemmung der Stadt, durch 
welche die Archive der Kirche und das Ayuntamiento zerstört worden. 

Für Dinge, bei welchen die Tradition nicht über die Mitte des 
sechszehnten Jahrhunderts hinausgehe, könne man sich überhaupt nicht 
auf die alte Ueberlieferung berufen. Aber woher weiss denn Florez, 
dass diese Tradition so spät entstanden, und dass Esitius damals erst 
Patron von Cazorla geworden ist?. — In Cazorla konnte kein Siz eines 



') Unter den vier Einsiedeleien ausserhalb der Stadt trägt heute keine mehr diesen 

tarnen — s. Madoz «, v. Cazorla. "• 

«) Act. ScL t. 1, Mart p. 8, 

') Ordo redtandi officium dwwwn pro varüa eccUg&s* 
*) Florez, 4,13 — 19. 



%. 3. Die Stadt Casoria hat am meisten Wahneheinlichkeit für sich etc. 201 

Bischofs BGjTLj weil der alte Name nicht erwiesen^ und — weil es nie 

ein bedeutender Ort war, sonst wäre er genannt und bekannt worden. 

In jedem Falle aber hat Cazorla mehr Ansp^ch auf den heiligen 
Esitius, als Carteja, yon dem man gar nichts zu sagen weiss, oder irgend- 
ein anderer Ort Denn Cazorla kann sich rühmen, dass es, und es allein 
in Spanien, den Hesychius als seinen Patron tmd Bischof verehrt. Den 
Zeitpunkt, in welchem Esitius Patron dieser Stadt wurde, yermag nie- 
mand anzudeuten oder zu bestimmen. Darum liegt die Vermuthung 
näher, dass er es von Anfang an gewesen, d. h. schon yor der Erobe- 
rung Spaniens durch die Muhamedaner. — Zwar lag fünf Jahrhunderte 
auch über Cazorla die Hand der Muhamedaner. Aber es ist nicht wahr- 
scheinlich, dass der chnstliche Gottesdienst je einmal aufgehört habe. 
Da man von den einzelnen Orten keine nähere Kenntniss hat, so muss 
man yon dem Allgemeinen auf das Einzelne schliessen. Dieses Allge- 
meine ist, dass nach der Vorschrift des Koran, die überall befolgt wurde, 
die Christen gegen eine bestimmte Steuer, und indem sie ihre yon den 
Muhamedanem getrennten Stadttheile erhielten, Duldung und freie Aus- 
übung ihres Gottesdienstes erlangten. Diess dürfen wir von Cazorla 
umsoeher annehmen, je näher es dem Gebiete der Christen lag, und 
je leichter so das bedrängte Christenthum eine Aufinschung erhalten 
konnte. 

Im J. 1665 liess D. Fernando Alfonso Escudero aus Cazorla ;,die 
Geschichte der berühmtesten Heiligthümer des Amtes von Cazorla^ er- 
scheinen, und hier sagt er, dass Cazorla das alte Carcesa sei, ohne dass 
er den Beweis genügend führte^). Er führt allein das Chroniken des 
Pseudo-Luitprand an. — Es wird femer noch der Ort — im Osten 
von Cazorla — gezeigt, wo San Esicio zu predigen pflegte; und dass 
daselbst einige seiner Schüler gemartert worden. Yon grösserer Bedeu- 
tung ist aber die Angabe, ^dass seit unvordenkKcher Zeit eine grosse 
Verehrung zum heiligen Esicius in Cazorla bestehe, und dass er als 
Patron mit einem feierlichen Feste am 15. Mai geehret werde''. 

Was also Cianca im J. 1595 berichtet hatte, da9 erzählet Escudero 
wieder im J. 1664, siebenzig ^ahre später. Die eine Angabe bestätiget 
die andere. Florez hat die Schrift des Escudero nicht gekannt, die ich 
allerdings auch nur aus den Auszügen bei Pascual Salmeron kenne. 
Gesezt, er hätte yon Cianca nichts gewusst, dagegen von der 1665 
erschienenen Schrift des Escudero, dann hätte er nach seiner Weise 
sagen müssen: wenn eine Tradition nur bis zur Mitte des siebenzehnten 
Jahrhunderts hinaufreiche, dann könne sie kein Beweis für die Tradi- 
tion früherer Jahrhunderte seyn. — Nun aber yerbürgt Cianca diese 
Tradition für die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts. Sollte diese 
Tradition nicht älter seyn, weil wir zufällig keine altem Schriften für 



') S, oben Literatur dieses Kapitels, 



202 Zweites Buch. Zwölftes Kapitel. 

sie haben? Sicher ist sie älter , sie ist, nach Escudero, unyordenklich. 

— Dabei wissen wir Aechtes von Unächtem wohl zu trennen. Für 
uns hat diese Unvordenklichkeit eine grössere Beweiskraft, als z. B. die 
Angabe des Escudero Torres, dass Esitius sich einem Priester in Cazorla 
gezeigt habe nach der Richtung hin, in welcher sich (auch heute noch) 
die Eremitage des Heiligen befindet*). — Da am Ende des sieben- 
zehnten Jahrhunderts die Archive von Cazorla zu Grunde giengen, so 
lässt sich aus ihnen allerdings nicht mehr beweisen, dass Cazorla einst 
Carcesa oder Carcera geheissen^). 

Ein zweiter Beweis, der für Cazorla als die Stadt des heiligen Esi- 
tius angeführt werden kann, ist seine geographische Lage — in der 
Richtung gegen Guadix, das alte Acci. — Von den fünf Städten der 
fünf Apostelschüler, die wir festgestellt zu haben glauben, liegen zwei 

— je eine Tagereise von Guadix entfernt, Abla und Granada; zwei 
andere je zwei Tagereisen, — nemlich Berja, und die Stelle am Aus- 
flusse des Almansora, wo Urci lag, und die jezt Villaricos heisst. — 
Uliturgi bei Andujar lag drei Tagereisen von Acci. Cazorla aber liegt 
etwa acht Leguas von Guadix entfernt, eine Legua weniger, als Gra- 
nada , — eine starke Tagereise^). Dazu kommt, dass das alte Cazorla 
an der grossen Strasse lag, die von Urci nach Castulo führte, — Zwar 
kommt Carcesa nicht als Haltstation vor. Dagegen Tugia^), dessen 
Ruinen zvdschen Quesada und Cazorla liegen, und dessen Name in dem 
kleinen Weiler Toya fortbesteht, der in dem Gemeindebezirk von Ca- 
zorla liegt. Quesada selbst ist nur eine Legua von Cazorla entfernt, 
und zwar südlich in der Richtung von Guadix. — Die alte Strasse von 
Acci nach Castulo lief über die Stationen Hactara — 32Migl., Fraxinum 

— 24, Tugia — 16 Miglien. — Es sind diess Entfemungsangaben, die 
ausser allem Verhältnisse mit den wirklichen Entfernungen stehen, die 
statt 18 — höchstens 9 Leguas betrugen. — Richtiger dagegen ist die 
Entfernung von Tugia und Castulo — auf 35 römische Meilen ange- 



») Bei P. Sabneron, p, 267, 

*) Doch lassen sich in Spanien selbst noch genug Forschungen über das Alter 
und die Alterthümer von Cazorla anstellen, denn — neben dem gedruckten 
Büchlein von Escudero Torres führt Munnoz y Romero vier im MS, vorhan- 
dene Werke über Cazorla an. Nemlich 1) Historia de la viOa de Cazorla, escrita 
por Luis VaUra de Mendoza, 2) Relacion en breve compendio de la conqutaia de la 
Villa de Cazorla, origen y progreaos de eua adslantados, y tu descripcion, y de las 
demäs villas del adelantamiento (in d(*r Nationalbibliothek T. 105. föL 238), 3) De- 
scripcion geogrdjica de Cazorla, por D, Juan Amador de Dondies, preshüero (in der 
historischen Akademie). — 4) Relacion de las antiguSdades que hay en el adelan- 
tamiento de Cazorla. 

*) Die Entfernung habe ich berechnet nach dem Atlas von Berghaus, 5^ Auflage 
- 1855. 

*) PUn. 3f 3, 4. — /t Antomni, p. 404. 



$. 2. Die Stadt Casorla hat am meisten Wahrscheinlichkeit für sich etc. 203 

geben. — Der verödete Ort Toya, südwestlich von Cazorla gelegen, 
ist anerkannt das alte Tugia; und voa hier führte die Strasse — über 
Cazorla nach Castalo (oder auch von Cazorla über Tugia nach Gastulo). 

Ich komme zu einem dritten Beweise, der für die Identität von 
Carcesa und Cazorla zeugen soll. Der Weg allerdings, diesen Beweis 
zu führen, ist ein schlüpfriger, und man soll ihn nicht ohne zwingende 
Noth betreten. — Es handelt sich darum, ob nicht Cazorla sprach- 
gerecht aus Carcesa oder Carcera abgeleitet werden könne. Dieser Weg 
hat mich allerdings, wie andere vor n\ir, schon öfters irre geführt. — 
Ich habe früher zwischen Carcesa und Carcelen, einer Villa in der Pro- 
vinz Albacete, an einem Nebenflüsschen des Xucar, eine grosse Aehn- 
lichkeit wahrnehmen zu sollen geglaubt. — Dazu kam, dass ich bei 
Madoz fand, dass unter den Brunnen, die es in Carcelen giebt, einer 
die „Quelle des Heiligen*' — genannt wird *) , und darin fand ich eine 
indirecte Hinweisung auf den heiligen Esitius. — Ich fand sodann, dass 
auch der Geograph Reicbardt der Meinung war, dass man in dem Namen 
von Carcelen das alte Carteya der Olkaden zu suchen habe. Dazu 
kommt, dass Strabp in diese Gegend eine Stadt Cartalias sezt^), welehe 
mit Carcelen sehr gleichen Klang hat, und von Carcesa nicht ferne 
klingt. — So glaubte ich denn, in Carcelen das Carcesa des heiligen 
Esitius gefunden zu haben ^). Heute glaube ich mich darin getäuscht 
zu haben, und finde es sehr begreiflich, wenn mein Versuch, Cazorla 
aus Carcesa herzuleiten, mit ungläubigem Lächeln aufgenommen wird. 
Doch es seil 

Ich nehme an, dass die drei Lesarten — Carcesi, Carcesa und Car- 
cera — am meisten beglaubigt seien. Es handelt sich zuerst um das 
doppelte oder einfache R. Wenn zwei R in einem Worte sind, so pflegt 
die spanische Sprache eines derselben auszustossen, und sie liebt es be- 
sonders durch ein L zu ersezen. Z, B. Carceres — die Gefängnisse 
und die Schranken im Lateinischen — heisst im Spanischen — Car- 
celes *). Carcera im Lateinischen würde spanisch Carcela heissen. Der 
Fluss Rubricatus bei Barcelona heisst jezt Llobregat. — Zweitens, die 
spanische Sprache liebt es, den Buchstaben R, wenn sie ihn nicht aus- 
stossen kann , um eine Silbe zurückzuschieben ^). Alcaraz konmit her 
von dem lateinischen Arcil^m — (am nördlichen Abhänge der Sierra 
Morena). Statt Arcalaz aber hat die spanische Sprache daraus Alcaraz 
gebildet. — Die bekannte Provinzialhauptstadt Caceres — hat ihren 
Namen in bekannter und anerkannter Weise von dem römischen Coitra 



Madoz 8, V. Carcelen, 5, 548. „üna fuente üamada del Santo,*' 

*) Strabo, p. 159 (3, 4-^6). 

') S. meine Abhandlung »Zur ältesten Eirchengescbicbte Spaniens« — in Tübinger 

Quartalscbrift - J. 1861, S. 208— 9. 
*) Daber mag eber Carcelen kommen, als von Cartalias oder Carteja oder Carcesa. 
*) Enffbncmn, ^hssairef XJLVU — IX^ 



204 Zweites Buch. Zwölftes Kapitel. $. 2. Die Stadt Cazorla hat etc. 

Caecilia abgeleitet Statt Cazreles aber hat die spanische Sprache — mit 
Zurüekschiebung des R — Caceres gebildet — Aus Roboretum ist 
Robledo entstanden. 

Nach der Analogie musste es also heissen — Cacerla od«r Cacersa. 

— Wurde nun das r in I, wurde Cacersa in Cacorla yerändert, so 
konnte man nicht mehr Cacorla, sondern man musste Cazorla schreiben. 

— Wohl neigt die spanische Sprache ausserordentlich zu 0. A verwan- 
delt sich gewöhnlich in O. — I und A verwandeln sich sehr oft in O. 
Aber — seltner, viel seltner geht das E in über. — Am bekann- 
testen ist es bei dem Artikel. — Hamines — die Menschen — heisst 
italienisch gli uominiy französich les hommes, spanisch aber los homhres. 
Ebenso Duo hamines — duoi — deux — dos hombres. Städtenamen 
aber giebt es nicht viele in Spanien, welche ihr E in O verwandelt 
haben. Die bekannteste Stadt in dieser Beziehung ist das alte Dertosa 
am Uebergange des Ebro, aus welcher das neuere Tortosa geworden 
ist'). Ebendaher gehört vielleicht Murviedro, das alte Sagunt, wenn 
es aus Muri veteres entstanden ist, Riopur in der Sierra Morena, welches 
aus Ripepora entstanden; Ibera, woraus Amposta, Cogedus, ein Flüss- 
chen, das bei Bilbilis in den Sälo mündete, jezt noch Cogoda, Epora 
nördlich von Cordova ist Montoro geworden, Etovisa ist vielleicht Ero- 
pesa, Setelsis im Gebiete der Jaccetaner, jezt Solsona. Im Granzen 
muss man zugestehen, dass der Uebergang des E in bei den Orts- 
namen zu den Seltenheiten gehört. Nach solcher Analogie hätte Car- 
cera, Carcesa oder Carcesum — Cazorla oder Cazorsa gelautet 

Endungen auf Ona finden sich sehr häufig im Spanischen, besonders 
bei Städten , die zur Römerzeit auf geendet haben. Barcino = Barce- 
lona, Tarraco = Tarragona, Turiasso = Tarazona, ürso = Ossuna, Ca- 
stulo = Cazlona u. s. w. Endungen auf orla aber, wie Cazorla ein Bei- 
spiel bietet, vermag ich sonst nicht au&ufinden. Diess ist ein sicheres 
Anzeichen, dass in dem alten Namen von Cazorla wenigstens ein, wenn 
nicht zwei R enthalten waren. 

Für manche meiner Leser mag diese Ableitung von Cazorla aus 
Carcesa oder Carcera überzeugende Kraft haben. Sie ist aber von unter- 
geordnetem Werthe, und kann höchstens eine Beigabe, ein Zuwachs zu 
andern Beweispunkten seyn. Wenn es wahr ist, was einige Neuere 
meinen, dass in der Gegend oder an der Stelle von Cazorla ein Castrum 
altum, oder Castra alta gestanden, so ist es ebenso leicht, wenn nicht 
leichter, Cazorla, das ohnedem noch bei Rodrigo Ximenes Castorla heisst, 
aus Castra alta herzuleiten. Denn das A geht häufiger in O über, als 
das E, und viel leichter ist Cazorlta gebildet aus Castra alta, wobei dann 
nur das t wegen der Häufung der Consonanten ausgefallen wäre, und 
Castra alta war oder wäre in Cazorla umgewandelt worden. 



*) Eulalift — ist im Spanischen Olalla, Lorinser, 1,78. 



Dreizehntes Kapitel. 

Die Städte der apostolischen Siebenmänner, und die Central - 

Lage der Stadt Guadix (Acci). 

Wenn eine Rechnung als richtig anerkannt werden will, so hat sie 
sich einer Probe zu unterwerfen. Gehet sie aus der Probe richtig her- 
vor, so hat sie die Feuerprobe in ihrer Art bestanden. Wir wollen 
jezt einen ähnlichen Versuch machen, und zeigen, ob die sieben Namen 
und die sieben Städte der Apostelschüler sich so zusammenstellen lassen, 
dass sie sich in ihrer Zusammenstellung als weitere Beweise für die 
Wahrheit der Thatsachen darstellen. 



§. 1. Die Siebenmänner mit ihren sieben Städten, und die 

Stadt Rom. 

Von Rom, von den Aposteln Petrus imd Paulus, die nachweisbar 
allein in Rom gewirkt haben, wurden die Siebenmänner nach Spanien 
gesendet. In Acci machten sie Halt, und als sechs derselben Acci ver- 
lassen mussten, sammelten sie, obwohl zerstreut, sich also um die Stadt 
Acci, dass dieselbe ihr gemeinsamer Mittelpunkt blieb. 

Gegen Ferreras, Florez, den Italiener Cenni, und andere halte ich 
an der Ansicht fest, dass die Siebenmänner von Rom aus nur den Auf- 
trag erhalten hatten, ihre Schritte gegen das Centrum des südlichen 
Spaniens zu richten, und zwar in der Richtung der vier grossen Städte 
Castulo, Cordova, Astigi und Sevilla -Italica. — Dass sie, ehe sie nach 
Acci kamen, die Absicht hatten, hier zu bleiben, kann man mit nichts 
beweisen. Sie sind vor Acci ^still gelegen^, wie Ferreras sagt, sie sind 
aber nicht nach Acci hineingegangen. — Erst als ihnen Gott ein Zeichen 
gab, beschlossen sie, zu bleiben^ — Gott selbst hat durch das Wim- 
der, das er vollbrachte, Acci zum Mittelpunkte der spanischen Kirche 



206 Zweites Buch. Dreizehntes Kapitel. 

in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens gemacht. Seltsam nun 
lautet es, diese Thatsache damit zu erklären, dass, weil Jacobus in Nord- 
westspanien predigte, Paulus aber in Nordostspanien, sich* die Sieben- 
männer den Süden von Spanien ausgewählt haben, damit kein Theil 
des Landes ausgeschlossen bliebe yon der apostolischen Predigt. Das 
müsste erst noch bewiesen werden, dass Jacobus in Galizien, und Paulus 
in Nordostspanien gepredigt habe (denn erwiesen ist nur, dass er über- 
haupt nach Spanien kam). 

Ebenso lautet es seltsam, wenn der Italiener Cenni behauptet ^), und 
Florez ähnliche Behauptungen ausspricht, dass die Äpostelschüler sich in 
Guadix und der Umgegend niedergelassen haben , weil diese Gegend frei 
von dem Besuche der Prätoren gewesen. — Diess wäre gegen alle Uebung 
und Gewohnheiten der Glaubensboten, welche erstens immer nach den 
grössten Städten zuerst giengen, zweitens nach denk Worte des Herrn: 
Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib tödten, der Seele aber nichts 
anhaben können — die Prätoren nicht so fast mieden, als sie vielmehr auf- 
suchten. — Hätten die Glaubensboten so furchtsam, oder so menschlich 
klug gehandelt, so wäre Spanien, und die Welt nicht bekehrt worden. 
— Li der That wären die Siebenmänner nach Cordova zu dem Prätor 
gezogen, hätte Gott selbst sie nicht in Acci zurückgehalten. 

Ebenso unrecht hat Florez, dass er einen Unterschied zwischen 
den Prätoren des Senats und des Kaisers macht, als wären die leztem 
gefährlicher, das heisst blutdürstiger gewesen. Dafür weiss ich keine 
Beispiele anzuführen. Ueberhaupt giebt es keine Beispiele, dass die 
Prätoren im ersten und zweiten Jahrhundert aus eignen oder dem An- 
triebe des Kaisers eine Verfolgung gegen die Christen begonnen hätten. 
Sie konnten höchstens gegen den Andrang des Pöbels und der Denun- 
cianten die Christen nicht schüzen. 

Wir haben oben gesagt, dass die Siebenmänner zu Cartagena an 
das Land gestiegen, und von da zu Land nach Acci gegangen seien. 
Florez lässt sie in der Nähe des Porta» magnusj in der Umgegend des 
heutigen Alm^ia oder zu Urci landen, wo sie etwa dreizehn Leguas, 
oder zwei massige Tagereisen nach Acci gehabt hätten. 

Eine Art Probe, dass sie von Cartagena her kamen, ist folgende. 
Li Acd kreuzten sich drei Hauptstrassen. Wer von Cartagena her 
kam, hatte links die Strasse über Acci, in welches er nicht eintrat, nach 
Urci und Malaga, rechts hatte er die Strasse nach Castulo, welche aber 
wenigstens in zwei, wenn nicht mehrere Strassen auseinanderlie£ Hier 
standen die Siebenmänner, und sie vertheilten sich. — Aber sie ver- 
theilten sich nicht nach drei, sondern nur nach zwei Richtungen. Nicht 
einen von den Sieben finden wir in der Bichtung von Basti oder 



1) Cajet Cenni, th antiquitate eccksiae Hi^tanae, Born, 1740 — 4i. — Diuert, I. 
C<q>, S(6). 



$. 1. Die Siebenmänner mit ihren sieben Städten, und die Stadt Rom. 207 

Gartagena. Warum dieses? Sie waren dieses Weges gekommen, — und 
sie wollten nicht rückwärts gehen. Auf diesem ganzen Wege von Gar- 
tagena nach Acei hatten sie nichts Einladendes gefunden, nichts, was 
ihre Schritte hätte hemmen können, und vollends hatte der trostlose 
und alle Kräfte erschöpfende Weg von Basti nach Acci ihnen die Lust 
genommen, diesen Weg noch einmal zu machen. Keiner von ihnen 
wollte zwischen sich und Acci, dem Mittelpunkte ihrer Wirksamkeit, 
eine trostlose Wüste in die Mitte sezen. Daher die Erscheinung, dass 
sie nicht nach drei, sondern nach zwei Richtungen in Acci auseinander 
giengen. Will man aber sagen, dass sie nicht nach zwei, sondern nach 
drei Weltgegenden von Acci auseinander giengen, weil Gäcilius in west- 
licher Richtung nach Elvira gieng, so muss es an sich umsomehr auf- 
fallen, dass von den sechs Gefährten des Torquatus drei südlich, zwei 
nördlich, einer westlich, und keiner östlich gieng. Es gieng aber keiner 
nach Osten, weil die Sieben sämmtlich von Osten, von Gartagena-Basti 
hergekommen waren, weil man überhaupt vorwärts, und ohne dringen- 
den Grund nicht zurückgeht. 

Wären ^sie von Südosten , auf der Strasse von Abla hergekommen, 
— so hätten sie sich nach Osten, nach Norden und Westen vertheilt; 
und vielleicht keiner wäre mehr zurück nach Abla oder Urci geigangen. 

Gott machte durch ein Wunder Acci zum Mittelpunkte der ersten 
Kirche Spaniens. Dieser Mittelpunkt aber konnte seinen Beruf um so 
genauer und folgenreicher erfüllen, je leichter ihm die Verbindung mit 
dem Mittelpunkte der Einheit, mit der römischen Kirche, war, von 
welcher aus die Gemeinde Spaniens gegründet wurde. — Hier ruhen 
noch Geheimnisse der Kirchengeschichte der ersten Jahrhunderte; noch 
sind nicht die zahllosen Mittel und Wege des Verkehres nachgewiesen, 
zwischen der römischen Kirche und den Einzelkirchen, zwischen dem 
Haupte und den Gliedern. Gewiss aber ist, dass die Verbindung der 
römischen Kirche mit den Töchterkirchen des Abendlandes in den ersten 
Jahrhunderten viel enger und inniger waren, als wir bis jezt ahnen 
oder glauben. 

Die Stadt Acci aber war unter den im Binnenlande gelegenen Städten 
Spaniens, wie kaum eine andere Stadt, gelegen, um einen leichten und 
beständigen Verkehr mit Rom zu unterhalten. Jedenfalls war der Ver- 
kehr von den erwähnten vier grossem Städten des Binnenlandes von 
Südspanien mit Rom viel schwieriger und zeitraubender, als von Acci 
aus. — Es war durchaus nicht noth wendig, den weiten Landweg von fünf 
Tagereisen nach Gartagena zu machen, und dort das Schiff zu besteigen, 
obgleich die Strasse selbst eine der belebtesten, darum am besten erhaltenen 
in Spanien war, da Güter und Menschen sowohl von Gartagena her, als 
von Tarraco herunter dieses Weges zogen. Nein, der heilige Torquatus, 
das Haupt der Siebenmänner, hatte diese Verbindung — bequemer und 
schneller eingerichtet. Der Ghrist, der Bischof, Priester oder Laie, der 



206 Zweites Buch. Dreiselmtea KapiteL 

Ton Acd nach Rom reisen wollte , kam am ersten Tage nach Abla, und 
ÜBOid hier den heiligen Secundus; am zweiten Tage kam er nach ürci, 
mid fand hier den Bischof Indaletius, oder nach Beria-Abdera, und 
iand hier den Ctesiphon. Von allen Küstenstädten war beständig Ge- 
legenheit gegeben ; zur See, sei es nach Malaga und Cadiz, sei es nach 
Gartagena, zu reisen. Wer schnell nach Rom gelangen wollte , der 
konnte auf einem kleinen Schiffe in wenigen Stunden nach Cartagena 
gelangen. Wenn man, wie Plinius, ein Zeitgenosse der Siebenmänner 
es bezeugt^ in vier Tagen von dem diesseitigen Spanien , also auch von 
Cartagena y nach Rom gelangen konnte , so ist es nicht übertrieben, zu 
sagen, dass man in wenigen Stunden yon Urci nach Cartagena segeln 
konnte. — In Cartagena gab es stets Schiffigelegenheiten nach Rom ^). 
Auf , diesem Wege konnte man bequem in einer Woche yon Acci nach 
Rom gelangen. Ebenso bot sich auf der Rückreise dieser Weg dar. Er 
war an sich bequemer und kürzer, und war für jeden Christen einladen- 
der, weil er auf diesem Wege wenigstens zwei der Siebenmänner und 
die von ihnen gestifteten Gemeinden traf. 

Wenn die göttliche Weisheit ihre Wege geht, hat sie auch alle 
Regeln menschlicher Klugheit vollzogen. Sie hat für den besten Zweck 
die besten Mittel ausgewählt 

§. 2. Der heilige Torquatus in der Mitte seiner sechs 

Mitarbeiter. 

Auch an sich war Acci — für die neuen Gemeinden, welche die 
Siebenmänner in Spanien gründeten, ein vortrefflicher Mittelpunkt, denn 
die besten Strassen verbanden die sechs Städte mit der siebenten. Nach 
Urci zog die grosse Heeresstrasse von Castulo gen Malaga, von der die 
Strasse von Acci nach Urci ein Theil ist. Eben diese Strasse verband Abla 
mit Acci, während die Strasse von Abla nach Berja uns weniger bekannt 
ist. Cäcilius von Elvira stand mit Acci in naher und unmittelbarer Ver- 
bindung. Esitius in Cazorla befand sich an einer der grossen Strassen, 
die Castulo mit Acci verbanden. Euphrasius von Illiturgi, der drei 
Tagereisen von Acci entfernt war, stand durch wenigstens drei grosse 
Strassen in Verbindung mit Acci. 

Ferner — von den sechs Apostelschülern hatten drei nur eine Tage- 
reise nach Acci; nemlich von Abla, Elvira und Cazorla; zwei hatten 
zwei Tagereisen, nemlich von Urci und Berja, einer hatte drei Tage- 
reisen, nemlich von Illiturgi. — Wie bequem, wie Jeicht war es also 
für die Sieben, in Acci, als ihrem Mittelpunkte, und dem einzig be- 
quemen Orte der Vereinigung, zusammenzukommen, und die gemein- 



1) Strabo, 3, 158. 



_ $. 2. Der heil. Torqoatus in der Mitte seiner sechs Mitarbeiter. 209 

samen Angelegenheiten der jungen Kirche Spaniens zu berathen? Von 
seiner Mitte aus aber leitete S. Torquatus seine Gefährten^ und erhielt 
das Ganze in erwünschter Einheit 

Die Landstrecke, über welche die Siebenmänner sich verbreiteten, 
hatte eine Länge von etwa fünf Tagereisen, von Urci an bis lUiturgi 
gerechnet, eine Breite aber von drei Tagereisen, von Berja an bis — 
Cazorla. 

Wenn man nördlich sich auf den grossen Knotenpunkt des Strassen- 
nezes stellte, das hier sich einigte und trennte, und wenn man von 
Cartagena hergekommen war, so lief nur eine Strasse in die Stadt und 
durch sie hindurch, nach Nordwesten, Norden und Westen aber liefen 
mehrere Strassen auseinander. Von den sechs Begleitern des Torquatus 
giengen drei den Weg nach Süden und Südosten, Secundus, Indaletius 
und Ctesiphon, drei giengen den Weg nach Nordwesten, diese drei aber 
so getrennt, dass der eine direct nach Norden — Esitius von Cazorla 
— der zweite direct nach Westen — Cäcilius nach Elvira, der dritte 
nur direct nach Nordwesten — Euphrasius nach Illiturgi ««og. — Die 
Sechs haben sich in zwei gleiche Hälften getheilt , tmd sind ihres Wegs 
gezogen. 

Den Dreien, die nach Süden zogen, war ein viel kleinerer Raum 
der Ausbreitung gegeben; dem weiteren Fortschreiten trat hemmend das 
Meer entgegen. Vielleicht aber war bei dieser gleichen Vertheilung auf 
sehr ungleichen Raum — auch der freie und leichtere Verkehr mit Rom 
in das Gewicht gefallen. — Diese Strasse musste um alles geebnet und 
offen gehalten werden. — Sollte jemand meinen, dass diese Auseinan- 
dersezung und Zusammenstellung allzu gesucht sei, so bin ich im Stande, 
zu zeigen, dass man auch im alten Acci die Sache so auffasste. Die 
spärlichen „aber sichern Nachrichten" über die Siebenmänner sind offen- 
bar von Acci ausgegangen. — Die Präfation ihres Festes vom 1. Mai 
weist auf Acci hin, — in der es heisst: in der Nähe „dieser Stadt*^ ist 
die Brücke auf den Wink Gottes zusammengestürzt. 

Nun beachte man die Reihenfolge, in welcher die Namen der sechs 
Begleiter des Torquatus in allen Martyrologien , und in der mozarabi- 
schen Liturgie aufgeführt werden. Li dem romischen Martyrologium 
des Baronius folgen sie: 

Torquatus: 

1) Ctesiphon 4) Cäcilius 

2) Secundus 5) Hesychius 

3) Lidaletius 6) ^Euphrasius. 

Dann konmien sie zum zweitenmale — mit Angabe ihrer Städte, 
g^enau, also mit Vorbedacht, und nicht aus Zufall, in derselben Reihen- 
folge. 

Gam«, span« Kirche. 14 



210 Zweites Buch. Dreizehntes Kapitel. ' 

In dem sogenannten Itomanum parvumy das dem Ado vorangedmekt 
ist, stehen sie in folgender Ordnung: 

Torquatus: 

1) Ctesiphon 4) Cäcilius 

2) Secundus 5) Esicras 

3) Indaletius 6) Euphrasius. 

In dem sogenannten Martyrolog des HIeronymus, das dem „Komi- 
schen Kleinen^ sehr ähnlich ist, kommen die Namen der Siebenmänner 
nicht vor, was wiederholt ein Beweis dafür ist, dass die Namen der 
Siebenmänner aus der spanischen Liturgie — in die Verzeichnisse der 
andern Kirchen gekommen sind. 

In dem Martjrologium des Ado von Vienne folgen sich die Sieben 
also: 

Torquatus: 

1) Ctesiphon 4) Cäcilius 

2) Secundus 5) Esitius 

3) Indaledus 6) Euphrasius. 

Zimi zweitenmale, wo ihre Städte aufgeführt werden, stehen sie in 
derselben Ordnung. 

In dem Martyrologium des Usuardus stehen die Siebenmänner in 
folgender Ordnung : 

Torquatus: 

1) Tesifons 4) Cecilius 

2) SecunduB 6) Esidus 

3) Indaledus 6) Eufirasius. 

Zum zweitenmale, da ihre Städte aufgeführt werden, stehen sie 
wieder genau in derselben Ordnung, 

In dem Officium der mozarabischen Liturgie stehen sie, und zwar 
in dem Elapitel der Vesper und Landes, in folgender Ordnung: 

Torquatus: 

1) Secundus 4) Euphrasius 

2) Indaletius 5) Cäcilius 

3) Tesiphon 6) Hesychius. 

In der zweiten Oratio der Messe des Festes der Siebenmänner ist 
die folgende Ordnung eingehalten: 

Torquatus: 

1) Secundus 4) Eufrasius 

2) Indaletius 5) Celicius (statt Cedlius) 

3) Tesefon 6) Esicius. 

In der Inlatio oder in der Präfatio des Festes folgen die Sieben 
also: Torquatus: 

1) Secundus 4) Eufrasius 

2) Indaletius 5) Cedlius 

3) Tisifons 6) Esidus. 



J. 2. Der heil. Torquatus in der Mitte seiner sechs Mitarbeiter. 211 

Endlich in der Vita 8, Tarquati et »oeiarum ^ub aus dem LecHüna'' 
rium Camplutense (Florez 3, 380. Append. IL) findet man nachfolgende 
Ordnung: 

Torquatus: 

1) Secundus 4) Eufrasius 

2) Indalecius 5) Cäcilius 

3) Tisefons 6) Isicius. 

Dann kommen sie zum zweitenmale in derselben Vita mit Angabe 
der Städte 9 in welchen sie geruhet: 

Torquatus-Acci: 

1) Tisefons Bergi 4) CäciUus EUberri 

2) Secundus Abulä 5) Isicius Carcesae 

3) Inddetius Urci 6) Euphrasius Eliturgi. 

Nur zweimal wird — in der Aufstellung der Namen der Sieben- 
männer ^ von der gewohnten Ordnung ihrer Namen abgegangen. Aber 
diese Ausnahme von der Regel bestätigt die Regel selbst; sie zeigt^ 
dass nicht Zufall und Willkühr, sondern Plan und Vorbedacht die obige 
Ordnung in der Nennung der Namen geschaffen hat. — Zuerst wird 
abgewichen von der Regel in dem vielfach genannten Festhymnus der 
Heiligen y welcher hierin lautet: 

• Torquatus: 

1) TeslFons 4) Sive Sectmdm 

2) Atque Hirieiua 5) Juneti Eufrasio 

3) Hie IndaUdm 6) CweiUogue Hint, 

Die Abweichung, es ist offenbar, wurde dem Verse zu Liebe beliebt, 
und hat eben darin ihre spezielle Berechtigung. 

Die zweite Abweichung findet sich in den Capitula der Landes, wo 
die einzelnen Tugenden und Gnaden aufgezählt werden, in deren Besiz 
die einzelnen der Siebenmännej die Bittenden durch ihre Fürbitte sezen 
mögen. Torquatus ist hier der erste , Cäcilius muss aber der lezte sejn, 
weil er an den Himmel erinnert, als Ende aller Kämpfe und Lohn aller 
Tugenden, und er ist auch der lezte. Tisifons ist der zweite, er erinnert 
an die fons vitae, an des Lebens Quelle; der dritte ist Isicius, der die 
Verbrechen sühnen soll; der vierte ist Indalecius, der gute Werke richten 
soll; es folgt Secundus, der an die zweite Ankunft Christi mahnen soll; 
Eu&asius mahnet an den Strom der vier Evangelien, und Cäcilius möge 
den Himmel gewähren. 

Aber auch bei dieser Abweichung von der Regel — wird man wie- 
der eine Regel finden. ^- Im Hymnus sowohl als in diesen paränetischen 
Capitula sind die Namen in gleicher Ordnung genannt, obgleich man 
in lezterem Falle erwarten sollte ^ dass Eufrasius jeden&lls vor Secundus 
stehen sollte. 

14* 



^ 



212 Zweites Bach. Dreizehntefl Kapitel. 

Uebersehen wir die obige Aufstellung, so treten uns drei Ordnungen 
der sieben Namen entgegen. Die erste — ist die eben genannte, welche 
nicht maassgebend seyn kann, da jedenfalls der Festhymnus viel spätem 
Ursprunges ist, als das Fest der Heiligen selbst, und vielleicht erst aus 
dem siebenten, frühestens aus dem Anfange des fünften Jahrhunderts 
stanmit. 

Zu beachten sind nur die zwei andern Reihenfolgen. Die älteste 
und maassgebende ist die aus dem Officium selbst, besonders die aus 
der Festmesse. Die zweite Ordnung ist die der Lectionarien und Mar- 
tjrrologien. — Hier finden sich die Namen in dem alten spanischen 
Lectionarium in doppelter Folge geschrieben; das zweite Mal so, wie 
sie in der mozarabischen Messe vorkommen. — Die erste Reihenfolge 
aber ist in das älteste aller Martyrologien, das römische kleine M., in 
das römische M. des Baronius, in die M. des Ado und des Usuard 
übergegangen. 

Wir haben eine doppelte Reihenfolge der sechs Namen — denn 
Torquatus steht überall als der erste, in den spanischen gottesdienstlichen 
Büchern. Aber man wird leicht bemerken, dass sich die Abwechslung, 
die doppelte Reihenfolge der Namen nicht auf alle sechs zumal, sondern 
nur auf die erste Hälfte für sich, und wieder auf die zweite Hälfte für 
sich, erstreckt. Einer der drei Siebenmänner, welche — nach unserer 
Darstellung — südöstlich von Acci ihre Size hatten, stftet niemals als 
der vierte in der Ordnung. Einer der drei Siebenmänner, welche — 
nach unserer Darstellung — nordwestlich von Acci ihre Size hatten, 
stehet niemals als der dritte in der Reihenfolge. Die beiden Hälften 
der Sechs werden scharf und constant auseinandergehalten. Die Namen 
der ersten Hälfte wechseln wohl unter sich, aber sie wechseln niemals 
mit den Namen der zweiten Hälfte. 

Secundus und Ctesiphon wechseln als der erste und der zweite. In- 
daletius und Ctesiphon wechseln als der zweite und dritte. — Ebenso 
in der zweiten nordwestlichen Hälfte ist Euphrasius jezt der vierte, jezt 
der sechste; Cedlius ist das einemal der vierte, das anderemal der fünfte; 
Esicius ist jezt der fünfte, jezt der sechste ; aber keiner kommt über den 
vierten, während bei der südöstlichen Hälfte keiner unter den dritten der 
Reihenfolge nach herabsteigt. 

Dieser Aufzählung muss ein Gesez zu Grunde liegen; vielleicht ist 
es nur ein einfaches Gesez des Gedächtsnisses , wie die deutsche Psycho- 
logie ^ich ausdrückt, ein Gesez der Ideen -Association. Personen und 
Dinge, welche im Räume neben einander stehen, werden ebenso im Ge- 
dächtnisse niedergelegt und aufbewahrt. — Es War leichter, die sechs 
Namen zu merken und auszusprechen — für den besonders, der in Acci 
wohnte — wenn zuerst die drei südöstlichen, dann die drei nordwestlichen 
Namen ausgesprochen werden. Die Namen der Personen haften leichter 



$. 2. Der heil. Torquatus in der Mitte seiner sechs Mitarbeiter. 213 

V 

Im Gedächtnisse 9 wenn sie mit den Ortsnamen | deren Lage man kennte 
▼erbunden werden. 

Im Grunde habe ich mich in der Reihenfolge — der Siebenmänner 
und ihrer Städte von demselben Geseze leiten lassen; ausgehend von 
Abula — südöstlich von Acci — bin ich übergegangen zu Urci, von 
da nach Berja, hierauf nach dem nähern Elvira- Granada , von hier zu 
Uliturgi; und über Cazorla bin ich gleichsam nach Acci zurückgekehrt. — 
Wollte aber jemand höhere ^ denn blosse Gründe des Gedächtnisses, in 
der Festhaltung dieser Reihenfolge suchen , so möchte ich ihm nicht 
widersprechen, wenn er glaubte, dass die drei südöstlichen Siebenmänner 
zuerst genannt worden seien, wegen ihres relativ hohem Alters, oder 
vielleicht — weil sie auf der Rom zugewendeten Seite wohnten. In 
duhiis libert<z8 — in zweifelhaften Dingen die Freiheit. 

Diese Zusammen- und Entgegenstellung aber ist insofern eine 
Art Probe für die thatsächliche Lage der Städte der Siebenmänner, 
wie wir dieselbe darstellen zu sollen glaubten. — Urci ist seiner Lage 
nach am bekanntesten. Also darf man supponiren, dass auch das Abula 
des Secundus und das Berja des Ctesiphon in südöstlicher Richtung von 
Acci zu suchen ist. Die Lage von Elvira und von Uliturgi ist genau 
bekannt. Also darf man annehmen, dass auch die Lage des unbe- 
kannten Carcesa oder Carcera in nordwestlicher Richtung von Acci zu 
suchen sei. 

Femer: ,die Lage von Urci, Elvira, Uliturgi ist bekannt; diese 
Städte lagen alle nahe bei Acci. Also darf man, ohne einen unanfecht- 
baren Grund, bei der Aufsuchung der Lage der übrigen drei weniger 
bekannten Städte — sich nicht allzu weit von Acci entfernen. Je näher, 
desto besser. Darum, will man die Lage von Carcesa suchen, so darf 
man sich nicht ohne zwingenden Grund bis zur Meerenge von Gibraltar 
verlieren. Will man die Lage von Vergium oder Bergi finden, so darf 
man sich nicht ohne Grund nach Asturien oder an den Fuss der Pyre- 
näen, in das Baskenland, verirren. Will man die Lage von Abula 
finden, so soll man erst fragen, ob Avila in Altcastilen nicht dieses 
Abula sei , wenn man keinen Ort dieses Namens in Südostspanien finden 
kann. 

Ferner — mit dem Beweise des Vorhandenseyns heiliger Leiber 
an einem Orte , und der dadurch gewirkten Wunder soll man vorsichtig 
und zurückhaltend seyn. Denn geschichtliche Thatsachen werden aus 
sichern geschichtlichen Quellen erwiesen; und diese Quellen, so sie ein- 
mal geöffnet sind, fliessen durch alle Jahrhunderte. — Spanien selbst 
aber, das gegenwärtige, giebt uns ein trauriges Beispiel, wie die Ver- * 
ehrung von Reliquien und heiligen Orten untergehen kann. Wer weiss 
oder beachtet heute noch in Spanien, ob oder wo die Leiber der apo- 
stolischen Siebenmänner mhen? — Die Spanier haben im neunzehnten 



214 Zwekes Bneh. Dreizehntes Kapitel. Der heil. Torquatus etc. 

Jahrhuad^ ihren Patron, den Apostel Jaoobus, vergessen. Die Wall- 
fahrten nach Santiago haben aufgehört; und wenige Spanier künunern 
sich darum y ob dort der wirkliche, oder nur der angebliche Leib Ja- 
cobus des Aeltem ruhe. Wie viel mehr sind Indaletius in dem zer- 
fallenen San Juan de la Penna, Eufrasius in dem zerfallenen Samos, 
Torquatus in der zerfallenen Cellanova vergraben und vergessen, wenn 
ihre Leiber überhaupt jemals dort geruhet haben ^) ! 



I) Franz Lbrinser war selbst in Santiago am 24. Jali 1857, dem Feste des hei- 
ligen Jacobns, und er beriehtet, wie miserabel das heutige Spanien das Fest 
seines (ehemaligen?) Apostels feiert — S. Franz Lorinser, Reiseskizzen aus 
Spanien, Bd. 3 (1858), S. 304. Von dem alten Glänze ist kaum noch ein 
Schatten übrig, — S. 312. Ich habe mehr Schaulust als Andacht wahrge- 
nommen. — 8. 320. Die vielen Beichtstühle waren ganz leer u. s. w. 



Vierzehntes Kapitel. 

Die angebliche Tradition der Sendung von sieben Bischöfen 
ans Rom nach Gallien ist eine *— Fiction. 

Um die Tradition der spanischen Kirche — von der Sendung der 
^,Septemviri apoBtolid^ von Rom nach Spanien zu entwerthen^ oder zu 
vrideriegen, beruft man sich auf die ähnliche Tradition der alten galli- 
canischen Kirche. 

Wie die Kirche von Frankreich , sagt Tillemont, Nachfolger des 
heiligen Petrus — in einer einzigen Sendung sieben seiner ersten Bi- 
schöfe empfangen zu haben glaubt , also glaubt die Kirche von Spanien 
dieselbe Gunst empfangen zu haben , aber von den Aposteln Petrus und 
Paulus selbst *J. — Unrecht aber hat Tillemont in zwei Hauptpunkten. 
Er behauptet, dass der Festhymnus der Siebenmänner , und die Marty- 
rologien des neunten Jahrhunderts die wichtigsten Quellen für die Ge- 
schichte der Siebenmänner Spaniens seien. Diess sind vielmehr abge- 
leitete Quellen. Die erste Quelle ist die mozarabische Messe und das 
Officium der Sieben, und dieses reicht in die ersten Jahrhunderte der 
Kirche Spaniens zurück. — Es ist unbillig von Tillemont, zu sagen, 
dass er nicht für die Wahrheit von Ereignissen verantwortlich seyn 
möchte, welche man in solchen Documenten finde, und dass man darum 
über die Geschichte dieser spanischen Heiligen nichts besize, was man 
für zuverlässig halten könne. Man kann höchstens zu seiner Entschul- 
digung sagen, dass am Ende des siebenzehnten Jahrhunderts die alt- 
spanische Liturgie noch nicht so in Europa bekannt war, dass sie als 
Quelle für historische Forschungen gebraucht wurde, oder — werden 
konnte. — Ebenso hat er Unrecht in seiner Vergleichung, vielmehr 
Gleichstellung der spanischen und der angeblich französischen Tradition. 
Denn die ganze französische Tradition stüzt sich auf einen bewussten 



*) Tiliemontf m^moirea, i, 200 — 201, On n*a rien de Fkistoire de ces ßamtSf qiion 
puisse dxre eaire tout ä /aü certain. 



216 Zweites Buch. Vierzehntefl Kapitel. 

oder unbewussten Irrthum Gregorys von Tours. Er sagt nemlich, dass 
zur Zeit des Kaisers Deeius — um 250 n, Chr. — sieben Männer zu Bischöfen 
geweiht, und zur Predigt des Evangeliums nach Gallien gesendet wurden, 
„wie die Geschichte der Passio des seligen Märtyrers Saturnin erzählt*'. 
Diese sagt nemlich: „Unter den Consuln Deeius und Gratus empfieng, 
wie es in treuer Erinnerung festgehalten wird, die Stadt Tolosa den 
Satumin als ihren ersten und grössten Bischof.^ Folgende Bischöfe aber 
wurden nach Gallien geschickt: Catianus nach Tours, Trophimus nach 
Arles, Paulus nach Narbonne, Satuminus nach Toulouse, Dionysius nach 
Paris, Stremonius nach Auvergne (Clermont), und Martialis nach Limoges^). 

Diess erzählt Gregor von Tours. Dazu bemerkt Ruinart, der Her- 
ausgeber sowohl des Gregor, als der „ächten Akten der Märtyrer** — : 
die Akten des heiL'gen Satumin geben die Zeit seiner Sendung nach 
Gallien an : sie enthalten aber nichts über die übrigen hier Angeführten, 
deren Ankunft in Gallien Verschiedene zu verschiedenen Zeiten angeben. 
Gregorius jedoch, welcher glaubt, dass dieselben zu gleicher Zeit in 
Spanien angekommen seien, hat aus der bestimmten Zeitangabe, welche 
sich in den Akten des Saturnin befindet, auch auf die Zeit (der Ankunft) 
der üebrigen geschlossen. 

Dass dem Gregor von Tours die ächten Martyrerakten des Satumin 
vorgelegen haben, darüber kann niemand zweifeln, der beachtet, dass 
er den Saz „Unter den Consuln Deeius und Gratus^, den wir oben an- 
geführt, ohne Veränderung eines Wortes aus den Akten Satumin's auf- 
genommen hat. — Entweder hat sich Gregor nun geirrt, oder er hat 
sich irren wollen, oder — er ist missverstanden worden. Ich glaHibe, 
dass man das Leztere annehmen dürfe. Er hat nur eine Stelle aus den 
Akten Satuminus angeführt, und das Uebrige aus sich hinzugethan, indem 
er — und darin allerdmgs lag ein Irrthum, folgerte, weil Satumin um 
das J. 250 nach Gallien kam, kamen auch die Üebrigen um diese Zeit^). 
. Von dem Einen und Andem dürfte man behaupten, dass er früher 
nach Gallien kam. Um das J. 250 war der Novatianer Marcian Bischof 
von Arles, es musste also der heilige Trophimus, welcher als Apostel 
von Arles gilt, bedeutend früher daselbst gewirkt haben, und Gregor 
von Tours thut ihm und den Arelatensem Unrecht, dass er ihren Apo- 
stel in so späte Zeit sezt. 



Gregor. S, Historia Francorumj l. Ij 28* — ed, Ruinart — Grogor's von Tours 
kirchliche Geschichte der Franken, in zehn Büchern, "Würzburg 1849, 1,28. — 
Zehn Bücher Fränkischer Geschichte vom Bischof Gregorius von Tours, über- 
sezt von Wilhelm Giesebrecbt, 1. Bd. — Berlin 1851, S. 27. 

') Ebenso W. Giesebrecbt a. a. O. S. 27. — »Dass zugleich noch sechs andere 
Bischöfe nach Gallien gesandt seien, findet sich weder dort, noch in andern 
Quellen.« S. Ruinarty acta Mart sine. Ratisb. 1859, p. 177—78. Tillemoniy 4, 710 
II est bien plus naturel de croire, qu'il dit d'une manih-e obscure et confuse en un 
endroitf ce quHl dit plus clairement en cTautres, 



Die angebliche Tradition der Sendung von sieben Bischöfen etc< 217 

Den französischen Historikern der neuem Zeit kann man kaum den 
Vorwurf machen, dass sie in dieser Frage — sich grossen Illusionen 
hingegeben haben. Tillemont nimmt keinen Anstand, zuzugestehen, dass 
Saturnin nach Toulouse erst um das J. 250, oder etwas früher gekom- 
men, dass Trophimus erst 254, nach Absezung des Marcian, Bischof 
von Arles geworden, oder höchstens dessen nächster Vorgänger ge- 
wesen, dass Paulus von Narbonne gegen das J. 250 nach Frankreich 
gekommen, dass um dieselbe Zeit Martialis nach Limoges gekonmien, 
dass Dionysius von Paris — nicht Dionysius der Areopagite sei, u. s. w. ') 

— Natalis Alexander polemisirt gegen Gregor von Tours, weil er 
(P. N. Alex.) Dionysius den Areopagiten noch als ersten Bischof von 
Paris mit aller Kraft erhalten wollte ^). — Der Mauriner Massuet drückt 
sich zu der bekannten Stelle des Irenäus — über die Verbreitung des 
Christenthumes in Gallien und Frankreich — dahin aus, dass nach Irenäus 
das Christenthum in Gallien beinahe erloschen sei, worauf es um das 
J. 250 wieder habe verkündigt werden müssen *) , — was mir allzuviel 
eingeräumt zu seyn scheint. 

Diess aber kann man in keiner Weise behaupten, es sei Tradition 
der französischen Ejrchen gewesen, dass ihnen von Bom zumal sieb^i 
Bischöfe zugeschickt worden seien, und vollends gar von den Aposteln 
Petrus und Paulus. Eine zufällig hingeworfene Bemerkung Gregor's 
von Tours, mit einem Citate, welches nicht beweiset, was es beweisen 
will, kann man keine Tradition heissen. Niemand vor Gregor von 
Tours hat etwas Aehnliches gesagt. 

Es ist nicht erlaubt, die spanische Tradition desswegen zu verwerfen, 
weil die entsprechendc^französische — keine Tradition ist. Gregor von 
Tours ist bekannt mit der Geschichte der spanischen Kirche. Er kommt 
wiederholt darauf zu sprechen. Er mag irgendwo den Bericht über die 
Siebenmänner Spaniens gelesen haben, und — es scheint ihm , dass man 
in Rom ebenso für Frankreich, wie für Spanien gesorgt habe, oder 
haben sollte. — Die Zahl der Sieben fand sich leicht, — Arles, Tours, 
Toulouse, Auvergne, die geliebte Heimath, Paris, Limoges , Narbonne 

— waren die auserwählten Städte. Den Beweis aber für diese Sendung 
ist Gregor schuldig geblieben. 

Was die Tradition anbelangt, stehet die spanische Earche einzig im 
Morgen- und im Abendlande da. Nicht Afrika, nicht Gallien, nicht ein 
anderes Land kann mit Spanien verglichen werden. Der Anlass und 
Anstoss aber zu dieser Bevorzugung war — kein anderer, als die Reise 
des Apostels Paulus nach Spanien. 



■) Tiüemont, mämoires, 4, 439 sq. 442 sq. 710 sq. 

') Natalis Alexandri H. ecc. saecuU ly diss. 16. — ^fde praedtcadonis eoangeUcae in 

GaUia exordio**, 
») 8. Buch 3, Kap. 1. 



, Fünfzehntes Kapitel 

Der Zusammenhang der Reise des Apostels Paulns nach 
Spanien mit der Sendung der sieben Apostelsehfller. 

Die Sendung der sieben Bischöfe von Rom nach Spanien — er- 
scheint dem befangenen Blicke glaubwürdiger, wenn man sie in das 
zweite oder dritte Jahrhundert, unglaubwürdiger, weil man sie in das 
erste Jahrhundert sezt Dem umsichtigen und prüfenden Blicke aber 
kann es nicht entgehen, dass diese Sendung mit der Reise des Apostels 
Paulus nach Spanien auf das innigste zusammenhänge und ohne sie nicht 
leicht erklärt werden könnte. 

Im ersten Buche dieses Werkes wurden drei Beweisgründe auf- 
geführt für das Weilen des Völkerlehrers in Spanien. — In diesem 
zweiten Buch schliesst sich ihnen noch das vierte Beweismoment an: — 
die Gegenwart der Siebenmänner in Spanien sezt die Gegenwart des 
Apostels Paulus voraus. 

Die römische Kirche hatte allerdings den Beruf, das Christenthum 
überall, besonders im Abendlande, zu verbreiten. — Der Papst Inno- 
zenz I. hatte wohl Recht, zu sagen, dass „in ganz Italien, Gallien, 
Spanien, Afrika, Sicilien und den in der Mitte liegenden Inseln niemand 
Kirchen gegründet habe, als diejenigen, welche der ehrwürdige Apostel 
Petrus und seine Nachfolger zu Bischöfen ausgewählt habe. Oder sie 
sollen es lesen, ob es sich finde, dass in diesen Provinzen ein anderer 
Apostel gelehrt habe , oder gelehrt haben solle. Wenn sie es aber nicht 
lesen, weil sie es nirgends finden, so müssen sie den Ueberlieferungen 
der römischen Kirche folgen, von welcher sie ohne Zweifel den Ur- 
sprung genommen haben. ^ 

Allein — die Gründung der Kirche Spaniens gieng doch zunächst 
von dem Apostel Paulus aus; er gab den Anstoss dazu, und er legte 
die Fortführung und die Erhaltung des Werkes in die Hand des Petrus 
und seiner Nachfolger. — Wäre Paulus nicht nach Spanien gekommen, 



Der ZiiBammenhang der Reise des Apostels Paulos nach Spanien etc. 219 

so wl&re das Ohristenthum dennoch nach Spanien , aber wohl später , ge^ 
kommen. Es wären dann gewiss die Siebenmänner nicht nach Spanien 
gesendet worden, und die Verbindung der spanischen Earche mit der 
römischen Kirche von Anfang an nicht so enge gewesen. Das Christen- 
thum kam von Rom nach Carthago und nach Afrika , wohl schon im 
ersten Jahrhunderte. Aber diejenigen werden nicht genaniit, welche es 
dahin gebracht haben'), vielleicht — weil sie keine direct von Rom 
gesendeten Bischöfe waren. Das Christenthum kam von Rom nach 
Gallien, aber wir wissen nicht gewiss, ob diejenigen, welche als erste 
Bischöfe Galliens genannt werden, auf eigene Anregung der römischen 
Bischöfe gesendet wurden. Allem Anscheine nach kamen sie vereinzelt 
und 2u verschiedenen Zeiten. — Wer das Christenthum nach Sardinien, 
Corsika und nach den Balearen gebracht habe, ist unbekannt. Die 
Christen dieser Inseln aber denken zunächst an den Apostel Paulus, 
und meinen, er könnte auf dem Wege nach Spanien sich bei ihnen auf- 
gehalten haben. 

Wer das Christenthum zuerst nach Britannien gebracht habe, ist 
nicht bekannt. Wahrscheinlicher mag es gefunden werden, dass es von 
Spanien oder Gallien dahin kam; jedenfalls kam es über Gallien, und 
später, als nach Gallien, dahin. 

Palladius und Patricius werden als Apostel der Schotten und der 
Irländer gerühmt, sie wurden von Rom aus in ihrer Sendung bestätigt, 
aber nicht direct gesendet. — Die Angeln und Sachsen eroberten um . 
das J. 450 das vormals römische Britannien, und an 150 Jahre herrschte 
hier wieder das Heidenthum, nachdem das Land etwa 150 Jahre christ- 
lich gewesen war. — Erst in dem J. 696 wurde der Mönch Augustin 
mit seinen Gefährten nach England gesendet. Diess ist das einzige Bei- 
spiel, dass direct und ohne Anstoss von aussen eine Anzahl von Missio- 
nären von Rom aus in ein Land gesendet wurde. — Aber von Leo I. 
bis Gregor I. hatten viele Päpste regiert, und keiner hatte zuvor ge- 
than, was Gregor L schon zu thun beschlossen hatte, bevor er Papst 
geworden, an der Bekehrung der Angelsachsen zu arbeiten. 

Dass es ein deutsches Land und Volk gebe, das war in Rom nie- 
mand unbekannt. Es wurden aber keine Bischöfe, keine Glaubensboten 
von Rom nach Deutschland gesendet. Man wartete in Rom auf die 
angelsächsischen Missionäre; der deutsche Apostel Bonifacius wurde wohl 
von Rom aus bestätigt und bestärkt, aber er ist* von England ausge- 
gangen. Die Völker, welche nördlich und östlich von Deutschland 
wohnen, die Dänen, Norweger, Schweden, die in Deutschland wohnen- 
den Slavenstämme, die alten heidnischen Preussen, die Böhmen und 
Mähren, die Polen und Russen, die Magyaren, Earanthaner, Croaten, 



') MorceÜi, Africa chrtstiana, 1, 42, 



220 Zweites Baeb. Fünfaehntes Kapitel. 

Slayoni^y die Bulgaren , sind nicht durch direct und ohne äussern An- 
stoss aus Rom gesendete Missionäre bekehrt worden. 

Aber — wozu diess Alles? — Um zu zeigen, dass — wenn die 
Geschichte uns die Sendung von sieben Missionsbischöfen von Rom nach 
Spanien berichtet, wir uns nicht mit dem allgemeinen Ausdrucke be- 
gnügen dürfen, dass die römische Kirche die Mission hatte, allen Völ- 
kern, besonders des Abendlandes, Glaubensboten zuzusenden, sie — als 
„die Vorsteherin des Liebesbundes^ der Christen, welcher mehr Kräfte 
und mehr Gnaden zu Theil wurden, weil sie mehr zu wirken hatte. — 
Diese Mission hatte die römische Earche zu aller Zeit; aber es fehlten 
ihr die Missionäre. Immer galt das Wort des Herrn: „Die Ernte ist 
gross, aber der Arbeiter sind es wenige, bittet also den Herrn der Ernte, 
damit er Arbeiter in seinen Weinberg sende**. — Man bedurfte eines 
bestimmten äussern Anstosses, und man bedurfte der Missionäre, um die 
grosse vom Herrn gegebene Mission zu erfüllen. 

Falsch wäre darum der Schluss: weil die Geschichte nichts davon 
erzählt, dass in der frühesten Zeit die römische Kirche gleichzeitig eine 
Anzahl Glaubensboten zu einem Volke des Abendlandes gesendet hat, 
so ist auch der Bericht der Spanier über die Sendung von sieben Mis- 
sionsbischöfen durch die Apostel von Rom aus — falsch. Vielmehr, da 
man die Ankunft dieser Männer als Thatsache anerkennen muss, so 
handelt es sich nur um das Wann und das Warum ihrer Sendung. Diese 
zwei Fragen werden aber durch eine Antwort erledigt. 

Was war der Anlass, dass von Rom sieben Männer nach Spanien 
zur Predigt gesendet worden, da etwas Aehnliches sonst von einem 
Lande nicht berichtet wird? Der Anlass und der Anstoss war der 
Apostel Paulus. Weil er nach Spanien, und in kein anderes Land des 
Abendlandes reiste, weil er seinet kurzen Wirksamkeit in Spanien eine 
dauernde Unterlage und Zukunft geben wollte, darum wurden auf seinen 
Antrieb die sieben Männer von Rom nach Spanien gesendet. — Die 
Sendung der Siebenmänner ist ein weiterer Beweis seines Aufenthaltes 
in Spanien; und seine Thätigkeit in Spanien erklärt allein die Sendung 
der Siebenmänner. Die eine Thatsache ergiebt sich aus der andern, 
und ruhet auf der andern. ^ 

Was waren aber dieses für Männer, die nach Spanien gesendet 
wurden? Es waren offenbar keine Männer, wie Paulus. — Es waren 
eben solche, wie man sie in den neugegründeten christlichen Gemein- 
den, besonders der römischen, finden konnte. Wir thun ihnen nicht 
Unrecht, wenn wir von ihrer geistigen Bildung uns bescheidene Vor- 
stellungen machen. Entweder musste Paulus auf die Sache ganz ver- 
zichten, oder sich mit der Auswahl von Männern begnügen, die mit 
gutem Willen eine entsprechende Thatkraft verbanden, die den Muth 
hatten, im Vertrauen auf die Hilfe Gottes sich selbst zum Opfer zu 
bringen. 



Der Zusammenhang der Reise des Apostels Paulus nach Spanien etc. 221 

Wenn es heisst, dass die Siebenmänner von den Aposteln nach 
Spanien gesendet worden, so müssen wir dieses wörtlich auffassen. Denn 
die Ausrede erklärt nicht, sondern verwirrt, dass sie von einem der auf 
Petrus folgenden Päpste seien gesendet worden. Im zweiten und im 
dritten Jahrhundert nach Christus hatte die römische Kirche nicht diesen 
mächtigen Antrieb dazu, wie im ersten; sie hatte keinen Paulus, der sie 
trieb. Niemand aber kann beweisen, oder auch nur wahrscheinlich 
machen, dass es im zweiten oder dritten Jahrhunderte mehr tüchtige 
Missionäre in Rom gegeben habe, als im ersten. — Wenn man uns 
also fragte, was war der Anlass, dass im zweiten oder dritten Jahr- 
hunderte Missionsbischöfe von Bom nach Spanien gesendet wurden, so 
wüssten wir eine spezielle Antwort nicht zu geben. Stellte man aber 
dieselbe Frage an uns — in Betreff des ersten JahrhundeiHs, so liegt 
die Antwort da — Paulus schickte sie, und veranlasste ihre Sendung^ 
er war, wie die BoUandisten sagen, Urheber, dass der heilige Petrus 
sie sendete. 

Wir haben deren Sendung und Ankunft in Spanien in die Jahre 
64 bis 70 nach Christus zu sezen. Weder der Brand von Rom im J. 64, 
noch die darauf folgende Christenverfolgung konnte ein Hindemiss dieser 
Sendung seyn. Im Gegentheil ist es wahrscheinlich, dass sie dadurch 
gefördert wurde. Man sagt, es werden nicht soviel Männer zur Hand 
gewesen seyn, dass man aus ihrer Zahl sieben Bischöfe nach Spanien 
hätte schicken können. Aber — waren denn im J. 80 n. Chr., oder 
im J. tOO mehr Männer vorhanden, als im J. 64? Wenn wir aber bis 
zum J. 150 herabgehen, ist dann die Sendung von sieben Bischöfen wahr- 
scheinlicher — an sich? Weiter aber dürfte man wohl nicht herabgehen^ 
da nach Tertullian vor dem Ende des zweiten Jahrhunderts alle Ge- 
biete Spaniens das Christenthum angenommen hatten. — Wer aber kann 
beweisen, oder wahrscheinlich machen, dass es im J. 150 eine grössere 
Anzahl von Glaubensboten, und einen mächtigem Anlass gab, dieselben 
nach Spanien zu senden, als im J. 64 n. Chr.? 

Bevor jemand diesen Beweis führt, verlangt es die historische Ge- 
wissenhaftigkeit, zuzugeben und anzunehmen, dass sieben Missions- 
bischöfe von den Aposteln Petrus und Paulus aus Rom nach Spanien 
gesendet worden sind. 



Sechszehntes Kapitel. 

Die Siebenmftnner wurden zu Rom von den Aposteln ordinirt. 

Das kleine römische Martyrologium , welches Ado mitgetheilt , so- 
wie das unter dem Namen des Hieronymus vorhandene — sind die 
ältesten Martyrologien. Bei ihnen müssen wir uns Raths erholen über 
die Bedeutung ^der Ordination durch die Apostel*', In dem römischen 
kleinen M. stehen zum 15. Mai die Worte: ;,Das Andenken des Torquatus, 
Ctesiphon, Secundus, Indaletius, Cäcilius, Esicius^ Euphrasius, welche 
zu Rom von den Aposteln ordinirt wurden *).^ Wann und wie die- 
selben in dieses Verzeichniss kamen, wissen wir nicht. Jedenfalls kamen 
ihre Namen von Spanien nach Rom. Denn dass sie von Rom ausge- 
gangen und gesandt wurden, gab ihnen noch keine Stelle unter den 
Heiligen. — Vorher mussten sie in Spanien ihr Leben in ihrem Berufe 
als Heilige geschlossen haben. Als ^jBekenner'^, nicht als Märtyrer — 
sind sie in diesem Verzeichnisse aufgeführt. Sie starben zu einer Zeit, 
wo es keine y oder noch keine Verfolgung der Christen in Spanien gab. 

In Rom (und später auch in Spanien) wurde ihr Fest vom 1. auf 
den 15. Mai verschoben, weil am 1. Mai das Fest der heiligen Apostel 
Philippus und Jacobus war, und es gerecht ist, dass die Apostelschüler 
vor den Aposteln zurücktreten müssen. Was bedeutet aber das Wort: 
,,von den Aposteln ordinirt*' in dem Sinne des ältesten Heiligenverzeich- 
nisses der römischen Kirche? Bedeutet es, dass die Sieben überhaupt 
von einem Papste der ersten Jahrhunderte, bedeutet es,, dass sie von 
Petrus, oder von Petrus und Paulus zugleich ordinirt worden? Die 
Antwort können uns nur die ältesten Martyrologien selbst geben. Wir 
wollen ihren Sprachgebrauch untersuchen. 



') Qui Eomae ab apMtoUs ordinati sunt. 



Die SiebenmäDner wurden zn Rom von den Aposteln ordinirt. 223 

Vetos Romannm oder RomanDm parmm. Hartyrologinm vetnstissl- 

mmii 8. n. Hieronymi. 

Januar. 
4. 
Apitd Cretam TUi, apostolorum disdpuU, 

18. 
Cathedra saneti Petri, qua primum Ramae sedit, DedkatioeathedraetaneH 

Petri apostoli, qua pri- 
mo Rom€^ 9cdU. 
20. 
Romae (et) Sebastianiy in vestigiis aposto- Ramae — pcusio a. Seba-^ 
lorum septdU. süani martyrU. 

24. 
Ephe9if Tim<ah€i aposMi. 

25. 
Conversio s. Pauli apoistoli. RomaeytranslaHos. Pauli 

apostoli, 
26. 
S. Polycarpi, discipuli «. Joannis apostoli, apud lnNiea€a8mymae,pas9io 
Smytnam pcusi. s, Polyearpi episeapi, 

Februar. 
1. 
Antioehiae, Ignatii epiacopi et mairtyr%8, 

16. 
Saneti OneHmi apostoli. 

22. 
Apud Antiochiam , Cathedra saneti Petri, Natalis cathedrae 8. Petri 

apostoli, qua sedit apud 
Antiochiam, 
März. 
14. 
Romae, martyrum quadraginta et octo, qui 6a- 
ptizati sunt a heato Petro apostolo, cum tene^ 
retur in custodia; qui omnes Neroniano gladio 
consumpti sunt, 

15. 

Lucae Evangelistae. 
20. 
ArcUppiy commilitonis Pauli apostoli. 

22. 
Narbonae, s. Pauli episcopiy disciptdi aposto^ In Narbona civitate na^ 
lorum. uüe s. Pauli confessaris. 



224 Zweites Buch. Sechszehntes Kapitel. 

MartjToL ron. parnin. M. Bteronymi. 

April, 
7. 
Hegerippi, gtä vieinui apoHoUearum temporum 
€XtiUt, 

25. 
* Et Bomaey UUmia major ad t, Petrum. 

29. 
Aptid Paphtun, Tyehici apostolorum cUgeiptUi. 

30. 
Et Viffüia apo9tolorum. 

MaL 

1. 

Apoitolorum PhiUppi et Jaeobi, fraJtrii Dominik In Aiia Hierapolif luifa* 

Ui sanetorum PhiUppi 
apostoU, et Jaeobi. 
6. 
B, Evodii episeqpi, qtä primm ab apostolit 

Antioehiae ordinatua est. 
Et «. Lueii Cyreneruis, qtd Cyrenae ab apostolit 

episcopua ordinatus est. 

15. 
Torquatiy Ctesiphontis, Secundi, Indalecii, Cae-^ 
eiliiy Esieii, Euphrasiij qui Bamae ab apo- 
stotis ordinati sunt, 

19. 
Prudentis, disciptdi Pauli. 

26. 
Apud Aihenas, Quadrati, disdpuli apostolorum. Item — Qucuirati (ist 

zweifelhaft y ob der 
Quadratus von Athen 
gemeint ist). 
Juni. 
10. 

Bamabae e^ostolu 

II. 

Sosthenis apud Corinthum, disetpuli Pauli. 

20. 
Bomae, Noonti, fratris Timothaei presbyteri, qui 
ab apostolis eruditi sunt. 

25. 
Apud Pyrriberoeam, Sosipatris diseipuU Pauli. 



Die Siebenmänner wurden zu Rom von den Aposteln ordinirt. 225 



BomaninB parvum Adonis. 

Juni, 
27. 
Apttd Galatiamy Crescentis discipuli Pauli apostolL 

29. 
Romae, apostolorum Petri et Pauli. 



Martyr. s. n. Hieronymi. 



30. 
Natalis Lucinae, diseipulae apoHolorum. 

Juli. 
2. 
In coemeterio Damasi, Processi et Martinianiy ab 

apostolis Petro et Paulo baptizatorum. 
Et trium militum, qui cum apostolo Paulo passi 
sunt. 

6. 
(Romae) et octavae Apostolorum. 
Et primus ingressus apostoli Patdi in urbem 
Romam. 

12. 
Aquil^ae^ Hermagorae episcopi^ discipuli s. Marci. 
Apud Cyprum, NasoniSy antiqui Christi discipuli. 

August 
1. 
Romae, ad s. Petrum ad Vincula. 



4. 
Äristarchij discipuli apostolorum. 

September. 
1. 
Capuae, Prisci martyriSy de iUis antiquis Christi 
düdpulis. 

6. 
Onesiphoriy Pauli diseipidi. 

GamS) Bpan. Kirche. 



Romae, natcdissanctorum 
Petri, et Pauli aposto^ 
lorum, et aliorum non^ 
gentorum octoginta et 
Septem martyrum. Et 
dedicatio baptisterii an- 
tiqui. 



Romae, Damasi, et mili- 
tum duorum. 



Et octavae apostolorum 
Petri et Pauli, 



Romae, dedicatio primae 
ecclesiae, et a beato Pe- 
tro apostolo constructae 
'et consecratae. 



In Capua Aquaria, na- 
talis s. Prisei martyris. 



15 



226 Zweites Buch. Sechszehntes Kapitel. 

Ronanofi parvnin Adonis. Martyr. s. n. Hieronymi. 

October. 
5. 
Eumeniae^ Thraseae episcopi, qm urms fuit ex 

antiquis. 
Sagaris episcopi Laodicensis ^ de antiquis Pauli 
apostoli discipulis, 

13. 
Troade^ Carpi^ apostoli Pauli discipuli. 
Antiochiae^ Theophili episcopi, qui sextus ab apo- 
stolis fuit 

17. 
Aristionis, qui fuit unus de 70 Christi discipulis. 

November. 

a 

Quartiy discipuli apostolorum, 

21. 
Bufi, quem Apostolus ad Romanos scribens sähOat 

23. 
Sancti Clementis episcopi, Romae, Maximi, natalis 

s, dementia episcopi et 
martyris, 
26. 
Romae, Lini Papae. 

28. 
SostheniSj discipuli apostolorum. 

Dezember. 
18. 
Rufl et Zosimi, de primis discipulis domini, per 
quos Ecclesia de Judaeis et Graecis primitiva 
fundata est. 

29. 
Trophimi episcopi, discipuli apostolorum. 



Nach dieser Zusammenstellung fragen wir: was bedeuten im Sinne 
des ältesten uns bekannten römischen Festkalenders die Worte: ab apo^ 
stolis ordinati — Torquatus und seine Gefährten sind von den Aposteln 
in Rom ordinirt worden? In dem genau auf unsern Fall zutreffenden 
Sinne kommen die Worte nur noch einmal vor. Der heilige Sebafitian 
ist an den Stufen^ welche zum Grabe der Apostel führen (in vesUgiis 



Die Siebenmänner wurden zu Rom von den Aposteln ordinirt. 227 

apostolorum) j zu Rom begraben worden. Der Leib des heiligen Seba- 
stian wurde zuerst von der Christin Lucina in den Catacomben beige- 
sezt, da wo anfangs auch die heiligen Leiber der beiden Apostel bei- 
gesezt waren. Ln Anfange des fünften Jahrhunderts wurde über seinem 
Grabe eine Kirche gebaut. Wenn in unserm Martyrolog dem Petrus 
und Paulus je besondere Thätigkeiten zugeschrieben werden, so werden 
sie auch besonders genannt. — Es ist wahr, dass das Wort: ah apo- 
stolü — von den Aposteln, mehrfach einen einzigen Apostel, selbst zur 
Zeit der Apostel , bedeutet. Da aber die erstere Erklärung, dass hier — 
bei Torquatus und seinen Genossen — die beiden Apostel Petrus und 
Paulus, welche zu gleicher Zeit in Rom waren — verstanden werden 
müssen — die natürliche, die zunächst liegende, die ungezwungenste 
Erklärung ist , warum sollen wir desswegen von dieser Erklärung ab- 
gehen, weil der Geist einer übertreibenden Exitik sich gegen den Ge- 
danken sträubt, dass Petrus und Paulus zusammen die Siebenmänner 
nach Spanien gesendet haben? 



15 



Drittes Buch. 

Die Kirche in Spanien von dem Tode der 

sieben Apostelschüler bis zu dem Anfange 

des vierten christlichen Jahrhunderts. 



Erstes Kapitel. 

Irenäus bezeugt den Bestand des Christenthumes in Spanien. 

Irenäus von Lyon bezeugt die Ausbreitung der Kirche in Spanien. 
Er sagt: ^Auch die in Deutschland gegründeten Kirchen glauben nicht 
anders, oder lehren es anders, noch die Kirchen in Spanien, oder in 
Gallien, noch die Earchen im Morgenlande, oder in Aegypten, oder in 
Libyen, noch auch die in der Mitte der Welt gegründeten Kirchen '). 

Dazu bemerkt der neueste englische Herausgeber des Irenäus , Har- 
vey, es sei im höchsten Grade wahrscheinlich, dass Set. Paulus zuerst 
das Evangelium in Spanien gepredigt habe, den spanischen Nachkommen 
seiner eignen Tartessischen Vorfehren (?). Die Jahre zwischen seiner 
ersten und zweiten römischen Gefangenschaft — hätten dazu hinge- 



*) Sancti Irenaei — Ubros V adv. haeres, edid. W, W. Harvey — 2 tomi. Canidbrigiae 
1857, ly p, 93, — Iren. 1, 10. — Kai ovre ai ev yepfuxvücis id^vfjtevou ixxXrjöiai 
aXXcag jtexißrsvxaOiVy ij aXXtag Jtoc^aSidoaGiv , ovre ey raig Ißri^iaug^ ovre ev KeXraug^ 
ovre xara rag ayaToXag^ ovre er aiyvjrro), ovre ev ^ißvr^y ovre cd xarä fxeöov rov 
xcgfiov iÖQVfjLevcu, 



IrenäuB bezeugt den Bestand des Christenthumes in Spanien. 229 

reicht *). Das Zeugniss des römischen Clemens sei schlagend, darum sei 
die Predigt des Paulus in Spanien eine beständige Tradition gewesen. 

Auffallend bescheiden , ja zweifelnd drückt sich Massuet, der Her- 
ausgeber des Irenäus, zu dieser Stelle aus. Nachdem er sich auf die 
Worte des TertuUian berufen (s. das nächste Kap.), sagt er, es sei ganz 
unsicher, wer zuerst den Glauben bei den — von Irenäus — erwähnten 
Völkern des Abendlandes verkündigt, ob er zu den Zeiten des Irenäus 
schon weiter hin herrschte, ob sie mehrere, und zugleich volkreiche 
Kirchen hatten. „Zwar rühmen sich mehrere Kirchen, sowohl in Frank- 
reich, als Spanien und Deutschland, dass sie entweder von den Apo- 
steln selbst, oder von deren Schülern gegründet seien^);** aber diese 
Sache sei so voll Schwierigkeiten, dass es sicherer sei, die Beistimmung 
zurückzuhalten. Erst unter Aurelius, dem Sohne des Antonin, schreibe 
der älteste gaUische Historiker, Sulpicius Severus, habe man in Gallien 
Martyrien gesehen, „indem die Religion Gottes später jenseits der Alpen 
angenommen wurde" ^). Der Verfasser der Passion des heiligen Sa- 
tumin von Toulouse sage gleichfalls, dass nur allmälig, und Stufe für 
Stufe — in den Gegenden Galliens die Predigt der Apostel erschollen 
sei, und dass vor dem Oonsulate des Decius und Gratus (von 250) 
seltene Kirchen in einigen Städten, durch die Frömmigkeit einer kleinen 
Schaar von Christen, sich erhoben haben, um so zahlreicher seien da- 
gegen die Gözentempel und die in ihnen dargebrachten hässlichen 
Opfer gewesen *). Die Zeugnisse dieser Schriftsteller scheinen über jeden 
Angriff erhaben zu seyn. 

Wenn in diesen Gegenden des Abendlandes vor den Zeiten des 
M. Aurel der christliche Glaube tiefe Wurzeln getrieben und sich weit 
ausgebreitet hätte, dann hätte es früher Märtyrer gegeben. Doch seien 
die Märtyrer von Lyon die ersten in Gallien. Der erste anerkannte 
Märtyrer Spaniens sei der heilige Fructuosus im J. 259. In Deutsch- 
land und Britannien gebe es kein§ Märtyrer vor Diocletian. „So viel 
also kann nur aus dieser Stelle des Irenäus entnommen werden, dass 



*) It is in the highest degree probable , that S. Paul first preaahed the Gospel in Spain, 
to the Spanish descendants of his own Tartessian ancestors. — The yearSf that inter- 
vened between his first and second inprisonment j would allow sufßdent time for the 
purpose. The afßrmation of S. Clement Rom. 5 — confirmatory of this notion „the 
confines of the West*^ in a letter, written at Rome, can scarce tnean any tlüng ehe, 
than the southem coast of FraHcia (Gallia Narbonensis) and Spain, — Accordingly 
it has been a constant tradition in the church, that this latter country (Spanien) was 
evangelised by S. Paul 

') Massuet ad h. L Irenaei. 

*) Sulpicius Severus. Sac. Bist. lib. 2. p. 150. ed.' Äntverp. a. 1574. — „Serius trans 
Alpes Dei religione suscepta.** 

*) Ruinart, Acta m. s. — (l, c.) p. 177, — „ Cum rarae in aUquibua dvitatibus eccle- 
tiae paueorum christianorum deooHone consurgerent^ 



230 Drittes Buch. Erstes Kapitel. 

bei den Gelten, Iberern oder Spaniern (die Iberier im Orient hätten den 
Glauben erst zur Zeit des Constantin angenommen) und den Deutschen 
einige Kirchen bestanden haben. Berühmter als alle übrigen waren die 
Gemeinden von Lyon und Vienne, welche im J. 177 die ungemeine 
Menge der Heiligen adelte , die zu Lyon die Krone der Märtyrer er- 
langten. So lange Irenäus lebte , habe er durch Wissenschaft und Leben 
den Glauben nach Kräften in Gallien ausgebreitet. — „Aber nach 
seinem Tode ist dieser Glaube, wenn nicht völlig ausgelöscht, doch so 
weit geschwächt worden, dass in der Mitte des dritten Jahiiiunderts 
nur spärliche Gemeinden weniger Christen bestanden, und es neuer 
Apostel, durch die er wieder erweckt würde, bedurfte. '^ Massuet legt 
auf einige Worte des Martyriums des heiligen Saturnin ein allzu grosses 
Gewicht. — Fast wörtlich so lautet die Einleitung in die Passion der 
heiligen Leocadia von Toledo — J. 304 — und doch gab es damals 
wenigstens einundzwanzig Bischöfe in Spanien. — Das ist gegen alle 
Analogie und Wahrscheinlichkeit , dass mit dem Tode des heiligen Irenäus 
das Christenthum in Gallien beinahe erloschen seyn sollte. Sollte denn 
in Gallien allein das Wort sich nicht erfüllt haben: das Blut der Mär- 
tyrer ist der Saame neuer Christen — ; und sollte denn der heilige Ire- 
näus in einer Laufbahn von vielleicht fünfzig Jahren keine Schüler und 
Nachfolger herangebildet haben , da er deren sogar in Rom hatte (Cajus, 
Hippolyt) ? 

Florez findet eine bekannte Stelle des Justin noch der Erwähnung 
werth, dass keine Nation, weder der Christen, noch der Barbaren, so 
ferne von dem Glauben an Christus den Gekreuzigten sei, dass weder 
Bitten noch Danksagungen in derselben an den Vater aller gerichtet 
werden *). — Auch in der ersten Apologie des Justin kommt eine Stelle 
von demselben Inhalt vor. Daraus dürfte man einen indirecten Schluss 
auf die Verbreitung des Christenthumes auch in Spanien — machen dürfen. 

Schon bei dem Hirten des Hermas findet sich die Vorstellung, dass 
alle Völker der Erde zum Christenthume bekehrt sind. Die zwölf Berge 
^der Gleichnisse*' — sind die zwölf Völker, welche die ganze Erde inne 
haben ^j. Unter ihnen ist der Sohn Gottes durch diejenigen gepredigt 
worden , welche derselbe selbst zu ihnen gesendet hat. — Wie es zwölf 
Apostel Christi gab, so sollte es zwölf Hauptvölker der Erde geben, 
^ünd — alle Nationen, welche unter dem Himmel sind, haben ge- 
hört und haben geglaubt, und sie sind mit einem Namen Söhne 
Gottes genannt worden. Nachdem sie seine Besiegelung empfangen, 
haben alle dieselbe Weisheit und denselben Sinn erhalten; und sie hatten 
einen Glauben und eine Liebe. ** 



') Justin., dial. c. Tryph. 

^) Hi duodecim montes — duodecm sunt gentes, quae totum obtinent orbem, I^'oedicatus 
est ergo fiUus Dei per eoSf quos ipse ad iüos wtisit — Patt Herntae — L3, sim, 9 (17 )> 



Irenäas bezengt den Bestand des Christenthumes in Spanien. 231 

Die Völker zwar werden einzeln nicht angeführt; dasa aber auch die 
Gallier und die Spanier unter diese zwölf Völker gerechnet werden, dar- 
über kann kein Zweifel seyn, — Die Stellen bei Justin, Hermas , Ire- 
näus, TertuUian, zusammengehalten mit den feindlichen Zeugnissen des 
jungem Plinius, und des Lucian j^von dem Tode Peregrin's'^, beweisen 
jedenfalls, dass das Christenthum im zweiten christlichen Jahrhundert 
yiel weiter ausgedehnt war, als man gewöhnlich annehmen möchte. Viel- 
leicht — dass es sich langsamer nach der Zahl seiner Bekenner aus- 
breitete. Aber — der geographischen Ausdehnimg nach — war es 
sicher lun die Mitte des zweiten Jahrhunderts schon in alle Provinzen 
jdes römischen Reiches gedrungen, und waren dort einzelne Gemeinden 
gestiftet worden. Um das J. 150 war es in Afrika, in Germanien am 
Bhein und der Donau, in Gallien und in Spanien, und vielleicht auch 
schon in das römische Britannien vorgedrungen. 

Die Centralstellung der römischen Gemeinde, der leichte und be- 
ständige Verkehr von Rom, dem Mittelpunkt des Reiches aus — nach 
allen Provinzen des römischen Reiches — machte es leicht, von Rom 
aus das Christenthum nach allen Richtungen zu verbreiten. — Stets 
kamen Fremde von allen Seiten nach Rom; dort fanden sie die blühende 
Christengemeinde vor, von der schon Paulus im J. 58 rühmt, dass ihr 
Glaube auf der ganzen Welt gerühmet wird, welche Ignatius die Vor- 
steherin des grossen Bundes der Liebe nennt, an welche um das J. 170 
Dionysius von Corinth schreibt: „Von Anfang an ist diess euere Ge- 
wohnheit, allen Brüdern mannigfache Wohlthaten zu erweisen, vielen 
Kirchen in jeder einzelnen Stadt Unterstüzungen zu senden, also die 
Bedürftigen in ihrer Noth zu erquicken, den in den Bergwerken ver- 
bannten Brüdern von Anfang an Hilfe zu übermitteln ^). — Die Hei- 
den, die nach Rom gekommen, die empfänglich und eines guten Willens 
waren, konnten in Rom ungehindert Christen werden, und — in ihre 
Heimath zurückgekehrt, wurden sie Missionäre. — Im ganzen Alter- 
thume hat es keine Anstalten der Wohlthätigkeit gegeben. Die Armen, 
Kranken und Fremden — waren auf sich selbst angemesen. Sie konnten 
verkommen und umkommen, ohne dass ein mitleidiger Blick auf sie 
fiel. Dem Elende gieng man, wie immer, aus dem Wege. Die Elen- 
den wurden von einer Gesellschaft ausgestossen, deren Lebensprinzip 
die vollendete Selbstsucht war. 

Zahlreiche Fremde kamen nach Rom, um dort ihr Glück zu machen. 
So waren denn im ersten Jahrhundert die Seneka^), Lucan^), Quin- 



>) JEuseb. 4, 23. 

*) Mariial. 1, 62, 8. — Seneka war reich, and galt für geizig — Dio Ccusius 62, 2. 

') MartiaUa , 7, 22 (4), Lucan ist von Corduba. 



232 Drittes Buch. Erstes Kapitel. Irenäas beseeugt den Bestand etc. 

ülian, Pomponius Mela, Silius Italikus, Martial u. a. ^) nach Rom 
gekommen 9 und hatten mehr oder weniger dort ihr Glück gemacht. 
Die Seneka, Qnintilian und Lucan wurden reiche Leute. — Martial 
dagegen brachte es^ troz seines 37jährigen Aufenthaltes in Rom, zu 
nichts ; und kehrte mit einem Reisestipendium des jungem Plinius nach 
Hause. Er selbst berichtet Fälle, dass Spanier vergebens nach Rom 
gekommen, um dort ihr Glück zu machen. Dass auch sonst Spanier 

— als Sprachlehrer auswärts weilten, ersehen wir u. a. aus Aulus Gellius. 

— Bei dem sittlichen Ernste und der moralischen Energie der Spanier 
lässt sich voraussezen, dass nicht wenige derselben in Rom Christen 
wurden. Nicht bloss Vinzenzius von Saragossa, auch Laurentius ron^ 
Rom war ein gebomer Spanier. 

Im Alterthum kannte man keine Polizei und kein Passwesen, wie 
heute. Heiden, Juden und Christen reisten ungehindert, wohin sie 
wollten. Diese Freiheit und Leichtigkeit des Verkehres fühlten einsichts- 
volle Christen als eine grosse Wohlthat, und sie waren dankbar dafür, 
wie „der Aeltere'^, den Lrenäus wiederholt redend einführt, mit beredten 
Worten verkündigt. 

Den Heiden konnte femer die gegenseitige Liebe der Christen nicht 
verborgen bleiben. Nicht wenige Heiden wurden Christen, weil diese 
Liebe sie anzog und rührte ^). Andere Heiden wurden, wie der Nigntius 
des Lucian, Christen aus Noth und selbst aus Gewinnsucht. Wie es 
heute noch sogenannte Convertiten giebt, welche zuüeJlen und abfallen, 
je nachdem ihnen materielle Hilfe in Aussicht steht, oder sie solche er- 
warten, so damals. Die ersten Christen hatten den natürlichen Wunsch, 
dass ihre Zahl vermehrt werde. Diese äussere und materielle Hilfe, 
worin die römische Kirche es allen Kirchen des Erdkreises zuvorthat, 
war gewiss ein starker Grund der Vermehrung der Christen in Rom 
und in den Provinzen, der gewöhnlich weniger beachtet wird. 



*) Cf, Mart. 1, 62, 7 — 8: Duosque Senecas, umcumque Lucanum 

Facunda loquitur Corduba. 
Cf. 4, 40. Der Rhetor Seneka von Corduba hatte drei Söhne: 1) den Ann&us, 
den Philosophen, Tragiker und Lehrer des Nero. 2) Den Seneka Gallio (Ttt- 
dtuSf Ann, 6, 3, 15, 73), 3) Den Annans Mella, den Vater des Lucan — (16, 17). 
— Die Frage wegen des vorgeblichen Briefwechsels zwischen Seneka und 
Paulus hat kürzlich wieder Holzherr — in einer Schrift über Seneka verneinend 
beantwortet. Ich lasse diese Frage bei Seile, weil ich derselben Ueberzeu- 
gung bin. 

*) Euseb. l c. 



Zweites Kapitel. 

TertuIIian Aber die Yerbreitnn^ des Ghristenthnmes in SpaDien. 

Mehrfach, and an verschiedenen Stellen, kommt TertuIIian auf die 
Verbreitung des Christenthumes zu sprechen. In seinem Buche gegen die 
Juden — c. 7. — sagt er , dass die mannigfaltigen Stämme der Gätuler, 
und viele Bezirke in )f auritanien , dass Spanien bis zu sdünen äussersten 
Grenzen, dass die verschiedenen Nationen Galliens, dass die den Römern 
unzugänglichen Landstriche Britanniens, die aber Christo unterworfen 
seien, dass auch Sarmaten, Dacier, Germanen und Scythen — dem Nar 
men Christi sich unterworfen haben ^). Bald dai^auf sagt er, dass dahin, 
wohin die Macht der Bömer sich nicht erstrecke, sich doch der Name 
Christi ausdehne; überall wird er geglaubt, von allen obgenannten Völ- 
kern wird er verehrt, überall regiert er, „Überall wird er angebetet 

Die vielen „Bezirke der Mauren^ — verglichen — mit „allen Enden 
von Spanien^ lassen erkennen, dass nach TertuIIian das Christenthum 
in Mauritanien viel weniger verbreitet war, als in Spanien, was sowohl 
der Natur der Sache, als der Geschichte entspricht. Was weiss man 
überhaupt von der Geschichte der Kirche in Mauritanien? Nichts — 
oder beinahe nichts. Pamelius erklärt die ^muUi ftnes^ so ^) , dass viele 
Völker — oder Gebiete — dort das Christenthum kennen; unter den 
„omnes termini^ in Spanien versteht er alle Reiche, d. h. wohl alle Pro- 
vinzen in Spanien, mit welcher Erklärung wir einverstanden sind. — 
Auf dem siebenzehnten Concil von Toledo — im J. 694 — that König 
Egica vor den versanmielten Bischöfen den Ausspruch, Spanien sei 



') TertuUioaii- l. adv, Judaeos cap. 7 — ut jam Getulorum varietateSf et Maurotvm mtdii 
finesj Hispaniarum omnes termini et GraUiarum dwersae nationes, et Britannarum in- 
accessa Romanis locoy Christo vero subdita, et Scamatarum , et Daeorum et Germa- 
norvm et Stytkcarum ete, — In quibus omnüms locis Christi nomenf qmjam venitf regnat, 

*) Nnch Florez, 3,181. 



234 Drittes Boch. Zweites Kapitel. 

immer bekannt gewesen durch die Energie seines Glaubens^). Man 
darf diese Stelle aber wohl nicht auf die extensive Ausbreitung des 
Glaubens beziehen. Falsch ist die Erklärung, das j,immer^ schliesse 
auch die -Verbreitung des Glaubens in den zwei ersten Jahrhunderten 
ein. Das natürliche Verständniss dieser Worte ist wohl, dass — so 
lange das Christenthum überhaupt in Spanien geblühet, es stets kräftig 
geblühet habe. Eine Erklärung des Königs Ordonno U. im J. 915 über 
das Bisthum Lugos, dass dasselbe seit der Verbreitung des Christen- 
thumes in Spanien bestehe, will heissen, dass Lugos seit unvordenk- 
lichen Zeiten ein Bisthum gewesen^). 

An einem andern Orte kommt Florez wieder auf das Zeugniss des 
Tertullian zu sprechen, aus Anlass der Gründung des Bisthums Ossonoba. 
Man könnte, sagt er, die Worte „alle Enden Spaniens^ wörtlich nehmen, 
und dann sei das Bisthum Ossonoba darin eingeschlossen ^ welches am 
südwestlichen Ende Spaniens liege *). 

Eine andere Stelle des Tertullian wird in ihrer Anwendung auf 
Spanien bestritten , wird aber von den Spaniern auf ihr Land bezogen. 
In seinem Buche an Scapula, Statthalter von Afrika, sagt er: ,ydenn 
jezt wird sowohl ^a praeside Ugionia, et a prcMide Mauritaniiie*' der 
christliche Namen verfolgt^), aber nur mit dem Schwerte (ohne Todes- 
qualen), wie es von Anfimg an befohlen worden, dass gegen solche ver- 
fahren werde. ** 

Heisst a praeside legionis — der Präses von Leon, oder der Präses 
einer Legion? Ist in Leon in Spanien je ein Präses gewesen? Ich 
vermuthe, dass der Präses Legionis — der Militärpräfekt von Afrika, 
der Präses von Mauritanien aber der Civilpräfekt von Mauritanien war. 
Der Kaiser Claudius, welcher Mauritanien erwarb, theilte es in zwei 
Provinzen, das Tingitanische und Cäsariensische. Jede bekam einen 
römischen Ritter zum Statthalter. — Die westlichste Provinz erhielt 
ihren Namen von der Stadt Tingis oder Tanger, und wurde von Mau- 
ritania Cäsariensis durch den Fluss Malucha, gegenüber von Urci in 
Spanien, getrennt*). Die Civilverwaltung leitete in jeder Provinz ein 



') Quod ßdei plenttudine ßnea semper Hispaniarura ßoruerunt 

^) Cujus eccksia seu sedes venerahiUasima dignoscitur esse ßmdata in urbe Lucensi — 
provinciae GaUaectae ab ipso initio praedicationis Apostolicae primitivae eccUsiae. 

•) Flowz, 14,215-33. 

*) L. ad Scapulam c. 4. nam nunc et a praeside Legionis, et a praeside MauriUmiae 
vexatur hoc nomen, sed gladio tenus sicut et a principio mand<Uum est animcuiverti in 
hujusmodi, 

*) Forbiger, Handbuch der alten Geographie, 2, 868. Plvms, ö, 2. Wann? ist 
anbekannt, sagt Georgi, Alte Geographie, 1838, 1, 540. Ebenso Becker- Mar- 
quardt, Handbuch der römischen Alterthümer, 3(1), S. 232. — »Die Verbin- 
dung Tingltanas mit Bätika ist — wenigstens nicht vor Constaniin zu sezen.« 
r~ JTaciius, Bist, 1, 78 — provinciae Baeticae Maurorum dmtatee dono dediu 



/ 



TertuUian über die Verbreitung des Christenthumes in Spanien. 235 

Präses. Die Proyinz Tingitana wurde — zu Spanien geschlagen durch 
den Kaiser Otho. — Nach der „Notüia imperii^^, vom Ende des vierten 
Jahrhunderts steht dieses dritte oder äusserste Mauritanien unter der 
grossen Präfektur*von Gallien, dem Vicarius von Spanien, einem Präses 
für Civilsachen, und einem Comes für das Militärwesen. Nach Isidor 
von Sevilla war es noch ein Bestandtheil von Spanien'). 

Buinart — in seinen Akten der Märtyrer betrachtet das Le£:io des 
Tertullian einfach als eine Provinz, sagt aber nicht, wo sie gelegen 
war^). — In den Akten des Märtyrers Marcellus von Tingis konmit 
Fortunatus unter dem Namen 'praeses und proeurator vor *). 

Am natürlichsten scheint mir die Worte — et a prcLende legionia ete, 
zu erklären: sowohl von dem prcieses der in Lambesa in Afrika stehen- 
den Legion , als dem Civilpräses von Mauritanien. Fortunat wird in den 
Akten des Märtyrers Marcellus Präses der in Tingis stationirten Legion 
genannt, welcher als solcher Strafgewalt über seine Leute hat*). 

Zwischen 130 — 170 gab es achtundzwanzig Legionen. Davon stan- 
den in Britannien drei, in Germanien vier, in Pannonien vier, in Mösien 
und Dacien sechs, in Cappadozien zwei, in Phönizien eine, in Syrien 
und Judäa — je zwei, in Arabien und Aegypten je eine, in Afrika nur 
eine — III Augusta, in Spanien nur eine — VII Gemina. Lambesa in 
Numidien, nicht weit von den Grenzen von Numidien, war Standort 
dieser Legion. — Im ersten und im zweiten christlichen Jahrhundert 
stand nur diese eine Legion in Afrika. Wenn also Tertullian in Cajv 
thago sagte: der Präses der Legion, und der Präses von Mauritanien, 
so wusste jedermann, dass die in Afrika stehende Legion gemeint s^ ^). 



') Etymolog. 14 , 4. 

') Ruinart l. c. — 31. 

*) Ruinari, p. 343. s. unten Buch 4, Kap. 1. 

*) Wesseling Iti'nerar. Ant. p, 397. — Vix induci poBsumy ut credamy TertuÜianum — per 
Legionemy nullo addito titulo positamy VlI in Gaüaecia voluisse inteUigerB^ prc^uertim 
cum in Afiica legio non dMusetf guae a Uctorihua accipi poaset, Nam Lamhuae in 
A/rica Legio III Augtuta tendebat (Ptol, 4, 3. — Dio Cctss, 65). Eqvidem praesidem 
legionia ejus praefectum, et legionis guidem in Africa militantiSf a Tertulüano designa- 
tujHf quanquam titulo paulo insolitiore, putavero(im), — We8selin§^ hat wohl Recht, 
nur war der Titel Braeses — am Ende des zweiten Jahrhunderts nicht mehr 
ungewöhnlich für jeden Civil- und Militäroberbeamten. — Jeder ChÄf einer 
Behörde heisst prcieses — also praeses legumißf praeaes provineiae — s. JuritAnii-. 
justiniani frcigmenta , quae dicuntur Vaticana — recogn, ~- Mamnutn — 3<nmae 1861 

— p, 117 — praeses provineiae — ebenso rector provineiae^ p, 103. -r- Schon Pli- 
nius I. sagt 34,47: Praeses Galliae. Dio Cassiua, 55,23, — Becker - Marquardt 

— 3(1), S. 301. — cf. 204.. Die Statthalter von vier spanischen Provinzen 
(nach Constantin) hiessen Praesides. 

») Becker -Marqoardt, 3 (2), S. 355 flg. 



Drittes Kapitel. 

Gyprian von Garthago, und die Kirche Spaniens in den Jahren 

250 — 258. 



§. 1. Der Brief Cyprian's an die Gemeinden von Astorga und 

Leon, und von Emerita. 

Oyprian, Cacilius, Primus, Polycarp, Nicomedes, Lucilian, Suc- 
cessus, Sedatiis, Fortunatus, Januarius, Secundinus, Pomponius, Hono- 
ratus, Victor, Aurelius, Satiud, Petras, ein anderer Januarius^ Satur- 
niniis, ein anderer Aurelius, Yenantius, Quietus, Rogatian, Tenax, 
Felix, Faustus, Quintus, ein anderer Satuminus, Lucius, Vincentius, 
Libosus, Geminius, Marcellus, Jambus, Adelphius, Victoricus und Paulus 
— an den Presbyter Felix, und an die Gemeinden, welche sich zu 
Legio und Asturica befinden, ebenso an Lälius, den Diakon, und an 
die Gemeinde, welche sich zu Emerita befindet, an die Brüder — Gruss 
in dem Herrn. 

1) Nachdem wir uns versammelt hatten, lasen wir, geliebteste Brü- 
der, euere Briefe, welche ihr an uns durch unsere Mitbischöfe — Felix 
und Sabinus in der Lauterkeit eueres Glaubens und euerer Gottesfurcht 
gerichtet habet, worin ihr anzeiget, dass Basilides und Martialis, welche 
sich durch die erlangte Bescheinigung ihres Gözendienstes befleckt, und 
auf ihrem Gewissen die Schuld namenloser Verbrechen haben, — das 
bischöfliche Amt zu führen, und das Priesterthmn Gottes zu verwalten 
nicht verdienen, und ihr verlanget, dass wir euch darüber schreiben, 
und dass wir euere ebenso gerechte als nothwendige Bekümmemiss sei 
es durch den Trost oder die Hilfe unserer Antwort erleichtem. — Aber 
diesem euerem Verlangen kommen nicht so fast unsere Bathschläge , als 
die göttlichen Vorschriften entgegen, in welchen schon längst durch 
göttlichen Ausspruch befohlen, und durch Gottes Gesez vorgeschrieben 



$. 1. Der Brief Cyprian^s an die Gemeinden von Astorga etc. 237 

wird; wie beschaffen jene seyn sollen, welche dem Altare dienen, und 
Gott das heilige Opfer darbringen. Denn im Buche Exodus ermahnt 
Gott den Moses mit den Worten: Die Priester, welche zu Gott dem 
Herrn hintreten, sollen geheiligt werden, damit Gott sie nicht etwa ver- 
lasse (Ex. 19, 22). Und wieder: Wenn die Heiligen zum Dienste des 
Altares hinzutreten, sollen sie kein Verbrechen auf sich haben, damit 
sie nicht sterben (28, 43). Ebenso befiehlt der Herr im Buche Levitikus 
und spricht: Der Mensch, an dem eine Befleckung ist und ein Fehler, 
soll nicht hinzutreten, um Gott Gaben darzubringen (21, 17). 

2) Da diess vorhergesagt, und uns bekannt ist, so müssen wir noth- 
wendig den göttlichen Befehlen Folge leisten. Dabei kann die mensch- 
liche Schwachheit keine Bücksicht auf die Person nehmen , oder jeman- 
den etwas gewähren, wo das göttliche Gebot dazwischen tritt, und seine 
Stimme erhebt. Wir dürfen auch nicht dessen yergessen, was Gott zu 
den Juden durch den Propheten lesajas sprach ^ indem er sie tadelt und 
seinen Unwillen verkündigt, dass sie mit Verachtung der göttlichen Vorr 
Schriften — menschlichen Bestimmungen folgten. Dieses Volk, sagt er, 
ehret mich mit seinen Lippen, sein Herz aber ist weit von mir. Ohne 
Grund -ehren sie mich, indem sie Vorschriften und Anschauungen der 
Menschen lehren (Is. 29, 13). — Dasselbe wiederholt der Herr im Evan- 
gelium und sagt: Ihr zertretet das Gebot Gottes, damit ihr euere Sa- 
zungen haltet (Marc. 7, 13). Indem wir dieses vor Augen haben, es 
sorgfältig und gewissenhaft erwägen, müssen wir bei den Weihen der 
Bischöfe nur unbefleckte und unbescholtene Vorsteher erwählen, welche 
heilig und würdig Gott die Opfer darbringen, und deren Gebete also 
auch erhört werden können, die sie für die Erhaltung der Heerde des 
Herrn darbringen, da geschrieben steht: Gott erhört die Sünder nicht; 
wenn aber jemand Gott ehret und seinen Willen thut, den erhöret er 
(Joh. 9, 31). — Desswegen müssen solche mit grösster Sorgfalt, und 
nach aufrichtiger Prüfung zu Priestern Gottes auserwählet werden, von 
denen man weiss, dass sie erhört werden. 

3) Auch möge sich das Volk nicht schmeicheln, als ob es frei von 
der Befleckung des Vergehens seyn könnte, wenn es mit einem sün- 
digen Hohenpriester Gemeinschaft hält, und wenn es au dem ungerechten 
und unerlaubten Episcopate seines Vorgesezten seine Einwilligung giebt, 
da ja die göttliche Wamungsstinmie drohend durch den Propheten Oseas 
spricht: Ihre Opfer sind wie ein Brod der Trauer, alle, die sie essen^ 
werden verunreinigt (Os. 9, 4) , — womit Er lehrt und zeigt, dass über- 
haupt alle von der Schuld gebunden sind, welche sich durch das Opfer 
eines gemeinen und ungerechten Hohenpriesters befleckt haben. — : Wir 
finden, dass dasselbe im Buche Numeri ausgesprochen werde, als-Chor^, 
Dathan und Abiron gegen den Hohenpriester Aaron sich die Macht zu 
opfern anmassten. ^ Auch dort hat Gott durch Moses befohlen, dass 
sich das Volk von ihnen trenne, damit es nicht durch seine Verbindung 



338 Drittes Bu€h. Drittes Kapitel. 

mit den Viörbrechenx — desselben Verbrechens schuldig werde. Trennet 
eufih, spricht er, von den Zelten dieser verhärteten Menschen, und be- 
rühret das nicht, was ihnen angehört, damit ihr nicht zugleich mit ihren 
Sünden zu Grunde gehet (Num. 16, 26). — Darum muss das Volk dem 
Befehle Gottes gehorchen, Gott fürchten, und von den sündigen Vor- 
gesezten sich trennen , es darf sich nicht dem Opfer eines sacrilegischen 
Bischofs zugesellen, da es vor allem die Macht hat, entweder würdige 
Bischöfe zu wählen , oder unwürdige zurückzuweisen. 

iy Wir sehen auch , dass dem eine göttliche Auctoritat zu Grunde 
liege, dass der Bischof in Gegenwart des Volkes vor den Augen aller 
gewählt, dass er als würdig und tüchtig durch das allgemeine Urtheil 
und Zeugniss erprobt werde, wie Gott dem Moses in dem Buche Nu- 
meri mit den Worten befiehlt: Nimm den Aaron deinen Bruder, und 
seinen Sohn Eleazar, und führe sie auf den Berg vor der ganzen Ver- 
sammlung, und dem Aaron ziehe aus sein Gewand, und bekleide damit 
Eleazar seinen Sohn, und Aaron wird daselbst zu seinen Vätern ver- 
sammelt werden und sterben (Num. 20, 25). Gott befiehlt, dass die 
Hohenpriester vor der ganzen Versammlung aufgestellt werden, das ist, 
er ordnet an und zeigt, dass die Ordination der Bischöfe nicht anders, 
als unter Mitwissen des gegenwärtigen Volkes geschehen solle, dass inoi 
Angesichte des Volkes entweder die Verbrechen der Bösen aufgedeckt, 
oder die Verdienste der Guten verkündigt werden, und damit eine Or- 
dination gerecht und legitim sei, welche durch die Stimmen und das 
Urtheil aller ist geprüft worden. — Diess wird auch nacher — ent- 
sprechend den göttlichen Vorschriften — in der Apostelgeschichte beob- 
achtet, da Petrus über die Einsezung eines Apostels an die Stelle des 
Judas spricht : Es stand Petrus — heisst es — in der Mitte der Jünger 
auf, es war aber die Schaar (der 120) beisammen (Ap. G. 1, 15). — Man 
beobachte, dass die Apostel dieses nicht bloss bei den Ordinationen 
der Bischöfe und Priester, sondern auch der Diakone beobachtet haben, 
worüber gerade in ihrer Geschichte steht: Die Zwölfe riefen die ganze 
Menge der Jünger zusammen , und sie sprachen zu ihnen ( Ap. G. 6, 2). 

— Diess wurde gewiss darum so sorgfältig und vorsichtig nach der 
Berufung des ganzen Volkes vollzogen, damit keine Unwürdigen zum 
Dienste des Altars, oder zu der priesterlichöi Würde sich heranschleichen. 

— Denn, dass zuweilen Unwürdige, nicht nach dem Willen Gottes, 
sondern menschlicher Anmassung gewäJbdt, und dass solches Gott miss- 
fällig sei, was nicht in einer vorschriftmässigen und gerechten Wahl 
seinen Grund hat, das erklärt Gott, wenn er durch den Propheten Oseas 
sagt: Sie haben sich selbst einen König gesezt, aber nicht durch mich 
(Os. 8, 4). 

5) Darum muss gemäss der göttlichen L^e und der apostolischen 
Uebung sorgfältig das beobachtet und festgehalten werden, was auch 
bei uns und ÜAst in allen Provinzen beobachtet wird, dass zur richtigen 



$. 1. Der Brief Cyprian^s an die GemeiBden von Astorga etc. 299 

Abhaltung der Ordination bei derjenigen Gemeinde, für welche ein Vor- 
steher ordinirt wird, die nächsten Bischöfe derselben Provinz zusammen- 
konmien , imd dass der Bischof in Gegenwart des Volkes erwählt werde, 
welches das Leben eines jeden am genauesten kenne, und das Thun 
und Lassen jedes aus dem Umgange mit demselben durchschaut habe. 
Wir sehen, dass dieses auch bei euch geschehen sei, bei der Ordination 
unsers Amtsgenossen Sabinus, dass nach dem Gutachten aller Brüder, 
und nach dem Gutachten der Bischöfe , die an Ort und Stelle gekommen, 
und derjenigen, welche über ihn an euch geschrieben hatten, das Bis- 
thum ihm übertragen — und ihm — an die Stelle des Basilides — die 
Hände aufgelegt wurden. Eine mit Recht vollbrachte Ordination kann 
es nicht mehr aufheben, dass Basilides, nach Entdeckung seiner Ver^ 
brechen, und — nachdem sein Schuldbewusstseyn noch durch dos eigene 
Bekenntniss offenbar geworden, nach Rom gieng, und unsern so weit 
entfernten Amtsgenossen Stephanus, welchem die Thatsachen und der 
Thatbestand nicht bekannt war, täuschte, so dass er es dahin . brachte 
(ut exambiretjf dass er mit Unrecht in sein Bisäium wieder eingesezt 
wurde, dessen er mit Recht entsezt worden war. Diess ist so gewiss, 
dass des Basilides Verbrechen nicht so fast au%ehoben, als vermehrt 
sind, so dass zu seinen £rühern Sünden auch noch das Verbrechen der 
Arglist und der Täuschung hinzugekommen. — Denn deijenige ist nicht 
so fast zu beschuldigen, welcher — sich gehen lassend *~ getäuscht 
wmrde, als jener zu verwünschen ist, welcher als Betrüger getäuscht 
hat. — Wenn aber Basilides Menschen getäuscht hat, so kann er Gott 
nicht täuschen, da geschrieben steht: Gott lässt seiner nicht spotten 
(GaL 6, 7). Aber auch dem Martialis kann, die Falschheit nicht von 
Nuzen seyn, dass auch er, von schweren Verbrechen belastet, das bischöf*- 
lidie Amt nicht behalten darf, da auch der Apostel mahnt (Tit. 1,7): 
Ein Bischof muss untadelfaaft seyn als Verwalter Gottes. 

6) Da demnach nach eu^em Schreiben, geliebteste Brüder, und 
wie unsere Amtsgenossen Felix und Sabinus versichern, und wie ein 
anderer Felix von Saragossa, ein Anhänger des Glaubens und Verthei- 
diger der Wahrheit, in seinem Briefe anzeigt, Basilides und Martialis 
— durch das fluchwürdige Zeugniss des Gözendienstes befleckt sind, 
Basilides zudem noch, neben der Mackel des Libell's, als er an einer 
Krankheit damiederlag, Gott gelästert und seine Lästerung eingestan- 
den hat, da er, von seinem bösen Gewissen verfolgt, freiwillig das 
Bisthum niedergelegt und sich zur Uebemahme der Kirchenbusse ango^ 
schickt hat, indem er Gott um Gnade bat, und sich noch Glück wünschte^ 
wenn er wenigstens in der Kirchengemeinschaft der Laien stände, Mar- 
tialis sodann ausser der Theilnahme an den schändlichen und schmal- 
zigen Gastmalen der Heiden, an denen er in einer (heidnischen) Ge^ 
nossenschaft lange Theil nahm, und seine Söhne in demselben CoUe- 
gium — nach der Sitte der fremden Völker — bei ausserkirchlidnen 



240 Drittes Bach. Drittes Kapitel. 

Grilbem aussezen, und zwischen Heiden begraben liess, da er auch 
nach einer öffentlich gepflogenen Verhandlung vor dem Procurator Duce- 
narius eingestanden hat, dass er sich dem Gözendienste unterworfen^ 
und Christus yerleugnet habe, und noch andere viele und schwere Ver- 
brechen Torliegen, von denen Basilides und Martialis beschwert sind, 
so massen solche vergebens sich das bischöfliche Amt an , da es am 
Tage liegt y dass derlei Menschen weder der Kirche Gottes vorstehen, 
noch Gott Opfer darbringen können: vorzüglich da schon längst , in 
Vereinigung mit uns und überhaupt mit allen in der ganzen Welt ein- 
gesezten Bischöfen auch unser Amtsgenosse Cornelius , ein friedliebender 
und gerechter Hoherpriester, der auch die Gnade des Martjrthums von 
Gott erlangt; verordnet hat, dass solche Menschen zwar zur Uebemahme 
der Busse zugelassen , von der Ordination unter den Clerus aber und 
der bischöflichen Würde ausgeschlossen seien. 

7) Das soll euch auch nicht beunruhigen , geliebteste Brüder, wenn 
bei einigen in den lezten Zeiten entweder der schwache Glaube wankt, 
oder die mangelnde Furcht Gottes schwankt, oder die friedliche Ein- 
tracht nicht besteht. — Es ist vorher verkündigt, dass dieses am Ende 
der Welt eintreffen werde, es ist durch den Ausspruch des Herrn, und 
die Betheuerung der Apostel vorausgesagt, dass, wenn die Welt schon 
untergehen, und der Widerchrist sich nähern werde, alles Gute nach- 
lassen, das Böse aber und das Widrige zunehmen werde. 

8) Doch ist, ob auch in diesen lezten Zeiten, in der Kirche Gottes 
die Ejrafk des Evangeliums noch nicht so gesunken , die Stärke der christ- 
lichen Tugend oder des Glaubens noch nicht so erlahmt, dass nicht 
eine Anzahl Bischöfe übrig wäre, die keineswegs bei diesem Sturze der 
Dinge, bei diesen Schiffbrüchen des Glaubens erliegen, welche vielmehr 
stark und standhaft die Ehre der göttlichen Majestät und der bischöf- 
lichen Würde — mit voller Beobachtung der Ehrfurcht bewahren. Wir 
sind dessen eingedenk und halten es fest, ogleich die übrigen erlagen 
und nachgaben, dass Mathatias (LMacc. 2, 19, 20) das Gesez Gottes tapfer 
vertheidigt habe, dass Elias (UI. Kön. 19, 10), als die Juden abfielen, und 
die Religion Gottes verliessen, au&echt gestanden , und unerschüttert ge- 
stritten habe ; dass Daniel (6, 10, 21 — 22) weder durch die Verbannung 
in ein fremdes Land, noch die Bedrängniss einer beständigen Verfolgung 
eingeschüchtert — oft und muthvoU rühmliche Bekenntnisse abgelegt, 
dass ebenso die drei Knaben, weder durch ihre Jugend noch durch 
Drohungen eingeschüchtert, den Flammen Babylons standhaft entgegen- 
gehend, in ihrer eigenen Gefangenschaft den siegreichen König besiegt 
haben. Es möge die Zahl der Abgefallenen oder der Verräther , welche 
jezt in der Kirche gegen die Kirche sich zu erheben, und ebenso den 
Glauben, wie die Wahrheit zu erschüttern begonnen haben, zusehen. 
Es bleibt doch noch sehr vielen der aufrichtige Sinn, und die unge- 
heuchelte Frömmigkeit, und das nur seinem Herrn und Gott ergebene 



$. 1. Der Brief Cyprian^s an die Gemeinden von Astorga etc. 241 

Gemüth; fremde Treulosigkeit legt den christlichen Glauben noch nicht 
in Trümmer, sondern erweckt ihn vielmehr, und. erhebt ihn zur Glorie, 
wie der selige Apostel Paulus ermahnt und spricht (Rom. 3, 3 — 4): Wie 
aber, wenn einige von ihnen vom Glauben abgefallen sind, hat dann ihre 
Untreue die Treue Gottes zu nichte gemacht? Das sei ferne. — Denn 
Gott ist wahrhaft, jeder Mensch aber ist ein Lügner. Wenn jeder Mensch 
ein Lügner ist, und Gott allein wahrhaftig, was müssen wir Diener 
Gottes, und besonders wir Priester anderes thun, als dass wir die mensch- 
lichen Irrthümer und Lügen verlassen, und, iadem wir die göttlichen 
Gebote bewahren, in der Wahrheit Gottes verharren? 

9) Obgleich (iaher eiQige von unsern Ämtsgenossen sich gefunden 
haben, geliebteste Brüder, — welche meinen, dass man die göttliche 
Disziplin vernachlässigen dürfe, und welche keck mit Martialis und Ba- 
silides Gemeinschaft halten , so darf doch eine solche Erscheinung unsern 
Glauben nicht verwirren, da der heilige Geist bei dem Psalmisten solchen 
mit den Worten droht (Ps. 29, 17 — 18): Du aber hasstest die Zucht, 
und hast meine Worte hinter dich geworfen. Wenn du einen Dieb 
sähest, so liefest du mit ihm, und mit den Ehebrechern hattest du Ge- 
meinschaft. Er zeigt, dass diejenigen theilhaft und mitschuldig fremder 
Fehler werden, welche mit den Fehlenden sich verbunden haben. Das- 
selbe sagt der Apostel Paulus: Ohrenbläser, Ehrabschneider, Gottes- 
verächter, Lästerer, Uebermüthige , Prahler, Erfinder von Schlechtig- 
keiten, welche, obgleich sie das Gericht Gottes erkannten, doch nicht 
einsehen 9 dass nicht bloss diejenigen des Todes schuldig sind, welche 
solches vollbringen, sondern auch jene, welche ihnen beistimmen (Rom. 
1, 30 — 32). — Er spricht es aus, und beweist, dass des Todes würdig 
seien, imd der Strafe nicht bloss die anheimfallen, welche Uebles thun, 
sondern auch die Beistimmenden, welche, während sie Bösen, Sün- 
dern und ünbussfertigen in unerlaubter Gemeinschaft sich zugesellen, 
durch die Sünden der Schuldigen befleckt werden, und während sie in 
der Schuld sich mit ihnen verbinden, auch in der Strafe von ihnen 
nicht getrennt werden. — Darum loben wir zugleich und billigen die 
gewissenhafte Sorgfalt eueres wahren Glaubens, geliebteste Brüder, und 
soweit wir es vermögen, ermahnen wir euch durch imsere Briefe, dass 
ihr mit profanen und besudelten Bischöfen euch nicht in eine sacrilegische 
Gemeinschaft einlasset, sondern dass ihr die ganze und aufrichtige Festig- 
keit eueres Glaubens in frommer Furcht bewahret. — Ich wünsche, 
geliebteste Brüder, dass es euch inuner wohl ergehen möge. 



Gamiy «pan. Kirche. 16 



242 Drittes Buch. Drittes Kapitel. 

§, 2. Folgerungen aus diesem Briefe für die damalige Lage 

und Ausbreitung der Kirche in Spanien. 

Es wird von allen Seiten zugestanden, dass zuerst im südlichen 
Spanien ckristliche Gemeinden und Bisthtimer entstanden sind ^). — Jezt 
finden wir aber im Westen und Nordwesten von Spanien Bischöfe, einen 
Bischof wenigstens für Astorga und Leon , einen Bischof für Saragossa, 
einen Bischof von Merida. Dass es einen Bischof von Tarragona um 
diese Zeit gegeben, wissen wir aus einer andern Quelle. Um so zahl- 
reicher, dürfen wir schliessen, werden in dieser Zeit die Bisthümer in 
Südspanien gewesen seyn. Denn noch zwei Klassen von Bischöfen wer- 
den in dem Briefe des Cyprian angeführt, einmal die Bischöfe, welche 
den Sabinus schriftlich empfahlen, und welche zu seiner Ordination 
gegenwärtig waren, sodann die Bischöfe, welche mit dem von Papst 
Stephan wieder eingesezten Basilides und mit Martialis Kirchengemein- 
schaft hielten. Wo diese Bischöfe ihre Size hatten, wird nicht gesagt; 
die Vermuthung aber spricht für den Süden von Spanien. 

Baronius — zum J. 258 — nennt den Basilides Bischof von Leon, 
den Martialis Bischof von Astorga. Ebenso wird in der Conciliensanam- 
lung von Labb^-Coleti — das Concil von Carthago in das J, 258 ge- 
sezt, und die beiden Bischöfe Leon und Astorga zugetheilt ^), Ihnen 
ist in neuerer Zeit der Anglikaner Routh gefolgt^). — An sie hat sich 
ferner Ellies Dupin angeschlossen *). Nebstdem hat Dupin Verschiedenes 
in dön Brief des Cyprian's hineingelegt, was andere nicht darin finden. 
Nach ihm giengen beide abgesezte Bischöfe nach Rom, nur — damit 
Papst Stephan sie zu seiner Gemeinschaft zulasse, während doch Cyprian 
nur von Basilides sagt, dass er dorthin gegangen; und sie hätten ge- 
meint, diess (die Zulassung zur Communio des Papstes) könne viel zu 
ihrer Wiedereinsezung beitragen, während doch Cyprian bestinmat sagt, 
Basilides habe bei dem Papste Wiedereinsezung in sein Amt sich er- 
schleichen wollen*). — Es mag seyn, dass dem Gallikaner El. Dupin 

— eine so directe Anerkennung des römischen Primates von einem 
Spanier nicht mundgerecht war, wesswegen er die Sache abschwächt. 

— Fälschlich sagt Dupin weiter, dass der Clerus und das Volk von 
Spanien an Cyprian geschrieben, während. doch nur drei Briefe oder 



*) Lembke, Geschichte von Spanien, 1831, 1,128. 

•) ColiecUo regia conc, — ed, Coletif Venetüt 1728, t, i, 765. 

*) Routh, reliquiae sacrae — t 1, p, 77 und 122, 

*) Dupin, nouveUe bibliotheque des auteurs eccUsuuiiques — t 1, Utrecht 1731 — 

p. 163 — 164 (S. Cyprien) — Baailide et Martial, Pun ^vSque de Leon, et VcaOre, 

d^ÄMtorgue. — Ebenso Fleury, Hist, ecclet. L 7. nr, 23, 
*) Ut examhvret repom se injuste in epiecopaium. 



$. 2. Folgerungen aus diesem Briefe ftir die damalige Lage etc. 243 

Schreiben erwähnt werden — der Brief der Gemeinden Astorga und 
Leon, sowie der Brief der Gemeinde Merida, und der besondere Brief 
des Felix von Saragossa. Femer sagt Dupin, Cyprian schrieb an Clerus 
und Volk von Leon und Astorga, statt zu sagen, an die Gemeinden 
von Leon, Astorga und Merida. Der genauere Tillemont hat den von 
Baronius begangenen, und auf andere übergegangenen Irrthum be* 
richtigt ')• 

Es waren zwei Bischöfe, Basilides und Martial, von welchen der 
eine Bischof von Leon und Astorga war, „denn es scheint, dass diese 
nur eine Kirche waren^, und der andere von Merida. Sabinus wurde 
gesezt an die Stelle des Basilides, Felix an die des Martial. Sabinus 
wurde gewählt durch das Volk und die Bischöfe, welche selbst darüber 
an das Volk geschrieben hatten. Basilides aber gieng nach Rom, sei 
es, um sich von dem Papste wieder einsezen zu lassen, wie die Aus- 
drücke des Cyprian anzunehmen einigen Anlass geben ^), sei es bloss, 
um als Bischof zu der Gemeinschaft des Papstes z^gelassen zu werden. 
Cyprian sage nicht ausdrücklich, dass Martial ebenso gethan; doch schdne 
er es anzudeuten , so er sage , dass seine Tücke ^) — seine Unfähigkeit, 
Bischof zu seyn, nicht aufheben könne. — Tillemont sezt das Concil 
in das J. 254, und nennt es ein Concil von achtundzwanzig Bischöfen, 
da es vielmehr mit „Cyprian siebenunddreissig sind*'. Durch „eine noth- 
wendige Folge^ sei die Wahl von Sabin und Felix „ratifidrt*' worden. 

Treffend aber bemerkt Tillemont — zu der Adresse an den Diakon 
Lälius von Merida, „dass dieser umstand zu sagen zwinge, dass damals 
kein Priester^ in Merida war. — Noch die Synode von Elvira zeigt, 
— c. 77 — dass es nur von Diakonen regierte Gemeinden in Spanien 
gab. Ebenso passend ist die Hinweisung auf die Worte des Gregor von 
Nazianz^), dass Cyprian, wie auch aus dieser spanischen Gesandtschaft 
an ihn sich ergebe, nicht bloss der Kirche in Afrika vorstand, oder 
der von Carthago, die sein Name so berühmt gemächt, sondern dem 
ganzen Abendland , ja fast allen Nationen des Orients , des Nordens und 
des Südens^ welche voll der Bewunderung seiner Tugend waren. 

Remy Ceillier*), der in der Regel in den Fussstapfen Tillemont's 
gewandelt, hält den Basilides für den Bischof von Leon und Astorga, 
den Martial von Merida (ohne Beweis). Nebstdem enthält seine Analyse 



*) TUlemontf M^oires paur servir etc, t4 — (Paris 1696) — />. iS3 — 35 — Ä Cy- 

prien — article 40, — BasiUde et Martial surprennent U pape Etienne; €t $&nt en- 

suite condamnez par le condU d^Äfirique, 
*) Donnent quelque Heu de U crovr. 
') FaUada, 

*) Gregor. Naz, orat 18 (24), 
*) Rer/ttf Ceiüiet, histoire gin&ak des auieurs saerib et eceUiiastiquee •— t 3 (1732) 

p, 283 -^84. — p, 593 -^95. — (Neueste Ausgabe) t 2 (Parti 1858), p.265; 

p. 562 ^ 64. 

16' 



244 Drittes Bach. Drittes Kapitel. 

des Briefes von Cyprian wiederholte Ungenauigkeiten ; z. B. dass Felix 
von Saragossa wegen seines Eifers in Afrika bekannt gewesen, sowie 
Cyprian erkenne an, dass die beiden Neuwahlen nach der Regel ge- 
schahen seien, was er ja nur von der Wahl des Martial sagt. 

Der Benedictina: Gottfi*. Lumper sezt das Concil von Carthago auch 
in das J. 254. Basilides war nach ihm Bischof von Leon, Martial von 
Merida. Mit Unrecht sagt er, dass „die Bischöfe Spaniens durch ihre 
Gesandten Felix und Sabinus den Cyprian um Rath gefragt, was mit 
den zwei andern anzufangen sei^ ^). 

Der Kardinal Aguirre^), ein Spanier (f 1699), hat seiner Ausgabe 
der Concilien Spaniens eine eigene Abhandlung über die Sache der bei- 
den abgesezten Bischöfe einverleibt, worin er schon in der Aufisichrift 
Basilides Bischof von Leon, Martialis von Astorga nennt, und überhaupt 
die Frage mehr verwirrt, als entwirrt. Ich führe nur ein Beispiel an. 
Es werden, sagt Aguirre, im Briefe des Cyprian nur zwei Felix er- 
wähnt; der Felix, welcher den Brief geschrieben , und der Felix, der 
ihn mit Sabinus überbracht, Bischof von Leon oder Astorga. — Und 
doch hat deutlich Cyprian einen dritten Felix genannt, den von Sara- 
gossa; aber — meint Aguirre, dieser dritte sei eben der Priester Felix, 
dem Cyprian schreibt. Darin hätten sich Baronius, der Spanier Morales^) 
und viele andere geirrt, dass sie den dritten Felix als Bischof von Sara- 
gossa angesehen — ^weil sie den Brief des Cyprian nicht genau genug 
gelesen'^. 

Die übrigen Lrrthümer übergehe ich. Nur als Curiosum bemerke 
ich es, weil Aguirre selbst es bemerkenswerth gefunden, dass, während 
er diese Abhandlung über Basilides und Martial zu Salamanca schrieb, 
er den 18. September 1686 von Rom die Nachricht seiner Erhebung 
zum Kardinalate erhielt^). — Der Purpur aber hat ihn nicht irrthums- 
los gemacht. 

Florez hatte Grund genug, den Thatbestand näher, als die Vorgänger, 
zu untersuchen*). — Die Ueberschrift des Briefes laute: an den Prie- 
ster Felix, und an die ,,vecino8^^ — (Nachbarn oder auch Einwohner), 
d. h. an die beiden Gemeinden von Leon und Astorga. Hier sehen wir 
-^ Merida an zweiter Stelle. — Leon und Astorga bildeten aber eine 



*) Lumpeff Historia theologica critica de vüa, scriptis atque doctrina SS, P, — t. ii. 
— Augsburg 1795, p. 344 — 45. 

') Aguirre, Saenz de, Collectio maxima conciliorum Hispaniae et novi orbi*. Romae 
1693 — P4 — ^vol — Romae 1753 — 6 vol c, Jos, Caialom — ich citire nach 
beiden Ausgaben — ed. 1 — t. 1, p. 203 - 212, DinertaHo XIV — ds cmua Bon- 
Udis Legionensts et MartiaUs ÄMturicensis ad annum drciter 257, 

*) Moralet Antiq, 19, 45, 

*) Er hat gegen die gallicanische Kirche Ludwig's XIV. und seiner Helfershelfer, 
und über die Theologia s, ÄMehni geschrieben. 

^) Egpanna sctgrada, 13, tr, 41, cp, 8 (p. 133 sq.), — beim Bisthume Meri4a. 



$. 2. Folgerungen aus diesem Briefe für die damalige Lage etc. 245 

Kirche. Hätten beide Kirchen zwei Bischöfe gehabt, so hätte jede Kirche 
für sich schreiben müssen. — Aber woher weiss Florez, dass sie es 
nicht thaten? — Mit vollem Rechte aber hält er daran fest, dass der 
eine der Bischöfe von Leon und Astorga, der andere es von Merida 
gewesen. — Die Anweisung der Bischöfe, des Basilides auf Leon, des 
Martial auf Merida, geschehe in Kraft der Ordnung, in welcher Cyprian 
die Städte, und die abgesezten Bischöfe nenne. Da Cyprian den Basi- 
lides stets als den ersten nenne, den Martial als zweiten, so sage man 
mit Grund, dass lezterer Bischof von Merida gewesen. — In Rom habe 
Basilides dem Papste vorgelogen, dass ein anderer Bischof an seine Stelle 
sich eingedrängt. Da man in Spanien stets grosse Ehrfiirdit vor dem 
Stuhle Petri gehabt, so haben sich einige Bischöfe auf die Seite der 
Abgesezten gestellt (und es ist zweifelhaft, ob sie dadurch Unrecht gethan). 
An Cyprian nun, der wie die Sonne unter den Sternen war, wurden 
die beiden Neugewählten selbst gesendet, „damit sie mündlich und aus- 
führlich den ganzen Verlauf berichteten*' *). Cyprian vereinigte sechs- 
nnddreisig Bischöfe um sich. Es ist sehr glaublich, dass mit der Ant- 
wort der Afrikaner sich die ganze Unruhe gelegt. „Indess sorgten die 
Gemeinden sicher dafür, dem Papste Stephanus die von Basilides ihm 
verhehlte Wahrheit initzutheilen , und gewiss wird er darauf sicher den- 
selben Ausspruch gethan haben, wie die Kirche von Afrika ihn gethan, 

— die sich bei demselben ja auf einen Beschluss des Papstes Cornelius 
stüzte. — So werden wohl Martial und Basilides ihres Bisthumes ent- 
sezt geblieben seyn. 

Diese Erklärung des Florez sticht wohlthuend ab von allen frühem, 

— und wir können ihr in den meisten Punkten beitreten. Was man 
nicht wissen kann , das will er nicht wissen , und was man wissen kann, 
leitet er natürlich aus den Worten Cyprian's ab. — Auch trete ich 
seiner weitem Meinung bei, es sei „wahrscheinlich, dass Sabinus imd 
Felix von Carthago sich nach Rom einschifiBten , um dem Papste über 
den Hergang bestinmiten Bericht zu erstatten*^ *). 

Völlig aber weicht meine Ansicht ab *) von der des Florez in der 
Frage über die Bisthümer, welchen die vier genannten Männer vor- 
gestanden. 

Auch die BoUandisten halten den Basilides für den Bischof von 
Leon und Astorga^). Von Basilides sei es gewiss, dass er nach Rom 



') jfPara que estos informassen de palabra y pw extenso de todo lo que passaba^ — 
Florez, 13, 138. ^ 

') Den Brief Cyprian's sezt in das J. 254 noch Job. Fell; Tülemont die Abseznng 
252 ein Jahr vor dem Poiitiilcate Stephanus, in das J. 254 die Reise des Basi- 
lides nnd die Antwort des Cyprian. 

») Florez, 13, 140 (»Felix«). 

^ Acta Sanct, 1 1 AuguBÜ, p, ti4^i6, 



246 Drittes Buch» Drittes Kapitel, 

gegangen y von Martial sei es wahrscheinlich. — Sie nehmen den Papst 
Stephan in Schuz gegen die Beschuldigungen Cyprian's. Vielleicht, dass 
diesem selbst etwas Menschliches begegnet sei , was in diesem Briefe des- 
selben gesagt sei, das habe man gesagt und beschlossen, ohne den an- 
dern Theil (den Papst) zu hören, d. i. ^^bloss nach dem Berichte der 
Gesandten, welche die an die Stelle der abgesezten eingesezten Bischöfe 
waren. Konnten aber diese in ihrer eigenen Sache geeignete Zeugen 
seyn? Konnten sie nicht den Cyprian ebenso leicht täuschen, wie Ba- 
siÜdes den Stephan? War denn Rom von den Gegenden, wo dieses 
vorgegangen, umsoviel weiter entfernt, als Carthago*), dass der Betrug 
nach Born dringen, nach Carthago aber nicht dringen konnte? Oder 
war denn ein so häufiger Verkehr zwischen den Carthaginensem und 
Spaniern, die durch kein Band der kirchlichen Jurisdiction verknüpft 
waren; war eine so seltene Verbindung der Spanier mit Rom, welches 
das politische und das kirchliche Haupt von Spanien war, so dass, was 
in Spanien geschah, nicht viel besser Stephanus zu Rom wissen und 
prüfen konnte, als Cyprian in Carthago*^? 

§. 3. Das Bisthum des Basilides und Sabinus einerseits, des 

Martial und Felix anderseits. 

Seit Tillemont ist es ziemUch allgemeine Annahme, dass Basilides 
Bischof von Leon und Astorga, Martial von Emerita war. , Deutlich 
geben Florez und Risco den Grund dieser Annahme an. Cyprian sagt 
es nirgends. Aber Cyprian nennt Leon und Astorga vor Emerita, er 
nennt den BasUides vor Martial, also war jener Bischof von Leon imd 
Astorga^), Einen andern Beweis hat weder Florez noch ein anderer 
für ihre Annahme geführt. 

Diess ist offenbar kein Argument ; und es ist wohl keine Anmassung, 
gegen den einstimmigen Consens der vorangegangenen Schriftsteller ein 
Separatvotimi abzugeben , auch auf die Gefahr hin , dass ich Windmühlen 
gegen Windmühlen in den Kampf führen sollte. — Warum nennt denn 
Cyprian den Presbyter Felix von Leon zuerst? Die Antwort liegt nahe 
— weil dieser eben ein Priester war; und den Diakon Lälius von Me- 
rida nennt er nachher, weü dieser als Diakon auf der hierarchischen 
Leiter eine Stufe niederer stand, als Felix. Hätte Cyprian in demselben 
Briefe an einen Bischof geschrieben, so hätte er den Namen des Bischofes 
zuerst, dann den des Priesters, hierauf den des Diakons, zulezt den der 



Von Rom war es noch etwas näher, als von Carthago. Dazu kommt der be- 

ständige Verkehr — zwischen Rom und Spanien. 
*) Diess ist nicht einmal rhchtig; denn einmal sagt Cyprian: per Felicem et Sabinum 

coSpücopos nostros; — Felix aber war unbestritten Nachfolger des Martialis; — 

und wieder; ut FeUx et Sabinus coUeffoe nostri asseverant 



J. 3. Das Bistham des Batilides ond Sabina« einerseits, etc. 247 

Laiengemeinde gtoannt. — Den Basilides nennt Cyprian aber nicht 
zuerst, weil er Bischof von Leon, sondern weil er der grössere , der 
mehr hervortretende Mann war, der den Martial gleichsam nach sich 
gezogen hatte. — Basilides war nach Rom gegangen, nicht Martial; 
und die ganze Angelegenheit des Condls von Carthago hatte eben in 
seln^ Reise nach Rom ihren Grund. Basilides als Urheber der Ver- 
wirrung wird von Cyprian vorangestellt, weil er ^prapter potiarem m۟i^ 
tumtaUm^^ sich zu der „CaUudra Petri^ begeben hatte, zu welcher 
»pt&pter potiortm principälitaUm^^ alle von allen Seiten zusammenkom- 
men müssen. 

Aus der Voranstellung seines Namens folgt nidht^ dass er Bischof 
von Leon-Astorga, oder von Astorga-Leon war. Entweder muss man 
es dahingestellt seyn lassen, ob er in Merida, oder in Astorga-Leon 
Bischof war; oder wenn man sich für einen Siz entscheiden wül, muss 
man sich nach andern Sttizen der Entscheidung umsehen. — Ich spreche 
die Ansicht aus, dass Basilides und sein Nachfolger Sabinus Bischöfe 
von Merida, dass Martial und Felix Bischöfe von Astorga waren. 

Der Name Basilides kommt, mit Ausnahme des bekannten Kezers, 
in dieser ersten Zeit der Kirche nirgends vor. Es ist ein acht heidni* 
scher Name, und hat in der Kirche so zu sagen niemals das Bürger- 
recht erlangt; wie denn auch Basilides von Merida ein ächter Heide 
war. — Ein Bischof dieses Namens kommt später vor; er unterschrieb 
auf dem Concil von Constantinopel im J. 381. — Ein anderer Basilides 
war ein Heide, welcher als Nachrichter die heilige Potamiaena zur Hin- 
richtung führen sollte. Den wilden abscheulichen Pöbel, der sie mn- 
schwärmte , hielt er ab von ihr. Sie versprach ihm, dass sie nach ihrem 
Tode für ihn beten werde *). Er aber — wurde Christ und Märtyrer. 
Noch kommt bei Eusebius ein Basilides als Bischof von Pentapolis vor ^). 

Der Name Sabinus kommt in den Concüien vierzehnmal vor, und 
mit unserm Sabinus fünfzehnmal. Für das Morgenland sechsmal: 1) Sa- 
binus von Ascalon — zu Nicäa 325. — 2) Sabinus zu Antibchien — 
377. — 3) Sabinus zu Ephesus, 431. — 4 — 5) Sabinus zu Chalcedon, 
451 — zweimal. — 6) Ein Diakon Sabinus zu Constantinopel, 531. — 
Dreimal kommt der Name in It^en vor: 1) Sabinus, Diakon von Mai- 
land, auf der römischen Synode von 369. — 2) Sabinus, Bischof von 
Piacenza, auf der Synode zu Aquileja, 381 % — 3) Bischof Sabinus 
von Canusium — zu Rom 531. — Einmal kommt ein afrikanischer Bi- 
schof Sabinus vor, 411 auf dem Religionsgespräch zu Carthago, 416 
auf der Synode zu Mileve. Zweimal kommt der Name in Gallien vor, 
im J. 452 als Unterschrift eines Bischofs ; im J. 506 unterschreibt Sa- 
binus, Bischof von Alby, auf der Synode von Agde. 



*) Euseb. h, e. 6, 5, ^) Euseb. 7, 26. 

Ambrosius schrieb mehrere Briefe an iho — B. Ceiüierf L 5, p, 4^-^97 (1860), 



248 Drittes Buch. Drittes Kapitel. 

Nebstdem giebt es zwei Martyrbiseböfe dieses Namens, Sabinns, 
Bischof von Spoleto, und Sabinus, ein persischer Bischof^). 

Endlich kommen drei (vier) Spanier vor, welche diesen Namen 
tragen. Von diesen drei Sabinus waren zwei bestimmt aus der Stadt 
Sevilla. Sie sind der Bischof Sabinus zu Elvira — J. 306. Es ist dieses 
wohl derselbe Sabinus, welcher in den Martyrakten der heiligen Justa 
und Rufina Gabinius genannt wird. — löO Jahre spliter erscheint wieder 
ein Bischof mit dem Namen Sabinus von Sevilla, welchen wir nicht aus 
einer Unterschrift in Concilien, sondern aus dem Chronisten Idatius 
kennen. Idatius sagt, dass Sabinus um das J. 441 durch eine Faction aus 
seiner Stadt vertrieben, imd an seiner Stelle ein gewisser Epipbanius 
eingesezt worden sei ^). Später berichtet derselbe Idatius , dass Sabinus 
nach einer Verbannung von zwanzig Jahren, von Gallien in sein Bis- 
thum zurückgekehrt sei ^). — Neben diesen beiden Sabinus nennen zwar 
verschiedene Verzeichnisse noch andere Bischöfe von Sevilla;' von den- 
selben ist aber sonst keiner durch geschichtliche Documente beglaubigt, 
so dass wir vom J. 286 bis 461 eben nur die Namen dieser beiden Sa- 
binus bestimmt kennen. Es wäre darum auch die Vermuthung nicht 
gerade an sich unbegründet^), anzunehmen, dass während dieser ganzen 
Zeit Bischöfe aus der Familie der Sabini in Sevilla gewesen. 

Ein dritter Sabinus unterschreibt sich im J. 314 auf der ersten Sy- 
node zu Arles als Presbyter „aus der bätischen Stadt*. Da sonst von 
einer Stadt Bätis oder Bätica nichts bekannt ist, deren Name nur noch 
einmal bei Strabo vorkommt, so neigt sich die Mehrzahl der Erklärer 
zu der Annahme, dass darunter Sevilla zu verstehen sei. 

Ein neues Gewicht erhält diese Ansicht durch die Erwägung, dass 
der Name „Sabinus* in den ersten Jahrhunderten gleichsam ein Stanmi- 
name der Bischöfe und hervorragenden Priester in Sevilla sei. — Dieser 
Sabinus war wohl ein jüngerer Verwandter jenes Bischofs Sabinus, der 
zu Elvira unterschrieben hat, — Ja, wenn das Martyrium der heiligen 
Justa und Rufina in das J. 286 fällt, zwanzig Jahre vor die Synode 
von Elvira, wie ich deren Zeitpunkt feststellen zu sollen glaube, so ist 
von meiner Seite kein Hindemiss, anzunehmen, dass jener in den Akten 
„Gabinius* genannte Bischof ein Vorgänger des Sabinus von Elvira war. 

Der Sabinus, der Zahl nach der vierte, der Zeit nach der erste, 
welcher in dem Briefe Cyprian's als Bischof erwähnt wird, war nach 



*) Ruinart f a. m» p. 589, ed,' Manz. 

^) Sahino eptscopo de HispaU /actione depulao, in locum ejus Epiphannu ordinatur ßraude^ 
non jurSf 441. 

') Sabinus episcopus Hispalensis post annoa 20 y quam certaverat esqndius — de Gailüt 
ad propriam rediit ecclesiam — chronicon parvum ~ bei Plorez, 4, 426. — Die Unter- 
schrift eines gallischen Bischofs SabiniVB vom J. 452 kann demnach aach Sa- 
binus IL von Sevilla seyn. 

*) S. Buch 3,6 — 7. 



J. 3. Das Bisthnm des Baailides and SabinnB einerseits, etc. 249 

meiner Ansiebt Bischof , nicht von Leon-Astorga, sondern von Me- 
rida. — Dieser Name hat unter den Bischöfen Spaniens nur^ eine 
locale Verbreitung; er findet sich nur im Süden. — Um das J. 150 
kommt ein reicher Grundbesizer von Sclaven in der Provinz Bätika vor, 
in einem bekannten Edikte des Kaisers Antoninus Pius, ivelches ge- 
wöhnlich als Beweis einer beginnenden mildem Behandlung der Sclaven 
angeführt wird'). Es ist möglich, dass die begüterte Familie der Sa- 
binus oder ein Zweig derselben zum Christenthume übertrat, imd dass 
in derselben die bischöfliche Würde eine geraume Zeit erblich wurde. 
— Es ist wahrscheinlich, dass imser Sabinus zur Zeit des Cyprian — 
aus Sevilla stammte, und von Sevilla aus — Bischof der Stadt Emerita 
wurde. 

Von Emerita verbreitete sich das Christenthum nicht nach Sevilla, 
sondern umgekehrt; da es von Acci und seiner Umgegend, von Elvira, 
Illiturgis, Castulo ausgegangen — gieng es nach Westen, über Sevilla 
vielleicht, Astigis und Corduba — nach Emerita. Es ist also auch viel 
wahrscheinlicher, dass der Priester und nachmah'ge Bischof Sabinus — 
von Sevilla nach Emerita gekommen. Cyprian rühmt die Regelmässig- 
keit seiner Wahl; er ist gewählt worden durch die ganze Gemeinde — 
(suffragio); — sodann durch das Gutachten (judicio) der Bischöfe, welche 
zu diesem Zwecke persönlich nach Emerita gekommen waren'). Aber, 
worauf stüzte sich die Abstimmung, das Sufiragium der Gemeinde? Es 
ist wahrscheinlich, dass es sich auf das gute Zeugniss der Bischöfe stüzte, 
welche nicht bloss zur Wahl zusammengekommen, sondern — welche 
auch über diesen Sabinus Briefe an die Gemeinde geschrieben hatten *). 
(Offenbar waren diese Briefe nur an die eine der Gemeinden gerichtet; 
denn sie konnten nicht wohl zugleich an die von Leon-Astorga, und. 
die von Merida geschrieben seyn, da ja nur eine Gemeinde den Sabinus 
wählen konnte.) — Wozu bedurfte es Briefe über Sabinus, wenn dieser 
der Gemeinde von Emerita persönlich bekannt, wenn er schon vorher 
in dieser Gemeinde gewirkt hatte? Diese Empfehlungsbriefe „über*' 
Sabinus haben aber einen Grund und Sinn, wenn Sabinus Priester in 
Sevilla war, und etwa durch den Bischof von Sevilla, etwa mit Bei- 
ziehung der Bischöfe von Cordoba, Astigi oder Egabra, der Gemeinde 
von Merida empfohlen wurde. 

Es ist schon bemerkt, dass die Adresse an den Diakon Lälius in 
Merida — im Briefe Cyprian's den Schluss nahe legt, dass es um diese 
Zeit gar keinen Priester in Merida gab; — und darum, wenn es sich 



') Digest I, 6, 2, ex rescripto divi Pü ad AeUanum Mardanum, procontuUm Baeticae. 

*) In praeaentia conuenerani 

*) Quigue de eo tid vos UUercu fecerctnt 



250 Drittes Buch. Drittes Kapitel. 

um die Wahl eines Bischofs handelte, musste man sich nm einen aus- 
wärtigen Priester umsehen. Mit und nach dieser schriftlichen Empfehlung 
kamen die Bischöfe selbst nach Merida, der von Sevilla; vieUeicht auch 
der von Corduha, Afitigi, Castulo, Tucci oder Egabra. Drei Tagereisen 
trennen Sevilla, Astigi und Cordova von Merida. — In ihrer Gegen- 
wart und auf ihre Empfehlung hin wurde der Priester Sabinus zum 
Bischöfe gewählt. Die Bischöfe hatten ihren „Rath^ gegeben; die Ge- 
meinde gab ihre Zustimmung. 

Dieses ist eine bestimmt verbürgte Thatsache, dass die Wahl des 
Sabinus nach der kirchlichen Vorschrift und in der Gegenwart der Bi- 
schöfe vor sich gieng. Nehmen wir nun aber an, Sabinus sei für Leon - 
Astorga gewlfhlt worden , so liegt denn doch die Frage sehr nahe, welche 
Bischöfe konnten denn nach Leon oder Astorga kommen? Die Spanier, 
besonders Aguirre und Bisco, werden nicht müde, zu sagen, die be- 
nachbarten Bischöfe seien nach Leon (oder Astorga) gekommen, und 
Sabinus sei erwählt worden. Ich sehe mich weit und breit in der Nach- 
barschaft von Leon und Astorga um, und ich finde nicht, dass es im 
J. 250 — auf viele Tagereisen — einen Nachbarbischof von Leon oder 
Astorga gegeben habe, welche beiden Städte selbst eine Tagereise von 
einander entfernt sind. — Die Spanier, besonders Aguirre und Risco, 
bezweifeln, dass Felix von Saragossa Bischof gewesen. — Dann war 
der schon greise Bischof Fructuosus — der nächste — geschichtlich be- 
glaubigte Nachbar. Er hatte nach Leon etwa zwölf, nach Astorga dreizehn 
Tagereisen. — Von Emerita nach Astorga mochten es acht Tagereisen 
seyn; — eilf in die oben genannten bätischen Bischofsstädte. — Gab 
es vielleicht damals nähere Bischöfe bei Leon? Die Spanier zwar sind 
gleich bei der Hand, und würden sagen, es habe Bischöfe in Lugos 
und Braga (Bracara und Lucus Augusti) gegeben. — Aber den Beweis 
dafür bleiben sie schuldig. — Sie vermögen uns nicht zu widerlegen, 
wenn wir die Ueberzeugung aussprechen, dass es um das J. 250 noch 
keine Bischöfe in Toledo, Bracara und Lugos gegeben, und dass der 
Bischof von Astorga -Leon damals noch der einzige Bischof im Nord- 
westen von Spanien gewesen sei. Dieser aber hatte gar keine Nachbar- 
bischöfe ; also konnten auch die benachbarten Bischöfe nicht zu der Wahl 
eines neuen Bischofes zusammenkommen. 

Wir wollen aber annehmen , es habe in Braga damals einen Bischof 
gegeben. — Aber von Braga nach Astorga war es viel weiter, als von 
Sevilla, Astigis oder Cordova nach Emerita. — Hier beträgt die Ent- 
fernung — nach dem Reichswegweiser — 93 römische Miglien, = 23 
spanische Leguas. — Zwischen Astorga und Braga führt der Reichs- 
wegweiser nicht weniger als vier verschiedene Strassen an. Die erste 
südöstlich laufende Strasse — hat 247 römische Miglien. Die Entfernung 
auf der zweiten Strasse wird auf 207 Miglien, die Entfernung der dritten 



$. 4. Die Bischöfe Martialis und Felix. 251 

Strasse auf 212^), eine yierte — aber Zick- Zack -Strasse Ton Braga 
nach Astorga vollends auf 302 Miglien angegeben. 

Indem Cyprian über die Wahl des Felix schweigt^ ^mll er dadurch 
ausdrücken, dass derselbe nicht nach der Regel, nicht so wie Sabinus, 
gewählt worden. Er yerwirft darum seine Wahl nicht; er nennt den 
Felix, wie den Sabinus — den Genossen seines Amtes, aber er billigt 
die Wahl auch nicht. Vielleicht, dass in dem Schreiben des Priesters 
Felix von Leon (Astorga), und dem Briefe des Felix von Saragossa 
gerade dieser Erklärungsgrund hervorgehoben war, dass wegen der 
weiten Entlegenheit des Bisthums Astorga -Leon, und wegen der noch 
fortdauernden, oder doch drohenden Verfolgung damals nicht möglich 
gewesen, dass Bischöfe in Astorga oder Leon zusammengekommen, und 
dass so Felix nicht durch die Gemeinde und die Bischöfe gewählt wor- 
den sei. — Eine solche Entschuldigung war im höchsten Grade wahr 
und giltig. Es war kaimi möglich, dass aus so weiter Ferne, da noch 
keine kirchliche Hierarchie geordnet war in Spanien, da nirgends die 
Spur eines Metropolitanverbandes sich zeigt, zwei oder drei Bischöfe 
sich in Astorga oder Leon vereinigt hätten. — Es ist möglich, dass 
sie dort keinen, oder keinen tauglichen Priester für die Stelle eines Bi- 
schofs hatten , und dass er ihn^i von Saragossa oder einer andern Stadt 
gesendet werden musste. 

Drei Gründe demnach bestimmen mich, den Basilides und seinen 
Nachfolger Sabinus für Bischöfe von Merida zu halten, der Name Sa- 
binus, der besonders in Sevilla heimisch ist, die Anwesenheit der Bi- 
schöfe bei der Wahl des Sabinus, welche Gegenwart in Merida leicht, 
in Astorga oder Leon aber sehr schwer war; drittens die vorausgegangene 
schriftliche Empfehlung des Sabinus durch die zu seiner Wahl versam- 
melten Bischöfe. 

§. 4. Die Bischöfe Martialis und Felix. 

Wenn Sabinus Bischof von Merida wurde, so ergiebt sich von selbst, 
dass Felix Bischof von Leon -Astorga wurde. Der Name Felix ist zu 
allgemein und zu verbreitet, als dass aus dem Vorkommen desselben 
sich ähnliche Folgerungen ziehen Hessen, wie aus dem des Sabinus. 
Sieben Felix kommen vor unter den Bischöfen , die zu der Zeit Cyprian's 
in Afrika erwähnt werden. Von den 466 Bischöfen, welche im J. 484 
zu Oarthago versammelt waren, trugen sechsundzwanzig den Namen 
Felix. Von den neunzehn — im J. 306 zu Elvira versammelten Bi- 
schöfen trug einer den Namen Felix, und zwar der erste derselben, 
Felix von Acci. — Der Name Felix kommt hundert und achtmal in 



') Nach der Ausgabe des J. Äntonmi von WesseÜDg auf 212, nach der Ausgabe 
von P(/rt% et Binder — BeroL 1848 — auf 215 Mi^Uen, 



252 Drittes Buch. Drittes Kapitel. 

den Condlien vor, aber nur bis zum J. 877 , dann nur noch einmal 
1179. Es giebt auch bei dem Auftauchen und Verschwinden der Eigen- 
namen gewisse Geseze , aus denen sich für die Greschichte Entdeckungen 
machen lassen, und die für die Aufhellung der vielen Räthsel der Ver- 
gangenheit verwendet und verwerthet werden können. Wenn heute ein 
Historiker eine Zeit oder ein Ereigniss behandelt, so findet er in der Regel 
eine Wolke von Vorgängern auf demselben Felde beschäftigt. Aber sie 
haben ihm in der Regel noch eine reichliche Nachlese übriggelassen, 
und er würde einem eitlen Wahne fröhnen, dass er sofort — mit seiner 
Nachlese — die reiche Ernte völlig eingethan, und dass seine Nach- 
folger nur die Ergebnisse seiner Forschungen als Thatsachen einzu- 
registriren hätten. — Andere, die nach mir kommen, werden prüfen, 
ob ich, indem i(^h den Sabinus Bischof von Merida, den Felix Bischof 
von Astorga nenne , damit ^einen glücklichen^ Wurf gethan habe. 

Aus dem Namen Felix also, weil er soviel verbreitet ist, können 
wir für Nordspanien nicht in derselben Weise argumentiren , wie mit 
dem Namen Sabinus für Südspanien. — Doch ist es ebenso wahrschein- 
lich, ja nqch wahrscheinlicher, dass das Christenthum sich in der Rich- 
tung von Tarragona und Zaragoza nach Leon und Astorga verbreitet 
habe , als von Sevilla nach Merida. Hier — im Süden — liegt die An- 
nahme ebenso nahe, dass es sich von Castulo, Uliturgi, Tucci, Egabra, 
Cordova und Astigi — gen Merida hin verbreitet habe, als von Sevilla 
her. Aber im Norden gab es um diese Zeit kaum andere Heerde des 
Christenthumes , als Tarragona und Zaragoza. Darum ist es auch keine 
luftige Hypothese, anzunehmen, dass die drei in unserm Briefe ge- 
nannten Felix von Saragossa ausgegangen seien. Auch unter den acht- 
zehn Märtyrern von Zaragoza im J. 304 heisst einer Felix; und der 
Märtyrer Felix von Gerona ist ohnedem bekannt. 

Seltener als Felix, ist der Name Martialis. Doch war er im römi- 
sclien Spanien ziemlich verbreitet, und zwar über das ganze Land von 
Gades bis über den Ebro. Er findet sich also gleichmässig im Norden 
wie im Süden, auch in der Mitte; denn Martial der Dichter stanmite 
aus Bilbilis, das gegen die Mitte des Landes liegt. Von Christen, die 
diesen Namen trugen, erinnere ich an den Märtyrer MartiaUs von Cor- 
dova, der neben Januarius und Faustus für den Glauben starb. Diese 
drei nennt Prudentius neben Acisclus und Zoelus die „drei Kronen^ von 
Corduba. — Aber in demselben Hymnus ruft er seiner Stadt Zaragoza zu: 

Auf, durch achtzehn Märtyrer Hochbeglückte! 
— * Auf! und sing-e Preis dem Ratbe der Hohen, 

Welche dir eignen! 
Feiere den Spccessus, den Martialis, 
In Gesängen erschalle der Tod des Urban ')• 



') Aur, Brudent periit^hanon — b, 4, Ruinart p, 494 — 97, 



J 



$. 5. Felix voo Zaragoza. 253 

Demnach kann Martialis ebenso von Zaragoza nach Astorga, als von 
Cordova nach Merida gekommen seyn. 

§. 5. Felix von Zaragoza. 

Es ist die Frage, ob dieser Felix, welchen Cyprian einen Verehrer 
des Glaubens, und einen Vertheidiger der Wahrheit nennt*), Bischof, 
Priester oder Laie war. — Bei der Beantwortung dieser Frage ergiebt 
sich die unglaubliche Thatsache, dass die nichtspanischen Schriftsteller 
ihn in der Mehrzahl für einen Bischof halten, die Spanier dagegen (mit 
Ausnahme von Morales , Murillo , Oarillo u. a.) für keinen Bischof. — 
Baronius hält ihn für einen Bischof. Franz Bivar in seinen Commen- 
taren zu Pseudo-Dexter, welcher Spanien eine Unzahl von Bischöfen, 
Märtyrern und Heiligen andichtet, eifert mit aller Kraft gegen Felix 
von Saragossa als Bischof. Natürlich! -Fr. Bivar (um 1624) athmet nur 
in der Atmosphäre windiger Erfindungen leicht auf; wo solider l^istori- 
scher Grund ist, nimmt er Anstoss, und fühlt sich abgestossen — von 
der rauhen Wirklichkeit. Nach Bivar und seinem „Dexter*^ war Felix 
vielmehr Priester von Vallata Urbicua , einer Stadt oder Station, welche 
in dieser Zusammensezung bei keinem alten Schriftsteller, und in keiner 
Inschrift vorkommt. „Es ist ein allzu grosses Unglück,^ sagt Baluzius, 
„wenn ein Mensch allzu keck ist^).'' Den Kardinal Aguirre, und sein 
oben erwähntes Missverständniss der Worte Cyprian's widerlegt ausführ- 
lich Bisco, der Fortsezer des Florez. Die beiden leztem aber halten 
den Felix nicht für einen Bischof. — Dagegen sind die französischen 
Historiker — Dupin, Tillemont, Baluzius, R. Ceiilier u. a. überzeugt, 
dass er Bischof war ^). Die entscheidenden Gründe aber , die für seine 
bischöfliche Würde zeugen, haben sie nicht angeführt. Baluzius streift 
an das Wahre an, aber erreicht es nicht ganz. Er bemerkt richtig, dasa 
der Notar, welcher die Akten der Concilien niederschrieb, nirgends die 
um Cyprian versammelten Bischöfe — so nannte. — Er schreibt ein- 
fach: Cäcilius a BiUa, Primus a Misgirpa, Polycarpus ab Adrumeto. — 
Und — war hinzuzufügen , bei den Ueberschriften des vorliegenden 
Briefes (68) sind nicht einmal die Namen der Bisthümer hinzugefügt, 
sondern — es stehen einfach die Namen — ohne Zusaz. Obgleich daher 
Cyprian nur schreibe: Felix von Zaragoza , und nicht: „Felix, Bischof 
von Zaragoza^, so beweise sein Stillschweigen nicht, dass Felix ^nicht 
Bischof gewesen. 



*) Utque „aUw^ FeUx de Caesaraufftuta , ßdei euUor, ac dtfenaar veritatUf UUms tuU 

significat, 
*) Babtzitu, annoUUiones ad epUt, 68 des Cyprian. ^ 

') Hefele, Concilien, I, 90. — »Zugleich unterstüzte sie der Bischof Felix von 

Saragossa durch ein besonderes Schreiben.« 



254 Drittes Bach. Drittes Kapitel. 

Ich gehe einen Schritt weiter, und stelle die paradoxe Ansicht auf: 
weil Cyprian den Felix nicht Bischof nennt , so war er Bischof. Wäre 
er nicht Bischof gewesen, so hätte Cyprian seine Würde genannt, ent- 
weder: Felix Presbyter, oder Felix Diakon, oder Felix ein religiöser 
Mann aus dem Laienstande. Entscheidend ist das Wort des Cyprian: 
aliua — ein anderer Felix, und der Zusammenbang, in welchem 
dieses Wort: „cdius^ steht*). — Auf was bezieht sich alim? Es be- 
zieht sich auf den voranstehenden Felix, und auf CoUega zugleich. 
Es bedeutet: Wie ein anderer x\mtsgenosse Namens Felix von Sara- 
gossa, — es bezeugt. Es gilt hier nicht: entweder, oder — wie Aguirre 
und Bisco meinen, sondern — sowohl, als auch. 

Um sich davon noch eindringlicher zu überzeugen, beachte man die 
Ueberschrift des Briefes des heiligen Cyprian. — Hier werden sechs- 
unddreissig Bischöfe der Reihe nach aufgezählt, vor keinem oder nach 
keinem steht der Titel „Bischof*'. Sie werden auch nirgends im Ver- 
laufe des Briefes Bischöfe genannt, dessen Context mit den Worten an- 
fängt: „Als wir zusammengekommen waren, haben wir euere Briefe 
gelesen. '^ — Dagegen finden wir veröden Namen von drei der versam- 
melten Bischöfe die Bezeichnung: cUiiis — ein anderer: ein anderer 
Januarius, ein anderer Aurelius, ein anderer Saturninus ^j. Woher diese 
Bezeichnung? Weil schon andere Bischöfe mit demselben Namen vor- 
ausgegangen waren. 

Was kann also im Verlaufe unsers Briefes: aZiwa Felix — ein an- 
derer Felix — anders heissen, als ein anderer Bischof Felix, ein zweiter 
neben dem anwesenden Collegen Felix, welchen ihr zu uns gesendet 
habt? — In dem Verzeichnisse der Bischöfe von Zaragoza, wie es auch 
bei Madoz steht, findet sich Felix als Bischof aufgenommen^). — Ihm 
voran stehen die Namen: 1) Jacobus der Aeltere, 2) Athanasius sein 
Schüler, 3) Theodor, gleichfalls sein Schüler; 4) Epitectus oder Epi- 
tacius. Dieser sei am 23. Mai des J. 105 Märtyrer geworden an den 
Ufern des Ebro. — Von diesen fabelhaften Bischöfen bis auf unsem 
Felix wissen die Spanier keine weitern Bischo&namen. Unser Felix ist 
also der erste, dem Namen nach bekannte, Bischof von Zaragoza. Statt 
ihn als Bischof zurückzuweisen, sollten die Spanier dankbar seyn, ihn 
aufgefunden zu haben. — Die Annahme des Florez u. a. aber, dass 
dieser Felix wegen seiner Verdienste um den Glauben in Afrika schon 
bekannt gewesen sei^ ehe der „andere^ Felix und Sabinus mit ihren 



') Ut Felix et Sabinus coüegae nottri cusevefant, utque aliua Felix de Caesartntgxtsta, 
*) Alüie Jamuaius, aUus AureHut, aliu8 Satuminus, — Ebenso unierschreiben spa- 
nische Bischöfe , z. B. im J. 10&8 bei der Einweihung^ der Kathedrale von Bar- 
celona: Ego Guilkhnus q>i8copus Urgelensis, et ego aliu» Chäüehnus episoopus An- 
sonenM, — de Marca, Marca BUpanica, p. 1113-^16, 
*) Madoz, DiccioMorio — de Etpanna, Madr. iSSO, 1 16, p. 64>5-^i8. 



$, 5. Felix von Zaragoiia. 255 

■ 

drei Briefen dort angekommen, ist ohne allen Grund. Die Verdienste 
des Felix von Zaragoza erfuhr Cyprian aus dem Munde des ^andern* 
Felix, oder des Babinus, oder aus dem Briefe des ,, dritten^ Felix von 
Leon, oder des Lälius von Emerita. 

üeberhaupt kann man in dem Briefe des Cyprian — zwischen den 
Zeilen — eine frappante Unkenntniss der Geographie von Spanien lesen. 
Diese unkenntniss wird aber noch weit von der des Franzosen Stephan 
Baluze übertroffen. Dieser wird in seiner TJeberzeugung, Felix sei Bi- 
schof von Zaragoza gewesen, wieder erschüttert durch folgende Erwä- 
gung: „Ein Umstand scheint mir Bedenken in sich zu tragen, wie der 
Bischof von Zaragoza an Cyprian über die Sache des Basilides und Mar- 
tialis schreiben konnte, da er ja kein Nachbarbischof derselben war, 
vielmehr getrennt von ihnen durch einen weiten Zwischenraum, und 
weil es nicht wahrscheinlich ist, dass Sabinus und Felix, welche auf 
einem kurzen Weg nach Afrika überfahren konnten , bis zu den äusser- 
sten Grenzen von Gallien sollten gereist seyn, um durch die Gebirge 
der Pyrenäen zu Cyprian zu gelangen').*^ — Felix von Astorga-Leon 
musste aber, um nach Carthago auf dem ihm nächsten Wege zu ge- 
langen, über Zaragoza reisen, in Tarraco oder Dertosa konnte er zu 
Schiffe steigen, und mit Sabinus, der von Merida her kam, zu Carta- 
gena, Valencia oder einer andern Hafenstadt zusammentreffen. Denn 
es ist nicht gesagt, dass Felix und Sabinus, es ist nicht einmal gesagt, 
dass Felix von Astorga-Leon persönlich in Zaragoza war. 

Ein weiterer Grund, den Felix von Zaragoza für einen Bischof zu 
erklären, liegt in der Stellung, welche Cyprian's Brief ihm anweist. Er 
schreibt an die Bischöfe von Afrika, und empfiehlt ihnen den Felix 
(und vielleicht auch den Sabinus) als rechtmässige Bischöfe. Diess kann 
im gewöhnlichen Wege nur ein Bischof thun ; ein Priester nicht so leicht, 
noch weniger ein Laie. Das fühlt auch Bisco wohl. Er macht gegen 
diesen Einwurf geltend, dass auch Nicht -Bischöfe in der Kirche eine 
hervorragende Stellung eingenonmien hätten. Er weist auf Männer hin, 
wie Minutius Felix, Lactanz, Firmicus Matemus, auf den Spanier — 
Prudentius Clemens ^j. — Es lag nahe, vor allem den Tertullian und 
den Origenes zu nennen. Aber wo findet sich eine Spur, dass einer 



Balaze wohnte von 1656 an bei seinem Gönner und Freunde Petrus de Marca 
bis zu dessen Tode 1662, er gab dessen aach heute noch schäzenswerthes Werk: 
„Marca Hupaniea" heraus, worin die Geog^raphie von §^anz Spanien ziemlich 
gut behandelt wird. — Darum kann man von Baluze nur sagen, dass er ein 
Geograph war, wie die Franzosen es zu seyn pflegen. -- Maroa Hüpanica, «iae 
Imes Hupanicua, edente StepK Baluzio; Paria 1688, Fol. 

•) Risco schwankt, denn — t,31,12 der Esp. sag. sagt M. Risco, dass, was 
Felix von Zaragoza gethan , die Sache eines Bischofs sei , und bald darauf wird 
jer wieder anderer Meinung, 31, 13. 



2Ö6 Drittes Bach. Drittes Kapitel. 

• 

dieser hervorragendeü Männer in ähnlicher Weise ein Empfehlungs^ 
schreiben für Bischöfe an Bischöfe gerichtet hätte? 

Demnach bin ich der Ueberzeugung, dass Felix Bischof von jSara- 
gossa gewesen, dass er an der Wahl und wohl auch Weihe des neuen 
Bischofs Felix von Astorga starken Antheil hatte, der vielleicht selbst 
aus dem Clerus von Zaragoza hervorgegangen war, und dass mit diesem 
Felix die Reihe der beglaubigten Bischöfe von Zaragoza anfange, obwohl 
ich — wenn auch ohne bestimmten Grund — vermuthe, dass Felix 
nicht der erste Bischof von Zaragoza gewesen. 

§. 6. Das Verhältniss der zwei Bisthümer Astorga und Leon 

(Asturica und Legio VE). 

Die Gemeinden von Leon und Astorga hatten um das J. 250 — 260 
nur einen Bischof. Aber es steht in Frage, ob er in Astorga oder in 
Leon wohnte. Der äussere Schein ist für Leon. Tiefere Erwägung 
spricht für Astorga. — Unbestritten allerdings ist der Bischof Decen- 
tius von Leon, welcher 306 zu Elvira unterschrieb. Der Bischof Domi- 
tian von Astorga erscheint erst 343 auf der Synode zu Sardika. — So- 
dann ist zu beachten^ dass die Kirche von Leon in dem Briefe Cyprian^s 
vor der Kirche von Astorga genannt wird. 

Stärkere Gründe sprechen dafür, dass Astorga Bischofssiz des Mar- 
tialis und des Felix war. Einmal das höhere Alter von Astorga. Die 
Stadt Asturica wurde unter Augustus gegründet — auf einer Anhöhe, 
welche — isolirt stehend — auf viele Meilen weit die ganze Umgegend 
beherrscht, und erwuchs bald zu grosser Blüthe, gewiss auch durch die 
reichen Bergwerke, deren Erträgnisse in Augusta Asturica — d. h. in der 
Augustusstadt des Landes Asturien — zusammenliefen, vermittelt und ver- 
werthet wurden. Plinius der Aeltere, welcher selbst längere Zeit in 
Spanien weilte, nennt Astorga schon um das J. 70 n. Chr. eine ^^urbs 
magnifica'^, eine prächtige Stadt, was gewiss ebenso auf ihren Umfang, 
wie auf ihre imponirende Lage sich bezieht. Die Stadt Leon dagegen 
wurde frühestens imter Nerva, wohl erst unter Trajan in dem Anfange 
des zweiten Jahrhunderts erbaut. Es war und blieb eine Soldatenstadt, 
die Stadt der Legio VII gemina, und wenn es auch von Anfang an sich 
schnell bevölkerte, so waren doch seiner räumlichen Ausdehnung enge 
Schranken gesezt. Der Beisende Alezander Ziegler berichtet, das alte Leon 
habe Mauern in der Höhe von zwanzig, in der Breite von acht Varas 
(Ellen) gehabt, sowie zwanzig Thore. Doch sei das heutige Leon — 
(welches aber nach der jüngsten Zählung vom J. 1857 nur 10,000 Ein- 
wohner hatte, während Astorga nicht ganz 5,000 Seelen zählt) weit über 
die alten Mauern des römischen Leon herausgewachsen. — Leon mag 
eine mit Civilisten bevölkerte Vorstadt gehabt haben. Aber die ganze 



$. 6. Das VerhUtniss der zwei Bisthümer Astorga und Leon. 257 

Legion stand gewiss nicht in Leon; denn auch in Tarragona hat man 
Inschriften der siebenten Legion gefunden. 

Zur Zeit des Basilides und Martial war Leon noch nicht 150; Astorga 
war mehr als 250 Jahre alt, was doch einen grossen unterschied aus- 
macht. Astorga war ohne Zweifel eine grössere Stadt. Es war vom 
Anfange an der Siz eines Obergerichtshofes. Florez sagt, dass man die 
Zeit der Gründung der Stadt nicht genau kenne; jedenfalls fällt sie in 
das Zeitalter des Kaisers Augustus. Der Titel Augusta, welchen Ptole- 
mäus der Stadt Asturica giebt, fällt zusammen mit der Unterscheidung 
des Plinius in Asturier jenseits der Berge und in Asturier von Augusta 
(Astures transmontani et Astures Augustani) *). Die leztern hatten ihren 
Namen offenbar von ihrer Hauptstadt. Florez meint, Asturica bedeute 
das höhere Alter der Stadt vor Augustus , Augusta aber, dass der Kaiser sie 
dotirte. — Nach dem Reichswegweiser, der (fälschlich) den Namen des 
Antoninus Pius trägt, führten vier Strassen von Braga oder Augusta 
Bracara — nach Astorga ; zwei führten von Astorga nach Zaragoza (und 
Tarragona), endlich eine von Astorga nach Bordeaux, was erschliessen 
lässt, dass Astorga einen Centralpunkt des römischen Verkehres in Spa- 
nien bildete. — Auffallenderweise führt der Reichswegweiser keine 
Strasse an, welche Astorga mit dem nahen Leon verbunden hätte, welche 
beide Städte nur sieben Leguas, eine bescheidene Tagereise, von einan- 
der entfernt sind *). — Auch das heutige Astorga liegt auf einem ringsum 
freien Hügel. 

Tür Astorga spricht ferner die grössere Volksmenge , besonders von 
Frauen, welche überall zuerst Christen wurden. 

Ich möchte selbst aus der Ueberschrift des Briefes Cyprian's schliessen, 
dass der Bischof nicht in Leon, sondern in Astorga wohnte. Dass der 
Priester Felix in Leon sich befand, kann man nicht bezweifeln. Wäre 
auch der Bischof in Leon gewesen, so hätte es hier, in dem jungem 
und viel kleinern Leon, einen Bischof und einen Priester gegeben, in 
dem grössern und altern Astorga aber keinen Bischof und keinen Priester. 
Wer hätte dann die gewiss zahlreichere Gemeinde in Leon geleitet? 
Denn Cyprian bezeichnet die Gemeinden von Leon und Astorga deutlich 
als zwei verschiedene — er schreibt an die Laiengemeinden von Leon 



') PUn. h, n, 3f 3^4; 28, So wird der „Convenius juridtcus*^ des Plinius stets über- 
sezt; vielleicht besser — Kreisgerichtshof. Cf. — über Astorga: Ptolemaeus, 
2, 6,36. — Itinerarium Anioninif edidtt Wesaeling — und ed. Pinder- Parthey 1848 
— p. 422, 423, 425, 421 und öfter; sie lag im Stamme Amaei und am Flusse 
Asturica; Fhrus, 4, 12, — Oroaius, 6, 21, — Minnano, diccion, 1, 311, — Madoz, 
dicc, 3, 54squ, — Fhrez, 16,9squ, — AI. Ziegler, 2, 140 — 54. 

*) Auch heute Ist, -> sagt Madoz, der Weg in trostlosem Zustande, Madoz, 5, 55; 
dass die beiden Brücken von S. Jnsto und Orbigo den Einsturz drohen. Ziegler, 
Rei86 nach Spanien, 2, 153. 

Garns, Span. Kirche, 17 



258 Drittes Buch. Drittes Kapitel. 

und Astorga; während er nur an die Laiengememde von Merida 

schreibt *)• 

In der Frage über das Yerhältniss der beiden Bisthünier Astorga und 
Leon gehen die beiden Herausgeber des ^^Heiligen Spaniens^, H. Plorez 
und dessen Fortsezer^ Manuel Bisco ; getrennte Wege^). Da die An- 
gelegenheit indess eine spätere Zeit angeht , so will ich nur die Haupt- 
punkte berühren. Florez nimmt einen Bischof für beide Kirchen an; 
betrachtet sie aber als eine Art von Doppelbisthum^ ohne sich näher 
zu erklären. Bisco dagegen möchte beweisen, dass Leon stets neben 
Astorga seinen eigenen Bischof gehabt habe. — Florez meint, aus dem 
Briefe Cyprian's folge, dass die beiden Gemeinden einen einzigen 
Priester gehabt, dass sie also wie Ein Körper erscheinen*). Aber wie, 
wenn Felix der Bischof zugleich der Priester von Astorga, Felix aber 
der Priester, — dieses eben nur für Leon war? — Hätten beide Kirchen 
zwei Bischöfe gehabt, so hätten sie, jede getrennt von der andern, 
schreiben müssen. — Aber die Antwort Cyprian's sagt nicht, dass sie 
es nicht gethan haben. — Auch Florez kommt stets auf die Meinung 
zurück, dass Astorga benachbarte Bischöfe gehabt, und sagt nicht, 
welche^). — Er meint, dass in dieser ersten Zeit der Bischof in Leon 
gewohnt habe. 

Aber — mit Ausnahme des Decentius zu Elvira wird weder vorher 
noch nachher ein — von Astorga — getrennter Bischof von Leon ge- 
nannt. Während der ganzen Zeit der Gothenherrschaft in Spanien hat 
auf den zahlreichen Concilien nie ein Bischof von Leon unterzeichnet 
Erst Köm'g Ordonno 11. stellte das Bisthum^Leon wieder her — aera 
954 (916). 

Umsonst giebt sich Bisco erstaunb'che Mühe, nachzuweisen, dass Leon 
— zur Zeit der Römer und der Gothen ein von Astorga getrenntes 
Bisthum hatte. Umsonst „neigt^ er sich zu der Meinung, dass zu Cy- 
prian's Zeit Astorga von dem Bischöfe von Leon regiert wurde; denn 
diese Hinneigung hat keine Gründe für sich*). — CarlEspinös, Cano- 
nicus zu Leon, der zu der Geschichte der Erche von Leon von dem 
Bischöfe Trujillo — Bemerkungen schrieb, meint, beide Size seien 
vereint gewesen, zur Zeit der Römer, Sueven und Gothen •); aber die 



') Plebibus consisientibus ad Legionem et Asiuricae — et plebi Emeritae, 

') Florez, Astorga, t. 16, cap. 5, p, 70— 71. Rjsco über Leon t 34, p. 51 sq. 

') j,La8 quales en aquellos principios parece que componian un Obüpado — Leon und 

Astorga waren representadas por un solo presbytero, y presididcu por un solo Obtq)o, 
*) Während Basilides reaig war, „passaron los obispos comarcanos ä eUgir sucesor." 
') Espanna sagr. t. 34 (1784) — La S, Iglesia esenta de Leon — cop. 8 — Examinase, 

si el obispado de Leon fue distinto del de Astorga en tiempo de Romanos y Godos 

^ p,65 — 81 — cf, 13, 133, 
') Beide Werke — nur als MS. vorhanden, s. Munnoz, die, p, 151 -^ 52 , der eilf 



$. 6. Das Verhältniss der zwei Bisthümer Astorga and Leon. 259 

Biflchöfe hätten den Namen von Leon gehabt; nach dem Einfalle der 
Barbaren in Spanien seien die Bischöfe nach Astorga übergesiedelt, weil 
Leon beständigen feindlichen Anfällen ausgesezt gewesen. 

Dagegen spricht, dass es nicht wahrscheinlich ist, dass das viel 
grössere und bedeutendere Astorga unter dem kleinem Leon gestanden 
haben sollte; dagegen spricht die Existenz des Bischofs Domitian von 
Astorga im J. 343 , zu welcher Zeit die Barbaren noch nicht in Spanien 
eingefallen waren. — Bisco selbst weist darauf hin, dass „die Apostel*^ 
bei Gründung von Bisthümern die .„Metropolen" vorzogen, gewiss auch 
„die prachtvolle Stadt", Astorga, den Siz des Obergerichtshofes *) — 
des Kreises der Asturier, welches Asturien damals ein viel weiteres 
Gebiet umfasste, als heute. 

Da es an positiven Zeugnissen fehlt, so sind wir auf Vermuthungen 
angewiesen. Ich vermuthe also, dass Martialis und Felix Bischöfe von 
Astorga gewesen, und Leon damals als Pfarrei zu Astorga gehört habe; 
dass Leon, vielleicht aus Anlass dieses ärgerlichen Falles — einen 
eigenen Bischof verlangt und erlangt habe, dass Bischof Decentius von 
Leon, am Anfange des vierten Jahrhunderts, nicht der erste Bischof 
von Leon gewesen sei , dass Leon einen eigenen Bischof gehabt habe — 
im ganzen vierten Jahrhundert, dass das Bisthum Leon im Laufe des 
fünften Jahrhunderts erloschen sei, als — bei dem Zusammenstürzen 
des Reiches — die Truppen aus allen fernem Posten, also auch aus 
Leon, zurückberufen wurden^), dass Leon dadurch ein zu unbedeuten- 
der Ort für einen Bischofssiz wurde, und dass die dortige Gemeinde — 
bis zu dem Einfalle der Mauren eine Pfarrei des Bisthumes Astorga war. 
— Als aber Leon Siz der Könige von Asturien und Leon wurde, so 
ist es natürlich, dass das alte Bisthum wieder hergestellt, oder vielmehr 
ein neues Bisthum Leon errichtet wurde. Das vielgenannte Doppel- 
bisthum Leon -Astorga aber scheint mir eine reine Fiction zu seyn. — 
In Leon selbst bestand im Mittelalter die Meinung, das Bisthum sei seit 
Decentius exemt gewesen. — Aber die Exemtionen der Bisthümer stam- 
men selbst erst aus dem Mittelalter^). 

Leon fiel im J. 717 an die Mauren. Alfons der Katholische nahm 
es wieder — 742. Garcias, der Sohn Alfons lU., liess sich in Leon 



Schriften über Leon anführt, aber bemerkt, dass ausser der Espcmna aagrada — 

nichts Gewichtiges über Leon — vorhanden sei. 
34, 70. 
^ In der NoHHa utriuaque imperii vom Ende des vierten, oder Anfang des fünften 

Jahrhunderts kommt noch ein Pra^fectiu Legionensis VII geminae vor. In den 

andern Städten war nur ein Tribun mit seiner Cohorte. 
*) Auch Madoz sagt von Leon, Leon sei ein exemtes Bisthum seit der Zeit der 

Gothen. — Ein Document des Bischofs Diego von Leon vom J. 1120 sagt: 

Cum a tenqtorünts cencilü Liberritani — Ecdesia Legionensis, qttae sedes regia nun- 

cmpoMKr^ fwUi metropoUiano , sed s€mcto pofktifici fwnano subdiia — 

17* 



260 Drittes Bnch. Drittes Kapitel. 

nieder. 912 werden zuerst Könige von Leon genannt. Neue Bischöfe 
hatte Leon schon Ende des achten , spätestens im Anfang des neunten 
Jahrhunderts. 

Der heilige Cyprian erfreute sich stets hoher Verehrung, wie in 
ganz Spanien y so besonders in den beiden Bisthümem Leon und Astorga. 
— Noch heute tragen sieben Pfarrkirchen des Bisthums Astorga seinen 
Namen. Sonst ist Martha Patronin der Stadt Astorga, der~ heilige Tu- 
ribius; Zeitgenosse Leo's L, Patron des Bisthums^). 

§. 7. Einige weitere Erläuterungen. 

Die beiden Fragen, ob die neugewählten Bischöfe Sabinus und Felix 
direct, oder mit dem Umwege über Rom nach Spanien zurückgekehrt 
seien , und welchen Ausgang die ganze Angelegenheit genommen, müssen 
als unerledigt ruhen bleiben. Wollte man sie beantworten, so käme 
man nicht über Vermuthungen hinaus. — Baronius hat „einen heftigen^ 
Verdacht, dass sie nach Rom gegangen; Baluzius spottet darüber. — 
Das Eine sei bemerkt, dass — Papst Stephanus, der von 253 — 257 
regierte, nach dem Papstbuche — »drei Bischöfe — an verschiedenen 
Orten ordinirte,^ wobei man an Basilides, an Sabinus und an Felix 
denken könnte. 

Li welches Jahr fiel die Synode von Afrika? Sie fiel zwischen 
254 und 257. Die Neuem sezen sie gewöhnlich in das J. 254. Be- 
sonders ist hier Morcelli hervorzuheben*), welcher sich unbedingt für 
das J. 254 entscheidet. 

Es ist in dem Briefe Cyprian's von verstorbenen Söhnen des Mar- 
tialis die Rede. Dass Bischöfe in der alten Kirche vor dem Antritte 
ihres Amtes verheirathet gewesen, daran nahm in der alten Kirche, und 
auch in Spanien niemand Anstoss. Der heilige Pacian, Bischof von 
Barcelona von c. 360 bis 390, war der Vater des vielgenannten, und 
von den Spaniern viel missbrauchten Fl. L. Dexter, welchem Hiero- 
njmus seine viel genannte Schrift ^über die kirchlichen Schriftsteller'^, 
oder „über die berühmten Männer^ zueignete. Der heilige Paulin von 
Nola, der in dem J. 390 flg. mit seiner Gemahlin Tharasia in Barcelona 
weilte, wurde im J. 393 von dem Volke von Barcelona gezwungen, 
sich von dem Bischöfe Eulampius zum Priester weihen zu lassen '). 

Dass von verstorbenen Söhnen des Martialis die Rede ist, kann an 
sich nicht auflGällen. Denn mancher Vater überlebt alle seine Kinder. 



Madoz, Astorga. 

») Hefele, Concüien, 1, 90. Morcelli, A/nca christiana, Brescta 1816^17. 3 t P. 

•— Annus chrüHcmus 254, — Cj^prianOy episcopo Carih, — nr, IIL 
') Florez will beweisen, dass Tberasia eine „üustrtnma Espannola*^ war — Florez, 

29, 99 sq. — ffObispca de Barcelona»^ 



$. 7. Einige weitere ErläQtenmgen. 261 

Aber es möge erlaubt seyiiy an jene grosse Pest zu erinnern, welche 
vom J. 250 an — das römische Reich heimsuchte. In Aegypten und 
Afrika richtete sie die grössten Verheerungen an. An dieser Pest starb, 
nach Aurelius Victor, Hostilian, der Nebenkaiser des Gallus und zweite 
Sohn des Decius (251). — Diese furchtbare Pest ra£Bte auf ihrem Höhe- 
punkte, in einem Tage — ohnstreitig in Rom allein — gegen 5,000 Men- 
schen hinweg^). — Aus Spanien haben wir keine besondern Nach- 
richten über ihre Verheerungen, wie wir überhaupt aus Spanien keine, 
oder fast keine Nachrichten haben; aber es liegt nahe, anzunehmen, 
dass die Söhne Martialis an dieser Pest gestorben seien. 

Dem Martialis wird vorgeworfen , dass er Theil genonmien habe an 
den schändlichen und schmuzigen Gelagen der Heiden, die er lange in 
dem CoUegium (in der Genossenschaft, in die er sich hatte aufnehmen 
lassen) besuchte; sowi«, dass er in derselben Genossenschaft seine Söhne 
nach der Sitte der auswärtigen Nationen — d. h. unter heidnischen Ge- 
bräuchen bei profanen Begräbnisspläzen habe aussezen, und sie unter 
„Fremden*^, d. h. Nichtchristen habe begraben lassen. 

Daraus folgert man, dass die Christen schon damals ihre eigenen 
Begräbnisspläze hatten. Und mit Recht ; denn diess war in jener Zeit 
eine Sache der freien Wahl, und die Polizei regierte nicht, wie im acht- 
zehnten und neunzehnten Jahrhundert, im Gebiete der Leichen und 
Leichenäcker. — Der Staat, oder die „Gesellschaft'^, welche die Leute 
sterben liess, weil sie es nicht hindern konnte, liess dieselben auch be- 
graben werden, wie es ihnen oder ihren Angehörigen gefiel. Von An- 
fang an hatten die Christen in Rom und Neapel ihre eigenen Catacomben« 
— Gewisse Genossenschaften oder CoUegia hatten ihre eigenen Begräb- 
nisspläze, und es war Sitte oder Unsitte, dass bei Begräbnissen Schmau- 
sereien gehalten wurden. 

Diese Gewohnheit haben die spätem Spanier noch aus der römi- 
schen Zeit beibehalten. Der Reisende Carter (aus dem vorigen Jahr- 
hunderte) erzählt, „die Spanier richten bei dem Leichenbegängnisse 
ihrer Freunde, nach der Sitte der alten Römer, in dem Sterbehause — 
an dem Begräbnisstage, ein grosses und köstliches Gastmahl an, zu 
welchem alle eingeladen werden, die die Leiche zu Grabe begleiten. 
Es ist natürlich , dass die Zahl der Leidtragenden dadurch sehr vermehrt 
wiüd'' ^). — Der Reisende Moriz Willkomm hat vollends einen Fall er- 
lebt, dass die Träger einer Leiche dieselbe auf die Strasse stellten, und 
sich in einem Wirthshause „erquickten*^, so lange es ihnen gefieL — 
An solchen Leichenschmausereien nahm nun Martialis Theil, indem er 
selbst Mitglied eines CoUegiums, entweder eines Leichenvereines war. 



')Wietersheim, Geschichte der Völkerwanderung, Bd. 2 (1860), S. 257— 58; 

J261j 263-64; 266. 
*) Carter, Reise von Gibraltar nach Malag^a, 1772, S. 284 



262 Drittes Bach. Drittes Kapitel. 

oder eines der zahlreichen yereSne, die durch Inschriften ans der römi- 
schen Zeit Spaniens bezeugt werden; es bestanden Collegien von Künst- 
lern ^ Baumeistern, Schiffsleuten, Kaufleuten, Schuhmachern etc.'), und 
er kümmerte sich nicht um das Aergemiss, das er den Christen dadurch 
gab, denn „die Schmausereien^ zogen ihn an. 

Er verhandelte aber auch mit einem heidnischen Beamten, dem 
proeitrator DucenariuSy öffentlich über seine Verleugnung Christi. — 
Dieser Procurator hiess nach Florez nicht Ducenarius, welches Wort 
unter den alten spanischen Eigennamen nicht vorkommt; er hatte viel- 
mehr diesen Zunamen von seinem Einkommen , welches sich auf 200 Se- 
stertien belief oder belaufen sollte^). 

Das eigentliche Verbrechen aber, dessen sich die beiden unwürdigen 
Bischöfe schuldig machten, war die Verleugnung Christi. Sie waren 
Libellatici geworden, d. L sie hatten sich von der heidnischen Obrig- 
keit das schriftliche Zeugniss ausstellen lassen, dass sie den Gössen ge- 
opfert. In der That hatten sie nicht geopfert; aber sie hätten es doch 
gethan, wenn ihnen ein anderer Ausweg nicht geblieben wäre. 

Aus dem vorliegenden Schreiben Cyprian^s ist ein starker Beweis 
für die Anerkennung des Primates der römischen Kirche im dritten 
Jahrhunderte zu entnehmen. Wenn selbst der unwürdige Basilides den 
Primat der römischen Kirche anerkannte, so that er es gewiss nicht aus 
innerer Ehrfurcht; der den Glauben an Christus verleugnet hatte, wie 
hätte er in dem Bischöfe von Rom den Stellvertreter Christi ehren sollen? 
— Der Papst war ihm an sich gleichgiltig, wie das ganze Christenthum. 
Aber — aus kluger Berechnung wendete er sich an den Papst. Er 
kannte die grosse Auctorität desselben bei den christlichen Spaniern. — 
Er konnte hoffen, dass, wenn der Papst ihn wieder einseze, oder ihn 
empfehle, oder mit ihm Kirchengemeinschaft eingehe, er auch in Spa- 
nien wieder als Bischof anerkannt würde. — Und — wirklich täusdite 
er sich hierin nicht ganz. Ein Theil der Bischöfe Spaniens, vielleicht 
war es der grössere Theil, erkannte ihn nach seiner Rückkehr wieder 
als Bischof an, und unterwarf sich der Entscheidung des römischen 
Stuhles. Dass die schweren Vorwürfe , welche desswegen Cyprian gegen 
sie erhebt, von ihnen verdient worden, möchte ich in keiner Weise 
zugeben. — Sie hatten zwischen zwei Uebeln zu wählen, und das ge- 
ringere Uebel schien ihnen zu seyn, der Entscheidung des Papstes sich 



>) Die Inschriften in der Sammlang von Masdeu, t. 5 et 6: Nro. 63, 660, 666, 666, 
682, 691, 767, 792, 870, 884, 931, 944, 106, 741, 868, 118a 

') Florez, 1, 245. War aber sein Name Ducenarius, so liegt darin ein neuer 
Grund, dass Martial und sein Nachfolger Felix Bischöfe von Astorga waren. 
Denn seit den Antoninen bildete Galizien und Asturien einen eigenen Bezirk 
für die Abgabenverwaltung. Der oberste Beamte aber hiess procurator , der in 
Astorga residirte. — Becker- Marquard, 3(1), 83. 



$. 7. Einige weitere Eiläoterangen« 263 

zu unterwerfen. — Wenn gefehlt worden war, so hatten nicht sie es 
zu verantworten. Sie erkannten den Basilides an, nicht, weil seine 
Vergehen ihnen gleichgiltig waren, wie Cyprian sie beschuldigt, son- 
dern — weil der Papst ihn anerkannt hatte. 

Femer spricht durchaus nichts dafür, dass Cyprian in seinem Briefe 
die Angelegenheit der spanischen Bischöfe endgiltig entscheiden wollte, 
oder entschieden zu haben glaubte. Trost oder Hilfe hatten sie von 
ihm gewünscht. Trost und Hilfe gab er ihnen. Seine und seiner Mit- 
bischöfe Entscheidung war ein Gutachten, kein Gfericht. 

Gerade der (67) Brief des heiligen Cyprian, welcher dem (68) Briefe 
an die Spanier zunächst vorangeht, ist ein Beweis, dass Cyprian den 
Primat der römischen Kirche nicht bloss in der Person des Cornelius, 
sondern auch des Stephanus anerkannte. Er schreibt an Stephanus , dass 
der Bischof Faustinus von Lyon wiederholt an ihn geschrieben habe 
über dasselbe, „von dem ich weiss, dass es auch dir ist berichtet wor- 
den von demselben (Faustinus), und von imsern übrigen Mitbischöfen in 
derselben Provinz**, dass der Bischof Marcian von Arles an die Nova- 
tianer abgefallen sei. — „Es mögen also (sagt Cyprian zu Stephanus), 
Briefe von dir an diese Provinz, und an die gläubige Gemeinde von 
Arles geschrieben werden, damit — Marcian entfernt, ein anderer als 
Bischof an seine Stelle gesezt, und die Heerde Christi, welche bis heute 
von jenem zerstreut, verwundet und zertreten wurde, wieder gesammelt 
werde.** 

Diese Aufforderung, oder — diese Einladung des Cyprian an den 
Papst — hebt alle Bedenken über den Sinn und die Tragweite seines 
Briefes an die Spanier. — Gleichwie Cyprian durch die erwähnte Auf- 
forderung einen „moralischen Druck** oder Eindruck auf Stephanus aus- 
üben, und ihn treiben will, endlich zu thun, was seines Amtes als 
Haupt der Kirche ist, — die Absezung des Marcian auszu- 
sprechen, wie derselbe Cyprian in dem Streite über die Kezertaufe, 
in welchem er materiell im Unrechte war, — durch die nachgesuchte 
Beistimmung der Bischöfe Afrika's und des Orients einen „moralischen 
Druck** auf Stephanus ausüben will, — also wollte er vielleicht durch 
semen Brief an die Spanier „von dem übel unterrichteten — an den 
besser zu unterrichtenden Papst** appelliren. 

Auffallend ist es doch, dass die Gemeinden von Merida und 
Astorga-Leon gerade ihre Bischöfe Sabinus und Felix nach Carthago 
senden. Man sollte doch denken , dass ihre Anwesenheit zu Hause drin- 
gend nothwendig , und jezt es am wenigsten für sie an der Zeit gewesen 
sei, ihren schlauen und energischen Gegnern, den abgesezten Bischöfen, 
auf so lange Zeit — das Feld zu räutnen. Jene Gemeinden in Spanien, 
und diese beiden Bischöfe hätten die möglichst grosse Thorheit begangen, 
wenn sie nicht einen überwiegenden Grund hatten, so zu handeln, und 
von zwei Uebeln zugleich das kleinere zu wählen. 



264 Drittes Bach. Drittes Kapitel. $. 7. Einige weitere Eri&Qteraiigeii. 

Man sagt, Sabinus und Felix -wurden nach Carthago gesendet, um 
dort ihre Sache selbst zu führen. ;,Wir unterliegen,^ sagt Baronius, 
„einer wahrscheinlichen und heftigen Vennuthung, indem wir glaubten, 
dass diese erwählten Bischöfe nach Afrika gesendet worden, damit ihre 
Erwählung auch durch die Beistimmung Cyprian^s (und seiner Mitbischöfe) 
gebilligt würde, und dass sie dann, ausgerüstet mit seinem und seiner 
Amtsgenossen Briefen, nach Rom zur Widerlegung der Lügen des Ba- 
silides fahren sollten ^).^ Jedenfalls wird man gestehen müssen, dass 
eine solche Handlungsweise dem Eifer und der durchfahrenden Energie, 
sowie dem Glaubensmuthe spanischer Katholiken entsprochen hätte« 

Man sucht nach (neuen) Zeugnissen für die Anerkennung des Pri- 
mates der römischen Kirche in den drei ersten Jahrhunderten. Ich sehe 
nicht ein, warum man sich sträuben sollte, den gewöhnlich angeführten 
noch dieses weitere beizufügen, dass um das J. 253 ff. ein abgesezter 
Bischof Spaniens persönlich seine Wiedereinsezung in Rom gesucht und 
gefunden habe. 

Man nimmt heute gewöhnlich an, dass sowohl die Angelegenheit 
des Bischöfe Marcian von Arles, als die zu Carthago aus Anlass der 
spanischen Gesandtschaft gehaltene Synode — dem Ausbruche des Kezer- 
taufstreites zwischen Cyprian imd Stephanus vorangegangen sei ^). — 
Sollte es nicht erlaubt seyn, wie Baronius, „von einer wahrscheinlichen 
und heftigen Vennuthung getrieben zu werden^, dass die Gereiztheit 
und Heftigkeit, mit welcher der Streit von Seiten Stephan's und Cy- 
prian's geführt wurde, zum Theil seine Veranlassung in den voraus- 
gegangenen unangenehmen gegenseitigen Berührungen hatte? Es hatte 
sich viel Zündstoff, viel — scheinbarer oder wirklicher — Grund zur 
Unzufriedenheit angesammelt. Aber der Herr der Kirche schlichtete 
den bittern und ärgerlichen Streit dadurch, dass er beiden Streitern die 
Krone des Martyrthums schenkte, imd sie in seinem Reiche ewig mit 
einander vereinigte. 



') Bar, VerisimiK <zc vehementi dudmur conjectura — ann. 258 y 5. 

') So Morcelli zum J. 254, der unmittelbar an die spanische Angelegenheit den 
Ausbruch des EezertauCstreites anschliesst. Ebenso Hefele, Goncilieng. 1, 90: 
»Diesen Synoden über die lapn folgten drei afrikanische Concilien über die 
Kezertaufe.« 



Viertes Kapitel. 

Der Hartyrbischof Fructuosus von Tarra^ona, nnd seine 
Gefährten Im Hartyrthume im Jalire 259. 



§. 1. Die Martyrakten. 

Wir h^ben von dem Falle spanischer Bischöfe gehört. Reissende 
Wölfe waren eingedrungen in den Schaafstall Christi, um die Heerde 
zu zerstreuen. „Die, welche sie als Väter und Hirten erhalten, und 
welche sie daher als Führer und Lehrer hätte erproben sollen, damit 
sie in immer engern Verbände mit dem Leibe Christi, welcher die Kirche 
ist, vereint bliebe, hatte sie als Urheber des Abfalles erkannt *).*' — 
Es ist uns aber auch vergönnt, von/ dem glorreichen Martyrtode spani- 
scher Bischöfe, Priester und Diakonen zu hören. — Also lautet der 
Bericht über das Martyrium des heiligen Fructuosus und seiner Gefährten, 
welcher alle Spuren protokollarischer Aechtheit an sich trägt ^). 

1) Akten des Martyrtodes des Bischofs Fructuosus, der Diakonen 
Augurius und Eulogius. Unter den Kaisern Valerianus, unter den Con- 
suln Aemilianus imd Bassus, am 16. Januar, an einem Sonntage, wurde 
der Bischof Fructuosus ergriffen, die Diakonen Augurius und Eulogius. 
— Der Bischof Fructuosus ruhete schon in seinem Schlafgemache, als 
die Beneficiarien^) (Gerichtssoldaten) sich seinem Hause näherten, nemlich 



') Aus der Allocution Gregorys XVI. vom 22. Nov. 1839 über die russischen Apo- 

sfatcnbischöfe. 
^ Rumart, Acta martyrum sincera, Ratisbonae 1859, p, 264 — 67. — Acta Sanctortan 

zum 21. Januar. ^ Salazar MarU Hisp, zum 21. Januar. 
') Btn^ficiarü — so hiessen die Soldaten, welche beneßcio prindpia — zu gewissen 

Diensten bestimmt waren; sie waren theils Gerichtsdiener, theiis Amtsboten u. s.w. 

(curion oder stattonarü)^ können also leicht mit »Gensdarmen«* übersezt werden ; 

denn sie hatten auch den Beruf, Verbrechen den Behörden anzuzeigen — 

8. Tertuüianf de fuga in persec c. 13, — Ducange glosaar, Euseb, h, eoc, 9, 9, — 

VejftL iL r. mäL 9, 7. — Sie waren zu diesem Zwecke frei vom Kriegsdienste« 



266 Drittes Buch. Viertes Kapitel. 

Aurelias, FestuciuS; Aelius, Pollentins, Donatus und Maximus. Als 
er das Geräusch ihrer Tritte hörte, stand er sogleich auf, und gieng in 
Sandalen ^) zu ihnen hinaus. — Die Soldaten sprachen zu ihm : Komm 
mit uns, der Präsident lässt dich mit deinen Diakonen rufen. Ihnen 
antwortete der Bischof Fructuosus : Wir wollen gehen. Oder, wenn ihr 
erlaubt, will ich meine Schuhe anziehen. Die Soldaten antworteten ihm: 
Mache das, wie es dir gefällt. — Sobald sie kamen , wurden sie in 
das Gefängniss aufgenommen. Fructuosus aber, gewiss und freudig des 
Siegeskranzes Christi, zu welchem er berufen worden, betete ohne 
Unterlass. Auch Brüder befanden sich bei ihm, die ihn erquickten, und 
ihn baten, ihrer eingedenk zu seyn. 

2) Des andern Tages aber taufte er im Gefängnisse unsem Bruder, 
mit Namen Rogatian. Sechs Tage brachten sie im Gefängnisse zu, 
und sie wurden am 21. Januar, an einem Freitage, herausgeführt und 
verhört. Der Präses Aemilianus sprach : Bringet den Bischof Fructuosus, 
den Augurius und Eulogius herein. Vom Gerichte wurde geantwortet: 
Sie sind da, — Der Präses sprach zu dem Bischöfe: Hast du gehört, 
was die Kaiser befohlen haben? Der Bischof Fructuosus sprach: Ich 
weiss nicht, was sie befohlen haben. Ich aber bin ein Christ. Aemi- 
lianus der Präses sprach: Sie haben befohlen, dass man die Götter an- 
beten solle. Der Bischof Fructuosus sprach : Ich bete den einzigen Gott 
an, welcher Himmel und Erde, das Meer und alles, was darin ist, 
gemacht hat. Aemilianus sprach: Weisst du, dass es Götter g^ebt? Der 
Bischof Fructuosus sprach : Ich weiss es nicht. — Aemilianus sprach : 
Du wirst es bald wissen. Der Bischof Fructuosus blickte auf zum Herrn, 
und begann — stille zu beten. Der Präses Aemilianus sagte : Wer wird 
noch gehört, wer gefürchtet, wer angebetet werden, wenn die Götter 
nicht angebetet, wenn nicht das Angesicht des Kaisers gegrüsst wird? 
Der Präses Aemilian sprach zu dem Diakon Augurius: Wolle nicht auf 
die Worte des Fructuosus hören. Der Diakon Augurius sprach: Ich 
bete den allmächtigen Gott an. Der Präses Aemilianus sprach zu dem 
Diakon Eulogius: Betest du vielleicht gar den Fructuosus an?^) Eu- 
logius der Diakon sprach: Ich bete den Fructuosus nicht an; sondern 
den bete ich an, den auch Fructuosus anbetet. Aemilianus der Präses 
sprach zu dem Bischöfe Fructuosus: Bist du der Bischof? Der Bischof 
Fructuosus sprach: Ich bin es. Aemilianus sprach: Du bist es gewesen^). 



Im Griechischen hiessen sie ßeveptxudtoiy s. bei MasdeD in der Sammlung der 

spanischen Inschriften Nr. 408,737,738,739, 947. — Becker- Marquardt, 8, 2. 

S. 419. 
') In Soleis — s. vita Fulgentii nr, 18. 
*) Besser ist die Lesart bei Augustin — serm. 273, 3. — Betest auch du wohl 

den Fructuosus an? 
•) Etwa nach der Bedeweise des Cicero bei Sallust — abeü. CcOiUnanim** — vixerunt 



Der Martyrbischof Frnctuosns von Tarragona, nnd seine Gef&hrten etc. 267 

Und er befjEJil^ dass sie nach seinem ürtheilsspruche lebendig verbrannt 
werden. 

3) Und als der Bischof Fructuosus mit seinen Diakonen zu dem 
Amphitheater geführt wurde, so fieng das Volk an, dem Fructuosus sein 
Mitleid zu bezeugen. Denn solche Liebe genoss er nicht bloss von den 
Brüdern, sondern auch von den Heiden. Denn so war er beschaffen, 
wie der heilige Geist durch den seligen Apostel Paulus, das Gefäss der 
Auserwählung, den Lehrer der Völker, erklärte, dass (ein Bischof) seyn 
müsse. Die Brüder, welche wussten, dass er zu einer so grossen Glorie 
gehe, waren darum auch mehr erfreuet, als betrübt. Und da viele aus 
brüderlicher Liebe ihnen anboten, dass sie einen Becher Würzwein 
nehmen möchten*), so sprach er: Es ist noch nicht die Stunde, die 
Fasten aufzuheben. — Denn es war die vierte Stunde des Tages. — 
Denn im Gefängnisse hatten sie am Mittwoch die Station feierlich be- 
gangen^). Darum eilte er am Freitage freudig und sicher, dass er mit 
den Blutzeugen und den Propheten in dem Paradiese , welches der Herr 
denen bereitet hat, die ihn lieben, das Fasten aufheben werde. Und 
als er zu dem Amphitheater gekommen war , trat zu ihm ein Bruder, 
unser Mitstreiter, mit Namen Felix, er fasste ihn bei seiner rechten 
Hand, und bat ihn, dass er seiner eingedenk sein möchte. Ihm ant- 
wortete Fructuosus mit lauter Stimme, so dass es alle hörten: Ich muss 
der katholischen Kirche eingedenk seyn, welche vom 
Morgenlande bis zum Abendlande ausgebreitet ist. 

4) Schon stand er am Thore des Amphitheaters , schon war er nahe 
daran, eher zur unverwelklichen Krone, als zur Pein, einzugehen, — 
nach dem Gebrauche bildeten die Gerichtssoldaten , deren Namen oben 
angegeben wurden, seine V\7^ache; da sprach der Bischof Fructuosus, so 
dass es unsere Brüder hörten, indem ihn der heilige Geist antrieb, ja 
aus ihm redete: Von nun an wird euch der Hirte nicht fehlen; und 
nicht wird die Liebe und die Verheissung des Herrn, sowohl hier, als 
in Zukunft, sich euch entziehen. Denn das, was ihr sehet, ist ja nur 
das Leiden einer Stunde. Nachdem er also die Gemeinde der Brüder 
getröstet hatte, traten sie hinein zum Leben: würdig und glücklich selbst 



— sie (die Verschwornen) sind todt — Oder der Präses wollte wenigstens 
einen Kraftspruch than, um nicht als Besiegter zu erscheinen. 

') Condttum mixtum ^ bei Prüden tius Hymn. 6 — Ubandum poculum. Ich glaube 
nfcht mit Baronius 34, Nr. 108 — Ruinart, ad Acta Fruetuos. — Bollandisten 
z. 21. Jan. — Tamayo Salazar u. a., dass es ein betäubender, sondern dass es 
ein stärkender Trank war. 

*) Mittwoch und Freitag waren dies »tationum, wo man bis zur neunten Stunde 
fastete. — Baron. 262, nr, 65. — TertulL de jejun, — Thomas8in de jejun, l 1, 
c€q>, 19, l 2, cap. 15. — Schere stationem heisst das Fasten aufheben. — Es war 
zehn Uhr; und das Fasten dauerte bis drei Uhr Nachmittags. — Ueber den 
Samstag als Fasttag s. c. 26 von Elvira. 



268 Drittes Buch. Viertes Kapitel. 

in ihrem Martyrtode^ da sie ja die Frucht der heiligen Schriften der 
Verheiflsiing gemäss genossen. Aehnlich wm'den sie dem Ananias , Aza- 
rias und Michael , so dass auch in ihnen die göttliche Dreieinigkeit ge- 
schaut wurde: als schon jeder der Dreien in dem Feuer stand , so dass 
der Vater nicht fehlte, und der Sohn ihm zu Hilfe kam, und der heilige 
Geist mitten im Feuer wandelte. Und als die Binden ausgebrannt waren, 
von denen ihre Hände gefesselt worden, so sanken sie, eingedenk des 
göttlichen Gebotes, und der gewohnten Uebung, freudig auf die Kniee, 
sicher ihrer Auferstehung, und selbst in das Siegeszeichen des Herrn 
gestellt ^), fleheten sie zum Herrn, bis sie zumal ihre Seelen ausathmeten. 

5) Dann fehlte es auch nicht an den gewöhnlichen Grossthaten des 
Herrn, und es öffnete sich der Himmel, indem Babylan und Mygdonius, 
unsere Brüder, aus den Hausgenossen des Aemilianus, ihn sahen, welche 
auch der Tochter des Aemilianus, ihrer weltlichen Gebieterin, den hei- 
ligen Bischof Fructuosus mit seinen Diakonen zeigten, wie sie, noch 
mit den Pf ählen , an die sie gebunden waren, geschmückt, zum Himmel 
emporstiegen. Als sie aber den Aemilianus herbeiriefen, und sagten: 
Komme, und siehe, wie diejenigen, welche du heute verurtheilt hast, 
dem Himmel und ihrer Hoffnung geschenkt sind, und als Aemilianus 
kam, so war er nicht würdig, sie zu sehen. 

6) Die Brüder aber waren traurig, wie verlassen ohne Hirten, trugen 
sie ihren Schmerz; nicht als hätten sie über Fructuosus sich betrübt, 
aber sie sehnten sich nach ihm, eingedenk des gemeinsamen Glaubens 
und Kampfes. In der folgenden Nacht kamen sie eilend mit Wein in 
das Amphitheater, um die halbverbrannten Leichen damit auszulöschen, 
worauf jeder, wie er es konnte, die gesammelte Asche dieser Märtyrer 
sich zueignete. Aber es blieben auch die Wunder unsers Herrn und 
Erlösers nicht aus, zur Vermehrung des Glaubens der Gläubigen, damit 
den Kindern (im Glauben) ein Zeichen gegeben würde. Denn es musste 
der Märtyrer Fructuosus, was er in diesem Fleische durch die Erbar- 
mung Gottes lehrend in unserm Herrn und Erlöser versprochen hatte, 
nachher in seinem Leiden und der Auferstehung seines Fleisches erfüllen. 
Daher erschien er nach seinem Leiden den Brüdern, und mahnte sie, 
dass, was jeder aus Liebe von seiner Asche an sich genommen, sie alle 
unverzüglich zurückgeben, und dass sie dafür sorgen sollten, dass es 
gesammelt und an einem Orte beigesezt werde. 

7) Auch dem Aemilian, der sie verurtheilt hatte, zeigte sich Fru- 
ctuosus zugleich mit seinen Diakonen in den Kleidern der Vergeltung, 
indem er ihn zugleich schalt und ihn verspottete, dass es ihm nichts ge- 
nüzt habe, dass er umsonst sich getröste, dass sie auf Erden ihrer 



D. h. die Hände in der Form des Kreuzes erhoben. Die Erklärung giebt Prüden- 
tius in 8. Hymnus 6: Non ausa est cohibere poena pahncu 

In morem crwds ad patrem . levandcu, 



Der Martyrbischof Fructnosus von Tarragona, und seine Gefährten etc. 269 

Körper beraubt worden, die er jezt in der Glorie isehe *). O selige Blut- 
zeugen, die durch das Feuer vfie kostbares Gold bewährt, bekleidet 
mit dem Panzer des Glaubens und dem Helme des Heiles, gekrönt sind 
mit dem Diadem, und der unverwelklichen Ei'one, darum, weil sie den 
Satan auf das Haupt getreten haben. • O selige Blutzeugen, welche ihr 
eine würdige Wohnung im Himmel verdient — stehend zur Rechten, 
preiset Gott den allmächtigen Vater, und unsem Herrn Jesum Christum 
seinen Sohn. — Es nahm aber der Herr seine Märtyrer im Frieden 
auf um ihres guten Bekenntnisses willen, dem Ehre ist und Glorie in 
Ewigkeit. Amen. 

Der Dichter Prudentius feiert den Märtyrer Fructuosus u. a. in seinem 
Hymnus auf die achtzehn Märtyrer von Saragossa: 

Tarraco, Mutter der Frommen, dreifach 
Ist die Perlenkrone geschmückt, die Christo 
Dar da bringen wirst, und die Frn^tuosus 
Glänzend verknüpfte. 

Eingeflochten ist in dem Perlenbandc 

Dieser Name. Fearig zu beiden Seiten * 

Blizen zwei verbrüderte Edelsteine 
Aehnlich Strahlen. 

Von seinen Hymnen über die Märtyrer — ist der sechste dem An- 
denken gewidmet — des Fructuosus. (Hymnus auf die seligsten Mär- 
tyrer den Bischof Fructuosus der Kirche von Tarraco, und die Diakone 
Augurius und Eulogius.) 

In dem von Lorenzana herausgegebenen gothischen Ejrchenkalender 
ist das Fest des heiligen Fructuosus auf den 21. Januar also angesezt: 
Frtictuosiy Augurii et Eulogii, Novem lectionum. Unmittelbar rorher 
geht — 20. Januar — das Fest der heiligen Jungfrauen Agnes und Eme- 
rentiana, gleichfalls von neun Lectionen. Aber auf den 19. Januar ist 
das Fest des Sebastian und seiner Gefährten — als feHum sex capparum 
angesezt; auf den 22. Januar aber das Fest des Blutzeugen Vincentius — 
als festum quatuor capparum. Man sieht, dass die Gothen imd Mozaraber 
drei Klassen von Festen hatten. Die niederste war das Fest der neun 
Lectionen; die mittlere das Fest der vi«r Cappae, die höchste das Fest 
der sechs Cappae ^). 



Mit Recht bemerkt der Aufsaz bei Braun ^ Achterfeldt , dass diese Stelle 
wohl ein späterer Zasaz seyn möge. Da der Präses vorher nicht würdig ge- 
wesen, den Fructnosas zu sehen, wie sollte dieser ihm noch besonders er- 
scheinen? Wir bezweifeln, ob es des Märtyrers Fructuosus würdig gewesen, 
den Aemilian zu schelten und zu verspotten. — Heft 2, S. 77 (1852). Pruden- 
tius weiss nichts davon, hat es also in den ihm vorliegenden Akten nicht ge- 
funden. Cf. Florez, 25, p. 9 — 30. — 183 — 191. 

*) Cappa — s. Diez , Lexikon der romanischen Sprachen , 2*« Ausg. 1861 — S. 111 



270 Drittes Buch. Viertes KapiteL 

Fructuosufl ist der einzige Martyrbischof), welchen Spamen bis züx 
Zeit der Mauren hatte und verehrte. ^Denn Gerontios von Italica^ und 
Grispinus von Astigi werden als Märtyrer nicht verehrt^ und es scheint 
nicht 9 dass ihre Feste in den ersten Jahrhunderten gefeiert wurden, 
weil sie — neben dem Hymnus t— keine besondem Of&cien haben. — 
Wie kommt es nun, dass das Fest des Fructuosus weniger feierlich be- 
gangen wird? Indem ich diese Frage beantworte, bringe ich zugleich 
eine alte Schuld ein. Denn auch das Fest der apostolischen Sieben- 
männer steht in dem mozarabischen Ritus nur als Fest von neun Lectionen. 
— Man kann nicht sagen, diess sei geschehen, weil sie keine Märtyrer 
waren; denn Fructuosus war Märtyrer, und wird dennoch höher nicht 
gefeiert. 

Noch mehr, von allen Heihgen, welche als Nicht -Spanier in der 
alten spanischen Kirche verehrt wurden, ist (mit Ausnahme der Apostel) 
keiner höher gefeiert worden, als Cyprian von Carthago. — Kein nicht - 
spanischer Heiliger ist Patron so vieler Kirchen in Spanien als er. Seinem 
Feste am 13. September gieng ein dreitägiges Fasten voraus (Quatember- 
fasten). Sein Fest ist aber auch nur ein Fest von neun Lectionen, wäh- 
rend das Fest des heiligen Augustin (f 430) ein festum sex capparum ist 

Worin liegt nun der Grund von all' dem? Er liegt darin, dass 
die Siebenmänner, Fructuosus und Cyprian in früherer Zeit lebten und 
vollendet wurden, als die Helligen des vierten und fünften Jahrhunderts. 
Zu einer Zeit wurden ihre Feste in der Kirche Spaniens eingeführt und 
begangen, als der Ritus noch weniger entwickelt war. Damals bedeutete 
das Fest der neun Lesungen wohl die höchste Stufe der Festfeier. Später, 
als die Kirche sich entfaltete, kamen die quatuor cappae und die $ex 
eappae hinzu, sie wurden aber nicht auf die frühem, sondern nur auf 
die neuem Heiligen angewendet. 

Es gieng mit dem mozarabischen Rituskalender genau so, wie es 
mit dem römischen gegangen ist. — Gerade die Heiligen, welche in 
der ersten Zeit der Kirche gelebt und gelitten haben, stehen auf der 
niedersten Stufe kirchlicher Festfeier. Die Päpste der drei ersten Jahr- 
hunderte der Kirche, welche meistens Märtyrer waren, haben entweder 
nur eine Oommemoration oder nur eine Neben -Oration neben den son- 
stigen Festen , die auf den betreffenden Tag fietllen , oder sie haben nur 



— Mantel, kommt schon in einer Urkunde von 660 vor. Es kommt nicht von 
Caput f sondern von Capere, das Umfangende. — Jsidor. etymoL 19, 31* Capüubm 
e$t, quod vulgo capitulare dicuni, Idem est cappa, vel quod duoa apicea, ut eappa 

* Uttera habeat, vel quia capitis omamentum est, — Fr. Lorinser berichtet vom Ja- 
eobusCeste in Santiago: Beiseskizzen 3, 319: und beim Magnificat incensirten 
zwei Prälaten mit der Mitra gemeinschaftlich den Altar. Der Erzbischof er- 
thellte ohne Mitra den Segen. 

') S. indess Geroniius, Cri8|>inas, vielleicht auch Severus« 



Der Martyrbischof Fractooflas von Tarragona, und seine Gefährfen etc. 271 

eine Lection, oder sie sind Feste von drei Lectionen, oder im günstigsten 
Falle sind sie fe$Ui semiduplieia mit neun Lectionen.* Man sehe dieses 
nach an den Festen der Fäpste Linus (8em,)y Anenclet — (semid.) Cle- 
mens^ welcher Martyrpapst sich noch — einer Bevorzugung erfreut, 
da er ein festum semiduplex hat — Evarestus, Alexander, Xystus L, 
Telesphorus, Hjginus, Pius, Anicet, Soter, Eleutherus, Victor, Ze- 
phjrin, sie werden entweder nur commemorirt, oder haben nur eine 
Lection, oder sind Feste semid. ritus. 

Callistus I. erfreut sich wieder einer Auszeichnung, indem er ritu 
9emidupUci gefeiert wird. — Ich weiss nicht, ob bei dem in den Jahren 
18Ö0 — 1854 geführten Conflickte über seine Persönlichkeit dieses Mo- 
ment von irgendeiner Seite ist herbeigezogen worden. — Das harte 
Urtheil des Hippolyt, der seine Klatschereien über die Antecedentien 
des Callistus seinem neulich entdeckten wissenschaftlichen Werke über 
alle Kezereien glaubte einverleiben zu sollen, war keineswegs das Ur- 
theU seiner römischen Zeitgenossen. Denn Callistus hat gewiss nicht 
selbst sich auf eine höhere Stufe festlichen Angedenkens in der Elirche 
gesezt, als seine Vorgänger und nächsten Nachfolger. 

Sein Nachfolger, der Papst und Märtyrer Urban, erfreut sich am 
25. Mai nur einer Commemoration. Der Papst und Märtyrer Pontianns 
hat am 19. November nur eine — zwölfte — Lection. Und so die 
andern. Nicht einer wird ritu duplici gefeiert bis auf Silvester. — Es 
ist, als hätten die Päpste selbst ihre Verdienste geringer angeschlagen. 
Denn während das Fest des Clemens L als gemiduplex am 23. November 
begangen wurde, steht das den Tag zuvor gefeierte Fest der heiligen 
Cäciüa — um eine Stufe höher. 

Indess — so war es auch bis auf die neueste Zeit — mit den Festen 
des Timotheus, Titus, Polycarpus, Ignatius von Antiochien; erst unter 
dem Pontificate des jezt regierenden Papstes Pius IX. sind sie von feHa 
$emidiq>licia — zu duplicia erhoben worden — 18. Mai 1854. — Gerade 
aber ihre scheinbare Zurückstellung ist ein Beweis, dass sie von Anfang 
an in der Earche begangen wurden. So verhält es sich denn auch mit 
den spanischen Festen. Die Feste der Siebenmänner, des Fructuosus 
und des Cyprian, welch^ lezterer indess auch in der römischen Kirche 
— mit und neben dem Papste Cornelius am 16. September — nur ritu 
semiduplici begangen wird, wurden in der spanischen Elirche schon im 
dritten und Anfange des vierten christlichen Jahrhunderts begangen, zu 
einer Zeit also, wo die Festfeier noch nicht so entwickelt war; und so 
blieben sie auf einer niederen Stufe stehen. 

In dem Officium des heiligen Fructuosus findet sich der Hymnus 
des Aurelius Prudentius Clemens auf ihn — in verschiedenen Theilen. Ihr 
Officium selbst, sowie die Messe ihres Festes enthält keine neuen Momente, 
welche nicht schon in ihren Martyrerakten enthalten wären. Dass die Ver- 
gleichung mit den drei Knaben im Feuerofen immer wiederkehrt, lässt 



272 Drittes Buch. Viertes Kapitel. 

sich erwarten. Namentlich findet sich die Wendung häufig, dass und 
warum diese aus ' dem irdischen Feuer errettet worden , während jene 
durch das irdische Feuer hindurch in das ewige Leben eingegangen 
sind. — Ein Theil des Segens lautet: Der Gott, welcher die Asche 
ihrer Leiber, welche die Brüder sich amnassten *), sammeln wollte, 
damit sie an einem Orte bestattet werde, wolle euch nicht trennen von 
der Einheit der einen Mutterkirche. — In dem von AI. Lesley heraus- 
gegebenen gothischen Missale aber findet sich die Messe des heiligen 
Fructuosus und seiner Gefährten am 13. Februar. 

Unter den Predigten des heiligen Augustinus findet sich eine auf 
das Andenken des heiligen Fructuosus ^). Man sieht, dass ihm die Martyr- 
akten vorgelegen haben. Er führt die Worte des Fructuosus an: Ich 
muss beten für die katholische Kirche, welche vom Morgen- bis zum 
Abendlande ausgebreitet ist. Er führt die Worte des Eulogius an : Nicht 
den Fructuosus bete ich an, sondern den Gott, welchen auch Fructuosus 
anbetet. — Die Märtyrer, sagt Augustin, ehren wir, Gott aber beten 
wir an 3). Der Katholik müsse sagen: Ich bete den Petrus nicht an, 
sondern Gott bete ich an, welchen auch Petrus anbetet. Dann liebt 
dich Petrus*). 

Die Predigt schliesst mit der Aufforderung: Ehret die Märtyrer, — 
lobet, liebet, preiset, verehret sie: den Gott der Märtyrer aber betet an*). 

§. 2. Das Bisthum Tarraco. 

Die Stadt Tarraco war eine Zeit lang die grösste und bedeutendste 
Stadt Spaniens. Die Neuern behaupten, dieselbe habe unter den Römern 
eine Million, oder über eine Million Einwohner gehabt^). — Das sind 
grossartige üebertreibungen. Zunächst sagt Strabo nur, dass es so be- 
völkert war, wie Carthago. — Aber auch dieses ist eine allgemeine 
Phrase. Und wie viel Einwohner hatte denn Carthago? Die hoch gehen, 
nehmen 700,000 Seelen an. Aber — welche Anhaltspunkte hat man 
für solche Behauptungen? Keine. Es ist stehende Phrase, dass Spanien 
zur Zeit der Römer vierzig Millionen Einwohner gehabt. — Nüchterne 
Forschungen der neuesten Zeit reduciren diese vierzig — auf höchstens 



*) Usurpatos a frairtbus. 

*) August, sermo 273. — ed, Maur, F, i. 

') Ut martyrea honoremus, et cum martyrihus Deum eolamus, — cap, 7. 

^) Effo Petrum non colo, aed Deum colo, quem coUt et PeiruM» Tunc te amai Peinu. 

.*) Veneremini martyrea f ktudate, amate, praedkatef honorate: Deum martyrum ooKu. 

•) Ziegler, Reise nach Spanien 1852» Bd. 1,112 flg. — Minutoli, Alles und 

Neues aus Spanien, Berlin 1854, Bd. 2, S. 153 — 217, »das Herkulesgrab in 

Tarragona«. 
♦) Strabo, 3,159. 



$. 2. Das Bisthum Tarraco. 273 

neun Millionen ^), wlihrend heute Spanien und Portugal zwanzig Millionen 
zählt, und wohl zu keiner Zeit so bevölkert war, wie heute. In ähn- 
licher Weise dürfen wir die BeTölkerung des alten Tarraco auf etwa 
250,000 Seelen reduciren. MinutoH, der derlei Uebertreibungen in seinen 
sehneil geschriebenen Werken über Spanien auf das neue in Umlauf 
gesezt hat, giebt uns selbst Anhaltspunkte zu dieser Reduction. Er sagt 
in seinem Buche: Altes und Neues aus Spanien^), dass Tarragona, To- 
ledo, Meridä und Murviedro die bedeutendsten Amphitheater in dem 
alten Spanien besassen, von denen die zwei erstem an — 30,000 Zu- 
schauer ge&sst haben sollen. Der im J. 1754 gebaute Circus für die 
Stiergefechte in Madrid fietsse 12,000 Menschen. Nun hatte Madrid in 
der Mitte des vorigen Jahrhunderts etwa 100,000 Einwohner , während 
es nach der jüngsten Zählung 286,000 zählt. — Dabei muss man be- 
achten, dass man für die Residenz einen grössern Circus baute, weil es 
die Residenz ist. 

Wenn wir dieses auf das alte TarragonaT.mit seinem Theater für 
30,000 Menschen übertragen, so hatte Tarraco gerade eine Bevölkerung 
von 250,000 Seelen. — Das alte römische Amphitheater soll für 250,000 
Menschen Raum zum Stehen und Sizen gehabt haben. Das alte Rom 
hatte nach den einen If, nach den andern 2^ Millionen ^) Einwohner. 
Das erstere ist das Wahrscheinliche. Nach obiger Schäzung würden 
sich für Rom zwei Millionen Einwohner ergeben. Doch wurde natür- 
lich bei der Hauptstadt des Reiches nicht bloss auf die Einwohner^ son- 
dern auch auf die Fremden gesehen. 

Um die Million, welche Minutoli der Stadt Emerita andichtet, glaub- 
lich zu machen, behauptet er, sie habe eine Besazung von 80,000 Fuss- 
gängem, und 10,000 Reitern gehabt. Spanien hatte aber nie über drei 
Legionen „Besazung^ *). — Das Wort Besazung muss also hier be- 
deuten — waffenfähige männliche Einwohner, zwischen sechszehn imd 
sechzig Jahren. Wenn es in Emerita deren 90,000 gab , so ergäbe sich 
für die Stadt etwa eine Bevölkerung von 250,000 Seelen. Nun waren 
Mmda und Tarragona anerkannt die grössten Städte im römischen 
Spanien. Heute hat Lissabon 276,000, Madrid 286,000, Barcelona 180,000 



») Wietersheim, Geschichte der Völkerwanderung, 1859, B. 1, S. 213— 16 — sezt 
die heutige Bevölkerung auf 19^, die alte römische auf 9 Millionen an. 

«) Bd. 2, S. 80 flg. («Das Stiergefecht-.) 

') Wietersheim nimmt zur Eaiserzeit nicht viel über 1^ Million (S. 265); Grego- 
rovius. in s« Geschicbie dea *-^ Kaisers Hadrian — 1851 — nimmt 2,265,000 Ein- 
wohner an. 

*) Im zweiten und dritten Jahrhundert stand in Spanien nur die legio VII gemtna. 
Becker- Marquardt, Römische Alterthümer; 3C2), S. 356. — S. Minutoli, Altes 
und Neues ans Spanien» B. 1, 18 — 27. — »Eine Gewitternacht in Merida«. 

Qams, Span. Kirche. lo 



274 Drittes Bach. Vierte» Kapitel 

Einwofaner. Auch nach der Grösse der Stftdte steht die heutige pyre- 
näische Halbinsel nicht hinter dem alten Spanien zurück. 

Aus dem Umstand , dass das heutige Tarragona nur 1 5^000 Seelen 
zählt; auf den Verfall von Spanien su schliessen; ist gans falsch ge- 
schlossen. Das alte Spanien hatte kein Madrid ^ und das nahe Barcino 
war eine kleine Stadt. Barcelona hat Tajrragona neutraÜMrt und auf- 
gezehrt 

Cn. und P. Scipio haben die Mauern von Tarraco ^baut. Plinius 
nennt die Stadt ein Werk der Sdpionen. Augustus, der hier eine Zeit 
lang wohnte, baute sich eine Residenz , die dem Umfang der heutigen 
Stadt gleichkommen soll ; auch Kaiser Hadrian weilte }nee — während 
seiner Reichsrundreise , und wäre nahezu von einem wüthenden Sclaven 
ermordet worden ^). Hier baute Augnstus einen Tempel seiner Unsterb- 
lichkeit. In dem erwähnten Amphitfieater der Stadt erwürgten sich zur 
Feier der kaiserlichen Rückkehr von dem kantabrischen Kriege , von 
dem der Ejuser keine Lorbeern zurückbrachte — 2,000 Sdaven gegen- 
seitig^). Es war ein blutgedüngter Boden , von dem Fructuosus zum 
Himmel stieg. — Der prächtige in einer Höhe von hundert Fuss über 
das Thal führende Aquädukt ist noch h^te in seinen grossartigen Ver- 
hältnissen zu erkennen. ^Aber weder der Triumphbogen von Sura, 
noch die Scipionengräber werden die Zeit überdauern.'' — * Die Grün- 
dung der Stadt wird dem Herkules zugesehrieben, der in Tarragona 
begraben seyn soll. — Wenigstens wurde dort seü^i Grab, und in dem- 
selben sogar sein Leib gefunden. Minutoli ist der Ansicht, dass dieser 
Bau und dieses Grab sammt seinen Emblemen ägyptischen Ursprungs 
sei, und dem vierten christlichen Jahrhundert angehöre. 

Die Stadt Tarraco unterlag allen Wechseln der Schicksale. — Im 
achten Jahrhunderte wurde dieselbe von den Sarae^oen völlig zerstört, 
im zwölften Jahrhunderte wieder aufgebaut. — Von dem im Osten der 
Stadt, nahe am Meeresstrande, bei der Bastion del Toro gelegenen 
Amphitheater sieht man noch einige Ueberreste des in den Felsen ge- 
hauenen Halbkreises, altes Mauerwerk und Bogen« — Neben dem Am- 
phitheater bestand noch ein 1,500 Fuss langer Circus ^). 

Fructuosus ist der erste bekannte Bischof von Tarraco. Da aber 
die Stadt so bedeutend, so günstig für den Verkehr mit Rom gelegen 
war, so ist wohl anzunehmen, dass er — nicht der erste Bischof war. 

Die Einwohner selbst möchten, wie wir hörten (B, 1. Kap. 8.)^ den 
Ursprung des Christenthumes in ihrer Stadt auf den Apostel Paulus 
zurückleiten, und ich halte es nicht für unwahrscheinlich, daaa Paulus 



') Aeüut Spartian. v. Hadr, eogo. 12, 

*) Minutoli, 2, 154 sq. Das Herkules^prab in Tarragona. •— Braua-Achtarfididt L e. 

') Ziegler, spanische Reise, 1,118. 



$. 2. Das Bisthum Tarraco. 275 

dort geweilt habe. — Die heilige Thecla, die Schülerin des Paulus, ist 
die Patronin dieser Stadt; ihr ist eine erst im J. 1776 vollendete Kapelle 
im Dome geweiht*). — [Der Bisehof Fructuosus war schon ^alt, krank 
und zitternd an allen Gliedern** ^).] 

Auffallend sind die Worte des Bischofs, ,,des lieblichen Märtyrers 
Christi**, wie Augustin den einige Monate früher als Märtyrer gestor- 
benen Cyprian nennt: Ich muss in meinem Herzen tragen die katho- 
lische Kirche, welche* vom Morgen- bis zum Abendlande ausgebreitet ist. 
Diese Worte befinden sich nemlich in der altspanischen Liturgie. Hier 
heisst es im Anfange der Stillmesse: Heilig, heilig, heilig. Herr 
Gott und ewiger König, dir sei Lob und Dank. Lasset uns die heilige 
katholische Kirche in unsern G ebeten im Herzen tragen , damit in ihr Gott 
gnadenvoll Glauben, Hoffnung und Liebe zu vermehren sich vnirdige ^). 

Jene Worte des Fructuosus waren demnach aus dem Geiste und 
Sinne des ältesten Gottesdienstes der Kirche in Spanien gesprochen. — 
Man könnte auch vermuthen, dass die von Fructuosus gesprochenen 
Worte in die spanische Liturgie übergegangen seien. Diess ist aber an 
sich imwahrscheinlich ; wenigstens bieten sich kaum Analogieen hiefür 
irgendwo dar. — Und die Worte des Fructuosus wären dann wörtlich 
aufgenommen, namentlich gewiss der Zusaz: vom Morgen- bis zum 
Abendlande ausgebreitet — nicht weggelassen worden. — Wenigstens 
der Jesuit AI. Lesley *) zweifelt nicht daran , dass Fructuosus die Worte 
der Liturgie im Sinne gehabt habe, dass also diese Ausdrucksweise in 
der Mitte des dritten Jahrhunderts — in der spanischen Messe sich fand. 
Diess ist u. a. ein Beweis des hohen Alters dieser Liturgie. 

Der Martyrbischof Fructuosus erinnert an den Martyrbischof Poly- 
carp, der gleichfalls im Angesichte des Scheiterhaufens, der seiner war- 
tete , und den die Juden wetteifernd^ mit den Heiden bauten , — die auf 
dem ganzen Erdkreise verbreitete katholische Kirche in seinem Herzen 
trug, indem er für alle, und für die Kirche auf dem ganzen Erdkreise 
betete, wie es seine Gewohnheit war^). 



») Ziegler, 1,117. 

') Achterfeld t- Braun — L c. S. 74, mit Hinweisung auf sermo 273 des Auguslin: 

Contra unum i/ifirmum et trementetn omnihus memhris senenif quid vaht Hercules f 
*) Ecdesiam sanctam cathoUcam in orationtbus in menie habeamus : ut eam Dominus et 

ßde, et spe et charitate propitius ampliare dignetur — missa omnium offerentium — 

post agyos, — Ft'UCtno8U9 aber sprach : in mente me habere necesse est ecclesiam 

cathoUcam f ab Oriente wque ad Ocddentem d^ffusam. 
^) Leeleus, prcufaiio in missale mixtum, nr, 210. 
*) Martyr, Pelycarpi — c. 5. — JtgogevxofJLevog xe^l stavrtay , xod riav xara rrjy oi- 

MOVfievtpf exxiijffuiv. osteq rpf öt^-S'BQ cevra. — cf. cap, 13, — fjuHJUdra VovdaüoY 

ft^oSvfJuagy tSg eSo^ avrotgy eis ravra vjtov^ovvrtay» 

18* 



Fünftes Kapitel. 

Unfälle und Fortsehritt des Christenthumes in Spanien vom 

Jahre 260 bis 304. 



§. 1. Einfälle der Barbaren; Verwüstung von Tarraco. 

Der Martyrbiscliof Fructuosus, seine beiden Begleiter Eologias und 
Augurius starben in demselben Jahre für den Glauben, in welchem 
Laurentius, von Geburt ein Spanier, und wie die Spanier annehmen, 
aus der Stadt Huesca — Osca — in Äragonien, den 10. August 259 — 
zu Rom glorreich für den Glauben starb *). 

Der Martyrbischof Fructuosus, der Verehrer und Vertheidiger des 
Glaubens — Bischof Felix von Zaragoza, und die drei Diakonen, welche 
der Kirche und ihren Bischöfen treu bis zum Tode geblieben, haben 
die Schande wieder ausgetilgt, welche der Abfall der unwürdigen Bi- 
schöfe Basilides und Martialis über das christliche Spanien gebracht hatte. 

Die lezte blutige Verfolgung hatte der Kaiser Valerian über die 
Kirche verhängt. Im J. 260 gerieth er in die Gefangenschaft der Perser, 
und starb in derselben. Sein bisheriger Mitregent und Sohn Gallienus 
regierte nun allein bis 268, soweit ihn die dreissig Tyrannen, die Noth 
oder Usurpation in den verschiedenen Provinzen des Reiches, und soweit 
ihn die Einfälle der barbarischen Völker regieren Hessen. Spanien schien 
vor solchen Einfallen am gesichertsten zu seyn. Es lag am fernsten, 
und hinter dem natürlichen Walle seiner Gebirge. — Aber wie die 
Alpen Italien, so haben die Pyrenäen Spanien nie geschüzt. 

Aurelius^ Victor erzählt: Franken verheerten Gallien, bemächtigten 
sich Spaniens, verwüsteten und plünderten beinahe gänzlich die Stadt 

') Franz Perez Bayer „Damasus et Laurentius, Stspanis asserii et vindicatio' — Romae 
1756. — Nach andern lUllt sein Tod in das J. 257 oder 258. 



{. 1. Einfälle der Barbaren; Verwüstung von Tarraco. 277 

Tarraco, und nachdem sie Schiffe erlangt hatten^ gieng ein Theil der- 
selben nach Afrika hinüber. — Eutrop , der hundert Jahre später schrieb, 
sagt: Die Germanen drangen bis nach Spanien, und eroberten die be- 
rühmte Stadt Tarraco. — Der Spanier Orosius (um 415) sagt in noch 
viel auffallenderer Weise: Die jenseitigen Germanen bemächtigten sich 
des ausgesogenen Spaniens. — Es bestehen jezt noch in verschiedenen 
Provinzen — in den Ruinen grosser Städte kleine und arme Wohnsize, 
welche die Zeichen ihrer Missgeschicke, und die Spuren ihrer Namen 
bewahren: unter diesen sseigen auch wir in Spanien unser Tarraco — 
um uns zu trösten in unserm neuesten Unglücke ^). 

Dieser Einfall der Franken erfolgte zur Zeit der dreissig Tyrannen. 
Wietersheim vermuthet , diese Franken seien aus Belgien in Gallien ein- 
gebrochen , in ihrem Rücken haben sich römische Streitkräfte zusammen- 
gezogen, und darum seien die Franken nach Spanien, theilweise nach 
Afrika gezogen. — Orosius nennt Spanien ein ausgesogenes, ein „ab- 
geweidetes*^ Land. Gallien befand sich wo möglich noch in einem 
elendern Zustande der Ausplünderung und Aussaugung der Provin- 
zialen^); in diese Zeit fällt die Entstehung der Bagauden, zunächst in 
Gallien^).. Die Franken also, vermuthe ich, als sie in Gallien nichts 
mehr zu plündern fsmden, warfen sich auf Spanien, wie vor ihnen die 
Cimbem und Teutonen, und nach ihnen die Vandalen, Alanen und 
Sueven. 

Aber die Stadt Tarraco — scheinen sie beinahe zerstört zu haben. 
„Ein kleiner und ärmlicher Siz** und der alte Name Tarraco blieb übrig 
in den Ruinen der grossen Stadt. Minutoli, welcher Forschungen über 
das sogenannte Herkulesgrab in Tarraco anstellte, scheint diess nicht 
gewusst zu haben. Seine Hypothese, dass der Tempel und das Grab 
aus dem vierten Jahrhundert stamme, hätte dadurch eine neue Bestäti- 
gung gefunden. Vielleicht, weil Tarraco zu einem kleinen Ort herab- 



') ÄttreL Victor de Caes. 33. — Francorum gentesy direpta Gallia, Hispaniam poeside- 
rent, vcutato ac paene direpto Tarraconensium oppido, nactisque in tempore navigüs, 
pars in usque Africam permearet. Eutropius 9, 8, -^ Orosius, 7,22. — »ö«r- 
mani ulteriores abrasa potiuntur Hispania, JExtant adhuc pei' diversas provincias in 
magnarum urbium ruinis parvae et pauperes sedes, signa miseriarum, et nominum in' 
dicia servantes: ex quibus nos quoque in Uispania Tarraconem nosiram ad consola- 
tionem miseriae recentis ostendimus ..*— Wietersheim, die Völkerwanderung, 
2 (1860), S. 294 u. 363-64. 

') Perditae provinciae — Oros. 7, 22. 

«) Lor. Diefenhach, Origines Europaeae - 1861, S. 237 — 39 über die Bedeutung 
des Wortes «Bagauden«. — S. Künsberg, »Wanderungen in das germanische 
Alterlhum« 1861 — Beilin -- S. 155— 56. ..Bagaudae, wie im dritten Jahr- 
hunderte die aufständischen Bauern in Gallien genannt wurden« — v. 215. — 
Der Bagaudenkrieg begann erst 287. Aber noch die Aufständischen des fünften 
Jaljrhunderts in Spanien werden von Idatius so genannt. Heute heisst man 
niedergetretene Völker, die um ihr Leben sich wehren > »Räuber*'. 



278 Drittes Bach. Fünftes Kapitel. 

sank, hörten auch die Bischöfe von Tarraco auf; vielleicht war Hime- 
rius um das J. 384 wieder der erste Bischof von Tarraco nach einem 
Jahrhunderte der Zerstörung. — Die Spanier erzählen, dass die Stadt 
nach ihrer Verwüstung durch die Franken viele Jahre unbewohnt blieb, 
dass erst im J. 278 die ersten Einwohner wieder in sie zurückkehrten, 
und dass in dieser Zwischenzeit die Stadt Barcelona — die Hauptstadt 
der Tarraconensischen Provinz gewesen sei. Wahrscheinlicher war es 
doch Cäsaraugusta , von dessen altem Glänze die ausserordentlich zahl- 
reichen Münzen in der Münzsammlung des Flörez zeugen *). — Sollen 
wir dem Orosius glauben , so wurde damals nicht bloss Tarraco , sondern 
ganz Spanien verwüstet, — und es war zwölf Jahre lang unter dem Drucke 
der germanischen Völker^). — Satumin, einer der j,dreissig Tyrannen*, 
schrieb sich das Verdienst zu, Spanien beruhigt zu haben. Mit Kaiser 
Probus — seit 277 — kam wieder eine bessere Zeit. Er gestattete, 
dass wieder in Spanien, wie in Grallien, Wein gebaut werde ^). 

Im J. 283, unter dem Kaiser Carus, dem Nachfolger des Probus, 
wohnte M. Aurelius Valentinian, Präsident des diesseitigen Spaniens, 
schon wieder in Tarraco. Inschriften, welche er dem Kaiser Carus 
sezte, sind von ihm erhalten. — Doch war der Umfang der Stadt von 
jezt an um vieles beschränkter. „Es begann der Zerfall der Stadt, die 
sich zur Zeit der Gothen wieder erholte, zur Zeit der Saracenen völlig 
untergieng*)*'. 



§. 2. Fortschritte des Christentliuines in den Jahren 260 — 304. 

Seit dem Sturze des Kaisers Valerian genoss das Christenthum einer 
langen Ruhe von mehr als einem Mensohenalter. Gallienus hob die 
Beschränkungen gegen die Christen auf. Er erlaubte ihnen Grundeigen- 
thum zu besizen, auf dem sie eigene Kirchen und Coemeterien errichten 
konnten^). — Zahlreiche Kirchen erhoben sich in allen christlichen 
Ländern. — Von Rom abgesehen, hatten die Christen in Nicomedien 
eine prächtige Kirche, welche beim Beginne der lezten grossen Christen- 
verfolgung niedergerissen wurde. — Auch in Spanien wurden zahlreiche 
Kirchen erbaut, wahrscheinlich in dieser Zeit. Diess geht daraus her- 
vor, dass die Synode von Elvira in einer Kirche versammelt war, und 



') Doch nahm Barcelona in Folge des Verfalls von Tarraco zu, Florez, 24,89. 
') Oros. 7f 41y quod (Hispaniae) etiam sub Gallieno tmperatore per annos propemo- 

dum 12 f Germanis evertentibus exceperunt. 
*) Flav, Vopiscus — Probus imper. c. 18. — Gallis omnibuSf et Hispanis ae BriUnrns 

(sie!) hinc permisit, ut vites haberenty vinumque conßcerent Statt Britannis liest 

Casaubon Pannonis, 
Florez, 24, 91. 
•) Euseb. 7, 13 theilt das Dekret des Gallienus mit. 



Drittes Bach. Ffinftes Kapitel. Fortschritte des Christenthumes etc. 279 

dass die Oanones der Synode mehrfach die Existenz von Kirchen vor- 
aussezen. 

Wahrscheinlich sind auch in dieser Zeit verschiedene neue Bis- 
thümer gegründet worden, während schon bestanden -— die Bisthümer 
Tarraco, Asturica, Cäsaraugusta, Emerita, Acci, Urci, Iliberis, wahr- 
scheinlich auch Tucci, Castulo; Mentesa, Egabra, Corduba, Astigi und 
Hispalis. 

Wahrscheinlich wurden in dieser ruhigen Zeit auch neue, ander- 
wärts entstandene Irrlehren, in Spanien eingeführt. 

Amobius, der gegen Ende des dritten Jahrhunderts schrieb, be- 
zeugt die starke Ausbreitung des Christenthumes in Spanien: ;, Warum 
ist in Spanien, in Gallien, zu gleicher Zeit nichts von solchen (Uebeln) 
entstanden, da doch auch in diesen Provinzen unzählbare Christen 
lebten?« *) 



') In Hitpamiaf Gaüia, cur eodem tempore horum nihil natum est, cum innumeri vice- 
rent in his quoque provinciis christiani? — Florez, welcher diese Stelle citirt, 
sagt, sie stehe am Anfange des Baches 2 — adv, gentes, und nach Florez 
hat sie der Verfasser der Abhandlung bei Achterfeld l- Braun citirt. Sie steht 
aber l i, i$. 



Sechstes Kapitel. 

Der Bisehof Gerontius von Italiea bei Hispalis. San Gerontio 

und Santiponee. 

Was ^wir über den sogenannten Regionarbischof Gerontius wissen, ist 
so wenig und unbestimmt, dass sich daraus die Zeit seiner Wirksamkeit 
nicht ermitteln lässt. — Die spärlichen Quellen über ihn finden sich zum 
Theil in der mozarabischen Liturgie, zum Theil beruhen sie auf der münd- 
lichen Tradition. — Sein Andenken wurde in der alten spanischen 
Kirche am 27. August begangen. — Er hat aber kein eigenes Officium, 
weder der Messe noch des Breviers. — Die Messe ist die eines Bischöfe 
und Bekenners. Sie hat zwei Orationen, welche sich auf Gerontius be- 
ziehen. Die erste lautet: 

O Gott, Sohn Gottes, welchen der Bischof Gerontius mit ganzem 
Herzen bekannt hat: indem er deinen Namen verherrlichte, ist er zu 
der Siegeskrone geführt worden : lege in unsern Mund das Bekenntniss : 
welches uns von der Sünde reinige ; so dass , was wir zu der Ehre deines 
Namens sprechen, unserer Seele zum ewigen Gewinne gereichen möge. 

Die zweite Oration ist: O Herr, allmächtiger Gott; der du das 
Leben und das Heil der Gläubigen (an dich) bist: an den wir glauben 
als an den wahren Richter, welcher kommen wird: sei uns gnädig: 
und lass uns, — die wir dieses Opfer für unser, und der Unsrigen 
Wohl, sowie für die Sühne unserer Sünden zu der Ehre deines selig- 
sten Bekenners Gerontius dir dargebracht haben, — erÜEthren, dass die 
Hilfe deiner Erbarmung über uns ausgegossen werde. So dass wir, die 
wir schon durch das Mahl an deinem Tische erquicket sind, durch deine 
Gnadengabe den ewigen Lohn zu empfangen gewürdigt werden. 

Diess ist alles, was sich in der Messfeier findet. Li dem Officium 
(Vesper, Matutin und Landes) finden sich mehrere Orationen und Ca- 
pitula, in welchen Gerontius erwähnt wird, so aber, dass man dabei 
Näheres und Einzelnes über ihn nicht erfährt. — Man sieht, dass die 



Der Bischof Gerontias v. Italica bei Hispalis. San Gerontio n. Santiponce. 281 



Fassui](g ^eser Gebete in eine so späte Zeit fällt, in welcher man ^ 
neben dem Namen, dem Todesorte und der Todesart des Heiligen •*<- 
nichts mehr von ihm wusste. — Man sieht, dass in diesen Gebeten 
ängstlich jede Hiiweisnng — darauf vermieden ist, als wäre Gerontius 
als Märtyrer gestorben. Dass er Christus mit ganzem Munde und Herisw 
bekannt, und ihn gepredigt habe, sowie dass er Bischof gewesen, dar- 
auf wird der Nachdruck gelegt. 

Der Fesihynmuj» macht gleichfalls auf die IJngewissheit der Nad|- 
richten über Gerontius aufinerksam, und damit auf den grossen Abeitaild 
der Zeit — von seinem Leb^i oder Tod — bis auf die Zeit seiner 
Festfeier. Die Worte des Hymnus: ;,er soll und man sagt von ihm^ — 
deuten diess zur Genüge an. — Er soll als Lehrer zu der Zeit der 
Apostel gelebt, und den höchsten Vater des allmächtigen Sohnes ver- 
kündigt haben. Während er durch den äussersten Westen zog, wurde 
er endlich durch den Hass der Heiden hinweggerissen, damit er sterbe. 
Aber auf Befehl des Präses wurde er in Ketten geworfen, und in den 
finstersten Kerker eingeschlossen. In den Banden sei er gestorben. Der 
Hymnus , welcher wohl aus dem ^ebenten Jahrhunderte stammen dürfte, 
lautet: 



Sacratum Ckriati cmtistitem 
Gerontium con/essorem 
Dignis canamus laudtbuSf 

Et celebremus vodbus. 

Hie fertur ApostoUeo 
Vates fulstsse tempore 
Et praedicasse supremum 
Pcttrem potentis Filti. 

Qidqtte dum per oeciduam 
Percurreret clarus plagam, 
Tandem ira GentiUum 

Ad passionem trahiiur, 

Sed mox prciecepto BiraesuHs 
Nodis gravatur ferreü: 
Horrendis umbris ectrceris 

Datur in jus camifids. 



Quem feruwt vinctum vinculis 
Inter paüen^ tenebras 
Maptam e sacro corpore 

Dedisse. coeh animam, 

Sic inter apostoUca 
Locatus jcan consoriia, 
Gaudet caelesii gloria 

Et clara Christi gratia. 

Namgue infolatus gemino 
Fulget et nüet praemio ; 
Sacerdotali titulo 

Confessionis merito. 

Gloria Patri persqnetj 
Christoque Unigenito 
ParacUtoque Spiriiui 

In saecuhrum saectila. Amen, 



Dieser Hymnus hat seine Quelle offenbar in der unsichem münd- 
lichen Tradition. Sein geschichtlicher Inhalt ist aber um so wahrschein- 
licher, je wenigei* er — Ausserordentliches berichtet In der Mitte des 
siebenten Jahrhunderts stand oberhalb Sevilla, am rechten Ufer des 
Bätisflusses, ganz nahe dem alten Italica, — eine dem Andenken des 
apostolischen Mannes gewidmete Basilika. Der heilige Fructuosus von 
Bracara, welcher am 1. Dezember 656 Bischof wurde, machte in früherer 
Zeit als Mönch eine Wallfahrtsreise durch Spanien. Er kam nach Me- 
rida, zmn Grabe der heiligen Eulalia. Von hier wohl reiste er nach 



%3 Dtittes Btrch. Seehsies Kapitel. 

Sevilla. ^Eines Thgea fuhr er auf dem Flüsse Von Sevilla «ü der Basilika 
des heiligen Gerontias. Hier pflegte er seiner Andaeht; und kam erst 
hth späten Abend asum Schiffe zurück, worüber die Sühiflisteute sich 
ungehalten 2seigten. Auf s^ne Aufforderung nahmen sie die Segel des 
kleinen Schiffes hinweg, und schickten sich zur Buhe an. Fructuomis 
Tt^^htete mit seinen Geführten den frommen Di^st, und indem das 
Schiffchen von der Hand keines Menschen geleitet wurde, fuhr es schnell 
isum andern (linken) Ufer. — Die Bchifisleute erwachtein, und wun- 
derten sich sefhr, als sie sich schon auf der andern Sdte des Flusses 
fanden*). 

Daraus ersehen wir, dass im siebenten Jahrhunderte das Andenken 
des heiligen Gerontius gefeiert war. — Aber — auf die Zeit seiner 
Wirksamkeit daraus zu schliessen, geht nicht an. Er kann im ersten 
wie im zweiten Jahrhunderte gewirkt, und ein Schüler der sieben Apostel- 
schüler gewesen seyn. — Er kann auch erst im dritten Jahrhunderte 
gelebt haben. Diess war wohl nicht mehr im Zeitalter der Apostel. 
Aber der Verfasser des Hymnus sagt auch nur: Es wird gesagt, dass 
er damals gelebt. — Er kann erster Bischof von Sevilla, oder von 
Italica, oder von beiden zugleich, oder auch, — wie man gewöhnlich 
annimmt, Bischof ohne einen bestimmten Siz gewesen seyn. 

Man kann auch aus Anlass der Worte, — dass die Wuth der Hei- 
den ihn zum Tode fortgeraffit habe, an das Martyrium der heiligen Justa 
und Rufina um das J. 286 denken. — Ke Wuth der aufgeregten Hei- 
den war es, die sie zum Martyrium zog. — Die einmal erregte Wuth 
kann sich auf den Bisdiof Gerontius von Italica geworfen, und stürmisch 
seine Hinrichtung verlangt haben. Da aber damals keine Christenver- 
folgung herrschte, so kann sich die heidnische Obrigkeit mit seiner Ein- 
kerkerung begnügt haben, vne auch der grausame Dacian sich mit der 
Verbannung des Bischofs Valerius von Saragossa begnügte, troz der 
Zeit der Verfolgung, und wie auch Hosius von Corduba zwar für den 
Glauben litt, aber nicht starb. Doch diess sollen nicht mehr als Ver- 
muthungen seyn. 

Die alte Stadt Italica, Geburtsort der Kaiser Trajan, Hadrian und 
vielleicht Theodosius, lag sechs römische Miglien entfernt von Sevilla, 
auf der rechten Seite des Flusses. — Italica ist zu der Zeit der Muha- 
medaner von der Erde verschwunden. Die Gegend hiess noch im sechs- 
zehnten Jahrhunderte die Fdder von Talca (Italica) ; nacb Madoz besteht 
der Name heute noch. An der Stätte des alten Italica besteht heute 



') Quadam die, y^te B, SVuetuosus dovcHönia impkudae gratiaf de cwitate i3j»<Uen8i ad 
BaaiUcam S. Gerontü navigio prof eckte est — Qui cum ewrexieeent (nautae), afque 
se in alteram partem ripae flwmnie esse con^exieeent, obstupefacti turbatique mirar 
bantur quidnam fecisset Detts. — S, Fructuosi Bracar, Vita, ap» Espanna s. — t, 15. 
Ap, 4. — ^abUhn, Acta s. Ord. s. B. eaec, II, p, 2, p, 5S6. 



Der Bischof Gerontius v. Italica bei Hispalis. San Gerontio u. Santiponce. 283 

der Ort Santiponce. -^ Auf altem Karten Spaniens findet sich dieser 
Ort nicht. Vielmehr die Orte Burguillos, Oantillana. — A. Cean Ber- 
mudez , ein spanischer Schriftsteller der- Gegenwart *) , folgt der An- 
sicht der frühern Historiker, des Morales, Rodr. Caro^ Mariana und des 
Florez, über den Ursprung des Wortes Santiponce. Sie glauben, dass 
die ursprüngliche Bevölkerung von Italica Santios oder Sanctius geheissen 
habe, bis ihr Scipio den Namen Italica gab, indem er seine invaliden 
Soldaten sich dort ansiedeln liess. Italica war aber ein Municipium. 
Doch, meint Florez und nach ihm Madoz wohl mit Recht, diess sei ein 
Missverständniss der Worte des Appian, welcher von Verwundeten des 
Scipio rede^). „Es ist nicht bekannt, wie die Zeit das Schicksal dieser 
so berühmten Stadt umwandelte.^ 

Caro und Morales haben keine Öründe angegeben für ihre Be- 
hauptung, dass Italica früher Santi oder dergleichen hiess. — Es scheint 
mir gewagt, mit Cort^s y Lopez — das Wort Saniipanee herzuleiten 
von Saudorum positio — „die Station der Verwundeten**. Von Madoz 
ist es um so aufFalleüder, dass er di^B^r abgeschmadcten Erkllirung des 
Gort&i beigetreten, als er in dem betreffenden sehr kurzefn Artikel Fol- 
gendes erzählt: Vor Zeiten lag hier ein Ort, mit Nam<^ Isla del Hierro, 
der Ort wurde beinahe ganz zerstört durch i^ne Ueberschwemmung des 
Quadalquivir am 30. November 1595, und war im J. 16G3 ein TrSomier- 
haufen. Die noch übrigen ißanwohner nahmen ihre Zuflucht zu den Mönehen 
des benachbarten Ellost^s San Isidoro del Campo , welche ihnen sechzig 
Häuser bauten, und später durch die Könige dem neuen Orte eiti^ 
Namen geben liessen. Warum dieser Ort aber Santi -Ponoe genannt 
wurde, wird nicht gesagt. Uliter solchen Umständen wäre es weniger 
mit den Haaren herbeigezogen, Santiponce von Sanoti- Gerontio (zum 
heiligen ' Gerontio) herzuleiten , (ds von saudorum poiUio (Stätte der 
Verwundeten). 



'} C. JBermudeZf Sumario de las Äntiguedades. 

*) J^wtaxiSe Tovg r^avfjiarioeg e^ stoXiVy ffV dno rijg ^IraXiag ^IxtxXw^ excUeöe, xai 
jtexTQi^ eöti T^e^'Cayov re xa< j4d^uxY0v. — Äppian der Alexandriner lebte um die 
und naeh der Mitte det zweiten Jahrhunderts. — Das Wort Tpccvfuxriev — i6t 
satwü im Lateinischen, w^her man Sanctü geleitet hat* — ^ S. AuL Geüius noet 
atttcae, 16, 13, welcher erzählt, dass die Italicenser bei ihrem Landsmanne 
Kaiser Hadrian die Gunst nachgesucht haben, dass ihre Stadt statt eines Mn- 
aicipiums — eine Colonie werde. — Morales, Antigued. 6, 36. Cortfy, Diccion. 
3, 101. (Madoz «. v. Santiponce^ El nombre Santi' P^nce es una degeneracion de 
Saudi hie positi oder Positio Saudorum: y de aqui Saudponce y Santiponce. 



Siebentes Kapitel. 

Justa DDd Ruflna, Märtyrer and Schuzlieili^e von Sevilla. 

Justa und Rufina waren Schwestern, arm an irdischem Besiz, lebten 
sie von der Arbeit ihrer Hände. Es geschah, dass das heidnische Volk 
mit dem Bilde oder der Statue der Göttin Salambo durch die Stadt zog. 
— Salambo ist eine tyrisch- babylonische Göttin, welche den verlornen 
Adonis sucht und beklagt*). Die beiden Schwestern lebten von dem 
Ertrage der Töpferwaaren , die sie verkauften. Die Heiden kamen mit 
den Schwestern in Streit, entweder weil sie bei denselben für ihre 
Göttin Beiträge sammelten, und die Schwestern sich mit Recht dessen 
weigerten , oder — weil die Schwestern sich — gleichfalls aus Gewissen- 
haftigkeit weigerten. Etwas zum Zwecke und Dienste der Gözen zu 
verkaufen. — Ihre Weigerung erbitterte das Volk. Ihre Geschirre 
wurden zerschlagen und zertreten. Inzwischen fiel die Göttin von ihrer 
Tragbahre zur Erde herab, und sie zerbrach — wie die Geschirre der 
Schwestern. Das machten die Heiden den leztern zum Verbrechen, und 
schleppten sie wegen Gotteslästerung vor Gericht. Die Einen, unter 
andern Florez, sagen — die Heiden haben ihre Göttin selbst zur Erde 
gestellt. Die Schwestern, nicht erzürnt, weil sie zu Verlust gekommen, 
sondern aus Entsezen vor dem Idol, „warfen sich auf das GözenbDd, 
schleppten es fort mit Hohn und Hessen nur Trümmer von ihm übrig''. 
Diess betrachteten die Heiden als sacrilegisch. 

Treuherzig erzählen Solches die Spanier, und sind weit davon ent- 
fernt, an solcher „Energie'^ Anstoss zu nehmen. Wir andern — denken 



*) Lampridius erzählt von dem Kaiser Heliogabal — HeL c, 7 — „Salambonem etiam 
omni planctu et jactatione S^rictci cultus exhibuit.^ Movers, die Phönicier, 1, 585 
— ders. bei Ersch und Gruber, «die Phönicier«, S. 389*. — Florez, 9, 108, der 
meint, das Fest der Göttin sei in der Mitte des Juli gefeiert worden. 



Jnsta und Rnfina, Märtyrer und Scbuzbeilige von Sevilla. 285 

uns die Jüsta und Rufina als zwei christliclie Jungirauen^ die aus zartem 
Gewissen keinen Beitrag zum Gözendienste geben wollen. Darüber 
kommt es zum Hader; die Göttin wird entweder von den Heiden her- 
untergeworfen, weil sie unsanft und uneben zur Erde gesezt ist, oder 

— die Tragbahre sammt der Göttin kommt aus irgendeinem Zufalle zu 
Falle, und zu Schaden. Die Heiden, erzürnt darob, und vielleicht 
wähnend, die Schwestern hätten durch Zaubermittel solches bewirkt, 
schleppen sie vor die Gerichte. Ganz anders die Spanier; ihnen sind 
die Schwestern keine sanften, gewissensängstlichen Jungfrauen; es sind 
energische aus - und durchgreifende Andalusierinnen von mehr als männ- 
lichem Geiste. Sie geben kein Almosen, und geben kein Geschirr der 
Göttin, auch wenn sie bezahlt werden. Da nun aber ihre Geschirre 
von den Heiden zertrümmert werden, so zertrümmern sie zur Vergeltung 
die Göttin. Frauen und sanfte germanische Naturen haben kein Verständ- 
niss für solche Thatkraft. Heilige und Blutzeugen Christi aber sind Justa 
und Rufina auch dann, wenn sie wirklich die Göttin Salambo zertrüm- 
mert haben. Dass und wenn sie diess thaten, so war es weder heilig 
noch unheilig; es war höchstens spanisch und noch näher andalusisch. 

— Das aber war Nebensache, die Hauptsache ist, dass sie für Christus 
ihr Leben gaben. 

Bis auf die neueste Zeit begegnen wir der Auffassung und Dar- 
stellung von Seite der Spanier, dass die Schwestern durch die Zer- 
trümmerung des Gözenbildes ihren Tod herbeigeführt hätten. Der Canon 
sechzig der Synode von Elvira verbietet, diejenigen als Märtyrer zu 
verehren, welche von den Heiden getödtet worden, während sie Gözen- 
bilder zertrümmert hätten. — Der neueste Herausgeber der Concilien 
von Spanien, Tejada y Ramiro, trägt kein Bedenken, jenen Canon auf 
die beiden Schwestern Justa und Rufina anzu\^^nden. £r meint, dass 
die Väter von Elvira bei Erlassung jenes Canons unsere Schwestern im 
Auge gehabt haben. Ich aber meine , dass er den Patroninnen der ehr- 
würdigen und liebenswürdigen Stadt Sevilla nicht gerecht geworden sei. 
Denn, es ist noch nicht erwiesen, dass sie wirklich das Idol zertrüm- 
merten. Hätten sie es zertrümmert, so wären sie gereizt und im Zorne 
dahin gekommen, während jener Canon auf solche hinweist, die ohne 
besondern Anlass Gözen zertrmnmern. Dann passt der Canon nicht auf 
die Schwestern, weil sie ja nicht bei der Zertrümmerung getödtet, son- 
dern vor den Richter geführt wurden , und dort ihren Glauben standhaft 
bekannten. Er passt nicht auf sie, weil sie ja in der ganzen Kirche 
stets als Märtyrer anerkannt und verehrt wurden. 

Die beiden Schwestern nehmen in der mozarabischen Liturgie eine 
ausgezeichnete Stellung ein. Ihnen sind zwei Kirchenfeste gewidmet. 
Am 17. Juli ist das Fest der heiligen Jungfrauen Justä und Rufina; 
daneben hat Rufina für sich noch eine besondere Festfeier. — Das gothi- 
sche Brevier hat zwei verschiedene OfGcieU; das-erstere zu £hren der 



286 Drittes Bnpti. Siebentes Kupitel. 

Justa; das andere der j^ufina; das gotbische Missale — bat gleicb^Us zwei 
Messen; die erstere bandelt von beiden Sebwestern, die zweite von der 
Rufina allein 9 wäbrend aucb bier die Präfation sieb auf beide beziebt. 
Das gotbisebe Orationale bat nur ein Officium für beide. Wober nun 
dieser ünterscbied? Hören wir weiter den Beriebt ibres Martyriums. — 
Als die Heiden ibre Göttin Salambo zerbrochen zur Erde liegen saben, 
gerietben sie in einen natürlicben Zorn, scbleppten die Sebwestern 
vor den Ricbter, und klagten sie eines todeswürdigen Verbrecbens an. 
Präses in Sevilla war Diogenian. Er wendete, um ibre Standbaftigkeit 
zu brecben, Foltern und glübende Zangen an. Dann liess er sie in 
das Gefängniss zurückfübren. Nacb wenigen Tagen sollte sieb der 
Ricbter an einen Ort der Sierra Morena begeben. Er befabl, dass 
die Sebwestern ibm mit blossen Füssen durcb raube und abscbüssige 
Pfade folgen sollten. Aber sie ^traten den ganzen Weg wie Staub 
unter ibre Füsse^. Endlicb baucbte Justa ihr Leben im Gefängnisse 
aus; ibren Leicbnam liess der Präses in einen Brunnen werfen. Aber 
der Biscböf Sabinus liess ibn berauszieben , und ehrenvoll begraben. 
Die Rufina aber, welche (nach dem Tode ihrer Schwester) im Gefängniss 
geblieben war, liess der Präses erdrosseln. Ihr Leicbnam wurde ver- 
brannt, und (die Asche) ehrenvoll begraben. 

Nicht leicht wird ein Volk das Andenken seiner Heiligen mit solcher 
Treue und Liebe bewahrt und fortgepflanzt haben, wie das Volk von 
Sevilla. Hier begegnen wir einer lebendigen Tradition, wßlche niemals 
im Munde und Herzen des Volkes erlosch, welche darum auch nicht 
aufs neue erweckt zu werden bedurfte. Die Tradition sagt, dass die 
beiden Heiligen in der Vorstadt von Sevilla, Triana, jenseits des Flusses, 
ihre bescheidene Wohnung hatten. An dieser Stelle wurde ein Spital 
gebaut. Ebenso wird noch der Ort des Gefängnisses und der Brunnen 
gezeigt. Der leztere befand sich in demselben Gefängnisse. In dem 
Kloster der heiligsten Dreieinigkeit zeigt man die Höhle, die sich in 
zwei enge Wege theilt, und am Ende des einen ist die Grube, deren 
Wasser gegen viele Leiden mit Nuzen gebraucht wird ; ein den Heiligen 
gewidmeter Altar befindet sich an dieser Stätte. Auch der Ort wird 
noch gezeigt, wo der Leichnam der heiligen Justa begraben wurde; es 
war auf dem an die Stadt sich lehnenden ßegräbnissplaze, der jezt 
Prtxdo de Santa Justa (Wiese der heiligen Justa) heisst, auf der Nordseite 
der Stadt. Von der heiligen Rufina wird noch besonders erzählt, dass sie 
einem Löwen vorgeworfen wurde. Dieser aber habe seine Wildheit abge- 
legt, und ihr kein Leid gethan. Im Amphitheater habe man ihren Leib 
bramit Die üeberreste habe derselbe Bischof Sabinus gesammelt, und ver- 
sie neben denen der heiligen Justa beigesezt. Die Nachricht von dem 
Löiyen ruhet auf einer sidiem Quelle, auf einer Oration des mozarabi- 
scbon Officiums. Nach dem alten Brevier von Sevilla wird das J. 287 
ab das Jahr des Martyriums bezeichnet. Der Bischof Sabinus ^ welcher 



Justa und Bufln«, N(ar.ty^err iind Sc)ui«lie]%^- von Sevilla. 387 

neuraelm Jabce spHter in Elvira untei^scbrieb, kponte wphl dei^lbe, es 
kann aber auch ein anderer* Sabinus seyn y da dieser Najxxe stehend ist 
(a. Kap. 3). — Da in Spanien das Andenken der beiden Schi?vestern 
besonders am 17. Juli gefeiert wird, so kann man annehmen, dass 
wenigstens eine an diesem Tage starb. 

Der Bubm und die Verehrung der Justa und Bufina sind in allen 
Jahrhunderten gleich gewesen. Es ist darum keine Uebertreibung , wenn 
ihre Messe' mit den Worten beginnt: ^Wir wollen den frömmst^a Glauben, 
der heiligen und seligsten Märtyrer Justa und Bufina, und ihre auf dem 
ganzen £rdkrei$e gefeierten Sl^ge — mit gebührjender Ehre begehen. '^ 
-- Ihre ISamm stehen in dem ältest^i römischen Majr tyrologium. Bald 
nach ihrem Tode wurden Kirchen ihnen geweiht Iieander roa Sevilla 
wurde begraben in der Kirche von Sevilla, welche ihren Namen trug. 
— Unter den «sechs vielgenannten mezarabischen Pfarrkirdien in Toledo 
(S. 83>), wel^die zu d^ Zeit der Mauren fortbestanden, und in denen 
die altspanische Liturgie fortbestehen sollte, wird die P&rrhirche der 
heiligen Justa. immer zuerst genannt. Diese Kirche der heiligen Justa 
und Rufina wurde durch König. Atanagild schon im J. 654 gegründet, 
und bestand in aUem Jahrhunderten gleichmllssig als die erste Pfanr^ 
kirche fort. Erst am 31. August des Jahres 1842 wurden mit ihr die 
beiden (gleieh£alls mozarabischen Kirchen) San Sebastian und San Lucas 
vereinigt. Jene wurde gegründet 601 , diese 641. — Die Kirche der 
heiligen Justa und Rufina, welche viele Restaurationen erfaiiren hat, 
befindet sidi in Mitte der Stadt ^). — In ihr legten die Christen alle 
ihre Reliquien, Bücher und Pikiere nieder, die sie aus der Hand der 
Maaren retten koamten. — Die Kirsche des heiligen Torcuato, welche 
heute noch zum Fatronate der mozarabischen Kapelle gehört, wurde im 
J. 701 gegründet *— Auch in Lissabon und Orihuela hatten diese H^ 
]^fen ihnen dedicirte Kirchen. — Li dem Bistfaume Astorga sind der 
heUigen Justa vder Kirdien geweiht. Ihr Andenken wird in allen spa^ 
nischen Besizungen als Fest mit doppeltem Ritus gefeiert, in der Stadt 
und dem Erzbisthum Sevilla als Fest der ersten lüasse mit einer Octave. 
Das erstere aber erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts, und unter 
Mitwirkung des H. Florez*). 

Als thatkräfitige Schuzheilige von Sevilla haben sich denn auch die 
Schwestern Rufina und Justa erwiesen. — Bei dem grossen Sturme des 
J. 1504 ist die Giralda, die Spize des Thurmes der B^athedrale von 
Sevilla, allein unerschüttert geblieben. Denn die beiden Patroninnen 
der Stadt^ die heiligen Jungfrauen Justa und Rufina, vnurden in Heiliger 



') Florez, 9, 813. Hefele, Ximenes, 155. Madoz s. v. Toledo, 14, 821. Lorinser 

2, 263. 
*) Florez, 9,314. 



288 Drittes Bnch. Siebentes Kapitel. 

Grösse zu beiden Seiten des Thurmes sichtbar, und schüzten denselben 
gegen die Wuth der entfesselten Elemente. Seit dieser Zeit wurden 
diese beiden Heiligen nicht anders im Bilde dargestellt, — als neben 
der Giralda stehend, und den Thurm (als Symbol des Schuzes, den sie 
der Stadt gewährten) , mit ihren Händen stüzend *). Dieselbe ^Scene 
stellt das Altarblatt dar, das die Kapelle dieser Heiligen in der Kathe- 
drale ziert (Gemälde von Muriilo). Es ist diess allerdings eine fromme 
Ueberzeugung des Volks von Sevilla, die man theilen und nicht theilen 
kann. Ein historischer Beweis für die Thatsache wird sich vielleicht 
nicht herstellen lassen. Aber ähnliche Thatsachen — treten als Ana- 
logieen in der Welt- und Kirchengeschichte oft hervor, dass besonders 
in Zeiten der höchsten Bedrängniss den Völkern ihre Sehuzhdilige sich 
hilfreich erwiesen*). 

Im Juli 1843 wurde Sevilla durch Van Haien, den General des 
Espartero — bombardirt. Am 17. Juli, an welchem Tage in Spanien 
das Andenken der beiden Schwestern festlich begangen wird, sah man 
von der Giralda aus das Herabsteigen der Belagerungsarmee. Am 20. 
begannen die Batterien zu spielen. Am 21. Juli donnerten die Batterien 
18 Stunden lang unimterbrochen: 357 Bomben und 600 Kanonenkugeln 
wurden auf die Stadt geschleudert. Am 28. Juli zog sich der Feind, 
verfolgt von der Befreiungsarmee, zurück. — Umsonst sagten die Ver- 
theidiger Espartero^s, man habe alle Sorgfalt angewendet, um die Ka- 
thedrale und die Giralda nicht zu treffen. „Diejenigen, welche auf der 
Giralda wachten, versicherten, es seien ganz deutlich viele Kugeln auf 
diesen Thurm und die Kathedrale, welche unter ihm liegt, abgezielt 
worden. Einige fielen zu bald ein, dnige flogen darüber hinweg, und 
einige fielen seitwärts ; aber •— keine einzige traf das heilige Gebäude.^ 
— Das Volk fühlte alles Vertrauen in den Schuz des Hauses Gottes, 
und sein Vertrauen wurde nicht zu Schanden. Auch jezt schien, dass 
die Schuzheiligen Justa und Bufina — ihre schüzende Hände über der 
Stadt und der Kirche hielten^). 



Ziegler, AI., Reise nach Spanien, 1, 338; 346; 353. Justa und Rufina waren 
Töchter eines Töpfers in Triana. — Lorinser, 4, 231. — Die Angaben über 
die Zeit sind verschieden. 

*) S. meinen Aufsaz: »Die Völker and ihre Heiligen« — in der nHildesheimer theo- 
logischen Monatschrift« 1851 , S. 891 - 909 — und im Anhang zu Bd. 2 — 
meiner gleichzeitig erscheinenden »katechetischen Reden« — die Predigt zum 
5. Juni 1859 — auf das Fest des heiligen Bonifacius. 

Card. Wiseman, Abhandlungen über verschiedene Gegenstände, Regensburg', 
1854, 3. Bd. — Spanien — S. 1—135 — bes. S. 72. 



Viertes Buch. 

Die Kirche in Spanien während der 
grossen Verfolgung unter Diocletian 

und Maximian. 



Erstes Kapitel. 

Die ehristUehen Soldaten und Märtyrer Harcellos nnd 

Cassianns von Tin^is. 

Das Pest des Märtyrers Marceüus wird am 30. Oktober in der alt- 
spanischen Kirche gefeiert. Desswegen wird Marcellus hier eingereiht, 
obgleich er nicht auf dem Boden des eigentlichen Spaniens litt. Sein 
Fest scheint aber erst spät, vielleicht erst durch Isidor von Sevilla in 
das Brevier (Sanctorale) und in dais Missale gekommen zu seyn. Denn 
das Officium wie die Messe ist das — „eines Märtyrers'^. Es hat keine 
eigene Oratio, sondern nur einen Hymnus. Dagegen besizen wir seine 
ächten Martyrakten. 

Akten des heiligen Marcellus, Centurio und Märtyrers — 

in der Stadt Tingis. 1) Als Fortunatus Präses war, traf der Ge- 
burtstag des Kaisers ein. Da nun alle bei Gelagen schmausten und 
opferten, hielt ein gewisser Marcellus von den Centurionen der Traja- 
nischen Legion ^), diese Gelage für gemein, warf den militärischen Gurt 



') Diess ist eben die Legio VII gemna, deren Hauptcorps in Leon stand. 
Garns } Span. Birehe, 19 



290 Viertes Buch. Erstes Kapitel. 

vor den Legionszeichen, welche damals aufgestellt waren, hinweg, und 
gab mit lauter Stinune Zeugniss und sprach: Ich diene dem ewigen 
Könige Jesus Christus. Er warf auch die Weinrebe und die Waflfen 
weg, und fügte bei: Von nun an höre ich auf, eueren Kaisem zu dienen, 
und ich verachte es, euere hölzernen und steinernen Götter zu verehren, 
welche stunune und taube Idole sind. Wenn diess das Loos der Krieger 
ist, dass sie den Göttern und Kaisern zu opfern gezwungen werden: 
siehe, so werfe ich die Weinrebe*) und den Gurt*) weg; ich entsage 
den Insignien, und weigere mich zu dienen. 

2) Es erstaunten aber die Soldaten, als sie dieses hörten: sie hielten 
ihn fest, und meldeten es dem Anastasius Fortunatus, dem Präses der 
Legion, welcher ihn in das Gefangniss werfen Hess. Als aber die Ge- 
lage vorüber waren, so sezte er sich zu Gerichte, und befahl den Cen- 
turio Marcellus hereinzuführen. Und als Marcellus von den Astasiani- 
schen Centurionen^) hereingeführt worden, sprach der Präses Anastasius 
Fortunatus zu ihm: Wie bist du dazu gekommen, dass du gegen die 
Kriegszucht dich entgürtetest, und den Gurt und die Weinrebe weg- 
warfest? Marcellus antwortete: Ich habe schon am 21. Juli, bei den 
Zeichen dieser Legion, als ihr den Festtag des Kaisers begienget, öffent- 
lich imd laut bekannt, dass ich ein Christ bin, und dass ich diesem 
Fahneneid nicht dienen kann, sondern nur Jesu Christo, dem Sohne 
des allmächtigen Vaters. Der Präses Anastasius Fortunatus sprach: Ich 
kann deine Verwegenheit nicht ignoriren, und darum werde ich dieses 
den Imperatoren und dem Cäsar berichten. Du selbst wirst wohlbehalten 
zu meinem Herrn Aurelius Agricolanus hintibergesendet werden, welcher 
Stellvertreter des Präfekten der Prätorianer ist, während Cäcilius die 
Geschäfte des Gerichtshofes versieht. 

3) Am 30. Oktober wurde zu Tingis Marcellus, einer der Centu- 
rionen von Asta, eingeführt, und vom Gerichtshöfe wurde gesagt: der 
Präses Fortunatus hat den Marcellus, einen der Genturionen, vor deine 
Gerichtsbarkeit geschickt. Es ist ein Brief über seine Angelegenheit 
da, welchen ich, wenn du es befiehlst, vorlese. Agricolanus sprach: 
Er werde vorgelesen. Von Gerichtswegen wurde gesagt: An dich, Herr 



') Viti8f eigentl. Weinstock; dann eine Weinrebe, d. h. der Stock, den die römi- 
schen Centurionen führten, um die Soldaten zu strafen -^ PUn, 14, 3, — Jwen, 
8f 247, •— S. Illustrirtes Wörterbuch der römischen Alterthümer von Ant Rieb, 
übers, v. Müller. — Leipz. 1862 — S. 689. 

') Ein Soldatengürtel von Metall oder von Leder, den man um die Lenden trug, 
um das untere Ende des Harnisches festzuhalten, üeber diesem Gürtel war 
der Säbelgurt mittelst eines Riemens befestigt. Daher auch emjffda iVirg, 
Aeneü, 12, 942 -^ s. Ant Rieh , S. 149.) 

') Astasianische Centurionen. — In Asta bei Gades stand eine AbtheÜang Sol- 
daten — 8* Masden^ t, 5 (2), nr, 452 — die ihr Hauptquartier in Tingis hatten. 



Die cbristl. Soldaten and Märtyrer Maroellas and Cassius von Tingis. 291 

Fortuuatus und so weiter. — Dieser Soldat hat den Militärgürtel weg- 
geworfen, sich als Cliristen bekannt, und vor dem ganzen Volke gegen 
die Götter und den Cäsar viele Lästerungen ausgesprochen. Darum 
haben wir ihn ah dich gesendet, dass, was deine Erlaucht festsezen 
wird, an ihm vollzogen werde. 

4) Nachdem der Brief verlesen war, sprach Agricolanus: Hast du 
dieses, (was) in den Akten des Präses (steht), gesprochen? Marcellus 
antwortete: Ich habe es gesprochen. Agricolanus sprach: Dientest du 
im Heere als ordentlicher Centupo? Marcellus antwortete: Ich diente. 
— Agricolanus sprach: Von welcher Wuth bist du besessen, dass du 
den Eid wegwarfest (die Heiligthümer wegwarfest), und also redetest? 
Marcellus antwortete: Keine Wuth ist in denen, welche den Herrn 
fürchten. Agricolanus sprach: Hast du wörtlich so gesprochen, wie es 
in den Präsidialäkten steht? Marcellus antwortete: Ich habe es ge- 
sprochen. Agricolanus sprach : Hast du die Waffen weggeworfen? Mar- 
cellus antwortete: Ich habe sie weggeworfen. Denn es ziemt sich nicht, 
dass ein Christ, welcher Christus dem HeiTn dienet, den Mühseligkeiten 
der Welt diene. 

5) Agricolanus sprach: So sind die Thaten des Marcellus, dass sie 
durch die Kriegszucht gesühnt werden müssen. Und so dictirte er den 
ürtheilspruch: Marcellus, welcher als ordentlicher CentujSo im Heere 
diente, welcher gestanden, dass er durch öffentliche Wegwerfung der 
(militärischen) Heiligthümer sich befleckt habe, und der zudem bei den 
Präsidialakten andere Worte voll WutL deponirt hat, soll mit dem 
Schwerte gerichtet werden. Als er zur Hinrichtung geführt wurde, 
sprach er zu Agricolanus: Gott möge dir Gutes thun. Denn es ziemte 
sich, dass der Märtyrer so aus diesem Leben scheide. Und nachdem 
er so gesprochen, wurde er enthauptet, und starb für den Namen unsers 
Herrn Jesus Christus, welchem Ehre ist von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. 

Unmittelbar auf den Martyrtod des Marcellus folgte der des Cas- 
sianus. Auch darüber besizen wir ächte Matyrerakten, die aber mehr aus 
dem Gedächtnisse, als in Form eines Protokolls geschrieben zu seyn 
scheinen, und durch Abschriften tbeüweise corrumpirt sind. 

Passio des heiligen Caßsian, Märtyrers von Tingis. 

1) Als der seligste Cassian bei Aurelianus Auriculanus (Agricolanus), 
welcher Stellvertreter des Präfectus Prätorio war, die Stelle eines Ex- 
ceptor (Protokollführers) versah, so war er zu der Zeit, da er den hei- 
ligen Märtyrer (Marcellus) zu verhören im Begriffe stand, seinem Herrn 
2um Dienste* Als nun Marcellus, einer von den Centurionen in Asta, 
zu Tingis hereingeführt wurde, am 30« Oktober, so versuchte ihn Aure- 
lianus Auriculanus durch viele und erschreckende Worte , wie durch die 
Auctorität des Bichters, von seinem standhaften Bekenntnisse abzubringen, 

19* 



292 Viertes Bnch. Erstes Kapital. Die christl. Soldaten n. Märtyrer etc. 

Als aber der seligste Märtyrer Marcellus erklärte, dass er ein Krieger 
Christi sei, — mit der höchsten Auctorität der Festigkeit — dass er 
den Müheseligkeiten der Welt nicht mehr dienen könne, so dass viel- 
mehr schon alle glaubten, Marcellus sei der Richter des Richters, wäh- 
rend dagegen Aurelius Auriculanus Worte voll Wuth sprach (der Nach- 
saz fehlt). Als Cassian diese Aussprüche niederschrieb, als er sah, dass 
Aurelius Auriculanus durch die Frömmigkeit eines solchen Märtyrers 
besiegt, die Todesstrafe über ihn verhängte, so bezeugte er laut seinen 
Abscheu, und -warf den Griffel und das Protokoll auf die Erde. Als 
das Gericht erschrak, Marcellus lachte, sprang zitternd Aurelius Auri- 
culanus von seinem Size auf, und sprach, warum er die Protokolle mit 
Verwünschungen weggeworfen habe. Es antwortete der seligste Cas- 
sianus: Er habe ein ungerechtes ürtheil gefällt. Damit er ihn nun 
nicht weiter zurechtweise, liess er ihn sogleich ergreifen, und in das 
Gefängniss führen. 

2) Denn der seUgste Märtyrer Marcellus hatte gelacht, weil er sich 
freute, da er durch den heiligen Geist vorauswusste, Cassianus werde 
in dem Martyrtode sein Begleiter seyn. An diesem Tage nun (erlangte) 
— unter der gespanntesten Erwartung der Stadt der seligste Marcelias 
das ersehnte (Ziel). Aber nach nicht langem Abstände der Zeit, das 
ist am 3. Dezember, wurde Cassian an demselben Orte, wie Marcellus, 
vor Gericht geführt, und verdiente fast durch dieselben Antworten und 
dieselben Aussprüche wie der heilige Marcellus, den Triumph des Mar- 
tyrthumes zu erlangen, mit Hilfe unsers Herrn Jesus Christus, welchem 
ist Ehre und Glorie, Kraft und Macht in Ewigkeit. 



Zweite» Kapitel. 

Die Märtyrer Chelidooios ood fimeterios. 

Am dritten März feierte die alte spanische Kirche das Andenken 
der Märtyrer Chelidonius und Emeterius, welche von Aur. Prudentius 
Brüder und Krieger genannt werden, und welche in Calagurris am 
Ebro litten. — Man hielt sie früher für die ältesten Märtyrer Spaniens, 
welche in der Verfolgung des Nero gelitten. Denn sie seien zu einer 
Zeit Märtyrer geworden, als die Provinz Galizien noch mit der Provinz 
Tarraconensis vereinigt gewesen. Die Trennung habe aber wahrschein- 
lich schon unter Kaiser Trajan stattgefunden. Aber die Trennung Gali- 
ziens von Tarraconensis fand erst zur Zeit der neuen Eintheilung Spa- 
niens unter Kaiser Constantin statt *). 

Martyrerakten sind nicht erhalten. Die wenigen Nachrichten, in 
denen einige üebereinstimmung herrscht, sind: Die beiden Märtyrer 
waren Soldaten der VII. Legion, welche in Leon stand. Sie bekannten 
sich zu Leon als Christen, wurden von dort entfernt, und nach Cala- 
gurris am Ebro (Nassica) geführt, eine geraume Zeit in Fesseln ge- 
halten, und grausam gefoltert. Dann wurden sie enthauptet und daselbst 
begraben. 

Aur. Prudentius, der nach den einen aus Calagurris, nach andern 
aus Cäsaraugusta stammte, hat zu ihrer Ehre einen Hymnus verfasst, 
welcher vielleicht das früheste uns jezt erhaltene schriffcliche Denkmal 
über sie ist. — Denn auch in ihrer Festmesse findet sich die Nachricht 
aufgenommen, dass es — an Nachrichten über sie fehle, und dass die 
Verfolger die Akten über sie unterdrückt haben. — Eben aus diesem 
Schweigen können die Gläubigen folgern, wie verdienstvoll ihr Leiden 



') S. indes« Buch 3, Kap. 3, §. 7. Für die Verwaltung der Abgaben war Asturien 
and Galizieu seit der Zeit der Autonine getrennt. Becker- Marquardt, 3(1), 8.83* 



294 Viertes Bach. Zweites Kapitel. 

gewesen 9 da das Heidenthom die Nachrichten unterdrückt habe ^). „Nicht 
Nachlässigkeit hat jene Blätter verloren: nicht der Zufall sie vernichtet 
Nicht das unbekümmerte Alterthum sie zu Grunde gerichtet, sondern 
der boshafte Neid des Verfolgers sie missgönnt. Nur die treue Kunde 
der Nachwelt giebt Zeugniss von ihnen. ^ 

Aus so starken Ausdrücken erhellt zur Genüge, dass ihr Officium 
und ihre Messe , wenn nicht erst aus dem siebenten, frühestens aus dem 
fünften Jahrhundert stamme. 

Darum werden auch die Angaben, die sich in der Inlatio der Messe, 
und sonst finden, mit einiger Vorsicht aufzunehmen seyn, dass die bei- 
den Märtyrer plözlich dem Kriegsdienste entsagt, daas sie plözlich zum 
Christenthume bekehrt worden seien. «Dagegen findet sich bei Pruden- 
tius, bei Gregor von Tours, und in ihrer Festmesse in gleicher Fassung 
der Bericht, die beiden Märtyrer haben in dem Augenblicke ihres Todes, 
der eine einen Ring, der andere ein Orarium (Leintuch, Halstuch) — 
vor sich hin geworfen, und beide Gegenstände seien in den Augen 
des ganzen Volkes gen Himmel getragen worden^). 

Aber schon Aur. Prudentius beklagt sich über den Verlust der Mar- 
tyrerakten. — Zu seiner Zeit war der Ort ihres Todes von dem gläu- 
bigen Volke gekannt und besucht von Nah und Feme. Unter den 
Wundem, die an ihrem Grabe geschahen, rühmt er besonders, dass 
Besessene befireit wurden. — Der ganze Festhymnus de6 Prudentius 
befindet sich in zwei Abtheilungen in dem kirchlichen Officium des Festes, 
woraus zu ersehen, dass jener der Zeit nach dem Officium vorangieng ^). 

Im J. 286 oder 287 brach — zuerst unter dem im Abendlande dem 
Maximian unterworfenen Heere, eine heftigere Verfolgung gegen die 
Christen aus. Um die Christen kennen zu lernen, sollten alle Soldaten 
den Gözen opfern^). Es ist wahrscheinlich, dass gerade in diese Zeit, 



*) Missa (3 Mart) — licet 8€tcrarum passianum monumenta non extent: tanto tarnen 
beatissimis Martyribus pha honoris (xcddit, quod persecutores std virtutum prodi gesta 
timuerunt, 
') Orarium bedeutet u. a. ein langes Leintuch, Halstuch, nach Art einer Binde 
(fascia) — s. Du Gange , Orariunif et Bona de rebus UturgiciSf l. 1, cap, 24, — 
Gregor. Turon, ff. Fr. 3, 6; 6, 17, — Oraria waren auch Schärpen oder Tücher, 
wekfae einige Kaiser in den circensischen Spielen unter das Volk vertheilen 
liessen, um sie zu schwenken — zu Aufmunterung der Bosselenker, Fbpuc. 
D, Aurel c, 48. — ffieron, ^, 52, 9: — Sonst bedeutet Orarium unsere Stola. 
') Chartulas blasphemus olim nam sateUes abstuHt. 

InUtas cruore sancto 
Nunc arenas incolae 
Confrequentant observantes 
Voce, votis, munere. 

*) Siehe J. Braun, zur Geschichte der thebäischen Legion, Bonn 1855, S. 12 flg. — 



Die Märtyrer GhelidonioB and Emeterius. 295 

wenige Jahre vor dem Ausbruche .der allgemeinen Verfolgung*), zu 
welcher Maximian und Galerius unablässig den Diocletian drängten, so- 
wohl die beiden Märtyrer in Tingis, als die beiden Märtyrer in Leon 
und Calahorra für den Glauben starben^). 



Gelbke, Kirchengeschichte der Schweiz, Bd. 1 (1856). — Bernhardt, Kaiser 
Diocletian, 1862, S. 21 flg. 
') ' Forte tunc airox, aecundos 

IsraSUs posteros (die Christen) 

Atictor aulae mundicdis 

Ire ad aram jusserat: 

Idolis litare nigrisy 

£ase Ckriiti refugas, 

») Siehe Florez-Risco, t. 33, p. 272 — 330 (handelt zum grossen Theile von der 
Geschichte ihrer Reliquien), — und Appendice, I — VIL — Cf, Chregor. Tur, 
de gloria martyrum, c. 93 — de Em. et Chel. martyribus. — EulogiuSf memoriale 
Sanctorum, i, 22, 



Drittes Kapitel 

Anfang der Diocletianischen Verfolgong. Dacianos in Spanten. 
Der Märtyrer Felix von Gernnda (Girona). 



§. 1. Anfang der Verfolgung. 

Der Kaiser Diocletian regierte vom J. 284 bis 305. — Im J. 286 
hatte derselbe den rohen Maximian, mit dem Beinamen Hercnleus, zu 
seinem Mitregenten erwählt, welchem das Abendland zufiel. Im J. 292 
wurde Constantius Chloms Cäsar — über die Länder Britannien, Gallien 
und Spanien, Galerius wurde Cäsar für Ulyrien. — Galerius und Maxi- 
mian wussten endlich den Diocletian zu der gefürchteten und gefähr- 
lichen Verfolgung der Christen zu bringen. — Diocletian hatte sich 
lange gesträubt. Er ahnte, er wusste wohl, da^ er nicht nur seinen 
Thron gefährde, sondern die grössten Erschütterungen des Reiches ver- 
anlasse. Seit dem J. 298 hatte Galerius die Christen an seinem Hofe 
imd in seinem Heere misshandelt. Doch starben nur wenige als Märtyrer. 
Aber im Sommer 302 liess Diocletian viele Opfer schlachten, um aus 
deren Eingeweiden die Zukunft zu erforschen. Die Opferpriester v^- 
klagten die Christen, die an dem Hofe sich befanden, desswegen bei 
dem Kaiser, dass sie sich vorher mit dem Ejreuze bezeichnet hätten, 
und dass durch die Gegenwart dieser Profanen die Götter beleidigt seien 
(wie auch der Teufel durch die Gegenwart eines Heiligen genirt ist). 
Diocletian befahl erzürnt, alle Christen im Heere sollen opfern, oder 
gegeisselt werden. Alle Soldaten im Heere sollten entweder opfern, 
oder ausgestossen werden. Desswegen konnte der Tod der Märtyrer 
von Tingis imd Calagurris auch in den J. 302 — 4 erfolgt seyn, während 
das Martyrium der andern spanischen Blutzeugen in das J. 304 — 6 fällt. 

Galerius kam selbst nach Nikomedien, um den Diocletian weiter 
zu ziehen. Dieser berief endlich eine Versammlung von Kriegsleuten; 



$. 1« Anfang der Veifolgang. 297 

Beamten und Richtern ^ welche alle dafür stimmten, dass die Christen 
als Feinde der Götter vertilgt werden müssten« Der Apollo zu Milet 
aber antwortete auf geschehene Anfrage, die Gerechten auf Erden, d. h. 
die Christen, verhinderten ihn, die Wahrheit zu sprechen, wesshalb nur 
falsche Aussprüche vom Dreifiisse aus ertheilt würden. 

Am 23. (24.) Februar des Jahres 303, an dem Feste der Terminalien, 
wurden die kaiserlichen Edicte gegen die Christen erlassen. ,,Alle 
Christen ohne Ausnahme werden ihrer Ehren und Würden entsezt 
Kein Stand ist von der Anwendung der Folter befreit. Jedem steht es 
frei, gegen die Christen jede Art von Klage anzubringen; sie selbst 
können gegen kein Unrecht klagen; sie sollen weder Freiheit noch 
Stimme haben. Die Kirchen der Christen sollen niedergerissen, die 
Güter derselben confiscirt, ihre heiligen Bücher verbrannt werden.*^ 

Am Morgen des 23. Februar brach mit Tagesanbruch eine Horde 
von Soldaten in die prächtige Basilika der Christen zu Nikomedien, sie 
raubten dieselbe aus, und rissen sie nieder. Man kann, wenn man be- 
denkt, dass Nikomedien die Residenz des heidnischen Kaisers war, dar- 
aus einen Schluss ziehen, wie viele und wie prächtige Kirchen die 
Christen damals überhaupt besassen, und wie eine solche Verfolgung 
ganz gegen ihre Erwartungen stiess. Ein christlicher Soldat riss das 
erwähnte in Nikomedien angeschlagene kaiserliche Edict herab, und 
zerriss es spottend mit den Worten: Siehe da, die Verkündigung der 
Siege über die Gothen und Sarmaten. Er wurde auf die Folter ge- 
spannt, an langsamem Feuer gebraten und zulezt verbrannt, ohne dass 
er im geringsten seinen Glauben verleugnet, oder Reue gezeigt hätte. 

Bald ergieng ein zweites Edict, nach welchem alle Kirchen Vorsteher 
eingekerkert werden sollten. Ein drittes Edict befahl, alle diejenigen 
freizulassen, welche den Gözen opferten, die andern aber so lange zu 
martern, bis sie nachgeben würden. Im J. 304 erst wurde die Ver- 
folgung blutig imd blutdürstig. Die Todesstrafe wurde gegen alle Christen 
ausgesprochen, welche den Glauben nicht verleugnen würden*). In 
dem ganzen Reiche wurde nun, mit Ausnahme von Gallien, und eine 
Zeit lang von Britannien und Spanien, wo Constantius Chlorus unter 
dem mildernden Einflüsse seiner Gemahlin, der heiligen Helena stand, 
mit unmenschlicher Grausamkeit gegen die Christen gewüthet. Man 
sagt gewöhnlich, dass Constantius sich damit begnügt habe, die Kirchen 
in seinem Gebiete niederreissen zu lassen, während er sonst den Christen 
kein Leid zugefügt, im Gegentheil — aus ihrer Treue gegen ihren 
Glauben auf ihre Treue gegen ihn geschlossen habe. Ausdrücklich be- 
zeugt Eusebius, dass er nicht einmal die Kirchen habe niederreissen 
lajssen. „Er nahm an, dem gegen uns untemonamenen Kriege keinen 
Theil, er beschüzte die fronunen Christen in seinem Gebiete, dass sie 



>) Etu. d€ oiort PcUtfesL 9. 



\ 



298 Viertes Bach. Drittes Kapitel. 

ungefährdet und ungekränkt blieben, er Hess weder die Eirdiengebäude 
niederreissen, noch sonst etwas üebles gegen uns vollbringen *).'^ 

§. 2. Dacian kommt nach Spanien. 

Aber er konnte es doch nicht verhindern, dass der Augustus Maxi- 
mian die Verfolgung in seinen Ländern erweckte. Der genaueste Be- 
richt über die Sendung des Präses Dacian nach Spanien ist in den Mar- 
tyrerakten der Leocadia von Toledo enthalten. Dort heisst es, dass der Ruf 
von der Blüthe des Christenthumes in Spanien nicht bloss Italien, sondern 
auch Byzanz durchdrang. ^Dieses war der Grund, dass die Kaiser 
Diocletian und Maximian den gottlosesten Präses Dacian — mehr zur Zer- 
störung, als zur Verwaltung von Spanien — aussendeten. Zuerst nem- 
lich betrat er Gallien wie ein blutdürstiger Wolf. Nachdem er sich 
aber dort im Blute der Märtyrer gesättigt hatte, — griff er Spanien an, 
den Felix, den Cucufat, die Eulalia, und andere, deren Namen zu weit- 
läufig zu nennen wäre, belegte er mit den äussersten Qualen, aber er 
opferte Gott ihre unschuldigen Seelen. — Aber daim eilte er wie ein 
grimmiger Löwe nach dem glückseligen Cäsaraugusta u. s. w. 

Wenn Dacian von Gallien kam, so gelangte er auf der grossen 
Heerstrasse zuerst nach Gerunda; von hier nach Barcelona. Von Bar- 
celona führte der Weg nach Tarraco, von Tarraco nach Cäsaraugusta. 
In dieser Reihenfolge denn werden wir die einzelnen Märtyrer betrachten; 
aber nur diejenigen behandeln, welche in der alten spanischen Liturgie 
einen Plaz haben, oder wenigstens bei Prudentius erwähnt werden. 
Diese Heiligen sind: 1) neben Fructuosus und seinen zwei Gefährten; 
2) neben Emeterius und Celidonius von Calagurris; 3) neben Torquatus 
und den Begleitern desselben; 4) neben Justa und Bufina von Hispalis 
~ (sowie Gerontius von Italica); 5) neben Marcellus und Cassian, die 
wir bereits besprochen haben, die folgenden: 

6) Der Märtyrer Felix von Gerona — sein Fest am 1. August. — 
7) Der Märtyrer Cucufat (am 30. Juli) von Barcelona. 8) Die heilige 
Eulalia, Martyr- Jungfrau von Barcelona — am 12. Februar. 9) Die 
heilige Engratias, oder die achtzehn Märtyrer von Cäsaraugusta — am 
16. April. 10) Die Martyrerknaben Justus und Pastor von Complutum 
— am 6. August. 11) Die heilige Leocadia, Bekennerin und Jungfrau 
von Toledo — 9. Dezember. 12) Vincentius, Sabina und Chrysteta, 



') Lactantius, de mortäm» peraecatorum^ c. 6^13. — Lact tnatUuL dwm, 5, 11, •— 
Euaeh, histor, eccles. L 8 et9. — de vita ConsL 2, 49 — 55, TiÜemont mem. 5, 18 sq, 
— Remy Ceiüier, Ausg. v. 1858 sq. t 3, 1 — 47. Eus. de martyribtu PalaesU L 
Anhang zum 8. ß. der H. eccL Euseh, 8, 13 — fjo}re rtüv ixxhjtSuav rovg oixovg 
xaSeitiJv» Vergl. indess TilUmont, mem, 5, 56, — Vogel, der Kaiser Diocletian, 
1857. --- Bernhardt, Diocletian in s. Verhältnisse zu den Christen; B. 1862, 8. 15 flg. 



$. 2. Dacian kommt nach Spanien. 299 

von Elbora, Märtyrer zu Avila — 27* Oktober. 13) Der Levite Vin- 
centius von Cäsaraugusta, Märtyrer zu Valencia — am 22. Januar. 14) Eu- 
lalia, Martyr und Jungfrau, von Emerita — den 10. Dezember. 15) Fau- 
stus, Januarius und Martialis, Märtyrer von Cordova, den 13. Oktober. 
16) Zoilus von Cordotra — den 27. Juni. 17) Asciclus und Victoria 
von Cordova — den 17. November. 18) Crispinus, Märtyrer von Astigi 
— 19. November. 19) Servandus und Germanus, cbristliche Soldaten, 
Märtyrer auf dem Gebiete von Gades — 23. Oktober. 

Jede bedeutende Stadt von Spanien hat sonst noch ihre eigenen 
Namen von Märtyrern, und beruft sich dabei auf ihre Localtraditionen. 
Die Geschichte weiss nichts von ihnen — und sie werden nur so lange 
fortgenannt werden, als der spanische Localpati'iotismus sie festhält. — 
Die Frage, ob Dacian Statthalter von ganz Spanien, oder nur von der 
Provinz Tarraconensis war, wird bei dem Kapitel über Vinzenz, Sabina 
und Christeta, sowie bei dem Kapitel über Eulalia von Emerita noch 
besonders zur Sprache kommen. 

Wann kam Dacian nach Spanien ^ und wie lange blieb er daselbst, 
oder — wie lange wenigstens verfolgte er die Christen? Das vierte Ver- 
fplgungsedict, welches gegen alle Christen ohne unterschied die Todes- 
strafe verhängte , erschien erst im J. 304 ^). Zudem hatte Dacian sich 
eine Zeit lang in Gallien aufgehalten. Ich vermuthe daher, er sei nicht 
vor der Mitte des Jahres 404 nach Spanien gekommen. Die Zeit und 
der Ort des Martyrtodes des Vincentius von Saragossa steht ziemlich 
fest. Er litt am — 22. Januar, vne ich glaube, im J. 305. — Im Juli 
304 kam — nach meiner Ansicht — Dacian nach Spanien, reiste dann 
über Gerona und Barcelona nach Zaragoza; von da nach Complutum, 
von hier nach Toledo; von Toledo nach Elbora oder Libora, von hier 
vielleicht vneder zurück nach Avila, zur Verfolgung des Vincentius und 
seiner beiden Schwestern. Von da kann er im Januar 305 über Toledo und 
Laminium nach Valencia gekommen seyn, vielleicht mit dem Umwege 
über Carthagena; von hier mag er wohl nach Tarraco zurückgekehrt 
seyn, als an den regelmässigen Siz der Prätoren. Von da kann er so- 
wohl nach Barcelona, als nach Cäsaraugusta zum zweiten Male gekommen 
seyn — im Februar und im April des J. 305. 

Am 1. Mai des Jahres 305 legten die beiden Augustus Diocletian 
und Maximian ihre Regierung nieder. Damit hörte die Verfolgung^ 
wenigstens für das ganze Abendland, auf. Damit musste auch Dacian 
resigniren. Denn der milde, und den Christen freimdliche Kaiser Con- 
stantius Chlorus liess den Blutmenschen gevriss nicht auf seinem Posten« 
Er trat in das Dunkel zurück, aus welchem er für kurze Zeit hervor- 
getreten war, um in demselben für immer unterzugehen. Sonach glaube 



') £tis, de mart Palaest c, 3. Jevrigov S^ etovg diodaßovrog ^ (^fou) y^afifjuxtiav 
ßccßüiütMV jtijpom^Koraiv y ev o& Jtaytag feay&rjfiei tovg xara xohv -^eiv — htdeoero. 



300 Viertes Bach. Drittes Kapitel. 

ich, dass sich Dacian nur vom Juli — 304 bis zum Mai 305 in Spanien 
aufgehalten; dass wenigstens die Verfolgung nur ein Jahr gedauert habe. 

§. 3. Der Märtyrer Felix von Gerona. 

lieber ihn sind keine ächten Martyrerakten vorhanden, Er wird 
aber von Prudentius gefedert , und hat seine Stelle in der alten spani- 
schen Liturgie. In sein Officium ui^d seine Messe sind einige Angaben 
über sein Leben und seine Persönlichkeit eingeflochten. Er lebte zu 
Cäsarea, um daselbst die weltlichen Wissenschaften zu studiren. Da 
aber wurde er „vollendet nach dem Geseze des Herm^. Er entsagte 
den menschlichen Wissenschaften, und gelangte durch fromme Betrach- 
tung in die Gemeinschaft der Engel ^). Jenes Cäsarea war aber nicht 
das von Palästina. Denn so berichtet Eulogius^): „Als nach zuver- 
lässiger Erzählung Felix von der Verfolgung der Katholiken hörte, welche 
in Gerunda, einer spanischen Stadt in der Nähe von Gallien, aus- 
gebrochen war, und als er erfuhr, dass die Kirche Gottes daselbst grau- 
sam von den Heiden verfolgt werde, verliess er alsbald das Studium 
der weltlichen Literatur, das er, wohnend zu Cäsarea in Mauritanien, 
betrieb, fuhr eiligst über das Meer, kam in die erwähnte Stadt und 
vollendete dort das Martyrium, woran es seinem Vaterlande fehlte, — 
ein frommer Krieger Christi — siegreich.*' 

Zweifel erregt, dass Gerunda keine Seestadt ist; dass Felix der ein- 
zige bekannte Märtyrer von Gerona ist, dass im eigentlichen Sinne keine 
Verfolgung gegen die Christen in Girona, sondern in ganz Spanien 
herrschte. — Desswegen' weist Tillemont diese Nachricht als verdächtig 
zurück ^). 

Aus der Messe des Festes scheint indess hervorzugehen, dass sein 
Fest kirchlich zuerst in Gerunda begangen wurde, und sich über Spa- 
nien verbreitet habe, denn auch hier heisst es, wie bei dem Feste des 
Torquatus und seiner Begleiter (in der Oratio cui Pacem): Wie der 
heilige Felix ein eifriger Kaufmann dieser Stadt war, hervorragend 
durch die Beinheit seines Wandels, so mögen wir thätige — Arbeiter 
in einem Leben des Friedens und der Liebe werden. 

In der Präfation des Festes werden die Verdienste des Felix be- 
sonders dargestellt. Zuerst ist ihm die Erkenntniss Christi, sodann die 
Gnade der Taufe zu Theil geworden. Dann führte er ein frommes 
Leben, und dieses wurde gekrönet durch das Martyrthum. — In dem 
Post Sanctus erfahren wir, dass der Bichter ihn zuerst durch milde 



') Miasa in feato S. FetuitB. 
^) Euloff, memoriale Sanctorum 1, 24, 

') Tillemont, m^moires, 5, act. 22, De S, Felix, S, Nordsee, et quelques autres mar- 
tyrs de Crirone — p. 60 — 62, 



$. 4. Der Märtyrer Felix von Gerona. 301 

Reden zum Abfalle zu bewegen suchte; dass er sodann in einen finstem 
Kerker gelegt worden. Es folgte Hunger, Geissein, Zangen. — Dass 
Felix ein Mönch oder Cleriker gewesen, wird nicht gesagt. Vielleicht 
war er nur ein Laie, der des Handels wegen aus Aitika gekommen, 
und — weil er sich als entschiedenen Christen zeigte, zu Gerona er- 
griffen und getödtet wurde für den Glauben. ' ** 

Der Bericht, welcher den Titel Akten seines Martyrthumes trägt, 
stammt aus sehr später Zeit, und verdient eine geringe Berücksichtigung. 
Damach stammte Felix aus der an Märtyrern so reichen Stadt Scillita, 
studirte in Cäsarea, hörte von der Verfolgung in Spanien (nicht in Ge- 
rona) , bestieg ein Handelsschiff, und landete in Barcelona. — Hier blieb 
er eine Zeit lang. Dann gieng er nach Emporias, und — während er 
Handel zu treiben schien, lehrte er Christum, und verdiente den Namen 
eines Lehrers und Apostels. Er wirkte auch in Ilerda, und zulezt in Gerona. 
Dacian, der eben in Saragossa weilte, sandte einen seiner 0£Sciale nach 
Gerona. Dieser liess den Felix in dem Hause einer vornehmen Matrone 
ergreifen, und nun folgten alle die Foltern, welche gewöhnlich ange- 
führt werden. Unter anderm wurde Felix von wüthenden Maulthieren 
geschleppt, er wurde auch in das Meer geworfen, aber er wandelte 
sicher auf ihm *). 

Ado, welcher sehr ausführlich über Felix ist, scheint diesen Bericht 
schon vor sich gehabt zu haben. Gregor von Tours — erzählt zwei 
Wunder über ihn^). Nach seiner Angabe hätten sich seine Reliquien 
zu Narbonne in Gallien befunden. Hier hatte er eine ihm gewidmete 
Kirche; seine Kirche in Gerunda aber enthielt grosse Reichthümer. — 
In dem Festhymnus des Heiligen wird von grossen Wundern erzählt, 
die an seinem Grabe sich begaben, und besonders die Befreiung der 
Besessenen hervorgehoben. — Von dem Bischöfe Nonnitus von Gerunda 
— (621 — 635) berichtet Ildefons von Toledo, dass er ein grosser Ver- 
ehrer des heiligen Felix gewesen *). In allen Ji^hunderten war Felix 
in Gerona ein verehrter Schuzheiliger *). 

Neben der Kathedralkirche, die wegen ihrer gothischen Bauart be- 
rühmt ist, besteht in der Stadt Gerona noch die Collegiatkirche des 
heiligen Felix — mit vierzehn Präbenden. Die jezige Kathedrale wurde 
im Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts — 1416 — gebaut Sie be- 
steht aus einem einzigen Schiffe, hat aber den Chor in der Mitte. — 
Die jezige Collegiatkirche des heiligen Felix stammt erst aus der zweiten 
Hälfte des vorigen Jahrhunderts; sie ist dem Eifer des Bischofs Don 



>) Acta Sandonm, 1 1 ÄugusH, p. 22 — 28. 
*) Gregor, Tur, de gloria martyrum c. 92, 

') Ädhaerens inatanter obsequiia S, Felicia mctrtyrie, — Ilde/ons de viria iUuair, c. 10. 
*) Ueber das Ganze: s. JEapanna aagrada, t,4S^ (erschienen 1819 durch die Au- 
^nstiner Merino and Ganal), i,Santoa de Gerona*', p, 279-^^22, 



n 



302 Viertes Bach. Drittes Kapitel. $. 4. Der Märtyrer Felix von Gerona. 

Tomas de Lorenzana y Butros (Bischof von Gerona von 1775 bis 1796) 
zu verdanken, eines Bruders des grossen Eiirdinals Franz Lorenzana 
von Toledo (f 1804) , welcher in derselben eine pi:ächtige Kapelle des 
heiligen Narcissus herstellen liess, in der dessen Leichnam aufbewahrt 
wird*). Narcissus soll Bischof von Gerona vom J. 304 — 7 gewesen 
seyn. Aber die jmozarabische Liturgie und Prudentius wissen nichts von 
ihm, wesswegen er hier übergangen wird. Nebstdem werden sein Diakon 
Felix , ein Bischof Pontius , Vorgänger des Narcissus , ein Vinzenz , Ho- 
norius, Victor und Aquilina, — und noch viele andere, im Ganzen 
'neunundzwanzig Märtyrer genannt, welche nirgends beglaubigt sind. 

Li den grossen Belagerungen , besonders von Seiten der Franzosen, 
riefen die Geroneser die Fürbitte ihrer Schuzheiligen an. Als im J. 1653 
der Marschall Haquisicourt die Stadt belagerte, wurde das Heer von 
einem grossen Mückenschwarme heimgesucht. — Nach zwei Monaten 
der engsten Einschliessung erschien zur Hilfe D. Juan d'Austria, und 
zwang den Marschall zum Rückzuge. — Man rechnet bis jezt dreiund- 
zwanzig Belagerungen der Stadt, in denen aber die Tapferkeit und 
Standhaftigkeit der Einwohner sich bewährte. Diess war besonders in 
den J. 1808 — 9 der Fall, wo die Bastion — mit dem Namen — San 
Narcisso — ein grosses Blutbad unter den Franzosen anrichtete^). 



') So berichtet Madoz; aber in dem betrefTenden Artikel in der E^, sagr, t 44, 

JJPT — il steht nichts davon. 
•) Willkomm, Zwei Jahre in Spanien, 3,369. — Madoz (Gerona), 



Viertes Kapitel. 

Der Märtyrer Gueufat von Bareelona. 

Auch von Cucufat besizen wir keine ächten Martyrerakten, Es ist 
aber sicher, dass er während der grosser^ Kirchen Verfolgung Blutzeuge 
wurde, durch das Zeugniss des Prudentius, und vor allem — durc];i 
»ein Fest in der alten sj^anischen Liturgie. Sein Fest wurde darnach 
am 30. Juli begangen. Er kommt in dem „Römischen Kleinen? des 
Ado nicht vor. Das Martyrologium des Hieronymus hat zum 15. Februar 
die "Worte: Zu Barcelona in Spanien, die Passio der heiligen Loquumfas. 
Eine heilige Loquumfas hat es weder in Barcelona noch sonst in der 
Welt gegeben. Der Name hat aber entschiedene Aehnlichkeit mit Cu- 
cuphat oder Cucufat; und zum 16. Februar lesen wir: In Spanien zu 
Barcelona die Passio des heiligen Cucufet *). 

Ado handelt ziemlich ausführlich über ihn. Er stammte aus der 
Stadt SciUitana in A£rika, und litt zu Barcelona unter dem Froconsul 
Galerius, und Maximian und Rufinus. — Er wurde grausam misshan- 
delt, und sollte zulezt — mit Essig und Senf übergössen, gebraten 
werden. Aber unversehrt blieb er in den Feuerflammen, und wurde 
nun auf Befehl des Richters vor die Stadt geführt, und wieder in das 
Feuer geworfen. Diess erlosch; Cucufat kehrte in das Gefängniss zurück, 
und wurde von einem göttlichen Lichte erquickt. Wieder folgten schreck- 
liche Qualen, und zulezt wurde Cucufat, als Empörer gegen die Fürsten, 
der sich weigerte, den Göttern zu opfern, enthauptet. Er litt beim 
achten Meilensteine von Barcelona. Die Christen bestatteten ihn mit 
grosser Ehrfurcht Später wurde er nach Paris in die Kirche der Mär- 
tyrer Dionysius, Rusticus und Eleutherius übertragen. Diess hat nach 
seiner Gewohnheit Usuard in Kürze zusammengezogen, und schreibt: 






') jPaitia sanctae Loquun^a^ Pamq saneti Cuai^fixtis* 



304 Viertes Buch. Viertes Kapitel. 

Cucnfat hat für den Namen des Herrn die furchtbarsten Qualen erduldet, 
unter drei Richtern, und wurde zulezt enthauptet. Auch Florus, der 
vor Ado schrieb, berichtet ebenso. — Von diesen Martyrologien nahm 
Baronius den Cucufat in das römische Martyrolog von 1586 (am 25. Juli) 
— auf. Er begnügt sich zu sagen, dass Cucufat zu Barcino nach vielen 
Qualen unter dem Präses Dacian zum Herrn gegangen sei. 

Nach der Festordnung der Kirche von Barcelona sollte das Fest 
des Heiligen stets am 27. Juli gehalten werden, weil auf den 25. Juli 
das Fest Jacobus des Aeltern fiel, mit Ausnahme der dem heiligen Cu- 
cufat gewidmeten Kirchen. Sollte der 27. Juli auf einen Sonntag fallen, 
so würde das Fest des Cucufat am 30. Juli gefeiert. Ausserhalb der 
Diöcese Barcelona scheint aber das Fest nicht mehr begangen zu werden *). 
In dem gothischen Missale von 1755 hat Cucufat keine eigene Messe, 
nicht einmal eine Oration. In dem gothischen Brevier hat er auf den 
30. Juli nur einen eigenen Hymnus, der, wie alle Hymnen, einer spä- 
tem Zeit angehört. Nach demselben zeigte man sein Grab in Barcino; 
die civitas Sciüitana hat ihn geschickt zu der Zeit, als Felix nach Ge- 
runda kam. Bei den Foltern traten ihm die Eingeweide heraus, und 
kehrten durch ein Wunder wieder zurück an ihre Stelle. Durch sein 
Gebet löschte er die Flammen. Der Hymnus ist gelungen, und würdig 
gehalten ^). 

Die Stätte des Todes des San Culgat (wie ihn die Aragonesen 
nennen) ist das alte Octavianum; und an der Stätte des Martyriums er- 
hob sich das berühmte Benediktinerkloster Vall^s, oder San Culgat del 
Vall^s. Ludwig der Fromme, der bekanntlich die Grafechaft Barcelona 
einnahm 801, soll im J. 835 den Leib des Heiligen nach Paris ge- 
nommen, zur Entschädigung aber dafür das Kloster gebaut haben. Nach 
den Bollandisten geschah diess früher, unter Pippin dem Kleinen, oder in 
der ersten Zeit KarPs des Grossen. Das Kloster sei vielleicht nach 
dem J. 801 erbaut worden. Im J. 885 geschah die feierliche Ueber- 
tragung der Reliquien nach St. Denys bei Paris ^). 

Im J. 1024 wurde in der Stadt Barcelona selbst eine Kirche des 
heiligen Cucufet gebaut und eingeweiht, und zwar an der Stelle, wo 
der Märtyrer unversehrt aus dem Feuer hervorgegangen; darum hiess 
sie auch die Kirche des heiligen Cucufat de fumo, seu fomaee (laigl eaia 
de 9an CucufcUe del Homo); und auch sie verlangte und erlangte einige 
Reliquien des Heiligen. Die Kirche (eingeweiht nach Florez 1023| nach 



>) Aeta Set 1 6 Juüi, p. i50, 

*) Er steht bei Lorenzana — zum 30. Juli , und bei den Bollandisten zam 25. Juli 

-^ S. 151. — Anders artheilt darüber Tillemont, Mem, 5, 58; 609, der meint, 

der Hymnus werde nicht vor 835 verfasst seyn. — Aber — er musste wobi 

vor 711 verfasst seyn , weil er im gothischen Breviere steht. — (Siehe S. 153 

(6 Juli) bei den Bollandisten. 

*) Marea Eupanica, 2, 16, 5, MoraUs, chronieon, 10, 2, 



Der Märtyrer Cucufat von Barcelona. .305 

Diago 1024, nach Campmany 1027), vom Volke San Culgat genannt, 
-wurde neu gebaut 1287, und wieder — 1827. 

Das einst so blühende Kloster in Castro - Oetaviano oder Vallfe, 
drei Stunden von Barcelona entfernt, ist seit der Aufhebung der Klöster 
in Spanien im Zustande des Zerfalles. Seine Kirche ist Pfarrkirche ge- 
worden. Auch die Kirche des heiligen Culgat zu Barcelona ist heute 
die ärmste aller Kirchen in dieser reichen Stadt *). — Die Verehrung 
des heiligen Cucufat in Barcelona ist gleichfalls ärmlich, und völlig 
zurückgetreten vor dem Cult der heiligen Eulalia von Barcelona ^). 

In dem Kloster des heiligen Cucufat bewahrte man noch den Leib 
eines Märtyrers und Bischofs Severus, der nach gewöhnlicher Angabe 
von den Gothen getödtet worden wäre. Florez hat eine sehr öeissige 
und gelehrte Abhandlung über seine Person geschrieben, worin er u. a. 
beweisen möchte, dass derselbe in der Diocletianischen Verfolgung Mar-^ 
tyrer geworden. Da aber sein Name imd sein Fest weder in der moz- 
arabischen Literatur, noch bei Aur. Prudentius Cl. vorkommt, so wird 
er hier übergangen^). 



■) Madoz, Barcelona, 3,523. 

^) lieber Cucufat s. besonders Acta Sanctorum, t, 6, JuUi — p, 14$ — 1B2 — eine aus- 
führliche und gut g-eschriebene Abhandlung. Die im Anhange mitgetheilten 
Acta scheinen aus dem neunten Jahrhundert zu stammen, — Espanna aagrada 
29, 322—351, 

») Florez, 29,51 — 77. „San Severo — Maftir,*' 



Oäins, spaiL Kirche. 20 



Fünftes Kapitel 

Die heilige Ealalla von Barcelona ')• 



§. 1. Widerlegung der Zweifel an ihrem MartyriunL 

Die Hauptgründe 9 welche gegen die Eulalia von Barcelona — als 
eine verschiedene Heilige von der £ulalia von Einerita, deren Existenz 
von niemand beanstandet wird, geltend gemacht werden, und werden 
können, sind — die Aehnlichkeit oder Gleichheit des Berichtes über 
ihr Leiden, und das Stillschweigen des Aur. Prudentius. Andere Ein- 
würfe haben bei näherer Betrachtung kein Gewicht Die Gleichheit der 
beiden Namen darf nicht auffallen. — Die Namen der übrigen weib- 
lichen Märtyrer aus dieser Zeit lauten: 1) Enkratis; 2) Julia von Sara- 
gossa^); 3) Leocadia von Toledo; 4) Sabina von Elbora; 5) Christeta 
von Elbora; 6) Victoria von Cordova; 7) Justa; 8) Rufina von Sevilla; 
9) Eulalia; 10) Julia von Emerita. Sollte die Leztere auch nicht Martyr 
seyn, so war sie doch eine Christin, und Begleiterin der Eulalia zu 
ihrem Martyrium. Also auch so finden sich zwei Jungfrauen, welche 
zugleich den Namen Julia führen, wie zwei, welche zugleich den Namen 
EulaL'a führen. 

Dem Märtyrer Ji^tus von Complutum tritt Justa von Sevilla an 
die Seite. Neben dem berühmtesten spanischen Märtyrer Vincentius dem 
Leviten geht der Märtyrer Vincentius von Elbora, der Bruder der Sa- 
bina und Christeta; es giebt zwei Märtyrer Felix; einen Victor und eine 



') S. Santa IgUsia de Barcelona > t 29 der Etp, eoffr,, obra poeihuma des Florez, 
edirt von Risco — 1775. — Santos de Barcthma, Cap, 8. p. 287 —'321: j,Santa 
EulaUa de Barcelona^ dwerea de la de Merida^^ (ef. 1. 13, p. 266 --284). Ada San- 
etorum, t. 2, Februarüf p. 576—580, De 3, EukUia, virgine et mar^re, Barckume 
m JSispania, 

*) Statt JttÜa lesea andere Julius. 



$. 1. Widerlegung der Zweifel an ihrem Martyrium. 307 

Victoria; neben dem Märtyrer Ma;rtialis von Cordova geht der Märtyrer 
Martialis von Saragossa. Neben Januarius und Faustus von Cordova — 
Januarias und Faustus von Saragossa. — Dabei sehe ich noch ab von 
den Namen der Heiligen, die nicht genug beglaubigt sind, um hier 
angeflihrt zu werden. 

Die Namen der Frauen sind stets weniger, als die dev Männer. 
Darum muss es sich finden, dass verhältnissmässig mehr Frauen die 
gleichen Namen haben , als Männer. An der Identität des Namens also 
darf man sich nicht stossen , und aus ihr keinen Grund nehmen , an der 
Eulalia von Barcelona zu zweifeln. 

Der wichtigste Einwurf scheint mir wenigstens das Stillschweigen 
de« A. Pnidentius zu seyn. Dieses Stillschweigen war für mich lange 
ein Grund, an der Eulalia von Barcelona zu zweifeln. Als ich die 
äusserst schwache Widerlegung dieses Einwurfes bei Florez las, wurde ich 
in meinem Zweifel noch bestärkt. Er sagt, Aurelius Prudentius gehe ge- 
raden Weges nach seinem Ziele. Er spreche nicht von den Märtyrern 8er- 
vuidus und Germanus, nicht von Facundus (?) , nicht von Narcissus, nicht 
von Leooadia. — Wer aber das Gedicht auf die achtzehn Märtyrer von 
Saragossa (h. 4) , imd den Hymnus (3) des Prudentiusr auf die Eulalia 
von Emerita liest, d^ sieht gar nicht ein, wie Aurelius Prudentius mit 
Stillschweigen an der Eulalia von Barcelona vorübergehen konnte, wenn 
er von ihrer Existenz wusste. Die Vergleichung der beiden Märtyrer 
^ und Jungfrauen lag so nahe, und drängte sich so übermächtig auf, dass 
das Schweigen — entweder ein Schweigen der Unwissenheit oder der 
Absichtlichkeit ist. — Wenn er ausführlich das Leiden der einen Eu- 
lalia beschreibt, wie war es ohne Absichtlichkeit möglich, die andere 
Eulalia ganz zu verschweigen? Wenn er in seinem Hymnus die acht- 
zehn Märtyrer von Saragossa beschreibt, und zur Vergleichung die Stadt 
Barcelona mit dem dieser Stadt nicht ganz angehörigen Cucufat anführt, 
wie konnte er stillschweigend über äie Eulalia von Barcelona hinweg- 
gehen, iiv^enn er um sie gewusst? Hat er sie aber gekannt, warum hat 
er geschwiegen über sie? 

Von den männlichen Märtyrern, deren Namen in der alten spani- 
schen Liturgie stehen, hat Prud.entius nicht genannt: 1) den Marcellus 
von Tingisf 2r— 3) die beiden Soldaten und Märtyrer Germanus und 
Servandus; 4) den Crispinus von Astigi; 5) den Vincenz von Elbora. 
Den Faustus, Januarius und Martialis hat er dadurch angedeutet, das^ 
er 3ie die drei Kronen von Cordova nennt. 

Von den weiblichen Martyreni, deren Namen und Feste in d^ alt- 
sipani^chen Litur^e sich finden, hat Prudentius mit Stillschweigen über- 
gangen: 1) die Leooadia von Toledo; 2) die Eulalia von Barcelona; 
3) die Sabina; 4) die Christeta von Elbora; 5) die Justa; 6) die Rufina 
von Sevilla; 7) die Victoria von Cordova. Was bleibt also noch übrig? 
Welche Martyrin und Jungfrau hat denn Prudentius nicht ndt Stül- 

20* 



308 Viertes Buch. Fünfte« Kapitel. 

schweigen übergangen? — Er hat allein und mit Ausschluss aller an- 
dern die Eulalia von Emerita genannt und gerühmt« Denn die Enkratis 
von Saragossa — nebst der Julia — kommt jm der alten Liturgie 
nicht Tor. — In der Ausgabe des Missale von 1755 wird das Fest der 
achtzehn Märtyrer von Saragossa nicht einmal erwähnt In der Ausgabe 
des Breviarium von Lorenzana heisst es zum 16. April — An dem Feste 
der heiligen Engratias oder der achtzehn Märtyrer ^) — ist alles wie an 
einem Feste ^sehr vieler Märtyrer^ — mit Ausnahme des Hymnus: „Bü 
novem noster/^ Diess aber ist gerade der von Prudentius auf die acht- 
zehn Märtyrer seines geliebten Saragossa verfasste Hymnus; und wenn 
dieser Hymnus nicht vorhanden gewesen ^ so wäre auch vielleicht kein 
Hymnus, keine Erwähnung der achtzehn Märtyrer in das Brevier ge- 
kommen. 

Aber werden wir vielleicht desswegen an der Exist^iz der Leo- 
cadia, der Sabina, Christeta, Justa, Bufina und Victoria zweifeln, weil 
Prudentius von ihnen schweigt? Das sei ferne. Er ist nicht der ein- 
zige und nicht der älteste Zeuge für sie. Die kirchliche Feier derselben 
ist ein ungleich stärkeres Zeugniss. Die Kirchen, welche schon im 
^chsten und siebenten Jahrhunderte zu Ehren dieser Heiligen errichtet 
waren, sind ein ungleich soliderer Beweis, als das Beden oder Schweigen 
des Prudentius. — Es kann kein Zweifel seyn, dass er die obigen sieben 
Jungfrauen und Märtyrer gekannt hat. Warum aber hat er über sie 
geschwiegen, und gleichsam seine Schuld gegen alle bezahlt, indem er 
nur eine ehrte und verherrlichte? Wenn wir diese Frage nicht, oder 
nur ungenügend beantworten könnten, so wäre damit nichts verloren 
für die Hauptsache. 

Prudentius lebte hundert Jahre nach der Zeit dieser Verfolgung. 
Es ist möglich , dass damals, mit Ausnahme der Eulalia von Merida, das 
Andenken der sieben andern Märtyrer und Jungfrauen Spaniens noch 
nicht in die Liturgie der Kirche von Spanien aufgenommen war; dass 
diess erst stattfand zwischen 400 — 450, oder erst zu der Zeit Isidor's von 
Sevilla. Wenn ihnen damals noch keine kirchliche Feier zu Theil wurde, 
so konnte Prudentius darin einen Grund finden, über sie zu schweigen. 
— In der That haben wir keine Martyrakten der erwähnten Sieben aus 
dem vierten Jahrhunderte. Die vorhandenen Berichte über Leocadia, 
Sabina, Justa,, Victoria — stammen sämmtlich aus einer spätem Zeit, 
aus der Zeit nach Prudentius. 

Zweitens konnte Prudentius, wie fast alle Nichtspanier, Anstoss 
nehmen an der Art, wie diese Jungfrauen zu dem Mar^rrium sich hin- 
zudrängten, und wie herausfordernd sie dabei erschienen. Es ist mög- 
lich, dass auch er den Canon sechzig der Synode von Elvira auf sie 



') In fi$(o ^anctotf Engratiae vel dteem et odo mar^ruim 



$. 1. Widerlegung dw ZweiM an ilireni Martyrium. 309 

bezog, dass diejenigen , welche bei dem Zerstören der Gözenbilder ge- 
iödtet würden, nijsht unter die Märtyrer gerechnet werden sollten I Diess 
konnte für ihn auch ein Grund seyn, die beiden Märtyrer Germanus 
und Servandus , sowie den Kriegsobersten Marcellus nicht zu erwähnen, 
weil jene getödtet wurden , weU sie Idole zertrümmert hatten , weü dieser 
das Martyrium absichtlich gesucht zu haben schien. Nun hatten, nach 
dem Berichte der Spanier, Justa und Rufina die Göttin Salambo zer- 
trümmert. Eulalia voii Barcelona hatte zum Martyrthum gegen den 
Willen ihrer Eltern und Preundinen sich gedrängt. Victoria von Oor- 
dova vollends biss sich die Zunge aus, und schleuderte mit derselben 
dem Richter ein Auge heraus. Aehnliches mochte von Leocadia, von 
Sabina und Christeta berichtet werden; oder Prudentius hielt dieselben 
für gar keine Märtyrer. 

Zwar von der Eulalia von Emerita berichtet er auch, dass sie zum 
Martyrium sich herbeigedrängt, und dass sie dem Richter in das Ange- 
sicht gespieen habe. Aber er bemerkt, dass sie stets von strenger Miene, 
von bescheidenem Gange , und dass sie in zarter Jugend schon die Reife 
des Greisenalters erlangt habe. Aber er kann doch nicht umhin, ihr 
heftiges Auftreten bei dem Martyrium anscheinend zu tadeln; sie hat 
einen trozigen Geist, verlangt nach stürmischen Kämpfen; ihr rauhes 
Herz athmet nur nach Gott, und sie — die Frau — fordert die Männer 
heraus zum Kampfe. Und sie ruft vor den Richtern: Die Gözen zer- 
trete ich mit meinen Füssen ^). 

Indem Prudentius die achtzehn Märtyrer von Saragossa rühmt und 
besingt, kann er nicht umhin, die Vorkämpferin aller, die Jungfrau 
und Heldin Engratias, zu rühmen. Aber er kann auch nicht umhin, sie 
eine „gewaltthätige Jungfrau^ (virgo violenta) zu nennen. Indem er sie 
rühmt und bewundert, tadelt er sie. 

Prudentius betrachtet also dieses Hervor^eten und Auftreten der 
«spanischen Jungfrauen bei dem Martyrium mit denselben Gefühlen, wie 
überhaupt die Niehtspanier. — Er nimmt Anstoss an dem Kecken, Her- 
ausfordernden ihres Auftretens (ob mit Recht, werde ich später be- 
sprechen), und es ist, als ob er durch sein gesuchtes und absichtliches 
Stillschweigen sie dafür bestrafen wollte. Prudentius schweigt mit Ab- 
sicht und aus Berechnung über die Eulalia von Barcelona, weil er es 
nicht billigen mochte (und es vielleicht auch nicht tadeln wollte), dass 
sie mit Gewalt zum Martyrium sich gedrängt Sein Stillschweigen über 



*) Injremuit sacer Eulaüaä 

Spiritus, inffeniique ferox 
Turbida frangert beüa parat 
Et rüde peetus ankela Deo 
Ftmina prmfocat arma virum. 



310 Viertei BucIl FtnftM Kapital. 

diese Enlalia ktnn also kein Grund gegen ihre Existenz , g^en eme 
von der Emeritensischen verschiedene Eulalia seyn. ^ 

Der dritte gewichtige Einwurf ist aus der Liturgie und den Akten 
der beiden Eulaliae genommen. Diese Liturgie und diese Akten enthalten 
des Aenhnliehen und des Gleichen so viel, dass man versucht wird, nur 
eine einzige Eulalia anzunehmen. — Beide hielten sich zu der Zeit der 
ausbrechenden Verfolgung ausserhalb der Stadt auf einem Landgute auf. 
— Beide eilten in die Stadt Bei beiden wird das Martyrium fast auf 
dieselbe Weise erzählt Der heilige Leib beider wurde nach ihrer Voll- 
endung durch Schnee bedeckt Der Hauptunterschied zwischen den Beiden 
ist der, dass hier Dacian, dort Calpurnian als Richter angegeben werden. 
Kleinere Differenzen sind: Eulalia von Barcelona war vierzehn Jahre 
alt, Eulalia von Merida — dreizehn Jahre alt 

Dass Beide im Landgute ihrer Eltern weilten, darf nicht auffallen. 
Die Eltern wollten ihre Töchter schonen und erhalten, weil sie mit Recht 
befürchteten, dass sie zum Martyrium sich drängen würden, — Der 
Schnee, welcher beide bedeckte, kann auch für Spanien nicht auffallend 
seyn, sei es, dass er am 10* Dezember zu Merida, oder am 12. Februar 
zu Barcelona fiel. 

Ich glaube, dass beide Eulalia*s zur Zeit der Verfolgung auf dem 
Landgute ihrer Eltern nicht so fast sich aufhielten, als aufgehalten wur- 
den, dass die von Barcelona ohne Wissen und Willen der Ihrigen in 
die Stadt eilte, wo die Verfolgung ausgebrochen war, dass nur die von 
Barcelona imgerufen in der Stadt erschien , dass endlich der Leib beider 
nach ihrer Vollendung mit Schnee bedeckt wurde (obgleich ich weniger 
fest an der leztern Vergleichung oder Gleichheit halte). Dagegen glaube 
ich, dass Eulalia von Barcelona — sei es mit, sei es ohne voraus- 
gegangene lange Qualen — durch die Enthauptung vollendet wurde, 
Eulalia von Emerita aber dadurch, dass sie, sich neigend in die auf- 
steigenden Flanmien, in denselben erstickte. — Die verschiedenen Fol- 
tern, welche in der Mitte liegen, mögen mehr oder weniger ähnlich 
gewesen seyn. Hier aber giengen die beiderseitigen Berichte leicht in 
einander über, und manches konnte hier der Eulalia von Barcelona zu- 
geschrieben werden, was der Eulalia von Merida zukam, und umgekehrt 
Diess konnte auch schon in der Zeit von 400 — 450 nach Christus ge- 
schehen, um so mehr, als wenigstens der Bericht über die Passio der 
Eulalia von Barcino aus einer spätem Zeit stanmit, auch der Bericht 
über die andere Eulalia keine eigentlichen Akten sind^). 



') Die Verwirrung findet sich achon entschiedln in dem Hymnus 3 des Pruden- 
tius, welcher der Martyrin von Merida Einiges zuschreibt, was aus der Passio 
der Eulalia von Barcelona entlehnt ist. So oder auf ähnliche Weise konnte 
die Vermengung der beiden Martyrinnen auch in die Liturgie kommen. »Die 
historische Treue und Genauigkeit des Prudentius,*' sagt DöUinger, »könDeo 



S* 2. Positive Beweise fUr die Eulalia von BarceloDa. 311 



§. 2. Positive Beweiße fiir die Eulalia von Barcelona. 

Man beachte, dass von der frühesten Zeit an in Spanien das Fest 
der Eulalia von Barcelona ein von dem Feste der andern Eulalia ge- 
trenntes war. Jene hat ein vollständiges Officium, und was von beson- 
derm Gewichte ist, eine vollständige Messe. Da in dem Officium der 
Eulalia von Merida der Hymnus des Prudentius vollständig aufgenommen 
ist, so hat auch die Eulalia von Barcino ihren eigenen Festhymnus er- 
halten, welcher natürlich viel kürzer ist. Dieser Hymnus ist offenbar 
dem des Prudentius nachgebildet. Der Verfasser desselben ist der ge- 
lehrte Bischof Quiricus, welcher in den Jahren 656 — 666 erwähnt wird, 
und welchem der Bischof Tajo von Saragossa sein Werk: Sententiarum, 
1,5' — widmete. In 'diesem Hymnus erscheint Quiricus als ein beson- 
dererer Verehrer der heiligen Eulalia, welcher an der Stätte ihres Grabes 
ein Kloster errichtet hat. Sie möge dafar seiner, wenn er aus dem 
Leben scheide, eingedenk seyn, und was er hier zu wenig gewirkt, 
ergänzen durch die. Fülle ihrer Verdienste. Er selbst sei die Muse, 
welche die ihr vorgetragenen Bitten in Verse gefasst habe. 

Diess ist zugleich eine interessante Nachricht über die Verehrung 
der — getrennten — Eulalia von Barcelona^). 

Das dritte Concil von Toledo — 633 hatte beschlossen, dass Ord- 
nung und Einheit in den Ritus der Kirchen Spaniens kommen solle. 
Isidor von Sevilla, die Seele des Ganzen, starb schon 636. Aber wir 
sind nicht gezwungen, anzunehmen, dass damals die Ordnung des Ganzen 
schon vollendet war. Jede Earche sendete vielleicht an diejenigen, denen 
die Leitung und Redaktion übertragen war, ihre besondern Officien ein. 
Wir haben ja schon gesehen, dass die Kirchen von Acci, Tarraco und 
Gerona ihre eigenen Officien hatten. — So sendete denn auch Barcelona 
das dort gefeierte Officium, sowie die Festmesse zu Ehreii der Eulalia 
von Barcino ein, welche ohne Aenderung in das Missale und Brevier 
au%enommen wurde*). 



wir, besonders bei der Schilderung niohtspanlscher Märtyrer, nicht hoch an- 
schlagen, theils weil schon die Form seines Werkes und das Bedürfniss der 
postischen Auswahl und Verschönerung ihn zu grossen Licenzen verführen 
musste, theils weil er nachweisbar in grobe Irrthümer gefallen ist." — Hippo- 
lytus und Kallistus, 1853, S. 55—56. 
') InUt haee eubnistus ipse üt tnei post vmöh eamtB 

Con^ieacat Quiriau Sia memor in aethere: 

Qßti tut loeum sepulchri Ei minus quod hie pertgi 

RtguU» moncuticis 7Vi valenter unp^eow 

Ad honorem consecravit Haec tibi perlata vota 

Sempitemi numinia, Vel Camoena consearans, 

») Florez, 29, 138. 



312 Viertes Buch. Fünftes Kapitel. 

Aus dem Hymnus des Quiricus geht femer hervor , dass er an dem 
Grabe der Heiligen eine klösterliche Gemeinschaft stiftete. Florez ver- 
steht darunter Mönche*). 

Das gothische Brevier hat das Fest der Eulalia am 12. Februar; 
gleichfalls am zwölften das Missale. £s steht in lezterm als Fest von 
neun Lectionen, ebenso im Brevier. Ebenso ist das Fest der andern 
Eulalia nur ein Fest von neun Lectionen , während das Fest der Leocadia 
von Toledo im Missale als Festum quatuor, im Brevier als Festum sex 
capparum steht. Darin dürfte man vielleicht einen Fingerzeig sehen, 
dass in der Primitialstadt die Entwicklung der kirchlichen Feste sich 
schneller vollendete, wo man auch einen reichern Schmuck von Para- 
menten besass (oder vielmehr dass die erwähnten Feste nach diesem 
Bitus in Toledo gefeiert wurden). 

Eulalia steht in fast allen Martyrologien der ältesten Zeit. — neben 
der andern Eulalia von Merida. Den Beigen eröffnet das älteste Ro^ 
manum partum des Ado. — Es hat am 12. Februar: Barcinone — 
Eulaliae virginis et martyrU. Dagegen am 10. Dezember: Eul(üi(ie viv 
ginia et martyris, — Es wird hier Merida nicht genannt, weil oben 
schon Barcelona genannt wurde, und eine Verwechslung also nicht mehr 
möglich war. Dabei will und kann ich nicht in Abrede stellen, dass 
vom Anfange an die Eulalia von Barcino zurückgedrängt, und gleich- 
sam in den Schatten gestellt war — durch den grössern Ruhm der Eu- 
lalia von Emerita. So ist es zu verstehen, wenn Prudentius in seinem 
Hymnus 2 über den Märtyrer Hippolyt von Rom -Ostia, der durch das 
neu au%efundene Werk des Hippolyt über alle Häresieen eine so über^ 
raschende Beleuchtung erhalten hat, zu Bischof Valerian (oder Yalerius II,) 
von Saragossa sagt, wie er bis jezt die Festtage des Cyprian, des Che- 
lidonius, und der Eulalia begangen habe, so möge er von nun an auch 
das Fest des Hippolyt begehen. Daraus erhellt, dass man am Ende 
des vierten Jahrhunderts zu Saragossa ein Fest der. Eulalia von Merida 
(aber nicht der von Barcelona?) begieng. — Der alte Festkalender 
der £irche von Carthago enthält nur den Namen der einen Eulalia (von 
Merida), deren Andenken in Afrika begangen wurde; indess von allen 
spanischen Heiligen eben nur diese Eulalia und den Leviten Vinzenz. 

Das sogenannte Martyrologium des Hieronymus enthält zum 10. De- 
zember: In Spanien, in der Stadt Emerita, die Passio der heiligen Jung^ 
frau Eulalia. Zum 11. Dezember: Zu Rom, der heiligen Eulalia — und 
vieler andern ohne Zahl. — Von einer römischen Eulalia findet sich 
sonst keine Spur, und es dürfte dieses eine Verwechslung mit der von 
Barcelona seyn. 

Ebenso berichtete Ado zum 12. Februar über die Eulalia von Barcino. 
Er fügt aber die Quelle bei, aus der er diesen Bericht geschöpft hat 



*) Florez, ?9, 139; 191- 93 j 306 sq. 



S. 2. PositiTe Beweise für die Ealalia von Barcelona. 313 

Er sagt: So ist es geschrieben in der Passio der heiligen Leocadia (die 
wir besizen). Sein Bericht über die andere Eulalia zum 10. Dessember 
ist gleichfalls ein Auszug aus der Passio derselben. 

Von Usuard ist heute anerkannt, dasa er in der Begel nur der Ter* 
kürzte Ado ist. Darum sagt er auch zum 12. Februar: In Spanien, das 
Andenken der heiligen Jungfrau Eulalia, von der bekannt ist, dass sie 
zur Zeit des Kaisers Diocletian die herrliche Krone des Martyrthums 
empfangen hat in der Stadt Barcinona. Fast ebenso, wie Ado, berichtet 
er zum 10. Dezember über die Eulalia von Mmda* 

Beda allein kennt nicht zwei, sondern nur eine Eulalia. Am 12. Fe- . 
bruar hat er den Namen nicht. Am 10. Dezember aber hat er: j,Das 
Andenken der heiligen Eulalia, Jungfrau in Barcilona^, von welcher, 
nachdem sie enthauptet worden, eine weisse Taube emporgeflogen ist 
— Hierin folgte ihm nur Bhabanus Maurus nach (so dass Beide als eine 
Stimme gelten). Er sagt am 10. Dezember: Fest der heiligen Jungfrau 
Eulalia in Barcilona, einer Stadt Spaniens, unter dem Präses Dacian, 
welche in einem Alter von dreizehn Jahren, nach zahllosen Qualen ent- 
hauptet wurde, und nachdem das Haupt abgetrennt war, schien es, dass 
eine Taube aus ihrem Leibe emporsteige '). Für den Unterschied der 
beiden Eulalia sprechen sehr deutlich zwei Distichen des Martyrologen 
Wandalbert zum 12. Februar und zum 10. Dezember; Jenes lautet: 

EidaUae festum pridie scmguiaque coruscat, 
ürba Barcinon exmia qua marUfre gaudet 

Pas Fest und das Blut der Eulalia leQehtet — 
Welche als Martyrin preist die herrliche Stadt Barcino. 

I^Agegen am 10. Dezember sagt er: 

JEukUutm sancto qtuirti» veneramur amore 
ßi^Hmam, JEmerita cuius cruor osscique servant. 

Die Ealalia ehren wir mit heiliger Liebe am zehnten Tag« 
Die spanische; Merida bjrgt ihr Blut und Gebein. 

Ebenso lauten alle spätem Martyrverzeichnisse. Z. B. des Notker, 
das Martyrologium Trevirense, Augustanum, das von Stablo, Corvej, 
das Ottobianum, und ein Vaticanum, und alle spätern Kaiendarien ^). 

Der dritte positive Grund ist die in Barcelona stets fortdauernde 
Ueberlieferung, dass sich daselbst das Grab und der Leib der heiligen 
Eulalia befinden. Diess bezeugt Quiricus in der Mitte des siebenten 
Jahrhunderts, während gleichzeitig Paulus der Diakon von Emerita in 
seiner Schrift: „Ueber die Väter (Bischöfe) von Emerita, besonders über 



*) RJuibani M, tnar^fr, — 10. Dez. 

*) Mariene et Durandus, veterum Scriptorum coli, novo, p, 637; — das von SoUier 
edirte M, Äugustanum et Lahbeanum s. Act ßct, part, IL t 6*. Junii 3f. Stahuhnse, 
ap. Marien^ et Durand, — /. c. />. 679, — Kaleindarium Korbejerue — apud dOf- 
dem, Tkiuaunu tuwus anecdotfnwn, L 3, 



814 Vieites Buch. FUnfles Kapitol. 



den ehrwfirdigen Metropoliten Massona, und die sdion erwtiinte Wall- 
ühit des heiligen Fructaosas von Braga nach Emerita beweisen, dass 
man damals nicht anders -wusste, als dass auch der Leib der andern 
Ettlalia dort noch vorhanden sei. Von einer Uebertragung von Merida 
nach Barcelona ist nirgends eine Spur. Sie musste vor dem J. 650 ge- 
sehdien, denn damals^ war das Grab der Heiligen in Barcelona schon 
Terehrt. £s ist eine eitle Hypothese, zu sagen, Eulalia sei in Barcino 
geboren, und in Merida für den Glauben gestorben, oder lungekehrt. 
Denn dagegen sprechen ja bestimmt die Akten. Laurentius war in Spa- 
nien geboren, und litt in Rom. Niemand sagt aber, Laurentius von 
Huesca, oder von Spanien. Vinzenz von Saragossa war geboren in 
Saragossa, litt in Valencia, und war Diakon in Saragossa; alle Welt 
aber nennt ihn nur den Leviten von Saragossa. 

Wie vor, so nach der Eroberung Spaniens durch die Mauren unter- 
schied man eine doppelte Eulalia. Sie führt Eulogius von Cordova an 
als „Eulalia, Jungfirau von Barcelona^, welche unter vielen andern frei- 
willig zum Martyrtode sich dargeboten habe. Es lag ihm an sich näher, 
die andere Eulalia zu nennen; indem er aber diese nannte, giebt er 
Zeugniss — für die Verschiedenheit beider ^). 

An solchen hat es nie gefehlt, die nur eine Eulalia, und zwar die 
von Merida angenommen haben. Schon der Historiker Marinäus Siculus 
(t nach 1533) sagt, dass Eulalia, von Geburt aus Barcelona, zu Merida unter 
dem Präses Dacian gelitten habe ^). Viel früher hat Vinzenz von Beau- 
vais die Beiden verwechselt, denn nach ihm ist das Fest der einen Eu- 
lalia zweimal im Martyrologium angegeben. „Wenn nicht etwa zwei 
desselben Namens in derselben Provinz, und in derselben Verfolgung 
gelitten haben*' *). — Der Gelehrte Resende von Evora, und der P. Are- 
valo, der Herausgeber der Schrifken des Prudentius (1794 Born.) zwei- 
feln an der Eulalia von Barcelona. Am Ende des achtzehnten Jahr- 
hunderts wurde eine hefkige literarische Fehde über die Eulalia von 
Barcelona geführt Ein Fr. Aug. Sala schrieb eine Abhandlung, worin 
er Zweifel geg^i einige Thatsachen im Leiden der Eulalia von Barce- 
lona aussprach. Jos. Pedros j Riera erhob sich dagegen in einer ge- 
hamischten Streitschrift^) (1787). Auch Tillemont neigt sich mehr zu 
der Ansicht von einer Eulalia; er hat es aber noch nieht verstanden, 
den geschichtlichen Werth der alten Liturgieen zu verwerthen. — Zur 
Bejahung neigt sich auch SoUerius — (zum 10. Dez. des Usuard). 



*) Eulog, L memorialU sanct 1, 24, Sic Eulalia mrgo BareMnoMiuis, — muhique oB 

tponU »t obtuUrunUf et coronad svnU 
') Marinaeus Siaä. de rebus Htspaniae memorabiUbus , l 5, (1530); auch m Sekottü 

Bispania Uhutrataj 1608, 
*) Vincent. Belhv. speculum historicum, 12, 123. 
*) VidOf martirio y grandezaa de Santa EulaUa, hija, patrona y tutelar de Barce- 

Ama, por Baman Ponsieh y Cetmps. Madrid — 1770. 



S. 3. nu BaiBio der heiUgM Eulalia. 315 



§. 3. Die Passio der heiligen Eulalia. 

Nadi den — allerdings spätem — Akten war Eulalia bei ihrem 
Leiden Tier^hn Jahre alt. Florez und andere sezen dasselbe auf den 
12. Februar 304; darnach wäre sie im J. 289 geboren. Ich entscheide 
mich für das Jahr 306 9 weil ich der Ansicht bin, dass Dadan erst um 
die Mitte des J. 304 nach Spanien gekommen sei. — Eulalia wurde 
von ihren frommen und angesehenen Eltern auf einem Landgute fern 
von der Stadt zurückgehalten. Sie entfernte sich ail^ von ihrem Land- 
gute, und gieng zu Fuss in die Stadt , während die andere Eulalia mit 
ihrer Gefährtin Julia fuhr. — Sie trat vor den Richtmrstuhl des Dadan, 
während die zweite Eulalia vor den Bichterstuhl des Calpumian trat. 
Eulalia aber redete den Dacian an: Du Richter der Gottlosigkeit, du 
sizest so hoch, dass du den höchsten Gott nicht fürchtest, der über alle 
deine Fürsten, und über dich ist — Dacian liess die Eulalia in die 
Folter spannen, bis die Eingeweide offen lagen. Mit heiterm Angesichte 
lobte Eulalia Gott und sprach: Herr, erhöre mich, ddne unwürdige 
Magd, denn dir allein habe ich gesündigt. Verzeihe meine Uebdthaten, 
und stärke mich, die Feinen zu erdulden, welche sie mir um deines 
heiligen Namens willen anthun, dass Satan mit seinen Helfern zu 
Schanden werde. 

Der Präses sprach zu ihr: Wo ist derjenige, den du anrufest? Mich 
höre, unseliges und thörichtes Mädchen, und opfere den Göttern, damit 
du lebest. Denn schon nahet dir der Tod, und niemand ist, der dich 
erlöse. Darob erfreut, sprach die heilige Eulalia: Niemals mag es dir 
gut gehen, sacrilegischer, dämonischer, dem Verderben verfallener 
Mensch, (der du willst), dass ich von dem Glauben meines Herrn weiche. 
— Mein Herr, zu dem ich rufe, hier ist er bei mir, den du w^;en 
deines ganz unreinen Geistes und wegen deiner wahnsinnigen Seele zu 
schauen nicht verdienest. Er selbst. stärket mich, dass ich alle Qualen, 
die du mir anthuest, für nichts achte. 

Jezt liess erzürnt der Präses Fackeln an ihre Seite bringen, und 
sie so lange schweben, bis sie durch das Feuer versenget war. Mit 
Jubel sprach sie den Lobgesang: Siehe, Gott steht mir bei, und der 
Herr nimmt meine Seele auf. Das Unglück falle zurück auf meine 
Feinde, und nach deiner Treue zerstreue siel Freiwillig werde ich dir 
opfern, und deinen Namen preisen, Herr, der du gütig bist. Weil du 
aus grosser Trübsal mich errettet, und über meine Feinde freute sich 
mein Auge (Ps. 63, 6 — 9). — Da wandte sich die Flamme gegen die 
Schergen. — Als diess Eulalia sah, blickte sie zum Himmel, und mit 
stärkerer Stimme rief sie: Herr Jesu Christe, erhöre mein Flehen, und 
vollende deine Barmherzigkeit an mir; und befiehl, dass ich jezt auf- 
genommen werde unter deine Auserwählten in die Ruhe des ewigen 



316 Viertes Buch. Fünftes Kapitel. 

Lebens y damit die Glaubenden an dich es sehen, und deine Macht' lob- 
preisen. Als sie aber ihr Gebet vollendet hatte, wurden alsbald jene 
Fackeln ausgelöscht, die — in Oel getaucht — in grossem Flammen 
aufloderten. Die Diener aber, die sie hielten, wurden selbst versengt, 
und betend fielen sie auf ihr Angesicht — und Set. Eulalia verschied. 
Eine Taube gieng aus ihrem Munde, und flog zum Himmel auf. 

Dacian voll des Zornes befahl, dass der Leichnam am Ejreuze bleibe, 
bis er von den Vögeln des Himmels verzehret würde mit den Gebeinen. 
Und siehe, plözlich fällt Schnee vom Himmel Und bedecket sie. Die 
Wächter stellten sich nun in einiger Entfernung auf, um den Leichnam 
zu bewachen. Da kamen ihre Eltern und Gefährtinnen, und sahen es 
mit grosser Freude, welche weinend sich gar sehr betrübt hatten, 
weil sie nicht wussten, was geschehen war*). — Nach drei Tagen 
nahmen ironune Männer ihren Leib hinweg, da die Richter es nicht 
merkten , indem sie mit Leintüchern und Wohlgerüchen ihn umwickelten. 
— Der heilige Felix aber, der in dem Bekenntnisse mit ihr einmüthig 
gewesen, sprach mit grosser Freude des Herzens zu ihr: Herrin, du 
hast früher die Palme verdient. — Ihm lächelte Eulalia zu. — Auch 
die Uebrigen fiengen an, Gott freudig den Hymnus zu singen: „Die 
Gerechten riefen, und Gott erhörte sie, und aus allen ihren Trübsalen 
hat er sie errettet^ (Ps. 33, 18). Und auf den Ruf der Lobsingenden 
kamen viele aus dem Volk zusammen, und bald begruben sie dieselbe, 
freudig preisend den Herrn, den Vater, und Jesum Christum seinen 
Sohn, und den heiligen Geist, dessen Reich bleibet in Ewigkeit^). 

Von diesen Akten sagt Tillemont, dass sie in einem sehr einfachen 
und vernünftigen Style verfasst seien, obgleich die Anreden zu lange, 
und die Schmähungen zu pikant seien für Originalakten ^). Allein, 
meint Florez ^), Christus habe auch zu seinen Feinden gesagt: Heuchler, 
Schlangenbrut, böses und ehebrecherisches Geschlecht, Söhne des Teufels. 
Von der Eulalia von Merida sage Prudentius ohne Tadel: ^^Inque tyranni 
oeuüLoM Sputa jadt^ (v. 127 in L Eulai,). — „In die Augen des Tyrannen 
schleudert sie den Speichel^ ^), — so scharf sei die Eulalia Ton Barcelona 
doch nicht gewesen. 

Noch giebt es eine zweite Passio der Eulalia, geschrieben um das 
J. 1106 — a Bmallo Orammatica. — Der Gefährte der Eulalia, Felix, 



') Bartntea et socieie ejus cum gaudio magno eucurrerunt^ gut ßentes nimis iribuhbantur, 

quia qvod eveneratf nesdebarU, 
') Florez, 29, ap. 2. — Actos del martyrio de Santa £ulaUa de Barcelona , sacadas 

de un codice gotico del moncuterio de Silos (cf. 29, 290 u. 304). — Acta Sanctorwn, 

Februar, U 2, 577 — 78, 
•) TiUemonty mem. 5, 718, 
*) Ftorea^, 29, 297. 
*) Siibert überseht: »Sondern sie speit ihm ergriniint in's Gesicht.« 



$. 4. VerdbruBg der Ealiftlia in BarceloDa. 317 

konunt auch in der Festmesse des Tages vor — und Ewar in^dem Gebet: 
Post SaneHa: ;, Wahrhaftig heilig, wahrhaft gepriesen ist unser Herr, 
Jesus Christus dein Sohn. Sein Geschenk ist es, dass die Jungfrau 
Eulalia bei den Schlägen nicht zittert: seine Gnade, dass sie unter d^i 
Flammen nicht a*gliihet: seine Gabe, dass sie nach dem Tode ako froh- 
lockt. Denn, indem sie gleichsam die ewige Freude schon in ihrem 
Angesichte trägt, und es noch in ihrer irdischen HüUe offenbarte, welche 
Wonne der Seele sie dort geniesse: da sie den seligen Bekenner Felix 
so aus der ewigen Seligkeit hertiber mittelst des Leibes anlächelte. 
Durch Christus den Herrn und ewigen Erlöser.* Ob dieser Felix der 
Martyr^ von Gerund^ war, oder ein von ihm verschiedener „Bekamer*, 
darüber ist man im Ungewissen. Weder Florez noch A. Lesley getrauen 
sich darüber zu entscheiden; und über Vermuthangen käme man nicht 
hinaus ^), Uebrigens bildeten die ^^Cofifeasarea^^ damals einen besondern 
Stand, einen Chor in der Kirche^). 

In dem von Pius Y. genehmigten neuen Ritus für das Bisthum Bar* 
celona — wird das £nde der Eulalia anders dargestellt; sie wurde ent*' 
hauptet, wie schon Beda berichtet; und ich neige mich zu dieser An* 
sieht, dass dieselbe nach vielen Qualen enthauptet wurde. 



§. 4. Verehnmg der Eulalia in Barcelona. 

Nach dem angeführten flymnus des Quiricus kannte man um 650 
das Grab der Eulalia^). Im J. 870 kannte man die Lage des Grabes 
nicht mehr. Man hatte sie wohl vergessen zur Zeit, als die Mauren in 
Barcelona herrschten (713 — 801). Nach langem Nachsuchen fand Bischof 
Frodoin den Leib der Heih'gen in der Kirche, welche Eulalia del Campo 
hiess, — zwischen der Stadt und dem Meere, welche Kirche heute 
Santa Maria del Mar heisst — 877. Mit grosser Feierlichkeit wurde 
der heilige Leib in die Kathedrale von Barcelona übertragen, welche 
sofort den Namen bekam: ^Kathedrale zum heiligen Kreuz und zu der 
heiligen Eulalia*^*). — Eine der Grabinschriften ihrer Grabkapelle 
lautete: Hier ruhet der Leib der seligen Jungfrau und Martyrin Christi 
Eulalia, Bürgerin von Barcelona, die unter dem Präses Dacian gelitten 
hat am 12. Februar, in dem Jahre des Herrn 287, den der heilige Felix 



*) Florez, 29, 299 — 302 j,del compannero S€m Felix*^, Lesley — Noten m festo S.Eu- 
laUae — Barehinoneneia, ^ 

*) S. die Erklärung^ des Canon 25 von Elvira. 

') An seiner Aechtheit zweifelt F. Arevalo, HerausgeW des Pradentius, ohne 
Grand — zu Brud, perist, S, — Er eignet sieh die Worte des And. Resende in 
dessen Brief an Barth. Quevedo (Eebedius) an: d» Emeriiensi extant et aeta, et 
eacer tue I^'udentiu$, De aüera vidermt eives Bcareinonenaea , et eoleriiue invesii^ent, 

Florez, 29,189. Lorinser, 1, 7a 



318 ¥i«rtei Bush. Pftnftei Kapitel. 

und seine Eltern bej^ben in der Basilika der hiriligen Maria am Meere, 
und von dort ist er übertragen worden an diesen Sis von d^n^ seligen 
Bischöfe Frodoin im J. 878. — Die Kathedrale wurde neugebaut, und 
eingeweiht im J. 1058. Am Ende des dreizehnten Jahrhtmderts ent- 
sprach die Kathedrale nicht mehr der Grösse* und Bedeutung der Stadt, 
in welcher die Könige von Aragonien, und ein so zahlreicher Adel 
wohnte. D«mm wurde im J. 1296 ein Neubau im goduschen Style 
begonnen« Im J. 1329 war der vordere Theil mit d^n Chore vollendet 
Im J« 1338 war die unterirdische Kapelle, oder das Pantheon vollendet, 
worin der Leib der heiligen Eulalia, der ersten Patronin von Barcelona, 
verehrt wird. — Im J. 1339 fand die zweite Erhebung, und die feier- 
liche Niederlegung der Reliquien der Heiligen statt, welche wegen des 
Neubaues von 1329 bis 1339 in der Sakristei deponiit waren. Diese 
Uebertragung geschah unter den grössten Feierlichkeiten, in Oegenwart 
einer grossen M^ige erlauchter Personen aller Stände. Es waren gegen- 
wärtig zwei Könige, drei Königinnen, vier Prinzen, zwei Prinzessinnen, 
ein Kardinal, sieben Bischöfe ^), zwölf infulirte Aebte, neun Magnaten 
von Gatalonien, vierundsechszig Barone und Adelige. An der Kathe- 
drale finden sich noch heute zwei Inschrifiken, von denen die eine lautet: 
In dem Namen unsers Herrn Jesus Christus, zu der Ehre der heiligsten 
Dreieinigkeit, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, der selig- 
sten Jungfrau Maria, und der heiligen Jungfrau Eulalia, der Martyrin 
Christi und Bürgerin von Barcelona , deren Leib an diesem ihrem Wohn- 
size ruhet: wurde der Bau dieser Kirche begonnen am ersten Mai des 
Jahres des Herrn 1298, unter der Regierung des erlauchtesten D. Jacob, 
Königes von Aragonien, Valencia, Sardinien, Corsika, und Grafen von 
Barcelona. — Die andere Inschrift; lautet: Im Namen unsers Herrn 
Jesus Christus, am ersten November im Jahre des Herrn 1329^ unter 
der Regierung des Herrn Alfonso, des Königes von Aragonien, Va- 
lencia, Sardinien, Corsika und Grafen von Barcelona, ist das Werk 
dieser Kirche vollendet worden, zum Lobe Gottes, und der seligsten 
Jungfrau, und der heiligen Eulalia^). 

Die Kapelle der heiligen Eulalia befindet sich unter dem Presby- 
terium. Die Reliquien befinden sich in einer prächtigen üme. Man 



Sieben Bischöfe. Diese Zahl ist nicht gross. Im J. 1058 waren zu der Weihe 
der neuen Kathedrale zwei E^rzbischöfe , und sechs Bischöfe versammelt; Florez, 
29,229. Madoz — Barcelona, 3,520. 
•) Siehe Madoz Lc. — Lorinser, 1,79. — Ziegler, AL, 1,57— 70 flg. — Will- 
komm, Erinnerungen, 3,346. Lorinser führt den Spruch an: 

Esta es Eulalw, la de Barcelona^ ' 
De la rica ciudad la joya riccL, 

Diess ist Eulalia, die von Barcelona, 
Der reichen Stadt die reiche Perle« 



$. 4. Verehrung der Ealalia in Barcelona. 319 

steigt f Ü2ifandzwaii2ig Stufen hinab ; zwanzig ausserhalb y fünf innerhalb 
eines Gitters. Am Orabe der Heiligen brennen viele und grosse Lampen, 
die an der Decke befestigt sind. Die Urne der Reliquie ruht auf acht 
Säulen von Jaspis, und ist mit vielen Reliefs geschmückt, welche die 
Thatsache ihres Martyriums darstellen. — Das Fest der Heiligen wird 
mit einer Octave gefeiert Nach einer Entscheidung der Congregation 
der Riten kann das Fest und die Octave auch gefeiert werden, wenn 
dasselbe in die Fastenzeit fällt. Mit dem Feste sind, nach spanischer 
Sitte, gewisse Volksbelustigungen verbunden. 

Ich habe mich länger aufgehalten bei der Geschichte der heiligen 
Eulalia, weil ich selbst erst durch genauere Studien mich überzeugt 
habe, dass die Zweifel an zwei spanischen Heiligen dieses Namens selbst 
nur auf Mangel an Studien beruhen, — und weil die grosse Verehrung, 
deren die heilige Eulalia stets in Barcelona genoss, mir auch einiger 
Berücksichtigung würdig schien. — Gewisse Umstände haben vielfach 
die Meinung verbreitet, als sei Barcelona eine der Städte Spaniens, wo 
sich weniger katholische Frömmigkeit erhalten. Es hat sich uns, sagt 
der Kardinal Wiseman, eine günstigere Ansicht aus dem gebildet, was 
wir gehört, und was wir gelesen haben. Personen, Fremde, die erst 
dort gewesen, haben uns versichert, sie hätten nirgends anderswo bei 
Prozessionen und öffentlichen Feierlichkeiten mehr Anstand und Fröm- 
migkeit getroffen, als dort ^).^ 



WUeman, Abbandl. a. a. O. 3, 123. 



Sechstes Kapitel. 

Die achtzehn Märtyrer von Saragossa. 

Die (schriftliche) Hauptquelle über dieselbe ist der Hymnus 4 des 
Prudentius über die Siegeskronen. Diesen Hymnus lasse ich — nach 
der Uebersezung Silberts folgen: 

1) Achtzehn hoher Märtyrer Asche hütet 
Unser Volk verehrend in einem Grabe. 
Saragossa heisset die Stadt, der solch ein 

Reichthnm bescheert ward. 

2) Diese "Wohnung voll der erhabenen Engel 
Fürchtet nicht des Erdenballes Einsturz, 
Da so viele Gaben in ihrem Schoosse 

Christo sie darbringt. 

8) Wenn einst Gott, die flammende Rechte schwingend, 
Auf dem Throne feuriger Wolken schwebet. 
Und mit rechter Wage die Völker richtend 
Ewiges Recht spricht. 

4) Von der unermessenen Erde eilen 

Dann die Städte alle, das Haupt erhoben. 
Und in Särgen köstliche Gaben bringend, 
Christo entgegen. 

5) Cyprianus, Lehrer des Heils! es holet 
Dein Gebein aus Afrika dann Carthago; 
Den Acisclus und den Zoellus nebst drei 

Kronen Corduba. 

6) Doch Tarraco, Mutter der Frommen! dreifach 
Ist die perlenkrone geschmückt, die Christo 
Dar du bringen wirst, und die Fructaosus 

Glänzend verknüpfte. 



Die Achtzehn Märtyrer von Saragossa. 321 

7) Eingeflochten ist in dem Perlenbande 
Dieser Name. Feurig zu beiden Seilen 
Blizen zwei verbrüderte Edelsteine 

Aehnlich Strahlen. 

8) Seinen Felix bringet das kleine, aber 
An Gebeinen Heiliger reiche Giron: 
Unser Calagurris erhebt die Beiden, 

Die wir verehren. 

9) Barcelona hebt sich im Schoz des hohen 
Cucofatus; -^ Paulus beschüzt das schöne 
Narbo; dich Genesius tr^t mit Stolz das 

Starke Arelas. 

10) Dem Altare Christi entgegen schwebend 

Beicht die Stadt, die Herrscherin aller Städte , 
Lusitaniens, des verehrten MSgdleins 
Asche zum Opfer. 

11) Freudig bringt Complutum in seinem Schoosse 
Eine Doppelgabe in Doppelurnen! 

Glieder zweier Märtyrer dar: das Blut des 
Jüstus und Pastor. 

12) Tingis führt, was sein ist: den Cassianus, 
Welchen einst massylische Herrscher festlich 
Ehrten; dessen Asche die Heidenvölker 

Christo gewonnen. 

« 

13) Wenig solcher Städte, die Opferpl&nder 
Einst bewahrten, werden mit einem, zweien, 
Oder dreien, höchstens mit fünf der Zeugen 

Christi erscheinen. 

14) Saragossa! welchem der Oelzweig friedlich 

Und mit Ruhm die Scheitel bekränzt, das Christum 
Liebt in treuem Eifer; du führst ihm achtzehn 
Heilige entgegen. 

15) Grösserer Schaaren Märtyrer hast allein du 
Für die Ankunft Christi, des Herrn, bereitet; 
Ueberreich an heiligem Sinn allein wirst 

Lichtvoll du schimmern. 

16) Kaum die reiche, punische Völkermutter, 
Kaum die auf dem Throne erhabene Roma 
Wird an solchen Gkkben dich, unsere Zierde, 

Würdig besiegen. 

17) Fern aus allen Thoren vertrieb das heiFge 
Opferblut — der neidischen Teufel Horden; 
Fern verscheucht es von der gesühnten Stadt das 

Dunkel der Hölle. 

Gama, ipan. Kirehe. 21 



322 Viertes Boch. fieclistet Kapitel. 

18) Keiner Schatten Gr&ael verweilt im Innern; 
Der Dämonen Seacbe entfloh vom Volke; 
Christas wohnt in s&mmtUchen Gassen; aller 

Orten Ist Christas! 

19) Selbst das Land der Martyrerkronen schaute 
Hier dein Blick, von wannen ihr Chor, in hellen 
Schneegewanden adelig strahlend, hoch zum 

Himmel sich aufschwingt. 

20) Deine Palme grünete hier, o Vinzenz! 
Hier allein gebar den Triumph der Clerus, 
Hier ist der Valerier Bischofswobnung 

Infel geschmücket. 

21) Stets wenn grimmig rasten die alten Stürme 
Und erschüttert wurde der bange Erdkreis, 

Traf der Schrecken schaurigster, wüthend zürnend, 
Unsere Kirche. 

22) Ohne Preis der Unsrigen wich aach keiner 
Je der Stürme; heiliges Blut sah jeder; 
Jeder Hagel mehrte der auierwfthlten 

Märtyrer Anzahl. 

23) Gabst, o Vincenz, Märtyrer, welcher ferne 
Sterben sollte, unserm Land nicht früher 
Du des Blutes rosigen Thau, die nahe 

Marter verkündend? 

24) Dieses Pfand') verehret die Stadt, als ruhten 
Eingeschränkt in ihrem Bezirk die Glieder; 
Das Gebein des Märtyrers schaut als Matter 

Dort sie begraben. 

25) Unser ist er, litt er auch fern in einer 
Unbekannten Stadt und gewährt ihr siegreich 
Seines Grabes Glanz, wo Sagunt sieh nah' der 

Küste erhebet. 

26) Unser ist er! Unsere Kampfes - Schule 

Lehrt in hoher Tagenden Kunst den Knaben . 
Mit des Glaubens Oelen gesalbt, den Satan 
Mächtig besiegen. 

27) Unseres Tempels rühmliche achtzehn Palmen 
Waren kund dem Jüngling; des Vaterlandes 
Heilige Lorbeern lehrten ihn bald nach gleicher 

Glorie ringen. 

28) Hier Enkratis, auch deine Glieder, 

Jene Kraft der Tugend, womit dem wilden 

Geist der Welt, gewaltige Jungfrau! seinen 

Schmuck da entrissest 



Die Stola des heil. Vincentias, während seine Gebeine in Valencia mheten. 



Die achtzehn Märtyrer von Saragossa. 823 

29) Keinen noch der Märtyrer ward yerliehen, 
Hier in unserer irdischen Welt zu weilen; 
Du allein, nach eigenem Tode lebend, 

Wandelst hienieden. 

30) Ja du lebst, und kündest der Martern Reihe 
Troz des abgeschnittenen Fleisches Raube 
Neugest&rkt, erzählst du die Pein der Furchen 

Schmerzlicher Wunden. 

31) Wild zerschnitt der Peiniger dir die Seite, 
Blut entquellte deinen zerhackten Gliedern; 
Offen stand den Blicken die Brust, zerschnitten 

unter dem Herzen. 

32) Minder ist der Preis des bestandenen Todes, 
Der, das Gift der wüthenden Schmerzen tilgend. 
Schnelle Rohe giebt den gelösten Gliedern: 

Ruhe des Schlummers. 

33) Lange quält^ der offenen Wunden Schmerz dich; 
Lange wühlten Gluthen dir in den Adern, 

Bis, durch langsam schwindende S&fte dürr, dein 
Mark sich verdünnte. 

34) Doch ob auch das neidische Schwert des Würgers 
Dir den Tod versagte; es krönet dennoch 

Dich als wahre Martyrin, als vollendet 
Siegreich der Lorbeer. 

35) Einen Theil der Leber, dir ausgerissen, 
Sah'n wir, vor den folternden Zangen liegen. 
Ganz besizt der lebende Tod dich; Theile 

Hat der erstorbene. 

36) Diese neue Zierde verlieh zum Rohm 
Christus selber unserm Saragossa, 
Dass sie einer Martyrin Heimath werde. 

Welche noch lebet 

37) Auf, durch achtzehn Märtyrer Hochbeglückte! 
Durch Optatus und der Lupercus Reiche, 
Auf! und singe Preis dem Senat der Hohen, 

Welche dir eignen; 

38) Feiere den Successus, den Martialis, 

In Gesängen schalle der Tod des Urban, 
Julia verkünde das Lied zugleich mit 
Cäcilianas ! 

39) Auch das Rosenblut, das Evotus! deine, 
Primitivus, deine Gefechte färbte; 
Lautet Lob verherrliche deine Siege, 

Held Apodemvs! 

21* 



S24 Viertes Buch. Sechstes Kapitel. 

40) Noch soll Preis vier herrlichen Namen werden, 
Wie das Mass des Verses sich auch versage, 
Sf^turniner nennt sie die alte Sage 

Früherer Zeiten. 

41) Wenig sieht der goldenen Namen Liehe 
Auf den Zwang dar Liedergeseze ; nimmer 
Wird das Loh der Heiligen tadelnswürdig, 

Nimmermehr neu seyn! 

42) Rühmlich ist's der Kunst, die verehrten Namen 
Aufzuführen, welche im Himmelshache 
Christus aufgezeichnet, im Buch zur rechten 

Zeit zu entfalten. 

43) Vor dem Vater ehren und vor dem Sohn 
Wird dann Gottes Ei^el die achtzehn Heiligen, 
Welche Eine Stadt als Beherrscher lenken 

Kraft der Begräbniss. 

44) Ja gerechnet werden zur alten Zahl auch 
Jene Jungfrau, lebend nach Marterproben, 

Und des Vincenz Tod, dem in unserer Stadt einst 
Leben und Ruhm quoll. 

45) Ausser diesen (nicht zu verschweigen) Csjus, 
Du auch Cremenz !; welchen des höchsten Lobes 
Glanz entspross aus Kämpfen, die ihr gestritten, 

Ohne zu bluten. 

46) Gott, den Herrn, bekennend, erhoben Beide 

Sich mit Eifer gegen die Wuth der Mörder, i 

Beide Kämpfer kosteten leicht den Becher 
Linderer Marter. 

47) Unter Jenem ewigen Altar begraben 

Winkt die Purpurschaar der Erlauchten, welche 
Ihre Mutter treulich bewahret, flehend 
UnsVe Verzeihung. 

48) Lasst mit frommen Thränen des Marmors Inschrift 
Uns benezen, wo uns die Hoffnung blühet, 
Einst entlöst zu werden der schweren Banden, 

Welche uns fesseln. 

49) Wirf, erlauchte Stadt! zu der HeiPgen Gräber 
Jezt mit mir dich nieder; zur Auferstehung 
Folgst du dann den Seelen, die mit dem Körper 

Bald sich erheben! 

Die Stadt Cäsaraugusta stand stets in hohem Ruhme wegen ihrer 
glttd^lichen Lage^ wegen ihrer materiellen Güter, und wegen der Zahl 
ihrer Blutzeugen. Isidor nennt sie darum die erste Stadt in Spanien ^). — 



cnpuCMM 



Die achüsehB Märtyrer von Saragossa. 325 

Baronius nennt es eine Metropolis der Märtyrer; andere eine heilige 
Stadt,, andere ein zweites Rom. Frudentius meint , dass in der Zahl 
der Märtyrer ihm nur Carthago und Rom vorangehe. 

Frudentius sagt bestimmt ^ dass die Achtzehn von Saragossa vor 
Vinzenz gelitten, nicht etwa nur einige Tage — [nach Florez-Risco] *) 
— sondern eine längere Zeit, in welcher Dacian verfolgend durch 
Spanien zog, vielleicht vom Juli oder August 304 bis Januar 305. 
Vinzenz erscheint als Nacheiferer der achtzehn Märtyrer, von denen er 
in der Ferne hörte, wie sie andererseits durch sein eifriges Wirken in 
Saragossa auf das Martyrium vorbereitet waren ^). Dacian aber entfernte 
ihn und den Bischof, um sie später zu versuchen und zu martern, wefl 
die Gegenwart des Vinzenz für seine Hoffnungen und Zwecke gefähr- 
lich war. Ebenso heisst es in den Martyrakten des Vincentius: ^Als 
Dacianus bereits glaubte, dieselben (Valerius und Vincentius) seien durch 
die Misshandlungen geschwächt, und dadurch, dass sie so lange Zeit 
von der Gesellschaft der Menschen getrennt waren, — so liess er sie 
aus dem Gefängnisse hervorführen.*' 

Das Fest der achtzehn Märtyrer wird auf den 14., 15. und 16. April 
gesezt. Daniel Fapebroch^) kann sich nicht überzeugen, dass im April 
ihr Martyrium erfolgt sei. Er meint, zuerst sei Ruf&aus, der bei Felix 
von Gerunda angeführt wird, Präses in Spanien gewesen. Da dieser 
allzu mild verfahren, sei Ende des J. 303 Dacian als sein Nachfolger 
gekommen, und dieser habe durch seine Grausamkeit in Saragossa ganz 
Spanien erschrecken wollen. Im Januar 304 hätte dann Vinzenz in 
Valencia gelitten. — Diese Annahme kommt von dem Irrthume des 
Papebroch her, dass die beiden Kaiser schon im Februar 304 abgedankt 
haben. — Risco sezt den Tod der achtzehn Märtyrer auf den April des 
J. 303, das Leiden des Vinzenz in den Januar 304. Dabei kommt er 
mit sich selbst in W^iderspruch. Denn neun Monate -^16- April 303 
bis 22. Januar 304 — sind nicht „einige Tage** — und er übersieht, 
dass das Edict der Kaiser, dass alle Christen getödtet werden sollten^ 
erst — Ende des J. 303 oder Anfangs 304 erlassen war*). 

Man braucht aber nicht den (14 — IB.) April — als Tag des Lei- 
dens der Achtzehn anzunehmen. Denn es ist nirgends angedeutet, dass 



natumy loci amoenitate et deliciis praestantiw civttatibtts Hispaniae cuncHs, eOqus 
iUustritue, florens aanctorum martyrum aepuUwris, Is. Etymol, 15 f 1, 
>) Egp, sag, 30 j 250 — ' algunos duu antes que Vicente, 
>) Noverat templo eelebres in isto ' 

Oeties partas deciesque pabncu: 
Laurtis doctus pairns, eadem 
Laude cucurrit. 
') Acta Sandorum " de sandU 18 martyränte, t 2 AprÜ, p, 406 — 13, 
*} Bi$co — £»p. e. 30, 259, 



326 Viertes ^Baeh. Seehites Kapitel. 

sie an diesen Tagen vollendet worden. Diese konnte auch der Todes- 
tag der Jungfrau Engratias, oder der Tag der feierliehen Beerdigung 
oder Erhebung der Achtzehn seyn, d^en Gebeine an einem und dem* 
selben Ort begraben wurden. 

Unter allen Verehrern der achtzehn Märtyrer ragt der Erzbischof 
Eugen IL von Toledo hervor (646 — 657). Er war Kleriker zu Toledo, 
dann Mönch. Aber er floh von Toledo, begab sich nach Saragossa, 
liess sich an den Oräbern dieser Märtyrer nieder. Er wurde aber im 
J. 645 mit Gewalt — durch den Willen des Königs (Chindaswinth) 
nach Toledo zurückgebracht, und als Erzbischof eingesezt *). Eugen U. 
selbst ist christlicher Dichter. Unter seinen Gedichten findet sich eines 
mit der Unterschrift: „Ueber die Basilika der achtzehn heiligen Märtyrer.^ 
Demnach hatten sie damals in Saragossa eine eigene ihnen geweihete 
Kirche, und wohl auch ein Kloster an dessen Seite, in dem Eugen 
wohnte, j,da er an den Gräbern der Heiligen festhieng,^ d. h. wohnte. 
Das Gedicht lautet: 

IncoUt hoc temphan sat feUx turba piorum, 

Quorum promeruii sort benedicta pohan. 

Hie montes sacros viriutum cubnine celsos, 

üniea ter senos continet uma viros. 

Fumßa coenosi Itguenmt gcmdia mundi, 

Proquo fidt Domrni membra d§derunt neä, 

Bic eiiam compar meritis Eneratia nuartyr 

Sorte sepulcraU dissodata jacet; 

Bidua inexhausium testantvr sancia triun^hum 

PetUa eruore rubens, secta papiUa ßbris, ^ 

Nomina tanctorum si mavis nosse virorum 

Edicet curgim subdiia summa tibi, 

Sed quia amcta simul meirun^ non tusdpit rnnum, 

Aedpe dtoersiä haec variata meiris. 

Quintiiianus adeat, EventiiUy atque Cauianu» 

Felix, LupercMf Januariusgue , 

JuUus, Urbanus, Apodemius, inde Primitivus, 

OptaiuSf I\tbliuSf Caeciliantts 

Hie Sueeeseus inest, hie Matutinus habetur. 

Ecce Faustus, ecce JFVonto, postque MartiaUs, 

Haec tibi turba potens concedat prospera, Lector 

Et veniam praestet haec tü>i turba potens. 

So viele Namen haben wir allerdings bei Prudentius nicht geftinden. 
Januarius, Faustus und Martialis correspondiren den drei gleichnamigen 



') Hdefona de viris iüustr. c. 13: qui sagad ßtga urbem Caesarauguttanam petens, üUe 
martyrum sepulcris inhaesit, ibique studia sapientiae et propositum monadu deeenter u^ 
cohdt; unde principaU violentia reductus eOque in pontiflcatum aseitus, vitam pbu vir- 
iutum meritis quam viribus egiL Seine Werke hat edirt der Kardinal Lorenzana in 
Patnm Toletanorum quotquot exiant opera (u3) — Ul (1782). 



Die aditaehn Märtyrer Yon Saragossa. 327 

Ifartjrem in Cordova. Dies» darf uns aber kein Grund seyn, die 
Namen als Erfindung zu bemchnen. Es ist sogar möglich, dass Pru- 
dentius um das J» 400 alle diese Namen nicht wusste, während sie dem 
Eugen, der siöh jedenfalls eifriger damit beschäftigte, bekannt waren* 
Wir sehen ferner, dass es achtzehn Männer waren, deren Gebeine yon 
einer Urne uipschlossen werden. Wir sehen femer, dass die Engratias, 
ihre Gefährtin, zwar in einem Tempel, in einer Baailika, nicht aber 
in einem Grabe mit ihnen ruhete. An ihrem weiten Kleide konnte man 
noch die Zeichen ihrer Leiden sehen. 

Oajus und Crementius aber waren nur standhafte Bekenner, und 
nicht Märtyrer. Dacian Hess ihnen also das Leben, wie er es dem Bi- 
schof Valerius Hess. 

Unter den fünfzehn Pfarrkirchen von Saragossa ist noch heute die 
der heiligen Engracia. Nach der Kathedrale und der Kirche Pilar dürfte es 
wenigstens historisch die berühmteste Kirche in Saragossa seyn. Die Pfarrei 
der heiligen Engracia *) liegt in der Richtung des schönen neuerbauten 
Thores von Santa Engracia, an welches Thor sich der Salon der Santa 
Engracia, ein schöner Spaziergang vor dem Thore in Form einer grossen 
Rotunde, anschliesst ^). Die Pfarrei und Kirche liegt ausserhalb des 
Thores, und gehört zum Bisthume Huesca. Die Kirche wurde in dem 
Unabhängigkeitskrieg ganz zerstört, ist aber wieder hergestellt worden. 

Zu unterscheiden von dieser nicht unbedeutenden Kirche ist die 
Pfarrei und Kirche de las Santas Masas , oder der unzählbaren Märtyrer. 
Im Süden der Stadt liegt die unterirdische Kirche der „heiligen Massen*'. 
Hier ist begraben S. Engracia, San Lamberto, Lupercus und seine im 
J. 304 (nicht 303), wie die Spanier gewöhnlich annehmen, gemarterten 
Gefährten. Man kennt nicht die Zeit des Baues, aber glaubt, dass es 
die er^te in Saragossa gebaute Kirche nach der del Pilar (?) war, in 
welcher sich der christliche Cult auch zu der Zeit der Mauren erhielt, 
denen Zaragoza erst 1118 entrissen wurde. Sowohl diese Kirche, als 
das diunit verbundene ehemalige Hieronymitenkloster Santa Engracia 
war während der beiden berühmten Belagerungen Saragossa*s durdb die 
Franzosen im J. 1806 und 1809 der Mittelpunkt des Elampfes. — Ein 
merkwürdiger Beweis der — im Vergleiche mit andern Völkern — 
unverwüstlichen Natur des spanisdien Volkes ist es, dass damals zahl- 
reiche Frauen in Saragossa ganz denselben Charakter an den Tag ge- 
legt hab^i, der uns aus dem Martyrium der heiligen Engracia entgegen- 
tritt Der Ausdruck des Prudentius passt auch auf sie: sie waren 



») Madoz, 16, 587. 

*) M. Willkomm, Wanderungen durch die nordöBtlichen und centralen Provinzen 

Spaniens. Reiseerinnerungen aus dem Jahre 18^ — Leipzig 1852, in 2 Bdn. 

2, 4t — Madoz , 16, 579. 



338 Vieri«« Bach. Süolistas Kaf^iteL 

virgines violmtae — gewaltige Jungfrauen — deren es in Spani^ inuner 
viele 9 in andern Ländern nur wenige und yereinzelte. gegeben hat. 

Das Kloster und die Kirche S. Engracia war eines der festesten 
Gebäude von Zaragoza *) , und bot, da es im höchsten Theile der Stadt 
liegt, und diese desshalb beherrscht, den Belagerern — und den Be- 
lagerten — zum Angriff und zur Vertheidigung sich dar. Die Fran- 
zosen sprengten es in die Luft (14. Aug. 18Cß). Von dem ewig denk* 
würdigen Gebäude entgieng nur die untei^ der Kirche befindliche Kata- 
kombe, die sogenannte Kirche der Märtyrer, der Zerstörung. Hier 
finden sich viele Kostbarkeiten, eine Menge Reliquien, und das Haupt 
der heiligen Engracia, umschlossen von einer silbernen, mit Edelsteinen 
verzierten Kapsel, dessgleichen ein Brunnen, welcher der Sage nach aus 
dem Blute der Christen, die Dacian tödten liess, entstanden seyn solP). 

Ln J. 1819 haben die Hieronymiten ,, unterstüzt von der Frömmig- 
keit der Gläubigen , die Kirche wieder aufgebaut. Die Kirche der Mär- 
tyrer ist von mächtigen Lampen erleuchtet. Das Grab der heiligen 
Engracia ist zugleich ein Altar. Seine Vorderseite ist ein Relief vom 
siebenundzwanzig Figuren von Personen, die grossentheils ohne Haupt 
sind. Li der Mitte sieht man ein Weib, die heilige Engracia. Ueber 
dem Altare ragt das Bild der Jungfrau hervor, die von ihren zehn Ge- 
fährtinnen umgeben ist. Ana Eingange in die Kirche zeigt man noch 
die Säule, an der die Heilige gemartert wurde. 

Zu beiden Seiten des grossem Altares befindet sich eine Urne. Die 
eine hat die Inschrift: 

Hie ossOf hie cinerum sanctomm aanguine mcissae 
Martins hoc nostri Lamberti truncus in uma. 

Ueber die Person und die Zeit des Märtyrers Lambert aber ver- 
mögen die Spanier in keiner Weise in das Reine zu kommen. Ich über- 
gehe ihn aus dem Grunde, weil ihn die alte spanische Kirche nicht 
verehrte. Ebensowenig behandle ich die Frage, ob die ,, unzähligen'' 
oder die „Massen*^ der Märtyrer von den achtzehn Märtyrern verschie- 
den seien ^). Das Kloster Santa Engracia ist jedenfalls das älteste in 
Zaragoza. Einige schreiben seine Gründung dem Pai^linus von Nola 
zu, der in Barcelona zum Priester geweiht wurde, und auch hieher 
kam — 392. Jedenfalls blühte das Kloster schon im siebenten Jahr- 
hundert. Daraus gieng hervor Johannes UI., Bischof von Zaragoza 
624 — 630, daraus Eugen IL von Toledo, daraus Braulio von Zaragozai 
630 — 646, Bruder und Nachfolger Johannas HL Er beschüzte und 
hob das Kloster so sehr, dass die Geschichtsschreiber ihn den Stifter 



') So schreiben die Spanier für Saragossa. 
>) WiUkomm l. c. 2, 25- 26. 
•) Florez-Risco, 80, 275 — 295. 



Die achtzehn Märtyrer von Saragossa. 329 

desselben nennen (und yielleicht war er es auch). Das IQoster über- 
dauerte den Sturz der Herrschaft der Westgothen , es wurde von Mönchen 
auch zur Zeit der Herrschaft der Muhamedaner bewohnt; und war ein 
Asyl der unterdrückten Christen. Die Katakomben dienten während 
der neuen Verfolgung ihrem alten Zwecke. In dem Concil von Jacca 
1063 trat Paternus, Bischof von Zaragoza, zugleich erster Abt des meluv 
erwähnten E^osters San Juan de la Penna, das Kloster S. Engracia 
an das Bisthum Huesca ab, eine Schenkung, welche im J. 1121 nach 
der Wiedereroberung Zara^oza's durch die Christen durch päpstliche 
Bulle bestätigt wurde. Bei einer zufälligen Ausgrabung wurden im 
J. 1389 die Leiber der Engracia und des Lupecicus gefunden. König 
Ferdinand der Katholische stellte das Kloster der heiligen Engracia wie- 
der her '), und übergab es den Hieronymiten — 1493, welche im J. 1835, 
bei der Aufhebung aller Klöster in Spanien, vertrieben wurden. 



}) Acta Set April. 2,412. 



n 



SieVentes Kapitel. 

Die Märtyrer Jnstns nnd Pastor von Gomplvtnm. 

Wenn der Präses Dacian von Cäsaraugusta nach Toletum reiste, 
so führte ihn der Weg über Complutum, welches die Mauren Alcala 
de Henares genannt haben. — Hier wurden die beiden Knaben Justus 
und Pastor Märtyrer. Prudentius erwähnt sie in dem Hymnus auf die 
achtzehn Märtyrer von Saragossa. — Der Bischof Asturius von Toledo, 
welcher der ersten im J. 400 zu Toledo gehaltenen Synode anwohnte, 
und dort in. der Reihe der Bischöfe als der eilfte unterzeichnete, hatte 
die Stadt Complutum in seinem Kirchensprengel, in welchen es heute 
noch gehört, und von dem es sechszehn Leguas (nach Ildefons von 
Toledo sechzig Miglien) entfernt ist *). — Er soll eine göttliche Er- 
mahnung erhalten haben, in dem Municip Complutum Märtyrer Gottes 
au&usuchen. Er eilte dahin ; die Erde und die Vergesslichkeit der langen 
Zeit lag auf den Märtyrern ^). Aber Asturius fand die vergessenen Leiber 
des Justus und Pastor wieder. Er weigerte sich, an seinen Siz nach 
Toledo zurückzukehren ; er diente den Heiligen in treuer Liebe und Ver- 
ehrung, und an ihrem Grabe beschloss er sein Leben. „So lange er 
lebte, nahm indess seinen Bischofssiz (in Toledo) kein anderec ein. So 
war er denn, wie die alten Berichte lauten, in Toledo der neunte, und 
in Complutum der erste Bischof,^ welches zu der Zeit der Gothen stets 
eigene Bischöfe hatte. So haben wir denn aus dem J. 400 zwei glaub- 
würdige Zeugen für das Martyrium des Justus und Pastor. 



') Nach dem Itinerar. des Antonin sind es zweiundfünfzig römische Meilen -- 
nach der Aussähe des Wesseling -— 1735, vierundfünfzig Meilen nach der Aus- 
gabe von Parthey und Pinder — Berlin 1848. 

*) Jldefont ToUt. L de viris üluUribus, c. 2.'^ 



Die Märtyrer Justns und Pastor von Complutnm. 331 

Der dritte Zeuge ist die spanische Liturgie, in welcher sie ihr 
Officium und ihre Messe am 6. August haben. -^ Der Festhymnus ist aus 
späterer Zeit, nach einigen von Asturius, nach den andern und wahrschein- 
licher aus dem 7. Jahrhundert. — Er berichtet, dass die beiden Knaben 
Justus und Pastor in der Schule waren. Als sie aber hörten, dass der 
Tyrann in die Stadt komme, so verliessen sie alsbald die Schule, imd 
suchten in die Nähe des Dacian zu kommen, um sich ihm als Christen 
bemerkbar zu machen. Man meldete es dem Dacian. Dacian Hess sie 
festhalten und schlagen. Als sie standhaft blieben, und sich gegenseitig 
ermuthigten, befahl Dacian, dass Beide enthauptet werden sollten. Die 
Schergen führten sie auf den Ort vor der Stadt, welcher Laudabile 
hiess, und sie wurden enthauptet. Dort geschahen Wunder. Teufel 
wurden ausgetrieben, Wunden geheilt-. -^ In der Messe und sonst wer- 
den sie Brüder, zarte Kinder, unbefleckte Knaben genannt *). 

Die Passio oder den Bericht ihres Leidens hat Surius zum 6. August 
mitgetheilt. Er stammt aus einer unbestimmten spätem Zeit. Denn — 
nach demselben — ist Dacian als Verfolger durch die ganze Erde ge- 
zogen. Er kam auch nach Complutum — auf der Durchreise. Die 
beiden Knaben Justus und Pastor eilten aus der Schule herbei. Man 
meldete dem Dacian , dass diese Knaben Kinder christlicher Eltern , und 
dass sie desswegen „zu diesem Schauspiele gekommen seien, dass, wenn 
eine Nachsuchung nach Christen stattfinden sollte, sie von freien Stücken 
sich — darbieten vrürden*'. 

Dacian hörte es, verhörte sie nicht, und liess sie grausam schlagen. 
Denn er fürchtete, wenn er sie verhören würde, sie einige Gegenwär- 
tige ziun Bekenntnisse des Christenthumes veranlassen würden. Auch 
fürchtete er von den Kindern beschämt zu werden. — Die Schergen 
hörten, wie die beiden Knaben sich gegenseitig ermunterten, und mel- 
deten es dem Dacian. Er befahl, dass sie sogleich ferne von der Stadt 
enthauptet würden. Sie wurden geführt „in das lobwürdige Feld«, wo 
nicht einmal eine Gartenmauer war, und starben für Christus. Nach 
der schleunigen Abreise des Dacian giengen die Christen hinaus, und 
begruben die Beiden an der Stätte ihres Leidens. „Zwei Altäre errich- 
teten sie den Beiden in einer Kirche. An dieser Stätte geschahen grosse 
Wunder«).« 

Diese Kirche musste entweder in demselben vierten Jahrhundert 
noch z^allen seyn ^ wenn Asturius den Ort ihres Martyriums entdecken 
musste, oder sie wurde erst von oder nach Asturius erbaut. Nach 



') Florez, 7, 177. Morales, Cortmiea central de Etpanna, l 10 y 9. — if orales, la 
Viday d martino, la Invencion, las Grandezae y Trtmelaeionea de he glmoeoe nmnos 
marUfree (Kinder -Märtyrer) San Jueto ff Paeior, Äkalä 15€8, in 4^, 

*) Flor«, 7, 169-177; 300--805. 



332 Vierte« Bach. Siebentes Kapitel. 

Baillet und TiUemont f) fand ihr Martyrium 304 statt. Ich bin derselben 
Meinung; und e$ ist leicht möglich, dass sie am 6. August 304 vollendet 
wurden, an welchem Tage zur Zeit der Gothen ihr Fest gefeiert^) wurde, 
andere Martyrologien sezen ihr Andenken auf den 25. August ^). 

Paulinus von Nola weilte in Complutum, und begrub dort seinen 
Sohn Celsus, der nur acht Tage gelebt, neben den Gräbern der Mär- 
tyrer — im J. 391 oder 392^). Darum sahen sich die Spanier ge- 
zwungen, anzunehmen, dass Asturius die Gräber der Märtyrer schon 
im J. 388 entdeckt habe. Auch liegt die Annahme nahe, dass Therasia 
(Theresia), die Gemahlin des Paulinus, aus der Stadt Complutum stammte, 
obwohl man nicht übersehen darf, dass Paulinus bei seiner grossen Ver- 
ehrung für die Gräber der Märtyrer auf die Kunde von der Auffindung 
der Märtyrer von Complutum einen Werth darauf gelegt haben kann, 
eine Zeit lang an deren Grabe zu weilen , und seinen Sohn neben ihnen 
zu begraben. Sehr frühe wurden die Reliquien des Justus und Pastor 
gesucht und verehrt. Im J. 630 baute der Bischof Pimenus von Asido 
eine Kirche, in der neben vielen andern — auch Reliquien des Justus 
und Pastor niedergelegt waren*). 

Fast von gleichem Alter ist das Kloster des Justus und Pastor (Com- 
pltdieense oder Bergidensejj welches Fructuosus bei Astorga gründete. — 
Im J. 682 wurde bei Alcaoer-do-Sal (dem alten Salacia) in Portugal 
eine Kirche zu Ehren dieser Märtyrer vollendet®). 

Die PjEsurkirche des heiligen Justus und Pastor in Toledo ist gleich- 



«) Till. 5, 58. 

*) So meint anch Florez und die Bollandisten zum 6. Augrust. 

') Moralet, Ferrera, Florez, auch die Bollandisten — Acta Set. Augusüf t i, 

p, 143 - 155. 
*) Cf. PauHn. poim. 21 — IS in natal. S. Felieu et p, 34: 

Dräns juga Pyrene« adii peregrinos Iberös. 
IlUc me thalamis humana lege jugari 
Pasaus es. — 
Exoptata diu soboleSf nee praestita nobis, 
Gaudere indignis posteritate pial 
Credimus, cistemis iUum tibi, Celse, vireH^^ 
Laetitiae et vitae ludere participem; 
Quem Complutensi mandavimus urbe, propinquis 
Conjunctum tumuH /oedere martifribus 
Üt de vtemo sanctorum sanguine ducat 
Quo nostras iih purget in igne anmcu. 
Siehe A. Buse, Paulin von Nola und seine Zeit, 1856, Bd. 1, S. 151 — 152. 

*) PcuUüa, Bistoria eclesiastica de Espanna , 2, 202. — Caro, AntiguSdades de Seoiäot 
L 3, 24. — MasdeUf Slatoria critiea de Espanna , 9 (1), p. 151^ 

') Hunc denique edifidum Scmctorum nomine cq>tum Justi et Pastoris mar^frum quorum 
constat esse sacratum. Consummatwn est hoc opus era 720 (682 p. Ch.). — Padilla 
l. c. 2f 7. 59. — Besende, aniiquit, Lusitan, l. 4« — Masdsu L c p.J57, 



Die Märtyrer JnBtus und Pastor von Gomplatiim. 333 

fidls sehr alt. Ebenso giebt es Kirchen dieser Heiligen i^ Madrid^ Sa- 
lamanca, Oranada, Sevilla ^ Barcelona n. s. w. Die Kathedrale zu Nar- 
bonne trug seit den ältesten Zeiten den Titel ,, Justus und Pastor', wie 
aus einem Diplome Karl's des Grossen erhellt. Ebenso gross war die 
Zahl der Klöster dieses Namens. 

Nach dem Einfalle der Mauren "wurden die Reliquien des Justus 
und Pastor durch den Einsiedler Urbicius nach Bordeaux gebracht *), 
^durch einen frommen Diebstahl"; derselbe Urbicius brachte sie sodann 
in das Thal Nocita, fünf Leguas nördlich von Huesca. Dort blieben 
sie vom J. c. 800 bis Ende des fünfzehnten Jahrhunderts. Der Erz- 
bischof Carillo von Toledo (1445 — 1482) wandte sich in dieser An- 
gelegenheit an Ferdinand den Katholischen. Dessen Sohn Alphons, 
Erzbischof von Zaragoza (1478 — 1520), bediente sich gleichfalls der 
List, um die heiligen Leiber für Complutum zu erhalten. Er schickte 
zwei Mönche hin, damit sie ^mittelst frommen Diebstahles^ die Reli- 
quien erlangten. Aber ein Cleriker Venticus merkte es , machte Lärm. 
Die Einwohner des Dorfes Nocita holten die Mönche im nächsten Dorfe 
S. Eulalia ein, und waren schon daran, sie über Felsenabhänge hinunter 
zu stürzen. Die von Sancta Eulalia kamen aber bewaffiiet den Armen 
zu Hilfe; und eine Schlacht zwischen diesen und jenen drohte, wenn 
nicht plözlich den Bogen aller Eulalianer die Sehnen stumpf geworden. 
Da wandten sie sich zu Fürbitten für die Mönche, so dass die Nocitaner 
die Mönche ziehen Hessen , aber ihnen die Reliquien wieder abnahmen. 

Schon hatte der Erzbischof Carillo die neue prächtige Collegiat- 
kirche S. Justus und Pastor in Alcala erbaut — 1479. — Der Kardinal 
Ximenes erweiterte sie. Die CoUegiatesi bestanden aus einem Abte, fünf 
Dignitariern und vierzehn Canonikem, welche Doctoren der Theologie 
oder des canonischen Rechtes seyn mussten. Zum ersten Kanzler der 
von ihm gegründeten Universität Alcala ernannte Ximenes den gelehrten 
Petrus Lerma, den er aus Paris berufen, und zum Abte von Set. Justus 
und Pastor gemacht hatte. Zugleich bestimmte er, dass für alle Zeit 
die Kanzlerwürde mit dieser Abtei verbunden seyn sollte^). 

Für die Abteikirche bedurfte er aber der Reliquien der beiden 
Märtyrer. Er ersuchte im J. 1499 den Erzbischof von Zaragoza wieder 
um seine Mitwirkung. Dieser wählte (ich bemerke, dass die Bollan- 
difiten das Weitere ausführlich erzählen,) Leute aus, die im Geschäfte 
des Raubes bewandert waren. Es waren sieben, genannt Linares, und 
hatten im Thale Nocita schon ihr Unwesen getrieben; bei Nacht brachen 



Dagegen Ado zum 6. August: ühi eHam (CcmpluH) in basiUca sui nommtr quieicmit 

Diese Worte iiess Usuard aus. 
*) Hefele, Ximenes, 106— ,7. 



S34 Viertes Bach. Siebentes Kapitel. Die Märtyrer Jastvs und Pastor etc. 

sie in die Kirche des heiligen Urbitius und das Grab ein; sie raubten die 
beiden Leichname nicht ohne grosse Angst Die ReliquieQ kamen nach 
Huesca — November 1499, wo sie blieben. Im J. 1643 wurde ein 
neues Oratorium für deren Aufbewahrung erbaut. — In Alcala selbst 
besass man nichts von den Reliquien; nur das Grab, und den Stein, 
auf dem sie enthauptet worden seien. Das Grab besteht ganz aus Jaspis. 
Philipp n. wandte sich an Papst Pius V. Dieser befahl dem Bischöfe 
von Huesca, einen Theil der Reliquien nach Alcala zu senden. Diess 
geschah im J. 1568. Grosse Feste wurden in Alcala veranstaltet. Auch 
in das Kloster Escurial kamen Reliquien der Heiligen ^). 



') Der Bericht bei Morales in dem oben citirten Werke — über S. Jnttas nnd 
Pastor. 



J 



Achtes Kapitel. 

Die belüge Leoeadia von Toledo. 

1) Der Bericht über ihr Martyrium (im weitem Simie) lautet: In jenen 
Zeiten, als nach der Ankunft des Heilandes im Fleische , und nach der 
V^giessung seines Blutes für unsere Erlösung, seinem Hinabsteigen in 
die Unterwelt, seiner Auferstehung und Himmelfahrt die evangelische 
Lehre allmälig und Schritt für Schritt durch die Lehre der Apostel 
über der ganzen Erde au%eleuchtet hatte, wurde sie spät endlich in 
den Grenzen von Spanien bekannt, und selten war der — Glaube, und 
weil selten, darum gross. — Die Tempel der Heiden aber rauchten an 
jedem Orte durch die gottlose Vergiessung des Blutes der Stiere und 
Bö(^e. Und weil einige Staaten, Städte, Villen und Schlösser yoU^ 
waren von heidnischen Gözen, und in Bildern aus Gold^ Silber und 
jedem Metalle das Bild der Dämonen verehrt wurde,- desswegen konnte 
der aufkeimende Glaube an Christus unter der so grossen Wuth der 
Heiden nur zittern. Die Versammlung^! der Christen aber an den ver- 
borgensten Orten und an geweihten Stätten wurden nur von Wenigen 
und VoUkommnen besucht und gefeiert. 

Je mehr aber die Würde des christlichen Namens wuchs, um so 
mehr nahm ab der verabscheuenswerthe Dienst. So kam es, daas in 
einigen Städten schon die Flamme eines vollendeten Glaubenfi entzündet 
war, so dass nicht mehr bloss die Kirchen in Schlupfwinkeln sich ver- 
bargen, sondern öffentlich, mit Priestern versehen und mächtig waren. 

2) Der Ruf davon durchdrang nicht bloss Italien, sondern auch B jzanz. 
Dieses war der Grund, dass die Kaiser Diocletian und Maximian den 
gottlosesten Präses Dacian, mehr zur Za*störung, als zur Verwaltung 
von Spanien aussendeten. Zuerst nenJich betrat er Gkllien, wie ein 
blutlechzender Wolf. Nachdem er sich ab^ dor^ an dem Blute der 
Märtyrer gesättigt hatte, — griff er Spanien an. Den Felix, den Cu- 
cufat, die Eulalia, und andere, deren Namen zo weitläa% ul nennen 



336 Viertes Bach. Achtes Kapitel. 

wäre, belegte er mit den äussersten Qualen ^ aber er opferte Oott ihre 
unschuldigen Seelen. Aber dann eilte er wie ein grimmiger Löwe nach 
dem glückseligen Saragossa. Wie viele Schmach ^ wie viele Schläge^ 
wie viele Qualen, welches Blutvergiessen er dort angerichtet, darüber 
möge das Wort v^stummen. Denn die Erde selbst, die befeuchtet ist 
mit dem Blute der Märtyrer, wird es aussprechen; darum, weil kein 
Ort sich findet, der nicht in seinem Schoose die einst wieder auflebende, 
und die lebensvollste Asche der Märtyrer bärge. 

3) Dann weiter eilend tritt er in die Stadt Complutum, wo er statt 
des Blutes Milch aus den verstümmelten Leibern vergoss. Zwei Edel- 
steine, anzufügen dem D/adem unsers Königes, und durch die Weihe 
der Unschuld leuchtend wie Gold, den Justus und Pastor, nahm durch 
die Gottlosigkeit des wilden Thieres der barmherzige Herr von der Erde 
zum Himmel empor. 

4) Dann kam Dacian in die Stadt Toledo, und sorgfältig spähend 
suchte er die Glieder der Heiligen auf Hier fand er die gottgeweihte 
heilige Leocadia von edlem Geschlechte, edler noch durch den Beruf, 
den sie sich auserwählte, die in ausharrendem Wachen nicht Tag und 
Nacht abliess vom Gebete. Er befahl, sie vor sein Angesicht zu bringen, 
und redete sie also an: Welche leichtsinnige und eitle Täuschung hat 
dich verblendet, entsprossen aus so herrlichem Gesehlechte, dass du 
den Dienst unserer Götter verlassest, und vorgiebst, dass du ich weiss 
nicht welchem Christus dienest. Aber mit grosser Kühnheit antwortete 
ihm die heilige Leocadia: Dein Zureden bringt mich nicht von meinem 
Entschlüsse für Christus ab, dem ich mich ungetheilt geweihet habe; 
nicht deine trügerischen Worte, nicht die Schmeicheleien über meine 
Abstammung, wodurch du mich zu bereden dich unterfängst, wird mich 
hinwegziehen von der Knechtschaft oder der Yerheissung meines Herrn 
Jesus Christus, der mit seinem kostbarsten Blute uns erlöset, und mit 
grosser Freiheit uns beschenkt hat. 

5) Wüth^nd befiehlt Dacian den Soldaten, die selige Leocadia in 
die engsten Fesseln zu schliessen, indem er mit sich zu Bathe gieng, 
mit welchen Feinen er sie bedrängen sollte. 

6) Darum eilte er nach Elbora (Heibora) und forderte das ganze 
Gericht auf, sorgfältig nach Christen zu forschen, und alle, die sich 
fänden, vor seinen Richterstuhl zu stellen« Und alsbald fanden sie 
einen Jüngling, mit Namen Yinzenz, dessen Verdienst sein Name schon 
ausdrückt, sie ergriffen ihn, und stellten ihn vor sein Angesicht, den 
er mit Sabina und Christeta, seinen Schwestern, in die Stadt Abtda 
verfolgte*), und sie zu würdigen Gaben für Christus opferte. — Ab- 
reisend von Elbora (Abula) tritt er in die Stadt Emerita. Sogleich liess 
er sich ein Tribunal errichten, und viele Heilige, deren Blut er grausam 



In AkuUmmn cMatem protequiM^ 



Die heilige Leocadi* von Toledo. 337 

T6rg08a y sandte €fr au dem HerrB. Unter welchen er die heilige Eulalia 
mit vielen Qualen und vielen Schlägen bedrängte ^ und durch Feuer sie 
dem Herrn weihete* 

7) Und als die Kunde so grausamer Thaten in die Stadt Toledo 
SU der seligen Leocadia gedrungen war^ so knieete sie nieder an dem 
Orte, wo sie eingeschlossen war, und nachdem sie ihr Gebet vollbracht^ 
empfahl und übergab sie Gott ihren Geist'). 

Der vorstehende Bericht hat in den ächten Martyrakten des Buinart 
keinen Plaz gefunden, sowie auch Prudentius der Leocadia nicht er- 
wähnt. Dagegen findet der Verfasser des Aufsazes über Spanien in der 
Zeitschrift von Achterfeldt- Braun darin alle Spuren des Alterthumes 
und der Aechtheit Trozdem muss er wenigstens um ein Jahrhundert, 
und wahrscheinlich bis zum sechsten oder siebenten Jahrhundert zurück- 
versezt werden. — Denn derselbe kennt Byzanz, das heisst, er kennt 
^as vom Abendlandc getrennte Reich des Morgenlandes , welches leztere 
den Spaniern erst unter Justinian I. recht bekannt wurde. Der Bericht 
scheint ferner die viel altern Martyrakten der Eulalia von Merida nicht 
zu kennen, in welchen nicht Dacian, sondern Calpurnian als ihr Richter 
bezeichnet wird. Ferner — statt Merida, hätte der Bericht Valencia, 
und das Martyrium des Vinzenz von Saragossa erwähnen sollen. 

In der Einleitung fällt ein Widerspruch auf. Es gab nur sehr 
wenige Christen in Spanien, und das Christenthum kam spät nach Spanien. 
Dann aber wird es plözlich, man weiss nicht wie, so mächtig, dass 
Diocletian in ^Byzanz^, und Maximian in Italien davon erfahren, und 
den Dacian absenden, um solchem Fortschritte zu wehren. Hier ist die 
Vermehrung des Christenthumes in Spanien verwechselt — mit dessen 
Ausbreitung im ganzen römischen Reiche. 

Jener scheinbare Widerspruch wird sich aber leicht heben, oder er- 
klären lassen, wenn wir beachten, dass der Eingang der Passio der 
heiligen Leocadia nur eine fast wörtliche Copirung des Einganges der 
Passio des heiligen Saturninus, Bischofes von Toulouse in Südfrankreich, 
und Märtyrers, ist. Man wird sich davon leicht durch folgende Ver- 
gleichung überzeugen: 

Pwala 8. Satontaü ep. Trtosni et Haf* Gatfessio et passio Suictae 
tjffis ^1. Bnlnart (p. 177)« LecNsadiae. 

Tempore iUo, quo poH eorpareufh -^ Sal'' In temporibus iUiSy dum 

vatörk Domihi nottri Jesu Christi (xävenhim posf corporeum Salvatoris ad" 

— exortits in tmebrii sol jittHUae — po«<- ventum — evangelica eruditio 

quam »engim et qradoHm in omnem ter^ sensim atque gradatim ApostO" 

ram EvangeUorum sonus exivü^ parique lorum doctrina in omnem ter^ 

progre$du in regienibuM noHri$ Aposto^ ram refuUissety serotandemin 



') Florez, 6,320 — 22. 
QmmBi Bpuu Kizehe, 



22 



338 Viertes Buch. Achtes Kapitel. 

lorum praedicaHo caruseavit; cuni rarae Spaniae fMbu» igmottiU; erat^ 

in aliquibus dvüatUma eecUHae pauea* que rara fUtes; €t ideo magna^ 

rum Chriaianorum [devotione consurge-' quia rara» Delvbra vero gen^ 

rerUß sed nihilominw erebra — geniilium tilium in omni loco saerilega 

nidoribus foetidis in ommbus locis templa effutione sanguinutn j tanr&rum 

fumarent. Mreorwnque fumabant. 

Der üebergang aber von den kleinen Anfängen des Christenthumes 
zu seiner grössten Verbreitung wird plözlich und unvermuthet in dem 
Saze ausgesprochen: Und je mehr die Würde des christliehen Namens 
wuchs , um so mehr nahm der fluchwürdige Wahn ab. — Wann dieser 
schnelle Umschwung erfolgt sei, wird nicht gesagt. Er müsste indess 
in der Zeit von 260 bis 303 erfolgt seyn, weil dieser Umschwung und 
Aufschwung des Christenthumes als Ursache der Verfolgung angegeben 
wird. Der scheinbare Widerspruch löst sich aber dadurch, dass der 
Eingang aus einer andern Passio entlehnt ist, in welche derselbe besser 
passte. 

Die alte spanische Kirche feierte das Fest der heiligen Leocadia 
am 9. Dezember. Aus der Messe ihres Festes möge hier die Präfation 
stehen : 

Inlatio der Messe am Tage der heiligen Leocadia. 

Würdig und gerecht ist es, allmächtiger Vater, dir zur Ehre deiner 
Bekennerin Leocadia Dank zu sagen durch Jesum Christum, deinen 
Sohn unsem Herrn: dessen Glauben weder durch die Verschiedenheit 
des Geschlechtes verändert, noch dessen Tugendkraft entnervt durch 
die Weichlichkeit weiblicher Künste aufgehoben wird. Denn das un- 
besiegbare Haupt der katholischen Kirche hat seinen Gliedern eine solche 
Vermehrung der Tugendkraft geschenkt , dass er nicht bloss Männer als 
Zeugen seines Namens in dem Kampfe zu Siegern durch die Ausdauer 
machte, sondern auch den Frauen die Siegeskrone durch die Geduld 
schenkte. Denn die unversöhnliche Wuth des Henkers nahte den Frauen 
mit ausgesuchten Feinen, aber die männliche Eraft in den Frauen er- 
trug die aufgelegten Qualen. Und sie durfte nicht das Knirschen des 
Peinigers fürchten, welche im ti^ten Grunde 4er Seele die gegen« 
wärtige Hilfe des Erlösers empfand: und weil sie die Hufe- des unbe- 
siegbaren Königs in ihrem Herzen besass, so siegte sie über alle schweren 
Foltern des Leibes. Aber in allem diesem soll Christus der Herr, dein 
eingebomer Sohn, mit endlosem Ruhme verherrlicht werden , welcher 
überall lob würdig, überall wimderbof ist, welcher seine Mutter Maria 
unversehrt vor jeder Befleckung bewa,hrt bat ^) , und seine. Dienerin Leo- 
cadia , die treueste Bekennerin s^es .Namens .| während ihr^ G^t^etes 



') Qttt et Mariam nuUrem inUbatani ah omm com^iifme serva^iL 



Die heilige Leocadia von Toledo. 339 

au%6nbmmen hat und -wie ^ machte ^ dass Maria nach der Qebnrt 
Jungfrau blieb, so machte er, dass Leocadia Siegerin nach ihrem Hin - 
gange war. Ihn sollen prdisen alle Engel und Erzengel , indem sie 
sagen: Heilig etc. — Der Hymnus des Festes ist verfasst von einem 
Dichter in Toledo, vielleicht von Eugen IL, obgleich er unter seinen 
Werken nicht. steht, oder von Ildefons'). Er sagt aus, dass Leocadia 
mit eisem^i Erallen gebunden wurde, damit ihr Glaube unter dem Qe- 
widite der Bande erliege. Er nennt sie „unsere gefeierte Mitbürgerin, 
und die Patronin von Toledo^. — Sie wird Bekennerin und Jungfrau, 
nirgends Martyr genannt. 

Ihr Fest ist ein Fest sex eappantm — während das Fest der Eu* 
lalia von Merida, die an Ruhm und Verdiensten gewiss nicht hinter 
Leocadia zurücksteht, nur ein Fest von neun Lectionen ist, — Ohne 
Zweifel, — ist dieses die Festordnung der Kirche von Toledo, welche 
der Erzbischof von Toledo aus den Akten der dortigen Kirche mit* 
getiieilt hat. Es ist begreiflich und billig, dass man in Toledo selbst 
das Fest der Patronin mit der höchsten kirchlichen Feier begieng, wäh- 
rend das Fest der Eulalia zu Merida selbst als Fest der höchsten kirch- 
lichen Ordnung begangen wurde. Der Unterschied der Feier in Toledo 
will also nicht sagen, dass Leocadia eine viel grössere Heilige, ab Eu- 
lalia gewesen, sondern dass sie als Patronin und als „eivis inelyUif^ eine 
höhere Feier beanspruche. 

In dar Kathedrale zu Toledo befindet sich eine Kapelle der heiligen 
Leocadia. (Toledo wurde im J. 667 Residenz der westgothischen Könige, 
und kam nach 711 an die Mauren, hatte also eine Glanzperiode von 
nur 150 Jahren.) — Der Grundstein der Kathedrale wurde im J. 687 
mit dem Anfemge der Regierung des Königes Reccared gelegt Nach 
verschiedenen Bauten und Umbauten ist sie die grösste gothisehe Kirche 
Spaniens — nächst der von Sevilla. Sie hat eine Länge von 404, eine 
Breite von 204 Fuss mit 5 majestätischen Schiffen, welche von 84 gothi- 
scfaen lYeilem getragen werden. Sie enthält 40 Seitenkapellen , und 
mehr als 50 Altäre« Unter den E^apellen ragt die y,Oap%lla moxardbe^ 
hervor. Sie bildet eine Kirche für sich, und ist durch ein bronzenes 
Gittcrtfaor von der übrigen Kirche geschieden. Sie ist von einer hohen 
Kuppel ttbenpannt In dieser Kapelle wird heute nodi der alte goüiische 
Gottesdienst gehalten^). 

Wir haben von zwei Beisenden aus der neuesten Zeit einen Bericht 
über diesen mozarabischen Gottesdienst, von dem französischen Laien 



*) Aach die Pr&iktion mahnt an Ildefons. 

*) Lorinser, Reiseskizzen, 2, 244 — 48. — Sie ist die pr&chtigste gothisehe Kirche, 
die ich geaehen; 1227 wurde der Grand gelegt Sie ist 414Fa8B lang) 204 
breit Sie hat den schönsten Chor, den es in der Welt gieht 

»2* 



340 Viertes Bnch. Achtes Kapitel. 

Anton de Latour *) , und dem deutschen Priester Franz Lorinser. De La- 
tour wohnte zweimal der mozarabiscben Messe an^ unterstüzt durch ein 
mozarabisches Andachtsbuch (paroi$den). Einmal war auch der Herzog 
Ton Montpensier anwesend, und sonst viele Personen, die dem Ritus 
weniger mit Andacht, als mit Neugierde zu folgen schienen. Ein an- 
deres Mal traf er in der Kapelle nur die fungirenden Priester. Ihm 
fiel nur das Zerlegen der consecrirten Hostie in neun Theile auf. Doch 
macht er eine gute Bemerkung über das Yerhältniss dieses Gottesdienstes 
zu dem der katholischen Kirche. Er fragt: Welches waren die Formen 
des (ältesten) Cultus (der Kirche in Spanien)? — Es waren die des 
den Apojsteln gleichzeitigen Christentbumes. Entwickelt, vervoUstäadigt, 
verbessert zu Bom, blieb er zu Toledo noch lange so, wie er gewesen 
war zu der Zeit, als das Evangelium nach Toledo gebracht wurde. 
Darum heisse dieser Gottesdienst mit Becht die apostolische Messe ^). 

Aufmerksamer hat Fr. Lorinser diesen Gottesdienst verfolgt. Die 
mozarabische Messe findet jeden Morgen um acht Uhr statt. Gleich 
nach dem Staffelgebet wird Wein und Wasser in den Kelch geschüttet 
Epistel und Evangelium ist, wie in dem römischen Bitus; hierauf folgt 
die Oblation mit sehr langen Gebeten. Es ist kein OrcOe fratre». Die 
Wandlung unterscheidet sich nur dadurch, dass der Kelch bedeckt empor- 
gehoben wird. Bald darauf ist eine nochmalige Elevation der heiligen 
Hostie mit einer Hand, wie bei uns am Charfreitage. Während der 
Priester die heilige Hostie über dem Kelch hält, betet er ein sehr langes 
Gebet. Hierauf findet die Partition in neun Theile statt, welche an 
die neun Hauptgeheimnisse in dem Leben Jesu erinnern soll. Die Theile 
werden zuerst alle in Kreuzform auf das Corporale gelegt Dann wird 
ein langes Memento eingele^; dann wird eine Partikel in den Kelch 
gethan, nachdem sie der Priester wieder lange in..der Hand gehalten hat. 
Das Domme tum mm diffnus kommt nicht vor. Dagegen ein langes 
Gebet des Priesters mit einer Partikel 4es. Saeraments in der Hand. 
Hierauf Sumption aller acht Partikeln hinter einander. Die Coaimumon 
des Kelches und die Ablution ist wjle im römischen Bitus» Vor der 
lezten Benediction knieet der Priester eine Zeit lang in der Mitte nie* 
der, dann giebt er den Segen: In unitate spiriim 9aneti ben&dicai vas 
p(xUr et fUuB. — Diese nur still gelesene .Messe dauerte wohl über eine 



Willkomm, Wanderungen — 1852, 2, 305. — ToMe et les bords du Tage^ imhi- 
vellea itudes sur VEapagne par Anioine de Latour — Paris 1861, 

^) Antoine de Latour y l c, cap, 7. La Chapeüe de Citneros, et le rite Jliossarabe, 
p, 157 — 177. »Ich assistirte eine» Tages hinter dem Herzog von Montpensier; 
alle Assistirenden waren Toletaner (7), all« voll Nengierd«.'^ Montpensier und 
Latour wenigstens waren keine Toletaner. "— Ein zweites Mal fand leh nur 
„les, oj(jfidants^, — Der Canonicus Don AntoDl» Mon^scillo sdirieb ein- »petit 
paroissien mozarabe^, . - . i 



Die li0iHg6 Leocadia von Toledo. 341 

f Stande. Während derselben wurde das Officium kut psallirt. — Auch 
diess bemerkte Lorinfier, dass die Uebersezung der heiligen Schrift an 
mehreren Stellen von der Vulgata abweiche. — Gegen das Ende kam 
das Te Deum, das Gloria in exeeUia, imd das Pater noster. Auf jede ein- 
zelne Bitte wurde respondirt. Der Gesang war langsam und würdevoll *). 

Ehe wir zu der Kathedrale und Kapelle der heiligen Leocadia zurück- 
kehren, wollen wir die ihr in Toledo geweihten Kirchen nennen. Die 
erste und die berühmteste ist die Basilika der heiligen Leocadia. Es 
wird erzählt, dass man schon in der Aera 347, das heisst im J. 309 
nach der Erhebung des heiligen Leibes hier, wo Leocadia gestorben 
sei, ein Oratorium ihr zu Ehren gebaut habe. — Der König Sisebut 
baute die Basilika der heiligen Leocadia — aera 650, d. h, 612 — 618^). 
Schon im J. 633 wurde das el^te Concil in derselben gehalten, das 
berühmte vierte Concil von Toledo. Nach diesem noch vierzehn weitere 
Condlien, das lezte im J. 701 *). Es war diess eine General- und Na- 
tionalsynode in der Kirche der heiligen Leocadia a^ 5. Dezember 633. 
Sie wurde von König Sisenand berufen, und 62 Bischöfe waren unter 
dem Vorsize des Isidor von Sevilla, damals des ältesten und angesehen- 
sten Metropoliten, versammelt*). Auf dieser Synode wurde der Be- 
schluss einer neuen Ordnung der spanischen Liturgie gefasst, unter der 
Leitung Isidor's. — Ich glaube aber nicht, dass Isidor vor seinem Tode 
(t 636) damit zu Ende kam. 

Diese Basilika lag ausserhalb des Thores del Cambron. Der Kirche 
war ein Abt mit Canonikern vorgesezt. Die Araber zerstörten diese 
Kirche o^ro 753—715. Der Erzbischof D. Juan (1150—1166) erbaute 
sie wieder und machte sie zur CoUegiatkirche. Sie wurde durch das 
Volk von Toledo 1770 auf das Neue geschmückt. Sie wurde theil weise 
zerstört durch die Heere Napoleons, und in den J. 1816 — 1826 wieder 
hergestellt. Zulezt wurde sie vergrössert und erneuert im J, 1845 unter 
der Leitung des Baumeisters Alvarez. Diese Kirche hat heute den Na- 
men Cristo de la Vega. Doch werden darin die Gräber der heiligen 
Leocadia und des heiligen Udefons gezeigt. Allbekannt ist die anmuthige 
Legende (über deren historischen Hintergrund ich in keine Untersuchung 
eintrete, ja nicht einmal eine bestimmte Ansicht habe), dass die heib'ge 
Leocadia dem Ildefons erschienen , und zu ihm gesagt habe : j,Durch 
dich lebt meine Herrin.^ Diese Worte bezieht man auf das berühmte 



') Lorinser, Reiseskizzen, 2,265. — S. oben S. 102. 

*) Mariana, 6, 8. 

») Lorinser, 2, 225. 

*) Ferreras, Geschichte von Spanien, 2, 367 (der deutschen Uebers.). Hefele, 
CoDciliengesch. 3,72 — 81. Anf der vierten Synode nennen die Bischöfe die 
Leocadia ^heatissima et tancta confeswr*^, auf der fünften „eonfetsor^^ auf der 
sechsten nur f,mr$o\ Hefele, 3, 81. Madoz, 14, 820. 



842 Viertes Bach. Aehtet^ KApital. 

Werk des Odefoiis: „lieber die beatüadige JimgfeiuBctikeit der 8ciligiiteB 
JongfiAtty gegen drei Kezer^).^ Ildefons habe ein Andenken dieser 
Erscheinung für sich behaltoi wollen« Es sei am Feste der heiligen 
Leocadia gewesen , als auch der König Receswinth an ihrem Grabe an- 
wesend war. — Ddefons hielt den heiligen Dienst; da erhob sich d^ 
Stein des Grabmals , den kaum dreissig starke Männer von der Stelle 
zu heben im Stande waren , von selbst; Leocadia trat aus der Grufl; 
heryor, berührte die Hand des Udefons, und sprach: Udenfons, durch 
dich lebt meine H^rin. Darob war das ganze Volk wie athanlos vor 
Furcht y Ddefons überströmte im Preise der Jungfrau Leocadia und 
empÜBthl ihr den Schuz der Stadt und des Reiches. j^Aber begierig, 
eine so wichtige Sache durch ein bestimmtes Zeugniss auf die Nachwelt 
zu berichten, schnitt er mit dem kleinen Schwerte, das der König ans 
der Scheide gezogen hatte, und ihm darbot, einen Theil des Schleiers, 
mit welchem das Haupt der Jungfrau bedeckt war, ab, bevor sidi die- 
selbe in ihr Grab zurückzog. Dieser Theil des Schleiers wird sammt 
dem Schwerte bis zum heutigen Tage in der Kathedrale von Toledo 
aufbewahrt und gezeigt ^),^ So wird die Legende in verschiedenen Va- 
riationen sehr ofl, und von fast allen Reisenden erzählt 

Unter den neununddreissig Kirchen der Stadt Toledo gab es drei 
der heiligen Leocadia geweihte. Die erste die oben* erwähnte, an der 
Stelle, wo sie beigesezt wurde. Die zweite, genannt del Alcazar, yro 
sie litt und starb. Die dritte ist die gegenwärtige Pfarrei der heüigen 
Leocadia, die ihr dedicirt ist. — Die CoUegiatkirche der heiligen Leo- 
cadia, von Alfons dem Weisen gegründet, verbunden mit dem Alcazar, 
wo sie litt, wurde die Grabstätte der Könige Receswinth und ViTamba ^). 
Später kam sie an die Kapuziner. Sie hiess S. Leocadia del Alcazar« 
Die Würde eines Abtes der heiligen Leocadia ist heute eine der Digni- 
täten der Kathedrale. 

Die dritte Kirche ist die Pfarrkirche ihres Namens*). Die ehe- 
maligen sieben mozarabischen Kirchen sind heute auf zwei reducirt, 
Justa und Rufina, und San Marco. — Die vormals zwanzig lateinischen 
Earchen der Stadt sind heute auf neun gesunken. Darunter ist die 
Pfarrkirche S. Leocadia, in dem Hause gegründet, wo die Eltern der- 
selben wohnten« Erhalten ist ein unterirdisches Gewölbe, wo Leocadia 
geboren seyn soll. Sie wurde restaurirt gegen Ende des vorigen Jahr- 
hunderts*). 



') HUdefonsi — de virffinitate perpetua aanctae Mariae adoerws tre$ ti|/{cMM. 

») Martana, 6, 10. — Divi Ilde/onsi vUa, — Cf, Latour y p, 44. 

') Sie wurden 1845 in einen Anbau der Kathedrale transferirt. 

*) Siehe Laioury L c. p. 39 sq, cap, 3. ~ SainU L^aoatüe, sa vU et »a mart, Lei 

troia ^glieee, qui porient 9<m nom, 
») Latour, p. 43. . . 



J 



Die heilige Leocadia Yon Toledo. 343 

'f Kehren ynr zur Kathedrale zurück. Hier werden die Reliquien der 

i heiligen Leocadia aufbewahrt. Die Gebeine der heiligen Leocadia sollen 

jf im Anfange nach der Eroberung von Toledo durch die Mauren nach 

»1 Oviedo, hierauf nach Soissons in Frankreich, später in das Kloster 

i; S. Geslini im Hennegau bei Mons gebracht worden seyn ^). Noch Mo- 

I lanus sagt, die Beliquien befinden sich daselbst; Karl Y., Philipp II. 

i und der Herzog von Alba haben sich vergebliche Mühe gegeben, die- 

ji selben für Toledo zurückzuerhalten. — Latour erzählt, die Reliquien 

i seien zurückgekommen unter König Philipp IL Der König und die 

i: Prinzen trugen sie auf den Schultern — 26. April 1589^). Jedes Ja;hr 

I werde ein Fest an diesem Tage gehalten. Die Reliquien seien zuerst 

i in der ihr geweihten Basilika niedergelegt worden, dann seien sie in 

1 das Sacrarium der Ka&edrale in einer reichen Einfassung gebracht wor- 

I den; die Schlüssel befänden sich in den Händen des Ayuntamiento der 



') Molanus f de Sanctis Betgii, Lovani 1595, 
') Latour, p, 44 — 45, 



Neuntes Kapitel. 

Die Märtyrer Vincentins, Sabina nnd Christeta von Elbm« 

nnd Abiila. 

Von diesen Märtyrern ist keine Passio vorhanden. Sie kommen, 
wie wir hörten, vor in der Passio der heiligen Leocadia, die Haupt- 
quelle für sie ist also die spanische Liturgie» In der Messe plurimonan 
martyrum haben sie aber nicht einmal eine eigene Oration. In dem Bre- 
vier haben sie zum 27. Oktober nur einen sehr kurzen Hymnus, von 
äusserst wenig Inhalt. Es ist möglich, dass demselben die Passio der 
heiligen Leocadia zu Grunde lag, welche — nach Mariana — hinwieder 
ein Werk des Bischofes Braulio von Zaragoza ist. Der Verfasser des 
Hymnus scheint nichts Näheres über das Martyrium gewusst zu haben; 
desswegen hält er sich auf dem Gebiete der Allgemeinheiten. 

Eine interessante Streitfrage hat sich zunächst zwischen dem Je- 
suiten Mariana, und dem Priester ''Resende von Evora über die Frage 
erhoben, ob diese Märtyrer aus der bekannten Stadt Evora in Portugal, 
oder aus der Stadt Talavera (de la Beina), die eine kleine Tagereise 
von Toledo — abwärts den Tajo — liegt, — stammten. Diess ist eine 
der wenigen Fragen, bei welchen sich der Jesuit Mariana bei der stür- 
mischen Eile seiner Geschichte Spaniens einige Augenblicke aufge- 
halten hat. Johann Mariana stammte selbst aus Talavera (geb. daselbst 
1536, t zu Toledo 1623), und kämpfte gleichsam für „Heerd und Altar«, 
indem er diese drei Heilige seiner Vaterstadt zu vindiciren suchte *). Die 
von Mariana angegebenen Gründe sind: Vinzenz floh vor Dacian von 



*) Ticknor (Amerikaner von Boston), Biatoty of Spantah Lüerature, L 3, 143^ — 
deutsch in 2 Bden von Julius, Leipzig 1852 — 2,277. Ticknor lobt ihn un- 
gemein, und nennt seine Geschichte das stolzeste vorhandene Denkmal der Ge- 
schichte Spaniens. 



J 



Die Märtyrer Vincentivs, SaUna und Gliristeta Ton Elbora und Abnla. 345 

Slbora mdk Abnla y wo er al» Märtyrer starb. Seine Sdiwestern VeS 
anlassten diese Flucht , und begleiteten ihn. Nun liegt Blbora, wenn 
es das heutige Talarera ist^ so nahe bei Toledo, dass Daoiaa schnell 
und unmittelbar hieher kommen konnte ^). Es liegt auch nahe geong 
bei Ayila. — Dagegen ist von Toledo nach Evora ein sehr weiter Weg; 
tmd noch weiter ist es Ton Eyora nach Avila. Der Verfasser der Pässio 
der Leocadia musste sich denken, dass sein Elbora swischtti Arila und 
Toledo einer-, zwischen Merida anderseits liege. Denn er erzählt, dass 
Dacian von Abula nach Emerita gekommen sei. Wenn aber Elbom 
das heutige Evora war, so war er schon zweimal nach Emerita gekom* 
men, einmal auf dem Hinweg von Toledo, der nothwendig über Emmta 
führte, dann wieder auf dem Rückwege, auf der Verfolgung des Vin- 
zenz und seiner Schwestern. Bei Ptolemäus beisse der Ort Libora, der 
jezt Talavera heisst; Livius mache Ebura daraus^). Hieraus, sagt Ma- 
riana, entstand Elbora. — Auch Florez giebt zu, dass das heutige Ta- 
lavera im zehnten Jahrhundert Elbora geheissen. Das Chroniken von 
Sampiro sage: Elbora, eine Stadt der Mauren, die jezt vom Volke Ta- 
lavera genannt wird. Ebenso sage der Chronist von Silos über König 
Ordono II.: Nach Elbora, eine Stadt des Königreichs von Toledo, die 
jezt Talavera heisst ^). 

Nicht bloss in Evora, auch in Talavera zeige man das Haus des 
Vincentius. Auf einem Berge zwischen Talavera und Avila stehe eine 
Earche des heiligen Vincentius, die zum Bistbum Avila gehöre. Ja 
man zdge auf dem Wege zwischen beiden Städten eine Höhle, die bei 
dem Volke in hoher Verehrung stehe, weil sich der S^ge nach Vinzenz 
auf seiner Flucht mit seinen Schwestern hier verborgen habe. Darum 
habe man eine Kirche und ein Schloss Namens Set Vincent hieher 
gebaut^). — Morales ist derselben Ansidit. 

Mariana beschreibt auch die Grösse und Schönheit seiner Vaterstadt. 
Sie hat grosse Mauern, acht Ptmeieny zehn Klöster. Die. Umgegend 
ist sehr fruchtbar und reich; diese Stadt — gehörte als Nadelgeld der 
jeweiligen Königin von Spanien, desswegen hiess sie auch „Talavera 
der Königin^ ^). Moriz Willkomm kam im* J. 1850 von Toledo her 
nach Talavera de la Reina. Nach ihm hat die Stadt 8 — 9^000 Ein- 
wohner; eine Steinbrücke von 250 Fuss auf 85 Bögen — Brücke der 
heiligen Katharina über den Tajo , sieben Pfarrkirchen , vierzehn Klöster» 
und ist Residenz eines Generalvicars des Erzbischo£s von Toledo. Die 
Collegiatkirche ist von gothischer Bauart, und enthält drei grosse schöne 



JfOTMfMi, 4, iS-'H, Qtfo loeo mta sä EUwru, Ducript» EXbwra; 
>) Lw. 40,30. 
•) Florez, 14,28. 
Maritmaf 4, e, i3. - 
») Mar. 4,14.. 



816 Tieftet BuA. KeMBlee KapHeL 

Sehifih« Er erirähni der Kirche der Yirgen del Prtdo, eUi6r Ereodcuthe 
mit drei grossen: Schiffen im florentimschen Styl. — TaWera ist reich 
te eigenlhttmllchen Sittai , und ist eine sehr reiche Stadt. Die Frucht- 
baikeit ihres Gebietes wird noch durch das ausserordentlich mflde Klima 
gesteigert. Die Umgegend erzeugt eine grosae Menge von Gktreide, 
Wein, Oel, Feigen^ Mandeln , Gartenfrüchte aller Art , undSeule. Zur 
Zeit der castilianischen Könige war sie das Erbgut der jedesmaligen 
Königin. Die Stadt ist sehr alt^ und soll schon eu der Zeit der Römer 
codstirt haben V* 

Ansprüche Evora's auf die Märtyrer Vinzenz, Sabina und 

Christeta. 

Als Mariana seine These aufstellte , schien er gleichsam einen Ein- 
griff in fremdes Eigenthum , einen frommen Diebstahl zu begehen. Denn 
die erzbischöfliche Stadt Evora betrachtete sich als Mutterstadt dieser 
drei Märtyrer; sie glaubte und glaubt, auf den Besiz derselben ebenso 
gerechten Anspruch zu haben, wie auf ihren Märtyrer Mancius, den 
ich hier eben bloss erwähne, weil er in der altspanischen Liturgie nicht 
genannt wird. In Evora wird das Haus gezeigt, worin Vincentius ge- 
wohnt, und sonst berufl man sich auf die uralte Verehrung desselben 
in dem Bisthume. 

Bevor Mariana mit seiner damals neuen Ansicht in Toledo hervor- 
trat, wandte sich der Licentiat Barthol. de Quevedo, Racionero (Prä- 
bendat) in Toledo, und wie Mariana, „ein Sohn** der Stadt Talavera, 
an den gelehrten Oanonicus Andreas Resende (Resendius) von Evora, 
den Verfasser der geschäzten ;,Lusitanischen Alterthümer*^ ^). Dieser 
erhob sich in einem gelehrten Sendschreiben ^,ad Kehedium^ — „an Que- 
vedo* — gegen die neue Theorie, machte sich lustig über die verschiedenen 
Namen, die sich Talavera beilege (Talavera, Talabriga, Ebura, Elbora, 
Iiibora, Aquas), meint, es sei stets ein unbedeutender, unbeachteter Ort 
gewesen, durch welchen keine Staatsstrasse gegangen, beruft sich auf 
die alte Tradition von Evora, wo man die Stadtgegend und das Haus 
des Vinzenz zeige — was leider fast in Vergess^ckheit gekommen zu 
s^yn scheine, und will alle Zweifel daran, dass Dacian überhaupt nach 
Evora gekommen sei, durch eine von ihm beigebrachte Inschrift nieder- 



') Willkomm , Wanderungen , 2 , 315 — 17. 

') Sie sind abgedruckt bei And. Schott: HUpania iüu9traia,fU 4. Resende ist ge- 
boren 1498, f 157(k — Siehe Bnendi, db mntiqmtmams ESbonu ^ t 4y j». 971-^84, 
Jaeohi Menvetü Va»cone$üi, de Ehotensi mwrticipio Cammentar, p, 98S — 96, -Beson- 
ders : Ändreoi Besendü, pro sanetis Chrüti mar(yrt6tw Vincentio , OUiqxmtim patr^mo, 
Fmc0n<tb, Sabina et Chriateta de Ebarennhua civibuSf et ad quoM^mi ediä req^^nsio 
- p.i(m-'i02i. 



Die Märtyrer Vineendn» diMnA'Qiifl CKriat^U >nm fitbora und AbaU. SI7 

schlagen y nach welcher Danum die Grenartreitigkeiten zwischen Fax 
Augusta — heute Beja, und Ebdra — durch Aufrichtung einer Säule 
geschlichtet habe, welche die Grenzgebiete beider. Städte bezeichnete^). 
Die Spanier nehmen treuher^g und ohne Bedenken diese Denksäule 
und ihre Lisehrifii; als äckit an. (Ich werde aber unten in einenl l)eBOli«' 
dem Kapitel über die Terdächtige Natur dieser Inseiiürifteii handehi«) 
Mariana selbst nimmt die Inschrift ak Beweis an, dMs D»tian Procoimd 
oder Präses von ganz Spani»i gewesen aei^). Auch Floresi stüzt sich 
auf die Inschrift wie auf ein Monument yon festem Gmnde. Er ftihct 
die Inschrift in glänzender Einfassung an, als hätte er sie selbst gesehen^ 
und copirt; aber er gerteht: „Besendio sah es und copirte es^).'^ — : 
Auch Maedeu troz seiner ^^kritischen Geschichte^ hat es ohne Kritik an-» 
genommen, und sagt nicht einmal, wer die Inschrift yerbtirge^). 

Ich frage , wer hat die ^Inschrift nach und neben Eesende gesehen ? 
— Wer hat sie copirt? Warum hat denn Resende diese Inschrift jezt 
erst, d, h. in seinem Briefe an Quevedo gebracht, und nicht in seinen 
jjLusitanischen Alterthümern*^, wo er doch alle Inschriften über Portugal 
bringt? Aber auch — wenn der Stein wirklich vorhanden wäre, müsste 
er noch nicht römischen Ursprunges seyn. Denn man hat in Spanien, 
wie wir aus dem Kapitel über Cäcilius von Elvira wissen, nicht bloss 
Schriften , sondern auch Inschriften fabricirt und unterschoben. 

Ich mache darauf aufinerksam, dass jede Inschrift verdächtig ist, 
welche in ihrer Art, in Beziehung auf Personen und Inhalt, vereinzelt 
dasteht. Nun hat man keine andere Inschrift von Dadan in Spanien, 
als diese allein. — Man hat vor allem unter den ssahlreiehea römosohen 
Inschriften in Spimien, die sich in der Sammlung von Masdeu auf 14Ö0 
belaufen, keine einzige, in. der es sich von Grenzen handelt, oder die 
sich auf Grenzstreitigkeiten und Grenzbestimmungen bezöge. Die em- 
zige Inschrift, welche mit einiger Wahrscheinlichkeit Ideher gezogen 
werden könnte, ist diejenige, welche sich in dem Orte Puai;o de la Pa* 
lomera befinden sollte. — Palomera, das hier gemeint ist, befindet wh 
sechs Leguas von der Bischofisstadt Coria, dem alten Caurium, welches 
tief in liositanien lag. Hier nun soll sich die Inschrift beftmden h^ben: 



<) D. />. N. N. AsUm, Jmpp, C. Äur. Valerio Jwfio DiocUÜano et M, Aur. VaUrio 
EreuiBO Maxmkmo pm fßl »emper Äugg, Ttrmnus üUer Baemu, et Sboren», ourante 
P. DaüoM. V, P. Proteide H, H. N. M. Q. earum dmmtmimo . . 

Herne PaseMM 

Beine Mbweneee, — p, iOlS «p. Reeendkm, 
*) Mmüma, 4, i2. 
*) Florez, 1,248 --49. 
*) MoBdeu, Büiona eritrica de Eepanna, — Colecdtm de lOpidas y ww faflbi nr, 480. 



348 'Viertes Bnek. Keutes KapÜeL 

' Hie . eit . Tarraeo 

Et Non LtmUmia. 

Hie est LutiUmia 

Et Non Tarraeo. 
Hier ist Tarraeo (die Provinz) , und nicht Luaitanien. Hio? ist Lusi- 
tanien, und nicht Tarraeo« Die alten Römer sollten eine so dnfältige 
Inschrift gemacht haben, statt zu sagen: Grenze zinschen d^i beiden 
Provinzen Luaitanien imd Tarraeo. -* Aber dieser Ort, wo die Schrifk 
gestanden haben soll, lag ziemlich tief innerhalb des römischen Luin- 
taniens, welches nördlich vom Tajo tief in das heutige Spanien herein* 
reichte. Der ^^Schmid^ dieser Inschrift hat sein Machwerk viel zu weit 
nach Westen verlegt Der kritische Masdeu hat auch kein Bedenken 
gegen die AechÜieit dieser Inschrift '). Er er»&hlt, dass sich dieselbe 
bei Cebreras und Guisando gefunden habe. Aber diese Orte liegen 
schon wieder in einer andern Gegend, viele Meilen nordöstlich von 
Palomera, so dass Masdeu selbst sich über die geographische Lage näher 
nicht unterrichtet zu haben scheint. — Die erste Hälfte der Inschrift 
hätte nach Osten, die andere nach Westen geschaut. Auch Florez nimmt 
ohne Weiteres diese Inschrift an, die wieder nur die Auctorität eines 
einzigen Schriftstellers ( Venero) für sich hat ^), An einer andern Stelle 
aber zweifelt Florez (?), und er thut wohl daran. Denn eine so läp- 
pische Inschrift kann nicht existirt haben. Hält man es für möglich, 
dass an irgendeiner Stelle, wo heute eine spanische Provinz die andere 
berührte, eine Inschrift stünde, etwa des Inhalts: Hier ist Alteastilien, 
und nicht Neucastilien; hier ist Neucastilien, und nicht Alteastilien ^)? In 
dem berühmten Engpasse von Despennaperros, durch welchen die Strasse 
von Gaatilien nach Andalusien führt, ist auch die Grenze dieser beiden 
Provinzai, und hier findet sich auch eine Pyramide als Grenzsäute Aee 
beiden Provinzen. Auf der nach Oastilien gerichteten Seite befindet 
sich ein Bild Unserer Frau del Sacrario — mit der Inschrift r Als der 
Kardinal Franz Lorenzana Erzbischof von Toledo war — . Auf der 
nach Andalusien gewendeten Seite ist ein anderes Bild, mit ein^ 



*) Florez, 13, 35. 

') Siehe Sirabo, 3, 171. Auch auf der korinthischen Landenge erwähnt man 
eine in früherer Zeit gesezte Sftale, welche die aas dem Pelopönnes vertrie- 
benen Jonier gemeinschaftlich mit den Besizem des Pelo^nnes errichteten, 
indem sie anf die Meg^ris zugewendete Seite schrieben: »Dies« niehl Pelo- 
ponnesus, sondern Jonia,« und auf die andere : »Diess ist Peloponnesus, nicht 
Jooia.« — Abgesehen davon, daas diese Inschrift in keiner Weise beglaubigt 
ist, — scheint mir, dass der Compilator obiger angeblicher Greazefiale zwi- 
schen Tarraeo und Lusitanieo — diese Worte des Strabo ungeschiekt nach- 
geahmt habe. 



Die Märtyrer Vincenthii,' Sabina und Ghntteta toh Elbom md Abala. 949 

Inschrift, die nieht mehr gelesen werden kann^, doeli mit dem Namen des 
(damaligen) Bischofes yon Jae'n ^). — Hält man es für denkbar, dass 
die eine Seite lauten könnte: Hier ist Andalusien, und nieht Casülien; 
die andere aber: Hier ist Gastilien, und nicht Andalusien? — Sodann 
ist hier — eine durch die Natur gesezte Grenae, durch das Gebirge 
der 8. Morena, während die Provinz^i Ludtanien und Tanraconensis 
keine natürlidie Grenzscheide hatten. Alt- und Neucastilien «nd durch 
die Sierra de Guadarrama geschieden. Auf der Höhe der Strasse, die 
über das Gebirge führt, bezeichnet eine lateinische Inschrift nicht etwa 
die Grenzlinie beider Oastilien, sondern ihre durch die Strasse yoUzogene 
neue Verbindung: 

Ferdinand VL der Vater des Vaterlandes hat — - durch lieber* 
Windung der Berge eine Strasse für beide Castilien gebaut «^ 
im J. 1749 *). 
Soldie Denksäulen haben Sinn und Bedeutung. — Sdiliesslich be- 
merke ich, dass, — wäre die läppische Inschrift acht, sie nicht heissen 
müsste: Hie e$t Tarraea^ denn so heisst die Stadt, und nur die Stadt; 
dw Obergerichtsbefzirk heisst auch auf Inschriften immer ConvetUui tarren 
e&nm9U, und die Provinz heisst ebenso ^ oder eiteriar Hiipama. Denn 
obgleich dieser Name unter Augustns offiziell abkam , so wurde er doch 
in Schriften und Inschriften beibehalten, während die beiden andern 
Provinzen auch jezt noch das jenseitige Spanien, oder die jenseitige 
Provinz Bätika und Lusitanien hiessen. Dieses zur Widerlegung' einer 
angeblichen Inschrift, die, v^lre sie acht, allein ein Analogen zu der 
von Resende — Datian zugeschriebenirai Inschrift darbieten würde« Nun 
trägt aber diese leztere Inschrift noch manche andere bedenkliche Frage- 
zeichen auf ihrer Stime. Was ist diess für eine Ausdrucksweise, welche 
Sprache ist es, zu sagen: Heine Pacenses, Heine Eborenses? Die leztern 
Worte machen die ganze Inschrift verdächtig. Denn Niemand braudite 
zu wissen , nach welcher Richtung hin die „Pacenser'^, und nach welcher 
die „Eborenser^^ wohnten. Es handelte sich gar nicht darum, diess zu 
wissen, sondern die Grenze des beiderseitigen Gebietes festzusezen« 
Wahrlich — es sollte ja kein Wegweiser seyn, sondern eine Grenz- 
säule, und dann musste die Inschrift etwa lauten: Terminut inUf Cola^ 
niam Pacem Juliam Auguttam (später hiess sie Pace, und jezt Bi^a) — 
et Mtmicipium (Üb, Jul.) Ebarenee. — Zudem ist es noch zweifelhaft, 



>) Madoz, 7,381. 

*) FenKnandus VL Paier PcOrias 

Viam uirique Ccutellae 
Si^peratis montibus feeU, 
An, SabttU 1749 — repni sui 4, 
Siehe Madoz i. Guadarrama« und Willkomm: Wanderungen, 2. 



850 Viertes Bmtk. Neaotet Kapitel. Die Märtyrer Vioodiitiw, ete. 

ob die Gtibiete beider Städte einander b^ilhrten, da z. B. das Gebiet 
Ton Barapia in der Mitte liegen konnte. 

Angesicbts dieser Ghründe kann ich mich nicht überseugen, dass 
das Elbora des Märtyrers Vinzens und seiner Schwestern das heutige 
Evora sei. -^ Ich gebe ku , dass Evora cur Zeit der Gt)then Elbora ge- 
heissen, aber — • Talarera hatte denselben Namen. — Ich übersehe 
nicht, dass die Angabe der Passio der heiligen Leocadia — Vinzenz 
sei in die ^^Abulenabche Stadt^ geflohen — gegen meine Bevreasführung 
in Bach 2 — Eap. 7 — (Secnndus von Abula) spreche , womach das 
heatige Avila nie Abula vor dem eiiften Jahrhundert geheissen habe. — 
Ich habe aber auch nicht geleugnet, dass Idatius in seinem Ghronikon 
den Kezer Priscillian Bischof von Abula (d. h. AyUa) nenne. Aber 
Idatius sowohl , als der Verfasser der Passio der heiligen Leocadia , nach 
Mariana der Bischof Braulio (um 640), haben sich in dem Namen geirrt 

In Talavera aber fuhr man energisch fort, die Ansprüche dieser 
Stadt auf die erwähnten drei Märtyrer zu yertheidigen. Munnoz führt 
zwölf Schriften über Talavera an. Eine Tom J. 1646 zeigt, dass Tak- 
▼era das alte Elbora der Carpetaner sei. Eine andere handelt von den 
,iAlterthümem des Carpetanischen Elbora^, jezt Talarera. Der erwähnte 
Queyedo Imiterliess auch eine Schrift, um die Identitiit von Elbora und 
Talavera zu zeigen. Frias de Albomoz aus derselben Stadt schrieb 
gegen die erwähnte Abhuidlung des Andreas Resende, und suchte die 
drei Märtyrer seiner Vaterstadt zu yindiziren. Auch Jos6 M. de la Paz 
Rodriguez sclirieb gegen Resende. Endlidi schrieb Jos^ Pedro de Al- 
c4ntara Über die Reliquien der drei Märtyrer yon Ayila. 






Zehntes Kapitel. 

Die Märtyrer in Cordova nnd Astigi. 



§. 1. Die Märtyrer Faustus, Januarius und Martialis von 

Cordova (13. October). 

Die Stadt Cordnba ist, nach Saragossa, — die in dieser Zeit — ah 
Märtyrern reichste Stadt« Sie war die Hauptstadt der Provinz Bätika, 
und die Residenz des Proconsuls der Pro^na *)• — Darum lag auch hier 
für die christliche Gemeinde die Ge&hr am nfiobsten, wie in spätem 
Zeiten diese Stadt als Residens der Harscher der Mauren am meisten 
christliche Märtyrer gehabt hat 

In dieser Verfolgung des Dioeletiän wurde der grosse Bisdiof Ho^ 
sius von Corduba Bekenner des Glaubens. Entweder war er im Ge- 
fängnisse, oder wurde zum Tode verfolgt, oder verbannt 

Die Akt^[i des Faustus und seiner zwtei G«fUirtea. hat Sari« zwak 
18. October mitgetheilt '). Tamayo hat sie in seiner Weise aösgeschmfi^t 
Ruinart hat sie aus vier Handschriften her^osgegeben. Er sagt, 4as* 
die Zeit ihres Leidens ganz unbekannt sei. jpa man von einer andern 
Verfolgung in Spanien nichts weiss, weldie Laien getroffen, da. in den 
Akt^[i von mehreren R^enten die Rede ist, so muss man ihren T<»d 
in die Verfolgung des Dioeletiän sezen. Die Akten lauten also: 



') Ein Propr&tor mit dem Titel Pi^consul reddHte in Qojrduba, welcher einen 
kgatm und einen quaestor unter sich hatte. In Merida reaidirte ein legaiuß ilu- 
gu9tif der unter sich einen UgcUu$ und einen Procurator hatte. In Tarraco war 
ein consularischer UgatM Auguaü, und hatte drei Legaten unter sich. — l^ehe 
Becker. Marquardt, Römische Alterthtlmer , 3, (I), — S. 80—86. 

*) Auk dem l 5 des Manikä^u»^ Sicukg de r#^ Bupmiä^t 



352 Viertel Buch. Zehntes Kapitel. 

Als der Präses Eugenius nach Corduba gekommen war^ — und 
ab er den Christen be&hl, sie sollten seine Götter anbeten , so kamen 
ihm Faustusy Januarius und Martialis entgegen, und sagten: Was willst 
du denn, Eugenius? der du die ELnechte Gottes lieber beneidest, als 
ihnen glauben magst? Vom Zorn ergriffen sprach Eu^nius: O ihr 
unseligen Menschen, was wollt ihr seyn? Faustus antwortete: Wir 
sind Christen, wir bekennen Christus, welcher der einzige Herr ist, 
durch den alles, und durch den auch wir erschaffen sind. Eugenius 
sprach: Woher kommt euch diese verzweifelte Verbindung? Faustus 
antwortete: Verzweiflung ist nicht in uns, sondern nur in dir allein, 
der, du uns vergebens antreibest, Christum zu verleugnen. Als Faustus 
diess gesagt, so sprach der Präses noch erzürnter: Spannet den Faustus 
in die Folter, der mir so* unehrerbietig geantwortet hat. 

Dann sprach Januarius zu Faustus: Du Theuerster, du duldest dieses 
für uns, der du an der Schuld unserer Sünden Theil haben wolltest. 
Ihm antwortete Faustus: Unsere Verbindung blieb immer auf Erden, 
und ewig wird sie im Himmel bleibend Als Eugenius diess gehört, ver- 
wunderte er sich, und sprach: Was führt ihr nun für eine Rede mit 
einander, die ihr mir so gottlos antworten wolltet? Januarius sprach: 
Wu* bekennen Christum, und sind fern von aller Gottlosigkeit Dann 
sprach Eugenius zu Martialis: Siehst du ihren Wahnsinn, die dich in 
ihre Gesellsohafik gezogen haben ? Wolle dich nicht diesen Bethörungen 
und diesen Gottlosen anvertrauen* Ihm antwortete Martialis: Gott allein 
ist unsterblich, welcher Himmel und Erde gemacht hat. Er selbst wird 
difih für deine Uebelthaten bestrafen. Als Eugenius diess hörte, sagte 
er: auoh dieser werde auf die Folter geiq>annt Als Martialis sah, dass 
diess geschehe, sprach er: selige Unverg^glichkeit der Glorie Christi, 
in der er uns, Bruder Faustus, mit dir zu verbinden sich würdigt 

Dann sprach Eugenius. zu seinen Trabanten: Foltert sie, bis sie 
unsere Götter anbeten. Faustus aber sprach, indem er gepeinigt wmrde: 
Schwer ist esdir, und deinem Vater, welcher der Teufel ifiit, uns von 
unsern väterlichen Gesezen — zu deiner Vergänglichkeit zu bringen. 
Eugenius sagte: Die heiligsten Kaiser haben befohlen, dass ihr die 
Gteüer anbetet Faustus sprach: Es ist ein Gi>tt, von dem alles ist, und 
durch den wir sind. Denn ihr habt keine andern Götter, als euem 
Vater ^ welcher Satan genannt wird. Eugwins sprach: Jezt will ich 
dich peinigen. Man schneide ihm die Nase und die Ohren ab, reisse 
ihm die Augenbrauen und die Zähne des obem Mundes aus. Als diess 
geschehen, sagte Faustus Gott Dank, und wurde noch heiterer. Euge- 
nius sprach zu Januarius: Sidist du, Januarius, wd<^e Qualen Faustus 
erduldet hat, weil er, irre geführt durch seinen Wahn, hartnäckig sich 
weigert, meinem Befehle zu gehorchen? Aber Januarius sprach: Diese 
Gottlosigkeit und Hartnäckigkeit des Faustus möge mir bleiben, und 
das Band der Liebe mit ihm möge nicht zerbrochen werden. Auf 



S« 1. Die Märtyrer Faufitus, JaBnarins n. Martialis ▼. Cordova (13* Octbr.). 353 

Worte erwiderte Eugenius: Auch von diesem möge hinweggenommen 
werden y was ich befohlen habe. Und während Januarius gemartert 
wurde ; sprach Eugenius der Ptäses zu Martialis: Siehst du Martialis^ 
welche Uebel deinen Gefährten wegen ihres Wahnsinnes widerfahren? 
Du aber meine es gut mit dir, und trenne dich von ihrer bösen Ge- 
sellschaft, und ihrem üblen Willen. Martialis sprach: Mein Trost ist 
Christus, welchen diese freudig und frohlockend mit lauter Stimme be- 
kennen, und darum sei bekannt und gelobt Gott der Vater, und der 
Sohn und der heilige Geist. 

Von grösserer Wuth entbrannt liess Eugenius sie hierauf in mäch- 
tigem Feuer verbrennen*). Und als sie zum Orte ihres Leidens ge- 
führt waren, so begannen sie also einmüthig das Volk Christi anzu- 
reden, sprechend: Ihr meine Theuersten und Gläubige Christi, glaubet 
nicht diesem Feinde und dem Teufel, dessen Zeit jezt ist; sondern er- 
kennet an , dass ihr nach dem Gleichnisse und dem Bilde Gottes er- 
schaffen seid. Ihn also betet an, und ihn lobpreiset, welcher der Urheber 
des Alls ist. Nicht, wie Jene sagen, betet an die Werke ihrer Hände; 
denn Holz und Stein, Gold und Silber sind die Werke der Menschen- 
hände. Ihr also verachtet diese Unbild , und bekennet Jesum Christum, 
und bringet Gott allein ohne Unterlass täglich Lob. — Und als die 
Lictoren sie führten, durch deren Hände sie gemartert worden, — ' so 
trieben dieselben sie in das Feuer, mit einander wurden sie den Flam- 
men tibergeben, und übergaben lobpreisend Gott ihren Geist. 

Zum Torbilde für uns ist dieses, dass ihr, die ihr es leset, männ- 
lich zum Leiden eueren Geist bereitet, dass ihr das Leiden unsers Herrn 
Jesu Christi und den Tod dieser euch vor Augen stellet, damit der 
Name des Herrn gebenedeiet sei in Ewigkeit. Amen. 

Diese Martyrakten tragen das Gepi^e der Aechtheit und Ursprüng- 
lichkeit an sich. Sie sind einfach und erbauend. Ich möchte vermuthen, 
dass der Bischof Hosius von Cordova ihr Verfasser sei. Denn an dem 
Schlüsse tritt der Verfasser mit der Auctorität eines Lehrers und Mahners 
auf, indem er seine Leser zu gleicher Standhaftigkeit hinweist. Auch 
weisen die Worte: „die ihr dieses leset, sollet eueren Geist entschlossen 
zu dem Leiden vorbereiten*^, auf die Zeit einer noch bestehenden Ver- 
folgung hin. Wenn der Todestag der »drei Kronen*^ von Corduba, wie 
Prudentius imsere drei Märtyrer treffend nennt, auf den 13. October 
fiel, so yvax es wohl der 13. October 304. Denn in dem Jahre 303 
hatte die Verfolgung zunächst nur die Kirchenvorsteher betroffen, und 
im October 305 hatte dieselbe aufgehört. 

Die ruhige, gemessene und doch entschiedene Sprache der drei 
Märtyrer föUt wohlthuend auf. Hier ist alles Stärke, alles Freudigkeit, 



') Legitimus ignis ist ein Provinzialistnug , und hcissi ein rechlschafienes, also ein 
starkes Feuer. 

Garns I span« Kirche. 23 



854 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. 

alles Glaubenskraft, alles Liebe. — Es ist der ruhige und feste Geist 
des Hosius, der aus der Sprache und der Haltung dieser drei Märtyrer 
spricht Und wie sollte diese mächtige Persönlichkeit, vor der sich bald 
Constantin der Grosse beugte, und um den sich bald die Bischöfe des 
christlichen Erdkreises schaarten, — nicht die Auserwählten der ihm 
anvertrauten Gemeinde zu Cordova — an sich gezogen, und ihnen das 
Gepräge seines eigenen Geistes aufgedrückt haben? Sie gehen der Ver- 
folgung muthig entgegen; sie selbst reden den Richter an. Aber nach- 
her enthalten sie sich aller herausfordernden Worte. Sie sind entschlossen, 
zu leiden und zu sterben für ihren Herrn, wissend, dass er ihnen, den 
in unauflöslicher Liebe Verbundenen, ;,drei Kronen^ im ewigen Leben 
geben werde. 

In den Martyrologien stehet das Andenken der ;,drei Kronen*^ von 
Corduba am 28. September, So im „römischen Kleinen*^ des Ado, bei 
Ado selbst , welchem nach seinem Auszuge die obigen Martyrakten vor- 
lagen ; bei üsuard stehen sie mit den nemlichen Worten am 13. October. 
In dem mozarabischen Missale steht ihre Messe am 28. September, in 
dem mozarabischen Breviarium dagegen ihr Officium am 19. October. 
In dem Mart. des Hieronymus und Baronii^ stehen ihre Namen am 
13. October. 

In einer der Orationen heissen die Märtyrer zuverlässige Ejrieger 
Gottes, und treue Freunde. Es wird angedeutet, dass sie das Martyrium 
suchten. — In der Inlatio heisst es, dass Gott immer die ungleiche 
Zahl (die Dreizähl) liebe ; dass er auf dem Felde des ruhmreichen Kampfes 
heute drei Fahnenträger gekrönt, dass Keiner derselben von dem Glauben 
abgefallen, sondern dass Martialis that, was er den Januarius thun sah, 
dass Januarius dem Faustus folgte, der gen Himmel wandelte. — Der 
Hymnus des Officiums stüzt sich ganz auf die Martyrakten. 

Tillemont giebt zu, dass die Akten das Gepräge der Aechtheit an 
sich tragen, und vor Constantin geschrieben zu seyn scheinen. Er 
tadelt es aber^ dass die drei Märtyrer sich selbst dem Richter darge- 
boten haben ^). — Uebrigens ist die stete Zurückhaltung, das bestän- 
dige Schwanken zwischen Bejahen und Verneinen bei Tillemont unan- 
genehm genug. — ^ Die spätem Spanier haben dem Centurio Marcellus 
zwölf Söhne angedichtet, welche sammt und sonders Märtyrer gewor- 
den, und zu deren Zahl die ^drei Kronen '^ von Corduba gehörten^).— 
Nach dem Wortlaute der Akten waren die drei nicht Brüder, sondern 
Freunde. Florez meint, weil Prudentius die drei nach Zoilus und 
Acisclus nenne, so seien sie die lezten Opfer der Verfolgung gewesen, 
was zu gesucht ist. Die Worte des Eugenius : „die geheiligsten E^aiser^ 
weisen, meint er mit Recht, auf Diocletian imd Maximian hin. Er 



*) Tiü. ireÄ». 5, 796 — ce qui est contre la regle ordinaire de la ii^cyplme, — 5, 652 — 53, 
') MoraleSf Coronica general de Espanna, L 10, cap^ 24* 



$. 1. Die Märtyrer Faustas, Januarius u. Martialis v. Gordova (13. Octbr.). 355 

entscheidet sich für den 28. September als den Tag des Todes, weil 
das mozarabische Messbuch, die alten Breviere von Toledo, Sevilla, 
Avila, diesen Tag annehmen, endlich „das Martyrolog des Rosweyd 
(oder das römische Parvum)^ welches man in den Angelegenheiten des 
Abendlandes den Martyrologien genannt Hieronymiana nicht nach- 
sezen darf 

Die drei Heiligen hatten eine alte Kirche in Cordova , die auch zur 
Zeit der Mauren fortbestand ; ja nach Morales war sie in jener Zeit sogar 
die Kathedrale. — Eulogius von Corduba , — schreibt um das J. 850: 
Der Priester Gumesindus von Toledo kam noch als Boiabe mit seinen 
Eltern nach Corduba, und seine Eltern machten in der „Basilika der 
drei Heiligen, in welcher Faustus, Januarius und Martialis ruhen, indem 
die Asche ihrer Körper gegenwärtig ist*', das Gelübde , ihn dem Priester- 
thiime zu weihen. Er wuchs heran, und wurde Priester v^ einer Ge- 
meinde der Umgegend von Corduba. Dann begab er sich mit dem 
Mönche Servus Dei in die Stadt , welcher in dem erwähnten Heiligthum 
noch als Jüngling mit dem Presbyter Paulus als Rechise lebte, beide 
traten vor die Richter, bekannten sich als Christen, und vnirden ge- 
tödtet den — 15. Jan. 846 *). 

Am Ende des zehnten Jahrhunderts wird dieselbe Kirche wieder 
erwähnt in den Annalen von Compostella. Dort heisst es von dem 
Grafen Garci Fetnandez: er wurde nach Cordova geführt, und bei den 
drei Heiligen begraben ^). Nach Morales wurde diese Kirche durch Fer- 
dinand den Heiligen dem Apostel Petrus geweiht, weil er an dem Feste 
desselben einen Sieg erfochten^). 

In dieser Kirche des heiligen Petrus fand man den 21. November 
1575 die Reliquien vieler Heiligen, Nach der Inschrift fanden sich hier 
Reliquien dieser drei, ferner des Zoilus und Acisclus. Florez glaubt, 
die Reliquien seien 1124 verborgen worden, zur Zeit der lezten Christen- 
verfolgung durch die Mauren, welche die Christen, wenn sie nicht ab- 
fallen wollten, nach Afrika brachten. — Der Bischof Bernhard de Fres- 
neda liess die gefundenen Reliquien mit Einwilligung des Papstes Gre- 
gor Xin, erheben. Auch ein zu Toledo 1582 gehaltenes Concil be- 
stätigte den Cult dieser, Reliquien*). 



^) Eulogius memorxalis Sanctor, 2, 9, Ihr Andenken »tehl in dem Mart. des Baro- 

nius am 13. Januar. 
^) Ductus ad Cardohcan, et sepultus in Sanctoe tres. 
>) Mar. 17 j 6, Madoz, Cordoba, 6, 634, '^ 

*) Morales, 17, 4; M. Roa, Flos Sanctorum oder Santos naturales de Cordova etc, — 

Sevilla 1615. — Cf. über diese drei Heiligen: Florez, 10, 328 — 341. 



23 



356 Viertel Buch. Zehntes Kapitel. 



§. 2. Die Märtyrer Acisclus und Victoria (17- November). 

Ihre Akten sind nicht ächt^ und aus späterer Zeit Als erste QueDe 
ihres Martyriums muss darum die mozarabische Liturgie betrachtet werden. 
Der Präses Dion kam in die Stadt Cordova^ und begann eine Christen- 
verfolgung. Hier lebten Acisclus und Victoria in der Furcht Gottes 
von frühester Jugend. Einer vom Gerichte ^ Namens Urban^), meldete 
es dem Präses ^ dass diese die Götter verachten. Vor ihn gef ührt, sprach 
Acisclus: Wir dienen unserm Herrn Jesus Christus, nicht den Teufeln, 
und unsaubem Steinen. Der Präses liess beide zunächst in das Gefäng- 
niss werfen. Hier kamen vier Engel zu ihnen ^ die ihnen das „Mahl 
des Heües^ brachten^). Wieder wurden sie vorgeführt , und die Akten 
lassen den Acisclus eine schmuckreicbe Rede halten y worin er die Gözen 
imd die Heiligen einander entgegenstellt. Sie wurden gepeinigt und 
wieder eingeschlossen. Am nächsten Tag wurden sie an ein grosses 
Feuer geführt; sie machten das Zeichen des Kreuzes , und lobten Gott 
in den Flammen. Engel traten zu ihnen , und lobten Gott mit ihnen 
so laut; dass es beinahe das ganze Volk hörte. Unverlezt wurden sie 
aus dem Feuer geführt, und der Präses schrieb dieses den Künsten 
ihrer Magie zu. Victoria aber schilt ihn einen unreinen Geist , einen 
Henker, einen Wurm. Der Präses befahl, man solle grosse Steine an 
den Hals der Geschwister binden , und sie in den Fluss werfen. Es ge- 
schah; aber schon waren die Engel wieder da, und sie wandelten auf 
den Wassern des Flusses, und priesen Gott Und es kam eine Stimme 
vom Hinmxel über sie; und eine lichte Wolke schwebte über ihnen, 
und sie sahen in ihr Christum mit seinen Engeln. — Sie kehrten frei- 
willig wieder in ihr Gefängniss zurück, das die Engel ihnen au&chlossen. 
Da liess der Präses sie auf Räder binden, und darunter Feuer anzün- 
den, mit Oel vermischt. Die Räder aber wurden umgedreht (von wem?). 
Sie beteten, dass Gott das Feuer lösche. Da frass das Feuer um sich, 
und verzehrte von den Gözendienem eintausend — fünfhundert — vierzig 
— Männer. Die Märtyrer aber ruhten auf den Rädern wie auf sanften 
Betten, und Engel standen bei ihnen. Da liess Dio sie hinwegnehmen 
von den Rädern, und schalt sie Zauberer, und befahl ihnen, zu opfaii. 
Er liess die Brüste der Victoria wegschneiden, und statt des Blutes floss 
Milch hervor. 

Wieder liess Dio sie in das Gefängniss führen, und alle Matronen 
kamen zu ihr, brachten ihr Vieles von ;,ihren Gütern'^, und fielen ihr 
zu Füssen. Sie redete zu ihnen von den Geheimnissen des Glaubens, 
so dass Sieben derselben an Christum glaui)ten. Am nächsten Tage 



') Quidam ex officio ^ nomine Urbanus. 
*) Prcandium aalutie. 



S- 2. Die Märtyrer Acisclus and Victoria (17. November). 357 

geBchahen neue Wunder. JSine Stimme erscholl vom Himmel, und viele 
Worte hörte man. Dion befahl , der Victoria die Zunge auszuschneiden. 
Es geschah y und sie selbst nahm den abgetrennten Theil ihrer Zunge, 
warf sie dem Dipn in's Gesicht, traf sein Auge, so dass es erblindete, 
und rief mit lauter Stimme dem Dion so scharfe Worte zu, dass man 
sie fast nur in Andalusien ohne Anstoss hören kann. Da liess sie Dion 
mit Pfeilen tödten. Den Acisdus aber liess er im Amphitheater ent- 
haupten. Eine Christin Minitiana begrub den Leib des Acisclus in ihrem 
Hause, den der Victoria an dem Flusse. An den Gräbern aber ge- 
schahen viele i Wunder *). 

Gross ist der Unterschied — zvnschen der ungeschminkten Passio 
der „drei Kronen'^ von Oorduba, und diesem geschminkten, und mit 
unerhörten Wundem ausgeschmückten Berichte. Da aber Acisclus und 
Victoria am 17. November ein eigenes Fest in der gothischen Liturgie 
haben, so müssen wir sie, und zwar zunächst den Acisclus, als Mär- 
tyrer anerkennen. Der Hymnus des OfQciums ist sehr allgemein ge- 
halten. In den Capitula werden Acisclus und Victoria Heilige genannt. 
In einelr Oration heissen sie Heilige und ruhmreiche Märtyrer. „Ihre 
Gebeine, welche Kräfte der Seelen sind, grünen wie frische Pflanzen 
wieder auf.*' Diess bezieht sich wohl auf den Bericht des Ado und 
Usuard, dass an ihrem Feste am 17. October an ihrem Grabe blühende 
Rosen sich finden. In einer andern Oration wird angerufen: der „hei- 
lige Acisclus, und seine Gefährten^. Hier schon siebet man, dass die 
Victoria bedeutend hinter den Acisclus zurückgesezt wird. In dem gothi- 
schen Kirchenkalender, welcher der Ausgabe des Lorenzana voransteht 
— heisst es zwar: der Märtyrer Acisclus und Victoria, Fest von neun 
Lectionen; ebenso in dem der Ausgabe des Missale von AI. Lesley vor- 
anstehenden Calendarium. ' 

Die Festmesse selbst aber kennt und erwähnt nur „die grosse Feier- 
lichkeit deß seligsten Acisdus^. Er wird mit hohem Lobe gerühmt. Er 
hat die Schläge seines Leidens standhaft ertragen. — In der Inlation 
heisst es: Christus hat „seinem heiligen Acisclus eine doppelte Krone 
gegeben'^. Acisclus hat „Verbannungen erduldet, hat Schmähungen hin- 
genommen'^; er ist enthauptet worden. — Das römische Parvutn des 
Ado nennt die beiden Märtyrer nicht; das des Hieronymus sagt zum 
18. November: In Spanien, in der Stadt Corduba — das Andenken der 
Martyrin Asdda (Asciclae martyris). Ado sagt zum 17. November: An 
demselben Tage zu Corduba in Spanien , die Passio der Märtyrer Acisclus 
und Victoria: wo zur Empfehlung ihres kostbaren Todes an demselben 
Tage — durch die Kraft Gottes blühende Rosen gesammelt werden. 
Wörtlich so heisst es bei üsuard. — Bei Beda heisst es nur: In Cor- 
duba das Fest der Martyftr Acisclus und Victoria. Bei Bhabanus Maurus 



>) Florez» 10, Append. 3, p. 495—502. 



358 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. 

kommen sie nicht vor. Baronius hat aber die Beiden in das römische 
Martyrologium mit den Worten aufgenommen: Zu Corduba der heilige 
Märtyrer Acisclus und Victoria, Geschwister, welche in derselben Ver- 
folgung (des Diocletian) auf den Befehl des Präses Dion auf das grau- 
samste gemartert, von dem Herrn durch ihr ruhmreiches Leiden die 
Kronen (des Sieges) erwarben.* 

Von der hohen Verehrung des Acisclus in Cordova berichtet Isidor. 
Der Gothenkönig Agila (549 — 554) rückte vor die Stadt Corduba. „Da 
er aber zum Hohne der katholischen Religion den seligsten Märtyrer 
Acisclus beleidigte , da er mit dem Blute von Feinden und Thieren den 
heiligen Ort seines Grabes profanirte und befleckte, und es zum Kampfe 
gegen die Cordubenser kam, so erduldete er die geziemenden Strafen, 
welche die Heiligen über ihn verhängten. Denn er verlor dort im Kampfe 
seinen Sohn mit einer grossen Menge des Heeres, und verlor seinen 
ganzen Schaz mit grossen Kostbarkeiten *).^ Also war nicht weit von 
Corduba eine Kirche des Acisclus mit dessen Grabe, — Hier befand 
sich bis auf die jüngste Zeit das Kloster des Acisclus und der Victoria. 
Die Klosterkirche , genannt der Märtyrer, wurde, wie Madoz berichtet '^j, 
schon zur Zeit des Kaisers Constantln erbaut, und zwar am Ufer des 
Flusses, wesswegen sie mehrfach wieder gebaut werden musste. Auf 
dem Altarblatt des Hauptaltares, der von schlechtestem Geschmacke ist, 
befindet sich ein gerühmtes Gemälde von J. L. Zambrano , auf welchem 
das Martyrium von Acisclus und Victoria, „der Patrone der Stadt Cor- 
duba^, dargestellt ist. Auch in dem Dome zu Cordova befindet sich 
eine diesen Heiligen gewidmete Kapelle^). Das erwähnte Kloster ge- 
hörte firüher den Cisterziensem, später den Dominicanern, und lag am 
Thore nach Martos. 

Der heilige Eulogius erwähnt dieselbe Kirche. Er erzählt in dem 
Leben und der Passio der Jungfrauen Flora und Maria, welche zu Cor- 
dova um des Glaubens .willen enthauptet wurden: ,,Ihre Häupter wui^ 
den in der Basilika des heiligen Acisclus niedergelegt, wo derselbe durch 
seine Gegenwart das Volk der Christen schüzt *).^ — Derselbe Eulo^us 
erzählt, dass der Priester und Märtyrer Perfectus in der Basilika des 



') Isid. HisL de regibus Gothorumf cap, 45, 

*) Madoz, 6,636. 

3) Madoz, 6, 630. 

^) Eulogii de vita et passume Virginum Florae et Mariae, tn Pairwn Toletan. opera, 
t. 2, ed, Lorenzana, — Die erste Ausgabe seiner "Werke erschien za Alcala 
1574 von A. Morales und Ponce-Leon. Die zweite Ausgabe erschien in ^Ei- 
spania iUustrata*^ ed, A, Schott, t 4, ^ancofurti 1608; darnach in der BibUotieca 
patrum maxima Lugdun, t, 15, p, 242. — Die vfl^rte Ausgabe ist von Loreo- 
zana — t. 2, s. PcUrum Toletanorum quotquot extant opera, t 2 (1785), Darnach 
ist — 5 — der Abdruck in Migne Pairol, lai, U 115 (1852), p, 703—959, Florei 
hat in t, 11 die Werke des Alvaro und des Abtes Samson von Corduba edirt. 



{. 2. Die Märtyrer Acisclns und Victoria (17. November). 359 

heiligen Acisclus begraben worden sei, an dem Orte, »wo seine glück- 
lichen Gebeine ruhen** *). — Später erzählt derselbe Eulogius, dass ein 
späterer Märtyrer Argimir neben dem Grabe des Acisclus und des Per- 
fectus beigesezt worden. 

Im Hinblicke auf diese Worte möchte Morales in seinen Schollen 
zu Eulogius rermuthen, es habe nicht bloss eine einzige Kirche des 
Acisclus in Corduba gegeben. Denn zu seiner Zeit zeigte man zwei, 
eine kleine Kirche, an dem Orte, wo Acisclus mit seiner Schwester 
Victoria erzogen worden, eine zweite am Flusse, die damals den Do- 
minicanern tibergeben wurde, welche hier ein Kloster gründeten. — 
Aber nach dem Berichte des heiligen Eulogius bestand hier schon ein 
Kloster im neunten Jahrhundert. — Der Priester Anastasius hatte von 
seiner ersten Jugend an „bei der Basilika des heiligen Acisclus von Cor- 
duba seine Erziehung und Bildung erhalten, lebte dort bis zu seiner 
männlichen Jugend im Amte eines Diakons, und nachdem er das Mönchs- 
leben — schon längst im Kreise der Alten — zugebracht, erlangte er 
endlich die Priesterwürde. ** 

Florez vertheidigt die Meinung, es habe nur eine Kirche des Acisclus 
gegeben, in der dieser und die Victoria beigesezt worden, aber, weil 
Acisclus der bedeutendere der Beiden gewesen, habe die Kirche nur 
seinen Namen erhalten; wie auch die Kirche des heiligen Zoilus, wo 
viele Märtyrer ruhten, nur dessen Namen trug. — Ich glaube gern, 
dass dem also sei, und dass Victoria mit Acisclus starb als Martyrin. 
Aber wie schon Prudentius mit Absicht sie übergeht, wie sie in der 
Festmesse gar nicht steht, in dem Officium nur wie widerstrebend er- 
wähnt wird, so scheint es mir, dass man überhaupt Bedenken getragen 
habe, sie als Martyrin anzuerkennen. Es scheint mir, dass selbst die 
Spanier, bei denen es Sitte war, sich selbst dem Richter darzustellen, 
dennoch Anstoss genommen haben — an der Uebermacht des natür- 
lichen Elementes, das in ihrer Haltung sich kundgegeben hat. — Das 
römische Parvurn, welches sich sonst von Prudentius dadurch unter- 
scheidet, dass es die spanischen Virgines et Martyres mehr berücksichtigt, 
erwähnt des Acisclus und der Victoria nicht, während es die Namen 
der Sabina und Christeta nebst Vincentius von Abula enthält. 

Die Frage, ob die Reliquien des Acisclus und der Victoria sich in 
Corduba befinden, ist streitig. Toulouse in Frankreich behauptet, ihre 
Häupter und Leiber zu haben (aber Victoria wurde ja nicht enthauptet?). 
Gatalonien behauptet gleichfalls, ihre Reliquien zu besizen in dem Ehester 
von San Salvador de Breda, wohin sie im dreizehnten Jahrhundert ge- 
kommen seien. — Ausser diesem Kloster haben sie eine Kapelle in 



1) Eulog, memor, Set. 2, 1. — Digno praesulis et sucerdotum obsequio in BaaiUca beati 
AciacUi in eo iüulOf quo feUda ejus membra quiescunt, humatur, — Cf, 3, 16, Eu- 
lop, 3, 8, Die Stelle ist nicht ganz deutlich. 



— » 



360 Viertes Bneh. Zehntes KapiteL 

dem Schlosse San Adsclo bei Gerona, auch in der Pfarrei Vidr^ras 
hatte man Reliquien^). S. Eulogius sandte an den Bischof Wiliesind 
von Pamplona Beliqnien des heiligen Adsclus. Auch in Asturien und 
auf Monteerrat glaubte man Reliquien zu besizen, wie auch zu Medina 
Sidonia schon im siebenten Jahrhundert. In Cordova dürfte nur noi^ 
in der Kirche San Pedro eine Reliquie von Acisdus seyn. 

§. 3. Der Märtyrer Zoylus und seine Gefährten (27. Jani). 

Zuerst wird er bei Prudentius erwähnt^). „Corduba wird den Acis- 
clus geben und den Zocilus und drei Baronen**. Mit Unrecht verstehen 
die Bollandisten zum 27. Juni — unter diesen drei Elronen — den Zoe- 
lus, Acisclus und die Victoria. In dem römischen Martyrologium des 
Baronius steht zum 27. Juni: Zu Corduba der heilige Ma^rtyrer Zoilus, 
und andere Neunzehn. — Das so unklare Martyrologium unter dem Na- 
men des Hieronymus nennt hier einundzwanzig Namen von Märtyrern 
in Spanien, darunter einen Zoenius und Marcellus. Doch lässt sich 
Näheres nicht eruiren. Die Bollandisten, denen hierin Florez folgt, 
nennen zwanzig Namen — neben Zoilus: 1) Creszenz, 2) Julian, 3) Ne- 
mesius, 4) Fratria, 5) Primitivus, 6) Justin, 7) Statheus, 8) Novatian, 
9) Clemens, 10) Marcellin, 11) Zebdinus, 12) Felix, 13) Venustus, 14) Mar- 
cellus, 15) Italica, 16) Zelius, 17) Capiton, 18) Tinnus, 19) Timarchus oder 
Thuscus, 20) Silvan. Diese Namen sind offenbar aus dem Martyrologiima 
des Hieronymus entnommen, und sind zum grossen Theile verdächtigt). 
Namentlich liegt bei dem Worte Italica nahe, dass darunter die Stadt 
gemeint sei. Das römische „Parvum'^ hat den Zoilus nicht. Ado sagt: 
Zu Corduba in Spanien das Andenken des heiligen Zoilus, und anderer 
Neunzehn. 

Dagegen hat Usuard zum 27. Juni: „Zu Corduba das Andenken des 
heiligen Märtyrers Zoilus. Da es lange unbekannt war, wo sich dessen 
Leib befinde, so wurde es dem ehrwürdigen Bischöfe dieses Ortes, Na- 
mens Agapius, durch göttliche Offenbarung mitgetheilt*'. — Hier bringt 
nun üsuard einen ihm eigenthümlichen Bericht, während er sonst nur 
Auszüge oder den wörtlichen Ado giebt. 

Der Mönch Usuard, der seia Werk um das J. 875 verfasste, war im 
J. 858 mit seinem Ordensbruder Odilard aus dem EJ^oster des heiligen 
Vinzenz zu Paris, später St, Germain des Pros genannt, nach Spanien 



') DomeneCf vtda de Äciacloj 17, Nov. in Historia gener al de los Santos y varones ätt- 
stres en aantidcid del principado de CatcUunna — Barcelona 1602, — Gerona 1680, 

*) Hymn, 4. 

') Seehs von diesen kommen an demselben Tag^e bei Usuard irfs S^hne der hei- 
ligten Symphorosa vor* 



S« 3. Der Märtyrer Zoylus un^ seine Gefährten (27. Juni). 361 

gereist y um den heiligen Leib des Märtyrers ^ncentius in Valencia zu 
erlangen. Diess war aber eine Unmöglichkeit. 

Die beiden gallischen Mönche erfuhren aber in Barcelona, dass erst 
kürzlich zu Corduba nicht wenige Christen um ihres Glaubens willen 
das Leben verloren hätten. Unter andern Georgius, AureUus und Natha- 
lia, welche im J. 8Ö2 enthauptet wurden. Troz der Schwierigkeiten und 
Gefahren kamen die beiden Mönche nach Corduba , weilten dort sechs- 
undfunfisigTagey und nachdem sie die Leiber der Märtyrer Georgius und 
Aurelius, sowie das Haupt der Martyrin Nathalia erhalten hatten, kehr- 
ten sie über Toledo, Alcala, Saragossa, Barcelona und Gerona nach 
Frankreich zurück. — Auf dem Bückwege blieb Usuard allein in Barce- 
lona achtzehn Tage. Er verehrte hier den Cucufat und die Eulalia*). 
Die leztere war damals noch nicht wieder aufgefunden worden. 

Während seines langen Aufenthaltes in Spanien hatte Usuard selbst 
Anlass und Gelegenheit , über die Heiligen von Spanien , besonders über 
die Märtyrer von Cordova, sichere Kunde einzuziehen. — Der Bischof 
Agapius n., welcher den Leib des heiligen Zoylus fand, lebte unter 
König Sisebuth (614 — 18). 

£s giebt keine alten Martyrakten von Zoilus. Die vorhandenen aus 
sehr später Zeit melden, er sei aus vornehmem Geschlechte und christ- 
lich erzogen worden, und sei dem Richter als Christ angezeigt worden. 
Der Richter wollte seine Jugend schonen, wenn er jezt den Geboten der 
„Kaiser gehorchte*'. Er wurde gegeisselt, und auf jede Weise gemartert, 
hierauf enthauptet. Von den Heiden wurde er unter die Leiber der 
Ihrigen begraben, damit die Christen ihn nicht fänden. Bischof Agapius 
ging aber mit den Christen nach der von oben ihm gezeigten Stätte, und 
fand den Leib. Er brachte denselben in die kleine Basilika des heiligen 
Felix. An dieser Stelle aber baute er nachher eine prächtige Kirche, 
„sowie ein Kloster für hundert Mönche zu Ehren dieses Blutzeugen^. 

Die Kirche blieb den Christen auch zur Zeit der Mauren. An ihr 
wirkte S. Eulogius, und lebte hier in dem Collegium der Cleriker'), und 
brachte im Gebete die Nächte zu, wie uns Alvaro in dessen „Leben*' 
erzählt, und wurde wohl hier nach seinem Martyrtode (f 15. März 859) 
begraben. Der berühmte Abt Samson wurde Rector dieser Kirche. — 
Das von Agapius bei der Kirche gegründete Klosier ist zu unterscheiden 
von dem spätem Kloster — genannt Monasterio Armilatense, das den 
Kiomen des heiligen Zoylus trug, und an acht Leguas nördlich von der 
Stadt entfernt war. — Eine Kirche des heiligen Zoylus bestehet nicht 
mehr in Cordova. Doch befindet sich in der Kirche des Erzengels 
Michael eine Kapelle, welche den Namen des Heiligen trägt. 



*) PaOntm Ihleicmorum g. exL cpera, 2, p, 785 sq, 
*) Siehe aaoh Memor, «cfr. 2, 6, iL 



362 Viertes Bach. Zehntes Kapitel. 

« 

Die heutige Pfarrkirche zum heih'gen Andreas war unbestritten die 
alte Kirche des Zoilus, eine berühmte, und vielleicht die älteste Kirche 
der Stadt (J. 613). Nach den Resten von Gözenbildern^ und den römi- 
schen Inschriften, die sieh bei ilirer Wiedererbauung fanden, scheint sie 
zuerst ein heidnischer Tempel gewesen zu läein. Auch aus der Zeit der 
Mauren fanden sich Inschriften in ihr^j. 

In dem Missale Mixtum findet sich Zoilus nicht; nicht einmal in dem 
von Leslej edirten Calendarium. In dem Breviarium des Lorenzana 
steht der Tag des Heiligen am 27. Juni. Derselbe hat nur einen Hym- 
nus, der frühestens aus dem siebenten Jahrhundert stammt. In diesen 
Hymnus haben sich wörtlich vier Verse aus dem Hymnus des Pruden- 
tius über die Engratis und die achtzehn Märtyrer von Saragossa verirrt« 
Noch vier andere Verse sind fast wörtlich aus Prudentius, nach welchen 
Saragossa die meisten Märtyrer zum Herrn sendete. Der ganze Hymnus 
ist nachgemacht. Die neunzehn Märtyrer (die mir nicht genug beglau- 
bigt zu seyn scheinen,) sollen Corduba noch um etwas höher stellen, als 
Saragossa durch seine Achtzehn gestellt ist^). 

Der Leib des Zoilus blieb in Cordova bis zum eilften Jahrhundert 
Im eilften Jahrhundert wurde er nach Carrion de los Condes, welches 
zwischen Leon und Palencia liegt, durch den Grafen Ferdinand Gomez, 
den Sohn des Gomez Diaz, gebracht. Gomez Diaz und seine Gemahlin 
Tarasia hatten das Benediktinerkloster Carrion gestiftet, unter dem Na- 
men des heiligen Johannes. Kirche und Kloster hiessen nachher zum 
heiligen Zoilus *). Viele Wunder geschahen an seinem Grabe. 

§. 4. Der Märtyrer Crispinus von Astigi (19. November). 

Er ist in der mozarabischen Liturgie durch einen Hymnus und eine 
Oration vertreten. Darin heisst er ein leuchtender Märtyrer. Nicht Bande, 
Peinen, Geissein oder Feuer, nicht Hunger und nicht Durst konnten ihn 
erschüttern. Freudig blickte er zum Himmel, als er den Todesstreich 
empfing. Sein Leib wurde in der Stadt Astigi beigesezt. Zu seinem 
Grabe kommen Leidende und werden geheilt. Der Hynmus ist unver- 
gleichlich besser, als der erwähnte auf Zoilus. Er wird in dem Hymnus 



Madoz, 6, 635. 

*) Martyrum ntäU, remecmte vita, 

Contingit terris habiiare nostris: 
Soku tu morti propriae superstes 
Vivü in orbem. 
») Florez, 10,256 — 58 — Kirche des heil. Zoilus. — S. 311-328 — Leben, 
Martyrium des heil. Zoilus, seine Auffindung, Ucbertragung: und Wunder in 
Carrion. — In Append. 4, p. 502—20 — Marlyrakten — und Miraeuh inedita 



$. 4. Der Märtyrer Crispinus von Astigi (19. November). 363 

nicht Bischof und nicht Priester genannt. In dem Missale heisst er nur 
Confessor; die Messe ist aus dem Commune eines Bekenners, und hat 
nur diese Oration: Herr der Kräfte, wunderbar in deinen Heiligen , er- 
höre uns BittendQ, gewähre uns Sündern durch die Fürsprache deines 
seligsten Bekenners Crispinus, die Fülle beständiger Liebe. Er hat die 
Krone der Tugend verdient: wir mögen auf seine Fürbitte durch deine 
Gnade Verzeihung unserer Vergehen , und den Frieden einer beständigen 
Liebe zu erlangen gewürdigt werden. — Bei Ado kommt Crispinus nicht 
vor. Dagegen bei Usuard zum 19. November mit den Worten: (Fest) 
des heiligen Bischofes Crispinus , welcher in der Astiagensischen Stadt — 
durch Enthauptung die Palme der Märtyrer erlangt hat. — Diese Worte 
hat Baronius in sein Martyrologium aufgenommen. Usuard scheint in 
Spanien selbst diesen Namen gefunden zu haben. Er nennt ihn auch 
zuerst einen Bischof. Aber der Hymnus und die Oration sind jedenfalls 
älter und glaubwürdiger. — / Ebenso lässt der Hymnus keinen Zweifel 
darüber^ dass es heissen muss: Astigitcma urbs statt der Civitas AHiagensis 
des Usuard und Baronius. — Es scheint mir, dass man im siebenten 
Jahrhundert in Spanien selbst nicht wusste, ob Crispinus Bekenner oder 
Märtyrer war. Desswegen glich man die Sache so aus, dass er im Hym- 
nus als Märtyrer, in der Messe als Bekenner angerufen wurde. Die 
neuem Spanier halten ihn für den ersten Bischof von Ecija, der in der 
Verfolgung des Diocletian starb. — Ich trage Bedenken , dieser Ansicht 
beizutreten , begnüge mich aber , hierin dem Beispiele des H. Florez fol- 
gend, mit diesen wenigen Worten über den heiligen Crispinus*). 



») Florez, 10,83—84. 



Eilftes Kapitel. 

Die heilige Eulalia von Emerita — [10. Dezember] 



ist nach und neben Vincentius die gefeiertste Maxtyrin von Spanien — (ge- 
wesen?). — Ihre Akten tragen das Gepräge der Aechtheit, und stammen 
höchst wahrscheinlich aus dem vierten Jahrhundert. Buinart ist aber nicht 
dieser Meinung, und hat statt der Passio den Hymnus 3 des Prudentius auf- 
genommen. Doch herrscht eine grosse üebereinstimmung in allen Be- 
richten über die heilige Eulalia. Ihr Vater war Liberius, von hohem 
Stande. Der Priester Donatus hatte sie in ihrer Jugend unterrichtet. 
Liberius sandte zur Zeit der Verfolgung seine Tochter auf ein Landgut 
fern von der Stadt 38 Miglien (= 9j-Leguas) , genannt Promtianum, an den 
Grenzen der Provinz Bätika. (Auch hier wird, vielleicht durch eine Ver- 
wechslung ein Confessor Felix genannt, der bei ihr auf dem Landgute 
war.) Dort hörte sie, dass ihr Vater, und die übrigen Bekenner schon 
gefangen seien. Und sie liess alsbald das Gefährte bereithalten; sie selbst 
trieb das Maulthier an, dass sie in schnellem Laufe dahineilte. Und — 
da sie gen Emerita zogen, sprach sie zu ihrer Begleiterin Julia: Du mö- 
gest wissen, Herrin meine Schwester, dass ich zulezt gehe, aber &-üher 
leiden werde* Und so geschah es auch. 

^ Als sie der Stadt nahe gekommen war, begegnete ihr ein Jude und 
sprach: Du bist eben recht gekommen, Tochter 1 gehe und opfere, damit 
du das Leben habest. Eulalia sprach: Gott mehre deine Jahre, denn 
ich verlange zu sterben für Christus meinen Herrn. (Der Jude aber 
sah, wie die Eilende von einem glänzenden Lichte umgeben war.) Sie 
eilte alsbald auf das Forum, und um sie strömte die ganze Stadt zusammen. 



>) Siehe Florez, Espanna sagrada, 1. 13, p. 266—^02. Santa EuhUa, wrgtny Martyr. 
— Appendice IL Hymnus 3 des Prudentius auf Eulalia, S. 392 — 98 und Passio 
EukUiae ^ 3^ -- 406, 



Die heilige Eulalia von Emerita — (10. Desember). 365 

So gross war der Ruhm ihrer Heiligkeit und Schönheit ^ und alles 
Volk betrachtete sie wie eine „Senatorin^. Sie trat vor Calpurnian, den 
Präses von Lusitanien , und redete ihn mit scharfen Worten an. Warum 
betrittst du diese Stadt ^ du Feind des höchsten Gottes? Warum verfol- 
gest du die Christen, und willst die Jung&auen Gottes verderben? 

Der Präses sprach: kleines Kind^ bevor du herangewachsen, willst 
du die Blüthe deines Alters verderben? Eulalia: Ich zähle an dreizehn 
Jahre. Glaubst du meine Ejndheit durch dein Drohen zu verwirren? 
Mir genügt diess vergängliche Leben, und weil ich mich an den Lockun- 
gen des irdischen Lebens nicht erquicke, so erwarte ich ein anderes 
kommendes seliges Leben, in dem die Gemeinschaft mit Gott mich glück- 
licher machen wird. — Calpumian liess sie auf den entblössten Rücken 
geissein. Aber standhaft und tapfer sprach sie Wehe dem Könige 
und dem Kaiser mit seinen Göttern. Calpumian beschuldigte sie der 
Zauberei. Da er zögert, fordert sie ihn auf, er möge sein ür- 
theil fällen, ,,denn deinen Königen und ihren Göttern habe ich Wehe 
gesagt, und verwünsche sie^. Dann beCedil der Präses, dass ihm am fol- 
genden Tage ein Tribunal auf dem Forum angerichtet würde. Er filllte 
die Entscheidung, dass Eulalia gekreuzigt und lebendig verbrannt werde. 
Er liess unter andern Qualen ihre Brüste mit brennendem Oele über- 
giessen. Sie rief: Erweitert hat mich dein kaltes Feuer, und dein bren- 
nend Oel hat mich nicht entzündet. Aber mich hat entzündet die Liebe 
Christi, den ich zu schauen mich sehne. 

Calpumian der Präses sprach: Bringet mir lebenden Kalk, schüttet 
ihn dorthin, und glesset Wasser hin. Eulalia entgegnete: Dich quäle 
das ewige Fieuer, weil du die Magd Christi quälen wolltest — Mir wird 
der Herr helfen , und aus deinen Händen mich befreien , denn nicht für 
mich, sondern für Christus dulde ich diese Qualen. Der Präses sprach: 
Füllet mit Blei ein Gefäss, und nachdem ihr es aufs höchste erhizt, 
bringet es vor sie, und legt sie nackt auf ein eisernes Bett Zuerst 
zeigt ihr die Pein, ob sie vielleicht zu den Göttern sich wende, und 
wenn sie nicht opfern will, so überschüttet sie damit Die selige Eulalia 
aber, welche täglich die Passion des heiligen Thyrsus las, sprach: Du 
wahrer Gott, komme, um deine Magd zu befreien. Denn ich glaube, 
dass du, der du dich des seligen Thyrsus, da er noch ein Heide war, 
erbarmt, und ihn zu dir bekehret hast, auch mich zu dir bekehren 
werdest und plözlich erlosch das Blei ; es kam kalt zu der heiligen Eulalia. 
Jezt wurden Ruthen gebracht, und sie wurde geschlagen. Der Präses 
sprach: Bringet Scherben von Scheiben, und reibet damit ihre Wunden. 
Eulalia betete: Erbarme dich, Herr Jesu Christo, deiner Magd, auf dass 
mein Herz nicht schwach werde, sondern mache es stark, denn ich ver- 
lange, der Hölle zu entfliehen, und zu dir zu kommen, der du einfach 
und dreifAch (ein Gott in der Dreiheit der Personen) bist, der du das 
ewige Leben gewährest 



366 Viertes Buch. Eilftes Kapitel. 

Es sprach der Präses: Unselige, denk' an dich, bevor du hinweg- 
gerafft wirst, und opfere den Göttern. Eulalia sprach: Opfere du, und 
ihr alle, die bei dir sind, eueren Göttern. Ich aber will meinem Gotte 
ein lebendiges Opfer bringen , indem ich mich selbst ihm aufopfere, wie 
er für mich aufgeopfert worden ist , der uns aus der Macht der Finster- 
niss und der Herrschaft des Teufels befreien will. — Nach mehreren 
Zwischenreden und Drohungen antwortete Eulalia lächelnd : dann kommst 
du meinen Wünschen mehr entgegen, wenn du schwerere Feinen über 
mich verhängst; thue, was du vorhast, dass du mich in allem siegreich 
in Christo machest. Calpurnian sprach: Unbesiegt werde ich dich nicht 
entlassen, sondern die schwersten Feinen dir anthun. Eulalia: Besiegen 
kannst du mich nicht, weil der siegt in mir, welcher für mich streitet. 
Calpurnian: Zündet Fackeln an, und haltet sie an ihre Kniee. Eulalia: 
Versenget ist mein Leib, und stark bin ich erfunden worden. Befiel, 
dass Salz auf mich gelegt werde, dass mein Leib vollkommener in Chri- 
stus gewürzt werde. Er rief voll Wuth : Schergen , zündet an den Gluth- 
ofen, und legt sie in denselben, bis sie erliege. 

Es geschah, und sie fieng an, in dem Gluthofen zu singen, und zu 
sprechen: Es werden zu dem Könige die Jungfrauen nach ihm geführt. 
Seine Genossinnen werden zu ihm geführet werden in Freude und in 
JubeL Als Calpurnian sie singen hörte, sagte er: Ich meine, wir sind 
besiegt, diese Jungfrau dauert aus in den Feinen. Aber damit sie sich 
nicht rühme, so führet sie heraus,' und bevor sie sterbe, werden die 
Haare ihres Hauptes abgelöst, und sie entkleidet herumgeführt — zu 
ihrer Schande. Eulalia sprach: Obgleich ich Schande auf Erden leide, 
so weiss ich doch, für wen ich dieses leide. Er weiss, wie er mir dieses 
vergelten wird, du Feind der Gerechtigkeit. 

Calpurnian sprach: Fürchtest du also, in Schmach zu konunen, so 
gehe, und opfere den Göttern. Sie sprach: Ich opfere meinem Gotte 
ein Opfer des Lobes , und ein Schlachtopfer des Freises. Calpurnian be- 
fahl: Sie werde auf die Folter gebracht, und mit Fackeln auf beiden 
Seiten verbrannt. Eulalia rief: Geprüft hast du mich, o Gott, im Feuer 
mich erprobt, und kein Unrecht ist an mir gefunden worden/ Und sie 
jubelte in Gott. Schon sah sie Engel ihr zur Seite stehen, aber sie er- 
warteten das Ende ihrer Fassion. Dann wurde sie, mit ihren eigenen 
Haaren festgebunden, zum Tode geführt. Da sie zum Orte der Fassion 
ausserhalb der Stadt kam, zog sie mit ihren eigenen Händen das Ge- 
wand ab, und gab es den Schergen. — Nur ein Gürteltuch behielt sie 
bei zur Bedeckung der Lenden. Sie wurde auf die Folter gesezt, aus- 
gespannt^ gefoltert, gegeisselt, imd mit ausgerenkten Gliedern wuchs 
ihr Leib zur Fein. Weil sie aber siegreich Christum bekannte, konnte 
sie keine Feinen empfinden. Nun traten zwei Soldaten hinzu, und brann- 
ten von beiden Seiten mit Fackeln ihren Leib, und nach der Verbren- 
nung folgten neue grössere Feinen. Da rief^ getrieben durch die 



Die heilige Enlalia von Emerita — (10. Dezember). 367 

Boaheit muthwiUiger Qualen, Eulalia: Calpumian, was hilft es dich, dass 
du deine Wuth und Grausamkeit an mir auslassest? Deine Drohungen 
und Todesstrafen fürchte ich nicht Ich bekenne, dass ich Christi, und 
die Magd Gottes bin. Merke dir mein Angesicht, dass, wenn wir vor 
den Richterstuhl meines Herrn Jesu Christi zur Zeit seines Gerichtes 
kommen werden, du mein Angesicht an jenem Tage wieder erkennest, 
und für deine Verdienste die schuldige Vergeltung erlangest. Erschreckt 
und zerknirscht im Herzen bei diesen Worten fielen viele von den Gözen 
ab, und glaubten an Gott. — 

Am Elreuze jubelte Eulalia, und sie sprach, so dass es alle hörten: 
Glauben muss man an einen Gott, den himmlischen Vater, und seinen 
wahren Sohn, den allmächtigen Jesum Christum, der mit dem heiligen 
Geiste angebetet, der gepriesen ist in Ewigkeit. Glorreich eilte so Eu- * 
lalia, und damit sie schneller zum Herrn gelangte, so öffnete sie ihren 
Mund, und trank die Flammen, die von beiden Seiten aufloderten. Da 
gieng im Angesichte aller in Gestalt einer Taube der Geist der heiligen 
Martyrin zum Himmel. 

Unversehrt und unverlezt hieng auf Befehl des Präses ihr Leib drei 
Tage an dem Kreuze. — Schnee Öel auf ihn , und ihr Haar erschien 
nun wie ein Schmuck, und weiss wurde ihr Leib. Die Christen nahmen 
ihn heimlich hinweg, und bestatteten ihn mit allen Ehren. Zu ihrem 
Grabe kamen Leidende und Geplagte, und sie wurden geheilt. Bald 
kamen Donatus und Felix, die Seligen, herbei, die einmüthig mit ihr 
im Bekenntnisse gewesen, und die in ihren glorreichen Fussstapfen wan- 
deln sollten. 

Aus dem berühmten Hymnus 3 des Aurelius auf Eulalia führe 
ich nur einige kennzeichnende Stellen an. Sie ist zwölf Jahre alt. Sie 
hatte dem jungfräulichen Stand sich gewidmet, und darum für immer 
der Ehe entsagt. Ihre Mutter hält sie fem von der Stadt. Aber 

Heimlich eröffnet bei Nacht sie die Thür, 
Fluchtet sich durch den eröffneten Zaun, 
Ferne, auf nimmer betretenem Pfad, 
Fluren, von Disteln und Dornen besäet, 
Schreitet sie blutenden Fusses hindurch, 
Engel begleiten die Heldin allein. 

Schon vor Tag kommt sie in Merida an. Prüdentius nennt den 
Richter nicht; er kennt nicht den Namen des Dacian oder Calpumian, 
er nennt den Richter „Prätor*. Prüdentius berichtet sodann, was in 
unsern Akten nicht steht. Auf die erste Anrede des Prätors entgegnete 
sie nichts y 

Sondern sie speit ihm ergrimmt in^s Gesicht, 
Und sie zertrümmert das' Gozengebild 
Auf dem Altar — und das heilige Mehl 
St^9t'0ie mit Füssen vom Bauchtos hinweg« 



368 Viertes Buch. Eilftes Kapitel. 

Sodann fasst Prudentius die Marter selbst viel kürzer zusammen. 

Endlich begmnt die Wasserte Qaal, 
Fürder befurchen sie nimmer die Haut, 
Bohren di» Rippen ihr furder nicht dnrch, 
Sondern es wüthet die lodernde Oluth 
Feuriger Fackeln im Eingeweid ihr. 

Siebe, da fliegt ihr in's Antliz die Gluth, 
Prasselnd erfasst, von den Locken genährt, 
Jezt sie das Haupt, und zum Scheitel empor 
Steiget die Flamme. — Ersehnend den Tod 
Trinket die Jungfrau den feurigen Strom. 

t 

Schon zur Zeit des Prudentius erhob sich eine prächtige Kirche fiber 
dem Grabe der Eulalia: 

Dort in der Erde geheiligtem Schooss 
Ruhet, wo blendend der Marmor und licht 
Sich mit dem fremden und heimischen Glanz 
Gattend, den prächtigen Tempel verziert, 
Ihrer Gebeine geheiligter Rest. 

lieber Gesimsen, mit Golde verziert. 
Hebet der schillernde Dom sich empor, 
Bunt mit Gestein ist der Boden geschmückt; 
Aehnlich den Fluren, von Rosen bebiümt, 
Blühet in wechselnden Blumen der Grund. 

Unter den spanischen Heiligen hat das Calendarium der Eirche von 
Carthago nur den Vinzenz von Saragossa, und die Eulalia , ohne Zweifel 
die' von Merida. In ihrer Festmesse heisst es, dass sie, indem sie fern 
von jedem Manne zu bleiben gelobt, selbst männlich geworden sei. Frei 
von jedem menschlichen Verderben — nahm sie die Fülle der Gnaden 
in sich au^ Die Inlatio vergleicht Eulalia mit Maria. „Sie gehet zum 
Tribunal des blutdürstigen Präses, nicht aufgesucht. Sie wird verhört, 
sie bekennt; sie wird getödtet und gekrönt. Und in einem grossen 
Wunder nimmt Gottes Majestät den ausgehauchten Geist der Jungfrau, 
den er durch die Flamme erlöst, in Gestalt einer Taube zu sich, damit 
die Martyrin durch dasselbe Wunderzeichen zum Himmel stiege, durch 
welches der Vater seinen Sohn auf Erden gezeigt hatte. Die Elemente 
selbst schüzen ihren Leib ; die Beine wird von reinem Schnee bedeckt. 
Der Himmel begeht das Leichenbegangniss der Leiche.' — Auch das 
siedende Oel und das plözlich erkaltete Blei wird erwähnt. 

Prudentius verdient weniger Glauben, wenn er die Eulalia zu Fuss 
nach Merida gehen lässt, denn unsere Messe sagt nur: „Während sie 
zum Bekeimtnisse gefuhrt wurde, ist keine Furcht des Todes über sie 
gekommen, keine Blässe hat ihr Gesicht bedeckt.' — Indem Eulogius 
Beispiele anführt zur Vertheidigung der Christen , die sich freiwillig den 
Richtern stellen, erwähnt er den Justus und Pastor, und die Eulalia 
von Barcelona. Sicher hätte er unsere Eulalia nicht übergegangen, wenn 



Die heilige Eulalia von Emerita — (10. Dezember). 369 

BIG von freien Stücken in die Stadt gegangen wäre^). Auch das gothi- 
sche Orationale — hat ein ähnliches Gebet, dass Gott dieEulalia so un- 
erschrocken gemacht habe, dass sie die Verfolgung der ihr nachsezen- 
den Gottlosen nicht floh und ihr nicht auswich. Prudentius, der die 
beiden Eulalien verwechselt, erzählt etwas Unglaubliches, dass dieselbe 
viele Meilen allein mit blutenden Füssen gegangen sey. Wie sollte sie 
dann noch am Morgen mit ihren Füssen ein Gözenbild haben zertrüm- 
mern können, die doch in der Regel aus Stein oder Metall waren? 
Diess könnte wieder eine Verwechslung seyn mit Justa und Rufina von 
Sevilla. Auch das Speien in das Gesidit des Tyrannen finden wir nicht 
in den Martyrakten und nicht in der mozarabischen Liturgie. Könnte 
das nicht ein Anklang an die Victoria von Corduba seyn? Man muss 
zweifeln, ob der Richter der Eulalia so nahe kam, dass sie diess ver- 
suchen konnte. Ich sehe also keinen Grund, hierin dem Prudentius 
Recht zu geben. 

Die Taube, die aus dem Munde der Sterbenden gieng, bezeugen 
durchaus alle Quellen , und daran zweifeln zu wollen, weil es eine über- 
natürliche Erscheinung ist, scheint mir sehr gewagt. Auch Gregor von 
Tours bezeugt diess ^). Paul von Emerita erzählt, die Eulalia sei dem 
von Leovigild verbannten Erzbischof Masona von Merida in Gestalt einer 
sehr weissen Taube erschienen, und habe ihm seine baldige Rückkehr 
verheissen*). Dasselbe wird von der Eulalia von Barcelona erzählt. Auch 
der heilige Benedictus sah die Seele seiner Schwester in Gestalt einer 
weissen Taube zum Himmel steigen. 

Die Eulalia von Merida kommt in allen Martyrologien, mit Aus- 
nahme des von Beda, vor. Idatius erwähnt sie zweimal in seinem Chro- 
niken, das mit dem J. 379 beginnt. Er erzählt zmn J.4299 ^^^ ^^^ 
König der Sueven Hermigar nicht weit von Emerita, welch^ er zum 
Hohne der heiligen Martyrin Eulalia verachtet hatte, nachdem sein Heer 
durch Geiserich geschlagen worden, fliehend — „durch den Arm Gottes 
in den Fluss Anas gestürzt zu Grunde gieng^^). — In Emerita sodann 
starb — 448 der heidnische König der Sueven Rechila , dem sein katho- 
hscher Sohn Rechiarius folgte. — Im J. 457 wollte Theodorich, König 
der Westgothen, Emerita plündern, wurde aber durch die drohenden 
Zeichen der heiligen Eulalia abgeschreckt^). Dasselbe, nur etwas aus- 
fuhrlicher, erzählt Isidor von Sevilla^). — Worin die y^Ostenta^ bestan- 
den, erfiskhren wir freilich nicht. — Aber wir dürfen desswegen so wenig 



*) Memor, Sctar, 1 , 55. 

*) Chegor, de.gloria mariyr, 1, 91, 

3) Päubts Diac tU vita P. P. Emerüennatm, cap. 14 — bei Florez, 13, 371. 

*} Idctiku chronicon <id a, 429, 

*) BecUae EulaUae martyri» terretur ostentis, Id, 457. 

') Isidor f hUtor, de reg. ChAorum c 32, Sanctae m, StUaUae osUntia perterrttu8f cum 
omni protmu» exercUu diteedit, «< Gaäia» r^A't. 

Ganui, Span. Kirche« 24 



370 Viertes Buch. Eilftes Kapitel. 

an derThatsache selbst zweifeln; denn etwas ganz Aehnliehes ereignete 
sich einige Jahre früher, als Attila Rom zerstören wollte, aber erschreckt 
wurde nicht bloss durch Papst Leo L, sondern, wie er selbst gesagt ha- 
ben soll, durch einen, der mit gezücktem Schwerte drohend hinter ihm 
stand, durch den Apostel Petrus. Jedenfalls wich Attila plözlich, und 
ihm selbst unerwartet zurück, wie Theodorich zurückwich vor Merida. 

Gregor von Tours erzählt von Wundem , die am Grabe der Eulalia 
geschahen, in ähnlicher Weise, wie es Ado von dem Grabe des heiligen 
Torquatus von Acci erzählt^). Drei Bäume stehen vor dem Altar, der 
ihre Gebeine bedeckt. Im Dezember sind sie jedes Laubes und jeder 
Blüthe beraubt, aber am Morgen des Tages ihrer Opferung treiben sie 
Blüthen in Gestalt einer schneeweissen Taube. 

Der heilige Fructuosus von Bracara, ein jüngerer Zeitgenosse des 
Isidor von Sevilla, machte eine Wallfahrt — „nachEmerita, der hervor- 
ragenden Stadt der Provinz Lusitanien, wegen der Sehnsucht nach der 
herrlichen Jungfrau Eulalia, damit er dort die heiligen Wünsche seines 
Herzens aus der Tiefe seines Herzens ausspräche, damit er in dem An- 
gesichte Gottes seine süssen Bitten ausgösse, und von der reichen Güte 
des Herrn Jesus Christus die Erhörung derselben erlangte^ ^). 

Wie gross die Verehrung gegen die heilige Eulalia war, ersieht man 
besonders aus der Schrift des Paulus von Merida: über das Leben d^ Väter 
(Bischöfe) vonEmerita. Die Heilige hatte mehrere Kirchen in der Stadt*). 
Eine derselben wurde im sechsten Jahrhundert ausgebaut, und mit 
Thürmen versehen. Sie hatte einen Propst oder Abt, einen Diakon 
oder Erzdiakon. Gesänge erschauten dort zur Nachtzeit Der Abt wohnte 
in dem Kloster, das zur Kirche gehört. Hieher zog sich der Bischof 
Paul zurück, um zu sterben (um 560). Sein Nachfolger, der Bischof 
Fidelis, ^prurde hier begraben (um 571). Auch der gefeierte Bischof 
Masona wurde dort begraben (um 606). Ebenso seine Nachfolger Inno- 
zenz und Renovatus. Die Kirche lag ausserhalb der Stadt gegen Nor- 
den^). — Hier stand die Kirche, als an dem Orte ihres Martyrtodes. — 
Die Kirche erhielt sich auch zur Maurenzeit; als Merida wieder an die 
Christen fiel, wurde sie eine Pfarrkirche. 

In BetrefiP der Reliquien der heiligen Eulalia ist die Unklarheit um 
so grösser, je grösser ihr Heldenmuth, ihre Heiligkeit und ihr Ruhm 
war. Denn Dörfer tragen heute noch in Spanien ihren 'Namen ^), und 
nicht leicht sind die Kirchen und die Klöster zu zählen, die ihren 



') Gregor, de gloria martifrum, 1, 91 — de sei, EnlaUa, 
*) S. Fruciuosi Bracar. tfita — c. 12 — Florez, 15, 457 — tqfp. 5. 
») Florez, 13, 234—38. 
*) Paul. Em. cap. 18. 

^) Darunter Villa Olalla in der Sierra Mor«na, was das alle Landgut PonciaDo 
seyn soll. Aber es ist neunzehn L«g«a« ?on Merida entfernt 



Die heilige Eulalia von Emerita — (10. Dezember). 371 

Namen tragen und trugen. Oviedo glaubte ihre Gebeine zu besizen. Das- 
selbe behauptete Elna, später Perpignan in Frankreich*). — Noch am 
Ende des vierzehnten Jahrhunderts meinte man in Merida in deren Besiz 
zu seyn. — Gehen wir über die langen und un6rquicklichen Geschich- 
ten und Streitigkeiten darüber mit dieser blossen Andeutung hinweg. 

Ado und Usuard nennen zum 10. Dezember die Julia, die Beglei- 
terin der Eulalia, als Martyrin. Die Spanier vor dieser Zeit wissen 
nichts davon. Das römische „Kleine'^ des Ado hat zum 24. Juli die 
Worte : Zu Emerita in Spanien — victoris militarü. In der gothischen 
Liturgie kommt dieser victor militarü nicht vor, sei es, dass sein Name 
Victor war, oder, dass sein Name unbekannt war, und er nur „Sieger^ 
und „Krieger^ genannt wurde, weil er siegreich als Soldat für Christus 
gestorben war. Ado weiss noch mehr von ihm zu sagen : Sein Name 
ist Victor, und er ist mit seinen zwei Brüdern Stercatius und Antinoge- 
nus nach verschiedenen Martern für den Glauben gestorben. Wörtlich 
so hat es Usuard wiederholt. Das römische Martyrologium des Baronius 
fügt bei , es sei dieses in der Verfolgung des Diocletien geschehen. Die 
Erklärung des Irrthumes ist aber in diesem Falle bei Hieronymus zu 
suchen. Dort heisst es: In der Stadt Armenia (Sebaste) das Andenken — 
des Victor, des Militaris, der Emerita mit zwei Brüdern u. s. w. — Eme- 
rita bedeutet hier nicht die Stadt, sondern den Namen der Person^). 



') GalUa ^chtisticma, t 6, c. 1540. Marca Hi^anica, 

') In Armenia dvttate — Sabhatiae — muss heissen in der Stadt Sebaste. 



24* 



Zwölftes Kapitel. 

Die Hartyrer nnd Krieger Servandns und Germanus — 

werden in der gothischen Liturgie am 23. Oetober gefeiert Bei Hiero- 
nymus stehen sie nicht. In dem römischen ^Kleinen^ — lesen wir: ;,In 
Spanien, des Servandus und Germanus *^. — Ado fasst die Martyrakten 
gut zusammen, indem er sagt: ,,Sie haben nach Schlägen, nach dem 
Schmerz des Kerkers, nach peinigendem Hunger und Durst, nach der 
Mühsal eines sehr weiten Weges, den sie, mit Ketten belastet, auf Be- 
fehl des Präses Viator erduldeten, zulezt den Lauf ihres Martyriums 
vollendet, indem sie enthauptet wurden. Von ihnen wurde Germanus 
zu Emerita — neben der seUgen Eulalia begraben; Servandus aber 
wurde nach Hispalis gebracht, und ist in der Nähe der heiligen Justa 
■und Rufina begraben.^ Diess hat Usuard mit Auslassung einiger V7orte 
wiederholt. — Auch sie werden von den Spaniern für Söhne des Mar- 
cellus ausgegeben. Florez hat ihre Passio, aus alten spanisehen Brevieren 
zusammengesezt — gegeben*). Darnach waren sie gross und edel von 
Geschlecht; hatten die heilige Taufe erhalten, trieben im Namen Jesu 
Teufel aus, und heilten Presthafte. Li der Christen Verfolgung erdulde- 
ten sie schwere Qualen. Aber nach der Zeit des Sturmes, und dem 
Ruine Vieler wurde der Kirche der Friede wieder gegeben. Den Be- 
kennern Servandus und Germanus aber — vnirde die Palme der Blut- 
zeugen zu Theil. — Nachdem alle freigelassen wurden, die in Banden, 
Peinen, Qualen und in Getängnissen sich be&nden, da wollten diese 
Beide dennoch Märtyrer werden. Sie zerstörten also die Gözenbilder 
der Heiden, welche die thörichten Menschen für Götter betrachteten, 



Florez, 13,307-317. App. 410 -413. 



Die Märtyrer und Krieger Serrandus und Germanus. 373 

sammt ihren Hainen^ ihren Geb&uden und ihren Altären Töllig, ;,damit 
sie den Menschen eines thörichten Sinnes den Irrthum 
ihres eitlen Aberglaubens entrissen*^. Darob be&hl, wie na- 
türlich, der Richter ihre Wiederergreifung; es folgten Folterqualen, weil 
sie jene Göaenbilder, an deren Altären zu opfern sie verschmähet, zer- 
trümmert hatten. Der Richter liess eiserne Bande um ihren Hals legen, 
und ihre Hände binden. Als der Präses, Namens Viator, welcher Vicar 
des PräfectuB (entweder der Legion oder des Prätoriums) war, aus der 
Stadt Merida nach der Provinz Mauritanien reiste, befahl er, dass die 
Seligen, gebunden mit Ketten, hinter ihm hergeschleppt würden. Sie 
litten harte Beschwerden des Weges (zu Fuss) , «ie litten Ketten , Hun- 
ger, Durst; aber der Weg war ihnen zur Freude. Zulezt kam man an 
ein Grundstück, Namens Ursianus *), das auf dem Territorium von Gades 
liegt Dort spi^ch Viator das Urtheil, dass beide enthauptet werden. 
Sie wurden auf eine Anhöhe geführt, knieeten nieder, beteten stille, und 
brachten Gott ihr Leben zum reinen Opfer dar. (^,0 viel glückliches 
gaditanisches Land , das in seinem Schoosse das Blut der seligen Märty- 
rer aufnahm.^) Sie litten am 23. October. Die Christen erhoben und 
bestattet^i ihre Leiber. Germanus kam nach Merida, und neben der 
Eulalia und den übrigen Märtyrern wurde er ehrenvoll bestattet. Der 
Leib des Servandus aber wurde auf dem Gottesacker von Sevilla zwi- 
schen der Justa und Rufina ehrenvoll begraben, und ruhet dort. 

Beachtenswerth ist aus ihrer Festmesse die Oratio, genannt Missa, 
in der es u. a. heisst : Wir wollen daher Gott den Herrn in ihrem Lei- 
den lobpreisend anrufen, dass er, der durch ihre Thätigkeit^) so viele 
Heiligthümer der Gözen zerstörte , auf ihre Fürbitte uns die Vermeh- 
rung des Glaubens gestatten wolle. — Eine andere Oration lautet: O 
Gott, der du die Leiber deiner Märtyrer, welche den ungetheilten Ruhm 
einer Glorie geniessen, in getrennten Orten niedergelegt hast, indem 
du den Servandus der gaditanischen Gegend zuweisest, den Germanus 
aber den Bürgern von Emerita schenkc^st, verleihe uns in deiner 
Gnade etc. 

In der Inlatio heisst es nach anderm: Diese hat ein glückliches 
Leben unbesiegbar gemacht in der Pein, demüthig in ihrem Gewissen, 
erprobt in der Lehre. Sie predigen, dass die Heiligthümer der Gözen- 
bilder umgestürzt, und Christus allein, der Sohn Gottes, angebetet wer- 
den solle. Nach dem ersten Siege also, den sie errangen ü^er den be- 
siegten Feind, werden sie wieder zu Krallen und Foltern, wieder zu 
Peinen und Qualen fortgeraffib. Sie haben nicht die Mühe des Weges, 
nicht die Enge des Kerkers, nicht die Peinen ihrer ganzen Passion er- 



') Ad fundunif nomine Ursianua. 
') Es heisst ührum inürucHone. 



374 Viertes Buch. Zwölfte» Kapitel. 

sehreckt. Sie haben an ihrem heiligen Halse daa schimmetAde Schwert 
emp&ngen, und für deinen Namen Gott — muthig ihr Leb^i hin- 
gegeben. — 

Viator, ein Militär , gieng von Merida nach Tingis; denn in Tingis 
war die oberste Militärbehörde, wenigstens für Südspanien ^ für die 
Tmppen, welche in Asta, Merida, Italika u. s. w. standen, während 
fiir Nordspanien dieselbe ohne Zweifel sich in Leon befand. Dass die 
Beiden Soldaten waren, daran ist nicht zu zweifeln; sie wurden gerichtet 
nach den Gesezen der Kriegszucht. Das Jahr ihres Todes ist genau 
nicht zu bestimmen. — Das Wahrscheinlichere ist aber doch das J.305. 
Die beiden Kaiser hatten abgedankt am 1. Mai 805. Nun wurde Con- 
stantius Ohlorus Kaiser, und befahl, alle gefangenen Christen frei zu 
lassen. Dieses konnte schon im Mai geschehen. — 'Freigelassen zer- 
trümmerten die Beiden die Heiligthümer des Heidenthvmes , so lange 
man sie gehen liess. — Diess kann jedenfalls nur ganz kurze Zeit ge- 
dauert haben. Von Merida wurden sie dann nach Gades gebracht, und 
am Eingang in das Territorium dieser Inselstadt enthauptet. 

Florez weiss keinen andern Grund, dass Viator nach Gades auf 
dem Wege nach Tingis reiste, als weil er dort im Tempel des Herku- 
les seine heidnische Andacht verrichten wollte. Die nächste Ueberfahrt 
nach Tingis war Gades nicht. Aber die Heerstrasse führte direct von 
Merida über Asta nach Gades, und von da konnte man zu Schiffe be- 
quemer und schneller nach Tingis gelängen, als auf dem Landwege bis 
Belon, Joza Transducta, oder Mellaria. Ich sehe keinen Grund, dass 
Herkules, der .tyrische, den Römer Viator sollte nach Gades gezogen 
haben. Von jezt an konnte er die beiden Soldaten nicht mehr brauchen, 
weil er in Gades zu Schiffe steigen wollte. Er liess sie darum, nach- 
dem er sie lange genug gequält hatte, vor Gades enthaupten. 

Damals gab es in dem schon zerfallenden Gades sicher waiig Chri- 
sten , vielleicht nicht einmal eine Christengemeinde. Darum mochte man 
in Gades keinen Werth auf den Besitz der Leiber dieser Märtyrer legen. 
Später — war es zu spät, sie zu erhalten. Dennoch wurden die Beiden 
Patrone der Stadt und des Bisthumes Gades, und sie werden als solche 
heute noch verehrt — In der alten Kathedrale waren ihre BUdsäulen, 
und sie stehen auch in der neuen. — Der heilige Fructuosus begab sich 
auf seiner mehrfach erwähnten Wallfahrt nach Südspanien auch nach 
Gades* An einem Sonntage, während es stürmte und regnete, gieng er 
von Sevilla „nach der Insel, welche liegt in dem Gebiete von Gades. 
Als viele Bürger dieser Stadt , oder auch der Antistes — ihn zurückhal- 
ten wollten, weil es Sonntag, oder nicht gutes Wetter war — so solle 
er doch wenigstens bis nach der Messe dort bleiben, so verkündete er 
heiteres Wetter ^ das auch eintrat, und bestieg alsbald das Schiffe. — 



Die Märtyrer nnd Krieger Servandas and Germanus. 375 

Ihr jezt in ganz Spanien gehaltenes Fest gieng wohl von Sevilla 
aus. Es ist enthalten in dem Officium, das Sixtus V. im J. 1590 auf 
Bitten des Kardinals Castro genehmigte *). Von da wurde es in Cadix 
angenommen — 1620. Im J. 1727 — 5. April wurde das Decret der 
Ausdehnung des Festes auf ganz Spanien gegeben. In Toledo befand 
sich ausserhalb der Mauer ein berühmtes den beiden Märtyrern geweih- 
tes Kloster. Merida verehrt sie als seine Patrone (neben Eulalia). Im 
J. 1619 nahm sie Cadiz mit einer grossen Feier als seine Patrone an — 
ihr Fest ist dort ein^ gebotener Feiertag. 



') Florez, 13,314. 



Dreizehntes Kapitel. 

Der levlte and Märtyrer Vincentias. 

Seine Martyrakten sind nicht ursprüngliche Akten der Verhandlun- 
gen, weil Dacian, als besiegt, die Aufnahme derselben nicht gestattete; 
sie sind aber doch so alt und zuverlässig, dass sie für ächte gelten, und 
so betrachtet sie auch Ruinart. — Der Vater des Vinzenz war Euticius 
(Eutychius) *) , Sohn des Agressus, eines edlen ßathsherrn (wohl aus 
Zaragoza). Seine Mutter war Enola, gebürtig aus der Stadt Osca. Vom 
Knabenalter wurde Vincentius zum Studium angehalten. Von dem Bi- 
schöfe Valerius von Zaragoza wurde er zum Diakon gewählt. „Und 
weil es bekannt ist, dass dieser Bischof von schwerer Zunge war, über- 
gab er das Predigtamt dem Vinzenz, und* lebte selbst der Betrachtung 
und dem Gebete. Vinzenz aber vertrat oft seine Stelle. Dacian kam, 
und Hess Bischöfe und Priester ergreifen. Valerius und sein Archidia- 
kon eilten zum Bekenntnisse Christi. Dacian liess sie aber nach Valencia 
bringen, durch Gefängniss, Hunger und Ketten sie peinigen, damit er 
sie also überwinde. An Händen und am Halse — hatten sie die schwer- 
sten Ketten zu tragen, und fühlten durch alle Glieder jezt schon die 
Todesqualen. Dacian hoffte, sie seien jezt ermattet durch die Unbilden, 
und dadurch, dass sie^so lange von der menschlichen Gesellschaft ge- 
trennt gewesen, an Geist und Körper erschöpft. Er fürchtete ihren Tod 
vor der Pein, und liess sie jezt aus dem Gefängnisse führen. Er drohte 
ihnen, dass er sie auch im Tode nicht schonen werde, wenn sie nicht 
den Gözen opferten. Doch erschrack er bei ihrem Anblick, denn sie 
waren unversehrt am Leibe und an Kräften, und fragte seine Leute: 
Habt ihr ihnen denn reichlicher zu essen und zu trinken gegeben? Aber 



') Wie bei Hesychius, Esitius. 



Der Leyite tind Märtyrer Vincentias. S77 

Gk>tt hatte sie ernährt. Dann sprach er zum Bischöfe: Was treibst da 
denn, Valerius? Was thust du gegen die Fürsten unter dem Vorwand 
der Religion? Weisst du nicht, dass die ihr Leben auf das Spiel sezen, 
welche die königlichen Gebote verachten. Folge also dem, was dir ge- 
boten wird, deinem Beispiele werden leichter die Untern nachgeb^i. 
Aber auch du Vincentius, höre zu. deinem Frommen auf mane Worte, 
denn dich schmückt ein adeliges Geschlecht, und die Zier der lieblich- 
sten Jugend. Sprechet laut euren Entschluss aus, damit ihr entweder 
mit Ehren überhäuft, oder den schrecklichsten Qualen unterworfen 
werdet. 

Als der Bisehof schwieg: „denn er war von wunderbarer Einfalt 
und Unschuld, zwar gebildet in der Wissenschaft, aber von schwerer 
Zunge, so sprach Vinzenz: Wenn du willst, Vater, so will ich den 
Richter mit einer Antwort angreifen. Valerius: „Schon lange habe ich 
dir, geliebtester Sohn, den Dienst des göttlichen Wortes anvertraut. 
Aber auch jezt überlasse ich dir die Antwort für den Glauben, für 
welchen wir hier stehen^. Voll des heiligen Geistes sprach nun Vin- 
centius, dass sie mit Freuden für die Wahrheit in den Tod gehen. Es 
möge das in den Qualen absterbende Fleisch der teuflischen Grausam- 
keit zum Opfer fallen, wenn nur der innere Mensch unversehrt den 
Glauben seinem Schöpfer bewahre. Der Präses sprach: Schafft diesen 
Bischoffort, denn es ist gerecht, dass er die Verbannung dulde, weil 
er das kaiserliche Edikt verachtet hat. — Diesen Rebellen aber, der zur 
öflientlichen Schmach geworden, übergebet schweren Feinen. Bringt 
ihn auf die Folter: ziehet seine Glieder auseinander, und Verzerret sei- 
nen ganzen Körper. Als diess geschah, sprach Datian: Was sagst du 
nun, Vincentius, wo siehst du jezt deinen elenden Leib? Gestärkt von 
Gottes Gegenwart, antwortete dieser mit heiterer Miene : das ist es, was 
ich immer gewünscht, das ist es, womach ich mit meiner Sehnsucht begehrt 
habe. Niemand ist mir befreundeter. Niemand näher (als du). Du aber 
kommst meinen innigsten Wünschen am meisten entgegen. Siehe, schon 
werde ich zur Höhe erhoben, und höher, als die Welt, veracht' ich 
deine Fürsten. Ich will nicht, dass du meine Glorie minderst, und 
meinem Ruhme Eintrag thuest. Bereit ist der Knecht Gottes, alles für 
den Namen seines Erlösers zu erdulden. Erhebe dich also, und lass 
den Geist deiner ganzen Bosheit walten. Vor Zorn schrie Dacian,^ und 
mit Geissein und Stricken schlug er auf seine Henker* Vincentius 
sprach: Was sagst du, Dacian? Siehe schon werde ich gerächt an dei- 
nen Schergen, eine Rache in der Pein hast du mir selbst bereitet. — 
Besiegt mussten die Henker ablassen. Dacian rief den Soldaten zu: 
Was thuet ihr? Ich kenne eure Hände nicht mehr. Hartnäckige Mörder 
habt ihr oft besiegt, das tiefe Schweigen der Eltemmörder und Zauberer 
habt ihr gebrochen. Aber sammelt wieder euere Kräfte. Tiefer soll das 
Eisen in sein Inneres dringen, und Seu&en, nicht Hohn soll aus ihm 



378 Viertes Back. Dreizehntes Kapitel. 

mederionen. Läebelnd sprach Vincentius; das ist es wohl, was ge- 
schrieben steht, dass sie sehend nicht sehen , und ^örend nicht verstehen 
Yrerden. Denn Christas den Herrn bekenne ich, den Sohn des höchsten 
Vaters, den Eingeborenen des Einzigen, ihn mit dem Vater nnd dem 
heiligen Geiste, bekenne ich als einzigen und wahren Gott. Weil ich. 
bekenne, was wahr ist, sagst du, dass ich leugne. Quälen musst du 
mich vielmdnr, wenn ich lüge, wenn ich deine Fürsten Götter nenne. 
Aber quäle mich länger, der ich bekenne, und — ich bitte dich, höre 
nicht auf, mich zu peinigen; damit du mit deinem ob auch sacrilegischen 
Geiste die erprobte Wahrheit ahnen, und mich als ihren unbesiegbaren 
Bekenner erproben mögest. — Ich opfere dem einen und lebendigen 
Gotte , der gepriesen ist in Ewigkeit. 

Schon floss das Blut nicht bloss von der Seite, sondern aus allen 
Theilen des Leibes. Offen lagen die innersten Eingeweide, getrennt 
waren die Sehnen von den Gelenken. Dacian konnte nun den Seinen 
nicht mehr zürnen; aber dass er besieget wurde, darüber wunderte er 
sich selbst. Er sprach: Habe Mitleid mit dir, Vincentius. Dieser ant- 
wortet: O giftige Zunge des Teufels, was solltest du gegen mich nicht 
thun, der du unsern Herrn und Gott versuchen wolltest? Ich fürchte 
nicht die Qualen deines Zornes. Diess vielmehr befürchte ich, dass du 
Mitleid heuchelst. Alle Feinen vielmehr mögen an die Reihe kommen, 
und was du mit deinen bösen Künsten und deiner Bosheit vermagst, das 
wende an. Denn du sollst den unter dem bittersten Gifte süssen Glau- 
ben und die Standhaftigkeit des christlichen Geistes erfahren. Denn der 
giebt die ausdauernde Stärcke, welcher zu den Seinen spricht: Fürchtet die- 
jenigen nicht, welche den Leib tödten, der Seele nichts anhaben können. 
Mindere also nichts an deinen Qualen, damit du bekennen müssest, in 
allem besiegt zu seyn. 

Dacian sprach : Dieser werde zu der gesezlicben Untersuchung über- 
geben, und solle grössere Qualen dulden, und wenn sein Leben so 
lange ausdauert, so mögen unter den Feinen seine Glieder erliegen. 
Besiegen kann mich dieser nicht, so lange er lebt. Vincentius: O ich 
Glücklicher ! diese deine Drohungen sind mir zum Lobe und zum Ruhme, 
dein härterer Schrecken ist meine höhere Beseligung. Je schwerer du 
also zu zürnen glaubst, um so mehr erbarmest du dich (meiner). Jezt 
wurde der Levite Vincentius von der Folter genommen, und, zum 
Feuergalgen geschleppt, eilte er seinen Henkern beinahe voran. Das 
Bett mit den eisernen Rippen wurde gebracht , und über glühende Kohlen 
sollte der Märtyrer gelegt werden. Freiwillig bestieg er den glühenden 
Rost; er wird gequält, gegeisselt, verbrannt, und mit ausgerenkten 
Gliedern wächst er zur Pein. Auf Brust und Glieder werden glühende 
Bleche gedrückt, es flieisst das geschmolzene Blei auf den glühenden 
Rost, die knirschende Flamme wh'd mit Fett begossen, Wunden werden 
den Wunden geschlagen. Salzkömchen, im Feuer knirschend, bedecken 



Der Levite mid Märtyrer Vlnceiitiafl. 379 

seine GUeder; die Feinen enreidben nicht bloss die Glieder, ^sonderb dds 
innerste Leben. Kein Tbeil des Köi^pers ist mehr ohne Wunden. Un- 
bewegt bleibt der Knecht Gottes, und mit zum Himmel geriehteton 
Augen betete er zu Gott. 

Dacian fragt seine Soldaten, was Vincentius thue, was er sage? Sid 
antworteten: mit heiterer Miene, mit starkem Geiste sei er dureb alla 
Qualen hindurchgegang^i; und hartnäckiger als von Anfang sei er im 
Bekenntnisse Christi. Wir sind besiegt, sprach Daoian. Noch ist übrig 
eine Pein; der Geist, der nicht zu zähmen ist, soll gestraft werden. 
Suchet einen dunkeln Ort, von jedem Lichte fem. Dorthin bringet 
scharfe Scherben, darauf leget seinen Leib. Es werden seine Beine 
ausgerenkt und auseinander gerissen, seine Füsse in das Holz gespannt: 
damit nach zerrissenen Gliedern der Rebelle gegen die Fürsten aus- 
hauche. Dann lasset ihn allein in seiner Finsterniss. Verschlossen seien 
alle Zugänge» Nur meldet es, wenn er a*schöpft ist. So gesdiah es. 
Als aber die müden Henker eingeschlafen,, — siehe — da nimmt die 
Nacht jenes Kerkers das ewige Licht auf, es brennen Kerzen ^ strahlen- 
der als der Glanz der Sonne, der Block fällt von den Füssen, die har- 
ten Scherben werden süsse und weiche Blumen vojl des Wohlgeruches, 
wodurch der unbesiegte Streiter Christi gestärkt, Psalmen und Hymnen 
Gott singend, fröhlich auQubelt. Seine schreckliche Einsamkeit wird 
erquickt durch die Menge der Engel ; umwallt von ihrer dichten Schaar, 
wurde der herrliche Märtyrer durch ihren ehrfurchtsvollen Dienst ge- 
pflegt, durch ihre Ansprache erquickt. Erkenne es, sprechen sie, unbe- 
siegter Vincentius, für welchen Namen du treu gestritten hast, er selbst 
bewahret die dir zubereitete Krone im Himmel, der dich zum Sieger 
gemacht hat in den Peinen. Sei .darum sicher deines Preises, denn bald 
wirst du ablegen die Last des Fleisches, und in unsere Reihen eintreten. 
Es erscholl der Preis des Herrn, und die lieblichen Stimmen der Engel 
hallen in die Feme. Verwirrt erwachen plözlich die Wächter., Ver- 
schlossen ist die Thüre, und durch die Ri^en hineinblickend sehen sie 
Diener Gottes mit der Schönheit der Gestirne glänzen, die finstere 
Höhle strahlen von einem unendlichen Lichte, die spizigen Scherben 
überall blühen, den heiligen Märtyrer Gottes, gelöst von allen Banden, 
wandeln und singen. — Das ergriff die Wächter; sie wurden Christen, 
und begehrten nun dem zu dienen, an dessen Ermordung sie vorher 
gearbeitet hatten. Es war auch die benaohbarte Menge der Gläubigen 
gekonamen, trauernd, jezt aber der Freude voll; fürchtet euch mcht, rief 
Vincentius, und wollet das Lob Gottes nicht geringschäzen ; eilend 
strömt herein, und schöpfet sicher den Trost der Engel. Wo ihr Fin- 
sterniss zurückliesset, da freuet euch über das Licht. — Gelöset sind die 
Bande, gewachsen sind die Kräfte, weiche Decken haben den Körper 
erquickt. Wundert euch vielmehr, und bekennet mit aufrichtigem Lobe 
Christum, der in seinen Knechten stets Si^er ist. — Man melde ea 



380 Viertes Bach. Dreizehntes Kapitel. 

also dem Dacian, welches Licht ich geniesse. Er möge noch thun an 
mir, was er rermag. Nur sein Mitleid fürchte ich, nnr — dass er sich 
den Sdiein geben wolle, zu vergeben. 

Da er diess hörte, sprach Dacian: Was sollen wir noch weiter 
thun? Wir sind besiegt Es werde darum sein Leib gebracht in ein 
Bett und mit weichem Decken gepflegt Denn ich will ihn nicht noch 
ruhmreicher machen , wenn er unter Qualen ermattet Die einen Augen- 
blick gewährte Buhe möge die von den Qualen aufgeriebenen Glieder 
erquicken; — dann soll er, selbst erneuert, neuen und ausgesuchten 
Qualen übergeben werden. Während aber Dacian in eitlem Wahne 
Feinen vorbereitete, entscheidet Christus gnadenvoll über den Preis. 
Denn als der Märtyrer Gottes in das Bett gebracht, und von frommen 
Händen der Heiligen in weichen Hüllen niedergelegt worden, so fiel 
er alsbald einem kostbaren Tod anheim, und übergab dem Himmel 
seinen Geist. Man konnte sehen, wie die Schaaren der Umstehenden 
die Fersen des Heiligen wetteifernd küssten, die Wunden des ganzen 
zerfleischten Körpers mit frommer Neugierde berührten, das Blut in 
ihren Leintüchern auffiengen, damit es in heiliger Verehrung auf die 
Nachkommen gelange. 

Auf die Kunde seines Todes sprach Dacian : Konnte ich den Leben- 
den nicht besiegen, so will ich den Todten strafen. Mit dem entseelten 
Körper ist kein Kampf. Werfet ih^i auf das freie Feld, damit er von 
wilden Thieren und Vögeln verzehret werde; damit nicht die Christen 
seine Reliquien nehmen, und sich rühmen, einen Märtyrer zu besizen. 
Es geschieht; aber wieder wachen und dienen Engel um seinen Leib. 
Ein Rabe , ein träger langsamer Vogel, sass nicht ferne, schien zu trauern, 
vertrieb die sich nahenden Vögel, und als plözlich ein gräulicher Wolf 
in schnellem Laufe kam, trieb er ihn vom Körper hinweg. Mit rück^ 
wärts gewendetem Halse schaute dieser staunend nach dem heiligen 
Leib, und — wie wir glauben, wunderte er sich über die Wächter, 
die Engel. Was einst mit Elias und dem Raben geschehen, das ge- 
schah jezt wieder mit Vincentius. Erschreckt sprach Dacian , ich fürchte, 
dass ich auch den Todten nicht besiegen werde. Aber er werde in's 
- Meer versenkt Der Leib werde in den Sack eines Eltemmörders ein- 
genäht, und weit hinaus in's Meer gebracht, damit Fische und Bestien 
des Meeres ihn verzehren; und durch einen Mühlstein an seinem Halse 
werde er in die Tiefe versenkt. Ein gewisser Eumorphius, ein Mensch 
von gemeinem Sinne und verruchtem Herzen, sammelte aus der Stadt 
Matrosen, bestieg mit ihnen das Schiff, und fuhr weit hinaus in*s Meer. 
Als schon die Spizen der Berge ihren Augen entschwunden waren, 
warfen sie ilm mitten in das Meer. In wilder Freude meldeten sie es 
dem Dacian, damit sie die ersten Boten wären. Aber der Leib des 
Heiligen- war ihnen schon zuvorgekommen, und an's Ufer getragen 
worden« 



Der Levite und Märtyrer Vinoentius. 381 

Der Märtyrer erschien in der Verzückung einem Manne , und zeigte 
ihm den Ort, wo sein Körper liege. Da dieser zögerte, hinzugehen, 
so wurde eine Wittwe im Schlafe ermahnt (Namens Jonica), voll des 
Alters und der Heiligkeit, an welchem Orte am Sande des Meeres der 
Leib des Heiligen sei. Diese Vision theilte sie insgeheim mehreren 
Christen mit, und mahnte sie, an den Ort zu gehen. Sie kamen dahin. 
Bald fanden sie den Leib des seligen Vincentius am Strand des Meeres, 
den die Wunder Gottes auf der Erde und in dem Meere verherrlicht 
hatten. Da sie ihn wegen der Wuth der Heiden nicht geziemend be- 
statten konnten , brachten sie ihn in ein kleines Kirchlein zur Beerdigung. 
Als aber die Verfolgung nachliess, und die Verehrung der Gläubigen 
wuchs, wurde der seligste Märtyrer von dort erhoben, und unter dem 
heiligen Altare ausserhalb der Stadt Valencia niedergelegt, wo auf seine 
Verdienste die Wohlthaten Gottes gewährt werden. 

Der berühmte Hymnus (5) des Prudentius — auf den Leviten Vin- 
centius T- schliesst sich genau an diese Akten an, so dass man siehet, 
sie haben dem Prudentius vorgelegen; denn, er hat nur eine poä'tische 
Umschreibung derselben gegeben, und Differenzen, wie bei dem Hymnus 
auf Eulalia, werden hier vergebens gesucht. Gesucht und unwahrschein- 
lich ist, dass Dacian den Leviten nach den heiligen Büchern der Chri- 
sten gefragt; denn in Valencia war wohl kein Bischof , und der gefangen 
gehaltene Vincentius konnte von Valencia nichts wissen. Unrichtig ist, 
wenn Prudentius nur von einem einzigen Wächter des Leviten weisö. 
Dass Dacian vor Zorn geweint habe, ist sehr unwahrscheinlich. Auch 
sagen die Akten nicht, dass einzelne Gläubige das Blut des Vincentius 
gesaugt haben. — Zur Zeit des Prudentius wurde das Grab des Heiligen 
schon von allem Volke besucht. 

Alle Märtyrer Spaniens überstrahlet der Levite Vincentius, neben 
Stephanus und Laurentius der dritte der Diakone, dessen Ruhm die 
ganze christliche Welt erfüllt, und der in der Litanei zu allen Heiligen 
von der ganzen Kirche ohne Unterlass angerufen wird. Er ist wahr- 
haft, wie Laurentius, ein Liebling der christlichen Völker geworden. 
Wir haben von Augustin vier Lobreden, die er zu seiner Ehre hielt; 
aus denselben geht hervor, dass ihm die obigen Martyrakten be- 
kannt waren. Nach seinem Zeugnisse wurde schon damals, hundert 
Jahre nach seinem Martyrium, sein Fest auf dem ganzen Erdkreise 
gefeiert *). Li den Kirchenkalendem der Griechen wie der Lateiner 
stehet sein Fest am 22. Januar. Ihn feiert Paulinus von Nola ^). 
Gregor von Tours spricht im 3. Buche der Geschichte der Franken von 
der Tunika des Märtyrers, imd in dem (1.) Buche „von dem Ruhme 



») Äug, ö, 276. 

*) Paulinus N. c. 19 et 30. 



382 Viertes Buch. Dreizehntes Kap. Der Levite u. Märtyrer Vineentius. 

der Märtyrer spricht er von seinen Wundem, und den ihm geweihten 
{[irchen *). — Ihn feiert Venantius Fortun^tufi ^). 

Wer möchte die Kirchen und die Klöster zählen/ die in allen Län- 
dern seinen Namen trugen und tragen, vom heiligen Vorgebirge an, 
das von dem dort errichteten Kloster^ welcl^es eine Zeit lang in dem 
Besize seiner Reliquien zu seyn sich rühmte — den Namen Cap San 
Vincent erhalten, bis zu den fernen Ländern des Ostens? Die Kirche 
des Vineentius war im sechsten und siebenten Jahrhundert eine der 
prächtigsten in Sevilla. — In Frankreich allein gab es im siebenzehnten 
Jahrhundert vier Kathedralen, die seinen Namen trugen: die von ChÄ- 
lons an d^ Saöne, von Ma9on, von Viviers, von Set. Malo in der 
Bretagne. Das weltberühmte Kloster Set Germain des Pr^s trug früher 
diesen Namen. — Als die Frankenkönige Childebert und Chlotar Sara- 
gossa belagerten, riefen die Einwohner dieser Stadt mit grossem Eifer 
den heiligen Vineentius an, und trugen im Angesichte der Franken 
seine Stola auf den Mauern herum. Childebert, dadurch ergriffen, ver- 
sprach, von der Stadt zu weichen, wenn ihm der Bischof der Stadt, 
Johannes, die Stola des Heiligen gäbe (537). Der Bischof gab sie ihm. 
Als Childebert nach Paris ziurückgekehrt war, baute er eine prächtige 
Kirdbie zu Ehren des heiligen Vineentius [um 542] ^). Die Kirche war 
in Form eines Kreuzes gebaut, hatte Marmorsäulen. Innen sah man 
Gemälde auf Goldgrund; das Dach war mit vergoldeten Knpferplatten 
bedeckt Bischof Germanus gründete an der Kirche ein Kloster. Die 
Kirche selbst wurde im J. 558 geweiht, und zugleich die Exequien für 
den König Childebert gehalten. Set. Germanus (f 576) wurde in einer 
Kapelle der Vinzenzkirche begraben; im J. 754 wurde sein Leib in die 
Kirche selbst übertragen, welche allmälig den Namen Set Gecmain 
erhielt 



') De Gloria martyrum c. 90. 

«) VenanU Fort 1,8.9, 

*) Florez-Risco, 80,127—29. 



Yierzehntes Kapitel, 

Die Märtyrer Spaniens — im Allgemeinen. 

Das christliche Spanien — hat Gott für viele Gnaden zu danken^ 
welche ihm vor andern Völkern, oder -wenigstens in höherm Masse, als 
diesen , zu Theil geworden sind. Die Erstlinge der Gläubigen aus diesem 
Volke reichen hinauf in die ersten Jahre der apostolischen Thätigkeit. 
— Abgesehen von Rom und Italien, ist Spanien das einzige Land im 
Abendlande und in Afrika, welches die Füsse eines Apostels betreten 
haben. Durch es ssog, am Abende seines Lebens, der grosse Völkeiv 
lehrer Paulus. Gesendet von den beiden Fürsten der Apostel lenkten 
die sieben Apostelschülel* ihren Lauf und ihre Schritte in die Mitte dieses 
Landes, und Cemden an getrennten Orten in Spanien ihr gemeinsamee 
Grab. — Still und unbeachtet von der Welt sprosste und blühte die 
junge Saat des Evangeliums in Spanien dem Siege und dem Himmel 
entgegen. 

Als der grosse Sturm der Verfolgung durch die Kirche zog, so 
fand er feste Säulen des Glaubens in Spanien, die sich vor ihm nicht 
beugten. Ungebrochen im Geiste gaben sie ihr Leben für den Herrn. 
Aus allen Ständen und Klassen der Gesellschaft giengen diese Blut- 
zeugen hervor. Den Reigen der Kämpfer eröfihet der liebliche Martyr- 
bischof Fructuosus, der Greis; und wetteifernd mit ihm, eilten die bei- 
den Eoiaben Justns und Pastor, die Krone der Sieger zu erlangen. 
Werden unter den Blutzeugen Spaniels in jener ersten Zeit auch keine 
Priester genannt, so erlangten doch in spätem Jahrhunderten, beson- 
ders im neunten Jahrhunderte zu Cordova, zahlreiche Priester den Sie- 
geskranz, allen voran der Priester Eulogius, erwählter Erzbischof von 
Toledo. Werden in diesen Zeiten auch keine Priester als Märtyrer 



384 Viertes Bach. Vierzehntes Kapitel. 

genannt *) , so haben doch Priester Märtyrer erzogen (wie Donatus die 
Jung&au Eulalia von Merida). Aber zahbreich vertreten unter der Schaar 
der Märtyrer ist der — wenig zahlreiche — Stand der Diakonen. Eulo- 
gius und Augurius stiegen mit ihrem Bischöfe Fructuosus zum Himmel. 
Drei Tage nach dem Bischöfe, dem Papste Xystus, folgte der ;,Levite 
Laurentius^. Auf alle folgte, alle überragte Yincentius, den Saragossa, 
den Valencia, den Spanien, den Frankreich, den Rom und Italien, den 
der ganze christliche Erdkreis den „seinigen^ nennt. Er ist ein Lieb- 
ling aller Völker, und verdient es zu seyn. — Zahlreich in den Keihen 
der Märtyrer Spaniens sind die Krieger, und die Jungfrauen. Jene 
sind durch sechs Helden vertreten: Marcellus, Cassianus, Emeterius und 
Chelidonius, Germanusund Servandus; vielleicht, dass auch die „drei 
Kronen^ von Corduba Krieger waren. Am meisten aber tritt der Stand 
der Jungfrauen hervor unter den Blutzeugen Spaniens. Ihnen dürfen 
wir auch die Bekennerin Leocadia beizählen. 

Es war eine Zeit der Kämpfe und der Ge&hren, aber auch eine 
Zeit der Siege und endlosen Segens für Spanien, der Sturm dieser Ver- 
folgung, welcher Spanien und dem Himmel die Schaar dieser Märtyrer 
schenkte. Ein süsses, ein heiliges Band der Liebe knüpfte das christ- 
liche Spanien aller Jahrhunderte an diese Erstlinge seiner Heiligen und 
seiner Blutzeugen. Die Liebe zu ihnen senkte sich tief in das Herz des 
Volkes. An ihrem Beispiele, an ihrem Vorbilde, an ihren Kämpfen 
und Siegen erhoben sich die Hunderttausende; und wie über den Grä- 
bern und zu Ehren dieser Heiligen sich prächtige Tempel schon im 
vierten Jahrhunderte erhoben, so erbaute sich der geistige Tempel des 
christlichen Spaniens für und für an den ruhmreichen Helden seines 
Blüthenalters. 

Die Völker leben nicht von der Erde, nicht von der Fruchtbarkeit 
und dem Ueberflusse ihres Landes leben sie. Sie leben aus dem Geiste 
und seiner Kraft; sie leben a\is Gott, soweit sie gottgefällig leben, imd 
sie leben aus dem . gottgesehafFenen und gottverbundenen Leben ihrer 
Väter und Vorfahren. Ein Volk, das keine Geschichte seiner Vergan- 
genheit hat oder diese Geschichte verachtet, wirft seinen angestammten 
Adel von sich. Noch hatte Spanien selbst keine Märtyrer (mit Aus- 
nahme des Fructuosus und seiner Gefährten); aber Eulalia von Merida 
las stets die Leidensgeschichte des Märtyrers Tyrsus. An ihr und aus 
ihr schöpfte sie das Verlangen und die Kraft, selbst zu sterben für den 
Glauben. Die Spanier der spätem Zeit erhoben und ermannten sich 
an der Geschichte der Passio der heiligen Eulalia, und ihrer Gefährten 
im Martyrthum jener Zeit , sie ermannten sich , wenn nicht zu dem Mar- 
tyrtode, doch zu dem treuen und standhaftien Bekenntnisse des christ- 
lichen Glaubens. 



>) Vielleicht war Crispinas von Astigi — Presbyter. 



Die Märtyrer Spaniens — im Allgemeinen. 385 

Wör möchte auch nur von Feme ahnen, wie viel Gnaden und 
Segnungen das christliche Spanien seinen Heiligen , und besonders diesen 
Blutzeugen zu verdanken habe, welche so eben an unsern bewundern- 
den Blicken vorübergegangen sind? Der geistige Wechselverkehr der 
Himmlischen mit, den Irdischen entziehet sich unserm geistigen Auge. 
Aber wir vermuthen, wir ahnen ;; wir freuen uns dieses Wechselver- 
kehres — des Bittens und Fürbittens, des Verlangens und Erlangens. 
In allen Jahren und Jahrhunderten, in, allen Stürmen der Yerfolgung^i, 
die Spanien heimgesucht haben, hat sich das gläubige Volk der mäch- 
tigen Fürbitte seiner Heiligen und Märtyrer getröstet, und es ist nicht 
getäuscht worden. Als Papst Gregor XVI. am 22. Februar 1842 das 
spanische Jubiläum ausschrieb, hat er diesem frommen Glauben einen 
beredten Ausdruck in den Worten gegeben: „Mögen sie (die Katholiken) 
alle sich ftissfällig wenden an die jungfräuliche Gottesgebärerin, der 
Kirche mächtigste Helferin, der Christenheit liebreichste Mutter, und Spa- 
niens treueste Beschüzerin. Mögen sie überdiess die Fürbitte des Fürsten 
der Apostel — , mögen sie die Fürbitte der Himmlischen aller anrufen, 
zumal derer, welche Spanien so sehr verherrlicht haben durch Tugend, 
Heiligkeit und Wunder. '^ 

Wir haben es oft gehört und gesagt, dass die Gnade die angebome 
oder anerschafifene Natur nicht aufhebe. Die spanischen Heiligen sind 
grosse Heilige, aber sie sind und bleiben Spanier. Die spanischen Mär- 
tyrer stehen hinter den Blutzeugen keines Volkes und Landes zurück, 
aber sie sind und bleiben als Märtyrer — Spanier. Wir wollen diess 
nicht loben; aber woher hätten wir ein Recht, es zu tadeln? Sie haben 
die Palme des Sieges erreicht; und dabei ist es gleichgiltig, ob sie ihre 
Peiniger mit scharfen Worten anredeten, die Gözenbilder zertrümmerten, 
oder selbst ihren Richtern in das Angesicht spieen. — Es war diess 
kein Troz, keine Selbstüberschäzung, kein Zorn, es war die angebome 
Natur ihres Volkes. Wären sie den Feinen unterlegen, dann hätten 
wir ein Recht, sie zu tadeln. Nun sie aber als Sieger hervorgiengen 
aus dem Kampfe , wäre jeder Tadel ihrer Haltung, milde es ausgedrückt, 
Engherzigkeit oder* Unverstand. 

Diese natürlichen Aeusserungen , welche jedenfalls Nebensache sind, 
kommen, weil sie als Eigenthümlichkeiten des spanischen Nationair 
Charakters erscheinen, auch sonst und auch in früher Zeit bei Spaniern 
vor, wejun sie den Tod erlitten. Schon zur vorchristlichen Zeit sah 
man gekreuzigte Sclaven, wie sie ihre Peiniger vom Ejreuze herab ver- 
lachten und höhnten. Zur Zeit des cantabrischen Krieges unter Au- 
gustus — sangen gekreuzigte Spanier mit aller Kraft am Kreuze (wie 
kürzlich noch, am 8. Dezember 1861, Josef Borges mit seinen Gefährten 
sein eigenes Sterbelied sang). „Als das von Natur trozige imd wilde 
Volk,^ sagt ihr Landsmann Orosius, „die Unmöglichkeit des Wider- 
standes sah, entschloss es sich aus Hass der Sclaverei zu dem freiwilligen 

Garns, fpan. Kirche, 25 



386 Viertes Bach. Vierzehntes Kap. Die Märtyrer Spaniens — im Allgemeinen. 

Tode. Denn wetteifernd tödteten sich beinahe alle durch Feuer, Schwert, 
und Gift*).* — In unvergänglichem Andenken ist der Todesmuth der 
Bewohner des alten Numantia und des alten Calagurris. Der für sein 
Leben zitternde Kaiser Augustus glaubte sein Leben keinem sichereren 
Schuze anvertraueti zu können, als einer Leibwache von Spaniern, der 
sogenannten Gehörte der Calagurritaner. Was in der alten Zeit ge- 
schah, das hat sich in unserm Jahrhunderte erneuert und wiederholtj 
z. B. in Gerona, Saragossa, Valencia, Madrid, und an zahlreichen Orten. 
Wenn heute ein zweiter Napoleon I. wieder Spanien überfallen würde, 
dürfte er desselben Empfanges, das ist desselben Widerstandes bis zum 
Tode, gewärtig seyn. 



») Oros. kistor, 6, 21, 



Fünfzehntes Kapitel. 

Die Inschriften — lieine Quelle für die Geschichte der ersten 

Jahrhunderte der Kirche Spaniens. 

Wir haben im Verlaufe dieser Darstellung schon wiederholt Ge- 
legenheit gehabt, uns zu überzeugen , dass ein ungebändigter und unge- 
zügelter Local- Patriotismus die grössten Störungen und Verheerungen 
auf dem Gebiete der spanischen Karchengeschichte hervorgerufen habe *). 
— Von all' den Inschriften, welche herumgetragen, und Jahrhunderte 
lang als Quellen für die spanische Kirchengeschichte benüzt wurden, 
ist nicht eine unzweifelhaft acht. Wir wollen diess nur an den allbe^ 
kannten Inschriften nachweisen. 

Allbekannt ist die angeblich aus der Zeit des Kaisers Nero stam- 
mende Inschrift, welche zuerst Aldus Manutius im J. 1671 veröffent- 
lichte, welcher sodann Baronius durch Aufnahme in — seine ^^Annalen^ 
die weiteste Verbreitung^ gegeben hat^), und welche lautet: 

Neroni Claudio 

Caesari Äug, 

Pont. Max, ob 

Provinciam La 

tronibua et kia 

Qfä novam Oe 

neri Humano 

SupentUUmem 

Inctde(ä>ant 

PurgcOam. 



') Siehe 8.179-^183; 346—350. 

*) Annakg Baron, 69 ^ nr, 46. — Akku Man,, poMt »ckoUa in eommemlar, Caetaria in 

degcnpL provinciae Hispaniae ex rtMs pagi Maramesar (dieser Ort findet sich 

nicht bei Madoz). 

25» 



388 Viertes Buch. Ffinfzehntes Kapitel. 

Das ist: Dem Claudius Nero Cäsar Augustus, dem obersten Priester, 
zum Danke der Befreiung der Provinz von den Räubern, und von den- 
jenigen, welche dem menseUiehen Geschlechte einen neuen Aberglauben 
aufdrängen wollten*). Diese Inschrift trägt alle Spuren der Unächtheit 
auf der Stirne. Aber „der Schmied*' oder „die Schmiede*' derselben 
glaubten dadurch ihr Vaterland zu verherrlichen, wenn sie auf Stein 
oder Marmor nachwiesen , dass das Christenthum schon unter dem Elaiser 
Nero in Spanien verbreitet gewesen, und dass Spanien schon damals 
Märtyrer gehabt habe. — Ich will gänzlich von den innern Grün- 
den absehen, welche gegen die Aechtheit dieser Inschrift sprechen; die 
äussern Gründe genügen, sie zurückzuweisen. — Scaliger*), Gisbert 
Cuper, Joh. Casp. Hagenbuch bestritten im vorigen Jahrhundert die 
Aechtheit der Inschrift. Joh. E. Imm. VV"alch vertheidigte sie wieder- 
holt 3). — J. Gruter und Grävius *) theilten dieselbe Inschrift in ver- 
änderter Form mit (u. a. Caü statt Caes). Sie berichten, dass sich die- 
selbe in einem Weiler von Lusitanien, Namens Marquesia, befinde. 
Das scheint mit A. Morales zu stimmen, der die Inschrift auf die be- 
rühmte, theilweise noch erhaltene Silberstrasse [Camino de la Plata, 
den M. Willkomm vor zwölf Jahren begangen und beschrieben hat *)], 
zwischen Merida und Salamanca verlegt. Diese Strasse läuft innerhalb 
des heutigen Spaniens; aber ich finde weder einen Ort Marquesia noch 
Maramesar in Spanien. 

Sehr verdächtig ist ferner, dass Andere diese Inschrift nach der 
alten Stadt Clunia, nördlich vom Duero -Flusse, dem heutigen Corunna 
del Conde, verlegten. — Verdächtig ist es an sich, und auch dess- 
wegen, weil die zweite angebliche Inschrift über die Christenverfolgung 
unter Diodetian gleichfalls in Clunia entdeckt seyn will. „Thatsache ist,^^ 
sagt der gewissenhafte H. Florez, „dass weder Morales, noch irgendein 
anderer Spanier, welche über dieselbe geschrieben, die Inschrift gesehen 
haben. In der lezten Inschriftensammlung von Muratori wird sie unter 
die unächten gesezt^).** Da indess Pagi behauptete, dass die Inschrift 



») SaccarelUy Bist, eccles, U 1 (1771) An, 47, 

*) ScaUffCTf de emendat. temp, l. V, p. 471. 

') Walch, Marmor Hispaniat antiquum vexationis christianor, Neronianae insiffne docu- 
mentum illustratum, Jenae 1750 , in 4^. — PeraecuHonis christianorum Neronianae in 
Hiapania ex antiquis monumentia probandae uberior eocplanatio, Jenae, 1753. 4. — 
Siehe G. B. Winer, Handbuch der theologischen Literatur, 1838, S. 591. 

^ Inecriptiones anHguae totiua orhis romani, in abeohUssimum corptu redactae a Jano 
Crrutero, Amstehdami, 1707, 4 vol. 

*) M. Willkomm y Wanderangen, 2,328. »Die a^te Via mlitaris (hinter Segovia 
nach Salamanca) ist ziemlich breit, und mag vor 2000 Jahren ganz vortrefflich 
gewesen seyn. — Sie steigt in vielen Zickzacks zwischen Felsenmassen bis 
zn dem Kamme der Bergkette empor. 

•) Florez, Bsp, «. 3, 153, Pagi, Criüca, 64^ nr, 4, 



Die Inschriften — keine Quelle für die Geschichte etc. 389 

sich in Pisuerga befinde , welches kein Ort, sondern ein Nebenfluss des 
Duero ist, so begab sich Florez im J. 1746 nach dem Orte Herrera de 
Bio Pisnerga, wo Ruinen gezeigt wurden, und fand nichts. Cajetan 
Cenni behauptet unbegründeter Weise, dass der nachmalige Kaiser Galba 
diese Inschrift sezte*). — Trozdem ist Florez geneigt, die Aechtheit 
der Inschrift anzunehmen, und bedient sich der sogenannten Gründe 
der Wahrscheinlichkeit, die für uns kein Gewicht haben, da Niemand 
die Inschrift selbst gesehen, und Niemand den Ort angiebt, wo sie ge- 
funden wurde. — Masdeu ^) verlegt die Inschrift in die Gegend des 
Flusses Pisuerga, und yermisst sich, alle Zweifel an der Aechtheit der- 
selben zu zerstreuen. Er nimmt ohne weiteres an, dass unter Nero eine 
vierjährige blutige Verfolgung Spanien heimgesucht. Er behauptet , ohne 
Beweis, dass Spanien für diese, ui^d die Diocletiam'sche Verfolgung viele 
römische Inschriften besize, vier im Königreiche Leon, drei in Alt- 
castilien, an deren Aechtheit man nicht mit Grund zweifeln könne. 
Seine Gründe aber sind eigentlich nur Versicherungen, dass dem so sei, 
und dass man zum Zweifel keinen Grund habe^). 

Noch viel berühmter, als diese angebliche Inschrift aus der Zeit 
Nero's, ist die Inschrift auf das Ende der Diocletianischen Verfolgung. 
Entscheidend gegen die Aechtheit ist, dass die Inschrift Niemand ge- 
sehen hat, dass sie an verschiedenen Orten auf&refunden seyn will, dass 
sie in verschiedenen Formen herumgetragen ^r,J, so dass w nicht 
wissen, ob wir eine, ob wir mehrere, ob wir viele Inschriften vor uns 
haben. Florez führt zwei an: 

Diocletian, Jovius e^ Maximianm HercuLius Caess. 
Augg. ampliflcato per orientem et oceid, imp, rom. 
et nomine chrütianor. ddetOj qui remp. evertebtmt. 

Die zweite Inschrift lautet: 

Diocletian. Caes, Aug. 
Qalerio in Oriente a- 

dopt, st^erstiHone 

Christ, ubiqu. deleta et 

CuUu Deorum propagato*). 

Masdeu stellt unter der Ueberschrift Corunna del Conde, d. i. Clunia, 
beide Inschriften ohne weiteres neben einander*). Ich wundere mich, 
dass er nicht auch noch andere ähnliche Inschriften aus andern Gegenden 



') Cenni y de antiq, eccl. Hisp, 1740, t. 1, 48, 

^) Storia criiica de Espanna , t. 5, p, 86, nr, 172, 

») Masdeu, L 8, 214 (Madrid 1790). 

*) Florez, 3, 185. 

*) Masdeu, CoL nr. SSO, 351. 



390 Viertes Buch. Fünfzehntes Kapitel. 

Spaniens ztuBammengestellt hat. Denn der englische Beisende Carter, 
der etwas früher Malaga besucht hat, führt eine angeblich in Malaga 
gefimdene Inschrift an, welche er freilich selbst nicht gesehen hat: 

8. ß. Imper. Dioclet. et Max. ob 

novam superstitionem purgatam sub 

aram DiÜs P(xt. Ordo Malac. 

eine Inschrift, welche also [der Stadtrath von Malacca zu Ehren der 
Kaiser hätte sezen lassen ^). 

Florez muss gestehen, dass kein spanischer Schriftsteller diese In- 
schriften, welche bis heute in den kirchengeschichtlichen Hand- und 
Lehrbüchern regelmässig angeführt werden, gesehen habe. Er meint 
mit Recht, dass die Thatsache der (blutigen) Verfolgung dieser Beweis- 
mittel nicht bedürfe. Das Uebermass der Abgeschmacktheit ist vollends 
eine Inschrift, welche man in Tera, einer Biegung des Flusses Duero, 
geiunden haben will, nach welcher die vier unbesiegten Cäsam, die 
sich sammt und sonders Imperatoren und perpetuirliche Augusti nennen, 
gebaut haben in dieser Krümmung des Flusses Duero der Mutter der 
Götter eine Kapelle, unter dem Namen der grossen Pasiphae', und noch 
besonders der Diana eine trächtige weisse Kuh (fordam vaccam albam) 
geopfert haben, weil durch dieser Kaiser fromme Fürsorge der christ- 
liche Aberglaube unterdrückt und ausgetilgt sei'*). Troz der handgreif- 
lichen Erdichtung behauptet Masdeu, man könne nicht an der Aechtheit 
der Inschrift zweifeln, weil sich der Originalstein in dem Weiler Tera 
in Altcastilien finde, als ob nicht sehr viele Steine in Spanien unächte 
Inschriften trügen. — Hätten diese Inschriften auch nur einen Schein 
von Aechtheit, so würde ich länger dabei verweilen; aber soweit sie 
sich auf die Kirchengeschichte der ersten Jahrhunderte beziehen, sind 
sie sammt und sonders erdichtet. Erdichtet ist wohl auch die angeblich in 
Merida geftmdene Inschrift auf Constantin den Grossen: Imp. Caes. Fla- 
vita Constantin. August. Pacis et justitiae ctdtor.pub. quietis fund., reli- 
gionis et fidei auctor, remisso uhique tributOy fimtime (aej provinciae 
Her restaur. fecit. l. XIIIL ^) 

Sehr bekannt sind des Dichters Ausonius (aus dem Ende des vierten 
Jahrhunderts) Verse: Ordo nobilium urbiumj Beihenfolge der ersten 
Städte des römischen Beiches. Hier wird von den spanischen Städten 
nur Sevilla erwähnt, welches damals Siz des Vicarius, also politische 
Hauptstadt von ganz Spanien, und ohne Zweifel auch die bevölkertste 
Stadt des Landes war. Die Verse lauteten: 



Carler, Reise von Gibraltar nach Malaga, 1772, S. 266. 

') Masdeu, Col. nr, 353, 

') Masdeu f nr, 354. — Cenni, C, diss, 2, p, 102, 



Die Inschriften — keine Quelle für die Geschichte etc. 391 

Clara mihi pott haa memorabere nomen Iberum 
Hispalis, aequoreus quam praeterlabitur amnis, 
Submittit cui tota suos Hispania fcuces. 
Corduha non^ non arce potens tibi Tarraco certant, 
Qaaeque sinu Pelagi jactat se Bracara dives. 

Die Verse können nur in Beziehung auf Sevilla einen Sinn haben. 
Der Meeresstrom ist der Bätis, weil Fluth und Ebbe sich bekanntlich 
bis Sevilla erstrecken, weil bekanntlich Seeschiffe bis Sevilla fuhren. — 
Wenn sodann ganz Spanien seine Fasces senket vor dieser Stadt, so 
haben solche Worte nur einen Sinn, weil damals Sevilla politische Haupt- 
stadt von ganz Spanien war '). 

Nun gefiel es dem Philologen Sca,liger, statt Hispalis ^^Emerita*' zu 
sezen , weil er die Guadiana oder den Anas irrthümlich für einen „aequo^ 
reus amnis^^ und Emerita für bedeutender, als Hispalis, hielt. Spätere 
Ausgaben behielten „Emerita** bei. Aber schon Weseling in seiner oft 
erwähnten Ausgabe des ^^Itinerarium Antonini^^ — Amst 1735 bemerkt; 
At obstant magrU viri (des Scaliger) senterUiae Manuscripta^). Dass Au- 
sonius nur Hispalis gemeint und genannt haben könne, ist so klar, dass 
es eines Beweises nicht bedarf. 

Aber nun höre man das Unerhörte. Im J. 1633 erschien von Mo-' 
reno de Vargasy regido perpituo, d. i. erstem Stadtbeamten von Merida, 
eine Historia de la ciudad de MSrida, worin natürlich das Lob des Au- 
sonius für Merida in Anspruch genommen ist. — Im J. 1638 erschienen 
von Gomez Bravo, Beneficiat der Kirche von Sevilla: j^Advertendas d 
la Moria de MSrida'% worin er Vieles im Werke des Moreno de Vargas 
widerlegt; und im J. 1642 liess derselbe als Nachtrag erscheinen ein 
Werkchen über die Verse des Ausonius: 

Jure mihi post hos memorabere nomen Iberum 
Emerita 

worin er gegen einige Sevillaner, welche die Worte auf Sevilla anwen- 
den, die Lesart Emerita vertheidigt, d. h. von den Herrlichkeiten der 
leztern Stadt (deren „Sohn* er vielleicht war?) handelt ^). 

Im J. 1857 erschien zu Badajoz die Schrift: Historia de las anti-- 
guedades de MSrida — von dem damals schon verstorbenen D. Gregorio 
Femandez, Pönitentiar der Kirche von Badajoz, ein Auszug aus einem 
grossem Manuscripte *). Hier wird erzählt, man habe im J. 1827 bei 
Aufgrabung der Cloaken eines alten Gefängnisses in Merida eine Säule, 
und darauf die Worte eingegraben gefunden: 

Submittit cui tota suos Hispania fasces. 



») Florez, 9, 69; 13, 99, 

') Cf. Florez, 9, 64 (70); 13, 99. 

') Nicolo Antonio, BibUotheca Hispana nova, ed. Fr, Perez Bayer, 1788, 1, 704. 

*) Mwmoz, DiccionariOf p, 188. 



392 Viertes Bach. Fünfzehntes Kapitel. 

Ich zweifle nicht an der Thatsache des Findens; aber ebenso wenig 
zweifle ich, dass ein Inschriftenscbmied im siebzehnten ^ oder vielleicht 
gar im Lichte des neunzehnten (?) Jahrhunderts diese Denksäule dem 
Ruhme seiner Vaterstadt errichtet hat, damit spätere Geschlechter die 
Herrlichkeit von Emerita bewundern möchten. Diess ist ein handgreif- 
licher Beweis, wie man in Spanien Handschriften fabricirte und imter- 
schob, um damit Geschichte zu machen, d. i. zu fälschen. Es herrschte 
eine eigentliche Manie, das Land zu verherrlichen, und die einzelnen 
Orte desselben, und jede Stadt wollte am meisten ^^Exeelencias^^, d. i. 
Herrlichkeiten, haben. 

Bei aller Liebe zu der Grösse und Vergangenheit des spanischen 
Volkes verlangt die historische Gewissenhaftigkeit, zu bekennen und 
anzuerkennen, dass sämmtliche Lischriften , welche die ersten Jahrhun- 
derte der Kjrchengeschichte Spaniens illustriren sollen, unächt sind; un- 
ächt namentlich die Inschriften über die Verfolgungen unter Nero und 
Diocletian, unächt auch die angebliche Inschrift des Dacian in Evora. 



Sechszehntes Kapitel 

Die Grflnde der Gbristenverfol^uB? unter Diocletian — 

sind in den lezten Jahren von deutschen Historikern .mehrfach unter- 
sucht und behandelt worden. Diocletian trat am 17. September 284 die 
Regierung an, legte dieselbe am 1. Mai 305 nieder, und die Verfolgung 
gegen die Christen begann erst am 23. Februar des J. 303. Warum 
begann sie überhaupt, und warum so spät? — Jacob Burckhardt in 
seinem schäzenswerthen , aber inr Ganzen gegen die Christen Parthei 
nehmenden Werke: „Die Zeit Constantin des Grossen,* Basel — 1863, 
sucht nach einer neuen Erklärung des Ausbruchs der. Verfolgung. 
Nach ihm „haben die Christen den Namen Diocletian's völlig mit Fluch 
zugeschüttet* (S. 326). — Burckhardt sucht das dem Lactantius zuge- 
schriebene, und sehr wahrscheinlich zugehörende Werk: „De mortibua 
per8€cutarum^% durch sogenannte innere Gründe zu verdächtigen. „Dem 
Namen des Lactantius, von dessen Bildung und Tiefe nichts darin zu 
jGnden ist, macht es eine höchst wahrscheinlich unverdiente Schande* 
(S. 329). 

Nachdem sich Burckhardt nach mehreren, ihm nicht zusagenden, 
Erklärungsgründen der Verfolgung umgesehen, kommt er, es ist wun- 
derbar zu hören, auf die im vorigen Kapitel zurückgewiesene spanische 
Inschrift, und klammert sich an die Worte: „qui rempublicam eoerU" 
hani'^ (dass die Christen den Staat zerstörten). Diese Inschrift ist ihm 
eine sichere Stüze für die Behauptung, dass es die Christen auf eine 
Staatsumwälzung abgesehen hatten, obgleich er selbst anführt, dass Mu- 
ratori diese Inschrift nebst einigen andern ähnlich lautenden von Ascoli 
unter d^i unächten Inschriften angeführt hat ^). „Suchten sich vielleicht 
die Christen,* fragt er, „im Gefühl ihrer wachsenden Ausdehnung, dea 



Muratori, navuä ikesaur. v$t. mscript 4 t 1739^—42, t 3, 1797. 



394 Viertes Bach. Sechszehntes Kapitel. 

Eaiserthums zu bemächtigen?^ (B. S.333.) Diess konnte auf ganz friedliche 
Weise geschehen, indem man den Eidser bekehrte. Und dass etwas der 
Art wenigstens beabsichtigt wurde, ist beinahe streng zu beweisen. Den 
Beweis aber soll ein Brief des Bischofs Theonas von Alexandrien (282 

— 300) an den kaiserlichen Oberkammerherrn (praeposito cubiculariorum) 
Lucianus liefern, den wir nur lateinisch besizen. Nach demselben hat 
Lucian viele am Hofe zu der Erkenntmss des Herrn geführt. „Jemehr 
der Fürst selbst noch nicht der christlichen Religion zugethan, den 
Christen selbst als den zuverlässigeren sein Leben und seinen Leib zur 
Huth anvertraut hat, um so sorgfältiger, um sein Wohl und seinen 
Dienst beflissener und umsichtiger müsst ihr seyn, damit dadurch am 
meisten Christi Name verherrlicht, und sein Glaube durch euch, die 
ihr den Fürsten pfleget, täglich gemehrt werde: denn einige frühere 
Fürsten haben uns für Uebelthäter, und voll von allen Schandthaten 
gehalten; aber wenn sie nun euere guten Werke sehen, so können sie 
nicht anders, als Christum verherrlichen.* Nun giebt Theonas Mahnungen 
im Besondem für den Verwalter der Gelder, der Garderobe, der Ge- 
fässe und Geräthe des Fürsten. Sollte ein Christ die Verwaltung über 
die Bibliothek erhalten, was nach der Meinung des Theonas damals 
noch nicht der Fall war, so solle dieser „die weltliche Literatur und 
die Talente der Heiden nicht verachten , an denen der Fürst sich erfreue*. 
Zu loben seien die Dichter, zu loben die' Redner, zu loben die Philo- 
sophen in ihrer Art; zu loben auch die Historiker. „Zuweilen wird er 

— der christliche Bibliothekar — die heiligen Schriften zu loben wagen, 
welche Ptolemäus Philadelphus mit solchem Fleisse und Aufwände in 
unsere Sprache übertragen Hess; zuweilen werden auch das Evan- 
gelium und die Briefe der Apostel gelobt werden wegen ihrer göttlichen 
Aussprüche; es wird eine Erwähnung Christi eintreten können; es wird 
allmälig nur seine Gottheit erklärt werden; alles dieses dürfte nur mit 
der Hilfe Christi vorangehen können ^).^ 

Seit dem J. 298 waren (nach Burckhardt und der gewöhnlichen An- 
nahme) zuerst die christlichen Soldaten aus dem Heere gestossen worden *). 
Dieses sei aus politischen Gründen geschehen. Diese abgedankten Sol- 
daten hätten nun da und dort Aufstandsversuche gemacht. — Die be- 
kannte That eines christlichen Soldaten, der das kaiserliche Edikt zu 
Nikomedien am 24. Februar abriss, erklärt Burckhardt als Beweis „einer 
geheimen Hoffiiung auf allgemeinen Widerstand* (S. 337). Die grau- 
samen Martern der christlichen Hofbeamten fanden statt; denn „die 
Kaiser glaubten o£Penbar einem Complott auf der Spur zu seyn**. Das 
im Palaste zu Nikomedien ausgebrochene Feuer möchte Burckhardt gerne 
den Christen in die Schuhe schieben, wenn es gienge. Bald darauf 



Achery gpidleg, t 3, p. 297-^299, 
«) £uß^. ghron, m (298). 



Die Gründe der ChriBtenverfolgnng unter Diocletian. 395 

erfolgten die schon erwähnten christlichen Aufstände im Orient, 
welche das zweite Edikt, den Verhaftsbefehl gegen alle Vorsteher der 
Gemeinden, hervorriefen* (S. 339). 

Aber — wer weiss denn etwas von christlichen Aufständen? Burck* 
hardt kommt nicht über das hinaus, was er selbst „Vermutbung* nennt* 
^Einige, vielleicht nur sehr wenige christliche Hofieute und einige dirist- 
liehe Kriegsbefehlshaber in den Provinzen glaubten mit einem voreiligen 
Gewaltstreich das Imperium in christliche oder christenfreundliche Hände 
bringen zu können, wobei sie vielleicht der kaiserlichen Personen zu 
schonen gedachten.^ Es sei ^nicht undenkbar^, dass des Diocletian's 
Abwesenheit von Nikomedien im J. 302 das Vorhaben jener zur Reife 
gebracht hätte. ,^s ist möglich, dass in der That Galerius der Sache 
früher auf die Spur kam als Diocletian , und dass dieser sich wirklich 
nur mit Mühe überzeugen liess^ (S. 34Ü). Unter den Christen gab es 
ja damals Leute, welche „für solche Staatsstreiche nicht zu gewissenhaft 
waren*. 

Wenn ein Schriftsteller seine in der That neue Ansicht von der 
Entstehung einer gewiss welthistorischen Erscheinung, wie es die lezte 
grosse Kirchen Verfolgung war, selbst mit Prädicaten, wie „Vermuthung*', 
es ist „möglich*', es ist „nicht undenkbar*, signalisirt und präconisirt, 
dann sind wir Andern der Aufgabe einer speziellen Widerlegung überr 
hoben. 

Auf Jacob Burckhafdt, der sein Werk in „ehrerbietiger Dankbar- 
keit* dem bekannten Herrn Professor r Dr. Heinrich Schreiber zu Frei- 
burg gewidmet hat, folgte als Schriftsteller über Diocletian der Pro- 
fessor der (protestantischen) Theologie Albrecht Vogel zu Jena. Er ist 
ein Schüler Neander's, und verfolgt im Ganzen dessen Richtung. Im 
J. 1854 erschien von ihm; „Ratherius von Verona, und das zehnte Jahr- 
hundert*, 2 Thle, S. 657 — , ein Werk, das auf tüchtigen Studien ruhel^ 
und das uns den Ratherius weniger in dem Lichte eines Reformators 
des zehnten Jahrhunderts, als welcher er in den kirchengeschichtlichen 
Lehrbüchern in früherer Zeit fi^urirte, als in dem Lichte eines händel- 
süchtigen Krakehlers — erscheinen lässt* — Neben ciuö* Skizze „Peter 
Damiani*, 32 S. — Jena 1856 finden wir sodann von A. Vogel einen 
Aufsaz über den Kaiser Diocletian in Herzog's Realencyclopädie für 
protestantische Theologie und Kirche, Bd. 3, S. 399—403 (1855), welcher 
die Behandlung dieses Gegenstandes von Burckhardt „vortrefflich* nennt 
Er wandelt demnach auch in den Pfaden Burckhardt's , wenn er u. a» 
sagt: „Wahrscheinlich bat auch die Christenheit in ihrem siegreichen Fort- 
schreiten ihre Absicht und Hofihung merken lassen, das ganze künst- 
liche Staatsgebäude zu zerbrechen, mit Hilfe des unter den Herrschern 
selbst und im Heere vertretenen Theismus über die neuerhobene Staats- 
religion zu siegen, sich selbst an ihre Stelle, und einen Christen auf 
den Thron zu sezen. — Diese Absicht der Christen ist ^vielleidit zuerst 



396 Viertes Bach, ßechszehntes Kapitel. 

d«n GaleriujB zur Vermuthung und zur Gewissheit geworden, dem als 
dem nächsten Nachfolger Diocletian^s am meisten an der festen Begrün- 
dung und Erhaltung des kaum erst aufgestellten Systems gelegen war. 
Die Begierungszeit des grossen Kaisers nahte ihrem Ende, die Vicen- 
nalien konnten (sie!) einen allg^neinen Umsturz zu Gunsten der Chri- 
sten bringen. Diocletian musste, was er angefangen hatte, auch vollenden. 
Er durfte seinen Plaz nicht verlassen, ohne vorher die Christen alles 
Einflusses auf den Staat beraubt, ohne sie vom Hofe, aus dem Heere, 
von allen Staatsämtem vertrieben, ohne sie rechtlos gemacht, imter- 
drQckt und vernichtet zu haben. Diocletian gab nach. Am Ende des 
Kampfes war (aber) die heidnische Staatsreligion zerstört.^ (S. 401.) — 
Vogel sezt, wie ich oben (Buch 4. K. 2), das Martyrium des Centurio 
Marcellus, in das J. 298. — Bei ihm ist, wohl durch einen Druck- 
fehler, das Pest der Terminalia am 23. Febr. 303 ein Fest der permi- 
ralia geworden *). Nicht wenige Ungenauigkeiten begegnen uns im 
Verlaufe; jedenfalls ist es unedel und sinnlos, zu sagen: „Es fehlte 
nidit viel, dass die Märtyrer noch zu Lebzeiten angebetet wurden** 
(S. 402), doch wird zugegeben, dass Diocletian seine glorreiche Regie- 
rung schmachvoll geendigt habe. 

Von demselben Albrecht Vogel erschien nicht lange nachher die 
Schrift: „Der Kaiser Diocletian. Eine am 10. Dezember 1856 am Hofe 
zu Weimar gehaltene Vorlesung. S. 130. Gotha 1*857, welche Schrift 
er mit den schon angeführten Worten Burckhardt's : „Die Christen haben 
den Namen Diocletian's mit Fluch völlig zugeschüttet ^ — eröffnet und 
signalisirt. Dessen Hypothesen eignet er sich zu einem grossen Theile 
an, doch im Ganzen mit milderm Urtheile gegen die Christen. Diocle- 
tian übte allerhand alterthümliche Gottesdienste. Er baute und erneuerte 
viele Heiligthümer einer Menge von Gottheiten in allen Ländern (S. 21). 
Ueberall und in grossen Schaarei;i sah man wieder Priester in den Tem- 
peln opfern. Das Kaiserthum des Diocletian (Diocles) war eigentlich 
eine Statthalterschaft des Jupiter; darum nannte er sich Jovius. Das 
Christenthum war anderseits zum Träger des monarchischen Gesammt- 
Staates herangewaschsen , und sehnte sich, „den Schritt zur Herr- 
schaft durch Christianisirung des Staatsoberhauptes zu 
thun**'^). Die Christen konnten an den Versuch denken, den ELaiser 
zu bekehren ; hatten sie ja die Kaiserin Prisca und ihre Tochter Valeria 
für sich gewonnen. Den Ausbruch der Verfolgung selbst erzählt Vogel 
der Geschichte getreuer. Der Kaiser war ängstlich und mit sich zer- 
fallen. „Air sein Forschen in den sibyllinischen Büchern und in den 
Eingeweiden der Opferthiere konnten ihn nur trüber und ängstlicher 



*) In der unten besprochenen Schrift Vogel's heis«t es S. 111: Ttrminalia, ein 

Fest am lezteil Tage 4^$ Jahres. 
*) Vogel, S. 28-29, 



Die GrüDde der Christenverfolgung uoter DiocletiaD. 397 

machen*'*). Er gab dem Drängen nach, ^unter der Bedingung^, dass 
alles ohne Blutvergiessen (gegen die Christen) abgehe. Die vier Edikte 
berichtet Vogel in der herkömmlichen Weise. Das erste vom 24. Fe- 
bruar 303 befahl, dass die Kirchen zerstört, die heiligen Schriften aus- 
geliefert, der Gottesdienst der Christen verboten seyn solle. Alle Staats- 
beamten sollten opfern; die Anwendung der Folter gegen die Christen 
erlaubt seyn. Durch ein zweites Edikt -wurde die Gefangennebmung 
aller Kirchen Vorsteher befohlen; bald folgte das dritte Edikt, dass die 
verhafteten Christen, wenn sie freiwillig opferten, entlassen, wenn nicht, 
auf jede Weise zum Opfern gezwungen werden sollten. Ein viertes 
Edikt vom J. 304 befahl, dass alle Christen ohne Ausnahme opfern 
(wo nicht, getödtet werden) sollten. 

Im November und (oder) Dezember 303 hielt Dioeletian das Fest 
seiner Vicennalien, d. i. die Feier seiner zwanzigjährigen Regierung 
zu Rom, verüess im Fluge, und erzürnt die Stadt, und kam gegen 
Ende Sommers 304 erkrankt wieder in Nikomedien an. Er wurde von 
tiefem Herzeleide ergriffen^), erkrankte sehr schwer, galt schon in der 
Stadt für gestorben und begraben, erholte sich aber nach langer Zeit 
wieder, erschien wieder vor dem Volke, aber in kaum mehr kenntlicher 
Gestalt, und wie es hiess, seines Verstandes nicht mehr mächtig. Am 
1. Mai 305 vollzog er auf einem freien Felde bei Nikomedien seine Ab- 
dankung, und erhob den Maximinus Daca zum Cäsar. — Auf die Aehn- 
lichkeit mit der Abdankung Karl's V. weist Vogel hin ^). 

„Sein patriarchalischer Despotismus wurde nun durch Galerius zu 
einem diabolischen Sultanismus. Galerius fand Tausende und aber Tau- 
sende, welche mit ihm die Henker ihrer Mitmenschen wurden. Maxi- 
minus aber überbot noch seinen Oheim an unsagbarer Scheusslichkeit^). 
Dioeletian aber starb, wahrscheinlich durch seine eigene That, im J. 313 
in seinem Palaste zu Salona. 

Von seinem Vormanne Burckhardt weicht Vogel darin ab, dass er 
die Aechtheit der Schrift des Lactantius ^^{^ mortibus perseetttorum^^ an^, 
sie in Schuz nimmt, behauptet, sie sei von Lactantius im J. 313 zu 
[Nikomedien verfSetsst worden, und dem ILaiser Constantin (direct oder 
indirect) in die Hände gekommen , der dann den Lactantius zum Er- 
zieher seines Sohnes Crispus bestimmt habe. Ich trete vollkommen 
diesen Ansichten bei. Er giebt femer zu, dass Dioeletian bedenklich, 
schwer entschlossen und zaghaft gewesen; lässt sich aber durch Burck- 
hardt verleiten, zu behaupten, dass die Christen einst gehoflS; hätten, 
ihm in der Staatsbibliothek das Christenthum beizubringen. Den obigen 



») Voffel, S. 42. 
«) Vogel, S. 45. 
») S. 47. 
*) S. 48-49. 



398 Viertes Buch. Seehtsehntet Kapitel. 

Brief des Theonas nennt er einen Versuchy den Kaiser zu bekehren , eine 
Behauptung, worin Neander, Burckhardt und Vogel sich begegnen *■), 

Beachtenswerth ist noch die Angabe , dass am 17. November 303 
die ersten Christen Märtyrer in Cäsarea wurden , denn daraus erhellt, 
dass man den Anfang der blutigen Verfolgung in Spanien erst in das 
J. 304 sezen dürfe, und dass das Datum des 22. Januar 305 für das 
Martyrium des Leviten Vincentius historisch festzuhalten ist Die spani- 
schen Schriftsteller, die den 22. Januar 304 annehmen, haben übersehen, 
dass die Verfolgung erst im J. 304 eine blutige wurde, dass Vincentius 
lange als Gefangener in Valencia aufbewahrt, und dass er dort von 
dem Martyrium der Achtzehn in Saragossa hörte. Das Eine könnte ich 
zugeben, dass Dacian von Valencia nach Tarragona, als an den Siz des 
Proconsuls der Provinz Tarraconensis, dass er von da wieder nach Bar- 
celona gekommen, vorausgesezt, dass San Cucu&t durch ihn Märtyrer 
geworden, und dass man das Martyrium der Eulalia von Barcelona anf 
den (11.) 12. Februar 305 anzusezen hätte, während das Martyrium der 
Eulalia von Merida bestimmt auf den 10. Dezember 304 anzusezen ist. 

In zwei Abhandlungen hat der Philologe Theodor Monmisen die 
Zeitrechnung und die Zeit des Kaisers Diocietian behandelt Er gab 
heraus und erklärte das Edictum Diodetian^s ad provinciäUa de preHü 
rerum venalium vom J. 301 , erlassen zwischen dem 17. September 301 
und 1. März 302^); sodann erschien von ihm im J. 1860: „lieber die 
Zeitfolge der in den Kechtsbüchem enthaltenen Verordnungen Diocle- 
tian^s ^).' Mit dieser Zeitfolge habe sich seit Tillemont % also seit bald 
200 Jahren, niemand beschäftigt. Von Wichtigkeit seien die gewonnenen 
Resultate nicht Aus der von Monmisen gegebenen Beihenfolge der 
Edikte Diocletian^s ersieht man, dass der Elaiser im Januar 303 in Ni- 
komedien sich befand. Aufbllend ist, dass sich so wenige Edikte ans 
den lezten Jahren des Kaisers erhalten haben, wie denn auch die Edikte 
g^gen die Christen verloren sind. Aus dem J. 300 giebt es zwei aus 
Antiochien erlassene Geseze; aus dem J. 301 — zwei Geseze aus An- 
tiochien. Aus dem J. 302 fehlen sichere Erlasse. Vom J. 303 findet 
sieh ein Erlass aus Nikomedien vom 6. Januar. Kurze Zeit nach dem 
Beginne der Verfolgung hat aber der Kaiser sdion Nikomedien verlassen, 
und ist nach Europa gegangen. Es eüstirt vom 8. Juni ein Edikt aus 
Dorostolum ') , welches an der untern Donau , und an einer der grossen 



8.86-92. Neander, K. G. a*« Aafl. 1, 78. 

*) Mommsen in Verhandlungen der königl. sächsischen Gesellschaft der Wissen- 
schaften — Phüol. histor. Klasse, 1851, S. 1 — 80; 384—400. 

*) Mommsen in Verhandlungen der Berliner königl. Academie der W. v<m 1860, 
S. 339 bis 447. 

^) In dessen Hutoire des tmpertwrs^ t 4. 

*) Mommsen, S. 445. 



Die Gründe der Christenverfolgang unter Diocletian. 399 

Heerstrassen zwischen der Residenz Nikomedien^ und der Residens Sir- 
mium liegt, iii welch' lezterer Diocletian sehr oft und gerne weilte. 
Sirmium ist das heutige Mitrovich in der slavonischen Militärgrenze. 
Wahrscheinlich hielt er sich auch im Sommer 303 eine Zeit lang daselbst 
auf; dann reiste er nach Rom , wo er nach Mommsen am 20. November, 
nach Vogel eher ana 21. Dezember des J. 303 das Fest seiner Vicen- 
nalien feierte, aus welchem Anlasse allen in den Gefängnissen Freiheit 
angekündigt wurde*). 

In Rom missfiel er sich ebenso, wie Kaiser Constantin, der 326 
daselbst seine Vicennalien feierte^). Beide verliessen die Stadt, um sie 
nicht mehr zu betreten. Die Römer spotteten und schmähten ebenso 
über den christlichen , wie über den heidnischen Kaiser ; sie spotteten 
imd entleideten im J. 303 den fernen Aufenthalt dem christenverfolgen- 
den Diocletian, in;^ J. 326 dem christenbeschüzenden Constantin, im 
J. 357 den kirchenverfolgenden Gonstantius. Den Diocletian schalten 
sie geizig; — und er war es auch. — Wenn es wahr wäre, was Vogel 
sagt, wovon ich aber bei Mommsen nichts finde, dass wir ein Edikt 
von Burtudisus nördlich (es liegt vielmehr südlich) von Adrianopel vom 
5. Dezember, ein Edikt von Singidunum bei Belgrad vom 8. Dezember 
haben, so wäre Diocletian frühestens in der zweiten Hälfte des Dezember 
nach Rom gekommen ^). Vogel meint, er sei nur an dem 21. Dezember 
303 in Rom gewesen, und das ganze Fest habe sich auf diesen Tag 
beschränkt. 

Gewiss ist, dass er — beleidigt alsbald den Römern den Rücken 
kehrte, und dass er zu Ravenna am 1. Januar 304 das neunte Gonsulat 
antrat *). Von Ravenna reiste er auf dem Landwege durch den Umweg 
„des Istrischen Ufers* nach Nikomedien zurück, wobei er meistens in 
der Sänfte getragen werden musste, weil sein Unwohlseyn ihn nicht ver- 
lassen wollte, und kam erst am Ende de» Sommers in Nikomedien an ^). 

Die Worte y^'geir circuitttm ripae Istricae^^ sind ein Kreuz der Histo- 
riker geworden. In dem durch Baluze aufgefundenen, und zuerst 1679 
edirten Manuscripte unsers Werkes „Ueber den Tod der Verfolger* 
stand fyrtpae Strigae^^. Heinrich Dodwell schrieb eine „Disaertatio de 



') Mommsen, 8.445. Cf. Vogel, Diocletian, ß. 113. 

*) Siehe Band 2 dieses Werkes, Buch 6, Kap. 2, §. 3. 

») Vogel, S. 114. TiUmont, hisL pL en^erew-s, 4, 608. 

*) Mommsen , S. 446. 

*) Impaüens et (»eger anmi prorupit ex urhe impendenttbus Kalmdis Januarüs, quütus 
ÜU nontu consulaius deferebatur, Tredecm dies toUröre non potuxt (d. i. vom 21. De- 
zember zum 1. Januar), ut JRomae poiitUf quam Bavennae procederet consuL Sed 
profectus hyeme, saeviente frigore atque imbribus verberaiuSf morbum levem ac perpe- 
tuum trcaii; vexatusque per omne iier, lecHca phrimum vehebaiur, Sic aestate trans- 
aetOf per circuitum ripcte Istricas Nicomediam vewit, morbo jam gram xnturgenic, Lact, 
de mort, persec c. 17* 



400 Vierte« Buch. Sechssehntes Kapitel. 

ripa Striga^. Becht hat er, dass er es für ein Flussufer hält; denn 
das Meeresufer heisst: ora maritima oder litu» maria. Recht hat er auch, 
wenn er sagt^ Dlocletian sei von Ravenna zu der Donau gereist; weiter 
möchten wir ihm nicht beistimmen, dass er die Donau abwärts zu Schiffe, 
und durch das schwarze Meer gefahren sei. Unrecht hat er, wenn er 
meint, Striga bedeute ein Längenmass bei Ländereien, Städten, La- 
gern, eine Grenze, und ripa Striga heisse das Grenzufer, oder die 
Grenze des Reiches an der Donau. 

Indess ist die Lesart: Bipa iHriea sicher yorzuziehen '). Istricus 
bedeutet, abgeleitet von Istri, die Bewohner von Istrien, abgeleitet von 
Ister — die untern Donaubewohner. Pomp. Mela nennt die Bewohner 
von Bessarabien lätrici^). Falsch ist die Erklärung, dass unter ripa 
lätriea das Ufer des istrischen Meeres zu verstehen sei, und dass Dio- 
cletian den nähern Weg über Dalmatien und lUyrien eingeschlagen habe. 

Er gieng vielmehr von Ravenna nach Sirmium, wo er zu Hause 
war, und wo er so gerne weilte, wie in Nikomedien; dann gieng er 
entlang der Donau — auf den Reisestationen, die er in der Regel vor- 
her eingehalten hatte: 1) Sirmium, 2) Singidunum, 52 römische Million; 
3) Demessus; 4) Viminacium an der Donau, 48 Millien von Singidunum; 
5) Cuppae, 24 Millien von Viminacium an der Donau; 6) Retiaria, 
118 Meilen von Cuppae (auch Ratiaria an der Donau); 7) Cebrum oder 
Ciabrus an der Donau, und dem Nebenflusse der Donau gleichen Na- 
mens, 36 Millien von Ratiaria; 8) Variana an der Donau, 30 Millien 
von Ciabrus; 9) Appiaria an der Donau, 132 Millien von Variana; 
10) Transmarisca an der Donau, 16 Millien von Appiaria; 11) Doro- 
stolum, wie oben erwähnt, an der Donau, über welche Station auf dem 
Hinwege, wenn nicht nach Rom, so doch nach Sirmium, der Kaiser 
im Juni 303 gereist war. Es liegt 37 Millien von Transmarisca. Bis 
hieher lief die Strasse stets am südlichen Ufer der Donau entlang, in 
östlicher Richtung, und der in der Sänfte Getragene konnte zur Ab- 
wechslung sich auch von dem Flusse tragen lassen. 

Von Dorostolum aber, hinter welchem der Fluss sich nordöstlich, 
und bald darauf nördlich wendet, wandte sich die Strasse direct südlich: 
12) nach Reginase; 14 Millien (Palmata?); 13) nach der Stadt Marcia- 
nopolis, 59 Millien von Dorostolum; 14) nach Anchialus am schwarzen 
Meere, 50 Millien von Marcianopel; 15) dann über Debeltus nach 16) Ha- 
drianopel; 17) südöstlich in das schon erwähnte Burtudizus; 18) nach 
Heraclea an der Propontis, oder dem Vormeere (des Pontus); dann an 
dessen Ufer hin 19) über Melantias; 20) nach Byzantium ; von hier über 



*) Man. denke an die Provinzen: Dacia ripensis, Moesia rip^nsid^ Noricum ripense, 

das Ufernoricum , und an die Ripuarier, die Franken am Niederrhein. 
«) Mela, 2, 1,7. 



Die Gründe der ChristeaverfolgiiRg nnter Diocletian. 401 

die Meerenge des Bosporus entlang der Propoi^ über 21) Pantichiam 
nach 22) Nikomedien ^). 

Hier kam der Kaiser am Ende des Sommers 304 krank und müde 
an, um die Stadt niclit mehr bis zu seiner Abdankung zu verlassen. 
Die stets blutigem Erlasse gegen die Christen haben vielleicht darin 
ihren Grund, weil Diocletian stets kranker wurde, und soviel als mög- 
lich von der Regierung sich zurückzog. — Ein Edikt vom 28. August 
304 (5 Cal. Sept) ist schon wieder aus Nikomedien datirt, während zwei 
frühere Erlasse keinen Ort an der Stirne tragen, und diess stimmt sehr 
gut mit der Angabe des Lactantius, dass er am Ende des Sommers 
zurückgekehrt sei^). Wieitere Erlasse deis Kaisers vom September 304 
bis Mai 305, bis zu seiner Abdankung, fehlen. Auf die Kirchengeschichte, 
und speziell die Verfolgung g^en die Christen lässt sich Mommsen 
nicht ein, wofür wir ihm nur dankbar seyn können, da er sich u. a. 
in der Vorrede zu seinen — lateinischen Inschriften des Königreichs 
Neapel*) wegwerfend gegen die christlichen Alterthümer ausspricht 

Im dritten Bande seiner so werthvoUen, und wie es scheint, bisher 
wenig anerkannten ^Geschichte der Völkerwanderung*' kommt Ed. Wie- 
tersheim auf die Christenverfolgung des Diocletian zu sprechen*). Er 
sagt: ;,TreJ0Flich ist darüber der geistreiche Burckhardf Irrthündich 
tadelt er denselben Burckhardt, der den Erlass des bekannten vierten 
Ediktes vom J. 304 berichtet; denn Wietersheim findet nirgends eine 
Quelle für dieses lezte Edikt, das nach ihm nicht vor dem J. 305 er- 
lassen seyn konnte*). Wäre Wietersheim in der Kirchengeschichte nur 
halben Weges so bewandert, wie in der Profangeschichte, so hätte er 
die Quelle bei Eusebius (de martyr. PäLaest c, 3) gefunden •)• Allzu 
bescheiden ist es, wenn Wietersheim gegenüber den grundlosen Ein- 
würfen Burckhardt's gegen die Schrift: „lieber den Tod der Verfolger* 
— sich alles „ürtheils enthalten* will; wenn er gleichfalls über die 
erdichtete spanische Inschrift von Clunia erklärt: „Wir enthalten uns 
des Urtheils, können aber nicht absehen, aus welchem Grunde man, 
was doch nur in späterer Zeit geschehen seyn könnte, auf Erdichtung 
einer Inschrift in offenbar antichristlichem Sinne, weil sie d&r Verfol- 
gung zur Bechlfertigung gereichte, gefallen sei').* Ich antworte, dass 
es auf den Inhalt der Inschrift gar nicht ankommt; ea genüge Herrn 



') Siehe aaeh Mommsen L c, S. 441. Vogel, S. IgO. 

*) Mommsen , S, 446. 

^) Mommsen Th., Inscriptiones regni Neapolitani latinae, Lips, 1852, 

*) Geschichte der Völkerwanderung von Ed. v. Wietersheim, Bd. 3, 1862, S. 160 

— 167: »Diocletian's Christenverfolgung". 
») Wietersheim , S. 480. 
*) Siehe oben S. 301. 
•*) Wiet. S. 481. 

Oams, Span. Kirche. 26 



402 ViertM Buch. SM^flclmtes Kapitel« 

Widtemheixn wie Herrn Burckh«rdt, dasa kein Spanier, und sonst nie- 
mand die Inschrift gesehen hat; dass der Ausdruck: „Die Christen zer- 
störten den Staat^ in dem Sinne derer^ welche die Insdbriften erfsrnden^ 
nicht christenfeindlich war. Sie wollten damit eben nur ihr Vaterland 
Spanien verherrlichen, und beweisen, dass es in jener Zeit vielem Mär- 
tyrer gehabt, und dass die Kaiser selbst sich gewürdigt, in diesem Lande 
Denksäulen ihrer Thaten oder Unthaten zu errichten« 

Von dem erwähnten Schreiben des Bischofs Theonas an Ludan 
muss Wietersheim gestehen, „dass es einen so lautem Greist wahrer 
Frömmigkeit athme, dass es nimmermehr als Beweis für die Geneigt- 
heit der Christen zu politischen Umtrieben dienw kann, — wer könnte 
darin Anleitung zu einer ungebührlichen Propaganda finden?^ Der 
Adressat Lucian aber kann nicht Kammerherr des Maxentius gewesen 
seyn (Zosimus, 2, 9), weil zur Zeit des Maxentius Theonas nicht mehr 
lebte. — Im Ganzen folgt Wietersheim der Erklärung Burckhardt's 
über den Ausbruch der Verfolgung, aber *- wahrhaftig nicht mit Grund 
und Fug, da er ja die beiden Hauptstüzen Burckhardt^s , die spanische 
Inschrift und den Brief des Theonas als keine Verdachts- oder Beweis- 
momente anerkennt, wenigstens den auch in Burckhardt's Augen wich- 
tigeren Brief des Theonas nicht. 

„Das Christenthum,^ sagt er^), „war der Regierung über den Kopf 
gewachsen, und irgendwelche uns unbekannte Thatsachen (also wieder 
das grosse Unbekannte 1) oder dringende Verdachtsgründe müssen Dio- 
cletian plözlich zu der klaren Erkenntniss gebracht haben, dass er sich 
entweder an die Spize der Bewegung (wo war eine Bewegung?) stellen, 
oder dieselbe mit äusserster Energie unterdrücken müsse. Derselbe 
wählte Lezteres — den von seinem Standpunkte aus ohnstreitig legaleren 
Weg. Verwerflich, abscheulich war nur die Form des Verfahrens. Diese 
aber lag in Recht und Sitte jener Zeit, und wurde durch die Energie 
des Widerstands gesteigert. Musste es nicht den Herrn der Welt er- 
bittern, wenn er die Allmacht seines Willens in gerechter Sache, wie 
er glaubte, an dem vermeinten Troze seiner Hof bedienten und Unter- 
thanen sich brechen sah? Von den scheusslichen Marter- und Henker- 
scenen, wie solche Eusebius und die Acten der Märtyrer berichten, hi^ 
etwas wiederzugeben, widerstreitet der Würde der Geschichte, wie 
imserm Gefühle. Die Glaubwürdigkeit dieser Quellen näher zu erörtern, 
ist hier nicht der Ort, zweifellos nur, dass nicht das Pflichtgefühl histo- 
rischer Treue, sondern Einseitigkeit, Hass und blinder Glaubenseifer 
die Ver&sser geleitet haben, deren grosse Mehrzahl wir jedoch von be- 
wusster und absichtlicher Unwahrheit gern freisprechen wollen.*' Cines 
nur stehe für den Historiker fest, dass die Verfolgung weder so aus- 



») Wietersheim, 3,164-65. 



Die Gründe der ChriBteDverfolgiiBg unter Diocletian. 

gedehnt^ noch so fortdauernd g^wesea, noeh ao viele getroffion habe^ 
als die .Gbristeo. behaupten. 

Als Beweis führt er an, dass die in die Bergwerke verbannten Chrir 
sten sich dort Kirchen bauten ^) , und auf eine Stelle in der von Eusebius 
h. e, 10, 4 — eingeführten Festrede bei der Eirchweihe in Tyrus , dass 
die Christen nur mit ^Maas^ (fiärga^) gezüchtigt worden* Beide Be- 
weismomente sind absolut nichtssagend. £s ist eines Mannes , wie Wi€h 
tersheim, unwürdig, eine Sprache zu führen, als wäre er einer der ge- 
schworenen Christenfeinde. Diese Sprache erklärt sich nur aus einfoeher 
Nachbeterei der nächsten, der mittelbaren Quellen, welche ihm vor- 
lagen, und aus seiner absoluten Unkenntniss der eigentlichen Quellen. 
Er hat weder den Eusebius, liicht einmal die von ihm angezog^en Ka- 
pitel, namentlich nicht die erwähnte Festrede, noch auch die Martyr- 
akten gelesen. Er hat gar keine Ahnung davon , was Martyrakten sind^ 
er weiss nicht, dass sie einfache Protokolle der Gerichtsverhandlungen 
sind, deren Einfachheit und Schmucklosigkeit nutn aber nur kennen 
lernt, wenn man sie überhaupt liest. Was Herr v. Wietersheim in 
seiner Vorrede zum dritten Bande „Historische Kritik^ nennt, ist nichts 
anderes, als Mangel an Kenntniss der Quellen für die Kirchengeschiehte. 
Wie mag sich Wietersheim auf einen Mann wie Gibbon berufen? -* 
Wer kann von der geringen Anzahl der christlichen Märtyrer überhaupt 
reden, welcher etwas von den römischen Catacomben, und der Ge* 
schichte der römischen Kirche in den drei erst^i Jahrhunderten weiss? 
— Noch protestirt Wietersheim „auf das allerentschiedenste^ gogen eine 
ihm zu ungünstig scheinende BeurtheQung Diocletian's durch Vogel, und 
zwar von dem Standpunkte „des historischen und politischen Taktes^ 
aus, gegenüber dem Standpunkte eines Theologen. 

Doch, genug der Wietecsheim'schen Taktlosigkeiten. Von ihm er* 
fahren wir, dass ein Dr.. Heibig in Bonn in einer gekrönten Preisschrift 
über Diodetian, die aber noch nicht im Druck erschienen, zu einer 
ähnlichen (Nicht-) Erklärung der Verfolgung Diocletian's gelangt sei. 
Mittlerweile ist, datirt aus Bonn vom April 1862, von einem Dr., Theodor 
Bernhardt erschienen: „Diocletian in seinem Verhältnisse zu den Christen. 
Eine geschichtliGhe Untersuchung von Dr. Th. B. '— Bonn 1862, 62 Seiten, 
bei Max Cohen und Sohn^ , eine Schrift also , die sich ausschliesslich mit 
dem Gegenstande dieses Kapitels beschäftigt. Diocletian's Verhältniss 
zu den Christen schien dem Verfasser „noch nicht ausreichend erörtert^, 
daher er sich die Aufgabe stellte, es einer erneuten Untersuehung zu 
unterwerfen. Er hat mcht bloss die Quellen erforschen, sondern auch 
die Resultate der neueren Forschungen mittheilen wollen. 

Auf den Bericht des Lactantius ist auch nach Th. Bernhardt kein 
Verlass/ während er die nackte Thatsacbe, dass Galerius den Diocletian 



*) Museb, e, iS, de nutr^, Palaesänae, 



26* 



404 VieTtM Bach« Sechiieiintea Kapitel. 

gegen die Christen xu reizen suchte, nidit unbedingt leugnen wüL Für 
später Yerspricht er eine eingehendere Schrift über Diodetian« Auch 
er will an der ^Wegräumung des Schuttes des von den Christen mit 
Fluch ganz zugeschütteten Namens des Diodetian arbeiten^. — Bern- 
hardt hält mit Recht daran fest, dass Lactanz der Verfasser der viel ge- 
nannten Schrift sei; die Baluze in der von ihm entdeckten Handschrift 
als Werk eines Lucios Cäcüius fand — (er hiess Luc Cäcilius Lactan- 
tius Firmianus). Femer bezeugt Hieronymus (caM* 80) , dass er y,dt 
penecuHoM Ubrum tmtmi^ geschrieben habe. Die äussern und innem 
Gründe für die Autorschaft des Lactantius sind so überwiegend , dass 
die aufgeworfenen Bedenken alles Gewicht yerlieren. 

Trozdem, dass Bernhardt gegen den Bericht des Lactanz über die 
Anfänge der Verfolgung polemisirt, giebt dieser Bericht allein eine ge- 
nügende und motivirte Erklärung; und alle sonstigen Erklärungen er- 
weisen sich als haltlose Vermuthungen. Galerius kam der Regierung 
stets näher, Diodetian wurde älter und schwächer, demnach auch nach- 
giebiger gegen fremde Einflüsse. Er yerspricht, sich dem ihn gegen 
die Christen aufreizenden Gal^us nach langem Widerstreben — zu 
fügen, wenn alle andern, die er hören würde, der Meinung des Ga- 
lerius wären. Diess war der Fall. Die Orakel und die Opferthiere 
sprachen auch gegen die Christen. Jezt erst gab Diodetian unter der 
Bedingung nach, dass die Verfolgung unblutig sei. Hier ist nirgends 
ein Widerspruch, nirgends eine Lücke. Galerius entscheidet nicht allein^ 
ist aber der Hauptantreiber und neben ihm der bekannte Statthalter 
Hierodes (jMci. c. 16). — Von des Galerius Mutter Bomula wird nir- 
gends gesagt, dass die Verfolgung von ihr ausgegangen; sie hat aber 
auch getrieben und gestachelt, wie manche andere. — Lactanz schildert 
den Kaiser als furchtsam und bedächtig, und zugleich als unterworfen 
plözlichen Zomesausbrüchen , was ja furchtsamen Leuten oft eigen ist 
Auch das ist in sich wahrscheinlich, dass die Verfolgung sich anfBUigs 
nur auf das Heer und den Palast erstreckte. Der ,,Bath der Freunde^*^ 
wird von Lactanz gut so motivirt, dass der alte Kaiser die Schuld von 
sich auf diese wälzen wollte (d. mort. pers. e, 11), Das äusserste Wi- 
derstreben des Diodetian wird sehr drastisch und anschaulich geschildert. 
^Diodetian wurde von seinem Vorhaben (der Christen zu schonen) also 
abgebracht. Und weil er weder seinen Freunden, noch dem Cäsar 
(Galerius), noch dem Apollo widerstehen (rduetari) konnte, so wagte 
er doch noch diese Mässigung festzuhalten, dass er befahl, die- Sache 
solle ohne Blutvergiessen geschehen, da der Cäsar diejenigen lebendig 
verbrennen wollte, welche zu opfern sich weigern würden.*^ 

Dennoch sagen Jak. Burckhardt und seine Nachbeter und Nach- 
treter, dass die Christen den Namen des Diodetian mit „Fludi völlig 
zugeschüttet^. Wo ist hier die Gewissenhaftigkeit und die Wahrheitsh 
liebe, wo ist hier die ^^historische Kritik^, wo ist ^d^ historische und 



Die Gründe der Gliristenyerfolguiig unter Diocletian. 405 

politische Takt^? — Lactanz sagt femer nicht , Galerius habe selbst im 
Palaste za Nikomedi^i Feuer angelegt, sondern „oecuUis minigMa |>a- 
lixHo ndjecU incendium^^. Jezt erst wurde Diocletian zornentbrannt und 
grausam^ und liess die Unschuldigen brennen; aber nichts wurde her- 
ausgebracht; ;,denn niemand folterte die Hausgenossen des Cäsar ^. Nach 
fün&ehn Tagen brach wieder Feuer aus, wurde aber bald gelöscht. 
Jezt gieng Galerius fort, und sagte ; er fliehe, aus Furdit, yerbrannt 
zu werden. 

Aber schon im Mai muss auch Diocletian die Stadt verlassen haben, 
weil wir ihn anfangs Juni zu Dorostolum an der Donau gefunden haben. 
— £r reiste ^^sogleich^^ (statim) nach Rom (L<iet, 17) y um dort am 21. De- 
zember seine Vicennalien zu feiern. 

Wenn Bernhardt den Lactanz in Widerspruch mit andern Schrift- 
stellern über die Persönlichkeit des Diocletian bringen will, so über- 
sieht er den Unterschied zwischen dem thatkräftigen Manne, und dem 
furchtsamen Greise. Nach der erwähnten Abhandlung Mommsen's hat 
Diocletian in den J. 294 — 95 zahllose Geseze und Edikte ausgehen 
lassen; von den J. 300 — 305 kennen wir nur einige wenige. Nachdem 
sein Edikt über die Preise (das Maximum) der Waaren solches Blut- 
vergiessen verursacht, und von ihm hatte zurückgenommen werden 
müssen, kann seine Thatkrafil; bei seinem zunehmenden Alter dne plöz- 
liche Erschütterung erlitten haben. ;,Das wunderbare Glück^, das Dio- 
cletian bis zum J. 302 hatte, kann ebenso Glück, als Verdienst seyn. 
Denn warum misslang ihm denn seit diesem Edikt alles, was er unteiv 
nahm? Was wissen denn seine Verehrer aus den J. 300—305 noch 
Gutes oder Verdienstliches von ihm zu erzählen? Etwa, dass er ab- 
dankte? Aber in welchen Händen — liess er den Staat zurück? 

Dem Entweder-Oder des Th. Bernhardt*)' über die Unvereinbar- 
keit der Schilderung des Diocletian durch Lactanz und die übrigen 
Quellen sezen wir ein ,,Sewohl- Als auch*^, oder ein ^Früher und Später** 
entgegen. Er hat ganz und gar nicht bewiesen, dass des Lactanz ;,Her- 
leitung (der Christenverfolgung) von einer evident ganz unrichtigen Vor- 
aussezung ausgeht^. Er muss zugestehen, dass u. a. Tillemont, Mos- 
heim, Neander, Schröckh, Baur, u. a. selbst Gibbon sich von der Er- 
zählung des Lactanz ;,beherrschen^ lassen. Er muss zugeben, dass selbst 
Niebuhr: (Römische Geschichte, Th. 3, 295) den Galerius als Treiber 
bezeichnet, wenn er sagt: ^Diocletian war im Ganzen ein milder Mann, 
in zwei Fällen trifit ihn die Anklage der Grausamkeit, in der Bestra- 
fung der Empörer von Alexandrien und in der Christenverfolgung, zu 
welcher lezteren er in seinem Alter durch Galerius verleitet wurde. ^ 
Diese Verfolgung war vielmehr, nach Bernhardt, ;,eine politische Noth- 
wendigkeit^, die Niebuhm ganz entgieng. 



>) Bernhardt, S. la/S. 26. 



406 Viertes Bneh. Seehflzeliiites Kupitel. 

Anderseit» ist Bernhardt auMohÜg genug ^ obgleich er dem Jakob 
Borekhardt viel rerdanke, doch seine auf die unächte Inschrift und auf 
den misedeuteten Brief des Theonas gestüzte Hypothese von einer Ver- 
schwörung der Christen zurückzuweisen. In dem Brief sei ;,nicht die 
leiseste Andeutung^ daron, wenn man denselben ^unbefangene lese. 
„Der ganze Brief athmet eine so vollkommen christlich -demüthige und 
^fähige Gesinnung 7 dass wir uns schon auf dem Höhepunkte hierarchi- 
scher Intrigue befinden müssten, wenn wir in diesem Briefe das Pro- 
gramm einer vielverschlungenen Verschwörung zu erblicken hätten.^ 

8. 36 *). 

Bernhardt stellt sich annähernd auf den Standpunkt Vogel's, wenn 
er die Verfolgung aus politischen Gründen, d; h. aus der Idee des Herr- 
sdierberufes herleitet, die sich Dipcletian gebildet. — Aber, man findet 
sich bei Th, Bernhardt, dessen Schriftchen, falls' es eine Erstlings- 
arbeit ist, Beachtung verdient, schon am Ende, wenn man erst die 
eigentliche Entwicklung und Erklärung erwartet. Es sind Allgemein- 
heiten, die uns vorgelegt werden. Wenn den Diöcletian seine „feind- 
liche Haltung** gegen das Ghristenthum treibt, warum wartete er zwanzig 
Jahre, bis zum Ende seiner Regierung, und dem Abende seines Lebens? 
Wenn ihm das Christenthuip „für den neuen Unterbau, den er dem 
Staatswesen zu geben strebt, im höchsten Grade gefahrdrohend erscheint^ 
(Bernhardt, S. 60), warum geht er erst daran, diese Gefahr zu besei- 
tigen, nachdem der Entschluss seiner Abdankung mit Maximian ver- 
abredet und beschworen ist? Diess ist auch ein „Entweder-Oder*', 
dessen Lösung uns Th. Bernhardt vorerst schuldig geblieben. Warum 
hat Diodetian^ der die Manichäer verfolgte und aus dem Reiche ver- 
bannte, nicht schon damals (J. 287) oder noch früher die Ghristen an- 
gegriffen? Die Antwort, welche Th. Bernhardt am Schlüsse auf diese 
stets sich wiederholende Frage in wenigen Säzen giebt, ist offenbar 
nichtssagend. Denn dann durfte überhaupt Diöcletian nicht abdanken. 

Es ist eine pompöse Behauptung, ohne Beweis zu sagen: „Wollte 
Diöcletian seinem Staate eine dauernde Grundlage und erneuerte Be- 
festigung geben, so musste er die Christen vernichten, und so 
lange er sieh kräftig genug fühlte, um die Zügel der Regierung zu 
führen, bildete diess nothwendig das lezte Zid seiner Thätigkeii^ (Und 
doch wird als Grund der zwei Jahre nachher erfolgten Abdication an- 
gegeben, „die üeberzeugung*' angegeben, dass er überhaupt für die 
fernere Regierung nicht mehr befähigt sei.) Die einzige Ursache der 
Verfolgung li^e in der Persönlichkeit Diocletian's. Seine Christenver- 
folgung, schliesst Bernhardt, bildet recht eigentlich den Schlussstein in 

') Aach Baur sagt darüber Kirchengesch. Bd. 1,443 — Aufl. 1: »Die Hypothese 
hängt an zu künstlichen und gewagten Combinationen, als dass sie sich grossen 
Beifall versprechen dürfte.** % 



Die Gründe der Ckrlitenverfolgaiig unter Diocletian. 407 

der Erl&ftigiing und tJmgestaltang des altröiuischen Staatswesens , d^en 
Verwirklichung sich Diocletian zur Lebensaufgabe gesezt hatte.^ 

Diese Erklärung können wir nur von der Verfolgung des Kaisers 
Decius gelten lassen (249 — 251), der diese Aufgabe sogleich in Angriff 
nahm, nimmermehr von der des Diocletian, der erst anfängt, nachdem 
er an die Niederlegung der Regierung denkt, wenigstens beinahe zu 
Ende regiert hat. 

Wir beobachten, dass Jakob Burckhardt sich seine eigene Hypo- 
these über Diocletian^s Verfolgung ausgesponnen hat, die völlig in der 
Luft steht, dass A. Vogel theils die Ideen Burckhardt^s adoptirt, theils 
seine eigenen Hypothesen, die völlig in der Luft schweben, anreiht, dass 
Wietersheim die Hypothesen Burckhardt^s blindlings adoptirt, dass end- 
lich Th. Bernhardt theils in den Fussstapfen Burckhardt's, theils Alb. Vo- 
gel's wandelt. 

Wir begegnen schliesslich zum Glücke und Tröste noch einem dent* 
sehen Schriftsteller, mit dem wir uns in der Erklärung dieser Verfol- 
gung im Wesentlichen im Einklänge finden. — Es ist die Schrift: „Der 
Uebertritt Constantin's des Grossen zum Christenthum. Akademischer 
Vortrag, gehalten am 12. Dezember 1861 im Grossrathssaale in Zürich, 
nebst geschichtlichem Nachweis von Dr. Theodor Keim, ord. Prof. der 
Theologie.*^ Zürich 1862, S. 105. — Keim stellt sich auf den Boden 
der Geschichte, wenn er sagt, dass die „Geschichtschreiber Diocletian^s 
die Verfolgung ohne allen geschichtlichen Boden — von einem persön- 
lichen Misstrauen gegen die Christen, von einer Furcht, christlicher 
Thronrevolution leiten*'. 

„Warum nicht lieber von der orientalischen Anbetung, welche der 
Kaiser zu fordern begann , welche das Christenthum nicht leisten mochte. 
Aber auch über einen solchen Anlass giebt es keine geschichtliche Spur.^ 
(S* 7.) Aus zwei Gründen erklärt Keim die Verfolgung. Aus dem 
zuerst von Vogel eingeführten von der ^ Herrscheridee Diocletian's, und 
annähernd mit den Worten Alb. Vogers, wenn er u. a. sagt: „Es gab 
nur zwei Mittel: Ergebung (an das Christenthum), oder Schlacht und 
Sieg. Zum Zweiten griff Diocletian, seinem Vorbild Marc Aurel fol- 
gend, und was er auf einer Triumphsäule sagte: aufgerichtet nach 
Ausrottung des Namens der Christen, welche den Staat 
zerstörten, das wollte er wenigstens*'*). Hier also begegnen wir wie- 
der der fingirten spanischen Inschrift, und sie ist zu einer Triumphsäule 
erwachsen« Aber sie soll erst noch entdeckt werden. — Das Haupt- 
gewicht aber legt Th. Keim auf den feindseligen Einfluss der Neupia- 
toniker, vor allem des unversöhnlichsten aller Feinde des Christenthums, 
des Porphyrius (bis 305). Er schrieb fünfzehn Bücher gegen die Chri- 
sten, die er bekehren wollte. Noch mehr gelang es dem Statthalter 



>) Keim, S.a a73. 



408 Yiertefl Bach. SechazehnteB Kapitel. 

ELiwokles dem Aeltem Yon Bithynien^ Eiofliiss auf Galerius und Dio- 
detian zu gewinnen. Er führte in der von Diocletian berufenen Ver- 
sammlung das Wort gegen die Christen. Dieser fiierokles^ ex Vicario 
Praeses, war der Urheber und B^hgeber zum Beginne der Verfolgung; 
er verfolgte zugleich, ^nicht zufrieden mit diesem Verbrechen, durch 
seine Schriften diejenigen, welche er in das Unglück gebracht hatte^. 
(Lact. div. insL 5, 2,) j,Er schrieb zwei Bücher, nicht gegen die Chri- 
sten, damit es nicht den Schein einer feindseligen Verfolgung gegen 
ihn erweckte, sondern an die Christen, damit er ihnen einen freund- 
schaftlichen Rath zu geben schiene ^).^ — In der That war der Titel 
dieses Werkes: „Xöyot q)iXcci/t]d'cf,s ^Qog roiig XQ^*^^^^^9 Wahrheits- 
liebende Beden an die Christen,^ deren Widerlegung sich später Euse* 
biuit von Cäsarea unterzog. Lactantius hält ihn, wegen seiner genauen 
Bekanntschaft mit dem Christenthume und mit der heiligen Schrift, für 
einen abgefallenen Christen. 

Dem Einflüsse des Galerius, des Hi^okles, des Porphyrius, und 
vielleicht eines andern Philosophen Maximus ist zu gleich^i Theilen der 
Ausbruch der Verfolgung zuzuschreiben. Das Widerstreben des Dio- 
cletian ist so sehr constatirt, dass es nichts hilft, sich auf seine Energie 
und Selbstständigkeit zu berufen. Denn in dieser Sache gab er nicht 
die Initiative; er trieb nicht, sondern wurde getrieben, und er beschwicl^- 
tigte sein Gewissen damit, dass alles unblutig abgehen sollte. 

„Die Action sollte auch modern genug localisirt seyn, nur das Heer 
und der Hof sollte gesäubert werden, imd in jenem war der Anfang 
schon in den neunziger Jahren gemacht worden^); aber bald folgten 
sich vier Edikte, welche die Zerstörung der Kirchen, die Verbrennung 
der Bibeln, die Entsezung der christlichen Würdeträger, die Rechtlosig- 
keit der Christen, die ewige Knechtschaft christlicher Sclaven, die Fes- 
selung und Folterung der Vorsteher der Kirchen, und endlich nach 
kurzer Amnestie bei den Vicennalien Diocletian's (November 303) im 
J. 304 den Opferzwang für alle Christen verhängten.^ S. 16. „Noch 
zu Ende des Jahres 304 machte Diocletian selbst den ärgsten Gi^ueln 
durch ein Edikt ein Ende: es zieme sich nicht, dass die Städte mit 
Bürgerblut sich beflecken. Die wohlwollende, sanftmüthige, allen gnä- 
dige Herrschaft der Kaiser dürfe nicht der Grausamkeit beschuldigt 



') De mort. pertec. e, 16, Qui (Hieroeles) auctor et cotmUarius ad faciendam pereem- 
Honem fitit Cf. Lact divin, instit, 5, 2. Qui erat tum e numero judicum^ et qui 
auctor in prinUs faciendae persecutionis fuit, 

*) Keim sieht keinen Grund, den Anfang: gerade in das J. 298 zu sezen — S. 76 
— Die vier Edikte siehe das erste — Euseb, Ä. e. 8, 2. — de mort. pers, 13, — 
das zweite — Euaeh, 8, 2, 6, — das dritte — t6. 8, 2, 6, Das zweite und dritte 
folgen fjiit' ov xohj. Zwischen das dritte und vierte fällt die Entlassung fast 
aller Gefangenen — Eueeb. martyr, Pahest, c. 2, — das viert« Edikt mart, BU, e, 8, 



Die Gründe der Christenverfolgung unter Diocletian. 409 

« 

werden; die Todesstrafe sei aufgehoben.^ Dieses will Tb. Keim aus 
Eta, h. e, 8, 12 beweisen, wo Eusebius noch sagt, dass statt der Hinrich- 
tungen jezt Verstümmelungen an einem Auge oder Fusse eingetreten. 
^Aber dieses Edikt der Halbheit — erlaubte dem Galerius Grausamkeit, 
Andern erlaubte es die Schonung. Aber die Schonung gewann die 
Oberhand; noch vor Abdankung Diocletian's am 1. Mai 305 war die 
Verfolgung im Westen, aber auch im Osten völlig erloschen, und will 
man die Abdankung Diocletian^s ausreichend erklären, so war sie — mit 
semer Krankheit und Geistesverwirrung ganz vorzüglich die Frucht 
des Weltblutbades, das er nicht gewollt und doch ge- 
stiftet hatte.^ 

Wir schliessen dieses Kapitel mit dem Wunsche, dass, nachdem 
die „Phantasieen J. Burckhardt's^ soviel: Verwirrung in dieser Frage 
angestiftet, die klare und nüchterne Darstellung Keimes die kommenden 
Schriftsteller über diese Zeit auf den festen historischen Boden zurück- 
leiten möge. Die vielverleumdete Schrift de martibus persectUorum aber 
wird aus den Angriffen gegen sie siegreich hervorgehen, anerkannt als 
Werk des Lactantius, anerkannt als eine unschäzbare Quelle für die 
Kirchengeschichte und für die Profangeschichte jener Zeit. 



Nachtrag zum ersten Buche. 



Das zweite bis vierte Kapitel dieses Werkes war schon gedruckt, 
als mir das im J. 1860 erschienene Buch: j,Die geschichtlichen Verhält- 
nisse der Pastoralbriefe aufs neue untersucht^ von C, W. Otto, 406 S. 
— Leipz. 1860, zu Gesichte kam. — Der Verfasser handelt so aus- 
führlich über das „regfia rtjg Svaecog^, und das Fragment des Muratori, 
wie ich. Er kommt zu andern Resultaten, hat aber nichts beigebracht, 
was meiner Beweisführung für die Reise des Apostels Paulus nach Spa- 
nien Eintrag thäte. — Seine Behauptung, dass die Stelle des Eusebius 
hist. ecc. 2, 22 (Xoyoq 'ix^C) das erste klare Zeugniss über die zweite 
Gefangenschaft des Paulus sei *), ist von mir ausführlich widerlegt (siehe 
oben S. 34 — 37), wobei ich ihm ohne Mühe zugebe, dass das „Xöyog 
ix^i^ des Eusebius „das Resultat seiner exegetischen Studien*' sei, denn 
ich habe überhaupt auf das Zeugniss des Eusebius für die Freilassung 
des Paulus aus seiner ersten Gefangenschaft keinen Werth gelegt. Falsch 
ist, dass Eusebius für alle Spätem der einzige Gewährsmann sei (Otto, 
S. 161). 

Otto handelt ausführlich über das Zeugniss des Codex Muratori*). 
Er schliesst sich dabei unbedingt an den von Wieseler gegebenen latei- 
nischen Text an; dabei schlägt er eine neue Lesart vor. Er kommt zu 
dem Schlüsse: „Unsere Erklärung der Stelle hat zu dem Ergebniss ge- 
führt, dass der Fragmentist nicht nur die Geschichtlichkeit der spani- 
schen Reise des Paulus annimmt, sondern dieselbe auch gegen mögliche 
Einwände sicher zu stellen sucht. Es ist sehr wohl denkbar, dass der 
römische Episcopat gegen Ende des zweiten Jahrhunderts ein besonderes 
Interesse daran hatte, die Gründung der spanischen Gemeinden durch 



•) Otto, S. 150. 

») Otto, S. 152-1159, 



Kachtvag zum ersieii Buche. 411 

Paulus za behaupten ^ um dieselben den Nachfolgern des Petilis und 
Paulus insonderheit ssu verpflichten.^ Nun folgen Zweifel gegen den 
Werth des Codex Muratori. Die Handschrift sei aus dem achten Jahtv 
hundert Wir rechten nicht mit Otto; er hat nichts neues beigebracht, 
und erkennt den lateinischen Text als Original an. Otto selbst behauptet, 
dass auf diese Schrift sich ein bestimmtes Urtheil nicht bauen lasse. 

Von S. 160— 168 handelt Otto vom ro xigpia rfjg d^aecog des Clemens. 
Er giebt eu, dass, wenn diese Worte die äusserste Grenze des Abend- 
landes bedeuteten, in der That die Beise des Apostels nach Spanien 
oder noch weiter" (nach Britannien) verbürgt wäre, und ;,wir könnten 
uns nicht länger der Annahme einer zweiten römischen Gefangenschaft 
entziehen^. Aber td tägfAU bedeute einen Zielpunkt für einen sich be- 
wegenden öder doch bewegt gedachten Körper. Doch muss er zugeben, 
dass bei Philo tä rägfActtu rrjg y^g — die Grenzen der Erde — stehe. 
In der spätem Graecität bedeute es Streben nach dem Ziele. Zugeben 
muss er, dass es nie, wie Wieseler und Schaff meinen (S.9 — 10), „höchste 
Gewalt^ bedeute, sondern stets „Entscheidung, Bestimmung, leztes 
Ziel** *). — „Hiernach sind die Lexika zu berichtigen. Zugleich ist er- 
sichtlich, dass die Wieseler'sche Auffassung der Clementinischen Stelle 
völlig verfehlt ist (womach ro rägpta — die höchste Gewalt des Abend- 
landes bedeutet); denn in diesem Falle hätte Clemens schreiben müssen: 
vno Tovg ro rägfAcß rrjg S'vaecog 'ixovrag^ >>unter die die lezte Bestimmung 
im Abendlande Habenden^, und selbst dann hätte Clemens wider den 
Sprachgebrauch seiner Zeit im alt -poetischen Sinne geschrieben, was 
überall nicht anzunehmen ist.^ 

Nun macht uns Otto begierig auf seine eigene Erklärung. Er meint, 
ro rägfiu rrjg Svaccog sei Genitivus rov arudioVy Paulus ist der rgexwv^ 
nicht die Siksig. Zum Ueberfiuss hat Clemens kurz zuvor die Stadien 
angegeben , in denen Paulus seinen apostolischen Lauf ausgerichtet hat 
— Das Ende ist, dass Otto auf die unnatürliche Erklärung von Baur 
und Schenkel kommt, wornach ro rig^a rrjg Svaccog bedeutet, ro räg^a 
ro icevTov iv rfj Svacij das Ende seiner selbst, seines eigenen Lebens, 
im Abendlande. — Diess ist nicht bloss eine gezwungene, es ist eine 
fade, eine abgeschmackte, eine unmögliche Erklärung. Wer hält es 
für möglich, dass rö regfjta rrjg y^g bedeute: das Ende des Lebens auf 
Erden, ro rigfia rfjg fieaoyalag das Ende des Lebens im Mittellande, 
ro rägficc rrjg d'aXäciafjg das Ende des Lebens im Meere, ro regfia rov 
fjXiov avtaxovrog das Ende des Lebens im Morgenlande? Das fühlte 
Otto wohl, darum sagt er: „Was aber den vermeintlich gelockerten Ge- 
nitiv bedeutet, so verweise ich auf Beispiele, wie ixxXrjaiai rtjg yakariag^ 
die Kirchen Galatiens.^ Aber diese Beispiele passen gar nicht. Denn 
wir sagen ohne Unterschied: die Kirchen in Galatien^ und die Kirchen 



') Otto, S.16^. 



412 Nachtrag aam enten Boclieb 

Galatiens; aber wenn wir sagen: das Ende des Abendlandes , so ver- 
steht niemand darunter: das Ende des Lebens im Abendlande. Wir 
können sagen: Petrus und Paulus haben ihr Ende in Born gefunden, 
aber nie: sie haben das Ende Rom*8 gefunden. 

Statt den Beweis zu führen, erhebt sieb C. W. Otto in Glauchau 
zu einer Betheuerung, sagend: j^Es bleibt dabei: ild'wv inl ro r^fia 
— heisst: gekommen an das — scUieet ihm gesteckte Ziel, r^g Stjaecog — 
im Abendlande. Spanien ist kein Punkt , auf den sieh der Lauf des 
Abendlandes wendet. Sprachlich ist allein die Erklärung zu rechtfer- 
tigen , dass ro rägficc x^g Svaeiog das dem apostolischen Laufe im Abend- 
lande gesteckte Ziel bedeutet.^ 

j,Es bleibt dabei, '^ dass C. W. Otto troz dankenswerther Bemühung 
unserer Erklärung nur Vorschub geleistet hat, nach welcher „ro rägfia 
rijg Svaecog'* das Ende des Abendlandes bedeutet, und dieses Ende nach 
der Anschauung des Alterthumes nur Spanien bedeuten kann. 

Ich selbst habe fünf Beweise für die sogenannte zweite römische 
Gefangenschaft des Apostels Paulus beigebracht, welche ich sorgsamer 
Prüfung empfehle. Auf den dritten , die Zeugnisse der Earchenväter von 
Eusebius an, lege ich selbst geringeren Werth. Von den übrigen vier ist 
jeder entscheidend. Zwei davon sind älteren Ursprungs, nemlich das 
Zeugniss des Clemens und der Codex Muratori; aber es ist mir viel- 
leicht gelungen, sie in ein neues Licht der Beweiskraft zu sezen. Die 
beiden andern sind meines Erachtens neu; nemlich das in Rom gefeierte 
Fest des Tprimus ingrtssu» ctpostoU Pauli in urbem Bomam, im Zusam- 
menhalte mit dem Fest der Cathedra 8. Petri, qua primum Romae 
sedit, und dem Feste : apud AnHochiam, eaihedra Petri (s. oben S. 32 — 33) ; 
sodann der Beweis aus dem Zusammenhange der Reise des Apostels 
Paulus nach Spanien mit der Sendung der sieben Apostelschüler (s. oben 
8. 218—221). 



j 



Erster Nachtrag zum zweiten Buche. 



Meine Ansicht von dem Ausgange der sogenannten vetus Itala nicht 
aus Afrika y sondern aus Italien, steht zur Zeit noch sehr isolirt da. Erst 
kürzlich hat Const. Tischendorf, wenn auch nur gelegentlich, sich für 
deren afrikanischen Ursprung ausgesprochen. Sodann enthält das zweite 
Heft der Tübinger ;, Theologischen Quartalschrift*^ von 1862 eine Ab- 
handlung von Dr. Beusch in Bonn: „Die Aeusserungen des heiligen 
Augustinus über die Itala, '^ S. 244 — 266, worin derselbe ganz die ge- 
wöhnliche Ansicht vertritt, dass die älteste lateinische Bibelübersezung 
vor dem Anfange des dritten Jahrhunderts wohl in dem proconsulari- 
schen Afrika entstanden sei, wie sie namentlich von Lachmann in den 
ProUg. zum N. T. p. IXy von Tischendorf in den Proleg. zum Evang. 
PcUat. (und kürzlich wieder in seiner neuen Ausgabe des Testamentum 
novttm graece, Recem. C. Tisch. Ed. stereot. IL proUg. renov. textuque 
dmuo eorr. — Lips. 1862) , von Ad. Major , Einleit. in das N. T. S. 562, 
vor allem aber von Wiseman in den zwei von mir ausführlich wider- 
legten Briefen (s. oben S. 86 — 102) vertreten wurde. Auf diese, nach 
Beusch in Deutschland „zu wenig beachtete^ (?) Abhandlung beruft und 
stüzt sich derselbe vorzugsweise. Dr. Beusch geht aber auf die von mir 
behandelte Streitfrage nicht ein. Er handelt bloss über die sehr stark 
behandelte Controversfrage, ob unter der vetus itala bei Augusti^ (de 
doetr. ehristianaf 2, 15) eine getrennte und besondere Bibelübersezung, 
oder eine Becension der einzigen in Afrika entstandenen Version zu ver- 
stehen sei, und entscheidet sich, u. a. gegen Dr. Weite's Ansicht (in 
der Tübinger Quartalschrift, 1860, S. 150 — 51), für eine einzige Ueber- 
sezung, die in Afrika entstanden, von der — nach Augustinus Zeugniss 
— die Itala — nur die beste Ausgabe oder Becension war. Ich habe 
keinen Anlass, auf seine Gründe näher einzugehen. Denn, ist meine 
obige Beweisführung stichhaltig, so kommen wir auf dasselbe Ziel, frei- 
lich mit dem Unterschiede, dass ich den Ursprung der ältesten und allen 
vorzuziehenden Bibelübersezung in Italien und in Bom, die andern aber 
in Afrika suchen. 



Zweiter Nachtrag zum zweiten Buche. 

(S. 83 und 102.) 



Ein Exemplar der angeblich verschwundenen Ausgabe des MistaU 
Oothicum von Lorenzana — Born 1804 — hat sich in der hinterlassenen 
Bibliothek des Friedrich Windischmann dahier gefunden. — Die hiesige 
Staatsbibliothek hat dieses Exemplar bei der Versteigerung um 14 Fl. 
erstanden. «*- Das Misaale mixtum, herausgegeben eu Toledo im J. 1500, 
wurde bei Versteigerungen antiquarisch schon um 450 Fr. verkauft. Das 
Bremarium (s. oben S. 83) um 482 Fr. (Zusammen sogar um 2,1 40 Fr.) 
— Die Ausgabe vom J. 1804 wurde um 29 Fr. verkauft Siehe Brunei, 
Manuel du JUbraire, t. 3, p. 1761 — Part« 1862. — Nach dem „Ma$wel^ 
von Brunet hat Ad. Helfferich (s. oben S. 102) theilweise Recht Denn 
Lorenzana liess wirklich als Erzbischof von Mexiko drucken: MUsta go^ 
Mea eeu motarabica, et officium itidem gothieum cUligenter ac dUucide eX" 
planata etc. AngelopoU (Puebla), 1770, in Fol. Aber Helfferich hat die 
Ausgabe des Breviarium — Mcuirid ap. Ibarra, 1775 et 1788 — des Kar- 
dinals Lorenzana nicht gekannt, oder übersehen. 



REGISTER. 



A. 

Abdera (Adra), S. 155. 166. 169. 

Abla, 119. 142. 207. 

Abala, der heil. Secundus von A., 150 
—158. Abula ist die Villa Abla bei 
Guadix, 154—157. Abla in der neue- 
sten Kirchengeschichle, 157—158. 

Abala, s. Avila. Vincentius. 

Acci (Guadix), der Weg: von Basti nach 
A., 120-123. Das alte Acci, 130-131. 
Der heil. Torquatus von Acci, der erste 
beglaubigte ßischof Spaniens, 138 — 149. 

— Senat in A. , 141. Das Bistham von 
A., das erste in Spanien, 142. Acci, 
sein Strassennez, 208—209. Acci 156. 

— Die Centrallage der Stadt Acci, 2(^ 

— 214. 

Achery d\ Spicileg., 894. 
Acisclus, und Victoria, Märtyrer von 

Cordaba, 356 — 360. 
Acta Sanctorum (Bollandisten), 70 

-71. 139. 157. 164. 166. 168-169, 178. 

181. 195. 199. 200. 221. 245. 267. 301. 

314. 816. 325. 329. 332. 360. 
Ado, Martyrologiura 870, 32-46.52.72 

— 73. 78-80. 141. 146-149. 210. 222 
—227. 303. 312—313. 333. 354. 360. 
371. 372. 

A f r a 141. 

Agui'rre SaSnz, Card., f 1699, 244. 253. 

Alba, 156. 

Alciblades Haer., 21 

Aldrete, 1614, 148. 193. 

Almeria, 120. 126. 147. 154. 159. 161 

— 164. Andenken des heil. Indaletlus 

in Alm., 165. 
Ambrosius, 247. 
Ammianus Marcellinus, 95« 98. 
Anas (Gnadiana), 57. 391. 
Andujar, 187. 188. 191. 



Anseimus Cant., S. 46. 

Antiochien, 398. 

Antonini Itinerarium, ed. Wesseling, 
Amstelod., 1735, ed. Parihey et Pindor, 
Berol., 1848, 66. 68. 119. 154-156. 
161. 187. 202. 235. 250-251 257. 330. 

Apostelschüler, die Sendung u. Thä- 
tigkeit der sieben Apostel in Spanien, 76. 
Die Martyrologien über die Sieben- 
männer, 76-80. Die alte spanische 
Liturgie — erste Quelle über sie, 81 
—85. Ihr Officium und ihre Festmesse, 
103—117. Die Städte der apostolischen 
Siebenmänner und die Centrallage der 
Stadt Acci (Guadix), 205—214. Die 
Siebenmänner mit ihren sieben Städten, 
und die Stadt Rom, 205 — 208. Der 
Zusammenhang der Reise des Apostels 
Paulus mit der Sendung der sieben 
Apostelschüler, 218 — 221. Ihre Fest- 
feier, 270-272. 

Appianus, 284. 

A q u i 1 a 8 , 3. 55. 

Aristoteles, 14. 

Arnobius, 90. 94. 95. 98. 280. 

Asidonia, Bisthum, 64. 

Astig is (Ecija), Bisthum, 56. 65. 69. 
71. 142. 362-363. 

A SSO, 153 — 54. 

Asturica (Astorga), Bisthum, 57. 147. 
236. 242 flg. 246—251. Das Verhältniss 
der beiden Bisthümer Astorga und Leon, 
256—260. Grösse und Bedeutung von 
Asturica, 256—257. 

Asturier, 257. 

Afiturius, Bischof, 330—332. 

Athanasius, 16. 40. 

Augurius, Märtyrer, 265 flg. 

Augustinus, 22. 91. 96. 101266.272. 
275. 381 

Augustus, 274. 



416 



Register. 



AusoniuSjUndHi spalis, S.390— 92. — 14. 
Avienas, Festus Av. Rufus, 53. 64. 

163. 197. 
Avila, Bisthum. Die Stadt Av. nicht 

Bischofssiz des heil. Secundus, 150—153. 

Av. und Vincentius von Av. 345 flg. 

B. 

Babylon, S. 39. 

Badajoz, 391. 

Bag^auden, 278. 

B a 1 u z e , Steph., •} 1718, 253. 255. 260. 399. 

Barcelona, Bislhum, 254. 260. 273—74. 
279. — Cucufat v. B., 303—5; s. Eu- 
lalia. 

B a r o n i u 8 , Card., + 1607, annales, 6. 70. 
242. 260. 264. 267. 387-89. ~ Mar- 
tyrol. rem., 70. 77—78. 194. 209. 358. 371. 

Basilides,Bi8chof,236 239— 41.242fl&. 
Das Bisthum des B., 246—51. 262—64. 

Basti (Baza), Bislhum, 120—23. 207. 

Becker-Marquardt, Handbuch der romi- 
schen Alterlhümer, 1853, 97. 234—35. 
262. 266. 273. 295. 351. 

Beda, Vener., 45. 313. 

Benedict XIV., -|. 1758, 78—79. 

Beneficiarii, 265—266. 

Berja, bei Adra, 166. B. das Vergium 
des heil. Ctesiphon, 167—170. Vereh- 
rung des heil. Ctes. in B., 170—171. 

Bermudez, Cean, 1832, 284. 

Bernhard, v. Toledo, f 1125, 83. 

Bernhardt, Theodor, Diocletian in sei- 
nem Verhältnisse zu den Christen, 62 S. 
— 1862, S. 403—407. 

Bibelübersezung, die alte lateinische 
vor Hieronymus nicht aus Africa, son- 
dern aus Italien, 86—101. 

Bilbilis (Calatayud), 133. 167. 204. 

Binterim, 79. 84. 100. 134. 

Bisping, 1854, 8-9. 57. 

Bivar, 253. 

Bracara, Bisthum, 250—51. 

Braulio, Bischof, t651, 328—29. 344. 

Britannier, 12. 15. 219. 

Brunet, Manuel duLibraire, 1860—62, 
126. 286. 414. 

BuUas-las, 153-54. 

Burckhardt, Jak., die Zeit Constantin 
des Grossen 1853, 393—95. 

Burtudisus, 399. 400. 



Caecilius, der beil., von Elvira-Gra^ 

nada, S. 171— 185. 
Caesaraogusta (Saragossa), 57. 242. 

Anfänge des Bisthums Sar., 253— 256; 

8. Felix. — Die achtzehn Märtyrer von 

Saragossa, 320—329. 
Cajus, Presbyter, 17. 20—24. 31. 32. 
Calagurris, 295. 



CallxtusL, S. 271. 

Calmet, 49. 52. 

Capella, Marcianus, 99. 160—61. 

Capitolinus, 88. 

Cappa, 269-70. 339. 

Carcelen, 203. 

Carcesa, s. Carteja und Cazorla, 213. 

Carte ja, kein Bischofssiz, 193 — 197. 

Carteja, der Olkaden, 197—198. 

Carter, 1772, 261. 390. 

Casiri, Mich., 1760—70, 175. 

Cassianus, Märtyrer von Tingis, 291 

292 

Cassiu 8, Diu, 15. 64. 140. 196. 231. 235. 
Castro, Adolfo de, 1858, 64. 
Castro, Pedro de, 179. 181. 
Castulo, Bislhum, 53. 56—57. 66. 119. 

128. 188-189. 200. 202—203. 
Catacombcn, 261. 403. 
Catullus, 12. 93. 
Cazorla, 195. — C. hat am meisten 

Wahrscheinlichkeit für sich, das Carcesa 

des heil. Esitius zu seyn, 198 — 204. 
Ceillier, Remy, 1 1761, 160. 166. 243. 

247. 298. 
Cenni, Cajetan, 1740-42, 389. 390. 
Chelidonius, die Märtyrer Chel. and 

Emeterius von Calagnrris, 293—295. 
Chrysostomus, 41. 52. 
C i a n c a, A., 1593, 150. 152. 198. 200—201. 
Cicero, 95. 99. 

Claudius, Kaiser, 2. 3. 12. 33. 234. 
Clemens, von Rom , 5—6. 6—7. 10. 30. 

34. 60. 61. 229. 
Columella, 95. 99. 
Commodus, Kaiser, 140. 
Complutnm, Bisthum, 330 — 34. 
Constantin US, Kaiser, 397. 399. 
Constantius Chlorus, 297—299. 374. 
Constantius, Kaiser, 399. 
Corduba, 56. Bedeutung der Stadt, 65 

—66. 206. 232. Reich an Märtyrern, 

351. Die Märtyrer Faustus, Jannarius 

und Martialis, 351—355; Acisclus und 

Victoria, 356—360; Zoylus und seine 

Gefährten , 360-362. 
Corinth, Paulus in, 1. 3. 57. 58. 64. 
Cornelius, Papst, 240. 245. 271. 
Cornelius a Lapide, 49. 
Cortes y Lopez, 1835—36, 57. 121. 

138. 141. 153. 161. 168. 177. 284. 
Cotelerius, 6. 
C r i s p i n u s , 65. 144. Märtyrer von Asti- 

gis, 362—363. 
Ctesiphon, heil., von Vergium, 166—170. 
Cucufat I Märtyrer von Barcelona, 303 

-305. 
Oyprian, von Carthago, und die Kirche 

Spaniens in den Jahren 250—58, 236 

— 264. Sein Brief an die Gemeinden 

von Astorga-Leon und Merida, 236—241. 

V. 93. 270. 
Cyrillus, von Jerusalem, 40. 
Cyrillus, Lucaris, 6. 



Begiiter. 



417 



Dacian, kommt nach Spanien i. J. 304, 
S. 298—300. Daqian, nicht in Evoina, 
346-50; v. 315. 316. 325. 330. 331. 
376 flg. 392. 

Daniel; H. A^, Handbuch der Geogra« 
phie 1860, 16. 57. 136-137. 

D e c i u 8 , Verfolgung unter, 216. 229. 407. 

Dertosa, Bisthum, 54. 57. 69. Paulus 
in D.?— 71—75. 204. 

Diez, Ferd., 1861—1862, 172.269—70. 

Diocletian, Spanien. während der gros- 
sen Verfolgung xiiiter Diocletian und 
Maximian , 289 flg. — Anfang der Dio« 
clet. Verfolgung, 296— 29^ — Die 
Gründe der Ghristenverfolgung unter 
Diocletian, 393—409. — Ausbruch der 
Verf., 396 — 97. Die 4 Edikte; s. Vi- 
cennalien in Rom, Nov. Dez. 303^ erste 
Martyrien, erkrankt auf der Rückreise 
nach Nikomedlen , dankt ab 1. Mai 305. 

Dio^net, 133. 

D i o n y s i u s , Areopagita , 61. 216 — 17. 

— Carthusianus, 49. 

— von Gorinth, 231. 
Dodwell, Heinr., + 1711, 399-400. 
DöUinger, Christenthum und Kirche in 

der. Zeit der Grundlegung, 1860, 10. 

28. 38. 39. 52. 57 — 58. — Hippolytus 

und Kallistus, 1853, 36. 310 — 11. 
Domitianus, 145. 
Dorostolum, an der Donau, 398. 400. 

405. 
Dozy, A., 1849—61, 175. 
Dupin, Ellies, + 1719, 242-243. 

Ebretmo, 1084, S. 163 — 64. 
Echeverz, 1735, 126. 159. 164. 
Egelastae (Yniesta), 57. 72. 128. 
Elvira, das heutige Granada liegt an 

der Stelle des alten Iliherris, 172—178. 

Der heil. Gaecilius in Elvira, 178-183. 

— Synode von Elv., 2. 64. 89. 118. 
142. 162. 243. 248. 256. 267. 276. 279 

— 80.286.309. 

Emerita (Merida), Bisthum, 236. 242 f. 
251. 256-257. Seine Bevölkerung, 
272-*273. — Enlalia v. Emerita, 364 

— 371. Falsche Alterthümer, 391—92. 
Emeterias-, 59; s. Chelidonius. 
Encratis, von Saragossa, 308. 309. 322. 

329. 
Endovellicus, 160. 
EBglmann, glossaire, 1861, 82. 127. 

203. 
Ephesus, 1. 3. 4 56. 58. 
Epiphanitts, 40 — 41. 
Ermeafrid, 190. 
Espanna^ sagrada, s. Florez. 
Escudero, Xorres, 1665-69, 193. 201. 

202. 

* » ■ 

Oans, Span. Kireke* 



EöUlia, von Emerita, S.146. Ihr Mar- 
tyrium, 364-371. 281. 309. 339. 

Eulalia, von Barcelona, ihr Martyrium, 
306-319. 398. 

Eulogius, Märtyrer, 265 flg. 

Eulogius, von Corduba, Märtyrer, f 
859, 189. 297. 300. 314. 355. 358. 359 . 
—61. 368-69. 38a 

Euphrasius, heil., von Illiturgi, s. 
Verehrung, 186 — 192. 

Euphrasius, Name von Bischöfen , 190 

— 191. 

Eusebins, von Gäsarea, 19—23. 29— 
30. 34-36. 38. 60—61. 73. 77. 145. 
231. 247. 265. 279. 297. 299. 394. 401 

— 3. 408. 
Eutropius, 278. 

Evora, Bisthum, 346 — 50. 392. 

P. 

Fardes, rio, S. 124 — 126. 

Faustinus, B. von Lyon, 26a 

Faustinus, und Marcellinus, 59. 

Felicitas, und Perpetua, 92 — 97. 

Felix, Bischof von Saragossa, 239. 243. 
253 256. 

Felix, Bischof von Astorga, 236. 239. 
243 flg. Das Bisthum des F., 246— 
251. 251—53. 264. 

Felix, Presbyter von Leon, 236. 

Felix, Bischof von Acci, 142. 251. 

Felix, Märtyrer von Gerunda, 300—302. 

Felix, Gonfessor, 316. 317. 

Fernandez, Gregorio, 1857, über Me- 
rida, 391—92. 

Ferreras, f 1735, Gesch. v. Spanien, 
78. 118 - 119. 134. 136. 205. 341. 

Flavianus, Bischof, 178. 

Florez, Henrique, f 1773, Verfasser 
der »Espanna sagrada«, t. 1 bis 29 — 
1747 bis 1774. Bd. 30 bis 42 sind von 
Bisco (1774-1801); t. 43 von Merino 
und Ganal — 18J9; t. 44 von densel- 
ben — 1826; t. 45 v. Jose de la Ganal 
altein — 1832; t. 46 von demselben — 
1836; t. 47 von Pedro Sainz de Ba- 
randa, Madrid 1850. — s. t. I, S. 262. 
347 dieses Werkes. — t III, S. 44—45. 
52-54. 57-62. 68. 71. 72. 74. 82. 84 
-85. 132. 144 169. 206. 211. 230. 233. 
388-89. - t. IV, S. 119-20. 131—32. 
134. 142—144 148. 151. 169. 188. 193. 
195. 197. 200-201. 206. 230. 248. — 
L V, 125. 154-155. - t. VII, 68. 125 
-27. 131. 138. 147. 157-58. 186. 188 
—89. 331-32. - t. VIII, 68. 159. 161. 
198. — t. IX, 289. 391. - t. X, 65. 
352. 355. 357. 362. 363. — t. XI, 358. 

— t. XII, 174 187. 189. 190. - t. XIII, 
244—245. 246—51. 258. 340. 364. 370. 
372. 374 391. — t. XIV, 150- 152. 
234 345. - t XV, 283. 370. — t. XVf, 
257. 258. - t XXIV, 72. 279. - 

27 



418 



E- e g I • I e r; 



t XXY, S.72; — U XXIX, 260. 906. SIL 
312. 81Ö-317. - t XXX^ 325-29. 
382. - t XXXI, 255-56. - t XXXIV, 
258. 259. — t XL, 190. 191. — t XLIl, 
72. 74. 269. — t XLIII, 303. — Flor«, 
MedaUas 3voL, 1757-1773, p. 130. 

Plorus, 257. 

Forbig er, H. der alten Geographie, 
1848, 15. 128. 154 168. 234. 

Freindaller, 1802, la 22. 23. 26. 

Fructuosus, Martyrbisehofvon Tarracoy 
+ 259, 59. 265-272. 274-275. 276. 

Fruetuosus, beil., ▼. Bmcara, 281*- 
82. 314. 332. 370. 374. 

G. 

Gades (Oadix), a 1. 2. 12. 13. 15. 58* 

55 — 57. 63—65 (die Gadilaner im AU 

terlhum). 196. 197. §74 — 75. 
Galerius, 296. 303. 395. 397. 407-9. 
Gallandi, bibliot. Tel patrum, 17. 20. 
Gallien, angebliche Sendung Ton sieben 

Bischöfen aus Rom, 215—217. 
Gallienus, 276. 299. 
Gelasius I., Papst (492—496), 43. 44. 

46. 47. 
Gellias, Aulus, 58. 93. 94. 95. 97. 98. 

232. 283. 
Genesius, 163. 
Georgi, 1838, 284. 
Gerontius, Bisehof von (Sevilla?) Ita- 

lica, 59. 144. 145. 168. Der Bischof G. 

von Italica, 280—283. 
Gerunda, 300—302. 
Gomez, Aivar, 84. 
Gomez, Bravo, 391. 
Granada, seine Lage an der Stelle des 

alten Elvira, 171—178. Der sagro monte 

von Granada u. seine Höhleo, 178—183. 

— Die Verehrung des heil. C&cilius in 

Granada, 183—185. 
Gregor von Nazianx, 243. 
Gregorius Baeticus, 178. 
Gregorius Turonensis, 52.72. 191.216 

—217. 294-295. 801. 369— 37a 381 

302. 

Gregor L, Papst (590—604), 43. 79, 
219. 

Gregor VIL (1073-1085), 83. 143. 

Gregor XVL (1831—1846), 265. 385. 

Gregoroviu», Ferd., 1851, 53. 273. 

G u a d i X , Btsthum. Das Wunder bei 
Guadix , 118 - 187. Das Thal von G., 
die Lage der Stadt, und das Gebirge 
über ihr, 123 — 124. Def Fltiss von 
G., und die Lage der Stadt an ihm. 
Die beiden Nebenflflsschen Rio de Gor 
und Fardes, 124-126. Die Einzeln- 
heiten des Vorgangs , 127 — 129. Be- 
merkenswerthe Analogieen aas der 
neuesten Zeit, 129—130. — Das beid. 
nische Fest in der Stadt, 130—135. 
Der üjnsturz der Brücke. Das Wunder 



and die Natur, S. M|— 187. — Guadix, 

erneuertes Bisthum seit 1492^ 142. 147. 

— Der heil. Torquatus in G. verehrt, 

145 - 149 — cf. 157. 
Gueranger, Dom, 1854, 102. 
Guericke, 7. 
Gnerrero, Pedro, Bischof, 184. 

EL 

Hackl&nder, c?n Wipter in Spanien, 
1655, S. 121. 186. 184-185. 

Hadrian, 274. 

Harvey, W.W., 1857, 228 — 229. 

Hebr&er, Brief an die, 21—22. 

Hefele, F., der Karainal Ximenes, 
1851, 2. 199. 388. — Patram apostol. 
opera. 4 ed 1855, 10. 36. 89. - Cos- 
ciliengeschichte , 1855-1860, 134.19a 
253. 260. 264. 841. 

Hegesipn, 19. 20. 60-61. 

Helena, neil., 140. 

Helfferich, 1860, der westgoth. Ana. 
nism, 86. 102. 146. 168. 414. 

Hermas, Pastor H., 19-24 31. 89fl;. 
94. 97. 98. 100. 280-231. 

Herodian, 140. 

Herodot, 14. 

Hesychius (Esitius, Iscius), der heil 
H. von Carcesa, 193—204; sein Siz 
nicht Carteja an der Meerenge, 193- 
197; nicht das unbekannte Carteja der 
Olkaden, 197-198; sondern wahr- 
scheinlich Cazorla, 198—204. 

Hierocles, Christenfeind, 404-406. 

Hieronymus, 21. 29. 30. 37. 43.49. 
53. 62. 98. 99. 150. 166. 210. 222-227. 
260. 294. 312. 371. 

Hippolytus, 22. 36. 140. 271. 312. 

Hispalis (Sevilla), 56. 65. 248. 283. 
Verehrung der heil. Justa und Rnfioa, 
287—288. Hisp., Hauptstadt im 4teB 
Jahrhundert, 390 — 391. 

Horatias, 11. 12. 58. 56. 64. 

Hug, L., 18. 27. 

J. 

Jaeobus, Apost., S. 62. 81. 214 (li«> 
25. statt 24. Juli). 

Idatius, fasti und chronicon, 55. 151. 
248. 350. 369^ 

JaSn, Bisthum, 188. 191 — 192. 

Ignatius, Martyr, 60. 231. 

Ildefons, von Toledo, 301. 326. 390. 
341 — 342. 

Illiturgi, die Lage der Stadt lU., 186 
-189. 

Indaletius, beil., der heil. Ind. von 
Urci 159—160. Der Leib des heil. In- 
daletius in Paquenna , s|>&ter (1084) in 
San Juan de la Penna, 162^164. Sein 
Andenken in Almeria, 165.' 

Innoeenz L (402— 417)| 48. 



R e g i 8 t e^ 



419 



Inichrlfieii, verd&thMg«, S.347-3Ö0; 
angebliehe Inschriil in Spanien übor 
die Neronische Cbristenverfolgnng, 387 

— 389; angebliche über die Diocletia- 
nische Verfolgung , 889 - 390. (cf, 393 
-394). 

Jo8t, 1825, 2. 58. 

Jovian, Kaiser, 16. 

I r e n äu 8 , v. Lyon, 22. 27. 62. 88. 89 flg., 

94. 98. 99. 100. 217. Irenäus bezeugt 

den Bestand des Christen thums in 

Spanien, 228-232. 
Irland, 14. 
Isidor, von Sevilla, t 636, 45. 59. 82. 

96-97. 103. 127. 145. 285. 270. 324 

-325. 341. 358. 369. 
Isis, 131. 
I8turgi,187. 

Ister, Strasse an der untern L, 400-401. 
Itala, s. Bibeluberse2ung. 
Italica, bei Sevilla, 13. 282-84. 
Juden, verwiesen aus Rom unter Clau- 
dius, 2 — 3. ~ Juden in Spanien, 2. 

3. 58. 63. 
Julia, 371. 

Julia Chalcedonica, 131. 140. 
J u 1 i a n u 8 , von Toledo , 97. 
Juni US Patricius, 6. 
Justa und Rufina, 65. 248» Justa 

und Rufina, Märtyrer und Schuzfaeilige 

von Sevilla, 284-288. 
Justin US, Martyr, 14. 1S3. 230. 
Jus tu 8, die Märtyrer Justus und Pastor 

von Complutum , 830 — 334. 
Juvenal, 13. 15. 64. 97. 13a 

Keim, Theodor, der Üebertrilt Conslan- 
tin*8 des Grossen zum Christentbum. 
Zürich, 1862, S. 105. - Keim, über 
die Gründe der Verfolgung des Dio- 
cletian, 407 — 409. 

Kiepert, H., Atlas ant., 1861, 128. 

Kuensberg, Wander. in das german. 
Alterthum, 1861, 97. 277. 

L. 

Laborde, S. 121. 124. 125. 
Laclantius, 90. 91. 92. 97. 298. Sein 

Buch: de mortibus perseeutorum ; J. 

Burckbardt gegen die Aechtheit, 393; 

A. Vogel für sie, 397; für sie Th. 

Bernhardt, 404« Des Lactant Bericht 

über die Aal&nge der Verfolgung, 404 

— 406. — L. über Hierocles, 408. 
Laelia«, Diakon, 236. 243. 246. 
Lafuente AUantara, 1843—46, 171. 

177. 
Lambesa, in Numidien, 234. 235. 
Larainium, und Campus Laminitanus, 

57. 66-68. 
Lange, Geschichte der Kiithe, 1853, 

10—11. 



Las Aguilas, S. 16t. 

Latour, über Toledo, 1860—61, 102. 

340 — 41. 342. 343. 
Laurentius, Martyr, 276. 
Legionen', 235. 
Lcmbke, Geschichte v. Spanien, 1831, 

86. 242. 
Leocad ia, beil., von Toledo, 144. 189» 

230. 298. 312. 313. Die beil. Leocadia 

V. Toledo , 335 - 343. 
Leon, 234-236. 242. Das Verhältniss 

der beiden Bisthümer Leon und Astorga, 

256—260; s. Gründung, 256. 293. 
Lesley, AI., 1755, 84. 85. 272. 275. 
Libisosa, 57. Der Apostel Paulos das.?, 

66-71. 
Llvius, 95. 167. 169. 187. 18a 196. 197. 
Lorca (EUocroca), 119. 120. 121. 159. 

161. 
Lorenzana, Fr., Kard., + 1804, 62. 

84. 101-2. 168. 269. 304. 308. 326. 

348. 414. 
Lorinser, Fr., Reiseskizzen aus Spa- 

nien, 4 Bde; 1855-58, 65. 102. 119. 

121. 122—23. 124. 12a 129. 136. 173. 

179-80. 204. 214. 270. 28a 317. 3ia 
339 41, 

Lorano, 1794, 161. 

Lucan, Dichter, 11. 12. la 231. 

Lucian, 231. 232. 

Luc i an, christlicher Kammerherr, 394 

—95 flg. 
Lucretius, Dichter, 13. 93. 94. 
Lugo, Bisthura, 190-191. 234. 
Lumper, Gottfr., 1795, 244. 
Luparia, 112. Die selige L., die erste 

Christin in Acci, 139 — 141. 
Lupariac, 141. ^ 
Lydia, 140. 
Lyon, and Vienne, 229 — 30^ 



Macrobius, S. 130. 132. 

Madoz, Diccionario geogräfico-estadi- 
stico-historico de Espanna, por Ma- 
doz , 16 t. in 4«. — Madrid 1848—1850, 
66. 67. 119 128. 13a 142. 147. 149. 
154. 156. 158. 161. i65. 170. 17a 174. 
177. 179 184. 187. 191. 192. 199. 200. 
203. 254. 257. 259. 260. 283. 302. 318. 
327. 341. 349. 355. 358. 362. 

Mai, Angelo. Kard., f 1854, 44—45. 

Maier, Adalb., Einleit. in die Schriften 
des A. T., 1852, 19. 20. 37. 51. — 
Brief an die Hebräer erkl., 1861, 21 

-22. 7a 

Mamertinus, 14. 

M a n n e r l , Geogr. d. Griechen u, Römer, 
15. 155. 

Marca, Petrus de, 1662, Marca Hispa- 
nica, 52. 54. 254. 255. 304. 371. 

Marceil US, Märtyrer ip Tingis, s. Mar- 
tyrium , 289-- 2M. — s, 235» 396. 

27* 



430 



Regiater. 



M a r c i a , Gemahlin d. Gommodns, S. 140. 
Marcian, von Arles, 216—17. 263-64. 
M a r i a n a , f 1623, Geschichte v. Spanien, 

62. 193. 199. 341. 342. 344-4». 
Marieta, Juan, 1566, 193. 194. 
Martialis, Dichter, 53. 64. 66. 133. 

167. 231. 232. 

Martialis, Bischof von Astorgra, 236. 

239. 240. 241. 242 flg. 246-251. 252. 

—53. 260-64. 
Martyracten, 403. 
Martyrologinm, romanam parvnm, 

32 — 34. 72. fs. Baronius), 79 — 80. 

141. 143. 148. 210. 222—227. 369. 370. 
Maaden, f 1817, Historia critica de 

Espanna, Madrid 1783 — 1800. 20 vol. 

(unvollendet) , 131. 139. 153. 160. 162. 

168. 174. 187. 197. 262. 266. 290. 332. 
347. 348. 389. 390. 

Mas o na, Bisch, v. Merida, 314. 

Massuet, Mauriner, f 1716, 217. 229 
230. 

Mauritanien, 12. 15. 233 — 235. 

Maximianas, 296. 298. 337. 

Maximin US, Daca, 397. 

Mela, Pompon., Geograph, 14. 160. 162. 
196. 400. 

M e n d e z , Fr., 1780—82, 2. ed. 1860, 126. 

Mendoza, Eard., 1492, 142. 

Mendoza, Ferd., 172. 

Mentesa, Bisthom, 189. 

Mile ,4. 

Miltiades, 4M. dieses Namens, 17.21. 

Minutoli, Spaniens Fortschr., Entw., 
1852, 56. 141. — Altes und Neues aus 
Spanien, 1854, 272. 273. 274. 277. 

Möhler-Reithmayr, Patrol., 1840, 21. 

M o m m 8 e n , Th., röm. Mtinzwesen, 1860, 
131. — üeber die Zeitfolge der Verord- 
nungen Dioclelian's, 1860, 398—401. 

Morales, Ambr., +1591, 189-90.193. 
244. 331. 

M o r c e 1 li , Africa christiana , 1816 — 17, 
219. 260. 264. 

Movers, die Phönizier, 1850, 130. 151. 
176. 284. 

Mo z arabische Liturgie, 47. 77. Ihre 
Schicksale, 81—85. Ihre verschiedenen 
Namen; ihr liegt die vetus Itala zu 
Grunde , 84. 86 flg. ; stammt aus Rom, 
86 flg. Ausgaben von Ximenes-Oeliz, 
1500-1502; Lesley, 1755; Fr. Loreo- 
zana, 1770, 1775, 1804; Migne, 1850, 
101—2. 414. — Ueber die mozarabische 
Messe. Das Officium und die Messe 
der sieben Apostelschüler, 103 — 117. 
143. 210-211. 212. 215. Die stufen- 
weise Entwicklung, 270 — 272. 275. 
Die mozarabische Messfeier im Dome 
von Toledo, 340-341. 

Munnoz, Diccionario bibliogr^tflco-histo- 
rico de Espanna, Madr., 1858, 121. 138. 
156. 181. 182. 202. 258. 350. 



Maratori, L., f 1750, da« Bntdittück 
eines Ungenannten, genannt Codex 
Muratori , N. T., S. 17—24 — Antiq. ital. 
roedii aevi. Mediol., 1740. Das Zeog- 
niss des C. M. für die Reise des Apo- 
stels Paulus nach Spanien, 25—28. 39. 
92. 393 - 394. 

Murcia, 161. 168. 

Margi, 161. 162. 

N- 

Narbonne, S. 52. 54. 223. 

Narcissos, 302. 

Natalis, Alexander, f 1724, 6. 7. 44. 

52. 62. 217. 
Nero, 144. 145. 387—89. 
Nethos-Mars, 130. 131. 
Neucarthago, 53. 55. 56. 118. 120 

-22. 126. 206-8. 
Nicolaus V. Lyra, 49. 
Nicomedien, 297. 396. 399. 402—5. 
Nolte, über den Codex Muratori N. T., 

19. 20. 23. 25-28. 
Nonins, 1608, 173. 187. 

o. 

Obulco, S. 53. 

Oecumenius, 46. 

Olalla, 204. s. Eulaiia. 

Orationen, 7, der gothiachen Messe, 

103. 
Orbaneja, 1699, 126. 159. 162. 
Orcelis, 167. 

Orelli, Inscriptionnm collectio, 1828, 141. 
Oretum, Germanorum, 68. 141. 
Origenes, 38. 62. 
Orosius, 257. 27a 385-86. 
Ortiz, Alfons, 83. 
Osins, von Corduba, 59. 65. 66. 351. 

353-54. 
Ossonoba, Bisthum, 234. 
Otto, W., gegen eine zweite römische 

Gefangenschaft des Ap. Paulus (1860), 

410-412. 
Overbeck, 1856, 100. 

P. 

Pacianus, v. Barcelona, S. 260. 

Paciuchelli, Angelo, 1652, 49. 

Padilla, Lorenz de, 1538, 65. 

Paulinus, v. Nola, 332. 381. 

Paulos, von Narbonne, 46. 52. 54. 57. 
72. 216. 217. 223. 

P a u 1 u s , von Merida , 213—14 369. 37a 

Paulus, der Apostel P. in Spanien, 1—75. 
Entschluss d. Apostels, nach 8p. zu 
gehen, 1—4. — Paulus und Herakles, 

1 — 2. 56. Gründe des Entschlusses, 

2 — 4. — P. bei Aquilas u. Priscilla, 3. 
— P. in Rom, 4* Das Zeugnis» des 
Clemens v. Rom für die Reise ^ 5—16. 



Register. 



421 



— Die Zeit seiner sjpan. Reise^ S. 50; er 
giei)g nach seiner Freilassung im J. 63 
zuerst nach Spanien, 51 — 52; er hat 
den Weg zur See eingeschlagen, 52 
— 54. Wirksamkeit des Ap. in Spanien, 
55 — 75. — p. des Lateinischen nicht 
mächtig, 52. 58 — 59. Ob er Gemein- 
den gründete? 63. P. in Astigi? —65; 
in Libisosa? 66 — 71; in Dertosa? 71 

— 75. Der Zusammenhang der Reise 
des Apostels Paulus nach Spanien mit 
der Sendung der sieben Apostelschüler, 
218 — 221. 

Pechina (Paquenna), 162 — 65. 

Pen na, San Juan de la P., 159. 163 
—64. 329. 

Pererius, Benedict, 1603, 47 — 48. 50 
-52. 

Perezy Joh. Bapt., 143. 

Perpetua, 96, s. Felicitas. 

Pest, von 250 flg., 261. 

Petrus, s. doppelte Stuhlfeier, 33. 39. 62. 

Pinius, 1740, 84. 

Pius IX., 271. 

Plaut US, Dichter, 94. 95. 99. 

Plinius L, bist, natur., 3. 14. 39. 53. 
56. 57. 66. 95. H8. 127. 130. 154. 155. 
156. 161. 167. 174. 187. 196. 202. 208. 
234. 235. 256. 257. 

Plinius Secund., 66. 98. 133. 232. 

Polybius, 14. 197. 

Polycarp, 275. 

Popp^ea, 140. 

Porphyr! US, 408. 

Port US magnus, 162. 

Posidonius,13. 

Priscilla, 3. 55. 

PriscUlian, 151. 

Probus, Xantlppe u. Polyxena, 67—71. 

Procopius,15. 

Prudentius, Aurelius PrndenU Cle- 
mens, christlicher Dichter, 59. 252. 267. 
268. 269. 271-72. 293-95. 300. 307 
-10. 316-17. 320-24 330. 360. 367 

— 69. 381. 

Ptolemäus, Geograph, 15. 128. 150. 

154. 156. 161. 167. 174. 257. 
PuruUena, bei Guadix, 123. 124. 125. 

129. 



Q. 



14. 



Quinctilian, S. 231-32. 
Quirle US, Bischof, 311. 312. 313 
317. 

R. 

Ray m und, von Toledo, f 1150 od. 51, 

S.83. 
B e 8 e n d e , Andr., v. Evora, f 1575, 314. 

317. 332. 344-48. 
Reithmay r, Einleitung in d. N.T. 1852, 

19. 20. 29-32.101. 
Rom, Gemeinde in, S.S. 28. Die Tradi- 

Oams, Span. Kirche. 



tion der römischen Kirche über den 

Apos.tel Paulus, 29 — 39. Centralstel- 

lung der römischen Gemeinde, 205—8. 

231 - 32. 
Romula, Mutter d. Galerius, 404. 
Rosweyd, f 1629, 79. 
Routh, Mart, reliquiae sacrae, 1818 et 

1846—48, 17. 18. 21, 22. 25. 26. 242. 
Ruf US, Sextus, 141. 
Ruf US, von Dertosa, 71-75? 226. 
Ruinart, acta martyr. sine. ed. 1859 

Manz, 134. 141. (216.) 229. 235. 248. 

265. 267. 337-38. 351. 

S- 

Sabatier, S. 84. 85. 

Sabinus, Bischof v. Merida, 236. 239. 

242. 243 flg. 246-251. 264 — v. SeviUa, 

287. 288. 
Sätabis, 57. 72. 73. 
Sagunt, 57. 72. 204. 
Salambo, 284. 286. 
Salmeron, Pasqual, 1777,193.197—98. 

201. 202. 
Samos, Kloster, 190. 
Samson, Abt, 361—62. 
S a n ch o , Don , 163. 
Santiponce, 282—283. 
Saturnin, y. Toulouse, 216—17. 229. 

337—38. 
Scaliger, und Emerita, 391—92. 
Schaff, apostol. Kirche, 1854, 9—10. 
Sebastianus, 223. 226—27. 
Secundus, der heil. S. von Abula, 

150-58. Abula ist der Ort Abla, 154 

—57. 199. 
Seneca, 66. 231-32. 
Serena, 140. 
Servandus, und Germanus, Krieger 

und Märtyrer, 372—75. 
Silius Italicus, 13. 
Simeon, Metaphrastes , 45. 
Singidunum, bei Belgrad, 400. 
Sirmium, Residenz, 399—402. 
SoUier, Jes., 73. 79. 
Solorius, mons, 137. 
Sophronius, von Jerusalem, 44 — 4 5. 
Soto, Domin., 47. 
Spanien, das Ende des Abendlandes, 

6-16. 
Spartianus, Aelius, 140. 274. 
Spruner, 12a 

Stark, Kirchengesch. d. 1. Jahrb., 1779, 9. 
Stephanus I. (253-257?), 239. 242. 245. 

246. 260. 263. 264. 
Stephanus VI. (885-91), 54. 
Stephanus, Byzant, 197. 
Stolz, A., Spanisches, 136. 
Strabo, Geograph, 13. 14—15. 39. 53. 

57. 58. 63. 65. 66. 72. 122. 132. 196. 

203. 208. 272. 348. 
Suarez, Pedro, 1696,124-25.126.138. 

156-57. 

28 '